Granitklettern über dem Momente der Verbundenheit

In tanzt der Bär; im Val Ferret, auf der Schweizer Seite des

Montblanc-Massivs, klettert man fast in Einsamkeit. Außer man hat

ein Handy dabei. Findet Ralf Gantzhorn (Text und Fotos).

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Goldene Nadeln wollen mit einem goldigen Lächeln über- schritten werden. Wiebke Köhn, gesichert von Bernd Jung, nach der Schlüsselstelle der Über- schreitung der Aiguilles Dorées.

Allerwertesten – und ein kleines Dorf, sehr pittoresk. Schade, dass für die Betrachtung einmaliger Kulturlandschaften (Kühe in- klusive) gerade keine Zeit ist. Nächster Ver- such: Die rechte Hand in den Untergriff, links die Kristalle, Füße auf Reibung … Rrrrrrrrtsch. Na klasse! Mit 6b (VII) ist die

Ein Monolith aus Granit, wie aus Beton gegossen, lediglich durchzogen von einigen Rissen

erste Seillänge bewertet, eigentlich lächer- lich. Wo wir doch in der Halle normaler- weise die Siebener nur so abspulen. Nur gibt es dort weder Plastikgranit noch Kunstrisse. So hat mich meine vermeintli- che Fitness dazu verleitet, in eine der Rou- ten am Petit Clocher du Portalet einzustei- Momente der gen. Ein Monolith aus Granit, der aussieht Prolog: Telekommunikation bestimmt Ein Donnerstag im August, 9 Uhr, Mont- wie aus Beton gegossen, lediglich durchzo- unser Leben. Tagtäglich sieht man blanc-Gruppe, Petit Clocher du Portalet, gen von einigen Rissen. immer mehr Menschen, die statt zu „La Sud-Est“, 1. Seillänge – das erste Finger- Vor drei Tagen waren wir in Praz de Fort kommunizieren ihr Handy in der glied von zwei Fingern der linken Hand auf ganz unten im Val Ferret gestartet. Genau Verbundenheit Hand halten, wie im Selbstgespräch winzige Kristalle gekrallt. Die Füße finden der Ort, der tausend Meter unter meinem in einen kleinen schwarzen Kasten nur auf Reibung Halt. Jetzt mit der rech- sanft am Doppelseil schwankenden Hin- sprechen. Zum Glück bilden die Berge ten Hand den Untergriff lösen und sie in tern so hübsch in der Landschaft liegt. Wir, eine Art Gegenentwurf. Oder? dem Riss hinter der Kante verklemmen. das sind mein Freund Karsten und ich. Ge- Rrrrrrrrtsch – aua! Vier Meter der Schwer- startet nicht ohne „Selfie“, schnell noch kraft gefolgt. Tausend Meter Luft unterm verschickt an Karstens neue Freundin. Zu-

DAV 4/2015 17 nächst ging’s hoch zur Cabane d’Orny, mit folgreich – „Stand!“ Während Karsten sich 1300 Höhenmetern ein echter Westalpen- die Schuhe zubindet, schaue ich mich ein hatsch und wahrscheinlich anstrengend, wenig um. Der Petit Clocher gehört unzwei- wenn einen nicht ständig dieser unfassba- felhaft zum Montblanc-Massiv. Steiler, zer- re Granitmonolith ablenken würde. Wie klüfteter und abweisender als jede andere mit dem Messer geschnitten wirken Süd-, Alpengruppe präsentiert es sich – eben das Ost- und Nordwand; das Gedankenbaro- Mekka für Bergsteiger mit dem Credo: Je le- meter zeigt mal Angst, mal Begehr. bensfeindlicher desto besser. Oder ver- „Ich gehe weiter“, rufe ich Karsten zu, des- mehrt das nur den Ruhm? Drüben auf der sen Gesichtsausdruck zwischen Sorge ob französischen Seite treten sie sich wahr- meines Zustandes und der Frage „Wieso stellt der sich so an?“ hin und her pendelt. Und der Gantzhorn stellt sich weiterhin an. Und wie! Meine Nerven liegen nach zwei Wie mit dem Messer Stürzen blank und ich mag nicht ein drittes geschnittene Wände: Mal dem Reibungskoeffizienten meiner Das Gedankenbarometer Schuhe auf Granit vertrauen. Kurz spiele zeigt mal Angst, mal Begehr. ich mit dem Gedanken, den Schuhen die Schuld zu geben (schließlich muss in Deutschland ja immer irgendetwas oder ir- gendwer „Schuld haben“), aber hier und scheinlich die Füße platt, hier in der jetzt gibt es definitiv nur einen völlig unfä- Schweiz kommt man sich ein wenig vor wie higen Risskletterer: mich. Abseilen und auf der vergessenen Seite des Massivs. Aller- Karsten vorsteigen zu lassen kommt nicht dings führt auch kein Lift auf über 3000 Me- in Frage, also Friend in den Riss, Schlinge ter; was den Zustieg angeht, agieren Berg- rein, Fuß in die Schlinge und so weiter. A1 steiger oft doch wenig heldenhaft. Und so nennt man wohl diese erbärmliche Art der ist das Val Ferret weit weg vom Rummel in Fortbewegung, aber sie ist letztendlich er- Chamonix, übertragen auf deutsche Ver-

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hältnisse wahrscheinlich wie eine ostfriesi- Information, dass seine Liebste gerade im sche Hallig vom Stachus in München. Ith ist. „Total interessant“, gebe ich zu Pro- Aaaah – es geht los! Karsten ist schon tokoll und freue mich, dass Karsten jetzt am Beginn des Risses. Aber statt so wie ich mit dem Vorstieg dran ist. In der zweiten noch zwei Meter auf Reibung hochzuklet- Seillänge hat man die Wahl der Qual. tern quert er gleich in den Riss rein. „So Rechts führt eine seichte Verschneidung zu Der Tisch ist gedeckt für Genießer. Dieser geht das also“, muss ich neidvoll anerken- einer Platte, in der zwei Bohrhaken ste- außergewöhnliche Glet- nen. Er hat sogar noch genügend Kraft, um cken, und von dort weiter zum Stand. Vor- schertisch steht auf dem Saleinagletscher. Von der im Riss für meine Fotos zu posieren – das teil: gut abgesichert. Nachteil: achter Grad. Saleinahütte sieht man finde ich dann doch eher übertrieben. Und Links leitet ein Handriss zum gleichen die Aiguilles d’Argentière und du Chardonnet und dass er mir am Stand auch noch mal die Stand, allerdings völlig „clean“. Da dieser die Grande Fourche (u. M.). schwierige Stelle in allen Einzelheiten er- Riss nur mit 5c (VI) bewertet ist, fällt die Die glatte Verschneidung ist die Crux (VII+/VIII-) am klären muss, bessert meine Laune nicht Entscheidung leicht: Links soll’s langgehen. Petit Clocher du Portalet, von wo der Blick tief ins wirklich. Obendrauf gibt es noch an einem Freudestrahlend verklemmt Karsten Füße Val Ferret fällt. Arm hängend ein weiteres „Selfie“ und die und Hände im Riss, Friends und Keile fin-

DAV 4/2015 19 Vom Zustieg bis zum Ausblick vom Feinsten: Morgen- stimmung am Gla- cier d’Orny; luftige Querung in der „Voie sans nom“ (VI-); glühende Grand-Combin- Abendstimmung für das Steinbock- Denkmal an der Cabane d’Orny den schmatzend ihren Platz und pflastern teurer geworden. Aber gerade im Vergleich Clocher einzusteigen, hat die Umgebung seinen Weg nach oben. Die dabei von ihm zur französischen Seite erscheint mir das der Cabane d’Orny einiges für eine gefahr- ausgehende Geräuschkulisse erinnert stark Preis-Leistungs-Verhältnis durchaus ge- lose Annäherung an den Kletterbelag Gra- an den Soundtrack eines Erotikfilmes oder nit zu bieten. An der Aiguille de la Cabane das, was für teures Geld unter 0190 zu hö- zum Beispiel. Fünf Routen, bestens einge- ren ist. In meinem Kopf tut sich gerade eine Durch Lage, Komfort und bohrt, in den Graden 5a (V) bis maximal 6b Geschäftsidee auf. Klettern ist eben doch das freundliche Hüttenteam (VII), alle um die 200 Meter lang, sämtliche der steilste Sport auf unserem Planeten. Einstiege jeweils nur eine halbe Stunde ist die Cabane d’Orny Wer im Val Ferret unterwegs ist, kommt vom Frühstückstisch der Cabane d’Orny um die Cabane d’Orny nicht herum: Dank ein idealer Ausgangspunkt. entfernt. Wer es etwas alpiner mag, geht in ihrer Lage, dem Komfort und dem freund- knapp 40 Minuten hinüber zur Aiguille lichen Hüttenteam ist sie der perfekte Aus- d’Orny. Dort ziehen ebenfalls mehrere Rou- gangspunkt für Touren auf der Schweizer rechtfertigt – man bekommt einfach etwas ten durch die maximal 270 Meter hohe Seite des Montblanc. Klar – die Schweiz ist für sein Geld. Und wenn man nicht gleich Südwand, die zwei schönsten vielleicht „La mittlerweile durch die Eurokrise deutlich so vermessen ist, in die Routen am Petit Moquette“ (V) und „Gérémiade“ (VII-). Un-

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spektakulär sieht der Gipfel von unten aus, Granitklettern im Val Ferret oben angekommen bleibt einem jedoch Anreise: Mit der Bahn bis Martigny und per ››Cabane de Saleina, 2691 m, 4-5 Std. von der Atem weg: Goldgelbe Nadeln, vom Eis Lokalbahn nach Orsières. Dann Postbus nach Praz de Fort oder Prise d’eau de Saleina, umwallte Spitzen, der nördliche Rand der oder Praz de Fort. Tel.: 0041/(0)27/783 17 00. Montblanc-Gruppe baut sich in all seiner Beste Zeit: Juli bis September. ››Bivouac de l’Envers des Dorées, 2983 m, 5 Std. von der Cabane d’Orny, 6 Std. von Pracht oberhalb des flachen Trient-Glet- Führer: Olivier Roduit: Entremont Escalades (französisch), vor Ort erhältlich, grimper.ch Praz de Fort über die Cabane Saleina. schers auf. Den Blick zur anderen Seite, in Karten: SLK Landeskarte der Schweiz, Tourenvorschläge: Richtung Wallis, genießt man hingegen am 1:25.000, Blatt 1345 Orsières. ››Aiguille de la Cabane (2999 m) – Südwand, IGN Carte de Randonnée, 1:25.000, „Namasté“ (180 m, 6 SL, VI, D+). Blatt 3630 OT Chamonix. ››Aiguille d’Orny (3150 m) – Südwand, Information: Au Pays du St-Bernard „Gérémiade“ (270 m, 9 SL, VI+/VII-, TD). „Aaaah, ooooh, hmmmm“ (ört­liches Tourismusbüro), Rte de la Gare 34, ››Petit Clocher du Portalet (2823 m) – Süd- – was für eine grandiose CH-1937 Orsières, Tel.: 0041/(0)27/775 23 81, wand, „La Sud-Est“ (200 m, 6 SL, VII+, ED-). saint-bernard.ch ››Promontoire de l’Aiguille sans Nom Seillänge! Hütten: (ca. 3200 m) – Südwand, „Tajabone“ (250 m, 7 SL, VII-). ››Cabane d’Orny, 2831 m, 2 Std. von Seil- bahnstation La Breya über Champex, ››Aiguilles Dorées (3519 m) – Überschreitung (D, eine Seillänge VI-). besten von der Hüttenterrasse. Hinter der Tel.: 0041/(0)27/783 18 87, cabanedorny.ch ››Petit Clocher des Planereuses (2806 m) – täuschend echt aussehenden Silhouette ei- ››Cabane du Trient, 3170 m, 1 Std. oberhalb Südwand, „Voie sans nom“ (200 m, 6 SL, VI). ner Steinbock­skulptur baut sich das Mas- der Cabane d’Orny, Tel.: +41/(0)27/783 14 Mehr Bilder und Infos: siv des Grand Combin auf. Ich persönlich 38, [email protected] alpenverein.de/panorama habe bei diesem Bergstock immer das Ge- fühl, als sei der westlichste Viertausender des Wallis aus dem Himalaya geklaut. Er- haben überragt der eisstrotzende Gipfel al- les in seiner näheren Umgebung, ein echter Thron der Götter. „Stand“ ruft Karsten. Mich von meinen Betrachtungen über die Cabane d’Orny lö- send, steige ich in die zweite Seillänge ein. „Aaaah, ooooh, hmmmm“ – was für eine grandiose Seillänge! Auch ich scheine lang- sam wieder im Granit anzukommen – ein gutes Gefühl. Welches beim Anblick der dritten Seillänge aber sofort wieder ver- fliegt: Eine senkrechte Rissverschneidung führt bis unter ein Dach, das man über eine Platte nach rechts umgeht. So weit, so gut. Nur schließt sich der Riss im Verschnei- dungsgrund nach etwa zehn Metern, Griffe oder Tritte totale Fehlanzeige. Nervös nest- mehr zum Klemmen da, die Bewegung gewohnt ist. Wer es lieber etwas grobkörni- le ich an meinem Zeugs herum, bis Karsten stockt. Danach ein mir wohlbekanntes Ge- ger mag, dem sei ein Aufenthalt im Dorées- endlich die erlösende Frage stellt: „Soll räusch. Rrrrrtsch … Biwak empfohlen; Bivouac de l’Envers des ich?“ Er soll … Langsam tastet sich mein Der Granit am Petit Clocher ist deutlich Dorées heißt es offiziell. Die Aiguilles Do- Rissheld nach oben, klemmt und spreizt feinkörniger und bietet damit weniger Rei- rées liegen rund drei Kilometer weiter in wie aus dem Lehrbuch. Doch dann ist nix bung, als man es vielleicht von woanders Richtung Zentrum des Montblanc-Granits

DAV 4/2015 21 und so ist das Gestein dort deutlich grob- des Biwaks (Kühlschrank mit Bier!) besitzt, Mittlerweile kann ich es genießen und körniger als am Petit Clocher. Für Kletterer kann sicher sein, dass es bis zum siebten weiß es durchaus zu schätzen, mich ab gehört es vielleicht zum Besten, was die Al- Kletterhimmel nicht allzu weit ist. und zu auf einen starken Partner verlassen pen zu bieten haben. Fest, rau und durch „Nachkommen“, brüllt Karsten. Und zu können. Auch wenn dieser schon wie- die Exposition nach Süd von der Sonne merkwürdig: Mit dem Seilzug von oben der an seinem Handy rumfummelt. „Sie verwöhnt, reiht sich in den rund 400 Meter löst sich die Stelle mit dem geschlossenen hat wegen einsetzendem Dauerregen den hohen Südwänden von Aiguille de la Va- Riss wie von selbst. Ein wenig sauber ste- Klettertag im Ith abgebrochen“, weiß Kars- rappe und Aiguille Sans Nom eine Traum- hen, etwas stützen und schon bin ich raus ten zu berichten. Echt interessant! Die letz- tour neben der anderen. Wer Linien wie ten Meter haben mich aber so weit moti- „Tajabone“ oder „Les Chants du Midi“ viert, dass auch ich mich wieder an das nicht geklettert ist, stirbt, zumindest als Die Umgehung der überhän- scharfe Ende des Seils traue. Mit 6a+ (VII-) Kletterer, ahnungslos. Und: Das Dorées- ist die nächste Seillänge bewertet, die sich Biwak, auf einer Felsinsel oberhalb des genden Verschneidung ist mit dann als schöne Reibungskletterei auf stei- Saleinagletschers gelegen, könnte jeden dem Klimawandel abgestürzt. len Platten entpuppt. Kristallschach; ich Hochgebirgsmaler in Ekstase versetzen. frage mich, wie die das in den 1960er Jah- Gegenüber glänzt die rund 700 Meter hohe ren geklettert sind. Risse und Verschnei- Nordwand der Aiguille d’Argentière, eine aus der Verschneidung und im Quergang dungen kann man sich – wie gesehen – im monumentale Kathedrale aus Fels und Eis. unter dem Dach. Steil! Noch vor wenigen Notfall ja hochnageln. Aber Platten im Daneben ragen die schlanken Pfeiler der Jahren hätte ich das Klettern einer solchen siebten Grad? Mit Bollerschuhen? Die in den Himmel. Di- Seillänge im Nachstieg als Zumutung spinnen, die Herren Rey und Voulliaz, de- rekt hinter dem Biwak glänzen die Süd- empfunden, als etwas unter meiner Wür- nen am 15. Juni 1961 die Erstbegehung ge- wände der Aiguilles Dorées golden im Mor- de, das ich nur äußerst unkonzentriert an- lungen war. genlicht. Wer übrigens rechtzeitig gebucht gegangen wäre. Klettern mit Seil von oben Durchaus leichter als heutzutage hatten hat und den Schlüssel zum luxuriösen Teil war für mich wie Kletterei zweiter Klasse. es dagegen die Altvorderen an Routen wie

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Sternstunde mit und ohne Geschmacks- verstärker: Die „Sud-Est“ am Petit Clocher du Portalet bietet Kletterfreuden bis zum letzten sonnigen Meter. Die Saleina-Hütte ist gemütlicher Stützpunkt auf dem Glet- scher, fast noch uriger das Dorées-Biwak mit seinen geheimen Reserven.

den siebten Grad hinein, sind aber im Ver- gleich zum vorher Erlebten der pure Ge- nuss. Wie vielleicht auch die Kletterei an den anderen rund um das Tal aufragenden Clochers. Von diesen „Glockentürmen“ gibt’s nämlich noch mehr! Direkt gegen- über, an der mittlerweile knapp unter uns liegenden Saleina-Hütte, stehen noch zwei: der Petit und der Grand Clocher des Planereuses. Die Routen dort sind dabei ähnlich wie die drüber liegende Hütte: sehr sauber, sehr ordentlich und mit einer fan- tastischen Aussicht gesegnet. Besonders empfehlenswert die „Voie sans nom“, die in der zweiten Seillänge einen sensationell exponierten und trotzdem relativ einfa- chen (VI-) Quergang aufweist. Karsten turnt jetzt die letzten Meter zum Gipfel hinauf. Direkt auf der Kante piazt er scheinbar in den Himmel und entschwin- det gut gelaunt zum höchsten Punkt. Ich folge ihm, und bald sitzen wir an einem der exklusivsten Orte im Schweizer Teil des Montblanc-Massivs. Der Gipfel – einen Mo- ment innehalten und vielleicht so etwas wie Dankbarkeit gegenüber der Schöpfung spü- ren. Ich lebe. Minuten, in denen man die in- nere Verbundenheit mit dem Kameraden nach dem vorher Erlebten wortlos genießt. der Überschreitung der Aiguilles Dorées, hängende Rissverschneidung bildet den Karsten sagt, dass er jetzt nach Hause tele- der vielleicht interessantesten Grattraverse Schlüssel. Wer hier mit steigeisenfesten foniert. Da unten ist Praz de Fort, sehr pitto- auf der Schweizer Seite des Montblanc. Bergstiefeln und einem wie Blei nach unten resk. Jetzt hätte ich Zeit, den Ausblick zu ge- Früher mit IV bewertet, ist sie eine böse zerrenden Rucksack hängt, benötigt als nießen. Schade, dass der Gipfel nicht größer Überraschung für Leute, für die das die Viererkletterer einiges an Kraftreserven, ist als eine Telefonzelle – ich höre mit. Grenze darstellt. Denn die Querung ober- um diese Stelle zu bewältigen. Frei nach – halb des Couloir Copt genau in der Mitte dem Wetterbericht eine gefühlte VI. Die der Bergkette ist mit dem Klimawandel der ganz in der Nähe angebrachten, noch glän- Ralf Gantzhorn (l.) musste bei diversen Patagonien­ Schwerkraft zum Opfer gefallen. Heute ist zenden Abseilhaken bestätigen dies. reisen auf Handyverbindung nach Hause verzichten. Trotz man gezwungen, über den Gipfel der Die fünfte und sechste Seillänge am Pe- Netzabdeckung genießt er Aiguille Sans Nom zu klettern, eine über- tit Clocher reichen zwar auch noch kurz in auch alpinen Granit.

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