Himmlische Stunden, Selige Zeiten
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Christoph Graupner Himmlische Stunden, selige Zeiten Miriam Feuersinger Capricornus Consort Basel Ein herzliches Dankeschön... ...geht an alle, welche die Entstehung der CD tatkräftig gefördert und ermöglicht haben, Christoph Graupner sei es motivierend, musizierend, inspirierend, finanzierend, optimierend, visualisierend (1683-1760) und was noch alles dazu gehörte. Besonders möchte ich Himmlische Stunden, selige Zeiten Peter Barczi für das fröhliche Mitgestalten und -denken, dem ganzen wunderbaren Ensemble für das spannende Musizieren, Heavenly Hours, Blessed Times Christian Sager für das feine Ohr am Klang, Brigitte Fässler und Albert Jan Becking für den guten Blick durch die Linse, Kantaten / Cantatas Anselm Hartinger für die vergnügliche Werkeinführung, Joachim Berenbold für all die ermutigende Beratung, der Basler Orchestergesellschaft für die großzügige Gabe und der Kirchgemeinde Heilig Kreuz in Binningen für die herzliche Gastfreundschaft danken. Der Schlussdank geht an Christoph Graupner, dessen Kantaten zu entdecken ein sehr Miriam Feuersinger schönes und tiefgreifendes Erlebnis für mich war. Sicherlich in seinem Sinne und Sopran / soprano gemeinsam mit seinem Zeitgenossen Bach sage ich an dieser Stelle: S. D. G.! Miriam Feuersinger Capricornus Consort Basel Peter Barczi, Eva Borhi Barockvioline / Baroque violin Matthias Jäggi Barockviola / Baroque viol Daniel Rosin Barockcello / Baroque cello Coproduction with SRF 2 Kultur Michael Bürgin Violone Executive producer SRF 2 Kultur: Valerio Benz David Blunden Orgel & Cembalo / organ & harpsichord Executive producer note 1 music: Joachim Berenbold Julian Behr Theorbe / theorbo Recording: 29 April – 2 May 2013, Katholische Kirche Heilig Kreuz, Binningen (Switzerland) Recording producer & digital editing: Christian Sager, Zürich (Switzerland) Editor & layout: Joachim Berenbold Xenia Löffler (als Gast / as guest) Cover photos: Brigitte Fässler (www.faesslerundhorst.ch) Barockoboe / Baroque oboe Artist photos: Albert Jan Becking, Daniel Deuter (p 19) Translations: David Babcock (English) · Sylvie Coquillat (français) + © 2014 note 1 music gmbh, Heidelberg (Germany) Peter Barczi CD manufactured by Promese - Made in The Netherlands Leitung / direction Christoph Graupner „Erbauung und Vergnügen“ (1683-1760) Christoph Graupners opernmäßiger Kantatenstil I. Kantate Angst und Jammer * Kantate Ich bleibe Gott getreu * Die allgegenwärtige Präsenz der Bach’schen elle Sprache. Anders als der souverän-eingängi- GWV 1145/11 GWV 1106/19 Kantaten in der posthumen Rezeption und ge Telemann und der oft genial-schlichte Stölzel 1 Arie Angst und Jammer 5:14 13 Arie Ich bleibe Gott getreu 2:30 heutigen Aufführungspraxis verstellt leicht den präferiert Graupner eine feine und hintersinni- 2 Rezitativ 1:57 14 Rezitativ 1:09 Blick dafür, dass sich die mitteldeutsche Kir- ge Ausarbeitung, die sich nicht immer leicht 3 Arie Mein Elend drückt mich 7:30 15 Arie Tobt, ihr Feinde, immer fort 3:39 chenmusik des Barock durch ein mehrheitlich erschließt und die hörbar mit dem kundigen fast zu Boden 16 Rezitativ 1:07 anderes Erscheinungsbild auszeichnete. Bachs Interpreten rechnet. Wenn es in einem Darm- 4 Rezitativ 1:28 17 Arie Martersteine 2:03 Anspruch, sämtliche kombinatorischen Mög- städter Gedenkblatt von 1781 über Graupner 5 Arie Himmlische Stunden 2:59 18 Rezitativ 0:46 lichkeiten erschöpfend auszuarbeiten und seine hieß, er habe „Kunst mit Natur, Pracht mit Ein- 19 Arie Muss ich gleich um Jesu leiden 5:32 durchaus problematische Gleichsetzung von or- falt, Reitz mit Schönheit“ verbunden und damit chestraler Kompaktheit und vokaler Linienfüh- „Erbauung und Vergnügen ... bewürkt“, so wa- 6 Tombeau * 2:52 rung stellen vielmehr einen Sonderfall dar, der ren dies aus Sicht des 18. Jahrhunderts Kompli- aus: Ouvertüre in c-Moll nicht zufällig nach 1730 in Konflikt mit neuen mente, auf die etwa ein Sebastian Bach kaum für Streicher & B.c. GWV 413 Idealen der Fasslichkeit und Eindeutigkeit geriet. Anspruch machen konnte. Kantate Ach Gott und Herr GWV 1144/11 Auch das umfangreiche und bisher erst in An- Grundlage des Graupner’schen Schaffens bleibt Kantate Furcht und Zagen * 20 Choral Ach Gott und Herr 2:39 sätzen erschlossene Kantatenœuvre Christoph das satztechnische Handwerk, das sich der GWV 1102/11b 21 Rezitativ 3:35 Graupners richtet sich hörbar auf ein anderes 1683 im westsächsischen Kirchberg Geborene 7 Arie Furcht und Zagen 1:48 22 Arie Seufzt und weint, 4:39 Ziel: Andacht durch emotionale Deutlichkeit als Alumnus des Thomanerchores sowie Schü- 8 Rezitativ - Arioso – Rezitativ 2:33 ihr matten Augen befördern und dabei den Kenner zufrieden- ler der Kantoren Schelle und Kuhnau aneignen 9 Arie da capo Furcht und Zagen 1:54 23 Rezitativ 2:15 stellen, ohne die Liebhaber zu überfordern. konnte. Graupners Gefühl für dramatische Ef- 10 Rezitativ 0:34 24 Arie da capo Seufzt und weint, 4:28 Graupners Musik will ergreifen, ohne die in- fekte und wirksame Affektzeichnung sowie sein 11 Choral O Jesu, hilf zur selben Zeit 1:36 ihr matten Augen tellektuelle Eleganz und die einem höfischen präzises Timing verweisen jedoch zusätzlich – Rezitativ 25 Rezitativ 1:29 Publikum gebührende Contenance zu ver- auf Erfahrungen als Bühnenmusiker (Cemba- 12 Arie Verstosse doch 6:17 26 Arie Stelle dich zufrieden 3:33 lieren. Sein in der Vorrede zum Darmstädter list) und Opernkomponist, für die neben sei- Choralbuch von 1728 niedergelegtes Credo nen etwa zehn nachweisbaren Hamburger und einer möglichsten „Simplicität“ sollte jedoch Darmstädter Opern auch Kontakte zur Leip- nicht missverstanden werden: Graupners Kan- ziger Operistenszene – etwa seinem späteren taten sprechen eine zwar verständliche, jedoch Vizekapellmeister und Bass-Solisten Gottfried * Weltersteinspielungen / world premier recordings durchgängig gehobene und merklich intellektu- Grünewald – bedeutsam gewesen sein dürften. 5 Graupners Kantaten der ersten Darmstädter Jahre Seufzerketten und harten Sprüngen auf „Qual“ nun als beschwingte Koloratur über einfachsten scheinen des Heilands rücken den Satz in die verkörpern das günstige Umfeld dieser Zeit, wie und „Lebenslauf“, bevor in einer meisterlich Kadenzformeln Bahn bricht. Die wohlklingende Nähe einer auskomponierten Fastenwache. es durch Forschungen u. a. von Friedrich No- eingeführten Reprise die verschiedenen Motive Führung beider Violinen verstärkt das Gefühl der Ein kurzes Rezitativ leitet dann in einen jener ack, Vernon Wickers, Guido Erdmann, Joanne verknüpft werden. Erleichterung, das die so ernst begonnene Musik Choräle mit eigenständiger Begleitung, für die Cobb Biermann, Oswald Bill und Michael Maul nun allenthalben durchzieht. Graupner bekannt geworden ist. Die Liedme- rekonstruiert worden ist. Die später durch den Ähnlich zu Herzen gehend ist der sensible Re- lodie wird dabei von arbeitsamen Streicherfi- faktischen Staatsbankrott des Landgrafen Ernst zitativstil der Nr. 2 als Klage eines Gerechten, Der nur wenig später zum 2. Advent 1711 kom- guren umrahmt, in denen man vielleicht das Ludwig in Mitleidenschaft gezogene Hofkapelle der selbst weder richtet noch verdammt, und ponierten Kantate „Furcht und Zagen“ liegt tätige Opfer und „Keltertreten“ des Heilands erlebte in dieser Periode einen zahlenmäßigen trotzdem kein Erbarmen findet. Trübe Affektbe- ebenfalls ein Lehms’sches Libretto zugrunde. sehen mag. und qualitativen Höchststand. Zugleich stand reiche verkörpert die mit Molto Adagio über- Sie hebt zunächst in ähnlichem Duktus an, legt Wie oft in deutschen Concerti und Sonaten der mit dem Hofbibliothekar Georg Christian Lehms schriebene zweite Arie, die mit ihren absteigen- den Akzent aber auf die Imitation eines eng- Zeit ist der Schluss-Satz mit seinen Klangkon- (1684-1717) ein sprachgewandter Librettist be- den Tonleitern über einem pausendurchwirkten schrittigen Intervalls zwischen Violine I, Conti- trasten und Tempowechseln der gewichtigste. reit, der in der Opern- und Kantatendichtung Bass im finsteren c-Moll wie ein Begräbnisstück nuo und Singstimme. Graupner setzt in diesem Über einer laufenden Bassbewegung exponiert versiert war und dessen zugleich expressive wie daherkommt. Die Singstimme durchlebt mit ih- ausgedünnten Linienspiel perfekt ein adventli- Graupner einen markanten Quartsprung, der fantasievolle Texte auch Bach und Telemann ren Exklamationen, unvorbereiteten Dissonan- ches Bibelwort um, das weniger von manifester durch eine engschrittige Sequenz etwas vor- hörbar inspirierten. In Gestalt der Sopranistin zen und ergreifenden Seufzern echte Verzweif- Angst als banger Erwartung und scheuem Zö- schnell abgebrochen wird, dann jedoch als Johanna Elisabeth Döbricht hatte der Hof 1711 lung, während der zögernde Beginn des B-Teils gern handelt. gesungene Devise „Verstoße doch dein Erbteil überdies eine renommierte „Cantatrice“ ver- das Verzagen zum Stilmittel erhebt – passend Durch den überlangen Orgelpunkt G wird nicht“ große Einprägsamkeit entfaltet. Das Wir- pflichtet, die dank ihrer Bühnenerfahrung als zu einem Text, in dem Lehms bei den Worten das folgende Rezitativ um die Dimension der ken der göttlichen „Gnade“ wird hingegen in ideale Interpretin auch für die hier eingespielten „die Seele selber blutet mir“ an den Rand des Ewigkeit erweitert, an der sich alles Singen und einer verschachtelten Sechzehntelbewegung geistlichen Soprankantaten gelten darf. barocken Sprachvermögens geht. Dichten im Zeichen der Ankunft Christi messen dargestellt. Der auf eine trugschlüssig ver- lassen muss. Folgerichtig geht der Satz in ein längerte Kadenz folgende pastorale Mittelteil II. Das