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SWR 2 Musikstunde 22. Februar 2013 Mit Susanne Herzog

„Nuevo Orfeo“ – Arcangelo Corelli (5)

Henry Needler war ein englischer Staatsbeamter: hauptberuflich. Nebenbei ging Mr. Needler einem zeitintensiven Hobby nach: er spielte Geige, Zeitgenossen sagten: ausgezeichnet. Und deshalb wohl leitete er seit 1720 eine der großen Musikvereinigungen Londons: die Academy of Ancient Music. Die Musik Arcangelo Corellis stand dort häufig auf dem Programm, auch bei kleineren Musikvereinigungen oder im privaten Rahmen .Und wenn es dann Neues von Corelli gab, konnte es schon vorkommen, dass die Musiker in eine Art Rausch gerieten, wie der Musikhistoriker John Hawkins beim Eintreffen der Noten von Corellis Concerti grossi op. 6 in London berichtete: „Mr. Prevost, ein Buchhändler, empfing eine große Sendung Bücher aus Amsterdam, darunter die soeben erschienenen Concerti von Corelli. Als er sie besah, fiel ihm Mr. Needler ein, und er ging sofort mit den Noten zu dessen Haus. … Mr. Needler war hingerissen bei dem Anblick eines solchen Schatzes. Die Noten wurden sofort aufgeschlagen, und er und die übrigen Musiker spielten sämtliche zwölf Concerti durch, ohne von ihren Stühlen aufzustehen.“ 1‘04

1. Musik Arcangelo Corelli Vivace aus: op. 6 Nr. 3 in c-moll <9> 2’02 The English Concert , Ltg. Titel CD: Arcangelo Corelli, 6 Concerti grossi op. 6 DG, Archiv Produktion, 447 289-2, LC 0113 WDR 5018 142

Ein Vivace aus Corellis drittem Concerto grosso op. 6. Trevor Pinnock leitete The English Concert.

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„Es ist wunderbar zu beobachten, wie überall Corelli gekratzt wird – nichts will gefallen außer Corelli…“ schrieb der Engländer Roger North 1710 über die Begeisterung für Corelli auf der Insel. Und das sollte man durchaus wörtlich nehmen, dass vielerorts „gekratzt“ wurde: nicht alle Amateure besaßen das geigerische Format von Mr. Needler. Und vielleicht war auch das einer der Gründe für die unglaubliche Beliebtheit von Corellis Musik: viele seiner Werke können eben auch Laien technisch bewältigen. Und so sprossen im England des 18. Jahrhunderts die Vereinigungen von Musikliebhabern nur so aus dem Boden: Corellis Musik galt ihnen oftmals sogar als Gründungsziel. Allerdings hat man sich die Treffen dieser Musikclubs ziemlich locker vorzustellen: man saß zusammen, unterhielt sich, aß, trank und irgendwann wurden dann die Geigen ausgepackt, vielleicht auch die Blockflöten und los ging’s. Nicht nur in London musizierten Dilettanten im geselligen Kreis, auch in der Provinz gab es zahlreiche Musikgesellschaften. Das alles fand entweder in einem Gasthaus statt oder auch zu Hause. Ein bis zwei Mal im Jahr arrangierte der Club dann ein öffentliches Konzert. Und auch wenn einige Amateure damit prahlten auf ihrer „grand tour“ angeblich bei Corelli „studiert“ zu haben, oft wurden dann doch Profis für das öffentliche Konzert hinzu geholt. Zum Beispiel um bei einem Concerto grosso den Part des concertinos zu übernehmen oder vielleicht noch eine Solosonate aus dem op. 5 von Corelli zu spielen. Eine prima Einnahmemöglichkeit für professionelle Geiger, von denen zahlreiche aus Italien nach England kamen. Und ein sagenhafter Absatzmarkt für die Drucke von Corellis Musik, das kann man sich denken. Denn die Musikclubs bestellten für die Treffen ihrer Musiker natürlich eifrig Notenmaterial. Das wiederum den Bedürfnissen der Laien anpasst wurde, indem man es für verschiedene Instrumente bearbeitete. Und viele Virtuosen schrieben ihre Verzierungen auf, damit auch ein Amateurgeiger oder -flötist Corellis Sätze verzieren konnte. 2‘04

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2. Musik Arcangelo Corelli (Verzierungen Manchester Manuscript) Sarabanda aus: Sonata op. 5 Nr. 8 in e-moll <12> 2’41 Stefan Temmingh, Blockflöte Olga Watts, Cembalo Titel CD: Corelli à la mode Oehms classics, OC 598, LC 12424 Privat CD

Stefan Temmingh, Blockflöte und Olga Watts, Cembalo spielten die Sarabanda aus Corellis Sonate op. 5 Nr. 8 in e-moll. Die Verzierungen entstammen einer zeitgenössischen anonymen Handschrift, dem sogenannten Manchester Manuscript. Eine Möglichkeit für die damaligen Amateure notierte Verzierungen zu verwenden, wenn sie die Praxis der improvisierten Verzierung nicht beherrschten, so wie das bei den Profis üblich war.

Manche Amateure nahmen es sicher nicht so genau, wenn sie sich als Schüler Corellis bezeichneten: natürlich gab es einige, die auf ihrer Kavalierstour tatsächlich die Bekanntschaft Corellis gemacht hatten. Wie zum Beispiel Lord Richard Edgcumbe: der genoss in Rom die Musik am Hof von Kardinal Ottoboni und nahm wohl auch Unterricht bei Corelli. Und er gab ein Porträt das verehrten Meisters bei dem Maler Hugh Howard in Auftrag, das er dann mit nach England brachte. Vielleicht hatte der Lord auch noch einige Handschriften oder Abschriften von Werken seines Lehrers im Gepäck? Gut möglich. Allerdings wurde der riesige englische Markt doch eher durch Drucke von Corellis Musik gesättigt. Dabei trat der Londoner Drucker und Verleger immer wieder in Konkurrenz zu Estienne Roger in Amsterdam: nach dem Erfolg der Solosonaten op. 5, machte sich Walsh daran, die Triosonaten Corellis dem englischen Publikum zu präsentieren. 1705 plante er sogar eine Gesamtausgabe von Corellis Sonaten – darin erstmals enthalten auch op. 1 und op. 3. Genau die gleiche Idee versuchte zeitgleich, Roger in Amsterdam zu realisieren. Walsh wollte Roger ausstechen, indem er behauptete, der Cellist Nicolini Francesco Haym, der Corelli gut kannte, habe seine Ausgabe 4 korrigiert. Haym allerdings hatte bereits ein verlockendes Angebot von Roger in der Tasche: gab also bekannt, mit Walsh rein gar nichts zu tun zu haben. Der wiederum führte jetzt seinerseits den Geiger Gasparo Visconti für die Korrektheit seiner Ausgabe an. Roger berief sich dann schließlich nicht nur auf Haym, sondern sogar auf Corelli höchst persönlich. Ein echter Krieg der Drucker und Verleger um die Märkte war das! Unabhängig von den großen Ausgaben einer ganzen Sonatensammlung kamen auch immer wieder mehrere Einzelstücke heraus, so genannte „Favorites“. Ein echter Schlager unter diesen Favorites war die Gavotta aus der zehnten Sonate von Corellis op. 5. Eben jene Gavotta, die schon der junge Händel in Italien als Vorlage für eine Arie in „La Resurrezione“ benutzt hatte. Viele andere Komponisten haben diese Gavotta ebenfalls bearbeitet, meist variiert und virtuos verziert. Unter ihnen auch der französische Flötist Michel Blavet, der den Engländer mit diesem Virtuosenstückchen demonstrierte, was auf einer Blockflöte so alles möglich ist. 2‘45

3. Musik Arcangelo Corelli (bearbeitet von Michel Blavet) Gavotta aus Concerto Nr. 10 <5> 3’37 , Blockflöte The English Concert Laurence Cummings, Ltg. Titel CD: Mr. Corelli in London Hm, HMU 907523, LC 7045 WDR 5182 851

Eine Gavotta von Arcangelo Corelli: virtuos bearbeitet von Michel Blavet. Blockflöte spielte Maurice Steger. Laurence Cummings leitete The English Concert.

Nicht nur die Drucker hatten verstanden, dass sich mit Corellis Werken gutes Geld verdienen ließ und schreckten deshalb nicht vor Raubdrucken zurück. Auch die reisenden Virtuosen füllten ihre Programme lieber mit Werken Corellis als mit ihren eigenen. Denn Corellis Name schien in England gleichbedeutend mit Erfolg zu sein. Das hatte sich offenbar bis 5 nach Italien herum gesprochen: 1702 kam Francesco Gasparini nach England, 1714 Francesco Geminiani und im Jahr danach Pietro Castrucci. Sie alle waren Schüler Corellis gewesen und erhofften sich dadurch, eine steile Karriere im Kielwasser der Corellimania in England. Pietro Castrucci, der dann zweiundzwanzig Jahre lang in Händels Opernorchester als Geiger und auch Konzertmeister in London spielte, hat die Konzertbesucher immer wieder durch seine Virtuosität beeindruckt: Bis zu vierundzwanzig Noten soll er auf einem Bogen gespielt haben! Zwischen den Akten der Opern oder bei Konzerten von den verschiedenen großen Musikvereinigungen in London wird Castrucci oft Gelegenheit gehabt haben, seine Geigenkünste vorzuführen. Die Engländer werden dem Corelli Schüler, der ja sozusagen Corelli aus erster Hand bot, sicherlich begeistert gelauscht haben. Einige seiner Verzierungen zu Corellis Werken hat er aufgeschrieben. Hier sind Sarabanda und Giga aus Corellis siebter Sonate op. 5. 1‘26

4. Musik Arcangelo Corelli (Verzierungen: Castrucci) Sarabanda und Giga aus: Sonata op. 5 Nr. 7 2 <3> 2‘24 2 <4> 2‘02 Trio Veracini Titel CD: Corelli 12 sonate a violino e violone o cimbalo op. 5 Novalis, 150 128-2, kein LC WDR 5031 081

Arcangelo Corelli: Sarabanda und Giga aus seiner Sonate op. 5 Nr. 7 mit den Verzierungen des italienischen Geigers Pietro Castrucci. Es spielte das Trio Veracini.

Ja, die Zeiten für den virtuosen Amateurgeiger Mr. Needler wurden langsam schwerer: spätestens als die beiden Geiger Francesco Geminiani und Francesco Maria Veracini in London eintrafen – 1714 war das. Veracini blieb nur kurz in England, Geminiani fast sein ganzes Leben. Die Schülerschaft bei Corelli sicherte ihm große Bewunderung. Sogar der König höchstpersönlich wollte hören, wer denn dieser Geminiani sei und lud ihn zu einem Vorspiel bei Hofe ein. Allerdings wollte der Geiger sich seinen Auftritt 6 nicht durch einen minderwertigen Spieler am Cembalo verpfuschen lassen und bat deshalb darum, Georg Friedrich Händel zu fragen. Und so kam es: Geminiani und Händel musizierten gemeinsam vor dem König – mit großem Erfolg. Beflügelt durch diesen Auftritt ersann Geminiani einen ganz besonderen Coup: wenn jedermann in London regelrecht süchtig nach der Musik Corellis zu sein schien, wäre es da nicht unglaublich, wenn man sozusagen „neue“ Werke Corellis anbieten könnte? Natürlich! Und so formte Geminiani die ersten sechs Solosonaten seines Lehrers zu Concerti grossi um. Nicht nur quasi „neue Corellis“, sondern auch noch solche, die jetzt auch Liebhaber spielen konnten, denen die Solosonaten zu schwer gewesen waren. Der offizielle Auftrag zu dieser Bearbeitung war Geminiani von einer Freimaurerloge erteilt worden, die den Musiker als „Solist und Kapellmeister auf Lebenszeit“ berufen hatte. Und der König sollte Widmungsträger von Geminianis Concerti nach Corellis op. 5 sein. Dass sich bei diesem Projekt die Subskibenten nur so überschlugen, kann man sich lebhaft vorstellen. Den zweiten Teil von Corellis Solosonaten hat Geminiani dann auch noch bearbeitet, allerdings mit weniger Erfolg. Und obwohl Geminianis Concerti insgesamt sehr gut ankamen und zumindest der erste Teil auch einige Male nachgedruckt wurde, gab es auch kritische Stimmen. Unter ihnen zum Beispiel der Musikhistoriker . Der schimpfte: „Er wandelte Corellis Violinsonaten in Concerti um, indem er die Noten vervielfachte und jene Melodien überlud und, wie ich meine, auch deformierte, die in ihrem ursprünglichen leichten Kleid viel anmutiger und angenehmer erschienen.“ 1726 erschienen Geminianis Orchestrierungen: im gleichen Jahr wurde auch The Academy of Ancient Music gegründet. Geminiani offerierte dort häufig seine Werke und Mr. Needler leitete das Orchester. So auch bei seinen Concerti grossi nach Corellis op. 5. 2‘30

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5. Musik Francesco Geminiani Preludio und Allemanda aus dem Concerto Nr. 10 aus: Concerti grossi nach Corellis op. 5 2 <13> 2’00 2 <14> 2’23 The Academy of Ancient Music Andrew Manze, Ltg. Titel CD: Geminiani Concerto grossi after Corelli, op. 5 Hmf, HMC 907261 62, LC 7045 WDR 5053 726

Francesco Geminiani: Preludio und Allemanda aus dem zehnten Concerto seiner Concerti grossi nach Corellis Solosonaten op. 5. Es spielte The Academy of Ancient Music unter der Leitung von Andrew Manze.

So begeistert die einen Geminianis Orchestrierungen aufnahmen, so sehr gab es selbst unter den Musikerkollegen Kritiker. Francesco Maria Veracini etwa warf Geminiani vor, er pfusche in Corellis Werken herum. Er sei schlicht und ergreifend ein „rifriggitori“ – ein Aufwärmer. Wobei der Gute offenbar völlig aus den Augen verloren hatte, dass er selbst ja auch dauernd an Corellis Sonaten herumfingerte. Und taten das sowieso – mehr oder minder – nicht alle? Mit seinen beiden Violinen Peter und Paul – so hatte der Exzentriker Veracini seine Instrumente getauft, trat er in London zwischen den Akten der Oper im King’s Theater auf. Der Ruf eines hervorragenden Geigers, aber eben auch eines „capo pazzo“, eines „verrückten Kopfes“ eilte ihm voraus. Und Charles Burney gab zwar einerseits zu, dass Veracini einer der ersten Geiger Europas sei. Andererseits sparte er nicht mit Kritik. Für ihn war Veracini: „wild“ und „unpleasant“. Das konnte den Engländern nicht wirklich munden, wo sie doch so sehr die Einfachheit der Musik Corellis liebten. Allerdings hat Veracini die Musikwelt dann gegen Ende seines Lebens doch noch überrascht: 1760 schrieb er seine „Dissertazioni“ über Corellis Sonaten op. 5. Nicht um Virtuosität oder um Verzierungen geht es dem Geigenvirtuosen hier, sondern vielmehr um kontrapunktische Techniken.

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Da ergänzt Veracini Fugensätze, komponiert da und dort hinzu. Mit anderen Worten: er wärmt nicht nur auf, sondern kocht mit gleichen Zutaten neu! 1‘40

6. Musik Francesco Maria Veracini Adagio und Allegro aus: Dissertazioni … sopra l’ quinta del Corelli <13> 2’51 <14> 2’06 John Holloway, Violine Jaap ter Linden, Violoncello Lars Ulrik Mortensen, Cembalo Titel CD: Veracini Sonatas ECM New Series, ECM 1889, LC 02526 WDR 5119 030

Arcangelo Corelli „verbessert“ vom „capo pazzo“ Francesco Maria Veracini: das waren zwei Sätze aus den Dissertazioni des Geigers über Corellis erste Solosonate op. 5. Violine spielte John Holloway, Cello Jaap ter Linden und Cembalo Lars Ulrik Mortensen.

Veracini, Geminiani, Castrucci: wie hießen die vielen ausländischen Musiker in London alle! Der Berühmteste war sicherlich Georg Friedrich Händel. „Il caro Sassone“ wie Corelli den jungen Händel bei seinem Romaufenthalt genannt hatte, er hatte mit der italienischen Oper die englische Metropole erobert. Zunächst, sollte man sagen. Denn immer wieder stellten sich finanzielle Probleme ein, die sich schließlich so zuspitzten, dass Händel einen neuen Plan ersann: er beschloss, das Publikum mit englischen Oratorien zu begeistern. Und in den Pausen dieser Oratorien sollten zur Unterhaltung Orgelkonzerte und Concerti grossi gespielt werden. Im Jahr 1739 machte Händel sich an die Arbeit, zwölf Concerti zu schreiben: und brauchte dafür gerade mal einen Monat! Ob die Muse ihn so unaufhörlich geküsst hat? Oder ob ihm die Geldnot im Nacken saß? Vielleicht eine Mischung aus Beidem. Jedenfalls gab es schon während der Arbeit einen Aufruf an Subskibenten: denn ihr Geld wurde dringend für den Notenstich der Konzerte benötigt. Zufall, dass Händel seine Concerti ebenfalls als op. 6

9 veröffentlichte – genau wie Corelli? Zufall, dass er die Werke genau 25 Jahre nach dem Erscheinen von Corellis Werken schrieb? Oder doch eine Referenz an das Vorbild Corelli? Möglicherweise schlicht und ergreifend auch einfach verkaufsfördernd. So nach dem Motto: Leute, hier könnt ihr Concerti grossi kaufen, ähnlich wie die von Corelli… Zwar hält sich Händel durchaus an das Modell Corellis, geht aber doch frei damit um. Dadurch entsteht ein größerer Farbenreichtum: Sätze wie Hornpipe finden sich genauso in Händels Concerti wie eine Polonaise, eine französische Ouvertüre, eine Siciliana oder eine Musette. Gerade den letzten Satz – die Musette - hat Händel wohl gerne in den Pausen seiner Oratorien zum Besten gegeben. 2‘05

7. Musik Georg Friedrich Händel Musette und Allegro aus: Concerto grosso op. 6 Nr. 6 in g-moll HWV 324 2 <8> 4’47 2 <9> 2’51 The Academy of Ancient Music Andrew Manze, Ltg. Titel CD: Handel: Concerti grossi op. 6 Hmf, HMC 907228.29, LC 7045 WDR 5032 616

Musette und Allegro aus Händels Concerto grosso op. 6 Nr. 6 in g-moll. Es spielte The Academy of Ancient Music unter der Leitung von Andrew Manze.

Geige spielen ohne Corellis Musik zu kennen: das war im England des 18. Jahrhunderts einfach unmöglich. Und so gehörten die Solosonaten natürlich auch in das Repertoire des Geigenvirtuosen , ein Enkelschüler Corellis sozusagen: denn Dubourg war bei Geminiani in der Lehre gegangen und der ja wiederum bei Corelli. Auch Dubourg hatte – wie sich das für die Profis gehörte – seine eigenen Verzierungen für Corellis Sonaten entwickelt und zum Eigengebrauch aufgeschrieben. Aber selbst die Tastenspieler ließen es sich nicht nehmen, „ihren“ Corelli mit entsprechenden Ornamenten zu präsentieren. So etwa der englische Organist und Cembalist William Babell. Seine Verzierungen bleiben - im 10

Gegensatz zu einigen seiner Zeitgenossen - nah am Original: mit einer Reihe von schnellen Notenwerten bilden sie jeweils eine Art Insel um die zu verzierende Note. Die Geige bzw. die Blockflöte tritt in den Hintergrund und die verzierte Melodiestimme wird vom Cembalo gespielt. 1‘03

8. Musik Arcangelo Corelli (Verzierungen Babell) Sarabanda und Giga aus: Sonata op. 5 Nr. 10 in C-Dur <16> 1‘35 <17> 2’09 Stefan Temmingh, Blockflöte Olga Watts, Cembalo Titel CD: Corelli à la mode Oehms classics, OC 598, LC 12424 Privat CD

Sarabanda und Giga aus der zehnten Sonate op. 5 von Arcangelo Corelli. Die Verzierungen der Sarabanda stammen von dem Cembalisten William Babell. Stefan Temmingh spielte Blockflöte, Olga Watts, Cembalo.

Und damit geht die SWR 2 Musikstundenwoche über den Erzengel der Musik, über Arcangelo Corelli zu Ende. Ungewöhnlich sicherlich, dass es mehr über den gewaltigen Nachruhm seiner Musik zu sagen gab, als über Corelli selbst. Schade auch, dass wir so wenig über den Menschen Arcangelo Corelli wissen. Aber vielleicht hinterlässt ja seine Musik im diesjährigen Gedenken an den 300. Todestag noch einen Nachhall in der Musikwelt. Zum Schluss noch mal Corelli pur: in der heutigen Musikstunde gab’s seine Musik mit so vielen „Zutaten“ anderer Musiker, dass jetzt noch einmal Corelli mit seinen eigenen Verzierungen erklingen soll: so wie der Amsterdamer Drucker Estienne Roger sie 1710 veröffentlicht hat. Hier sind zwei Sätze aus Corellis fünfter Solosonate. Violine spielt Chiara Banchini. 1‘00

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9. Musik Arcangelo Corelli Adagio und Vivace aus: Sonata op. 5 Nr. 5 in g-moll <23> 2‘24 <24> 1‘37 Chiara Banchini, Violine Jesper Christensen, Cembalo Luciano Contini, Theorbe Käthy Gohl, Violoncello Titel CD: Arcangelo Corelli: Sonate a Violino e Violone o Cimbalo op. V Hmf, HMC 290854, LC 7045 WDR 5024 238

Musik ca. 38’40 Text ca. 15’37

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