Die Rolle der NGOs als Teil der Zivilgesellschaft im demokratischen Transitions- und Konsolidierungsprozess Zambias

Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum - Fakultät für Sozialwissenschaft -

vorgelegt von Beatrix Waldenhof

aus Münster (Westfalen)

Bochum 2003 Inhaltsverzeichnis 1

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ...... 1

Verzeichnis der Abbildungen...... 6

Verzeichnis der Abkürzungen...... 8

Einleitung...... 12

1 Die theoretische Einbettung ...... 14

1.1 Demokratische Transition und Konsolidierung als Phasen des Systemwechsels ...... 14

1.1.1 Der transitionstheoretische Rahmen...... 15

1.1.1.1 Der Begriff Systemwechsel findet Eingang in die Transitionsforschung ...... 16

1.1.1.2 Die Analyse der Systemwechsel als Folge der dritten Demokratisierungswelle18

1.1.1.3 Transitionstheoretische Erklärungsansätze nach dem Epochenbruch von 1989: Zur Koexistenz der Paradigmen System - Struktur - Akteur ...... 23

1.1.1.3.1 Makro-soziologische Ansätze: Die system- und modernisierungstheoretische Renaissance ...... 25

1.1.1.3.2 Mesoebene: Die strukturalistischen Theorien als Bindeglied zwischen system- und akteursorientierten Ansätzen ...... 28

1.1.1.3.3 Mikro-soziologische Ansätze: Die Akteurstheorien entzaubern den Determinismus systemischer und strukturalistischer Annahmen ...... 31

1.1.2 Der demokratietheoretische Rahmen ...... 34

1.2 Das Konzept der Zivilgesellschaft...... 36

1.2.1 Der Diskurs der Zivilgesellschaft in den Sozialwissenschaften: Ein Konzept macht Karriere ...... 36 Inhaltsverzeichnis 2

1.2.2 Die Hauptprofiteure des Konzepts: NGOs als umworbene Protagonisten der Zivilgesellschaft ...... 45

1.3 Synthese: Zivilgesellschaft und Systemwechsel...... 50

1.3.1 Anlehnung an das funktionalistische Konzept von Zivilgesellschaft ...... 51

1.3.1.1 Demokratische Funktionen der Zivilgesellschaft: Idealmodelle im Lichte empirischer Befunde...... 55

1.3.1.2 Zivilgesellschaft als analytische Kategorie im Systemwechselprozess...... 60

1.3.2 Einflussfaktoren auf die Genese der Zivilgesellschaft...... 64

1.3.3 Phasenabhängige Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft...... 71

1.3.4 Fazit: Zur Ambivalenz der Zivilgesellschaft im Systemwechsel...... 75

1.4 Der Ansatz der Arbeit...... 78

1.4.1 Das Forschungsdesign ...... 78

1.4.2 Der Forschungsstand ...... 81

2 : Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene...... 87

2.1 Die Ära Kaunda: 27 prägende Jahre ...... 87

2.1.1 Die Erste Republik: Politische Entwicklungen nach 1964 ...... 89

2.1.1.1 Die wirtschaftliche Entwicklung: Kupferboom und Verstaatlichung...... 96

2.1.1.2 Die Genese der Zivilgesellschaft...... 100

2.1.1.2.1 Die christlichen Missionscenter als Wiege des zambischen Nationalismus .101

2.1.1.2.2 Die Gewerkschaftsbewegung: Zur Paradoxie einer staatlich verordneten Stärkung 104

2.1.2 Die Zweite Republik: „One-party participatory democracy“ ab 1973 ... 107

2.1.2.1 Wirtschaftlicher Niedergang ohne politische Reaktion...... 109 Inhaltsverzeichnis 3

2.1.2.2 Zivilgesellschaft im Einparteisystem: Wider der „culture of silence“ ?...... 112

2.1.2.2.1 Die christlichen Kirchen auf Konfrontationskurs ...... 114

2.1.2.2.2 Die Gewerkschaftsbewegung zeigt ihre politischen Muskeln ...... 117

2.1.3 Fazit: Die Voraussetzungen für Reformen aus der Ära Kaunda...... 119

2.2 Der politische Liberalisierungsprozess von 1989 bis 1991...... 120

2.3 Das politische System der Dritten Republik nach 1991: Demokratischer Aufbruch? ...... 122

2.3.1 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1991...... 122

2.3.1.1 Zwei NGOs entstehen als lokale Wahlbeobachtergruppen ...... 133

2.3.1.1.1 Einstige Problemfelder der NGOs: Immer noch aktuell? ...... 136

2.3.2 Politische Entwicklungen bis 1996: Zwischen Wandel und Kontinuität ? 140

2.3.2.1 Kontinuität durch Wandel: Eine Bewegung wird Partei ...... 141

2.3.2.2 Das ökonomische Liberalisierungsprogramm als Trumpfkarte? ...... 148

2.3.2.3 Die Verfassungsdebatte: Achillesferse der jungen Demokratie ...... 157

2.3.2.3.1 NGOs warnen vor wahltaktischer Ausschlachtung der Verfassung...... 165

2.3.2.3.2 Die externe Reaktion auf die Verfassungsdebatte: Inkohärenz der Gebergemeinschaft ...... 170

2.3.2.4 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1996: Chiluba unter Druck ...... 174

2.3.3 Zambia nach 1996: Vom Musterland zum Sorgenkind des Südlichen Afrika? 185

2.3.3.1 Dem Votum der NGOs über die Wahlen folgt staatliche Repression...... 185

2.3.3.2 Zambia im Ausnahmezustand nach dem Putschversuch von 1997...... 192

2.3.4 Zambias politische Zukunft ...... 195 Inhaltsverzeichnis 4

2.3.4.1 Lokalwahlen Ende 1998: Vorbote zukünftiger Wahlen? ...... 195

2.3.4.2 Oppositionsparteien bieten keine Alternative...... 199

2.3.4.3 Die Wahlen vom Dezember 2001 ...... 203

2.4 Fazit: Ein Systemwechsel ohne Wandel?...... 207

3 Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene...... 208

3.1 Zur Positionierung der NGOs als Teil der Zivilgesellschaft...... 208

3.1.1 Die Gewerkschaftsbewegung: Einstiger Motor der Liberalisierung und ihre aktuelle Rolle...... 209

3.2 Die NGOs als politische Akteure im Demokratisierungsprozess: Erfolge aus der Binnensicht...... 216

3.2.1 Die lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs etablieren sich als politische Akteure ...... 216

3.2.1.1 Eine respektierte NGO mit landesweiter Präsenz: Die „Foundation for Democratic Process“ (FODEP) ...... 217

3.2.1.1.1 Grundlegende Reformen des Wahlprozesses als zentrale Forderung der FODEP 229

3.2.1.1.2 Die Wahlen 2001 aus Sicht der FODEP...... 235

3.2.1.2 Die Vorbereitung der Wahlen als Querschnittsaufgabe der NGOs: Die „COALITION 2001“...... 241

3.2.1.2.1 Ein Erfolg der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Wahlen 2001: Das „OASIS FORUM“ 245

3.2.2 Die NGOs im Bereich „Social Justice“: Erfolg durch soziale Verankerung? ...... 247

3.2.2.1 CCJP: Treibende Kraft in der Verfassungsdebatte ...... 249

3.2.2.2 CCJP mobilisiert gegen die umstrittene Bodenrechtsreform von 1995...... 252 Inhaltsverzeichnis 5

3.2.2.3 Politische Dimension der Armutsbekämpfung ...... 256

3.2.2.3.1 Der IWF und die Weltbank entdecken die Zivilgesellschaft...... 258

3.2.2.3.2 Stand der HIPC-Initiative in Zambia: Das Problem bleibt bestehen...... 261

3.2.2.3.3 CCJP engagiert sich in der HIPC-Initiative: Demokratisierungsschub?...... 263

3.2.3 Die „Human Rights“- NGOs: Schutz vor staatlicher Willkür? ...... 267

3.2.4 Der Bereich “Legal Advice”...... 271

3.2.5 Die Vision einer NGO: „Civic education for the masses“...... 278

3.3 Fazit: Die Rolle der NGOs im zambischen Demokratisierungsprozess...283

4 Schlussbetrachtung ...... 284

Literaturverzeichnis...... 295

I Selbständige Veröffentlichungen...... 295

II Unselbständige Veröffentlichungen ...... 308

III Dokumente und Publikationen aus Zambia...... 326

Verzeichnis der Gesprächspartner ...... 334

Fragebögen für NGOs, Geberorganisationen, Experten ...... 340

Verzeichnis der Abbildungen 6

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1-1: Idealmodelle demokratischer Funktionen der Zivilgesellschaft im Lichte empirischer Befunde...... 56

Abbildung 1-2: Typische Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft in der Transitionsphase des Systemwechsels...... 71

Abbildung 1-3: Kriterien für die Erfassung der „ambivalenten“ Zivilgesellschaft ...... 77

Abbildung 2-1: Regionale Desintegration in Zambia...... 89

Abbildung 2-2: Verbreitung der wichtigsten Sprachgruppen in Zambia...... 92

Abbildung 2-3 Die 7 größten Sprachgruppen in Zambia...... 93

Abbildung 2-4: Verwaltungseinteilung Zambias nach Provinzen ...... 94

Abbildung 2-5: Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen 1991...... 129

Abbildung 2-6: Ergebnisse der Parlamentswahlen 1991...... 129

Abbildung 2-7: Ökonomisches Liberalisierungsprogramm von 1992 bis 1996 ...... 151

Abbildung 2-8: Forderungen der MMD zum Verfassungsentwurf vom Juni 1991....159

Abbildung 2-9: MMD-Weißbuch zur Verfassungsreform von 1995...... 164

Abbildung 2-10: Verbindungen der Oppositionsparteien zur MMD (Stand 1996)....181

Abbildung 2-11: Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen 1996 ...... 183

Abbildung 2-12: Ergebnisse der Parlamentswahlen 1996...... 183

Abbildung 2-13: Die Kritikpunkte der NGOs an den Wahlen von 1996...... 186

Abbildung 3-1: Steckbrief der „Foundation for Democratic Process“ (FODEP) .....217

Abbildung 3-2 FODEP fordert Reform des Wahlprozesses...... 231

Abbildung 3-3: Steckbrief: CCJP (Catholic Commission for Justice and Peace) ...... 247 Verzeichnis der Abbildungen 7

Abbildung 3-4 Vorschläge der Zivilgesellschaft und Verfassungsänderungen...... 251

Abbildung 3-5: CCJP-Forderungen auf dem Konsultativgruppentreffen 2000...... 265

Abbildung 3-6: Steckbrief AFRONET (Inter-African Network For Human Rights) 267

Abbildung 3-7: Steckbrief Legal Resources Foundation (LRF)...... 271

Abbildung 3-8: Steckbrief Zambia Civic Education Association (ZCEA) ...... 278

Verzeichnis der Abkürzungen 8

Verzeichnis der Abkürzungen (Nichtregierungsorganisationen und ihre Netzwerke werden durch die Fettschrift hervorgehoben.)

AFRONET Inter-African Network for Human Rights

and Development

ANC African National Congress

AVAP Anti-Voter-Apathy Project

AZ

BSA British South Africa Company

CAFOD Catholic Agency For Overseas Development

CCC Committee for a Clean Campaign

CCJP Catholic Commission for Justice and Peace

CCMG Christian Churches‘ Monitoring Group

CCZ Christian Council of Zambia

CIA Central Intelligence Agency

CSPR Civil Society for Poverty Reduction

CNU Caucus of National Unity

DA District Administrator

DAC Development Assistance Committee (der OECD)

DANIDA Danish International Development Agency

EFZ Evangelical Fellowship of Zambia

ESAC Economic and Social Adjustment Credit Verzeichnis der Abkürzungen 9

ESAF Enhanced Structural Adjustment Facility

EU Europäische Union

FODEP Foundation for Democratic Process

GDP Gross Domestic Product

GNP Gross National Product

HIPC Heavily Indebted Poor Countries

IMF International Monetary Fund

IR Industrial Relations Act

IWF Internationaler Währungsfonds

LogNet Local Government Elections Network

LPF Liberal Progressive Front

LRF Legal Resources Foundation

MMD Movement for Multiparty Democracy

MP Member of Parliament

MUZ Mine Workers Union of Zambia

NDI National Democratic Institute for International Affairs

NGO Non-Governmental Organisation

NGO-CC NGO-Coordinating Committee

NIC National Interim Committee for Multi-Party Democ- racy

NLP National Lima Party

NORAD Norwegian Agency for International Development

NP Verzeichnis der Abkürzungen 10

NPA National Patriotic Alliance

NPC National Patriotic Coalition

NWLG National Womens‘ Lobby Group

OAU Organization for African Unity

OECD Organization for Economic Co-operation and De- velopment

Pact Private Agencies Collaborating Together (US-NGO)

PAREMO Patriotic Rescue Monitors

PRSP Poverty Reduction Strategy Paper

RAP Rights Accumulation Programme

SAP Structural Adjustment Programme

SIDA Swedish International Development Co-operation A- gency

UN United Nations

UNO United Nations Organisation

UNDP United Nations Development Programme

UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

UNIP United National Independence Party

UNZA University of Zambia (Lusaka)

UP

UPND United Party for National Development

UPP United Progressive Party Verzeichnis der Abkürzungen 11

USAID United States Agency for International Development

WHO World Health Organization

YWCA Young Women’s Christian Association

ZAF Zentralafrikanische Förderation

ZAMRO Zambia Reconstruction Organisation

ZANC Zambia African National Congress

ZAP Zambia Alliance for Progress

ZARD Zambia Association for Research and Develop- ment

ZCEA Zambia Civic Education Association

ZCCM Zambia Consolidated Copper Mines

ZCTU Zambia Congress of Trade Unions

ZDC Zambia Democratic Congress

ZEC Zambia Episcopal Conference

ZEMCC Zambian Elections Monitoring Co-ordinating Committee (ab April 1992 FODEP)

ZIMCO Zambia Industrial and Mining Corporation

ZIMT Zambia Independent Monitoring Team

ZNBC Zambia National Broadcasting Corporation

Z-Vote Zambia Voting Observation Team

Einleitung 12

Einleitung

„However, the role of civil society represents a dimension that has received less attention in the literature on regime transi- tions. As a growing number of observers are recognizing, the influence of associational arenas on the processes and outcomes of political transitions represents an important area for consid- eration.“1

Die vorliegende Arbeit möchte sich dem Phänomen „Non-Governmental Organisati- ons“2 (NGOs) nähern, die in der entwicklungspolitischen Diskussion seit den 1990er Jahren als ideale „Protagonisten der Zivilgesellschaft“ für die Förderung der noch jun- gen Demokratien in den Entwicklungsländern ausgelobt wurden. Durch die veränderte internationale Geberpolitik nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes hat die Förderung der Zivilgesellschaft auf der entwicklungspolitischen Agenda einen festen Platz einge- nommen. Die NGOs wurden im Rahmen der veränderten Konzepte als eine von außen zu fördernde politische Akteursgruppe ausgewählt, da mit den NGOs aufgrund ihrer verzahnten Mikro- und Makrostrategie die Hoffnung verbunden war, die noch fragilen Demokratien zu stärken. Wie hat sich nun diese veränderte Geberpolitik auf die gesamte Zivilgesellschaft ausgewirkt? Welche Rolle können die NGOs in den demokratischen Systemwechselprozessen einnehmen und wie wirkt sich der Systemwechselprozess wie- derum auf die NGO-Landschaft aus?

Die vorliegende Arbeit stößt, wie der Stand der Forschung noch skizzieren wird, in ein Forschungsdesiderat, da es kaum empirisch fundierte Studien über die Rolle der NGOs in einem afrikanischen Systemwechselprozess gibt. Mit Zambia fiel die Wahl auf ein Land mit einer vergleichsweise starken zivilgesellschaftlichen Struktur, die durch die Einbettung der NGO-Landschaft in die gesamte Zivilgesellschaft untersucht wird. Die vorliegende Arbeit basiert nicht nur auf der internationalen Forschungsliteratur, sondern kann sich durch einen Forschungsaufenthalt von Oktober 1999 bis März 2000 auch auf zahlreiche Informationen von Gesprächspartnern „vor Ort“ stützen. Darüber hinaus ermöglichte ein Arbeitsaufenthalt in Zambia im September 2002, auch aktuelle Entwick- lungen der NGO Landschaft einzubinden.

1 VonDoepp, Peter: Political Transition and Civil Society: The Cases of Kenya and Zambia, in: Studies in Comparative International Development 1 (1996), New Brunswich: NJ, S. 39. 2 Da die Arbeit sich vornehmlich auf englischsprachige Literatur und Quellen stützt, wird die englische Abkürzung NGO verwendet. Einleitung 13

Die Arbeit gliedert sich in drei fast gleichgewichtige Teile:

Im Kapitel 1 erfolgt zunächst die theoretische Einbettung der Arbeit, aus der dann die für die Arbeit grundlegenden Hypothesen generiert werden. Aus der theoretischen Ver- ortung wird auch die Aufteilung in die beiden Makro- und Mikrokapitel deutlich, denn im Kapitel 2 soll durch die detaillierte Analyse des Systemwechsels auf der Makroebene, gleichsam auch die „Bühne“ für die Aktivitäten der NGOs auf der Mikroebene im Ka- pitel 3 eröffnet werden. Die aus der Theorie generierten Hypothesen werden in der ab- schließenden Rückkopplung der Ergebnisse an die theoretische Einbettung in Kapitel 4 geprüft. Die folgende theoretische Verortung wird nochmals detailliert auf den gesam- ten Aufbau der Arbeit verweisen.

Die theoretische Einbettung 14

1 Die theoretische Einbettung

Die theoretische Einbettung verfolgt das Ziel, die für die vorliegende Arbeit relevanten Begriffe und Theoriestränge offen zu legen. Dabei wird in vier Schritten vorgegangen: Das Kapitel 1.1 steckt zunächst den der Arbeit zugrunde liegenden transitions- und de- mokratietheoretischen Rahmen, der gleichsam das erste Standbein für die Synthese aus der Konzeptualisierung von Systemwechsel und Zivilgesellschaft bildet. Daraufhin bün- delt das Kapitel 1.2 die aktuelle sozialwissenschaftliche Debatte über das Konzept der Zivilgesellschaft, die als zweites Standbein für die Synthese fungiert. Das Herzstück der theoretischen Verortung bildet im Kapitel 1.3 die Synthese aus der Konzeptualisierung von Systemwechsel und Zivilgesellschaft, durch die die bestehende politikwissenschaft- liche Systemwechselforschung mit dem gegenwärtigen Diskurs der Zivilgesellschaft ver- bunden wird. In dem abschließenden Kapitel 1.4 werden aus der theoretischen Einbet- tung die für die Arbeit grundlegenden Hypothesen generiert sowie der bestehende poli- tikwissenschaftliche Forschungsstand präsentiert.

1.1 Demokratische Transition und Konsolidierung als Pha- sen des Systemwechsels

Innerhalb der theoretischen Verortung bildet das Kapitel 1.1.1 die Einbettung in die po- litikwissenschaftliche Systemwechselforschung, indem zunächst die für die Arbeit grundlegenden transitionstheoretischen Begriffe in Kapitel 1.1.1.1 geklärt werden. Das Aufleben der Systemwechselforschung im Kontext der dritten Demokratisierungswelle sowie die Einteilung der Systemwechsel in die Transitions- und Konsolidierungsphase skizziert das Kapitel 1.1.1.2, um in einem nächsten Schritt im Kapitel 1.1.1.3 die drei konkurrierenden Theorien der Transitionsforschung mit Blick auf ihre Relevanz für den afrikanischen Kontext vorzustellen. Durch die Vorstellung des in der Systemwechselfor- schung fast einstimmig übernommenen Demokratieverständnisses im Kapitel 1.1.2 wird die transitionstheoretische Einbettung abgerundet.

Die theoretische Einbettung 15

1.1.1 Der transitionstheoretische Rahmen

„Das Jahr 1989 könnte sich als eine ähnliche Wasserscheide er- weisen wie 1789. (...) Zu Beginn der 1990er Jahre stellt uns der folgenschwere Zusammenbruch nicht nur der kommunistischen Regime, sondern auch des Marxismus-Leninismus als der kämp- ferischen Hauptideologie des 20. Jahrhunderts plötzlich vor völ- lig neue Aspekte für die kommenden Jahrzehnte.“3

Die bisherige Systemkonkurrenz zwischen Ost und West sowie die bestehenden Anta- gonismen zwischen Demokratie und Diktatur, zwischen Kapitalismus und Sozialismus, die die Bipolarität der Weltordnung prägten, wurden durch den „Epochenbruch von 1989“4 überwunden. Das Ende des Ost-West-Konfliktes und der tiefgreifende Wandel in Osteuropa5, die auch schlagartig die von den Antagonismen dominierte geostrategi- sche Bedeutung der meisten afrikanischen Länder veränderten6, forderten die politikwis- senschaftliche Transitionsforschung heraus:

Bis Ende der 1980er Jahre wurde auf der theoretischen Ebene von der Dauerhaftigkeit der realsozialistischen Länder und ihrer längerfristigen Koexistenz mit den bürgerlichen Demokratien ausgegangen.7 Prozesse des Wandels im Osteuropa der 1970er Jahre wur- den nie verdichtet zu Zusammenbruchsprognosen, sondern mit der Annahme der Re- formierbarkeit sozialistischer Systeme erklärt. Die überraschenden Umbrüche der 1990er Jahre kennzeichnete nun aber eine „beachtliche Uniformität in der Zielvorstel-

3 Satori, Giovanni: Demokratietheorie, Darmstadt 1992, S. 6. 4 Merkel, Wolfgang: Einleitung, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 1. Theorien, Ansätze und Konzepte der Transitionsforschung, Opladen 1996, S. 10. Künftig zitiert als: Merkel: Einleitung 1996. 5 In Anlehnung an die Systemwechselforschung werden die ehemals realsozialisti- schen Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas verkürzt mit Osteuropa tituliert. Vgl. Beyme, Klaus von/Nohlen, Dieter: Systemwechsel, in: Nohlen, Die- ter/Schultze, Rainer-Olaf (Hrsg.): Lexikon der Politik. Band 1. Politische Theo- rien, München 1995, S. 636. Künftig zitiert als: Beyme, von/Nohlen: 1995. 6 Vgl. Post, Ken: The State, Civil Society and Democracy in Africa: Some theoretical Issues, in: Cohen, Robin/Goulbourne, Harry: Democracy and Socialism in Af- rica, Boulder/San Francisco/Oxford 1991, S. 50; Chazan, Naomi/Mortimer, Robert/ Ravenhill, John/Rothchild, Donald: Politics and Society in Contempo- rary Africa, Boulder (Col.) 1992, S. 443-450; Harbeson, John W./Rothchild, Donald: African in Post-Cold War International Politics: Changing Agendas, in: Harbeson, John W./Rothchild, Donald. (Hrsg.): Africa in World Politics, Boul- der/San Francisco/Oxford 1991, S. 1-15; Volman, Daniel: Africa and the New World Order, in: The Journal of Modern African Studies 1 (1993), Cambridge, S. 1-30. 7 Vgl. Beyme, Klaus von/Nohlen, Dieter: Systemwechsel, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Wörterbuch Staat und Politik, München 1991, S. 690f. Künftig zitiert als: Bey- me, von/Nohlen: 1991. Die theoretische Einbettung 16 lung politischer Entwicklung: die Etablierung der pluralistischen Demokratie.“8 Ange- sichts der großen Entwicklungsunterschiede der „Ostblock-Staaten“ war es „ein Wun- der, daß alle Länder von einer Welle erfaßt wurden“9, die nicht als bloßer Nachah- mungsprozess zu erklären war.

1.1.1.1 Der Begriff Systemwechsel findet Eingang in die Transitionsforschung

Vor dem Hintergrund dieser veränderten Forschungssituation führten die Politikwissen- schaftler Klaus von Beyme und Dieter Nohlen zu Beginn der 1990er Jahre den Begriff Systemwechsel in die deutschsprachige Transitionsforschung ein10, der - in Abgrenzung zu dem vorherrschenden Terminus „Regimewechsel“11 - die Transformationsprozesse12 auf der politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Ebene umfasste. Der Begriff spiegelt den Unterschied zu den zuvor untersuchten Ländern der dritten Demokratisie- rungswelle im Südeuropa der 1970er Jahre und Lateinamerika der 1980er Jahre wider, deren Übergangsprozesse von der Diktatur zur Demokratie überwiegend auf die poli-

8 Beyme, von/Nohlen: 1991, S. 690. 9 Beyme, von/Nohlen: 1991, S. 697. 10 Vgl. Beyme, von/Nohlen: 1991, S. 690-700 und Merkel: Einleitung 1996, S. 12. 11 Der Regimewechsel Begriff hatte bis dahin den „bisherigen „main stream der Trans- formationsforschung“ geprägt. Vgl. Merkel: Einleitung 1996, S. 12. Als einer der ersten Wissenschaftler machte Robert Fishman 1990 auf die Notwendigkeit in der Transitionsforschung aufmerksam, die Begriffe Regime, Regierung und Staat analytisch zu trennen. Vgl. Fishman, Robert M.: Rethinking State and Re- gime in Southern Europe’s Transition to Democracy, in: World Politics 42 (1990) , S. 422-440. Robert Fishman vermeidet mit seiner begrifflichen Triade aus Regime, Regierung und Staat den Terminus politisches System, der in der Tra- dition der älteren systemtheoretischen Konzepte von David Easton sowie Gab- riel Almond und Bingham G. Powell die Funktionen aller drei Ordnungsformen umgreift und ganz allgemein das gesellschaftliche Teilsystem bezeichnet, das für die Produktion kollektiv verbindlicher Entscheidungen zuständig ist. Den Ter- minus Regimewechsel verwenden ebenso die Theoretiker des Mitte der 1980er Jah- re in Nordamerika durchgeführten vergleichenden „Transition to Democracy“ Projektes Guillermo O’Donnell, Philippe Schmitter und der am Paradigma des rational choice ausgerichtete Akteurstheoretiker Adam Przeworski. Vgl. O’Donnell, Guillermo/Schmitter, Philippe C./Whitehead, Lawrence (Hrsg.): Transitions from Authoritarian Rule: Comparative Perspectives, Baltimore 1986. Künftig zitiert als: O’Donnell/Schmitter/Whitehead: 1986. 12 Der Begriff Transformation wird in der Politikwissenschaft eigentlich für die Be- zeichnung des wirtschaftlichen Übergangs von der Plan- zur Marktwirtschaft verwendet, während Transition sich auf den politisch-institutionellen Bereich bezieht. In der Literatur sind aber für den Systemwechsel-Begriff sowohl Transiti- on als auch Transformation gebräuchlich. Vgl. Nohlen, Dieter: Systemwechsel, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik, München 2001, S. 507. Künftig zitiert als: Nohlen: 2001. Die theoretische Einbettung 17 tisch-institutionelle Ebene beschränkt war13, wohingegen die Umbrüche in der ehemals realsozialistischen Staatenwelt sich gleichzeitig auf tiefgreifende politische und sozio- ökonomische Wandlungsprozesse bezogen. Der diesen „Doppelcharakter“14 des Sys- temwechsels umfassende Systemwechsel-Begriff hat sich bis heute in der Politikwissen- schaft fest etabliert, wie beispielsweise die von Wolfgang Merkel u.a. herausgegebenen „Systemwechselbände“ belegen, die sich in den 1990er Jahren zu einem festen Refe- renzpunkt in der deutschsprachigen Transitionsforschung entwickelt haben.15

In der vorliegenden Arbeit verwendet die Autorin ebenfalls den Begriff Systemwechsel statt des bisher dominierenden Terminus Regimewechsel, da die politischen Prozesse des Untersuchungslandes zwar im Fokus des Forschungsinteresses stehen, aber auch der Übergang einer fast vollständig verstaatlichten ökonomischen zu einer marktwirtschaft- lichen Ordnung in die Analyse des politischen Systems16 miteinbezogen wird, denn die ökonomischen Umwälzungsprozesse sind eng mit den untersuchten politischen und so- zialen Veränderungen verwoben.17

Bewusst verwendet die Autorin daher auch den Begriff Systemwechsel in Abgrenzung zu Systemwandel, weil im Zentrum der Untersuchung der angestrebte Austausch einer po- litischen und gegebenenfalls auch wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisations- form durch eine neue Grundform steht, und nicht - wie der Terminus Systemwandel umschreibt - ein „Prozeß der evolutionären Anpassung eines sozialen oder politischen Systems an veränderte Umweltbedingungen durch die meist schrittweise Veränderung seiner internen Strukturen und Prozesse der Informationsverarbeitung“18. Ob der ange- strebte Systemwechsel in dem Untersuchungsland sich jedoch als ein Systemwandel im

13 In Lateinamerika wurde der Systemwechsel auf der politisch-institutionellen Ebe- ne auch von einem notwendigen Wechsel in der Entwicklungsstrategie begleitet. Vgl. Nohlen: 2001, S. 508. 14 Nohlen: 2001, S. 508. 15 In dem Zeitraum von 1994 bis 2001 sind insgesamt sechs „Systemwechselbände“ erschienen, die unterschiedliche Problematiken der Transitionsforschung durch theoretisch und empirisch fundierte intraregionale Beiträge beleuchten. 16 Das politische System umfasst - in Anlehnung an das allgemeine politikwissen- schaftliche Verständnis des dreidimensionalen Politikbegriffs- die Gesamtheit der politischen Institutionen, Strukturen, Prozesse und Inhalte politischer Ent- scheidungen. Vgl. Nohlen, Dieter/ Thibaut, Bernhard: Politisches System, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik, München 2001, S. 402. 17 Auf die Verflechtung des ökonomischen und politischen Systems in Zambia ver- weisen auf der Makroebene die Kapitel 2.1.1.1; 2.1.2.1 und 2.3.2.2 und auf der Mikroebene die Kapitel 3.1.1 und 3.2.2. 18 Nohlen, Dieter/Schultze, Rainer-Olaf/Schüttemeyer, Suzanne S. (Hrsg.): Lexikon der Politik. Band 7. Politische Begriffe, München 1998, S. 638. Die theoretische Einbettung 18

Sinne eines adaptiven Wandels der politischen Strukturen und Verfahren angesichts ge- wandelter Umweltbedingungen entpuppt, wird die Analyse offen legen.

1.1.1.2 Die Analyse der Systemwechsel als Folge der dritten Demokratisie- rungswelle

„Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Systemwechsel ist ei- ne Folge der „third wave of democratization“ (Huntington 1991). Niemals zuvor in der Geschichte hat der Prozeß der Demokrati- sierung auf einmal so viele Länder unterschiedlicher Kultur und Entwicklungsstandes erfaßt.“19

Mit der Rückkehr zur Demokratie in Portugal setzte 1974 die dritte Demokratisie- rungswelle ein, die durch das Zusammentreffen mit dem Epochenbruch von 1989 über- raschend neuen Aufwind erfuhr. Hatten 15 Jahre nach der Nelkenrevolution in Portugal in insgesamt 30 Ländern Demokratisierungsprozesse eingesetzt, löste die nach 1989 ver- stärkte Demokratisierungswelle bis 1998 in insgesamt 78 Staaten der Welt Systemwech- sel aus, die nicht alle in der Errichtung einer Demokratie mündeten.20 Diesen weltweiten Umbrüchen folgte in der Politikwissenschaft eine Flut von theoretischen, vergleichen- den und einzelfallorientierten Analysen. Um das in dieser Arbeit untersuchte Land die- ser dritten Welle zu verorten, werden nun kurz die ersten beiden Wogen der von Samuel P. Huntington bezeichneten „third wave of democratization“21 und ihre theoretische Verar- beitung skizziert.

19 Beyme, von/Nohlen: 1995, S. 636. Vgl. Huntington, Samuel P.: The Third Wave. Democratization in the Late Twentieth Century, Norman/London 1991. Künftig zitiert als: Huntington: 1991. 20 Vgl. Nohlen: 2001, S. 507. 21 Samuel P. Huntington bezeichnet die Demokratisierungsprozesse in Südeuropa und Lateinamerika als „third wave“, die 1974 mit dem Ende der Diktatur in Por- tugal begann. Nach seiner Einteilung der drei Demokratisierungswellen der „modern world“ erstreckte sich eine erste lange Welle von 1820 bis 1922 auf Nordamerika und Europa, die ihre Wurzeln in der französischen und amerikani- schen Revolution hatte. Die erste Welle zog sich langsam verstärkend über das gesamte 19. Jahrhundert hinweg und erreichte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt. Diese erste Demokratisierungswelle wurde durch eine Gegenwelle gebrochen, die 1922 mit Mussolinis Marsch auf Rom ihren An- fang nahm und im Zuge dessen in Europa und Lateinamerika eine Vielzahl fa- schistischer, autoritärer oder diktatorischer Regime führte. Die zweite kurze Wel- le datiert Huntington auf das Ende des Zweiten Weltkrieges nach 1945 bis 1962 dem Höhepunkt der Entkolonialisierungsprozesse. In dieser zweiten Welle wur- de in Westdeutschland, Österreich, Italien, Japan und einigen Ländern Latein- amerikas die Demokratisierung der politischen Systeme eingeleitet. Zu Beginn Die theoretische Einbettung 19

Die erste Woge der dritten Demokratisierungswelle begann in den 1970er Jahren mit der Rückkehr zu einem demokratischen System in den OECD-Ländern Portugal, Grie- chenland und Spanien, während im Zuge der zweiten Woge in den 1980er Jahren eine Reihe autoritärer Regime in Lateinamerika zerbrachen. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Samuel P. Huntington nicht erwartet, dass die politischen Systemwechsel in Südeuropa und Lateinamerika erst den Beginn einer globalen Demokratisierung markieren würden. Seine 1984 geäußerte Annahme, dass bis auf einige Ausnahmen die demokratische Ent- wicklung in der Welt bereits ihre Grenzen erreicht habe 22, musste er Anfang der 1990er Jahre vor dem Hintergrund des überraschenden Aufwindes der dritten Welle revidieren.

Für die theoretische Verarbeitung der Redemokratisierung in Südeuropa zog die Transi- tionsforschung zunächst zwei Erklärungsansätze heran: Zum einen versuchte sie gemäß der Modernisierungstheorie - als einer Variante des systemtheoretischen Ansatzes - die gesell- schaftlichen Voraussetzungen der Demokratie zu lokalisieren. Die in diesem Ansatz postulierte direkte Korrelation von ökonomischen Variablen23 und der politischen Handlungsbereitschaft zur Errichtung der Demokratie, konnte aber nicht in einer statis- tisch signifikanten Form nachgewiesen werden. Neben dem systemischen Ansatz wurde daher auch die genetische Analyse der Redemokratisierungsprozesse herangezogen, die den politischen Prozessen wieder mehr Aufmerksamkeit schenkte, aber durch ihren in- dividualisierenden Ansatz häufig in zeitlichen Stadienmodellen endete, die eine geringe theoretische Abstraktion erlaubten.24

Paradigmenwechsel in der Entwicklungsländerforschung

Dominierten bis in die 1980er Jahre in der Entwicklungsländerforschung die moderni- sierungstheoretischen und strukturalistischen Ansätze mit ihren entwicklungstheoretischen Paradigmen der Modernisierung und Dependencia,25 die dem Politischen je in ihrer Weise nur eine nachgeordnete Bedeutung beigemessen hatten und die strukturellen internen

der 1960er Jahre entstand erneut eine Gegenwelle, die in Lateinamerika zu Er- richtung von Militärdiktaturen führte. Vgl. Huntington: 1991. 22 Vgl. Huntington, Samuel P.: Will More Countries Become Democratic? , in: Politi- cal Science Quarterly 2 (1984), S. 218. 23 Als Indikatoren wurden der Urbanisierungsgrad, Alphabetisierungsgrad, Prozent der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, Sozialprodukt pro Kopf und der Ener- gieverbrauch herangezogen. 24 Vgl. Beyme, von/Nohlen: 1995, S. 640. Die theoretische Einbettung 20 oder externen Hemmnisse des Entwicklungsprozesses betonten, gelangten mit den Transitionsprozessen in Lateinamerika26 die politischen Akteure, Institutionen und Pro- zesse in den Mittelpunkt des Interesses. Die handlungstheoretischen Ansätze lösten ab- rupt die neomarxistischen strukturalistischen und modernisierungstheoretischen Ansät- ze ab. Die akteurstheoretischen Arbeiten von O’Donnell und Schmitter27 und Przeworski28 wurden zu einer nicht mehr „hintergehbaren konzeptionellen Referenz der empirischen Transitionsforschung“29.

Die Akteurstheorien begreifen - im Gegensatz zu den systemischen und strukturalisti- schen Ansätzen - den politischen Wandel als das Ergebnis von Aushandlungsprozessen strategisch handelnder Akteure. Somit sind Transitionsprozesse nicht durch systemische und strukturelle Rahmenbedingungen deterministisch festgelegt, sondern als im Ergeb- nis offene Prozesse zu betrachten.30 So unterschiedlich akteurstheoretische Ansätze im Einzelnen sein mögen, alle verbindet das erkenntnisleitende Interesse, wie sich Regime- wechsel31 vollziehen und welche Folgen die Interaktion von Gruppen und Individuen für die Stabilität und Instabilität der neuen Demokratien hat. Durch dieses Vorgehen vermögen die Ansätze zu erklären, warum es auch in relativ stabilen um einen mächti- gen politischen Führer zentrierten Systemen zu politischen Transitionsprozessen kom- men kann.

25 Auf die für den afrikanischen Kontext modifizierten Varianten strukturalistischer Ansätze geht das Kapitel 1.1.1.3.2 noch ausführlicher ein. 26 Die Systemwechsel in Lateinamerika reichten überwiegend über das engere institu- tionelle Verständnis nicht hinaus, so dass, sofern es sich nicht um eine Rede- mokratisierung handelte, von einer institutionellen Demokratisierung gespro- chen werden konnte. 27 Zu den Standardwerken zählt u.a.: O’Donnell, Guillermo/Schmitter, Philippe C.: Transitions from Authoritarian Rule. Tentative Conclusions about Uncertain Democracies, Baltimore 1986. Künftig zitiert als: O’Donnell/Schmitter: 1986. 28 Zu nennen sind u.a. folgende Veröffentlichungen von 1986 und 1991: Przeworski, Adam: Some Problems in the Study of the Transition to Democracy, in: O’Donnell/Schmitter/Whitehead: 1986, S. 47-63 und Przeworski, Adam: De- mocracy and the Market. Political and Economic Reforms in Eastern Europe and Latin America, Cambridge 1991. Künftig zitiert als: Przeworski: 1991. 29 Merkel, Wolfgang: Struktur oder Akteur, System oder Handlung: Gibt es einen Königsweg in der sozialwissenschaftlichen Transformationsforschung? in: Mer- kel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 1. Theorien, Ansätze und Konzepte der Transitionsforschung, Opladen 1996, S. 303. Künftig zitiert als: Merkel: Schlussbetrachtung 1996. 30 Entgegen der systemtheoretischen Perspektive, aus der die Fähigkeit zum System- wechsel ein funktionales Erfordernis der Systemerhaltung darstellt. 31 Der Terminus Regime wird hier von Adam Przeworski gewählt, da er durch seine strikte Ausrichtung am handlungstheoretischen Paradigma des rational choice den Systembegriff vermeidet. Vgl. Przeworski: 1991. Die theoretische Einbettung 21

Als Schwäche der akteurszentrierten Ansätze kann ihre zu starke Fokussierung auf das Verhalten politischer Eliten32 angeführt werden, so dass sie dazu neigen, gesamtgesell- schaftliche Entwicklungen und insbesondere in der Konsolidierungsphase hemmende strukturelle Hindernisse aus dem Blick zu verlieren. Diese Leerstelle behandeln wieder- um die strukturalistischen Ansätze, indem sie sozio- und machtstrukturelle Zwänge in das Zentrum ihrer Untersuchung rücken.

Die Akteurstheoretiker O’Donnell und Schmitter entwickelten in ihrer Pionierstudie über die Demokratisierungsprozesse der dritten Welle neben dem theoretischen Rah- men auch ein allgemeines Analysegerüst, das in Form eines Sequenzmodells das Inter- vall zwischen zwei Regimen - im Kontext der dritten Demokratisierungswelle also ü- berwiegend die Übergänge von autoritären zu demokratischen Systemen - als Transiti- onsphase definiert. Als abgeschlossen gilt der Regimewechsel durch eine erfolgreiche Konsolidierung.33

Anlehnung an das Phasenmodell: Transition und Konsolidierung als Phasen des Systemwechsels

In der Transitionsforschung wurde die dreiteilige Phaseneinteilung des Systemwechselpro- zesses in Liberalisierung, Demokratisierung und Konsolidierung weitgehend übernommen. Die Arbeit wird sich an dieses Phasenmodell anlehnen, wobei das Kapitel 1.1.1.3.3 noch auf die Schwierigkeiten verweisen wird, die bei der Anwendung des Phasenmodells auf den afrikanischen Kontext entstehen können, daher werden nun in aller Kürze lediglich die Begrifflichkeiten des Modells vorgestellt.

Die ersten beiden Sequenzen, die Liberalisierungs- und die Demokratisierungsphase, lassen sich zwar theoretisch unterteilen, sie markieren aber in der Empirie oft überlap- pende Phasen und werden als Transition zusammengefasst. In der Liberalisierungsphase geht es zunächst um die Ausweitung der zuvor stark eingeschränkten staatsbürgerlichen Rechte von Individuen und Gruppen sowie um die Entscheidung zwischen einer Demo- kratisierung oder der Rückkehr zum autoritären System. Die Einrichtung von demokratischen

32 Vgl. Bos, Ellen: Die Rolle von Eliten und kollektiven Akteuren in Transitionspro- zessen, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 1. Theorien, Ansätze und Konzepte der Transitionsforschung, Opladen 1996, S. 81-111. Künftig zitiert als: Bos: 1996. Die theoretische Einbettung 22 politischen Institutionen, wie Verfahren und Normen, die den Bürgern eine Beteiligung am demokratischen politischen Prozess sichern können, steht im Vordergrund der Demo- kratisierungsphase, die mit der Durchführung von freien Wahlen und dem Einsetzen ei- ner demokratischen Regierung endet. Die Konsolidierungsphase unterscheidet sich in ihren zentralen Akteuren, Herausforderungen und Dynamiken von der Transitionspha- se, da es nicht mehr um die Institutionalisierung demokratischer Verfahren, sondern um die Stabilisierung und die routinemäßige Anwendung der demokratischen Verfahren und Nor- men geht. Insgesamt erweist sich die Konsolidierung der Demokratie als ein komplexer und langwieriger Prozess, der auch in den theoretischen Ansätzen umstritten themati- siert wird, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden kann.34

Resümee und Ausblick

Seit den 1980er Jahren war vor allem die - auf die kurze Zeitspanne der Transition fo- kussierte - Forschung zu Lateinamerika zugänglich für akteurszentrierte Ansätze. Eine auf den Zeit- und Problemhorizont der Konsolidierungsphase ausgedehnte Forschung wird sich allerdings auch mit den theoretischen Ansätzen beschäftigen müssen, die die Abhängigkeiten von wirtschaftlichen und soziopolitischen Strukturvariablen sowie die weit in die autoritäre Geschichte zurückgreifenden Prozesse berücksichtigen. In der Er- weiterung des Forschungsinteresses um die Konsolidierungsfrage werden die Strukturen wieder in den Blick rücken, wie die wirtschaftlichen und sozialen Hintergrundvariablen, die Einstellung gegenüber demokratischen Institutionen und die institutionelle Struktur des politischen Entscheidungssystems. Der unterschiedliche Ablauf und Erfolg der Konsolidierung wird nicht nur von kurzfristigen und situativen Faktoren, sondern auch von historischen Faktoren abhängen, wie dem Typus des autoritären oder neopatrimo- nialen Systems35 und der Genese des Parteien- und Wahlsystems.

33 Vgl. O’Donnell/Schmitter: 1986, S. 6. 34 Vgl. zu den Ergebnissen der Transitionsprozesse in Afrika: Hartmann, Christof: Externe Faktoren im Demokratisierungsprozeß. Eine vergleichende Untersu- chung afrikanischer Länder, Opladen 1999, S. 36-39. Künftig zitiert als: Hart- mann: 1999. 35 Der Neopatrimonialismus ist eine in Afrika sehr verbreitete Form der politischen Herrschaft, die sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann. Neopatri- monialismus „benennt eine im Kern personalisierte Form der Herrschaftsaus- übung, die auf der klientelistischen Verteilung von Pfründen beruht, und bringt die Wirksamkeit traditioneller Normen und Verpflichtungen im nachkolonialen Staat zum Ausdruck.“ Meyns, Peter: Neopatrimonialismus, in: Mabe, Jacob E. Die theoretische Einbettung 23

Resümierend bleibt festzuhalten, dass die Systemwechselforschung von einem Neben- einander unterschiedlicher Ansätze geprägt ist. Da viele Konzepte an den Kontexten Lateinamerikas und Osteuropas erdacht worden sind, sollen im Folgenden die drei kon- kurrienden Ansätze noch einmal kurz skizziert und soll ihre Anwendbarkeit auf den af- rikanischen Kontext hinterfragt werden.

1.1.1.3 Transitionstheoretische Erklärungsansätze nach dem Epochenbruch von 1989: Zur Koexistenz der Paradigmen System - Struktur - Akteur

„Die theoretische Verarbeitung des osteuropäischen System- wechsel erwies sich insgesamt als schwierig. Es gab keine Kon- zepte, die für die Ereignisse von 1989 brauchbar schienen. Die Theoriebildung in den Sozialwissenschaften kämpfte mit ihrem Gesichtsverlust: Kaum eine Theorie hatte den Untergang des realen Sozialismus prognostiziert.“36

Der Epochenbruch von 1989 löste nicht nur für die Staaten des ehemaligen Ostblocks, sondern auch für die Entwicklungsländer einen Wandel der Forschungsansätze aus, da die bisherigen Theorieansätze der Transitionsforschung für Südeuropa und Lateiname- rika nicht einfach auf die Prozesse in den osteuropäischen und afrikanischen Staaten der 1990er Jahre übertragbar waren. Der Paradigmenwechsel von systemischen und struktu- ralistischen zu akteurszentrierten Ansätzen vollzog sich innerhalb der Transitionsfor- schung bereits durch die Analyse der Demokratisierungsprozesse in Lateinamerika. Neu in der Theoriebildung seit den 1990er Jahren war hingegen das Plädoyer für die Koexis- tenz der die politikwissenschaftliche Transitionsforschung dominierenden Paradigmen System, Struktur und Akteur.37 Während die beiden großen Paradigmen sozialwissen-

(Hrsg.): Das kleine Afrika-Lexikon. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wupper- tal/Stuttgart 2002, S. 140. Charakteristisch für neopatrimoniale Systeme ist die Zentralisierung der politischen Macht in der Hand eines Herrschers sowie die mangelnde Trennung von Person und Position: Der Präsident besetzt die Schlüsselpositionen in der Regierung und dem Verwaltungsapparat mit seinen Familienangehörigen oder Vertrauten, die mit ihm in einer klientelistischen Be- ziehung stehen. „Ämter werden nicht primär nach Kriterien sachlicher Kompe- tenz, sondern persönlicher Loyalität, nicht selten auch des Nepotismus verge- ben. Der Zugang zu ihren Ämtern verschafft den Amtsinhabern wiederum Zu- gang zu Ämtern und Ressourcen in ihrem Verantwortungsbereich. So entsteht ein Netzwerk des Klientelismus, in dem Patronage und Loyalität zwei Seiten derselben Medaille sind und in dessen Zentrum der Herrscher die Fäden zieht.“ A.a.O., S. 141. 36 Beyme, von/Nohlen: 1995, S. 647. 37 Vgl. Merkel: Schlussbetrachtung 1996. Die theoretische Einbettung 24 schaftlicher Theoriebildung - System und Akteur - bzw. Struktur und Handlung – sich jahrzehntelang gleichsam ablösten, ohne sich wesentlich zu beeinflussen, berücksichti- gen zu Beginn der 1990er Jahre einige vergleichende Analysen und theoretische Ansät- ze38, die systemischen, strukturalistischen und akteurstheoretischen Überlegungen gleichgewichtiger als ihre Vorgängerstudien seit den 1950er Jahren.

Wolfgang Merkel begründet sein Plädoyer für die wechselseitigen Anschlussmöglichkei- ten und komplementären Erkenntnispotentiale der drei vorherrschenden theoretischen Paradigmen, indem er auf die weitgehend unterschiedlichen Erkenntnisobjekte und E- benen dieser Ansätze in der Systemwechselforschung verweist.39 Während systemisch orientierte Ansätze aus einer Makroperspektive drohen, „zu viel“40 erklären zu wollen, bergen die akteurstheoretischen Ansätze aufgrund ihrer Mikroorientierung die Gefahr, „zu wenig“41 zu erklären, wohingegen die strukturalistisch orientierten Ansätze gleich- sam auf einer Mesoebene als Bindeglied zwischen System und Handlung fungieren.42 Das Zusammenführen der drei theoretischen Ansätze wird auch in der vorliegenden Arbeit favorisiert, indem die Autorin die wechselseitige Anschlussmöglichkeit der Theo- riestränge mit Blick auf die zu untersuchende Makro- und Mikroebene des Systemwech- sels im Blick hält.43

38 Vgl. u.a. Huntington: 1991. 39 Vgl. Merkel: Einleitung 1996, S. 18. Bei der Verwendung des Systemwechsel-Begriffs betont der Autor, dass dieser zwar - in der Tradition der älteren systemtheoreti- schen Ansätze von David Easton sowie Gabriel Almond und Bingham G. Powell - auf die zentralen Aspekte der Stabilität und der Legitimität politischer Syste- me fokussiert, sich aber einem undogmatischen Begriffsverständnis verpflich- tend offen für andere theoretische Anschlussmöglichkeiten bleibt und andere politische Ordnungsbegriffe - wie Regime - keinesfalls ausschließt. Somit ver- schließt sich das Konzept nicht für theoretische Anschlussmöglichkeiten an struktur- oder akteurstheoretische Ansätze und bleibt neutral in Bezug auf die dominierenden transitionstheoretischen Paradigmen System oder Akteur bzw. Struktur oder Handlung. Vgl. a.a.O., S. 12f. 40 Merkel: Schlussbetrachtung 1996, S. 321. 41 A.a.O. 42 Vgl. Merkel: Schlussbetrachtung 1996, S. 314. 43 Auf das Verständnis von Makro- und Mikroebene in dieser Arbeit wird das Kapitel 1.2.2 und 1.3 noch eingehen. In Anlehnung an das politikwissenschaftliche Ver- ständnis von „Mikro-Makro-Analyse“ richtet sich die Makro-Analyse auf die „Untersuchung relativ großer Prozesse und Zusammenhänge“ wie beispielsweise die Entwicklung der Demokratie oder des politischen Systems, während die Mikro-Analyse auf die Untersuchung „relativ kleiner und begrenzter sozialer Bereiche bzw. von Individuen“ gerichtet ist. Vgl. Nohlen, Dieter: Mikro-Makro- Analyse, in: Nohlen, Dieter/Schultze, Rainer-Olaf (Hrsg.): Lexikon der Politik- wissenschaft. Theorien, Methoden, Begriffe, München 2002, S. 539.

Die theoretische Einbettung 25

1.1.1.3.1 Makro-soziologische Ansätze: Die system- und modernisierungstheo- retische Renaissance

Der gleichgewichtigeren Berücksichtigung der theoretischen Ansätze in der Transitions- forschung ging zunächst eine system- und modernisierungstheoretische Renaissance voraus:

Während die Transitionsforschung in den 1980er Jahren bei der Untersuchung der la- teinamerikanischern Fälle überwiegend akteurszentriert vorging und ihr Augenmerk auf die Rolle und Strategien der Regimeeliten und der Opposition legte, rückten nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme zunächst wieder system- und modernisie- rungstheoretische Annahmen in den Vordergrund. Diese konzentrierten sich vor allem auf die systemspezifischen funktionalen Erfordernisse und machten eine fehlende funktio- nale Differenzierung für den Zusammenbruch der politischen Systeme in den Staaten des Ostblocks verantwortlich.44 Die Reformprozesse in Osteuropa wurden systemtheo- retisch über die politisch verhinderte funktionale Differenzierung gesellschaftlicher Teil- systeme und die damit zum Scheitern verurteilte Modernisierung der Gesamtgesellschaft erklärt.45

Paradoxerweise gelang es gerade der klassischen soziologischen Systemtheorie in der Nachfolge Talcott Parsons46, das Ende der kommunistischen Herrschaftssysteme zu prognostizieren. Im Kern argumentierte Talcott Parsons mit dem Theorem der funktio- nalen Differenzierung, nach dem die Entwicklung der traditionalen zu modernen Ge-

44 Vgl. u.a. Pollack, Detlev: Das Ende einer Organisationsgesellschaft: Systemtheore- tische Überlegungen zum Umbruch in der DDR, in: Zeitschrift für Soziologie, 4 (1990), S. 292-307. 45 Vgl. Merkel: Schlussbetrachtung 1996, S. 304. 46 Die allgemeine Systemtheorie wird in der Soziologie vor allem von Talcott Par- sons (1902-1979) und Niklas Luhmann (1927-1998) vertreten. Während Parsons der erkenntnisleitenden Frage nachging, wie es ganz allgemein zu einem geord- neten und dauerhaften Zusammenleben von Menschen komme, steht bei Luh- mann die Frage, warum und wie Menschen soziale Systeme schaffen, im Vorder- grund. Die strukturell-funktionale Systemtheorie oder auch Strukturfunktionalismus nach Parsons fokussiert zwar nicht auf eine spezifische historische Gesellschaft oder einen bestimmten Gesellschaftstypus, das Analysemodell zeigt aber, dass Parsons die westlichen Industriegesellschaften vor Augen gehabt haben musste. Seit den 1930er Jahren entfaltete sich die strukturell-funktionale Systemtheorie in den USA und entwickelte sich auch durch die Rezeption in der deutschen So- ziologie nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem vorherrschenden analytischen Bezugsrahmen, der auch andere spezielle Soziologien prägte. Die strukturell- funktionale Systemtheorie stellt keine empirisch gehaltvolle Theorie dar, son- dern ein hochabstraktes Analysemodell. Die von der Systemtheorie beeinflusste Transformationsforschung wird daher auch als theorieorientierte Forschung be- Die theoretische Einbettung 26 sellschaften über die Ausdifferenzierung von vier zentralen universell festgelegten Funk- tionssystemen führt: Wirtschaft (Funktion: Anpassung), Politik (Funktion: Zielerrei- chung), Soziale Gemeinschaft (Funktion: Integration), Kultur (Funktion: Erhaltung von Wertmustern).47 Demnach sind für die Stabilität der politischen Systeme die funktionale Differenzierung der Gesellschaft und die ausreichende Legitimitätszufuhr aus der Ge- sellschaft entscheidend.

Gemäß der deterministischen Hypothese - je stärker die autokratischen Herrschaftsfor- men eine „totalitäre“ politische Durchdringung der Gesellschaft realisieren, umso stär- ker behindern sie die funktionale Ausdifferenzierung der gesellschaftlichen Teilbereiche - verweigerten und behinderten die kommunistischen Herrschaftseliten die funktionale Ausdifferenzierung der Gesellschaft. Obwohl die systemtheoretischen Ansätze und ihre modernisierungstheoretische Konkretisierung nach 1989 in Bezug auf die Systemwech- sel in Osteuropa und Südostasien48 Auftrieb erfuhren, muss mit Blick auf die in dieser Arbeit untersuchten afrikanischen Länder auf ihre begrenzte Erklärungskraft verwiesen werden.

Durch eine verhinderte funktionale Differenzierung oder den Verlust der Legitimität brechen politische Systeme ebenso wenig zusammen, wie eine gelungene sozio- ökonomische Differenzierung die Existenz stabiler Demokratien garantiert. Durch ihren hohen Abstraktionsgrad neigen systemtheoretische Ansätze dazu, Machtverhältnisse, Klassenstrukturen, Akteure und ihre Ziele, Institutionen und Sequenzen der Transfor- mationsschritte auszublenden. Sie erklären zwar ex post nicht aber ex ante, warum de- mokratische und ökonomische Systeme zusammenbrechen und vermögen nicht zu klä- ren, warum in Afrika Demokratisierungsprozesse unter den Bedingungen ökonomi- schen Verfalls stattfinden. Daher erweisen sich Systemtheorien dann als brauchbar,

zeichnet. Vgl. Gukenbiehl, Hermann L.: Soziologische Theorien, in: Schäfers, Bernhard (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie, Opladen 2000, S. 347. 47 Talcott Parsons begründete mit der inneren Konstruktion der sowjetischen Gesell- schafsformation deren unvermeidliches Scheitern, sprach also endogenen Pro- zessen, die systemsprengende Wirkung zu. Zu den wichtigen Universalien, die für funktional differenzierte Gesellschaften notwendig sind, zählt Parsons Bü- rokratie, Marktorganisation, Normen im Rechtssystem, demokratisches Assozia- tionsrecht und allgemeine freie Wahlen. 48 Für Südostasien werden als Staaten mit gelungener Modernisierung und anschlie- ßend einsetzenden Demokratisierungsprozessen oftmals Südkorea, Taiwan, Thailand und Singapur genannt. Die theoretische Einbettung 27 wenn sie nicht erklärungstheoretisch überfrachtet, sondern bewusst auf die struktur- und ordnungstheoretischen Elemente beschränkt werden.49

Die Anwendung systemtheoretischer Ansätze auf den afrikanischen Kontext

Nach den Annahmen der klassischen Modernisierungstheorie50 verläuft der Weg in die Moderne für alle Gesellschaften über die Ausdifferenzierung funktionaler Teilsysteme, so dass eine Demokratisierung für den afrikanischen Kontext als sehr unwahrscheinlich galt. Entgegen dieser Annahme handelt es sich nun bei den Systemwechselprozessen der 1990er Jahre auf dem afrikanischen Kontinent um Demokratisierungsprozesse, die nicht im Gefolge wirtschaftlicher Aufholprozesse, sondern in Zusammenhang mit tiefen Ent- wicklungskrisen entstanden.

In vielen afrikanischen Ländern war zum Beispiel der Protest der Studierenden als Trä- ger der Oppositionsbewegungen nicht als Folge von Modernisierungsprozessen - im Sinne eines verstärkten Anspruchs nach politischer Partizipation aufgrund erhöhter in- tellektueller Kapazitäten - entstanden, sondern als Protest auf die Exklusion aus dem Staatsapparat, da der Staat nicht mehr wie zuvor in den 1980er Jahren jedem Hoch- schulabsolventen einen sicheren Arbeitsplatz in der öffentlichen Verwaltung oder dem Staatsdienst garantieren konnte. Diese Entwicklung ist auch als Folge der Strukturan- passungsprogramme der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu betrachten, die eine Verschlankung der oftmals stark aufgeblähten Staatsapparate ver- ordneten.51 Zudem trafen die Systemwechselprozesse in Afrika nicht nur auf völlig an- dere ökonomische, sondern auch strukturelle und kulturelle Ausgangssituationen, die für viele Beobachter als hinderlich für eine Demokratisierung galten. Ingesamt ging mit den Demokratisierungsprozessen häufig auch ein wirtschafts- und entwicklungspolitischer Strategiewechsel einher, so dass sich Probleme der Sequenz und insbesondere für Afrika der Außeninduzierung der politischen und ökonomischen Transition stellten.

49 Vgl. Sandschneider, Eberhard: Systemtheoretische Perspektiven politikwissen- schaftlicher Transformationsforschung, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): System- wechsel 1. Theorien, Ansätze und Konzepte der Transitionsforschung, Opladen 1996, S. 23-47. 50 Das Kapitel 1.3 wird noch ausführlicher auf die klassische Modernisierungstheorie als Variante älterer systemtheoretischer Ansätze eingehen. Vgl. Fußnote 183. 51 Vgl. Hanke, Stefanie: Systemwechsel in Mali. Bedingungen und Perspektiven der Demokratisierung eines neopatrimonialen Systems, Hamburg 2001, S. 17f. Künftig zitiert als: Hanke: 2001. Die theoretische Einbettung 28

Für die Analyse der Systemwechsel in Afrika haben demnach die systemtheoretischen Konzepte durch ihren deterministischen Ansatz, der politische Entwicklungen als unili- neare Prozesse begreift und die aufgezeigten spezifischen Besonderheiten für den afri- kanischen Kontext ausblendet, nur begrenzt Erklärungskraft.

1.1.1.3.2 Mesoebene: Die strukturalistischen Theorien als Bindeglied zwischen system- und akteursorientierten Ansätzen

Die strukturalistischen Ansätze in Anlehnung an die Theorietraditionen von Karl Marx und Max Weber begreifen Systemwechsel - im Unterschied zu systemtheoretischen Zu- gängen - nicht als interessen-, macht- und handlungsfreien Prozess sozialer Evolution, der sich gleichsam automatisch fortsetzt, sondern sehen den Systemwechsel wesentlich durch die je besondere Konstellation von Klassen, ihren Organisationsformen und der Autonomie staatlicher Institutionen beeinflusst. Als prominente Vertreter, die den strukturalistischen Ansatz auf die Transformationsforschung angewandt haben, sind Barrington Moore52 und Rueschemeyer/Stephens53 zu nennen.

Während die wenig empiriegeleiteten systemtheoretischen Ansätze die Systemwechsel aus einer Makroperspektive betrachten und Akteurstheorien durch ihren „methodologi- scher Individualismus“ auf einer mikropolitologischen Ebene anzusiedeln sind, verortet Wolfgang Merkel die strukturalistischen Ansätze als Bindeglied der beiden Ansätze auf einer Mesoebene. Die strukturalistischen Ansätze beziehen Strukturen - im Gegensatz zu den Funktionalisten systemtheoretischer Ansätze - nicht allein auf die Erfüllung von Funktionen in sich selbst reproduzierenden Systemen, sondern siedeln sie zwischen Sys- tem und Handlung an, so dass der Doppelcharakter von Strukturen als constraint und Ak-

52 Barrington Moore betont in seiner vergleichend-historischen Pionierstudie (1968) „Soziale Ursprünge von Diktatur und Demokratie“, die Bedeutung vergangener sozialer Konflikte für die Form staatlicher Herrschaftsstrukturen. Soziale Klas- sen und insbesondere deren Machtverhältnisse untereinander wie zum Staat sind neben Staatsstrukturen, Staatshandeln und Zeitpunkt der Industrialisierung ent- scheidende Kategorien, die das Entstehen von Demokratien und Diktaturen er- klären können. Im Unterschied zu der Wohlstandsthese und dem Demokratie- Optimismus von Semour Martin Lipset (vgl. Fußnote 183), berücksichtigt Moo- re die je besondere Konfiguration der Machtverhältnisse, die zu völlig unter- schiedlichen Wegen in die Moderne führen kann: Zur parlamentarischen Demo- kratie, zur faschistischen oder kommunistischen Diktatur. Vgl. Moore, Barring- ton: Soziale Ursprünge von Diktatur und Demokratie, Frankfurt 1968. 53 Vgl. Rueschemeyer, Dietrich/Huber-Stephens, Evelyn/Stephens, John: Capitalist Development & Democracy, Chicago 1992. Die theoretische Einbettung 29 teur betont wird.54 Nach der Klassen- und Staatsanalyse von Barrington Moore bieten bestimmte Strukturen, wie Machtbeziehungen innerhalb sozialer Klassen und zum Staat, Chancen und Restriktionen für die Handlungsmöglichkeiten politischer Akteure. Somit bilden die Strukturen gleichsam einen ersten Filter für das Aktionsfeld politischer Ak- teure. Durch den Verweis auf historisch bedingte sozio- und machtstrukturelle constraints, die Transitionsprozesse und zukünftige Herrschaftsformen beeinflussen, bergen die struk- turalistischen Ansätze den Vorteil, die von Akteurstheoretikern in strategischen Spielen vertretende Kontingenz politischen Handelns rationaler Akteure einzuschränken. Dar- über hinaus vermögen strukturalistische Ansätze durch den Hinweis auf die heterogenen Pfadabhängigkeiten, die - durch den Universalismus allgemeiner Evolutionsschemata geprägten - systemtheoretischen Ansätze zu relativieren.55

Eine Leerstelle hinterlassen die strukturalistischen Ansätze bei der für die vorliegende Arbeit zentralen Anbindung theoretischer Ansätze an die Mikroebene handelnder Ak- teure, da die Arbeiten von Barrington Moore und Rueschemeyer/Stephens dem Binde- glied der politischen Institutionen zu wenig Beachtung schenken. Gerade in der Konsolidie- rungsphase wird der Typ des Regierungssystem und der etablierten institutionellen Re- geln wichtig, da sie politische Entscheidungsarenen u.a. für das Parlament, die Regie- rung, das Verwaltungs- und Rechtssystem definieren, die in der Konsolidierungsphase wiederum als Strukturen entscheidenden Einfluss auf die Strategien und Handlungen der jeweiligen Akteure haben.

Die Anwendung strukturalistischer Ansätze auf den afrikanischen Kontext

In der Anwendung strukturalistischer Ansätze auf den afrikanischen Kontext dominier- ten zwei Ansätze die entwicklungssoziologische Debatte in den 1980er Jahren: Der in konsequenter Anwendung des neomarxistischen Strukturalismus von Hartmut Elsen- hans vertretene Ansatz des Peripheren Kapitalismus56 sowie die vergleichende Untersu-

54 Vgl. Merkel: Schlussbetrachtung 1996. 55 Der Vorwurf an die Systemtheorie, sie habe sich einem evolutionären Determinis- mus verschrieben, könnte aber auch an die dem neomarxistischen Determinis- mus verschriebenen Strukturalisten - wie Barrington Moore - gerichtet werden. 56 Vgl. u.a. Elsenhans, Hartmut: Nord-Süd Beziehungen: Geschichte-Politik- Wirtschaft, Stuttgart u.a. 1987. Die theoretische Einbettung 30 chung von Evers/Schiel57 über strategische Gruppen als einer weiteren Variante der struktu- ralistischen Ansätze. Bei der Anwendung der strukturalistischen Paradigmen auf den af- rikanischen Kontinent stand die Debatte um die Übertragung des Klassenbegriffs im Vorder- grund, denn das Bürgertum als unabhängige Klasse, das von Barrington Moore als trei- bende Kraft für die Demokratie identifiziert wurde, war nicht ohne weiteres in Afrika zu finden.58 Als Äquivalent für das Bürgertum identifiziert Hartmut Elsenhans die Staats- klassen, da auf dem afrikanischen Kontinent die Besonderheit vorliegt, dass die gesell- schaftliche Position durch die Stellung im Staatsapparat bestimmt wird. Entgegen der Annahme von Elsenhans agieren die Staatsklassen aber nicht als Motoren der Entwick- lung, sondern eignen sich Staatsressourcen an. Daher sehen Evers/Schiel in ihrer ver- gleichenden Studie die Rolle der Staatsbürokratie als strategische Gruppe, die eine de- mokratische Entwicklung eher behindert.

Für den in der vorliegenden Arbeit analysierten Systemwechselprozess sind nicht nur in- terne sozio- und machtstrukturelle constraints in den Blick zu nehmen, sondern üben ge- rade die internationalen Rahmenbedingungen einen entscheidenden Einfluss aus, die nicht als externe Faktoren isoliert, sondern in ihren Auswirkungen innerhalb des Landes und auf die internen Akteure betrachtet werden müssen. Die Rahmenbedingungen des internationalen Kontextes können als „internationale“ Strukturen das politische Han- deln in der demokratischen Transitions- und Konsolidierungsphase einschränken oder erweitern.59

57 Vgl. Evers, Hans-Dieter/Schiel, Tillmann: Strategische Gruppen: Vergleichende Studie zu Staat, Bürokratisierung und Klassenbildung in der Dritten Welt, Ber- lin 1988. 58 Zur Debatte über die Übertragung des Klassenbegriffs vgl.: Herbst, Jeffrey: The Fall of Afro-Marxism, Journal of Democracy 1 (1990), S. 92-101. In vielen afri- kanischen Staaten ist die Kombination unterschiedlicher Einkommensarten - wie Lohnarbeit und selbstständigem Gewerbe - typisch, so dass die in europäi- schen Ländern lange Zeit dominante Trennung von Lohnarbeit und selbständi- gem Mittelstand quer über alle Einkommensebenen in Afrika oftmals fehlt. Vgl. Neubert, Dieter: Entwicklungspolitische Hoffnungen und gesellschaftliche Wirklichkeit. Eine vergleichende Länderfallstudie von Nicht- Regierungsorganisationen in Kenia und Ruanda, Frankfurt/Main 1997. Künftig zitiert als: Neubert: 1997. Die theoretische Einbettung 31

1.1.1.3.3 Mikro-soziologische Ansätze: Die Akteurstheorien entzaubern den De- terminismus systemischer und strukturalistischer Annahmen

Unter den mikro-soziologischen Theorieansätzen, die sich auf die Handlungsebene von Individuen und Kleingruppen beziehen, erfreuten sich seit den 1980er Jahren die ak- teurszentrierten Ansätze großer Beliebtheit, da die Erklärungskraft funktionaler System- erfordernisse und struktureller constraints nicht ausreichten, um die Handlungsbedingun- gen in Systemwechselprozessen zu bestimmen. Die Akteurstheorien versuchen, wie be- reits im Kapitel 1.1.1.2 angerissen, die Strategien der politisch relevanten Akteure und die wechselseitige Interaktion zwischen den Regimeeliten und der Opposition modell- haft zu veranschaulichen. Durch das „Denken in Möglichkeiten“60 und ihrem - oftmals an die „rational choice“ Theorien angelehnten - „methodologischen Individualismus“ bieten die Ansätze ein Gegengewicht zu dem groben Determinismus system- und struk- turzentrierter Theorien.

Der Akteurstheoretiker Adam Przeworski61 übernimmt das dreigliedrige Phasenmodell von O’Donnell und Schmitter als Sequenz eines Transitionsverlaufs und reduziert es i- dealtypisch auf kollektive Akteure, die sich in dichotomen Handlungskonstellationen (Regimeeliten und Regimeopposition) gegenüberstehen und nach dem Kosten-Nutzen- Kalkül handeln. Innerhalb der Regimeeliten kommt es im „herrschenden Block“ zu der Spaltung zwischen Hardliner und Softliner,62 wohingegen Przeworski der Zivilgesellschaft ‚modellhaft‘ in der Liberalisierungsphase die Handlungsfähigkeit eines kollektiven Ak- teurs unterstellt, weil die zivilgesellschaftlichen Akteure intern noch wenig ausdifferen- ziert und organisiert sind.63 Hier liegt ein Schwachpunkt der Akteurstheorien, da sie die Gefahr bergen, soziale Gruppen und politische Akteure zu homogenisieren. Die Ak- teurstheorien besitzen Erklärungskraft für die Transitionsphase, wohingegen sie die in der Konsolidierungsphase wieder auftauchenden strukturellen und systemischen Fakto- ren nicht zufriedenstellend berücksichtigen.

59 Auf die Verbindung von externen und internen Faktoren für den Liberalisierungs- prozess wird das Kapitel 2.1.3 und 2.2 eingehen. 60 Vgl. Bos: 1996. 61 Vgl. Przeworski: 1991. 62 Vgl. Przeworski: 1991, S. 62ff. 63 Die Entscheidung darüber, ob dem Aufleben der Zivilgesellschaft und der Opposi- tion mit Repression oder Zugeständnissen begegnet wird, führt häufig zu Dis- sens innerhalb der Eliten des autoritären Regimes und kann den Beginn eines Regimewechsels markieren. Vgl. O’Donnell/Schmitter: 1986, S. 19. Die theoretische Einbettung 32

Die Anwendung akteurstheoretischer Ansätze auf den afrikanischen Kontext

Innerhalb der drei Paradigmen System-Struktur-Akteur erfreuten sich die Akteurstheorien zunächst großer Beliebtheit, da sie ermöglichten, die Systemwechselprozesse in Afrika auch vor dem Hintergrund fehlender struktureller Erfordernisse zu erklären. Insgesamt läßt sich in der afrikabezogenen Forschung eine generelle Übernahme der akteurstheo- retischen Begrifflichkeiten beobachten, die aber selten theoretisch aufgeladen werden.64

Neben dem generellen Schwachpunkt der Akteurstheorien - der Ausblendung struktu- reller und systemischer Faktoren in der Konsolidierungsphase - erweist sich insbesonde- re für den afrikanischen Kontext die Schwierigkeit bei der Übertragbarkeit des dreiglied- rigen Phasenmodells. Die Frage, wo endet die Transition und fängt die Konsolidierung an, ist in der Praxis der meisten afrikanischen Systemwechselprozesse äußerst schwierig zu beantworten, denn es handelt sich oftmals - im Gegensatz zu den mitunter recht kur- zen Transitionsphasen osteuropäischer Länder - um eine ausgedehnte Transitionsphase:

„Die demokratische Transition ist im afrikanischen Kontext als ein fortdauernder Prozeß zu begreifen, der nicht mit Wahlakt und der Einführung formaler demokratischer Regeln abge- schlossen wird und in die Konsolidierungsphase übergeht. Als charakteristisch für die afrikanischen Transitionsprozesse wird die Entstehung des neopatrimonialen Mehrparteiensystems an- gesehen. In seinen Erscheinungsformen wie auch im Zeitverlauf kann dies stärker und schwächer in die autoritäre oder demokra- tische Richtung variieren; ein ‚Rückfall’ in eine Variante des au- toritären Neopatrimonialsystems ist dabei keineswegs ausge- schlossen.“65

Resümee und Ausblick

Das Kapitel 1.1.1.3 stellte kurz die drei konkurrierenden Theorien der Transitionsfor- schung vor. Auch die vorliegende Arbeit lehnt sich wie das Gros der afrikabezogenen

64 Vgl. u.a. Bratton, Michael/van de Walle, Nicolas: Democratic Experiments in Africa. Regime Transitions in Comparative Perspective, Cambridge 1997. Künf- tig zitiert als: Bratton/van de Walle: 1997. 65 Erdmann, Gero: Demokratisierung und Transitionsforschung in Afrika – oder: vom Elend der marginalisierten Afrikaforschung und der Perspektive seiner Ü- berwindung. / Tagung der Sektion „Entwicklungstheorie und Entwicklungspoli- tik“ der DVPW im Arnold-Bergstraesser-Institut, Freiburg 3.-5. Dezember 1998. Unveröffentlichtes Manuskript, S. 10. Die theoretische Einbettung 33

Forschung an die akteurstheoretischen Begrifflichkeiten an, die Autorin hält aber auch die anderen beiden Theoriestränge im Blick, indem beispielsweise auch das ökonomi- sche System sowie die internen strukturellen Faktoren, wie die Machtkonstellationen von „Klassen“ untereinander und zum Staat, sowie die externen Faktoren in die Analyse des Systemwechsels integriert werden.66 Ein an alle drei Theorien anschlussfähiger An- satz bietet der Autorin somit ein Gerüst, das offen für kontextgebundene Faktoren bleibt und die Analyse gleichzeitig vor einer induktiven Beliebigkeit schützen soll:

„Ein Ansatz zur Systemwechselforschung, der funktionale Teil- systemlogiken, systemische Legitimationserfordernisse, Sozial- und Machtstrukturen, Institutionen sowie den internationalen Kontext als jeweils zu konkretisierende constraints für das strate- gische Handeln politischer Akteure begreift, vermag die Logik und den Ablauf von Systemwechseln angemessener zu ent- schlüsseln als Ansätze, die auf eine einzige Theorie verpflichtet werden.“67

Während die drei vorgestellten Paradigmen System-Struktur-Akteur oftmals kontrovers diskutiert wurden, skizziert das folgende Kapitel, wie in der Transitionsforschung die Festlegung auf einen Demokratiebegriff fast einstimmig entschieden wurde.

66 Siehe dazu die aus der Transitionstheorie abgeleiteten Forschungshypothesen im Kapitel 1.4. 67 Merkel: Schlussbetrachtung 1996, S. 325f. Die theoretische Einbettung 34

1.1.2 Der demokratietheoretische Rahmen

„Der Systemwechsel ist vollzogen, wenn die Institutionen der repräsentativen Demokratie errichtet sind und das politische System in freien Wahlen und pluralistischem Parteienwettbe- werb, also entsprechend den Minimalkriterien des Demokratie- begriffs von R. Dahl (1971), funktioniert.“68

Innerhalb der Transitionsforschung wurde die Frage, wie Demokratie zu definieren sei, „schnell und fast diskurslos entschieden“.69 Das Gros der Ansätze lehnt sich an den von Robert Dahl70 entwickelten Demokratiebegriff mit seinen prozeduralen und institutio- nellen Minima an, so dass sich bis heute in der empirisch orientierten, komparativen Demokratieforschung das Polyarchiekonzept71 von Dahl weitgehend durchgesetzt hat. Demzufolge muss ein politisches System, um als demokratisch angesehen zu werden, im Wesentlichen die drei folgenden prozeduralen Mindestanforderungen erfüllen:

• Politischer Wettbewerb zwischen Parteien und Individuen

• Hoher Grad an politischer Partizipation (insbesondere in freien und fairen Wah- len)

• Einhaltung rechtlicher Standards (wie die Kontrolle der Politik durch eine unab- hängige Justiz und die Anerkennung unveräußerlicher Menschen- und Bürger- rechte).

Die Demokratie wird dabei als ein Prozess des soziopolitischen Wandels begriffen und nicht als ein dichotomes Konzept, das entweder erfüllt oder nicht erfüllt sein kann. Dahl entwarf diese prozeduralen Minima mit dem Ziel, die Vergleichbarkeit der politischen Systeme zu ermöglichen. Um die drei abstrakten Kriterien - politischer Wettbewerb, Partizi- pation, rechtliche Standards - zu operationalisieren, wurden sie an die folgenden acht institu- tionellen Garantien gebunden: Die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Meinungs- freiheit, Informationsfreiheit, Volkssouveränität, das aktive und passive Wahlrecht, freie

68 Nohlen: 2001, S. 507. Die Angaben zu Robert Dahl beziehen sich auf: Dahl, Ro- bert: Polyarchy: Participation and Opposition, New Haven 1971. Künftig zitiert als: Dahl: 1971 69 Hanke: 2001. S. 19. 70 Vgl. Dahl: 1971. 71 Robert Dahl benutzt den Begriff der Polyarchie anstelle der Demokratie, da seiner Meinung nach in keinem politischen System eine vollständige Responsivität ge- genüber den Bürgern gegeben ist. Der Grad an Responsivität ist nach Dahl ein prinzipielles Charakteristikum von Demokratien. Vgl. Dahl: 1971, S. 2. Die theoretische Einbettung 35 und faire Wahlen und die Freiheit der politischen Eliten, um Unterstützung und Wäh- lerstimmen zu konkurrieren.72

Ein Vorteil der minimalistischen Demokratiedefinition gegenüber den normativ weit ge- fassten Auslegungen liegt in der Eingrenzung auf den Bereich des politischen Systems, denn normativ anspruchsvollere Ansätze streben nicht nur die Demokratisierung der politischen Ordnung, sondern auch möglichst vieler gesellschaftlicher Bereiche an. Die drei prozeduralen und acht institutionellen Minima lassen somit genug Spielraum für die konkrete Ausformung der Demokratie, die je nach kulturellem oder politischem Kon- text variieren kann. Zudem ermöglichen sie eine kulturübergreifende Vergleichbarkeit, da auch außereuropäische Formen der Demokratie einbezogen werden können.73 Gera- de mit Blick auf den afrikanischen Kontext ist eine Vergleichbarkeit der Entwicklungen innerhalb der von der dritten Demokratisierungswelle erfassten Länder von besonderer Bedeutung. Von den insgesamt 78 Staaten der Welt, die von 1989 bis 1998 von der ver- stärkten dritten Demokratisierungswelle erfasst wurden74, sind mehr als 30 Demokrati- sierungsprozesse in den Ländern Sub-Sahara Afrikas zu verzeichnen. Da der Demokra- tiebegriff vor allem für einen kulturübergreifenden Vergleich politischer Systeme gut operationalisierbar sein muss, ist es verständlich, dass sich in der Transitionsforschung der Dahl’sche Demokratiebegriff mit seinen Minimalkriterien gegenüber den normativ anspruchsvolleren Definitionssträngen durchgesetzt hat. Auch die vorliegende Arbeit wird sich in ihrem Demokratieverständnis an die von Dahl entwickelten prozeduralen und institutionellen Kriterien anlehnen.

Während das Kapitel 1.1 den transitions- und demokratietheoretischen Rahmen für die vorliegende Arbeit steckte, der gleichsam das erste Standbein für die Synthese aus „Sys- temwechsel und Zivilgesellschaft“ bildet, wird nun im folgenden Kapitel 1.2 das zweite Standbein, die aktuelle sozialwissenschaftliche Debatte um das Konzept der Zivilgesell- schaft, vorgestellt.

72 Vgl. Hanke: 2001, S. 14. 73 Vgl. Nord, Antonie: Demokratie, in: Mabe, Jacob E. (Hrsg.): Das kleine Afrika- Lexikon. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wuppertal/Stuttgart 2002, S. 33. 74 Vgl. die Ausführungen im Kapitel 1.1.1.2. Die theoretische Einbettung 36

1.2 Das Konzept der Zivilgesellschaft

„Die Klarheit darüber, was eigentlich Zivilgesellschaft ist oder sein soll, steht im umgekehrten Verhältnis zur Häufigkeit der publizistischen Verwendung dieses Schlüsselworts.“75

Zu Beginn der 1990er Jahre konstatierte Klaus Naumann in seinem bis in die Gegen- wart viel zitierten Aufsatz die mangelnde Trennschärfe des Zivilgesellschafts-Begriffs. Warum konnte das Konzept der Zivilgesellschaft trotzdem in den Sozialwissenschaften eine regelrechte Karriere durchlaufen? Das Kapitel 1.2 versucht sich dieser Frage zu nä- hern, indem das Kapitel 1.2.1 zunächst die vielschichtige Debatte über die Zivilgesell- schaft mit Blick auf die für die vorliegende Arbeit relevanten Theoriestränge und Teilas- pekte vorstellt. Parallel dazu präsentiert das Kapitel 1.2.2 die aktuellen sozialwissen- schaftlichen Forschungskontexte, in denen NGOs als zentrale zivilgesellschaftliche Ak- teursgruppe diskutiert werden, um die eigene Arbeit in bestehende Kontexte verorten zu können. Der „Klarheit darüber, was eigentlich Zivilgesellschaft ist oder sein soll“76, wird sich erst das darauffolgende Kapitel 1.3 nähern, da das der Arbeit zugrunde liegen- de Verständnis von Zivilgesellschaft in der Synthese mit der Systemwechselforschung erarbeitet wird.

1.2.1 Der Diskurs der Zivilgesellschaft in den Sozialwissenschaften: Ein Konzept macht Karriere

„Das Konzept der Zivilgesellschaft hatte lange Zeit eine vor al- lem polemische und appellatorische, weniger eine klar definierte begriffliche oder deskriptive Funktion. Es diente als Schlachtruf gegen den schwächelnden Kommunismus in Osteuropa oder auch als Formel für die nachholende Verankerung der westli- chen Demokratie in Deutschland durch Bürgerinitiativen und neue soziale Bewegungen (...). So schien gegen Ende des zwan- zigsten Jahrhunderts die demokratische Zivilgesellschaft an die Stelle des verblassten Mythos des Staates zu treten, um neuen kollektiven Gefühlslagen und Antrieben einen symbolischen Ausdruck zu geben. Inzwischen lässt die Durchsicht der inter- nationalen Literatur drei Tendenzen erkennen: die empirische

75 Naumann, Klaus: Mythos „Zivilgesellschaft“. Literaturbericht zu einer unüber- sichtlichen Kontroverse, in: Vorgänge 30 (1991), S. 58. 76 A.a.O. Die theoretische Einbettung 37

Umdeutung, die Ökonomisierung und schließlich die Globalisierung des Konzepts der Zivilgesellschaft.“77

Den Nährboden für die gegenwärtige Zivilgesellschaftsdiskussion bereiteten die histo- risch-politischen Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Prägend für das Aufleben des Konzepts waren verschiedene Faktoren, insbesondere der Kampf um die Demokratie durch den zivilen Widerstand gegen die autoritären Regime in Latein- amerika und die totalitären Staaten in Osteuropa, aber auch die Entwicklungen in den etablierten Demokratien, wie die Solidarisierung mit den Demokratiebewegungen in an- deren Teilen der Welt, die „Krise der Linken aufgrund des Scheiterns der realsozialisti- schen Systeme und des einhergehenden Utopieverlustes“78 sowie die strukturelle Krise des Wohlfahrtsstaates, auf die der nachfolgende Abschnitt noch kurz eingehen wird.

In den 1970er Jahren wurde das Konzept in den Kreisen von Bürgerbewegungen und Dissidenten in Ostmitteleuropa aufgegriffen und mit antidiktatorischer Stoßrichtung be- setzt.79 Von den neuen sozialen Bewegungen80 in den 1980er Jahren adaptiert, entwickel- te sich das Konzept der Zivilgesellschaft in den westlichen Industrieländern zum zentra- len Bezugspunkt der Debatten über die Intensivierung der gesellschaftlichen Einbin- dung von Demokratie.81 Seitdem erfreut sich das Konzept - als positiv besetzter politi- scher Zukunftsentwurf - national wie international großer Popularität, wie die Flut von

77 Heins, Volker: Der Mythos der globalen Zivilgesellschaft, in: Frantz, Christia- ne/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zivilgesellschaft international. Alte und neue NGOs, Opladen 2002, S. 83. Künftig zitiert als: Heins: 2002. Der Beitrag resü- miert die Ergebnisse eines Forschungsprojektes, das von der Stiftung Volkswa- genwerk im Rahmen des Förderungsschwerpunkts „Globale Strukturen und de- ren Steuerung“ gefördert wurde. Zu den ausführlichen Ergebnissen sowie der Einbettung in die grundbegrifflichen Überlegungen zum politischen Wandel in der Weltgesellschaft vgl.: Heins, Volker: Der Neue Transnationalismus, Frank- furt am Main/New York 2001. 78 Schade, Jeanette: „Zivilgesellschaft“ – eine vielschichtige Debatte, INEF Report (Institut für Entwicklung und Frieden der Gerhard-Mercator-Universität Duis- burg) Heft 59/2002, Duisburg 2002, S. 20. Künftig zitiert als: Schade: 2002. 79 Vgl. Klein, Ansgar: Der Diskurs der Zivilgesellschaft, Opladen 2001. Künftig zi- tiert als: Klein: 2001. 80 Auf das Verhältnis von neuen sozialen Bewegungen und NGOs wird das Kapitel 1.2.2 noch eingehen. Vgl. auch: Schade: 2002, S. 55-57. 81 Vgl. Cohen, Jean/Arato, Andrew: Civil Society and Political Theory, Cam- bridge/Mass. 1997. Künftig zitiert als: Cohen/Arato: 1997. Darüber hinaus rü- cken Cohen/Arato die Zivilgesellschaft auch als “countervailing power zur Wirt- schaft bzw. Wirtschaftsordnung ins Blickfeld. Dies wiederholt den Topos der Zivilgesellschaft, wie er bei Gramsci angelegt ist, d.h. das Spannungsverhältnis wird in die Gesellschaft selbst und nicht (ausschließlich) zwischen sie und den Staat gelegt.“ Schade: 2002, S. 34f. Die theoretische Einbettung 38

Veröffentlichungen82 und die schnelle Adaption des Begriffs in der Politik und öffentli- chen Diskussionen belegen.83

Entgegen dieser Tendenz, Zivilgesellschaft als Synonym für ein „Mehr an Demokratie sowie ein höheres Maß sozialer Gerechtigkeit“84 zu benutzen und ihr somit a priori eine Verbindung zu einer gesellschaftlich eingebundenen und rückgekoppelten Gestaltung und Implementierung von Politik zu unterstellen, liegt der Arbeit ein Verständnis von Zivilgesellschaft zugrunde, das durch die Anlehnung an ein anschlussfähiges, nicht normativ aufgeladenes Konzept bemüht ist, die eigenen Forschungsergebnisse über den politischen Einfluss der Zivilgesellschaft in den Untersuchungsländern auch in eine ver- gleichende Perspektive zu anderen Regionen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Euro- pas zu stellen. Das dafür ausgewählte theoretische und begriffliche Handwerkszeug, das fähig ist, in andere Kontexte zu reisen, wird in der Synthese aus dem Konzept der Zivil- gesellschaft und der Systemwechselforschung herausgearbeitet und im Kapitel 1.3 vor- gestellt.

Ökonomisierung des Konzepts der Zivilgesellschaft

Eine weitere Tendenz im Umgang mit dem Konzept lässt sich vor allem in den westli- chen Industrieländern in Forschungskontexten wie der Nonprofit- und Dritte-Sektor- Forschung85 ausmachen. Von einer Ökonomisierung des Zivilgesellschaftskonzepts wird

82 Vgl. u.a.: Klein: 2001 und Brand, Ulrich/Demirovic, Alex/Görg, Chris- toph/Hirsch, Joachim (Hrsg.): Nichtregierungsorganisationen in der Transfor- mation des Staates, Münster 2001. 83 In der deutschen Diskussion wird aktuell von der „Enquetekommission zur Zu- kunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ vorgeschlagen, den Begriff des Dritten Sektors durch den umfassenderen Terminus der Zivilgesellschaft zu er- setzen. Vgl. Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engage- ments“. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Bürgerschaftliches Engagement und Zi- vilgesellschaft, Opladen 2002. 84 Zimmer, Annette: NGOs als Akteure einer internationalen Zivilgesellschaft, in: Frantz, Christiane/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zivilgesellschaft international. Al- te und neue NGOs, Opladen 2002, S. 9. Künftig zitiert als: Zimmer: 2002. 85 Der Begriff Dritter Sektor wurde erst in den 1990er Jahren in Deutschland hei- misch. In Abgrenzung zu anderen gesellschaftspolitischen Entwürfen betrachten die Arbeiten der Dritter-Sektor oder Nonprofit-Forschung moderne Gesellschaften als primär organisationsstrukturiert. Vgl. Anheier, Helmut/Priller, Eck- hardt/Zimmer, Annette: Zur zivilgesellschaftlichen Dimension des Dritten Sek- tors, in: Klingemann, Hans-Dieter/Neidhardt, Friedhelm (Hrsg.): Die Zukunft der Demokratie, Berlin 2000, S. 71-98. Während in den USA bis heute der Beg- riff „Non-Profit Organization“ (NPO) als Sammelbegriff für die Organisationen jenseits von Markt und Staat favorisiert wird, hat sich in Europa und den meis- ten Entwicklungsländern der Begriff Nicht-Regierungsorganisation (NRO) durchge- Die theoretische Einbettung 39 gesprochen, da angesichts der Krise des Wohlfahrtstaates der Nonprofit-Sektor mit sei- nen sozialwirtschaftlich relevanten Versorgungsleistungen aufgewertet und auf die ent- lastende Funktion der substaatlichen Solidarität für die staatliche Sozialpolitik fokussiert wird.

Im Unterschied zu den zivilgesellschaftlichen Forschungsansätzen, die sich auf die Wir- kungen bürgerschaftlichen Engagements auf politische Systeme konzentrieren und zivil- gesellschaftliche Akteure vorrangig als Gegen- und Kontrollmacht86 gegenüber dem Staat verstehen, fokussieren die Forschungsansätze zum Dritten Sektor auf die systemimma- nente Funktionalität von Gesellschaften und betrachten die Organisationen bei der Um- setzung wohlfahrtsstaatlicher Politiken - wie in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Forschung, Kultur und Freizeit - eher als Partner des Staates.87. Auch die wissenschaftliche Herangehensweise der Dritte-Sektor-Forschung unterscheidet sich von dem Konzept der Zivilgesellschaft, das insbesondere in der wissenschaftlichen Disziplin der politi- schen Ideengeschichte erörtert wird, durch eine stark empirische Orientierung der For- schung, die theoretisch in der Organisationssoziologie verankert ist.88

Globalisierung des Konzepts der Zivilgesellschaft

Für die vorliegende Arbeit von größerer Relevanz erweist sich die Tendenz der Globali- sierung des Konzepts, durch die Ausweitung der sozialwissenschaftlichen Debatte über zivilgesellschaftliche Assoziationsformen auf grenzüberschreitende Kontexte. Im An- schluss an die großen Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in den 1990er Jahren zu Umwelt und Entwicklung, Frauenrechten, Bevölkerungs- und Armutsentwicklung präg- ten vor allem angelsächsische Autoren89 den Begriff der internationalen oder „global civil

setzt. „Dies ist ein Hinweis auf die Ressourcenzuwendung und den Organisati- onswettbewerb im Betätigungsfeld von NROs bzw. NPOs. In Europa bekommen die meisten NROen ihre finanziellen Zuwendungen vor allem aus öffentlicher Hand, in den USA von der Privatwirtschaft.“ Kuhn, Berthold: Komparative Vorteile von Nicht-Regierungsorganisationen verstehen. Ansätze einer zivilge- sellschaftlichen Komplementaritätstheorie für die Entwicklungspolitik, in: asien afrika lateinamerika (Vol. 30) 2002, Reading/Berkshire, S. 21. 86 Vgl. u.a. Cohen/Arato: 1997. 87 Vgl. Salamon, Lester M.: Der Dritte Sektor im internationalen Vergleich, in: Pril- ler, Eckhard/Zimmer, Annette (Hrsg.): Der Dritte Sektor international – mehr Markt – weniger Staat?, Berlin 2001, S. 35. 88 Vgl. Schade: 2002, S. 45. 89 Vgl. u.a. Shaw, Martin: Global Society and International Relations, Cambridge 1994. Die Diskussion um die globale Zivilgesellschaft gewann für den deutsch- Die theoretische Einbettung 40 society“, „die teils als politisches Projekt, teils als eine neu entstehende empirische Realität aufgefasst wird.“90 Das Konzept der Zivilgesellschaft, das somit auch Eingang in die Diskussionen der Internationalen Politik fand91, erfährt in der Vorstellung als internatio- naler Zivilgesellschaft sogar noch eine Steigerung der bereits beschriebenen positiven Besetzung: Die globale Zivilgesellschaft wird zum Ausdruck der verdichteten Forderung nach direkt-demokratischer Rückkopplung internationaler Prozesse, mit der auch die Hoffnung auf eine Zügelung der weitgehend unregulierten Dynamik der wirtschaftli- chen Globalisierung verbunden wird.92

So umstritten die Globalisierung des Konzepts der Zivilgesellschaft in den Sozialwissen- schaften zur Zeit diskutiert wird93, evident in der Debatte ist, dass den NGOs eine pro- minente Rolle als grenzüberschreitende politische Akteure zugesprochen wird, die über nationalstaatliche Grenzen hinaus auch für Nichtmitglieder das Wort ergreifen können.94 Als multifunktionale Akteure auf der Meso-Ebene gewinnen die NGOs neben ihrer an- waltschaftlichen Funktion sowie der Besetzung von Themen auf der internationalen A- genda auch eine zunehmende Bedeutung in der Um- und Durchsetzung von Politik im

sprachigen Raum durch die Arbeiten von Ulrich Beck an Bedeutung. Vgl. Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung, Frankfurt am Main 1997 und Beck, Ulrich (Hrsg.): Politik der Globalisierung, Frankfurt am Main 1998. „Weitgehend ohne Einfluss sind dagegen die Überlegungen zu den Chancen ‚internationaler Zivil- gesellschaft’ geblieben, die Anfang der neunziger Jahre im Umkreis der linksal- ternativen angehauchten Entwicklungsländer-Forschung angestellt wurden (Kößler/Melber 1993).“ Heins: 2002, S. 84. Vgl. Kößler, Reinhart/Melber, Henning: Chancen internationaler Zivilgesellschaft, Frankfurt am Main 1993. Das Konzept der internationalen Zivilgesellschaft von Kößler/Melber kann den radikaldemokratischen Ansätzen zugeordnet werden. Vgl. Schade: 2002, S. 57. 90 Heins: 2002, S. 84. 91 Vgl. u.a.: Brock, Lothar: Staatenwelt, Weltgesellschaft und Demokratie, in: Mess- ner, Dirk (Hrsg.): Die Zukunft des Staates und der Politik, Bonn 1998, S. 44-73. 92 In diesem Zusammenhang werden häufig die NGOs in ihrer Einflussnahme über- schätzt. Vgl. dazu die kritischen Beiträge von: Altvater, Elmar/Brunnengräber, Achim u.a. (Hrsg.): Vernetzt und verstrickt. Nicht-Regierungs-Organisationen als gesellschaftliche Produktivkraft, Münster 1997 und Klein, Ansgar: Über- schätzte Akteure? Die NGOs als Hoffnungsträger transnationaler Demokratisie- rung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 6-7, 2002, S. 3-5. 93 Einige Autoren gehen der Frage nach, ob transnational agierende NGOs aufgrund ihrer Expertise und Professionalität die Rolle einer alternativen Elite überneh- men und „womöglich Akteure einer neuen Oligarchisierung der Demokratie sind“. Schade: 2002, S. 56. 94 Der Zusammenhang von NGOs, die beispielsweise in den Bereichen Entwick- lungshilfe, Menschenrechte oder Umweltschutz transnational agieren, und glo- baler Zivilgesellschaft ist so bedeutsam, dass für diese NGOs neue Begriffe ein- geführt wurden: Während große Geberorganisationen, wie die UN- Einrichtungen, von „civil society organizations“ sprechen, verwendet u.a. Volker Heins den Begriff „neue politische Organisationen“. Vgl. Heins: 2002, S. 84. Die theoretische Einbettung 41

Namen von Good Governance 95 und Global Governance 96. NGOs als „global player“97 avan- cieren zu den Hoffnungsträgern transnationaler Demokratisierung, zu basisnahen Ak- teuren der Entwicklungspolitik und Humanitären Hilfe, zu Themenanwälten und sozia- len Bewegungsorganisationen auf der internationalen Ebene, kurzum sogar - nach Mei- nung einiger Autoren - zum „sozialen und ökologischen Weltgewissen“.98

Die NGOs als eine zentrale zivilgesellschaftliche Akteursgruppe wird das Kapitel 1.2.2 noch beleuchten, an dieser Stelle sei kritisch festgehalten, dass die Internationalität der globalen Zivilgesellschaft angesichts der auch dort festzustellenden Nord-Süd- Asymmetrie fraglich erscheint. Das Ungleichgewicht in den Nord-Süd-Kooperationen schlägt sich immer noch in den Bereichen Mitgliedschaft, binnendemokratische Veran- kerung, Partizipation und Verantwortlichkeit der international agierenden Organisatio- nen nieder, deren „internationale Führungsgremien hauptsächlich im Norden angesie- delt sind und die Zweigorganisationen im Süden.“99 Angesichts der Unklarheit über die politische Einheit der weltweiten NGO-Gemeinde über nationalstaatliche und kulturelle Grenzen hinweg und der Unklarheit über das Maß an Unabhängigkeit der zivilgesell-

95 Unter Good Governance werden bestimmte Kriterien subsumiert, an deren Umset- zung seit Anfang der 1990er Jahre die Vergabe von Entwicklungshilfe seitens der Industrieländer und internationaler Institutionen gebunden werden. Fast al- le Geber koppeln die Entwicklungspolitik an „Reformen der Regierungs- und Verwaltungsstrukturen, der Entscheidungsfindung und der Politikimplementie- rung in den jeweiligen Entwicklungsländern (...), die insgesamt die Qualität der Staatstätigkeit (governance) steigern sollen.“ Grotz, Florian/Nohlen, Dieter: Good Governance, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik, München 2001, S. 183. 96 Die Global Governance Konzepte, die bei der Suche nach Formen globaler Steuerung und Ordnungspolitik explizit auf die Beteiligung einer so genannten internatio- nalen Zivilgesellschaft bauen, speisen sich vielfach aus Argumenten, die aus ei- nem nationalstaatlich begrenzten Kontext entlehnt sind, womit sich „die Frage der Übertragbarkeit“ stellt. Vgl. Schade: 2002, S. 3. 97 Zu ihnen zählen traditionelle NGOs, wie CARE International oder das Internatio- nale Rote Kreuz, sowie neue NGOs der 1990er Jahre, wie Transparency Interna- tional oder Attac. Vgl. Frantz, Christiane/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zivilgesell- schaft international. Alte und neue NGOs, Opladen 2002. 98 Vgl. Kohout, Franz/Mayer-Tasch, Peter Cornelius: Das ökologische Weltgewissen. Die Arbeit von NGOs im Rahmen der internationalen Umweltpolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. B 6-7, 2002, S. 15-22. 99 Anheier, Helmut/Themudo, Nuno: Führung und Management von Internationalen Mitgliederorganisationen, in: Frantz, Christiane/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zi- vilgesellschaft international. Alte und neue NGOs, Opladen 2002, S. 320. Künf- tig zitiert als: Anheier/Themudo: 2002. Helmut Anheier, Direktor des Centre for Civil Society an der London School of Economics, verweist darauf, dass die Nord-Süd-Asymmetrie sich auf die gesamte Nord-Süd-Kooperation erstreckt, die internationalen NGOs jedoch geeignet sind, ebendiese „Spannungen zu thematisieren und zu bewältigen“. A.a.O. Die theoretische Einbettung 42 schaftlichen Gruppen gegenüber Regierungen und Staaten, wird auch vom „Mythos der globalen Zivilgesellschaft“100 gesprochen.

Die Theoriestränge und Teilaspekte der gegenwärtigen Zivilgesellschaftsdebatte mit Blick auf ihre Relevanz für die vorliegende Arbeit

Die Skizzierung der vielschichtigen Debatte über Zivilgesellschaft soll ermöglichen, die vorliegende Arbeit an bestehende Forschungskontexte anzudocken. Darüber hinaus kann der Überblick zum Verständnis des Konzepts in Entwicklungs- und Transformati- onsländern beitragen, das maßgeblich durch die geistigen Traditionen, die gegenwärtigen Problemlagen und die vielfältigen Teilaspekte des Diskurses in den westlichen Industrie- ländern beeinflusst wird.101

Die „Karriere“ der Zivilgesellschaft fußt - wie die Ausführungen zu den aktuellen Ten- denzen in der internationalen Literatur belegen - auf der durchweg positiven Konnotati- on, die dem Konzept anhaftet. Die Einbindung der Zivilgesellschaft wird immer als ein „Mehr an Demokratie“ auf nationalstaatlicher und internationaler Ebene sowie ein „Mehr an ökonomischer Effizienz“ durch die Betonung der entlastenden Funktion des substaatlichen Engagement für die staatliche Politik interpretiert. Der Diskurs der Zivil- gesellschaft fand somit auf vielfältige Weise Eingang in die sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen. Als verbindende Klammer der Organisationen, die auf nationalstaatli- cher oder internationaler Ebene jenseits von Markt und Staat agieren, wird Zivilgesell- schaft in theoretischen und empirischen Forschungsansätzen in den Bereichen Demokra- tietheorie, Internationale Beziehungen, Organisationssoziologie und Politikfeldforschung diskutiert. In Anlehnung an diese Theoriestränge berührt der „westliche“ Zivilgesellschaftsdiskurs, der sich auf die Gesellschaftsordnung der demokratischen Marktwirtschaft bezieht, wei- tere Aspekte der genannten Teildisziplinen, wobei der Zivilgesellschaft jeweils spezifi- sche Funktionen zugeschrieben werden.

Aus demokratietheoretischer Sicht betonen die klassisch-liberalen und kommunitaristischen Ansätze die Kontrollmacht der Zivilgesellschaft und die Verantwortung des Bürgers ge- genüber der Gesellschaft, wobei die Diskussionsstränge zu Bürgerschaft und Sozialkapi-

100 Heins: 2002. 101 Vgl. Schade: 2002. S. 5. Die theoretische Einbettung 43 tal102 Facetten dieser Funktionen widerspiegeln, die sich an kommunitaristisches oder li- berales Gedankengut anlehnen.103 Die radikaldemokratischen und diskursivtheoretischen Ansätze fokussieren auf den emanzipatorischen Charakter und die Demokratisierung der Institutionen durch die Zivilgesellschaft, während die Bewegungs- und Partizipati- onsforschung, die sich vor allem mit den Neuen Sozialen Bewegungen beschäftigt, die Protestfunktion der Zivilgesellschaft unterstreicht. Verstärkt durch die Globalisierungs- prozesse fand die Debatte um die Zivilgesellschaft auch Eingang in die Internationalen Be- ziehungen, indem das kritische und integrative Potenzial der Zivilgesellschaft, samt ihren ideengeschichtlichen Konnotationen bislang relativ unkritisch auf die internationale E- bene projiziert wurde. Als Teilbereiche werden hier die internationalen NGOs, die neu- en sozialen Bewegungen und die trisektoralen Netzwerke diskutiert, die oftmals auf Druck von NGOs nicht - wie in der Globalisierung des Konzepts propagiert - die De- mokratisierung des internationalen Systems, sondern aus steuerungstheoretischer Per- spektive die Rückgewinnung interner Souveränität in das Blickfeld rücken.104 Als soziale Dienstleister und Vermittler von sozialpolitischen Interessen betrachtet die Dritte- Sektor-Forschung die zivilgesellschaftlichen Akteure aus organisationssoziologischer Sicht.

102 Die Produktion von Sozialkapital steht in engem Zusammenhang mit dem für die- se Arbeit relevanten Civil Society Building, dabei wird Sozialkapital verstanden als „die Einstellungen und Verhaltensweisen der Individuen und ihres Miteinanders sowie die Art ihrer Institutionen“. Schade: 2002, S. 42. „Stand am Anfang der Entwicklungszusammenarbeit die Förderung von Sachkapital (Produktionsstätten und Infrastruktur), wurde diese wegen ihrer Fehlschläge nach und nach um die Förderung des Humankapitals (Bildung und Gesundheitsversorgung), um Good Governance und Institution Building und nun um das Civil Society Building (...) und die Förderung des Sozialkapitals ergänzt.“ Schade: 2002,. S. 43. Einen guten Ü- berblick zu Civil Society Aid in Regionen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas, Osteu- ropas und des Mittleren Ostens gibt die Studie: Ottaway, Marina/Carothers, Thomas (Hrsg.): Funding virtue. Civil Society aid and democracy promotion, Washington D.C. 2000. 103 Hinter der jeweiligen Auffassung von Zivilgesellschaft stehen auch politische Ausrichtungen. „Die Weltbank und das Konzept Good Governance befürworten beispielsweise die Förderung lokaler Zivilgesellschaft durch NGOs, betrachten sie als ‚Motor von Entwicklung’ und bringen sie mit der Förderung von Sozial- kapital in Zusammenhang (...). Dahinter steht die liberale Idee, stabile gesell- schaftliche Verhältnisse und somit ein günstiges Investitionsklima zu schaffen.“ Schade: 2002, S. 55. 104 In trisektoralen Netzwerken, bzw. in den sogenannten Global Public Policy- Netzwerken, wird ein spezifisches Problem aus einem Sektor von internationa- len Akteuren aus staatlichen, privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen verhandelt, um zu akzeptablen Lösungen für alle Beteiligten zu kommen. Vgl. Schade: 2002, S. 58-63. Die theoretische Einbettung 44

Fazit: Die Relevanz der Zivilgesellschaftsdebatte für die vorliegende Arbeit

Von Relevanz für die vorliegende Arbeit ist der Zivilgesellschaftsdiskurs innerhalb der politikwissenschaftlichen Transitions- und Demokratietheorie. Dabei rückt auch die Debatte um die internationale Zivilgesellschaft - aus der Süd-Perspektive - in das Blickfeld, da die untersuchten lokalen NGOs oftmals eingebunden in Netzwerke der internationalen NGO-Gemeinde operieren. Ansätze der Internationalen Beziehungen wurden in die Arbeit integriert, da der Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere die so genannte Demokratisierungshilfe externer staatlicher Akteure, nicht nur auf die Re- form des Staatsapparats in afrikanischen Ländern, sondern auch auf eine gesellschaftli- che Rekonstruktion von außen abzielt:

„Neben den traditionellen Aktivitäten internationaler Parteien- zusammenschlüsse, kirchlichen und Menschenrechtsorganisatio- nen traten seit Beginn der neunziger Jahre auch externe staatli- che Akteure als Anwälte und Finanziers zivilgesellschaftlicher Organisationen in Erscheinung. (...) Demokratisierung wäre das neueste Element in einer langen Tradition des social engineering durch externe Akteure, die afrikanische Bevölkerungen mobili- sieren, eine demokratische Zivilgesellschaft aufbauen und de- mokratische Orientierungen vermitteln wollen.“105

Die in dieser Arbeit untersuchten lokalen NGOs sind nahezu vollständig von einer ex- ternen Förderung abhängig, daher wird die Arbeit auch prüfen, ob die bereits zu Beginn der 1990er Jahre geäußerte Warnung von Entwicklungsexperten106 sich bewahrheitete, sich nicht der Illusion nach zu schnellen Erfolgen bei dem Aufbau einer demokratischen Zivilgesellschaft von außen hinzugeben.

So facettenreich die Theoriestränge und Teilaspekte der Zivilgesellschaftsdebatte in e- tablierten und noch umkämpften Demokratien erscheinen mögen, sie weisen darauf hin, dass das Konzept der Zivilgesellschaft nicht isoliert zu betrachten ist, sondern immer in Bezug auf andere Kontexte diskutiert wird. In der Synthese aus „Zivilgesellschaft und Systemwechsel“ wird die Autorin nun das der Arbeit zugrunde liegende Verständnis von Zivilgesellschaft vorstellen, das entgegen der gängigen Verwendung seiner durchweg positiven Konnotation vermag, auch die Schattenseiten der zivilgesellschaftlichen Ak- teure konzeptionell zu erfassen. Das aus empirischen Studien in Entwicklungs- und

105 Hartmann: 1999, S. 46f. Die theoretische Einbettung 45

Transformationsländern entwickelte Konzept einer „ambivalenten Zivilgesellschaft“107 erscheint der Autorin geeignet, bei der Analyse der zu untersuchenden NGOs auch kri- tische Aspekte - wie eine potentiell demokratiehemmende Ausprägung, das Legitimati- onsdefizit, das Eigeninteresse sowie die Wandlungsfähigkeit zivilgesellschaftlicher Ak- teure - zu integrieren. Parallel zu diesem Überblick wird nun das Kapitel 1.2.2 die sozi- alwissenschaftliche Diskussion um NGOs als eine zentrale zivilgesellschaftliche Ak- teursgruppe mit Blick auf die für die Arbeit relevanten Forschungskontexte zusammen- fassen.

1.2.2 Die Hauptprofiteure des Konzepts: NGOs als umworbene Pro- tagonisten der Zivilgesellschaft

In der gegenwärtigen Zivilgesellschaftsdebatte entwickeln sich die NGOs zum Hauptprofiteur des Diskurses, da sie gleichsam als Schmelztiegel der genannten Teilas- pekte - Neue soziale Bewegungen, Dritter Sektor, Trisektorale Netzwerke und Sozialka- pital - fungieren. Vor allem die transnational agierenden NGOs gewinnen als Verbin- dungsglied der Bewegungs- und Dritte-Sektor-Forschung an Bedeutung, die sich jedoch aus unterschiedlichen Perspektiven dem „Phänomen NGO“ nähern. Während die Be- wegungsforschung der zunehmenden Professionalisierung der NGOs kritisch gegenü- bersteht108, verfolgt die Dritte-Sektor-Forschung mit großem Interesse die Herausforde- rungen, die aus den scaling-up109 Prozessen für das Management und die Reform der Bin-

106 Vgl. Hillebrand, Ernst: Nachdenken über Zivilgesellschaft und Demokratie in Af- rika, in: Internationale Politik und Gesellschaft 1 (1994), S. 57-70. 107 Das Konzept der ambivalenten Zivilgesellschaft wird in dem Kapitel 1.3.1 vorge- stellt. 108 Vgl. Schade: 2002, S. 55. 109 Der Begriff scaling-up umgreift zusammen mit den Schlagworten capacity building und struggle for accountability Forschungsfragen, die innerhalb der englischspra- chigen Forschung über NGOs als entwicklungspolitische Akteure vor allem in den Arbeiten von Michael Edwards und David Hulme diskutiert werden. Das scaling-up kann sich nicht nur auf eine Vergrößerung der NGOs - durch Erhö- hung der Projekte, Zielgruppen, Mitglieder – sondern auch auf den Prozess des Übergangs von der Projektarbeit in die Advokatentätigkeit der NGOs beziehen. Vgl. Edwards, Michael/Hulme, David: Scaling-up the developmental impact of NGOs: concepts and experiences, in: Edwards, Michael/Hulme, David (Hrsg.): Making a difference. NGOs and development in a changing world, London 1992, S. 13-27. In der entwicklungspolitisch begründeten NGO-Forschung er- gibt sich als Folge der scaling-up-Prozesse die Frage, wie die Nord NGOs glaub- haft als Themenanwälte der Basisbevölkerung des Südens bei internationalen Verhandlungen auftreten können. Dieses Problem wird unter dem Schlagwort struggle for accountability subsumiert. In diesem Kontext verweisen kritische Au- Die theoretische Einbettung 46 nenstruktur der Organisationen entstehen. Als umworbene Protagonisten der Zivilge- sellschaft gewinnen die NGOs auch im Zuge der Globalisierung an Prominenz: Auf ih- nen liegt nach Meinung einiger Autoren sogar die Hoffnung, den Keim einer sich her- ausbildenden Weltzivilgesellschaft zu formen.110

Prägend in der gesamten Diskussion um NGOs ist die stark polarisierende Bewertung hinsichtlich ihrer Rollenzuschreibung, die zwischen den Extremen „Inbegriff demokra- tischer Erneuerung“111, „NGO-isierung der Zivilgesellschaft“112, „NGO-isierung der (Welt) Politik“113 bis zu einem Abdriften in die „Irrelevanzfalle“114 pendelt. Die gegen- sätzlichen Einschätzungen der Leistungspotenziale von NGOs „sind nicht zuletzt dem eklatanten Defizit an empirischer Forschung geschuldet“115. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit NGOs werden in der jüngeren Literatur auch kritische Stim- men laut, die das Legitimationsdefizit, die Vereinnahmung der NGOs als Legitimations- ersatz für die Demokratiedefizite multinationaler Organisationen116, die Konzentrierung auf die Medien statt einer basisnahen Interessenvertretung und die Fixierung auf die Selbsterhaltung thematisieren. Ob jedoch die Gefahr besteht, dass NGOs wirklich zu Substituten für staatliches und zwischenstaatliches Handeln mutieren, bedarf einer fun- dierten empirischen Analyse, die sich auf einen spezifischen Forschungskontext kon- zentrieren sollte, statt verallgemeinernd von den NGOs zu sprechen.

toren auf die Auswirkungen einer Professionalisierung auf den Verlust der legi- timierenden Anbindung an die Basisbevölkerung. Vgl. Edwards, Michael: NGO rights and responsibilities. A new deal for Global governance, London 2000. Künftig zitiert als: Edwards: 2000. Vor diesem Hintergrund wird die Notwen- digkeit zur Investition in die Süd NGOs im Sinne des capacity building diskutiert, das mit Blick auf die in dieser Arbeit untersuchten NGOs von großer Bedeu- tung ist. Zu dem Komplex capacity building innerhalb der entwicklungspoliti- schen NGO Forschung siehe: Fowler, Alan: Participatory self assessment of NGO capacity. ITRAC Occasional Papers series, No. 10, Oxford 1995. 110 Vgl. Zimmer: 2002. 111 Nohlen, Dieter: NGOs, in: Nohlen, Dieter/Schultze, Rainer-Olaf (Hrsg.): Lexi- kon der Politikwissenschaft. Theorien, Methoden, Begriffe, München 2002, S. 576. 112 Auf die „NGO-isierungs“-These, die vor allem in Bezug auf den afrikanischen Raum diskutiert wird, geht das Kapitel 1.3.2 noch näher ein. 113 Messner, Dirk: Politik im Wandel. NGOs in der Irrelevanzfalle oder NGOisierung der (Welt)Politik?, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Globale Trends und in- ternationale Zivilgesellschaft, Bonn 1996, S. 11-38. Künftig zitiert als: Messner: 1996. 114 Messner: 1996. 115 Zimmer: 2002, S. 13. Zudem ist die Forschung zu NGOs neben den definitori- schen Problemen auch durch eine historisch und regional verkürzte Analyse ge- prägt, in der NGOs als Erscheinung des 20. Jahrhunderts behandelt und in ih- ren regional unterschiedlichen Einflüssen nicht wahrgenommen werden. Vgl. Lewis, David: The Management of Non-Governmental Development Organiza- tions. An Introduction, London/New York 2001, S. 41f. 116 Schade: 2002, S. 57. Die theoretische Einbettung 47

Das für die Arbeit relevante Forschungsfeld der Entwicklungszusammenarbeit

Innerhalb der vielfältigen Forschungsbereiche in denen NGO untersucht werden117, fo- kussiert die vorliegende Arbeit aus einer demokratietheoretischen Perspektive auf das Forschungsfeld der Entwicklungszusammenarbeit, in dem „die systematische wissen- schaftliche Beschäftigung mit den NGOs als Akteure im Politikfeld seit längerer Zeit ei- nen festen Platz“118 einnimmt. Die gestiegene Bedeutung der NGOs in der Entwick- lungspolitik basiert vor allem auf der Annahme, dass NGOs gegenüber den Organisati- onen der staatlichen Entwicklungshilfe über einen besseren Kontakt zur Basisbevölke- rung verfügen.119 Die Aufwertung der NGOs, die sich auch in der Vergabepolitik der Regierungen und der UNO-Hilfsorganisationen widerspiegelt, hat zum Entstehen von weltweit agierenden NGOs geführt, die mittlerweile über ein beachtliches Budget verfü- gen:120

„In den 1990er Jahren sind die OECD-Zuwendungen für Ent- wicklungs- und Humanitäre Hilfe an NGOs gestiegen. Die OECD beziffert die durchschnittlichen jährlichen ODA- Zuwendungen (grants) an NGOs, die Entwicklungs- und humani- täre Hilfe umfassen, Ende der achtziger Jahre auf jährlich ca. 4 Mrd. US$, 1995 auf 5,9 Mrd., nach einem Absinken der Mittel stiegen sie 1999 wieder auf 6,6 Mrd. US$. (...) Ende der 1990er Jahre erhielten also im Bereich der Entwicklungs- und Humani-

117 Als sozialwissenschaftliche Teildisziplinen mit Erkenntnisinteresse an NGOs werden folgende Bereiche genannt: Demokratietheorie (Zivilgesellschaftsdis- kurs), Bewegungsforschung, Partizipationsforschung (u.a. Jugend und Politik), NPO-Forschung/ Dritter-Sektor-Forschung, Politikfeldforschung (Umwelt, Humanitäre Hilfe, Gender), Internationale Beziehungen und transnationale Entwicklungszusammenarbeit. Vgl. Frantz, Christiane: Nichtregierungsorganisa- tionen in der sozialwissenschaftlichen Debatte, in: Frantz, Christiane/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zivilgesellschaft international. Alte und neue NGOs, Opladen 2002, S. 53. Künftig zitiert als: Frantz: 2002. 118 Frantz: 2002, S. 64. 119 Vgl.: Fisher, Julie: Non Governments. NGOs and the Political Development in the Third World, West Hartford 1998. Angesichts der bereits aufgeführten Pro- fessionalisierungsprozesse betrachten einige Autoren eine per se unterstellte Verbindung von NGOs zur Basisbevölkerung aus einer kritischen Perspektive. Vgl. Edwards: 2000. 120 Zu den weltweit größten NGOs auf dem Gebiet der Entwicklungs- und Humanitä- ren Hilfe gehören World Vision, Catholic Relief Services, Save the Children In- ternational, OXFAM International und Care International. Allein die zehn größ- ten internationalen NGOs im Bereich der Entwicklungs- und Humanitären Hilfe verfügen über „ein Budget von 3 Milliarden US$, was etwa der Hälfte des ame- rikanischen Entwicklungshilfe-Etats entspricht“. Anheier/Themudo: 2002, S. 304. Die theoretische Einbettung 48

tären Hilfe NGOs fast doppelt so viele ODA-Mittel wie UNO- Organisationen.“121

Wurden die NGOs zunächst als Motor der Entwicklung aufgewertet, findet seit Beginn der 1990er Jahre eine verstärkte Förderung der politisch aktiven NGOs als Hoffungsträger der Demokratisierung statt. Als Komponente der Förderung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Good Governance Konzepte von bi- und multilateralen Geberorganisationen profi- tieren seit Anfang der 1990er Jahre NGOs weltweit von dieser veränderten Geberpoli- tik, die sie als ideale Protagonisten einer sich herausbildenen Zivilgesellschaft auslobt. In vielen afrikanischen Staaten sind die politisch aktiven NGOs oftmals auch erst das „Produkt“ dieser veränderten Politik, so dass einige Autoren auch kritisch von einer „angebotsgesteuerten Entwicklung“ sprechen.122

Während der komparative Vorteil der NGOs als entwicklungspolitische Akteure in ihrer Basisnähe gesehen wurde, wird in dem Kontext der Demokratisierungshilfe den NGOs ein spezifisches Demokratisierungspotential augrund ihrer kombinierten „Mikro-Makro- Strategie“ zugesprochen:

„Augrund ihres besonderen Charakters, welcher sie von anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren unterscheidet, besitzen NGOs in Entwicklungs- und Schwellenländern ein spezifisches Demo- kratisierungspotential im Konsolidierungsprozeß. Trennt man das Konstrukt der Demokratie in die Mikroebene der gesell- schaftlichen Normen und Strukturen, sowie die Makroebene von Regierungspolitik und –handeln, so zeigt sich, daß der NGO- Sektor – als einer von wenigen zivilgesellschaftlichen Akteuren – eine kombinierte und verbundene Mikro-Makro-Strategie der Demokratisierung implementieren kann (Fowler 1994: 28).“123

121 Reinhardt, Dieter: Humanitäre NGOs: Dritte Säule der transnationalen Zivilge- sellschaft oder außenpolitisches Instrument der Regierungen?, in: Frantz, Chris- tiane/Zimmer, Annette (Hrsg.): Zivilgesellschaft international. Alte und neue NGOs, Opladen 2002, S. 380. 122 Vgl. Neubert, Dieter: Nichtregierungsorganisationen, in: Mabe, Jacob E. (Hrsg.): Das kleine Afrika-Lexikon. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wupper- tal/Stuttgart 2002, S. 143. Neubert merkt kritisch an, dass die Förderung der Süd-NGOs die afrikanische Zivilgesellschaft stärken solle und die Strategie zu- mindest quantitativ mit einer großen Zahl an NGO-Neugründungen erfolgreich sei. „Es ist allerdings fraglich, ob das quantitative Wachstum die erwarteten Entwicklungsimpulse einlöst. Der überwiegende Teil der NGO-Aktivitäten wird mit Mitteln aus dem Norden finanziert und ist durch Zielvorgaben der Geber beeinflusst.“. Darüber hinaus verweist Neubert darauf, dass die NGOs nur un- zureichend durch eine lokale und natürliche Basis gestützt werden. 123 Heinrich, Volkhart: Demokratische Konsolidierung in Südafrika. Die Rolle der NGOs, Hamburg 2001, S. 40. Künftig zitiert als: Heinrich: 2001. Der Verweis auf Fowler bezieht sich auf den Artikel: Fowler, Alan: Development, Democra- Die theoretische Einbettung 49

Gemäß dieser Idealvorstellung hätten NGOs das Potential auf der Mikroebene auch in ländlichen Regionen eine Rolle als „Schulen der Demokratie“ zu spielen oder bereits be- stehende lokale Organisationen im Demokratisierungsprozess zu unterstützen. Dabei müssten sie aufgrund der Vielfalt der „single-issue-NGOs“124 auch in Kooperation mit bereits bestehenden NGOs und zivilgesellschaftlichen Kräften treten. Aufgrund ihres Expertenwissens könnten NGOs auf der Makroebene eine gewichtige Rolle als Kontroll- instanz und Kooperationspartner staatlicher Aktivitäten sowie in der Integration und Vermittlung von Interessen der Mikroebene in den politischen Prozess spielen. Von entscheidender Bedeutung für den Einfluss der NGOs wird dabei auch der gesamte po- litische und sozioökonomische Kontext des Landes auf der Makroebene sein, der daher auch gebührend in der vorliegenden Arbeit untersucht wird.125

Um das Demokratisierungspotential der NGOs als Teil der Zivilgesellschaft in ihrer Mikro- und Makroausrichtung zu erfassen, lehnt sich die Autorin an das aus den Theo- riesträngen der Systemwechselforschung und der Zivilgesellschaft erarbeitete Konzept an, das im folgenden Kapitel vorgestellt wird.

tization, and NGOs: Lessons from Experience, in: Development and Democracy 7 (1994). S. 25-33. 124 Die in dieser Arbeit untersuchten NGOs arbeiten beispielsweise in den Themen- feldern „voter education, social justice, human rights, legal advice, civic educa- tion“. Diese für den Demokratisierungsprozess auf der Mikroebene relevanten Themenfelder bilden auch die Grundlage für die Struktur des Kapitels „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene“. 125 Vgl. das Kapitel „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene“. Die theoretische Einbettung 50

1.3 Synthese: Zivilgesellschaft und Systemwechsel

Die Synthese aus der Konzeptualisierung von Zivilgesellschaft und Systemwechsel bil- det das Herzstück der theoretischen Verortung dieser Arbeit. Die Zusammenführung der beiden Konzepte erfolgt in Anlehnung an das funktionalistische Konzept der Zivil- gesellschaft, das nun vorgestellt wird.

Die Autorin wird zunächst im Kapitel 1.3.1 offen legen, warum das Konzept geeignet ist, die eigenen empirischen Befunde in den bestehenden theoretischen und empirischen Forschungstand über Zivilgesellschaft und Systemwechsel einzubetten. In einem nächs- ten Schritt werden in Kapitel 1.3.1.1 die - aus den Theoriesträngen der politischen Phi- losophie und einigen gesellschaftstheoretischen Modellen abgeleiteten - demokratischen Idealfunktionen zivilgesellschaftlicher Akteure im Lichte aktueller empirischer Befunde aus Ländern der dritten Demokratisierungswelle Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Europas betrachtet. Die in diesem Schritt aufgeführten demokratiefördernden Funktio- nen bilden lediglich ein Element, des dieser Arbeit zugrunde liegenden Verständnisses von Zivilgesellschaft. Weitere Definitionsbausteine benennt das Kapitel 1.3.1.2 durch die Präzisierung der Zivilgesellschaft als analytische Kategorie im Demokratisierungs- prozess, womit sich die theoretische Konzeptualisierung von den Ansätzen wissen- schaftlicher Studien abgrenzt, die zivilgesellschaftliche Aktivitäten lediglich als Residual- kategorie für den Erfolg oder das Scheitern demokratischer Transitionsprozesse heran- ziehen.

Das Kapitel 1.3.2 präsentiert die - aus dem intraregionalen Vergleich von den Autoren des funktionalistischen Konzepts herausgefilterten - Kontextfaktoren für die Genese der Zivilgesellschaft, um in einem nächsten Schritt im Kapitel 1.3.3 der Frage nachzuge- hen, ob aus der komparatistischen Analyse in Abhängigkeit von der Transitions- und Konsolidierungsphase typische Verläufe zivilgesellschaftlicher Entwicklungen abzulesen sind. Eine abschließende Betrachtung bilanziert mit Blick auf die Einbettung der eige- nen empirischen Untersuchung die bisherigen Forschungsergebnisse zu der Synthese von Zivilgesellschaft und Systemwechsel, indem das Kapitel 1.3.4 auf die Ambivalenz des Engagements zivilgesellschaftlicher Akteure für die Konsolidierung der jungen De- mokratien hinweist.

Die theoretische Einbettung 51

1.3.1 Anlehnung an das funktionalistische Konzept von Zivilgesell- schaft

„Weder die theoretische Konzeptualisierung der spezifischen Bedeutung der Zivilgesellschaft für die Demokratie über alle Phasen eines Systemwandels hinweg, noch der Einfluss dieser Transformationsphasen auf die zivilgesellschaftliche Entwick- lung wurde bisher zufriedenstellend geleistet. Technisch formu- liert: Die Zivilgesellschaft als abhängige und unabhängige Vari- able der Systemtransformation wurde nicht in ein holistisches Konzept gefaßt. Auch die empirischen Analysen konzentrierten sich meist entweder auf die Zivilgesellschaft als Objekt oder als Subjekt, auf einzelne Phasen oder nur auf einzelne Länder.“126

Diese „dreifache Selbstbeschränkung“127 durch die Begrenzung der Analysen auf einzelne Phasen des Systemwechsels, die Konzentration auf die Zivilgesellschaft als abhängige oder unabhängige Variable und die Fokussierung auf einzelne Fallstudien versucht die vorliegende Arbeit aufzubrechen:

Die Arbeit wird für alle Phasen des Systemwechsels die Zivilgesellschaft als abhängige und un- abhängige Variable128 untersuchen und die auf diesem Wege gewonnenen Forschungser- gebnisse zu Zambia durch die Anlehnung an das funktionalistische Konzept auch in ei- ne vergleichende Perspektive zu den Untersuchungen in anderen Regionen stellen, die in der abschließenden Rückkopplung zu der theoretischen Einbettung erfolgen wird.

In der theoretischen Konzeptualisierung im Sinne einer Integration der Zivilgesell- schaftsdebatte in die Transformationstheorie lehnt sich die vorliegende Arbeit an das von den Politikwissenschaftlern Wolfgang Merkel, Hans-Joachim Lauth und Aurel Croissant entwickelte funktionalistische Konzept der Zivilgesellschaft an.129 In dem Sys-

126 Croissant, Aurel/ Lauth, Hans-Joachim/ Merkel, Wolfgang: Zivilgesellschaft und Transformation: ein internationaler Vergleich, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 9. Künftig zitiert als: Croissant/Lauth/Merkel: 2000. 127 A.a.O. 128 Die Zivilgesellschaft wird als abhängige Variable des Systemwechsels in dem Kapi- tel „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene“ und als unab- hängige Variable in dem Kapitel „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene“ untersucht. 129 Das funktionalistische Konzept der Zivilgesellschaft stellt, wie das Kapitel 1.3.1.2 zeigen wird, ein normativ anspruchsvolles Konzept dar, das sich an die Vorstellung einer reflexiven Zivilgesellschaft anlehnt, die sich u.a. durch eine normative Eigenbindung und Verantwortungshaltung der zivilgesellschaftlichen Akteure auszeichnet. Vgl.: Merkel, Wolfgang/ Lauth, Hans-Joachim: System- wechsel und Zivilgesellschaft: Welche Zivilgesellschaft braucht die Demokra- Die theoretische Einbettung 52 temwechselband „Zivilgesellschaft und Transformation“130 generieren die Autoren aus dem Vergleich der empirischen Analysen über die Rolle der Zivilgesellschaften in Süd-, Ost- und Mitteleuropa, Süd- und Zentralamerika, Ostasien und Sub-Sahara Afrika ein funktionalistisches Konzept131, das die Zivilgesellschaft ausgehend von der Demokrati- sierungsfrage als analytische Kategorie begreift und verhelfen soll, die konzeptionellen und theoretischen Annahmen der Zivilgesellschaftsdebatte in unterschiedliche kulturel- le, historische und politische Kontexte reisen zu lassen. Die Autoren verfolgen somit das Ziel, die Fallstudien ihres Bandes vor „narrativer Beliebigkeit“132 zu schützen und „begrifflich disziplinierte regionale wie interregionale Vergleichsanalysen“133 zu ermögli- chen. Bei der Offenlegung der demokratischen Funktionen der Zivilgesellschaft leiten die Autoren die zentralen Aspekte zwar aus den Theorietraditionen der politischen Phi- losophie ab, das Konzept birgt aber durch seinen enthistorisierenden Ansatz folgende Vorteile:

Es geht nicht von der Universalität der Entwicklungsmodi der Zivilgesellschaft aus134, da die empirischen Studien über die dritte Demokratisierungswelle belegen, dass die Ent- wicklungen der Zivilgesellschaft in Asien135 und teilweise in Ländern Lateinamerikas136,

tie?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 6-7, 1998, S. 3-21. Künftig zitiert als: Merkel/Lauth: 1998. 130 Vgl. Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transfor- mation, Opladen 2000. Künftig zitiert als: Merkel: 2000. Die Systemwechsel- bände haben sich zu einem festen Referenzpunkt in der deutschsprachigen Transformationsforschung entwickelt. Die Analyse der Zivilgesellschaft in der „Reihe Systemwechsel“ erfolgte bewusst erst am Ende der 1990er Jahre, da die Autoren aus der Erforschung der ersten beiden Demokratisierungswellen wis- sen, „daß die Entstehung einer vitalen Zivilgesellschaft demokratisch denkender und handelnder Bürger länger dauert als die Konsolidierung von Verfassung, Parteien und Interessenverbänden.“ A.a.O., S. 8. 131 Während die gesamten Studien des Bandes die Zivilgesellschaft als abhängige und unabhängige Variable des Systemwechsels fassen, lehnten sich nicht alle Auto- ren an das von Croissant, Lauth und Merkel verwandte normativ anspruchsvolle Konzept der Zivilgesellschaft an. Die Beiträge mit einem eher minimalistischen Verständnis der „zivilen“ Elemente der Zivilgesellschaft, weisen ihren Begriff der Zivilgesellschaft explizit aus. Vgl. Bendel, Petra/ Krennerich, Michael: Zi- vilgesellschaft und demokratische Transformation in Zentralamerika, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 273-295. 132 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 10. 133 A.a.O. 134 Ebenso besitzen die der Zivilgesellschaft zugeschriebenen Merkmalsausprägungen „keine universale Gültigkeit“, sondern sind einem spezifischen historischen Kontext entwachsen, wie Schade in ihrem Rückblick über die Begriffsgeschichte von Aristoteles bis Gramsci verdeutlicht. Vgl. Schade: 2002, S. 6. 135 Vgl. Croissant, Aurel: Zivilgesellschaft und Transformation in Ostasien, in: Mer- kel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 335-373. Künftig zitiert als: Croissant: 2000. Der Autor be- Die theoretische Einbettung 53

Afrikas137 und Osteuropas138 von der nord- und westeuropäischen Genese der Zivilge- sellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts abweichen.139 Daher ist ein zentraler Bestandteil des Konzepts, dass die demokratischen Funktionen einer Zivilgesellschaft als universal be- trachtet werden, wohingegen die unterschiedlichen Ausprägungen der Zivilgesellschaft in ihren jeweiligen historischen, regionalen und kulturellen Kontexten wahrgenommen werden.

„Damit begegnen wir dem wohlfeilen, oftmals apologetischen Verdikt des Ethnozentrismus, das mit dem Hinweis, daß Demo- kratie und Zivilgesellschaft westliche Konzepte seien und des- halb nicht auf außereuropäische Gesellschaften angewendet werden könnten, interregionale und interkulturelle Vergleiche für unzulässig und empirische Analysen auf die Stufe von Län- der- und Regionalstudien zurückweist.“140

Die Anwendung des nun skizzierten Konzepts soll erlauben, die empirischen For- schungsergebnisse über die Rolle der Zivilgesellschaft im Demokratisierungsprozess Zambias in einen breiteren internationalen Kontext zu stellen. Somit ist die Arbeit durch die theoretische Einbettung und der abschließenden Rückkopplung der empiri- schen Ergebnisse an die theoretische Verortung bemüht, das Konzept für Zambia zu prüfen und gegebenenfalls zu erweitern.

zeichnet ein auf spezifisch historischen Entwicklungen basierendes Konzept für die Analyse der Zivilgesellschaft in Asien zunächst als ungeeignet. 136 Vgl. Birle, Peter: Zivilgesellschaft in Südamerika – Mythos und Realität, in: Mer- kel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 231-273. Künftig zitiert als: Birle: 2000. 137 Vgl. Schmidt, Siegmar: Die Rolle von Zivilgesellschaften in afrikanischen Sys- temwechseln, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 295-335. Künftig zitiert als: Schmidt: 2000. 138 Zur Entwicklung der Zivilgesellschaften in den Transformationsprozessen in Un- garn, Polen, Tschechoslowakei, Russland und den baltischen Staaten siehe die Beiträge in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 89-173. 139 Die Unterschiede der Entwicklungsmodi der Zivilgesellschaft beziehen sich u.a. auf die unterschiedlichen sozialstrukturellen Voraussetzungen in den Entwick- lungsländern. Die realhistorische Genese der europäischen Zivilgesellschaft im 18. Jahrhundert war eng verknüpft mit der Ablösung feudaler durch moderne Staatsformen und dem Aufkommen der kapitalistischen Wirtschaftsform sowie der Aufklärung. Einen guten Überblick über die europäische Ideengeschichte zur Zivilgesellschaft von John Locke über David Hume, Immanuel Kant bis G.W.F. Hegel und Karl Marx gibt: Seligman, Adam B.: Civil Society as Idea and Ideal, in: Chambers, Simone/Kymlicka, Will (Hrsg.): Alternative Conceptions of Civil Society, Princeton/Oxford 2002, S. 13-34. 140 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 16. Die theoretische Einbettung 54

Gemäß der Themenstellung der Arbeit, die Rolle der NGOs als Teil der Zivilgesell- schaft im Demokratisierungsprozess zu erfassen, entschied sich die Autorin für das funktionalistische Modell der Zivilgesellschaft statt eines an den spezifischen Organisa- tionsformen von zivilgesellschaftlichen Vereinigungen orientierten Konzepts141, um auf die Multifunktionalität relevanter politischer Akteure zu reagieren. Die Anwendung des Konzepts ermöglicht bei der Analyse der zivilgesellschaftlichen Genese in Zambia, die wichtigsten - bereits vor der Liberalisierungsphase zu Beginn der 1990er Jahre beste- henden - politischen Akteure, wie die Gewerkschaftsbewegung und die christlichen Kir- chen, in die Betrachtung der Zivilgesellschaft zu integrieren.142 Somit lässt sich die Dy- namik der Transformationsprozesse dicht und zeitnah erfassen143, denn im Unterschied zu den wissenschaftlichen Analysen über die Rolle der Zivilgesellschaft in den etablier- ten Demokratien144 stößt diese Arbeit eher auf dynamische als auf statische Kontexte: Oftmals finden die zivilgesellschaftlichen Akteure noch keinen funktionierenden Rechtsstaat vor und müssen ihre Funktionen und Strategien an die wandelnden Heraus- forderungen der Liberalisierungs-, Demokratisierungs- und Konsolidierungsphase an- passen. Anschaulich werden diese raschen Veränderungen in der zivilgesellschaftlichen Arena am Beispiel der Umwandlung der zambischen Bürgerbewegung zu Beginn der 1990er Jahre in eine politische Partei dargestellt.145

Das folgende Kapitel stellt nun die idealen demokratiefördernden Funktionen der Zivil- gesellschaft vor, die zugleich im Lichte aktueller Erkenntnisse aus dem intraregionalen Vergleich betrachtet werden.

141 Als Beispiel ist hier die Dritte-Sektor-Forschung zu nennen, die den Dritten- Sektor als Summe institutioneller Einheiten definiert, die spezifische Merkmale aufweisen müssen, die sich auf die Organisationsform beziehen: Organisatori- sche Unabhängigkeit vom Staat, formelle Strukturierung, keine Gewinnorientie- rung, eigenständige Verwaltung und kein Zwangsverband. Vgl. Schade: 2002, S. 43. 142 Die Rolle der Zivilgesellschaft in der Ersten und Zweiten Republik Zambias be- leuchten die Kapitel 2.1.1.2 und 2.1.2.2. 143 Auf die Bedeutung einer dynamischen Perspektive bei der Konzeptualisierung von Zivilgesellschaft in Transformationsprozessen verweisen Lauth und Merkel be- reits in einer früheren Publikation: Vgl.: Lauth, Hans-Joachim/ Merkel, Wolf- gang: Zivilgesellschaft und Transformation: Ein Diskussionsbeitrag in revisio- nistischer Absicht, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen 1 (1997), S. 13. Künftig zitiert als: Lauth/Merkel: 1997. 144 Zum Aufleben der Zivilgesellschaftsdebatte in etablierten Demokratien siehe den ersten Abschnitt des Kapitels 1.2.1. 145 Vgl. das Kapitel 2.3.2.1. Die theoretische Einbettung 55

1.3.1.1 Demokratische Funktionen der Zivilgesellschaft: Idealmodelle im Lich- te empirischer Befunde

Nach dem funktionalistischen Konzept bildet die Erfüllung mindestens einer der nun aufgeführten fünf demokratischen Funktionen ein notwendiges, wenngleich nicht hin- reichendes, Kriterium für die Zugehörigkeit zur Zivilgesellschaft. Die in der nun folgen- den Abbildung auf der linken Spalte angeführten Funktionen - die Schutz-, Vermittlungs-, Sozialisierung-, Integrations- und Kommunikationsfunktion - sind aus den Theoriesträngen der politischen Philosophie und Gesellschaftstheorien abgeleitet und markieren Idealvorstel- lungen einer Zivilgesellschaft. Die von den Autoren des Konzepts verdichteten empiri- schen Befunde auf der rechten Tabellenspalte belegen, dass die Idealmodelle ein äußerst voraussetzungsvolles Konzept darstellen und die Zivilgesellschaft nicht immer demo- kratiefördernde Ausprägungen aufweist.

Die theoretische Einbettung 56

Abbildung 1-1: Idealmodelle demokratischer Funktionen der Zivilgesellschaft im Lichte empirischer Befunde146

Idealmodelle demokratischer Funktio- Empirische Befunde über Zivilge- nen der Zivilgesellschaft abgeleitet aus sellschaften der dritten Demokrati- den Theorietraditionen der politischen sierungswelle im intraregionalen Philosophie: Vergleich: Schutzfunktion Schutzfunktion

Die Zivilgesellschaft hat die primäre Trotz der unterschiedlichen Stärke der Funktion, die Bürger vor den Eingriffen Zivilgesellschaften erfüllen die Akteure des Staates auf ihr Leben, ihre Freiheit in den untersuchten Regionen diese und ihren Besitz zu schützen. Diese Schutzfunktion. In der Phase demokra- Schutzfunktion geht zurück auf die theo- tischer Konsolidierung ist die Schutz- retische Begründung des politischen Libe- und Kontrollfunktion155 als primärer ralismus nach John Locke, in der Zivilge- Beitrag der Zivilgesellschaften zu be- sellschaft unverbunden zum Staat betrach- greifen. tet wird. Sie bezeichnet eine soziale Sphäre jenseits des Staates, die seine Bürger vor ungerechtfertigten staatlichen Übergriffen schützen soll.

In der Tradition von John Locke betonen auch Vertreter der liberalen Demokratie- theorie wie Robert Dahl147 diese Schutz- funktion freier Assoziationen für Indivi- duen, soziale Gruppen und die Gesell- schaft.

Vermittlungsfunktion Vermittlungsfunktion

Während bei John Locke die Zivilgesell- Diese Funktion wurde am ehesten dort schaft und der Staat noch weitgehend wahrgenommen, wo die Zivilgesell- unverbunden bleiben, bildet bei Charles schaft zur Rekrutierung politischer de Montesquieu der Aspekt der Vermitt- Eliten für die demokratischen Instituti- lung zwischen unpolitischer und politi- onen im ausreichenden Maße beigetra- scher Sphäre eines der zentralen The- gen hat. Wenn das nicht verbunden men.148 In seinem Modell der Gewalten- war mit einem starken Rückgang zivil-

146 Die Angaben sind entnommen aus Croissant/Lauth/Merkel: 2000. 147 Vgl. Dahl, Robert: A Preface to Democratic Theory, Chicago 1956. / Dahl, Robert: Polyarchy: Participation and Opposition, New Haven 1971 / Dahl, Robert: Democracy and Its Critics, New Haven 1989. 148 Vgl. Starobinski, Jean: Montesquieu. Ein Essay, Wien 1991. 149 Alexis de Tocqueville wurde durch den 1835 veröffentlichten ersten Band „Über die Demokratie in Amerika“ berühmt. Zur Interpretation Tocquevilles siehe: Pesch, Volker: Alexis de Tocqueville, in: Massing, Peter/Breit, Gotthard Die theoretische Einbettung 57

trennung und - verschränkung ist die Ba- gesellschaftlicher Aktivitäten, dann lance zwischen staatlich-politischen Auto- konnten somit Kommunikationskanäle ritäten und sozialen Netzwerken eine zwischen zivilgesellschaftlichen Akteu- notwendige Voraussetzung für die dauer- ren und der politischen Sphäre geschaf- hafte Sicherung der „Herrschaft des Ge- fen werden, die sich auch längerfristig setzes“. stabilisieren konnten.

(Hrsg.): Demokratietheorien. Von der Antike bis zu Gegenwart. Texte und In- terpretationshilfen, Schwalbach/Ts. 2002, S. 149-158. Künftig zitiert als: Pesch: 2002. 150 Auf das Idealbild der Zivilgesellschaft nach Tocqueville greifen zwei unterschied- liche Gesellschaftsphilosophien des 20. Jahrhunderts zurück: Die pluralistische Demokratietheorie, mit Vertretern wie u.a. Ernst Fraenkel, und die Philosophie des Kommunitarismus. Tocqueville stellt ein Idealmodell der Zivilgesellschaft auf, das die möglichen Schattenseiten der Zivilgesellschaft negiert. Nach diesem Idealbild kann die Zivilgesellschaft die Dezentralisierung von Macht unterstüt- zen, unter den Bürgern zivile Tugenden wie Toleranz und Solidarität vermitteln, sowie einen öffentlichen Raum für gesellschaftliche und politische Diskurse bil- den. Vgl. Pesch: 2002. 151 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 12. Robert D. Putnam prägte hier den Begriff der Zivilgesellschaft als Produzent von „sozialem Kapital“, da sie durch ihre Verwurzelung in lokale Strukturen eine Vielzahl von Bürgern erreicht, deren Partizipation ermöglicht sowie zur Legitimation des politischen Systems bei- trägt. Vgl. Putnam, Robert D.: Making Democracy Work – Civic Traditions in Modern Italy, Princeton 1993, S. 171. Das Konzept des sozialen Kapitals, das Putnam populär machte, umfasst eine weitere Analyseebene der Zivilgesellschaft als das funktionalistische Konzept, da soziales Kapital, basierend auf Netzwer- ken bürgerschaftlichen Engagements und Reziprozitäts- und Kooperationsnor- men, als Produkt sowohl zivilgesellschaftlicher Aktivitäten als auch anderer Formen sozialen Handelns gesehen wird. So kann die Mitgliedschaft in einem Sportverein einen Beitrag zum sozialen Handeln leisten, wohingegen das in der vorliegenden Arbeit verwandte Konzept der Zivilgesellschaft die Beeinflussung der res publica im Sinne einer politischen Stoßrichtung des Engagements be- tont. Siehe ausführlicher das Kapitel 1.3.1.2. 152 Vgl. Beyme, Klaus von: Zivilgesellschaft - Von der vorbürgerlichen zur nachbür- gerlichen Gesellschaft?, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilge- sellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 51-71. 153 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 13. 154 Vgl. Buchstein, Hubertus: Jürgen Habermas, in: Massing, Peter/Breit, Gotthard (Hrsg.): Demokratietheorien. Von der Antike bis zu Gegenwart. Texte und In- terpretationshilfen, Schwalbach/Ts. 2002, S. 253-261. 155 Die Schutz- und Kontrollfunktion wurde insbesondere für die osteuropäischen Transformationsprozesse herausgestellt. Vgl.: Smolar, Aleksander: From Oppo- sition to Atomization, in: Diamond, Larry u.a. (Hrsg.): Consolidating the Third Wave Democracies. Themes and Perspectives, Baltimore 1997, S. 265. Für den zambischen Kontext wird von der „watchdog function“ gesprochen. Siehe das Kapitel 2.3.1.1. 156 Vgl. Schmidt: 2000. Der Autor stellt fest, dass in zahlreichen afrikanischen Län- dern die zivilgesellschaftlichen Organisationen vorhandene lokale, regionale, ethnische, religiöse und in geringem Maße auch an Klassen-orientierte gesell- schaftliche Konfliktlinien widerspiegeln. Selbst Kirchen und Gewerkschaften, die aufgrund ihrer Größe einige Konflikte schlichten könnten , reflektieren oftmals in ihren internen Strukturen die gesellschaftlichen Spannungen. 157 Zum Konzept der reflexiven Zivilgesellschaft siehe: Merkel/Lauth: 1998. 158 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 39f.

Die theoretische Einbettung 58

Im Gegensatz zu John Locke agieren die Organisationen der Zivilgesellschaft so- wohl innerhalb als auch außerhalb der staatlichen Sphäre.

Sozialisierungsfunktion Sozialisierungsfunktion

In enger Verknüpfung des konstitutionel- Diese Funktion ist aus den empirischen len und liberalen Gedankenguts von Lo- Befunden noch nicht eindeutig be- cke und Montesquieu hat Alexis de Toc- stimmbar, da sie mit langfristigen Ver- queville149 die Sozialisierungsfunktion als änderungen des Bewusstseins und der eine elementare Funktion der Zivilgesell- Verhaltensstrukturen einhergeht. Ein schaft identifiziert, die bis in die Gegen- Indikator könnte die Entwicklung der wart ihren Niederschlag in den unter- politischen Kultur sein, die aber nicht schiedlichen Theoriesträngen partizipato- nur von der Ausprägung der Zivilge- rischer und repräsentativer Demokratie- sellschaft allein abhängig ist. modelle findet.150

Über die Formierung, Verankerung und Habitualisierung von Bürgertugenden wie Toleranz, Vertrauen und Kompromissbe- reitschaft erzeugen zivilgesellschaftliche Assoziationen „ein normatives und poli- tisch-partizipatorisches Potential, welches die Gesellschaft gegenüber freiheitsbedro- henden Angriffen und Versuchungen im- munisiert.“151 Integrationsfunktion Integrationsfunktion

Seit den 1970er Jahren wurde im Rahmen Die Integrationsfunktion bringt am der Kommunitarismusdebatte auf die in- markantesten die dunklen Seiten der tegrierende sozialisatorische und kulturelle Zivilgesellschaft hervor: Dimension der Zivilgesellschaft als „Kata- lysator von Bürgertugenden“152 verwiesen. Resümierend bezeichnen die Autoren die - vor allem in Afrika identifizierte - Diese Betonung der Gemeinschaftsfunk- mangelnde Integrationsfähigkeit einiger tion der Zivilgesellschaft erfuhr durch die Akteure als Achillesverse der Zivilge- politischen Umwälzungen in Osteuropa sellschaft im Demokratisierungspro- Aufwind. Zivilgesellschaft wurde als „Ge- zess. In Afrika sind maßgebliche Teile gengift zu den Einstellungen und Verhal- der Zivilgesellschaft entlang bestehen- tensweisen etatisierter oder individualisier- der gesellschaftlicher Konfliktlinien ter Gesellschaften“153 gesehen. strukturiert und noch fest in traditio- nelle und klientelistisch geprägte Voraussetzung dieses Idealbildes ist, dass Normstrukturen eingebunden.156 die zivilgesellschaftliche Organisation nicht entlang ausschließenden ethnischen, Diese Organisationsformen können rassischen oder religiösen Prämissen er- wichtige Normen wie gegenseitiges Vertrauen und Toleranz jenseits der Die theoretische Einbettung 59

folgt. eigenen Gruppe und Ethnie untermi- nieren, sowie ein Organisationspotenti- Den zivilgesellschaftlichen Akteuren al darstellen, das von Politikern instru- kommt bei der Integration gesellschaftli- mentalisiert werden kann. Die Zivilge- cher Interessen in den politischen Prozess sellschaft kann sich in dem Maße die- als Mesoebene zwischen dem Staat und sem partikularistischen Zugriff entzie- der Gesellschaft eine bedeutende Aufgabe hen, wie sie ihre reflexive Seite stärkt.157 zu, die auch wesentlich davon abhängt, Dieser Aspekt hängt auch davon ab, inwieweit es das bestehende Parteiensys- inwieweit sie ihre Kommunikations- tem vermag, das Spektrum gesellschaftli- funktion wahrnimmt. cher Interessen zu repräsentieren.

Kommunikationsfunktion Kommunikationsfunktion

Im Rahmen deliberativer Demokratiemo- Die Betrachtung der Kommunikations- delle betonte Jürgen Habermas154 die funktion verweist auf ein ambivalentes kommunikative Funktion der Zivilgesell- Bild der Zivilgesellschaft. Einige Ak- schaft. Neben den Parteien und Parlamen- teure neigen zur Herausbildung eigener ten kommt der Zivilgesellschaft eine Dominanzstrukturen, die bestehende Schlüsselfunktion für die Herstellung einer parteipolitische Polarisierungen und demokratischen Öffentlichkeit zu. gesellschaftliche Konfliktstrukturen sogar verstärken oder reproduzieren Getrennt von Staat und Wirtschaft soll können. eine freie öffentliche Sphäre, die eng in Verbindung mit der Zivilgesellschaft steht, „Der Anspruch für die gesamte Gesell- den Bürgern einen Raum für die Teilhabe schaft zu sprechen, und die Arroganz, an der demokratischen Willensbildung politischen Gegnern ihre Legitimation geben. zu verweigern, lassen für bestimmte Segmente der Zivilgesellschaft in Li- Im Sinne der Kritischen Theorie nach tauen oder Polen, aber auch in einigen Habermas sollen auch schwer organisier- afrikanischen Transformationsländern bare oder benachteiligte Interessen die oder Teilen der südkoreanischen Zivil- Möglichkeit haben, Öffentlichkeit herzu- gesellschaft Züge erkennen, die der stellen. Herausbildung deliberativer Kompe- tenzen diametral entgegenstehen.“158

Die aus den Theorietraditionen der politischen Philosophie abgeleiteten Funktionen zeichnen mit Blick auf eine Demokratisierung der Gesellschaft und des Staates das Bild einer idealen Zivilgesellschaft. Im Lichte der vergleichenden Analyse der aktuellen empi- rischen Befunde wird deutlich, dass nicht alle Funktionen in gleichem Maße erfüllt wer- den und einzelne Teile der Gesellschaft, den demokratiefördernden Funktionen sogar entgegenwirken. Wohlwissend um diese Schattenseiten wird die Arbeit auch die mögli- Die theoretische Einbettung 60 chen exkludierenden Tendenzen zivilgesellschaftlicher Akteure in die Analyse einschlie- ßen.159

1.3.1.2 Zivilgesellschaft als analytische Kategorie im Systemwechselprozess

„Das theoretische Konstrukt der ‚Zivilgesellschaft‘ ist deshalb nicht einfach als Residualkategorie, sondern als eine unver- zichtbare zusätzliche analytische Konzeptualisierung bestimmter gesellschaftlicher Aktivitäten zu verstehen, um den Erfolg oder das Scheitern demokratischer Transformationsprozesse zu erklä- ren.“160

Um die Zivilgesellschaft als analytische Kategorie im Demokratisierungsprozess zu er- fassen, kristallisierten die Autoren neben den bereits genannten universalen Funktionen weitere zentrale Definitionsbausteine aus dem intraregionalen Vergleich heraus. Damit der Begriff der Zivilgesellschaft nicht zu einer „catch-all-Kategorie“ und einem Syn- onym für das pluralistische Gesellschaftskonzept degradiert und verkommt, der alle nicht staatlichen Gruppen subsumiert, beinhaltet das Konzept weitere Prämissen..161 Das prinzipielle Bekenntnis zur Gewaltfreiheit, weltanschaulicher, religiöser und politischer Toleranz bildet jenen normativen Grundkonsens162, den Akteure akzeptieren müssen.163 Als

159 Einen differenzierteren Einblick in die demokratiehindernden Wirkungen zivilge- sellschaftlicher Akteure wird das Kapitel 1.3.4 geben. 160 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 41. 161 Die Berücksichtigung normativer Elemente hat gerade mit Blick auf die islami- schen Länder zu Auseinandersetzungen geführt: In Ägypten z.B. entflammte ein Streit über die Zugehörigkeit islamistischer Organisationen zur Zivilgesell- schaft. Ferhad Ibrahim und Heidi Wedel stellten die These auf, „daß islamisti- sche Organisationen zwar institutionelle Teile einer Zivilgesellschaft darstellen können, jedoch nicht ihren normativen Elementen entsprechen.“ Ibrahim, Ferhad/ Wedel, Heidi (Hrsg.): Probleme der Zivilgesellschaft im Vorderen Ori- ent, Opladen 1995, S. 17. 162 Merkel und Lauth sprechen von einem „normativen Minimalkonsens“, der „im Kern auf der Anerkennung des Anderen (Toleranz) und auf dem Prinzip der Fairneß“ beruht. Vgl. Merkel/Lauth: 1998, S. 7. Damit markiert das Konzept einen Mittelweg zwischen noch anspruchsvolleren Konzeptualisierungen, die strengere Kriterien wie eine interne Demokratie und formelle Strukturen vorau- setzen, und breiteren Konzepten, die alle nicht-staatlichen und auch gewalttäti- gen Gruppen mit einschließen. Als Vertreter der anspruchsvolleren Konzeptua- lisierung gilt u.a. Philippe C. Schmitter: Vgl.: Schmitter, Philippe C.: Some Pro- positions about Civil Society and the Consolidation of Democracy, Wien 1993, S. 1. Eine eher breite Konzeptualisierung vertreten u.a. Axel Hadenius und Fredrik Uggla: Vgl. Hadenius, Axel/Uggla, Fredrik: Making Civil Society Work, Promoting Democratic Development: What Can States and Donors Do?, in: World Development 10 (1996), S. 1621. Künftig zitiert als: Hadenius/Uggla: 1996. Die theoretische Einbettung 61 weitere Präzisierung des Konzepts ist das Moment des kollektiven Gestaltens zu nennen, das sich somit von Modellen der politischen Kultur abgrenzt, die stärker auf einer sub- jektiven Fundierung demokratischer Werte fokussieren.

Darüber hinaus werden „Zivilgesellschaft und Demokratie“ auf ihre wechselseitigen Wirkungen untersucht, wobei die genannten normativen Prämissen noch keine Garantie für eine demokratiefördernde Wirkung der Zivilgesellschaften darstellen. Eine wissen- schaftlich fundierte Auseinandersetzung mit der „Rolle der NGOs als Teil der Zivilge- sellschaft“ setzt ebenso eine intensive Beschäftigung mit den Schattenseiten der zivilge- sellschaftlichen Gruppen voraus, um einen Beitrag zur Entmythologisierung der Debat- te um diesen politischen Akteur zu leisten.164 Die Zivilgesellschaft ist weder in jedem Fall und in jeder Entwicklungs- und Systemwechselphase demokratiestärkend, noch ist sie per se eine Sphäre der „reiferen und gerechteren Demokratie“.165 Zivilgesellschaftli- che Akteure können ebenso nicht partizipativ sein, nicht auf den Normen der Gleich- heit und Gleichberechtigung ihrer Mitglieder basieren, nicht auf deliberative Diskurse ausgerichtet sein und hochgradig selektive Mitgliedschaftskriterien verfolgen.166 Umge- kehrt ist auch ein lebendiger zivilgesellschaftlicher Pluralismus noch keineswegs eine hinreichende Voraussetzung für die Entstehung einer Demokratie.167 In Anlehnung an den vielzitierten Aufsatz von Michael Bratton über die Zivilgesellschaft in Afrika liegt

163 Nicht als Teile der Zivilgesellschaft betrachtet demnach Friedbert Rüb in seinem Beitrag über das ehemalige Jugoslawien die gesellschaftlichen Vereinigungen, die Toleranz, Fairness und die Achtung der Menschenrechte nur für die eigene ethnische Gemeinschaft anwenden und unziviles Gewaltpotential anderen ethni- schen Gemeinschaften entgegenbringen. Vgl. Rüb, Friedbert: Von der zivilen zur unzivilen Gesellschaft: Das Beispiel des ehemaligen Jugoslawien, in: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und Transformation, Opladen 2000, S. 173-203. Künftig zitiert als: Rüb: 2000. 164 Auf die mythisch-mobilisiernde Funktion der Zivilgesellschaft ist das Kapitel 1.2.1 bereits ausführlich eingegangen. 165 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 19. 166 Insbesondere die Transitionsforschung korrigierte am Ende der 1990er Jahre ihre Annahmen über die ausschließlich demokratiefördernde Kraft der Zivilgesell- schaft, die sich in Teilen als illusorisch erwiesen. Vgl. Diamond, Larry: Devel- oping Democracy: Toward Consolidation, Baltimore/London 1999, S. 218-260. 167 Das trifft sowohl für europäische als außereuropäische Länder zu. Vgl. Lauth, Hans-Joachim/Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Zivilgesellschaft im Transformati- onsprozeß: Länderstudien zu Mittelost- und Südeuropa, Asien, Afrika, Latein- amerika und Nahost, Mainz 1997. Zu den Entwicklungsländern siehe: Haynes, Jeff: Democracy and Civil Society in the Third World, Cambridge 1997. Die Au- toren übten Kritik an der von einigen Autoren in den 1990er Jahren postulier- ten einfachen linearen Kausalbeziehung: Je stärker die Ausprägung der Zivilge- sellschaft, desto demokratischer ein Staatswesen. Als Autoren, die sich bei die- ser These zumeist auf modernisierungstheoretische Ansätze stützen, sind zu nennen: Hadenius/Uggla: 1996 und Gyimah-Boadi, E.: Civil society in Africa, in: Journal of Democracy 7 (1996), S. 131. Zu der sogenannten Wohlstandsthese der klassischen Modernisierungstheorie siehe die Fußnote 183. Die theoretische Einbettung 62 dieser Arbeit daher ein Verständnis von Zivilgesellschaft zugrunde, das zwar normative Elemente enthält, als analytische Kategorie zur Bestimmung der Beziehung zum Staat aber neutral bleibt:

„We require a neutral definition of civil society which does not prejudge the nature of state-society relation (...). Just as we re- quire a framework that enables us to account for a civil society that may be tolerant and peaceful as well as less tolerant and conflictual, we need to leave room for engagement between state and society that may be congruent as well as conflict- ual.“168

Die Zivilgesellschaft wird demnach als intermediäre Sphäre zwischen dem Staat und dem privaten Bereich bezeichnet, in der vorwiegend kollektive Akteure öffentliche Inte- ressen organisieren und artikulieren. Dabei ist die Zivilgesellschaft, die in ihrem organi- satorischen Kern aus einer Vielzahl pluraler und mitunter auch konkurrierender Assozi- ationen besteht169, weitgehend unabhängig vom Staat und dem politischen Raum, in dem Organisationen und Institutionen um die Kontrolle der Staatsämter konkurrieren.

Die Autonomie vom Staat ist nicht gleichzusetzen mit einer Antinomie zum Staat170 und nicht absolut zu setzen, da zivilgesellschaftliche Akteure zwar außerhalb des Staates handeln, ihre politischen Aktivitäten sich aber auf die staatlichen Institutionen richten, denn um politisch Einfluss zu nehmen, bedarf es einer Interaktion mit den politischen Autoritäten und Parteien. Die zivilgesellschaftlichen Akteure sind aber im Gegensatz zu den Parteien, den Politikern und den Mitarbeitern der staatlichen Verwaltungen nicht di- rekt Teil dieser politischen Sphäre.171 Die dem Verständnis von Zivilgesellschaft zugrun-

168 Bratton, Michael: Beyond the state: Civil society and associational life in Africa, in: World Politics 41 (1989), S. 417f. 169 Vgl. Thiery, Peter: Zivilgesellschaft, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik, München 2001, S. 593. Die Konkurrenz innerhalb der Zivilgesell- schaft wird in dieser Arbeit explizit untersucht, wie das Kapitel 3 zeigen wird. Bei der Verwendung des Singulars „Zivilgesellschaft“ geht die Autorin nicht von einer homogenen Akteurskonstellation aus, so dass der Singular durchaus auch als Plural „Zivilgesellschaften“ verstanden werden kann. 170 Pauschalisierend wird diese Gleichsetzung oft bei afrikanischen Staaten ange- führt, wogegen sich der zimbabwische Politikwissenschafter Makumbe zur Wehr setzt: „Africa has tended to give the impression that civil society in Africa is synonymous with anti-statism, the truth is that the African experience of civil society is largely focused on the people’s struggle against despotic rulers, re- pressive regimes and governments that violated both their individual and their collective rights.“ Makumbe, John M.: Is there a civil society in Africa?, in: In- ternational Affairs 2 (1998), S. 305. 171 In der politischen Stoßrichtung des Engagements unterscheidet sich das Zivilge- sellschaftskonzept von anderen sozialwissenschaftlichen Modellen, wie dem Non-Profit-Sektor, der durch die theoretische Anbindung an die Dritte-Sektor- Die theoretische Einbettung 63 de liegende Trennung von ziviler, politischer und wirtschaftlicher Gesellschaft mag nun etwas künstlich erscheinen, da die Realität zahlreiche Überlappungen aufweist, die je- doch durch das funktionalistische Konzept erfasst werden können.172 Die Arbeit wird somit auch nachweisen, ob und wann Akteure, wie die Gewerkschaften oder Unter- nehmerverbände, in mehreren der genannten Arenen gleichzeitig agieren. Auf die Not- wendigkeit, den Blick für bereits bestehende zivilgesellschaftliche Strukturen zu weiten, verweist bereits Dieter Neubert in seiner Monographie über die entwicklungspolitischen NGOs in Kenia und Ruanda:

„Zumindest ist es dringend geboten, über entwicklungspoliti- sche Organisationen hinaus zu sehen und offen zu sein für schon existierende zivilgesellschaftliche Strukturen in den Ge- sellschaften der Dritten Welt. Die Herausbildung der Zivilge- sellschaft und der sie tragenden Organisationen ist das Ergebnis eines langen konfliktreichen historischen Prozesses.“173

Auf die Genese der Zivilgesellschaft wirken im autokratischen und im postautokrati- schen System bestimmte Faktoren, von denen nun die vier einflussstärksten Determi- nanten kurz vorgestellt werden.

Forschung im Rahmen des „Johns Hopkins Comparative Nonprofit Sector Pro- jects“ von Lester Salamon und Helmut Anheier vergleichend untersucht wurde. Im Unterschied zum Zivilgesellschaftskonzept setzt der Non-Profit-Sektor, wie bereits im Kapitel 1.2 aufgeführt, den Schwerpunkt auf die Bereitstellung von Dienstleistungen und nur in geringerem Maße auf die gesellschaftliche Integra- tionsfunktion. Mit dem Begriff NGO bezeichnen Salamon und Anheier nur die an der Basis arbeitenden Entwicklungsorganisationen der Dritten Welt. Vgl. Anheier, Helmut K./Salamon, Lester M.: Defining the nonprofit sector. A cross-national analysis, Manchester 1997, S. 12f. Vgl. auch: Zimmer, Annette: Vereine-Basiselemente der Demokratie, Opladen 1996. 172 Die dem Konzept der Zivilgesellschaft innewohnende Trennung von staatlicher und gesellschaftlicher Sphäre erwies sich in einer vergleichenden Studie der Transitionsgesellschaften in Osteuropa und Zentralamerika als „empirisch nicht haltbar“. Die Autorinnen der Studie verweisen in beiden Regionen auf fließende Grenzen zwischen den zivilgesellschaftlichen und korporativen Akteuren sowie den politischen Parteien. Daher resümieren die Wissenschaftlerinnen für die zu- künftige Transitionsforschung: „Geradezu grotesk erscheinen deshalb Versuche, Zivilgesellschaft in ihrer Bedeutung für den Systemwandel überzubewerten oder sie gar gegen Parteien und staatliche Akteure auszuspielen. Nur ein Zusammen- wirken mit den letztgenannten Akteuren kann einen stabilisierenden Effekt auf die jungen Demokratien ausüben. Diese Erkenntnis sollte sich auch in der zu- künftigen konzeptionellen Ausgestaltung der Transitionsforschung niederschla- gen, sofern sich diese mit Zivilgesellschaft, intermediären Organisationen und Parteien auseinandersetzt.“ Zentralinstitut für Regionalforschung / Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Hrsg.): Arbeitspapier Nr. 1: Bendel, Petra/Kropp, Sabine: Zivilgesellschaften und Transitionsprozesse im interregi- onalen Vergleich. Lateinamerika – Osteuropa. Ein empirisch-analytischer Bei- trag, Erlangen 1998, S. 84. Künftig zitiert als: Bendel/Kropp: 1998. Auf das Zusammenwirken der untersuchten NGOs mit den staatlichen Akteuren und den politischen Parteien wird beispielsweise das Kapitel 3.2.1 eingehen. Die theoretische Einbettung 64

1.3.2 Einflussfaktoren auf die Genese der Zivilgesellschaft

Wie der Titel der Arbeit verspricht, wird die Autorin ebenfalls das Verhältnis der politi- schen NGOs zu den bestehenden Akteuren der Zivilgesellschaft untersuchen. Der Zu- satz im Titel „NGOs als Teil der Zivilgesellschaft“ kann durchaus mit einem Fragezei- chen versehen werden, denn die Arbeit wird klären müssen, ob dieser neue NGO-Typ bereits in der Zivilgesellschaft verankert ist oder - wie die verbreitete These für den afri- kanischen Raum - bestehende Akteure verdrängt hat.174 Sind die NGOs mittlerweile so- zial verankert und kooperieren mit anderen Teilen der Zivilgesellschaft? Haben die NGOs gegenüber anderen Akteuren der Zivilgesellschaft eine einheitliche Strategie und agieren als homogene Gruppe?

Zur Beantwortung dieser Fragen wird die gesamte Entwicklung der zambischen Zivilge- sellschaft von 1964 bis in die jüngste Gegenwart untersucht. Die Autorin hat sich für diese gründliche Analyse entschieden, da sich nur auf diesem Wege etwaige Verände- rungen innerhalb der Zivilgesellschaft durch die von außen geförderten NGOs feststel- len lassen. Bei der Analyse der Zivilgesellschaft als abhängiger Variable des Systemwech- sels175 werden die einflussstärksten Faktoren berücksichtigt, die nun in Anlehnung an die Autoren des funktionalistischen Konzepts kurz vorgestellt werden.

„Zivilgesellschaften entstehen auch nach Regimebrüchen und Systemwechseln nie auf einer ‚Tabula rasa’. Vielmehr wurzeln sie in der Geschichte, Tradition und Kultur einer Gesellschaft. Die Beiträge dieses Bandes legen zunächst die Annahme nahe, daß die Organisations- und Handlungsstrategien in den Zivilge- sellschaften der jungen Demokratien der dritten Welle in weiten Teilen reflexiv sind, d.h. daß die Wahl von Organisations- und Strategieformen maßgeblich durch strukturelle, kognitive und situative Faktoren beeinflußt wird, von denen die folgenden vier als die einflußstärksten (...) angesehen werden müssen (...): 1. die Institutionen und Strukturen autoritärer Regime; 2. das sozio-kulturelle Erbe; 3. die ökonomischen Umweltbedingungen der Transformation; 4. die internationalen Einflußfaktoren.“176

173 Neubert: 1997, S. 55f. 174 Vgl. Schmidt: 2000. Auf die von Siegmar Schmidt vertretene ‚NGO-isierungs The- se‘ wird der Abschnitt über die externen Faktoren in diesem Kapitel noch ein- gehen. 175 Vgl. das Kapitel 2. 176 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 21. Die theoretische Einbettung 65

Der bisherige Forschungsstand zu den vier einflussstärksten Kontextfaktoren wird nun mit Fokus auf die herausgefilterten afrikaspezifischen Ergebnisse zusammengefasst, um die Untersuchungsergebnisse der vorliegenden Arbeit in den internationalen For- schungsstand einzubetten.

1. Einflussfaktor: Institutionen und Strukturen der autoritären Regime

Alle Untersuchungsregionen in Afrika, Asien, Lateinamerika, Asien und Europa zeigten in der autokratischen Ära eine schwache, marginalisierte und politisch weitgehend ein- flusslose Zivilgesellschaft und in der krisenreichen Endphase des autokratischen Sys- tems, eine starke Zunahme im Umfang der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten, wobei die Regionen deutliche Unterschiede in dem Niveau ihrer zivilgesellschaftlichen Vitalität aufwiesen. Die autoritären Systeme der meisten Staaten Afrikas, Lateinamerikas und Südeuropas boten aufgrund ihres geringeren Institutionalisierungsgrades zwar günstigere Bedingungen für die Entwicklung der Zivilgesellschaft als die kommunistischen Länder Osteuropas, Afrika bildet dennoch zusammen mit der Region Zentralamerika eine „be- merkenswerte Ausnahme“177. Während in den anderen Regionen eine stärkere Instituti- onalisierung des autokratischen Systems mit einem geringeren Organisations- und Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft korreliert, gelang es den autoritären Regimen in Afrika trotz ihrer institutionellen Schwäche, eine zivilgesellschaftliche Entfaltung weitgehend zu unterbinden.178 Für die Entwicklung der Zivilgesellschaft in Afrika wer- den daher weitere Faktoren wie die historischen, kulturellen und sozioökonomischen Bedingungen herangezogen:

„Historische Erblasten wie die Unterdrückung und Kooptation traditionaler Gruppen und Organisationsformen während der Kolonialzeit, der niedrige sozioökonomische Entwicklungsstand der Gesellschaften und die in weiten Teilen noch stark parochi- al geprägten politischen Kulturen überlagerten weitgehend den Einfluß politischer Institutionen bzw. ermöglichten erst die E- tablierung neo-patrimonialer Herrschaftsformen.“179

177 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 23. 178 Vgl. Schmidt: 2000. 179 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 24. Die theoretische Einbettung 66

In welchem Maße das sozio-kulturelle Erbe den Pfad der zivilgesellschaftlichen Ent- wicklung in postautokratischen Demokratien determinieren kann, wird der folgende Abschnitt umreißen.

2. Einflussfaktor: Das sozio-kulturelle Erbe

„Der Grad der ethnischen oder religiösen Spaltung einer Gesell- schaft ist ebenfalls von erheblichem Einfluß auf die Entwick- lungschancen, Formen und Strategien von postautokratischen Zivilgesellschaften. In ethnisch segmentierten Gesellschaften wie jener Ex-Jugoslawiens, jenen des Baltikums oder vieler afri- kanischer Staaten produziert ‚ethnisches‘ Kapital eine erhebli- che soziale Identitäts- und Mobilisierungskraft mit ambivalenter Bedeutung für die zivilgesellschaftliche Genese.“180

Aus demokratietheoretischer Sicht kann eine segmentierte Zivilgesellschaft, die entlang einer ethnischen oder religiösen Spaltung eines Landes organisiert ist, auch exkludieren- de Tendenzen aufweisen. Die zivilgesellschaftlichen Akteure können, wenn das zivile Element - im Tocquevilleschen Sinn181 - gemäß ihrer integrativen und edukativen Funk- tion für die gesamte Gesellschaft aus Gründen der ethnischen, nationalistischen oder re- ligiösen Ausgrenzung nicht erfüllt wird, dem angestrebten demokratischen Ideal entge- genwirken. Eine nicht-pluralistische Zivilgesellschaft kann für die junge Demokratie die Gefahr bergen, liberale demokratische und rechtstaatliche Prinzipien zu verhindern, ethnische Minderheiten zu exkludieren und bestehende ethnische oder religiöse Frag- mentierungen sogar zu verstärken.

Diese möglichen Schattenseiten der zivilgesellschaftlichen Akteure verdeutlichen, dass bei der Beurteilung der demokratiefördernden Funktionen von Zivilgesellschaften un- terschieden werden muss zwischen den Gruppen, die sich exklusiv für ethnisch oder re-

180 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 26. 181 Tocqueville gilt als einer der Väter des an „Zivilität“ orientierten Konzepts von Zivilgesellschaft. Er betonte, dass die Zivilgesellschaft nicht nur auf die Ver- folgung des Eigeninteresses abzielt, sondern eine spezifische Grundeinstellung oder Geisteshaltung der Menschen erfordert, die er mit „Gemeindegeist“ oder „Bürgergeist“ umschreibt. Der Begriff Zivilität umfasst damit ein „bürgerliches Bewußtsein“. Vgl. Neubert: 1997, S. 53. Die theoretische Einbettung 67 ligiös segmentierte Gemeinschaften einsetzen und jenen, die sich gemäß ihrer Zivilität - ihres bürgerlichen Bewusstseins - für die gesamte Gesellschaft einsetzen.182

3. Einflussfaktor: Die ökonomischen Umweltbedingungen der Transformation

In dem komplexen Zusammenhang von sozioökonomischer und zivilgesellschaftlicher Entwicklung zeichnen sich im intraregionalen Vergleich zwei konträre Entwicklungen ab. Für einige Regionen Westeuropas und Teile Asiens und Osteuropas bestätigt sich die modernisierungstheoretische These, nach der sich ein wachsender Differenzierungs- grad der Ökonomie auch in eine gesellschaftliche Pluralisierung übersetzt.183 Im Kon- trast dazu - aus modernisierungstheoretischer Sicht paradoxerweise184 - entstanden zivil- gesellschaftliche Akteure in Sub-Sahara Afrika nicht aus dem Wohlstand, sondern aus Entwicklungsblockaden und sozialen Krisen. Die Wirtschaftskrisen und die sozialen Auswirkungen der durchgeführten Strukturanpassungsprogramme wirkten sich seit den 1980er Jahren förderlich auf die Entwicklung der Zivilgesellschaft aus:

„Hierbei lassen sich zwei dynamische Kerne erkennen, die in national unterschiedlicher Gewichtung die Entfaltung der Zivil- gesellschaft trieben: zum einen eine Vielzahl unterschiedlicher und ‚schillernder‘ NGOs, die weitgehend aufgrund externer Förderung ins Leben gerufen wurden und zum anderen Selbst- hilfegruppen oder lokale Netzwerke, die überwiegend auto- chthonen Ursprungs sind.“185

Obwohl der Schwerpunkt der Arbeit auf der Untersuchung des ersten Typs, der „schil- lernden NGOs“, liegt, werden auf der Mikroebene auch die Verknüpfungen dieses neu-

182 Zu den integrierenden und exkludierenden Tendenzen der Zivilgesellschaft siehe: Schade: 2002, S. 66f. 183 Als prominentester Vertreter der klassischen Modernisierungstheorie ist Seymour Martin Lipset zu nennen, der den kausalen Zusammenhang zwischen einer stei- genden Industrialisierung, die zur verstärkten Urbanisierung und Alphabetisie- rung führen sollte, und einer Zunahme an Partizipation und Demokratisierung postulierte. Lipset prägte die bekannte Wohlstandsthese: „The more well-to-do a nation, the greater the chance that it will sustain democracy.“ Vgl.: Lipset, Seymour Martin: Political Man: The Social Basis of Politics, New York 1960, S. 31. 184 Der Erklärungsgehalt der Modernisierungstheorien wurde nicht erst durch die Demokratisierungswelle in Sub-Sahara Afrika in Frage gestellt: Die ersten auto- ritären Rückschläge in den 1960er Jahren und das Ausbleiben der Demokratisie- rung einiger lateinamerikanischer Staaten trotz ökonomischer Modernisierung hegten Zweifel an der postulierten Kausalität. Vgl. Hanke: 2001, S. 17f. 185 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 28. Die theoretische Einbettung 68 en NGOs-Typs mit den bereits bestehenden lokalen Gruppen in den Blick genom- men.186 Die schlechten ökonomischen Rahmenbedingungen gelten aber nicht nur als Schubkraft für die Entstehung zivilgesellschaftlicher Gruppen. Insgesamt werden durch die desolate wirtschaftliche Lage, die mangelnde soziale Differenzierung sowie das nied- rige Bildungs- und Ausbildungsniveau die Chancen für eine Entwicklung afrikanischer Zivilgesellschaften als gering eingestuft. Am Ende der 1990er Jahre scheint für die afri- kanischen Staaten das Bild einer maßgeblich von außen geförderten Zivilgesellschaft zu dominieren, in der den NGOs im Rahmen des Civil Society Building187 eine prominente Stellung zukommt.188 Den internationalen Einflussfaktoren auf die Herausbildung zivil- gesellschaftlicher Akteure, die für die Arbeit von besonderer Bedeutung sind, wendet sich nun der folgende Abschnitt zu.

4. Die internationalen Einflussfaktoren

Auf die Entwicklung zivilgesellschaftlicher Akteure in Afrika üben bis in die Gegenwart externe Faktoren im Rahmen der Demokratieförderung einen entscheidenden Ein- fluss.189 Die Wirkungsweise der internationalen Handlungen und Akteure auf die inter- nen Demokratisierungsprozesse190 und die Ausprägung der Zivilgesellschaft191 versucht die Arbeit ebenso zu erfassen, womit sie auf ein weiteres Forschungsdesiderat stößt:

„Dennoch fehlen jenseits deskriptiver Berichte der Regionalfor- schung oder quantitativer Statistiken internationaler Geberor- ganisationen bisher reflektierte Analysen über die Wirkung die- ser Außenstützung der Zivilgesellschaften in den Transformati- onsländern.“192

186 Die Arbeit wird den Verknüpfungen der „schillernden“ NGOs mit Selbsthilfe- gruppen im Rahmen der aktuellen Entwicklungen in der Armutsbekämpfung nachgehen. Vgl. das Kapitel 3.2.2. 187 Vgl. dazu die Ausführungen in dem Kapitel 1.2. 188 Vgl. Schmidt: 2000. 189 Zur allgemeinen Bedeutung externer Faktoren für den Systemwechsel resümiert Dieter Nohlen: „Dominant waren die internen Akteure; nur für Afrika und auch für Osteuropa (dort jedoch in der bisherigen Forschung kaum thematisiert) er- langten die externen Faktoren Gewicht, freilich stets vermittelt über interne Akteure (Hartmann 1999).“ Nohlen, Dieter: Systemwechsel, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Kleines Lexikon der Politik, München 2001, S. 508. Zur Erklärungs- kraft externer Faktoren in den Demokratisierungsprozessen afrikanischer Län- der gibt Christof Hartmann einen umfassenden Überblick: Vgl. Hartmann: 1999. 190 Vgl. das Kapitel „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene“. 191 Vgl. das Kapitel „Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene“. 192 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 30. Die theoretische Einbettung 69

Hier ist die angelegte Breite der Arbeit von großem Gewinn, da die von außen geförder- ten NGOs in den Kontext bestehender zivilgesellschaftlicher Akteure eingebettet wer- den. Insbesondere seit den 1990er Jahren kamen zivilgesellschaftliche Organisationen im Rahmen der Good Governance Konzepte193 immer mehr in den Genuss der Unterstüt- zung durch nationale und internationale Geber. Die unterstützenden Leistungen bezo- gen sich nicht nur auf den Transfer von Finanzen, sondern auch auf Hilfestellungen bei dem Organisationsaufbau und dem Wissenstransfer durch Trainings- und Schulungs- programme. 194

Neben den Auswirkungen der Demokratieförderprogramme der multi- und bilateralen Geber195 auf die Zivilgesellschaft rücken in der Arbeit insbesondere die international o- perierenden NGOs196, die politischen Stiftungen und die christlichen Kirchen in den Mittelpunkt der Betrachtung, die gleichsam ihre natürlichen Partner in den jeweiligen Ländern des Südens fördern. Der enge Kontakt zu den internationalen NGOs und ent- wicklungspolitischen oder karitativen Einrichtungen übt bis in die Gegenwart einen großen Einfluss auf die Handlungspotentiale der untersuchten lokalen NGOs aus. Die Einbindung der Süd-NGOs in den Kontext der internationalen Zivilgesellschaft ge- winnt vor allem in der aktuellen Entschuldungsdebatte und der Erstellung der „Poverty Reduction Strategy Papers“ an Brisanz, worauf die Analyse auf der Mikroebene noch ausführlicher eingehen wird.197

Im internationalen Vergleich, wie ein Beitrag über die Rolle von Zivilgesellschaften in afrikanischen Systemwechseln resümiert198, gilt Afrika als das Paradebeispiel außenge- stützter Zivilgesellschaften. Die indirekte Demokratieförderung durch die nördlichen NGOs und die bilaterale Gebergemeinschaft führte „zu einem massiven Struktur- und

193 Zu Good Governance siehe das Kapitel 1.2.1. 194 Als Paradebeispiel eines extern gestützten Organisationsaufbaus ist die heute größte Wahlbeobachtungs-NGO in Zambia zu nennen, die in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens bis 1996 nicht nur finanzielle Förderung, sondern auch Hilfen bei dem Aufbau ihrer Organisationsstruktur im Rahmen eines von USAID (United States Agency für International Development) geförderten Pro- jekts erhielt. Siehe ausführlich das Kapitel 3.2.1.1. 195 In der Arbeit wird auch der Frage nachgegangen, ob die multi- und bilateralen Geber innerhalb der Demokratieförderung Kohärenz zeigen. Siehe das Kapitel 2.3.2.3.2. 196 Für die untersuchten lokalen NGOs ist die Anbindung an internationale NGOs wie Human Rights Watch, Amnesty International, Oxfam International und YWCA (Young Women’s Christian Association) von großer Bedeutung, wie das Kapitel 3.2 zeigen wird. 197 Vgl. das Kapitel 3.2.2.3. 198 Vgl. Schmidt: 2000. Die theoretische Einbettung 70

Funktionswandel innerhalb der Zivilgesellschaft, der sich in einer extern gestützten ‚NGO-isierung‘ afrikanischer Zivilgesellschaften und einer massiven Umschichtung fi- nanzieller Ressourcen zugunsten von Nichtregierungsorganisationen niederschlug.“199

Gemäß der „NGO-isierungs-These“ leistete die Vernetzung der genannten Organisationen mit den afrikanischen NGOs einen wesentlichen Beitrag zur Herausbildung eines pro- demokratischen Wertekonsens innerhalb des gesamten zivilgesellschaftlichen Spekt- rums. Dieser Wertekonsens war eine maßgebliche Voraussetzung, damit wenigstens Tei- le der afrikanischen Zivilgesellschaft als Multiplikatoren von Demokratievorstellungen und Menschenrechtsideen agieren konnten. Darüber hinaus übernahmen NGOs als „quasi-staatliche“200 Funktionsträger auf lokaler Ebene entwicklungspolitische Aufgaben, wo staatliche Institutionen versagten. Die Arbeit geht diesem Aspekt des Positionswan- dels innerhalb der Zivilgesellschaft insofern nach, als sie die NGOs in das gesamte zivil- gesellschaftliche Spektrum einbettet und prüft, ob es den politischen NGOs im Demo- kratisierungsprozess gelingen kann, auch Vertreter der entwicklungspolitischen Organi- sationen zu politisieren.201 Ein weiterer Aspekt der „NGO-isierungs-These“ zielt auf die internationalen NGOs, die mehr als Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen fungieren, als in den afrikanischen Ländern zu einer Ausweitung der politischen Partizi- pation beizutragen. Die Demokratisierung kann daher nur durch indigene zivilgesell- schaftliche Organisationen und Aktivitäten nachhaltig gestützt werden. Ob diese von Siegmar Schmidt aufgestellte „NGO-isierungs-These“ auch für die vorliegende Arbeit Bestand hat, wird die Untersuchung auf der Makro- und Mikroebene noch belegen müs- sen.

Durch die Analyse des Systemwechselprozesses wird die Autorin prüfen, inwieweit die vier genannten Einflussfaktoren sich auf die Genese der Zivilgesellschaft auswirken und bestehende Forschungserkenntnisse in Bezug auf den afrikanischen Kontinent auch für das Untersuchungsland bestätigt werden können. Das folgende Kapitel wird nun offen- legen, ob aus den aktuellen Forschungsarbeiten zu dem Themenkomplex „Zivilgesell- schaft und Systemwechsel“ bereits typische Verläufe zivilgesellschaftlicher Entwicklun- gen abzulesen sind.

199 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 32. 200 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 32. 201 Interessant ist auch der Aspekt, ob die politischen NGOs äquivalent zu den ent- wicklungspolitischen NGOs auf dem Gebiet der politischen Bildung ebenfalls „quasi-staatliche“ Funktionen wahrnehmen. Vgl. dazu die Analysen im Kapitel 3.2. Die theoretische Einbettung 71

1.3.3 Phasenabhängige Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft

Eine der drei im Eingangszitat des Kapitels 1.3.1 genannten politikwissenschaftlichen Selbstbeschränkungen in Bezug auf die Synthese von Zivilgesellschaft und Systemwech- sel liegt in der Begrenzung der bestehenden Untersuchungen auf einzelne Phasen des Transformationsprozesses. Nur wenige Studien202 überspannen bei der Suche nach typi- schen Aktions- und Mobilisierungsfähigkeiten der Zivilgesellschaft alle drei Phasen des Systemwechsels.

Basierend auf den aktuellen empirischen Erkenntnissen lassen sich allgemeine Entwick- lungsverläufe der Zivilgesellschaft für die meisten der analysierten Transitionsländer der dritten Demokratisierungswelle skizzieren. Der Zyklus zivilgesellschaftlicher Konjunk- turen weist jedoch - wie die folgende Abbildung veranschaulicht - nur für die Transiti- onsphasen des Systemwechsels, die Liberalisierungs- und Demokratisierungsphase, typi- sche Entwicklungen auf, während für die Konsolidierungsphase kein allgemeiner Verlauf abzulesen ist, sondern die möglichen Entwicklungspfade von dem gesamten Prozess der Konsolidierung abhängen.

Abbildung 1-2: Typische Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft in der Transitionsphase des Systemwechsels203

Entwicklungsverlauf Allgemeine Beobachtungen in den Ländern der dritten Demokratisierungswelle

1. Aufschwungphase In fast allen Ländern kommt es zu Beginn der Transition zu einem Aufschwung der Zivilgesell- schaft.204 In der Liberalisierungsphase, die u.a. auf Druck der Zivilgesellschaft eingeleitet wird, steigt in variierenden Ausprägungen der Aktivitäts-, Mobili-

202 Als Beispiele sind hier die empirischen Befunde des Systemwechselbandes oder der revisionistische Beitrag von Lauth und Merkel zu nennen: Vgl. Merkel: 2000 und Lauth/Merkel: 1997. 203 Vgl. Merkel: 2000. 204 In ihrem Standardwerk über die Transitionsländer der dritten Demokratisierungs- welle prägten die Autoren Guillermo O’Donnell und Philippe C. Schmitter den vielzitierten Ausdruck des „Wiederauflebens der Zivilgesellschaft“. Vgl. O’Donnell/Schmitter/Whitehead: 1986. Die theoretische Einbettung 72

sierungs- und Organisationsgrad zivilgesellschaftli- cher Akteure.

2. Boomphase Zu Beginn der Demokratisierung erreicht die Ent- wicklung der Zivilgesellschaft ihren Höhepunkt, der auch als Boomphase bezeichnet wird. Der nachlas- sende Repressionsgrad des autoritären Systems, die anstehenden Wahlen und die Diskussion um die demokratisch-institutionelle Zukunft wirken sich günstig auf die politische Partizipation der Bevölke- rung aus. Die Stärke der Zivilgesellschaft kann auch auf die Schwäche der neuen Parteien, das Fehlen staatlicher Akteure und das temporäre institutionel- le Vakuum zurückgeführt werden.

3. Abschwungphase Je weiter die Institutionalisierung demokratischer Verfahren voranschreitet und die demokratischen Forderungen der Zivilgesellschaft und der politi- schen Opposition erfüllt sind, desto stärker lassen die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten nach. Häufig mündet dieser Abschwung in den ersten Jahren der jungen Demokratie in eine zivilgesellschaftliche Rezessi- on, für die folgende Gründe angeführt werden:

Durch die Veränderung institutioneller Rahmenbe- dingungen im Zuge der Einführung demokratischer Verfahren (Verfassungsgebungsprozesse, Abhal- tung der Wahlen) reduzieren sich die Handlungs- spielräume der Zivilgesellschaft. Es kommt einer- seits zur Verdrängung, andererseits zur personalen, programmatischen und organisatorischen Koopta- tion der zivilgesellschaftlichen Akteure durch politi- sche Parteien. Zudem ändern sich die Motivations- bedingungen für die Zivilgesellschaft: Anstelle des Kampfes gegen das autoritäre Regime tritt die all- tägliche Auseinandersetzung mit der konkreten Ver- Die theoretische Einbettung 73

Verbesserung demokratischer Politik. Der Weg von einer anti-staatlichen zu einer demokratiefördern- den Zivilgesellschaft205 gestaltet sich umso schwieri- ger, je tiefer die Gräben zwischen der Zivilgesell- schaft und dem autoritären Regime waren. Zudem führt die politische Wirklichkeit junger Demokra- tien häufig zu einer Ernüchterung und einem ver- stärkten Rückzug in die Privatsphäre.

Konnten die Autoren für den Transitionsprozess in der Liberalisierungs- und Demokra- tisierungsphase diese Durchschnittssequenzen aus den empirischen Befunden ermitteln, weisen die Beobachtungen für die Konsolidierungsphase keine realtypischen Verläufe auf. Die Autoren filtern aus dem intraregionalen Vergleich drei unterschiedliche Ent- wicklungsverläufe von Zivilgesellschaften, die wesentlich von der gesamten Konsolidie- rung der jungen Demokratien abhängen.

Mögliche Entwicklungspfade der Zivilgesellschaft in der Konsolidierungsphase: Regression, Stagnation oder Progression

Von einem Regressionsszenario206 sprechen die Autoren, wenn die Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft zusammenschmelzen und der staatliche Druck auf zivilgesellschaft- liche Akteure zunimmt. Die junge Demokratie weist in diesem Fall bereits Strukturen auf, die von einem nicht hinreichenden Aufbau liberaler und rechtsstaatlicher Normen geprägt sind. Zudem ist in den meisten Ländern eine Konzentration der politischen Macht in der Exekutiven, eine „Entformalisierung“207 politischer Institutionen und eine Verletzung rechtstaatlicher Grundsätze zu beobachten. In diesen Staaten besteht oft- mals nur noch eine formaldemokratische Hülle und somit die Gefahr, in eine defekte Demokratie208 oder sogar zurück in die Autokratie abzugleiten.209 Anderseits zeigen die

205 Demokratiefördernd wird hier von den Autoren im Sinne einer reflexiven Zivilge- sellschaft verstanden. Vgl. Merkel/Lauth: 1998. 206 Vgl. Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 35. 207 A.a.O. 208 Zu dem Begriff der defekten Demokratie vgl.: Merkel, Wolfgang (Hrsg.): Defekte Demokratien, Band 1: Theorien und Probleme, Leverkusen 2001. Die theoretische Einbettung 74

Erfahrungen in osteuropäischen Ländern wie der Slowakei und partiell auch Kroatien, dass die Zivilgesellschaft einer regredierenden Entwicklung erfolgreich entgegen wirken kann, sofern es ihr gelingt, ihr anti-autoritäres Potential zu bewahren bzw. erneut zu mobilisieren.

„In diesen Ländern wirkte die aufrechterhaltene zivilgesell- schaftliche Vitalität bislang als Puffer der Demokratie gegen die weitere Machtusurpierung semi-autoritärer Eliten und den fort- schreitenden Verfall demokratischer Standards.“210

Ein weiterer Entwicklungspfad ist die Stagnation des zivilgesellschaftlichen Engagements in jungen Demokratien, die erfolgreich den Pfad der Konsolidierung beschreiten oder auf dem erreichten demokratischen Niveau verbleiben. Die zivilgesellschaftliche Vitalität verharrt dabei auf dem gleichen Stand, ohne dass signifikante Abstiegsveränderungen zu verzeichnen sind.211 Oftmals füllen in der Konsolidierungsphase die Parteien trotz ihrer unzureichenden sozialen Verankerung erfolgreich die zivilgesellschaftlichen Räume, so dass sich innerhalb der Zivilgesellschaft eine Entpolitisierung und Demobilisierung ab- zeichnet. Als Beispiele werden neben einigen osteuropäischen Demokratien - wie Tschechien, Ungarn, Slowenien, die baltischen Staaten - eine Reihe Staaten Lateinameri- kas angeführt.212

Mit dem Progressionsszenario bezeichnen die Autoren eine Entwicklung, in der es den zi- vilgesellschaftlichen Akteuren gelingen kann, einen positiven Einfluss auf die Konsoli- dierung und die Qualität der Demokratie zu nehmen, wie es beispielsweise in einigen Ländern Südamerikas213 oder in Taiwan214 der Fall war. An die Stelle der sozialen Bewe- gungen sowie der spontan im Transitionsprozess entstandenen Akteure treten in der Phase der demokratischen Konsolidierung neue Organisationen, wie beispielsweise NGOs im Menschen- und Bürgerrechtsbereich, die erfolgreich zwischen sozialen und politischen Interessen vermitteln und eine demokratische Öffentlichkeit herstellen.

209 Als Bespiele für die Regression zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in einem politi- schen System mit „formaldemokratischer Hülle“ werden Peru und Weißrussland genannt. Vgl. Merkel: 2000. 210 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 35. 211 Im Vergleich zu den zivilgesellschaftlichen Akteuren der zweiten Demokratisie- rungswellen ist ein eher niedriger Organisationsgrad zu beobachten. Vgl. Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 36. 212 Vgl. Birle: 2000. 213 Vgl. Birle: 2000. Die theoretische Einbettung 75

Aus den im Kapitel 1.3.3 vorgestellten empirischen Befunden lässt sich die These ablei- ten, dass die Zivilgesellschaften im Verlaufe eines Systemwechsels in Bezug auf die be- schriebenen Funktionen, Mobilisierungs- und Aktionsfähigkeiten erheblichen Verände- rungen unterliegen. Bei der Analyse der von den Phasen des Systemwechsels abhängigen Entwicklungsverläufen der Zivilgesellschaft wird die Autorin die eigenen empirischen Befunde in den Kontext der bestehenden Ergebnisse einbetten, wobei an dieser Stelle erneut auf das bereits im Kapitel 1.1.1.3.3 angeführte Problem der Übertragbarkeit des Phasenmodells auf den afrikanischen Kontext zu verweisen ist.

1.3.4 Fazit: Zur Ambivalenz der Zivilgesellschaft im Systemwechsel

Das Ziel des Herzstücks der theoretischen Einbettung bestand aus der Konzeptualisie- rung der spezifischen Bedeutung der Zivilgesellschaft für den demokratischen Transiti- ons- und Konsolidierungsprozess. Die Synthese aus der Systemwechselforschung und dem Konzept der Zivilgesellschaft brachte - aufbauend auf den aktuellen empirischen Befunden aus einigen Regionen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Europas - auch die ambivalente Seite der Zivilgesellschaft für die demokratische Konsolidierung an die O- berfläche. Die Abbildung 1-1 über die Idealmodelle demokratischer Funktionen im Lichte empirischer Befunde verwies bereits auf die Schattenseiten der Zivilgesellschaft und die Voraussetzungen, die einer demokratiefördernden Zivilgesellschaft zugrunde liegen müssen.

Innerhalb der möglichen demokratischen Funktionen traten die dunklen Seiten am deutlichsten durch die mangelnde Integrationsfähigkeit hervor, die daher auch als „Achilles- ferse der Zivilgesellschaft im Demokratisierungsprozeß“215 identifiziert wurde. Vor allem für den afrikanischen Kontext wird die These vertreten216, dass maßgebliche Teile der Zivilgesellschaft entlang bestehender gesellschaftlicher Konfliktlinien strukturiert sind und demnach die Grenzen zivilgesellschaftlicher Organisationen, die Unterschiede zwi- schen Ethnien, Konfessionen und in geringem Maße auch Klassen markieren.217 In An-

214 Vgl. Croissant: 2000. 215 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 39. 216 Auch Ex-Jugoslawien und Teile des Baltikums werden als Beispiele genannt. Vgl. Rüb: 2000. 217 Die Autoren merken kritisch an: „Selbst Institutionen und Organisationen, die aufgrund ihrer Größe einige cleavages übergreifen, wie Kirchen oder Gewerk- schaften, spiegeln oftmals noch in ihrer internen Struktur sowie in den in ihnen Die theoretische Einbettung 76 betracht der potentiellen Demokratisierungsfunktionen der zivilgesellschaftlichen Ak- teure erweisen sich in den Ländern der dritten Welle neben einer ethnisch-religiösen Segmentierung der Zivilgesellschaft weitere Faktoren als problematisch, wie eine be- grenzte und partikulare Legitimationsgrundlage, eine mangelnde Anbindung der zivilge- sellschaftlichen Gruppen an politische Parteien und eine „anti-staatliche“ Ausrichtung und die Verweigerung jeglicher Kooperation mit staatlichen Institutionen, wie sie oft- mals für den afrikanischen Kontext angeführt werden.218

Die Autoren des funktionalistischen Konzepts vertreten daher die These, dass nicht von einem Durchschnittstyp der Zivilgesellschaft ausgegangen werden kann, sondern die un- terschiedlichen Ausprägungen der zivilgesellschaftlichen Akteure für den Erfolg und den Verlauf der demokratischen Konsolidierung von entscheidender Bedeutung sind. Aus dem intraregionalen Vergleich wurden daher fünf Unterscheidungskriterien heraus- kristallisiert, die jeweils Grenzpunkte des Spektrums einer demokratiefördernden bis zu einer demokratiehindernden Zivilgesellschaft markieren. Die Unterschiede in der Aus- prägung der Zivilgesellschaft werden nun kurz in der folgenden Tabelle zusammenge- fasst, wobei die demokratiefördernden und demokratiehindernden Seiten nicht als starre Pole sondern als Eckpunkte eines möglichen Spektrums zu betrachten sind. Die Kriterien werden, wie die Hypothesenbildung im Kapitel 1.4.1 noch zeigen wird, in die empirische Forschung der Autorin als Analysekategorien miteinfließen.

herrschenden Dominanzen und Zerrissenheiten die gesellschaftlichen Konflikt- Die theoretische Einbettung 77

Abbildung 1-3: Kriterien für die Erfassung der „ambivalenten“ Zivilgesellschaft

Unterscheidungskrite- Demokratiefördernde Demokratiehindern- rien Ausprägung de Ausprägung

Grad der gesellschaftlichen Akteure weisen cleavage- Akteure sind entlang der Segmentierung der Zivil- überlappende Organisa- gesellschaftlichen Kon- gesellschaft tionsformen auf fliktlinien strukturiert

Grad der Machthierar- Verhältnis zeigt solidari- Verhältnis ist geprägt von chien innerhalb der Zivil- sche und egalitäre Interak- Machthierarchien und gesellschaft tionsmuster Dominanzbeziehungen

Grad der „Zivilität“ der Akteure sind am Gemein- Akteure zeigen eine starke zivilgesellschaftlichen Ak- wohl der gesamten Gesell- partikulare Interessenori- teure schaft orientiert und weisen entierung und weisen eine zivile Tugenden auf geringe Verankerung zivi- ler Tugenden auf

Grad der binnendemokra- Akteure haben eine demo- Akteure sind von hierar- tischen Verankerung der kratische Organisations- chischen und/oder patri- Zivilgesellschaft form monialen Klientelbezie- hungen geprägt

Grad der gesellschaftlichen Akteure weisen ein hohes Akteure weisen ein gerin- Repräsentativität der Zivil- Maß an gesellschaftlicher ges Maß an gesellschaftli- gesellschaft Repräsentativität auf cher Repräsentativität auf

Aus der gesamten theoretischen Einbettung der Arbeit wurde die Forschungslücke deutlich, in die die vorliegende Untersuchung theoretisch und auch empirisch hinein- stoßen wird. In Anlehnung an das aus der Synthese von Zivilgesellschaft und System- wechsel erarbeitete theoretische Konzept wird die Autorin die Arbeit in zwei große E- benen unterteilen: Auf der Makroebene soll die Zivilgesellschaft als „Objekt“ des System- wechselprozesses, technisch gesprochen als „abhängige“ Variable der Systemtransformati- on, untersucht werden, während auf der Mikroebene die Zivilgesellschaft als „Subjekt“ des Systemwechselprozesses, technisch gesprochen als „unabhängige“ Variable der System- transformation, in das Blickfeld rückt. Die „Anatomie eines Systemwechsels“ auf der Makro- und Mikroebene wird sich im transitionstheoretischen Sinne auf alle Phasen des Sys- temwechsels erstrecken, wobei die in Kapitel 1.1.1 bereits erwähnte Schwierigkeit bei der Anwendung des Phasenmodells auf den afrikanischen Kontext bedacht werden

linien wieder.“ Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 39. 218 Vgl. Schmidt: 2000. Die theoretische Einbettung 78 muss. Der skizzierte demokratietheoretische Rahmen wird die Meßlatte sein, an der auf der Makroebene auch der Frage nachgegangen wird, ob - im Sinne der aufgeführten proze- duralen und institutionellen Minima - überhaupt ein Demokratisierungsprozess in dem Untersuchungsland stattgefunden hat, wobei der gesteckte Untersuchungszeitraum von zehn Jahren (1991-2001) als geeignet erscheint, auch Aussagen über einen etwaigen „demokratischen Konsolidierungsprozess“ zu machen.

Durch die vorliegende theoretische Einbettung und einer abschließenden Rückkopplung der eigenen Befunde im Lichte dieser Verortung ist die Arbeit bemüht, das aus der Syn- these von Zivilgesellschaft und Systemwechsel erarbeitete „funktionalistische“ Konzept in den zambischen Kontext „reisen“ zu lassen, um somit die Vergleichbarkeit der Befunde zu anderen bereits untersuchten Ländern der dritten Demokratisierungswelle in den Re- gionen Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Europas zu leisten. Darüber hinaus können durch die detaillierte Studie gegebenenfalls auch Anregungen für die Erweiterung des Konzepts auf der theoretischen Ebene erwartet werden. Um die Themen- und Frage- stellung der vorliegenden Arbeit zu operationalisieren, wird aus der theoretischen Ein- bettung im Kapitel 1.4 das Forschungsdesign generiert. Nach der Hypothesenbildung in Kapitel 1.4.1 wird der Stand der Transitionsforschung und der Forschungsstand zur Zi- vilgesellschaft in Zambia in Kapitel 1.4.2 aufgearbeitet.

1.4 Der Ansatz der Arbeit

1.4.1 Das Forschungsdesign

Aus dem erkenntnisleitenden Interesse, der Rolle der NGOs als Teil der Zivilgesell- schaft im demokratischen Transitions- und Konsolidierungsprozess aufzuspüren, lassen sich in Anlehnung an die bereits vorgestellten theoretischen und empirischen Befunde die nun vorgestellten Hypothesen ableiten. Parallel zu dem Aufbau der Arbeit werden die Hypothesen zunächst für die Makro- und Mikroebene getrennt konzeptualisiert, a- ber in einer abschließenden Rückkopplung der Ergebnisse an die theoretische Veror- tung, die im Kapitel 4 erfolgen wird, in ihrer gegenseitigen Verknüpfung betrachtet. Die theoretische Einbettung 79

Die zu prüfenden Hypothesen auf der Makroebene, auf der die Zivilgesellschaft als „Ob- jekt“ des Systemwechsels betrachtet wird:

Hypothese 1 Makroebene

Auf den zu untersuchenden Systemwechsel wirken sowohl systemische, strukturelle als auch akteurs- und handlungstheoretische Faktoren, die wiederum einen Einfluss auf die Entwicklung und Entfaltung der Zivilgesellschaft haben. (In Anlehnung an die Koexis- tenz der transitionstheoretischen Paradigmen System-Struktur-Akteur219)

Hypothese 2 Makroebene

In Abhängigkeit von den drei Phasen des Systemwechsels werden für die Transiti- onsphase typische Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft - die Aufschwung-, Boom- und Abschwungphase - ablesbar sein, wohingegen für die Konsolidierungsphase die drei Szenarien - Regression, Stagnation oder Progression - möglich sein werden. (Anlehnung an die vergleichenden Befunde aus den Ländern der dritten Demokratisierungswelle220)

Die zu prüfenden Hypothesen auf der Mikroebene, auf der die Zivilgesellschaft als „Sub- jekt“ des Systemwechsels betrachtet wird:

Hypothese 1 Mikroebene

Die NGOs entwickeln sich aufgrund ihrer verbundenen Mikro- und Makrostrategie221 zu den idealen Protagonisten der Zivilgesellschaft, um den Demokratisierungsprozess zu fundieren, und lösen durch die dominante Stellung auch einen Positionswandel in- nerhalb der gesamten zivilgesellschaftlichen Akteurslandschaft aus. (Prüfung der für den afrikanischen Kontext vielzitierten „NGO-isierngs-These“222)

Hypothese 2 Mikroebene

Die NGOs erfüllen als „Subjekte“ des Systemwechsels mindestens eine, im Idealfall bis zu fünf, der aus der politischen Ideengeschichte abgeleiteten demokratischen Funktio-

219 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 1.1.1. 220 Vgl. das Kapitel 1.3.3. 221 Vgl. das Kapitel 1.2.2. 222 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 32. Die theoretische Einbettung 80 nen: die Schutz-, Vermittlungs-, Sozialisierungs-, Integrations- und Kommunikations- funktion. (Anlehnung an das funktionalistische Konzept der Zivilgesellschaft223)

Hypothese 3 Mikroebene

Die NGOs können „als Teil der Zivilgesellschaft“ auch einem demokratischen Transiti- ons- und Konsolidierungsprozess entgegenwirken: Ob die NGOs eher demokratieför- dernd oder demokratiehindernd auf den Systemwechsel einwirken, wird von der unter- schiedlichen Ausprägung der Akteure abhängen, die im Wesentlichen durch fünf Unter- scheidungskriterien erfasst werden kann: Durch den Grad der Anlehnung an bestehende gesellschaftliche Segmentierungen, den Grad der Machthierarchien innerhalb der Zivil- gesellschaft, den Grad der „Zivilität“ der Akteure, den Grad der binnendemokratischen Verankerung und der gesellschaftlichen Repräsentativität der zivilgesellschaftlichen Ak- teure. (Anlehnung an das Konzept der „ambivalenten“ Zivilgesellschaft224)

Die aus der Theorie abgeleiteten Hypothesen werden in der Rückkopplung der Befunde an die theoretische Verortung in der Schlussbetrachtung in Kapitel 4 für das Untersu- chungsland geprüft.

Das methodische Vorgehen

Zur Bearbeitung der Hypothesen wurde neben der Aufarbeitung des internationalen Forschungsstandes, der im folgenden Kapitel 1.4.2 dokumentiert wird, auch ein Frage- bogen für den Einsatz der qualitativen Befragung der NGOs in Zambia entwickelt, der die Hypothesen durch circa 70 überwiegend offene Fragen operationalisierbar machte.225 Um die durch die Befragung der NGOs gewonnenen Erkenntnisse zu prüfen, entwarf die Autorin ebenfalls einen Leitfaden für die bilateralen Geber und Experten der NGO- Landschaft, die überwiegend aus dem universitären Bereich stammten. Während der empirischen Studie vom Oktober 1999 bis März 2000 war es der Autorin möglich in Lusaka über 50 qualitative Interviews mit Mitarbeitern und Mitgliedern der NGOs, Rep- räsentanten der bilateralen Geberorganisationen und Experten aus der Wissenschaft und Politik zu führen. Während der „Feldforschung“ erwies sich die zuvor erarbeitete detail-

223 Vgl. das Kapitel 1.3.1.1. 224 Vgl. das Kapitel 1.3.4. Die theoretische Einbettung 81 lierte Analyse des zambischen Systemwechsels auf der Markoebene als außerordentlich hilfreich, da die politisch aktiven NGOs die genaue Kenntnis der innenpolitischen Ent- wicklung in Zambia voraussetzten. Die Anatomie auf der Makroebene in Kapitel 2 wird daher bemüht sein, die politische „Bühne“, auf der die NGOs agieren, Schritt für Schritt aufzubauen, um die Analysen auf der Mikroebene verorten zu können. Aus dieser Struk- tur werden sich zahlreiche Verknüpfungen der beiden Ebenen ergeben, auf die im Ver- laufe des Textes immer wieder verwiesen wird. Während die Arbeit mit der empirischen Forschung über die NGOs in ein noch unbearbeitetes Terrain der Politikwissenschaft stößt, wird das folgende Kapitel aufzeigen, wie lebendig und vielfältig sich der Stand der Forschung über den zambischen Transitionsprozess darbot.

1.4.2 Der Forschungsstand

Die Analyse des Systemwechsels auf der Makroebene von 1991 bis 2001 schöpft aus ei- nem reichen Schatz politikwissenschaftlicher Dissertationen, Monographien und Fach- artikel aus dem deutschen, amerikanischen, skandinavischen, britischen und afrikani- schen Raum. Die Fülle des vorliegenden Materials ergibt sich aus der weltweiten Auf- merksamkeit, die der friedliche Systemwechsel zu Beginn der 1990er Jahre auf sich zog. Vor dem Hintergrund, dass Zambia ab 1991 nach der Einführung des Mehrparteiensys- tems innerhalb der bilateralen Gebergemeinschaft für Großbritannien, Japan, Deutsch- land, Schweden und die USA zu einem der wichtigsten Partner auf dem afrikanischen Kontinent avancierte226, war es verständlich, dass dieser Schwerpunktsetzung auch ein sozialwissenschaftliches Forschungsinteresse folgte. Demnach kann die Autorin bei der Analyse des Systemwechselprozesses neben den Arbeiten aus der Region des Südlichen Afrika auch auf eine Vielzahl fundierter Studien aus dem deutschen, amerikanischen, skandinavischen und britischen Raum zurückgreifen.

Als Grundlagenwerk aus dem deutschen Raum dient die Studie des langjährigen Zambi- aexperten Peter Meyns über den demokratischen Transitionsprozess bis Mitte der

225 Die drei Fragebögen für die NGOs, die Geberorganisationen und die Experten sind im Anhang der Arbeit einzusehen. 226 Nach 1992 brachten allein diese fünf von - zu diesem Zeitpunkt - insgesamt 21 DAC-Länder der OECD die Hälfte der insgesamt 681 Millionen US-Dollar an bilateraler Hilfe auf. Siehe Fußnote: 436. Die theoretische Einbettung 82

1990er Jahre.227 Die zahlreichen Arbeiten von Peter Meyns228 bilden auch über den deut- schen Raum hinaus die politikwissenschaftliche Grundlagenforschung zu Zambia. Ne- ben seinen Arbeiten fließen selbstverständlich auch die am Institut für Afrikakunde in Hamburg von Goswin Baumhögger und Gero Erdmann erstellten Beiträge des Afrika Jahrbuches von 1992 bis 2001 in die vorliegende Arbeit ein.229 Für die Einordnung der im Themenkomplex „Gender und Demokratisierung“ operierenden lokalen NGOs und Netzwerke waren die anthropologischen Studien von Gisela Geisler als Hintergrundin- formation von großem Nutzen.230

Der amerikanische Politikwissenschaftler Michael Bratton setzt ebenfalls Maßstäbe für die internationale Forschung durch seine zuweilen auch empirisch fundierten Analysen zur politischen Partizipation im zambischen Demokratisierungsprozess. Seine Studien schöpfen aus einer über 20-jährigen Forschungstätigkeit zu Zambia und beinhalten so- wohl vergleichende Komponenten zu anderen Regionen Afrikas, wie die Untersuchung über die zweiten Wahlen von 1996 in Zambia231, die es ermöglicht, die zambischen Wah- len in die Gesamtentwicklung der zweiten Wahlen in den Ländern der dritten Demokra- tisierungswelle einzubetten, als auch empirische Studien über einige in der vorliegenden Arbeit untersuchte lokale NGOs232. Da eine aus Vertretern des „Carter Center“ und der

227 Vgl. Meyns, Peter: Zambia in der 3. Republik. Demokratische Transition und po- litische Kontinuität – Analyse und Dokumentation, Hamburg 1995. 228 Vgl. Meyns, Peter: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Opladen 2000. / Meyns, Peter (Hrsg.): Staat und Gesellschaft in Afrika: Erosions- und Re- formprozesse. Jahrestagung der VAD vom 28.-30. April 1995 in Duisburg, Hamburg 1996./ Meyns, Peter: Der Sieger nimmt sich alles. Sambias Aufbruch in die Demokratie endet im neuerlichen Kleinkrieg der Elite, in: Der Überblick 3 (1996), Quartalsschrift der Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungs- dienst, S. 53-57./ Meyns, Peter: Zambia, in: Nohlen, Dieter/ Nuscheler, Franz (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt, Band 5: Ostafrika und Südafrika, Bonn 1993, S. 477-495./ Meyns, Peter/ Nabudere, Dani Wadada (Hrsg.): Democracy and the One-Party State, Hamburg 1989. Dies ist nur ein Ausschnitt seiner Ar- beiten zu Zambia. Für einen umfassenden Überblick siehe die Bibliographie in: Meyns, Peter: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Opladen 2000. 229 Vgl. Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1992. Politik, Wirtschaft und Ge- sellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1993. Die 1993 bis 2002 he- rausgegebenen Jahrbücher sind in dieser Arbeit berücksichtigt: Siehe das Litera- turverzeichnis. 230 Geisler, Gisela: Who is losing out? Structural adjustment, gender and the agricul- tural sector in Zambia, in: Journal of Modern African Studies 1 (1992), London, S. 113-139./ Geisler, Gisela: Sisters under the skin; women and the women‘s league in Zambia, in: Journal of Modern African Studies 1 (1987), London, S. 43-67. 231 Bratton, Michael/ Posner, Daniel N.: A First Look at Second Elections in Africa, with Illustrations from Zambia, in: Joseph, Richard (Hrsg.): State, Conflict, and Democracy in Africa, Boulder/London 1999, S. 377-409. 232 Bratton, Michael: Political participation in a new democracy: institutional consid- erations from Zambia, in: Comparative Political Studies, 5 (1999), S. 549-588./ Die theoretische Einbettung 83 politischen Stiftung der Demokraten zusammengesetzte Wahlbeobachtergruppe im Be- reich der Förderung der lokalen Wahlbeobachtergruppen seit 1990 eine exponierte Stel- lung in Zambia bei der Herausbildung der politischen NGO-Landschaft innehatte, auf die das Kapitel 2.3.1.1 noch eingehen wird, zeigen die amerikanischen Wissenschaftler auch ein starkes Interesse, den politischen Einfluss ihrer geförderten NGOs auf den Demokratisierungsprozess zu untersuchen. Auch die bilaterale Entwicklungszusammen- arbeit der skandinavischen Länder, wie Schweden, Norwegen und Dänemark, die das entwicklungspolitische Engagement zumeist auf eine kleine Anzahl von Ländern be- grenzen, richtete ihren Fokus nach 1991 auf Zambia, so dass auch politikwissenschaftli- che Dissertationen, Monographien und Artikel aus den Ländern dieser Region vorlie- gen. Als besonders fruchtbar erwiesen sich die Studien der norwegischen Politikwissen- schaftlerin Lise Rakner, die seit über einem Jahrzehnt zu Zambia forscht. Die von Lise Rakner am Christian Michelsen Institut in Bergen veröffentlichten Arbeiten verfolgen vor allem die verbundene Analyse des seit 1990 implementierten politischen und öko- nomischen Liberalisierungsprogramms.233 Dabei mündet das Schlusswort ihrer 1998 veröffentlichten Dissertation genau in die Thematik der vorliegenden Arbeit, denn Lise Rakner verweist als einen Faktor für den Verlust der politischen Schlagkraft der Ge-

Bratton, Michael/ Van de Walle, Nicolas: Democratic Experiments in Africa. Regime transitions in comparative perspective, Cambridge 1997./ Bratton, Mi- chael: Civil society and political transitions in Africa, in: Harbeson, John/ Rothchild, Donald/ Chazan, Naomi (Hrsg.): Civil society and the state in Af- rica, Boulder CO 1994, S. 51-82./ Bratton, Michael/ Liatto-Katundu, Beatrice: A focus group assessment of political attitudes in Zambia, in: African Affairs 373 (1994), Oxford, S. 535-565./ Bratton, Michael: Economic crisis and politi- cal realignment in Zambia, in: Widner, Jennifer A. (Hrsg.): Economic change and political liberalization in Sub-Saharan Africa, Baltimore 1994, S. 101-128./ Bratton, Michael: Zambia Starts Over, in: Journal of Democracy 2 (1992), Bal- timore/Md., S. 81-94./ Bjornlund, Eric/ Bratton, Michael/ Gibson, Clark: Ob- serving Multiparty Elections in Africa: Lessons from Zambia, in: African Af- fairs 364 (1992), Oxford, S. 405-431./ Bratton, Michael: Beyond the state: Civil society and associational life in Africa, in: World Politics 41 (1989), S. 407-430. 233 Vgl. Rakner, Lise: Trade Unions in Processes of Democratisation. A Study of Party Labour Relations in Zambia, Bergen 1992./ Rakner, Lise: Political Transi- tion and Economic Reform. The Role of Labour in Zambian National Politics, in: Forum For Development Studies 2 (1993), Oslo, S. 131-147./ Rakner, Lise: Do Interest Groups Matter in Economic Policy-Making? Reflections from a Zambian case study, Working Paper Chr. Michelsen Institute, Bergen 1994./ Rakner, L./ van de Walle, N. /Mulaisho, D.: Aid and Reform in Zambia: Coun- try Case Study. World Bank programme on Aid and Reform in Africa, Washing- ton 1999. Die theoretische Einbettung 84 werkschaftsbewegung in der Dritten Republik auf das Auftreten neuer NGOs, die je- doch selbst am Ende der 1990er Jahre noch wenig erforscht seien.234

Das Zusammenspiel von ökonomischer, politischer und zivilgesellschaftlicher Öffnung nach 1991 greifen ebenso einige aktuelle Arbeiten aus Schweden auf, wie die im Jahre 2000 an der Universität Göteborg entstandene Studie „The Political Economy of Policy Failure in Zambia“235 oder eine an dem „Department of Rural Development Stu- dies/Uppsala“ entstandene Dissertation, die auf den ländlichen Raum fokussiert.236 Da der ökonomische Liberalisierungsprozess mit den Entwicklungen im politischen Bereich in engem Zusammenhang steht, bilden diese Arbeiten eine gute Quelle zum Verständnis des ab 1992 implementierten ökonomischen Reformprogramms, das in den Grundzü- gen im Kapitel 2.3.2.2 vorgestellt wird.237

Zum wichtigsten bilateralen Geberland Zambias wurde nach dem Transitionsprozess Großbritannien238, die einstige Kolonialmacht hegt daher besonderes Interesse für den Demokratisierungsprozess, das sich auch in der politikwissenschaftlichen Forschungs- landschaft niederschlägt. Seit Beginn der 1980er Jahre beschäftigen sich die britischen Wissenschaftler Carolyn Baylies und Morris Szeftel mit dem politischen System Zambi- as239, so dass sie in ihren Analysen zur politischen Entwicklung ab 1991 auf ein reiches Hintergrundwissen zurückgreifen können.240 Carolyn Baylies ist ebenfalls Mitherausge-

234 Vgl. Rakner, Lise: Reform as a matter of political survival: Political and economic liberalisation in Zambia 1991-1996, Bergen: Chr. Michelsen Institute, Dr. Polit. Dissertation 1998. 235 Bigsten, Arne/ Kayizza-Mugerwa, Steve: The Political Economy of Policy Failure in Zambia. Working Papers in Economics no 23: Department of Economics, Göteborg University, May 2000, S. 6. Künftig zitiert als: Bigsten: 2000. 236 Vgl. Larsson Lidén, Lisbeth: Democracy Grassroots Movements and Rural Devel- opment. Case studies from Zimbabwe, Zambia and Kerala, Uppsala 2000. Künf- tig zitiert als: Larsson: 2000. 237 Zum Verständnis des ländlichen Zambias trägt die Monographie des finnischen Zambiaexperten Jeremy Gould bei. Seine Studie basiert auf Untersuchungen in der Provinz im Nordwesten Zambias und bindet politische Verände- rungen seit 1991 ein. Vgl. Gould, Jeremy: Localizing modernity; action, inter- ests and association in rural Zambia, Helsinki 1997. 238 Vgl. Kapitel: 2.3.1. 239 Zu ihren frühen Arbeiten zählen: Baylies, Carolyn L./ Szeftel, Morris: The rise of the Zambian capitalist class in the 1970s, in: Journal of Southern African Stud- ies 2 (1981), London, S. 135-165./ Szeftel, Morris: Corruption and the spoils system in Zambia, in: Clarke, Michael (Hrsg.): Corruption, consequences and control, New York 1983, S. 163-190. 240 Dieser Arbeit greift auf folgende Studien von Baylies und Szeftel zurück: Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: Democratization and the 1991 , in: Daneel, John/ Southall, Roger/ Szeftel, Morris (Hrsg.): Voting for democracy: watershed elections in contemporary Anglophone Africa, Aldershot 1999, S. 83- 110./ Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The 1996 Zambian Elections: Still Awaiting Democratic Consolidation, in: Review of African Political Economy 71 Die theoretische Einbettung 85 berin und Autorin der aktuellen Studie „Aids, sexuality and gender in Africa: collective strategies and struggles in Tanzania and Zambia”, die neben einer allgemeinen Einfüh- rung in das Thema auch einen hervorragenden Überblick über das Engagement der in diesem Bereich aktiven NGOs in Zambia gibt.241 Erweitert wird das britische Spektrum durch die Arbeiten von Peter Burnell, der zum Beispiel in seiner Studie über die Lokal- wahlen von 1998 auch einige Aktivitäten der untersuchten NGOs berücksichtigt.242

Die Analyse des Systemwechsels wird auch die relevanten Studien zambischer Wissen- schafter - wie Neo Simutanyi243, Darlington A. Banda244 oder Owen Sichone245 - sowie die Monographien zambischer Politiker - wie John Mwanakatwe246 oder Frederick Chi- luba - berücksichtigen.247 Darüber hinaus werden für die Analyse der Verfassungsdebatte und die darauffolgende Reaktion der multi- und bilateralen Gebergemeinschaft auch Studien des zambischen Wissenschaftlers Chisepo Mphaisha248, University of the Wes-

(1997), Sheffield, S. 113-128./ Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The Fall and Rise of Multi-Party Politics in Zambia, in: Review of African Political Econ- omy, 54 (1992), Sheffield, S. 75-91. 241 Baylies, Carolyn/ Bujra, Janet (Hrsg.): Aids, sexuality and gender in Africa: col- lective strategies and struggles in Tanzania and Zambia, London 2000. 242 Die Arbeit stützt sich auf folgende Studien von Burnell: Burnell, Peter: The Sig- nificance of the December 1998 Local Elections in Zambia and their Aftermath, in: Commonwealth and Comparative Politics 1 (2000), London, S. 2-20./ Burnell, Peter: Whither Zambia? The Zambian Presidential and Parliamentary Elections of November 1996, in: Electoral Studies 3 (1997), Amsterdam (u.a.), S. 407-416./Burnell, Peter: The politics of poverty and the poverty of politics in Zambia‘s Third Republic, in: Third World Quarterly 4 (1995), Lon- don/Oxford, S. 678-691./Burnell, Peter: Zambia at the Crossroads, in: World Affairs 1 (1994), Washington D.C., S. 19-28. 243 Der Politikwissenschaftler Neo Simutanyi wurde auch in Hinblick auf die Mikro- ebene im Oktober 1999 in Lusaka interviewt. Vgl. Simutanyi, Neo: The politics of structural adjustment in Zambia, in: Third World Quarterly 4 (1996), Lon- don/Oxford, S. 825-839./Simutanyi, Neo: Organised labour, economic crisis and structural adjustment in Africa: The case of Zambia, in: Sichone, Owen/ Chikulo, Bornwell C. (Hrsg.): Democracy in Zambia. Challenges for the Third Republic, Harare 1996, S. 140-162. 244 Der inzwischen verstorbene Wissenschaftler Banda wurde im November 1999 in Lusaka interviewt und war zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiter der Friedrich-Ebert- Stiftung in Lusaka. Vgl. Banda, Darlington A.: The trade union situation in Zambia. An overview of the law, practice and the way forward, Lusaka: Frie- drich Ebert Stiftung 1997. 245 Vgl. Sichone, Owen/ Chikulo, Bornwell C. (Hrsg.): Democracy in Zambia. Chal- lenges for the Third Republic, Harare 1996. 246 Mwanakatwe, ehemaliges Kabinettmitglied der UNIP (United National Indepen- dence Party) Regierung, war ab 1994 Vorsitzender der Verfassungskommission, die im Kapitel 2.3.2.3 ausführlich behandelt wird. Vgl. Mwanakatwe, John M.: End of Kaunda Era, Lusaka 1994. 247 Das Buch des Präsidenten Chilubas ist eine Kurzversion seiner M.A. Thesis: Chi- luba, Frederick J.T.: Democracy: The Challenge of Change, Lusaka 1995. 248 Vgl. Mphaisha, Chisepo J.J.: Retreat from Democracy in Post One-Party State Zambia, in: Journal of Commonwealth & Comparative Politics 2 (1996), Lon- don, S. 65-85./ Mphaisha, Chisepo J.J.: Rituals of Constitution-Making in Zam- Die theoretische Einbettung 86 tern Cape/Südafrika, und Bertha Osei-Hwedie, University of Botswana,249 als hilfreiche Quelle herangezogen, da sie zur Einordnung der Verfassungsdebatte entscheidende De- tailinformationen enthalten, die in der internationalen Literatur nicht zu finden waren. Der nigerianische Wissenschaftler Julius Ihonvbere hat sich ebenfalls auf den zambi- schen Demokratisierungsprozess spezialisiert, seine Arbeiten sind jedoch eher deskripti- ver als analytischer Natur.250

Der Stand der internationalen Forschung über die Rolle der zambischen Zivilgesell- schaft und NGOs im Systemwechselprozess belegt, welches Neuland diese Arbeit betritt: Mit Ausnahme einiger Artikel über die Auswirkung der „Civic Education“ Pro- gramme der in dieser Arbeit untersuchten lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs251 existie- ren bis zum Ende der 1990er Jahre lediglich die bereits zitierten Studien der Norwegerin Lise Rakner über die Rolle der Gewerkschaften und ökonomisch orientierten Interes- sengruppen, die aber allesamt auf die Bereicherung der politischen Landschaft durch die NGOs und das Forschungsdefizit in diesem Bereich verweisen, wie das folgende Zitat belegt:

„However, the role of civil society represents a dimension that has received less attention in the literature on regime transi- tions. As a growing number of observers are recognizing, the influence of associational arenas on the processes and outcomes of political transitions represents an important area for consid- eration.“252

bia: The Role of Public Commissions, in: Zango-Journal of Contemporary Is- sues 11 (1997), Lusaka, S. 1-20. 249 Vgl. Osei-Hwedie, Bertha Z.: The Role of Ethnicity in Multi-Party Politics in Ma- lawi and Zambia, in: Journal of Contemporary African Studies 2 (1998), Preto- ria, S. 227-247./ Osei-Hwedie, Bertha Z.: Constitutional Amendments in Zam- bia: A challenge to Democracy?, in: Politikon 2 (1997), Pretoria, S. 40-57. 250 Vgl. Ihonvbere, Julius O.: The crisis of democratic consolidation in Zambia, in: Civilisations 2 (1996), Bruxelles, S. 83-109./ Ihonvbere, Julius O.: Threats to democratization in Sub-Saharan Africa: The case of Zambia, in: Asian and Afri- can Studies 3 (1993), Jerusalem, S. 217-239./ Ihonvbere, Julius O.: Economic crisis, civil society, and democratization: the case of Zambia, Trenton/New Jer- sey 1996. 251 Vgl. Bratton, Michael: Political participation in a new democracy: institutional considerations from Zambia, in: Comparative Political Studies, 5 (1999), S. 549- 588. 252 VonDoepp, Peter: Political Transition and Civil Society: The Cases of Kenya and Zambia, in: Studies in Comparative International Development 1 (1996), New Brunswich: NJ, S. 39. Künftig zitiert als: VonDoepp: 1996. Eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern verweist in den 1990er Jahren auf den Einfluss der Zivilgesellschaft auf den Prozess und das Ergebnis politischer Transitionspro- zesse in afrikanischen Staaten. Siehe: Bratton, Michael: Beyond the state: Civil society and associational life in Africa, in: World Politics 41 (1989), S. 407-430. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 87

2 Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mak- roebene Die Anatomie des Systemwechsels auf der Makroebene verfolgt - gemäß der theoreti- schen Einbettung - die Analyse der Zivilgesellschaft als „Objekt“ des Systemwechsel- prozesses. Darüber hinaus wird durch die detaillierte Untersuchung der politischen Entwicklung gleichsam die „Bühne“ für die zivilgesellschaftlichen Akteure aufgebaut, indem die zum Verständnis der Aktivitäten der NGOs wichtigen Zusammenhänge auf- gezeigt werden. Die Makroebene gliedert sich in vier Hauptkapitel: Zunächst fasst das Kapitel 2.1 die wichtigsten Entwicklungen aus der Ära Kaunda zusammen, um den im Kapitel 2.2 vorgestellten Liberalisierungsprozess zu verorten. Das Herzstück des Makro- teils bildet das Kapitel 2.3, in dem ausführlich der ab 1991 einsetzende Systemwechsel- prozess analysiert wird. In dem Kapitel 2.4 wird in Rückkopplung zu dem demokratie- theoretischen Rahmen der Systemwechsel bewertet, während die gesamte Verortung der Befunde auf der Makroebene im Lichte der Hypothesenbildung zusammen mit der Mik- roebene in der abschließenden Schlussbetrachtung erfolgt.

2.1 Die Ära Kaunda: 27 prägende Jahre

„It will be argued that the political changes taking place in 1991 was a response to the political and economic crisis that had de- veloped in Zambia from the mid-1970s onwards. (...) the failure to address the economic crisis for close to a decade must pri- marily be understood on the background of the political system which developed in Zambia after independence.“253

Künftig zitiert als: Bratton: 1989. Bratton, Michael: Civil society and political transitions in Africa, in: Harbeson, John/ Rothchild, Donald/ Chazan, Naomi (Hrsg.): Civil society and the state in Africa, Boulder, CO 1994, S. 51-82. Kün- ftig zitiert als: Bratton: 1994. Diamond, Larry: The globalization of democracy, in: Slater, Robert/ Schutz, Barry/ Dorr, Steven (Hrsg.): Global transformation and the third world, Boulder, CO 1993, S. 31-69. Künftig zitiert als: Diamond: 1993. Lewis, Peter: Political transition and dilemma of civil society in Africa, in: Journal of International Affairs 46 (1992),New York, S. 31-54. Künftig zit- iert als: Lewis: 1992. Vgl. auch Rakner, Lise: Do Interest Groups Matter in Economic Policy-Making? Reflections from a Zambian case study, Working Pa- per Chr. Michelsen Institute, Bergen 1994, S. 17. 253 Rakner, Lise: Reform as a matter of political survival: Political and economic lib- eralisation in Zambia 1991-1996, Bergen: Chr. Michelsen Institute, Dr. Polit. Dissertation 1998, S. 44. Künftig zitiert als: Rakner: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 88

Der untersuchte Systemwechsel zur Dritten Republik ist nur aus der Geschichte Zambi- as zu verstehen. Die einst wohlhabende Nation durchlebte die Erste und Zweite Repu- blik unter der 27 Jahre andauernden Herrschaft ihres Präsidenten . Da die Ära Kaunda sowohl die politische, ökonomische als auch zivilgesellschaftliche Ent- wicklung prägte, werden nun die wichtigsten Strukturmerkmale dieser drei Bereiche für die Erste und Zweite Republik vorgestellt.

Im Anfangszitat resümiert die norwegische Politikwissenschaftlerin Lise Rakner, dass der Systemwechsel die Antwort auf die Mitte der 1970er Jahre einsetzende ökonomische Krise sei, die dem seit der Unabhängigkeit von 1964 entwickelten „developmentalist model“254 die finanzielle Grundlage entzog. Die folgende Analyse der Ära Kaunda wird auch die mit Zambia verbundenen Schlagwörter wie „Zambischer Humanismus“, die Anlehnung an den Sozialismus, die Kupferökonomie und seine Stellung als Frontstaat in einem krisenreichen Südlichen Afrika streifen. Mit Blick auf den 1991 einsetzenden Sys- temwechsel sollen folgende zentrale Fragen beantwortet werden:

Welche Hauptmerkmale weisen die politischen Systeme der Ära Kaunda auf? Wie hat sich in Zambia eine Zivilgesellschaft entwickelt? Welche Teile der Gesellschaft wirkten als politische Akteure? Wie konnte eines der reichsten Länder des Südlichen Afrika zu einem der ärmsten Staaten auf dem Kontinent werden?

Die Antworten auf diese Fragen werden das Kapitel 2.1.1 über die Erste Republik ab 1964 sowie das Kapitel 2.1.2 über das ab 1973 etablierte Einparteisystem geben, in de- nen jeweils am Anfang die politischen und dann in zwei Unterkapiteln die wichtigsten ökonomischen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungen dokumentiert werden. Eine abschließende Zusammenfassung im Kapitel 2.1.3 rundet die Analyse der politischen Geschichte mit Blick auf den ab 1989 einsetzenden Liberalisierungsprozess ab.

254 Rakner: 1998, S. 47.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 90

Im Jahre 1953 fasste Großbritannien seine Kolonien Nordrhodesien, Südrhodesien und Nyasaland zur „Zentralafrikanischen Föderation“ (ZAF) zusammen. Die Dominanz des Siedlerregimes in Südrhodesien innerhalb der ZAF zeigte sich durch die Bevorzugung bei der Steuerverteilung259 und der Wahl Salisburys, dem heutigen Harare, zur Haupt- stadt der Konföderation. Der in dieser Zeit gegründete „African National Congress“ (ANC) agierte gegen die ZAF:

Auf der nordrhodesischen Seite spaltete sich 1958 vom ANC die radikalere Unabhän- gigkeitsbewegung „Zambia African National Congress“ (ZANC) unter der Führung Kenneth Kaundas ab, der bereits nach einem Jahr 1959 von der Föderationsregierung verboten wurde. Die daraufhin neu entstandenen Parteien schlossen sich 1960 unter der Führung Kaundas zur „United National Independence Party“ (UNIP) zusammen. Während der ANC unter Harry Nkumbula vor allem im südlichen Teil Nordrhodesiens seine po- litischen Anhänger fand, stand die UNIP an der Spitze des gesamt-nordrhodesischen Widerstandes gegen die ZAF.260 Die erkämpfte Auflösung der Konföderation im Jahre 1963 konnte nun den Weg für die Unabhängigkeit Zambias und Malawis ebnen.261

Zambia wird zur Republik: „One Zambia - One Nation“?

Am 24. Oktober 1964 erlangte Zambia die völkerrechtliche Unabhängigkeit. Mit großer Mehrheit gewann die UNIP unter der Führung Kaundas 55 der 65 Parlamentssitze262. Der ANC konnte zwar die restlichen zehn Sitze gewinnen, war dennoch als regionale

259 Durch das interterritoriale Steuersystem entstanden Nordrhodesien Nachteile, da die Haupteinnahmen aus dem Kupfergürtel nach Südrhodesien flossen, wo sie zu einer raschen und starken Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes führten. Vgl. Drescher: 1998, S. 20. 260 Vgl. Meyns, Peter: Konflikt und Entwicklung im Südlichen Afrika, Opladen 2000, S. 171. Künftig zitiert als: Meyns: 2000. 261 Südrhodesien erreichte erst 1980 nach einem erbitterten Befreiungskampf als „Zimbabwe“ die Unabhängigkeit, da die weißen Sieder 1965 durch die „Einsei- tige Unabhängigkeitserklärung“ einen Alleingang versuchten. Vgl. Meyns: 2000, S. 171. 262 Die Unabhängigkeitswahl 1964 wurde noch mit zwei getrennten Wahllisten durch- geführt: Einer allgemeinen und einer für die weißen Siedler reservierten Liste, deren 10 Sitze an die „National Progress Party“ gingen, die als Nachfolgepartei der „United Federal Party“ noch Ursprünge in der ZAF hatte. Mit der Abschaf- fung dieser reservierten Wahlliste, verlor die Partei ihre Existenzgrundlage. Vgl. Meyns, Peter: Zambia in der 3. Republik. Demokratische Transition und politi- sche Kontinuität – Analyse und Dokumentation, Hamburg 1995, S. 4. Künftig zitiert als: Meyns: 1995. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 91

Partei zu bezeichnen, da vor allem die Tonga-Ila-Bevölkerung aus dem Süden des Lan- des für ihn stimmte. Dr. Kenneth David Kaunda leitete von nun an als Präsident der jungen Republik 27 Jahre die Geschicke Zambias.

Das politische System - konstitutionell zwar ein Mehrparteiensystem263 - war faktisch ein von UNIP dominierter Einparteistaat. Rasch kam innerhalb der UNIP auch die Forde- rung nach einer formalen Institutionalisierung eines Einparteisystems auf, mit der sie den Kampf für die nationale Einheit gemäß dem Slogan „One Zambia One Nation“ proklamierte. Dabei führten die Politiker der UNIP, um ihr machtpolitisches Ansinnen nach außen zu legitimieren, das Argument ins Feld, dass Zambia als großflächiger, über 70 ethnische Gruppierungen umfassender Staat264 mit seiner ausgeprägten ökonomi- schen Fragmentierung ein regionales Konfliktpotential barg, das einem „Nation- Building“ entgegen wirken könnte. Kaunda befürwortete jedoch die Etablierung eines Einparteisystems auf friedlichem Wege durch freie Wahlen, in denen sich die UNIP durchsetzen möge. Der Wunsch nach einer „peaceful transition to a one-party system through the ballot-box“265 wurde von ethnisch-regionalen Konflikten um den politi- schen Einfluss überschattet:

Nicht der ANC im Süden des Landes, sondern politische Machtkämpfe innerhalb der UNIP prägten die Innenpolitik der jungen Nation. Die UNIP entwickelte sich zuneh- mend zur „Arena der Konfrontation“266, in der sich die starken Bemba Gruppen267 aus dem Norden und dem Copperbelt mit der Tonga-Ila-Bevölkerung aus dem Süden Zambias verbündeten. Diese Fraktionsbildung führte bei der Vergabe von hohen Par-

263 Burdette beschreibt das politische System als ein Hybridsystem aus Westminster Parlamentarismus und Präsidentialismus mit einer durch die Verfassung veran- kerten starken Machtkonzentration in der Exekutive und einem aus der „Natio- nal Assembly“ selektierten Kabinett, das diesem jedoch nicht verantwortlich war. Vgl. Burdette, Marcia M.: Zambia: Between Two Worlds, Boulder (Colo- rado) 1988, S. 65. Künftig zitiert als: Burdette: 1988. 264 Die Fläche von 752.600 qkm umfasst etwa zweimal die der Bundesrepublik Deutschlands vor der Wiedervereinigung. Vgl. Nohlen, Dieter (Hrsg.): Lexikon Dritte Welt, Hamburg 1998, S. 831. Künftig zitiert als: Nohlen: Lexikon 1998. 265 Ollawa, Patrick E.: Participatory Democracy in Zambia. The Political Economy of National Development, Ilfracombe/Devon 1979, S. 250. Künftig zitiert als: Ol- lawa: 1979. 266 Meyns: 1995, S. 5. 267 Molteno unterstreicht die historische Bedeutung der Bemba, die mit ihren affil- ierten Sprachgruppen zur größten Ethnie gehören und circa 34 Prozent der zambischen Bevölkerung umfassen: „Historically, the Bemba also were the po- litical backbone of UNIP, particulary in the crucial Cha Cha Cha campaign of 1961 which tipped the scales in favour of majority rule.“ Molteno, Robert: Zambia and the one party state, in: East Africa Journal 2 (1972), Nairobi, S.7. Künftig zitiert als: Molteno: 1972.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 95

Die Differenzen innerhalb der Bemba-Fraktion der UNIP-Politiker hielten an und er- reichten 1971 ihren Höhepunkt, als der „Kronprinz Kaundas“275, der Vize-Präsident Si- mon Kapwepwe, aus der Regierung und der Partei austrat, um die Führung der im Au- gust 1971 gegründeten Partei „United Progressive Party“ (UPP) zu übernehmen.276 Da die UPP nicht nur die Bemba, sondern auch andere ethnische Gruppen anzog, die sich im Wettbewerb um die Verteilung der Staatspfründe benachteiligt sahen, stellte sie eine ernsthafte Gefährdung der politischen Herrschaft der UNIP dar.277 Als es zu gewalttäti- gen Auseinandersetzungen zwischen der UNIP und der UPP im Industriegebiet am Kupfergürtel kam, verbot Kaunda zu Beginn des Jahres 1972 die Partei und inhaftierte ihren Vorsitzenden Simon Kapwepwe sowie 122 weitere Parteimitglieder. Aus dieser schweren politischen Krise zog Kaunda noch im gleichen Jahr die Konsequenz und ver- suchte durch die Umwandlung Zambias in ein konstitutionelles Einparteisystem, die Regierungsmacht zu retten. Bereits im Dezember 1972 trat die neue Verfassung in Kraft, die nicht nur bestehende Oppositionsparteien, sondern alle zukünftigen Initiati- ven zu Parteigründungen bannte. Die neue Verfassung legalisierte die Vorherrschaft der Partei über die Regierung, die in den Parteidokumenten und den Medien ihren Aus- druck in der Beschreibung „the Party and its Government“278 fand.279

275 Meyns: 2000, S. 172. 276 Vgl. Pettman: 1974, S. 60. 277 Vgl. Rakner: 1998, S. 57. 278 Kaplan, Irving: Zambia: A Country Study, Washington D.C. 1979, S. 129. Künftig zitiert als: Kaplan: 1979. 279 Kaunda rechtfertigte die Einführung des Einparteisystems auch mit der Gefahr, die von seinen politischen Gegnern ausginge, denen er verräterische Beziehun- gen zu den weißen Regimes im Südlichen Afrika unterstellte. Kaunda stellte sich durch Unterstützung der Befreiungskämpfe – insbesondere gegen das Smith- Regime Südrhodesiens – gegen die weißen Regime. Vgl. Meyns, Peter: The Road to One-Party Rule in Zambia and Zimbabwe: A Comparative View, in: Meyns, Peter/ Nabudere, Dani Wadada (Hrsg.): Democracy and the One-Party State, Hamburg 1989, S. 179-202. Künftig zitiert als: Meyns: 1989. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 96

2.1.1.1 Die wirtschaftliche Entwicklung: Kupferboom und Verstaatlichung

„Zambia became an independent nation with a copper spoon in her mouth.“280

In den Jahren nach 1930 wuchs auf dem Terrain des heutigen Zambias durch das aus- ländische Kapital internationaler Firmen einer der größten Minenkomplexe der Welt, so dass Nordrhodesien nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem der weltweit wichtigsten Kupferproduzenten avancierte.281 Das rapide Anwachsen der Minenindust- rie erforderte den Abzug von Arbeitskräften aus den ländlichen Regionen. Durch die einsetzende Binnenwanderung entstanden urbane Zentren, die Zambia zu einem Staat Subsahara-Afrikas mit einer der höchsten Industrialisierungs- und Urbanisierungsrate machten.282 Mit einem Bruttosozialprodukt von nahezu 2 Milliarden US-Dollar zählte Zambia im Jahre 1964 zu den Staaten in der Region mit einem der höchsten Pro-Kopf- Einkommen.283 Zambia erreichte als wohlhabendes Land die Unabhängigkeit und durchlebte die ersten Jahre bis 1967 als „fette Anfangsjahre“284.

Von 1964 bis 1967 gelang es der Regierung, ohne ein Zurückgreifen auf die Devisenre- serven ihre Investitionen zu vervierfachen. Zambia profitierte in dieser Zeit neben den steigenden Einnahmen aus dem Kupferbergbau aufgrund der höheren Kupferpreise und der starken Nachfrage auf dem Weltmarkt auch von der Verfügungsgewalt über die Steuereinnahmen nach der Auflösung der ZAF.285 Die Regierung pumpte in die Umset- zung ihres ehrgeizigen Entwicklungsplans, der den Zeitraum vom Juli 1966 bis Dezem- ber 1970 umspannte, immense Summen. Nach der Implementierung des Plans sollten folgende Ziele erreicht sein: Die Diversifizierung der Kupfer-basierten Wirtschaft, die Reduzierung der entstandenen Disparitäten zwischen den städtischen und den ländli-

280 Mwanza, Jacob/ Fundanga, Caleb: The Zambian experience, in: Kapoor, Kapil (Hrsg.): Africa‘s Experience with Structural Adjustment (World Bank Discus- sion Paper 288), Washington D.C. 1995, S. 53. 281 Der Anteil afrikanischer Exporte an der Welt-Kupferproduktion sackte bis zum Jahre 1997 auf sechs Prozent ab. Von diesem Kupferanteil stammt circa drei Viertel aus Zambia. Berechnungen nach: Schliephake, Konrad: Naturraum, Kli- ma und natürliche Ressourcen, in: Informationen zur politischen Bildung 264 (1999): Afrika I, Bonn, S. 5. Künftig zitiert als: Schliephake: 1999. 282 Vgl. Schultz: 1983, S. 21. 283 Vgl. Rakner: 1998, S.45. Rakner verweist darauf, dass Zambias Pro-Kopf- Einkommen somit das Doppelte Süd-Koreas betrug. 284 Den Ausdruck prägte Schultz: 1983, S. 115. 285 Vgl. Schultz: 1983, S. 114: Zambia konnte ab 1964 durch die Abschaffung des für Zambia nachteiligen Steuerverteilungssystems der Förderationsregierung eigen- ständig über die Steuereinnahmen verfügen. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 97 chen Gebieten und die Ausweitung der sozialen Dienstleistungen im Bildungs- und Ge- sundheitsbereich. Die Umsetzung dieses Plans brachte zum Teil beachtliche Erfolge:

Bis 1972 verdoppelte sich die Zahl der Primarschüler und die der Sekundarschüler ver- dreifachte sich. In dieser wirtschaftlichen „Boom-Zeit“ wurde auch im Jahre 1966 die „University of Zambia (UNZA)“ gegründet, an der Anfang der 1970er Jahre insgesamt 1750 Studenten eingeschrieben waren. Während die Regierung das Ansteigen der Kup- ferpreise für die Umsetzung des ambitionierten Entwicklungsplans im Gesundheits-, Bildungs- und Infrastrukturbereich nutzte, stagnierten die Anstrengungen bei der Diver- sifizierung der Ökonomie und der Stärkung der ländlichen Regionen.286 Das Exportgut Kupfer wurde mit einem Anteil von 95 Prozent am Exportaufkommen und 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in einer Zeit steigender Weltmarktpreise als ökonomische Hauptsäule Zambias nicht in Frage gestellt, so dass die regionalen Disparitäten nach der Unabhängigkeit eher verstärkt als abgebaut wurden.287

Die Einführung einer ideologisch untermauerten Verstaatlichung der Ökonomie ab 1968

Bis in die Gegenwart für die Gesamtentwicklung Zambias prägend, legte die Regierung in der Ersten Republik zwei wichtige politische Grundentscheidungen fest: Mit dem im Jahre 1967 zur Staatsideologie deklarierten „Zambischen Humanismus“ legitimierte Kaunda seine ökonomischen Reformen, die bis Mitte der 1970er Jahre zu einer Kontrolle des Staates über 80 Prozent der zambischen Wirtschaft führten. Die 1968 einsetzende Poli- tik der „Zambianisierung der Wirtschaft“ mündete in eine weitgehende Verstaatlichung der Ökonomie, deren Gewinne zur Aufrechterhaltung der klientelistischen Strukturen dien- ten, so dass sich das zentrale Muster politischen und wirtschaftlichen Handelns - der

286 Zambias Verwundbarkeit als Binnenstaat zeigte sich 1965 als nach der Einseitigen Unabhängigkeitserklärung der weißen Bevölkerung in Südrhodesien der Zugang zu den wichtigen Häfen von Beira und Maputo in Mosambik erschwert war. Da- her wurde 1965 der Bau der Eisenbahnlinie nach Tansania mit chinesischer Hil- fe beschlossen. Vgl. Burdette: 1988, S. 66. 287 Die Regierung bekannte sich rhetorisch zu einer Dezentralisierung und Stärkung der ländlichen Regionen, die Umsetzung der Programme scheiterte. Vgl. Lars- son: 2000. Das Dezentralisierungskonzept muss wegen mangelnder Realisierung als gescheitert angesehen werden, denn bis 1998 verblieben 90 Prozent der ge- samten Regierungsausgaben bei der Zentralregierung. Vgl. Drescher: 1998, S. 21. Zur aktuellen Dezentralisierungspolitik siehe das Kapitel 2.3.4.1. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 98

Austausch von Staatsressourcen gegen die politische Unterstützung - verfestigte.288 Durch den 1967 zur Staatsphilosophie erklärten Zambischen Humanismus legte Kaun- da die ideologische Grundlage eines von sozialistischen Gedanken geprägten Entwick- lungsweges. Die zentrale Aussage des zunächst auf dem christlichen Glauben und Gan- dhis Lehre der Gewaltlosigkeit basierenden Humanismus war, dass der Mensch im Mit- telpunkt allen gesellschaftlichen Handelns stehe und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet werden müsse.289 Als Zwischenstadium auf dem Weg zur Verwirklichung der Ideologie wollte Kaunda eine sozialistische Gesellschaft errichten, um die Auswirkungen des Kolonialismus und des Kapitalismus zu beenden. Aus der zentralen Stellung des Menschen abgeleitet, die in den Gesamtkontext der politischen Ideengeschichte der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung einzubetten ist, ergab sich diese frühe Forderung nach einer partizipativen Demokratie als Form der politischen Herrschaftsausübung.290

Die Ideen um den Zambischen Humanismus spiegelten die zentrale Rolle der Füh- rungspersönlichkeiten für die politische Identität des nachkolonialen Zambias wider,291 wobei die Inkonsistenz der Doktrin sich in dem Ausbau einer dominanten staatlichen

288 Zu dem der Arbeit zugrunde liegenden Verständnis von Klientelismus und Patro- nage siehe im Theorieteil das Kapitel 1.1.1.2. 289 Kaunda legte seine Gedanken in den beiden Grundlagenwerken nieder: Kaunda, Kenneth D.: Humanism Part I, Lusaka: Government Printer 1967 und Kaunda, Kenneth D.: Humanism Part II, Lusaka: Government Printer 1974. 290 Der Zambische Humanismus ist aus dem damaligen Kontext politischer Ideen der Unabhängigkeitsbewegung entstanden, die sich in vier Hauptströmungen wider- spiegelten: Kaundas Vorstellungen gehören mit der Ujamaa-Philosophie Nyere- res (Tansania) zum afrikanischen Sozialismus, der an die Wiederherstellung vor- kolonialer Strukturen und der Besinnung auf Werte und Organisationen traditi- oneller Lebensweise anknüpft. Daneben entstand in enger Anlehnung der Afro- Marxismus (Angola, Mosambik, Äthiopien), der sich explizit in seiner Befrei- ungspolitik zu den marxistisch-leninistischen Lehren bekannte. Geistiger Führer des Panafrikanismus war Nkrumah (Ghana), der eine Zusammenführung der durch willkürliche Grenzziehungen getrennten Volksgruppen durch die Grün- dung einer supranationalen Union verfolgte. Waren die Vorstellungen zur Deko- lonisation im anglophonen Afrika eher politisch geprägt, fanden sie durch die Philosophie der Négritude Senghors (Senegal) vorwiegend auf literarischer Ebe- ne Ausdruck. Diese Entwicklung im frankophonen Afrika führt auf die französi- sche Assimilationspolitik zurück, die eine kulturelle Anpassung ihrer Kolonien anstrebte. Vgl. Kopfmüller, Simone: Politische Ideen der Unabhängigkeitsbewe- gung, in: Informationen zur politischen Bildung 264 (1999): Afrika I, Bonn, S. 35-38. Künftig zitiert als: Kopfmüller: 1999. 291 Die afrikanische Demokratiedebatte dieser Zeit muss auch vor dem Hintergrund vorkolonialer Herrschaft betrachtet werden, siehe dazu die Ausführungen von Erdmann. Vgl. Erdmann, Gero: Demokratie, Kultur und Tradition. Zum Prob- lem vorkolonialer Herrschaft in der afrikanischen Demokratiedebatte. Institut für Afrikakunde Diskussionsbeiträge, Hamburg 1998./ Erdmann, Gero: Vorko- loniale politische Organisationsformen, in: Informationen zur politischen Bil- dung 264 (1999): Afrika I, Bonn, S. 11-13. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 99

Ökonomie zeigte, in der nicht Partizipation und kooperative Formen der Zusammenar- beit, sondern die Profitgier der herrschenden Elite prägend waren.292

Die „Zambianisierung“ der Ökonomie durch die Etablierung des „Parastatal Systems“ ab 1968

Die Regierung strebte eine „Zambianisierung des Managements“ der privaten und öf- fentlichen Unternehmen durch die Übernahme der wichtigen Schlüsselpositionen durch zambische Fachkräfte an. Parallel sollte der Aufkauf von Unternehmensanteilen - die Mehrzahl der Firmen lag in der Hand ausländischer Unternehmer - die staatliche Kon- trolle stärken und den Gewinnabfluss in das Ausland schmälern. Der ab 1968 mit den „Mulungushi Reformen“293 begonnene Prozess der Verstaatlichung mündete bis Mitte der 1970er Jahre in eine Kontrolle von über 80 Prozent der Wirtschaft.294 Ursprünglich sollte bei dieser so genannten Zambianisierung der Ökonomie der private und der öf- fentliche Sektor gleichermaßen berücksichtigt werden, die Reformen von 1968 und 1969 favorisierten jedoch den öffentlichen Sektor295, der durch die mit der Verwaltung der staatlichen Firmen-Anteile von der Regierung gegründeten halbstaatlichen Unterneh- men, den so genannten „Parastatal“296, rapide anwuchs. Erbte die zambische Regierung 1964 aus der Kolonialzeit insgesamt 14 dieser Parastatal, unterstanden ihr bis Mitte der

292 Vgl. Schultz: 1983, S.116: Durch Kooperation strebte Kaunda die Integration im Sinne des „Nation Building“ an. In der politischen Realität setzte sich zum Ab- bau sozialer Spannungen statt Kooperation die Praxis der Inkorporation durch. Turok verweist auf die dominante Intervention des Staates als Antwort auf die antizipierte Erwartung der „middle classes, organised labour and the peasantry“ an die gewonnene Unabhängigkeit, da eine starke lokale Unternehmerschicht fehlte: Turok, Ben: Mixed Economy in Focus: Zambia, London 1989, S. 51. Künftig zitiert als: Turok: 1989. Wohingegen für Hawkins die Inkorporation ur- baner Interessen wie der städtischen Eliten und der organisierten Arbeiter mit dem Ziel erfolgte, eine potentielle Gegenmacht zur Regierung zu bilden. Vgl. Hawkins, Jeffrey: Understanding the failure of IMF reform: The Zambian case, in: World Development 7 (1991), S. 843. Künftig zitiert als: Hawkins: 1991. 293 Im April 1968 verkündete Kaunda in Mulungushi, einer Stadt nördlich von Kabwe in der Zentralprovinz, die Mulungushi Reformen, die eine Verstaatlichung großer Teile der Wirtschaft in dem Zeitraum 1968 bis 1971 einleiteten. Im April 1968 implementierte die UNIP Regierung die erste Serie ökonomischer Reformen durch den Kauf von „controlling shares“ in 26 wichtigen Firmen. Vgl. Rakner: 1998 und Schultz: 1983, S. 17. Im Zuge der Reformen kaufte der Staat im Jahre 1969 51 Prozent der Anteile der beiden größten Kupferproduzenten der „Anglo American Corporation“ und „ Selection Trust“, den Hauptsäulen der zam- bischen Industrie. Vgl. Turok: 1989. 294 Vgl. Rakner: 1998, S. 49. 295 Darauf verweist Ben Turok in seiner Studie: Vgl. Turok: 1989, S. 51. 296 Einen guten Überblick über das System der Parastatal gibt Schultz: Vgl. Schultz: 1983, S. 117. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 100

1970er Jahre, nachdem sie die größten Verstaatlichungsanstrengungen abgeschlossen hatte, 147 Parastatal, wovon allein die mächtige Holding Company „Zambia Industrial and Mining Corporation“ (ZIMCO) 121 Parastatal zusammenfasste. Kaunda wurde durch Übernahme des Vorsitzes dieses mächtigen Industriekonglomerates zum „key e- conomic player“297 Zambias. Die UNIP-Regierung wurde somit ab 1969 zum Haupt- empfänger der Einnahmen aus der Kupferindustrie. Die massive Verstaatlichungspolitik führte bei zahlreichen ausländischen Firmen zu einem Rückzug ihrer Investitionen aus der zambischen Industrie.298 Kaundas Plänen zufolge sollte diese Entwicklung durch ei- ne auf Importsubstitution setzende Strategie kompensiert werden und somit die not- wendige Industrialisierung vorangetrieben werden. Für die kostenintensive Methode wa- ren die hohen Exporteinnahmen aus dem Kupferbergbau vorgesehen.299 Als Folge die- ser Verstaatlichungspolitik blähte sich der öffentliche Sektor in Kürze auf, so dass sich die Anzahl der Beschäftigten in nur fünf Jahren verdoppelte: Waren 1964 noch 22.500 Personen im öffentlichen Sektor beschäftigt, zählte er 1969 bereits 51.000 Angestellte.300

Resümierend kann festgehalten werden, dass die Verstaatlichung weiter Teile der Öko- nomie in der Ersten Republik den Grundstein für den Ausbau und die Aufrechterhal- tung eines klientelistischen und patrimonialen politischen Systems legte. Bevor das Ka- pitel 2.1.2 die weiteren Entwicklungen der Zweiten Republik zusammenfasst, wird das nachfolgende Kapitel einen knappen Abriss über die Genese der relevanten zivilgesell- schaftlichen Akteure nach der Unabhängigkeit geben.

2.1.1.2 Die Genese der Zivilgesellschaft

Die Entstehung einer politischen Zivilgesellschaft in Zambia prägten maßgeblich die christlichen Kirchen und die Gewerkschaftsbewegung, auf die im Folgenden in jeweili- gen Unterkapiteln kurz eingegangen wird. Wie die Analyse des politischen Einflusses der Zivilgesellschaft in der Dritten Republik im Kapitel 2.3 noch betonen wird, übten die christlichen Kirchen einen gewaltigen Einfluss auf die Politik aus, indem sie in kon-

297 Rakner: 1998, S. 48. 298 Vgl. Schultz: 1983, S. 117. 299 Auch die zunehmenden regionalen Konflikte im Südlichen Afrika überschatteten die Politik der Verstaatlichung. Vgl. Meyns: 2000. 300 Vgl. Rakner: 1998, S. 49. Die Angaben über die Relation zu der Bevölkerungszahl und dem privaten Sektor fehlen, so dass die Zahlen nur bedingt Aussagekraft haben. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 101 fliktreichen politischen Situationen - wie dem Liberalisierungsprozess 1991301, der Ver- fassungsdebatte302 1996 oder der aktuellen Auseinandersetzung um eine dritte Amtszeit Chilubas zu Beginn des Jahres 2001 - erfolgreich zwischen der Regierung, den Opposi- tionsparteien und den zivilgesellschaftlichen Kräften vermittelten.303 Das Kapitel 2.1.1.2.1 wird demnach nachspüren müssen, woher die christlichen Kirchen in Zambia ihre starke Rolle beziehen und welchen Stellenwert sie insgesamt bei der Herausbildung einer politisch aktiven Zivilgesellschaft in Zambia spielten. Als zweiter zivilgesellschaft- licher Akteur ist die Gewerkschaftsbewegung zu nennen, die zum Motor des politischen Liberalisierungsprozesses von 1989 bis 1991 wurde. Die herausragende politische Stel- lung des zambischen Gewerkschaftsdachverbandes resultiert auch aus seiner histori- schen Rolle im Unabhängigkeitskampf und der Ära Kaunda, die daher im Kapitel 2.1.1.2.2 skizziert wird, um die zum Verständnis des untersuchten Systemwechselpro- zesses auf der Makro- und Mikroebene nötigen Hintergrundinformationen zu bündeln.

2.1.1.2.1 Die christlichen Missionscenter als Wiege des zambischen Nationa- lismus

„(...) after the 1940s, civil society organizations that until then had been repressed and deactivated by the colonial state, began to emerge. The missionaries were quick to realize that the emergence of educated and urbanized Africans meant that the vacuum that had drawn the Missionary Conference to serve as a voice for African interests would soon be filled by the Africans themselves.“304

Im Jahre 1851 erreichte das Christentum das heutige Zambia durch die legendäre Reise des schottischen Missionars und Arztes David Livingstone auf der Suche nach den Quellen des Nils.305 Livingstone rief die „Livingstonia Mission“ ins Leben und inspirier- te weitere Europäer christliche Missionsstationen zu gründen. Bis 1924 wurden im ge- samten Nordrhodesien Missionsstationen errichtet, die einen starken Einfluss auf die

301 Vgl. das Kapitel 2.2. 302 Vgl. das Kapitel 2.3.2.3. 303 Vgl. das Kapitel 3.2.1.2.1. 304 Phiri, Isaac: Why African Churches Preach Politics: The Case Of Zambia, in: Journal of Church and State, 2 (1999), in: http://www.britannica.com/bcom/magazine/article/0,5744,255864,00html. Künftig zitiert als: Phiri: 1999. 305 Vgl. Grotpeter: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 102

Unabhängigkeitsbewegung hatten.306 Die Missionskonferenz hatte bis in die 1940er Jah- re stellvertretend als Stimme der afrikanischen Interessen beispielsweise Konflikte mit der Kolonialherrschaft um die Steuereinnahmen, den Landbesitz und die Arbeiterunru- hen in dem Minenbergbau ausgefochten. Bereits 1935 im Zuge der ersten Arbeiterpro- teste im Copperbelt nach der Einführung eines neuen Steuersystems trat die Missions- konferenz als Vermittler auf und setzte sich für eine „liberation of African political or- ganization and development“307 ein. Das Zitat am Anfang des Kapitels dokumentiert die Ablösung der kirchlichen Stellvertreterpolitik durch die Formierung lokaler gesellschaft- licher Gruppen ab den 1940er Jahren, wobei die Aktivitäten oftmals unter dem Einfluss der Missionszentren entstanden, die David J. Cook in seiner Studie über die Livingsto- nia Mission daher als „birthplace of post-war African nationalism“308 bezeichnete. Auch Teile der politischen Führung des nachkolonialen Zambias hatten ihre Wurzeln in den Missionsstationen:

„Kenneth Kaunda (...) was the son of a well-educated Malawian preacher and schoolteacher, David Kaunda, who moved to Zambia as a missionary. David Kaunda represented the first generation of African elites to come out of missionary educa- tional programs and was active in native associations.“309

Kenneth Kaunda war wie viele Politiker seiner Zeit ein ehemaliger Schüler einer Missio- narsschule, die ihn mit anderen missionarischen Institutionen stark beeinflusste.310 Die im Christentum verankerte familiäre und schulische Sozialisation Kaundas legte den Grundstein für die ideologische Basis zur Delegitimität des Kolonialismus und somit die Legitimität seines späteren politischen Handelns.

306 Zum Einfluss der christlichen Missionsstationen bis 1924 siehe ausführlich: Rot- berg, Robert I.: Christian Missionaries and the Creation of 1880-1924, Princeton N.J. 1965. 307 Phiri: 1999. Isaac Phiri weist auf den sinkenden Einfluss der Missionskonferenz als Opposition gegen politische Strukturen in den 1940er Jahren hin und führt auch den Tod des couragierten Vorsitzenden Bischofs May als einen Grund an. Vgl. Phiri: 1999. Zum Ursprung der Missionskonferenz unter Bischof May siehe: Weller, John: The Influence of National Affairs of Alston May, Bishop of No- thern Rhodesia 1914-1940, in: Ranger, Terence O./ Weller, John: Themes in the Christian History of Central Africa, Los Angeles 1975, S. 195-211. 308 Cook, David J.: The influence of the Livingstonia Mission upon the formation of welfare association in Zambia, 1912-1931, in: Ranger, Terence O./ Weller, John: Themes in the Christian History of Central Africa, Los Angeles 1975, S. 99. 309 Phiri: 1999. 310 Vgl. Lungu, Gatian F.: The Church, labour and the press in Zambia: the role of critical observers in a one-party state, in: African Affairs 340 (1986), Oxford, S. 390. Künftig zitiert als: Lungu: 1986. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 103

„Christianity was always a factor in Kaunda‘s regime. It played a large part in conferring legitimacy on Zambia‘s first govern- ment, and Kaunda clearly used it to this end. He made great play of the fact that his father was a pioneer missionary (...) and often referred to this Christian roots. He used Christian rheto- ric to project an image of compassion, uprightness and integ- rity, and made political capital from his image as a Christian gentleman.“311

Das Christentum hinterließ der jungen Republik auch einschneidende Spuren im Bil- dungs- und Gesundheitsbereich, so dass 1964 zwei Drittel aller weiterführenden Schu- len und ein noch größerer Anteil aller Grundschulen in katholischer Trägerschaft la- gen.312 Während in der Ersten Republik Kaundas Anstrengungen im Gesundheits- und Bildungsbereich, die für die Bevölkerung noch ohne Gebühren zugänglich waren, und das zu diesem Zeitpunkt noch auf der Bibel basierende Konzept des Zambischen Hu- manismus noch nicht in Konflikt mit den christlichen Kirchen standen, werden die Aus- führungen im Kapitel 2.1.2.2.1 über die politische Rolle der Kirchen in der Zweiten Re- publik auf den Konfrontationskurs der Kirchen verweisen.

In einer Untersuchung über die politische Rolle der Kirchen in Zambia, in der sich der Autor auf die drei Hauptsäulen des Christentums die „Zambia Episcopal Conference“ (ZEC) der katholischen Kirche, den „Christian Council of Zambia“ (CCZ) der protes- tantischen Kirchen und die „Evangelical Fellowship of Zambia“ (EFZ) als Zusammen- schluss der evangelikalen Kirchen stützt, wird die Rolle der Kirchen in der Ersten Re- publik Zambias wie folgt zusammengefasst. In Anwendung der These des französischen Afrikaforscher Bayart, die besagt, dass der Zustand einer Zivilgesellschaft die bestim- mende Determinante für die Beziehungen der christlichen Kirchen zum Staat darstelle, kann konstatiert werden: Je schwächer die Zivilgesellschaft in einem Staat wäre, desto größer wäre die Konfrontation der Kirchen mit dem Staat, während in zivilgesellschaft-

311 Gifford, Paul: African Christianity. Its Public Role, London 1998, S. 191. Künftig zitiert als: Gifford: 1998. Diese Einschätzung teilt auch der Journalist Blaine Harden, der von 1985 bis 1989 Chefredakteur der Washington Post für Sub- Sahara Afrika war, in seiner vergleichenden Studie über sieben afrikanische Staaten. In dem Kapitel „The Good, the Bad and the Greedy“ tituliert er Kaunda als „the Good“, Liberias Samuel Doe als „the Bad“ und Kenias Daniel arap Moi als „the Greedy“. Harden, Blaine: Africa: Dispatches from a Fragile Continent, London 1991, S. 217-270. Internationale Anerkennung wurde Kaun- da seit 1964 auch für sein Engagement als Vorsitzender der Frontstaaten ge- zollt, so resümiert der Autor: „Kaunda’s personality and his principles wash well internationally. (...) Until 1986, Zambia was one of the world’s largest per capita recipients of foreign aid.“ A.a.O., S. 230. 312 Vgl. Lungu: 1986. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 104 lichen Aufschwungphasen sich die Kirchen von ihrer politischen Rolle zurückziehen könnten.313 Diese These findet nach Meinung Phiris in Zambia Bestätigung, denn als neue Akteure im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung der 1950er Jahre in die politische Arena traten, zogen sich die christlichen Kirchen bis zum Aufkommen neuer Konflikte in der Zweiten Republik zurück:

„The first ten years of Zambian independence were marked by relative harmony between church and state. This again shows that the presence of an active civil society, manifested in rela- tive political pluralism and an evident commitment to national development, tends to eliminate church-state conflict. In such an environment, the churches tend to leave political functions to those civil society groups whose mission is primarily politi- cal.“314

Zum politischen Hauptakteur der Ersten Republik entwickelte sich indes die Gewerk- schaftsbewegung, deren Entwicklung im folgenden Kapitel kurz zusammengefasst wird.

2.1.1.2.2 Die Gewerkschaftsbewegung: Zur Paradoxie einer staatlich verordne- ten Stärkung

„After independence in 1963, the nationalist government sought through various means to undermine or incorporate vocal and organised interest associations. Employing political methods which have been described as ‘welfare authoritarianism‘ (...), the nationalist government continually relied upon its ability to command and allocate financial resources as a means of fulfill- ing popular demands and securing political support.“315

Mit der Inkorporation einflussreicher Interessensgruppen zielte die Regierung auf die Gewerkschaften. Wie konnte aber die zambische Gewerkschaftsbewegung zum einfluss- reichsten Akteur in der Ära Kaunda werden? Die Antwort klingt paradox: Durch die Regierung selbst, die durch den Inkorporationsversuch unbeabsichtigt ihren politischen

313 Bayart entwickelte diese These Anfang der 1970er Jahre nach der Untersuchung der politischen Rolle der christlichen Kirchen in Kamerun: Bayart, Jean- François: La fonction politique des églises au Cameroun, in: Revue française de science politique 33 (1973), S. 514-536. Zitiert nach Phiri: 1999. 314 Phiri: 1999. 315 Rakner, Lise: Do Interest Groups Matter in Economic Policy-Making? Reflections from a Zambian case study, Working Paper Chr. Michelsen Institute, Bergen 1994, S. 9. Künftig zitiert als: Rakner: 1994. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 105

Kontrahenten stärkte und dies 20 Jahre später als ihren größten Fehler bezeichnen wird.316 Ab 1940 entstand in dem Gebiet um die Kupferminen eine der größten Ge- werkschaftsbewegung auf dem afrikanischen Kontinent, die sich zum Rückgrat der zambischen Unabhängigkeitsbewegung entwickelte. Aus ihr gingen die ersten politi- schen Parteien hervor, zu denen die Arbeiterbewegung bis 1964 in enger Allianz verblieb ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren:

„The length of Zambia‘s miners industrial experience, the strength of the union as an institution, the miners‘ strategic po- sition in industry have all helped the union to maintain some degree of independent action in relation to collective bargain- ing.“317

Die Interessenkohärenz der Gewerkschaften mit der UNIP bröckelte nach 1964 durch die aufkommenden Konflikte mit der Regierung und das Autonomiebestreben der Ge- werkschaften, die sich den Versuchen der UNIP, sie von ihren politischen Zielen zu ü- berzeugen, von Anfang an widersetzten. Durch den im Rahmen des „Industrial Relations Act“ (IR) von 1965 gegründeten Gewerkschaftsdachverband „Zambia Congress of Trade Union“ (ZCTU) beabsichtigte die Regierung, die Kommunikation mit den Gewerkschaf- ten zentral zu bündeln und zu kontrollieren. Durch diesen Vereinnahmungsversuch318 ließen sich die Gewerkschaften ihre Stellung als „collective bargaining force“ nicht ab- ringen. 319

Die Minenarbeiter erkämpften durch einen Streik 1966 eine Lohnerhöhung um 22 Pro- zent und setzten auch danach immer wieder die Arbeitsniederlegung als Druckmittel ge- gen die UNIP Regierung ein. Da die Regierung angesichts der zunehmenden Streikakti- vitäten erkennen musste, dass ihre bis dahin auf Freiwilligkeit setzende Strategie, den

316 Vgl. Rakner, Lise: Trade Unions in Processes of Democratisation. A Study of Party Labour Relations in Zambia, Bergen 1992, S. 53. Künftig zitiert als: Rak- ner: 1992. 317 Gertzel, Cherry G.: Labour and the State, in: Journal of Commonwealth and Comparative Politics 13 (1975), S. 295. Künftig zitiert als: Gertzel: 1975. 318 VonDoepp bezeichnet das Ansinnen der Regierung durch den IR von 1965 als: „regulate trade union affairs and provide a formal body to liaise with the go- vernment“. Vgl. VonDoepp: 1996, S. 33. Bis 1997 war Peter VonDoepp am De- partment of Theology and Religious Studies am Chancellor College, University of Malawi und forschte über die Rolle religiöser Institutionen im Systemwechsel Malawis. 319 Zu diesem Zeitpunkt überlappte die Partei- und Gewerkschaftsmitgliedschaft stark, wobei es der Regierung nie gelang, die nationale Führung der Gewerk- schaft zu kontrollieren. Siehe hierzu das Standardwerk zur Rolle der Minenge- werkschaft in der Ersten Republik: Bates, Robert: Unions, Parties and Political Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 106

ZCTU an die UNIP zu binden, nicht fruchtete, setzte sie in den 1970er Jahren durch die Einführung des IR von 1971 die Gewerkschaftsführung unter Druck:320 Die Regierung machte durch den IR von 1971 den Beitritt zum ZCTU verpflichtend für eine Gewerk- schaftsregistrierung321 und forderte die Gewerkschaftsführung auf, der UNIP beizutre- ten und ihre politische Linie zu verfolgen. Obwohl die Regierung mit dem IR von 1971 das Ziel verfolgte, den ZCTU an die Partei zu binden, blieb die Macht doch stark in den Händen der Einzelgewerkschaften, die den Dachverband konstituierten.322 Statt der er- hofften Kontrolle über die Gewerkschaften schuf die Regierung mit dem IR von 1971 unbeabsichtigt die Voraussetzungen für einen starken Dachverband, der in die Ge- schichte Zambias als „powerful institutional voice that spearheaded the struggle for re- gime change“323 einging, da der Versuch, die gewerkschaftlichen Interessen durch ein Repräsentationsmonopol zu steuern, in das Gegenteil umschlug:

Statt der gewünschten Inkorporation schuf die Regierung unerwünscht einen der stärks- ten, hervorragend organisierten und finanziell gut abgesicherten Gewerkschaftsdachver- band auf dem afrikanischen Kontinent, der sich in der Zweiten Republik zu einem Mo- tor des Liberalisierungsprozesses entwickelte, worauf das Kapitel 2.1.2.2.2 noch einge- hen wird.

Development: A Study of Mineworkers in Zambia, New Haven 1971, S. 159f. Künftig zitiert als: Bates: 1971. 320 Vgl. Fincham, R./ Zulu, G.: Labour and Participation in Zambia, in Turok, Ben (Hrsg.): Development in Zambia: A Reader, London 1979, S. 214-225. 321 Vgl. Gertzel: 1979. 322 Vgl. Hamalengwa, Munyonzwe: Class struggles in Zambia 1889-1989 and the fall of Kenneth Kaunda 1990-1991, New York 1992, S. 75. Künftig zitiert als: Ha- malengwa: 1992. 323 VonDopp: 1996, S. 33. Vgl. auch Rakner: 1998, S. 52. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 107

2.1.2 Die Zweite Republik: „One-party participatory democracy“ ab 1973

„Patron-client ties served as the primary means of maintaining power, and Kaunda‘s dispersal of patronage was both arbitrary and excessive.“324

Kaunda verkündete am 13. Dezember 1972 das als „one-party participatory democracy“ bezeichnete Einparteisystem zu einem Zeitpunkt, an dem die Unterstützung für die UNIP ihren Tiefpunkt erreichte.325 Die im August 1973 von der Nationalversammlung verabschiedete Verfassung der Zweiten Republik gewährte der UNIP als politische Par- tei eine Monopolstellung.326 Als wesentliches Merkmal der Zweiten Republik kristallisier- te sich die Stärkung der exekutiven Kompetenzen heraus, so dass Kaundas autokrati- scher Führungsstil sich so weit verfestigte, dass er „zunehmend von einer Aura der Un- antastbarkeit umgeben wurde. Ihn zu kritisieren, grenzte an Majestätsbeleidigung; ihn politisch herauszufordern, war tabu.“327

Der Zusatz im Titel der Zweiten Republik „participatory democracy“ war lediglich kosmetischer Natur, denn Kaunda duldete in und außerhalb der Partei keine Oppositi- onsstimmen. Daher versuchten prominente ehemalige Politiker aus der Ersten Republik aus dem ANC, der UP und der UPP ihre politische Position durch eine Mitarbeit in der UNIP zu vertreten. Die auf diesem Wege in die UNIP hineingetragenen ökonomischen und regionalen Konflikte schwächten wiederum die Partei und eskalierten, als sie im Jahre 1978 zu einem öffentlichen Kampf führten.328 Der ehemalige UPP-Gründer Si- mon Kapwepwe und ANC-Vertreter Harry Nukumbula forderten Kaunda durch die Ankündigung, gegen ihn als Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidat anzu- treten, heraus. Die beiden Politiker kritisierten Kaunda öffentlich für seine Wirtschafts- und Außenpolitik, denn - wie das folgende Kapitel 2.1.2.1 skizzieren wird – bekann ab Mitte der 1970er Jahre der dramatische Niedergang der einst blühenden Minenindustrie.

324 VonDoepp: 1986, S 30. Richard Sandbrook merkt hier an, dass die UNIP sowohl in den neun Provinzen als auch in den 56 Distrikten über einen aufgeblähten Parteiapparat verfügte, der von Repräsentanten des Zentralkomitees, politischen Sekretären bis zu Vorsitzenden der Frauen- und Jugendliga reichte, die Zugang zu einem offiziellen Fahrzeug, einem Haus und anderen Vergünstigungen durch die Partei hatten. Vgl. Sandbrook, Richard: The politics of Africa‘s economic recovery, Cambridge 1993, S. 33. 325 Vgl. Rakner 1998: S. 56. 326 Vgl. Act, 1973, Act No. 27 of 1973, zitiert nach Meyns: 1995, S. 7. 327 Meyns: 1995, S. 9. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 108

Die Kandidatur für das Präsidentschaftsamt setzte eine Nominierung durch die Natio- nalkonferenz der UNIP voraus, so dass Kaunda durch einen administrativen Trick329 die Aufstellung seiner Gegner aus den eignen Reihen verhinderte, deren Streben bis 1989 die letzte mit demokratischen Mitteln verfolgte Herausforderung Kaundas bedeuten sollte.

Neben dem autokratischen Führungsstil setzte Kaunda vornehmlich zur politischen Kon- sensfindung die Prinzipien des Patron-Klient-Systems330 ein, das sich somit in fast alle politischen und wirtschaftlichen Transaktionen einschlich. Die politische Unterstützung erkaufte sich die zambische Führung durch die Abgabe und den Zugang zu wirtschaftli- chen Pfründen aus dem einst boomenden Industriesektor.331 Das System der Patronage, das auf alle Bereiche des öffentlichen Dienstes, der Armee und anderer gesellschaftlicher In- teressengruppen Anwendung fand, geriet jedoch ins Wanken, als ihm zusehends die fi- nanzielle Grundlage fehlte.332 Denn Kaundas politische Legitimität sowie die der Einpar- teiherrschaft der UNIP bröckelten in dem Maße, wie die Minenindustrie ab Mitte der 1970er Jahre erodierte.333

Der gescheiterte Umsturzversuch im Jahre 1980334 war bereits ein frühes Anzeichen für die Unzufriedenheit mit der Regierung, die vornehmlich von Repräsentatnen der urba- nen Schichten - wie den privaten Geschäftleuten, der Gewerkschaftsbewegung, den In- tellektuellen und Studenten – geäußert wurde. Zu Beginn der 1980er Jahre gefährdete zwar noch keine organisierte Opposition die Herrschaft Kaundas und der UNIP, den- noch schuf die wachsende Kluft zwischen der wohlhabenden Staatspartei und der zu-

328 Vgl. Rakner 1998: S. 58. 329 Kaunda änderte kurzfristig die Parteistatuten dahingehend, dass eine mindestens fünfjährige UNIP-Mitgliedschaft für eine Kandidatur Voraussetzung war, wohl- wissend, dass seine Herausforderer diese nicht nachweisen konnten. Vgl. Bay- lies, Carolyn/ Szeftel, Morris: Elections in the one-party state, in: Gertzel, Cherry (Hrsg.): The dynamics of the one-party state in Zambia, Manchester 1984, S. 42. 330 Zu Patronage, Klientelismus und Neopatrimonialismus siehe die Ausführungen in der theoretischen Einbettung in Fußnote 35. 331 Ein Abgeordnetenmandant bei den alle fünf Jahren stattgefundenen Wahlen zur Nationalversammlung anzustreben, bedeutete daher „der Weg zu Einfluss und wirtschaftlichen Pfründen.“ Meyns: 1995, S. 11. 332 Vgl. Bates: 1971. 333 Vgl. Meyns, Peter: Zambia, in: Nohlen, Dieter/ Nuscheler, Franz (Hrsg.): Hand- buch der Dritten Welt, Band 5: Ostafrika und Südafrika, Bonn 1993, S. 480. Künftig zitiert als: Meyns: 1993. 334 Im Jahre 1980 wurde „ein Umsturzversuch entdeckt, der schon im Keim erstickt werden konnte. Einige ehemalige Staatsbürokraten und Geschäftsleute, ein ho- her Richter sowie einige Armeeangehörige wurden verhaftet und zu Gefängnis- strafen verurteilt.“ Meyns: 1995, S. 10. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 109 nehmend verarmenden Bevölkerung eine wachsende Protestbereitschaft, die sich im Jahre 1986 entlud, als sich die sozialen Spannungen nach den im Rahmen des IWF- Abkommen vereinbarten Preiserhöhungen für das Grundnahrungsmittel Maismehl in gewaltsamen Brotunruhen äußerten. Zum Ende der 1980er Jahre richtete sich aber der Protest breiter Teile der Bevölkerung nicht nur gegen den Verfall der Ökonomie, son- dern auch gegen das politische System, so dass nicht nur die ökonomische Grundlage des klientelistischen Systems Kaundas zur Absicherung seiner Herrschaft erodierte.335 Der interne Widerstand gegen das politische Einparteisystem kulminierte mit dem „E- pochenbruch“336 und dem Zusammenbruch der sozialistischen Staatenwelt und leitete ab 1989 den in Kapitel 2.2 noch ausführlicher beschriebenen politischen Liberalisie- rungsprozess ein.

2.1.2.1 Wirtschaftlicher Niedergang ohne politische Reaktion

„In essence, the economy was always a house of cards balanced narrowly on the prosperity of the copper-mines.“337

Das ökonomische „house of cards“ fiel durch den dramatischen Verfall der Kupferprei- se ab Mitte der 1970er Jahre in sich zusammen. Als die Kupferpreise sich innerhalb ei- nes Jahres von 1974 bis 1975 im Folge der weltwirtschaftlichen Veränderungen nach dem Erdölschock nahezu halbierten338, machte Kupfer 90 Prozent der Exporteinkünfte Zambias aus. Der Niedergang der Kupferökonomie wurde von zwei weiteren Faktoren verschärft, zum einen durch den rapiden Anstieg der Erdölpreise und zum anderen durch die Zuspitzung der regionalen Konflikte im Südlichen Afrika.339

Durch die gleichzeitige Verteuerung des Erdöls stiegen die Kosten für die Importe rapi- de an,340 denn der importsubstituierende Industriesektor war von Ersatzteilen und Mate- rial aus dem Ausland abhängig, so dass enorme Belastungen für den zambischen Haus- halt entstanden, die dazu führten, dass die Regierung bis 1977 ihre Devisenreserven

335 Vgl. Meyns: 2000, S. 173. 336 Vgl. in der theoretischen Einbettung das Kapitel 1.1.1. 337 Burdette: 1988, S. 95. 338 Vgl. Rakner: 1998, S. 62. Der Preis fiel „von 1326 pro Tonne 1974 auf 794 Kwacha 1975“. Meyns: 2000, S. 173. 339 Einen hervorragenden Überblick über die Konflikte in der gesamten Region des Südlichen Afrika gibt: Meyns: 2000. 340 Vgl. Rakner: 1998, S. 60. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 110 komplett verbraucht hatte.341 In dieser Zeit entstanden Zambia aufgrund seiner Binnen- lage und der politischen Unterstützung der Befreiungsbewegungen im Kampf gegen die rassistischen Regime im Südlichen Afrika auch logistische Probleme im Außenhandel, da wichtige Transportwege zu den lebenswichtigen Häfen blockiert wurden. Die Schlie- ßung der Grenze zu Rhodesien von 1973 bis 1974 verhinderte beispielsweise den Zu- gang zu dem für Zambia wichtigen Hafen von Beira an der Küste Mosambiks.342 Da das politische System auf der Verteilung der Einnahmen aus der Industrie basierte, brach nicht nur das ökonomische, sondern auch das politische „house of cards“ zusammen:

„Die Merkmale der Regierungspolitik, die sich in dem Jahrzehnt relativen Wohlstandes herausgebildet hatten: hohe Importe, eine ausufernde Regierungsbürokratie, Subventionen für den städti- schen Konsum, ließen sich nicht ohne weiteres abbauen. Es wa- ren Erwartungshaltungen entstanden, die mit dem klientelisti- schen System zur Absicherung von Kaundas Herrschaft eng verbunden waren.“343

Dennoch lebte Zambia noch Jahre nach dem Kupferboom „weit über seine Verhältnis- se hinaus“.344 Die politische Führung sah fast ein Jahrzehnt tatenlos zu, obwohl das Ausmaß der Krise längst sichtbar wurde und wähnte sich in dem Glauben, dass die Kri- se temporär sei.345 In dieser Zeit stieg die Auslandsverschuldung Zambias von 1,2 Milli- arden US-Dollar im Jahre 1974 auf 3,3 Milliarden US-Dollar bis 1980.346 Bis 1990 sank das reale Pro-Kopf Einkommen um 30 Prozent, zudem schwächten die hohen Inflati- onsraten die Kaufkraft. Die politische Reaktion der Regierung auf die Krise lässt sich in drei Phasen einteilen.

In der ersten Phase von 1974 bis 1983 schirmte die Regierung die Öffentlichkeit und die Verbraucher von den Auswirkungen der Krise durch eine umfangreiche Verschuldung

341 Vgl. Hawkins: 1991, S. 844. 342 Einige der in dieser Arbeit untersuchten NGOs fordern aufgrund der immensen Kosten, die Zambia in dieser Zeit durch seine führende Rolle im Kampf gegen das Apartheid-Regime und gegen rassistische Minderheitsregierungen in anderen Staaten des Südlichen Afrika entstanden, einen vollständigen Schuldenerlass. Siehe auf der Mikroebene das Kapitel 3.2.2.3. 343 Meyns: 2000, S. 173. 344 Meyns: 1993, S. 482. 345 Rakner verweist auf die „initial perception of the economic crisis as of a tempo- rary nature“. Rakner: 1998, S. 66. Die multilateralen Institutionen reagierten auch auf die Kreditanfragen der Regierung, da sie den Verfall des Kupferpreises anfangs als nicht so dramatisch einschätzten. Vgl. a.a.O. 346 Vgl. Meyns: 1993, S. 487 und Rakner: 1998, S. 67. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 111 ab.347 Die Regierung schloss zwar 1976 das erste „Stand-by-agreement“ mit dem IMF, das aber nicht die Struktur der Wirtschaftspolitik veränderte, in der weiterhin ein ver- schwenderischer Staatsapparat, eine ineffiziente Agrarproduktion und eine nicht tragba- re Politik der Subventionierung des Grundnahrungsmittels Mais Bestandteil waren.348 Dieser ersten Phase der ökonomischen Krise „ohne Reaktion“ folgte von 1983 bis 1987 eine zweite Phase, in der der externe Reformdruck auf interne Widerstände stieß.

Ab 1983 gab es keine „soft options“ im Sinne nicht konzessionaler Anleihen von IWF und Weltbank349, so dass die Bindung der finanziellen Hilfe an den Erfolg in der Politik- gestaltung 1985 zu der Implementierung eines Strukturanpassungsprogramms führte, das die Regierung bereits 1987 aufgrund der internen Widerstände abbrach, denn die Kürzung für Maismehlsubventionen führte 1986 am Kupfergürtel erneut zu gewalttäti- gen Brotunruhen. Der politische Effekt der Abkehr von den eingeleiteten Reformen war eindeutig: Kaunda konnte die internationalen Finanzinstitutionen als „Sündenbö- cke“ für den wirtschaftlichen Verfall darstellen und die Wahlen von 1988 gewinnen.350

In einer dritten Phase von 1987 bis 1989 versuchte die Regierung zwei Jahre im Allein- gang ohne die Assistenz der internationalen Finanzinstitutionen ein eigenes Reformpro- gramm einzuführen, das „im Kern eine Rückkehr zur tradierten etatistischen UNIP- Strategie“351 bedeutete. Das Ausmaß der Krise und der Verschuldung haben die Regie-

347 Vgl. Rakner: 1994, S.11. 348 Die Versuche ab 1978 von IWF und Weltbank marktwirtschaftliche Elemente, neue Exporte und eine effizientere Importsubstitution einzuführen, schlugen fehl. Die Regierung hielt an den vier Säulen ihres „developmentalist state mo- del“ fest: Dem aufgeblähten öffentlichen Sektor, den Parastatal Industrien, den Subventionen für Maismehl und der politischen Kontrolle über Importe und Devisen. Vgl. Rakner: 1998, S. 65. 349 Die Auflagen von IWF und Weltbank sind einzubetten in ein durch die weltweite Rezession entstandenes verändertes Geberklima, das Anleihen stärker an marktwirtschaftliche Elemente knüpfte. Durch das 1983 mit dem IWF verein- barte Strukturanpassungsprogramm (SAP) wurde ein Auktionssystem eingeführt, das zur Abwertung des Kwacha und zu einem Anstieg der Inflation führte. Vgl. Rakner: 1998, S. 69. 350 Vgl. Meyns: 2000, S. 174. Der Abbruch des SAP mit dem IWF im Jahre 1987 rief großes wissenschaftliches Interesse hervor: Obwohl die politikwissenschaftli- chen Studien in der Zuschreibung des Hauptakteurs divergieren – Gewerkschaf- ten oder Bürokratie – sind sie sich einig, dass die UNIP organisierte Interessen isolierte und keine Unterstützung für ihre Reformen fand. Vgl. Rakner: 1998, S. 71. 351 Meyns: 2000, S. 174. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 112 rung 1989 aber zu neuen Vereinbarungen mit dem IWF und der Weltbank352 gezwun- gen, die bereits im Jahre 1991 durch internen Druck erneut abgebrochen wurden.353

Resümierend bleibt festzuhalten, dass die UNIP-Regierung durch das politische Miss- management die ökonomische Krise verschärfte und erst dann die Implementierung ei- nes kohärenten ökonomischen Reformprogramms einleitete, als die externen Institutio- nen wie der IWF und die Weltbank ihre Finanzzusagen an die Implementierung eines ökonomischen Reformprogramms koppelten.

Welche Segmente der Gesellschaft sich gegen Ende der 1980er Jahre zu den treibenden Kräften für einen wirtschaftlichen und ökonomischen Wandel entwickelten, wird das folgende Kapitel über die zivilgesellschaftlichen Entwicklungen aufzeigen.

2.1.2.2 Zivilgesellschaft im Einparteisystem: Wider der „culture of silence“ ?

„(...) official opposition has been declared illegal, but the 1973 constitution, styled as the guardian of a ‘one-party participatory democracy‘ guarantees citizens the right to criticize govern- ment. This guarantee notwithstanding, the government has gen- erally been intolerant of criticism and has tried to weed out what it terms ‘dissident opposition‘ but with little success.“354

Einen guten Überblick über die zivilgesellschaftlichen Segmente im Einparteisystem gibt der zambische Politikwissenschaftler Gatian Lungu: Als kritische Beobachter, die sich gegen die „culture of silence“ wehrten, benennt er die christlichen Kirchen, die Gewerk- schaftsbewegung sowie die Presse.355 Diese Gruppen äußerten sich - zum Teil mit Er- folg - kritisch zu Politikinhalten, wobei sie stets der Gefahr von staatlichen Repressio- nen und der politischen Zensur unterlagen, denn bis Mitte der 1980er Jahre hatte die

352 In dieser Zeit ging auch die Auslandshilfe stark zurück: Bilaterale Geber wie Großbritannien, Deutschland und die USA kürzten ihre Zusagen. Vgl. Rakner: 1998, S. 74. Zu dieser Zeit avancierte Zambia zum „basket case“ der ökonomi- schen Anpassung, während Ghana als „positive test case“ hofiert wurde. Vgl. a.a.O. 353 Vgl. Rakner: 1998, S. 61 und S. 73. 354 Lungu: 1986, S. 387. 355 Vgl. Lungu: 1986. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 113 zambische Gesellschaft, die Anfang der 1960er Jahre hart errungenen politischen Frei- heiten bereits wieder verloren.356

Warum konnten aber Teile der Zivilgesellschaft trotz des Verbotes einer offiziell institu- tionalisierten Opposition nach 1973 überleben? Wie gelang es den zivilgesellschaftlichen Organisationen sich in der Zweiten Republik der Staatspartei zu entziehen, in einem po- litischen Klima, das Peter Meyns wie folgt umschreibt:

„Die für eine partizipatorische Regierung erforderliche Artiku- lation autonomer Interessen durch verschiedene soziale Grup- pen der Zivilgesellschaft war der Einparteiherrschaft in Sambia fremd. Sie versuchte vielmehr, alle sozialen Regungen dem Poli- tikmonopol der Staatspartei unterzuordnen.“357

Die Verfassung von 1973 garantierte den Bürgern zwar das Recht, die Regierung zu kri- tisieren, das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde in Zambia jedoch wie in vielen Staaten Afrikas systematisch untergraben. Die Verfassung konnte in dieser Zeit kein Schutzschild darstellen, weil sie - wie die in ihr verankerten Grundrechte - oftmals der Mehrheit der Bürger nicht bekannt war.358 Das Problem besteht bis heute in Zambia und wird vor allem von den in der Menschenrechtsarbeit aktiven und kirchlichen NGOs aufgegriffen.359

Für den Erfolg der christlichen Kirchen und der Gewerkschaftsbewegung, sich in der Zweiten Republik der gänzlichen Kontrolle durch die Staatspartei zu entziehen, werden in der Literatur die folgenden Faktoren zitiert: Der historische Hintergrund, der Kritik- stil, die Existenz einer kritischen Tradition im Land und die Einstellung der politischen

356 Vgl. Gertzel: 1975. 357 Meyns: 2000, S. 172. 358 Vgl. Lungu: 1986, S. 387: Er verweist an dieser Stelle auf das Problem, dass die Verfassung von 1973 zwar den Bürgern das Recht garantierte, die Regierung zu kritisieren, diese Rechte aber in der Bevölkerung wenig bekannt waren und zi- tiert den von ihm als „scharfsinnig“ bezeichneten Afrikabeobachter Nwabeuze: „The state itself is an alien, if also a beneficial creation (...) a constitution should be generally understood by the people and acceptable to them (...) And to achieve this understanding and acceptance, a constitution needs to be put through a process of popularization, with a view to generating interest in it, that it is the common property of all. (...) Without this sense of identification, of attachement and involvement, a constitution would always remain remote, an artificial object with no real existence other than the paper on which it is writ- ten.“ Nwabeuze, B. O.: Constitutionalism in Emergent States, 1973, S. 24-25, zitiert nach Lungu: 1986, S. 387. Dreißig Jahre nach Erscheinen dieses Artikels umschreibt dieses Zitat exakt die 1994 einsetzende Verfassungsdebatte in Zam- bia: Siehe auf der Mikroebene das Kapitel 3.2.2.1. 359 Vgl. das Kapitel 3.2.3. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 114

Führung zu den beiden Hauptakteuren der Zivilgesellschaft in Zambia.360 Die folgenden Unterkapitel über die politische Rolle der Kirchen und der Gewerkschaftsbewegung werden dokumentieren, wie diese Faktoren in Zambia zusammenspielten und wesent- lich zum Überleben der zivilgesellschaftlichen Kräfte beitrugen, die sich zum Wider- stand gegen das politische und wirtschaftliche System formierten und schließlich ab 1989 in den Liberalisierungsprozess mündeten.

Die politisch aktiven NGOs, die bereits in der Ära Kaunda gegründet wurden, wie die kirchlichen oder im „gender“ Bereich aktiven Gruppen361, hatten in der Zweiten Repu- blik, wie das folgende Zitat des zambischen Politikwissenschaftlers Chisepo Mphaisha belegt, noch keine exponierte Rolle im politischen Leben Zambias inne:

„Many non-governmental organisations came under the um- brella of UNIP either directly as affiliates of the various arms of the party such as the Youth Wing, the Women‘s League and the Social and Cultural Committee or through Kaunda and his wife assuming prominence as patrons. The activities of civic or- ganisations in the human rights and democracy sphere were largely unheard of until the late 1980s, when they added their voices to calls for a return to multi-party politics.“362

Die Erfolge der christlichen Kirchen in der politischen Einflussnahme im Einparteisys- tem werden nun im folgenden Kapitel gebündelt präsentiert.

2.1.2.2.1 Die christlichen Kirchen auf Konfrontationskurs

„In 1979, under the influence of the Soviet bloc, the state at- tempted to move away from the religious humanism of Kaunda to secular scientific socialism. The government announced its intention to introduce scientific socialism in the school curricu- lum. Teaching scientific socialism would have inculcated a po- litical culture in which the supremacy of the party would have

360 Vgl. Lungu: 1986. 361 Die erste NGO war die 1957 gegründete YWCA, die als Zweig der internationalen Bewegung noch vor der Unabhängigkeit Zambias entstand. Auch die kirchliche CCJP entstand bereits 1986 in der Ära Kaunda. Vgl. auf der Mikroebene das Kapitel 3.2.2. 362 Mphaisha, Chisepo J. J.: Retreat from Democracy in Post One-Party State Zam- bia, in: Journal of Commonwealth & Comparative Politics 2 (1996), London, S. 80. Künftig zitiert als: Mphaisha: 1996. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 115

been accepted and state monopoly of the economy given legiti- macy while the influence of religion would have been eroded, giving the party greater control of society.“363

In einer Studie364 wird die „relative harmony between church and state“365 der ersten zehn Jahre nach der Unabhängigkeit von 1964 betont. Gemäß der bereits im Kapitel 2.1.1.2.1 vorgestellten These des Afrikaforschers Bayart verfolgten die christlichen Kir- chen in der Zweiten Republik ab 1973 einen Konfrontationskurs gegenüber der Regie- rung, da andere zivilgesellschaftliche Segmente, wie die Presse, zunehmender Zensur unterlagen. Während der Zweiten Republik verblieben die Kirchen eine anerkannte au- tonome Kraft und die christlichen Publikationen „National Mirror“ oder „Icengelo“ stellten sogar in dieser Zeit „die einzigen wirklich unabhängigen Medienstimmen in der Zivilge- sellschaft“366 dar. Als Haupterfolg der Kirchen367 zu Beginn der 1980er Jahre wird die Zurückweisung von Kaundas Plänen, den „scientific socialism“ verpflichtend in allen Schulen des Landes einzuführen, zitiert.

Der Streit entzündete sich bereits 1979, als Kaunda, selbst praktizierender Christ und Mitglied der „United Church of Zambia“ (UCZ), den wissenschaftlichen Sozialismus als Unterrichtsfach einführen wollte. Dafür sollte „religious education“ vom Curriculum gestrichen und sollten Kirchenhallen zu Klassenräumen umfunktioniert werden, um die enormen Kapazitätsmängel im Bildungssystem aufzufangen.368 Die christlichen Kirchen sprachen mit vereinter Stimme und veröffentlichten 1979 gemeinsam einen Hirtenbrief,

363 Phiri: 1999. 364 Die Studie von Isaac Phiri (1999), Assistenz-Professor am Toccoa Falls College im US-Bundesstaat Georgia, nimmt Bezug auf die These des französischen Afri- kaforschers Jean-François Bayart und setzt sie in Bezug zum politischen Verhal- ten der Kirchen in Zambia. Bayarts These basierte auf der Analyse der politi- schen Funktion der Kirchen in Kamerun bis Anfang der 1970er Jahre und be- sagt, dass in nicht-pluralistischen Staaten Afrikas die Kirchen in direkte Ausei- nandersetzung mit dem Staat gehen, da sie die Funktion von unterdrückten poli- tischen Institutionen und Organisationen übernehmen, solange sie „Zonen der Freiheit“ bleiben. Vgl. Bayart, Jean-François: La Fonction Politique De Englises au Cameroon, in: Revue française de science politique 3 (1973), S. 526. Phiri betont hier den Forschungsbedarf zu Zambia, denn bisher läge nur ein Artikel über die Rolle der katholischen Kirche in der Transitionsphase vor: Bantugwa, Ives: The Role of the Church in the Democratization Process in Africa: The Zambian Experience, The Courier 4 (1992), S. 69-71. 365 Phiri: 1999. 366 Meyns: 1995, S. 87. 367 Unter „church“ subsumiert Lungu in seiner Analyse die christlichen Konfessio- nen: Die römisch-katholische als größte, die anglikanische und die unterschied- lichen protestantischen Kirchen. Den Hinduismus und den Islam klammert er aus, da die Zahl ihrer Anhänger gering und sie politisch nicht so bedeutend in Zambia sind. Vgl. Lungu: 1986, S. 394. 368 Vgl. Lungu: 1986. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 116 in dem sie sich vehement gegen diese Reformen aussprachen, da die Einführung der marxistisch-leninistischen Doktrin dem Atheismus gleichbedeutend wäre und die in der Verfassung verankerte Religionsfreiheit einschränken würde.369

Daraufhin suchte Kaunda 1982 den Dialog mit den Kirchen und lud sie zu einem Semi- nar ein, das zu einem Erfolg für die Kirchen führte: „However, that the churches were victors was evident in the silent abandonment of scientific socialism almost in its entire- ty.“370 Das Ergebnis konnte auch vor dem Hintergrund eingeordnet werden, dass Kaun- da selbst praktizierender Christ war und die christlichen Missionare auf den gesamten Bildungsbereich in Zambia, wie das Kapitel 2.1.1.2.1 darlegte, einen außerordentlichen Einfluss hatten. Ein Verdienst der christlichen Kirchen war es somit, dass Zambia ent- gegen Ländern wie Äthiopien oder seinen Nachbarländern Angola und Mosambik nur eine „mild but firm form of socialism“371 einführte.

In den 1980er Jahren stieg aber der Repressionsgrad gegen politische Opponenten an, wie das folgende Kapitel über die Gewerkschaftsbewegung aufzeigen wird. Die Kirchen spürten die sozialen Nöte der Bevölkerung, die sich 1986 in Lusaka in Brotunruhen ausdrückten. Sie äußerten sich bereits vor dem UNIP Parteikongress 1987 kritisch über das Einparteisystem, denn es wurde berichtet, „a group backed by Christian congregati- ons was pushing for constitutional change“.372 Die Abkehr der Kirchen von der Regie- rung verschärfte sich durch das Ausmaß der sozialen Krisensituation in der Bevölke- rung. Als 1990 erneut Brotunruhen in Lusaka aufflammten, wies der Hirtenbrief der ka- tholischen Bischöfe Zambias deutlich auf die politischen und wirtschaftlichen Missstän- de des Einparteisystems hin:373 „This was perhaps the most direct criticism of the one- party state to be issued by an ecclesiastical body since 1964.“374 Erneut bat Kaunda Ver- treter der christlichen Kirchen um Vermittlung in der festgefahrenen Verfassungsdebat- te im Jahre 1991, die in dem Kapitel 2.3.2.3 noch ausführlich Beachtung finden wird. Zudem entwickelten sich die Kirchenvertreter zu den bedeutendsten Stimmen der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Wahlbeobachtungs-NGOs, auf die im Kapitel

369 Die Regierung entsandte ein Forschungsteam in zwölf Länder, darunter in das kommunistische China und Cuba, deren Ergebnis in dem Regierungsdokument von 1976 „Education for Development: Draft Statement on Educational Re- form“ festgehalten wurde. Stein des Anstoßes für die Kirchen wurde das Kapitel über das Curriculum für öffentliche Schulen. 370 Lungu: 1986, S. 400. 371 Vgl. Molteno: 1972. 372 VonDoepp: 1996, S. 32. 373 Der volle Wortlaut des Hirtenbriefs ist abgedruckt in: Meyns: 1995, S. 156-164. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 117

2.3.1.1 noch eingegangen wird. Die Kirchen gingen in ihrem Einsatz für die Demokratie am Ende der 1980er Jahre eine enge Allianz mit der Gewerkschaftsbewegung ein, die sich als Motor der gesamten Reformbewegung entwickelte:

„The struggle for participatory democracy in Zambia has forged an alliance between two social institutions which are second to none other in popularity, namely, the labour movement and the churches.“375

2.1.2.2.2 Die Gewerkschaftsbewegung zeigt ihre politischen Muskeln

„Labour leaders might not have scored brilliant victories over the government, as the churches did on the issue of Scientific Socialism, but they have won recognition and are usually con- sulted on major policy issues.“376

Bescheinigte der Wissenschafter Robert Bates377 den Gewerkschaften bereits in der Ers- ten Republik politische Muskeln, bildeten sie in der Zweiten Republik die „inoffizielle Opposition“.378 Die vor allem im Kupferbergbau verankerte Gewerkschaftsbewegung erhielt durch den IR von 1971 ein Organisationsmonopol, das sie einigte und finanziell stärkte.379 Als 1974 Newstead Zimba und zu den Vorsitzenden des Dachverbandes ZCTU gewählt wurden, trat eine neue Generation an die Führungsspit- ze, die bei der Verfolgung der Interessen ihrer Mitglieder stets auf die Bewahrung der Autonomie des ZCTU gegenüber der UNIP pochte.380

Zu Beginn der 1980er Jahre entstand ein Konflikt um die im „Local Government Act“381 kodifizierten Dezentralisierungspläne, da die Gewerkschaften eine Verschlechte- rung der Lebensbedingungen ihrer Minenarbeiter fürchteten und die Beschränkung der

374 Phiri: 1999. 375 Sklar, Richard: Democracy in Africa, in: Chabal, Patrick (Hrsg.): Political domina- tion in Africa, Cambridge 1986, S. 24. Vgl. auch VonDoepp: 1996, S. 31. 376 Lungu: 1986, S. 404. 377 Vgl. das Standardwerk zu den Minenarbeitern in Zambia: Bates: 1971. 378 Diesen Ausdruck benutzten zahlreiche Studien: Vgl. Lungu: 1986; Rakner: 1992 und Meyns: 1995, S. 81. 379 Die Mitgliedsbeiträge wurden automatisch vom Lohn abgezogen: Vgl. Meyns 1995, S. 81. 380 Vgl. Meyns: 1985, S. 83. 381 Vgl. ausführlich: Bodemeyer, Reinhard: Bürokratie und Politik in Zambia, Ham- burg 1984. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 118

Teilnahme an den Lokalwahlen für UNIP-Mitglieder scharf verurteilte.382 Die Auseinan- dersetzung mündete im Jahre 1981 in eine Streikwelle am Kupfergürtel, bei der Fred- erick Chiluba in seiner Funktion als ZCTU-Vorsitzender für einige Monate inhaftiert wurde.383

In den 1980er Jahren spitzten sich die Konflikte zwischen der Regierung Kaunda und dem Gewerkschaftsdachverband zu, da die Bewegung sich schon längst nicht mehr nur als Kämpfer ihrer eigenen Klientel um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen verstand, sondern, wie der damalige Gewerkschaftsführer Chiluba betonte, den An- spruch verfolgte, alle „problems besetting the nation without sweeping any dirt under the carpet“384 anzusprechen. Somit sprach der ZCTU auch Themen wie die mangelnde politische Partizipation, die ausufernde Korruption und Verschwendungssucht, den Nepotismus und die sozialen Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme an.385 Als Erfolg des ZCTU im Jahre 1983 wurde angeführt, dass die Regierung auf sein Drängen hin die Gewerkschaften ab diesem Zeitpunkt an den Diskussionsrunden um die mit den Strukturanpassungsprogrammen verbundenen Höchstgrenzen der Gehalts- erhöhungen beteiligte.386 Wenngleich an der Grenze von zehn Prozent festgehalten wur- de, wertete die Gewerkschaftsbewegung es als ihren Erfolg, dass die Regierung von nun an mit ihnen verhandeln musste. Den Copperbelt als der Heimatregion der größten Einzelgewerkschaft im ZCTU, der „Mine Workers Union“ (MUZ), bezeichnete Kaunda bereits 1984 auf einer Reise in den Copperbelt als „Brutstätte der zambischen Politik“387 und läutete einen politischen Trend der Dialogbereitschaft mit den Gewerkschaften ein. Die gewaltsamen Brotunruhen von 1986 in Lusaka waren jedoch das erste Anzeichen dafür, dass der Dialog mit der UNIP in Protest umschlug. Einige Jahre später 1989 sprach sich der ZCTU Vorsitzende Chiluba als erster öffentlich für die Rückkehr zum

382 Zur Einordnung des Gewerkschaftsprotestes: Vor 1980 variierten die Formen der Lokalregierung in den ländlichen Gebieten von denen der „mining township“ und „municipalities“ am Kupfergürtel. Während die UNIP in den ländlichen Gebieten über eine Vormachtstellung verfügte, unterlag die Lokalpolitik in den Minengebieten dem Aushandeln der Minengewerkschaft MUZ mit den Minenge- sellschaften. In diesem Nischenbereich des Einparteisystems gedachte die UNIP durch den „Local Administrative Act“ Kontrolle durch die Einführung der „district councils“ zu erlangen, die direkt der Partei verantwortlich sein sollten. Vgl. VonDoepp: 1996, S. 34. Zur aktuellen Diskussion um die Lokalpolitik siehe Kapitel 3.2.1. 383 Vgl. Meyns: 1983, S. 492. 384 Lungu: 1986, S. 401. Siehe auch: Hamalengwa: 1992, S. 99. 385 Vgl. VonDoepp: 1996, S. 34. 386 Vgl. Lungu: 1986, S. 403. 387 Vgl. Lungu: 1986, S. 404. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 119

Mehrparteiensystem aus.388 Der Gewerkschaftsdachverband entwickelte sich zum Motor der Reformbewegung und verlieh der späteren Regierungspartei seine organisatorische Basis.389 Die aktuelle Rolle des ZCTU nach dem Aufkommen der NGOs zu Beginn der 1990er Jahre wird auf der Mikroebene im Kapitel 3.1.1 analysiert, da die NGOs als neue politische Akteursgruppe als ein bedeutender Faktor für den Verlust der politischen Schlagkraft der Gewerkschaftsbewegung angesehen werden.390

Das folgende Kapitel wird nun kurz die aus der Ära Kaunda abzuleitenden Vorausset- zungen für den Systemwechsel bündeln.

2.1.3 Fazit: Die Voraussetzungen für Reformen aus der Ära Kaunda

„An extensive community affected directly by the state- engendered economic crisis, effective organizational structures, an autonomous institutional presence, and most importantly, a legacy of consistent antiregime activity, made the labour move- ment the logical vehicle for Zambian society‘s struggle against the Kaunda regime. ZCTU linked with alienated elites, other groups in civil society, and the masses to create a broad-based, deeply rooted, reform movement.“391

Zambia zog weltweit Aufmerksamkeit auf sich, da sich Anfang der 1990er Jahre eine breite zivilgesellschaftliche Reformbewegung gegen das ökonomische und politische System bildete. Nachdem Kaunda jahrelang über den wirtschaftlichen Verfall seines Landes präsidierte, erodierte die ökonomische Grundlage zur Absicherung seines Pat- ronagesystems, das er durch die Vergabe von Ämtern in der Partei, den staatlichen Insti- tutionen, der Wirtschaft und dem Militär aufbaute.392 Kaundas wirtschaftspolitische Ent- scheidungen waren von Konzeptionslosigkeit und Selbstherrlichkeit geprägt, die öko- nomischen Fehlentwicklungen lastete er äußeren Kräften wie dem IWF oder dem wei- ßen Regime Südafrikas an. Diese Sündenbockstrategie brach Ende der 1980er Jahre zu- sammen, als der Protest der städtischen Bevölkerung sich zunehmend gegen das Einpar-

388 Vgl. Meyns: 1995. 389 Zur Rolle der Gewerkschaftsbewegung nach 1991 siehe Kapitel 2.3.2.1. . 390 Diese These vertritt Rakner in ihrer Dissertation. Vgl. Rakner: 1998. 391 VonDoepp: 1996, S. 34. 392 Vgl. Meyns: 1993, S. 491. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 120 teisystem und die mangelnde politische Partizipationsmöglichkeit richtete. Die Brotun- ruhen von 1986 und 1990 in Lusaka als Reaktion auf die drastischen Erhöhungen der Maismehlpreise signalisierten, dass die Geduld der Bevölkerung ihr Ende erreichte.

Zwei Dekaden „statist policies“393 und „neopatrimonial rule“394 hatten den wirtschaftli- chen Verfall Zambias verstärkt, so dass die seit Mitte der 1980er Jahre zunehmende Un- zufriedenheit in der Bevölkerung und die Zerrissenheit innerhalb der politischen Elite als die Antwort auf eine hausgemachte Krise zu deuten waren:

„Zambia‘s acute malaise is a consequence chiefly of internal factors derivative of the single party state and Kenneth Kaunda‘s personal rule.“395

Die zambische Reformbewegung erfuhr einen starken Aufwind durch den in der theore- tischen Einbettung skizzierten Epochenbruch von 1989, so dass ein Zusammenspiel von internen und externen Faktoren am Ende der 1980er Jahre in den politischen Libe- ralisierungsprozess mündete.

2.2 Der politische Liberalisierungsprozess von 1989 bis 1991

„Yet, despite its former opposition to economic liberalisation, in 1989 the trade union movement campaigned for MMD on a ticket of liberal economic reform and the union movement played a key role in the process of transition to democracy.“396

Der politische Liberalisierungsprozess397 erhielt in Zambia Auftrieb durch den weltwei- ten Niedergang des Sozialismus, denn Kaunda reagierte zuvor abweisend auf die Forde- rung nach der Einführung eines Mehrparteiensystems. Im März 1990 hatte Kaunda zu- nächst eine Nationale Konvention berufen, um die Bedeutung von Glasnost und Perest-

393 VonDoepp: 1996, S. 29. 394 Siehe zu den neopatrimonialen Strukturen auch die beiden Standardwerke aus den 1980er Jahren: Jackson, Robert/ Rosberg, Carl: Personal rule in black Africa, Berkeley (CA) 1982 und Sandbrook, Richard: The politics of Africa‘s economic stagnation, Cambridge 1985. 395 Good, Kenneth: Debt and the one-party state in Zambia, in: The Journal of Mod- ern African Studies 27 (1989), London, S. 297. 396 Rakner: 1994, S. 12. 397 In dieser Arbeit wird die Liberalisierung, als der Prozess der Ausweitung politi- scher Rechte, von der Demokratisierung, dem Prozess der Bildung demokrati- scher Institutionen nach den Wahlen, in Anlehnung an das Grundlagenwerk von O‘Donnell und Schmitter unterschieden: Vgl. O’Donnell/Schmitter: 1986. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 121 roika für die politische Entwicklung Zambias zu erörtern. Überraschend kündigte Kaunda einen Monat später für den Oktober 1990 ein Referendum an, das die Ent- scheidung über das zukünftige politische System fallen sollte. Zur Vorbereitung diese Referendums formierte sich die Opposition im Juli 1990 als „National Interim Commit- tee for Multi-Party Democracy“ (NIC) und wählte den Vorsitzenden des Gewerk- schaftsdachverbandes Chiluba zu ihrem Vize-Vorsitzenden.398

Die Vorbereitung des Referendums wurden im Juni 1990 jedoch von gewaltsamen Un- ruhen in Lusaka nach der Erhöhung der Maismehlpreise und einem Umsturzversuch durch eine Putschistengruppe um den Leutnant Luchembe überschattet. Der Putschver- such wurde mit Jubel in den Straßen Lusakas gefeiert399, so dass Kaunda vor diesem sichtbaren Ausdruck seines Autoritätsverlustes400 im September 1990 überraschend die Rückkehr zu einem Mehrparteiensystem ohne ein Referendum verkündete. Ab Dezem- ber 1990 konnten durch den „Widerruf von Art. 4 der Verfassung der Zweiten Repu- blik“401 politische Parteien zugelassen werden, so dass sich das NIC zu Beginn des Jah- res 1991 offiziell als Partei mit dem Namen „Movement for Multi-Party Democracy“ (MMD) registrieren lassen konnte. Als breites Sammelbündnis profitierte die MMD von dem Bekanntheitsgrad ihrer Politiker und gewann die Sympathie der Bevölkerung durch ihr Versprechen, ein demokratisches System einzuführen. Mit ihrem Wahlslogan „The Hour has come!“ 402 vermochte die neue Partei die urbanen Massenproteste für sich zu gewinnen.

In dem bis zu den Wahlen 1991 andauernden Liberalisierungsprozess dominierten zwei wesentliche Auseinandersetzungen zwischen der UNIP und der MMD, auf die in den folgenden Kapiteln näher eingegangen wird, um die Aktivitäten der NGOs in diesen Be- reichen einzuordnen. Zum einen der Streit um die Verfassungsreform, die im Dezember 1990 durch die von der UNIP eingesetzten „Mvunga-Kommission“ ihren Anfang fand,

398 Bartlett unterstreicht in seiner Dissertation, dass bereits auf dieser im Juli 1990 im „Garden House Hotel“ in Lusaka stattgefundenen Konferenz, über die Machtkonstellation der späteren MMD entschieden wurde. Vgl. Bartlett, David M.C.: Civil Society and Democracy: a Zambian Case Study, in: Journal of Southern African Studies 26 (2000), London, S. 429-447. Künftig zitiert als: Bartlett: 2000. Der Artikel basiert auf der Dissertation: Barlett, David M.C.: The Prospects for Democracy in Africa: the Case of Zambia, PhD thesis, Uni- versity of Leeds 1995. 399 Da sich dem Protest auch die Studierenden der UNZA anschlossen, wurde die U- niversität für einige Monate geschlossen. Vgl. Meyns: 1995, S. 16. 400 Vgl. Meyns: 1995, S. 17. 401 Meyns: 1995, S. 19. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 122 und durch die Vermittlung der christlichen Kirchen im Juli 1991 zu ersten Ergebnissen führte. Die Entwicklungen werden ausführlich auf der Makroebene in dem Kapitel 2.3.2.3 und in dem NGO Kapitel 3.2.2.1 auf der Mikroebene analysiert. Die weiteren Auseinandersetzungen im Vorfeld der Organisation der Wahlen von 1991, werden auf der Makroebene in dem Kapitel 2.3.1 sowie auf der Mikroebene in dem NGO Kapitel 3.2.1 beleuchtet.

2.3 Das politische System der Dritten Republik nach 1991: Demokratischer Aufbruch?

Das vorliegende Kapitel bildet das Herzstück der Makroanalyse und ist in vier Unterka- pitel gegliedert: Zunächst werden im Kapitel 2.3.1 die „Gründungswahlen“ zur Dritten Republik analysiert, in deren Umfeld auch die ersten lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs entstanden. Die politischen Entwicklungen bis zu den zweiten Wahlen von 1996 bün- delt das Kapitel 2.3.2, das auch bereits auf das Engagement der NGOs in der Verfas- sungsdebatte eingehen wird. Die politischen Turbulenzen in Zambia nach den Wahlen beschreibt das Kapitel 2.3.3, dem eine abschließende Analyse der aktuellen politischen Entwicklung von 1998 bis in die Gegenwart in Kapitel 2.3.4 folgt.

2.3.1 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1991

„The election system in place in Zambia is based on majority (or more precisely plurality) elections in single-member con- stituencies, with one round of elections and ‘first-past-the post‘ as the guiding principles for electing members of Parliament. The election system does not offer a choice between more than one candidate from each party. The new election law was ap- proved by the former Parliament in August 1991 shortly before it was dissolved.“403

402 Vgl. die Originalfassung der Resolutionen von 1990: Vgl. Meyns: 1995, S. 177- 182. 403 Andreassen, Bard-Anders/ Geisler, Gisela / Tostensen, Arne: Setting a Standard for Africa? Lessons from the 1991 Zambian Elections, Chr. Michelsen Institute, Report R 1992: 5, Bergen 1992, S. 26. Künftig zitiert als: Andreassen: 1992. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 123

Das 1991 noch von der UNIP Regierung verabschiedete Wahlgesetz rief entgegen der Kontroversen über die Verfassungsänderung von 1996404 keinen Widerspruch bei der MMD hervor. Nachdem die Regierung durch die Abänderung des „Artikel 4“ der Ver- fassung die Gründung von politischen Parteien legalisierte, übernahm sie das aus der Ersten und Zweiten Republik praktizierte Mehrheitswahlsystem.405 Demnach benötigte ein Präsidentschaftskandidat406 die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen, während ein Abgeordneter in der Nationalversammlung nach dem oben genannten “first past the post“ Prinzip die einfache Mehrheit in jedem Wahlkreis benötigte. Das Wahlsys- tem räumte der zukünftigen stärksten Partei Zambias Vorteile ein, da es ihr disproporti- onal zu den gewonnenen Stimmen eine größere Sitzverteilung im Parlament gewähren würde.407 Die Organisation der Wahlen oblag - gemäß „Artikel 76“ der Verfassung - der

404 Auf die Verfassungsdebatte wird das Kapitel 2.3.2.3 noch ausführlich eingehen. 405 Im Gegensatz zu Mosambik, wo die Parteien mit regionalen, ethnischen oder reli- giösen Bezügen nicht zugelassen wurden, hielt Zambia diese Form der Regle- mentierung für nicht erforderlich. In Zuge der Transition wurde kein eigenes Parteiengesetz erlassen, demnach wird die Zulassung von Parteien nach dem Vereinsgesetz geregelt. Eine Partei muss mindestens zehn Mitglieder haben und kann nach Hinterlegung ihrer Satzung bei der jeweiligen Distriktbehörde die Zulassung beantragen. Analog zu der Registrierung von Vereinen prüfen die Distriktbehörden, ob die Mitglieder „rechtschaffene Bürger“ sind und leitet den Antrag zu dem Büro “Registrar of Societies“ nach Lusaka weiter, das über eine Registrierung entscheidet. Vgl. Meyns: 1995, S. 27. 406 Nach § 5 des Wahlgesetzes von 1991 mussten für eine Präsidentschaftskandidatur mindestens 200 in das Wahlregister eingetragene Wähler den Kandidaten durch ihre Unterschrift unterstützen. Vgl. Government of Zambia, The Electoral Act, 1991 (Act No. 2 of 1991), The Electoral (Presidential Elections) Regulations, 1991, § 5, zitiert nach Meyns: 1995, S. 28. Für die Bewerbung um ein Abgeord- netenmandat schrieb der § 13 dem Kandidaten vor, bei der Anmeldung im Wahlkreis durch die Unterschrift von neun Personen die Unterstützung seiner Kandidatur belegen zu können. Vgl. Government of Zambia, The Electoral Act, 1991 (Act No. 2 of 1991), The Electoral (General) Regulations, 1991, § 13, zit- iert nach Meyns: 1995, S. 28. 407 Als Nachteil dieses Wahlsystems verweisen Studien auf die geringe Chance kleine- rer Parteien nach Repräsentation und als Vorteil die mit klaren Mehrheiten im Parlament verbundene Hoffnung auf eine stabile Regierungsbildung. Vgl. And- reassen: 1992, S. 26. Meyns führt hier an, dass die UNIP mit einem nationalen Stimmenanteil von 23 Prozent bei der Wahl 1991 mit 25 Sitzen im Parlament vertreten ist, da sie eine regionale Unterstützung vor allem in der Ostprovinz mobilisieren konnte: Hätten sich die Stimmen gleichmäßig auf die Wahlkreise verteilt, hätte UNIP mit fast einem Viertel der Stimmen „im ungünstigsten Fall keinen einzigen Sitz in der Nationalversammlung gewonnen“. Meyns: 1995, S. 47. Siehe zu dem Verhältnis von Stimmenanteil und Sitzverteilung auch die Er- gebnisse der Wahlen 1996 in Kapitel 2.3.2.4. Ebenfalls verweist Sandbrook, U- niversity of Toronto, in seiner komparativen Studie auf die Vor- und Nachteile des Mehrheitswahlrechts in den anglophonen Ländern wie Zambia, Ghana und Tansania gegenüber einer durch „proportional representation“ gewählten Nati- onalversammlung in frankophonen Staaten wie Niger, Madagaskar und mit Ein- schränkung auch Mali. Vgl. Sandbrook, Richard: Transition without consolida- tion: democratization in six African cases, in: Third World Quarterly 1 (1996), London/Oxford, S. 72. Künftig zitiert als: Sandbrook: 1996. Zum Wahlsystem Zambias gibt Michael Krennerich einen hervorragenden Überblick: Vgl. Krenne- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 124

„Electoral Commission“ einer von dem Präsidenten ernannten dreiköpfigen Kommission, die neben den logistischen Aufgaben wie der Durchführung von Trainingsseminaren in den Provinzen und der Bereitstellung von Wahlmaterial auch die Aktualisierung der Wahlbezirke und die Wahlregistrierung durchführen sollte. Überraschend rief bei der Einteilung der Wahlbezirke die Erhöhung der Wahlkreise von 125 auf 150 keine Diffe- renzen hervor, obwohl im Vorfeld der Wahlen vermutet wurde, dass die im „im Ver- gleich zur Bevölkerungsverteilung größere Zahl von Wahlkreisen im ländlichen Zambia, der herrschenden Partei UNIP zugute kommen werde“408. Die Streitpunkte, die bis in die Gegenwart auch die Debatten der NGOs im Vorfeld der Wahlen prägen, entzünde- ten sich bereits 1991 im Vorfeld der Wahlen um die Erstellung des neuen Wählerregis- ters und die gesamte Organisation der Wahlen.409

Die UNIP hatte dem Drängen der Opposition nach einer Aktualisierung des Wählerre- gisters als Grundlage für das zunächst geplante Referendum über das zukünftige politi- sche System Zambias nachgegeben, so dass die Bevölkerung in der Zeit vom 1.-21. Ok- tober 1990 die Gelegenheit hatte, sich in das Wahlregister einzutragen. Das Angebot stieß auf große Resonanz, denn über eine 1.000.000 Wahlberechtigte trugen sich in das Register ein, wovon drei Viertel bereits erfasst waren, so dass das Register nach der Streichung der Doppelregistrierungen lediglich 250.000 Wähler mehr umfasste als bei den vorangegangenen Wahlen von 1988.410 Da verlässliche Statistiken in Zambia fehl- ten411, konnte der Anteil der registrierten Wähler an der Gesamtzahl der wahlberechtig- ten Bevölkerung anhand der Altersstruktur lediglich geschätzt werden und lag 1991 mit 2.914.441 erfassten Wählern zwischen 75-87 Prozent.

Der Streit um das Wahlregister begann, als die MMD auf einer erneuten Aktualisierung des Registers insistierte, da - ihrer Argumentation nach - sich im Oktober 1990 mehr

rich, Michael: Zambia, in: Nohlen, Dieter/ Krennerich, Michael/ Thibaut, Bernhard (Hrsg.): Elections in Africa. A Data Handbook, Oxford 1999, S. 939- 963. Künftig zitiert als: Krennerich: 1999. 408 Meyns: 1995, S. 31. Massiver Zeitdruck und die Ungenauigkeit der zur Verfügung stehenden Daten erschwerten die Arbeit der als „Delimitation Commission“ fungierenden Wahlkommission. Da sie die Daten der Bevölkerungszählung von 1990 erst spät erhielt, entschied sie sich für eine pragmatische Lösung: Sie teilte 25 bestehende Wahlkreise in jeweils zwei auf. Auf diesem Wege entstanden sehr heterogene Wahlkreise, die eine Spanne von 6.376 Wählern in ländlichen Gebie- ten bis 70.379 in städtischen Zentren umfassten. Vgl. Meyns: 1995, S. 30f. und Andreassen: 1992, S. 28. 409 Zu den aktuellen Forderungen der NGOs bezüglich der Wahlen siehe auf der Mikroebene das Kapitel 3.2.1. 410 Vgl. Meyns: 1995, S. 31. 411 Vgl. Andreassen: 1992, S. 29. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 125

Wähler in die Listen eingetragen hätten, wenn sie von vornherein gewusst hätten, dass das Register die Grundlage für Mehrparteienwahlen sein würde. Zudem hätten zwischen der Registrierungszeit im Oktober 1990 und den Wahlen Ende 1991 viele Wahlberech- tigte das Wahlalter von 18 Jahren erreicht.412 Die Regierung lehnte sowohl einen erneu- ten Registrierungsprozess als auch die geforderte Vereinfachung des Wahlvorgangs durch die Vorlage der „National Registration Card“ ab.413 In diesem Zusammenhang führten die Oppositionsparteien und einige NGOs auch die Vorteile einer ausschließlich auf dem Melderegister und dem Personalausweis basierenden Wahlberechtigung gegen- über dem im Wahlgesetz verankerten aufwendigeren Prinzip der Registrierung und der Aushändigung der Wahlkarte im Vorfeld der Wahlen an, da mit dieser Methode für die Bevölkerung oftmals weite Wege, Zeiteinsatz und Transportkosten verbunden sind.414

Durch die der „Electoral Commission“ vorliegenden Dokumente im Vorfeld der Wah- len über das aktualisierte Wahlregister sowie die neue Wahlkreiseinteilung traten im Sep- tember 1991 einige Unregelmäßigkeiten zutage:

In zahlreichen Wahlkreisen stimmten die Angaben über die Zahl der Wähler und ihre Verteilung auf die Wahlstationen in den beiden Berichten nicht überein, so dass es am

412 Vgl. Movement for Multi-Party Democracy, Election 31 October, 1991 MMD Campaign Committee: MMD Paper on the Electoral Process, in: Daily Express, 3.10.1991, zitiert nach Meyns: 1995, Anhang 13, S. 273-277. Meyns räumt hier ein, dass alle Parteien gleichermaßen von dem veralterten Wahlregister betrof- fen waren. Vgl. Meyns: 1995, S. 32. Wohingegen Sandbrook darin einen klaren Vorteil für die UNIP sieht, da „younger voters were thought to favour the op- position MMD“. Sandbrook: 1996, S. 74. Ergänzend verweist der Wahlbericht der Commonwealth Observer Group von 1992 auch auf die Zambier, die auf- grund eines Wohnortwechsels von der Wahl ausgeschlossen wurden, da sie nicht im Register eingetragen waren. Vgl. Andreassen: 1992, S. 30. Anfang der 1990er Jahre gewannen die Wahlbeobachterteams des zu diesem Zeitpunkt aus 50 Mit- gliedsstaaten bestehenden „Commonwealth of Nations“ Erfahrungen durch das Monitoring der Wahlen in Malaysia, Bangladesh, Zambia, Guyana, Lesotho und Mosambik, das erst 1995 Mitglied wurde. Vgl. Anyaoku, Emeka: The Common- wealth and the Challenge of Democracy, in: Development Policy Review 2 (1992), Oxford (u.a.), S. 101. Künftig zitiert als: Anyaoku: 1992. 413 Vgl. Zambian Election Monitoring Coordinating Committee, Setting a Standard for Africa: Free and Fair Elections. Final Report, Lusaka 7. November 1991, S. 6. 414 Nur Personen mit einer Wahlkarte und einer „National Registration Card“ dürfen wählen. Vgl. Andreassen: 1992, S. 29. Das Wahlverfahren stieß auf der NGO- Konferenz im Oktober 1999 in Lusaka auf Kritik: Neben dem Einsatz von Zeit und Transportkosten wurde vor allem bemängelt, dass die Registrierungszeiten zu kurz seien, in die Regenzeit fielen und schlecht kommuniziert werden. Nach zehn Jahren besteht immer noch immenser Bedarf an der Verbesserung des Wahlmanagements sowie die Forderung nach der Unabhängigkeit der Electoral Commission. Die Electoral Commission erhielt im Vorfeld der Wahlen Ende 2001 eine umfangreiche finanzielle Unterstützung durch die Europäische Uni- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 126

Wahltag teilweise zu großen Verwirrungen kam. Im Westen Zambias - im Wahlkreis Mongu - fehlten beispielsweise zwei im Wahlregister angegebene Wahlstationen kom- plett im Bericht über die Wahlkreiseinteilung, daher mussten tausende Zambier am Wahltag sich die Mühe machen, von Wahlstation zu Wahlstation nach ihrem Eintrag im Register zu suchen, da ihr Name trotz der Registrierung und der vorhandenen Wahlkar- te nicht in der Liste ihres Wahlkreises zu finden war.415 Ähnliche Erfahrungen machten die Autoren der am „Christian Michelsen Institute“ in Bergen (Norwegen) veröffent- lichten Studie zu den Wahlen, die sie jedoch nicht als bewusste Manipulation interpre- tierten:

„The delimitation had created several ‘ghost‘ polling districts, misplaced others, omitted some and made it impossible for thousands of voters to poll. (...) Anomalies of this kind were also observed by the authors of this report when visiting polling stations in Lusaka township , learning that a polling station had been moved from one place to another without no- tice. (...) Although the figures do not question the free and fair nature of the elections and the election campaign, they never- theless raise questions about the democratic procedures, in par- ticular in terms of registration procedures and election admini- stration.“416

Weitere Differenzen zwischen der UNIP Regierung und der Oppositionspartei MMD herrschten im Vorfeld der Wahlen über den Ort der Stimmenauszählung: Während die „Electoral Commission“ festlegte, die Stimmen nicht unmittelbar nach Schließung der Wahllokale in der jeweiligen Wahlstation auszuzählen, sondern die ungeöffneten Wahl- urnen in das zentrale Zähllokal eines jeden Wahlkreises zu bringen, sahen die Oppositi- on und die internationalen Wahlbeobachter417 auf dem Weg zwischen der Wahl- und Zählstation die Gefahr der Manipulation und forderten daher die direkte Auszählung im jeweiligen Wahllokal. Diese Forderung wurde von der Regierung mit dem Hinweis abge-

on, wie Joan Pilcher von der EU-Delegation in Zambia am 5.1.2000 in einem Interview in Lusaka bestätigte. Vgl. auch das Kapitel 3.2.1.1.2. 415 Vgl. Andreassen: 1992, S. 28. 416 Andreassen: 1992, S. 31. 417 Unter den internationalen Wahlbeobachtern machte insbesondere das „Z-Vote“- Team des Carter Center und des National Democratic Institute aus den USA auf diesen Schwachpunkt der Wahlorganisation aufmerksam. Vgl. National Democ- ratic Institute for International Affairs/ Carter Center of Emory University: The October 31, 1991 National Elections in Zambia, Washington, D.C./Atlanta 1992. Zur Rolle der internationalen Wahlbeobachter und der Gebergemeinschaft siehe: Andreassen: 1992, S. 49-72 und Sandbrook: 1996, S. 72. Zu den lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs wie ZEMCC und ZIMT gibt das Kapitel 3.2.1 einen umfassenden Überblick. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 127 lehnt, dass fehlendes Licht in vielen ländlichen Wahlstationen eine Auszählung direkt nach der Schließung der Wahllokale unmöglich machen werde.418 Bezeichnend in diesem Zusammenhang war, dass die MMD in ihrer Rolle als Oppositionspartei zunächst die ummittelbare Auszählung im Wahllokal propagierte, als spätere Regierungspartei ihrer einstigen Forderung erst durch den Protest der Opposition im Rahmen kleinerer Kon- zessionen bezüglich der Organisation der zweiten Wahlen von 1996 zustimmte.

Der Wahlkampf 1991

Die Wahlkampagne beschränkte sich auf den Wettbewerb zwischen den Kandidaten der UNIP und der MMD. Stand die Kandidatur Chilubas bereits im März 1991 durch seine Wahl zum Vorsitzenden der MMD fest, fiel die Entscheidung innerhalb der UNIP erst auf dem außerordentlichen Parteitag im August des Jahres 1991. Auch im Vorfeld der Wahlen blieb Kaunda seiner autokratischen Herrschaftsausübung treu, denn das Ansin- nen des prominenten UNIP Parteimitgliedes Enoch Kavindele, gegen ihn auf dem Par- teikongress anzutreten, kanzelte Kaunda als “the biggest joke of the year“419 ab, worauf der Herausforderer Kaundas nach parteiinternem Druck seine Kandidatur zurückzog. Kaunda besetzte auch thematisch „alte“ Themen wie die Stabilität und die nationale Einheit Zambias. Der Autoritätsverlust Kaundas innerhalb der Bevölkerung war offen- kundig: Er begann mit dem Jubel als Reaktion auf den Putschversuch Leutnant Lu- chembes im Juni 1990 und fand ebenso bei einigen Wahlversammlungen der MMD sei- nen Ausdruck in „verächtlichen Spottversen“420 über Kaunda. Stark personalisiert prä- sentierte sich auch die MMD in ihrem Wahlkampf421, indem Chiluba durch seinen Be-

418 Einige Vorschläge der internationalen Wahlbeobachter nahm die Wahlkommission an: So konnten Wähler, die behindert oder Analphabeten sind, eine Person ihres Vertrauens in die Wahlkabine mitnehmen, anstatt wie bis dato praktiziert auf die Hilfe eines „presiding officer“ angewiesen zu sein, der die Stimmabgabe manipulieren konnte. Vgl. Meyns: 1995, S. 33. 419 News from Zambia, No. 576, 23 July – 6 August 1991, zitiert nach Meyns: 1995, S. 34. Auf ähnliche Weise verhinderte Kaunda im Jahre 1978 die Kandidatur Kapwepwes und Nukumbulas als UNIP-Vorsitzende. Siehe das Kapitel 2.1.2. 420 Meyns: 1995, S. 36. 421 Während der Wahlkampagne kritisierte die MMD vor allem den Zugang der UNIP zu staatlichen Ressourcen wie Finanz- und Transportmittel und insbesondere zu den staatlichen Medien. Inländische Wahlbeobachter wie das ZEMCC und die internationale Beobachtergruppe des Z-Vote-Teams des National Democratic Institute/Carter Center of Emory University kritisierten, dass die Print- und e- lektronischen Medien einen pro-UNIP Kurs vertraten und die Aktivitäten der MMD aus der redaktionellen Berichterstattung ausblendeten. Der Vorsitzende des Journalistenverbandes „Press Association of Zambia“ klagte gegen diese Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 128 kanntheitsgrad und seine Popularität in weiten Teilen der Bevölkerung vermochte, die notwendige Glaubwürdigkeit aufzubauen, um die Forderung nach politischem Wandel zu vertreten. Dabei griff die MMD thematisch die Bereiche auf, die das Leben in Zam- bia erschwerten, wie die katastrophale Wirtschaftlage und das desolate Gesundheits- und Bildungswesen. Hier suggerierte die Partei einen Wandel, eine wirklich substantielle Verbesserung der Lebensverhältnisse durch eine Abkehr von dem undemokratischen Führungsstil und der staatszentrierten Wirtschaftspolitik der Zweiten Republik hin zu einer liberalisierten Marktwirtschaft, die zukünftig privatwirtschaftliche Initiativen in Zambia stärken werde.422

Die Ergebnisse der Wahlen 1991

Die MMD gewann am 31. Oktober 1991 mit einem überwältigenden Ergebnis die Prä- sidentschaft- und Parlamentswahlen: Mit 73,5 Prozent der Stimmen für Chiluba gegen- über 23,4 Prozent für Kaunda musste dieser nach 27 Jahren das Präsidentschaftsamt an Chiluba abgeben. Kaunda räumte noch vor der Bekanntgabe des amtlichen Endergeb- nisses seine Wahlniederlage ein und gratulierte dem neuen Präsidenten, womit Kaunda wesentlich zum friedlichen Verlauf und der weltweiten Reputation dieses Regierungs- wechsels durch kompetitive Wahlen beitrug.423 Chiluba wurde am 2. November 1991 als neuer Präsident der Dritten Republik vereidigt.424

Verhinderung einer objektiven Berichterstattung und bezog sich dabei auf die verfassungsmäßige Verankerung der Meinungsfreiheit. Kurz vor den Wahlen gab das Oberste Gericht der Klage statt und untersagte durch eine Einstweilige Ver- fügung den beiden Direktoren der Zeitung „Times of Zambia“ und des staatli- chen Rundfunks und Fernsehens „Zambia National Broadcasting Corporation“ bis zu den Wahlen ihre Ämter auszuüben, um eine Chancengleichheit in der Be- richterstattung zu ermöglichen. Vgl. Meyns: 1995, S. 93. 422 Vgl. Bratton, Michael: Zambia Starts Over, in: Journal of Democracy 2 (1992), Balitmore/Md., S. 81-94, künftig zitiert als: Bratton: 1992. 423 Aufgrund des friedlichen Verlaufs der Wahl galt der zambische Transitionspro- zess zunächst als Vorbild für andere afrikanische Staaten. Vgl. Joseph, Richard: Zambia. A Model for Democratic Change, in: Current History 565 (1992), Philadelphia, S. 199-201. Der nigerianische Generalsekretär des Commonwealth Anyaoku stellt Kaundas Verhalten auch in Zusammenhang mit dem einige Tage vor der Wahl stattgefundenen Gipfeltreffen des Commonwealth in Harare: Auf dieser Konferenz verabschiedeten die Mitgliedstaaten 1991 die Harare- Deklaration, eine Zehn-Punkte-Erklärung über die Achtung der Menschenrechte und das Bekenntnis zur Demokratie: „The admirable dignity with which he ac- cepted the democratic verdict of his people was as characteristic of the man himself as it was reflective of the current Commonwealth spirit“. Anyaoku: 1992, S. 101. 424 Zur Wahl des Präsidenten standen nur Chiluba und Kaunda: Die drei Vorsitzen- den der Parteien „Movement for Democratic Process“, „Democratic Party“ und „Christian Alliance for the Kingdom of Africa“ scheiterten an den Bedingungen

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 131 legte, das trotz des regionalen Schwerpunktes der UNIP in der Ostprovinz nicht - wie in anderen afrikanischen Staaten oftmals der Fall - von einer ethnisch-regionalen Stimm- abgabe gesprochen werden konnte. Entgegen dem Trend in Ländern wie Malawi, Ango- la und Kenia war das „Bemerkenswerteste an der Wahl die sehr niedrige Wahlbeteili- gung von nur 45,5 Prozent430, die sich somit gegenüber einer Beteiligung von 95 Prozent und 85 Prozent bei den Mehrparteienwahlen der Ersten Republik von 1964 und 1968 halbiert hatte.431 Weltweite Reputation erhielt Zambia, da es 1991 mit Benin, Kap Verde und S. Tomé und Príncipe432 zu den ersten vier afrikanischen Staaten des zweiten „Wind of Change“433 gehörte, in denen durch kompetitive Wahlen ein Regierungswechsel statt- fand. Während in einigen frankophonen Ländern die Einrichtung von Nationalkonfe- renzen zu politischen Konflikten führte434, machte der friedliche Verlauf der politischen Transition Zambia zum „model for democratic change“435.

430 Meyns: 1995, S. 42. 431 Vgl. Randall, Vicky/ Scarritt, James R.: Cautionary Notes on Democratisation: Lessons from India and Zambia, in: Journal of Commonwealth & Comparative Politics 2 (1996), London, S. 26. Künftig zitiert als: Randall: 1996. Die Autoren verweisen darauf, dass seit 1964 die Wahlbeteiligung kontinuierlich abnimmt und dieser Trend sich auch nach den Wahlen von 1991 in den Lokalwahlen und Nachwahlen abzeichnet: „This is rightly taken by observers as a sign of signifi- cant weakness in the recent re-democratisation process.“ Randall: 1996, S. 27. 432 Vgl. Wiseman, John A.: Early post-redemocratization elections in Africa, in: Elec- toral Studies 11 (1992), Amsterdam, S. 279-291. In diesem Artikel dokumentiert er die Divergenzen der sieben zuerst stattgefundenen Mehrparteienwahlen seit 1990. 433 Der britische Premierminister Macmillan prägte 1959 auf seiner Ghanareise den berühmten Ausdruck des „Wind of Change“, nachdem Ghana 1957 als erster Staat „Schwarzafrikas“ die Unabhängigkeit erkämpfte. Vgl. Nkrumah, Kwame: Sprung über zwei Jahrhunderte. Unser Weg in die Freiheit, Düsseldorf/Wien 1963, S. 207. 434 Die Etablierung von Nationalkonferenzen in frankophonen Staaten geht auf das Vorbild der französischen Generalstände von 1789 zurück und zeigt deutliche Anklänge an die „Runden Tische“, die Anfang der 1990er Jahre in den meisten Ländern Osteuropas als Foren zur Diskussion gesellschaftlicher und politischer Krisen entstanden waren. Vgl. Kößler, Reinhart/ Melber, Henning: Chancen in- ternationaler Zivilgesellschaft, Frankfurt/Main 1993, S. 167. Benin hatte Sig- nalwirkung auf andere Länder, deren Transitionsprozesse erhebliche Unter- schiede aufwiesen: Heilbrunn, John R.: Social Origins of National Conferences in Benin and Togo, in: Journal of Modern African Studies 2 (1993), London, S. 227-299. Für die lusophonen Länder gingen die Impulse von der Abwahl des Prä- sidenten Pereiras in Kap Verde im Januar 1991 aus und für die anglophonen Staa- ten von der Abwahl Kaundas in Zambia. Vgl. Kpundeh, Sahr J./ Riley, Stephen P.: Political choice and the new democratic politics in Africa, in: The Round Table 323 (1992), London, S. 265. 435 Joseph, Richard: Zambia: A Model for Democratic Change, in: Current History 565 (1992), S. 199-201. Richard Joseph, Carter Center der Emory University (USA), war 1991 einer der Organisatoren der internationalen Wahlbeobachter- mission in Zambia. Ebenfalls spricht Michael Bratton von Zambia als „model of political reform“: Bratton, Michael: Zambia Starts Over, in: Journal of Democ- racy 2 (1992), Baltimore/Md., S. 81. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 132

Finanzzusagen Respekt. Innerhalb der bilateralen Gebergemeinschaft avancierte Zambia 1992 sowohl für Großbritannien als auch Japan zum wichtigsten Empfängerland auf dem afrikanischen Kontinent.436 Auch die multilateralen Finanzinstitutionen - wie die Weltbank und der IWF - begrüßten auf dem Konsultativgruppentreffen437 im März 1992, das zusammen mit 13 Geberstaaten in Paris stattfand, das neue ökonomische Re- formprogramm Zambias. Sie lobten das vorgestellte „Policy Framework Paper 1992- 1994“, indem die zambische Regierung sich ambitioniert den Privatisierungsplänen so- wie dem Abbau von staatlichen Subventionen für Maismehl und Düngemittel ver- schrieb438 und sagten der Regierung eine weitreichende Unterstützung zu:

„The donors responded to the government‘s efforts by resuming their support to Zambia, with aid, at close to US$ 1.5 billion, reaching its all time peak, in 1992.“439

In ihrer Unterstützung des Liberalisierungsprozesses forderten der IWF und die Welt- bank weitreichende ökonomische Schritte, sie betonten aber auch die Kopplung der ö- konomischen Liberalisierung an politische Konditionalitäten und die damit verbundene Hoffnung nach einem demokratischen Transitions- und Konsolidierungsprozess:

„However, in the early 1990s the international donor commu- nity reached the conclusion that in order to receive financial support, adherence to an economic reform programme should be followed by the transition to, and consolidation of, democ- ratic decision making structures. (...) it will become evident that

436 Vgl. Rakner: 1994, S. 13. Die bilateralen Hilfezahlungen der 21 DAC-Länder der OECD an Zambia fanden 1992 mit insgesamt 681 Millionen US$ ihren Höhe- punkt. Über die Hälfte dieser Summe brachten allein die fünf wichtigsten Geber auf: Großbritannien (117 Millionen US$), Japan (114 Millionen US$), Deutsch- land (83 Millionen US$), Schweden (79 Millionen US$) und USA (76 Millionen US$). Die Zahlen sind gerundet und entnommen aus: Rakner: 1998, S. 207. Nur 4 Jahre später ist als Antwort auf die politische Entwicklung in Zambia der Ge- samtnettotransfer der DAC-Länder 1996 auf fast die Hälfte gesunken: 1996 er- hielt Zambia nur insgesamt 374 Millionen US$, wovon Deutschland mit 109 Mil- lionen US$ Spitzenreiter war vor Großbritannien (59 Millionen US$), Japan (32 Millionen US$), Schweden und Norwegen (je 31 Millionen US$) und den Nie- derlanden und Dänemark (je 26 Millionen US$). 437 Einen guten Überblick über die Themen der Konsultativgruppentreffen zwischen Zambia und den internationalen Finanzinstitutionen von 1992-1997 gibt: Rakner: 1998, S. 192. 438 Vgl. Rakner: 1998, S. 193. Damit Zambia seinen immensen Verpflichtungen im Rahmen des Schuldendienstes nachkommen konnte, forderte die Weltbank die bilateralen Geber zunächst auf, ihre Unterstützung für bestehende Programme in den „balance-of-payments support“ umzuleiten. Im Rahmen des Schuldener- lasses wurde diese Forderung später hinfällig. 439 Bigsten, Arne/ Kayizza-Mugerwa, Steve: The Political Economy of Policy Failure in Zambia. Working Papers in Economics no 23: Department of Economics, Göteborg University, May 2000, S. 6. Künftig zitiert als: Bigsten: 2000. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 133

political conditionality issues more clearly came into conflict with the domestic policy concerns of the incumbent govern- ment.“440

Mit den Wahlen und der anschließenden Regierungsbildung endete 1991 der politische Liberalisierungsprozess erfolgreich und weckte hohe Erwartungen an die Demokratisie- rung und Konsolidierung, die Experten der politikwissenschaftlichen Zambiaforschung jedoch frühzeitig dämpften:

Michael Bratton unterstrich, „few conditions for consolidation of democracy are yet in place“441, während Carolyn Baylies und Morris Szeftel schon zu Beginn der Dritten Re- publik die Anzeichen für ein Fortsetzen der autokratischen und klientelistischen Politik aus der Ära Kaunda sahen442. Peter Meyns führte dafür die mangelnde Erfahrung in der „Herausbildung einer demokratischen Kultur politischer Auseinandersetzung“443 und die Sozialisation eines Großteils der MMD-Führung im alten Regime an, so dass seiner Prognose nach die neue Regierung ebenfalls nach der „winner takes all“ - Devise ver- fahren werde. Die MMD musste nun beweisen, ob sie - diesen Prognosen zum Trotz - die in ihr vertretenen heterogenen Gruppen auf dem Weg zu einer Regierungspartei vereinen konnte, um der Forderung der Bevölkerung nach einem demokratischen Wan- del nachzukommen. Mit dem politischen Liberalisierungsprozess entstanden in Zambia auch die ersten lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs, deren Entstehungsgeschichte und Rollenprofil nun kurz präsentiert wird.

2.3.1.1 Zwei NGOs entstehen als lokale Wahlbeobachtergruppen

„All groups came to the conclusion that the elections were rea- sonably free and fair. (...) No pattern of deliberate electoral abuse was detected. And, gratifyingly, fears of social unrest

440 Rakner: 1998, S. 222. 441 Bratton: 1992, S. 81 442 Vgl. Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The Fall and Rise of Multi-Party Politics in Zambia, in: Review of African Political Economy, 54 (1992), Sheffield, S. 90. 443 Meyns: 1995, S. 2. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 134

proved unfounded; Zambia‘s first multiparty elections in nearly two decades were peaceful and orderly.“444

Die lokalen und internationalen Wahlbeobachterorganisationen sprachen bei ihrem po- sitiven Votum mit vereinter Stimme. Zum ersten Mal in der zambischen Geschichte en- gagierten sich bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen zwei lokale Wahlbe- obachterorganisationen. Die beiden zambischen NGOs stimmten sich zwar bei der Er- stellung ihrer Wahlberichte ab und kooperierten auch am Wahltag445, aus der nun skiz- zierten Entstehungsgeschichte wird jedoch die bis in die jüngste Gegenwart anhaltende Konkurrenz sowie das unterschiedliche Profil der NGOs deutlich.

Durch die politische Liberalisierungsphase angestoßen, kam es auch in Zambia zu dem bereits im Theorieteil beschriebenen „Wiederaufleben der Zivilgesellschaft“446, so dass sich neue zivilgesellschaftliche Gruppen formierten, die den politischen Prozess ohne eine parteiliche Bindung mitgestalten wollten. Für die neuen politischen NGOs, die eine demokratische Kontrollfunktion447 ausüben wollten, prägte sich als Funktionsbeschrei- bung „watchdog“448 schnell ein. Zu Beginn des Jahres 1991 entstanden im Vorfeld der Wahlen zwei NGOs, die bis heute, wenn auch mit unterschiedlichem Repräsentations- grad, als politische Akteure die NGO-Szene in Zambia bestimmen: Das „Zambia Inde- pendent Monitoring Team“ (ZIMT) und das „Zambia Elections Monitoring Coordinating Commit- tee“ (ZEMCC), das seit April 1992 als „Foundation for Democratic Process“ (FODEP) seine Arbeit fortsetzte. Die Aktivitäten der NGOs werden auf der Mikroebene noch ausführ- lich analysiert449, an dieser Stelle wird auf die Entstehungsgeschichte verwiesen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Auswirkungen und Folgen des Systemwechsels steht und daher auf der Makroebene erfolgt, da die NGOs hier im Sinne der theoreti- schen Verortung als „Objekte“ und „abhängiger Variable“ des Systemwechselprozesses und sich verändernden externen Faktoren betrachtet werden.

444 Bjornlund, Eric/ Bratton, Michael/ Gibson, Clark: Observing Multiparty Elec- tions in Africa: Lessons from Zambia, in: African Affairs 364 (1992), Oxford, S. 423. Künftig zitiert als: Bjornlund: 1992. Der Artikel basiert auf dem Bericht von 1992 des „Zambia Voting Observation Team“ des „National Democratic Institute for International Affairs“ (NDI), Washington DC, und dem „Carter Center of Emory University“. 445 Vgl. Bjornlund: 1992, S. 428. 446 Vgl. O’Donnell/Schmitter/Whitehead: 1986. Siehe in der theoretischen Einbet- tung die Kapitel 1.1.1.3.3 und 1.3.3. 447 Vgl. zur Kontrollfunktion der Zivilgesellschaft im Theoriekapitel die „Abbildung 1-1: Idealmodelle demokratischer Funktionen der Zivilgesellschaft im Lichte empirischer Befunde“. 448 Andreassen: 1992, S. 97. 449 Vgl. das Kapitel 3.2.1. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 135

Das ZIMT konstituierte sich im Januar 1991 und ließ sich im Juli 1991 als NGO offi- ziell registrieren. Die Initiative ging vornehmlich von dem prominenten Rechtsanwalt und späteren Justizminister Rodger aus und zeigt somit, dass ZIMT keine aus der Bevölkerung „von unten“ gewachsene NGO ist, sondern auf die Initiative einiger prominenter Bürger zurückging, von denen sich einige selbst in den Vorstand der NGO wählten.450 Von Beginn an zeigte das ZIMT eine gewisse Nähe zu der UNIP: Nach dem Verlassen des Gründers Rodger Chongwe, der in die MMD eintrat451, übernahm mit David Phiri ein Mann die Leitung der NGO, der zwar nicht der UNIP angehörte, aber in der Zweiten Republik wichtige Ämter in der Partei innehatte452, für die er das Ver- trauen Kaundas genoss. Aufgrund der aufkommenden Zweifel an der Objektivität der Organisation verließen daher im September 1991 alle drei Kirchenvertreter den Vor- stand des ZIMT und schlossen sich der zuvor gegründeten kirchlichen Beobachter- gruppe „Christian Churches‘ Monitoring Group“ (CCMG) an.453 Die „Christian Churches‘ Monitoring Group“ (CCMG) gründete noch im gleichen Monat zusammen mit fünf weiteren gesellschaftlich relevanten Gruppen das „Zambia Elections Monitoring Coor- dinating Committee“ (ZEMCC). Das Angebot, dem breit verankerten ZEMCC beizu- treten, lehnte das ZIMT jedoch ab, so dass von Beginn an in Zambia auf dem Gebiet der Wahlvorbereitung zwei NGOs in dem gleichen Bereich nebeneinander operierten.454

Dabei zeichnete das ZEMCC eine viel größere Repräsentativität durch die in ihr vertre- tenen gesellschaftlichen Segmente aus. Das Spektrum umfasste neben den in der CCMG zusammengeschlossenen christlichen Kirchen455 auch die „Press Association of Zam- bia“, „Law Association of Zambia“456, „University of Zambia Students Union“ und die

450 Der Vorstand des ZIMT setzte sich wie folgt zusammen: „The ZIMT board of di- rectors was composed initially of several businessmen, representatives of the legal, medical, accounting and architecture professions, two student leaders, and later, several members of the clergy.“ Bjornlund: 1992, S. 409. Die Vorstands- mitglieder der NGO repräsentierten damit im Wesentlichen die Personengrup- pen, die Anfang der 1990er Jahre in den Nationalkonferenzen der frankophonen Staaten Afrikas mitarbeiteten. Vgl. Bjornlund: 1992, S. 429. 451 Rodger Chongwe trat bereits 1993 von seinem Amt als Justizminister zurück, da die MMD von ihren ursprünglichen Zielen abrückte. Vgl. Meyns: 1995, S. 101. Im Jahre 1997 wurde er dann Vorsitzender der Oppositionsallianz „NPC“. Siehe das Kapitel 2.3.4. 452 Er war Gouverneur der Zentralbank und zambischer Botschafter in Schweden. Vgl. Bjornlund: 1992, S. 409. 453 Vgl. Phiri: 1999. 454 Vgl. Andreassen: 1992, S. 49. 455 In der CCMG waren die katholischen, protestantischen und evangelikalen Kirchen vertreten. Vgl. Meyns: 1995, S. 97. 456 Im Jahre 1973 nannte sich die „Law Society of Zambia“ in die „Law Association of Zambia“ um und agiert bis in die Gegenwart als „watchdog group, monito- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 136 im Bereich „gender“ aktiven NGOs „National Women‘s Lobby Group“ (NWLG) so- wie den Dachverband „Non-Governmental Organisations Coordinating Committee“ (NGO-CC).457 Das ZEMCC formiert somit ein zivilgesellschaftliches Netzwerk, in dem jede der genannten sechs Gruppen jeweils zwei Delegierte in den Vorstand wählen konnte, an dessen Spitze zunächst ein Repräsentant der christlichen Kirchen, Foston Sakala, gewählt wurde.458

Da die circa 3.500 freiwilligen Wahlbeobachter des ZEMCC, von denen einige durch die internationalen Wahlbeobachtergruppen ausgebildet wurden, am Wahltag im Oktober 1991 die Infrastruktur der christlichen Kirchen nutzen konnten, erreichten sie eine grö- ßere Präsenz als die Beobachter des ZIMT. Obwohl auch das ZEMCC von einigen Be- obachtern als der MMD nahe stehend eingestuft wurde, konnte es durch die christlichen Kirchen, die im Rahmen der Verfassungsdebatte Mitte des Jahres 1991 erfolgreich ver- mittelten, glaubwürdig als Vermittler zwischen den beiden Hauptkontrahenten der MMD und der UNIP fungieren.459 Nach den Wahlen von 1991 beschloss das ZEMCC an der Konsolidierung des Demokratisierungsprozesses weiterzuarbeiten und benannte sich im April 1992 in „Foundation for Democratic Process“ (FODEP) um.460 Ob sich dadurch auch die Organisationsstruktur der NGO änderte und welche Rolle sie als Teil der Zi- vilgesellschaft in demokratischen Transitionsprozess Zambias in den 1990er Jahren spielten konnte, werden die empirischen Befunde in Kapitel 3.2.1 zeigen.

2.3.1.1.1 Einstige Problemfelder der NGOs: Immer noch aktuell?

Durch die im Bereich „voter education“ aktiven NGOs kristallisierten sich bereits im Jahre 1991 Probleme heraus, die auch nach zehn Jahren an Brisanz für die gesamte

ring human rights and the law in Zambia“. Grotpeter: Dictionary Zambia 1998, S. 197. Seit 1991 kooperierte sie immer wieder mit den in dieser Arbeit unter- suchten NGOs wie in der Verfassungsdebatte, der Reaktion auf den Putsch von 1997 und im Vorfeld der Wahlen von 2001. 457 Vgl. a.a.O. Meyns merkt hier an, dass eine Beteiligung der NWLG in einer Grup- pe wie ZEMCC „nicht denkbar gewesen“ wäre, da die „Women‘s League“ der UNIP eine „autonome Entfaltung einer eigenen Interessenpolitik weitgehend unmöglich machte.“ Meyns: 1995, S. 97. 458 Interview mit Reverend Foston Sakala, ehemaliger Gründungspräsident der FODEP, am 29.12.1999 in Lusaka. Er unterstrich, dass er die Führung von FODEP verließ, wohingegen das ZIMT weniger binnendemokratisch verankert wäre, da der Leiter der NGO, Alfred Zulu, nicht gewählt wurde und jahrelang an der Spitze der NGO verharrte. 459 Vgl. Andreassen: 1992, S. 58. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 137

NGO-Landschaft nicht an Bedeutung verloren haben, so dass die folgenden Problem- felder auch in die empirische Forschung der Autorin aufgenommen wurden und somit noch ausführlicher auf der Mikroebene analysiert werden. Im Wesentlichen handelte es sich zu Beginn der 1990er Jahre um die nun skizzierten fünf Problemfelder.

Verurteilung der NGOs durch die Regierung als „donor driven“461

Die vorgestellten NGOs erhielten eine finanzielle und auch beraterische Unterstützung durch die internationale Gebergemeinschaft, wobei die im Rahmen der Wahlen von 1991 unter dem Namen „Z-Vote Team“ agierende amerikanische Wahlbeobachtergruppe aus Vertretern des Carter Center und des „National Democratic Institute“ als Hauptak- teur auftrat. Unter dem Vorsitz des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter agierten über 40 Delegierte aus 13 verschiedenen Ländern bereits drei Monate vor den Wahlen, um die lokalen NGOs zu unterstützen, worauf sich die lokalen NGOs dem bis heute anhaf- tenden Vorwurf seitens der jeweiligen Regierung stellen mussten, sie seien „verlängerte Arme ausländischer Interessen“.462 Die UNIP attackierte beispielsweise in einer Zei- tungskampagne die Unterstützung der lokalen NGOs durch das amerikanische „Z-Vote Team“ als „big imperialist plot“.463. Daraufhin wehrten sich das ZEMCC, das ZIMT und das „Z-Vote Team“ durch einen gemeinsam direkt an Kaunda gerichteten Protest- brief, worauf Kaunda sich noch vor den Wahlen von der Kampagne seiner Partei dis- tanzierte. Der Vorwurf, die NGOs seien „donor driven“ und verfolgten lediglich das Ziel, die jeweilige Opposition im Kampf gegen die Regierung zu stärken, wird noch weit über die Wahlen von 1991 hinaus das Verhältnis der Regierung zu den NGOs belasten.

Die mangelnde binnendemokratische Verankerung der NGOs 464

Neben der Diskussion um die Parteilichkeit mussten sich von Beginn an einige NGOs der Kritik stellen, ihnen fehle eine binnendemokratische Verankerung. Hinter dieser

460 Vgl. Meyns: 1995, S. 99. 461 Abgefragt durch den Fragenkomplex Nr. 5 des NGO-Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist. 462 Vgl. zu der aktuellen Diffamierung der NGOs siehe das Kapitel 3. 463 Bjornlund: 1992, S. 425. 464 Abgefragt durch Fragenkomplex Nr. 1 des NGO-Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 138

Debatte steht der normative Anspruch, dass NGOs selbst binnendemokratisch veran- kert sein müssten, um glaubwürdig die Forderung nach Demokratie vertreten zu kön- nen465. Die Diskussion wird in der vorliegenden Arbeit insofern verfolgt, als die mit dem Vorwurf eng verknüpfte Frage der Legitimität und des „founder syndrom“466 von NGOs untersucht wird, die durch die Kritik an dem ZIMT bereits frühzeitig auftrat:

„Critics complained that ZIMT‘s board had not been democ- ratically elected and that, as a group of personalities serving in their individual capacities, it did not represent civic, religious and professional organization. Many of its natural constituents even feared that ZIMT was actually controlled by UNIP. (...) As a result, and despite its leaders repeated protestations of neu- trality, ZIMT lost an important measure of public credibility.“467

Die Ausführungen auf der Mikroebene über das Engagement des ZIMT in den 1990er Jahren werden veranschaulichen, ob diese sehr frühe Einschätzung bestätigt werden konnte.

Die ersten Spannungen zwischen den NGOs und den Geberorganisationen468

Das ZIMT widersetzte sich der Forderung des amerikanischen „Z-Vote Teams“, das für die Förderung einer NGO einen konkreten Aktionsplan voraussetzte, der die Vernet- zung mit anderen lokalen und internationalen Beobachtergruppen erleichtern sollte. Durch den Vorwurf des ZIMT, dass das Vorgehen paternalistisch sei, wurde das Ver- hältnis der NGO zu der Gebergemeinschaft erheblich verschlechtert:

„In the end, Z-Vote established an excellent partnership with ZEMCC in Zambia. But its sometimes strained relations with ZIMT revealed that cross-national arrangements for elections observing are not immune from the post-colonial tensions that beset many North-South partnerships in Africa.“469

465 In diesem Zusammenhang steht auch die Diskussion um die hierarchischen Struk- turen innerhalb der katholischen Kirche. Vgl. dazu die Ausführungen über die CCJP auf der Mikroebene in dem Kapitel 3.2.2. 466 Vgl. zur Ambivalenz des „founder-syndrom“ aus der Binnensicht der NGO ZCEA das Kapitel 3.2.5. 467 Bjornlund: 1992, S. 427. 468 Abgefragt durch Fragenkomplex Nr. 6 des NGO-Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist. 469 Bjornlund: 1992, S. 430. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 139

Wie wichtig die Beziehung zu den jeweiligen Gebern für die Entwicklung der NGOs sein wird und wie unterschiedlich dabei die Politikstile der Geber sein können, werden die empirisch angereicherten Analysen im Kapitel 3 herausarbeiten.

Die Konkurrenz innerhalb der NGO-Landschaft und der Zivilgesellschaft470

Aufgrund der bereits beschriebenen Entwicklung prägten Konkurrenz und Redundanz in der Schwerpunktsetzung den konkreten Arbeitsalltag der im Bereich Wahlen operie- renden NGOs, so dass sogar einige Wochen vor den Wahlen von 1991 das „Z-Vote (...) considerable energy encouraging ZEMCC und ZIMT to coordinate their activities“ ver- schwendete.471 Während der empirischen Untersuchung konnte die Beantwortung des auf den Vernetzungsgrad der NGOs abzielenden Teils des Fragebogens in manchen Fällen den Eindruck erwecken, dass eine Zusammenarbeit mit anderen NGOs ein von den Gebern diktierter lästiger Pflichtbestandteil der Finanzierung gewesen sei. Auf die Problematik werden die Detailanalysen der untersuchten NGOs in dem Kapitel 3 noch eingehen müssen.

Das „Legitimitäts-Defizit“ der NGOs472

In dem stark polarisierten Umfeld im Vorfeld der Wahlen von 1991 bestand eine große Aufgabe des ZEMCC und des ZIMT, ihre Unparteilichkeit unter Beweis zu stellen. Da- her verwies das amerikanische „Z-Vote Team“ des Carter Center und des „National Democratic Institute“ in ihrem Abschlußbericht von 1992 auf die Notwendigkeit, dass die NGOs ihre Legitimität bestätigen sollten, wofür das „Z-Vote Team“ folgende Maß- stäbe anführte:

„The Zambian experience also indicates that domestic election monitoring organizations must make concerted efforts to con- firm their own legitimacy. (...) The Carter Center and NDI (...) concluded, however, that the most capable groups were those

470 Abgefragt durch Fragenkomplex Nr. 4 des NGO-Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist. 471 Bjornlund: 1992, S. 428. 472 Abgefragt durch Fragenkomplex Nr. 1 und 7. des NGO-Fragebogens, der im An- hang einzusehen ist. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 140

that elected their leaders and which could draw upon organized supports from major institutions in civil society.“473

Im Mikrokapitel wird noch ausführlicher diskutiert, ob eine binnendemokratische und soziale Verankerung einer NGO auch Aussagen über ihre Legitimität zu lassen, denn durch die im Transitionsprozess in Zambia gegründeten NGOs - wie im Menschen- rechtsbereich - sind wichtige Akteure in die politische Arena getreten, die den beiden zi- tierten Kriterien „elected their leaders and which could draw upon organized supports from major in- stitutions in civil society” zwar nicht entsprechen, aber als hoch professionalisierte NGOs mit bis zu 25 Mitarbeitern in der politischen Menschenrechtsarbeit arbeiten und sich e- her als Dienstleistungs- denn als sozial verankerte NGO sehen wollen.474

Die Analyse der aktuellen Entwicklungen der NGOs und der gesamten Zivilgesellschaft wird zeigen müssen, ob die skizzierten anfänglichen Problemlagen die NGO-Landschaft in Zambia weiterhin prägten und welchen neuen Veränderungen die NGOs durch die Systemwechselprozesse und die eigenen Dynamiken unterworfen waren.

473 Bjornlund: 1992, S. 430. 474 Vgl. das Kapitel 3.2.3. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 141

2.3.2 Politische Entwicklungen bis 1996: Zwischen Wandel und Kontinuität ?

„It is doubtful if a new democratic government can use the same state structure which had been employed by an earlier government to intimidate, exploit, and repress the people for genuinely alternative programs. The MMD has not tried to dis- mantle and restructure the repressive Zambian state. Rather, it has tried to accommodate the same elites, institutions, constitu- encies, and interests which aided Kaunda in running down the economy and squandering possibilities for growth, develop- ment, and democracy.“475

Das Kapitel wird analysieren, ob es der neuen Regierung gelingen konnte, die hohen Erwartungen nach einem wirklichen Wandel in Zambia zu erfüllen oder wie im obigen Zitat beschrieben in Kontinuität zu den Strukturen aus der Ära Kaunda verfahren wird.

Das Kapitel 2.3.2.1 wird zunächst die Entwicklung des einstigen Sammelbündnisses zur Regierungspartei MMD zusammenfassen, um der Frage nach einem Wandel in der Drit- ten Republik nachzugehen. In einem nächsten Schritt wird das ambitionierte ökonomi- sche Liberalisierungsprogramm der neuen Regierung in Kapitel 2.3.2.2 vorgestellt, das 1995 insofern ein Novum in der zambischen Geschichte darstellte, da es das erste zum Abschluss geführte Abkommen mit dem IWF und der Weltbank in Zambia war. Die detaillierten Ausführungen über die ökonomische Entwicklung nach 1991 verfolgen das Ziel, zu einem besseren Verständnis der in diesem Bereich aktiven NGOs auf der Mik- roebene beizutragen.476 Der Schwerpunkt liegt auf der im Kapitel 2.3.2.3 ausführlich be- schriebenen Verfassungsdebatte, die nicht nur das Vorfeld der Wahlen von 1996, son- dern bis in die jüngste Gegenwart 2001 die zambische Politik und die NGO-Landschaft beschäftigen. Abgerundet wird das Kapitel durch die Ausführungen zu den zweiten Wahlen von 1996 in Kapitel 2.3.2.4, das somit zum Verständnis der untersuchten Akti- vitäten der lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs auf der Mikroebene beitragen wird.

475 Ihonvbere, Julius O.: The crisis of democratic consolidation in Zambia, in: Civili- sations 2 (1996), Bruxelles, S. 109. Künftig zitiert als: Ihonvbere: Civilisations 1996. 476 Vgl. zu den mit der ökonomischen Liberalisierung verzahnten Aktivitäten der NGOs wie den Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme und der Bo- denrechtsreform von 1995 auf der Mikroebene das Kapitel 3.2.2. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 142

2.3.2.1 Kontinuität durch Wandel: Eine Bewegung wird Partei

„Yet the MMD has not succeeded in transforming itself from a movement to overthrow UNIP‘s authoritarian government into a party with a unity of purpose and policy. (...) As soon as the MMD formed the government, however, its unity vanished. It was wracked by intra-party factional struggles for control of some of the provinces.“477

Der wahre Charakter der zunächst als „loses Sammelbündnis ohne ausreichend langen Reifungsprozess“478 angetretenen MMD zeigte sich bereits kurz nach den Wahlen von 1991: Der anfänglichen Euphorie in der Bevölkerung folgte Ernüchterung, denn die MMD verspielte schnell den gewonnenen Vertrauensvorschuss durch das Ignorieren ih- rer Wahlkampfversprechen:479 Die angekündigten Reformen, wie die Privatisierung der Medien und der Abbau der präsidialen Befugnisgewalten sowie die Eindämmung von Korruption und Patronage, blieben zunächst leere Versprechungen. Statt der mit der Demokratie erhofften Partizipation und Transparenz wies die Dritte Republik eine „bemerkenswerte Kontinuität in der Persönlichkeitsorientierung“480 zur Ära Kaunda auf, in der die Politiker weiterhin das Staatsamt zur eigenen Bereicherung und zum Aufbau ihrer klientelistischen Netzwerke nutzten. Auf dem Weg eines heterogenen Sammel- bündnisses aus privaten Geschäftsleuten, Gewerkschaftsvertretern, Intellektuellen und UNIP-Veteranen zu einer neuen politischen Partei konnte sich innerhalb der MMD rasch die Fraktion der „business community“ durchsetzen: 481

„Though the MMD drew its organisational strength from the la- bour movement, its campaign funds were provided by the busi- ness class. As a result, Chiluba‘s first cabinet was dominated by individuals associated with the business community. In order to ensure control over the direction of economic policy, key eco-

477 Sandbrook: 1996, S. 77. 478 Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1992. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1993, S. 375. Künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1993. 479 Die Wahlkampfversprechen sind im MMD-Manifest dokumentiert: Siehe Meyns: 1995, S. 182-203. (Anhang 5: Movement for Multi-Party Democracy (MMD) – Manifesto, 1991) 480 Meyns: 2000, S. 170. 481 Vgl. Bartlett: 2000. Der Autor stellt heraus, dass die Fraktion der Geschäftsleute sich bereits in der Liberalisierungsphase 1990 durchsetzte. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 143

nomic ministries were given to individuals with business inter- ests.“482

Die „Business-Fraktion“ geriet innerhalb der MMD schnell unter Beschuss, denn als Mitte des Jahres 1992 einer der Gründungsväter die MMD wegen „grassierender Kor- ruption“483 verließ, zielte er genau auf diese betuchte Fraktion in der Partei. Die internen Zerwürfnisse der MMD mündeten in der Abspaltung des „Caucus for National Unity“ (CNU), einer aus dem Kreis der „Jungtürken“ entstandenen Interessensgruppe in der MMD, die sich für mehr Transparenz, gegen die wachsende Korruption und das Über- gewicht der ethnischen Bemba Gruppe, zu der auch Chiluba gehörte, bei der Besetzung von Führungspositionen einsetzte.484 In der Reaktion Chilubas auf diese Abspaltung manifestierte sich bereits die Kontinuität des Politikstils „à la Kaunda“485: Seine Wider- sacher aus der Reihe der UNIP-Veteranen entließ Chiluba im April 1993 ohne eine Be- gründung, so dass Lise Rakner bereits nach zwei Jahren der neuen Regierung den Man- gel an demokratischen Werten bescheinigte.486

Der einsetzende Popularitätsverlust der Regierung in der Bevölkerung spiegelte sich be- reits zum Ende des Jahres 1992 in der von dramatischer „voter apathy“ gezeichneten Kommunalwahl wider: Nur weniger als zehn Prozent der registrierten Wähler beteilig- ten sich am 30.11.1992 an der Bestimmung der erstmals seit 20 Jahren wieder etablierten

482 Simutanyi, Neo: The politics of structural adjustment in Zambia, in: Third World Quarterly 4 (1996), London/Oxford, S. 832. 483 Meyns, Peter: Zambia, in: Nohlen, Dieter/ Nuscheler, Franz (Hrsg.): Handbuch der Dritten Welt, Band 5, Ostafrika und Südafrika, Bonn 1993, S. 493. Künftig zitiert als: Meyns: 1993. Über die Hälfte der MMD-Abgeordneten waren bereits nach zwei Jahren durch Posten an die Regierung gebunden. Als ein Beispiel für Amtsmissbrauch prangert der Gewerkschaftsdachverband ZCTU die Pläne zur Luxuswagenbeschaffung für Spitzenpolitiker an. Vgl.: Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1993. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1994, S. 386. Künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1994. Zu der Qualität der parlamentarischen Debatten konstatiert Donge: „It discredited itself notably when MPs considered Toyota Hi-Lux pick-ups not commensurate with their status and wanted top of the range Land Cruisers instead. Parliamentary debates hardly touch on policy.“ Donge, van Jan Kees: Zambia: Kaunda and Chiluba. Enduring patterns of po- litical culture, in: Wiseman, John A. (Hrsg.): Democracy and Political Change in Sub-Saharan Africa, London 1995, S. 215. Diese Kritik äußerten auch Ende 1999 einige Experten, Geberorganisationen und NGOs in Gesprächen mit der Autorin, sie unterstrichen dabei neben den immensen Kosten den Aspekt, dass die Straßen Zambias nicht für die neue Mercedes Klasse ausgerichtet seien, die mithilfe von Bundeswehrflügen im Jahre 1999 nach Lusaka transportiert wur- den. 484 Zu den Zielen des CNU: Anhang 17: Caucus for National Unity (CNU) – Views and Resolutions. March 1992 in Meyns: 1995, S. 292-296. 485 Meyns: 2000. 486 Vgl. Rakner 1994, S. 14. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 144

Selbstverwaltungskörperschaften, für die insgesamt 1190 Repräsentanten zur Wahl standen.487 Dreiviertel der Sitze und damit 50 der 55 Distrikträte konnte die MMD für sich verbuchen, wobei sie allerdings in 400 der 1190 Wahlbezirke ohne einen Gegen- kandidaten antreten konnte.488

Aus den MMD-Abspaltungen gingen indes zwei neue Parteien hervor, die 1993 gründe- te „National Party“ (NP)489 und der 1995 aus dem Reformflügel der MMD entstandene „Zambia Democratic Congress“ (ZDC). Die Vertreter des ZDC kamen überwiegend aus der jüngeren MMD-Generation, wie Chitala und Mung‘omba, die das Abweichen von den ursprünglichen Idealen einer demokratischen Erneuerung durch die Bereicherungssucht und Intoleranz der MMD-Führung sowie die Unterdrückung der Pressefreiheit anpran- gerten.490

487 Vgl. Baumhögger: Zambia 1993. Zur geringen Wahlbeteiligung trug bei, dass es für den Schritt in diesem „für eine tatsächliche Mitwirkung der Bevölkerung so überaus entscheidenden Bereich“ 13 Monate dauerte, a.a.O, S. 379. 488 Zum Dezentralisierungskonzept, das nach 1991 der aus der Ära Kaunda geerbten „over-centralised government machine“ entgegen wirken sollte, siehe ausführ- lich: Tordoff, William/ Young, Ralph: Decentralisation and Public Sector Re- form in Zambia, in: Journal of Southern African Studies 2 (1994), London, S. 285-299. Künftig zitiert als: Tordoff: 1994. Die positive Darstellung der Auto- ren des ambitionierten Dezentralisierungsprogramms, dem sich die Regierung seit März 1993 verschrieben hat, ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass dieser Artikel ein Ausschnitt aus ihrem Gutachten über das „District Develop- ment Support Programme“ der zambischen Regierung ist. Dennoch verweisen die Autoren kritisch auf die begrenzte Kapazität der lokalen Autoritäten durch „financial, staffing and infrastructural constraints“. Zum Vergleich der zambi- schen Dezentralisierungsansätze Anfang der 1990er Jahre mit anglophonen Staa- ten wie Ghana, Tanzania und Malawi siehe: Tordoff, William: Decentralisation: Comparative experience in Commonwealth Africa, in: Journal of Modern Afri- can Studies 4 (1994), London, S. 555-580. 489 Die NP unter dem Vorsitz Nkumbulas hatte bei Nachwahlen 1994 nur im Westen und Süden des Landes Einfluss und wies ebenfalls interne Zerwürfnisse auf. Vgl. Meyns, Peter: Zambia in der 3. Republik – Elitekonflikte und eine schwa- che Opposition, in: Meyns, Peter (Hrsg.): Staat und Gesellschaft in Afrika: Ero- sions- und Reformprozesse. Jahrestagung der VAD vom 28.-30. April 1995 in Duisburg, Hamburg 1996, S. 46-60. Künftig zitiert als: Meyns 1996. Der zambi- sche Politikwissenschaftler Chisepo Mphaisha, University of the Western Cape (Südafrika), beschreibt die internen Spannungen als „serious intra-leadership squabbles with ethnic overtones“ und zielt dabei auf die Ethnien Lozi, Tonga und Kaonde. Vgl. Mphaisha, Chisepo J. J.: Retreat from Democracy in Post One-Party State Zambia, in: Journal of Commonwealth & Comparative Politics 2 (1996), London, S. 75. Künftig zitiert als: Mphaisha: 1996. 490 Vgl. Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1994. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1995, S.395. Künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1995. Amnesty Internati- onal übte bereits Anfang der 1990er Jahre vehement Kritik an der zambischen Regierung wegen der Verletzung der Menschenrechte durch die Aushöhlung des Rechtsystems. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 145

Bis 1994, in dem Jahr als sogar der Vize-Präsident aufgrund der wach- senden Verantwortungslosigkeit der Regierung zurücktrat,491 waren seit den Wahlen von 1991 bereits über ein Drittel der Kabinettsmitglieder ausgeschieden. Vor diesem Hinter- grund ließen sich die wiederholten Kabinettsumsetzungen Chilubas als Hilflosigkeit und mangelnde politische Programmatik interpretieren.492

Das Profil der neuen Regierung: Nicht nur korrupt, auch kriminell?

„Playing on the frequent allegations of drug trafficking against Chilubas‘s ministers, Kaunda constantly referred to the move- ment as ‘Movement for Mandrax Dealer’.“493

Zum erosionsartigen Legitimitätsverlust der Regierung führte neben der ausufernden Korruption494 auch ihre Verstrickung in kriminelle Aktivitäten, wie in den Handel mit der synthetischen Droge Mandrax:495 Zu den in den Drogenhandel verwickelten Mitglie- dern des Kabinetts gehörten auch der Vize-Präsident der Nationalversammlung und Ex- UNIP Politiker Sikota Wina, seine Ehefrau Nakatindi Wina496, die auch ein Ministeramt bekleidete, und sogar der Außenminister Vernon Mwaanga.

491 Der volle Wortlaut der Rücktrittserklärung Mwanawasas wurde in der Tageszei- tung Zambia Daily Mail am 7.7.1994 veröffentlicht und ist nachzulesen im An- hang 22: Resignation Statement by the Vice-President Hon. Levy Patrick Mwa- nawasa, July 1994, in: Meyns: 1995, S. 325-333. 492 Mitte 1995 setzte sich die Nationalversammlung durch bis dahin stattgefundene Nachwahlen wie folgt zusammen: 120 MMD, 27 UNIP, 3 NP Sitze. Vgl.: Baum- högger: Zambia 1995, S. 396. Chilubas Bemühen die heterogenen Interessen in- nerhalb der MMD zu befriedigen, drückte sich in dem Aufblähen des Regie- rungsapparates aus: 35 Prozent der Abgeordneten berief er in sein Kabinett. Vgl. Meyns. 1995, S, 108. Zwischen den Wahlen von 1991 und Oktober 1995 fanden insgesamt 45 parlamentarische Nachwahlen statt, über die Hälfte ist auf das Versterben von Abgeordneten und der restliche Anteil auf Parteiaustritte zurückzuführen. Vgl. Baylies: 1997, S. 115. 493 Ihonvbere, Julius O.: Threats to democratization in Sub-Saharan Africa: The case of Zambia, in: Asian and African Studies 3 (1993), Jerusalem, S. 223. Künftig zitiert als: Ihonvbere: 1993. 494 Als Korruptionsvorwürfe wurden genannt: Die Vergabe von öffentlichen Aufträ- gen an Firmen, an denen Minister oder andere der Regierung nahe stehenden Personen beteiligt waren, die Abwicklung von Rüstungsgeschäften über Firmen von Regierungsmitgliedern, die Annahme von Bestechungszahlungen einer süd- afrikanischen Firma bei Aufträgen aus dem Wohnungsbauministerium. Vgl. Meyns: 1995, S. 110. Der Vorsitzende der CCJP, Joe Komakoma, betonte in ei- nem Interview die bestehenden Verwicklungen von Wirtschaft und Politik: Sie- he im Mikroteil das Kapitel 3.2.2. 495 Auf die Anfänge des Drogenhandels mit Mandrax in der Zweiten Republik ver- weist bereits Gatian Lungu. Vgl. Lungu: 1986. 496 Die Ernennung des Ex-UNIP Ehepaars Wina zu hohen Regierungsämtern im Ka- binett Chiluba erregte Aufsehen, denn der Bericht der 1986 von der UNIP Re- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 146

Die zambische Regierung, die sich gerade in der internationalen Arena als Musterschüler der „dualen Liberalisierung“ von Politik und Ökonomie profilierte, konnte sich einen Imageverlust, zu dem „Kolumbien Afrikas“ zu generieren, nicht leisten und reagierte so- fort auf den Ende des Jahres 1993 ausgeübten Druck der internationalen Gebergemein- schaft. Auf der Sitzung des Pariser Clubs zu Zambia ermahnten die Geber die Regie- rung ausdrücklich, gegen den Drogenhandel und die Korruption vorzugehen.497 Die Re- gierung Chiluba beugte sich dem Drängen, so dass zu Beginn 1994 das Ehepaar Wina sowie der Außenminister Mwaanga von ihren Ämtern zurücktraten, um eine Prüfung der gegen sie erhobenen Vorwürfe wegen der Verwicklung in den Drogenhandel zu er- möglichen. Der Schritt wurde als klarer Erfolg der Gebergemeinschaft interpretiert:

„It was international donors‘ threat to withhold US$ 1,300 mil- lion in aid to Zambia which led to the resignation of some al- leged corrupt and drug trafficking officials.“498

Auffällig blieb in dem Skandal, dass Chiluba die Personen, die als besonders korrupti- onsanfällig galten, schonte.499 Das Verhalten konnte vor dem Hintergrund des Austau- schens von staatlichen Ressourcen gegen die Vergabe von politischen Ämtern einge- ordnet werden, denn gerade die Fraktion der Geschäftsleute finanzierte die MMD auf ihrem Weg zur politischen Partei.500 In dem Kontext krimineller Machenschaften der Regierungspartei erregte auch der dreiwöchige Ausnahmezustand im März 1993 als Antwort auf den „Zero Option Plan“ innen- und außenpolitisches Aufsehen und nährte weitere Zweifel an den politischen Praktiken der MMD.501

gierung eingesetzten Chaila-Kommission zur Untersuchung des Drogenhandels, bestätigte, dass das Ehepaar eindeutig in den Handel mit Mandrax verwickelt war. Vgl. Anhang 19: The Chaila Tribunal Report on drug-trafficking: the Wi- nas, in: Meyns: 1995, S. 305-313. 497 Vgl. Meyns: 1995, S. 112 und Ihonvbere: 1993, S. 230. 498 Osei-Hwedie, Bertha Z.: Constitutional Amendments in Zambia: A challenge to Democracy?, in: Politikon 2 (1997), Pretoria, S. 50. Künftig zitiert als: Osei- Hwedie: 1997. 499 Vgl. Meyns 1995: S. 108. 500 Der Drogenskandal brachte andere Konflikte an die Oberfläche: So bildete weder die MMD noch die Fraktion der Geschäftsleute einen in sich monolithischen Block, denn die Fraktion der Geschäftsleute spaltete sich in die in den Drogen- skandal verwickelten Politiker und die Gruppe der so genannten „ Mafia“ um den Finanzminister Penza. Chiluba wich dieser Fraktionierung aus, indem er dem Patronagesystem folgend jüngere Politiker aus den Provinzen berief, deren unbedingter Loyalität er sich sicher sein konnte. Vgl. Meyns: 1995, S. 114. 501 Gegen die Ratifizierung des Ausnahmezustands stimmten drei MMD Abgeordnete, die daraufhin systematisch aus der Partei gedrängt wurden. Vgl. Mphaisha: 1996, S. 81. Der Ausnahmezustand galt in der gesamten Ära Kaunda und wurde erst im November 1991 aufgehoben. Vgl. Burnell, Peter: Zambia at the Cross- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 147

Die Veröffentlichung des im Februar 1993 als „Zero Option Plan“ der UNIP502 dekla- rierten Aufrufs zum zivilen Ungehorsam gegen die Regierung erfolgte in der regierungs- eigenen „Times of Zambia“503. Dadurch erweckte die Aktion den Verdacht, dass sie ei- genmächtig vom staatlichen Geheimdienst veranlasst sei, um nach außen eine Begrün- dung für die Ausrufung des Ausnahmezustandes anzuführen, der den Sicherheitskräften weitgehende Befugnisse im Umgang mit den Opponenten - insbesondere die Verhaf- tung ohne Gerichtsverfahren - ermöglichte.504 Taktisch klug nutzte der Ex-Präsident Kaunda diese Regierungskrise Mitte des Jahres 1994 für die Ankündigung seiner Rück- kehr in die Politik, für die er bereits bei einigen Chiefs und traditionellen Führungsper- sönlichkeiten im Rahmen einer Reise in einige Provinzen um Unterstützung warb.505 Kaundas Comeback prägte entscheidend die weitere politische Entwicklung Zambias, denn das darauf folgende Jahr 1995 war von dem Ansinnen der MMD geprägt, mit allen Mitteln eine Rückkehr Kaundas in die politische Arena zu verhindern.506

Fazit und Ausblick:

Der Entwicklungsweg des einstigen Sammelbündnisses zur Regierungspartei machte deutlich, dass die Impulse für den ersehnten Demokratisierungsprozess weder von der neuen Regierung noch den alten und neuen Oppositionsparteien ausging. Vor dem Hin-

roads, in: World Affairs 1 (1994), Washington D.C., S. 28. Künftig zitiert als: Burnell: 1994. 502 Von Zerrissenheit war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls die UNIP geprägt: 1992 spaltete sich von ihr die Partei „United Democratic Party“ unter dem wohlha- benden Unternehmer Kavindele ab. Vgl.: Meyns: 1993 und Baumhögger: Zambia 1993. 503 Vgl. Baumhögger: Zambia 1994, S. 385. In diesen Kontext können auch die späte- ren Komplottversuche der „Black Mamba“ im Jahre 1996 sowie der Putschver- such von 1997 gestellt werden. Siehe das Kapitel 2.3.3.2 504 Zum „Zero Option Plan“ siehe das Kapitel “The ‘Zero Option’ Episode: Stretch- ing the Limits of Zambian Democracy”, in: Ihonvbere, Julius O.: Economic cri- sis, civil society, and democratization: the case of Zambia, Trenton/New Jersey 1996, S. 224-234. Künftig zitiert als: Ihonvbere: 1996. 505 Vgl. Baumhögger: Zambia 1995. Kritisch merkt hier Donge an, dass Kaunda er- neut seinen Popularitätsverlust ignorierte und vorschob, seine Rückkehr in die Politik entspräche dem „popular will“. Vgl. Donge: 1998, S. 90. 506 Vgl. Baumhögger: Zambia 1995. Zuvor schlug der Versuch, Kaunda zu depor- tieren fehl: „Following Kaunda‘s announcement of his return to ‘active’ poli- tics, President Chiluba and his government tried to deport Kaunda and other senior UNIP officials to Malawi with the assistance of President Bakili Muluzi of Malawi. However, the plot failed to materialize following one day protest, looting and rioting by UNIP in Lusaka.“ Osei-Hwedie: 1997, S. 43. Kaunda wird im Juni 1995 auf dem Parteikongress erneut zum Vorsitzenden der UNIP ge- wählt, womit die Partei die Chance zu einer grundlegenden Erneuerung ver- spielt, was Meyns in Anlehnung an den Artikel über die Zweite Republik von Good „Back into the future“ als Rückkehr zu ihrer gescheiterten Politik beti- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 148 tergrund dieser ernüchternden Regierungsbilanz der ersten Jahre setzte sich in der Be- völkerung der Trend der politischen Apathie fort, der mit der geringen Wahlbeteiligung von unter zehn Prozent bei den Kommunalwahlen vom Dezember 1992 begann und bis Ende des Jahres 1995 anhielt, als sich weniger als 20 Prozent aller Wahlberechtigten in die Wählerregister für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 1996 eintru- gen.507 Bereits zwei Jahre nach ihrem von Euphorie im In- und Ausland begleiteten Wahlsieg verspielte die neue Regierung ihren Vertrauensvorschuss, so dass der Politik- wissenschaftler Peter Burnell kritisch hinterfragt:

„Barely two years into the life of the new government, opposi- tion politicians and elements of the press are severely criticizing the political and economic performance of the government. Furthermore, they note that informed opinion in the United States, which is keen to point to a model example of a properly functioning democratic state in the region, has shifted its atten- tion away from Zambia and to the much younger sovereign state of Namibia. What has gone wrong in Zambia, and why so soon?“508

telt. Vgl. Meyns: 1995, S. 134 und Good, Kenneth: Zambia: Back into the Fu- ture, in: Third World Quarterly 1 (1988), London/Oxford, S. 37-53. 507 Vgl. Meyns: 1996, S. 58 und Burnell: 1994, S. 23. Damit zeigte sich bereits der von Peter Burnell aufgezeigte Weg des Nichtwählens statt des Wechselwählens. Vgl. Burnell: 2000. 508 Burnell: 1994, S. 19f. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 149

2.3.2.2 Das ökonomische Liberalisierungsprogramm als Trumpfkarte?

„The economic legacy from the previous government meant that the MMD government faced an unmanageable debt servicing problem, a severe shortage of foreign exchange, excessive budget deficits which averaged 10% of GDP, inflation of over 100%, an eroded social and physical infrastructure and a decline in formal sector employment. (...) To turn this economic legacy round required political skill, luck and popular support. The new government was able to count on its popular mandate to implement harsh economic measures and to do so in a short space of time so as not to give anti-reform groups an opportu- nity to oppose them.“509

Die Regierung Chiluba trat ein schweres Erbe an, denn die staatlich zentralisierte Wirt- schaftspolitik mit einem stark aufgeblähten öffentlichen Sektor hinterließ ihre Spuren: Zambia war am Ende der 1980er Jahre das Entwicklungsland mit der höchsten pro Kopf Verschuldung510, in dem privatwirtschaftliche Initiativen im Keim erstickt, auslän- dische Investoren durch die maroden Staatsbetriebe abgeschreckt und die Preise für Grundnahrungsmittel durch eine staatliche Subventionspolitik künstlich niedrig gehalten wurden, um die „urbanen Interessen“ zu befriedigen und als Wahlklientel zu erhalten. Verstärkt durch die ausufernde Korruption entstand somit ein Klima, das nicht nur po- tentielle ausländische Investoren, sondern auch inländisches Know-how bremste, wie der Leiter der Bediensteten im zambischen „State House“ zusammenfasst:

„Survival in the world economy will require hard work and sen- sible policies. In our poor countries, people sometimes lack mo- tivation because they see the rewards for diligence are paltry, while the rewards of corruption and nepotism are lavish. Hard work is thus discredited and the people become cynical. Corrup- tion is not only a moral issue, therefore, but a practical matter

509 Simutanyi, Neo: The politics of structural adjustment in Zambia, in: Third World Quarterly 4 (1996), London/Oxford, S. 828. 510 Die pro Kopf Verschuldung betrug 900 US$. Tordoff, William: Political Liberali- zation and Economic Reform in Africa, in: Democratization 1 (1994), London, S. 110. Künftig zitiert als: Tordoff: 1994. In der Literatur ist auch ein höherer Wert zu finden: „Zambia‘s external debt of nearly US$ 1000 per capita exceeds that of Brazil.“ Chikwanda, A.B.: Zambia – the challenge posed starkly, in: In- ternational Review of Administrative Sciences 4 (1993), London/New Delhi, S. 581. Künftig zitiert als: Chikwanda: 1993. Im Gegensatz zu Zambia war bei- spielsweise Brasilien ein wirtschaftlich bedeutender Großschuldner. Einen guten Überblick über die Verschuldungskrise gibt: Andersen, Uwe: Internationale Ver- schuldungskrise, in: Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik, Opladen 1998, S. 183-191. Künftig zitiert als: Andersen: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 150

distorting, as it does, the rewards between hard work, on the one hand, and indolence and irresponsibility on the other.“511

Die wirtschaftliche Krise bildete die mobilisierende Kraft gegen das Einparteisystem der Zweiten Republik und verwandelte den einstigen Gegner einer ökonomischen Liberali- sierung, den ZCTU, in einen Befürworter der Politik. Die anfängliche Bereitschaft des Gewerkschaftsdachverbandes, der insgesamt 80 Prozent der Arbeiterschaft des forma- len Sektors repräsentierte, auch die sozialen Härten in Folge des Reformprogramms in Kauf zu nehmen, trug wesentlich dazu bei, dass in Zambia zu Beginn der 1990er Jahre nicht mehr die Frage ob, sondern wie ökonomische Reformen zu implementieren seien, die politische Debatte bestimmte.512

Das ökonomische Reformprogramm ab 1992

„The complex, technical nature of the various structural ad- justment facilities and negotiations between the IMF/World Bank and the Zambian government add credence to a comment by the Director of USAID in Zambia who claimed that maybe only 4-5 people in Zambia understood the actual contents of the reform programme.“513

Bei aller Komplexität der mit dem IWF und der Weltbank vereinbarten Reformpro- gramme waren die Ziele des auf dem Konsultativgruppentreffen im März 1992 vorge- stellten „Policy Framework Paper“ klar identifizierbar: Die zambische Regierung ver- schrieb sich einem ambitionierten Liberalisierungs-, Privatisierungs- und Diversifizie- rungsprogramm der Ökonomie mit dem Ziel, durch die Einführung einer freien Markt- wirtschaft neue Investoren anzuziehen, um die auf diesem Wege gewonnenen Devisen für den Schuldendienst einzusetzen, um somit das Vertrauen der internationalen Finanz- institutionen zurück zu gewinnen.514 Zum ersten Mal in seiner Geschichte brachte Zam- bia im Jahre 1995 ein vereinbartes Programm mit dem IWF und der Weltbank zum Ab-

511 Chikwanda: 1993, S. 583. 512 Vgl. Rakner, Lise: Political Transition and Economic Reform. The Role of Labour in Zambian National Politics, in: Forum For Development Studies 2 (1993), Oslo, S. 136. Künftig zitiert als: Rakner: 1993. 513 „Personal interview, Joseph Joe Stepanek. Lusaka, September 12, 1996.“ Zitiert nach Rakner: 1998, S. 198. 514 Vgl. Meyns: 1993. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 151 schluss.515 Die Regierung implementierte zwar - wie die folgende Abbildung verdeutlicht - zuerst die Maßnahmen, die auf die makroökonomische Stabilisierung und die Strei- chung von Subventionen im Agrarbereich abzielten516, wohingegen sie durch die wahl- taktische Verschiebung der politisch sensitiven Bereiche, wie die Privatisierung der Mi- nenindustrie und die Reform des öffentlichen Sektors, nach den Wahlen von 1996 im- mense Kosten für den zambischen Haushalt verursachte.517

Das Reformprogramm mit den in der folgenden Abbildung dargestellten drei Hauptzie- len konnte bis 1996 zum Teil beachtliche Erfolge vorweisen. Die Abbildung skizziert nun die Ziele, Instrumente und Implementierungsschritte des ökonomischen Reform- programms.

Abbildung 2-7: Ökonomisches Liberalisierungsprogramm von 1992 bis 1996518

Ziel Instrumente Implementierung

1. Makroökonomische Eindämmung der Inflation durch 1991: Durch sofortige Streichung Stabilisierung monetäre und fiskalische Maßnah- staatlicher Subventionen für Mais- men zur Reduzierung der Ausgaben mehl stieg der Preis bis 1992 um 700 und Steigerung der Einnahmen: % an.

• Drastische Kürzug der staatlichen Dadurch Einsparung von 17 % des Subventionen staatlichen Budgets, während die Subventionen für die ZCCM auf- rechterhalten und ein Extra-Budget für den öffentlichen Dienst eingeführt wurden.

515 Durch den Abschluss des zambischen „Rights Accumulation Programme“ (RAP) von 1992-1995 mit dem IWF, konnte das nächste Programm von 1995-1998 „Enhanced Structural Adjustment Facility“ (ESAF) vereinbart werden. Bis 1996 schloss Zambia zusätzlich jedes Jahr ein Abkommen mit der Weltbank ab. Siehe ausführlich: Rakner: 1998, S. 203. 516 Vgl. Larsson: 2000. 517 Vgl. World Bank: Zambia: Prospects for Sustainable Growth 1995-2005. Report No. 15477-ZA, Washington DC 1996; World Bank: Implementation completion report, Zambia: Economic and social adjustment credit. Credit 2577-ZA, Wa- shington DC 1996. Zitiert nach Rakner: 1998, S. 111. Neben dieser Verschie- bung und der Verschuldung kritisiert eine aktuelle Studie im Auftrag der Welt- bank vor allem den „lack of a coherent strategy for economic growth“. Rakner, L./ van de Walle, N. /Mulaisho, D.: Aid and Reform in Zambia: Country Case Study. World Bank programme on Aid and Reform in Africa, 1999. Künftig zi- tiert als Rakner: 1999. 518 Die Angaben sind entnommen aus: Bigsten: 2000; Rakner: 1998 und Rakner: 1999. Zu den im Rahmen der Reformen erlassenen Gesetzen siehe: Mphaisha: 1996, S. 68: „The promulgation of these laws arguably made Zambia one of the most lib- eralised economies in the world.“ Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 152

• Reduktion der Verschuldung im 1992 bis 1995: IMF Abkommen Rahmen neuer Abkommen mit inter- „Rights Accumulation Programme“ nationalen Finanzinstitutionen (RAP) als Voraussetzung für die 1995- 1998 eingeführte „Enhanced Structu- ral Adjustment Facility“ (ESAF)

• Zur Kontrolle des Haushaltes Imp- 1993: Einführung eines cash budget: lementierung eines auf Bargeld basie- Die wird angewiesen renden staatlichen Budgetierungsystems der Regierung Transaktionen abzu- schlagen, so lange die Einnahmen dafür nicht vorliegen.

• Verbesserung des Steuereinnahme- 1994: Gründung der „Zambia Reve- systems nue Authority“: Personaleinsparung durch die Einführung computerisier- ter Steuerbescheide

1995: Erhöhung der Steuereinnahmen durch Einführung der Mehr- wertsteuer

2. Ökonomische Libe- Zum Anreiz privatwirtschaftlicher 1992: Einführung eines Bureaux de ralisierung Initiativen und ausländischer Inves- Change Systems für Devisen; voll- toren Zurückdrängen des Staates ständige Determinierung der Wech- durch: selkursrate vom Markt

• Umfassende Liberalisierung des 1994 wird der zambische Kwacha als Devisenmarktes einer der wenigen Währungen in Afrika völlig konvertibel.

• Liberalisierung des inländischen 1993: Bank of Zambia streicht alle Geldmarktes Restriktionen für Kredite und Geld- einlagen. Die offizielle Zinsrate wird ab 1993 von administrativen Kontrol- len befreit.

• Liberalisierung des Außenhandels 1992: Vollständige Abschaffung der Restriktionen durch Zölle oder quan- titative Grenzen: Die freie Einfuhr von Importen setzt dem Schlangeste- hen aus der Ära Kaunda (für Güter wie bspw. Speiseöl, Zucker) ein Ende. Die Bevölkerung begrüßt auch die Verbesserung der Angebote im Trans- portwesen.519 Lokale Produkte müs- sen nun wettbewerbsfähig mit importierten Produkten sein.

3. Institutionelle Re- Zur Stärkung privatwirtschaftlicher Wahltaktische Verzögerung formen Initiativen und Abbau der staatli- chen Monopolstellung durch:

• Public Sector Reform Programme, Obwohl schon 1993 beschlossen, mit dem Ziel von 1993 bis 1996 insge- wurden bis 1996 keine Staatsbeamten samt 25 % des öffentlichen Sektors entlassen520 und der Sektor stieg sogar

519 Bratton/van de Walle: 1997. 520 Lediglich 15.000 in der unteren Lohngruppe wurden entlassen. Vgl. Rakner: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 153

abzubauen auf 19 % bis 1994 an. Von Experten wird der ineffiziente öffentliche Dienst als Hauptbremser der Ent- wicklung angesehen. Wiederaufnahme des Programms erst 1997.521

• Privatisierung der 275 Parastatal 1992: Privatisation Act verabschiedet und Gründung der „Zambian Privati- sation Agency“ zur Überwachung des Privatisierungs-Programms. Innerhalb der nächsten 10 Jahre sollten alle 275 Parastatal privatisiert sein, die 1991 insgesamt 80 % des GDP ausmach- ten.

Bis Ende 1995 sind erst 45 der 275 Firmen privatisiert. Aus wahltakti- schen Gründen verschiebt die Regie- rung die Privatisierung der Minenin- dustrie auf 1997. Im Februar 1997 stimmt die Regierung der Privatisie- rung des Minenkonglomerates zu, die sich bis Anfang 2000 hinstreckte und pro Tag bis zu eine Millionen US$ Verlust machte.522

• Liberalisierung des Agrarsektors 1992: Entgegen der Verzögerung bei der Minenindustrie wurde der Agrar- bereich in einer Schocktherapie libera- lisiert: 1992 wird die Vermarktung und Verarbeitung aller Agrarprodukte liberalisiert. Die staatlich garantierten Preise für Mais, der auf 70 % der Fläche wächst, hebt die Regierung nach der Dürre 1993 auf. Die Refor- men haben bis 2000 zu keiner Diver- sifizierung der Mais dominierten Landwirtschaft geführt.523

1995: Land Act Um ausländische

521 Die Autoren der Studie an der Universität Göteborg resümieren: „Still, the bloated and inefficient public service remains a serious growth constraint. The administrative capacity has also deteriorated further due to the heavy toll of HIV/AIDS.“ Bigsten: 2000, S. 9. 522 „During 1998, ZCCM was losing one million dollars per day.“ Bigsten: 2000, S. 9. 523 Obwohl die Reformen eine Diversifizierung im Agrarbereich vorsahen, verweist eine aktuelle Studie der Weltbank auf die Stagnation: „the share of area planted to maize in 1996 and 1997 was higher than it had been in 1990. (...) It appears that policy reforms have contributed to stagnation or even regression, instead of helping Zambia‘s agricultural sector realize the strong regional growth link- ages that have been demonstrated in the literature.“ Deininger, Klaus/Olinto, Pedro: Why Liberalization Alone Has Not Improved Agricultural Productivity in Zambia. The Role of Asset Ownership and Working Capital Constraints, Policy Research Working Paper of the World Bank, Washington DC March 2000. Auf das landwirtschaftliche Potential aufgrund guter klimatischer und bodenspezifi- scher Bedingungen verweist auch: Chikwanda: 1993, S. 579. Zur Liberalisierung des Agrarsektors siehe: Pletcher, James R.: Agriculture and the dual transition in Zambia, in: Journal of Developing Areas (2) 1999, Macomb./Illinois, S. 199- 222. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 154

Investoren zu locken, sollte eine Än- derung des Landgesetzes die Besitzti- tel für Land einführen und eine Um- wandlung von nach Gewohnheits- recht gepachteten Land in Pachtbesitz ermöglichen.524

Die politische Interpretation des ökonomischen Liberalisierungsprogramms

Die Abbildung verdeutlicht, dass die Regierung Chiluba bei der Implementierung des ökonomischen Reformprogramms den politischen Kosten eine Priorität vor den realen Kosten einräumte: Aufgrund der Angst, bei den Wahlen von 1996 Wählerpotential in dem für die MMD strategisch wichtigen Kupfergürtel durch die Privatisierung der Mi- nenindustrie zu verlieren, verzögerte die Regierung die Privatisierung der ZCCM, wo- durch Zambia täglich Kosten zwischen einer bis drei Millionen US-Dollar entstanden.525 Zudem verzögerten auch die Interessen innerhalb der staatlichen Bürokratie die Straf- fung des öffentlichen Dienstes. Daher resümiert Rakner in ihrer Dissertation über die duale Liberalisierung in Zambia, dass der Regierung bei den mit dem IWF und der Welt- bank vereinbarten Reformprogrammen ein beachtlicher Manövrierraum bei der Ausgestaltung verblieb.526 Nicht nur innenpolitisch nutzte die Regierung das Reform- programm zum Machterhalt, auch in den internationalen Beziehungen und dem Kon- takt mit IWF und Weltbank warf die MMD ihre Erfolge im Bereich der makroökono- mischen Stabilisierung527 in die Waagschale:

Die Regierung setzte die partiellen Erfolge bei den multilateralen Institutionen als Trumpfkarte gegen die schlechte Bilanz im politischen Bereich - wie in Menschenrechts- und Demokratisierungsaspekten - ein528, worauf das Kapitel 2.3.2.3.2 noch eingehen wird. Obwohl der IWF und die Weltbank ihre Finanzzusagen an die Erfolge im öko- nomischen und politischen Bereich koppelten, indem sie wie die bilateralen Geber auf

524 Das Engagement zambischer NGOs in der Landrechtsreform findet auf der Mik- roebene ausführlicher Eingang. 525 Vgl. Erdmann, Gero: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1999. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 2000, S. 420. Künftig zitiert als: Erdmann: 2000. Siehe auch: Rakner: 1998, S. 278. 526 Vgl. Rakner: 1998, S. 88 und S. 121. 527 Die Weltbank merkt jedoch an, dass nur wenig neue Investoren in Zambia ange- zogen werden konnten. Vgl. Rakner: 1998, S. 96. . 528 Vgl. Rakner: 1998, S. 187. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 155

„good governance“529 pochten, belegt das zambische Beispiel, dass sie der ökonomi- schen Liberalisierung mehr Gewicht zollten als der politischen Entwicklung, da sie als Finanzinstitutionen an ihren Zusagen trotz der massiven Verletzung der Menschen- und politischen Rechte, der ausufernden Korruption und der mangelnden Partizipati- ons- und Wettbewerbsmöglichkeit festhielten. Daher geriet die auf den Erfolg im Be- reich der politischen Demokratisierung pochende bilaterale Gebergemeinschaft Zambi- as in einen direkten Konflikt mit den multilateralen Finanzinstitutionen. Die Inkohärenz in der Anwendung der Sanktionspolitik der multi- und bilateralen Geber drückte sich in Zambia besonders deutlich im Rahmen der Verfassungsdebatte aus, die als Achillesverse des gesamten Demokratisierungsprozesses bezeichnet werden kann und im folgenden Kapitel 2.3.2.3 noch ausführlich vorgestellt wird, da die NGOs in der Debatte eine ex- ponierte Stellung als zivilgesellschaftliche Akteure einnahmen.

Fazit und Ausblick

Die Regierung setzte das ökonomische Reformprogramm gezielt in der Innen- wie Au- ßenpolitik zum Machterhalt ein. Gemäß den Praktiken aus der Ära Kaunda erfolgte die Vergabe von hohen Posten im öffentlichen Dienst und die Vergabe von Aufträgen im Wirtschaftsbereich auch weiterhin nach der Nähe zur Partei, so dass nach 1991 von ei- ner „MMD-sierung“ der Ökonomie und damit von der Fortführung des Patronagesys- tems gesprochen wurde:

„A wider point being made here is that leaders like Chiluba use political patronage to co-opt their critics because they know that those affected either want material gain or want to protect their business interests through the possession of political power. It is mainly this realisation that explains the Chiluba government‘s emphasis on economic reforms which have been intended to benefit MMD leaders through the purchase of parastatal organisations and the winning of government con- tracts.“530

Die Frage blieb aber offen, warum eine Preissteigerung des Grundnahrungsmittels Mais bis zum Dezember 1992 um 810-878 Prozent531, die Bestandteil des vereinbarten Re-

529 Vgl. in der theoretischen Einbettung die Fußnoten 95 und 103. 530 Mphaisha: 1996, S. 81. 531 Vgl. Baumhögger: Zambia 1993. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 156 formprogramms war, nicht wie in den Jahren 1986 und 1990 zuvor geschehen zu ge- waltsamen Brotunruhen führte. Zwar kritisierten die Gewerkschaften, die christlichen Kirchen, die Oppositionsparteien und ab Mitte der 1990er Jahre auch die zambische „Justitia et Pax Commission“ die sozialen Auswirkungen der Strukturanpassungspro- gramme532, dass die Implementierung jedoch ohne Brotunruhen erfolgte, wurde mit der „Honeymoon These“533 und der geschwächten politischen Stellung des ZCTU nach 1991 erklärt. Auf den Verlust der politischen Schlagkraft der Gewerkschaften wird das Kapitel 3.1.1 auf der Mikroebene noch ausführlicher eingehen, da auch das Aufkommen der NGOs als ein Faktor für diesen Positionswandel innerhalb der Zivilgesellschaft zi- tiert wird.

In der Zivilgesellschaft erntete die Regierung aber nicht nur Kritik aufgrund der drama- tischen Folgen der Strukturanpassungsprogramme im Gesundheits- und Bildungsbe- reich, sondern auch für den Implementierungsprozess der Reformen, der durch eine „lack of consultation and co-operation“534 mit den für die Wirtschaftspolitik relevanten zivilgesellschaftlichen Interessensgruppen stattfand. Der von mangelndem Respekt ge- prägte Umgang mit den nicht von der MMD kooptierbaren Teilen der Zivilgesellschaft wies daher eine Kontinuität zu den Praktiken aus der Ära Kaunda auf.

Wie wichtig aber die Konsultation und die Kooperation der staatlichen mit den zivilge- sellschaftlichen Interessengruppen für den Erfolg der ökonomischen und politischen Reformpolitik sein kann, unterstreicht die aktuelle Debatte um die Beteiligung der Zivil- gesellschaft in der Erstellung der Armutsbekämpfungsstrategien, auf die das Kapitel 3.2.2.3 noch verweisen wird. Zum Ende der 1990er Jahre kreist die Debatte um „ow-

532 Tordoff betont: „The Structural Adjustment Programme (SAP) is on course, but its failure to cushion vulnerable groups in society from the immediate adverse effects of removing subsidies, especially on essential commodities, laid it open to severe criticism from trade unions, churches and opposition parties.“ Tor- doff: 1994, S. 110. Siehe zu dem Protest der Gewerkschaften und Interessen aus dem Agrar- und Businessbereich: Rakner: 1998, S. 88f. 533 Die „Honeymoon These“ versucht dem Dilemma der dualen Liberalisierung inso- fern zu begegnen, als dass sie unterstreicht, dass kurz nach der ersten kompeti- tiven Wahl der Fokus der neuen Regierung auf der ökonomischen Liberalisie- rung liegen sollte, da der zu erwartende Widerstand in eine Schonfrist fällt. Wohingegen die zweite kurz vor den nächsten Wahlen einsetzende Phase, sich auf die politische Arbeit stützen sollte, indem zu den Gewinnern der Reform- prozesse Allianzen aufgebaut werden sollen, um potentielle Wählerstimmen zu fangen. Vgl. Haggard, Stephan / Webb, Stephan B. (Hrsg.): Voting for Reform: Democracy, Political Liberalization and Economic Adjustment, New York 1994. In ihrer Dissertation prüft Lise Rakner die Honeymoon These für den zambi- schen Kontext, worauf das Kapitel 3.1.1 noch eingehen wird. 534 Rakner: 1994, S. 14. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 157 nership“ der Programme, wie in einem Evaluierungsbericht über das zambische Re- formprogramm für die „Swedish International Development Co-operation Agency“ (SIDA) resümiert wird:

„In a recent evaluation of global Swedish aid, White (1999) has argued that it is mainly domestic political considerations that determine economic and political reform, not donors. A number of studies have shown that ownership is very important for pol- icy efficacy, and that conditionality conflicts with ownership.“535

Dass politische Konditionalität - entgegen den Aussagen des Zitats - jedoch nicht im- mer mit dem „ownership“ Prinzip in Konflikt gerät, wird das nachfolgende Kapitel über die Verfassungsdebatte beweisen, das auch ausführlich auf das Verhalten der bilateralen Gebergemeinschaft eingehen wird, die maßgeblich für die Förderung der in dieser Ar- beit untersuchten NGOs verantwortlich ist.

535 Bigsten: 2000, S. 12. Bigsten bezieht sich in dem Zitat bezieht sich auf die Studie: White, H.: A Black Sheep Among the Reformers: Programme Aid to Zambia, Si- da Evaluation Report 99:17/8, Stockholm 1999. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 158

2.3.2.3 Die Verfassungsdebatte: Achillesferse der jungen Demokratie

„In the view of both international donors and domestic civil society groups, such as the Law Association of Zambia and other human rights and pro-democracy NGOs, the govern- ment‘s efforts to steamroll the constitutional amendment act through parliament represented a clear violation of the principle – and the MMD‘s promise – that major national decisions would only be made following open dialogue and vigorous public de- bate. The government‘s handling of these issues thus reflected much of what seemed to be going wrong with democratic rule in Zambia.“536

Die Verfassungsdebatte kann bis in die Gegenwart als die Achillesferse der Demokrati- sierung Zambias bezeichnet werden. Ihren Anfang fand die Debatte in der Transiti- onsphase durch die von der UNIP-Regierung eingesetzte Verfassungskommission und der darauf folgenden Auseinandersetzung mit der MMD. Zur Einordnung der aktuellen Diskussion soll nun ein kurzer Überblick über die Verfassungsgeschichte ab 1990 hilf- reich sein, der die radikale Kehrtwende der MMD widerspiegelt und gleichzeitig die zum Verständnis der NGOs auf der Mikroebene nötigen Hintergrundinformationen vermit- telt.

Die Übergangsverfassung von 1991: Präsidentielles versus parlamentarisches System

Auf diese Kurzformel ließ sich die Auseinandersetzung zwischen der UNIP und der MMD reduzieren. Die UNIP setzte im Dezember 1990 eine 20-köpfige Verfassungs- kommission - die Mvunga Kommission537 - ein, die auf der Grundlage von öffentlichen An-

536 Bratton, Michael/ Posner, Daniel N.: A First Look at Second Elections in Africa, with Illustrations from Zambia, in: Joseph, Richard (Hrsg.): State, Conflict, and Democracy in Africa, Boulder (Colorado) 1999, S. 394. Künftig zitiert als: Brat- ton und Posner: 1999. Die Law Association of Zambia ist zwar hier als Akteur aufgeführt, die Analyse auf der Mikroebene wird zeigen, dass innerhalb der Zi- vilgesellschaft die in dieser Arbeit untersuchten NGOs eine führende Rolle ein- genommen haben. Auch Randall merkt Mitte 1996 an: „A number of groups, most notably the Law Association of Zambia, began to promote human rights in the 1990s but more recently have been criticised for inactivity.“ Randall: 1996, S. 31. 537 Die drei Verfassungskommissionen in Zambia sind nach ihren jeweiligen Vorsit- zenden benannt: Mainza Chona (1972), Professor Patrick Mvunga (1990) und John Mwanakatwe (1993). Einen umfassenden Überblick gibt der zambische Po- litikwissenschaftler Chisepo J.J. Mphaisha von der University of the Western Cape in Südafrika: Mphaisha, Chisepo J.J.: Rituals of Constitution-Making in Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 159 hörungen in allen Provinzen die Vorschläge für das neue politische System Zambias ausarbeiten sollte. Die MMD verwarf das Angebot der Regierung, zwei Mitglieder in die Kommission zu entsenden, da sie „nicht als Feigenblatt für die Berücksichtigung oppo- sitioneller Meinungen“538 dienen wollte. Der Bericht der Mvunga Kommission im April 1991 sowie das darauf folgende Weißbuch der UNIP favorisierten weiterhin ein präsi- dentiell ausgerichtetes System, wohingegen die MMD im wesentlichen eine Rückkehr zu der Verfassung der Ersten Republik und somit zu einem parlamentarischen System an- strebte. Im Juni 1991 trug die MMD ihre Kritik am Weißbuch der UNIP mit folgenden Punkten vor:539

Abbildung 2-8: Forderungen der MMD zum Verfassungsentwurf vom Juni 1991

1. Die MMD forderte die weitgehenden Machtbefugnisse des Präsidenten einzuschränken: Kabi- nettsmitglieder sollten aus der Nationalversammlung und nicht vom Präsidenten aus anderen gesell- schaftlichen Bereichen ernannt werden.

2. Die MMD lehnte die Einrichtung eines Zweikammersystems ab, das regionale und ethnisch- kulturelle Interessen widerspiegeln und am Gesetzgebungsverfahren beteiligt sein sollte, da sie die Zusammensetzung des geplanten „House of Representatives“ für nicht repräsentativ genug hielt.

3. Die MMD sprach sich gegen die Einrichtung eines Verfassungsgerichtes aus, da seine Urteile keine Berufung zulassen könnten und somit in ihren Augen eine unnötige Ausweitung des Rechtssystems darstellen könnten.

Da Kaunda sich im Juni 1991 nicht sicher sein konnte, in der Nationalversammlung die erforderliche Mehrheit für das Weißbuch der UNIP zu erhalten540 und die anstehenden Wahlen nicht gefährden wollte, suspendierte er die geplanten Beratungen über die Ver- fassung in der Nationalversammlung und ließ sich auf ein Vermittlungsangebot der christlichen Kirchen ein.541 Unter dem Vorsitz des Bischofs Mumba fanden im Juli 1991 in der Anglikanischen Kathedrale in Lusaka Gespräche zwischen den verhärteten Fron-

Zambia: The Role of Public Commissions, in: Zango-Journal of Contemporary Issues 11 (1997), Lusaka, S. 1-20. 538 Meyns: 1995, S. 22. 539 Vgl. Meyns: 1995, S. 23f. 540 Die Mehrheit war nicht gesichert, da sowohl Mitglieder des UNIP-Kabinetts sich gegen den Entwurf aussprachen, als eine Reihe ehemaliger zur MMD übergetre- tene UNIP-Abgeordnete vor dem Supreme Court gerichtlich erstritten hatten, als unabhängige Abgeordnete im Parlament zu verbleiben. Vgl. Meyns: 1995, S. 24. 541 Vgl. Mphaisha: 1996, S. 78. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 160 ten der UNIP und der MMD über die strittigen Punkte der Verfassung statt542, die zu insgesamt 68 Änderungen führten. Die MMD konnte zwar ihren Wunsch nach einem stärker parlamentarisch ausgerichteten System nicht verwirklichen, aber einige ihrer o- ben aufgeführten Forderungen durchsetzen. Das im August 1991 verabschiedete Ver- fassungssystem Zambias war nach wie vor ein präsidentielles, enthielt aber zugunsten der Nationalversammlung folgende Einschränkungen der präsidialen Befugnisgewalten:

Nach der Verfassung der Dritten Republik von 1991 kann ein Präsident nur maximal zwei Amtsperioden von jeweils fünf Jahren regieren.543 Darüber hinaus schränkt der Ar- tikel 30 der Verfassung die Ausrufung des Ausnahmezustandes durch den Präsidenten insofern ein, als dass er von der Nationalversammlung innerhalb von sieben Tagen und in der Folgezeit alle 30 Tage bestätigt werden muss. Das politische System Zambias be- hält durch die Verfassung von 1991 jedoch weiterhin eine dominante Stellung des Präsi- denten, der ohne Absprache mit der Nationalversammlung seine Kabinettsmitglieder und die höchsten Justizvertreter ernennen und nach Belieben wieder entlassen kann.544

MMD verzögert die Verfassungsdebatte nach den gewonnenen Wahlen 1991

Kaum an der Macht, verschleppte Chiluba die zuvor groß angekündigte Verfassungsre- form, die erst durch die Anhänger einer Bewegung innerhalb der MMD initiiert wur- de.545 Den Anfang fand die Verfassungsdebatte im März 1992, als Vertreter des Reform- flügels „Caucus for National Unity“ (CNU)546 und der Justizminister Rodger Chongwe547 die angekündigte Verringerung der Befugnisgewalt des Präsidenten und seines Vizeprä- sidenten durch die vor den Wahlen von der MMD noch geplante Verfassungsänderung

542 Bartlett: 2000. Zuvor war es der Studentenvertretung der UNZA gelungen, Ver- treter politischer Parteien zu einem Round-Table-Gespräch zu bewegen. Vgl. Meyns: 1995, S. 25. 543 Meyns merkt hier an, dass diese Regelung erst nach Inkrafttreten der Verfassung im August 1991 gültig wurde, Kaunda also nach diesem Entwurf der Verfassung im Falle einer Wiederwahl noch maximal zehn Jahre das Präsidentenamt wahr- nehmen könnte. Vgl. Meyns: 1995, S. 26. 544 Sandbrook betont, dass durch diese „minor modifications“ der bestehenden Ver- fassung es Kaunda gelang, größeren Einfluss auf den Transitionsprozess zu be- halten als die Einparteiregierungen in Mali, Niger und Madagaskar. Vgl. Sand- brook: 1996, S. 71. 545 Vgl. Donge, van Jan Kees: Zambia and Chiluba: enduring patterns of political culture, in: Wiseman, John A. (Hrsg.): Democracy and Political Change in Sub- Saharan Africa, London 1995, S. 193-220. 546 Zur Entstehung des CNU siehe im Makroteil Kapitel 2.3.2. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 161 einforderten.548 Statt seinen Justizminister einzubinden, versetzte Chiluba ihn im April 1993 auf einen anderen Kabinettsposten, da ihm - so wurde angenommen - die Forde- rungen bezüglich der Verfassungsreform zu weitgehend erschienen.549 Daraufhin trat Rodger Chongwe am Ende des Jahres 1993 als Minister zurück und forderte weiterhin die für eine Konsolidierung der Demokratie notwendigen Verfassungsreformen der im August 1991 unter Zeitdruck verabschiedeten Verfassung.

Schließlich leitete die Regierung durch die Einberufung einer Kommission die Überar- beitung der Verfassung in die Wege: Am 23.11.1993 konstituierte sich aus den Vertre- tern von fünf Parteien, Verbänden und gesellschaftlichen Gruppen die 22-köpfige „Kommission zur Überarbeitung der Verfassung“ unter dem Vorsitz John Mwanakat- wes.550 Mit Beginn des Jahres 1994 führte die „Mwanakatwe Commission“ über ein Jahr in allen neun Provinzen Zambias Anhörungen mit Vertretern verschiedener zivilgesell- schaftlicher Organisationen, politischer Parteien und Einzelpersonen durch, die ihre Vorschläge auf diesem Wege einbringen konnten. Die Kommissionsmitglieder konnten im Rahmen von Forschungsreisen auch die Länder Schweden und Finnland besuchen, um das jeweilige Verfassungssystem zu studieren.551

547 Rodger Chongwe war Mitbegründer der NGO ZIMT, wie im Kapitel 2.3.1.1 be- reits erwähnt wurde. 548 Vgl. Baumhögger: Zambia 1993. 549 Vgl. Meyns: 1995, S. 126. Chongwe forderte eine Aktualisierung der die grundle- genden Menschenrechte betreffenden Artikel der Verfassung an den Stand der sich weiterentwickelten internationalen Menschenrechtsdebatte, eine Reduzie- rung der starken Stellung des Präsidenten zugunsten parlamentarischer Kontrol- len und einer breiteren demokratischen Partizipation. Sowie eine Reform des durch Artikel 77 der Verfassung festgelegten Mehrheitswahlrechts, um die Op- position durch größere Repräsentation im Parlament zu stärken. 550 Vgl. Mwanakatwe, John M.: End of Kaunda Era, Lusaka 1994. Künftig zitiert als: Mwanakatwe: 1994. Im November 1992 wurde Mwanakatwe zum Kanzler der University of Zambia berufen und war lange Zeit „Chairman“ der „Zambia Pri- vatisation Agency“. Die Zahlen über die Mitglieder der Kommission differieren, so nennt Mphaisha 25 Mitglieder: Mphaisha: 1996, S. 68 und Bratton 24 Mit- glieder: Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 392. 551 Vgl. Mphaisha: 1996, S. 68f. In diesem Zusammenhang verweist Mphaisha auf die Kosten der Verfassungskommission: „It seems that the Chiluba government was not particularly concerned with the cost because the Mwanakatwe Commission was almost exclusively funded by Western donor governments.“ Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 162

Die MMD fordert von der „Mwanakatwe Commission“ die Bewahrung des „Sta- tus quo“

Die „Mwanakatwe Commission“ sollte zwar als unabhängige Kommission arbeiten, die MMD unterbreitete ihr jedoch im Oktober 1994 ihre eigenen Vorstellungen von den Reformen, die Peter Meyns auf die Formel „Bewahrung des Status quo“552 reduzierte und seine Analyse - gestützt auf einem Bericht in der Oppositionszeitung “The Post“553 - durch folgende Punkte belegte: Die MMD rückte völlig von ihren ursprünglichen For- derungen nach einem parlamentarischen System ab und bevorzugte nun zur Wahrung der Exekutivbefugnisse Chilubas ein präsidentielles Verfassungssystem. Mit ihrem offe- nen Bekenntnis zu einem zentralisierten System verwarf sie ihre Forderung nach den zu- vor geplanten Dezentralisierungsprozessen, denn zu den am häufigsten genannten Punkten während der Anhörungen der Mwanakatwe-Kommission gehörte der Wunsch, die poli- tische Macht vom Zentrum in die neun Provinzen und 54 Distrikte Zambias zu verla- gern.554 Zudem wollte die MMD die Erweiterung des Menschenrechtsschutzes in der Verfas- sung umgehen und das Wahlgesetz auf dem Status quo der Übergangsverfassung von 1991 belassen.555 Der Präsident brach somit nicht nur seine Wahlversprechen, sondern instrumentalisierte die Verfassungsdebatte zum eigenen Machterhalt, damit verstärkte er die bereits einsetzenden Tendenzen eines politischen Retransformationsprozesses.556

552 Meyns: 1995, S. 127. 553 The Post, 7.10.1994 (“MMD‘s Submissions to the Mwanakatwe Commission“), zitiert nach Meyns: 1995, S. 127. 554 The Post, 28.3.1995 (“People‘s Demand“), zitiert nach Meyns: 1995, S. 128. In diesem Punkt rückt die MMD nicht von ihrer Position aus der Liberalisierungs- phase ab und lehnt kategorisch die Einführung eines Zweikammersystems ab, das gerade in einer ethnisch heterogenen Gesellschaft wie die Zambias die Mög- lichkeit bietet, regionale Interessen national einzubinden. Die Rolle der traditi- onellen Autoritäten im politischen System wurden auf der NGO-Konferenz im Oktober 1999 auch ausführlich angesprochen, wie das Kapitel 3.2.1 zeigen wird. 555 Durch die Etablierung einer permanenten „Human Rights Commission“ im Rah- men der Verfassung wollte die MMD durch eine schnelle Verabschiedung im Parlament, in dem sie über die notwendige 2/3-Mehrheit verfügte, der von NGOs geforderten Aktualisierung des Menschenrechtpaketes ausweichen, da Fragen des Menschenrechtkataloges im Teil III der Verfassung von 1991 gemäß Artikel 79,3 der Bevölkerung in einem Referendum vorgelegt werden müssen. Zu juristischen Feinheiten siehe die detaillierte Synopse: John, Anja/ Worku, Messeletch: Malawi, Namibia, Sambia: Menschenrechte, Rechtsstaatselemente und Minderheiten-/Gruppenschutz in den geltenden Verfassungen – Synopti- sche Darstellung, Bochum 1999. 556 Die Frage, warum Chiluba ein derart teures Unterfangen wie die Verfassungs- kommission überhaupt initiierte, wird von Mphaisha vor dem Hintergrund be- antwortet, dass westliche Geberregierungen die Kommission finanzierten und Chiluba zunächst nach außen hin so seine Bereitschaft zu einer demokratischen politischen Ordnung demonstrieren konnte. Vgl. Mphaisha: 1996, S. 69. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 163

Die Verfassungsdebatte im Zeichen der Wahlen: Die „Lex Kaunda“

„In spite of the noble intentions of making the presidency truly Zambian, the timing and phraseology of the changes contained in the Constitutional Amendment Act of 1996 raised the suspi- cion that the ruling MMD leadership used it to maintain itself in power by guaranteeing victory in the 1996 elections and eliminating opposition to its rule.“557

Inmitten des Wahlkampfjahres legte die „Mwanakatwe Commission“ am 16.6.1995 ih- ren Bericht vor, der wie bereits die Vorschläge der „Mvunga Commission“ von 1990 keinen bindenden Charakter hatte, sondern lediglich die Empfehlungen der Kommissi- on bündelte, die bei Übernahme durch die Regierung zu einer erhöhten Legitimität der Reformen führen könnten.558 Auf die Verfassungsvorschläge antwortete die Regierung mit einer Stellungnahme, dem so genannten Weißbuch, das neben den Vorstellungen zu dem Verabschiedungsprozedere der Verfassung vor allem wegen der umstrittenen - als “Lex Kaunda“ in die Geschichte Zambias eingehende - Klausel national und internatio- nal Aufsehen erregte. Vor dem Hintergrund, dass Kaunda im Juni 1995 seine Rückkehr in die Politik ankündigte, schob die Regierung zur Machterhaltung eine Debatte um die nationale Identität vor559, indem sie durch eine neue Einschränkung, nach der auch die Eltern eines Präsidentschaftskandidaten durch Geburt oder Abstammung Zambier ge- wesen sein mussten, die Kandidatur Kaundas, dessen Eltern aus Malawi stammten, ge- zielt verhindern wollte.560

557 Osei-Hwedie: 1997, S. 43. 558 Diese begrenzte Einflussmöglichkeit führte zu der Annahme, dass „the main function of such bodies is to confer immense political power on the president and/or to give legitimacy to his actions.“ Mphaisha: 1996, S. 72. 559 Bratton und Posner verweisen in bezug auf den Bericht von Human Rights Watch Africa (London) von 1996 auf die bereits Mitte 1994 einsetzende Deportation von UNIP-Politikern durch die zambische Immigrationsbehörde mit der Be- gründung, angeblich keine Zambier zu seien. Die angedrohte Deportation Kaundas unter dem gleichen Vorwand, konnte nur verhindert werden „due to a combination of diplomatic intervention by certain Western donor governments, the South African government, and by possible negative domestic reactions.“ Mphaisha: 1996, S. 77. Die Repressionen gegen NGOs fanden zu dieser Zeit bereits unter Verwendung des gleichen Vorwandes statt: „Under Chiluba, NGOs, journalists, and public figures critical of the government or its leaders had regulary been accused of being ‘un-Zambian‘ or ‘fronts for foreign inter- ests‘.“ Bratton und Posner: 1999, S. 394. An dieser Haltung Chilubas hatte sich bis zum Zeitpunkt der empirischen Forschung vom Oktober 1999 bis Januar 2000 wenig geändert. 560 Meyns zieht hier den Vergleich zu Kaunda, der 1978 ebenso durch administrative Tricks seine Mitstreiter Nkumbula und Kapwepwe an der Nominierung für das Präsidentenamt hinderte. Meyns: 2000, S. 178. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 164

Die mit der Verfassungsreform und der „Lex Kaunda“ beabsichtigte Ausgrenzung der Opposition führte im In- und Ausland zu Protesten: Kritisiert wurde neben der „Lex Kaunda“ auch das von der MMD geplante Verfahren, die Verfassung entgegen der Empfehlungen der Mwanakatwe Kommission in der Nationalversammlung abstimmen zu lassen, wohingegen die Kommission vorschlug, ihren Entwurf zunächst einer gesell- schaftlich breit rekrutierten Verfassungsversammlung vorzustellen, um ihn dann in ei- nem nächsten Schritt durch ein Referendum verabschieden zu lassen. Gegen das Weiß- buch der Regierung erhoben auch Teile der traditionellen Autoritäten wie einige Lozi- Chiefs im Westen und Bemba-Chiefs im Norden des Landes561 scharfen Protest:

„Another provision adopted in the white paper (...) required that a traditional chief must abdicate his chieftancy before be- coming eligible for elected political office. This provision was included because the government knew that it would disqualify pro-opposition chiefs, including Kaunda‘s vice presidential run- ning mate, Senior Chief Inyambo Yeta, and prevent them from participating in the elections. As the son of the Lozi paramount chief, Chief Inyambo was almost certain to draw wide support for the Kaunda ticket in Western Province.“562

Aus Furcht vor weiterer Kritik verbot Chiluba noch im Juli 1995 den MMD-Mitgliedern die öffentliche Diskussion über den Verfassungsentwurf und die geplante Verabschie- dung in der Nationalversammlung. Die Zensur wurde drei Monate bis zur Publizierung des Weißbuchs durch die MMD im Ende September 1995 aufrechterhalten.563 Da die NGOs, wie das Kapitel 3.2.2.1 noch belegen wird, stark in der Vorbereitung eines ge- planten Bürgerkonvents zur Verabschiedung der Verfassung involviert waren, bündelt die folgende Abbildung kurz die strittigen Inhalte des MMD-Weißbuchs.

561 Vgl. Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1995. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1996, S. 392-401, künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1996. 562 Bratton und Posner: 1999, S. 393. Vgl. auch Burnell: 2000, S. 2. 563 Die Angaben sind entnommen aus: Baumhögger: Zambia 1996. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 165

Abbildung 2-9: MMD-Weißbuch zur Verfassungsreform von 1995

Die MMD lehnte folgende Empfehlungen der Mwanakatwe Kommission ab:

• Verabschiedung der Verfassung im Rahmen einer verfassungsgebenden Versammlung wird ab- gelehnt, statt dessen Abstimmung in der Nationalversammlung.564

• Streichung des Public Order Act565, nach dem eine Polizeigenehmigung für öffentliche Ver- sammlungen im Vorfeld nötig ist, wird abgelehnt.

• Loslösung der Judikative aus dem Verantwortungsbereich des Vizepräsidenten wird abgelehnt.

• Forderung nach der Wahl des Vize- und Parlamentspräsidenten statt der bisherigen Nominie- rung durch den Präsidenten wird abgelehnt.

• Entgegen der mit Nachdruck geäußerten Forderung der Kommission, dass Zambia ein säkula- rer Staat bleiben müsse, nimmt die MMD in die Präambel der Verfassung die Ausrufung Zambi- as als „Christian Nation“ auf.566

Auf die Rolle der NGOs in der Verfassungsdebatte wird das Kapitel 3.2.2.1 noch aus- führlicher eingehen, das folgende Kapitel skizziert nun kurz die wichtigsten Reaktionen der NGOs und anderer zivilgesellschaftlicher Kräfte, die zum Verständnis der weiteren Entwicklungen in Zambia unerlässlich sind.

564 Hatte die MMD 1991 als Opposition eine verfassungsgebende Versammlung ge- fordert lehnt sie diesen Schritt nun mit folgenden Argumenten ab: „it would be costly; it was not provided for in the Constitution or any other laws of Zambia; and it was not an elected body“. Osei-Hwedie: 1997, S. 44. 565 Der exakte Inhalt lautet: „The Public Order Act required that any person wishing to hold a public meeting, a public procession, a public walk, or a public demon- stration required prior police permit.“ Mwaanga, Vernon: A New Political Path: Managing Zambia‘s transition to multiparty democracy, in: The Parlamentarian 2 (1998), London, S. 137. Künftig zitiert als: Mwaanga: 1998. Im Januar 1996 schien das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Lusaka endlich Licht in das Dunkel um den umstrittenen Public Order Act zu bringen: Die Richter des Supreme Court gaben den UNIP Funktionären Recht und ordneten die Strei- chung der bis dahin erforderlichen polizeilichen Genehmigung für öffentliche Versammlungen an. Doch die errungene Klarheit hielt nicht lang an, denn in Rekordzeit stampfte die Nationalversammlung ein Ergänzungsgesetz aus dem Boden, das die polizeiliche Genehmigung – nun eine statt zwei Wochen vor ei- ner Versammlung - wiedereinführt diesmal mit dem Zusatz einer begründeten Ablehnung. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 53. Der UNIP kritisch anzuheften bleibt, dass sie sich nun in der Opposition vehement gegen dieses Gesetz wehr- te, das 1955 eingeführt die gesamte 27-jährige Ära Kaunda in Kraft war. Vgl. Donge: 1998, S. 91. 566 Vgl. Baylies: 1997, S. 119. Chiluba beruft nach der Wahl 1996 erstmalig einen Mi- nister für religiöse Angelegenheiten in sein Kabinett. Siehe zur Kritik an der „Christian Nation“ ausführlich: Gifford, Paul: African Christianity. Its Public Role, London 1998, S. 181-246. Künftig zitiert als: Gifford: 1998. Vgl. auch Phiri: 1999, Meyns: 1995, S. 173 und Bratton und Posner: 1999, S. 393. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 166

2.3.2.3.1 NGOs warnen vor wahltaktischer Ausschlachtung der Verfassung

„Indeed, civic organisations such as the Zambia Civic Educa- tion Association and the Legal Resources Foundation have been playing important roles by organising public debates on burning issues like the draft constitution. More is expected of civic or- ganisations because they are a useful bridge between state and society.“567

Die Oppositionsparteien, die NGOs und die kirchlichen Gruppen äußerten im Oktober 1995 ihren Protest gegen das Weißbuch der MMD und forderten mit Nachdruck die Abstimmung des Entwurfs in einer breit verankerten Verfassungsversammlung, wie es die Mwanakatwe Kommission empfohlen hatte. Die NGOs beschlossen im Ende No- vember 1995 die Einberufung eines Bürgerkonvents unter der Führung der „Legal Re- sources Foundation“ (LRF)568 mit dem Ziel, eine verfassungsgebende Volksversamm- lung vorzubereiten.569 Der Forderung der Oppositionsparteien, die Verfassungsdebatte als wichtige Säule des Demokratisierungsprozesses nicht wahltaktisch auszuschlachten und nicht vor den Wahlen von 1996 zu verabschieden, schlossen sich somit die zivilge- sellschaftlichen Gruppen, wie die lokalen NGOs, die christlichen Kirchen und der Juris- tenverband an.

Die Hauptkritik der zivilgesellschaftlichen Akteure an den Vorschlägen des Weißbuchs der Regierung zielte dabei auf die geplante Abstimmung in der Nationalversammlung sowie die bewusste Disqualifizierung der Oppositionsparteien durch die Lex Kaunda. Die NGOs forderten gemeinsam mit anderen Teilen der Zivilgesellschaft, auf die das Kapitel 3.2.2.1 auf der Mikroebene noch eingehen wird, zunächst die Einberufung einer Verfassungsversammlung mit einem anschließenden Referendum570 sowie die Verwirkli- chung der politischen Partizipation und des Wettbewerbs durch die Streichung der Lex

567 Mphaisha: 1996, S. 82. 568 Zu der NGO siehe das Kapitel 3.2.4. 569 Vgl. Baumhögger: Zambia 1996. Zum Mandat der NGOs äußert sich auch kritisch: Donge: 1998, S. 87. Der Politikwissenschaftler Osei-Hwedie, University of Botswana, merkt an, dass es sich bei den Protesten gegen die Verfassungsände- rungen nicht um Massenwiderstand handelte wie gegen die UNIP Herrschaft und sieht darin „a sign of apathy and disillusionment with politicians, both in- cumbents and opposition.“ Osei-Hwedie: 1997, S. 46. 570 Die Forderung der NGOs entsprach der Erwartungshaltung in der Bevölkerung, die sich nach der Mwanakatwe Kommission auf eine „wide public discussion and debate“ einstellte. Die geplante Diskussion im ZNBC-Fernsehen über die Verfassungsvorschläge wurde kurzfristig gestrichen mit dem lapidaren Hinweis, die Regierung habe noch nicht das Weißbuch verabschiedet. Vgl. Mphaisha: 1996, S. 70. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 167

Kaunda571 und der Klausel, die besagte, dass ein Chief zur Wahrnehmung eines politi- schen Amtes vorher die „chieftancy“ ablegen müsse572. Auch die „spontane Erklärung“ Chilubas im Rahmen eines Gebetes vor einer öffentlichen Rede, Zambia in der Verfas- sung offiziell als „Christian Nation“ zu deklarieren, stieß nur bei den evangelikalen Kir- chen auf positive Resonanz, wohingegen die katholische Kirche und der „moderate“ Teil der protestantischen Kirche Zambias darin eine massive Einschränkung der Religi- onsfreiheit sahen.573 Darüber hinaus setzten sich die NGOs für eine in der Verfassung verankerte Versammlungs- und Pressefreiheit ein, da die Einschränkung dieser Rechte sich im Rahmen der Verfassungsdebatte vor allem in dem Umgang mit der privaten Ta- geszeitung „The Post“ ausdrückte, die unter den Augen der internationalen Öffentlich- keit seit Anfang der 1990er Jahre immer wieder vehementen Repressionen durch die Regierung ausgesetzt war, auf die der folgende Abschnitt kurz eingehen wird, um die Reaktion der bilateralen Gebergemeinschaft auf die Verfassungsdebatte einzuordnen, die im folgenden Kapitel beschrieben wird. Die freie Presse kooperierte auch über die Debatte von 1996 hinaus mit den in dieser Arbeit untersuchten NGOs, wie die im Zuge der Wahlen von 2001 erneut aufflammende Verfassungsdebatte zeigen wird, auf die das Kapitel 3.2.1.2.1 noch verweisen wird.

571 Bratton und Posner betonen, dass folgende Klausel ebenfalls die Kandidatur Kaundas verhindern sollte: Niemand darf nominiert werden, der bereits zwei Legislaturperioden Präsident war. Diese Klausel wie die Lex Kaunda fußen in- sofern auf die Mwanakatwe Kommission, als diese „had made clear their desire that presidency should be held by a ‘true Zambian‘ and that presidents should be limited to two terms in office“. Die Anwendung der Klausel sehen Bratton und Posner als Mittel zum Machterhalt. Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 393. 572 Vgl. Burnell: 2000, S. 2. 573 Vgl. Weinhold, Henrik: Sambias Kirchen und die Demokratie. Aktuelle Äußerun- gen von Kirchen zur politischen Lagen, in: Gossner Mission Information 2 (2000), Berlin, S. 14. Vgl. auch Phiri: 1999 und Gifford: 1998. Chiluba, der sich selbst als ‚born-again’ Christ bezeichnet, versetzte - bereits vor der Aufnahme dieses Zusatzes in die Verfassung - den Direktor des ZNBC, einen Buddhisten, da er mit Berufung auf die Verfassung, die Zambia als säkularen Staat tituliert, „born-again Christian religious programmes“ aus den Hauptsendezeiten heraus- nahm. Vgl. Mphaisha: 1996, S. 74f. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 168

Die Reaktion der freien Presse auf die Verfassungsdebatte: „Chilubas Post- Phobie“574

„Similarly, the independent media, critical of the government, were subject to intimidation by the MMD government. For ex- ample, the Post newspaper had its editors arrested, telephone offices bugged by the police, premises searched and attacked by MMD supporters, one edition banned, and was generally denied access to information, advertisements and sponsorship.“575

Die unabhängige Tageszeitung „The Post“, die sich als Wochenzeitung im Wahlkampf- jahr 1991 noch für den damaligen Gewerkschaftsführer Chiluba einsetzte, arbeitete im Geiste einer freien Presse und erinnerte Chiluba kontinuierlich an die Umsetzung seiner Wahlkampfversprechen. Daher wurde sie immer wieder Zielscheibe von staatlichen Re- pressionen, so dass bis zu Beginn des Jahres 1996 über 100 zivil- und strafrechtliche Schritte der Regierung gegen die Zeitung vorlagen.576 Die Verfassungsdebatte wurde zum Ende des Jahres 1995 durch die Veröffentlichung einer angeblichen Geburtsur- kunde Chilubas aus Zaire577 in der unabhängigen Zeitung „The Post“ angeheizt. Als die Zeitung darauf zu Beginn des Jahres 1996 durch ihre kritische Berichterstattung über das Festhalten des Vizepräsidenten Miyanda am „Public Order Act“ Stellung bezog, ging die Regierung unter den Augen der internationalen Öffentlichkeit entschieden ge- gen die Zeitung vor.

Der Sprecher der Nationalversammlung nahm diese kritischen Kommentare zum An- lass die leitenden Redakteure Fred M’membe und B. Mwape sowie die freiberufliche Kolumnistin Lucy Sichone578 wegen der Missachtung der Nationalversammlung für

574 Diesen Ausdruck prägte: Berger, Lothar: Chilubas Post-Phobie. Zambias Regie- rung geht erneut gegen unabhängige Zeitung vor, in: afrika süd 2 (1999), S. 12- 14. Künftig zitiert als: Berger: 1999. Er verweist darauf, dass ein Blick in das Archiv der Informationsstelle Südliches Afrika in Bonn offenbart, dass „unter Sambia die Kategorie ‘Medien‘ seit 1995 mehr Meldungen enthält als jede ande- re Unterkategorie von ‘Staat und Politik‘. Berger: 1999, S. 12. 575 Osei-Hwedie: 1997, S. 54. 576 Vgl. Berger: 1999, S. 12. Die Verletzung der Pressefreiheit stand im Kontext der Entwicklungen im gesamten Südlichen Afrika, wie das in Windhuk, Namibia, an- sässige Medieninstitut „Media Institute for Southern Africa“ bestätigte. 577 Um die Herkunft Chilubas rankten Mysterien, die auch noch 1997 die politische Auseinandersetzung prägten. Neben der Frage nach Chilubas Nationalität warf auch seine Verwicklung in den mysteriösen Autounfall des jungen Oppositions- politikers Nkumbula im August 1995 Fragen auf. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 45. 578 Die 1998 verstorbene prominente Rechtsanwältin Lucy Sichone gründete 1993 die NGO „Zambia Civic Education Association“ und war Ex-UNIP Funktionärin. Sie setzte sich unerschrocken für die Menschenrechte ein und wurde aufgrund ihrer charismatischen Ausstrahlung als „lion“ bezeichnet. Vgl. das Kapitel 3.2.5. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 169 schuldig zu erklären und ordnete noch Ende Februar 1996 die „unbefristete Festset- zung“ 579 der genannten Personen an.

Die Verhaftungen sowie die Konfiszierung der genannten Zeitungsausgabe stießen nicht nur auf Empörung in der zambischen Bevölkerung, sondern erregten auch inter- nationale Aufmerksamkeit580, so dass die acht wichtigsten Geberländer Zambias eine Dringlichkeitssitzung für Ende März 1996 einberiefen, auf der Großbritannien sofort die vorläufige Einbehaltung der noch nicht ausgezahlten Hälfte einer Finanzzusage von 20 Millionen US-Dollar bekannt gab.581 Daraufhin wurden zwar noch im gleichen Monat die festgenommenen Redakteure unter Berufung auf die Habeaskorpusakte freigesetzt, dennoch stufte der Direktor des US-Geheimdienstes „Central Intelligence Agency“ (CIA) während seines Aufenthaltes im April 1996 Zambia als ein Land mit einem mög- lichem Zusammenbruch der Regierung ein und ermahnte die Regierung, keine weiteren Konflikte durch die Verfassungsdebatte auszulösen.582

Ungeachtet dieser Warnungen trat einen Monat später, am 28.5.1996, die geplante Ver- fassungsnovelle der MMD nach der Verabschiedung in der Nationalversammlung in Kraft. Weder der Protest führender Persönlichkeiten, wie Nelson Mandela als Vorsit- zender der SADC583, die Ankündigung des Zurückhaltens bereits zugesagter bilateraler

579 Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1996. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1997, S. 401. Künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1997. Gerade das Verhalten der Judikative im Umgang mit Journalisten der Oppositionszeitung The Post wies auf ihre mangelnde Unabhängigkeit: „Judicial independence is compromised partly by the fact that appointment of top judicial personnel is by the executive and ratified by parliament, and partly by lack of job security by judicial person- nel as the executive can suspend them on flimsy grounds.“ Osei-Hwedie: 1997, S. 47f. Mphaisha verweist darauf, dass auch der „Judiciary Autonomy Act of 1994“ mit dem Ziel die Justizverwaltung vom Justizministerium zu entkoppeln, nicht vermochte zu verhindern, dass die Justiz in politisch sensitiven Fragen „have been decided in favour of the government“. Mphaisha: 1996, S. 77. 580 Der zambische Journalist Fred Mm’embe wurde durch international anerkannte Journalistenpreise geehrt und ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Aus diesem Grunde blieb er aus Angst vor einer Welle der Solidarität bei einer spä- teren Verhaftungsaktion von Redakteuren 1999 verschont. Vgl. Berger: 1999, S. 12. 581 Vgl. Baumhögger: Zambia 1997, S. 401. 582 Erfolglos blieben ebenfalls drei Sondierungsgespräche zwischen kirchlichen Gruppen und den Parteien, die Mitte Mai 1996 abgebrochen wurden. Unter Fe- derführung der NGO „Legal Resources Foundation“ gründete sich ein Konvent aus 21 zivilgesellschaftlichen Gruppen, dessen Bemühungen wie die der Com- monwealth Human Rights Initiative zu keiner Annäherung führten. Vgl. Baum- högger: Zambia 1997, S. 401. 583 Im Juni 1996 fand das Treffen der Southern African Development Community (SADC) in Gaborone zum Thema „the Zambian crisis“ statt. Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 395. In seiner Funktion als Vorsitzender der SADC versuchte Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 170

Finanzzusagen noch das Pochen der zivilgesellschaftlichen Akteure auf die Einhaltung der politischen Grundrechte584, konnten die Regierung an der Verabschiedung der um- strittenen Verfassungsänderung hindern, die somit auch zur Grundlage für die Wahlen von 1996 wurde.585 Somit hatte Zambia den „Testfall für das demokratische System“586, wie Peter Meyns die Haltung der MMD zu Kandidatur Kaundas bezeichnete, nicht be- standen. Das folgende Kapitel wird nun skizzieren, ob die gesamte Gebergemeinschaft in der Reaktion auf die Verfassungsdebatte mit vereinter Stimme sprach.

2.3.2.3.2 Die externe Reaktion auf die Verfassungsdebatte: Inkohärenz der Ge- bergemeinschaft

„The same Western donors withdrew aid to the MMD govern- ment, including balance of payment support, to protest un- democratic constitutional changes which prevented Kaunda and other opposition leaders of UNIP from contesting the 1996 elections. (...) Donors had withheld more than US$ 100 million. For a cash-strapped country, such a loss presented severe diffi- culties.“587

Nelson Mandela vergeblich die Regierung Zambias von einer Verschiebung der Wahlen zu überzeugen. Vgl. Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The 1996 Zam- bian Elections: Still Awaiting Democratic Consolidation, in: Review of African Political Economy 71 (1997), Sheffield, S. 114. Künftig zitiert als: Baylies: 1997. Somit stand der Vermittlungsversuch der SADC in Zambia in scharfem Kontrast zu den vorherigen Erfolgen 1994 in Lesotho und Mosambik, wo sie ei- ne weitere Destabilisation aufhalten konnte. Der Grund lag darin, dass alle Staatenführer der SADC mit Ausnahme des malawischen Präsidenten Muluzi „was seen as partial to Kaunda and UNIP“. Osei-Hwedie: 1997, S. 52. Denn Kaunda genoss als ehemaliger Vorsitzender der Frontstaaten regionales Anse- hen, dass in einem System der Außenbeziehungen immens wichtig ist, „where the personal relations of political leaders seem to take precedence over other factors.“ Scarritt, James R./ Nkiwane, Solomon M.: Friends, Neighbours, and Former Enemies: The Evolution of Zambia-Zimbabwe Relations in a Changing Regional Context, in: Africa Today 1 (1996), Denver (Col.), S. 18. Künftig zi- tiert als: Scarritt: 1996. Die enge Freundschaft zwischen Chiluba und dem ma- lawischen Präsidenten Muluzi bestätigte auch der Sprecher der „National As- sembly“, Hon. Sam Mpasu, in einem persönlichen Gespräch am 18.2.2000 in Li- longwe, Malawi. 584 Vgl. Human Rights Watch/Africa: Zambia-Elections and Human Rights in the Third Republic. A Human Rights Watch/Africa Report, No. 4 (1996), New York u.a., S. 13f. Künftig zitiert als: Human Rights Watch/Africa: 1996. 585 Das Verhalten der MMD wird auch vor dem Hintergrund der verlorenen Nach- wahlen Ende 1995 interpretiert: Die UNIP gewann acht von 15 Wahlbezirken, wovon drei ehemalige MMD-Hochburgen waren. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 45. 586 Meyns: 1995, S. 134. 587 Osei-Hwedie: 1997, S. 49 und 51. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 171

Die bilaterale Gemeinschaft zog, um Druck auf die Regierung auszuüben, an einem Strang, so dass einige Geberorganisationen bereits im März 1996 noch vor der Verab- schiedung der Verfassung Teile der bereits zugesagten Zahlungsbilanzhilfen suspendier- ten.588 Die Regierung Norwegens und der USA drohten Ende März 1996 mit der Sus- pendierung von bereits zugesagten Zahlungsbilanzhilfen und dem Aufhalten weiterer Zusagen, solange bis die umstrittenen Klauseln der Verfassungsänderung zurückge- nommen würden; Großbritannien stellte der zambischen Regierung ein Ultimatum von sieben Tagen, um die umstrittenen Klauseln zu streichen und drohte ebenfalls mit der Kürzung von Finanzzusagen. Nach der Verabschiedung der umstrittenen Verfassungs- änderung vom Mai 1996 setzten zahlreiche bilaterale Geber - wie Norwegen589, USA590, Großbritannien591, Dänemark592, Deutschland, Niederlande, Frankreich, Schweden, Ja- pan und Kanada - ihre Drohungen um, so dass bis Mitte des Jahres 1996 der politische Flurschaden, den die Regierung durch die umstrittene Verfassung anrichtete, circa 100 Millionen US-Dollar betrug.

Warum vermochten die immensen Kürzungen der bilateralen Gebergemeinschaft die zambische Regierung, deren Budget sich bis zu 40 Prozent aus Gebermitteln speist593, nicht an ihrem Vorhaben zu hindern? Ein Teil der Antwort liegt in dem inkohärenten Verhalten der multi- und bilateralen Gebergemeinschaft selbst begründet.594

Die multilateralen Finanzinstitutionen beschäftigten sich auf dem Treffen der Konsulta- tivgruppe zu Zambia im Dezember 1995 in Bournemouth mit der zambischen Verfas- sungsdebatte, wobei die Direktorin der Abteilung für das Südliche Afrika der Weltbank die Verbindung von ökonomischen und politischen Reformen betonte:

„the need to build strong institutions, laws, systems and proc- esses that will support civil society rather than threaten it, with a particular imperative on an open constitutional review based

588 Die Angaben sind entnommen aus: Baylies: 1998, S. 124f. und Osei-Hwedie: 1997, S. 49f. Zu den Kürzungen der DAC-Länder der OECD siehe die Ausführungen in Fußnote: 436. 589 Die Regierung Norwegens hielt 40 Millionen US$ an nicht gebundener Projekthil- fe ein. 590 Die USA suspendierten 2,5 Millionen US$ an bereits zugesagten Zahlungsbilanz- hilfen, was einem Anteil von zehn Prozent des Gesamtaufkommens entsprach. 591 Die Regierung Großbritanniens hielt 16 Millionen US$ an bilateraler Hilfe ein. 592 Die Regierung Dänemarks hielt einen zugesagten Schuldenerlass von 40 Millionen Dänischen Kronen zurück, die zu diesem Zeitpunkt circa 5.376.344 Euro ent- sprachen. 593 Die Angabe entstammt aus: Osei-Hwedie: 1997, S. 51. 594 Vgl. Rakner: 1998, Bigsten: 2000, S. 13; Osei-Hwedie: 1997, S. 51. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 172

on widespread popular consensus; the need to pursue civil ser- vice reform that will ensure the efficient provision of public services and guarantee full accountability of all public servants; and the need to root out and prosecute corruption.“595

Das Pochen auf den politischen Liberalisierungsprozess blieb ein rhetorisches Lippen- bekenntnis, denn der IWF und die Weltbank sprachen gemäß ihrer Rolle als Finanzinsti- tutionen den Fortschritten Zambias im ökonomischen Bereich - siehe Kapitel 2.3.2.2 - eine größere Bedeutung zu. Trotz der politischen Probleme waren sie gewillt, ihre Un- terstützung für die Strukturanpassungsprogramme fortzusetzen596: Zum Ärger der bila- teralen Gebergemeinschaft gewährte die Weltbank noch vor den Wahlen von 1996 Zambia einen Kredit von 90 Millionen US-Dollar als Zahlungsbilanzhilfe, der damit exakt die zuvor aufgeführten Kürzungen der bilateralen Geber kompensieren konnte:

„Such action greatly angered the donors. Bilateral donors ex- pected multilateral agencies to support their cause of punishing Zambia for not adhering to democracy. Negative reaction of bi- lateral donors forced the World Bank to withhold payment of any part of the loan until there were clear indications that the bilateral donors would resume balance of payment support in the immediate future. This meant that the MMD government had to engage in dialogue with the opposition and non- governmental organizations to resolve any problems preventing free and fair elections.“597

Die bilaterale Gebergemeinschaft konnte jedoch durch das Argument, dass die MMD- Regierung durch die Kürzungen einen Anreiz habe, mit den NGOs und den Oppositi- onsparteien in Dialog zu treten, den vorläufigen Stopp dieser von der Weltbank zuge- sagten Zahlungsbilanzhilfe noch vor den Wahlen 1996 erreichen.

Wie unkoordiniert das Verhalten der bilateralen und multilateralen Organisationen in Bezug auf Zambia blieb, zeigt das Verhalten nach den Wahlen von 1996:

Während die bilaterale Gebergemeinschaft auch nach den Wahlen auf die Einhaltung der demokratischen Prinzipien und der Dialogbereitschaft der Regierung mit den zivil- gesellschaftlichen Kräften pochte, gewährte der IWF bereits im März 1997 der zambi- schen Regierung neue Zahlungsbilanzhilfen in Höhe von 14 Millionen US-Dollar als

595 Baylies: 1997, S. 124. 596 Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 51. 597 Osei-Hwedie: 1997, S. 51. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 173

Anerkennung für das erfolgreich abgeschlossene erste Jahr des ESAF-Programms598, das von 1995 bis 1998 umgesetzt werden sollte. Noch im gleichen Monat sagte die Europäi- sche Union der Regierung eine Summe für den Zeitraum von 1997 bis 2002 in Höhe von 200 Millionen US-Dollar zu. Die Zusagen der multilateralen Organisationen kön- nen auch vor dem Hintergrund der Entscheidung der Regierung im März 1997 interpre- tiert werden, da die Regierung zusagte, zur Aufdeckung von Menschenrechtsverletzun- gen eine „Permanent Human Rights Commission“ einzurichten. Die Kommission, die eng mit den untersuchten NGOs zusammenarbeitet, wird in der weiteren Geschichte Zambias noch eine relevante Stellung einnehmen, wie das Kapitel 2.3.3.2 belegen wird. In einigen Studien wird jedoch das Verhalten des IWF und der EU599 kritisiert:

„After winning elections and the resumption of IMF and EU loans to the ruling MMD, the MMD has no incentive to pursue dialogue with opposition parties and civil society to enhance democratization.“600

Das Festhalten Chilubas an der Macht mit allen Mitteln spiegelte sich in der Verfas- sungsdebatte besonders deutlich wider, es stand aber in Kontinuität zu dem bereits be- schriebenen Verhalten der Regierung von der Ausrufung des Ausnahmezustandes im Jahre 1993 bis hin zur Ausnutzung der staatlichen Institutionen, wie des Sprechers der Nationalversammlung, um unliebsame Journalisten oder Parlamentsmitglieder zu sank- tionieren oder sogar - wie im Fall der Redakteure der „The Post“ - zu inhaftieren.601 Auch die Bombenanschläge einer Frontgruppe der UNIP im Zusammenhang mit der Verfassungsdebatte im Juni 1996 in Lusaka und dem Copperbelt602 warfen Fragen auf, ob sich hinter dieser als „Black Mamba“603 bezeichneten Gruppe nicht eine von der MMD selbst initiierte Aktion versteckte, um - dem Vorwurf der Opposition nach - die Möglichkeit zu haben, unliebsame Politiker festzunehmen.604 In diesem von der Verfas-

598 Zu den mit dem IWF und der Weltbank vereinbarten Programmen siehe: Kapitel 2.3.2.2. 599 Eine wirtschaftswissenschaftliche Studie an der Universität Göteborg kritisiert: „Bilateral donors and the IFIs have been at odds several times and this lack of co-ordination has reduced their clout.“ Bigsten: 2000, S. 13. 600 Osei-Hwedie: 1997, S. 56. 601 Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 394. 602 Die Bomben explodierten im „Lusaka Airport“, dem „State House“ und in der Redaktion der regierungseigenen Zeitung „Times of Zambia“ in Ndola im Cop- perbelt. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 47. 603 „Black Mamba“ war der Spitzname Kaundas im Unabhängigkeitskampf. Den Vor- würfen der Opposition widerspricht Donge und weist auf die zunehmende Ge- waltanwendung der UNIP hin. Vgl.: Donge: 1998, S. 92. 604 Im Juni 1996 wurden im Zusammenhang der Bombendetonationen acht UNIP Po- litiker festgenommen und erst kurz vor den Wahlen im November 1996 wieder Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 174 sungsdebatte überschatteten Kontext fanden nun 1996 die zweiten Wahlen der Dritten Republik statt, auf die das folgende Kapitel eingehen wird, um die für das Verständnis der NGOs wichtigen Hintergrundinformationen zu liefern.

2.3.2.4 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1996: Chiluba unter Druck

„In Africa‘s personalistic political regimes, such rule changes usually involve disqualifying the principal rivals for the presi- dency. This finding confirms that the biggest challenge in mak- ing the transition to democracy, especially from the mass- mobilizing, one-party systems that were previously so common in Africa, is not so much the expansion of political participa- tion, but the introduction of genuine political competition. Al- though a normative consensus may be emerging in Africa about the principle of broad popular participation, there is still fun- damental disagreement about the rules for open political con- tests.“605

Die Verhinderung des politischen Wettbewerbs durch die Instrumentalisierung der Ver- fassungsdebatte wird somit in den Kontext bestehender komparativer Studien über die zweiten Wahlen in 16 Staaten Subsahara- Afrikas der dritten Demokratisierungswelle eingebettet.606 Im Vergleich zu den anderen Staaten kristallisieren sich dabei als zambi-

freigelassen, darunter auch der UNIP-Vizepräsident Chief Inyambo Yeta. Die Festnahmen riefen Protest in der Gebergemeinschaft hervor. Vgl. Baylies: 1997, S. 126. Die Mutmaßungen über kriminelle Aktivitäten der MMD stehen auch im Kontext des Zero Option Plans siehe Kapitel 2.3.2.1. Im Zusammenhang mit dem Hochverratsprozess „Black Mamba“ von 1996 bestätigte der Generalin- spektor der Polizei die Verbindung mit dem zambischen Geheimdienst, denn „jeder einzelne Telefonanruf werde abgehört“. Berger: 1999, S. 13. Von der ständigen Überwachung durch Chilubas Geheimdienst sind vor allem die unab- hängige Tageszeitung „The Post“, aber auch einige NGOs betroffen, worauf Vertreter der NGO AFRONET in einem Interview hinwiesen. 605 Bratton und Posner: 1999, S. 404. Randall verweist hier auf die mangelnde Erfah- rung Zambias im Wettbewerb zwischen Parteien, den es nur in kurzen Zeitspan- nen vor 1964, kurz danach und um 1991 gab. Vgl. Randall: 1996, S. 34. 606 Bratton und Posner benennen im Ländervergleich als entgegengesetzte Pole Zam- bia und Ghana: „To further analyze the prospects for surviving democracies, analysts must learn to distinguish between those that are slowly dying (like Zambia by 1996) and those that are gradually consolidating (like Ghana by 1996).“ Bratton und Posner: 1999, S. 405. Zu einem ähnlichen Ranking gelangt eine vergleichende Studie an der University of California über fünf afrikanische Staaten: Bei dem Grad der politischen Liberalisierung schneidet Ghana am bes- ten ab, während Zambia vor Kenia an vierter Stelle steht. Vgl. Wieland, Caro- lina: Economic Policy Reform and Political Transitions in Sub-Saharan Africa, Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 175 aspezifisch die Extreme, die zwischen der Stimmung innerhalb der Bevölkerung wäh- rend der ersten Wahlen von 1991 und im Vorfeld der zweiten Wahlen von 1996 lagen. Längst folgte der euphorischen Aufbruchstimmung607 der ersten Jahre die Ernüchte- rung, da die Regierung Chiluba bis 1996 zwar einige Erfolge im Bereich der ökonomi- schen Reformen vorzuweisen hatte608, die politische Entwicklung war jedoch längst druch die Stagnation des gesamten Demokratisierungsprozesses geprägt. Somit glich der Wahlkampf 1996 einer Bestandsaufnahme des politischen Systems: In den grundlegen- den Bereichen der Verfassung, der Sicherung der politischen Grundrechte und des Wahlprozesses gab es keinen gesellschaftlichen Konsens.609 Die Opposition und die zi- vilgesellschaftlichen Kräfte forderten nun die Demokratisierung des politischen Systems und die Umsetzung der Inhalte, für die die MMD sich 1991 wählen ließ.610

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die beiden Streitpunkte - die Verfassung und vor allem der Public Order Act - ausführlich behandelt wurden, beleuchtet nun der folgende Abschnitt die Vorwürfe der NGOs und der Opposition, dass zudem die Wahlen im Vorfeld bewusst von der Regierung manipuliert worden seien.

Die NGOs und die Opposition beklagen Manipulation im Vorfeld der Wahlen

in: Democratization 3 (1998), London, S. 127-155. Künftig zitiert als: Wieland: 1998. Bemerkenswert ist die Verschiebung der Pole zwischen Zambia und Gha- na von der ersten bis zur zweiten Wahl, denn Sandbrook lobt Zambia noch 1991 für die Wahlen und bemängelt die Legitimität der Wahlen 1992 in Ghana. Vgl. Sandbrook: 1996, S. 85. 607 Vgl. Bratton, Michael: Zambia Starts Over, in: Journal of Democracy 2 (1992), Baltimore/Md., S. 81-94; Joseph: 1992. Wohingegen Carolyn Baylies und Morris Szeftel früh die Kontinuität autokratischer Herrschaft prognostizierten. Vgl. Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The Fall and Rise of Multi-Party Politics in Zambia, in: Review of African Political Economy 3 (1992), Sheffield, S. 89f. Künftig zitiert als: Baylies und Szeftel: 1992. 608 Vgl. die detaillierte Analyse der ökonomischen Liberalisierung Zambias in der Dissertation von Rakner: 1998 und Bigsten: 2000, S. 11. 609 Vgl. Afronet (Inter-African Network For Human Rights And Development): Zam- bia Human Rights Report 1997, Lusaka, April 1998. 610 Das Thema der anstehenden Privatisierung der ZCCM prägte den Wahlkampf nicht, denn die MMD, die ihre größte Wählerschaft im Kupfergürtel hatte, ver- schob 1995 die Privatisierung dieses größten Konzerns auf die Zeit nach den Wahlen, da aufgrund der anstehenden Massenentlassungen mit Protest zu rech- nen war. Die Weltbank verwies in dem von ihr geleiteten Konsultativtreffen im Vorfeld der Wahlen von 1996 nicht nur auf das Wirtschaftsreformprogramm, sondern ermahnte zu guter Regierungsführung, Transparenz und freien und fai- ren Wahlen. Vgl. Baumhögger: Zambia 1996. Zum Privatisierungsprogramm sie- he Kapitel 2.3.2.2. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 176

„Because the Zambian case illustrates so many of the weak- nesses apparent in other new African multiparty regimes – such as the lack of internal democracy in ruling parties, the abuse of government resources during the campaign, and the growing hostility of governments to democracy-monitoring nongovern- mental organizations (NGOs).“611

Zu Beginn des Jahres 1996 richtete sich gegen die Ausnutzung der staatlichen Ressour- cen für den Wahlkampf der MMD eine lose Allianz von acht Parteien, der sich von den größeren Oppositionsparteien nur die UNIP, die NP (National Party) und die LPF (Li- beral Progressive Front) anschlossen. Die Parteienlandschaft Zambias zählte mittlerwei- le 35 Parteien, wovon aber nur elf Parteien ihre Teilnahme an den Wahlen bestätigten und der Hauptanteil daher als „briefcase parties“612 zu bezeichnen war.

Mit dem Ausnutzen von staatlichen Ressourcen zielte die Oppositionsallianz konkret auf die Nutzung von Regierungsfahrzeugen des „Zambia Information Service“ zu Wahlkampfzwecken der MMD sowie das praktizierte so genannte „buying votes“ durch die Vergabe von „T-shirts, beer, and money“ mit dem Verweis, die MMD zu wählen.613 Die Allianz forderte daher die Absetzung des Vorsitzenden der „Electoral Commissi- on“. Im Mittelpunkt der Kritik der NGOs standen auch die Kontrolle über die staatli- chen Medien, die Tageszeitungen, den Hauptteil der Radiostationen und den einzigen Fernsehkanal Zambias, denn der Analyse der FODEP folgend hatte die Opposition zwar auch Zugang zu den Medien, die Berichterstattung und die Sendezeit über die Ak- tivitäten in den staatlichen Medien wiesen jedoch große Disparitäten zugunsten der MMD auf.614

Die Oppositionsallianz kritisierte darüber hinaus, dass die Wählerlisten im Vorfeld wäh- rend der Registrierung manipuliert worden seien und die damit beauftragte israelische Firma „Nikuv Computers Ltd.“ dem Vizepräsidenten und nicht der Wahlkommission

611 Bratton und Posner: 1999, S. 388. 612 Baylies: 1997, S. 115. 613 Bratton und Posner: 1999, S. 397. Während die MMD in den ländlichen Regionen zusätzlich mit Maismehl, Düngemittel und Entwicklungsfonds warb, setzte sie in den urbanen Zentren den Verkauf von „council houses at bargain prices“ ein. Siehe auch: Osei-Hwedie: 1996, S. 47. 614 Gleichzeitig beklagte AFRONET die Repression, die auf die freie Presse ausgeübt wurde: Allein vom Januar 1994 bis zu den Wahlen 1996 dokumentierte die in- ternationale NGO „Human Rights Watch Africa“ insgesamt 20 „seperate acts of harassment“ allein gegen die Tageszeitung „The Post“. Vgl. Human Rights Watch/Africa: Zambia-Elections and Human Rights in the Third Republic. A Human Rights Watch/Africa Report, No. 4, New York u.a. 1996, S. 23f. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 177 unterstellt war.615 Die fehlerhafte Organisation der Wahlen belegte die Allianz durch die mangelhafte Ausgabe von Registrierungskarten und die willkürliche Herausstreichung tausender Namen bei gleichzeitiger Doppeleintragung von Wählern. Die UNIP und die LPF reichten eine Klage ein, mit dem Ziel das Wahlregister auf gerichtlichem Wege für ungültig zu erklären und drohten, sofern die Wahl auf der Basis dieses Registers statt- finden würde, sogar mit einem Boykott der Wahlen.

Als ein Teilerfolg konnte die Allianz eine bis zum März 1996 verlängerte Wahlregistrie- rung verbuchen, die zwar nur zu einem Aufstocken auf 2,3 Millionen von den insgesamt auf 4,6 Millionen geschätzten Wahlberechtigten führte.616 Die Revision des Wahlregis- ters entwickelte sich erneut zu einem Streitpunkt zwischen der Regierung und der Op- position jedoch mit vertauschten Rollen: Hatte die MMD im Wahlkampfjahr 1991 noch in der Opposition die Überarbeitung des 1991 in Hast erstellen Wählerregisters617 nach der Wahl versprochen, hatte sie diesen Schritt in der Rolle als Regierungspartei monate- lang hinausgezögert618. Erst zum Ende des Jahres 1995 startete die Regierung den Re- gistrierungsprozess, nachdem sie zuvor der umstrittenen israelischen Computerfirma Nikuv den Auftrag für die Aktualisierung des Registers erteilt hatte.619

Die beschriebene Ernüchterung über die politische Entwicklung äußerte sich auch in dem rapiden Absinken der Anzahl registrierter Wähler, obwohl die NGOs und andere

615 Zur ausführlichen Diskussion, wie frei und fair die Wahlen von 1996 im Vorfeld waren vgl.: Burnell, Peter: Whither Zambia? The Zambian Presidential and Par- liamentary Elections of November 1996, in: Electoral Studies 3 (1997), Amster- dam (u.a.), S. 407-416. Künftig zitiert als: Burnell: 1997. 616 Die Gesamtzahl von 4,6 Millionen entstammt aus Baumhögger: Zambia 1997. Bratton spricht dagegen von 3,8 Millionen und kalkuliert die Zahl aus dem „1990 Census of Population and Housing“. Die Angaben über 2,3 Millionen re- gistrierte Wähler sind dem Bericht „Provisional Results, 1996“ der Electoral Commission entnommen. Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 407. Über die Zahl der potentiellen Wählerschaft entfachte eine Kontroverse: Die Zahl von 4,5 bis 4,6 Millionen wurde von der internationalen Presse und lokalen Wahlbeobachter NGOs zitiert, wohingegen der Vorsitzende der MMD Wahlkampagne lediglich von 2,7 bis 2,8 Millionen sprach. Die Studie der University of Leeds, United Kingdom, verwendet in Berufung auf einen „representative of the donor com- munity“ die Zahl von 4,2 Millionen. Vgl. Baylies: 1997, S. 128. 617 Siehe zum Streit um das Wählerregister 1991 das Kapitel 1.4.1. 618 Aufgrund der Verzögerung mussten Ende 1995 die Lokalwahlen verschoben wer- den, was auf heftige Kritik bei den NGOs und der bilateralen Gebergemein- schaft stieß. Vgl. Baylies: 1997, S. 120. 619 Laut Wahlgesetz müsste das Wählerregister alle fünf Jahre vervollständigt werden und zwar ein Jahr vor den Wahlen. Die Vergabe des Auftrags an die israelische Computerfirma - Nikuv Computers Ltd. - war umstritten: „the company that won the contract, was one of the highest bidders, prompting speculation that it had been awarded the tender either as part of a kickback scheme or as a payoff for rigging the elections in favour of the MMD.“ Bratton und Posner: 1999, S. 407. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 178 zivilgesellschaftliche Kräfte immer wieder versuchten, der „voter apathy“ entgegen zu wirken. Von der im Jahre 1996 geschätzten Gesamtzahl aller Wahlberechtigten von 4,5 Millionen620 ließen sich mit circa 2,3 Millionen621 nur knapp über die Hälfte eintragen, wohingegen mit circa 3 Millionen registrierten Wählern von 1991 der Anteil an der Ge- samtzahl noch auf 87% geschätzt wurde.622

Im Vergleich der beiden Wahlen bezogen auf die absolute Zahl der Wahlbeteiligten wie- sen beide Wahlen mit circa 1,3 Millionen623 Bürgern, die am Wahltag ihre Stimme abga- ben, ähnliche Werte auf. 624 Angesichts der geringen Registrierungsquote forderten die Wahlbeobachtungs-NGOs wie FODEP und ZIMT erneut eine Vereinfachung des Wahlvorgangs, indem alle über 18 Jährigen unter der Vorlage der „national registration card“ sich an der Wahl beteiligen könnten.625

620 Die geschätzten Zahlen basieren auf dem Census: Republic of Zambia, Zambia in Figures 1995, Lusaka 1996. In diesem Zusammenhang ist auf die Komplexität dieser Schätzungen bei mangelndem und unzuverlässigem Datenmaterial hinzu- weisen, denn die 4,5 Millionen Wahlberechtigten lassen sich aus einer geschätz- ten Gesamtbevölkerung von 9 Millionen unter der Annahme, dass die Hälfte der Bevölkerung unter 15 Jahren ist, lediglich ableiten. Wie viele Zambier in einem Wahljahr das Wahlalter von 18 Jahren erreichen, ist nicht exakt zu berechnen, da der Census in fünf Jahresintervallen klassifiziert, also 10-15 und 15-20 Jähri- ge. Einer präzisen Bestimmung der neuen Anzahl der Wahlberechtigten müssten diesen Neuzugängen, die Anzahl der inzwischen verstorbenen Wahlberechtigten subtrahiert werden: Hier fehlen spezifische Angaben zur Todesrate der über 18 Jährigen, denn die nationale Todesrate wird durch die hohe Kindersterblich- keitsrate in die Höhe getrieben. Unwägbarkeiten ergeben sich ebenfalls aus der durchschnittlichen Bevölkerungswachstumsrate von drei Prozent im Jahr und den Effekten der AIDS-Epidemie auf die Todesrate. Vgl. Donge: 1998, S. 82. 621 Die Zahl ist entnommen aus Human Rights Watch, Africa, Zambia 8 (4), Decem- ber 1996 (Alex Vines). Kapata nennt hier 2,2 Millionen Wähler: Kapata, Dennis: Chilubas Battle for Survival, in: Southern Africa Political and Economic Monthly 10 (1996), S. 5-8. 622 Die Zahlen sind entnommen: Bratton und Posner: 1999. Die Angaben variieren, so spricht Donge von 2,91 Millionen registrierten Wählern 1991. Vgl. Donge, Jan Kees van: Reflections on the 1996 Zambian General Elections, in: The Journal of Modern African Studies 1 (1998), London, S. 79. Künftig zitiert als: Donge: 1998. 623 Die Zahlen sind entnommen: Donge: 1998, S. 82. Burnell betont für 1996, dass von 1.333.069 abgegebenen Stimmen nur 1.279.607 gültige Stimmen waren. Vgl. Burnell: 2000. 624 Gemessen an der Zahl der wahlberechtigten Wähler ist aufgrund der geringen Zahl der registrierten Wähler der prozentuale Wert von 1996 mit 58,7% gegen- über 43,4% von 1991 höher. In der Literatur ist hier auch aufgrund abweichen- der absoluter Zahlen ein höherer Wert von 45,5 Prozent Wahlbeteiligung der registrierten Wähler 1991 zu finden: Vgl. Donge: 1998, S. 82; Meyns: 1995: S. 288 und der Wert von 45 Prozent bei Baylies: 1997, S. 120. 625 Bratton und Posner: 1999, S. 395. Diese Forderung stellten NGOs bereits 1991 im Vorfeld der Wahlen. Vgl. Fußnote 414. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 179

Die Parteienlandschaft im Vorfeld der Wahlen von 1996

Im September 1996, noch kurz vor den Wahlen, forderte Kaunda, die Wahlen unter der alten Verfassung abzuhalten und die Wählerregistrierung zu wiederholen.626 Aus wahl- taktischen Gründen627 machte Chiluba zwar kleine Konzessionen, wie die einst von ihm selbst geforderte Stimmenauszählung im Wahllokal628, an dem umstrittenen Fundament der Wahl in Form der Verfassungsänderung und des Wahlregisters hielt er aber fest.629

Nach einigen Wochen der Spekulation über den Wahltermin630 gab Chiluba erst am 19.Oktober 1996 den 18.November 1996 als Wahltag für die Präsidentschafts- und Par- lamentswahlen bekannt. Vier Tage später verkündete die UNIP den Boykott der Präsi- dentschafts- und Parlamentswahlen, dem sich nur sechs kleinere Parteien - unter ihnen die LPF mit ihrem Vorsitzenden Rodger Chongwe - anschlossen, wohingegen die ande- ren Oppositionsparteien auf die Defizite der Regierung durch eine Wahlbeteiligung hinweisen wollten. Für den Boykott führte die UNIP neben der Verfassungsänderung das Missmanagement im Vorfeld der Wahlen an631. Sie forderte die Wähler auf, den

626 Verfassung und Wahlprozess sollten seiner Meinung nach in einer Allparteienkon- ferenz zur Diskussion gestellt werden. Darüber hinaus forderte er den Zugang zu den Medien durch alle Parteien und die Revision des Ergänzungsgesetzes zum Public Order Act. Vgl. Baumhögger: Zambia 1996. 627 Nur aus wahltaktischen Gründen war die späte Veröffentlichung des Berichts der Menschenrechtskommission unter Munyana zu verstehen, die erst 17 Monate nach der Übergabe des Berichts erfolgte, in dem die Regierung die Menschenrechtsverlet- zungen aus der Ära Kaunda in den Mittelpunkt rückte. Zwar ignorierte die Re- gierung in ihrer Verfassungsnovelle viele Empfehlungen dieser Kommission, konnte aber nach außen ihren Willen zur Beachtung der Menschenrechte durch Einsetzung einer autonomen ständigen Menschenrechtskommission bekunden. Vgl. Baumhögger: Zambia 1997. Um von den eigenen Menschenrechtsverletzun- gen abzulenken, hatte Chiluba Ende 1995 zur Diffamierung Kaundas auch die mit jugoslawischer Hilfe erbauten unterirdischen Tunnel unter dem „State Hou- se“ in Lusaka für die Öffentlichkeit geöffnet und Kaunda begeschuldigt, dort Opponenten gefoltert zu haben. Diese Vorwürfe konnten nicht bewiesen werden und Kaunda erklärte, dass hier vor allem Führer von Befreiungsbewegungen wie Nelson Mandela und Sam Nujoma vor dem Regime Südafrikas Schutz suchten. Vgl. Ihonvbere: Civilisations 1996, S. 103f. 628 Um die radikale Kehrtwende der MMD zur Stimmenauszählung nachzuvollziehen siehe Kapitel 2.3.1. 629 Die Konzessionen der MMD griffen einige Forderungen der Allianz auf: Die Stimmenauszählung sollte im Wahllokal erfolgen, das Wahlamt sollte der Wahl- kommission statt dem Vizepräsidenten unterstellt sein, die Einberufung einer unabhängigen Wahlkommission, die erst am 21.10.1996 eingerichtet wurde. 630 Vgl. Bratton und Posner. 1999, S. 396: „the government‘s position served to heighten the atmosphere of uncertainty surrounding the elections and to rein- force misgivings about the integrity of the election process.“ 631 Nach der Ankündigung des Boykotts vermittelte der Präsident Südafrikas Nelson Mandela mit dem Ziel, die Wahl zu verschieben. Diese Mission wie die des von Mandela entsandten renommierten Menschenrechtsspezialisten Goldstone stie- ßen bei Chiluba auf Widerstand. Vgl. Donge: 1998, S. 72. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 180

Boykott zu unterstützen und die Wahlkarten zurückzugeben, worauf sich nur wenige Wähler einließen.632

Von den an der Wahl teilnehmenden Oppositionsparteien verblieben als stärkste Kraft der „Zambia Democratic Congress“ (ZDC) und die „National Party“ (NP), die in fast allen 150 Wahlbezirken Kandidaten aufstellten, wohingegen die „National Lima Party“ (NLP) und die „Agenda for Zambia“ (AZ) mit nur einer „handful of candidates“633 in ihren jeweiligen Wahlkreisen die MMD herausforderten. Zur Parlamentswahl stellten sich ebenfalls 96 unabhängige Kandidaten634, die größtenteils aus mangelnder Unterstüt- zung in ihrem Wahlkreis an einer MMD Parteinominierung scheiterten oder nach dem Austritt aus der MMD parteilos blieben.635 Verwunderlich war die starke Fragmentierung der oppositionellen Parteienlandschaft angesichts der Kohärenz ihrer Programme, so- fern die Parteien ein solches vorweisen konnten.636 Geringfügige Unterscheidungen kris- tallisierten sich in den Vorstellungen über die Form und das Ausmaß der Privatisie- rungspläne637 heraus oder die National Lima Party (NLP) zeigte sich beispielsweise als Partei mit dem Schwerpunkt auf der landwirtschaftlichen Entwicklung. Der gemeinsame Nenner aller Parteien lag eher im „displace the party in power than to effect a change of policy direction, especially with regard to the economy“.638 Der Mangel an politischem Wettbewerb um gute Ideen stand auch in Zusammenhang mit der gesamten Entwick-

632 Der UNIP Aufruf zur Rückgabe der Wählerkarten stieß auf wenig Resonanz, da nur 60.000 zurückgebracht wurden. Der Boykott der UNIP richtete sich nicht nur gegen die Unwählbarkeit Kaundas für das Präsidentschaftsamt, sondern auch gegen die Unwählbarkeit des stellvertretenden UNIP-Vorsitzenden Inyam- bo Yeta, der gemäß der neuen Verfassung als traditioneller Chief nicht für ein Abgeordnetenmandat kandidieren durfte ohne sein traditionelles Amt abzule- gen. Vgl. Burnell, Peter: The Significance of the December 1998 Local Elec- tions in Zambia and their Aftermath, in: Commonwealth and Comparative Poli- tics 1 (2000), London, S. 2. Künftig zitiert als: Burnell: 2000. 633 Bratton und Posner: 1999, S. 396. 634 Vgl. Bratton und Posner: 1999, S.396. Auch hier variieren die Angaben: Baylies führt 99 unabhängige Kandidaten an. Vgl. Baylies: 1997, S. 116. Donge nennt 98 Unabhängige: Vgl. Donge: 1998, S. 78. 635 Die Kandidatur von unabhängigen Kandidaten bei der Parlamentswahl in 49 Pro- zent der Wahlkreise stellt eine neue und wichtige Entwicklung in Zambia dar. Die ZDC konnte in 95 Prozent und die NP in 65 Prozent der Wahlkreise Kan- didaten aufstellen. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 54. 636 Da die NP nach zwei Jahren ihrer Gründung immer noch kein Programm vorstel- len konnte, interpretierte die Presse die Initialen NP als „No Party“. Vgl. Burnell, Peter: The politics of poverty and the poverty of politics in Zambia‘s Third Republic, in: Third World Quarterly 4 (1995), London/Oxford, S. 678. Künftig zitiert als: Burnell: 1995. 637 Selbst die UNIP widersetzte sich in ihrem Manifest 1996 nicht mehr den Privati- sierungsplänen der Regierung und proklamierte „market-friendly economic poli- cies“. Wieland: 1998, S. 145. 638 Baylies: 1997, S. 116. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 181 lung der Parteienlandschaft, deren Gründungen oftmals auf ehemalige Parlamentsmit- glieder der MMD zurückzuführen waren, wie die folgende Abbildung veranschaulicht.

Abbildung 2-10: Verbindungen der Oppositionsparteien zur MMD (Stand 1996)

Partei: Gründer: Ex-Verbindung zur MMD:

Liberale Progessive Chongwe Ex-MMD-Minister of Lagal Affairs Front (LPF)

Zambia Democratic Mun’gomba und Chitala Ex-Gründungsmitglieder der MMD Congress (ZDC) und MMD Deputy Minister

National Party (NP) Mulemba Ex-MMD Minister of Mines and Mine- ral Development (davor Mitglied im Kabinett Kaunda)

National Lima Party Scott / Kapita Ex-MMD Minister of Agriculture, (NLP) Food and Fisheries; Vorsitzender der Zambia National Farmers Union

Agenda for Zambia Mbikusita-Lewanika Ex-MMD Minister of Science, Tech- (AZ) nology, Education and Vocational Training

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 1996

„It is better to be a President of a non-democratic country than not to be a President of a democratic country!“639

Diese Ziel vermochte Chiluba erneut zu erreichen: Mit 73 Prozent der Stimmen gewann Chiluba vor seinen vier Mitstreitern erneut die Präsidentschaftswahlen und fiel damit nur drei Prozentpunkte hinter seinen Sieg von 1991 zurück. Trotz der beschriebenen Unruhen im Vorfeld der Wahlen verlief der Wahltag am 18. November 1996 friedlich. Die MMD gewann ebenso mit 61 Prozent der Stimmen die Parlamentswahlen und konnte mit diesen 61 Prozent der Stimmen 131 der insgesamt 150 Parlamentssitze erhal- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 182 ten und somit aufgrund des Mehrheitswahlrechts mit weniger Stimmen als 1991 mehr Sitze erzielen, da eine größere Anzahl von Kandidaten die Stimmen unter sich aufteilen mussten. Von den insgesamt 19 Sitzen für die Opposition gingen zehn an unabhängige Kandidaten.640 Gemäß dem „first past the post“ Prinzip konnte der ZDC als die Oppo- sitionspartei mit dem höchsten nationalen Stimmenanteil von 14 Prozent nur zwei Sitze in der Nationalversammlung für sich verbuchen, die NP gewann fünf Sitze und die aus der NP hervorgegangene „Agenda for Zambia“ (AZ) zwei Sitze, während die NLP so- wie sechs kleinere Parteien keinen Wahlkreis gewinnen konnten.

Während nur ein Drittel der 125 Parlamentsabgeordnete der MMD von 1991 auch in die Nationalversammlung von 1996 wiederkehrten, wies das „neue“ Kabinett eine be- merkenswerte Kontinuität auf: Chiluba berief lediglich zwei neue Minister in sein Kabi- nett, indem mit Edith Nawakwi als Landwirtschaftsministerin nur eine Frau mitarbeite- te.641 Als ein positives Signal für den Einfluss der Gebergemeinschaft war die Entschei- dung Chilubas zu werten, drei der zuvor in den Drogenskandal verwickelten und Ende 1993 aufgrund des externen Drucks zurückgetretenen Minister nicht erneut in sein Ka- binett zu berufen.642

Erstmals in der Geschichte Zambias wurde auch ein Minister für religiöse Angelegen- heiten ernannt, nachdem in der Präambel der Verfassung Zambia als „Christian Nation“ ausgerufen wurde, dem sich die „Mwanakatwe Constitutional Review Commission“ er- folglos widersetzt hatte.643

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Wahlen in Form von Abbildungen kurz do- kumentiert.

639 “Statement given by one of Chiluba‘s political advisor‘s prior to the 1996 elec- tions.” Zitiert nach Rakner: 1998, S. 123. 640 Gerade in den Wahlkreisen mit starken unabhängigen Kandidaten konnte der Trend des Stimmensplittings festgestellt werden, denn entgegen der Wahl von 1991 wies die Wahl von 1996 eine Kluft von 73 Prozent für Chiluba bei den Präsidentschafts- und nur 61 Prozent der Parlamentswahlstimmen für die MMD auf. Diese Differenz durch das Splitting war fast deckungsgleich mit dem natio- nalen Stimmenanteil der unabhängigen Kandidaten von 9,45 Prozent. Vgl. Don- ge: 1998, S. 78. Osei-Hwedie interpretierte den Erfolg der unabhängigen Kandi- daten als Antwort auf die Unzufriedenheit mit den politischen Parteien. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 55. 641 Die Ministerin wurde später Finanzministerin und erregte Aufsehen durch ihren konfrontativen Kurs auf dem Konsultativgruppentreffen Ende Mai 1999 in Pa- ris. Vgl. Erdmann: 2000. 642 Vgl. Baylies: 1997, S. 118. 643 Vgl. Baylies: 1997, S. 119.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 184

stützte sich auf lediglich 24 Prozent der gesamten Wahlberechtigten Zambias.647 Aus den von der MMD erzielten Ergebnissen bei der Parlamentswahl kristallisierte sich eine regionale Verteilung der Stimmen, die nicht entlang urbaner und ländlicher Zentren ver- lief, sondern klare regionale Disparitäten aufwies. Die Gewinne variierten zwischen den Spitzenwerten in Chilubas Heimatregion der Luapula Provinz und dem Copperbelt mit 70 Prozent und den niedrigsten Werten von 44 Prozent in der Nordwestprovinz, auf die zusammen mit der Westprovinz 12 der insgesamt 19 Oppositionssitze fielen.648

Durch den Wahlboykott musste die UNIP in ihrer Hochburg in der Ostprovinz alle 19 Sitze an die MMD abgeben. Während der Wahlboykott landesweit keine Auswirkungen hatte, lag die Wahlbeteiligung in der Ostprovinz mit 37 Prozent um mehr als 20 Prozent unter dem nationalen Durchschnittswert von 59 Prozent. Ohne die durch den Boykott verlorenen 19 Sitze in der Ostprovinz hätte die Opposition somit mit 38649 von 150 Sit- zen in der Nationalversammlung vertreten sein können, daher resümiert Michael Brat- ton:

„UNIP‘s experience suggests that while boycotts may have worked against colonial regimes or in one-party settings, they are far less effective in democratic contexts where alternative channels are available for citizens to communicate their dis- agreement with the status quo.“650

647 Von den auf 4.5 Millionen geschätzten Wahlberechtigten erhielt Chiluba 913.770 Stimmen. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 55. Als Gründe für die geringe Beteilung wurden mangelndes Vertrauen in die Unabhängigkeit der Wahlkommission und das Wahlregister genannt. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 54f. 648 Lediglich die ZDC wies als Oppositionspartei ein nationales Profil auf, denn von den fünf Sitzen der NP entfielen vier auf die „North-Western Province“ und die beiden Sitze der AZ auf die Western Province, die von den Sezessionsbestre- bungen der Lozi dominiert wird. Daher resümiert Donge: „The regional bases of support for the other parties show that these national elections were, to a large extent, really local elections.“ Donge: 1998, S. 78. Zur Bedeutung der Ethnien im Mehrparteiensystem siehe: Osei-Hwedie, Bertha: The Role of Eth- nicity in Multi-Party Politics in Malawi and Zambia, in: Journal of Contempo- rary African Studies 2 (1998), Pretoria, S. 227-247. Künftig zitiert als: Osei- Hwedie: 1998. 649 Dieser fiktiven Zahl von 38 wären 27 mögliche Sitze zu addieren, in den 27 Wahlkreisen in denen die MMD mit weniger als 50 Prozent der Stimmen und ei- ner einfachen Mehrheit gewann, die sie der Fragmentierung der Opposition zu verdanken hatte. Dadurch war die niedrigste Mehrheit mit der die MMD einen Sitz gewinnen konnte 32 Prozent im Wahlkreis Luangeni in der Ostprovinz, wo sie gegen fünf Kandidaten antrat. Allerdings gelang es der Opposition auch nur in sieben der 19 gewonnenen Wahlkreise mit über 50 Prozent der Stimmen zu gewinnen. Vgl. Baylies: 1997, S. 117. 650 Bratton und Posner: 1999, S. 400. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 185

Die Beobachter lasteten der Opposition an, der MMD nicht nur durch den Boykott ei- nen leichten Sieg ermöglicht zu haben, sondern kritisierten auch, dass sie ihre Energie in „wrong issues“651 - wie die Verfassung und das Wahlregister statt Themen wie Arbeits- plätze und Landwirtschaft - und „wrong audiences“652 - wie die Gebergemeinschaft und urbane Eliten statt die gesamte Wählerschaft - investiert hatten.653

Wie die NGOs auf die aufgezeigten politischen Turbulenzen reagierten und wie sich der gesamte 1991 noch mit Hoffnung begleitete Systemwechselprozess bis in die jüngste Gegenwart entwickelte, der somit auch die Ausgangslage für die von Oktober 1999 bis März 2000 durchgeführte empirische Studie bedeutete, wird das nachfolgende Kapitel 2.3.3 aufzeigen.

2.3.3 Zambia nach 1996: Vom Musterland zum Sorgenkind des Süd- lichen Afrika?

2.3.3.1 Dem Votum der NGOs über die Wahlen folgt staatliche Repression

„Meanwhile, the country‘s three most prominent election- monitoring NGOs announced that, although the voting itself appeared to have been free of serious rigging, the process that led up to the elections had been so flawed as to call the whole exercise into question. The theme running through all of these charges was that Zambia‘s democracy was stumbling badly.“654

Konsens herrschte unter den seit der Liberalisierungsphase etablierten lokalen Wahlbe- obachterorganisationen FODEP und ZIMT sowie der zu Beginn des Jahres 1996 aus 18 Gruppen gegründeten Dachorganisation „Committee for a Clean Campaign“ (CCC) sowie den kleineren NGOs „Zambia Reconstruction Organisation“ (ZAMRO) und „Anti-Voter-Apathy Project“ (AVAP):

651 Bratton und Posner: 1999, S. 401. 652 A.a.O. 653 Eine von USAID gesponserte repräsentative Befragung von 1200 wahlberechtig- ten Zambiern kurz nach den Wahlen 1996 wies kaum Abweichungen von der ersten Studie im Juni 1993 auf: Auf die geschlossene Frage nach der Einschät- zung der Leistung der MMD Regierung antworteten 43,2 Prozent der Befragten mit „good or very good“, 35,1 Prozent mit „fair“ und nur 21,7 Prozent mit „poor or very poor“. Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 407. 654 Bratton und Posner: 1999, S. 401. Die meisten internationalen Wahlbeobach- tungsorganisationen lehnten ein Monitoring der Wahlen 1996 ab, da sie durch ihre Teilnahme die Legitimität des fehlerhaften Wahlprozesses nicht erhöhen wollten. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 186

Einstimmig deklarierten die NGOs die Wahlen bezogen auf den gesamten Wahlprozess als weder frei noch fair. Diesem Urteil schloss sich die internationale NGO „Human Rights Watch Africa“ an, wohingegen andere Stimmen wie eine am „Christian Council of Zambia“ angegliederte Monitorgruppe655 und die von Regierungskreisen selbst einge- setzte - bei Beobachtern als „fake-NGO“ bezeichnete - Monitorgruppe „Patriotic Res- cue Monitors“ (PAREMO)656 den Einschätzungen widersprachen. Das NGO-Votum der genannten NGOs stützte sich auf die Bereiche der Wahlkampagne, der Durchfüh- rung der Wahlen und den verfassungsmäßigen sowie institutionellen Kontext der Wah- len, wie die folgende Abbildung veranschaulicht.

Abbildung 2-13: Die Kritikpunkte der NGOs an den Wahlen von 1996657

Kritikpunkte NGO

Wahlkampagne Ausnutzen der staatlichen Ressourcen und CCC; ZAMRO Stimmenkauf658

Medienanalyse belegt: Berichterstattung in FODEP den staatlichen Medien659 über die MMD nahm doppelten Umfang gegenüber der des gesamten Oppositionsspektrums ein

Durchführung der Verwendete Tinte leicht abwaschbar, so ZIMT Wahlen war mehrfach wählen möglich

Ausgeben mehrerer Wahlkarten an eine ZIMT, ZAMRO, AVAP Person

Streichung von Personen aus dem Wahl- ZAMRO

655 Das Urteil dieser von malawischen Wahlbeobachtern unterstützten Gruppe basiert allerdings nur auf der Beobachtung von 10 Wahlstationen in Lusaka. Vgl. Bay- lies: 1997, S. 122. 656 Vgl. Donge: 1998, S. 72. Die von Sympathisanten der Regierung gegründete NGO PAREMO verurteilte in informellen Gesprächen das internationale Aufsehen um die Verfassungsdebatte und die Wahlen von 1996 als Eingriff in die Souveräni- tät Zambias und als „an American plot“. Die NGO PAREMO unterstellte den als Lakeien ausländischer Interessen bezeichneten NGOs mangelnden Patrio- tismus. Damit herrschten auf beiden Seiten Konspirationstheorien: NGOs wur- den von der Regierung als Marionetten westlicher Interessen wie der USA oder Japans angesehen und die Opposition wiederum brachte die Regierungskreise mit „sinister foreigners (Mossad)“ in Verbindung. Vgl. Donge: 1998, S. 85. 657 Die Angaben beziehen sich auf Baylies: 1997, S. 122. 658 Neben dem Missbrauch öffentlicher Gelder setzte die MMD sogar Militärhub- schrauber zur Verteilung ihrer Pamphlete ein. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 54. 659 Die FODEP Studie bezog sich auf ZNBC Television, Zambia Daily Mail, Times of Zambia. Kritisch merkt Donge hier an, dass auch die UNIP den Wahlkampf 1991 in den Medien dominierte. Vgl. Donge: 1998, S. 79. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 187

register

Voting-card Nummern wurden doppelt FODEP ausgegeben

Doppelregistrierungen gleicher Namen an ZAMRO verschiedenen Wahlstationen

Legaler und institu- Verfassungsmäßige Einschränkung der CCC, FODEP tioneller Kontext der politischen Partizipation (Lex Kaunda, Wahlen traditionelle Führer)

Electoral Commission: Mangelnde Unab- CCC, FODEP hängigkeit und zu späte Einsetzung durch die Regierung

Die NGOs wurden in ihrem Votum durch die internationale Gebergemeinschaft660, ei- nige Nachbarländer und die Oppositionsparteien unterstützt, die ebenfalls betonten, dass eine Wahl nicht als fair bezeichnet werden könne, in der der bedeutendste Heraus- forderer durch den Einsatz legislativer Tricks im Vorfeld der Wahlen an der Teilnahme gehindert werde.661 Die zweiten Wahlen in Zambia zeigten, wie fragil und temporär der Konsensus aus der Liberalisierungsphase über die Einführung der demokratischen Grundwerte war. Durch den Wahlboykott der UNIP und die geringe Präsenz der Op- position in der Nationalversammlung avancierten die zivilgesellschaftlichen Kräfte zu den Hoffnungsträgern der politischen Partizipation:

„This left civic organizations and independent newspapers as the most vocal defenders of participatory and competitive poli- tics, but these groups were beset by problems, including alien- ation from popular political opinion, their own growing politi-

660 Obwohl einige Geber ihr Unverständnis über den Boykott der UNIP äußerten, merkten der Sprecher der US-amerikanischen Botschaft, der EU sowie der japa- nischen Botschaft kritisch an, dass die Wahlen auf einer nicht von allen Partei- en akzeptierten Basis stattfanden. Japanische Repräsentanten unterstrichen, dass sie angesichts der politischen Krise die Zahlungsbeihilfen nicht aufstocken wollten. Vgl. Baylies: 1997, S. 121. Die EU setzte jedoch ihre Zahlungen fort: Osei-Hwedie: 1997, S. 51. 661 Die Michigan University/UNZA Studie im Auftrag von USAID unterstreicht die Marginalität dieses Argumentes aus Sicht der Mehrheit der Wähler: Von den 19 Prozent der insgesamt 1200 Befragten, die an der ordnungsgemäßen Durchfüh- rung der Wahlen von 1996 zweifelten, begründeten lediglich 16 Prozent ihre Einschätzung mit der „Lex Kaunda“. Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 407. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 188

cization, and their susceptibility to the heavy hand of an in- creasingly intolerant government.“662

Die Regierung verschärft den Repressionsgrad gegenüber den NGOs

Das einhellige Votum nahm die Regierung zum Anlass noch schärfer gegen die unlieb- samen NGOs vorzugehen, die sie klar als „front for foreign interests or puppets acting on the instructions of the government‘s enemies“663 bezeichnete. Als Signal der zuneh- menden Unduldsamkeit und Verhärtung der Fronten im Umgang mit den NGOs setzte die Regierung klare Prioritäten: Noch bevor sie auf die Stellungnahme der Oppositions- parteien zu den Wahlen reagierte, setzte sie die NGOs nach der Veröffentlichung ihres Votums massiven Repressionen aus. Bereits eine Woche nach den Wahlen ließ die Re- gierung im November 1996 den Vorsitzenden des „Committee for a Clean Campaign“ (CCC) Ngande Mwanajiti und den Vorsitzenden der Monitorgruppe ZIMT Alfred Zulu kurzzeitig verhaften. Die Bankkonten von CCC, ZIMT, AFRONET und FODEP ließ die Regierung ebenfalls sperren und flankierte das Vorgehen mit gezielten Razzien in den Büros von AFRONET und FODEP in Lusaka sowie polizeilichen Vernehmungen und intensiven Untersuchungen im Umfeld der NGOs. Beispielsweise wurden die Rundfunkjournalisten, die mit der NGO ZIMT kooperierten, einfach vom Dienst sus- pendiert.664 Neben den NGOs traten auch die Parteien in die politische Arena, um den Protest über die Wahlen zu äußern.

Auch die Oppositionsparteien fechten die Wahlen von 1996 an

„Opposition parties and donors viewed free and fair elections in a broad manner to include political freedom for all, free elec- toral campaigning for all parties, proper administration of the electoral process and safeguarding the rights of all citizens to vote and stand as candidates.“665

Für die Oppositionsparteien lagen die Fakten ebenfalls auf der Hand: Die israelische Computerfirma „Nikuv“, so der Kanon der politischen Oppositionsparteien, wurde be-

662 Bratton und Posner: 1999, S. 403. Zu den Parallelen zur UNIP Regierung siehe Kapitel 2.3.1.1. 663 Bratton und Posner: 1999, S. 401. 664 Zur Politisierung der NGOs merkt hier Donge an: „The monitoring organisation ZIMT – which tends to be sympathetic to UNIP“. Donge: 1998, S. 91. 665 Osei-Hwedie: 1997, S. 54. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 189 wusst von der MMD ausgewählt, um den Prozess zu manipulieren. Die Parteien be- gründeten ihr Statement damit, dass der Vertrag mit Nikuv Ltd. nicht gemäß dem dafür vorgesehenen Prozedere zustande gekommen sei, der Firma konspirative Machenschaf- ten durch ihre angeblichen Verbindungen zu dem israelischen Geheimdienst Mossad anhängen würden und der gesamte Registrierungsprozess direkt dem Vizepräsidenten oblag.666 Den Oppositionsparteien war in diesem Punkt Recht zugeben, da die durch „Nikuv“ verursachten Irregularitäten am Ende der Registrierungsperiode durch zahlrei- che Blanko-Wahlkarten, die in Lusakas Straßen zirkulierten667, offenkundig wurden. Dennoch es blieb ungeklärt, ob die Unregelmäßigkeiten lediglich das Resultat administ- rativer Ineffizienz oder der bewussten Manipulation war. Ebenfalls konnten die Äuße- rungen der Opposition auf Kritik stoßen, da die Forderungen der Oppositionsparteien insofern inkohärent waren, als sie die Wahlen 1996 nach dem alten Register von 1991 abhalten wollten, wobei sie kurz zuvor im Oktober 1995 noch mit dem Boykott der Lo- kalwahlen drohten, falls die Lokalwahl auf dem veralterten Register von 1991 basieren werde. Dem Wahlregister von 1991 schenkte die Opposition nun mehr Vertrauen als dem neu erstellten Register durch die von der Regierung beauftragte Firma Nikuv.668

Wie eine repräsentative Studie im Auftrag von USAID, die von der Michigan Universi- ty/USA in Kooperation mit der UNZA durchgeführt wurde, ebenfalls belegt, blendete die Opposition völlig aus, dass ein Absinken der Wählerregistrierung um circa 22 Pro- zent gegenüber den Wahlen von 1991 nicht nur monokausal auf eine bewusste Manipu- lation, sondern auch auf eine größere Akzeptanz der „voter-apathy“ in der Bevölkerung zurückzuführen sein könnte:

„Lower registration may simply be a sign that political apathy is more tolerated, and the quality of the register may in fact be much better than in early days.“669

666 Die Klage der UNIP und Liberal Democratic Front (LDF) mit dem Ziel, das Re- gister zu annullieren, wurde Anfang Oktober 1996 sowohl vor dem High Court als dem Supreme Court in Lusaka abgewiesen. Vgl. Donge: 1998, S. 80. 667 Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 46. 668 Das Wahlregister von 1991 basierte im Wesentlichen auf dem von 1987 und muss- te dringend aktualisiert werden, da inzwischen eine große Anzahl das Wahlalter erreicht hatten, verstorben waren oder den Wohnort gewechselt hatten. Zu den Kontroversen um die Registrierung von 1991 siehe: Bjornlund, E./ Bratton, Mi- chael/ Gibson, C.: Observing multi-party elections in Africa: Lessons from Zambia, in: African Affairs 364 (1992), Oxford, S. 405-431. 669 Donge: 1998, S. 81. Die geringe Wahlbeteiligung war kein hinreichendes Kriteri- um, die Validität von Wahlergebnissen in Frage zu stellen, denn die Gründe für eine hohe oder niedrige Wahlbeteiligung müssten erforscht werden. Baylies und Szeftel weisen auf das Absinken der Beteiligung der registrierten Wähler bei den Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 190

Im Dezember 1996 kündigte Rodger Chongwe als Sprecher der Parteienallianz zusam- men mit Kaunda eine dreimonatige Kampagne des zivilen Ungehorsams an, mit der sie ihrer Forderung nach einer Interimsregierung Nachdruck verleihen wollten, da sie die Regierung Chiluba aufgrund der umstrittenen Wahlen als illegitim bezeichneten. Auch der Politiker Dean Mung‘omba, der Vorsitzende der ZDC, erkannte seine Niederlage nicht an und versuchte zusammen mit dem Vorsitzenden der AZ und „National Cong- ress Party“ zu Beginn des Jahres 1997 durch die Einreichung einer Klage beim Supreme Court die Wahlen von 1996 gerichtlich für ungültig zu erklären. Er begründete den Schritt ebenfalls mit der fehlerhaften Erstellung des Registers und der mangelnden Un- abhängigkeit der „Electoral Commission“.670 Zeitgleich reichten auch die UNIP vertre- ten durch Kaunda und die LPF vertreten durch Chongwe eine gerichtliche Petition671 ein, mit der sie die zambische Staatsbürgerschaft Chilubas und damit die Qualifikation für das Präsidentenamt in Frage stellten.672

Wahlen von 1991 mit 45,5 Prozent gegenüber der letzten Wahl im Einparteisys- tem von 1987 mit 66,7 Prozent hin, das vor dem Hintergrund des Drucks inter- pretiert werden muss, den die UNIP auf die Bevölkerung ausübte, um die Wahl- beteiligung zu erhöhen. Vgl. Baylies, Carolyn/ Szeftel, Morris: The fall and rise of multi-party politics in Zambia, in: Review of African Political Economy 54 (1992), Sheffield, S. 75-91. 670 Vgl. Baylies: 1997, S. 124. Das Urteil von 1998 kann auf der Internetseite der NGO AFRONET eingesehen werden: http://www.afronet.org.za (Zugriff am 17.2.2001). 671 Die Regierung versuchte die Judikative zu beeinflussen durch Gehaltsaufbesse- rung im Mai 1997 für Richter des Obersten Gerichtshofes in Lusaka und Druck- ausübung auf einen Richter, der zwei Journalisten der Post die Festsetzung ent- zogen hatte. Vgl. Baumhögger, Goswin: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Af- rika Jahrbuch 1997. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1998, S. 401-411. Künftig zitiert als: Baumhögger: Zambia 1998. Ein Parlamentsabgeordneter der ZDC beurteilte die Judikative dennoch als relativ unabhängig: „Of all the institutions of democracy in Zambia, the ju- diciary stands by and large as being relatively independent.“ Mutukwa, Kasuka S.: Developing New Attitudes: The promotion of free political choice in Zam- bia, in: The Parliamentarian 2 (1998), London, S. 139. Künftig zitiert als: Mu- tukwa: 1998. Zur gleichen Einschätzung kommt eine andere Studie, die von ei- ner „fairly independent judiciary“ spricht und das Engagement der Law Associa- tion gegen die Verfassungsreform hervorhebt. Vgl. Bigsten: 2000, S. 12. 672 Um die Vergangenheit Chilubas ranken Mysterien: Es wird vermutet, dass er aus dem Kongo stammt, wo er nach dem Tod seiner Mutter aufwuchs. In dieser e- motional hoch aufgeladenen Debatte veröffentlichte die Oppositionszeitung The Post die Hinweise eines Kongolesen, der angab Chilubas Vater zu sein. Den daraufhin von der Opposition und der The Post geforderten Bluttest lehnte die Regierung mit dem Hinweis ab, der Geburtsort Chilubas sei Wusikili Township in Kitwe, einer Stadt im Copperbelt Zambias. Diese Angabe trug aber nicht zur Klärung bei, da dieser Teil Kitwes zu diesem Zeitpunkt gar nicht existierte. Mysteriös blieb auch Chilubas Vergangenheit, so nannte er sich Chiluba, da er angeblich das Zeugnis für den Besuch einer weiterführenden Schule eines Schü- lers namens Chiluba erhalten wollte. Vgl. Donge: 1998, S. 89. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 191

Fazit: Politische Turbulenzen prägen Zambia auch nach den Wahlen

Die Regierung versuchte daraufhin im Februar 1997 im Rahmen einer Großkundgebung der UNIP in Ndola, Copperbelt, die Oppositionsparteien durch ihren massiven Polizei- einsatz einzuschüchtern. Davon unberührt vertrat die Opposition auch weiterhin ihre Forderung nach dem Rücktritt Chilubas und der Implementierung einer Interimsregie- rung sowie der Rücknahme der Verfassungsänderung von 1996. Im Juni 1997 gründeten zwölf Oppositionsparteien die lose Allianz „National Patriotic Coalition“ (NPC) unter dem Vorsitz Rodger Chongwes.673

Zur Eskalation zwischen den verhärteten Fronten zwischen der Regierung und der Op- position kam es im August 1997 nach einer nicht genehmigten Kundgebung der NPC in Kabwe, einer Stadt 70 km nördlich von Lusaka, als ein Polizeischütze die Politiker Kaunda und Chongwe leicht verletzte.674 Den daraufhin von Kaunda vorgetragenen Vorwurf, die Schüsse seien als ein von der Regierung inszenierter Attentatsversuch zu interpretieren, wies Chiluba jedoch entschieden zurück.675 Das nachfolgende Kapitel skizziert, wie die politischen Turbulenzen ein Jahr nach den Wahlen sogar noch eine Steigerung erfuhren.

673 Um die verhärteten Fronten zwischen MMD und Opposition zu lockern, sollte das schwedische IDEA (International Institute for Democracy and Electoral As- sistance) im Rahmen der Wiederaufnahme des Parteiendialogs vermitteln und auf der Konferenz des Pariser Clubs im Juli 1997 über die Fortschritte berich- ten. Die Opposition reagierte skeptisch auf IDEA, da es Ende 1996 von der Re- gierung einbezogen wurde. Vgl. Baumhögger: Zambia 1998. Als alle Parteien sich gerade auf einen Konsens geeinigt hatten, wurde dieser Dialog durch die Verhaftung Kaundas Weihnachten 1997 unterbrochen. Vgl. Mutukwa: 1998, S. 139. 674 Vgl. Meyns: 2000, S. 179. 675 Vgl. Mthembu-Salter, Gregory: Zambia. Recent History, in: Africa South of the Sahara 2001, London 2000, S. 1228. Künftig zitiert als: Mthembu-Salter: 2000. Donge setzt diese Geschehen in den Kontext und merkt an, dass Kaunda „adopted a martyr‘s role as being persecuted by a callous government“. Donge: 1998. S. 90. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 192

2.3.3.2 Zambia im Ausnahmezustand nach dem Putschversuch von 1997

„Several non-governmental organizations, including the Law Association of Zambia, described the state of emergency as an abuse of human rights.“676

Am frühen Morgen des 28.10.1997 stürmte eine Gruppe von Armeeoffizieren aus den „mittleren Rängen“ unter der Führung Stephen Lungus die nationale Fernseh- und Rundfunkstation in Lusaka und verkündete durch das Radio den Sturz der Regierung Chiluba durch ein Militärregime. Die Aktion entpuppte sich rasch als ein dilettantischer Putschversuch, da bereits an der Stimme des Offiziers sein betrunkener Zustand eindeu- tig erkennbar wurde.677 Binnen weniger Stunden ließ die Regierung den Putschversuch zerschlagen und nahm während der Operation, bei der eine Person getötet wurde, auch den Anführer Stephen Lungu sowie 15 weitere Verdächtige fest.

Einen Tag nach dem gescheiterten Umsturzversuch verhängte Chiluba am 29.10.1997 den Ausnahmezustand, der es der Regierung erlaubte, mit dem Putschversuch in Ver- bindung stehende Verdächtige für 28 Tage ohne ein Gerichtsverfahren festzunehmen. Am 4.11.1997 verlängerte Chiluba den Ausnahmezustand um drei Monate, der ihm be- reits die Verhaftung von 91 Personen ohne die Vorlage einer Anklageschrift ermöglich- te.678 Unter den Festgenommenen befanden sich auch prominente Politiker, wie der Vorsitzende der ZDC Mung‘omba, für den der „High Court“ in Lusaka bereits im No- vember 1997 eine medizinische Untersuchung anordnete, da er nach gesicherten Er- kenntnissen während der Polizeiverhörungen gefoltert wurde.679

Das Foltern von politischen Gefangenen veranlasste die Opposition die Regierung zu verdächtigen, diesen Putschversuch eigenmächtig initiiert zu haben, um durch einen

676 Mthembu-Salter: 2000, S. 1228. 677 Während des Forschungsaufenthaltes hatte die Autorin Gelegenheit eine Original- aufnahme der Radiosendung vom 28.10.1997 zu hören und kann daher diese Einschätzung bestätigen. Meyns zieht hier die Parallele zum Putschversuch 1990 mit den Worten: „Da sie ebenso stümperhaft vorgingen wie ihre Kollegen 1990, dauerte ihr Abenteuer nur Stunden.“ Meyns: 2000, S. 180. 678 Unter ihnen befanden sich 86 Militäroffiziere. Vgl. Mwaanga: 1998, S. 137. 679 Vgl. Mthembu-Salter: 2000. In einem Interview mit der „Human Rights Commis- sion“ im Januar 2000 in Lusaka verwies eine Mitarbeiterin darauf, dass die Auf- deckung der Anwendung von Gewalt und Folter durch die Polizei eines der größten Erfolge der Human Rights Commission bedeutete. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 193

Ausnahmezustand ihre unliebsamen Gegner auszuschalten.680 Am 1.12.1997 bestätigte die eher als zögerlich und regierungsfromm eingeschätzte „Human Rights Commission“, die im April 1997 als dauerhafte autonome Institution eingesetzt wurde681, öffentlich, dass die Polizei zum Teil Geständnisse, die in Zusammenhang mit dem Putschversuch ge- macht wurden, unter der Anwendung von Folter erzwang. Unter den inhaftierten pro- minenten Politikern682 befand sich neben Mung‘omba auch die 1993 in den Drogen- skandal verwickelte MMD-Politikerin Nakatindi Wina.683 Trotz mangelnder Beweise ließ die Regierung die beiden Politiker erst ein Jahr nach ihrer Festnahme frei und stellte das Verfahren gegen sie ein, so dass der „politische Zweck“684 der langen Inhaftierung of- fensichtlich wurde. Währenddessen votierte die Nationalversammlung für eine weitere dreimonatige Verlängerung des Ausnahmezustandes, wobei Chiluba sich schließlich dem Druck der internationalen Gebergemeinschaft beugen musste und am 17.3.1998 den Ausnahmezustand aufhob: „Chiluba eventually revoked the state of emergency on 17 March, following pressure from external donors.“685 Die Menschenrechtsorganisatio- nen und NGOs, die eng mit der „Human Rights Commission“ kooperierten, empörten sich über Gebaren Chilubas in der Zeit des Ausnahmezustandes:

„The police action, and Chilubas‘s subsequent approval of legis- lation providing for Zambia‘s intelligence service to be armed, were of considerable concern to human rights organizations.“686

In dieser Zeit waren auch einige der untersuchten NGOs, wie die LRF und ZCEA, Mit- glieder in einem Verteidigungsteam, das über 40 Soldaten, die unter dem Verdacht der Verwickelung in den Putschversuch festgenommen wurden, verteidigten. Auf diese wird aber die Analyse auf der Mikroebene noch eingehen.

680 Vgl. Mthembu-Salter: 2000. 681 Vgl. Baumhögger: Zambia 1998. Die Mitglieder der Kommission werden vom Prä- sidenten ernannt. Vgl. Mwaanga: 1998, S. 136. Aufgrund der geringen finanziel- len Ausstattung unterstützen die Geberorganisationen, wie NORAD, die Human Rights Commission, die von der prominenten Richterin Chibesakunda geleitet wird. Vgl. Mutukwa: 1998, S. 139. Die Einrichtung der Kommission war vor al- lem für die EU ein Anreiz, im März 1997 der zambischen Regierung umfangrei- che Finanzhilfen zuzusagen. Vgl. Osei-Hwedie: 1997, S. 52. 682 Der Vorsitzende der Oppositionsallianz NPC Chongwe befand sich zum Zeit- punkt des Putsches im Ausland und blieb aus Furcht vor einer Verhaftung für unbestimmte Zeit im Exil. Vgl. Meyns: 2000, S. 180. 683 Vgl. die Ausführungen zu dem Drogenskandal in Kapitel 2.3.2.1. 684 Meyns: 2000, S. 180. 685 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. 686 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 194

Die Verhaftung Kaundas löst international Empörung aus

„The political scandals have destroyed confidence in the Zam- bia economy. The Paris Club of donor nations cancelled the traditional December date with finance minister Ronald Penza on account of the political situation.“687

Der Erzfeind der Regierung, Kenneth Kaunda, befand sich zum Zeitpunkt des Putsches im Ausland und kehrte erst Ende des Jahres 1997 nach seiner zweimonatigen Reise nach Zambia zurück. Kaunda wurde am Weihnachtstag 1997 von Sicherheitskräften aufgrund seiner angeblichen Verwicklung in den Putschversuch verhaftet.688 Zahlreiche Regierun- gen aus der Region des Südlichen Afrikas und anderen Teilen der Welt689 drückten ihre Empörung aus, nachdem der Pariser Club - wie im Eingangszitat beschrieben - bereits zuvor das traditionelle Treffen aufgrund des Ausnahmezustandes abgesagt hatte. In der Region des Südlichen Afrika genoss Kaunda aufgrund seiner Unterstützung der Befrei- ungsbewegungen immer noch hohes Ansehen, so dass er durch den internationalen Druck und den Protest regionaler Persönlichkeiten, wie des Präsidenten Südafrikas Nel- son Mandela und des ehemaligen tansanischen Präsidenten Julius Nyerere690, bereits am 31.12.1997 aus der Haft entlassen und in Lusaka unter Hausarrest gestellt werden konn- te. Nach weiteren Gesprächen von Emissären Mandelas mit der Regierung verkündete der Vertreter der Anklage bei der Eröffnung des Hochverratsprozesses gegen Kaunda im Juni 1998, dass „der Staat die Vorwürfe gegen Kaunda nicht verfolgen wolle.“691 Bei der Entlassung in die Freiheit pochte die zambische Regierung jedoch auf Kaundas endgültigen Rückzug aus der Politik. Kaunda beteuerte seine Absicht aus der aktiven Politik zurückzutreten und die UNIP-Führung abzugeben, was bereits im Juli 1998 zum Streit innerhalb der Partei über seine Nachfolge führte.

687 Kapepula, Nkandu: What Chiluba wants, in: New African 361 (1998), London, S. 21. Künftig zitiert als: Kapepula: 1998. 688 Mthembu-Salter: 2000. 689 Darunter die USA, Großbritannien und die Europäische Union. Vgl. Kapepula: 1998, S. 21. 690 Julius Nyerere, der Vorkämpfer der Unabhängigkeit und Staatspräsident Tansanias bis 1985 verstarb am 14.10.1999. Vgl. den Nachruf: Meyns, Peter: Julius Nyere- re. Ein Vorkämpfer für die Befreiung Afrikas und der Dritten Welt, in: afrika süd 1 (2000), Bonn, S. 67-70.Künftig zitiert als: Meyns: Nyerere. 691 Meyns: 2000, S. 180. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 195

Bereits einige Zeit später, im Oktober 1998 wurde berichtet, dass Kaunda diese Rück- trittsabsicht erneut revidiert habe, so dass die „Person Kaunda“ auch nach seiner Frei- lassung vom Sommer 1998 noch weiterhin die innenpolitische Arena Zambias prägte, auf die das den Makroteil nun abschließende Kapitel 2.3.4 noch kurz verweisen wird.

2.3.4 Zambias politische Zukunft

2.3.4.1 Lokalwahlen Ende 1998: Vorbote zukünftiger Wahlen?

„The local elections demonstrated once again what looks like a deficit of social capital – trust, norms and networks that should bridge the space between political actors at all levels of the government and among the parties.“692

Die in drei Jahresintervallen anberaumten Lokalwahlen fanden in Zambia mit einer chronischen Verspätung statt: Sowohl die Lokalwahl von 1992693 als auch die Lokalwahl vom Ende 1998 erfolgten mit 13-monatiger Verspätung. Inmitten der Regenzeit, wo viele Straßen des Landes nicht zu passieren waren694, standen am 30.12.1998 in allen neun Provinzen Zambias insgesamt 3000 Kandidaten für die 1.287 Wahlbezirke auf den 72 Distriktebenen zur Verfügung. Die MMD setzte sich gegen die 15 anderen Parteien klar durch und sicherte sich mit über 60 Prozent der Stimmen insgesamt 899 Sitze695 und damit eine klare Mehrheit der insgesamt 72 „District Councils“.696

692 Burnell: 2000, S. 9. 693 Im Jahre 1992 lag die Wahlbeteiligung unter zehn Prozent: Auf die MMD entfie- len rund 80 Prozent der Stimmen. Siehe zu den Lokalwahlen von 1992 das Kapi- tel 2.3.2.1 und zu den aktuellen Lokalwahlen vom 27.12.2001 das Kapitel 3.2.1.1.2. 694 Aufgrund logistischer Schwierigkeiten musste die Wahl in 29 Wahlkreisen auf Juli 1999 verschoben werden. 21 der 29 Sitze konnte die MMD verbuchen, drei je- weils die UNIP und die UPND, einen jeweils die AZ sowie ein unabhängiger Kandidat. Vgl. Erdmann: 2000, S. 414. 695 Die Zahlen 899 der 1287 Sitze beziehen sich auf: Burnell: 2000. Erdmann führt hier 880 Sitze für die MMD von insgesamt 1275 Sitzen an. Vgl. Erdmann: 2000. 696 Zur Entstehung der District Councils merkt Randall an: „The so-called ‘decen- tralisation‘ of 1980, in which urban local governments were abolished and their functions incorporated into district councils, to which some central government functions were deconcentrated, actually increased centralisation. Though this deconcentrated centralism has now been repealed, the tendency to repress local protest persists.“ Randall: 1996, S. 32. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 196

Nur in der Ostprovinz vermochte die UNIP, die sich wieder an der Wahl beteiligte697, mit 190 Sitzen doppelt soviel wie die MMD zu gewinnen. Damit entfiel auf die UNIP die Mehrzahl der 358 von der Opposition gewonnenen Wahlkreise. Von den 413 unab- hängigen Kandidaten konnten 68 ihren Wahlbezirk für sich verbuchen und die 1998 neugegründete Partei „United Party for National Development“ (UPND) gewann 28 Sitze.698 An den Lokalwahlen beteiligten sich lediglich zehn Prozent der Gesamtzahl aller Wahlberechtigten, so dass die Wahlbeteiligung erneut sehr niedrig ausfiel. Die von der Wahlkommission einberaumte Registrierungszeit vom August 1998 bis zum September 1998 ergab nur 200.000 Neueintragungen, so dass das Wahlregister weniger als die Hälf- te der Wahlberechtigten umfasste, von denen nur 27 Prozent an den Lokalwahlen teil- nahmen.699 Die Opposition kritisierte erneut das umstrittene Wahlregister, worauf sich alle Parteien einigten, für die Wahlen im Jahre 2001 ein neues Register zu erstellen, wor- auf in dem Kapitel 3.2.1.1.2 auf der Mikroebene noch Bezug genommen wird. Als Be- gründung für die geringe Wahlbeteiligung führt der Politikwissenschaftler Peter Burnell an:

„One reason for the disappointing figures both for voter regis- tration and voter turnout could be a lack of confidence among many people that addressing the issue of who governs will bring any improvement in terms of what matters most to them. For by any yardstick of economic development or the physical quality of life, most Zambians are extremely poor. (...) There is a rural bias to the poverty, but even so an astonishing 98.1 per cent of the entire population are reckoned to be trying to survive on the equivalent of less than $2 a day.“700

Die Begründung spiegelte sich auch in zahlreichen Interviews wider, wie die Analyse der im Wahlbereich aktiven NGOs auf der Mikroebene noch zeigen wird. Wie war die ge-

697 Noch Anfang Dezember 1998 forderte die UNIP eine Verschiebung der Wahlen, solange bis ein neues und vollständiges Wählerregister erstellt werde. Durch die Entscheidung der UNIP an der Wahl teilzunehmen, zogen die kleineren Parteien nach, von denen viele eher „one-man bands“ gleichen als institutionalisierten Parteien. Beispielsweise vermochte die bereits seit 1991 bestehende Labour Par- ty nur einen einzigen Kandidaten für die Lokalwahl 1998 aufzustellen. Vgl. Bur- nell: 2000, S. 6. 698 Die UPND gründete der Wirtschaftsmanager Andrew Mazoka, der Regionaldirek- tor der südafrikanischen „Anglo American Corporation“ war. Vgl. Meyns: 2000, S. 180. 699 Vgl. Burnell: 2000. Insgesamt beteiligten sich 644.159 Zambier an den Lokalwah- len gegenüber 1.333.069 Wählern bei den Parlaments- und Präsidentschaftswah- len von 1996. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 197 ringe Beteiligung auf der Lokalebene vor dem Hintergrund zu erklären, dass während der Anhörungen in den Provinzen 1995 im Zuge der „Mwanakatwe Verfassungskom- mission“ die Forderung nach Dezentralisierung und damit der Wunsch Macht vom Zentrum auf die Provinz- und Distriktebene zu verlagern, zu den am häufigsten ge- nannten Punkten gehörte?701 Zwei Gründe sind hier zu den oben zitierten hinzuzufügen: Zum einen spiegelte die bislang in Zambia praktizierte Politik auf der Lokalebene nicht den mit einer Dezentralisierung verbundenen Wunsch nach einer politischen Partizipa- tion wider, da den Distrikträten vor Ort der finanzielle Spielraum fehlte, wie eine lokale NGO bestätigte:

„The central government may make specific grants to the coun- cils for: water and sanitation; health services; fire services; road services; police services; primary education and agricultural ser- vices. (...) Of the 72 councils, only 22 generate enough re- sources to pay workers. Most of the councils depend on gov- ernment grants to meet their wages bills. Consequently, in over 50 per cent of the councils, workers have gone without pay for periods of up to two years.“702

Die zentrale Strategie der MMD war daher nicht, die Macht zu verlagern, sondern die bestehenden klientelistischen Strukturen auf der Provinz- und Distriktebene durch das etablierte Patronagesystem auszubauen.

„But generally speaking, the idea of regional and local parties does not have much purchase, in part because the recurrent ex- penditures on provincial affairs and of local authorities depend heavily on central government funding. Also the ministries in Lusaka influence the donor-funded project and programme allo- cations and disbursements at all levels. In a neo-patrimonial and clientelist context like that in Zambia, there are strong reasons to be represented in and by the party of government.“703

Bestätigt wurde die Einschätzung durch die zu Beginn des Jahres 2000 von der Regie- rung eingesetzten „District Administrators“ (DAs), die alsbald als „Governors in disgui-

700 Burnell: 2000, S. 3. Die Angabe von zwei US-Dollar bezieht sich auf: United Na- tions Development Programme: Human Development Report 1998, Ox- ford/New York 1998. 701 The Post, 28.3.1995 (“People‘s Demand“), zitiert nach Meyns: 1995, S. 128. 702 Afronet (Inter-African Network For Human Rights And Development): Zambia Human Rights Report 1998, Lusaka, March 1999, S. 58 und S. 62. Künftig zi- tiert als: Afronet: Human Rights Report 1999. 703 Burnell: 2000, S. 4. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 198 se“ tituliert wurden.704 Mit Blick auf die Wahlen im November 2001 verkündete Chiluba im Januar 2000 im Parlament die Gründung von „District Administrators“ (DAs) für jede der neun Provinzen, die durch die Regierung ernannt werden sollten, um somit die Kontrolle über die Lokalebene zentral ausüben zu können. Im März 2000 warnte der Minister ohne Portfolio „MMD-deputies to co-operate with DAs, since the DAs controlled constituency development funds, which play a key role in improving the reputations of parliamentary members with their voters.“705 Auch die Oppositions- parteien klagten an, die DAs seien „governors in disguise“ und erinnerten die MMD an ihr Wahlversprechen von 1990, dieses Instrument des Machterhaltes aus der Ära Kaun- da eigentlich abschaffen zu wollen. Die Warnungen aus den eigenen Reihen und der Opposition konnten die Regierung jedoch nicht von diesem Schritt zurückhalten:

„By June, most of the DAs had established offices and received new vehicles, despite the fact that in March Mwape Mutakila, the president of the Zambia Allied Union of Local Authority Workers, had warned that elected local government was collaps- ing because of a lack of funds.“706

Die Untergrabung des Wählervotums durch die Regierung trug zu der geringen Wahlbe- teiligung in Zambia bei, ein weiterer Grund lag aber auch in den Oppositionsparteien selbst, die - wie das folgende Kapitel belegen wird - sich fragmentiert und konzeptions- los zeigten.

704 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. 705 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. 706 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 199

2.3.4.2 Oppositionsparteien bieten keine Alternative

„The absence of an electoral alliance among Zambian opposi- tion parties has meant no substantial challenge to the MMD, al- lowing it to win overwhelmingly in the 1996 general elections, and ensuring its predominance. This means that Zambia is a de facto one-party state thereby undermining effective democracy based on a competitive party system.“707

Die Schwäche der Oppositionsparteien gaben viele Interviewpartner als Grund für die hohe Erwartungshaltung an, die auf den politischen NGOs als „Stellvertreteroppositi- on“ lastete. Insgesamt erwies sich die Oppositionslandschaft als fragmentiert und kon- zeptionslos, daher verblieb die „alte“ UNIP trotz des Wahlboykotts und des regionalen Schwerpunkts in der Ostprovinz die stärkste Oppositionspartei. Die ständigen Rück- tritts- und Comeback-Ankündigungen des 77-jährigen Ex-Präsidenten hielten nun fast zehn Jahre die zambische Innenpolitik in Atem. Welche Schlagzeilen füllten wohl die Ti- telblätter der regierungsnahen Tageszeitungen, wenn es Kaunda als Zielscheibe polemi- scher Angriffe nicht gäbe?

Das Ende der Kaunda Dynastie?

Überraschend widerrief Kaunda am Anfang des Jahres 1999 den nach seiner Freilassung Mitte 1998 versprochenen Rückzug aus der Politik. Diese Kehrtwende geschah durch die interne Zerrissenheit der UNIP: Während Kaundas Inhaftierung brachen im Jahre 1998 die Flügelkämpfe in der UNIP um seine Nachfolge zwischen einer Fraktion um seine Söhne Wezi Kaunda und Panji Kaunda und einer Gruppe um den Generalsekretär der Partei aus.708 Vor dem Hintergrund einer befürchteten Kandidatur Kaundas bei den Wahlen 2001 traf der High Court in Ndola, Copperbelt, im März 1999 die Entschei- dung, dass der langjährige Präsident kein zambischer Staatsbürger und damit staatenlos sei, denn er habe sich „nie ordentlich um die Staatsbürgerschaft Zambias bemüht, nur die malawische 1970 abzulegen, sei nicht ausreichend gewesen“.709

707 Osei-Hwedie: 1998, S. 241. Siehe auch: Burnell: 2000, S. 12. 708 Meinhardt, Heiko: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 1998. Po- litik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 1999, S. 403. Künftig zitiert als: Meinhardt: Zambia 1999. Meinhardt verweit darüber hinaus auf die schwere Finanzkrise der UNIP, da der südafrikanische ANC ver- sprochene Spenden nicht überwiesen hatte. Vgl. a.a.O., S. 404. 709 Erdmann: 2000, S. 414. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 200

Gegen dieses Urteil legte Kaunda beim „Supreme Court“ in Lusaka Widerspruch ein710. Wenige Zeit später entging Kaunda am 1.4.1999 nächtlichen Schüssen, es wird berichtet „he escaped a reported assassination attempt, when a group of armed men opened fire on his car.“711 Unbeachtet dieser Vorfälle sowie Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen712 ließ sich Kaunda im September 1999 vom Zentralkomitee der UNIP als Präsi- dentschaftskandidat für die Wahl 2001 nominieren. Die parteiinternen Machtkämpfe er- hielten Brisanz durch die Ermordung von Kaundas Sohn Wezi Kaunda vor seinem Haus in Lusaka am 3.11.1999, der als ‘rechte Hand‘ seines Vaters galt und schon mehre- re Jahre lang als sein möglicher Nachfolger gehandelt worden war“.713 Für den Mord konnte ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen werden. Kaunda selbst verwies auf die Kräfte innerhalb der UNIP, die einer „Kaunda-Dynastie“ entgegenwirkten.714 Daher beauftragte die Regierung eine südafrikanische Expertengruppe und britische Detektive von Scotland Yard mit den kriminalistischen Untersuchungen.715

710 Da Kaunda zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit in Zambia seinen Wohnsitz hatte, stand das Urteil im Gegensatz zu dem vom November 1998, in dem der High Court von Lusaka eine Klage wegen Chilubas angeblich nicht zambischer Staatsbürgerschaft u.a. mit der Begründung zurück wies, dass Chiluba zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit seinen Wohnsitz in Zambia hatte. Vgl. Erdmann: 2000, S. 414. 711 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. 712 Bereits im März 1998 stellte der UNIP-Generalsekretär Zulu eine „direkte Rück- trittsforderung“ an Kaunda. Vgl. Meinhardt: Zambia 1999, S. 403. 713 Erdmann: 2000, S. 415. Wezi Kaunda wurde vorgeworfen, für den Zero Option Plan von 1993 verantwortlich gewesen zu sein: Vgl. Ihonvbere: 1996, S. 103. 714 Nach offiziellen Polizeiangaben war Wezi Kaunda „the victim of an attempted car hijack“. Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. Nach der Ermordung Wezi Kaundas brach der nationale Server zusammen, so dass Zambia einige Zeit vom Internet und elektronischer Kommunikation abgeschnitten war. In dieser Zeit mehrten sich Gerüchte in Lusaka, dass die Regierung dies vorsätzlich getan hätte, um ei- ner Verbreitung von Gerüchten über die Ermordung Kaundas Sohn in das Aus- land zu verhindern. Die Schwierigkeiten mit dem Server entpuppten sich jedoch als technische Panne, dennoch spiegelten die Spekulationen die Stimmung in der Bevölkerung wider. Bei einer kleinen Umfrage der Autorin unter Dozenten des politikwissenschaftlichen Instituts der UNZA in Lusaka, wurde die Vermutung geäußert, dass der Mord UNIP-interne Ursachen hätte, da der Generalsekretär der UNIP Zulu noch im Oktober 1999 öffentlich die Warnung aussprach, Wezi Kaunda bei der Präsidentschaftskandidatur herauszufordern. 715 Erdmann verweist auf eine ebenfalls angeführte These, dernach dies die Tat eines umfassenden Komplottes sein könnte, der durch die Destabilisierung Zambias einen Putsch gegen Präsident Chiluba provozieren sollte. In diesem Zusammen- hang waren auch Spekulationen über die Interessen Angolas zu sehen, denn die angolanische Regierung beschuldigt Zambia, die feindlichen UNITA-Rebellen zu unterstützen. Vgl.: Erdmann: 2000, S. 415. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 201

40 Jahre leitete er die Geschicke Zambias: Kaundas endgültiger Rücktritt

„But critics still blame him for the current sorry state of UNIP and even Zambia itself. He has been accused of trying to create a family dynasty by grooming his son Major Wezi Kaunda to take over from him. Unfortunately Wezi was brutally murdered in mysterious circumstances (...) According to sources close to Kaunda, Wezi‘s death was one of the deciding factors in his re- tirement.“716

Nach über 40 Jahren an der Spitze der einstigen Staatspartei verkündete Kaunda im Ap- ril 2000 offiziell sein endgültiges Ausscheiden aus der Politik. Dieser Schritt, der vor dem Hintergrund der Ermordung seines Sohnes erfolgte, ebnete den Weg für den Nachfolger Francis Nkhoma, der bereits in der Ära Kaunda Gouverneur der Zentral- bank war. Im Mai 2000 wählte die UNIP Francis Nkhoma, der zunächst 1991 der MMD und ab 1998 wieder der UNIP beitrat, zu ihrem Vorsitzenden und Kaundas Sohn Tilyenji zum neuen Generalsekretär der UNIP. Kaunda hinterließ der Partei einen poli- tischen Scherbenhaufen, denn die Frage ob der Partei eine wirkliche Erneuerung gelin- gen mag, ohne sich erneut in parteiinternen Kämpfen zu verzetteln, bleibt offen:

„Indeed Kaunda leaves a party in chaos and so far indications are that his retirement will cause further divisions in UNIP.“717

Die Oppositionsallianz scheitert

Durch die Wahlniederlage der Oppositionsparteien bei den Kommunalwahlen 1998 ge- prägt, versuchten die politischen Parteien mit Blick auf die 2001 anstehenden Parla- ments- und Präsidentschaftswahlen gemeinsam gegen die MMD zu agieren: Ende Janu- ar 1999 formierte sich unter der Führung der UNIP die Parteienallianz „National Patrio- tic Alliance“ (NPA), die zunächst als lockerer Zusammenschluss galt, dann in eine ge- meinsame Partei münden sollte. Wenige Monate später verkündete die UNIP, zwar Mit- glied der NPA zu bleiben, aber ihre Eigenständigkeit für eine neue Partei nicht aufgeben zu wollen. Aus dem noch verbliebenen Dutzend kleinerer Parteien der NPA ging An- fang Mai 1999 das Parteienbündnis „Zambia Alliance for Progress“ (ZAP) hervor. In diesem Bündnis, das später offiziell als Dachpartei registriert werden sollte, beteiligten

716 Jere-Malanda, Regina: Finally, Kaunda retires, in: New African 385 (2000), Lon- don, S. 10. Künftig zitiert als: Jere-Malanda: 2000. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 202 sich sechs Parteien: National Party (NP), Zambia Democratic Congress (ZDC), Agenda for Zambia (AZ), Labour Party, Lima Party und National Citizen Coalition (NCC).718 Die Schwäche dieses neuen Parteienbündnisses bestand zum einen aus dem Fehlen der beiden stärksten Oppositionsparteien der UNIP und der Ende 1998 gegründeten UPND719, sowie der mangelnden Bereitschaft einiger Politiker auf ihre Führungsprivile- gien zugunsten einer Stärkung der Opposition zu verzichten. Die ZAP konnte aber als Partei nicht registriert werden, da das Wahlgesetz eine Mitgliedschaft von Parlamentsab- geordneten in zwei Parteien nicht gestattet.720 Nur der ZDC mit dem Vorsitzenden Mung‘omba und die Lima Party unter B. Kapita zogen die Konsequenz und lösten ihre Parteien für einen Übertritt in die ZAP auf.

„Einer der Gründe für die fehlende Bereitschaft zur Selbstauf- lösung bestand darin, daß gemäß den gesetzlichen Bestimmun- gen Abgeordnete ihr Parlamentsmandat bei einem Parteiwechsel niederlegen mussten, wozu nur die ZDC-Abgeordneten bereit waren.“721

Bereits Ende 1999 scheiterte dieser erneute Versuch, einer Zersplitterung der zambi- schen Oppositionslandschaft entgegenzuwirken, da interne Auseinandersetzungen um die Führungspositionen und die mangelnde Absprachen mit anderen Oppositionspartei- en um Kandidaturen bei Nachwahlen den Alltag dieser kurzlebigen Allianz dominierten. Als Herausforderer der MMD verbleiben die politischen Parteien UNIP, NP und die neugegründete UPND. Dass nicht nur die Oppositionsparteien über die Nachfolgefrage zerstritten waren, zeigt das folgende Kapitel über die lang anhaltenden Spekulationen, ob Chiluba für eine dritte Amtszeit kandidieren werde.

717 Jere-Malanda: 2000, S. 10. 718 Vgl. Erdmann: 2000, S. 413. Der ZAP trat auch die NGO „National Pressure Group“ bei, die von der Ex-Schatzmeisterin der MMD gegründet wurde, nach- dem sie wegen Korruptionsvorfällen zurücktreten musste. 719 Die Ende 1998 unter A. Mazoka gegründete UPND wurde bald als „mögliche dritt- oder gar zweitstärkste Partei gehandelt“. Erdmann: 2000, S. 413. Die UPND erhielt bei der Nachwahl in Mazabuka, einer Stadt in der Südprovinz, am 30.11.1999 ihr erstes Parlamentsmandat. Den ersten Parlamentssitz seit dem Wahlboykott von 1996 erkämpfte sich die UNIP am 9.2.1999 bei der Nachwahl in Mbala (Nord-Provinz), dem Wahlkreis des im November 1998 ermordeten Finanzministers Penza, der im März 1998 von Chiluba entlassen wurde. UNIP hatte bereits in diesem Wahlkreis bei der Lokalwahl 1998 fünf der sechs Sitze gewonnen. Die FODEP wies auf die große Zahl von Wählern hin, die den Pro- zess des Wählens nicht kannten, was auf eine große Zahl von Neu-Wählern hinweisen konnte. Vgl. Burnell: 2000, S. 7. 720 Artikel 71 der Verfassung von 1996 erlaubt den Abgeordneten der Nationalver- sammlung die Mitgliedschaft in nur einer Partei. Vgl.: Burnell: 2000, S. 12. 721 Erdmann: 2000, S. 413. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 203

2.3.4.3 Die Wahlen vom Dezember 2001

„In Zambia, the highly presidential nature of politics and the strong executive form of government have always ensured a high concentration of attention on the person of the president. Between now and late 2001 national politics will be dominated by the issue of who will stand for MMD and for UNIP.“722

Bereits ein Jahr nach den zweiten Wahlen interpretierten die Beobachter Chilubas plötz- liche Kabinettsumbesetzung vom Dezember 1997 als Versuch, das Aufkommen poten- tieller Rivalen innerhalb der MMD im Keim zu ersticken: Chiluba degradierte „the most influential men in the cabinet“723, den Vizepräsidenten Miyanda sowie den Verteidi- gungsminister Mwila durch die Versetzung auf weniger wichtige Posten. Die Nachfolge- frage beschäftigte die MMD auch weiterhin, so dass Mitte 1998 eine Spaltung der Partei befürchtet wurde:

„The MMD was also reported to be divided over an eventual successor to Chiluba, despite a recent ban within the party on presidential campaigning, amid strongly denied suggestions that Chiluba might seek a third term of office in 2001, contrary to the constitution.“724

Die Debatte gewann an Brisanz, als im August 1999 einige MMD-Funktionäre Chiluba öffentlich zu einer dritten Kandidatur aufforderten. Obwohl die Verfassung nur zwei Amtsperioden erlaubt, stellte dieser Vorschlag für sie kein Verfassungsbruch dar, denn, ihrer Argumentation nach, sei die Verfassungsänderung von 1996, die nur zwei Amts- zeiten vorsähe, am Ende der ersten Amtszeit Chilubas erstellt worden und Chiluba demnach auf der Grundlage dieser Verfassungsänderung erst eine Amtszeit hinter sich habe.725 Anlässlich des Staatsbesuches des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki726

722 Burnell: 2000, S. 13. 723 Kapepula: 1998, S. 21. 724 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. 725 Diese spitzfindige Auslegung steht in der Tradition der MMD, die Verfassung als Mittel zur Herrschaftssicherung zu instrumentalisieren. Die Stimmung Ende 1999 in der Bevölkerung zeugte von Misstrauen gegenüber Chiluba seinen Rück- trittsabsichten Glauben zu schenken. Eine Verfassungsänderung für eine dritte Amtsperiode, wie sie Nujoma im benachbarten Namibia durchsetzte, wurde be- fürchtet. 726 Der Besuch war Ausdruck der politischen Widerannäherung an Südafrika, denn aufgrund der problematischen Menschenrechtslage und der umstrittenen Be- handlung Kaundas, der den südafrikanischen ANC jahrelang im Exil unterstütz- te, war es zu politischen Verstimmungen gekommen. Vgl.: Erdmann: 2000, S. 419. Mbeki eröffnete auf dieser Reise die zambische Ikone der wirtschaftlichen Liberalisierung: das gigantische Einkaufskomplex „Manda Hill“ in Lusaka, das überwiegend Produkte aus Südafrika anzubieten hat. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 204 im Oktober 1999 versicherte Chiluba erneut, keine dritte Amtszeit anzustreben, nach- dem er bereits im Juli 1999 in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuter versi- chert hatte, 2001 nicht zur Wiederwahl zur Verfügung zu stehen.727 Nicht nur das Staatsamt auch das Parteiamt war von dieser Frage um die dritte Amtszeit betroffen, denn die MMD-Statuten verboten auch eine dritte Amtszeit an der Parteispitze.728 Ein Grund für die anhaltenden Spekulationen über den möglichen Nachfolgekandidaten der MMD lag auch darin begründet, dass Chiluba zwar nach außen - wie bei dem Besuch Mbekis -proklamierte, 2001 nicht anzutreten, die Bevölkerung aber skeptisch blieb 729, da Chiluba keinen anderen Nachfolger benannte.730 Als Mwila erneut zum Ende 1999 seine Ambitionen zu einer Kandidatur bekräftigte, versetzte Chiluba den Geschäftsmann Mwila, bis zu seiner Ablösung als Verteidigungsminister 1997 einer der einflussreichsten MMD-Barone, im Rahmen einer Kabinettsumbildung im November 1999 vom Energie- zum Umweltminister.731 Im Juli 2000 wurde Mwila von der MMD durch ein Disziplinar- verfahren ausgeschlossen, nachdem er formell seine Präsidentschaftskandidatur Ende Mai 2000 verkündete. Aufgrund der Unterstützung Mwilas wurden mindestens zehn weitere prominente MMD Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen. Die MMD spaltete sich im Jahre 2000 in Gegner und Befürworter einer dritten Amtszeit Chilubas:

„Mwila protested at his expulsion and the allegedly dictatorial behaviour of Chiluba, and later in July more than 1,000 MMD members resigned in support of Mwila.“732

727 Die Times of Zambia verweist darauf, dass die Debatte um einen dritten Term Chilubas „will largely determine whether Zambia‘s democracy will survive or falter in the new millenium“. Zitiert nach Burnell: 2000, S. 14. 728 Der Informationsminister Vernon Mwaanga betonte nach monatelangen Medien- spekulationen im April 1999, dass sowohl die republikanische Verfassung als die der MMD einen dritten Term Chilubas nicht ermöglichten. Zitiert nach Burnell: 2000, S. 14. Vgl. auch Meyns: 1995, S. 203-227 (Anhang 6: Movement for Multi- Party Democracy- The Constitution, März 1991). Im September 1999 weist der Regierungssprecher Zimba auf die drei Verfassungskommissionen der Dritten Republik Zambias hin, die alle eine Restriktion der Amtszeit vorsahen. Burnell: 2000, S. 15 und Mphaisha: 1996. 729 Dies bestätigten zahlreiche Zambier, die in der Zeit vom Oktober 1999 bis Januar 2000 in Lusaka befragt wurden. 730 Als mögliche Kandidaten wurden der Staatsminister Silwamba, Justizminister Mal- ambo, Vize-Präsident Tembo, Bildungsminister Miyanda, der nationale Sekretär der MMD Sata, der Geschäftsmann Mwila und als möglicher Favorit der MMD- Fraktionschef Mwaanga gehandelt. Erdmann: 2000, S. 416. 731 Der Geschäftsmann Mwila, der über beachtliches Vermögen verfügt, erfuhr eine weitere Demontierung durch die Berichterstattung in der regierungseigenen Ti- mes of Zambia über angebliche finanzielle Schwierigkeiten. Vgl.: Erdmann: 2000, S. 416. 732 Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 205

Der britische Politikwissenschaftler Burnell verweist Anfang 2000 noch auf die positi- ven Impulse, die von Chilubas Rückzug ausgehen könnten:

„So, one of the ways left open to Chiluba to carve a lasting reputation for superior democratic credentials is to step down in 2001.“733

Chilubas Rücktritt könnte politischen „Kitt“ in die seit den Wahlen 1996 fragilen Bezie- hung zur Gebergemeinschaft bringen, die seit den Ereignissen im Rahmen der Verfas- sungsdebatte noch verschärfter auf „Human Rights“ und „Good Governance“ Aspekte achteten.734 Chiluba war also gut beraten, die gerade gewonnene außenpolitische Aner- kennung als Vermittler im Kongo-Krieg Mitte 1999 nicht leichtfertig zu verspielen.735 Dennoch auch im Jahre 2001 hüllte Chiluba sich in der Nachfolgefrage in Schweigen und nährte im Februar 2001 Spekulationen über eine mögliche Verfassungsänderung, als er den Innenminister Hatembo und den Minister für Kommunales Sejani entließ, nach- dem diese ihn aufforderten, die Verfassung zu respektieren und kein drittes Mal zu kan- didieren.736

Die christlichen Kirchen veranstalten daraufhin im März 2001 in Lusaka ein Großtref- fen der NGOs, die sich in ihrer unterzeichneten Abschlussdeklaration vehement gegen das von Chiluba Anhängern vorgeschlagene Referendum über eine dritte Kandidatur aussprachen.737 Im Mai 2001 beugte sich Chiluba endlich dem Druck und verkündete

733 Burnell: 2000, S. 14. 734 Vgl. Mthembu-Salter: 2000, S. 1229. Als positives Signal konnte auch das Welt- bank Konsultativtreffen im Mai 1999 in Paris gewertet werden, von dem ein Aufstocken an Projekt- wie Programmhilfe und die Streichung wie die Verschie- bung bilateraler Schulden ausging. Vgl. Burnell: 2000, S. 16. 735 Chiluba gewann Prestige durch seine von der Europäischen Union mit 2,65 Milli- onen Euro finanzierten Reisen als Vermittler im Kongo-Krieg nach Ruanda, Kongo, Südafrika, Zimbabwe, Libyen, Angola, Tschad und Malawi. Diese trugen zur Unterzeichnung des Waffenstillstandes für den Kongo am 10.7.1999 in Lu- saka bei. Die neutrale Position Zambias im Kongo-Krieg, das sich nicht wie seine Nachbarländer Namibia und Zimbabwe an einer militärischen Intervention zugunsten Kabilas beteiligte, ermöglichte eine politische Annäherung an Südaf- rika, das ebenfalls eine unparteiische Position einnahm. Vgl. Erdmann: 2000 und Burnell: 2000, S.16. 736 Vgl. Machipisa, Lewis: Dritte Präsidentschaftskandidatur für Chiluba spaltet Re- gierungspartei, 12. März 2001, Harare, IPS Dritte Welt Nachrichtenagentur (Bonn). Künftig zitiert als: Machipisa: 2001. Der Artikel merkt an, dass Chiluba sich in der Vergangenheit immer betont habe, er werde es den ehemaligen Staatspräsidenten Mandela, Nyerere und Masire gleichtun, die ihre Ämter frei- willig niederlegten. 737 In dieser NGO-Stellungnahme, der OASIS-Deklaration, heißt es, dass die Bevöl- kerung „ihre Meinung klar und deutlich zum Ausdruck gebracht“ habe. Vgl. Ma- chipisa: 2001. Zu dem Engagement der NGO siehe ausführlich das Kapitel auf der Mikroebene 3.2.1.2.1. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 206 nach dreijährigen Spekulationen offiziell in einer TV-Ansprache an die Nation, dass er kein drittes Mal kandidieren werde.738 Während seiner Ansprache betonte er zwar, in der Vergangenheit nichts Gegenteiliges behauptet zu haben, es lag aber auf der Hand, dass Chiluba sich hier dem wachsenden Druck der zivilgesellschaftlichen Proteststimmen beugen musste:

„As it became clear that he was determined to change the con- stitutions, the church, legal fraternity, opposition parties and ordinary Zambians opposed to the third-term, intensified their efforts to stop him. (...) Though the third-term bandwagon has now been effectively derailed, many believe Chiluba only backed down because of pressure.“739

Einige aus der Partei ausgeschlossenen Mitglieder der MMD gründeten im Sommer 2001 zwei neue Parteien: Um den ehemaligen Minister Miyanda entstand die „“ (HP) und das „Forum for Democracy and Development“ (FDD), in der ehema- lige Minister wie Nwakwi, Zukas und Tembo agieren. Chilubas Festhalten an der Macht interpretierten einige Parlamentarier auch als Angst vor der Aufdeckung neuer Skandale um seine Verschwendungssucht und Vetternwirtschaft, denn die „anti-third term mem- bers“740 erhoben im Parlament eine Anklage wegen Amtsvergehen gegen Chiluba, die von 65 Abgeordneten unterstützt wurde. Bis zu den für November 2001 anberaumten Wahlen beschäftigte weiterhin eine ungeklärte Frage die zambische Innenpolitik: Wen, wenn nicht Chiluba, wird die MMD jetzt als Kandidaten aufstellen? Denn der „einzige, der als Präsidentschaftskandidat systematisch aufgebaut worden ist“741, war Anderson Mazoka der Ende 1998 gegründeten UPND. Erst im August 2001 stellte Chiluba Levy Mwanawasa, den ersten Vizepräsidenten der Dritten Republik, als MMD Kandidaten vor, der am 27.12.2001 in einer umstrittenen Wahl mit nur 29,15 % der Stimmen vor Anderson Mazoka mit 27,20 % zum neuen Präsidenten Zambias gewählt wurde. Auf das zivilgesellschaftliche Engagement und die Qualität der Wahlen von 2001 wird die Mikroebene nun noch ausführlicher eingehen.

738 Vgl. Bongololo, Roger: No third term for Chiluba, in: New African 397 (2001), London, S. 14. Künftig zitiert als: Bongololo: 2001. 739 Bongololo: 2001, S. 14. 740 Bongololo: 2001, S. 14. 741 Weinhold, Henrik: Wahlen in Sambia. Chance für einen Neuanfang?, in: Gossner Mission Information 3 (2001), Berlin, S. 8. Künftig zitiert als: Weinhold: 2001. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Makroebene 207

2.4 Fazit: Ein Systemwechsel ohne Wandel?

Da die Beantwortung der Hypothesen auf der Makroebene erst in der Verknüpfung mit der Diskussion der Hypothesen auf der Mikroebene in der abschließenden Schlussbe- trachtung erfolgt, soll hier in aller Kürze die Dekade der politischen Entwicklung mit Blick auf den demokratietheoretischen Rahmen bewertet werden. Die von Dahl genann- ten prozeduralen Mindestanforderungen für die Demokratie sind in Zambia allesamt nicht erfüllt worden: Die ausführliche Darstellung der Verfassungsdebatte, der Kontext der Wahlen und der politische und gewaltsame Repressionsgrad der Regierung lassen den geforderten politischen Wettbewerb zwischen den Parteien und Individuen, einen hohen Grad an politischer Partizipation, der sich insbesondere in freien und fairen Wah- len ausdrücken kann, und die Einhaltung der rechtlichen Standards, wie die Kontrolle der Politik durch eine unabhängige Justiz und die Anerkennung der unveräußerlichen Menschen- und Bürgerrechte, vermissen. Es scheint, als ob das Mehrparteiensystem als Legitimationsressource für die Fortführung des Politikstils aus der Ära Kaunda miss- braucht wurde. Doch welcher Spielraum ergibt sich für die NGOs und die Zivilgesell- schaft auf der Mikroebene? Dieser Frage wird im nun folgenden Kapitel auf der Mikro- ebene nachgegangen, in der die Zivilgesellschaft als „Subjekt“ der politischen Entwick- lung betrachtet wird.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 208

3 Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mik- roebene Die Anatomie des Systemwechsels auf der Mikroebene verfolgt - gemäß der theoreti- schen Einbettung - die Analyse der Zivilgesellschaft als „Subjekt“ des Systemwechsel- prozesses. Dabei werden über 50 qualitative Interviews mit Vertretern der NGOs, der Geberorganisationen und Experten aus Zambia herangezogen, die vom Oktober 1999 bis April 2000 „vor Ort“ durchgeführt wurden. Nachdem zunächst im Kapitel 3.1 das Aufkommen der NGOs vor dem Hintergrund bereits bestehender Akteurskonstellatio- nen in Zambia beleuchtet wird, rückt das Herzstück der Mikroebene, das Kapitel 3.2, die Aktivitäten der NGOs im Demokratisierungsprozess in den Mittelpunkt. Das Hauptkapitel gliedert sich in fünf Unterkapitel und folgt damit den Aktivitätsschwer- punkten der NGOs: „Voter Education“; „Social Justice“; „Human Rights“; „Legal Ad- vice“ und „Civic Education“. Ein kurzes Zwischenfazit rundet in Kapitel 3.3 die Mikro- ebene ab, bevor im Kapitel 4 die aus der theoretischen Verortung generierten Hypothe- sen geprüft werden.

3.1 Zur Positionierung der NGOs als Teil der Zivilgesell- schaft

Wie der Titel der Dissertation verspricht, wird anknüpfend an die beiden Kapitel aus der Ära Kaunda über die Genese der Zivilgesellschaft auch in der Dritten Republik nach den relevanten zivilgesellschaftlichen Akteuren geforscht. Als wichtigste sind die christ- lichen Kirchen zu nennen, deren Engagement bereits auf der Makroebene ausführlich beschrieben wurde und in der Analyse der Mikroebene wieder aufgenommen wird, da die NGOs in vielfältiger Weise mit den Kirchen kooperieren. Der politische Einfluss der freien Presse wurde ebenso bereits auf der Makroebene skizziert, so dass im folgen- den Kapitel nun die Positionierung der NGOs vor dem Hintergrund der aktuellen Ent- wicklungen der Gewerkschaftsbewegung erfolgt.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 209

3.1.1 Die Gewerkschaftsbewegung: Einstiger Motor der Liberalisie- rung und ihre aktuelle Rolle

„The new political parties and outspoken NGOs emerging after 1991 changed the public arena and ZCTU no longer enjoyed the monopoly status in opposition to the government granted it in the Second Republic.“742

Wie konnte Chiluba in Kürze erreichen, was Kaunda in 23-jähriger Herrschaft nicht ge- lang: Die Schwächung und Spaltung einer der einflussreichsten Gewerkschaften auf dem afrikanischen Kontinent? Wie war es möglich die ökonomischen Reformen nach 1991 durchzusetzen, die zuvor in den 1980er Jahren aufgrund des massiven Widerstands der Gewerkschaften abgebrochen wurden? Welche Rolle spielen die Gewerkschaften nach der Einführung des Mehrparteiensystems als politische Akteure in Zambia?

Die Ära Kaunda sowie der 1989 einsetzende Liberalisierungsprozess bezeugen den her- ausragenden politischen Einfluss des Gewerkschaftsdachverbandes „Zambia Congress of Trade Union“ (ZCTU) als Oppositionskraft in der Zweiten Republik und organisato- rische Basis des breiten Oppositionsbündnisses „Movement for Multiparty Democracy“ (MMD). Entgegen der Annahme, dass der einsetzende politische Pluralismus und die personelle Verbindung zur MMD-Regierung die Stellung des ZCTU stärken werde, ü- berrascht die Analyse der politischen Ereignisse nach 1991:

Im Zuge der kombinierten politischen und ökonomischen Liberalisierung erfuhr der ZCTU eine Spaltung und Schwächung, da er gezwungen war, den Fokus auf das eigene Überleben statt auf nationale politische und ökonomische Themen zu lenken. Zu dieser Entwicklung trugen hauptsächlich drei Faktoren bei:

1. Die einsetzenden Effekte der ökonomischen Liberalisierung.

2. Die interne Spaltung des Gewerkschaftsdachverbandes ZCTU.

3. Der politische Pluralismus und die Marginalisierung der Gewerkschaften.

742 Rakner: 1998, S. 137. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 210

1. Die einsetzenden Effekte der ökonomischen Liberalisierung

Im Jahre 1990 war der zambische Dachverband ZCTU mit seinen 19 affilierten Ge- werkschaften, 350.000 Mitgliedern und einer 70-prozentigen Repräsentanz des formalen Sektors einer der stärksten in Sub-Sahara-Afrika.743 Obgleich die gewerkschaftlich orga- nisierten Arbeitnehmer nur einen marginalen Teil des gesamten Arbeitsmarktes in Zam- bia repräsentieren, bilden die Gewerkschaften seit der Kolonialzeit aufgrund ihrer stra- tegisch wichtigen Verankerung in den urbanen Zentren einen wichtigen Faktor im poli- tischen Leben Zambias. Schon in den 1950er Jahren spielte die Gewerkschaftsbewegung eine Schlüsselrolle im Unabhängigkeitskampf und galt als stärkste Oppositionskraft ge- gen die ökonomischen Reformanstrengungen in der Zweiten Republik. Geprägt durch die katastrophale Wirtschaftlage zu Beginn der 1990er Jahre entwickelte sich die Ge- werkschaftsbewegung zum Motor einer politischen Liberalisierung, mit der sich die Hoffnung nach einer Verbesserung der ökonomischen Lage verband.744

Aus der wirtschaftlichen Krise und der Euphorie über das Ende der UNIP-Herrschaft war das Umschwenken der Gewerkschaften auf einen „Pro-Reform“-Kurs zu erklären. Wie in dem Kapitel 2.2 bereits ausgeführt, trat die MMD zu Beginn der 1990er Jahre als ein breites Bündnis aus Vertretern von Gewerkschaften, Geschäftsleuten, UNIP- Veteranen und Intellektuellen an.745 Gerade die sonst von Spannung geprägte Koopera- tion der Gewerkschaften mit der „Business-Community“ prägte das Sammelbündnis MMD und zog weltweit Aufmerksamkeit auf sich. Während die Gruppe der Unterneh- mer nicht nur die finanzielle Basis für die MMD bereitstellte746, sondern auch zur Wie- derherstellung der Reputation innerhalb der internationalen Gebergemeinschaft beitrug, verschaffte die Gewerkschaftsbewegung die nötige Popularität in der Bevölkerung, um die ökonomischen Reformen in einer Art „Schocktherapie“747 durchzusetzen.

743 Vgl. Rakner, Lise: Trade Unions in Processes of Democratisation. A Study of Party Labour Relations in Zambia, Bergen: Chr. Michelsen Institute Report Se- ries 1992, S. 76. Künftig zitiert als: Rakner: 1992. 744 Durch die ökonomische Krise erodierte die Legitimität des staats- korporatistischen Modells der UNIP-Regierung, das auf einem Austausch von Staatsresourcen gegen politische Unterstützung durch den ZCTU basierte. Siehe die Erläuterungen zu „urban bias“ in Kapitel 2.1. 745 Vgl. Bartlett: 2000, S.429-447. Die zentrale These Barletts lautet, dass bereits der Ausschluss der Zivilgesellschaft aus den wenig bekannten „Mulungushi (consti- tutional) Conferences“ im Juli 1991 ihre Schwäche belegt und den Grundstein für eine Kontinuität der autoritären Herrschaft in der Dritten Republik legte. 746 Angeblich investierte diese zehn Millionen US-Dollar in die MMD: Bartlett: 2000, S. 437. 747 Lise Rakner spricht von „shock therapeutic manner“: Vgl. Rakner: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 211

Dass die einsetzenden sozialen Härten des Reformprogramms nicht - wie zuvor - zu gewaltsamen Widerstand und ausgedehnten Streikaktionen führten, wird für den Zeit- raum von 1991 bis 1993 durch die „Honeymoon These“748 weitgehend erklärt, denn die Regierung nutzte die Schonfrist, die durch die Popularität der politischen Führung zu Beginn herrschte, um rasch unliebsame Reformen durchzusetzen. Die Streichung von staatlichen Subventionen für das Grundnahrungsmittel Maismehl749 und dem „Parasta- tal-Sektor“ war verbunden mit einer Lockerung der „foreign exchange“ Kontrollen bei einer gleichzeitigen Aufhebung der Preisbindung und führte natürlich zu massiven Ent- lassungen, Lohnsenkung, Abwertung der heimischen Währung und Verschlechterung der Lebensbedingungen. Dass diese Politik der Handelsliberalisierung und der Privati- sierung in einer krisenreichen Ökonomie brutale Auswirkungen auf die urbane Arbeiter- schicht hatte, war abzusehen.

Aufgrund dieser Ereignisse mussten sich die Gewerkschaften nicht nur verstärkt um die ökonomische Situation der Arbeiter sorgen, sondern auch um ihr eigenes Überleben. Denn bewegten sich die Gewerkschaften im Einparteiensystem gleichsam in einem Schutzraum, der durch den „Industrial Relations Act“ von 1971 entstand, der dem ZCTU eine Monopolstellung und die Finanzierung garantierte, mussten sich die Ge- werkschaften zu Beginn der 1990er Jahre auch den Gesetzen des Wettbewerbes stellen. Durch den Verlust von circa 50.000 Mitgliedern im Zeitraum von 1992 bis 1996750 ent- stand den Gewerkschaften ein großer finanzieller Verlust.

Als die Gewerkschaften die Effekte des ökonomischen Liberalisierungsprogramms und den Mangel von Auffangprogrammen öffentlich beklagten, hatten sie längst an politi- scher Schlagkraft verloren.751 Daher schenkte die MMD der Ankündigung des General- sekretärs der ZCTU, Alec Chirwa, am Ende des Jahres 1994 nur wenig Beachtung, als dieser offiziell das Ende der „Honeymoon-Periode“ verkündete.752 Aufgrund der ge-

748 Vgl. Haggard/Webb: 1994 und die Fußnote 533 749 Zum Politikum Maismehl in Zambia siehe das Kapitel 2.1. 750 Vgl. Banda, Darlington A.: The trade union situation in Zambia. An overview of the law, practice and the way forward, Lusaka: Friedrich Ebert Stiftung 1997. Künftig zitiert als: Banda: 1997. 751 Der Verlust der Schlagkraft wurde an der Privatisierung der „Zambia Airways“ und der „United Bus Company“ im Jahre 1994 deutlich: Die Regierung zog kurzfristig ihre vor der Auflösung dieser Staatsunternehmen gemachten Zusagen über Entschädigungszahlungen an die Arbeiter zurück. Diese vorschnell einset- zenden Privatisierungen, die auch durch die Straßenproteste in Lusaka nicht mehr aufgehalten werden konnten, waren auf den immensen Druck der interna- tionalen Gebergemeinschaft zurückzuführen. Vgl. Rakner: 1998, S. 140. 752 Vgl. o.V.: The Post, Lusaka, December 27, 1994. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 212 schwächten Position der Gewerkschaften fand auch die inhaltliche Debatte der Ge- werkschaften um das ökonomische Reformprogramm bei der Regierung wenig Beach- tung. Lehnten die Gewerkschaften in den 1980er Jahren noch per se ökonomische Re- formprogramme von IMF und Weltbank ab, verlagerte sich die Diskussion in den 1990er Jahren auf das Tempo und die Form ihrer Implementierung.753 Doch dieser Pa- radigmenwechsel blieb in Zambia und bei der internationalen Gebergemeinschaft weit- gehend unbeobachtet, da nicht nur die Spannungen zwischen ZCTU und der MMD, sondern auch die internen Spannungen innerhalb des ZCTU, die inhaltliche Debatte überschatteten.

2. Die interne Spaltung des Gewerkschaftsdachverbandes ZCTU

Während der Dachverband ZCTU einen Gesinnungswandel von genereller Unterstüt- zung der Privatisierung im Jahre 1991 bis zur Kritik an den Effekten dieser Prozesse 1994 durchlebte, verlief die Entwicklung der in dem Dachverband größten Einzelge- werkschaft, der „Mine Workers Union“ (MUZ), entgegengesetzt, denn sie stand ur- sprünglich der Privatisierung kritisch gegenüber, billigte aber im Jahre 1994 die Privati- sierungspläne für die „Zambia Consolidated Copper Mines“ (ZCCM).754

Francis Kunda, Präsident der MUZ und zugleich Vizepräsident des ZCTU, begründete diese Haltung mit den langfristig einsetzenden Wachstumsaussichten der Minenindustrie in privater Hand. Diese „pro-business“ Argumentation führte innerhalb des Dachver- bandes zu Spannungen, die durch interne Personaldebatten noch verschärft wurden. Der MUZ-Präsident Kunda verkündete seine Absicht auf dem „Quadrennial Congress“ des Dachverbandes im Oktober 1994, den Generalsekretär des ZCTU bei der nächsten Wahl herauszufordern. Die Politisierung dieses Wahlkampfes fand ihren Ausdruck in einer Presseerklärung des ZCTU Präsidenten, der die Nominierung Kundas als eine von der MMD initiierte Aktion wertete, um einen „yes man“755 an die Gewerkschaftsspitze

753 Vgl. Simutanyi, Neo: Organised labour, economic crisis and structural adjustment in Africa: The case of Zambia, in: Sichone, Owen/ Chikulo, Bornwell C. (Hrsg.): Democracy in Zambia. Challenges for the Third Republic, Harare 1996, S. 140-162. 754 Die Privatisierung der Minen wurde bewusst von der Regierung zunächst ver- schoben und der Agrarbereich zuerst liberalisiert. Dem starken externen Druck der Geber konnte die Regierung Mitte der 1990er Jahre jedoch nicht mehr standhalten. Vgl. Rakner: 1998, S. 140. 755 o. V.: The Post, August 19, 1994. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 213 zu lancieren. Diesen Vorwurf wies der Präsident der MUZ entschieden zurück, da er le- diglich auf den internen Druck seiner Einzelgewerkschaft reagiere.756 Obgleich die Vor- würfe gegen die Regierung nie geprüft werden konnten, stand fest, dass sie von diesen Zerwürfnissen profitierte. Denn nach der Wahlniederlage des Präsidenten der MUZ auf dem ZCTU Kongress verkündete nicht nur Kunda den Austritt der MUZ aus dem Dachverband ZCTU, sondern vier weitere einflussreiche Einzelgewerkschaften757:

„ZCTU’s influence was greatly reduced when the teachers, the miners, the financial and commercial workers, all significant un- ions in terms of influence and size, left the mother-body. The financial situation of ZCTU was also greatly affected as the five unions were among the largest and subsequently, subscriptions fees were affected.“758

Bereits nach drei Jahren hatte der einstige Motor des Liberalisierungsprozesses an politi- schem Einfluss, finanzieller Basis und Reputation als eine der einflussreichsten Gewerk- schaftsbewegungen auf dem Kontinent verloren.

3. Der politische Pluralismus und die Marginalisierung der Gewerkschaften

Die Schwächung der Gewerkschaftsbewegung als Resultat des ökonomischen Liberali- sierungsprogramms und die Fähigkeit demokratisch gewählter Regierungen einschnei- dende ökonomische Reformen auch ohne das Zugeständnis der Gewerkschaften zu implementieren, belegen ebenfalls Studien aus anderen Ländern Sub-Sahara-Afrikas.759 Überraschender in Zambia war, dass die politische Liberalisierung selbst die Position der

756 Die Spaltung des ZCTU reflektierte auch die unterschiedlichen Einstellungen zur MMD: Während die MUZ weiterhin eine Pro-MMD Haltung vertrat, entwickelte der ZCTU ein Selbstverständnis als unparteiischer Akteur. Vgl. o.V.: The Post, October 29, 1993. 757 Im Dezember 1997 traten drei der vier Einzelgewerkschaften dem ZCTU wieder bei: Die „Commercial and Industrial Workers Union“, die „Building and Engi- neering Workers Union“ und die „Teachers Union“. Die „Financial and Allied Workers“ verblieb mit der MUZ außerhalb des ZCTU. Die Abspaltung dieser Gewerkschaften reflektierte die Spannung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, denn Vertreter des privaten Sektors beschuldigten den ZCTU, Ressourcen nur für den öffentlichen Sektor auszugeben. Vgl. Banda: 1997. 758 Rakner: 1998, S. 142. 759 Für Ghana siehe die Studie von: Herbst, Jeffrey: The Politics of Reform in Gha- na, 1982-1991, Berkeley/Los Angeles 1993. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 214

Gewerkschaft als einflussreichen Akteur schwächte760, wie insbesondere im Bereich der „Industrial Relations Legislation“ deutlich wurde:

Unter Kaundas Herrschaft hatte eine starke und geeinigte Gewerkschaftsbewegung ihre Basis im „Industrial Relations Act“ von 1971, der ihr ein Repräsentationsmonopol und eine sichere Finanzierung garantierte. Der neue „Industrial Relations Act“ von 1993 wurde von Beobachtern als Zugeständnis der MMD an die Bewegung für ihre Rolle im Transitionsprozess bewertet, da es ihr gelang die Klausel „one industry one union“ her- überzuretten.761 Diese Klausel stand aber im Konflikt zu der zambischen Verfassung, die „freedom of association“ gewähren sollte. Als die Regierung im Jahre 1996 die Konven- tionen 87 und 98 der „International Labour Organisation“ (ILO) ratifizierte, um einen Organisationspluralismus einzuführen, wurde die Ratifizierung von dem ZCTU als Ver- such der Regierung interpretiert, die Gewerkschaft zu schwächen.762 Die Regierung und die nicht im ZCTU affilierten Gewerkschaften kritisierten diese „Zweite Republik Men- talität“ als Unfähigkeit, sich an die neuen politischen Realitäten anzupassen. Der bereits 1993 einsetzende Mangel an Dialogbereitschaft763 setzte sich fort, als der ZCTU im Jah- re 1996 der Regierung androhte, als Opposition zu fungieren. Somit brach die MMD eindeutig mit der Praxis aus der Einparteien-Ära, in der die Beziehung zwischen der Re- gierung und der Arbeiterbewegung ein entscheidender Teil des zambischen Politikpro- zesses war.

Ein weiterer Faktor, der zur Marginalisierung des ZCTU beitrug, war die Vielzahl von neuen politischen Akteuren und Themen, die seit 1991 das politische Leben in Zambia prägten:

„Before it was only UNIP and ZCTU. Now there are lot‘s of NGOs and political parties. The result is that there is more competition for our voice to be heard. Before, even the law [la- bour legislation] was assisting us.“764

760 Vgl.: Rakner: 1998, S. 172. 761 Vgl.: Simutanyi, Neo: Organised labour, economic crisis and structural adjust- ment in Africa: The case of Zambia, in: Sichone, Owen/ Chikulo, Bornwell C. (Hrsg.): Democracy in Zambia. Challenges for the Third Republic, Harare 1996, S. 140-162. 762 Vgl.: Banda: 1997. 763 Von den vierteljährlich anberaumten Treffen der Regierung mit Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, hatten bis 1994 lediglich vier stattgefunden. 764 Personal Communications Alfred Mudenda, Assistant General Secretary ZCTU. Kitwe, December 6, 1996, zitiert nach Rakner: 1998, S. 144. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 215

Neu in die politische Arena traten „electoral and civic education NGOs“ sowie zahlrei- che politische Oppositionsparteien. Ökonomische Themen wurden nun von der Verfas- sungsdebatte und der Diskussion um das Wählerregister in der Wahlkampfzeit 1996 ü- berschattet. Hier erkämpften sich die politischen NGOs ganz klar ihren Platz als politi- sche Akteure, die wichtige Themen der Demokratisierung und Entwicklung des Landes besetzten. Im Zuge der Verfassungsdebatte schlossen sich die Gewerkschaften der Op- positionsforderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung an, erhielten jedoch im Schatten der NGOs und der Parteien nur wenig Medienaufmerksamkeit.765

Resümierend ist festzuhalten, dass die Zersplitterung innerhalb der Gewerkschaftsbe- wegung, die auf inhaltlichen Differenzen über die Effekte der ökonomischen Liberali- sierung sowie auf internen Querelen um die Besetzung von Führungsposten beruhte, und die veränderte politische Landschaft durch das Aufkommen neuer Akteure und Themen bis Mitte der 1990er Jahre zu der Schwächung des einst einflussreichen Dach- verbandes ZCTU beitrugen.

765 Vgl.: Simutanyi, Neo: Organised labour, economic crisis and structural adjust- ment in Africa: The case of Zambia, in: Sichone, Owen/ Chikulo, Bornwell C. (Hrsg.): Democracy in Zambia. Challenges for the Third Republic, Harare 1996, S. 140-162. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 216

3.2 Die NGOs als politische Akteure im Demokratisie- rungsprozess: Erfolge aus der Binnensicht

Anhand der aus der Binnensicht herausgefilterten Haupterfolge der NGOs werden nun themenspezifisch die untersuchten NGOs vorgestellt, wobei jeder der NGOs ein detail- lierter Steckbrief vorangestellt ist, der zu Einordnung der unterschiedlichen Profile hilf- reich sein soll. Die nun vorgestellten Themenfelder der NGOs überspannen die Berei- che Wahlen, „Social Justice“, Menschenrechtspolitik, Rechtsbeihilfe und „Civic Educa- tion“.

3.2.1 Die lokalen Wahlbeobachtungs-NGOs etablieren sich als politische Akteure

“Zambia’s civil society organisations play a key role in the de- mocratic process. The broad base of participation in the Oasis Forum earlier this year was significant in the success of the campaign against a third term for the incumbent President. FODEP has a long and respected record of monitoring Zambian elections and, along with the members of Coalition 2001, was present at almost every polling station at this election. The Church organisations are also highly committed and are in- volved in every province.”766

Bis zu den aktuellen Wahlen von 2001 hatten sich die in diesem Bereich aktiven NGOs einen festen Platz in der politischen Landschaft Zambias erarbeitet. In dem vorliegen- den Kapitel wird nun zunächst die wichtigste NGO, die FODEP, mit ihren Aktivitäten vorgestellt, bevor auf die im Rahmen der Wahlen gegründeten NGO-Netzwerke und zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüsse verwiesen wird.

766 European Union Election Observation Mission: Second Interim Statement On The 2001 Zambian Elections, Lusaka 31.12.2001. (http://eueu- zambia.org/Interim_Statement/InterimStmnt-2.htm. / Zugriff am 2.2.2002) Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 217

3.2.1.1 Eine respektierte NGO mit landesweiter Präsenz: Die „Foundation for Democratic Process“ (FODEP)

„FODEP is the biggest NGO with an estimated membership of 10.000, spread throughout the country. (...) Most NGOs obvi- ously are Lusaka based. But a few like FODEP (...) have a na- tional wide base. These NGOs have been able to reach people even in the rural areas.”767

Abbildung 3-1: Steckbrief der „Foundation for Democratic Process“ (FODEP)

Themenfelder “voter, civic and human rights education”, Wahlbeobach- tung; Wahlprozess

NGO-Typ „Advocacy NGO“: Eine der ersten von außen geförderten lokalen Wahlbeobachtungsgruppe im Vorfeld der Wahlen 1991.

Gründung Nachfolgeorganisation des im September 1991 gegründeten „Zambia Elections Monitoring and Coordinating Commit- tee“ (ZEMCC)768, das sich im April 1992 unter dem Socie- ties‘ Act of Zambia offiziell unter dem Namen FODEP als NGO registrierte.

Mission/Rolle „To monitor elections, mediate social and political conflicts in society, and provide civic education and information to leaders and citizens concerning both their human rights and responsibilities in democratic governance.“769

Hauptziele „To promote and protect the institutions and operations of democracy, through the active, informed and democratic participation of the majority of the citizens in issues of governance.“770

Größte Erfolge Seit 1991 Wahlbeobachtung aller Präsidentschafts-, Parla- ments- und Lokalwahlen sowie der gesamten Nachwahlen auf nationaler und lokaler Ebene. Mit nahezu 10.000 Mit-

767 Dr. Alfred W. Chanda, Präsident der FODEP, Interview am 11.12.1999 in Lusaka. Dr. Chanda ist „Senior Lecturer and Assistant Dean“ an der „School of Law, University of Zambia“, in Lusaka. Im Rahmen der empirischen Forschung wur- de er sowohl als Vertreter einer NGO als auch als Experte interviewt. 768 Vgl. zu der Vorgängerorganisation die Ausführungen in dem Kapitel 2.3.1.1. 769 Foundation for Democratic Process (FODEP): Constitution of the Foundation for Democratic Process, Lusaka 1997, S. 5. 770 Foundation for Democratic Process: FODEP Resource Manual for District Coun- cillors Workshops Program: 1999-2000. Program Funded by the Norwegian Agency For International Development, Lusaka 1999, S. 1. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 218

gliedern landesweite Präsenz an allen Wahlstationen bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1996 und 2001.

Umfangreiches „Civic Education Programme“ seit 1994 für die politische Führung (Parlamentsabgeordnete, District Councillors, Chiefs, Vertreter der Parteien) und die „grass- root“ Ebene durch „community activities“ in lokalen Spra- chen sowie wöchentlichen Radiosendungen.771

Organisationsstruktur Insgesamt 8 Organisationsstufen, die zum Teil gewählt werden, so dass auch die Mitglieder der verschiedenen de- zentralen Einheiten die Möglichkeit haben, auf die nationa- le Ebene Einfluss zu nehmen.772

Nationale Ebene: National Convention (supreme organ) – Board of Directors (highest policy-making organ) - Na- tional Executive Committee (implementation organ) - Na- tional Secretariat (planning and coordinating unit)

Dezentrale Ebene: Die Mitglieder wählen alle zwei Jahre Executive Committees auf der Provinz- (9), Distrikt- (72), Wahlkreis- (150) und Wahlbezirksebene

Personal/Büros Insgesamt 19 Angestellte: 10 Mitarbeiter im nationalen Büro in Lusaka und je 1 Provincial Coordinator in jeder der 9 Provinzbüros.773

Mitglieder Landesweit fast 10.000 Mitglieder774

771 Die Einschätzung der größten Erfolge basiert auf dem Interview mit dem Präsi- denten der FODEP Dr. Alfred W. Chanda am 11.12.1999 in Lusaka. 772 Die von den FODEP Mitgliedern gewählten „Provincial Executive Chairpersons“ konstituieren zusammen mit dem „National Executive Committee“ den nationa- len „Board of Directors“. Die „National Convention“, die als höchstes FODEP Organ den Präsidenten und die sieben weiteren Mitglieder des „National Execu- tive Committee“ wählen, setzt sich wiederum aus Vorstandsmitgliedern und ma- ximal zehn Delegierten aus jeder der neun Provinzen zusammen. Somit werden die drei Steuerungsorgane auf nationaler Ebene durch Beteiligung der Provinz- ebene mitbestimmt. Vgl. FODEP First National Conference: Towards Zambia’s Free and Fair 2001 Presidential and General Elections, Lusaka 1999, S. 1. 773 Die Angaben beruhen auf einem Interview mit Elijah Rubvuta, Programm Mana- ger der FODEP, am 10.12.1999 in Lusaka. 774 Die jährliche Mitgliedschaft bei der FODEP kann bei den neun Provinzkoordina- toren, auf den 72 Distriktebenen oder 150 Wahlkreisebenen beantragt werden. Die Mitglieder müssen bestätigen, dass sie weder Mitglied einer Partei noch par- teipolitisch aktiv sind und sich mit den Zielen der FODEP identifizieren. Der Jahresbeitrag betrug zur Zeit der Forschung 3.000 zambische Kwacha, die zu Beginn des Jahres 2000 circa 0,6 US$ entsprachen. Die Mitglieder werden von der FODEP regelmäßig für ihre Aufgaben als Wahlbeobachter geschult und er- hielten bei den Wahlen 1996 circa 20.000 Kwacha (circa 4 US$) für einen ganz- tägigen Einsatz. Die Bezahlung der Wahlhelfer führte zu Kritik in dem Evaluie- rungsbericht des USAID-Projektes, in dem die FODEP von 1992 bis 1997 ge- fördert wurde. Vgl. Rakner: 1998, S. 254. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 219

Geber Von 1992 bis 1997 war USAID der bedeutendste Geber; ab 1997 avancierte NORAD zum größten Förderer.

Weitere Geber zum Zeitpunkt der Forschung: SIDA, EU, Botschaft Finnlands, Botschaft Japans und die Konrad Adenauer Stiftung (Büro Harare/Zimbabwe).

Internetauftritt www.fodep.org.zm

In der ersten Dekade ihres Wirkens hat sich die FODEP zu einer „respected and effec- tive local NGO”775 entwickelt, so die aktuelle Einschätzung Michael Meadowcrofts, Vorsitzender der “European Union Election Observation Mission”, am 8.1.2002 in ei- nem Interim-Statement zu den drei Wahlen vom Dezember 2001. Bis in die Gegenwart genießt die FODEP den Ruf als seriös und professionell arbeitende NGO, der durch ih- re landesweite Präsenz an allen Wahlstationen, durch ihre politischen Bildungs- und Medienprogramme und durch ihre Wahlbeobachtungsaktivitäten in Südafrika, Malawi, Mosambik und Kenia auch über die Grenzen Zambias hinaus Respekt gezollt wird.776

Als Nachfolgeorganisation des 1991 gegründeten breit verankerten “Zambia Elections Monitoring Coordinating Committee” (ZEMCC) hatte die FODEP, wie bereits auf der Makroebene im Kapitel 2.3.1.1 beschrieben, entscheidende Vorteile gegenüber der zwei- ten lokalen Wahlbeobachtungsorganisation, dem „Zambia Independent Monitoring Team“ (ZIMT). Von Beginn an profitierte die FODEP von ihrer Nähe zu den christli- chen Kirchen und ihrer professionellen Führungsebene, die im Gegensatz zu anderen untersuchten NGOs gewählt wird. Der Gründungspräsident der NGO, Reverend Foston Sakala, betonte in einem Interview, dass die Führungsebene der FODEP, entge-

775 European Union Election Observation Mission: Electoral Preparations, Cam- paigns and Aftermath in Election 2001 in Zambia. An Observer’s Overview. A Paper for the Integrity Foundation Roundtable, 8.1.2002 Lusaka.( http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/Integrity-speech.htm., Zugriff am 24.1.2002) 776 Gleichwohl ist der Autorin bekannt, dass sich seit Mitte 2000 Vorwürfe an die FODEP wegen des Missbrauchs von Fördermitteln und mangelnder Rechen- schaftspflicht richten, die sich auch bestätigt haben, wie die Autorin im Sep- tember 2002 in Gesprächen mit Kennern der NGO-Landschaft in Lusaka erfuhr. Die Skandale können jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 220 gen der zweiten lokalen Wahlbeobachtungsorganisation ZIMT, gewählt und auf zwei Amtsperioden mit je zwei Jahren begrenzt werde.777

Die Nähe der FODEP zu den drei christlichen Kirchen, die 1991 dadurch entstand, dass die Kirchen die wesentlichen Träger der Vorgängerorganisation ZEMCC waren, hat bis in die Gegenwart Bestand und findet in der guten Kooperation der FODEP mit der CCJP ihren Ausdruck.778 Konnte die Vorgängerorganisation der FODEP, das ZEMCC, bei den Wahlen 1991 mit ihren circa 3.500 lokalen Wahlbeobachtern die lan- desweite Infrastruktur der christlichen Kirchen nutzen, stand die Organisation nach 1992 vor der Aufgabe, selbst eine landesweite Verankerung durch den Aufbau von nati- onalen und dezentralen Strukturen zu etablieren. Wie die folgenden Ausführungen bele- gen, ist der FODEP dieser Schritt mit ihren bis heute 10.000 Mitgliedern und einer Ver- ankerung in allen neun Provinzen des Landes in den vergangenen zehn Jahren hervorra- gend gelungen.

Die größten Erfolge der FODEP aus der Binnensicht

„If there is an election or a civic education activity in Zambia then the publicity is all in the hands of the civil society. I have never seen the Electoral Commission going out. They rely so much on the announcements in the newspapers and television. And only a very few people have access to these kinds of media. (...) Announcements do not achieve much in order to educate the people how to vote and about the important issues, because the opportunity to question is not there. So much of this is tak- ing over from the civil society.“779

Rückblickend auf die vergangenen Jahre wertete Dr. Alfred Chanda, Präsident der FODEP, als bedeutenden Erfolg, dass die NGO die Präsidentschaft- und Parlaments- wahlen von 1991 und 1996, die mit chronischer Verspätung durchgeführten Lokalwah- len von 1992 und 1998780 und darüber hinaus kontinuierlich alle parlamentarischen und

777 Vgl. Interview mit Reverend Foston Sakala, dem Gründungspräsident der FODEP, am 29.12.1999 in Lusaka. Zum Zeitpunkt der Forschung war er Beauf- tragter der „Permanent Human Rights Commission“ in Lusaka. 778 Vgl. Interview mit Dr. Alfred W. Chanda, Präsident der FODEP, am 11.12.1999 in Lusaka. 779 Interview mit Elijah Rubvuta, Programm Manager der FODEP, am 10.12.1999 in Lusaka. 780 Die Lokalwahlen sollten in Zambia alle drei Jahre durchgeführt werden. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 221 lokalen Nachwahlen in Zambia beobachtet hat. Wie das Eingangszitat belegt, ist es auch ein Verdienst der NGO, aktiv die öffentliche Diskussion um den Wahlprozess anzure- gen, da die Bevölkerung durch die „Electoral Commission“ oftmals nur unzureichend informiert wird. Bis zu den zweiten Wahlen von 1996 gelang es der FODEP, so weitrei- chend auf der Provinz- und Distriktebene institutionell und personell verankert zu sein, dass sie mit insgesamt 9.364 lokalen Beobachtern an jeder der 4.610 Wahlstationen zwei Beobachter sowie insgesamt 144 Mitglieder an den Auszählstationen platzieren konn- te.781 Darüber hinaus bezeichnete Dr. Chanda das “extensive civic education programm for electoral leaders and people at the grassroots”782 als großen Erfolg auf dem Weg “to strengthen democratic institutions, activate the inactive civil society and ensure that there are free and fair elections.”783

Für die Bewältigung der vielfältigen Programme und der Aus- und Weiterbildung des auf über 10.000 Mitglieder angewachsenen „Pool“ lokaler Wahlbeobachter, die überwie- gend aus dem Lehrerberuf stammen, hatte die NGO bis Mitte der 1990er Jahre “recrui- ted well-qualified personnel to run the secretariat”784. Seit 1995 war zudem ein “full-time Provincial Coordinator” und ein Büro in jeder der neun Provinzen verankert, so dass die Kommunikation und die Umsetzung der Programme auf der Provinz- und Distrikt- ebene gewährleiste wurden. Durch die in der Satzung vom März 1997 dokumentierte Organisationsstruktur785 der FODEP werden die von den Mitgliedern gewählten Aus- schüsse auf der Provinz-, Distrikt-, Wahlkreis- und Wahlbezirksebene in die nationalen Entscheidungsstrukturen integriert. Beim Aufbau dieser dezentralen Organisationsstruk- tur erhielt die FODEP von 1992 bis 1997 nicht nur weitreichende finanzielle, sondern auch beraterische Unterstützung im Rahmen der Komponente eines Demokratieförder- projektes von USAID, das nun kurz skizziert wird.

781 Vgl. http://www.fodep.org.zm/message.htm (Zugriff am 10.2.2002). Im Rahmen der Wahlbeobachtung im Jahre 1996 profitierte FODEP von der „technical ex- pertise and experience of the Electoral Reform International Service (ERIS) ba- sed in the United Kingdom“. http://www.fodep.org.zm/monitoring.htm (Zugriff am 10.2.2002). 782 Interview mit dem Präsidenten der FODEP Dr. Alfred W. Chanda am 11.12.1999 in Lusaka. 783 A.a.O. 784 Chanda, Alfred: Non-Formal Education for , Harare 1999, S. 60. Künftig zitiert als: Chanda: 1999. 785 Zur Organisationsstruktur siehe auch den Steckbrief über die FODEP zu Beginn des Kapitels. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 222

Der Organisationsaufbau bis 1997: Förderung im Rahmen eines USAID Projek- tes

“We really appreciate the support of USAID. We owe much of our achievements to consultants. We never used to have an or- ganisation like ours, so we really rely on consultants to struc- ture our organisation. It is something that had been achieved over a long period of time. It was not until 1995 when we began to have Provincial Co-ordinators. So from that time we kept expanding at that level. I think much of the other NGOs that are coming up could learn something from us. The Consulting Group from the Southern University Democratic Governance Project structured out our organisation to what it is at the mo- ment.”786

Von 1992 bis 1997 wurde die FODEP im Rahmen des “Democratic Governance Pro- ject” von USAID als zu fördernde NGO in dem Bereich “Civic Education” ausge- wählt.787 Durch das in Zusammenarbeit mit der Southern University (USA) durchge- führte Projekt entstanden einige US-amerikanische Forschungsarbeiten über die größte zambische Wahlbeobachterorganisation, wie beispielsweise die von Michael Bratton im Rahmen der Evaluierung der Projekt Komponente erstellten Studien über den Einfluss der “civic education” Programme der FODEP auf die politische Partizipation in Zam- bia, die in Teilen auf umfangreichen repräsentativen quantitativen Befragungen beru- hen.788 Zweifelsohne hatte die Tatsache, das “FODEP is 95 per cent donor funded”789, auch intensive Auswirkungen auf den Aufbau ihrer Organisationsstruktur. Diese exter- nen Einflüsse wurden aus der Binnensicht sehr unterschiedlich bewertet: Während der Programm Manager Elijah Rubvuta, wie zu Beginn des Abschnittes zitiert, die Förde- rung durch das USAID/Southern University Projekt lobte, zeichnete der FODEP Prä- sident Dr. Chanda ein kritischeres Bild in Bezug auf die inhaltliche Mitgestaltung durch die Außenfinanzierung:

786 Interview mit Elijah Rubvuta, Programm Manager der FODEP, am 10.12.1999 in Lusaka. 787 Das USAID „Democratic Governance Project“ war ein auf fünf Jahre angelegtes und mit 15 Millionen US$ ausgestattetes Demokratieförderprogramm. Das Pro- jekt fokussierte auf die fünf Komponenten: „the Constitutional Reform Com- ponent, the Civic Education Component, the Media Independence Component, the Legislative Performance Component, the Policy Co-ordination Component“. Rakner: 1998, S. 252. 788 Vgl. Bratton, Michael: Political participation in a new democracy: institutional considerations from Zambia, in: Comparative Political Studies, 5 (1999), S. 549- 588. 789 Rakner: 1998, S. 253. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 223

“The organisation’s extreme dependence on donor funds, espe- cially USAID/Southern University Democratic Governance Pro- ject, has served to reduce its institutional independence. Al- though USAID have been extremely generous to FODEP the funds provided are for specific projects. As long as FODEP does not establish its own resource base the donors will play an influential role in determining the organisation’s priorities. For example, USAID has suspended the District Civic Education workshops in the remaining provinces over FODEP’s objec- tions. Unless FODEP sources alternative funding those work- shops will not take place.”790

Der Aufbau einer eigenen finanziellen Basis wird wohl auch in absehbarer Zukunft eine Illusion bleiben, denn die bisher durchgeführten “fund raising adventures”791 sowie die Mitgliedsbeiträge792 bringen nur geringfügige Mittel ein, so dass Dr. Chanda auf die Fra- ge nach einer langfristigen Finanzierungsstrategie einräumen musste: “The methods of revenue raising within Zambia are very limited. I am sure that you know that 80% of the Zambian population lives in poverty. So given this high level of poverty it is almost im- possible to ask these people to give you financial support.”793

Als im Jahre 1997 die auf fünf Jahre angelegte Förderung im Rahmen des USAID „Good Governance Project“ auslief, entwickelte sich der größte Geber in der zambi- schen Demokratieförderung, die NORAD, auch zum bedeutendsten Förderer der FODEP.794 Im Gegensatz zu der auf fünf Komponenten fokussierten Demokratieförde-

790 Chanda: 1999, S. 60. 791 Die FODEP führt auf der Provinz- und Distriktebene „from time to time“ Fund Raising Aktivitäten durch und verfügt auf der nationalen Ebene und Provinz- ebene über ein Fund Raising Committee, das den Vorschlag an die Geberge- meinschaft richtete, die Gebäude für die Provinzbüros zu kaufen. Dieses Ansin- nen wurde abgelehnt, da die Geber ihre Mittel nur projektbezogen vergeben können. Vgl. Interview mit Elijah Rubvuta, Programm Manager der FODEP, am 10.12.1999 in Lusaka. 792 Bei circa 10.000 Mitgliedern und einem jährlichen Beitrag von 3.000 zambischen Kwacha (0,6 US-Dollar) müssten Anfang des Jahres 2000 die gesamten Mit- gliedsbeiträge eines Jahres circa 6.000 US-Dollar eingebracht haben, wohinge- gen die FODEP zu diesem Zeitpunkt allein von ihrem größten Geber, der NORAD und der SIDA, auf eine Summe von circa 180.000 US-Dollar kam. Vgl. dazu die Fußnoten 794 und 796. 793 Interview mit Dr. Alfred W. Chanda, Präsident der FODEP, am 11.12.1999 in Lu- saka. 794 Zum Zeitpunkt der Forschung umfasste das gesamte NORAD Programm „Support to Human Rights, Democracy and Good Governance, Lusaka, Zambia 1999“ insgesamt circa 3.456.400 US-Dollar, die sich auf vier Sektoren verteilten: Econo- mic Governance (circa 1.333.333 US-Dollar); Media (circa 1.200.000 US-Dollar); Civil Society (576.400 US-Dollar); Rule of Law (346.667 US-Dollar). Innerhalb des Sektors „Civil Society“ erhielt die FODEP mit circa 133.333 US-Dollar die größ- te Summe gefolgt von AFRONET mit circa 98.000 US-Dollar und mit je circa 66.667 US-Dollar für die NGOs LRF, NWLG, ZCEA und die YWCA. Diese so- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 224 rung von USAID zeichnete sich die norwegische Demokratieförderung Mitte der 1990er Jahre durch die Unterstützung einer Vielzahl von NGOs und Demokratieprojek- ten aus:

“By contrast, Norway was the country contributing the largest nominal sum to democratic issues. However, in NORAD this was not given a very specified profile, and funding was dis- persed to a number of projects and associations. Similar prac- tises were followed by the Swedes, Danes and Dutch (Selbervik 1997).”795

Neben der Finanzierung durch die NORAD erhielt die FODEP zu Beginn des Jahres 2000 auch eine Unterstützung im Rahmen der Demokratieförderprogramme der SIDA796, der Botschaft Finnlands797 und der Botschaft Japans798, der Europäischen Uni- on799 sowie der Konrad Adenauer Stiftung, die zum Zeitpunkt der Forschung nicht in Lusaka präsent war, sondern durch das Büro in Harare, Zimbabwe, operierte.

Die Entstehungsgeschichte, der Organisationsaufbau und die inhaltliche Ausrichtung der FODEP spiegeln mit Blick auf die bilaterale Gebergemeinschaft auch die ersten Er- fahrungen in dem neuen Feld der Demokratieförderung wider. Nicht nur ein „impact assessment“ durch die größten Geber - der USAID und der NORAD - fiel zu Beginn des Jahres 2000 im Rahmen der empirischen Forschung sehr unterschiedlich aus, auch

wie alle weiteren Angaben über gezahlte Finanzzuwendungen in dieser Arbeit basieren auf den nach Sektoren differenzierten Zuwendungslisten aller Demo- kratieförderprogramme der bilateralen Geberorganisationen (Stand Anfang 2000), die Anders Pedersen, First Secretary/Swedish Embassy Lusaka, im Januar 2000 der Autorin zur Verfügung stellte. 795 Rakner: 1998, S. 252. Die Aussage stützt sich auf die Studie: Selbervik, Hilde: Aid as a Tool for the Promotion of Human Rights: What Can Norway Do?, Norwe- gian Ministry of Foreign Affairs. Report No. 7, Oslo 1997. 796 Die schwedische Botschaft stellte im Rahmen des Sektors „Increased Political Participation“ ihrer „Democracy and Human Rights Strategy“ der FODEP im Jahre 1999 einen „non earmarked Core support“ von circa 46.512 US-Dollar zur Verfügung. 797 Innerhalb der Demokratieförderung der Botschaft Finnlands mit ihren beiden Komponenten „Civil Society“ und „Government of the Republic of Zambia Permant Commissions“ erhielt die FODEP mit fast einem Drittel des gesamten Etats die größte Förderung: Im Jahre 1999 wurden ihr für den Bereich „Capaci- ty Building/Administrative Costs“ 440.000 Finnmark (zu diesem Zeitpunkt 74.003 Euro) und für „Media Campaign of Elections“ weitere 330.000 Finnmark (zu diesem Zeitpunkt 55.502 Euro) zur Verfügung gestellt. 798 Die Botschaft Japans stellte der FODEP „mainly vehicles“ zur Verfügung. Ge- naue Angaben über die Höhe der Mittel standen nicht zur Verfügung. 799 Zu dem Zeitpunkt der Forschung förderte die Europäische Union (EU) die FODEP im Rahmen der Ende 1998 durchgeführten Lokalwahlen. Wie das nach- folgende Kapitel zeigen wird, entwickelte sich die EU zum herausragenden Ge- ber im Umfeld der Wahlen vom Dezember 2001. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 225 die heterogenen Kooperationsstile gegenüber den NGOs kristallisierten sich innerhalb der Gebergemeinschaft heraus:

Während Dr. Miles F. Toder800, „Advisor Democracy and Governance/USAID Zam- bia“, der FODEP ein relativ geringes Einflusspotential bescheinigte, weil die NGO so- wohl bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen von 1996 als auch bei den Lo- kalwahlen von 1998 nicht vermochte, die Wahlbeteiligung durch ihre Aufklärungsarbeit zu erhöhen, lobte Kikkan Haugen801, „First Secretary Development Co-operation/Royal Norwegian Embassy in Zambia“, die FODEP für ihre landesweite Präsenz an allen Wahlstationen und zählte sie neben der CCJP und dem AFRONET zu den drei wich- tigsten politischen NGOs in Zambia. Als charakteristisches Merkmal der skandinavi- schen Demokratieförderung kristallisierte sich nach den Gesprächen mit Vertretern der untersuchten NGOs und der Geberorganisationen auch der angestrebte „partnerschaft- liche Kooperationsstil“ heraus. Anders Pedersen802, „First Secretary“ der Botschaft Schwedens in Lusaka, betonte, dass sich die schwedische Geberseite im Umgang mit den lokalen NGOs selbst auch als „lernende Organisation“ verstehe.

Bevor das Kapitel 3.2.1.1.1 die inhaltlichen Forderungen der FODEP bezüglich des Wahlprozesses herausarbeitet, wirft der folgende Abschnitt einen Blick auf die Hauptak- tivitäten und die wichtigsten Zielgruppen der NGO.

Die FODEP konzentriert ihre Aktivitäten auf drei Zielgruppen

“The focus of the various civic education workshops has been on such topics as: rights and responsibilities of Zambian citi- zens; what is democracy and what are its pillars; actors in a de- mocracy (Mass-media, NGOs, etc.), women’s rights; role of youths and women in democratic governance; role of elected representatives; what are free and fair elections; and what are the strengths and weaknesses of the existing voting system, etc.”803

800 Vgl. Dr Miles F. Toder, Advisor Democracy and Governance, USAID Lusaka, Zambia, Interview am 5.1.2000 in Lusaka. 801 Vgl. Kikkan Haugen, First Secretary Development Co-operation, Royal Norwegian Embassy, Interview am 13.12.1999 in Lusaka. 802 Vgl. Anders Pedersen, First Secretary, Swedish Embassy Lusaka, Interview am 16.12.1999 in Lusaka. 803 Chanda: 1999, S. 59. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 226

In den Bereichen der Wahlbeobachtung und der Stärkung des demokratischen Prozes- ses konzentriert sich die FODEP auf drei Zielgruppen: Die circa 10.000 Mitglieder, die von FODEP als “community” bezeichnete Bevölkerung auf der Provinz- und Distrikt- ebene sowie die gewählten politischen Volksvertreter und die Vertreter der politischen Parteien Zambias.

Die Mitglieder als Multiplikatoren an der Basis

Die FODEP verfährt bei der Aus- und Weiterbildung ihrer landesweiten Mitglieder nach dem Multiplikatorenprinzip “training of trainers”:

Seit dem August 1994 hat die NGO durch “civic education workshops” auf der nationa- len, Provinz- und Distriktebene bis zu Beginn des Jahres 2000 insgesamt 2.500 “Civic Education Trainer”804 ausgebildet, die ihr gewonnenes Wissen wiederum als Multiplika- toren in ihre Gemeinden hinein trugen. Im Rahmen dieses politischen Bildungspro- gramms verwendet die FODEP eigene Materialien, wie die in verständlicher Sprache ge- schriebenen Broschüren und Poster, die in die sieben wichtigsten lokalen Sprachen ü- bersetzt wurden, sowie relevante Gesetzestexte wie die zambische Verfassung und in- ternationale und regionale Menschenrechtsdeklarationen. Ein Viertel der insgesamt 10.000 als Wahlbeobachter ausgebildeten Mitglieder standen der Bevölkerung auf der “grassroot” Ebene somit nicht nur als Ansprechpartner in allen Fragen bezüglich des Wahlprozesses, sondern auch zu allgemeinen Fragen des Demokratisierungsprozesses, des Wahlsystems und zu den Rechten und Verantwortungsbereichen der Wähler und gewählten Volksvertreter zur Verfügung.

Die in allen 72 Distrikten und 150 Wahlbezirken durchgeführten Aktivitäten an der Ba- sis flankiert die FODEP durch landesweite Radioprogramme. Da das Radio wie in vie- len afrikanischen Ländern auch in Zambia das Massenmedium mit der größten Reich- weite805 ist, tragen die drei wöchentlichen Sendungen der FODEP zu ihrem hohen Be-

804 Vgl. Foundation for Democratic Process: FODEP Resource Manual for District Councillors Workshops Program: 1999-2000. Program Funded by the Norwegian Agency For International Development, Lusaka 1999, S. 7. 805 „There are an estimated 820,000 radio receivers, one in more than half of all households, compared with 267,000 television receivers. The television service is state-run. So far the only independent radio services to be licensed are ones like Christian Voice that are politically safe for the government.“ Burnell, Peter: Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 227 kanntheitsgrad bis auf die “grassroot” Ebene bei.806 Im Rahmen der durchgeführten “Civic Education” Programme stieß die FODEP auf ihre dritte Zielgruppe: Die gewähl- ten Volksvertreter auf der nationalen und lokalen Ebene sowie die Repräsentanten der politischen Parteien.

Etablierung der „Elected Leaders Workshops“ auf der Provinz- und Distriktebe- ne

“FODEP’s experience of civic education, nation-wide, has re- vealed that a large number of elected leaders – including mem- bers of parliament – are ignorant about their roles in relation to the electorate. They come into office with little or no idea of what the electorate expect from them. This is a two fold prob- lem, as it alienates the electorate from the leaders until a time of next elections, and on the other, the public also does not fully understand their roles in respect to the leaders they elect and vice versa.”807

Wie die Analyse des Systemwechsels auf der Makroebene bereits ausführlich darlegte808, wich der anfänglichen Euphorie in der zambischen Bevölkerung rasch Ernüchterung über die neu gewählte politische Führung, die weiterhin - auf Patron-Klient- Beziehungen gestützt - das politische Amt als Quelle der Bereicherung nutzte.809 In ihren „Civic Education“ Seminaren identifizierten die FODEP Mitarbeiter darüber hinaus sowohl innerhalb der Wählerschaft als auch bei Vertretern der gewählten politischen Führung eine große Unsicherheit bezüglich der in einem demokratischen System zu er- füllenden Aufgaben. In dieser Grauzone operiert die FODEP seit Mitte der 1990er Jah-

Taking stock of democracy in Zambia, in: Haynes, Jeff (Hrsg.): Democracy and Political Change in the ‘Third World’, London 2001, S. 138. 806 Die FODEP gestaltet wöchentlich drei je 45-minütige Radioprogramme. Vgl. In- terview mit dem Präsidenten der FODEP Dr. Alfred W. Chanda am 11.12.1999 in Lusaka. 807 Http://www.fodep.org.zm/workshop.htm (Zugriff am 10.2.2002). 808 Vgl. das Kapitel 2.3.2. 809 Der Soziologe Dieter Neubert resümiert: „In Sambia baute die neue Regierungs- partei MMD in relativ kurzer Zeit ein Netzwerk von Patron-Klient-Beziehungen auf, obwohl zuvor entsprechende Praktiken der Kaunda-Regierung kritisiert worden waren.“ Neubert, Dieter: Demokratisierung ohne Zivilgesellschaft: Zur Rolle von Patron-Klient-Beziehungen in den neuen afrikanischen Mehrpartein- systemen, in: Lauth, Hans-Joachim/Liebert, Ulrike (Hrsg.): Im Schatten demo- kratischer Legitimität. Informelle Institutionen und politische Partizipation im interkulturellen Demokratienvergleich, Opladen/Wiesbaden 1999, S. 270. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 228 re gleichsam als „Bildungs- und Vermittlungsagentur“810 zwischen der Bevölkerung und der politischen Führung mit dem ehrgeizigen Ziel, den Demokratisierungsprozess zu fundieren.

Seit Juni 1995 führt die FODEP “Provincial Elected Leaders Workshops”811 auf der Provinzebene mit Vertretern der Nationalversammlung, der Regierung und der politi- schen Parteien sowie “District Councillors Workshops”812 mit gewählten Vertretern der Distriktverwaltung sowie Repräsentanten der politischen Parteien, der Polizeibehörden und der traditionellen und religiösen Autoritäten auf der Distriktebene durch. Im Mit- telpunkt dieser Seminare stehen neben der gegenseitigen Rollenbestimmung von politi- scher Führung und Wählerschaft, eine Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen politischer Institutionen und die Sensibilisierung der politischen Führung “about threats to democracy posed by violations of democratic values and lack of information.”813 Als zentrale Kritikpunkte kristallisierten sich bei den Seminaren neben der mangelnden An- bindung der politischen Führung an ihre Wählerschaft814 vor allem die mangelhafte Fi- nanzierung der Verwaltungs- und politischen Vertretungsorgane auf der Distriktebene als dringlichstes Problem, worauf die Ausführungen über die Lokalwahlen vom Dezem- ber 1998 auf der Makroebene bereits verwiesen.

Welche konkreten inhaltlichen Forderungen die FODEP aus ihrer langjährigen Erfah- rung in der politischen Bildungsarbeit und der Wahlbeobachtung mit Blick auf die für Ende 2001 anberaumten Präsidentschafts-, Parlaments- und Lokalwahlen ableitet, wird das folgende Kapitel offen legen.

810 Auf die Vermittlungfunktion verwies bereits die theoretische Einbettung in dem Kapitel 1.3.1.1. 811 Vgl. Chanda: 1999, S. 60. Die Anzahl dieser durchgeführten Seminare wird aus den Dokumenten nicht ersichtlich. 812 In 63 von 72 Distrikten hatten bis Ende des Jahres 1999 Workshops mit insge- samt 2205 Teilnehmenden stattgefunden. Vgl. Foundation for Democratic Proc- ess: FODEP Resource Manual for District Councillors Workshops Program: 1999-2000. Program Funded by the Norwegian Agency For International Devel- opment, Lusaka 1999, S. 6. 813 Http://www.fodep.org.zm/workshop.htm (Zugriff am 10.2.2002). 814 Kritisiert wurde die mangelnde Anbindung der Abgeordneten der Nationalver- sammlung an ihre Wählerschaft, da sie durch die Verlagerung ihres Wohnsitzes nach Lusaka oftmals nicht mehr direkt ihren Wahlkreisen zur Verfügung stan- den. Diese Kritik äußerte ebenfalls Justin Mukosa, Assistant Programm Coordi- nator, Zambia Civic Education Association (ZCEA), in einem Interview am 29.11.1999 in Lusaka. Im Rahmen der von der Konrad Adenauer Stiftung geför- derten „Civic Education“ Schulprogramme der ZCEA wurde von den Jugendli- chen gefordert, die 150 „Members of Parliament“ zu verpflichten, ihren Wohn- sitz in ihrem Wahlkreis zu behalten, wie es in Ghana praktiziert wird. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 229

3.2.1.1.1 Grundlegende Reformen des Wahlprozesses als zentrale Forderung der FODEP

„The electoral process in Zambia has major flaws that need to be urgently addressed before the next elections in year the 2001. The reforms required are constitutional, legislative and political in nature. (...) Civil society has an important role to play in putting pressure on the authorities to institute the re- quired reforms. Furthermore, civil society must intensify its civic education and voter education campaigns in order to cre- ate a pool of enlightened voters who will not easily be bribed, intimidated or hoodwinked by sleek politicians. At the end of the day, it is an enlightened public that will ensure that democ- racy takes root in the country. All too often, politicians of vari- ous shades have thrived on the ignorance of the public.”815

Bezeichneten die lokalen und internationalen Wahlbeobachter die Wahlen im Jahre 1991 noch als „reasonably free and fair“816, deklarierte die FODEP zusammen mit weiteren lokalen Beobachtergruppen die zweiten Wahlen von 1996 - bezogen auf den gesamten Wahlprozess - als weder frei noch fair.817 Im Fokus der Kritik standen, wie im Kapitel 2.3.3.1 bereits ausführlich dargelegt, neben der Ausnutzung staatlicher Ressourcen für die Wahlkampagne der MMD vor allem die mangelhafte Durchführung der Wahlen durch die nicht unabhängig operierende „Electoral Commission“. „FODEP challenges integrity of Electoral Commission“818, titulierte im März 1997 die Oppositionszeitung „The Post“ ihren Artikel über die offizielle Vorstellung des 70-seitigen Wahlbeobach- tungsberichts der FODEP. Ob es der FODEP nun bis Ende 2001 gelang, die Bedin- gungen für einen freien und fairen Wahlprozess zu schaffen, wird nun in zwei Schritten beantwortet: Zunächst skizziert der folgende Abschnitt die wesentlichen inhaltlichen Forderungen der FODEP im Vorfeld der Wahlen von 2001, um im nächsten Kapitel der Frage nachzugehen, ob und wie es ihr gelang, ihren politischen Vorstellungen Nachdruck zu verleihen.

815 Chanda, Alfred W.: A Critique Of The Electoral Process In Zambia: Setting The Stage For The Year 2001 Elections, in: The Role of Civil Society in the Promo- tion of Democracy in Zambia. Workshop Report, Mulungushi International Conference Centre 25th – 26th March 1999 Lusaka. Organised by AFRONET (Lusaka) und SARIPS/SAPES Trust (Harare). Supported by the Konrad Ade- nauer Foundation (Southern African Regional Office, Harare), S. 69. Künftig zi- tiert als: Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999. 816 Bjornlund: 1992, S. 423. 817 Vgl. Bratton und Posner: 1999, S. 401. 818 Mwila, Kunda: “FODEP challenges integrity of Electoral Commission”, in: The Post, 5 März 1997, Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 230

Gemäß ihrer Vermittlerrolle819 suchte die FODEP rechtzeitig vor den für Ende 2001 anberaumten Wahlen den Kontakt zu Vertretern der in den Wahlprozess involvierten politischen Institutionen, um ihre fundierten Forderungen bezüglich der rechtlichen und politischen Reformen des Wahlprozesses zu formulieren. Bereits zwei Jahre vor den Wahlen, im Juni 1999, lud die FODEP insgesamt 53 Repräsentanten aus staatlichen In- stitutionen wie der „Electoral Commission“ und den politischen Parteien sowie Vertre- ter zivilgesellschaftlicher Gruppen, der Medien und der Gebergemeinschaft zur “FODEP First National Conference: Towards Zambia’s Free and Fair 2001 Presidential and General Elections”820 ein, die mit Unterstützung der Konrad Adenauer Stiftung in Lusaka stattfand.

Wenige Monate später, im Oktober 1999, unterstrich die FODEP auf dem NGO Workshop “Coalition 2001 National Workshop”821, an der auch der Vorsitzende der „E- lectoral Commission“ Bobby M. Bwalya teilnahm, erneut ihre Forderungen. Vor diesem Hintergrund war der im Wahljahr 2001 von der „Electoral Commission“ gegenüber den lokalen und internationalen Beobachterteams, insbesondere der Mission der Europäi- schen Union, praktizierte unkooperative Arbeitsstil822, weder auf die mangelnde Dialog- bereitschaft der NGOs noch auf die geringe finanzielle Ausstattung durch die Geber- gemeinschaft zurückzuführen,823 sondern spiegelte den fehlenden Willen der politischen Führung wider, freie und faire Wahlen in Zambia durchzuführen. Die folgende Tabelle skizziert die wesentlichen Forderungen der FODEP im Vorfeld der Wahlen 2001.

819 Diese Rollenbeschreibung führte der Programm Manager der FODEP, Elijah Rubvuta, in einem Interview am 10.12.1999 in Lusaka auf die Frage 7.2. an. Sie- he den Fragebogen für die NGOs im Anhang der Arbeit. 820 Vgl. Foundation for Democratic Process: FODEP First National Conference: To- wards Zambia’s Free and Fair 2001 Presidential and General Elections. Funded by the Konrad Adenauer Foundation (KAS), Lusaka 1999, S. 46-50. 821 Auf diesen Workshop, an dem die Autorin teilnehmen konnte, wird im Kapitel 3.2.1.2 noch ausführlicher eingegangen. 822 Die EU-Mission lobte im Gegensatz die positiven Erfahrungen, die zuvor mit der „Electoral Commission“ in Malawi im Zuge der Wahlen von 1999 gemacht wur- den. 823 Der Vorsitzende der Electoral Commission Bobby M. Bwalya klagte auf der NGO-Konferenz im Oktober 1999: “The major obstacle to achieve the forego- ing goals would, as has been the case before, inadequate funding for the 2001 elections.” Bwalya, Bobby M.: Preparedness Of The Electoral Commission To Conduct Elections and Deliver Free and Fair Elections In 2001 And Beyond: Needs and Obstacles, in: Coalition 2001 National Workshop: Entrenching De- mocracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lusaka. / Coalition Members: AFRONET, CCJP, FODEP, NWLG, ZCEA, ZIMT. Sponsored by: AFRONET, S. 8. Bei einer Finanzierung von insgesamt 15 Millionen Euro durch die EU dürfte das Argument entkräftet sein. Vgl. Interview mit Joan Pilcher von der EU-Delegation in Zambia am 5.1.2000 in Lusaka. Der Betrag entspricht so- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 231

Abbildung 3-2 FODEP fordert Reform des Wahlprozesses824

Kritikpunkte der Forderungen der FODEP FODEP

Mangelnde Unabhängigkeit Electoral Commission of Uganda als Vorbild der Electoral Commission of Zambia

Weder die Verfassung noch Die FODEP favorisiert nach dem Beispiel der ugan- der Electoral Commission dischen Kommission eine in der Verfassung veran- Act von 1996 sichern die kerte finanziell autonome Institution mit einem erwei- Unabhängigkeit der Kom- terten Mandat bei Streitigkeiten vor und während der mission: Die zur Zeit fünf Wahlen.827 Kommissare werden vom Präsidenten ernannt und Die Kommission sollte nicht vom Präsidenten allein können jederzeit entlassen ernannt werden, sondern durch Vertreter der Opposi- werden, zudem hat die tionsparteien und der Zivilgesellschaft erweitert wer- Kommission keine Finanzau- den. Der Wahltag sollte in einer festen Woche außer- tonomie, sondern unterliegt halb der Regenzeit (z. Bsp. im September) liegen und dem Bereich des Vizepräsi- gesetzlich festgeschrieben werden. denten.

Durch die unzureichende Finanzierung sind die für die Wahlen und die Registrie- rung angestellten Mitarbeiter “poorly trained and demora- lised”825, wodurch - so

mit ungefähr dem Gesamtbetrag des genannten USAID Demokratieprogramms von 1992 bis 1997. 824 Die Forderungen stützen sich im Wesentlichen auf: Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999 und Chanda, Alfred: „Possible Threats And Failures Of Electoral Democracy In Zambia: Which Way Forward“, in: Coalition 2001 Na- tional Workshop: Entrenching Democracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lusaka. / Coalition Members: AFRONET, CCJP, FODEP, NWLG, ZCEA, ZIMT. Sponsored by: AFRONET, S. 1-14. Damit wird deutlich, dass die inhaltliche Richtung der FODEP zum Zeitpunkt der Forschung maß- geblich durch den Juristen und FODEP Präsidenten Dr. Chanda erfolgte und nach außen präsentiert wurde. 825 Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 64. 826 Die umstrittenen Fälle können gemäß Artikel 72 (1) der Verfassung erst nach den Wahlen beim High Court eingereicht werden, was zu einer Überlastung der Ge- richte führt und sehr zeitintensiv ist: Einige Urteile des High Court bezüglich der Parlamentswahlen 1996 haben vier Jahre in Anspruch genommen, über die Klage einiger Oppositionsparteien gegen die Anerkennung der Präsident- schaftswahlen von 1996 beim Supreme Court wurde erst nach über 18 Monaten geurteilt. 827 Dr. Chanda hob den Artikel 60 (f) der Verfassung Ugandas hervor: „Among the functions of the Commission are (...) to hear and determine election complaints arising before and during polling; to formulate and implement civic educational programmes relating to elections.“ Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 66. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 232

FODEP - zahlreiche Unre- gelmäßigkeiten entstehen. Die Kommission hat keine angemessene Befugnisgewalt: Sie kann weder den Wahltag festsetzen noch Streitigkeiten vor und nach den Wahlen regeln.826

Missbrauch staatlicher Res- Trennung von Regierung und Partei sourcen im Vorfeld der Wah- len

Obwohl durch den „Electo- Die FODEP fordert die Schaffung eines “appropriate ral Code of Conduct 1996“ enforcement mechanism”830, durch den gesetzlich und verboten, setzte die regie- institutionell verankert, gezielt gegen Korruption und rende Partei die Regierungs- das Ausnutzen staatlicher Ressourcen vorgegangen ressourcen für den eigenen werden kann. Wahlkampf ein, woran die Electoral Commission sie Neben der Abschaffung des “presidential slush fund” nicht hinderte.828 Der als fordert die FODEP dringend die Einführung eines “presidential slush fund” regulierenden und Obergrenzen definierenden “Elec- bezeichnete Sonderfund des toral Campaign Financing Law”.831 Präsidenten, den die Regie- rungspartei in Wahlzeiten zum Stimmenkauf bei Wäh- lern nutzt, verstößt, wie der Supreme Court in einem Urteil von 1998 bestätigte, gegen die Fairness des Wahl- prozesses.829

Missbrauch staatlicher Vorbild Media Commission of Ghana Medien im Wahlkampf

828 Die FODEP verweist in diesem Zusammenhang auch auf den komparativen Vor- teil der Regierungspartei durch die Verflechtung mit dem Wirtschaftssektor: „In any case, it is far much easier for the ruling party to raise funds than opposition parties. Many businessmen do not donate to opposition parties for fear of retri- bution from the government.“ Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 66. 829 Das als „Presidential Petition Case“ bezeichnete Supreme Court Urteil von 1998 kann auf der Internetseite der Menschenrechtsorganisation AFRONET eingese- hen werden: http://www.afronet.org.za (Zugriff am 17.5.2002). 830 Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 66. 831 Die Dringlichkeit für dieses Gesetz unterstreicht Dr. Chanda: „This lacuna in the law poses a grave threat to democracy as powerful forces, including drug bar- ons, can easily take over government through the financing of electoral cam- paigns.“ Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 66.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 233

Die regierende Partei verstieß Die Pressefreiheit834 und Unparteilichkeit der Medien gegen das im “Electoral Co- sollte wie die Gründung einer unabhängigen „Natio- de of Conduct” von 1996 nal Media Commission“ nach dem ghanaischen Vor- vorgeschriebene “Fair and bild835 in der Verfassung verankert werden. Durch die balanced reporting (...) of all Kommission soll die Besetzung der Vorstandsposten registered political parties“832, staatlicher Medien durch Anhänger der Regierungs- da die staatlichen Medien partei unterbunden werden. während des Wahlkampfes 1996 kaum oder mit negati- vem Tenor über die Oppo- sitionsparteien berichteten.833

Verfassungswidriger Public Streichung des Public Order Act Order Act

Der Public Order Act836 ver- Der Public Order Act soll außer Kraft gesetzt sowie stößt gegen die im Artikel 21 die Versammlungs- und Assoziationsfreiheit explizit der Verfassung verankerte garantiert werden. “freedom of Association and Assembly”837 und wird von der Regierung willkürlich eingesetzt, um öffentliche Veranstaltungen von NGOs und Parteien zu unterbinden.

Mangelhafte Registrierung Kontinuierlicher Registrierungsprozess

832 Electoral Code of Conduct 1996, Regulation 4 zitiert nach: Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 67. 833 Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie von Fackson Banda im Auftrag der „Zambia Independent Media Association“ über die Rolle der Presse bei den Wahlen von 1996. Zudem kritisiert die Studie aber auch einige private Medien für ihren „crusading journalism“ gegenüber der MMD. Vgl. Banda, Fackson: Elections And The Press In Zambia, The Case of the 1996 Polls, Lusaka 1997, S. 62. 834 Zur Situation der Presse gibt die von der „Zambia Independent Media Associati- on“ herausgegebene Studie einen guten Überblick. In der Analyse werden für den Zeitraum von 1992-1996 über 40 Verstöße gegen die Pressefreiheit doku- mentiert. Vgl. Chirwa, Chris H.: Press Freedom in Zambia. A brief review of the Press during the MMD’s first five years in office, Lusaka 1997, S. 62-67. 835 Die National Media Commission in Ghana ist u.a. in Konsultation mit dem Präsi- denten für die Besetzung der Vorstandsmitglieder der staatlichen Medien ver- antwortlich. Von den insgesamt 15 Mitgliedern der Kommission werden zwei durch den Präsidenten, drei durch das Parlament und zehn durch Repräsentan- ten der Kirchen, NGOs, Journalistenverbände sowie Verleger und Eigentümer der privaten Presse gestellt. Vgl. Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. 67. 836 Aus Sicht der NGOs ist der Public Order Act, nach dem die Organisatoren von öffentlichen Versammlungen mindestens sieben Tage vorher die Polizei infor- mieren und um Zustimmung bitten müssen, ein Relikt aus der Kolonialzeit, um gegen politische Dissidenten vorzugehen. 837 Government Of Zambia: Constitution of Zambia (Amendment) Act No. 18 of 1996, Date of assent: 28th May, 1996. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 234

der Wähler

Das Wahlregister von 1996 Ein neues Wahlregister sollte erstellt und die Mög- weist, wie das Urteil des lichkeit einer kontinuierlichen Eintragung in das Supreme Court 1998 bestä- Wahlregister statt in kurzen Intervallen im Vorfeld tigte, erhebliche Unregelmä- der Wahlen geschaffen werden.838 ßigkeiten auf. Das Verfahren der Wahlregistrierung ist zu umständlich, zeitintensiv und wenig bekannt.

Unzureichende Kriterien für Änderung der Verfassung die Kandidatur

In der Verfassung verankerte Die FODEP machte die Erfahrung “that some of the Kriterien und Voraussetzun- honorable MPs with limited education find it difficult gen für die Kandidatur der to contribute to the debates in the House“839 und for- Parlamentswahlen und Präsi- dert daher für die Qualifikation einer Kandidatur zu dentschaftswahlen sind un- den Parlamentswahlen eine mindestens bis Grade 12 zureichend oder verstoßen verfolgte Schullaufbahn. Um die Rechenschaftspflicht gegen das Prinzip freier und der MPs und die Präsenz für die Wählerschaft zu er- fairer Wahlen. höhen, sollen die MPs verpflichtet werden, weiterhin in ihrem Wahlkreis zu wohnen.840 Der Artikel 65 (4) der Verfassung, der den traditionellen Autoritäten vorschreibt ihre “chieftaincy” vor der Kandidatur zur Nationalversammlung abzulegen, muss gestrichen werden. Für die Kandidatur der Präsidentschaftswah- len fordert FODEP die Streichung der “Lex Kaun- da”841 und in Anlehnung an die Empfehlungen der Mwanakatwe Kommission die Möglichkeit analog zur Parlaments- und Lokalwahl auch als unabhängiger Kandidat sich der Präsidentschaftswahl zu stellen.

838 Der Vorsitzende der Electoral Commission, Bobby M. Bwalya, räumte bereits im Oktober 1999 auf der NGO-Konferenz “Coalition 2001 National Workshop: Entrenching Democracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lu- saka. / Coalition Members: AFRONET, CCJP, FODEP, NWLG, ZCEA, ZIMT. Sponsored by: AFRONET“ ein, dass die Regierung einer kontinuierlichen Re- gistrierung zustimmen werde. Dieses Versprechen löste die MMD Regierung je- doch erst nach den Wahlen 2001 ein. 839 Chanda: A Critique Of The Electoral Process 1999, S. S. 61. 840 Dieses Kriterium ist beispielsweise in die Verfassung Ghanas von 1992 aufge- nommen worden. Zahlreiche Vertreter von NGOs unterstichen die Notwendig- keit dieser Forderung, da an die NGOs immer wieder von der Bevölkerung die Klage herangetragen wird, dass die „Member of Parliament“ nach ihrer Wahl nach Lusaka ziehen und ihrem Wahlkreis nicht mehr zur Verfügung stehen. 841 Artikel 34 (3) der Verfassung: Government Of Zambia: Constitution of Zambia (Amendment) Act No. 18 of 1996, Date of assent: 28th May, 1996. In seinem Urteil von 1998 verweist der Supreme Court ebenfalls auf die Streichung dieser Klausel.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 235

Wahlsystem benachteiligt Verhältniswahl gefordert kleine Parteien

Das relative Mehrheitssys- FODEP favorisiert als Wahlsystem die Verhältnis- tem842 benachteiligt die Inte- wahl wie in Namibia oder Südafrika, um die Interes- ressen von Minderheiten und sen von Minderheiten und kleineren Parteien zu si- kleineren Parteien. chern.

Ob es der FODEP gelingen konnte, diese im Vorfeld der Wahlen 2001 geforderten Re- formen durchzusetzen, wird im nächsten Kapitel beleuchtet. Da, wie bereits auf der Makroebene beschrieben, die beiden zuletzt genannten Forderungen nach der Ände- rung des Wahlsystems und der Verfassung nicht umgesetzt wurden, rücken die ersten fünf Reformwünsche der FODEP bezüglich eines besseren Managements der Wahlen durch die „Electoral Commission“ sowie einer fairen Wahlkampagne, für die es bereits rechtliche Grundlagen gab, die aber keine politische Umsetzung fanden, in den Blick- punkt.

3.2.1.1.2 Die Wahlen 2001 aus Sicht der FODEP

“To charge international observers for observing is bad enough in principle – we want to be partners not clients – but to im- pose a charge of US$ 18,000 on FODEP to do its beneficial civic duty is calculated to arouse suspicions of why the ECZ wishes to inhibit such a respected and effective local NGO.”843

Die FODEP bezeichnete die kurz vor den Wahlen 2001 auferlegten Verordnungen der „Electoral Commission of Zambia“ (ECZ) als neue administrative und finanzielle Hür- de, die „also beyond the capacity of the Commission”844 läge. Entgegen der im „Electo- ral Code of Conduct“ von 1996 festgelegten Verordnung für die Akkreditierung lokaler

842 Zambias Wahlsystem wird bezeichnet als „Plurality system in single-member constituency“. Vgl. Krennerich: 1999, S. 944. 843 European Union Election Observation Mission: Electoral Preparations, Cam- paigns and Aftermath in Election 2001 in Zambia. An Observer’s Overview. A Paper for the Integrity Foundation Roundtable, 8.1.2002 Lusaka (http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/Integrity-speech.htm, Zugriff am 24.1.2002). 844 Interim Statement by FODEP on the December 27, 2001 Tripartite Elections at a Press Briefing held at Holiday Inn on January 3, 2002: Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 236

Beobachter, nach der eine schriftliche Bewerbung bei der „Electoral Commission“ ge- nügt, die die FODEP im Jahre 1996 stellvertretend für ihre insgesamt 9364 lokalen Wahlbeobachter einreichte, verlangte die „Electoral Commission“ gegen Ende des Jah- res 2001 plötzlich, dass die einzelnen Wahlbeobachter der NGOs die Formblätter ei- genhändig auszufüllen hätten. Durch dieses ausgesprochen zeitintensive Verfahren ent- standen der FODEP durch das Verteilen und Einsammeln der Akkreditierungskarten für die insgesamt 6247 Beobachter zusätzliche Kosten.

Ein Novum in der Wahlbeobachtung stellten die ebenfalls von der „Electoral Commis- sion“ überraschend eingeführten zusätzlichen Gebühren in Höhe von 10.000 zambi- schen Kwacha845 für lokale und 150.000 zambischen Kwacha846 für internationale Wahl- beobachter dar. Zudem verdoppelte die „Electoral Commission“ die Kosten für das Wahlregister von 5.000 auf 10.000 zambische Kwacha, so dass die FODEP allein 55.090.000 Kwacha847 für den Erwerb des Registers zahlen musste. Der FODEP sowie den anderen lokalen Beobachtergruppen kosteten diese zusätzlichen Auflagen viel Zeit und Geld. Obwohl die FODEP diese Kosten aufbrachte, hatte die „Electoral Commis- sion“ zwei Tage vor den Wahlen erst 3000 der 6.500 beantragten Akkreditierungskarten ausgestellt, so dass die FODEP einforderte, dass die „Electoral Officials“ schneller durch das Radio statt per Fax von diesem Managementfehler der „Electoral Commissi- on“ benachrichtigt werden sollten. Da dieser Forderung der FODEP nicht stattgegeben wurde, konnten einige Wahlbeobachter nicht zugelassen werden.

Die FODEP war auch im Wahljahr 2001 die Organisation mit der größten Präsenz: Mit ihren insgesamt 6247 lokalen Wahlbeobachtern aus einer “cross section of society”, die sie im Vorfeld der Wahlen aus- oder weiterbildete, konnte sie an jeder der 5509 Wahl- stationen848, an den 150 Auszählstationen auf der Wahlkreisebene und in den so genann- ten “roving teams” ihre lokalen Beobachter einsetzen. Im Vorfeld der Wahlen beobach- tete die FODEP das Erstellen eines neuen Wahlregisters, die Aufstellung der Kandida-

(http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/FODEP-Statement1.htm, Zugriff am 2.2.2002) 845 Der Betrag entsprach auf der Grundlage des Wechselkurses vom Ende des Jahres 2000 circa 2 US-Dollar. 846 Der Betrag entsprach auf der Grundlage des Wechselkurses vom Ende des Jahres 2000 circa 30 US-Dollar. 847 Der Betrag entsprach auf der Grundlage des Wechselkurses vom Ende des Jahres 2000 circa 11.018 US-Dollar. 848 Die FODEP sowie weitere Akteure forderten die Schaffung neuer Wahlkreise, da die Distanz zu den Wahlstationen für einige Teile der Bevölkerung zu weit ist. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 237 ten für die Präsidentschafts-, Parlaments- und Lokalwahlen sowie die Wahlkampagne, auf die der folgende Abschnitt nun eingehen wird.

Die Wahlkampagne im Vorfeld der Wahlen Ende 2001

“The orchestration of the abortive campaign for President Chi- luba’s campaign was deeply regrettable as it diverted the na- tion’s attention from addressing electoral issues in good time. This resulted in a crisis management of the voter registration exercise by the Commission.”849

Die Debatte um eine dritte Amtszeit Chilubas, auf die das Kapitel 3.2.1.2.1 noch näher eingehen wird, überschattete einige für die Durchführung der Wahlen relevante Themen wie die Wählerregistrierung. Die FODEP lobte die „Electoral Commission“ für die Er- neuerung des umstrittenen Wahlregisters von 1996, sie kritisierte aber die späte und un- zureichende Finanzierung der Kommission durch die Regierung sowie die logistischen Mängel bei der Ausstellung der National Registration Card850, die für die Beantragung der Wahlkarte für die Wahlen 2001 noch verpflichtend war.

Erst auf das Drängen der FODEP und der Konsultation der Europäischen Union war es zurückzuführen, dass die Regierung ab dem Jahr 2002 die Vereinfachung des Wahl- prozesses durch eine kontinuierliche Registrierung ermöglichen wird. Durch eine konti- nuierliche Wahlregistrierung, so argumentierte die FODEP, werde sich die Zahl der re- gistrierten Wähler erhöhen, denn die im Jahre 2001 insgesamt 2.604.761 registrierten

Im März 2001 erweiterte die Electoral Commission zwar nicht die Zahl der 150 Wahlkreise, erhöhte aber die Wahlstationen von 4.610 auf 5.509. 849 Interim Statement by FODEP on the December 27, 2001 Tripartite Elections at a Press Briefing held at Holiday Inn on January 3, 2002, Lusaka. (http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/FODEP-Statement1.htm., Zugriff am 2.2.2002) 850 Die FODEP kritisierte den politischen Einfluss der MMD durch die Anfang 2000 eingesetzten Distrikt Administratoren: „The desperation by the public to get National Registration Cards, coupled with the inadequate capacity of the Na- tional Registration Department, gave way to corruption and political interfer- ence in the issuance of NRCs, especially by the District Administrators.“ In- terim Statement by FODEP on the December 27, 2001 Tripartite Elections at a Press Briefing held at Holiday Inn on January 3, 2002, Lusaka. (http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/FODEP-Statement1.htm., Zugriff am 2.2.2002) Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 238

Wähler machten nach Schätzungen der FODEP nur circa 55 Prozent aller Wahlberech- tigten aus.851

Obwohl das Wahlregister im Oktober 2001 fertig gestellt war, kündigte Chiluba nicht wie erwartet am 37. Unabhängigkeitstag, dem 24.10.2001, den Wahltermin an, sondern nannte erst Mitte November 2001 den 27.12.2001 als Wahltag. Somit widersetzte er sich der wiederholt vorgetragenen Forderung der FODEP und der EU, die Wahlen aufgrund der sich bereits bei den Lokalwahlen 1998 abzeichnenden geringen Wahlbeteiligung nicht in der Regenzeit abzuhalten, da die Straßen in einigen Provinzen unpassierbar sind und die ländliche Bevölkerung mit der Feldarbeit beschäftigt ist.

Das Management der Wahlen 2001 wies außer dem genannten Punkt der Einführung einer kontinuierlichen Registrierung ab 2002 keine wesentlichen Verbesserungen gegen- über den vergangenen Wahlen auf. Diese Einschätzung gilt ebenso für den Verlauf der Wahlkampagne, so dass die genannten Kritikpunkte der FODEP an Aktualität nicht verloren haben. Während die FODEP in ihrem Wahlbericht den Nominierungsprozess für die drei Wahlen als “well conducted, successful and peaceful to a large extent”852 lobt, bemängelt sie das Fehlen eines geeigneten Instrumentariums, das Ausnutzen staat- licher Ressourcen für den Wahlkampf der regierenden Partei zu unterbinden. Die MMD-Regierung flankierte den Missbrauch öffentlicher Mittel, indem sie auf der loka- len Ebene die zu Beginn des Jahres 2000 eingeführten District Administrators gezielt als politische Funktionäre der MMD und die staatlichen Medien wiederholt als “campaign tools for the ruling MMD”853 einsetzte.

851 Im Gegensatz zu den von FODEP auf 4.687.997 geschätzten Wahlberechtigten differieren die offiziellen Zahlen: Auf der Grundlage des im Jahre 2000 erstell- ten Zensus der Central Statistical Office sind nur 3.649.255 Zambier wahlbe- rechtigt, wonach die Zahl der Registrierten sich auf 71 Prozent erhöhen würde. Die FODEP und die „Electoral Unit“ der EU kritisierten die mangelhafte Durchführung des Zensus 2000, der in Zambia alle zehn Jahre durchgeführt wird. Vgl. FODEP: 2001 Draft Election Monitoring Report, February 2002, Lu- saka (http://www.fodep.org.zm/report7.htm, Zugriff am 21.3.2002). 852 FODEP: 2001 Draft Election Monitoring Report, February 2002, Lusaka. (http://www.fodep.org.zm/report7.htm, Zugriff am 21.3.2002). 853 FODEP: 2001 Draft Election Monitoring Report, February 2002, Lusaka. (http://www.fodep.org.zm/report7.htm, Zugriff am 21.3.2002). Zu der Rolle der Medien in der Wahlkampagne führte AFRONET im Jahre 2001 als führende NGO in der Coalition 2001 ein „Media Access Project” durch. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 239

Der Wahltag am 27.12.2001 aus der Sicht der FODEP

“Why is it that so much effort is expended in attacking the EU messenger rather than the EU message, when its conclusions are much milder than every Zambian monitoring organisation?”854

Direkt nach den Wahlen kanalisierte die MMD Regierung im Gegensatz zu 1996 ihre Kritik auf die internationalen Wahlbeobachter und verschonte die lokalen NGOs, die in ihrem Verdikt einen weitaus kritischeren Ton als die Beobachterteams der EU und des Carter Centers anschlugen. Während die „Electoral Unit” der EU konstatierte, “we have concerns over the reliability of some of the figures and are looking into apparent dis- crepancies”855, fiel das Urteil der FODEP noch kritischer aus:

“The 2001 elections were not efficiently and successfully con- ducted and this has raised serious questions regarding the le- gitimacy and credibility of the election results.”856

Neben den aufgeführten Unregelmäßigkeiten in Vorfeld der Wahlen dokumentierte FODEP am Wahltag zahlreiche logistische Mängel wie fehlende Stimmzettel und Wahl- urnen sowie die verspätete Öffnung der Wahlstationen, die in einigen Wahlkreisen zu einer Ausdehnung auf bis zu vier Tage nach dem offiziellen Wahltag, dem 27.12.2001, führte, während in anderen Wahlbezirken Wähler, die bereits Stunden warteten, wegge- schickt wurden. In den 150 Zählstationen erschwerte die mangelhafte Beleuchtung und die Übermüdung des Personals die Arbeit und trug zu zahlreichen Fehlern bei der Aus- zählung bei. Es gab aber zwei markante Phänomene nach der Auszählung, die nicht nur auf logistische Mängel zurückzuführen waren und bis heute keine hinreichende Klärung durch die „Electoral Commission“ fanden: In 22 von 150 Wahlkreisen lag die Differenz der abgegebenen Stimmen für die Präsidentschafts- und der Parlamentswahlen bei 900 oder mehr Stimmen. Vor dem Hintergrund des sehr knappen Wahlsieges des MMD Kandidaten Levy Mwanawasas erscheinen diese Unregelmäßigkeiten nicht geklärt, wie die „Electoral Unit“ der EU in ihrem abschließenden Bericht vom Februar 2002 resü- mierte:

854 Interview Between Chanda Chisala (Zambia Online) And Michael Meadowcroft (Head Of The EU Election Monitoring Unit), Lusaka 17th February (http://www.eueu-zambia.org, Zugriff am 21.3.2002). 855 European Union Election Observation Mission: Electoral Preparations, Cam- paigns and Aftermath in Election 2001 in Zambia. An Observer’s Overview. A Paper for the Integrity Foundation Roundtable, 8.1.2002 Lusaka ( http://www.eueu-zambia.org/Interim_Statement/Integrity-speech.htm., Zugriff am 24.1.2002). Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 240

“The number of votes involved in these seats alone is almost 50,000 whereas the published majority for Mr Mwanawasa is 34.000. It is difficult to see how an identical electorate, at the same polling station, at the same moment, could produce such discrepancies.”857

Unglaubwürdig erscheint ebenfalls, dass in 83 der 150 Wahlkreisen bei der Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen oder bei beiden Wahlen keine ungültigen Stimmen abgege- ben wurden. In 55 der 83 Bezirke gab es zwar ungültige Stimmen für die Parlaments- wahlen aber keine für die Präsidentschaftswahlen. Da die „Electoral Commission“ nach mehrmaligem Drängen der internationalen und lokalen Beobachterteams nicht bereit war, die genauen Auszählungen der diese Wahlkreise betreffenden Wahlbezirke zu pub- lizieren, bezeichnete die Beobachtermission der EU diese offiziellen Zahlen als “unsa- fe”.858

856 A.a.O. 857 European Union Election Observation Mission: Final Statement On The Zambian Elections 2001, Lusaka, 5th February 2002 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). Der Anhang des Berichts enthält die exakte Auflistung der 22 Wahlkreise. 858 European Union Election Observation Mission: Final Statement On The Zambian Elections 2001, Lusaka, 5th February 2002 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). Die betroffenen 83 Wahlkreise sind im Anhang des Be- richts ebenfalls aufgelistet. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 241

3.2.1.2 Die Vorbereitung der Wahlen als Querschnittsaufgabe der NGOs: Die „COALITION 2001“

„Apart from different agendas of NGOs, destructive competi- tion and fragmentation of NGOs is one of the major causes of the weaknesses of the NGO movement today in Zambia. This undermines their efforts towards enhancing electoral democ- racy. I am glad to note that the Inter African Network For Hu- man Rights And Development (AFRONET), the Catholic Com- mission for Justice and Peace (CCJP), the Foundation for De- mocratic Process (FODEP), the National Women‘s Lobby Group (NWLG), the Zambia Civic Education Association (ZCEA) and the Zambia Independent Monitoring Team (ZIMT) have realised this threat and are now galvanizing their collective efforts and initiatives with a view of making maximum possible impact on the 2001 Presidential and General elections.“859

Zur Vorbereitung und Beobachtung der Parlaments-, Präsidentschafts- und Lokalwah- len Ende 2001 bildeten sechs NGOs bereits im Jahre 1999 die „Coalition 2001“. Die zu diesem Zeitpunkt in ihr vertretenen Organisationen aus den fünf Bereichen „human rights“ (AFRONET), „social justice“ (CCJP), „voter education“ (FODEP und ZIMT), „gender and politics“ (NWLG) und „civic education“ (ZCEA) sahen ihr Engagement für freie und faire Wahlen als Querschnittsaufgabe aller politischen NGOs. Ob die Coa- lition 2001 ihr angestrebtes Ziel, einer Fragmentierung und der wachsenden Konkurrenz innerhalb der NGOs entgegenzusteuern, erreichen konnte, kann aus der Binnensicht der NGOs nur für den Zeitraum der empirischen Forschung bis Anfang 2000 beurteilt werden. Gemessen an ihrer nahezu landesweiten Präsenz durch die lokalen Beobachter bei den Wahlen 2001, entwickelte sich die Coalition 2001, der bis Mitte des Jahres 2000 bereits 41 Bürger- und Menschenrechtsgruppen angehörten, zur zweitgrößten Beobach- tergruppe nach der FODEP. Den Vorsitz der Coalition 2001 übernahm der Leiter der Menschenrechts-NGO AFRONET Ngande Mwanajiti860, der bereits bei den Wahlen 1996 das zivilgesellschaftliche Netzwerk „Committee for a Clean Campaign“ (CCC) ko-

859 Vgl. Mwanajiti, Ngande: An Ideal Electoral And Democratic Framework For 2001: Perceptions Of Civil Society In Zambia, in: Coalition 2001 National Workshop: Entrenching Democracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lusaka. / Coalition Members: AFRONET, CCJP, FODEP, NWLG, ZCEA, ZIMT. Sponsored by: AFRONET, S. 1-8. 860 Zu dem Vorstand der Coalition 2001 gehörten elf weitere Beobachter, wie u.a. die Law Association of Zambia, Electoral Commission und Economic Association of Zambia. Vgl. Erdmann, Gero: Zambia, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 2001. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Saha- ra, Opladen 2002, S. 438-448. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 242 ordinierte861 und Erfahrungen in dem 1998 formierten “Local Government Elections Network“ (LogNET) sammelte.862

Im Rahmen der empirischen Untersuchung nahm die Autorin dieser Studie an der Ende Oktober 1999 in Lusaka ausgerichteten Konferenz der Coalition 2001 teil. Die von AFRONET organisierte Tagung zog landesweit circa 400 Vertreter von NGOs, Kir- chen, Medien, staatlichen Institutionen, traditionellen Autoritäten und Geberinstitutio- nen an.863 Ein Verdienst der Coalition 2001 ist das rechtzeitige Zusammenführen von Vertretern staatlicher, traditioneller864 und zivilgesellschaftlicher Kräfte, um im Vorfeld der Wahlen von 1996 die vergangenen Fehler zu vermeiden. Dennoch führte das lo- benswerte Ansinnen der Coalition 2001, die im wesentlichen die in der Abbildung 3.2

861 Das Netzwerk „Committee for a Clean Campaign“, das die christlichen Kirchen, die Gewerkschafts- und Studierendenbewegung sowie einige NGOs umspannte, zog geringere Aufmerksamkeit auf sich als die renommierte FODEP und das 1996 noch stärker aktive ZIMT. Dennoch resümiert der Vorsitzende Ngande Mwanajiti: „Though little reference is made to the CCC, it represents one of the successul NGO advocacy efforts in the post One party era. Like the Citizens‘ Convention, it also had a specific mandate, with a limited time span. The CCC, has so far been replicated (with different names) in Kenya, Nigeria and Malawi. We continue to receive queries on how to establish and manage a coaliton from the rest of Africa.“ Mwanajiti, Ngande: Networking: Opportunities for Coordi- nated NGO Activism, in: “The Role of Civil Society in the Promotion of De- mocracy in Zambia”: Workshop Report, Mulungushi International Conference Centre 25th – 26th March 1999 Lusaka. Organised by AFRONET (Lusaka) und SARIPS/SAPES Trust (Harare). Supported by the Konrad Adenauer Foundation (Southern African Regional Office, Harare), S. 92. Künftig zitiert als: Mwanaji- ti: Networking KAS 1999. 862 Das zur Vorbereitung der Lokalwahlen 1998 gegründete und von der FODEP ko- ordinierte LogNET aus acht NGOs sollte auf der lokalen Ebene die Arbeit der Koalition CCC replizieren. Der Vorsitzende AFRONETS, Ngande Mwanajiti, merkt über das LogNET kritisch an: „The activities of LogNET are only known through the individual NGOs such as FODEP and ZIMT. The participation of other NGOs in LogNET seemed to have been prompted by the desire to access monitoring funds. I am not at all certain that LogNET was a success.“ Mwanaji- ti: Networking KAS 1999, S. 93. 863 Die in diese Arbeit eingeflossenen Ergebnisse der Konferenz „Coalition 2001 Na- tional Workshop: Entrenching Democracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lusaka“ basieren auf dem unveröffentlichten Konferenzmaterial und den Interviews mit allen in der Koalition vertretenen NGOs. 864 Der Vorsitzende der „Royal Foundation of Zambia“ Chief Chamuka hielt einen Vortrag über „The Role of Traditional Rulers in the Mobilisation of Voters in Public Elections“. Er unterstrich die Bedeutung der traditionellen Führer bei der Mobilisierung der Wähler und kritisierte das in der Verfassung verankerte Verbot, das die Kandidatur der Chiefs für ein politisches Mandat untersagt. Vgl.: Chief Chamuka: The Role of Traditional Rulers in the Mobilisation of Voters in Public Elections, in: Coalition 2001 National Workshop: Entrenching Democracy In The New Millenium, 27th – 28th October 1999, Lusaka. / Coali- tion Members: AFRONET, CCJP, FODEP, NWLG, ZCEA, ZIMT. Sponsored by: AFRONET.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 243 von FODEP aufgeführten Reformen des Wahlprozesses forderte, nicht zu der erhoff- ten Kooperation mit den staatlichen Institutionen.

Bekundete der Vorsitzende der „Electoral Commission“ Bobby Bwalya zusammen mit den Direktoren des „Central Statistics Office“ und des „Office of the Registrar Gene- ral“ auf der Konferenz noch ihre Kooperationsbereitschaft gegenüber den von den NGOs eingeforderten Vorschlägen zur Verbesserung des Managements der Wahlen, waren zwei Jahre später mitten im Wahlkampfjahr die Fronten längst verhärtet. Die Coalition 2001 kritisierte in ihrem Wahlbericht vom Februar 2002:

„The Commission’s chairman, Judge Bobby Bwalya on 5th No- vember 2001 stated that ‘he did not see any plausible reason to have monitors‘ and that the ECZ would ensure that there would be no NGOs monitoring elections in 2006. This is against a background of the Commission having fruitfully worked with monitoring NGOs during voter education campaigns. It is the view of the Coalition 2001 that the unfortunate statements made by Judge Bwalya were more political rather than adminis- trative.“865

In dem Wahlbericht der Coalition 2001 vom Februar 2002, der sich auf die Erfahrungen der 4066 eingesetzten Beobachter stützt, bezeichnet sie die Wahlen als weder frei noch fair und attackiert die Arbeit der „Electoral Commission“:

„Coalition 2001 finds the December 27, 2001 elections in Zam- bia severely lacking in integrity, and that the public agency tasked with the administrative and management of the elections ‘exempted‘ itself of the responsibility to guarantee that the right to make political choices is respected.“866

Der Wahlbericht der Coalition 2001 weist neben zahlreichen Überschneidungen mit dem Urteil der FODEP explizit auf die Einschränkung des Wahlrechtes am Wahltag hin: Nach Schätzungen der Coalition 2001 konnten in über der Hälfte der Wahlstatio- nen die bereits seit Stunden wartenden Wähler von ihrem garantierten Wahlrecht nicht mehr Gebrauch machen, da die oftmals zu spät geöffneten Wahllokale geschlossen wurden. Auf diesem Wege wurden circa 203.000 Zambier von den Wahlen ausgeschlos-

865 COALITION 2001: The December 27, 2001 Tripartite Elections In Zambia: Ex- ecutive Summary Of The Preliminary Report, Lusaka, February 2002, S. 15 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). 866 COALITION 2001: The December 27.2001 Tripartite Elections In Zambia: Ex- ecutive Summary Of The Preliminary Report, Lusaka, February 2002, S. 23 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 244 sen, die in der mit einem knappen Vorsprung von circa 34.000 Stimmen gewonnenen Präsidentschaftswahl von außerordentlicher Bedeutung gewesen wären.867 Darüber hin- aus kritisiert die Coalition 2001, dass die von ihr als „Third Force“ bezeichneten Sicher- heitskräfte des „Zambia Intelligence Secret Service“ durch die „Electoral Commission“ in den Wahlprozess involviert waren, indem sie in einigen Fällen Mitarbeiter der Coaliti- on 2001 einschüchterten oder an Wahlstationen präsent waren.

Durch ihren Fokus auf die ausführliche Analyse der Medienberichterstattung im Vorfeld der Wahlen868 und die Beobachtung der Wahrung der politischen Rechte ergänzte die Coalition 2001 die Arbeit der etablierten FODEP und hatte bis zu den Wahlen 2001 dem ZIMT den Rang als zweitstärkste lokale Wahlbeobachtungsgruppe längst abgerun- gen. Prägend im Vorfeld der Wahlen war neben der Coalition 2001 ein weiterer neuer Zusammenschluss zivilgesellschaftlicher Kräfte, der nun kurz vorgestellt wird.

867 COALITION 2001: The December 27.2001 Tripartite Elections In Zambia: Ex- ecutive Summary Of The Preliminary Report, Lusaka, February 2002, S. 18 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). 868 In dem von der „European Union Electoral Unit“ unterstützten „Media Monito- ring Project“ untersuchte die COALITION 2001 vom 2.-26.12.2001 basierend auf einer quantitativen und qualitativen Analyse die Berichterstattung über die Wahlkampagne in den staatlichen und privaten Medien. Die Untersuchung, die sich auf vier Radiostationen und acht Zeitungen stützte, wies den staatlichen Medien eindeutig ihre Parteilichkeit für die MMD nach. Der ausführliche Be- richt ist einzusehen unter: COALITION 2001: Media Monitoring Report 02-26 December 2001, in: http://www.eueu-zambia.org/mediamo...g-report-3- files/mediamonitor3.htm (Zugriff am 21.3.2002). Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 245

3.2.1.2.1 Ein Erfolg der Zivilgesellschaft im Vorfeld der Wahlen 2001: Das „OASIS FORUM“

„Daß der jetzige Präsident Chiluba nicht mehr kandidiert, ist ein Erfolg der erstarkenden sambischen Bürgergesellschaft. Wie der namibische Präsident Nujoma wollte er die Verfassung än- dern lassen, um sich für eine ausdrücklich nicht erlaubte dritte Amtszeit bewerben zu können. Doch der Protest von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen verhinderte dies.“869

Im Februar 2001 gründeten die Vertretungsorgane der drei christlichen Kirchen - die „Zambia Episcopal Conference“, der „Christian Council of Zambia“ und die „Evange- lical Fellowship of Zambia“ - in einer losen Allianz mit dem „Non-Governmental Or- ganisations Co-ordinating Committee“ (NGOCC)870 und der „Law Association of Zam- bia“ ein Forum, das den Protest gegen die Änderung der Verfassung für eine dritte Amtszeit Chilubas bündelte. Das nach dem Ort des Treffens, dem Oasis Restaurant in Lusaka, benannte OASIS Forum verabschiedete am 21.2.2001 eine 18 Punkte Deklara- tion, die so genannte „OASIS Declaration“.871 Mit der Kernforderung wandte sich das OASIS Forum gegen die Änderung der Verfassung und warnte „that the ongoing de- bate is not only costly and counter-productive but is an ill-considered attempt at legiti- mizing an illegitimate or unlawful objective and desire to subvert the constitution.“872

Die Forderungen des OASIS Forum fanden Widerhall in den unabhängigen Medien und vermochten, den Protest der Bevölkerung gezielt zu fokussieren, so dass mit Be- ginn der „Third Term Debatte“ in Lusaka „regelmäßig wöchentlich friedliche Demonst- rationen und Autohupkonzerte als Protest gegen eine dritte Amtszeit“873 stattfanden.

869 O.V.: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 27.12.2001, S. 12. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt eine Studie vom September 2001 des “Electoral Institute of Southern Africa” (EISA), Südafrika: „if it was not for spirited opposition to amendment of the Republican Constitution led by the civil society, and particu- larly the Christian Churches, there can be no doubt that the changes would have been extended to the Republican Constitution.“ Electoral Institute of Southern Africa (EISA): Zambian Election Update September Issue/Report 9 (2001), Sep- tember 2001, S. 7 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). 870 Die Dachorganisation NGO-CC umfasste im Jahre 2000 insgesamt 56 NGOs und Community Based Organisations. 871 Die OASIS-Deklaration ist in vollem Wortlaut einzusehen unter: The OASIS Dec- laration: Public Debate On The Proposed Amendment Of The Constitution Of Zambia, Lusaka 21st February 2001, in: http://ngocc.org.zm/press4-1.htm. (Zugriff am 12.2.2002). 872 The OASIS Declaration: Public Debate On The Proposed Amendment Of The Constitution Of Zambia, Lusaka 21st February 2001, in: http://ngocc.org.zm/press4-1.htm (Zugriff am 12.2.2002). 873 Newsletter des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED), Lusaka, Dezember 2001, S. 2. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 246

Der Widerstand der Bevölkerung koinzidierte mit der internen Zerrissenheit der MMD über eine dritte Amtsperiode und führte im Mai 2001 zum Erfolg, als Chiluba öffentlich bestätigte, nicht erneut als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Nach seinem Erfolg setzte das OASIS Forum seine Arbeit als unabhängiges Wahlbeobachtungsforum ge- meinsam mit der Coalition 2001 fort und setzte sich weiterhin, anknüpfend an den Ein- fluss der christlichen Kirchen auf die Verfassungsdebatten in Zambia, für grundlegende Reformen der Verfassung ein. Im September 2001 trug das OASIS Forum auf einer na- tionalen Konferenz, zu der Vertreter aller politischen Parteien eingeladen waren und an der außer der MMD auch alle Parteien teilnahmen, ihre Forderungen vor: Das Forum verfolgte das Ziel, „to entrench democracy in Zambia by improving safe guards for checks and balances, especially between the presidency and the legislature.“874

Das Forum forderte die Streichung der Lex Kaunda, die Abschaffung des im Volks- mund als „Presidential Slush Fund“875 bezeichneten „Discretionary Presidential Fund“ sowie die Festlegung des letzten Freitags im September als Wahltag für die im Fünf- Jahresintervall durchgeführten Präsidentschaft- und Parlamentwahlen, der festgeschrie- ben als öffentlicher Feiertag die Wahlbeteiligung erhöhen sollte. Darüber hinaus sollte die Verfassung eine Klausel aufnehmen, die „provide for at least 30 % of the seats in the legislature and the cabinet for women.“876 Die UPND votierte sogar für eine „50 % female representation in decision-making bodies“. Erst die zukünftige Politik Zambias wird zeigen, ob diese Vorschläge als wahltaktische Lippenbekenntnisse verstanden wur- den oder konkrete Umsetzung in den politischen Alltag finden werden. Die Forderun- gen des OASIS Forums zeugen von der anhaltenden Aktualität der bereits von den christlichen Kirchen im Jahre 1996 dominierten Verfassungsdebatte, auf die im folgen- den Kapitel über das Engagement der CCJP noch ausführlicher eingegangen wird.

874 Electoral Institute of Southern Africa (EISA): Zambian Election Update Septem- ber Issue/Report 9 (2001), September 2001, S. 17 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). 875 Vgl. die Forderungen der FODEP, die in dem vorangegangenen Kapitel in der Abbildung „FODEP fordert Reform des Wahlprozesses“ ausführlich dargelegt wurden. 876 Electoral Institute of Southern Africa (EISA): Zambian Election Update Septem- ber Issue/Report 9 (2001),Report 9/2001, September 2001, S. 17 (http://www.eueu-zambia.org , Zugriff am 21.3.2002). Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 247

3.2.2 Die NGOs im Bereich „Social Justice“: Erfolg durch soziale Verankerung?

„We are not a new fashion NGO like the others.“877

Abbildung 3-3: Steckbrief: CCJP (Catholic Commission for Justice and Peace)

Themenfelder Social Justice, Verfassung, Land Act, Entschul- dung, Strukturanpassung, Armutsbekämpfung

NGO-Typ Als Kommission Teil der katholischen Kirche, daher nicht als NGO registriert

Gründung 1986 National Commission for Justice and Peace Zam- bia

Mission/Rolle Gründung durch das 2. Vatikanische Konzil 1967 als Beratungsorgan der katholischen Bischöfe in Fragen sozialer Gerechtigkeit. Die Justitia et Pax Gruppen sind Teil der katholischen Kirche und sollen weltweit durch Forschung über sozialpolitische Themen Bischöfe in aktuellen politischen Fragen beraten. Als organisatori- sches Vorbild galten zunächst die etablierten CCJP Kommissionen in Südafrika und Zimbabwe. Von 1986 bis 1989 versuchte CCJP Zambia ähnlich wie in Zim- babwe eine starke zentrale Kommission aufzubauen, entschied sich aber für den dezentralen Aufbau und ei- ner Verankerung in den Gemeinden ab 1989. Die darauf ab 1993 auf nationaler Ebene gewachsenen Strukturen sind demnach von unten gewachsen. Ab 1993 widmet sich die CCJP nationalen Themen in Zambia.

Hauptziele Forschung, Analyse, Beratung, Handlungsoptionen zum Thema ökonomische Gerechtigkeit, Armut, Verteilung von Reichtum: „voice of the voiceless“

Größte Erfolge Good Governance, Kontakt mit Ministerien, Schulden- erlass, Verfassung: Green Paper, Land Act, Armuts- bekämpfung, „the capacity to move the majority of peo- ple in Zambia“

Organisationsstruktur CCJP lebt von der Mitarbeit der Freiwilligen auf Ge- meindeebene und versteht sich als „grassroot“ orientiert: Es gibt kein Mitgliederverzeichnis auf nationaler Ebene, da dort keine starken Strukturen etabliert werden sollen,

877 Interview mit Father Joe Komakoma, Head of Department of CCJP Zambia, am 17.12.1999 in Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 248

sondern viel in den Händen der 10 Diözesen liegt. Von den insgesamt 242 Gemeinden in Zambia sind bis An- fang 2000 in mehr als der Hälfte Trainingsseminare für jeweils 10 CCJP Mitglieder durchgeführt worden:878 CCJP kann daher auf nationaler Ebene auf über 1000 geschulte Koordinatoren auf Diözesan- und Gemeinde- ebene zurückgreifen.

Personal/Büros 2 „Fulltime Staff“ in Lusaka für die Bischofskonferenz und 2 „Fulltime Staff“ für das CCJP Projekt „SAP- Monitor“ in Lusaka (Department of Justice and Peace, das ab September 2000 umbenannt wurde). Father Ko- makoma ist von der zambischen Bischofskonferenz als Head of Department of Justice and Peace ernannt, der die Trainingseminare durchführt. Er schreibt wöchent- lich einen Kommentar für die Oppositionszeitung „The Post“ sowie für den National Mirror unter dem Syn- onym „The Paulist“. Als Head des Department legt er großen Wert darauf, dass CCJP dezentral in den Diöze- sen verankert ist und sieht seine Aufgabe auf der natio- nalen Ebene in der Bildung von Allianzen und Kontak- ten zu den Politikern.

Mitglieder Von mehr als 1000 Multiplikatoren sind über 50 % in den ländlichen Gebieten, weniger als 25 % Frauen und die Mehrzahl im Alter zwischen 30-50 Jahre. Die Ziel- gruppe für das Trainingsprogramm sind katholische, englischsprachige Erwerbstätige, darunter überwiegend Lehrer und Angestellte im öffentlichen Dienst der unte- ren Einkommensgruppe. Die Zahl der CCJP Gruppen ist in den letzten Jahren von 1996 bis 2000 rapide ange- stiegen und steigt weiter.879 Sehr starke soziale Veranke- rung, da CCJP in allen 10 Diözesen und damit in allen 9 Provinzen vertreten ist, wobei die Zahl der CCJP Grup- pen in den Gemeinden stark variiert.880 CCJP Mitglieder verweisen auf den Widerspruch, dass sich CCJP als ba- sisorientiert versteht, die katholische Kirche selbst aber Hierarchien aufweist.881 Auf dem „Annual General Mee-

878 Das Training besteht aus insgesamt fünf Seminaren über einen Zeitraum von ei- nem Jahr und kann auf der Internetseite der CCJP eingesehen werden. 879 Alfred Chanda verweist in seiner 1995 durchgeführten Studie auf 400 CCJP Mit- glieder in rund 40 Gemeinden, die ein Training absolviert hatten. Vgl. Chanda: 1999, S. 31. Demnach hat sich die Zahl in 4 Jahren um mehr als 150 Prozent er- höht. 880 In der gesamten Diözese Mongu (Westprovinz) gibt es nur zehn Gemeinden, die mitunter einen Radius von 100 km umfassen, während die Erzdiözese Lusaka 68 Gemeinden aufweist. Vgl. Zambia Catholic Directory (Compiled and prepared for printing by Fr. Vincent Cichecki, S.J.) Ndola 1998. 881 Diese Aussage machten zwei Mitglieder von CCJP Gruppen in Lusaka: Interview mit Mary Chisanga, Chairperson of CCJP Archdiocece Lusaka, Lusaka 28.11.1999 und Esther M.B. Phiri, CCJP Lilanda Parish Trainer, Lusaka Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 249

ting“ ist jede Diözese mit 3 Mitgliedern vertreten.

Geber Größter: Bilance (Niederlande), darüber hinaus u.a. Misereor (Deutschland), CAFOD (Großbritannien), Catholic Relief Services (USA), Trocaire (Irland), Kon- rad-Adenauer-Stiftung (Radioprogramme und Men- schenrechtsarbeit), SIDA (Schweden), finnische Bot- schaft

Internetauftritt www.ccjp.org.za

3.2.2.1 CCJP: Treibende Kraft in der Verfassungsdebatte

„We were not directly involved in the Mwanakatwe Commission but our people made submissions. The strategy we used was not the CCJP to make a submission as an organization but we en- couraged individuals to go to the Commission and testify. (...) The Green Paper did not fail: The Government ignored it but it made an impression because up to now people remember that Paper and that is a sign that it did not fail because it raised the consciousness of the people. It was the first time in Zambia that something like this was done.“882

Die treibende Kraft in der Verfassungsdebatte ab 1995 bildete die CCJP, indem sie, die Infrastruktur der katholischen Kirche nutzend, Informationen über die Vorschläge der Mwanakatwe Kommission verbreitete, um die Bevölkerung zu ermuntern, ihre Vorstel- lungen einzubringen. Die Frucht dieser Initiative stellte 1996 das so genannte „Green Paper“ dar: Ein 13-seitiges grünes DIN-5 Heftchen mit dem Titel „Citizens ‘Green Pa- per‘: Summary Of Resolutions By The Citizens‘ Convention On The Draft Constituti-

11.11.1999. Ebenfalls verweist Gero Erdmann in seiner Studie auf dieses Prob- lem: „So sind etwa die Justitia & Pax-Kommissionen von oben, durch Beschlüs- se der Bischofskonferenzen, gegründet worden (...) Den Klagen von Mitarbei- tern zufolge stehen die patriarchalisch-hierarchischen Strukturen der Kirchen- organisation der Autonomie und den partizipativen Ansprüchen kirchlicher und kirchennaher NRO nicht selten entgegen.“ Erdmann, Gero: Demokratie- und Menschenrechtsförderung in der Dritten Welt. Grundlinien eines Rahmenkon- zepts für die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit. Wissenschaftliche Ar- beitsgruppe für weltkirchliche Aufgaben der Deutschen Bischofskonferenz. Pro- jekte 7. Bonn 1999. 882 Interview mit Father Joe Komakoma, Head of Department of CCJP Zambia, Lu- saka 17.12.1999. Auf die Frage nach den größten Erfolgen ihrer NGO (Frage: 3.13 des NGO-Fragebogen) gaben ebenso die drei CCJP Mitglieder neben so- zioökonomischen Themen das Green Paper an. Vgl. Interview mit Mary Chisan- ga, Chairperson of CCJP Archdiocece Lusaka, Lusaka 28.11.1999; Interview mit Esther M.B. Phiri, CCJP Lilanda Parish Trainer, Lusaka 11.11.1999; Interview Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 250 on“.883 Im Oktober 1995 gründeten kirchliche Organisationen und NGOs ein Kommit- tee mit dem Ziel „to raise public awareness and elicit public resistance of Government‘s measures to push the Constitution quickly through Parliament without a proper national and popular debate“.884 Auf einer nationalen Konferenz dieses „Steering Committee“ im November 1995 in Lusaka dominierte der Wunsch nach einer Konsensfindung für die neue Verfassung durch eine gesellschaftlich breit verankerte Debatte. Als die Regierung ihr Versprechen, nationalen Foren zur Diskussion der Empfehlungen der Mwanakatwe Kommission einzurichten, nicht einhielt, beschlossen die Teilnehmer der Konferenz, die Diskussion selbst in die Hand zu nehmen. Im März 1996 beriefen sie einen Bürger- konvent in Lusaka, der als Ergebnis das „Green Paper“ hervorbrachte:

257 registrierte Teilnehmer885 aus allen neun Provinzen nahmen an dieser zehntägigen Konferenz in Lusaka teil, dessen Diskussionen simultan auch in die Sprachen Tonga, Lozi und Nyanja übersetzt wurden. Die Teilnehmenden setzten sich ein ehrgeiziges Ziel, indem sie jeden Artikel der insgesamt 305 Empfehlungen der Mwanakatwe Kom- mission diskutierten und bei Bedarf Klauseln strichen oder Änderungen nach einer Ab- stimmung festhielten.886 Insgesamt lobte die Bürgerversammlung die Empfehlungen der Kommission, brachte dennoch circa 50 Änderungen einiger Artikel ein, die durch das Green Paper festgehalten nicht als endgültiges Dokument, sondern als Grundlage für die zu diesem Zeitpunkt noch erhoffte Verfassungsdebatte anzusehen waren. Die wich- tigsten Vorschläge des Green Paper werden nun in der folgenden Abbildung aufgelistet.

mit George Makaha, Assistent Secretary for St. Ignatius CCJP, Lusaka 16.12.1999. 883 Citizens‘ “Green Paper“: Summary Of Resolutions By The Citizens‘ Convention On The Draft Constitution, Mulungushi International Conference Center 1st to 10th March, 1996. Künftig zitiert als: Green Paper: 1996. 884 Green Paper: 1996, S. 1. 885 Darüber hinaus nahmen noch zahlreiche Tagesgäste aus Lusaka an der Konferenz teil. Vgl. Green Paper: 1996. Obgleich Einladungen an Organisationen ver- schickt wurden, basierte die Teilnahme und Abstimmung auf der individuellen Entscheidung. 886 Grundlage dafür bildete das Dokument: „The citizens convention on The Draft Constitution 1st To 10th March 1996 at Mulungushi Conference Centre. The Mwanakatwe Commission Constitution Recommendations.” Künftig zitiert als: Mwanakatwe: 1996. Dieses 16-seitige Dokument ist analog zur Verfassung in 12 Oberpunkte gegliedert, die insgesamt 36 Kapitel mit 305 Artikeln enthalten, die wiederum bis zu zehn Unterpunkte beinhalten. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 251

Abbildung 3-4 Vorschläge der Zivilgesellschaft und Verfassungsänderungen

Teil der Ver- Green Paper Vorschläge vom Verfassung vom 5/1996889 fassung:887 3/1996888

Preamble Zambia soll ein säkularer Staat blei- Ablehnung: Zambia wird als „Christian ben, der Zusatz „Christian nation“ Nation“ deklariert.890 muss gestrichen werden.

Part III: Fun- Erweiterung fundamentaler Menschen- Ablehnung der Erweiterung der Perso- damental rechte vor allem für Frauen 891 und die nenrechte: Als Feigenblatt Einrichtung 892 Human Gewährung der Pressefreiheit. einer Human Rights Commission. Rights and Freedoms

Part VI: The Einrichtung eines unabhängigen Ver- Ablehnung der Einrichtung eines Ver- Judiciary fassungsgerichts, um durch die Ver- fassungsgerichtes: Die Judikative be- fassung garantierte Rechte einzuklagen steht weiterhin aus sechs Gerichtshö- und die Ausrufung eines Notstandes zu fen.894 Dem Präsidenten obliegen weit- prüfen.893 reichende Befugnisse bei der Ernen-

887 Mit Teil der Verfassung sind die 12 Gliederungspunkte der Originaldokumente gemeint. Vgl. Mwanakatwe: 1996 und Green Paper: 1996. 888 Alle Angaben beziehen sich auf: Green Paper: 1996 und Mwanakatwe: 1996. 889 Hier liegt der Originaltext der zambischen Verfassung von 1996 zugrunde: Go- vernment Of Zambia: Constitution of Zambia (Amendment) Act No. 18 of 1996, Date of assent: 28th May, 1996. Künftig zitiert als: Constitution of Zam- bia: 1996. 890 „We, the People of Zambia (...) Declare the Republic a Christian nation while up- holding the right of every person to enjoy that person‘s freedom of conscience or religion“. Constitution of Zambia: 1996, S. 637. 891 „Most notable was a drastic increase in the protection of rights of women and the prohibition of laws, customary practices and stereotypes which worked against the dignity of women. Economic protection of women, including maternity leave, were included, as was a comprehensive article on childrens‘s rights.“ Ndulo, Muna B./ Kent, Robert B.: The Constitutions Of Zambia, in: Zambia Law Journal (1998), Lusaka 1998, S. 21. Künftig zitiert als: Ndulo/Kent: 1998. Einklang in die Mwanakatwe Empfehlungen fanden die Frauenrechte vor allem durch die Lobby-Arbeit von NGOs wie Women for Change, NWLG, ZARD, YWCA. Vgl. Chanda: 1999, S. 115. 892 Die Verfassung sieht unter „Part XII: Human Rights Commission“ Artikel 125 und 126 die Einrichtung einer permanenten Human Rights Commission vor. Diese soll zwar autonom sein, aber Artikel 126 grenzt ein: „The functions, pow- ers, composition, funding and administrative procedures, including the em- ployment of staff, of the Human Rights Commission shall be prescribed by or under an Act of Parliament.“ Constitution of Zambia: 1996, S. 687. (“Act of Parliament means a law enacted by Parliament“, a.a.O., S. 689.) 893 Vgl. Mwanakatwe: 1996, Part VI: The Judiciary, Chapter 15: Constitutional Court Paragraph: 176-179. Siehe auch: Ndulo/Kent: 1998, S. 22f. 894 Der Artikel 91 der Verfassung schreibt folgende Gerichte vor: Supreme Court, High Court, Industrial Relations Court, Subordinate Courts, Local Courts und „such lower Courts as may be prescribed by an act of Parliament“. Vgl. Consti- tution of Zambia: 1996, S. 668f. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 252

nung der Richter des Supreme Court895, daher ist die Gewaltenteilung eingeschränkt.

Part X: Unabhängigkeit der Electoral Ablehnung: Die Electoral Commission Commissions Commission: Mitglieder sollen nicht wird weiterhin vom Präsidenten er- vom Präsidenten, sondern von einer nannt, so dass ihre Autonomie nicht Public Service Commission ernannt und gewährt ist.897 von mindestens zwei Drittel der Natio- nalversammlung bestätigt werden.896

Die Abbildung zeigt, dass weder die Inhalte des Green Paper noch der Wunsch des Bürgerkonvents nach einer verfassungsgebenden Versammlung umgesetzt wurden. Dennoch war der Einfluss der christlichen Kirchen für die Verfassungsgestaltung in Zambia bedeutend. Schon die Verfassung von 1991 war das Ergebnis eines von den Kirchen vermittelten Kompromisses zwischen der UNIP und der MMD.898 Die im Jahre 1995 einsetzende Verfassungsdebatte wurde ebenfalls von der CCJP durch die Forde- rung nach einem Bürgerkonvent dominiert.

3.2.2.2 CCJP mobilisiert gegen die umstrittene Bodenrechtsreform von 1995

„Problematisch ist, daß sich nicht nur zwei Bodenrechtssysteme gegenüberstehen, sondern ganze Gesellschaftsordnungen. Kon- kret geht es einerseits um unterschiedliche Formen eines Bo- denrechts auf der Basis gemeinschaftlichen Eigentums, der communal land tenure, die im Kontext kohärenter Rechtsord- nungen der sogenannten ‚traditionellen‘ Gesellschaften zu sehen sind. Anderseits steht dem das Pachtsystem des modernen staat- lichen Rechts gegenüber, und zwar - in Kontinuität mit kolonia- lem Recht - auf der Basis von verstaatlichtem Grund und Boden

895 Nach Artikel 93 der Verfassung ernennt der Präsident die Richter des obersten Gerichtshofes. Vgl. Constitution of Zambia: 1996, S. 669. 896 Vgl. Green Paper: 1996, Part X: Commissions, Chapter 25: Independent Electoral Commission. Zusätzlich räumte hier die Mwanakatwe Commission ein, dass die Amtszeit der Kommissionsmitglieder auf sieben Jahre begrenzt sein sollte. Vgl. Ndulo/Kent: 1998, S. 26. 897 Die Verfassung von 1996 betitelt die Kommission zwar als „autonomous“, dies ist eher als rhetorisches Lippenbekenntnis zu interpretieren: Vgl. Constitution of Zambia: 1996, Article 76 (1), S. 662. 898 Vgl. Ndulo/Kent: 1998, S. 25. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 253

- auf ewig dem Präsidenten als Treuhänder des Volkes von Sam- bia anvertraut.“899

Im September 1995 verabschiedete die zambische Nationalversammlung im Schatten der Verfassungsdebatte und im Vorfeld der Wahlen den bis heute umstrittenen Lands Act 1995. Die CCJP mischte sich seit 1993 in die Auseinandersetzungen ein, die um die ökonomischen, politischen und soziokulturellen Aspekte dieser Rechtsreform ranken. Die Kontroversen um die Bodenrechtsreform „führen gleichzeitig die neuen Heraus- forderungen vor Augen, vor denen Gesetzgebungsprozesse seit der Demokratisierung stehen.“900 Ein wesentliches Problem besteht bis heute in der mangelnden Konsultation und ausführlichen Information der Öffentlichkeit über die tiefgreifenden Reformen. Der Leiter des zambischen CCJP Department Father Komakoma bezeichnet als großen Erfolg, dass die CCJP eine nationale Debatte über das Gesetz anregte, mit der sie eine Nachbesserung des ursprünglichen Gesetzentwurfes von 1993 erreichte.

Durch Workshops versuchte die CCJP die Bevölkerung, die insgesamt 270 zambischen Chiefs901 und die Abgeordneten der Nationalversammlung zu informieren und gegen die geplante Landreform zu mobilisieren. Wie bereits in der Makroanalyse beschrieben, ent- standen die Reformen im Kontext der ökonomischen Liberalisierungspolitik nach 1991 und verfolgten zwei Ziele: Zum einen sollte nicht entwickeltes Land für ausländisches Kapital nutzbar gemacht werden, zum anderen sollte der Bedarf kommerzieller Farmer, die in Zambia überwiegend aus Südafrika stammen, nach mehr Eigentumssicherung be- friedigt werden.902 Aufgrund seiner Sonderstellung als britisches Protektorat verblieben nur 10 Prozent des Bodens in Staatshand und 90 Prozent in der vom traditionellen Bo- denrecht geprägten „customary area“903 Im Vergleich zu der Situation in Zimbabwe kri- tisieren die NGOs die anachronistische Entwicklung in Zambia:

„It is therefore incredible that at a time that most Southern Af- rican governments find themselves in dire situations over land

899 Schmid, Ulrike: Wenn aus dem Kleinbauern ein angestellter Landarbeiter wird. Die umstrittene Bodenrechtsreform in Sambia und ihre Folgen, in: Frankfurter Rundschau, Nr. 36, 12. Februar 1999. Künftig zitiert als: Schmid: 1999. Die Au- torin, Rechtsethnologin, veröffentlichte diesen Artikel als gekürzte Fassung ih- res Beitrags in der Zeitschrift „African Law Today“ vom April 1998. 900 Schmid: 1999. 901 Vgl. Schmid: 1999. 902 Dieser Zielsetzung gemäß ermöglicht der Land Act von 1995 vor allem die Verga- be von langfristigen individuellen Pachtverträgen, die Umwandlung von Nut- zungsrechten in Pachtverträge und den Verkauf von Nutzungsrechten. 903 Schmid: 1999. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 254

redistribution, the Zambian one has enacted a top-down, non- consultative, market oriented and foreign designed Land Act.“904

Die NGOs argumentieren, dass durch die Konzentration der Entscheidungsbefugnisse beim Präsidenten, die dezentralen Zwischeninstanzen wie Chiefs und lokale Autoritäten untergraben werden, die nach der bisherigen Rechtspraxis „in der Regel das ihnen un- terstehende Land anstelle des Staates verwalteten“.905 Die Reformen unterminieren das System des traditionellen Bodenrechts906 und damit vernetzte soziale Rechtsansprüche, soziokulturelle und religiöse Normen.

CCJP erwirkt 1994 eine Nachbesserung des geplanten Gesetzes

Aufgrund des Protestes von CCJP und lokaler Autoritäten wurden im Oktober 1994 in den Land Act folgende Einschränkungen zugunsten dezentraler Instanzen aufgenom- men:907 Bei der Vergabe von individuellen Pachtverträgen in einer nach traditionellem Bodenrecht bestimmten Region sind Beratungen mit den Chiefs und gegebenenfalls den Betroffenen vorgesehen. Darüber hinaus wird der Antragsteller verpflichtet, eine vorhe- rige Genehmigung des Chief und der Gemeindeverwaltung einzuholen, die einem Veto- recht gleichkommt. Neu in die Gesetzesvorlage aufgenommen wurde auch die Einfüh- rung von Landtribunalen, die Entscheidungen in den Fällen treffen sollen, wo eine von der Regierung befürwortete Landzuweisung auf der Gemeindeebene abgelehnt wird. Durch diese im Gesetzestext von Oktober 1994 verankerte Einführung von Landtribu- nalen auf der Distriktebene, die über weitreichende Befugnisse verfügen, wurde die Ent- scheidungskompetenz des Präsidenten beim Transfer von Landrechten eingedämmt.

904 Zambia Civic Education Association (ZCEA): Land Dispossessions In Zambia The Case Of The People Of Siachobe Village, Lusaka, June 1999, S. 6. 905 Schmid: 1999. Diese Machtkonzentration auf der nationalstaatlichen Ebene wi- dersprach dem im Juli 1993 auf der „National Conference on Land Policy and Legal Reform“ erklärten Konsens, dass die für die Übertragung von Landrech- ten verantwortlichen Behörden dezentral unter Einbindung aller relevanten In- stitutionen, vor allem auch der traditionellen Instanzen, auf Provinz- und Dist- riktebene eingerichtet werden sollten. 906 Zum traditionellen Bodenrecht, das im Detail zwischen den verschiedenen Bevöl- kerungsgruppen variiert, gehören die drei Grundelemente: Boden ist Eigentum der Gemeinschaft und wird vom Chief als Treuhänder verwaltet, eigentumsähn- liche Nutzungsrechte sind nur temporär zu vergeben und dem Eigentumsrecht der Gemeinschaft untergeordnet, die Übertragung von Bodenrechten an Fremde erfordert die Zustimmung der Gemeinschaft. Vgl. Schmid: 1999. 907 Gegen das geplante Gesetz von 1993 wandten sich auch die zambische Industrie- und Handelskammer „Zambian Association for Chamber for Commerce and In- dustry“. Vgl. Rakner: 1998. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 255

Die Arbeit der Landtribunale wurde von der Presse mit Lob überhäuft, da sie Korrupti- onsskandale in der Landverteilung aufdeckten. Im Sommer 1997 entzog die Regierung den Tribunalen die finanzielle Ausstattung und brachte somit alle unabhängigen Verfah- ren zum Stoppen, so dass dieses Verhalten den Anschein erweckte, dass die Tribunale der Regierung ein Dorn im Auge waren. Nach der Verabschiedung des Gesetzes enga- gierte sich seit 1996 auch die zambische NGO „Zambia Civic Education Association“ (ZCEA)908 in dem ersten Rechtsstreit in Choma, der Südprovinz Zambias, wo 87 Fami- lien, die seit 1920 in der Region lebten, Anfang 1996 von einem südafrikanischen Inves- tor eine Räumungsklage erhielten.909

Bis in die Gegenwart informieren die NGOs in allen neun Provinzen die Bevölkerung über das Gesetz und fordern eine in der Praxis verwirklichte Konsultation der betroffe- nen Bevölkerung. Die NGOs haben sich auch auf dem Gebiet der Bodenrechtsreform seit 1993 bis in die Gegenwart zum führenden Akteur der „land movement in Zam- bia“910 entwickelt.

908 Im März 1997 war die ZCEA federführend bei der Gründung einer aus acht NGOs bestehenden „National Land Alliance“. Vgl. Momba, Jotham C.: The Ci- vil Society And The Struggle For Human Rights And Democratic Governance In Zambia, Paper to be presented at the International Symposium on Human Rights and Development in Africa – Establishing the „Rule of Law“ on 8-10 Ju- ly, 1999 at The University of Illinois, Urbana-Champaign, USA. 909 Der in Zambia bekannte Rechtstreit aus Choma (Südprovinz) erfuhr Brisanz, da der Investor aufgrund des Widerstandes in der Bevölkerung ihre Häuser nie- derbrannte. Die Familien die sich um Rechtshilfe an die ZCEA wandten, verlo- ren den Fall, da der Investor sich als legaler Besitzer des Landes durch eine Ei- gentumsurkunde ausweisen konnte. Vgl. Zambia Civic Education Association (ZCEA): Land Dispossessions In Zambia The Case Of The People Of Siachobe Village, Lusaka, June 1999. 910 Zambia Civic Education Association (ZCEA): Land Dispossessions In Zambia The Case Of The People Of Siachobe Village, Lusaka, June 1999, S. 19. Weitere Akteure sind die „Zambian Association for Chamber for Commerce and Indus- try“ (ZACCI) und die „Zambian National Farmers Union“ (ZNFU). Vgl. Schmid: 1999. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 256

3.2.2.3 Politische Dimension der Armutsbekämpfung

„In den letzten zehn Jahren war die katholische Kirche Sambias federführend in den Diskussionen über die Ausrichtung der Wirtschaftsreformen des Landes. In einem Land, in dem mehr als 70 Prozent der Bevölkerung im Zustand absoluter Armut le- ben, hat die Regierungspolitik eine große Auswirkung auf die Lebenschancen fast aller Bewohner Sambias. (...) Der gewichtige Widerhall der Kirche in der nationalen Wirtschaftsdiskussion ist teilweise auf ihre einheitliche Stimme und die Klarheit ihrer Mission zurückzuführen, wenn es darum geht, die Anliegen der verarmten Menschen zu vertreten. Ein weiteres entscheidendes Element war die organisatorische Stärke der kirchlichen Basis- organisationen – vor allem der katholischen Kommission Sam- bias für Gerechtigkeit und Frieden-CCJP.“911

Seit 1994 führt die zambische CCJP Kommission ein Projekt zur Begleitung von Struk- turanpassungsmaßnahmen durch, im Zuge dessen die Gruppen vor Ort in allen zehn Diözesen Zambias912 die lokalen Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme ana- lysieren. Die an der Basis generierten Informationen fließen in die anwaltschaftliche Ar- beit der Kirche auf der nationalen und internationalen Ebene ein.913 Die politische Ein- flussnahme der CCJP in sozioökonomischen Themen erfolgt somit auf drei Ebenen:

Zunächst analysieren die CCJP Mitglieder der Gruppen vor Ort durch Befragung in ih- ren Gemeinden die Auswirkungen und Probleme der sie betreffenden wirtschaftspoliti- schen Maßnahmen.914 Auf der Grundlage dieser Informationen von der Basis und zahl- reichen anderen Quellen erarbeiten zwei hauptamtliche Mitarbeiter des „Economic Justice Unit“ der CCJP in Lusaka eine Analyse der sozioökonomischen Lage in Zambia, die sie in „konkrete und glaubwürdige politische Alternativen“915 umsetzen. Diese Ana-

911 CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbekämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strate- gies)?, Dublin Juni 2001, S. 30. 912 Die Einteilung der Diözesen erfolgt in Anlehnung an die neun Provinzen Zambias mit Ausnahme der Nordprovinz, die sich in die Erzdiözesen Kasama und Mbala aufteilt. 913 Das „SAP-Monitor“ Projekt der CCJP wird von der britischen „Catholic Agency for Overseas Development“ (CAFOD) und der irischen „TROCAIRE“ unter- stützt. Seit Oktober 2000 hat sich das Projekt in „Economic Justice Unit“ der CCJP umbenannt. 914 Untersucht werden beispielsweise die Auswirkungen durch die Abschaffung von Gebühren für Gesundheits- und Bildungsleistungen sowie die Einführung von staatlichen Programmen zur Förderung kleinbäuerlicher Betriebe. 915 CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbekämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strate- gies)?, Dublin Juni 2001, S. 30. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 257 lysen gehen in die regelmäßigen pastoralen Stellungnahmen der zambischen Bischofs- konferenz zu Wirtschaftsreformen ein. Die Erklärungen kritisieren weniger einzelne ge- scheiterte politische Maßnahmen der Regierung, sondern bemängeln - aus der katholi- schen Soziallehre ableitend - allgemein das Fehlen einer Armutsausrichtung und die schlechte Regierungsführung. Die CCJP Analysen finden weite Verbreitung in Publika- tionen und Presseerklärungen916:

Als „meist gelesene Publikation“ sticht dabei der Kommentar zur jährlichen Budgetrede der Regierung im Parlament heraus. Die Kritik an der mangelnden Beteilung der Zivil- gesellschaft in den Prozess der Budgeterstellung sowie der fehlenden Ausrichtung des Budgets an der Armutsbekämpfung verfolgt die CCJP seit acht Jahren in Zambia, lange bevor „poverty reduction“ als neues „buzz word“ die Agenda der internationalen Fi- nanzinstitutionen bestimmte. Die Schlüsselfunktion, die der CCJP als NGO gemeinsam mit anderen katholischen Gruppen in der aktuellen Beteiligung der Zivilgesellschaft in Zambia im Rahmen der nationalen PRSP (Poverty Reduction Strategy Paper) und HIPC (Heavily Indebted Poor Countries) Initiative zukommt, wuchs aus dieser langen Be- schäftigung mit sozioökonomischen Themen. Neben der Professionalität der CCJP in sozioökonomischen Fragen, der Basisnähe und ihrer kooperativen Haltung der Regie- rung gegenüber profitiert CCJP auch von der Rückendeckung durch die christlichen Kirchen:

„Die Kirche übt weiterhin ihre prophetische Rolle aus. Ihre Un- abhängigkeit von politischen Parteien ermöglicht es ihr, den verarmten Menschen in ihrem Überlebenskampf eine Stimme zu verleihen und dafür zu sorgen, dass die Regierung sie anhört und auf sie eingeht.“917

Im Rahmen der aktuellen Entwicklungen in der Armutsbekämpfung wird nämlich eine Trennung, wie sie noch Anfang der 1990er Jahre zu konstatieren war, von den politi- schen NGOs und den weitgehend als Staatsersatz agierenden lokalen Selbsthilfegruppen zunehmend verwischt, da eine stärkere Politisierung lokaler Netzwerke und eine engere Zusammenarbeit mit den politischen NGOs zu beobachten ist.

916 Siehe die Präsentation der CCJP im Internet: http://www.ccjp.org.za . (Zugriff am 17.7.2002). 917 CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbekämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strate- gies)?, Dublin Juni 2001, S. 30.

Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 258

3.2.2.3.1 Der IWF und die Weltbank entdecken die Zivilgesellschaft

„Über Jahre schon hatten NGOs aus allen Teilen der Welt im- mer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, die bisherige Schuldenstrategie weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt aus diesem Grund gab die Weltbank Mitte der 90er Jahre den Anstoß für die Entwicklung der HIPC-Initiative. Und auch auf Grund des anhaltenden Drucks von NGOs startete die Weltbank 1998 ei- nen Prozess, der die HIPC-Initiative einem review unterziehen sollte und schließlich in die deutliche Weiterentwicklung der HIPC-Initiative durch die Kölner Beschlüsse einmündete. Kurz gefasst: Ohne den seit Jahren erfolgreich inszenierten politi- schen Druck zivilgesellschaftlicher Akteure aus verschiedensten Ländern wäre die Politik der Gläubiger gegenüber den ärmsten Ländern heute eine ganz andere.“918

Angesichts des politischen Drucks aufgrund ausbleibender Verbesserungen in vielen hochverschuldeten Staaten durch die vorgeschriebenen Strukturanpassungsprogramme entwarfen IWF und Weltbank 1996 gemeinsam eine Initiative, in dessen Rahmen 41 ausgesuchte „Heavily Indebted Poor Countries“ (HIPC) - darunter auch Zambia - Schulden erlassen werden sollten. Bemerkenswert an diesem ursprünglichen HIPC Pro- gramm war, dass Schulden bei allen multilateralen, bilateralen und privaten Gläubigern miteinbezogen waren. Doch diese auch als HIPC I bezeichnete Initiative von IWF und Weltbank wurde weltweit von Entschuldungsinitiativen kritisiert aufgrund der geringen Schuldenerleichterungen, der langsamen Umsetzung, der Eingrenzung auf wenige Staa- ten, der Verknüpfung mit den ESAF-Konditionalitäten und der mangelnden Einbezie- hung zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Überprüfungsprozess.

Ihren Höhepunkt fand die internationale NGO-Kooperation zu Verschuldung und Strukturanpassung in der Kampagne „Jubilee 2000“, die 1990 durch die vom Afrikani- schen Kirchenrat in Anlehnung an alttestamentliche Traditionen formulierte Idee eines Jubeljahres zum Jahrtausendwechsel ihren Ursprung fand.919 Ab Mitte der 1990er Jahre trieben NGOs und Netzwerke die Umsetzung dieser Idee voran, die durch die interna- tionale Dimension der Kampagnenarbeit im Zeitalter des Internet und die Involvierung

918 Eberlei, Walter: Zivilgesellschaftliche Akteure in globalisierten Politikarenen. Das Beipiel Schuldenregime, in: Brunnengräber, Achim/Klein, Ansgar/Walk, Heike (Hrsg.): NGOs als Legitimationsressource-Zivilgesellschaftliche Partizipations- formen im Globalisierungsprozess, Opladen 2001, S. 169f. Künftig zitiert als: Eberlei: 2001. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 259 der globalen kirchlichen Netzwerke Verstärkung fand.920 Das im Folgenden dargestellte Engagement der zambischen CCJP in der Verschuldungs- und Strukturanpassungsthe- matik ist demnach ein Paradebeispiel für die Vernetzung von Süd- und Nord-NGOs.

„The adoption of the debt relief program for Heavily Indebted Poor Countries (HIPC) is an excellent example of both effective NGO advocacy on a highly technical and politically charged is- sue and also of complementary roles of Northern and Southern NGOs. (...) While Southern NGOs played an active role and or- ganized themselves into networks around this issue, it was the large Northern NGOs that helped push the issue onto the agenda of donor governments and international financial insti- tutions.“921

Als Reaktion u.a. auch auf die Kritik zivilgesellschaftlicher Akteure922 beschlossen füh- rende Politiker der G7-Regierungen auf dem Weltwirtschaftsgipfel im Juni 1999 in Köln eine Ausweitung der HIPC I Initiative, die auch als „Kölner Schuldeninitiative“ oder „HIPC II“ bezeichnet wird. Als Novum dieser Initiative gilt ein Schritt, der zentrale Schwächen bisheriger Strukturanpassungsprogramme berührt: Entschuldung soll an die Durchführung von Armutsbekämpfungsprogrammen unter Einbeziehung weiter Teile der Zivilgesellschaft gebunden werden. Die Vertreter der G7-Regierungen betonten Mitte 1999 die Rechenschaftspflicht und die Offenlegung des Budgets durch die Regie- rungen der Schuldnerstaaten, entwarfen aber keine Mechanismen, die den Einsatz von Mitteln aus der Schuldenerleichterung für die Armutsbekämpfung garantieren: „diese Aufgabe überließ man der Weltbank und dem IWF.“923

919 Vgl. Lindenberg, Marc/Bryant, Coralie: Going Global: Transforming Relief and Development NGOs, Bloomfield/USA 2001, S. 200. Künftig zitiert als: Linden- berg/Bryant: 2001. 920 Eberlei merkt hier an, die Kampagne Jubilee 2000 „lebt besonders von einer Ach- se zwischen britischen und deutschen Kampagnen“, fasste aber in allen Konti- nenten und mehr als 40 Ländern Fuß. Vgl. Eberlei: 2001, S. 162 und 165. 921 Lindenberg/Bryant: 2001, S. 200. Eberlei betont, dass sich innerhalb der Jubilee 2000 Kampagne unterschiedliche Positionen, Optionen und Koalitionen bilde- ten. So schlossen sich einige Süd NGOs in dem Netzwerk Jubilee South zusam- men, das durch seine Forderung nach einem vollständigen und unkonditionier- ten Schuldenerlass eine eher fundamentalistische Position vertritt. Vgl. Eberlei: 2001, S. 166. 922 Eberlei verweist hier darauf, einen monokausalen Erklärungsversuch zu vermei- den und führt insgesamt fünf Faktoren an, deren Zusammenspiel erst die Be- schlüsse von Köln 1999 ermöglichte: Vgl. Eberlei: 2001, S. 168-170. 923 CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbekämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strate- gies)?, Dublin Juni 2001, S. 8. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 260

Wenige Monate später - im September 1999 - folgten der IWF und die Weltbank diesem Aufruf und veröffentlichten ihre neuen Ansätze für die Kreditprogramme und die Schuldenverringerung:924 Mit Beginn des Jahres 2000 müssen alle Staaten für die Qualifi- zierung einer Schuldenerleichterung im Rahmen der erweiterten HIPC-Initiative sowie für alle Vergabeprogramme der Weltbank oder des IWF ein „Poverty Reduction Strate- gy Paper“ (PRSP) unter der Beteiligung der Zivilgesellschaft ausarbeiten.925 Ob das PRSP wirklich einen Paradigmenwechsel in der Armutspolitik markiert oder lediglich als Feigenblatt vorausgegangener Programme fungiert, wird aus der Sicht der in diesem Be- reich aktiven NGOs in Zambia beleuchtet.926 Im Gegensatz zu früheren Ansätzen weist das PRSP drei neue Charakteristika auf:

• Das PRSP soll konkrete Ziele für die Armutsbekämpfung und überprüfbare Indika- toren definieren, so dass der Erfolg der Kreditprogramme und der Entschuldung an einem übergreifenden Ziel gemessen werden kann.

• Das PRSP soll mit Hilfsmaßnahmen und der Vergabepolitik aller öffentlichen multi- wie bilateralen Gebern koordiniert werden, so dass die Kohärenz der Programme erhöht werden kann.

• Das PRSP soll in einem breit angelegten Konsultationsprozess erarbeitet werden, so dass die Regierung „zusammen mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor des

924 Die Entwicklung der Armutsbekämpfungsstrategie ist nicht nur als Folge der Kri- tik an der HIPC-Initiative zu erklären, sondern auch vor dem Hintergrund der Finanzkrisen in Asien 1997-1998, in Russland 1998 und interner sowie externer Evaluierungen von Kreditpraktiken von Weltbank und IWF zu verstehen. 925 Ab 2000 löst die neue Fazilität des IWF für die ärmsten Länder der Welt die „Po- verty Reduction and Growth Facility“ (PRGF) die „Enhanced Structural Ad- justment Facility“ (ESAF) ab. Die Kreditvergabe nach der PRGF soll an ein „Poverty Reduction Strategy Paper“ (PRSP) angepasst sein. Das PRSP als Do- kument über die Strategie zur Armutsbekämpfung wird ab Anfang 2000 eben- falls zum Eingangstor für das von der Weltbank eingeführte Kreditprogramm „Poverty Reduction Support Credit“ (PRSC), das die früheren Strukturanpas- sungskredite ersetzt. 926 Zu den Erfolgsaussichten der HIPC-Initiative anlaysiert Robert Kappel die drei Faktoren Wachstumsperspektive, Armutsbekämpfung und Schuldenreduzierung. Er warnt davor, zu grosse Hoffnungen allein an die HIPC-Initiative zu knüpfen und führt dazu fünf Gründe an: Die begrenzten Mittel, die Gefahr der Neuver- schuldung, das Vorhandensein einer internen Dynamik, die interne Reformbe- reitschaft und das Konfliktpotential zwischen Förderung des Wirtschaftswachs- tums und der Armutsbekämpfung. Vgl. Kappel, Robert: Die HIPC-Initiative: Ein Beitrag zur Lösung der Schuldenkrise und zur Armutsbekämpfung in Afri- ka?, in: Hofmeier, Rolf (Hrsg.): Afrika Jahrbuch 2000. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara, Opladen 2001, S. 48-59. Zu dem ge- samten Themenkomplex Armutsbekämpfung durch Entwicklungshilfe gibt Jür- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 261

jeweiligen Landes Verfasserin ihrer eigenen entwicklungspolitischen Visionen und Pläne werden.“927

Es liegt auf der Hand, dass derart vage und wolkige Vorgaben, wie Konsultation oder Partizipation, nach Belieben ausgelegt werden können und bestehende Polarisierungen zwischen der Regierung und zivilgesellschaftlichen Gruppen sowie innerhalb der Zivil- gesellschaft verstärken können. Bevor das aktuelle Engagement der CCJP in der Ausar- beitung des PRSP im Rahmen der HIPC-Initiative beleuchtet wird, erfolgt eine knappe Analyse der bisherigen Umsetzung der HIPC-Initiative in Zambia.

3.2.2.3.2 Stand der HIPC-Initiative in Zambia: Das Problem bleibt bestehen

„Zambia provides a good example of the debilitating downward economic spiral associated with unsustainable debt. In 1999, Zambia, one of the world’s poorest countries, paid $ 136 mil- lion to service its debt to foreign creditors. With 80 percent of its population living in poverty and with one of the world’s highest HIV infection rates, debt servicing is the biggest item in the government’s budget. That $ 136 million could have been spent addressing poverty and AIDS.“928

Zambia konnte sich für einen Schuldenerlass nach dem erweiterten HIPC-Verfahren qualifizieren und erreichte am 8.12.2000 den „decision point“.929 Zu diesem Zeitpunkt

gen H. Wolff einen Überblick in: Wolff, Jürgen H.: Armutsbekämpfung durch Entwicklungshilfe, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 9/2000, S. 26-31. 927 CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbekämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strate- gies)?, Dublin Juni 2001, S. 9. 928 Gordon, April A./Gordon, Donald L.: Trends and Prospects, in: Gordon, April A./Gordon, Donald L.: Understanding contemporary Africa, Boulder (u.a.) 2001, S. 412. Künftig zitiert als: Gordon: 2001. 929 Bedingung für den „decision point“ ist die zufrieden stellende Umsetzung der Re- formen des IWF sowie die Überschreitung der Verschuldungsindikatoren über die festgelegten Grenzwerte. Vgl. SÜDWIND e.V. (Hrsg.): Armutsbekämpfung durch die Gläubiger? Erfahrungsberichte aus 11 Ländern, Texte 13, Siegburg März 2001, S. 108. Künftig zitiert als: SÜDWIND: 2001. Zambia hatte sich, wie im Kapitel 2.3.2.2 dargestellt, nach dem erfolgreichen Abschluss des RAP von 1992 bis 1995 beim IWF für Kredite im Rahmen der ESAF qualifiziert. Das Pro- gramm von 1996 wurde aufgrund des Putsches 1997 unterbrochen und ab 1998 wieder fortgesetzt. Die ESAF-Kredite bildeten bis Anfang 2000 mit einem Zins- satz von 0,75 Prozent das Vergabeprogramm des IWF für circa 80 arme Länder mit einem maximalen jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 925 US$. Vgl. CIDSE-CARITAS Internationalis: Von der Verschuldung zur Armutsbe- kämpfung. Die Rolle der neuen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduc- tion Strategies)?, Dublin Juni 2001, S. 11. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 262 werden die Verschuldungsindikatoren berechnet und die Höhe des Erlasses so festge- legt, dass die Restschulden unter den anvisierten Grenzen liegen. Demnach teilten die internationalen Finanzinstitutionen Zambia mit, dass rund 3,8 Milliarden US-Dollar930 der insgesamt 6,5 Milliarden US-Dollar erlassen werden können. Paradoxerweise verfüg- te die zambische Regierung nach dem Erlass zunächst nicht über mehr Geld, da die Rückzahlungsraten für einen 1995 aufgenommenen Kredit ab 2001 angefallen wären, so dass ein Schuldendienst von jährlich 400 Millionen US-Dollar nur durch eine neue Ver- schuldung hätte aufgebracht werden können. Vor diesem Hintergrund stimmte die Ein- schätzung der Gläubiger, dass Zambias Schuldendienst ohne den Erlass in den nächsten Jahren drastisch angestiegen wäre. Kritische Stimmen betonten, dass Zahlungen erlassen wurden, die nie hätten aufgebracht werden können und der Schuldendienst ansteigen werde:

„The international aid organization Oxfam has also been criti- cal. It has called the debt relief package under the HIPC Initia- tive a “fraud“. Although Zambia’s debt would be lowered somewhat, the interest rate it would be required to pay would actually increase from $ 136 million to $ 235 million in 2002.“931

Die genauen Angaben differieren, dennoch zeichnen sich Entwicklungen ab, dass bis 2003 der Schuldendienst geringfügig sinken und bis 2005 deutlich ansteigen wird. Erst für die Jahre nach 2005 wird eine Reduzierung auf rund 100 Millionen US-Dollar prog- nostiziert. Für diesen ersten Schritt im Rahmen der HIPC-Initiative musste die Regie- rung Zambias ein vorläufiges Dokument über Strategien zur Armutsbekämpfung vorle- gen das „Interim Poverty Reduction Strategy Paper“ (I-PRSP).

„Die Regierung Sambias hat auf Drängen des IWF am 7. Juli 2000 das verlangte Interims-Armutsbekämpfungsstrategiepapier (I-PRSP) vorgelegt, an dessen Formulierung weder

930 Der Erlass von 3,8 Milliarden US-Dollar entspricht einem Gegenwartswert von 2,5 Milliarden US-Dollar und damit circa 63 Prozent der Ende 1999 bestehen- den Forderungen. 931 Gordon: 2001, S. 413. 932 SÜDWIND: 2001. S. 63f.. Das Original I-PRSP ist auf der Weltbank Internetseite einzusehen: http://www.worldbank.org (Zugriff am 17.8.2002). Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 263

Zur Erreichung des „completion point“, dem Zeitpunkt an dem alle Bedingungen für einen Schuldenerlass erfüllt sind und die Schulden auch tatsächlich erlassen werden, muss die zambische Regierung nun unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein PRSP vor- legen.933

3.2.2.3.3 CCJP engagiert sich in der HIPC-Initiative: Demokratisierungsschub?

Die dominante Stellung der CCJP innerhalb der aktuellen HIPC Debatte in Zambia ist nicht verwunderlich, denn die CCJP kann an ihre langjährigen Erfahrungen mit sozio- ökonomischen Themen anknüpfen: Seit 1994 beschäftigt sich CCJP mit den Auswir- kungen von Strukturanpassungsprogrammen auf die breite Bevölkerung in Zambia. Als 1998 die katholische Bischofskonferenz, der Kirchenrat und die Vereinigung der evan- gelikalen Kirchen die zambische Kampagne „Jubilee2000-Zambia“ ins Leben riefen, an der sich auch weitere NGOs, Gewerkschaften und die UNZA beteiligen, übernahm die CCJP in Zusammenarbeit mit dem „Jesuit Centre for Theological Reflection“ (JCTR) die inländische Koordination sowie die Verbindung mit den internationalen Entschul- dungskampagnen.934 Im Zentrum der Aktivitäten standen, nachdem die „Jubilee2000- Zambia“ auf dem G7-Gipfel 1999 in Köln über 300.000 Unterschriften für einen Schuldenerlass überreichte, die Bewusstseinsbildung935 und die Erschließung neuer Ko- operationsfelder, die sich die Kampagne durch die Vernetzung mit Wirtschaftswissen- schaftler der UNZA, mit Vertretern des Finanzministeriums, der Regierung, des IWF und der Weltbank erschloss.

933 Weitere Bedingungen für den „completion point“ sind die Fortsetzung der in den Strukturanpassungsprogrammen angeordneten Wirtschafts- und Wachstumspoli- tik sowie die Zusage der bilateralen Gläubiger – z.B. im Rahmen des „Pariser Clubs“ – an der Umsetzung der Beschlüsse mitzuwirken. 934 Die Aktivitäten der zambischen Jubilee Kampagne werden auf der Internetseite des „Jesuit Center for Theological Reflection“ (JCTR) dokumentiert: http://www.jctr.org.za (Zugriff am 18.8.2002). In Deutschland stehen mit der zambischen Kampagne u.a. das Referat Weltkirche des Bistums Limburg sowie die Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg in Verbindung, die der Autorin im Sommer 2002 freundlicherweise aktuelle Dokumente aus Zambia zur Verfügung stellten. 935 Eine repräsentative Umfrage im April 2000 unter 2000 Befragten in vier Städten Zambias wollte den Wissensstand über die Schuldenkrise in Zambia feststellen: 86 Prozent der Befragten wussten von den hohen Auslandsschulden und 72 Prozent hatten von den Verhandlungen über einen Schuldenerlass gehört. „Da- bei befürchten 70,5 Prozent, dass vor allem die Regierung und die Reichen da- von profitieren würden.“ SÜDWIND: 2001, S. 62. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 264

Parallel zu dem Mitte 2000 von der Regierung ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft vorgelegten Interim-PRSP entwarf „Jubilee2000-Zambia“ durch einen breiten Diskussi- onsprozess den „Zambia Debt Mechanism“. Die Jubilee Kampagne hatte als führende Kraft der zivilgesellschaftlichen Organisationen Zambias am 16.Juli 2000 auf dem Kon- sultativgruppentreffen in Lusaka und Ende September 2000 auf der Jahrestagung des IWF in Prag die Gelegenheit, dieses Instrumentarium sowie die weiteren Forderungen zu präsentieren.

Der „Zambia Debt Mechanism“ soll sicherstellen, dass die im Rahmen der HIPC Initia- tive freiwerdenden Ressourcen für die Armutsbekämpfung eingesetzt werden und nicht, wie CCJP im Eingangszitat hervorhebt, den politischen Eliten zu Gute kommt. Der „debt mechanism“ sieht zum einen die Errichtung eines „Ausschusses für das Manage- ment des Schuldenfonds“ vor, dessen Ziele, Aufgaben und Zusammensetzung detailliert ausgearbeitet wurden936, und zum anderen einen „Schuldenerlass-Sozialfonds“, der bei der „Bank of Zambia“ eingerichtet werden soll und für den ebenfalls ausführlich Ziele und Vergabemodalitäten erarbeitet wurden. Diese von Jubilee Zambia als „conditionali- ties from below“ bezeichnete Forderung nach der Einführung eines transparenten und partizipativen Instrumentariums stellte nur eine von insgesamt fünf Forderungen auf dem Konsultativtreffen der Gläubiger dar. Die folgende Tabelle listet nun kurz die Kernforderungen auf, die die Zivilgesellschaft im Juli 2000 auf dem Konsultativgrup- pentreffen in Lusaka präsentierte und bis heute an Aktualität nicht verloren haben.

936 Die Zusammensetzung des Ausschusses setzt auf eine wechselseitige Kontrolle zwischen Regierung, Parlament und Zivilgesellschaft und soll „einen weiteren Schub“ für die Demokratisierung Zambias geben. Die Hälfte der 18 stimmbe- rechtigten Mitglieder sollen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen kommen, die bereits im Bereich Armutsbekämpfung tätig sind. Die neun Vertreter des öf- fentlichen Sektors sollen sich aus je einem Vertreter der fünf zuständigen Mi- nisterien sowie vier von dem Parlamentspräsidenten berufenen Mitgliedern zu- sammensetzen. Internationale Beobachter können als Beobachter ohne Stimm- recht teilnehmen. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 265

Abbildung 3-5: CCJP-Forderungen auf dem Konsultativgruppentreffen 2000937

1. Need for total debt cancellation: „If debt cancellation is to make a significant differ- ence in reducing the high levels of poverty, then what civil society is asking for is total can- cellation. Jubilee –2000 knows that this option is economically feasible. (We rely on studies done by respected economists such as Harvard Professor Jeffrey Sachs.) But it has been the politics of the world that are hindering such a solution.“

2. Need for clarity on expected debt relief: „What civil society is interested in immedi- ately is: What proportion of the total debt servicing will be reduced? (...) The reason we em- phasise this is that we are exceedingly disappointed in the post-Cologne fulfilment of prom- ises for significant reduction in debt servicing for the poorest countries. HIPC arrangements have not in fact meant much in countries like Uganda, Mozambique, and Mali.“

3. Need for to know about the “ballooning“ effect of Zambia‘s debt servicing: „As civil society, we expect to be told forthrightly, both by the creditors and our own gov- ernment, what this ‘ballooning‘ is all about and why it will not result in any savings that can be turned toward the extreme social needs in the country. (...) Civil society in Zambia has learned all too sadly a very painful truth: additional loans to pay off previous debts simply mean additional debts for future generations! (...) We hope that, being aware of the meagre benefit from Zambia’s qualification for HIPC, more and more creditors among you will now plan to help us with grants and not loans.“

4. Need for certainty and urgency to Zambia’s HIPC qualification: We expect to be given clear information on what benchmarks will enable us to qualify in what time. Without this information, it is extremely difficult for civil society to perform one of its most important functions, monitoring whether government is on the right track or not. (...) Moreover, civil society expresses very strong reservations on the linking of HIPC qualifica- tion to the preparation of the Poverty Reduction Strategy Paper (PRSP). The urgency of debt relief should not be tied to the urgency of the PRSP process. This is a process that necessarily will take a longer time because of the essential ingredient of participation by civil society in the design, implementation, monitoring and evaluation of poverty reduction strategies.“

5. Need for a “Debt Mechanism“: Jubilee-2000 Zambia has been advocating for “condi- tionality from below“ as opposed to “conditionality from above“ – that is, conditions fixed by the people affected by debt and not simply by the creditors. That is why we have made a very concrete proposal for a “debt mechanism“ that meets the criteria of broad-based par- ticipation (tripartite involvement of government ministries, representatives of civil society, and members of Parliament), clear accountability and transparency, and direct orientation toward poverty reduction.“

Da „Jubilee2000-Zambia“ eine Verwässerung ihrer Ziele im Rahmen der HIPC- Initiative befürchtete, nannte sie sich ab 2001 in „Jubilee-Zambia“ um und agiert bis in die Gegenwart für die Durchsetzung der aufgeführten Ziele. Auch nach der Erreichung

937 CCJP subsumiert hier das „CCJP/JCTR Debt Project“ und damit die von CCJP koordinierte Jubilee-2000 Kampagne. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 266 des decision point im Dezember 2000 herrscht Unklarheit über die konkrete Umsetzung der HIPC-Initiative und Beteiligung der Zivilgesellschaft an dem PRSP.

Neues zivilgesellschaftliches Netzwerk im Kampf gegen die Armut

„For a country like Zambia, with 80 percent of the population living in abject poverty, any document meant to act as a blue- print for poverty reduction merits special attention. (...) Some voices from Zambian civil society have been raised to say that the Zambian government has not exhibited a genuine commit- ment to the participation of civil society in drawing up the PRSP. The fact that the government has spent considerable time working alone on the document raises concern that the partici- patory process may be only an act of window dressing.“938

Im Oktober 2000 formierte sich ein neues Netzwerk aus NGOs und zivilgesellschaftli- chen Organisationen mit dem Ziel einer „effective participation of civil society“ in dem PRSP Prozess in Zambia. Das Netzwerk „Civil Society for Poverty Reduction“ (CSPR) ist offen für alle zivilgesellschaftlichen Organisationen und wird von einem aus 14 Gruppen zusammengesetzten „Steering Committee“ koordiniert. Zu diesen Organisati- onen zählen sowohl der Gewerkschaftsdachverband ZCTU, wie die Economic Associa- tion of Zambia sowie die in dieser Arbeit untersuchten NGOs CCJP, AFRONET, SAHRINGON, NGO-CC und JCTR.939 Die CSPR identifizierte zehn „key areas“940 für das PRSP in Zambia, für die das „Steering Committee“ so genannte „lead civil society organisations“ ausmachte. Diese Gruppen sollen die Kommunikation und den Kontakt zwischen der CSPR, die ab Oktober 2000 ein Büro in Lusaka gegründet hat, und der „wider group of Civil Society Organizations working in that area“ aufrechterhalten.

In diesem Sinne versteht sich das Netzwerk als Koordinator, um die bereits bestehende Expertise in zambischen Organisationen zu bündeln und zu vernetzen, sowie die Ver-

938 Unveröffentlichtes Flugblatt der Jubilee Kampagne, June Lusaka 2001. 939 Darüber hinaus sind auch internationale NGOs wie OXFAM und lokale NGOs, wie u.a. Jugendorganisationen oder die Land Alliance, vertreten. 940 Die zehn Kernbereiche umfassen: „Agriculture and Food Security, Education, In- dustry, Employment and Sustainable Livelihoods, Mining, Tourism, Health/AIDS, Child and Youth, Gender, Environment, Governance and Macro- economics.“ Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 267 bindung zwischen der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren wie der Regierung und der Gebergemeinschaft herzustellen.941 Nach der Verabschiedung des „Full-PRSP“ im Juni 2002 engagiert sich das Netzwerk in der Implementierung und dem Monitorpro- zess der ersten Implementierungsphase, die sich von Mitte 2002 bis 2004 erstrecken wird.

3.2.3 Die „Human Rights“- NGOs: Schutz vor staatlicher Willkür?

Abbildung 3-6: Steckbrief AFRONET (Inter-African Network For Human Rights)

„In Zambia we are the biggest adovacy-NGO with 27 Pro- fessionals.“942

Themenfelder Menschenrechtsarbeit: Beobachtung der Regierung und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung über ihre Rechte

NGO-Typ Regionales NGO Netzwerk mit internationaler Anbin- dung943

Gründung Dezember 1993 als karitative Organisation nach zambi- schem Recht registriert. Afrikanische NGOs gründeten 1993 auf der „World Conference on Human Rights“ in Wien dieses inter-afrikanische Netzwerk, das seinen Haupt- sitz in Zambia und ein internationales Verbindungsbüro in

941 Das Netzwerk CSPR fungiert als Repräsentant der Zivilgesellschaft in den nach dem Konsultativgruppentreffen im Juli 2000 gegründeten „Government Working Groups“, die sich aus Vertretern der Regierung, der internationalen Gemein- schaft und der Zivilgesellschaft zusammensetzen. Die Arbeitsgruppen verfolgen das Ziel, die sozioökonomische Entwicklung Zambias zu analysieren und die Armutsbekämpfungsstrategien zu entwerfen. 942 Interview mit Ngande Mwanajiti, Executive Director of Afronet, Lusaka 9.12.1999. 943 Zusammenarbeit u.a. mit Amnesty International in Europa, Africa Human Rights Watch in New York/London, Danish Center of Human Rights in Kopenhagen sowie UN-Organisationen in Genf. Afronet hat einen Beobachterstatus bei der „African Commission of Human and Peoples‘ Rights“ sowie beratende Funktion für den „United Nations Economic and Social Council” (ECOSOC). 944 In fünf Ländern existieren regionale Zentralen: In Nigeria (Civil Liberties Or- ganisation, Lagos), Egypt (Legal Research and Resource Centre, Cairo), Kenya (Nairobi), Senegal (Dakar) sowie in South Africa (Lawyers Committee for Civil Rights & African Centre for the Constructive Resolution of Disputes, Pretoria, Durban). Vgl. Chanda: 1999, S. 41f. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 268

London hat.944

Mission/Rolle „To shape public opinion.“945

Hauptziele Netzwerkarbeit für afrikanische NGOs, um die Kooperati- on zu verbessern; Informationsverbreitung in und außer- halb Afrikas über Menschenrechtsverletzungen, Rechen- schaftspflicht der Regierung und Entwicklung in Afrika: Implementierung der „African Charter on Human and Peoples Rights“ von 1986 und andere internationale Men- schenrechtsstandards; Unterstützung bei der Partizipation afrikanischer NGOs in internationalen Menschenrechtsin- stitutionen; Zusammenarbeit mit internationalen NGOs und inter-governmental Organisationen mit Afrika relevan- ten Programmen; Aufdeckung von Korruptionsfällen.

Größte Erfolge Advocacy, Fact finding, Research Work, Publications, In- formation Systems / In der Entstehungsphase 1993 fand Afronet große Unterstützung durch zambische NGOs, insbesondere der „Economic Association of Zambia“ und dem „Christian Council“.946 1996 hielt Afronet den Vorsitz bei der NGO-Dachorganisation „Commission for a Clear Campaign“ im Rahmen der Wahlen sowie der „Coalition 2001“, einer Allianz aus zunächst 7 NGOs, die sich 1999 zusammenschloss, um die Wahl 2001 vorzubereiten.

Organisationsstruktur Afronet weist eine dreiteilige Struktur auf: The Interna- tional Secretariat/ The Advisory Council/ The Board of Directors.947 Verantwortlich für die Politikgestaltung ist der aus 10 Personen bestehende „Board of Directors“, der alle 18 Monate tagt.

Personal/Büros Afronet ist die NGO mit der größten Anzahl Vollzeitbe- schäftigter: 27 Personen arbeiten in zwei Büros in Lusaka mit 20 Computer, 20 Telefone, 3 Faxgeräte.

Mitglieder 22 afrikanische Mitgliedsländer948

945 Interview mit Ngande Mwanajiti, Executive Director of Afronet, Lusaka 9.12.1999. 946 Vgl. Chanda: 1999, S. 43. 947 Der neunköpfige „Advisory Council“ hat keine formale Entscheidungsbefugnis, trifft sich aber alle zwei Jahre und berät den Vorstand. Administrative und ko- ordinierende Funktionen obliegen dem „International Secretariat“ in Lusaka, dessen „executive director“ auch in Abstimmung mit dem Vorstand Personal- entscheidungen zukommen, wobei eine „50 % gender parity“ angestrebt wird. 948 Die Mitglieder können Organisationen oder Einzelpersonen sein und umspannen sämtliche Regionen des Kontinents: Nordafrika (Tunisia, Egypt), Westafrika (Nigeria, Ghana, Senegal, Burkina Faso, Benin, Mali), Ostafrika (Uganda, E- thiopia, Kenya, Tanzania), Zentralafrika (Zaire, Rwanda, Sudan) und Südliches Afrika (Botswana, Namibia, Malawi, Mosambik, South Africa, Zambia, Zimbab- we). Vgl. Afronet File: A Quarterly Publication of the Inter-African Network For Human Rights and Development, Lusaka Issue 10/September 1999, S. 11. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 269

Geber DANIDA (größter), NORAD (längste Förderung), FINIDA, SIDA, HIVOS (Niederlande); Dutch-Embassy, Norwegian Church Aid

Internetauftritt www.oneworld.org/afronet/afrohome.htm / www.afronet.org.za

Aufgrund ihres transnationalen Charakters nutzt Afronet das Internet besonders intensiv mit dem Ziel, ab 2000 ein Kommunikationssystem zu Menschenrechtsfragen auf dem gesamten Kontinent aufzubauen.

In die Analyse auf der Makroebene flossen bereits die Anklagen über die katastrophale Menschenrechtslage in der Dritten Republik durch die internationalen NGOs, wie „Africa Human Rights Watch“ und „Amnesty International“, ein. Hier auf der Mikro- ebene ist der Hauptakteur unter den Menschenrechts-NGOs das „Inter African Net- work For Human Rights And Development“, kurz AFRONET, das als internationale NGO im Jahre 2000 insgesamt 22 afrikanische Staaten zu seinen Mitgliedern zählte.

AFRONET arbeitet in enger Verbindung zu den oben genannten internationalen Men- schenrechtsorganisationen und sticht in Zambia unter den NGOs durch seinen hohen Professionalisierungsgrad hervor. AFRONET veröffentlichte zur Zeit der Forschung nicht nur zahlreiche Publikationen, wie u.a. den jährlich erscheinenden „Human Rights Report“, sondern auch die Wochenzeitung „The Monitor“. Als ein wichtiges Projekt nach dem Jahre 2000 bezeichnete der Executive Director, Ngande Mwanajiti, in einem Ge- spräch mit der Autorin, den Ausbau der Internetpräsentation der NGO und die Vorbe- reitung der Wahlen 2001. Charakteristisch für AFRONET ist, dass sich die NGO mit ihren 27 Beschäftigten eher als Dienstleistungs-NGO statt Mitglieder-NGO versteht, und ihre Expertise nicht nur der zambischen Bevölkerung durch Beratungssangebote zur Verfügung stellen möchte, sondern sich politisch engagiert und gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen auch in der Dritten Republik vorgeht:

„The culture of silence, passivity and docility among the Zam- bian public is not only a legacy of the one-party political sys-

Diese vierteljährlich erscheinende Publikation steht im Internet auf der Afronet Webseite: http://www.afronet.org.za. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 270

tem, but a reaction of intolerance, violence and human rights abuses by authorities.“949

An erster Stelle stehen immer noch die Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, gegen die AFRONET durch Aufklärungsarbeit in den Medien, bei Politikern und dem Polizeiapparat angehen möchte.

Bezeichnend für AFRONET ist darüber hinaus auch die starke Betonung der führenden Rolle bei Netzwerken, wie dem bereits auf der Makroebene beschriebenen LogNet und dem Netzwerk „Committee for a Clean Campaign“ oder aus der jüngsten Vergangen- heit die Rolle als treibende Kraft der COALITION 2001, deren Aktivitäten in dem Ka- pitel 3.2.1 beschrieben wurden. Die dominante Stellung AFRONETS ist sicherlich durch ihr Profil als international agierende NGO und der damit verbundenen guten Ausstattung zu begründen, aber auch durch ihren charismatischen Vorsitzenden, Ngan- de Mwanajiti, der durch seine starke Medienpräsenz in Zambia sehr bekannt ist. Die dominante Stellung des AFRONET stößt auch auf auf Kritik, so beklagte Joe Koma- koma (CCJP) in einem Gespräch mit der Autorin die Dominanz AFRONETS und be- tonte, dass die CCJP daher zukünfig eher Netzwerke statt Koalitionen mit anderen NGOs bevorzugen werde.

Wie sich das bereits im Kapitel 2.3.1.1.1 zitierte „founder syndrom“ oder die Zentrie- rung um bestimmte Persönlichkeiten ebenfalls in der NGO Führung bei der LRF und ZCEA auswirkten, werden die nachfolgenden Kapitel aufzeigen.

949 Afronet: Human Rights Report 1999, S. 3. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 271

3.2.4 Der Bereich “Legal Advice”

„Our specific strong point is that we are focussed. Even in the area of human rights you have to specialize. (...) We focus on legal advice and legal representation. But LRF is not taking any case of this planet: We have human rights cases - like the abuse of human rights through police brutality - and cases of public interest.“950

Abbildung 3-7: Steckbrief Legal Resources Foundation (LRF)

Themenfelder Rechtsbeihilfe in Menschenrechtsverletzungen und Fällen von öffentlichem Interesse, Aufklärungsarbeit über Menschenrechte

NGO-Typ Professionelle Rechtsberatungorganisation nach dem Vor- bild der erfolgreichen Legal Resources Center in Südafrika und Zimbabwe 951

Gründung Die Initiative basiert auf dem Engagement zweier promi- nenter Rechtsanwälte 1991 in Lusaka. Im Mai 1993 ließ sich LRF nicht als NGO unter dem Societies Act sondern als „company limited by guarantee“ registrieren, um eine eventuelle Deregistrierung durch die Regierung zu verhin- dern. Die LRF nahm 1994 die Arbeit auf.952

Mission/Rolle „The LRF of Zambia is a non-profit Foundation, providing legal aid, promoting human rights and litigating in the pub- lic interest. It functions in areas which directly affect the disadvantaged sectors of society in relation to violations of their fundamental rights and the enhancement of jus- tice.“953

950 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. Das Zitat ist der Antwort auf die Frage 1.8. des Fragebogens für NGOs entnommen. 951 Durch das 1994 gegründete und von der Friedrich Naumann Stiftung geförderte Netzwerk „Network of Southern African Legal Aid and Legal Advice NGOs“ steht die LRF in Zambia in Kontakt mit ihren „Vorbildern“. Das insgesamt 12 NGOs umspannende Netzwerk nutzte zum Zeitpunkt der Forschung Anfang 2000 das Legal Resources Center in Pretoria (Südafrika) als Sekretariat. In dem Netzwerk vertreten sind neben der im folgenden Kapitel vorgestellten zambi- schen „Zambia Civic Education Association“(ZCEA) auch das „Malawi Centre for Advice, Research & Education on Rights“ (CARER) sowie Rechtsbeihilfe- NGOs aus Botswana, Lesotho, Mosambik, Namibia, Zansibar, Südafrika und Zimbabwe. Vgl. http://www.lrf.org.zm/network.html. (Zugriff am 14.7.2002). 952 Vgl. Chanda: 1999, S. 50. 953 The LRF News. Newsletter of the Legal Resources Foundation in Zambia, Lusaka November 1999, Nr.12, S. 12. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 272

Hauptziele „To define, promote and create a human rights culture in Zambia. / To promote and advocate for the observance and respect for human rights (...) and other related rights necessary for the sustenance and existence of a civil society. / To provide legal aid services in cases involving viola- tion of human rights and in any other cases that are in the public interest (...) / To carry out educational programmes (...) aimed at promoting people’s awareness of their fun- damental human rights and any other rights necessary to sustain a civil society.“954

Größte Erfolge Die LRF übernahm die Verteidigung in wichtigen politi- schen Präzedenzfällen und konnte sich von 1994 bis 2000 kontinuierlich vergrößern. Der Vorstand ist das „policy making“ Organ der LRF und besteht aus fünf Rechtsan- wälten955 und zwei Journalisten. Die LRF legt Wert auf die Trennung von Vorstand und Management.

Organisationsstruktur Insgesamt 25 Mitarbeiter: 4 Rechtsanwälte, Mitarbeiter im Management, Para-legals, z.T. Ausbildungsangebot an Jura- studierende der UNZA

Personal/Büros 7 Büros in Lusaka und ein Büro in Kabwe (Zentralpro- vinz)956

Mitglieder Keine Mitgliederorganisation

Geber Die Friedrich Naumann Stiftung war bis März 1996 der größte Geber957. Das Civic Education Programm förderte von 1994 bis 1996 die USAID im Rahmen des Southern University Democratic Governance Projektes.958 Ab 1997 ist NORAD der bedeutendste Förderer; SIDA unterstützt den Newsletter sowie das Para-legal Training Programm, das seit 1998 zusammen mit der YWCA durchgeführt wird.

954 Chanda: 1999, S. 50f. Eigene Hervorhebung der Autorin. 955 Die beiden Gründungsväter der LRF von 1991 fungieren bis heute als Chairman (Robert Simeza) und Vice Chairman (John Sangwa) der NGO. 956 Zur Zeit der Forschung, zu Beginn des Jahres 2000, waren weitere Büros in Kitwe (Copperbelt) und in Livingstone (Southern Province) geplant. 957 Die Friedrich Naumann Stiftung unterhielt bis 1996 ein eigenes Büro in Lusaka und stellte der LRF in dem Übergangsjahr 1996 noch die Miete für die Büro- räume zur Verfügung. Bis heute unterstützt die Friedrich Naumann Stiftung das NGO Netzwerk „Southern African Legal Aid & Legal Adice NGOs“ (SALAN) im Südlichen Afrika. Für die LRF entwickelte sich ab 1997 die NORAD durch einen drei Jahresvertrag zum größten Geber, bis dahin finanzierten auch einige Vorstandsmitglieder aus ihren Privateinkünften die LRF. Vgl. Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. 958 Im Rahmen der „Civic Education“ Komponente des USAID Projektes erhielt hauptsächlich die FODEP finanzielle und logistische Unterstützung. 959 Der Beitrag von NORAD umfasste im Jahre 1999 500.000 Norwegische Kronen (entsprachen 1999 circa 61.908 Euro), der Beitrag der SIDA 300.000 Schwedi- Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 273

959

Internetauftritt http:// www.lrf.org.zm

Im Vergleich zu anderen NGOs besticht die LRF durch ihr klares Profil. Nach dem Vorbild des erfolgreichen „Legal Resources Center“ in Südafrika960 fokussiert die Legal Resources Foundation (LRF) auf die Rechtsberatung und Verteidigung in Menschen- rechtsfragen und Fällen mit öffentlichem Interesse. Die Gründungsväter der LRF, die prominenten Rechtsanwälte Robert Simeza und John Sangwa, sahen nach den Ereignis- sen von 1991 den dringenden Bedarf für die Etablierung einer „Legal Aid and Legal Advice NGO“ in Zambia:

„The agitation for change which started late in 1989, and ended with the elections of 1991 were motivated by the need for a new political arrangement emphasizing democracy and the attendent values: human rights, rule of law and good governance. As we observed the unfolding events we became more and more con- vinced that if these objectives were to be realised the support of government and other institutions were needed, committed to the promotion of general civil awareness of the people and directly involved in the promotion of human rights aware- ness.“961

In diesem Sinne versteht die LRF ihre Rolle im Demokratisierungsprozess nicht nur als Rechtsanwalt und Informant der Bevölkerung über ihre Rechte, sondern auch als Beob- achter der Regierung:

„We are simply monitoring and observing that the government affords the individual human rights and that they become the protector of human rights. But we like to see a situation where the government see us as an alliance to supplement their ef- forts.“ 962

sche Kronen (entsprachen 1999 circa 35.037 Euro), womit es sich im Vergleich zu den anderen NGOs um eher geringe Beiträge handelte. 960 Der zambische Programmkoordinator der LRF betonte, dass der Vorsitzende der seit 1979 in Südafrika operierenden „Legal Resources Center“ heute der Präsi- dent der südafrikanischen Verfassungskommission sei. Vgl. Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. 961 Internetpräsentation der LRF: http://www.lrf.org.zm (Zugriff am 20.7.2002). 962 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. Das Zitat ist die Antwort auf die Frage 7.2. des NGO-Fragebogens. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 274

Diese Rollenvorstellung entpuppte sich schnell als unrealistische Vision, denn eine von der LRF gewünschte Verbindung zur Regierung setzte eine Interessensymmetrie in der Menschenrechtspolitik voraus. Statt der erhofften Allianz sah sich die LRF in der Drit- ten Republik zunehmend als Agitator gegen die anhaltenden Verstöße grundlegender Menschenrechte und politischer Rechte durch die Regierung oder staatlichen Institutio- nen. Der Projektkoordinator der LRF Robby Shabwanga pointierte zu Beginn des Jah- res 2000 die politische Situation Zambias im Rückblick:

„There is only an animitation of transition. Up to 1996 people were still thinking we are still in a transition to a democracy. But democratic promises and democratic performances are two different things. The constitutional debate shows that those who have the power just want to keep them.“963

In seiner ernüchternden Beschreibung bezeichnet er die eingesetzten Kommissionen - u.a. auch die Menschenrechtskommission - als „rubberstamp to impress the Donors“964 und verweist auf das Parlament als Klub von Gleichgesinnten, in dem jedes Gesetz der Exekutive ohne „competiton of good ideas“965 verabschiedet werde. Die Anwendung von Gewalt, Folter und willkürlichen Maßnahmen durch die Polizei stehen ebenso auf der zambischen Tagesordnung wie die unmenschlichen Haftbedingungen und Wartezei- ten auf Prozesse von bis zu zehn Jahren.966 Die LRF sieht vor allem das mangelnde Wis- sen der Polizeikräfte über das Konzept der Menschenrechte sowie das nach wie vor in der Bevölkerung verankerte Hierarchiedenken als Gründe für die massiven Verstöße gegen die in der Verfassung verankerten Grundrechte. Die LRF fordert dringend die bestehende Gesetzeslücke zu schließen und auch Polizisten als Individuen durch Diszip-

963 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. Das Zitat ist die Antwort auf den Fragenkomplex 2 des NGO- Fragebogens. In der Verfassungsdebatte engagierte sich die LRF durch über zehn wöchentlich anberaumte Diskussionsrunden in Lusaka, die, durch die Friedrich Naumann Stiftung gefördert, die Debatte über die Vorschläge der Mwanakatwe Kommission anregen sollten. Chanda betonte, dass die LRF dabei als Zielgruppe dieser Foren vornehmlich die „middle-class“ anvisierte. Vgl. Chanda: 1999, S. 51. Darüber hinaus koordinierte die LRF einen aus 21 Grup- pen bestehenden Bürgerkonvent, auf den bereits auf der Makroebene in dem Kapitel 2.3.2.3 verwiesen wurde. 964 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. 965 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. 966 Vgl. Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 275 linarverfahren haftbar zu machen, die bisher lediglich zu Kompensationszahlungen ver- urteilt wurden und anschließend versetzt wurden.967

In diesem politischen Umfeld konnte die LRF gleich kurz nach ihrem Bestehen beacht- liche Erfolge durch zwei politische Präzedenzfälle verbuchen: Der Vizepräsident der LRF, John Sangwa, übernahm 1996 die Verteidigung des prominenten Journalisten der Oppositionszeitung „The Post“, Fred M’membe, der Anfang 1996 aufgrund der kriti- schen Berichterstattung während der Verfassungsdebatte festgenommen wurde. Die LRF hatte in diesem vor dem Supreme Court ausgefochtenen Fall ebenso Erfolg wie in der 1995 als „landmark case“968 bezeichneten Verteidigung Sam Mophias, für den die LRF aufgrund der Anwendung von Polizeigewalt eine Kompensation von 2,1 Millionen zambischen Kwacha erstritt.969 Die LRF übernahm 1998 die Verteidigung von 30 inhaf- tierten Soldaten, die unter dem Verdacht standen, in den Putsch von 1997 verwickelt zu sein. Im Juli 1999 konnten wegen mangelnder Beweise 16 der 30 Soldaten aus der Haft entlassen werden.970

Als weiteren Erfolg bezeichnet die Organisation ihr stetiges Anwachsen: Während sie bis 1996, als die noch in Lusaka anwesende Friedrich Naumann Stiftung sie unterstützte, durch zwei kleinere Büros in der Hauptstadt vertreten war, ist die LRF bis Anfang 2000 mit einem großen Büro und sechs Außenstationen in Lusaka sowie einem Büro in Kab- we in der Zentralprovinz vertreten und plante für das Jahr 2000 bereits zwei weitere Bü- ros in der Südprovinz und dem Kupfergürtel. Der Projektkoordinator dokumentierte anhand der Statistiken für 1999, dass sich die Zahl der bearbeiteten Fälle von 2564 im Jahre 1998 auf 5241 Fälle bis 1999 mehr als verdoppelt habe.971 Den Mitarbeitern und

967 Als Missstand deklarierte die LRF die unzureichende Bezahlung und Ausstattung der Polizeikräfte, die eine professionelle Arbeit in Zambia erschweren. 968 Interview mit dem Projekt Koordinator der LRF, Robby Shabwanga, am 12.1.2000 in Lusaka. 969 Der Betrag von 2,1 Millionen zambischen Kwacha entsprach auf der Grundlage des Wechselkurses von 1995 circa 2176 US-Dollar, was gemessen an dem für 1995 angegebenen Pro-Kopf-Einkommen von 350 US-Dollar ein gewaltiger Be- trag war. Vgl. Baumhögger: Zambia 1996, S. 392. 970 Vgl. The LRF News. Newsletter of the Legal Resources Foundation in Zambia, Lusaka September/October 1999, Nr. 11, S. 1. Zuvor hatte die Vorsitzende der ZCEA, Lucy Sichone, die Verteidigung übernommen, die nach dem Tod Lucy Sichones im August 1998 von der LRF übernommen wurde. 971 Der Projektkoordinator merkte an, dass in den Zahlen von 1999 noch nicht die Fälle des in Kabwe eröffneten Büros enthalten wären, das 1999 allein vom Ok- tober bis Dezember 500 Fälle behandelt hatte. Die LRF führt täglich Listen ü- ber die Anzahl und den Bereich der Fälle, die in größeren Abständen an die NORAD weitergeleitet werden. In den Statistiken kategorisiert die LRF die Fäl- le in vier Bereiche: „Human Rights Related Cases- Delayed Trial/Deportation – Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 276

Rechtsanwälten der LRF ist es untersagt, für die geleistete Beratung und Rechtshilfe Geld oder andere Geschenke entgegenzunehmen.

Die zambische LRF nahm sich das südafrikanische Legal Resources Center zum Vor- bild, das gezielt semiprofessionelle „Para-legals“ ausbildet, um vor Ort eine Rechtsbera- tung zu gewähren, die bei Bedarf in eine Verteidigung durch die Rechtsanwälte münden kann. Dieses von der LRF in Zambia als „doctor and nurse“ bezeichnete System führte sie 1995 ein. In einer einjährigen Ausbildung nach dem Vorbild des Para-legal Training in Südafrika bildete die LRF in Zusammenarbeit mit dem Law Department der UNZA ihre zuvor ausgewählten Kandidaten aus. Die Auswahl erfolgte auf den 20 Civic Educa- tion Workshops, die die LRF ab 1994 im Rahmen des USAID/Southern University Democratic Governance Projektes in „high-density compounds“972 in Lusaka und den umliegenden Städten , Chongwe und durchführte. Auf den Workshops suchte die LRF gezielt Teilnehmer, die in Wort und Schrift der englischen Sprache mächtig sind, um sie nach einer Ausbildung als Para-legal direkt in ihren Gebiet einzu- setzen.973 Ab 1997 gründete die LRF in Lusaka sieben „Legal Advice Centres“, die unter der Supervision der Rechtsanwälte von den zuvor ausgebildeten Para-legals geleitet wer- den.

Da die Klienten der LRF aus allen neun Provinzen Zambias anreisen, verweist sie in Rechtsberatungsfragen oftmals auf die kirchlichen NGOs CCJP und YWCA, die in allen Teilen Zambias verwurzelt sind. Diese kirchlichen NGOs, die zusammen mit der LRF und der ZCEA in einem Para-legal Advice Netzwerk kooperieren, leiten vor Ort Fälle,

Family Related Cases – Third Party Disputes“. Neben den Menschenrechtsfällen dominieren die Fälle in arbeits- und familienrechtlichen Fragen, die oftmals mit dem Customary Law kollidieren, das nur in den Local Courts noch praktiziert wird. Leider enthalten die der Autorin zur Verfügung gestellten Listen keine Angaben über den Erfolg der Rechtsberatung oder Rechtsbeihilfe. 972 Chanda: 1999, S. 51. Die als „compound“ bezeichneten Gebiete zählen zu den ärmsten Stadtteilen Lusakas und sind mit Slums gleichzusetzen. Die Autorin konnte im Rahmen ihrer Forschung „George Compound“ in Lusaka besuchen. Vgl. Interview CCJP mit Esther M.B. Phiri, CCJP Lilanda Parish Trainerin, Lu- saka 11.11.1999. 973 Die im Rahmen der Forschung am 28.11.1999 in Lusaka interviewte „Chairperson of CCJP Archdiocece Lusaka“, Mary Chisanga, arbeitet als ausgebildete Para- legal Mitarbeiterin des LFR Legal Advice Center in , einem Stadtteil Lusakas, so dass sie ihre Verankerung in der Gemeinde gezielt für ihre Arbeit in der Rechtsberatung einsetzen kann. Insgesamt ist die Vernetzung der kirchli- chen NGOs CCJP und YWCA mit den Rechtsberatungs-NGOs LRF und ZCEA sehr zu loben und für beide Seiten gewinnbringend. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 277 in denen eine gerichtliche Verteidigung notwendig erscheint, an die LRF weiter.974 Den gemeinsamen Antrag von YWCA und LRF bewertete die SIDA positiv, so dass die Ausbildung der Para-legals seit 1998 gemeinsam mit allen vier in dem Netzwerk ver- bundenen NGOs stattfindet. Das Netzwerk gibt ein Beispiel für eine gelungene Koope- ration von kirchlichen und „advocacy“-NGOs, die ihre Ressourcen bei der Verankerung auf der Mikroebene mit dem Ziel der Erhöhung des Professionalisierungsgrades in der Rechtsberatung sinnvoll und effizient einsetzen. Es ist der LRF in Zambia zu wünschen, dass sie ihre für die Zukunft geplante Ausweitung in weitere Provinzen und dafür not- wendigen Aufklärungsprogramme realisieren kann, damit sich die vom Programmkoor- dinator der LRF beschriebene Situation verbessert: „We are living in a country where most of the people do not know their rights because these things about human rights are not taught in schools. So at the moment there are only a few who can attend our seminars.“ Die ebenfalls im Para-legal Advice Netzwerk involvierte „Zambia Civic Edu- cation Association“ (ZCEA) hat sich in einem von der Konrad Adenauer Stiftung ge- förderten Pilotprojekt die Schulen als Zielgruppe ihrer Civic Education Programme aus- gewählt. Die ZCEA, die vor allem durch ihre Gründerin Lucy Sichone Bekanntheit er- langte, wird nun aus der Binnensicht beleuchtet.

974 Vgl. Florence Shakafuswa, Coordinator Young Women’s Christian Association (YWCA) Lusaka, Interview am 30.12.1999 in Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 278

3.2.5 Die Vision einer NGO: „Civic education for the masses“975

„Its founders (...) believed that democracy will only become a reality for all Zambians when the rule of law, rights and duties are understood and claimed by the majority of the popula- tion.“976

Abbildung 3-8: Steckbrief Zambia Civic Education Association (ZCEA)

Themenfelder Civic Education in Schools, Legal and Human Rights, Community Participation and Good Governance (Land Act)

NGO Typ Honoratioren NGO: Bekannte Gründerin Lucy Sichone

Gründung Im September 1993 unter dem Society’s Act CAP 105 of the Laws of Zambia als NGO registriert.

Mission/Rolle „The mission of ZCEA is to educate people in their duties and responsibilities so as to bestow rights and privileges and equality for all the law.“977

Hauptziele Die Förderung der Demokratisierung durch die Bewusst- seinsbildung der Bevölkerung über ihre Rechte und Ver- antwortung in einem demokratischen System.

Größte Erfolge Seit 1997 „Para-legal-Advice-Center“ in , Muten- dere, Chaisa, Chilgenge und – Programm in Schulen - Landgesetz

Organisationsstruktur Leitendes Organ: „Executive Body“ aus 7 Personen

Personal/Büro Seit 1999 neues Büro in Lusaka bezogen / 2 Rechtsanwälte, 1 Sekretärin, im Schul und Community Programm zusam- men circa 6-7 Mitarbeiter

Mitglieder Keine Mitgliederorganisation

Geber Die wichtigsten Geber sind seit 1993 NORAD und

975 Munalula, Christine (ZCEA): Lucy Banda Sichone, in: Network (of Southern Afri- can Legal Aid and Legal Advice NGOs) Newsletter, Pretoria November 1998, S. 6. 976 Chanda: 1999, S. 52. 977 http://www.afronet.org.za/sahringon/profile.htm. (Zugriff am 14.8.2002). 978 Im Jahre 1999 förderte die NORAD die ZCEA mit 521.000 Norwegischen Kronen (entsprachen zu diesem Zeitpunkt circa 64.508 Euro); die SIDA mit 400.000 Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 279

SIDA978. Bis 1996 erhielt ZCEA ebenso Unterstützung durch die Friedrich-Naumann-Stiftung und das USAID/Southern University Democratic Governance Pro- ject. Im November 1999 stellte sie eine Anfrage an DANIDA und die Botschaft Finnlands. Das Schulpro- gramm unterstützt die Konrad Adenauer Stiftung von ih- rem Büro in Harare aus. (Kleines Budget vergleichbar mit der LRF)

Zur Ambivalenz des „founder-syndroms“ aus der Binnensicht der ZCEA

„The other liability, for most NGOs, is the ‘founder-leader‘ syndrome. The person who founded the NGO remains the god- father (or godmother) of the organisation, come what may. De- tractors of NGOs are consequently given a field day. They capi- talised on these lacunas and gleefully point out that NGOs can- not raise questions about ‘good governance’ when this is not re- flected in the NGOs themselves.“979

Mit dem Einschub „godmother“ zielte der Leiter der CCJP Abteilung in seinem Kom- mentar über die zambische NGO Landschaft sicherlich auf die charismatische Gründe- rin der „Zambia Civic Education Association“ (ZCEA) Lucy Sichone, die - mit Aus- nahme der Genderorganisationen - die einzige Patin einer advocacy-NGO nach 1991 war. Gemäß ihrer Vision „civic education for the masses“980 setzte sie sich unerschro- cken für die Menschenrechte und politischen Rechte in Zambia ein. Die Gründung der ZCEA durch die 1998 verstorbene Rechtsanwältin beschreibt der „Legal and Human Rights Coordinator“ der NGO Ende 1999 in einem Interview wie folgt:

„Lucy Sichone started this movement as an individual and regis- tered ZCEA in 1993. (...) She was charismatic and if things were not going right she had voiced out and encouraged a lot of younger people and persons to talk. (...) ZCEA is like other old institutions which we saw from the beginning not actually what we would call an organisation that would be followed by a lot of

Schwedischen Kronen (entsprachen circa 46.715 Euro) und die DANIDA bis zum Jahre 1997 mit 55.000 Dänischen Kronen (entsprachen circa 7.389 Euro). 979 Joe Komakoma: A Comment, in The Post, Lusaka, 2.12.1999. 980 Munalula, Christine (ZCEA): Lucy Banda Sichone, in: Network (of Southern Afri- can Legal Aid and Legal Advice NGOs) Newsletter, Pretoria November 1998, S. 6. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 280

people. They were individuals from those institutions who helped to encourage the people.“981

Die prominente Ex-UNIP Funktionärin engagierte sich - wie auf der Makroebene be- reits Erwähnung fand - in der Verfassungsdebatte auch als Kolumnistin der unabhängi- gen Tageszeitung „The Post“. Im Februar 1996 ließ die Regierung Lucy Sichone dafür zusammen mit zwei Journalisten der „The Post“ kurzzeitig verhaften und aufgrund des internationalen Drucks nach einem Monat wieder frei. Nach dem gescheiterten Putsch- versuch vom Oktober 1997 kritisierte Lucy Sichone als Vorsitzende der ZCEA Präsi- dent Chiluba öffentlich wegen der zweiten Verlängerung des Ausnahmezustandes, den sie als „his only vestige of survival“982 bezeichnete. Neben Kenneth Kaunda zählte sie als Mitglied eines Rechtsanwaltteams auch über 40 Soldaten zu ihren Mandanten, die unter dem Ausnahmezustand ohne Gerichtsverfahren festgenommen wurden.

Durch den Tod Lucy Sichones im August 1998 hatte nicht nur die ZCEA ihre Patin, sondern die zambische Nation „a great daughter of the nation“983 und – nach Kenneth Kaunda „a fearless fighter and a great thinker“984 verloren. Während die ZCEA von ih- rem Bekanntheitsgrad und ihrer charismatischen Führung profitierte, erschwerte ihr konfrontativer Stil die Zusammenarbeit mit der im März 1997 von der Regierung einge- setzten Menschenrechtskommission.

„Concerning the Human Rights Commission I think initially the Commission was not sure what these NGOs wanted – especially this ZCEA because the founder was an aggressive, vibrant and hard working lady. There was a time the state wanted to close ZCEA. (...) But Lucy Sichone told the press: ‘I will continue because I am operating upon (...) the authority of the people who feel that they have a problem which I must address.‘ She was that kind of confrontative. (...) But this year since 1999 since I came we have had good meetings with the Parliament about the role of the Human Rights Commission for preparing the G7 Meeting in Paris and a follow up meeting with the Hu- man Rights Commission. (...) Right now we have a quite good relationship.“985

981 Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. 982 o.V.: The Post, Lusaka, January 30, 1998. 983 o.V.: The Post, Lusaka, August 27, 1998. 984 A.a.O. 985 Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 281

Das Zitat weist auf die Ambivalenz der als „founder-syndrom“ bezeichneten Dominanz einer Gründungsmutter aus der Binnensicht der NGO: Auf der einen Seite vermochten neue Mitarbeiter, verhärtete Fronten zu staatlichen Institutionen zu erweichen, auf der anderen Seite befand sich die ZCEA Ende 1999 in einer Phase der internen Neuorien- tierung und in einer Zeit, wo die bilaterale Demokratieförderung nach fast einer Dekade „either stating or declining“986 war.

Der Rechtsanwalt Jeremiah Sinkende, der zum Zeitpunkt des Interviews erst vier Mona- te für die ZCEA arbeitete, betrachtete die politische NGO-Landschaft Zambias noch aus einer Distanz: Er betonte, dass die Gründung der meisten NGOs ab 1991 auf Indi- viduen basiere, ihre Arbeit sich auf urbane Zentren konzentriere und ihre politische Schlagkraft beschränkt sei:

„The women movement is now becoming a little bit more heard. But of course hearing of something is different from imple- menting what you have heard. Then on voter education I am not sure whether we have made a break through because people still do not know their rights.“987

Auf die Frage nach den größten Erfolgen der politischen NGOs in Zambia räumt er ein:

„But I feel the NGO movement has succeeded in making the ruling government and indeed the political leaders realise that if they do something apart from good governance then there is a group of persons who would stand out as activists and try to stop us. They would cry for and manage to make the partners outside the country not to assist the government to go ahead.“988

986 Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. Der Projektkoordinator der ZCEA ver- weist auf den aktuellen Förderschwerpunkt im HIV/AIDS Bereich und kritisiert die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Regierung zu den NGOs: „Right now there is a lot of money that is pulling on the aspect of AIDS. But my worry is, when you go to the University Teaching Hospital in Lusaka today there are more than 300 vehicles that are tied to these projects. With those vehicles we are talking about 200-300 persons of the Ministry of Health who pick their pockets on allowances and forget those people in the hospital. (...)The ruling of these projects is not democratic. Why? Because we are not consulted.“ (Antwort auf die Frage 2.11 des NGO-Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist.) 987 Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. (Antwort auf die Frage 2.7 des NGO- Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist.) 988 Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. (Antwort auf die Frage 2.7 des NGO- Fragebogens, der im Anhang einzusehen ist.) Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 282

Demnach bleibt die Mobilisierung der Bevölkerung gemäß dem Motto der ZCEA - „ci- vic education of the masses“ - eine Vision. Aus der Binnensicht verbucht die NGO als ihren Erfolg, die internationale Gemeinschaft über undemokratische Praktiken zu in- formieren, um somit den Druck auf die eigene Regierung zu erhöhen. Dass diese Strate- gie in der jüngsten Vergangenheit fruchtete, belegte die Einladung der Regierung an die NGOs im Vorfeld des Konsultativgruppentreffens in Paris 1999 und der Beobachtersta- tus, den die NGOs bei dem Konsultativgruppentreffen 2000 in Lusaka errungen hatte.

Zu Beginn des Jahres 2000 fokussierte die ZCEA im Wesentlichen auf das „Legal and Human Rights“ und das „Civic Education in Schools“ Programm. In ihrem „Legal and Human Rights“ Programm setzt die ZCEA ähnlich - wie die im vorangegangenen Kapi- tel vorgestellte LRF - den Schwerpunkt auf ausgebildete Para-legals, die in fünf so ge- nannten „para-legal desks“ in Stadtteilen Lusakas die Bevölkerung über ihre Rechte in- formieren und bei Bedarf den Fall an die beiden Rechtsanwälte der ZCEA weiterleiten. Bei den monatlich 200-300 an die ZCEA herangetragenen Fällen sieht die NGO ihre Rolle im wesentlichen als Mediator989 und politischen Anwalt wie etwa durch ihre Lob- byarbeit in der Landrechtfrage, die durch die „para-legal advice desks“ an die ZCEA he- rangetragen wurde. In ihrem von der Konrad Adenauer Stiftung geförderten Pilotpro- jekt hat die ZCEA in zehn weiterführenden Schulen Lusakas für insgesamt 400 Schüler „Civic Education Clubs“ eingerichtet, die in Koordination mit den Lehrern in wöchent- lichen Treffen und Ausflügen politische Themen besprechen, die nicht auf dem Lehr- plan stehen. Die Rolle der demokratischen Institutionen wie die „Electoral Commissi- on“, die „Human Rights Commission“ werden ebenso diskutiert wie die Rolle der Ab- geordneten und ihre mangelnde Anbindung an ihre Wahlkreise. Die von dem „Assistant School Programme Coordinator“ als „shaky“990 bezeichnete Kooperation mit dem „Mi- nistry of Education“, bei dem die ZCEA ihre Themenvorschläge für das Schulprojekt absegnen muss, erwies sich in einigen Fällen als ausgesprochen schwierig. Angesichts dieser Widerstände ist eine von der ZCEA als langfristiges Ziel angedachte Integration einer auch kritischen Staatsbürgerkunde in das Curriculum noch in weiter Ferne.

989 Die gerichtliche Verteidigung übernimmt die ZCEA überwiegend in Fällen von „police abuse, property grabbing and matters of discrimination“. Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator der ZCEA, Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka. 990 Justin Mukosa, Assistant Coordinator „Civic Education in Schools“ der ZCEA, Interview am 29.11.1999 in Lusaka. Zambia: Anatomie eines Systemwechsels auf der Mikroebene 283

3.3 Fazit: Die Rolle der NGOs im zambischen Demokrati- sierungsprozess

„To conclude, we should not underestimate the political acumen of the Zambian people. Government has been unable to ignore civil society and has seen fit to respond by a variety of strate- gies, including co-option, persuasion, harassment and coercion. This suggests that ‘NGOs’ are not a negligible factor in Zam- bia’s democracy, just as they are not unimportant to the deliv- ery of basic welfare services for many ordinary people.“991

Die politischen NGOs, die im Fokus der Untersuchung standen, sind aus dem politi- schen Leben Zambias nicht mehr wegzudenken. In den analysierten Bereichen Wahlen, „Social Justice“, Menschenrechtsarbeit, Rechtsbeihilfe und „Civic Education“ haben sie, wie auf der Makro- und Mikroebene ausführlich beschrieben, beachtliche Erfolge zu verbuchen:

Der Beobachterstatus bei den Konsultativgruppentreffen, das Mitte 2000 erstmal in Lu- saka stattfand, und der Erfolg des zivilgesellschaftlichen Engagements im Vorfeld der Wahlen von 2001 gegen eine dritte Amtzeit Chilubas sind als Leistungen der NGOs nicht von der Hand zu weisen. Die Analyse auf der Mikroebene legte aber auch offen, dass nicht verallgemeinert von den NGOs gesprochen werden kann, da sie aufgrund der Außenfinanzierung in starker Konkurrenz stehen und auch zum Teil andere Strategien im Umgang mit den politischen Institutionen favorisieren. Der Grad der sozialen Ver- ankerung differiert ebenso erheblich: Eine breit verankerte CCJP, die als Teil der Kirche operiert, erreicht von den untersuchten NGOs zusammen mit der FODEP auch Gebie- te „außerhalb“ Lusakas, denn langfristig setzt die mangelnde Anbindung an eine breite Mitgliedschaft und die Konzentration auf die Hauptstadt vielen NGOs Grenzen. Hier sind gerade Zusammenspiele von NGOs, aber auch anderen zivilgesellschaftlichen Ak- teuren gefragt, wie sie in Zambia im Rahmen der Verfassungsdebatte von 1996 und 2001, sowie in der aktuellen Diskussion um den PRSP Prozess immer wieder vorzufin- den sind. Wie die NGOs als Subjekte auf den Systemwechselprozess einwirken, möchte die abschließende Diskussion der Hypothesen nun aufgreifen.

991 Burnell, Peter: Taking stock of democracy in Zambia, in: Haynes, Jeff (Hrsg.): Democracy and Political Change in the ‘Third World’, London 2001, S. 138. Schlussbetrachtung 284

4 Schlussbetrachtung In der Schlussbetrachtung sollen, wie in der theoretischen Einleitung angekündigt, die der Arbeit zugrunde liegenden Hypothesen mit Blick auf das Untersuchungsland Zam- bia überprüft werden. Dabei werden zugleich die empirischen Ergebnisse der Mikro- ebene verzahnt mit der Aufarbeitung des internationalen Forschungsstandes auf der Makroebene noch einmal gebündelt präsentiert. Geprüft werden zunächst die Hypothe- sen auf der Makroebene, auf der die Zivilgesellschaft als „Objekt“ des Systemwechsels betrachtet wurde.

Hypothese 1 Makroebene

Auf den zu untersuchenden Systemwechsel wirken sowohl systemische, strukturelle als auch akteurs- und handlungstheoretische Faktoren, die wiederum einen Einfluss auf die Entwicklung und Entfaltung der Zivilgesellschaft haben. (In Anlehnung an die Koexis- tenz der transitionstheoretischen Paradigmen System-Struktur-Akteur.992)

Ergebnis: Hypothese kann für Zambia bestätigt werden.

Mit der Untersuchung dieser Hypothese war das Ziel verbunden, den gesamten Sys- temwechselprozess Zambias von 1991 bis in die jüngste Gegenwart 2001 im anatomi- schen Sinne zu „sezieren“: Durch die „Operation“, die auf der Makroebene erfolgte, sollte sich das Zusammenspiel der systemischen, strukturellen und akteurspezifischen Faktoren herauskristallisieren, entsprechend der in der Transitionstheorie zugrunde ge- legten Koexistenz der drei konkurrierenden Paradigmen.993 Welche Rolle haben nun die Paradigmen Struktur - System - Akteur auf den Systemwechsel in Zambia? Die Frage wird in zwei Schritten beantwortet, zunächst für den von 1989 bis 1991 eingeleiteten politischen Liberalisierungsprozess, und in einem zweiten Schritt für die Dekade der po- litischen Entwicklungen von 1991 bis in die jüngste Gegenwart 2001.

992 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 1.1.1. 993 Siehe das Fazit des Kapitels 1.1.1. Schlussbetrachtung 285

Anwendung der Hypothese 1 auf die Liberalisierungsphase von 1989 bis 1991

Die prinzipielle Bedeutung der Variablen System, Struktur und Akteur kann für die Ein- leitung und den Verlauf des zambischen Liberalisierungsprozesses mit Nachdruck bestä- tigt werden: Systemische Faktoren - wie das desaströse ökonomische System der Zweiten Republik994 wirkten genau wie die strukturellen externen Veränderungen am Ende der 1980er Jahre - wie dem „Epochenbruch“ von 1989995 und der daraus resultierenden ver- änderten Geberpolitik sowie den internen Machtkonstellationen durch Exklusion von Teilen der „Staatsklasse“ aus dem sie begünstigenden Patronagesystem - und wie spezi- fische Akteurskonstellationen - etwa der von der Regierung Kaunda unbeabsichtigt ge- stärkte Gewerkschaftsdachverband, der es als Motor der politischen Liberalisierung ge- schickt vermochte, die Fraktion der aus der UNIP ausgeschlossenen Politiker, der Ge- schäftleute, mit den zivilgesellschaftlichem Protest zu verbinden. Da Kaunda auf die Forderungen der christlichen Kirchen und des Gewerkschaftsdachverbandes nach der Einführung eines Mehrparteienystems am Ende der 1980er Jahre zunächst abweisend reagierte und erst im März 1990 seine Bereitschaft signalisierte, die Auswirkungen des tiefgreifenden Wandels in Osteuropa und des Ende des Ost-West-Konfliktes in einer Nationalen Konferenz zu erörtern996, wird deutlich, dass das krisenreiche ökonomische System und der wachsende Protest gegen das Einparteisystem alleine noch nicht den Liberalisierungsprozess auszulösen vermochten.

Resümierend ist festzuhalten, dass es sich in Zambia wie in vielen afrikanischen Ländern der dritten Demokratisierungswelle entgegen den klassischen systemtheoretischen An- nahmen der Modernisierungtheorie nicht um einen Systemwechselprozess im Gefolge wirtschaftlicher Aufholprozesse handelte, sondern vielmehr ein Zusammenhang mit tie- fen Entwicklungskrisen festzustellen ist.997 Auf der ökonomischen Ebene erweist sich für den afrikanischen Kontext als Besonderheit, dass mit den eingeleiteten Demokrati- sierungsprozessen häufig auch ein wirtschaftspolitischer Strategiewechsel einhergeht, so dass sich die Probleme der Sequenz und der Außeninduzierung der ökonomischen und politischen Transition stellen. Der nachfolgende Abschnitt wird zeigen, dass die „duale Liberalisierung“ für Zambia entscheidende systemstabilisierende Wirkungen hatte. Der

994 Auf die systemischen Voraussetzungen für den Liberalisierungsprozess aus der Ära Kaunda verweist das Kapitel 2.1.3. 995 Zum „Epochenbruch“ siehe das Kapitel 1.1.1.2. 996 Vgl. das Kapitel 2.2. 997 Zur Anwendung der systemtheoretischen Ansätze auf den afrikanischen Kontext siehe das Kapitel 1.1.1.3.1. Schlussbetrachtung 286 zambische Liberalisierungsprozess lässt sich auch aus strukturalistischer Perspektive mit anderen afrikanischen Prozessen vergleichen, da nicht die sozio- und machtstrukturellen internen Konstellationen, wie das Verhältnis von „Klassen“ untereinander oder zum Staat, sondern vor allem die Rahmenbedingungen des internationalen Kontextes gleich- sam als „internationale“ Strukturen auf die politische Entwicklung der demokratischen Transition einen entscheidenden Einfluss haben.

Mit Blick auf die Relevanz akteurstheoretischer Ansätze lassen sich viel eher länderspe- zifische Ergebnisse konstatieren. Im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern, wie etwa dem Nachbarland Malawi, war für Zambia ein starkes zivilgesellschaftliches Enga- gement kennzeichnend, das somit den theoretischen Annahmen der in der Liberalisie- rungsphase modellhaft unterstellten Handlungsfähigkeit eines kollektiven Akteurs ent- spricht.998 Die Wandlungsfähigkeit des breiten Sammelbündnisses zur Regierungspartei Zambias macht deutlich999, wie fragil der Zusammenhalt des Akteurs war und wie be- grenzt die Erklärungskraft der Akteurstheorien ist, da sie die in der Konsolidierungspha- se wieder auftauchenden strukturellen und systemischen Faktoren ausblenden, was im nächsten Abschnitt dargelegt werden soll.

Anwendung der Hypothese 1 auf die politische Entwicklung nach 1991

Die Anatomie des Systemwechsels auf der Makroebene machte sehr deutlich, dass in Anlehnung an die vorangegangenen Ausführungen über den Liberalisierungsprozess ge- rade die Kombination unterschiedlicher theoretischer Erklärungsansätze einen Er- kenntnisgewinn für die Erfolge und Defizite der politischen Entwicklung in Zambia nach 1991 mit sich bringt. Die erste Schwierigkeit eröffnete sich der Autorin bei der Übertragung des aus den akteurstheoretischen Ansätzen abgeleiteten dreigliedrigen Pha- senmodells. Im zambischen Kontext (wie im übrigen für eine Vielzahl afrikanischer Länder) stellt sich die Frage nach dem Endpunkt der die Liberalisierung- und Demokra- tisierungsphase umspannenden Transition, da die Einführung der formalen demokrati- schen Regeln und Institutionen nach den Wahlen von 1991 hinausgezögert oder macht- politisch missbraucht wurde. Daher kann auch von einer ausgedehnten Transitionspha- se gesprochen werden, in der oftmals ein „neopatrimoniales Mehrparteiensystem“ mit

998 Vgl. Przeworski: 1991, S. 62ff. 999 Vgl. das Kapitel 2.3.2.1. Schlussbetrachtung 287 mehr oder weniger ausgeprägten autoritären oder demokratischen Formen in Erschei- nung tritt. Für den zambischen Kontext bezeichnend ist die bis 1995 hinausgezögerte Verfassungsdebatte, die - wie ausführlich auf der Makro- und Mikroebene beschrieben - als Achillesverse des gesamten Demokratisierungsprozesses angesehen werden kann, da hierdurch nicht nur die Festlegung und Einhaltung von demokratischen Rechten, wie grundlegende politische Rechte („Public Order Act“) und die Religionsfreiheit („Christi- an Nation“), sondern auch wesentliche im Dahlschen Sinne prozedurale Mindestanfor- derungen an ein demokratisches System negiert wurden: Die Gewährung von politi- schem Wettbewerb zwischen Parteien und Individuen und ein hoher Grad an politi- scher Partizipation, ausgedrückt vor allem durch freie und faire Wahlen.1000

Als Prüfstein des zambischen Demokratisierungsprozesses stellte die umstrittene Ver- fassungsänderung von 1996 die Verfassung als politische Institution zur Einhaltung der rechtlichen Standards, des politischen Wettbewerbs und der politischen Partizipation in Frage. Mehr noch, durch den Einsatz von massiver staatlicher Repression und Gewalt gegen die in der Debatte dominierenden zivilgesellschaftlichen Kräfte, allen voran die CCJP, die in dieser Arbeit untersuchten NGOs und die freie Presse, wurden auch die „internationalen“ Strukturen in Form der bi- und multilateralen Gebergemeinschaft ins Spiel gebracht.

Aufgrund der ausführlich beschriebenen Inkohärenz in der Anwendung der politischen Konditionalität von bi- und multilateralen Gebern als Reaktion auf die Verfassungsde- batte, war es der Regierung Chiluba möglich, den politischen Flurschaden und die Ein- behaltung von Finanzzusagen der (bilateralen) Gebergemeinschaft durch Erfolge auf der systemischen Seite, dem ökonomischen Liberalisierungsprogramm, das 1995 als ers- tes mit dem IWF und der Weltbank abgeschlossenes Programm galt, zu kompensieren. Möglich wurde der Einsatz dieser „Trumpfkarte“ durch umfassende Finanzzusagen der internationalen Finanzinstitutionen als Belohung für die rasche Umsetzung des Reform- programms, aber auch durch den beachtlichen Spielraum bei der Implementierung des Maßnahmenpakets, der es der Regierung ermöglichte, unliebsame Reformen wahltak- tisch zu verschieben. Entgegen der „Honeymoon“ These der dualen Liberalisierung1001 baute die Regierung nicht ein Netzwerk der Unterstützer des Programms in Zambia auf,

1000 Vgl. das Kapitel 1.1.2. 1001 Die „Honeymoon-These“ wurde von Lise Rakner in ihrer Dissertation über die duale Liberalisierung in Zambia angewandt. Vgl. Rakner: 1998 und das Kapitel 2.3.2.2. Schlussbetrachtung 288 sondern konnte auf die externe Legitimation von außen bauen, wodurch der enorme Einfluss der „internationalen“ Strukturen deutlich wird. Die externen Faktoren spielten auch bei der Herausbildung der politischen NGO-Landschaft, die im Fokus der Unter- suchung steht, eine exponierte Rolle, da die NGOs als Hauptprofiteure der Zivilgesell- schaftsdebatte auch in dem zu Beginn der 1990er Jahre von der bilateralen Geberge- meinschaft etablierten Bereich der Demokratisierungshilfe einen sicheren Platz einneh- men (hierauf wird später noch eingegangen).

Resümierend ist festzuhalten, dass der zambische Systemwechselprozess auf der Makro- ebene nur aus der Verknüpfung und wechselseitigen Beeinflussung der aufgezeigten sys- temischen, strukturellen und akteursspezifischen Faktoren zu erklären ist. Das Fakto- renbündel beeinflusst wiederum die Entwicklung der zivilgesellschaftlichen Akteurs- landschaft, die demnach nicht auf einer „Tabula rasa“ entsteht, sondern in Zambia vor allem durch die veränderten internationalen Kontextfaktoren beeinflusst wurde. Der im Folgenden noch beschriebene Positionswandel innerhalb der Zivilgesellschaft hängt hingegen wesentlich mit dem Aufkommen der NGOs zusammen. Hierfür sind länger- fristige Entwicklungspfade der Zivilgesellschaft entscheidend, auf die die Institutionen und Strukturen des autoritären Regimes der Ära Kaunda einwirkten.1002

In Anlehnung an das funktionalistische Konzept der Zivilgesellschaft1003 sind demnach für Zambia von den vier einflussstärksten Kontextfaktoren der Makroebene - 1. die In- stitutionen und Strukturen autoritärer Regime; 2. das soziokulturelle Erbe; 3. die öko- nomischen Umweltbedingungen der Transformation; 4. die internationalen Einflussfak- toren – vor allem der erste und vierte Faktor von entscheidender Bedeutung für die Entstehung und Entwicklung der zambischen Zivilgesellschaft.

Hypothese 2 Makroebene

In Abhängigkeit von den drei Phasen des Systemwechsels werden für die Transiti- onsphase typische Entwicklungsverläufe der Zivilgesellschaft- die Aufschwung-, Boom- und Abschwungphase - ablesbar sein, wohingegen für die Konsolidierungsphase die drei

1002 Zur Genese der Zivilgesellschaft in der Ära Kaunda siehe die Kapitel 2.1.1.2 und 2.1.2.2. 1003 Vgl. Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 21. Schlussbetrachtung 289

Szenarien - Regression, Stagnation oder Progression - möglich sein werden. (Anlehnung an die vergleichenden Befunde aus den Ländern der dritten Demokratisierungswelle1004)

Ergebnis: Hypothese 2 kann für Zambia nur in Teilen bestätigt werden.

Die Hypothese setzt voraus, dass die drei Phasen des Systemwechsels in Zambia eindeu- tig identifizierbar sind. Wie in der Diskussion der ersten Hypothese bereits dargestellt, handelt es sich in Zambia um einen ‚degenerierten’ Systemwechsel, in dem eine abge- schlossene Transitionsphase durch den Aufbau demokratischer Institutionen und Ver- fahren und deren Anwendung nicht erkennbar ist, da nicht nur die Demokratisierungs- phase ausgedehnt ist, sondern die politischen Entwicklungen auch Tendenzen einer Regression aufweisen.

Bestätigen lässt sich jedoch der unter der Aufschwungphase subsumierte Entwicklungsver- lauf in der Liberalisierungsphase: Wie in fast allen untersuchten Ländern der dritten Demokratisierungswelle1005 stieg auch in Zambia mit der Einführung der politischen Re- formen der Aktivitäts-, Mobilisierungs- und Organisationsgrad der zivilgesellschaftli- chen Akteure an. Die in dieser Arbeit untersuchten NGOs sind mit Ausnahme der 1986 gegründeten kirchlichen CCJP sogar erst das „Produkt“ des Liberalisierungsprozesses und der aufgezeigten veränderten Geberpolitik nach Ende des Ost-West-Konfliktes.

Der Hypothese folgend erreicht die zivilgesellschaftliche Entwicklung zu Beginn der Demokratisierung in der Boomphase ihren Höhepunkt, da der nachlassende Repressionsgrad des autoritären Systems und die Diskussion um die demokratisch-institutionelle Zukunft sich begünstigend auf die politische Partizipation der Bevölkerung auswirken. Im Um- kehrschluss der These müsste Zambia demnach, da sich die Zivilgesellschaft wie im Mikroteil beschrieben (Diskussion um eine dritte Amtszeit Chilubas, Erstellung der PRSP) immer noch in einer Boomphase befindet, seit über zehn Jahren in einer begin- nenden Demokratisierungsphase stecken.

Bestätigen lässt sich für den zambischen Fall indirekt auch der für die Abschwungphase be- hauptete Zusammenhang, demzufolge eine fortschreitende Institutionalisierung demo- kratischer Verfahren und Erfüllung zivilgesellschaftlicher Forderungen zum Nachlassen

1004 Vgl. das Kapitel 1.3.3. 1005 Vgl. das Kapitel 1.3.3. Schlussbetrachtung 290 der Aktivitäten und sogar in eine zivilgesellschaftliche Rezession führen können. Die Analysen auf der Makro- und Mikroebene belegen, dass Zambia weit von einer Ab- schwungphase der Zivilgesellschaft entfernt ist, da die Einführung der institutionellen Rahmenbedingungen jahrelang blockiert wurden oder wie im Falle der Wahlen von 1991, 1996 und 2001 ausführlich beschrieben, die demokratischen Mindeststandards, wie die Durchführung der Wahlen zeigte, sogar wieder absinken. Im Folgenden werden nun die Hypothesen auf der Mikroebene, auf der die Zivilgesellschaft als „Subjekt“ des Systemwechsels betrachtet wurde, geprüft.

Hypothese 1 Mikroebene

Die NGOs entwickeln sich aufgrund ihrer verbundenen Mikro- und Makrostrategie1006 zu den idealen Protagonisten der Zivilgesellschaft, um den Demokratisierungsprozess zu fundieren, und lösen durch die dominante Stellung auch einen Positionswandel in- nerhalb der gesamten zivilgesellschaftlichen Akteurslandschaft aus. (Prüfung der für den afrikanischen Kontext vielzitierten „NGO-isierungs-These“1007)

Ergebnis: Der erste Teil der Hypothese kann für Zambia bestätigt werden, der zweite Teil nur mit Einschränkungen. a) Verbundene Mikro- und Makrostrategie: Bestätigt

Die der Hypothese zugrunde liegende Vorstellung einer verbundenen Mikro- und Mak- rostrategie kann durch die Analyse der Arbeit voll bestätigt werden: Die NGOs zeich- nen sich in der zambischen Akteurslandschaft durch ihre Verbindung von gesellschaftli- chen Strukturen auf der Mikroebene mit der Regierungspolitik und dem staatlichen Handeln auf der Makroebene aus. Diese die beiden Ebenen verknüpfende Strategie zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte vorliegende Arbeit und hat Querver- bindungen der Makro- und Mikroebene aufgedeckt, die immer wieder verdeutlichen, wie stark die NGOs als „Subjekte“ der politischen Entwicklung auf die zambische Poli- tik Einfluss nehmen, wie sich in den analysierten Themenfeldern Wahlen, Verfassungs-

1006 Vgl. das Kapitel 1.2.2. 1007 Croissant/Lauth/Merkel: 2000, S. 32. Schlussbetrachtung 291 debatte, Armutsbekämpfung, Soziale Gerechtigkeit, Menschenrechtspolitik, Staatbür- gerkunde und Rechtsbeistand klar herausstellen ließ. Gerade die herausragende Stellung der kirchlichen CCJP, die im klassischen Sinne keine von außen geförderte „advocacy- NGO“, sondern ein Teil der katholischen Kirche ist, fußt auf einer exzellenten Anwen- dung der kombinierten Mikro- und Makrostrategie: Durch die breite soziale Veranke- rung auf der Provinz- und Distriktebene sowie durch die Nutzung der Infrastruktur der christlichen Kirchen vermag die CCJP sowohl die auf der Mikroebene relevanten Aus- wirkungen der staatlichen Politik (Land Act, Strukturanpassungsprogramme) auf die Agenda der Regierungspolitik zu bringen, als auch in umgekehrter Richtung relevante nationale politische Belange (Verfassung, PRSP) in verständlicher Sprache auf der Mik- roebene zu vermitteln. Mit dieser vermittelnden und kommunikativen Rolle füllen die NGOs in Zambia eine große Lücke, die außer von den christlichen Kirchen von keinem Akteur des zivilgesellschaftlichen Spektrums ausgefüllt wird. Gerade in ihrer Funktion als „Kommunikationsagenturen“ leisten sie für den gesamten Entwicklungsprozess Zambias große Dienste, denn in den oben benannten relevanten Themenfeldern versagt die staatliche Ebene oftmals in ihrem Anspruch, die Bevölkerung zu informieren. In ei- nigen Fällen, wie in der Wahlbeobachtung und der Menschenrechtspolitik, stände der Regierung eine über ihre Rechte gut informierte Bevölkerung sogar im Wege oder könn- te sie an der Fortführung ihres Politikstils hindern. Die aufgrund der kombinierten Mak- ro- und Mikrostrategie erkämpften Teilsiege, wie der ab Mitte 2000 errungene Beobach- ter- und Anhörungsstatus einiger NGOs bei den Konsultativgruppentreffen für Zambia und die starke Involvierung in den PRSP-Prozess, können als beachtliche Erfolge der NGOs gewertet werden.

b) Die „NGO-isierungs“-These: Nur zum Teil bestätigt

Die „NGO-isierungs“-These geht von einer maßgeblich von außen geförderten NGO- Landschaft aus, die nach einiger Zeit das zivilgesellschaftliche Akteursspektrum domi- nieren wird. Die These kann insofern für Zambia bestätigt werden, als die politisch akti- ven NGOs, wie ausführlich beschrieben, sich bereits nach kurzer Zeit bis zur Verfas- sungsdebatte von 1995 als wichtige politische Akteure etabliert hatten. Nicht bestätigt werden kann hingegen, dass sie andere zivilgesellschaftliche Akteure verdrängt und voll- ständig dominiert hätten, da der Verlust an politischer Schlagkraft des Gewerkschafts- dachverbandes ZCTU nicht nur monokausal auf das Auftreten der NGOs zurückzufüh- Schlussbetrachtung 292 ren ist, sondern, wie in der Mikroanalyse beschrieben, auch mit weiteren Faktoren zu- sammenhängt, wie der internen Zerrissenheit und dem Mitgliederschwund durch struk- turanpassungsbedingte Entlassungen. Weiterhin sind auch die christlichen Kirchen, wie sich in der Verfassungsdebatte und zuletzt in der OASIS Deklaration zu Beginn des Jah- res 2001 gegen eine dritte Amtszeit Chilubas zeigte, nicht aus dem politischen Leben Zambias wegzudenken, und verleihen dem Engagement der NGOs sogar Legitimität und Schlagkraft. Die Wahlbeobachtungs-NGO FODEP kann bis heute von ihrer aus der Gründungszeit resultierenden Nähe zu den christlichen Kirchen profitieren. Entge- gen der NGO-isierungs-These ist in Zambia insgesamt ein gutes zivilgesellschaftliches Klima zu beobachten, das sich auch in den neuen zivilgesellschaftlichen Zusammen- schlüssen im Rahmen des Implementierungsprozesses des PRSP von 2002 bis 2005 wi- derspiegelt, durch die auch neue Dynamiken für die gesamte Zivilgesellschaft entstehen könnten.

Hypothese 2 Mikroebene

Die NGOs erfüllen als „Subjekte“ des Systemwechsels mindestens eine, im Idealfall bis zu fünf der aus der politischen Ideengeschichte abgeleiteten demokratischen Funktio- nen: die Schutz-, Vermittlungs-, Sozialisierungs-, Integrations- und Kommunikations- funktion (Anlehnung an das funktionalistische Konzept der Zivilgesellschaft1008).

Ergebnis: Hypothese kann für Zambia mit Nachdruck bestätigt werden.

Für Zambia kann die dem funktionalistischen Konzept der Zivilgesellschaft zugrunde liegende Hypothese mit Nachdruck bestätigt werden: Alle in dieser Arbeit untersuchten NGOs haben, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß, durch ihre schützende, vermit- telnde, sozialisierende, integrative und kommunikative Funktion förderlich auf die de- mokratische Entwicklung eingewirkt. Als herausragendes Beispiel für die Schutzfunkti- on sind die im Menschenrechts- und in der Rechtsberatung aktiven NGOs (AFRONET, LRF) zu nennen, während für die Vermittlungsfunktion das Engagement der CCJP in der Verfassungsdebatte und der politischen Dimension der Armutsbe-

1008 Vgl. das Kapitel 1.3.1.1. Schlussbetrachtung 293 kämpfung besonders heraus sticht. Für die Sozialisierungsfunktion kann das Engage- ment im Bereich der „voter and civic education“ (FODEP, ZCEA) zitiert werden, wo- bei für die genaue Erfassung der Auswirkungen der Programme eine umfangreiche Stu- die bei den Zielgruppen und anderen Teilen der Bevölkerung erfolgen müsste.

Hypothese 3 Mikroebene

Die NGOs können „als Teil der Zivilgesellschaft“ auch einem demokratischen Transiti- ons- und Konsolidierungsprozess entgegenwirken: Ob die NGOs eher demokratieför- dernd oder demokratiehindernd auf den Systemwechsel einwirken, wird von der unter- schiedlichen Ausprägung der Akteure abhängen, die im Wesentlichen durch fünf Unter- scheidungskriterien erfasst werden kann: Durch den Grad der Anlehnung an bestehende gesellschaftliche Segmentierungen, den Grad der Machthierarchien innerhalb der Zivil- gesellschaft, den Grad der „Zivilität“ der Akteure, den Grad der binnendemokratischen Verankerung und der gesellschaftlichen Repräsentativität der zivilgesellschaftlichen Ak- teure. (Anlehnung an das Konzept der „ambivalenten“ Zivilgesellschaft1009)

Ergebnis: Hypothese kann für Zambia nicht bestätigt werden.

Die Hypothese kann für die untersuchten NGOs in Zambia nicht bestätigt werden, denn wie die Prüfung der vorangegangenen Hypothese bereits unterstrichen hat, zeigten die NGOs in der ersten Dekade ihres Wirkens ausschließlich demokratiefördernde Wir- kungen. Aus diesem Befund kann aber auch abgeleitet werden, dass die genannten Un- terscheidungskriterien zur Erfassung der Ausprägung der zivilgesellschaftlichen Akteure und ihrer demokratiefördernden oder – hindernden Wirkung nicht richtig gewählt sind. Dem ist insofern zuzustimmen, als die zambischen NGOs trotz der aufgezeigten gravie- renden Unterschiede in der binnendemokratischen Verankerung und gesellschaftlichen Repräsentativität sich aber nicht - wie für den afrikanischen Kontext oftmals angenom- men - entlang gesellschaftlicher Konfliktlinien strukturieren oder eine stark partikulare Interessenorientierung und geringe Verankerung ziviler Tugenden aufweisen. Daher können die Funktionen, die vor allem die Schattenseiten der zivilgesellschaftlichen Ak-

1009 Vgl. das Kapitel 1.3.4. Schlussbetrachtung 294 teure zum Vorschein bringen, wie die für den afrikanischen Kontext angeführte man- gelnde Integrationsfunktion als „Achillesverse“ der Zivilgesellschaft1010, für die unter- suchten NGOs nicht bestätigt werden, da sie nicht fest in traditionell und klientelistisch geprägte Normstrukturen eingebunden sind, sondern als „neue“ Organisationsform die zivilgesellschaftliche Akteurslandschaft in Zambia belebt haben. Für die Zukunft der NGOs von entscheidender Bedeutung wird sein, ob sie es gerade aufgrund ihrer Integ- rationsfunktion vermögen, in dem Implementierungsprozess der Armutsbekämpfungs- strategie auf einer Mesoebene zwischen Staat und Bevölkerung gesellschaftliche Interes- sen in den politischen Prozess zu integrieren.

1010 Vgl. das Kapitel 1.3.1.1. Literaturverzeichnis 295

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Kasoma, Francis: The : Zambia Orientation Course for German Development Service (DED) and Mellemfolkeligt Samvirke (MS), Lusaka January 2000.

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Role of Civil Society in the Promotion of Democracy in Zambia: Workshop Re- port, Mulungushi International Conference Centre 25th – 26th March 1999 Lusaka. Or- ganised by AFRONET (Lusaka) und SARIPS/SAPES Trust (Harare). Supported by the Konrad Adenauer Foundation (Southern African Regional Office, Harare).

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Zambia Civic Education Association: The Police And The Community Programme: A Compilation Of Cases Received At The Citizens Advice Desk, May 1999.

ZEMCC: Zambian Election Monitoring Coordinating Committee: Setting a Standard for Africa: Free and Fair Elections. Final Report, Lusaka 7. November 1991. Verzeichnis der Gesprächspartner 334

Verzeichnis der Gesprächspartner I NGOs

Barbara Lopi, Programme Officer (Research & Advocacy), Zambia Association for Research and Development (ZARD) Lusaka: Interview am 2.12.1999 und 14.12.1999 in Lusaka.

Charity Musamba, Head-Research, Information & Documentation, National Womens‘ Lobby Group (NWLG) Lusaka: Interview am 15.12.1999 in Lusaka.

Dr. Alfred W. Chanda, Präsident der Foundation for Democratic Process (FODEP) und Senior Lecturer and Assistant Dean, School of Law, University of Zam- bia, Lusaka: Interview am 11.12.1999 in Lusaka.

Elijah Rubvuta, Programm Manager der Foundation for Democratic Process (FODEP), Lusaka: Interview am 10.12.1999 in Lusaka.

Emmanuel Salamo, Administrator, Zambia Independent Monitoring Team (ZIMT), Lusaka: Interview am 11.1.2000 in Lusaka.

Esther M.B. Phiri, CCJP Lilanda Parish Trainer, Catholic Commission for Justice and Peace (CCJP) Lusaka: Interview am 11.11.1999 in Lusaka.

Florence Shakafuswa, Coordinator, Young Women’s Christian Association (YWCA), Lusaka: Interview am 30.12.1999. Verzeichnis der Gesprächspartner 335

Father Joe Komakoma, Executive Secretary Catholic Commission for Justice and Peace (CCJP), Zambia Episcopal Conference, Lusaka: Interview am 26.11.1999 und 17.12.1999.

George Show Makaha, Assistent Secretary St. Ignatius Lusaka, Catholic Commission for Justice and Peace (CCJP): Interview am 16.12.1999 in Lusaka.

Gershom Musonda, Board Secretary, Zambia Independent Monitoring Team (ZIMT) Lusaka: Interview am 11.1.2000 in Lusaka.

Jeremiah Sinkende, Legal and Human Rights Coordinator, Zambia Civic Education Association (ZCEA), Lusaka: Interview am 25.11.1999 und 3.12.1999 in Lusaka.

Justin Mukosa, Assistant Programm Coordinator, Zambia Civic Education Asso- ciation (ZCEA), Lusaka: Interview am 29.11.1999 in Lusaka.

Kalila Chellah-Kunda, Executive Director Foundation for Democratic Process (FODEP), Lusaka: Interview am 17.1.2000 in Chipata.

Mary Chisanga, Chairperson of CCJP Archdiocese, Catholic Commission for Jus- tice and Peace (CCJP), Parish, Lusaka: Interview am 28.11.1999 in Lusaka.

Ngande Mwanajiti, Executive Director, Inter-African Network for Human Rights and Development (AFRONET), Lusaka: Interview am 9.12.1999 in Lusaka.

Verzeichnis der Gesprächspartner 336

Precious Mooze, Assistent Information Officer, Non-Governmental Organisations Co-ordinating Committee (NGOCC), Lusaka: Interview am 30.11.1999 in Lusaka.

Rinos Simbulo, National Co-ordinator, Southern African Human Rights NGO Network (SAHRINGON), Zambia Chapter Lusaka: Interview am 10.11.1999 und 22.11.1999 in Lusaka.

Robby Shabwanga, Project Coordinator, Legal Resources Foundation (LRF), Lu- saka: Interview am 12.1.2000 in Lusaka.

Victoria Jalang’o, Coordinator Policy & Advocacy, National Womens‘ Lobby Group (NWLG) Lusaka: Interview am 15.12.1999 in Lusaka.

Verzeichnis der Gesprächspartner 337

II Geberorganisationen und Diplomatische Vertretungen

Anders Pedersen, First Secretary, Swedish Embassy Lusaka: Interview am 16.12.1999 in Lusaka.

Darlington A. Banda, Research Programme Co-ordinator, Friedrich Ebert Stiftung Lusaka: Interview am 10.12.1999 in Lusaka.

Dr Miles F. Toder, Advisor Democracy and Governance, USAID Lusaka, Zambia: Interview am 5.1.2000 in Lusaka.

Dr. Reinhold Plate, Resident Director, Friedrich Ebert Stiftung Lusaka: Interview am 10.12.1999 in Lusaka.

Gabriele Götz, German Development Co-operation, Project Coordinator GTZ Office Lusaka: Interview am 12.12.1999 in Lusaka.

Gabrielle Boner, First Secretary (Deputy Head of Mission), Embassy of the Federal Republic of Germany, Lusaka: Interview am 9.12.1999 in Lusaka.

Helmuth H. R. Schröder, Ambassador of the Federal Republic of Germany, Lu- saka: Interview am 24.11.1999 in Lusaka.

Kikkan Haugen, First Secretary Development Co-operation, Royal Norwegian Em- bassy Lusaka: Interview am 13.12.1999 in Lusaka. Verzeichnis der Gesprächspartner 338

Lisa J. Peterson, Second Secretary (Political), U.S. Embassy Lusaka, Interview am 13.12.1999 in Lusaka.

Joan Pilcher, EU-Delegation in Zambia, Interview am 5.1.2000 in Lusaka.

III Experten

Abdon Yezi, Public Affairs Specialist, USIS/United States of America Information Service, Public Affairs Section, American Center Lusaka: Interview am 14.1.2000 in Lu- saka.

Dr. Jeremy Gould, Research Coordinator, University of Helsinki, Institute of Devel- opment Studies, Helsinki: Interview am 24.11.1999 in Lusaka.

Lavu Mulimba, Commissioner, Republic of Zambia, Permanent Human Rights Commission, Lusaka 12.1.2000.

Marin Kalungu-Banda, Chief Executive Officer, FORUM for Business Leaders and Social Partners, Lusaka, Interview am 10.1.2000 in Lusaka.

Peter J. Henriot, S.J., Jesuit Centre for Theological Reflection, Lusaka: Interview am 17.12.2000 in Lusaka.

Reverend Foston Sakala, ehemaliger Gründungspräsident der FODEP: Interview am 29.12.1999 in Lusaka. Verzeichnis der Gesprächspartner 339

Sr Pereka E. Nyirenda, National Executive Secretary, Catholic Commission for De- velopment, Zambia Episcopal Conference: Interview am 14.1.2000 in Lusaka.

Reinhard Fichtl, Deutscher Entwicklungsdienst, Lusaka, Gespräch am 17.11.1999 in Lusaka.

Margret Grottenthaler, Deutscher Entwicklungdienst, Lusaka, Mehrere Gespräche in dem Zeitraum Oktober 1999 bis Januar 2000.

Hon. Sam Mpasu Sprecher der „National Assembly“, Interview am 18.2.2000 in Li- longwe, Malawi.

University of Zambia: In dem Forschungszeitraum wurden zahlreiche Wissenschaftler der University of Zambia (Department of Political Science and Administrative Studies/ Department of Development Studies) interviewt.

Fragebögen für NGOs, Geberorganisationen, Experten 340

Fragebögen für NGOs, Geberorganisationen, Experten

Die jeweilige Struktur der Fragebögen ist den „Questionnaires“ zu entneh- men:

I Questionnaire for NGOs 7 Fragekomplexe

II Questionnaire for Donor Organisations 4 Fragekomplexe

III Questionnaire for Experts 3 Fragekomplexe

The role of NGOs as a part of civil society in the process of democratisation: the case of Zambia

Doctoral Thesis Beatrix Waldenhof Institute of Development Research & Development Policy / Ruhr University Bochum October 1999 - March 2000

Questionnaire for NGOs

Good day. My name is Beatrix Waldenhof. I am a post graduate student at the Institute of Development Research and Development Policy at the Ruhr University in Bochum, Germany. I do not represent a government or any political party or any donor agency. As part of my doctoral thesis, I would like to ask you a few questions.

Please let me know if you and your organisation will allow me as part of my results to quote

your name and/or

the name of the NGO and/or

the type of the NGO and/or

your position within the NGO.

The interview will take about ... minutes. - Thank you.

Identification

Name of organisation Type of organisation Umbrella Member of an Umbrella Church-based “Notability”-NGO Membership in an umbrella organisation Main office Regional office Province: District Position of the interviewee in the organisation Date of interview Place of interview Time started Time ended

1 Contents

1. Structure of the Organisation Questions: 1.1 - 1.10

2. Process of Democratisation Questions: 2.1 - 2.11

3. Current Work of the NGOs Questions: 3.1 - 3.17

4. Networking Questions: 4.1 - 4.5

5. NGOs - State Relations Questions: 5.1 - 5.8

6. Donor Cooperation Questions: 6.1 – 6.15

7. Political Impact of the NGOs Questions: 7.1 – 7.4

2 1. Structure of the Organisation

I would like to start with a few questions concerning your organisational structure:

1.1 When was the NGO founded?

1.2 Why was the NGO founded? For what purpose? And on whose initiative?

1.3 Is the NGO registered?

Yes, under ______ Societies Act Cap. 105 (Zambia) Being planned No

1.4 How many members does the NGO have? Do you have a list of members? Can you categorise the membership of your organisation? Is the majority: (can you give a rough percentage?)

Female Male About equal No answer

Urban-dweller Rural population About equal No answer

Age between 15-30 Age between 30-45 Age between 45-60 Age over 60 Roughly equal numbers in this categories (approximately) No answer

Member of the ______Church (Anglican/Catholic/Evangelical/Islam/Others) No Church-affiliation Member belong to all of these churches No answer

Affiliation of ______tribe/ethnic group Ethnic aspects are irrelevant Approximately equal numbers in each group No answer

Higher income bracket Average income Lower income bracket Unemployed Approximately equal numbers in these income groups No answer

3 Has the membership grown / fallen in recent years?

Rapidly decreasing Decreasing Stagnant Increasing Rrapidly increasing No answer

Do you use advertising to increase membership?

Yes, through ______ No because ______ No answer

Are there other important points concerning the structure of membership?

1.5 Is there a permanent office ?

Yes, in______ Being planned No

In which of the 9 Provinces is the NGO represented?

Through a permanent office or a membership-group?

Zambia ( 9 Provinces)

Lusaka (Lusaka)

Southern Province (Livingstone)

Central Province (Kabwe)

Copperbelt (Ndola)

Western Province (Mongu)

North Western Province (Solwezi)

Luapula Province (Mansa)

Northern Province (Kasama)

Eastern Province (Chipata)

4 1.6 How many full-time employees are working within your NGO?

1-3 persons 3-6 persons 6- persons None

How is your NGO equipped?

Are there:

Computers Yes, ,______(quantity) No No answer Internet

Phones Yes ,______(quantity) No No answer

Fax-machines Yes ,______(quantity) No No answer

Vehicles Yes ,______(quantity) No No answer

______

1.7 How is your NGO structured?

Is there a :

Board of directors Executive committee Other committees None

Is the board elected?

Yes, by______for______years

No, because ______

No answer

When were the last elections to the board?

How often is the board elected?

Who qualifies to be elected to the board?

Do you have a constitution?

Yes, , ______Would I be allowed to read it?

No, because______

5 Who established the constitution?

• ______

How are decisions made about (as regards content) programs?

Who makes these decisions?

How often do those who make these decisions meet?

1.8 In Zambia there are actually about 20 political NGOs.

These NGOs include different types of organisations like the umbrella, church-based or notabilities- NGOs.

What do you see as

Umbrella Membership of Umbrella Church-based Notabilities-NGO Others are the specific strong points of your NGO concerning democratisation?

Please mention the 3 most important points:

• ______

• ______

• ______

What do you see as

Umbrella Membership of Umbrella Church-based Notabilities-NGO Others are the specific weak points of your NGO concerning democratisation?

Please mention the 3 most important points:

• ______

• ______

• ______

6 1.9 Are you a member of an international or national network?

Regional partner-organisation of AFRONET (Inter-African Network for Human Rights and Development)

Network of Southern African Legal Aid and Legal Advice NGOs (SALAN) (The German political foundation Friedrich-Naumann-Stiftung is supporting this Network since 1994.)

SAHRINGON

NGO-CC

Other______

No

1.10 Are you supported from outside?

Who are the most important donors?

(See point 6. Donor Cooperation)

7

2. Process of Democratisation

Now I would like to ask you some questions referring to the process of democratisation in Zambia.

2.1 Multiparty-democracy was introduced in Zambia in 1991. What do you think are the main reasons for this change?

2.1 Who have been / are the most important actors in this process?

2.2 What role do the NGOs have?

2.4 What does “democracy” mean for you?

• ______• ______• ______

2.5 What are your main aims concerning democratisation?

Please mention the 3 most important aims:

• ______• ______• ______

2.6 What were your hopes in the early 1990s, when your NGO was involved in the fight of democracy?

Please mention the most important points:

• ______• ______• ______

8 2.7 In which ways did the NGOs play a concrete part? In which of these points were the NGOs a decisive factor?

• ______Because:

• ______Because:

• ______Because

Which of your policies or suggestions were not introduced? Why?

(For example: The Citizens „Green Paper“ by The Citizens Convention On The Draft Constitution, Lusaka 1996 in which church organisations and NGOs are since October 1995 involved.)

2.8 What have been the different phases of democratisation?

Have there been backward steps concerning the process of democratisation?

Yes, through______

No, because______

I do not know

2.9 Do you have the impression, that the NGOs have an influence on “power politics”?

Yes, through______

No, because______

I do not know

2.10 Do “power politics” have an influence on the NGOs?

Yes, through______

No, because______

I do not know

9 2.11 Please imagine that you are a representative of Zambia at an international conference on democratisation:

What would you mention as characteristic features of your Zambian democratisation process?

• ______• ______• ______

10 3. Current Work of the NGOs

Now I would like to ask you some questions concerning the current work of your NGO.

3.1 Is your organisation as an advocacy-NGO “new” in Zambia?

Yes, through______

No, under Kenneth Kaunda there existed______

I do not know

Does your NGO use another organisation as a model?

• ______• ______

Do you take part in training seminars?

Yes, through,______

No, because

I do not know

3.2 Which aspects of democratisation do you emphasise?

Civic education

Human rights

Constitutional debate

Voter registration

Voter education

Election monitoring

Structural Adjustment Programme

Economy Recovery Programme (Privatisation)

Land Act

11 Fight against poverty

Fight against corruption

Transparency of Government

Free Media

Advocacy

Legal initiatives

Others______

Not possible to emphasise, because

3.3 Which kind of activities have you undertaken?

Please mention what you have actually done:

Activity: When? Where? How often?

• • ______• ______• ______• • • • • •

• • • •

3.4 How did/do you transform your policies into actual campaigns?

3.5 How do you achieve your targets?

Press-Release Lobbying, through

Events, like Publications

Mediation between politicians and civil society Others: ______(see also question: 3.9)

12 3.6 What does “lobbying” actually mean for your NGO?

On which levels are you working?

3.7 From where do you get your information?

Who advises you?

Academics______ Other NGOs______ Donor organisations______ Media______ Church______

Others ______

No answer

3.8 Do you employ a person who is responsible for “public relations”?

Yes,______

No No answer

3.9 How do you inform the public?

Press, through

Internet, through

Rural population, through

Illiterates, through

Informal methods (e.g. drama, theater), through

Publications, like

Pamphlets, brochures like

Other methods

13

3.10 Which is your target-group?

Which parts of society do you actually reach?

• Educational standard: ______• Region:______• Religion:______• Sex:______• Age:______

How many Zambian do you reach with your work?

Approximate number______ No answer possible

How would you rate the public profile of your NGO in Zambia? Please enter a value on the following scale:

1 = unknown 10 = well-known

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 I------I

3.11 Does your NGO have links to the population in rural areas?

Yes, through

Being planned

No, because

No answer

Through which specific campaigns do you try to reach the rural population?

• ______• ______• ______

14 Are there connections with

Local Government Official

Local Member of Parliament

District Council

Local Government Councillor

Chief

Local religious leader

Any other influential persons

No connections

No answer

3.12 Are regional questions a decisive factor in Zambian politics?

Yes, through

No, because

No answer

Which importance do regional issues have in your work?

3.13 What are your “greatest” successes concerning the process of democratisation?

• ______• ______• ______

15 3.14 What are the most important projects during the next 3 years up to 2003?

• ______• ______• ______

3.15 Concerning the process of democratisation – what advantages do NGOs have in comparison with other parts of civil society? (e.g. trade union, church, media)

• ______• ______• ______

3.16 What are the main difficulties in the work of your NGO?

• ______• ______• ______

3.17 What does your organisation do to maintain its political impartiality?

Does your organisation have a political direction?

16 4. Networking

Now I would like to ask you some questions referring to your networking.

4.1 With which parts of society do you cooperate?

Church

Trade union

Media

Traditional authorities

Science

Business Community

Parliament

Government institutions

Development organisations

Others:

4.2 Why does your NGO cooperate with these groups?

• ______• ______• ______

4.3 Are there agreements between the NGOs and the groups mentioned above?

Yes, through (institutionalized through)

No

No answer

17 4.4 Do the NGOs specialise on certain types of work? (e.g. the CCJP is focusing on social justice with topics like SAP, debt cancellation)

Yes, through ______

No, because

No answer

4.5 Does your NGO take part in common campaigns with other actors involved in political development?

National, through

International, through

NGO services seminars for ______

No No answer

18 5. NGO - State Relations

Now I would like to ask you some questions concerning NGO - State Relations.

5.1 In Zamibia there are some NGOs which directly address their lobby work to government, parliament, or other public institutions or commissions. On which of the following commissions was/is your NGO represented?

“Human Rights Commission“ under B. Munyana (started working in May 1993)

“Constitutional Review Commission” under John Mwanakatwe (started working in November 1993 with 22 Members: Representatives from 5 political parties, associations, civil society groups)

Convocation of a “Citizen – Assembly” for the preparation of a “Citizen Constitution Assembly” (at the 16th of December 1995 this was the protest of the civil society against the MMD White Paper)

The “Citizen Convent” of 21 civil society organisations under the chairmanship of the NGO Legal Resources Foundation( LRF). (in September 1996 were the main demands to conduct the election in 1996 under the “old” constitution and to repeat the voter registration.)

“Commission for a Clear Campaign“ (CCC) as a coalition of 18 local monitor groups (under the chair of N. Mwanajiti, Excecutive Director of the Human Rights NGO AFRONET)

Others ______

______

None

19 5.2 How would you assess the success of these commissions / projects?

Very successful, because

A small success

I do not know

5.3 Who do you co-operate with from the state?

On which level do you co-operate. Please specify:

Government:

Parliament:

Political Parties:

Others:

None

5.4 Do you have a specific strategy with regard to the state / institutions of the state?

Co-operation Common projects Parallel projects

Advocacy Confrontation No confrontation

Others Strategy depends on area policies No answer

5.5 What are these strategies dependent on?

• ______• ______• ______

20

5.6 In which areas does the government / parliament use you as a service provider?

• ______• ______• ______

In which areas does the government / parliament want to co-operate with you?

• ______• ______• ______

5.7 In which areas are the NGOs in greatest competition with one another?

Funding

Media coverage

Appreciation of donors

Membership-advertising

Appreciation of government

Others:

Not in competition, because

No answer

5.8 Does the state pressure / repress your organisation?

Yes, through ______

No

No answer

21 6. Donor Cooperation

Now I would like to ask you some questions referring to your donors.

6.1 Which donor organisations support you?

Which are the 3 most important (% of total donations)

• ______• ______• ______

6.2 From where or how did you hear about the donors you mentioned above?

• ______Through: • ______Through: • ______Through:

How did you get in contact with them?

• ______Through: • ______Through: • ______Through:

6.3 Which parts of your work are the most expensive ones? Please mention the 3 most expensive ones in proportion to the total budget:

Salaries Membership-advertising

Office-Equipment (Computer / Internet / Fax /Phone)

Public-Relations - Communications Seminars

Vehicles / Transport Publications Networking (Travelling)

Others:______

No answer

22 6.4 Does your organisation get a feedback / exchange of ideas from the donors?

Yes, through ______

No, because ______

Being planned through______

No answer

6.5 How would you assess your relationship to donors?

6.6 In which ways are you as an NGO satisfied with donors?

Please mention the 3 most important areas:

• ______• ______• ______

6.7 In which ways are you as an NGO not satisfied with donors?

Please mention the 3 most important areas:

• ______• ______• ______

6.8 Does the funding have an impact on your work?

Yes, through ______

No

No answer

23 6.9 Within your NGO is there a transparency of finances / accountability?

Yes, through ______

No

No answer

6.10 For how long have you been receiving the funding? (Start – Stop)

Does your NGO plan other ways of funding in a long-term perspective? Which ones?

Please mention the 3 most important ones:

• ______• ______• ______

6.11 Since the beginning of the 1990s the conditionality of development aid was introduced.

Do you think this is a suitable measure to support democracy?

6.12 Please imagine that you were a donor in your own country:

What would you mention as the most effective measure to support democracy?

Please mention the 3 most important points:

• ______• ______• ______

24 6.13 Since 1992 what have been the best activities of the donors to promote democracy?

Please mention the 3 most important points:

• ______• ______• ______

6.14 Since 1992 what have been the activities of the donors which were not useful to promote democracy?

Please mention the 3 most important points:

• ______• ______• ______

6.15 How would you assess your co-operation with the donors in general?

Please enter a value on the following scale:

1 = worse 10 = excellent

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 I------I------I

25 7. Political Impact of the NGOs

Now I would like to ask you some questions referring to your political impact.

7.1 Through which activities is your NGO well-known?

• ______• ______• ______

7.2 How would you define your role as a political actor?

Inform the public

Mediation between politicians and civil society

Advocacy: monitoring and lobbying for or against legislation or government policies

Watchdog function (eg. through uncovering of scandals)

Others

No answer

7.3 How would you rate the impact of your NGO as a political actor in general?

Please enter a value on the following scale:

1 = insignificant 10 = very significant

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 I------I------I

26 7.4 Are there at the end other important aspects concerning the NGOs in the process of democratisation, which were not yet mentioned?

• ______• ______• ______

Thank you very much for your effort, patience and time.

I plan to send away a summary of the results. Is your NGO interested in this summary?

Yes To the following address:

______

No

27

The role of NGOs as a part of civil society in the process of democratisation: the case of Zambia

Doctoral Thesis Beatrix Waldenhof Institute of Development Research & Development Policy / Ruhr University Bochum October 1999 - March 2000

Questionnaire for Donor Organisations

Good day. My name is Beatrix Waldenhof. I am a post graduate student at the Institute of Development Research and Development Policy at the Ruhr University in Bochum, Germany. I do not represent a government or any political party or any donor agency. As part of my doctoral thesis, I would like to ask you a few questions.

Please let me know if you and your organisation will allow me as part of my results to quote

your name and/or

the donor agency and/or

your position within the donor agency.

The interview will take about ... minutes. - Thank you.

Identification

Name Donor agency Type of donor agency Main office Regional office Province: District Desk Officer of Zambia Position of the interviewee in the donor agency Support for NGOs Contact with other donor agencies Date of interview Place of interview Time started Time ended

1 Contents

1. NGOs and Democratisation in Zambia Questions: 1.1 - 1.5

2. Support of NGOs Questions: 2.1 - 2.6

3. Donors and NGOs in the Process of Democratisation Questions: 3.1 - 3.6

4. Donors in General Questions: 4.1 - 4.10

2 1. NGOs and the process of democratisation in Zambia

I would like to start with a few questions concerning the process of democratisation.

1.1 Who have been the most important actors in the process of democratisation in the early 1990s?

1.2 Could you please mention the 3 most famous advocacy-NGOs?

1.3 For which activities are the NGOs best-known?

Who of the public has actually noticed anything of these activities undertaken by the NGOs?

1.4 What is the concrete impact of these NGOs?

1.5 How would you assess the role of NGOs in general?

3 2. Support of NGOs

Now I would like to ask you some questions referring the support of NGOs.

2.1 Which NGOs do you support?

2.2 How did you get in touch with them?

2.3 According to which criteria do you choose the NGOs?

Do the donors actually contact one another to decide whom of the NGOs they want to support?

2.4 How would you assess the cooperation with the NGOs?

Which aspects of this cooperation would you regard as “good”? Where do you see difficulties in this co-operation?

2.5 Have there been any incidents, where you had to stop the financial support of the NGOs?

Why? If so, have you then started again to support the NGOs? Which obligation in return has the NGO towards donors?

2.6 From the point of view of the NGOs what do you think is the main criticism they have with regard to the donor?

4 3. Donors and NGOs in the Process of Democratisation

Now I would like to ask you a few questions concerning the role of your agency in the process of democratisation.

3.1 As a donor where would you place your main task concerning the promotion of democracy in Zambia?

3.2 With regard to the whole work of your agency how important is Zambia for you?

3.3 What would you regard as your “biggest success” concerning the promotion of democracy in Zambia? What are the “biggest failures” you have encountered?

3.4 Looking to the whole concept for Zambia how important is the co-operation with the “advocacy NGOs”?

On which activities would you emphasis in the following years-concerning the advocacy-NGOs?

3.5 Is there a networking with other donors?

3.6 Concerning which points do the NGOs have the biggest competition amongst one another?

5 4. Donors in General

Now I would like to ask you a few questions concerning the general role of donor agencies in the process of democratisation in Zambia.

4.1 Which are the most important donors in the process of democratisation in Zambia?

4.2 Which activities of the donors would you assess as very efficient to support the process of democratisation? Which activities of the donors would you assess as hindering for the process?

4.3 How important are the donors in general for the political development?

4.4 All the NGOs are being financed by donors. What are the biggest effects of this financial support for the NGOs?

4.5 How would you assess the donors-NGOs relationship in general?

4.6 Which alternative funding-strategy could the NGOs think of? Are there experiences in other countries?

4.7 How would you assess the reproach that some NGOs are “briefcase NGOs” or “personal NGOs”?

4.8 In order to avoid being “just fashionable” what do the NGOs have to do to be “sustainable”?

4.9 Which of the NGOs in Zambia are also broadly represented in the rural area? Are these mainly church-based groups such as CCJP?

6 4.10 Are there at the end other important aspects concerning the NGOs in the process of democratisation, which were not yet mentioned?

• ______• ______• ______

Thank you very much for your effort, patience and time.

I plan to send away a summary of the results. Is your agency interested in this summary?

Yes To the following address:

______

No

7

The role of NGOs as a part of civil society in the process of democratisation: the case of Zambia

Doctoral Thesis Beatrix Waldenhof Institute of Development Research & Development Policy / Ruhr University Bochum October 1999 - March 2000

Questionnaire for Experts

Good day. My name is Beatrix Waldenhof. I am a post graduate student at the Institute of Development Research and Development Policy at the Ruhr University in Bochum, Germany. I do not represent a government or any political party or any donor agency. As part of my doctoral thesis, I would like to ask you a few questions.

Please let me know if you and your organisation will allow me as part of my results to quote

your name and/or

the type of your organisation / institute / church and/or

your position within the organisation / institute / church.

The interview will take about ... minutes. - Thank you.

Identification

Name Name of organisation Type of organisation Main office Regional office Province: District Position of the interviewee in the organisation Contact with NGOs Party membership Date of interview Place of interview Time started Time ended

1 Contents

1. The Process of Democratisation in Zambia Questions: 1.1 - 1.11

2. The Role of NGOs in the Process of Democratisation Questions: 2.1 - 2.18

3. The Donors and NGOs in the Process of Democratisation Questions: 3.1 - 3.11

2 1. The Process of Democratisation in Zambia

I would like to start with a few questions concerning the process of democratisation.

1.1 Who have been the most important actors in the process of democratisation in the early 1990s?

1.2 Which improvements did these actors hope for a multiparty system?

1.3 After the second election in 1996 how is the “political reality” now in Zambia?

1.4 Which are the major improvements?

1.5 Which are the major changes for the worse?

1.6 How would you describe the political process in Zambia?

Has there taken place a democratisation?

Have there been backward steps?

Have there been a re-transformation?

1.7 Who are - from your point of view – the winners and the losers of the political development?

1.8 What are the most urgent tasks during the next years to improve the life-conditions of the population?

3

1.9 Where is the link to politics concerning those tasks? Which political steps could support those measures mentioned above? Which policies could hinder those steps?

1.10 In which respect are these political measures be connected with democratisation?

1.11 What does democracy mean for you?

4 2. The Role of NGOs in the Process of Democratisation

Now I would like to ask you a few questions concerning the role of NGOs in the process.

2.1 Could you please mention the 3 most famous advocacy NGOs in Zambia?

• ______• ______• ______

No, because

I do not know

2.2 For which activities are the NGOs best-known? Who of the public has actually noticed anything of these activities undertaken by the NGOs?

2.3 Which activities / aims of the NGOs would be concretely transformed and how? In which points did the NGOs take the initiative? (e.g. “Green Paper” of the CCJP in 1996 during the Constitutional Debate in Zambia)

2.4 Which are – from your point of view – the NGOs, which make the biggest contribution to democratisation? Why?

• ______• ______• ______

2.5 What are the “greatest” successes of the NGOs concerning the process of democratisation? Why?

2.6 Which NGO has links to the population in rural areas? How?

5 2.7 How would you assess the role of NGOs in general? Which functions do they have in concrete terms?

2.8 Also other parts of civil society – e.g. churches, trade unions, media – are important political actors. Concerning democratisation – what advantages do NGOs have in comparison with other parts of civil society?

• ______• ______• ______

What do you see as the specific advantages of NGOs as political actors? What do you see as the specific difficulties of NGOs as political actors?

• ______• ______• ______

2.9 How would you assess the co-operation of NGOs with other parts of civil society?

2.10 Are there in Zambia different types of advocacy NGOs?

What are the specific distinguishing characteristics of these types?

2.11 What would you mention as a characteristic feature of the Zambian NGO- landscape in comparison to other countries?

2.12 Are regional aspects a decisive factor in Zambian politics? How do the NGOs deal with regionalism? Is the ethnic affiliation of members a decisive factor in the work of the NGOs?

6 2.13 Which strategy with regard to the state / institutions of the state would you assess as the most effective one concerning democratisation?

2.14 How would you assess the relationship state / institutions of the state towards the NGOs?

2.15 Which roles do the political parties play for the NGOs? Could you attach the NGOs to political parties? Do the NGOs do something to maintain their political impartiality? Are they non-partisan? In which cases did the government, parliament or political parties take up initiatives of the NGOs?

2.16 In which areas are the NGOs in biggest competition with one another?

2.17 Which of the NGOs have the broadest connection to the “grassroots level”?

2.18 Do there exist in Zambia so called “fake NGOs” or “briefcase-NGOs”?

7 3. The Donors and NGOs in the Process of Democratisation

Now I would like to ask you a few questions concerning the role of the donors agencies in the process of democratisation in Zambia.

3.1 Which are the most important donors in the process of democratisation?

3.2 Which activities of the donors would you assess as very efficient to support the process?

3.3 Which activities of the donors would you assess as hindering for the process?

3.4 How important are the donors in general for the political development?

3.5 In which way does the funding from outside has an impact of the NGOs?

3.6 How would you assess the relationship NGOs-donors in general?

3.7 Which alternative funding-strategy could the NGOs follow up? Are there experiences in other countries?

3.8 How would you assess the statement that NGOs are donor driven? How would you assess the reproach that some NGOs are “briefcase NGOs” or “personal NGOs”? (see also question 2.18)

3.9 In order to avoid being just fashionable what do the NGOs have to do to be sustainable?

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3.10 Which of the NGOs in Zambia is also broadly represented in the rural area?

Are these mainly the church-based NGOs such as CCJP?

3.11 Are there at the end other important aspects concerning the NGOs in the process of democratisation, which were not yet mentioned?

• ______• ______• ______

Thank you very much for your effort, patience and time.

I plan to send away a summary of the results. Are you interested in this summary?

Yes To the following address: ______

No

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