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2 Forschungsstand 70

Der Kirchenbau in der architekturgeschichtlichen Überblicksliteratur In den Überblicksdarstellungen zur Architekturgeschichte wird das Sakralbau- wesen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert allenfalls am Rande thematisiert. So finden sich in den renommierten Publikationen von Leonardo Benevolo, Henry-Russell Hitchcock, Nikolaus Pevsner und Claude Mignot ver- gleichsweise nur wenige Informationen zum Kirchenbau der Zeit.71 Diese geringe Berücksichtigung sakraler Architektur ist offensichtlich eine Folge der Ein- schätzung, dass das Sakralbauwesen, nach jahrhundertlanger Dominanz, spä- testens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gegenüber den entstehenden neuen Großprojekten von Industrie, Verwaltung und Verkehr in den Hintergrund tritt. Diese sicherlich etwas vereinfachende, grundsätzlich aber zutreffende Bewertung setzte sich auch bei den großen Ausstellungsprojekten der neunziger Jahre unseres Jahrhunderts fort. Wo im deutschsprachigen Raum die Architektur des Histo- rismus und der beginnenden Moderne in Ausstellungen thematisiert wurde, erscheint der Kirchenbau durchgängig mehr oder minder nur als Rander- scheinung.72 Von dem in jüngerer Zeit erwachten starken Interesse an der Kunst des 19. Jahrhunderts, die ja vor wenigen Jahrzehnten noch als Kunst zweiter

70 Im folgenden Forschungsbericht werden die Literaturnachweise, entgegen den üblichen Gepflogenheiten in wissenschaftlichen Darstellungen, zur besseren Übersicht noch einmal vollständig wiederholt, auch wenn die Titel bereits im Kapitel 1 nachgewiesen worden sind. 71 vgl. Cassou, Jean; Langui, Emile; Pevsner, Nikolaus: Durchbruch zum 20. Jahrhundert. Kunst und Kultur der Jahrhundertwende. München 1962; Mignot, Claude: Architektur des 19. Jahr- hunderts. Stuttgart 1983; Benevolo, Leonardo: Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts. 3 Bände. München 1988; Hitchcock, Henry-Russell: Die Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts. München 1994. Der protestantische wie auch der katholische Kirchenbau wird in diesen Publikationen hauptsächlich im Kontext der Wiederbelebung gotischer Stil- formen thematisiert. 72 vgl. Großmann, Georg Ulrich; Krutisch, Petra (Hg.): Renaissance der Renaissance. Ein bür- gerlicher Kunststil im 19. Jahrhundert. 2 Bände. München, 1992 (= Schriften des We- serrenaissance-Museums Schloß Brake, 5 und 6). Bei diesen beiden Bänden handelt es sich um den Katalog und einen Aufsatzband zur gleichnamigen Ausstellung, die vom 2. Mai bis 18. Oktober 1992 im Weserrenaissance-Museum Schloß Brake stattfand; Bußmann, Klaus (Hg.): 1910. Halbzeit der Moderne. Van de Velde, Behrens, Hoffmann und die anderen. Katalog zur Ausstellung vom 6. September bis 8. November 1992 im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster. Stuttgart 1992; Lampugnani, Vittorio Magnago; Schnei- der, Romana (Hg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Reform und Tradition. Katalog der Ausstellung vom 15. August bis 29. November 1992 im Deutschen-Architektur- Museum Frankfurt am Main. Stuttgart 1992; Lampugnani, Vittorio Magnago; Schneider, Romana (Hg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Katalog der Ausstellung vom 15. April bis 7. August 1994 im Deutschen- Architektur-Museum Frankfurt am Main. Stuttgart 1994; Fillitz, Hermann (Hg.): Der Traum vom Glück. Die Kunst des Historismus in Europa. Katalog zur Ausstellung im Künstlerhaus und der Akademie der bildenden Künste in Wien, 13. September 1996 – 6. Jänner 1997. Wien, München 1996. Etwa ein Drittel der Wiener Großausstellung beschäftigte sich mit dem Bereich der Architektur; Schneider, Romana; Wang, Wilfried (Hg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 2000. Macht und Monument. Katalog der Ausstellung vom 24. Januar bis 5. April 1998 im Deutschen-Architektur-Museum Frankfurt am Main. Ostfildern-Ruit 1998. 2 Forschungsstand 30

Klasse eher verachtet als geschätzt wurde, hat der Bereich der sakralen Archi- tektur bisher nur begrenzt profitieren können. Von überragender Bedeutung für die kunstgeschichtliche Neubewertung des 19. Jahrhunderts war das von der Fritz Thyssen Stiftung ermöglichte ‚Forschungs- unternehmen Neunzehntes Jahrhundert‘. In den beiden seit 1965 bzw. 1971 er- scheinenden Publikationsreihen ‚Forschungen bzw. Materialien zur Kunst des 19. Jahrhunderts‘ liegen inzwischen rund 80 Sammelbände, Monographien, Tagungs- berichte, Bibliographien und Werkverzeichnisse vor. Mehrere Forschungsarbeiten hatten einzelne Baugattungen, wie Rathäuser, Passagen oder Schlossbauten zum Thema; eine monographische Darstellung zum Sakralbau einer bestimmten Konfession, Region oder Zeitspanne im 19. Jahrhundert steht dagegen bisher noch aus.73

Der Kirchenbau in der historischen Überblicksliteratur Das verhältnismäßig geringe Interesse an sakraler Architektur für den hier thema- tisierten Zeitabschnitt gilt nicht nur für die Kunst- und Architekturgeschichte. Auch in den einschlägigen kirchengeschichtlichen Überblicksdarstellungen findet das Sakralbauwesen kaum Beachtung. So erscheint der evangelische Kirchenbau in dem über fünfhundert Seiten starken zweiten Band des Handbuchs zur Geschichte der Evangelischen Kirche der Union, der den Zeitraum von 1850 bis 1918 abdeckt, in nur einem einzigen Abschnitt von wenigen Zeilen.74 Ähnliche Defizite lassen sich auch in den für das 19. Jahrhundert einschlägigen kirchen- geschichtlichen Überblicksdarstellungen von Martin Greschat, Leif Grane, Hans- Walter Krumwiede und Gerhard Besier feststellen.75 Das ökumenisch und global

73 vgl. u.a. Geist, Johann Friedrich: Passagen. Ein Bautyp des 19. Jahrhunderts. München 1969 (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 5); Wagner-Rieger, Renate; Krause, Walter (Hg.): Historismus und Schloßbau. München 1975 (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 28); Kranz-Michaelis, Charlotte: Rathäuser im deutschen Kaiserreich 1871 – 1918. München 1976 (= Materialien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 23). Lediglich in dem vom Ludwig Grote herausgegebenen Sammelband zur Stadtentwicklung im 19. Jahrhundert findet sich ein Beitrag von Willy Weyres, der sich vorwiegend anhand von Beispielen aus dem Rheinland mit der Stilfassung und Bedeutung von Sakralbauten im Stadtgefüge beschäftigt, vgl. Weyres, Willy: Rheinischer Sakralbau im 19. Jahrhundert. In: Grote, Ludwig (Hg.): Die deutsche Stadt im 19. Jahrhundert. Stadtplanung und Baugestaltung im industriellen Zeitalter. München 1974 (= Stu- dien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 24), S. 175 – 188. 74 vgl. Goeters, J. F. Gerhard; Rogge, Joachim (Hg.): Die Geschichte der Evangelischen Kirche der Union. Bd. 2: Die Verselbständigung der Kirche unter dem königlichen Summepiskopat (1850 – 1918). 1994, S. 53. 75 vgl. Greschat, Martin: Das Zeitalter der Industriellen Revolution. Das Christentum vor der Moderne. Stuttgart 1980. Auf den Seiten 24 sowie 111 f. wird der Bau von Kirchen aus- schließlich im Zusammenhang mit der Entwicklung in England gestreift. Grane, Leif: Die Kirche im 19. Jahrhundert. Europäische Perspektiven. Göttingen 1987. Trotz eines vergleichs- weise ausführlichen Kapitels „Christentum und Kultur“ (S. 232 – 242) erfolgt keine Behand- lung von profaner oder sakraler Baukunst. Krumwiede, Hans-Walter: Geschichte des Christentums III: Neuzeit: 17. – 20. Jahrhundert. Stuttgart 21987 (= Theologische Wissen- schaft, 8); Besier, Gerhard: Religion, Nation, Kultur. Die Geschichte der christlichen Kirchen in den gesellschaftlichen Umbrüchen des 19. Jahrhunderts. Neukirchen-Vluyn 1992. Die beiden zuletzt genannten Darstellungen erwähnen den Kirchenbau nur ganz sporadisch, ohne jede systematische Würdigung. In der jüngsten Darstellung von Gerhard Besier findet sich jetzt zumindest ein kleiner Abschnitt über den Berliner Kirchbauverein, der mit der folgenden, recht 2 Forschungsstand 31 ausgelegte Großwerk ‚Die Geschichte des Christentums‘ thematisiert Fragen der Sakralarchitektur im elften Band, der das 19. Jahrhundert betrifft, nur sehr verein- zelt als Randphänomen.76 Der für die deutsche Gemeindereformbewegung und den Kirchenbau um die Jahrhundertwende bedeutende Pfarrer Emil Sulze wird beispielsweise lediglich in Zusammenhang mit Nordeuropa erwähnt, obwohl zu seinem Werk und seiner Wirksamkeit in Deutschland bereits zwei Dissertationen vorliegen.77 Dagegen hat die allgemeine Geschichtswissenschaft in jüngerer Zeit die Archi- tektur als historische Quelle von hohem Aussagewert auch für das 19. Jahrhundert erkannt.78 Es bleibt das Verdienst von Thomas Nipperdey, bei der Analyse der Veränderungsprozesse des 19. Jahrhunderts sowohl dem kulturellen Gesamt- spektrum wie auch der Rolle von Religion und Kirche die notwendige Aufmerk- samkeit geschenkt zu haben.79 Dabei blieb von ihm auch der Sakralbau nicht un- bearbeitet.80 Durch die Einbeziehung der Baukunst in die historische Forschung

vereinfachenden Zusammenfassung schließt: „Im Zuge der Baumaßnahmen machte allmählich die mittelalterlichen Stilen nachempfundene Neogotik – empfohlen auf der Eisenacher Kir- chenkonferenz von 1861 („Eisenacher Regulativ“) – neuen urbanen Formen Platz; im Inneren verschwand die neulutherische Sakralisierung zugunsten moderner, antikatholisch-kulturpro- testantischer Gemeindekirchen-Vorstellungen.“ Vgl. Besier, Gerhard: Kirche, Politik und Gesellschaft im 19. Jahrhundert. München 1998 (= Enzyklopädie deutsche Geschichte, 48), S. 34. 76 vgl. Mayeur, Jean-Marie u.a. (Hg.): Die Geschichte des Christentums. Bd.11: Liberalismus, Industrialisierung und Expansion Europas (1830 – 1914). Freiburg 1997. 77 vgl. ebd. S. 593. Die Erwähnung Sulze in diesem Zusammenhang ist auf die Tatsache zurück- zuführen, dass sein 1891 in Gotha erschienenes Werk ‚Die evangelische Gemeinde‘ bereits nach zwei Jahren ins Schwedische übersetzt wurde und anschließend in Nordeuropa einige Wirkung entfaltete; zu Emil Sulze vgl. u.a. Gerbracht, Diether: Die Gemeinde und der Ein- zelne. Das Verständnis der Seelsorge bei Friedrich D. E. Schleiermacher. Eine Anfrage an die gegenwärtige Seelsorge-Diskussion. Mit einem Beitrag zur Wirkungsgeschichte von D. E. Schleiermacher: Das Verständnis der Seelsorge bei Carl I. Nitzsch. Ausblick auf die Ziele der von Emil Sulze begründeten Gemeindebewegung. Diss. Univ. Göttingen 1977, bes. S. 71 ff., und Lorenz, Wolfgang: Kirchenreform als Gemeindereform dargestellt am Beispiel Emil Sulze. Diss. KiHo Berlin 1981. 78 vgl. zum Beispiel Stürmer, Michael: Das ruhelose Reich. Deutschland 1866 – 1918. Berlin 1983 (= Die Deutschen und ihre Nation, 3), S. 45 – 47. 79 vgl. besonders Nipperdey, Thomas: Religion und Gesellschaft. Deutschland um 1900. In: HZ, 246 (1988), S. 591 – 615 sowie ders.: Religion im Umbruch. Deutschland 1870 – 1918. München 1988. Die letztgenannte Studie floss später in überarbeiteter Form in Nipperdeys Großwerk zur deutschen Geschichte im 19. Jahrhundert ein: Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1866 - 1918. Bd. 1: Arbeitswelt und Bürgergeist. München u.a. 1998, S. 428 - 530. Zur Bedeutung der Architektur innerhalb des gesamtkulturellen Spektrums sei beispielhaft auf das folgende Fazit von Thomas Nipperdey verwiesen: „Für eine Bilanz der deutschen Ge- schichte vor 1914 blieb der Aufbruch der Architektur wichtig genug. Er bezeugt dynamische Modernität in einer eben nur scheinbar obrigkeitlichen und konservativen Gesellschaft, und das nicht im Bereich der esoterischen „Kultur“ nur, sondern am Schnittpunkt der großen Wirk- lichkeitsbereiche: Kunst, Technik, Industrie, Politik und gesellschaftlicher Ordnung. Er bezeugt Entwicklungspotentiale dieser Gesellschaft – auch und gerade im Vergleich mit anderen vergleichbaren (und politisch anders strukturierten) Gesellschaften.“ (a.a.O., S. 733). 80 In diesem Zusammenhang wäre auf den Aufsatz von Thomas Nipperdey über nationale Denk- malskirchen hinzuweisen, der allerdings für den hier behandelten Zeitraum kaum Erkenntnisse bietet: Nipperdey, Thomas: Kirchen als Nationaldenkmal. Die Pläne von 1815. In: Grisebach, 2 Forschungsstand 32 unterschied sich Thomas Nipperdey auch Hans-Ulrich Wehler. In Wehlers gesellschafts- und sozialgeschichtlichen Studien zum Deutschen Kaiserreich spielten Entwicklungen weder in der allgemeinen Architektur noch im Kirchenbau eine Rolle.81 Das Thema Kirchenbau, soweit es im Überlappungsbereich von kirchen- und all- gemeingeschichtlicher Forschung angesiedelt ist, wird derzeit vor allem dann thematisiert, wenn es um die Entwicklung einzelner Kirchengemeinden geht, ins- besondere im großstädtischen Umfeld. Hier sei exemplarisch auf die Studie von Ulrich Mayer zu den Anfänger der Zionsgemeinde in Berlin verwiesen.82 Auch für das Rheinland liegen einige neuere Ergebnisse zur Entstehung und Entwicklung von evangelischen Kirchengemeinden im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert vor, in denen die Frage der Errichtung kirchlicher Bauten eine wich- tige Rolle spielt.83 Wegen der großen Zahl neugegründeter Kirchengemeinden bleiben aber trotz dieser Beiträge weitere regional orientierte Studien zur Er- hellung des Zusammenhangs von Industrialisierung und dem Selbstverständnis protestantischer Gemeinden ein Desiderat der Forschung.

Monographien zu einzelnen Architekten Die von Georg Germann noch 1963 getroffene Aussage, der protestantische Kir- chenbau sei ein Stiefkind der Kunstwissenschaft, ist in dieser Absolutheit heute nicht mehr zutreffend.84 Besonders durch die große Zahl von Monographien zu

Lucius; Renger, Konrad (Hg.): Festschrift für Otto von Simson zum 65. Geburtstag. Frank- furt/Main 1977, S. 412 – 430. 81 vgl. Wehler, Hans-Ulrich: Das Deutsche Kaiserreich 1871 – 1918. Göttingen 1973 (= Deutsche Geschichte, Bd. 9). Im Kapitel ‚Religion als Legitimationsideologie‘ (S. 118 – 121) wird kirchliches Bauen mit keinem Wort erwähnt. Dies fällt besonders bei der vergleichsweise aus- führlichen Schilderung der kirchlichen Probleme in der nach der Reichsgründung explosions- artig anwachsenden Hauptstadt Berlin auf (S. 199). Auch in dem späteren Längsschnitt von Hans-Ulrich Wehler zur Deutschen Gesellschaftsgeschichte hat sich dieses Bild trotz des großen Umfangs der Darstellung nicht gewandelt, vgl. Ders.: Deutsche Gesellschafts- geschichte. Bd. 3: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Welt- krieges 1849 – 1914. München 1995. Dort spricht Wehler im Kapitel ‚Strukturen und Prozesse der Kultur: 1. Die christlichen Kirchen‘ (S. 1171 – 1191) zwar das Problem defizitärer kirch- licher Strukturen als Folge von Bevölkerungswachstum und -wanderung an (S. 1179). Ansätze zur Lösung des Problems, wie die Gründung neuer Gemeinden und Pfarrstellen und der Bau von Kirchen und Gemeindehäusern, bleiben jedoch unerwähnt. 82 Mayer, Ulrich: Die Anfänge der Zionsgemeinde in Berlin. Ein Beispiel für die Entstehung von Kirchengemeinden in Großstädten des 19. Jahrhunderts. Bielefeld 1988 (= Unio und Confessio, 12). Als weiteres Beispiel für diesen Forschungsfeld wären zu nennen: Neuser, Wilhelm H.: Die Entstehung einer westfälischen Industriegemeinde. Die Kirchengemeinde Bockum-Hövel 1911 – 1945. In: JWKG, 81 (1988), S. 77 – 94. 83 vgl. u.a. Franzen, Werner: Gemeindegründung, Gemeindeleben und Kirchenbau am Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Beispiel der evangelischen Kirchengemeinde Düsseldorf-Oberkassel. In: MEKGR, 40 (1991), S. 215 – 269; Walter, Richard: Kirche vor Ort. 100 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Rotthausen. Eine Kirchengemeinde in den Umbrüchen und Herausfor- derungen ihrer Zeit. Bielefeld 1993. 84 vgl. Germann, Georg: Der protestantische Kirchenbau in der Schweiz von der Reformation bis zur Romantik. Zürich 1963, S. 5. 2 Forschungsstand 33 einzelnen Architekten liegen eine Fülle von Einzelerkenntnissen und Informa- tionen, auch für den Bereich des Sakralbauwesens, vor. Die Publikationen in den beiden Reihen der Fritz-Thyssen-Stiftung ‚Materialien bzw. Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts‘ stechen auch hier besonders hervor. 1971 erschien die in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Studie von Jörn Barns über das Werk von Johannes Otzen.85 Zum einen gelang es Barns, die Bedeutung von Otzen für die Neuorientierung des evangelischen Kirchenbaus am Ende des 19. Jahrhunderts aufzuzeigen. Zum anderen setzte er Maßstäbe bei der Katalo- gisierung und Beschreibung der Bauprojekte. Mit der Friedhofskirche in Wuppertal-Elberfeld (1898, Nr. 139) und der Hauptkirche in Mönchengladbach- Rheydt (1902, Nr. 169) führte Otzen auch zwei evangelische Großkirchen im Rheinland aus. Nur ein evangelischer Kirchenneubau im Rheinland, die Christuskirche Saarbrücken-Dudweiler (1882, Nr. 82), geht auf Carl Schäfer zurück, mit dessen architektonischem Werk sich die Marburger Dissertation von Jutta Schuchard beschäftigte.86 Schäfer war einer der letzten Vertreter der Neugotik, der durch seine Lehrtätigkeit in Berlin und Karlsruhe erheblichen Einfluss besaß. Etwa ein Drittel des architektonischen Werkes von Schäfer entfällt auf den Kirchenbau, wobei er mit Entwürfen sowohl für katholische als auch für evangelische Gemeinden hervortrat. Dagegen beschreibt Horst Schmitges in seiner Arbeit über Caspar Clemens Pickel einen Architekten, der im Sakralbau ausschließlich mit katholischen Kirchenneubauten vertreten ist.87 Den vielfältigen Strömungen der Berliner Schule in der Nachfolge Schinkels ging Eva Börsch-Supan 1977 in einer Studie mit ausführlichem Katalogteil nach.88 Zwanzig Jahre später konnte sie die bereits in den dreißiger Jahren von Dieter Müller-Stüler begonnene Arbeit über seinen Großvater, Friedrich August Stüler, einem der älteren Schinkelschüler, ebenfalls mit einem umfangreichen Werk- verzeichnis abschließen.89 Zu den mehr als 100 Kirchenneubauten, die nach Ent- würfen Stülers errichtet wurden, gehörte auch die Trinitatiskirche Köln (1860, Nr. 1). Auch außerhalb der beiden Publikationsreihen der Fritz-Thyssen-Stiftung bilden Studien zum Werk einzelner Architekten einen Schwerpunkt der wissenschaft- lichen Arbeit. Frühe Forschungen, die sich mit Architekten des Historismus be-

85 Bahns, Jörn: Joahnnes Otzen (1839 – 1911). Beiträge zur Baukunst des 19. Jahrhunderts. München 1971 (= Materialien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 2). 86 Schuchard, Jutta: Carl Schäfer (1844 – 1908). Leben und Werk des Architekten der Neugotik. München 1979 (= Materialien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 21). Bei dem 1892 unter den Mitgliedern des Berliner Architektenvereins ausgeschriebenen Wettbewerb um den Neubau der Evangelischen Kirche Konz (1897, Nr. 138) wurde der gemeinsame Entwurf von Carl Schäfer und Hugo Hartung zwar mit einem der beiden ersten Preise ausgezeichnet, eine Ausführung erfolgte aber nicht; vgl. ebd. S. 280, Abb. 162. 87 Schmitges, Horst: Caspar Clemens Pickel (1847 – 1939). München 1971 (= Materialien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 3). 88 Börsch-Supan, Eva: Berliner Baukunst nach Schinkel 1840 – 1870. München 1977 (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts, 25). 89 Börsch-Supan, Eva; Müller-Stüler, Dieter: Friedrich August Stüler (1800 – 1865). München, Berlin 1997. 2 Forschungsstand 34 schäftigten, waren die Arbeiten von Urs Boeck zu Karl Alexander von Heideloff und von Hans Vogts über das Lebenswerk von Vincenz Statz.90 Beide Studien, Ende der fünfziger Jahre abgeschlossen, waren Vorboten der einige Jahre später einsetzenden großen Forschungswelle zur Kunst und Architektur des 19. Jahr- hunderts. Heideloff blieb allerdings in seinem Bauschaffen auf den süddeutschen Raum beschränkt, Vincenz Statz trat im Rheinland nur mit katholischen Kirchen- neubauten in Erscheinung. Mit Conrad Wilhelm Hase, dem Begründer der Hannoverschen Schule, beschäf- tigte sich die 1968 erschienene Dissertation von Günther Kokkelink.91 Sie machte auf die eigenständigen Leistungen Hases und die Bedeutung der Hannoverschen Schule für die Wiederbelebung der norddeutschen Backsteingotik aufmerksam. Damit trug die Arbeit Kokkelinks wesentlich zur einsetzenden Neubewertung der historistischen Architektur bei. Gleichzeitig bildete sie die Grundlage für weitere Studien, so zum Beispiel über die Architekten Christoph Hehl und Edwin Oppler, die beide aus der Hannoverschen Schule hervorgingen.92 Im evangelischen Kir- chenbau des Rheinlandes traten aber weder Hase noch seine Schüler Hehl und Oppler mit Neubauprojekten in Erscheinung. Die von Ferdinand Schorbach ent- worfene Evangelische Kirche Saarbrücken-Brebach (1882, Nr. 78) verweist aber auch hier auf Hannover. Schorbach war seit 1862 Mitarbeiter Opplers und führte dessen Atelier nach seinem Tod 1880 weiter.93 Mit dem Vorgänger Hases im Amt des Königlichen Konsistorialbaumeisters in Hannover, Friedrich Hellner, beschäftigt sich der von Ulfrid Müller herausgegebene Sammelband, der 1991 anlässlich des 200. Geburtstages von Hellner erschien.94 Mit fast 50 ausgeführten Kirchenprojekten prägte Hellner um die Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl als Privatarchitekt als auch als Konsistorialbaumeister das Sakralbauwesen im König- reich Hannover. Mit dem bereits 1863 in Köln verstorbenen Maximilian Nohl beschäftigte sich Norbert Aleweld in seiner 1979 von der TH Aachen angenommenen Disser-

90 Boeck, Urs: Karl Alexander von Heideloff. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, 48 (1958), S. 314 – 390; Vogts, Hans: Vincenz Statz. Lebensbild und Lebens- werk eines Kölner Baumeisters. Mönchengladbach 1960 (= Kunstgabe des Vereins für christ- liche Kunst im Erzbistum Köln und Bistum Aachen für die Jahre 1959/60). 91 Kokkelink, Günther: Die Neugotik Conrad Wilhelm Hases. Eine Spielform des Historismus. Erster Teil: 1818 bis 1859. In: Hannoversche Geschichtsblätter, NF 22 (1968), S. 1 – 211. 92 Reuther, Hans: Die Sakralbauten von Christoph Hehl. Ein Beitrag zur Hannoverschen Bau- schule Conrad Wilhelm Hases. In: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte, 8 (1969), S. 211 – 264; Eilitz, Peter: Leben und Werk des königl. hannoverschen Baurats Edwin Oppler. In: Hannoversche Geschichtsblätter, NF 25 (1971), S. 127 – 310. Zu den Sakralbauten von Christoph Hehl, allerdings mit Schwerpunkt auf dessen Tätigkeit in Berlin, liegt auch eine neu- ere Dissertation vor: Tacke, Andreas: Kirchen für die Diaspora. Christoph Hehls Berliner Bauten und Hochschultätigkeit (1894 – 1911). Berlin 1993 (= Die Bauwerke und Kunst- denkmäler von Berlin, Beiheft 24). 93 vgl. Eilitz, a.a.O., S. 143 f. 94 Müller, Ulfrid (Hg.): Friedrich August Ludwig Hellner (1791 – 1862). Konsistorialbaumeister im Königlichen Konsistorium zu Hannover. Festschrift zur Erinnerung an seinen 200. Ge- burtstag. Hannover 1991. 2 Forschungsstand 35 tation.95 Auf Pläne von Nohl gingen im Rheinland die Christuskirche Oberhausen (1864, Nr. 16) und die Friedenskirche Mönchengladbach-Rheydt (1866, Nr. 27) zurück. Stilistisch mischten sich bei Nohl Traditionen der Berliner und Münchner Akademien. In ihrer 1984 von Fachbereich Neuere deutsche Literatur und Kunstwissenschaft der Philipps-Universität Marburg angenommenen Dissertation widmete sich Doris Böker am Beispiel des Architekten Gustav Schönermark dem neogotischen Kir- chenbau im ländlichen Raum.96 Nach seiner Ausbildung bei Conrad Wilhelm Hase, dem bereits genannten Begründer der Hannoverschen Schule, realisierte Schönermark in Nordhessen mehr als 30 kirchliche Bauprojekte. Die Arbeit von Doris Böker gehört zu den wenigen Forschungen über den Kirchenbau im länd- lichen Raum, der offenbar in der Forschung bisher nur als Randphänomen wahr- genommen wird. Im Rheinland sind keine Sakralbauwerke von Schönermark bekannt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg begann mit einer Biographie von Hans Karlinger die Auseinandersetzung mit dem Werk des Architekten und Hochschul- lehrers Theodor Fischer, dem Mitbegründer und späteren Vorsitzenden des Deut- schen Werkbundes.97 An die Pionierarbeit von Hans Karlinger knüpften später mit ihren Forschungen Rudolf Pfister und Ulrich Kerkhoff an.98 Anlässlich seines 50. Todestages ehrten sowohl München als auch Stuttgart Theodor Fischer mit Son- derausstellungen.99 In beiden Städten hatte er als Hochschullehrer und Privat- baumeister gewirkt. Speziell den Kirchenbauten Fischers widmete sich jüngst Ulrich Hangleiter.100 Besonders in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg hatte Fischer versucht, den Historismus durch ein eigenständiges, handwerklich orien- tiertes Stilschaffen zu überwinden. In seinem ‚Willen zur Form‘ erfand er Neues und verfremdete Bekanntes, wodurch er teilweise zu sehr individuellen Lösungen gelangte. Gleichzeitig nutzte er schon früh die neuen Möglichkeiten des Stahl- betons, ohne ihn in jedem Falle zu kaschieren. Im evangelischen Kirchenbau blieb Theodor Fischer mit ausgeführten Projekten allerdings auf Süddeutschland beschränkt. Seine wichtigsten Neubauten vor dem Ersten Weltkrieg waren hier die Erlöserkirche München-Schwabing (1901), die Evangelische Kirche Gagg-

95 Aleweld, Norbert: Der Baumeister Maximilian Nohl 1830 - 1863. Diss. TH Aachen 1979. 96 Böker, Doris: Neugotik auf dem Lande. Das Werk des Kasseler Konsistorialbaumeisters Gustav Schönermark (1854 – 1910). Hannover 1985 (= Schriften des Instituts für Bau und Kunstgeschichte der Universität Hannover, 6). 97 Karlinger, Hans: Theodor Fischer. Ein deutscher Baumeister. München 1932. 98 Pfister, Rudolf: Theodor Fischer. Leben und Werk eines deutschen Baumeisters. München 1968; Kerkhoff, Ulrich: Eine Abkehr vom Historismus oder ein Weg zur Moderne. Theodor Fischer. Stuttgart 1987. Die Publikation von Ulrich Kerkhoff ist hervorgegangen aus seiner Diss. Univ. Bonn 1981. 99 Nerdinger, Winfried: Theodor Fischer. Architekt und Städtebauer. Ausstellung der Architek- tursammlung der Technischen Universität München und des Münchner Stadtmuseums in Ver- bindung mit dem Württembergischen Kunstverein. Berlin 1988 (= Ausstellungskataloge der Architektursammlung der Technischen Universität München und des Münchner Stadtmu- seums, 7); Württembergischer Kunstverein (Hg.): Theodor Fischer in Württemberg. Ein Jour- nal. Stuttgart 1989. 100 Hangleiter, Ulrich: Theodor Fischer als Kirchenbauer. Weißenhorn 1999. 2 Forschungsstand 36 stadt (1904), die Stuttgarter Erlöserkirche (1907) sowie die Garnisonskirche Ulm (1911). Mit Otto Bartning als Kirchenbaumeister beschäftigte sich Ingrid Küster in ihrer umfangreichen, 1982 angenommenen Dissertation, die leider bisher im Druck nicht erschienen ist.101 Im Gegensatz zu seinem späteren Bauschaffen besitzt Otto Bartning vor dem Ersten Weltkrieg für den evangelischen Kirchenbau im Rhein- land nur wenig Bedeutung. Diese frühe Schaffensperiode ist vor allem geprägt von Bauaufgaben für evangelische Diasporagemeinden in Österreich. Als einziges Sakralbauwerk in Westdeutschland vor dem Ersten Weltkrieg geht die 1910 ein- geweihte Kirche der Altlutherischen Gemeinde in Essen auf einen Entwurf von Otto Bartning zurück. Ohne realisierte Bauprojekte im Rheinland blieb das Kirchenbauschaffen von Martin Elsaesser, mit dem sich Elisabeth Spitzbart-Maier in ihrer Stuttgarter Dissertation aus dem Jahre 1989 beschäftigte.102 Die schon etwas ältere Disser- tation von Gesine Stalling über Dominikus Böhm enthält, obwohl es sich bei Böhm bekanntlich um einen im katholischen Kirchenbau profilierten Architekten handelt, eine ausführliche Darstellung der theoretischen Diskussion um den evan- gelischen Kirchenbau, die in einzelnen Aspekten, weniger in der Gesamtschau, noch aktuell ist.103

Architekten mit besonderem Bezug zum Rheinland Für erste Informationen über einzelne Architekten aus dem Rheinland kann auf das seit 1961 erscheinende biographische Sammelwerk ‚Rheinische Lebensbilder‘ zurückgegriffen werden. In vier Beiträgen beschrieben bisher Willy Weyres und Norbert Aleweld Leben und Werk von Gerhard August Fischer, Johann Claudius von Lassaulx, Vincenz Statz und Ernst Friedrich Zwirner.104 Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist noch der Abriss von Albert Verbeek über Paul Clemen, dem ersten Konservator der Rheinprovinz.105 Die vier Bände der abge-

101 Küster, Ingrid: Otto Bartning als Kirchenbaumeister. Diss. Univ. Bonn 1982. Greifbar ist die 566 Seiten umfassende Studie auf 9 Microfiches. Für den Gang der Kirchenbaudiskussion um die Jahrhundertwende ist die Darstellung allerdings nicht immer verlässlich. So schreibt Ingrid Küster das Wiesbadener Programm Emil Sulze zu (S. 70), was unzutreffend ist. Die Entste- hung der Idee des kirchlichen Gruppenbaus verlegt sie in das Jahr 1904 (S. 72). Tatsächlich war dieses Modell von Emil Sulze und Otto March bereits deutlich früher propagiert worden. 102 Spitzbart-Maier, Elisabeth: Die Kirchenbauten Martin Elsaessers und ihre Voraussetzungen in der protestantischen Kirchenbautheorie und Liturgiediskussion. Diss. Univ. Stuttgart 1989. 103 Stalling, Gesine: Studien zu Dominikus Böhm mit besonderer Berücksichtigung seiner „Gotik“ Auffassung. Bern, Frankfurt/Main 1974 (= Europäische Hochschulschriften, 28.4). 104 Weyres, Willy: Ernst Friedrich Zwirner (1802 – 1861). In: (Hg.): Rheinische Lebensbilder, hg. v. d. Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Bd. 3. Düsseldorf 1968, S. 173 – 189; Ders.: Johann Claudius von Lassaulx (1781 – 1848). In ebd., Bd. 4. Düsseldorf 1970, S. 141 – 157; Ders.: Vincenz Statz (1819 – 1898). In ebd., Bd. 6. Köln 1975, S. 97 – 120; Aleweld, Norbert: Gerhard August Fischer (1833 – 1906). In ebd., Bd. 13. Köln 1993, S. 183 – 210. 105 Verbeek, Albert: Paul Clemen (1866 – 1947). In: Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (Hg.): Rheinische Lebensbilder. Bd. 7. Köln 1977, S. 181 – 201. 2 Forschungsstand 37 schlossenen Parallelreihe ‚Saarländische Lebensbilder‘ enthalten keinen Artikel zu einem saarländischen Architekten des 19. Jahrhunderts.106 Ein früher, vornehmlich für Auftraggeber im Rheinland und Westfalen arbei- tender Privatbaumeister war der in geborene Heinrich Wiethase, mit dessen architektonischem Lebenswerk sich Walter Marquaß in seiner 1980 von der TH Aachen angenommenen Dissertation auseinander setzte.107 Wiethase ließ sich 1863 endgültig in Köln nieder und führte in den folgenden dreißig Jahren mit seinem Architekturbüro mehr als 170 Bauaufträge aus.108 Im Gegensatz zu Wiethase, der als Privatarchitekt mit eigenem Atelier arbeitete, blieb Ferdinand Robert Cremer, mit dem sich Herbert Philipp Schmitz in seiner Dissertation be- schäftigte, Zeit seines Lebens als Baubeamter im Staatsdienst.109 Für den Bereich des evangelischen Kirchenbaus weisen die genannten Studien über Wiethase und Cremer allerdings Lücken auf. So führt Walther Marquaß die von Heinrich Wiethase entworfene Evangelische Kirche Gummersbach-Dieringhausen (1891, Nr. 109) nicht auf, wohingegen die St. Johanniskirche Köln-Deutz (1861, Nr. 4) bei Herbert Philipp Schmitz fehlt, der allerdings schon zu Beginn seiner Dar- stellung einräumte, dass ihm nicht alle von Cremer entworfenen Gebäude bekannt seien und daher auch sein Werkverzeichnis keinen Anspruch auf Vollständigkeit besitzen könne.110 Mit dem Architekten Karl Siebold beschäftigt sich die 1995 am Institut für Kir- chengeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster abgeschlossene Dissertation von Ulrich Althöfer, die 1998 im Druck erschien.111 Als Leiter der Bauverwaltung in Bethel (1891 – 1921) und des Provinzialkirchlichen Bauamtes in Bielefeld (1906 – 1930) war Siebold einer der prominentesten Architekten seiner Zeit in Westfalen, der zwar nicht ausschließlich im evangelischen Kir-

106 vgl. Neumann, Peter (Hg.): Saarländische Lebensbilder. 4 Bände. Saarbrücken 1982 – 1989. 107 Marquaß, Walter: Heinrich Johann Wiethase (1833 – 1893). Privatbaumeister in Köln. Diss. TH Aachen 1980. 108 vgl. ebd. S. 14 f. 109 Schmitz, Herbert Philipp: Robert Cremer. Erbauer der Technischen Hochschule und Restaura- tor des Münsters zu Aachen. Aachen 1969 (= Aachener Beiträge für Baugeschichte und Hei- matkunst, 5). Diese Veröffentlichung ging aus der Dissertation von Herbert Philipp Schmitz über Ferdinand Robert Cremer hervor, die 1968 von der TH Aachen angenommenen worden war. 110 vgl. ebd. S. 25. Wiethase wird an mehreren Stellen unzweideutig als Urheber der Baupläne für den Kirchenneubau in Gummersbach-Dieringhausen genannt, beispielsweise in der Urkunde zur Grundsteinlegung oder anlässlich der Einweihung der neuen Kirche. Die Grund- steinurkunde ist abgedruckt bei Cramer, Eberhard: Die Geschichte der Evangelischen Kirchen- gemeinde Dieringhausen-Vollmerhausen und Gedanken über das Leben der Gemeinde. Gummersbach 1991, S. 89 – 90, zur Einweihung vgl. PKS An der Agger (1892), S. 7. Die PKS Mülheim/Rhein 1859, S. 7, schreiben den Entwurf für die St. Johanniskirche Köln-Deutz aus- drücklich dem damaligen Kölner Landbaumeister Friedrich Robert Cremer zu. Diese Aussage wird von dem im AdEKiR, 5-Ortsakten Köln-Deutz: 14 (Bauten), Bd.1 (1859-1957), enthal- tenen Schriftverkehr zwischen der Kirchengemeinde, dem Konsistorium und den Berliner Behörden aus den Jahren 1859 bis 1865 bestätigt. Allerdings hat Ernst Friedrich Zwirner einige dort nicht näher bezeichneten Veränderungen an dem Cremerschen Entwurf vorgenommen. 111 Althöfer, Ulrich: Der Architekt Karl Sielbold (1854 – 1937). Zur Geschichte des evangelischen Kirchenbaus in Westfalen. Bielefeld 1998 (= BWFKG, 15). 2 Forschungsstand 38 chenbau hervortrat, dort aber besonders prägend wirkte. Die Dissertation enthält auch Informationen über den Architekten Joseph Campani, der zwischen 1900 und 1904 Mitarbeiter von Siebold im Bauamt Bethel war, und später als freier Architekten für den Kirchenneubau in Duisburg-Neumühl (1911, Nr. 228) ver- antwortlich zeichnete. Von Siebold selbst stammten die Entwürfe für das Kir- chenprojekt in Dierdorf (1904, Nr. 182).112 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vorstehend genannten mono- graphischen Arbeiten ein reiches Bild über die verschiedenen Strömungen ergeben. Zwar bestehen zwischen den einzelnen, an ganz verschiedenen Orten vorgelegten Arbeiten in methodischer, quantitativer und qualitativer Hinsicht große Unterschiede, insgesamt wurde damit dennoch eine beträchtliche Grund- lagenarbeit geleistet. Gleichzeitig bleiben jedoch, besonders mit Blick auf das Rheinland, noch erhebliche Lücken zu füllen. So wären beispielsweise Arbeiten zum Oeuvre von August Hartel, Ludwig Hofmann, August Albes, Heinrich Heidsiek oder August Senz mehr als wünschenswert.113

Handbücher und Sammelbände zum protestantischen Kirchenbau Bauprojekte aus dem Rheinland fanden in den vor dem Ersten Weltkrieg erschie- nenen Standardwerken zum evangelischen Kirchenbau durchaus Beachtung. Bis heute ist das von Cornelius Gurlitt angeregte und von Karl Emil Otto Fritsch erarbeitete Großwerk zur Geschichte des protestantischen Kirchenbaus, das 1893

112 ebd. S. 68 – 71, 767 (Joseph Campani), S. 214 – 226, 807 - 808 (Dierdorf). Als weiteres Pro- jekt von Siebold im Rheinland beschreibt Althöfer (S. 416 – 425, 818) den Kirchenneubau auf dem Fronberg für die Kaiserswerther Diakonissenanstalt (1903), der aber aufgrund seines Charakters als Anstaltskirche in die vorliegende Untersuchung nicht einbezogen wurde. Im Jahr der Einweihung der Kirche auf dem Fronberg legte Siebold auch der evangelischen Gemeinde Werlau, Kirchenkreis Koblenz, Pläne für einen Kirchenneubau vor, die jedoch nicht zur Ausführung kamen. Bei den ebenfalls nicht realisierten Entwürfen für Hottenstein, die Siebold vermutlich um 1914 anfertigte und die Ulrich Althöfer (S. 402 – 404) örtlich nicht zuordnen konnte, muss es sich um einen Auftrag der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Nächstebreck gehandelt haben. Diese Gemeinde, 1877 durch Auspfarrung aus dem westfälischen Schwelm gegründet, hatte 1879 im Gemeindeteil Hottenstein einen Betsaal mit Pfarrwohnung nach einem Entwurf des Architekten Bramesfeld, (Wuppertal-) Elberfeld, errichtet. Pläne, dieses Gebäude durch einen Kirchenneubau zu ersetzen, vereitelte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Seit 1933 gehört die Gemeinde Nächstebreck zum rheinischen Kirchenkreis Barmen; vgl. AdEKiR, 5-Ortsakten Nächstebreck: 14 (Bauten), Provinz Westfalen Bd.1 (1879–1928), Bd. 2 (1928–1930), Rheinland Bd.1 (1934-1958), Bd.2 (1964-1971), Beiakte Provinzialkirchliches Bauamt (1939); Rk I, S. 87; Nell, Philipp: Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Nächstebreck. Barmen 1883; Hellbeck, Gerd: Nächstebreck. Geschichte eines ländlichen Raumes an der bergisch-märkischen Grenze im Wirkungsbereich der Städte Schwelm und Barmen. Wuppertal 1984 (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertales, 30), S. 238 – 244; Evangelischen Kirchengemeinde Nächstebreck in Wuppertal-Barmen (Hg.): 120 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Nächstebreck 1877 – 1997. Wuppertal 1997. 113 Interessanterweise wies Willy Weyres bereits 1960 auf August Hartel in seiner Auflistung von 25 Architekten hin, die sich im rheinischen Kirchenbau des 19. Jahrhundert profiliert hatten und über deren Werk zum damaligen Zeitpunkt noch keine wissenschaftliche Arbeit vorlag. Zwischenzeitlich wurden die meisten von Weyres genannten Architekten monographisch bear- beitet. Das Lebenswerk von August Hartel, der alleine im Rheinland mit acht evangelischen Kirchenneubauten hervortrat, harrt allerdings weiterhin der Aufarbeitung; vgl. Weyres, kirch- lichen Baukunst, a.a.O., hier S. 411 f. 2 Forschungsstand 39 erschien, von einigen Details abgesehen, ein unverzichtbares Standardwerk geblieben.114 Konzipiert war es zunächst zur Vorbereitung auf den ersten Kongress für den Kirchenbau des Protestantismus, der auf Initiative der Vereinigung Ber- liner Architekten am 24. und 25. Mai 1894 in der Neuen Kirche am Gendarmen- markt stattfand. Die Materialfülle dieser Pionierleistung mit mehr als 400 Seiten und über 1.000 Zeichnungen ist bis heute unerreicht geblieben. Für die Zeit nach 1860 würdigte Fritsche die folgenden sieben Kirchenneubauten im Rheinland mit Baubeschreibungen und Abbildungen: Johanneskirche Düsseldorf (1881, Nr. 77), Evangelische Kirche Gummersbach-Derschlag (1891, Nr. 108), Marktkirche Neuwied (1884, Nr. 118), Christuskirche Köln (1894, Nr. 118), Gemarker Kirche Wuppertal-Barmen (1890, Nr. 105), Friedenskirche Duisburg-Hamborn (1897, Nr. 136), Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld (1898, Nr. 139). 1906 erschien unter dem Titel ‚Kirchen‘ ein von Cornelius Gurlitt verfasstes Handbuch zum Sakralbauwesen, das sich in erster Linie an Architekten und Kir- chengemeinden wandte.115 Es war nicht historisch aufgebaut, sondern behandelte systematisch Einzelfragen zu kirchlichen Bauprojekten, wie zum Beispiel Grund- risswahl, Turmstellung oder Anordnung der Prinzipalstücke. In diesem Zu- sammenhang verweist Gurlitt auf elf Kirchenprojekte von evangelischen Gemein- den im Rheinland.116 Das als Beispielsammlung gedachte Werk von Oscar Hoss- feld ‚Stadt und Landkirchen‘ aus dem Jahre 1905, das bereits 1907 eine zweite Auflage erlebte, enthält dagegen an Bauwerken aus der Rheinprovinz nur die Evangelische Kirche Konz (1897, Nr. 138).117 1914 erschien ein weiteres, systematisch aufgebautes Handbuch zum evange- lischen Kirchenbau, das sich als Ratgeber für Pfarrer, Gemeindevertretungen und Architekten verstand, damit gleichzeitig aber auch einen Überblick über den kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ereichten Entwicklungs- und Diskussions- stand bot.118 Verfasst von Alfred Wanckel, Geheimer Baurat in Altenburg, bildete der sächsische Raum den regionalen Schwerpunkt der ausgewählten Beispiele. Das Rheinland ist aber immerhin durch vier Neubauprojekte vertreten: Luther- kirche Duisburg-Duissern (1895, Nr. 122), Christuskirche Köln-Dellbrück (1905,

114 Fritsch, Karl Emil Otto: Der Kirchenbau des Protestantismus von der Reformation bis zur Gegenwart. Berlin 1893. 115 Gurlitt, Cornelius: Kirchen. Stuttgart 1906 (= Handbuch der Architektur, 4.8.1). 116 Im einzelnen nennt Gurlitt als gelungene Beispiele aus dem Rheinland für die Lösung ver- schiedener Einzelfragen: Christuskirche Köln (1894, Nr. 118), Lutherkirche Duisburg-Duissern (1895, Nr. 122), Friedenskirche Duisburg-Hamborn (1897, Nr. 136), Dreifaltigkeitskirche Aachen-Burtscheid (1899, Nr. 146), Evangelische Kirche Essen-Werden (1900, Nr. 152), Pauluskirche Krefeld (1901, Nr. 162), Hauptkirche Mönchengladbach-Rheydt (1902, Nr. 169), Evangelische Kirche Essen-Kray (1902, Nr. 176), Lutherkirche Krefeld (1904, Nr. 180), Reformationskirche Köln-Bayenthal (1905, Nr. 188) sowie die Martinskirche Bad Münster am Stein (1908, Nr. 213), mit deren Bau erst nach dem Erscheinen des Handbuchs begonnen wurde. 117 Hossfeld, Oscar: Stadt- und Landkirchen. Berlin 1905, 21907. 118 Wanckel, Alfred: Der deutsche evangelische Kirchenbau zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ein Handbuch für Geistliche, Kirchenvorstände und Architekten. Wittenberg 1914 (= Die Bücher der Kirche, IV – VI). 2 Forschungsstand 40

Nr. 187), Erlöserkirche Essen (1909, Nr. 219) und Lutherkirche Wuppertal- Barmen (1911, Nr. 229). Bereits ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges veröffentlichte Otto Schönhagen, der spätere Leiter des Provinzialkirchlichen Bauamtes der Rhein- provinz, unter dem Titel ‚Stätten der Weihe‘ einen Überblick über den jüngeren protestantischen Sakralbau.119 Dieses Werk enthält eine große Zahl von Abbil- dungen, zumeist Kirchen, die um das Jahr 1910 errichtet wurden, von denen ein beträchtlicher Teil aus dem Rheinland stammte. In dem äußerst knappen Überblick von Hans Achelis zur Entwicklung des christ- lichen Sakralbauwesens, erschienen 1935, fand als einziges evangelisches Kir- chenbauwerk aus dem Rheinland nur die Auferstehungskirche Düsseldorf- Oberkassel Eingang.120 Beachtet wurde dieses Bauwerk aber auch in der interna- tionalen Forschung. Andrew Landale Drummond führte sie 1934 als ein gelun- genes Beispiel für einen umfangreichen Gruppenbau an.121 Aus dem englisch- sprachigen Raum stammt auch eine der wenigen Studien über das Verhältnis von sakralen und profanen Nutzungen von Kirchengebäuden.122 Auf diesem Gebiet ist nach wie vor ein Forschungsdefizit festzustellen. Günter Rutenborn kommt das Verdienst zu, schon sehr früh auf einige wesent- liche, über die Zeit hinausweisende Aspekte im evangelischen Kirchenbau vor dem Ersten Weltkrieg hingewiesen zu haben.123 Allerdings konnte er weder sein Promotionsverfahren abschließen noch ist die hierfür nach längeren Vorarbeiten 1945 fertiggestellte Abhandlung über die Entwicklung des evangelischen Kir- chenbaus, beginnend mit der Ablösung vom Historismus, im Druck erschienen.124 In dieser Untersuchung findet sich einer der seltenen Hinweise auf Max Benirschke, Lehrer an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule, der im Rheinland mit der Evangelischen Kirche Essen-Haarzopf (1913, Nr. 234) und der Lukas- kirche Köln-Porz (Baubeginn 1914, Nr. 251) zwei bemerkenswerte Projekte reali- sierten konnte, die Rutenborn in eine Reihe mit den Bauten von Martin Elsässer,

119 Schönhagen, Otto: Stätten der Weihe. Neuzeitliche Protestantische Kirchen. Berlin 1919. 120 Achelis, Hans: Der christliche Kirchenbau. Seine liturgische Entwicklung von der Basilika zur evangelischen Predigtkirche. Leipzig 1935, S. 29, Abb. 34. 121 Drummond, Andrew Landale: The church architecture of Protestantism. A historical and constructive study. Edingburgh 1934, S. 132 – 133. 122 Davies, J. G.: The Secular Use of Church Buildings. New York 1968. 123 Rutenborn, Günter: Die Entwicklung des modernen evangelischen Kirchenbaus, - von der Ablösung des Historismus zu neuer Eigenständigkeit. Senzke b. Nauen (mass.) 1945. 124 Die nicht kommentierten Literaturangaben „Günter Rutenborn, Die Entwicklung des modernen evangelischen Kirchenbaus – von der Ablösung des Historismus zu neuer Eigenständigkeit. Inaugural-Dissertation, Senzke ü. Nauen 1945“ bei Gerhard Langmaack: Evangelischer Kirchenbau im 19. und 20. Jahrhundert. Kassel 1971, S. 368, und „Rutenborn, Günter: Die Entwicklung des modernen evangelischen Kirchenbaus von der Ablösung des Historismus zu neuer Eigenständigkeit. Diss. Senzke b. Nauen 1945“ bei Barbara Kahle, Kirchenbaukunst, a.a.O, S. 257, sind daher irreführend. Das einzig nach meinem Kenntnisstand noch vorhandene Maschinoskript der Studie wird von der Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin, im Nachlass Günter Rutenborn unter Nr. 111 verwahrt. Ein weiteres Exemplar, das sich im Besitz der Familie Langmaack, , befand, ist wahrscheinlich bei einen Brand vernichtet worden. 2 Forschungsstand 41

Otto Bartning und Theodor Fischer stellte.125 Erst in jüngster Zeit ist Max Benirschke durch die Berliner Dissertation von Kathrin Nessel wieder in das Inte- resse das Forschung gerückt.126 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unternahmen Willy Weyres und Otto Bartning den Versuch, ein neueres Handbuch zu Fragen des katholischen wie auch des evangelischen Kirchenbaus herauszugeben.127 In diesem breit angelegten Werk findet sich unter anderem eine historische Analyse der Leitbilder im evan- gelischen Kirchenbau von Curt Horn, ergänzt durch einige Anmerkungen von Otto Senn zu den Entwicklungslinien im reformierten Kirchenbau. Verweise auf evangelische Kirchenneubauten im Rheinland während der Industrialisierung fin- den sich aber keine.128 Dagegen streift der von Hugo Schnell erarbeitete Überblick zum deutschen Kirchenbau im 20. Jahrhundert, der ebenfalls die Bauten beider Konfessionen umfasst, einige Beispiele aus dem Rheinland.129 Die jüngste größere, mittlerweile aber auch schon fast dreißig Jahre alte Gesamtdarstellung zum neueren evangelischen Kirchenbau von Gerhard Langmaack enthält aus dem hier untersuchten Zeitraum zwei Kirchenneubauten aus dem Rheinland, die Dankeskirche Düsseldorf-Benrath (1915, Nr. 247) und die Lukaskirche Köln (1914/27, Nr. 251).130 Der 1989 im 18. Band der TRE erschienene knappe Über- blick zum Kirchenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts von Harold Hammer- Schenk nennt als Beispiele protestantischer Neubauten für den Zeitraum ab 1860 aus dem Rheinland die Trinitatiskirche Köln (1860, Nr. 1), die Christuskirche Oberhausen (1864, Nr. 16) sowie die Friedens- (1866, Nr. 27) und Hauptkirche (1902, Nr. 169) in Mönchengladbach-Rheydt.131

Untersuchungen zu Einzelfragen des Sakralbauwesens Neben den genannten Überblickswerken und Gesamtdarstellungen liegen zu ver- schiedenen Fragen des evangelischen Kirchenbaus einige wichtige Einzelunter- suchungen vor.

125 Rutenborn, a.a.O., S. 36. 126 Nessel, Kathrin: Das abgetrennte Stück Welt. Studien zum Werk von Max Benirschke (1880 – 1961). Raumkunst, Kirchenbau und Anthroposophie im frühen 20. Jahrhundert. Diss. FU Berlin 1999. 127 Weyres, Willy; Bartning, Otto (Hg.): Kirchen. Handbuch für den Kirchenbau. München 1959 (= Handbücher zur Bau- und Raumgestaltung). 128 vgl. Horn, Curt: Entwicklung der Leitbilder des evangelischen Kirchbaues. In: Weyres/ Bartning, Handbuch, a.a.O., S. 231 – 260; Senn, Otto: Entwicklungslinien im authentischen reformierten Kirchbau. In edb., S. 261 – 264. 129 Schnell, Hugo: Der Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in Deutschland. München, Zürich 1973. 130 Langmaack, Gerhard: Evangelischer Kirchenbau im 19. und 20. Jahrhundert. Kassel 1971, S. 325. 131 Hammer-Schenk, Harold: Kirchenbau IV. 19. und frühes 20. Jahrhundert. In: TRE 18, S. 498 – 514. Auf S. 507 nennt Harold Hammer-Schenk die Hauptkirche Mönchengladbach-Rheydt (1902, Nr. 169) als Nachfolgebau der Ringkirche Wiesbaden (1894), die von Johannes Otzen auf Grundlage des Wiesbadener Programms entworfen worden war. Konzeptionell und von der Selbsteinschätzung Otzens her läge allerdings ein Verweis auf die Friedhofskirche Wuppertal- Elberfeld (1898, Nr. 139) sicherlich näher. 2 Forschungsstand 42

Über die in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts formu- lierten Regulative, Programme und Leitsätze für den evangelischen Kirchenbau und den Verlauf der einschlägigen Diskussion sind wir in ausführlicher Weise durch die umfangreichen Arbeiten von Thomas Weiß, Klaus Schulte und Eva Maria Seng informiert.132 Leicht greifbar sind eine Reihe von programmatischen Äußerungen in dem bereits genannten Überblickswerk von Gerhard Langmaack, das auch eine vergleichende Synopse enthält.133 Auf diese Vorarbeiten konnte bei der Ausarbeitung des dritten Kapitels der vorliegenden Untersuchung zurückge- griffen werden. Zur Geschichte der evangelischen Gemeinde in Rom, die in einem besonderen Verhältnis zum deutschen Kaiserhaus stand, und ihrem noch ganz dem Histo- rismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts verpflichteten Kirchenneubau (1922) erschien jüngst eine Studie auf breiter Quellenbasis von Andreas Puchta.134 Das Projekt einer Kirche für die deutsche evangelische Gemeinde in Rom bildete auch den Ausgangspunkt für die Aufarbeitung der Kirchenbauideale des Hauses Hohenzollern durch Jürgen Krüger.135 Die Epochenjahre 1815 und 1918 bilden hier die Grenzen des Untersuchungszeitraums, als verbindendes Element der aus- gewählten Kirchenprojekte wählte Jürgen Krüger das in der Namensgebung erscheinende Erlöserpatrozinium. Auf die Rezeption spätantiker Motive in der deutschen Sakralarchitektur der Romantik machte Johannes Gerstner in seiner 1990 angenommenen Münchner Dissertation aufmerksam.136 Einige Bedeutung für den protestantischen Kirchenbau, auch im Rheinland, besaß die sogenannte ältere liturgische Bewegung um Friedrich Spitta und Julius Smend, mit deren Reformvorstellung sich Konrad Klek in seiner 1996 im Druck erschienenen Dissertation insgesamt beschäftigte.137

132 Weiß, Thomas: Stildiskussion zur Sakralarchitektur des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Diss. Univ. München 1983; Schulte, Klaus: Zur Kontroverse im deutschen evangelischen Kirchen- bau des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Diss. FU Berlin 1992; Seng, Eva-Maria: Der evangelische Kirchenbau im 19. Jahrhundert. Die Eisenacher Bewegung und der Architekt Christian Friedrich von Leins. Tübingen 1995 (= Tübinger Studien zur Archäologie und Kunstgeschichte, 15). Leider ist die Dissertation von Klaus Schulte nicht publiziert worden. Daher ist die dort enthaltene große Materialfülle nur schwer zugänglich. Eines der wenigen gedruckten Exemplare der Dissertation befindet sich in der Bibliothek des Lehrstuhls für christliche Archäologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. 133 vgl. Langmaack, Kirchenbau, a.a.O., S. 178 ff. 134 Puchta, Andreas: Die deutsche evangelische Kirche in Rom. Planung, Baugeschichte, Aus- stattung. Bamberg 1997 (= Studien zur Kunst der Antike und ihrem Nachleben, 2). 135 Krüger, Jürgen: Rom und Jerusalem. Kirchenbauvorstellungen der Hohenzollern im 19. Jahr- hundert. Berlin 1995. Dieser Längsschnitt war im Wintersemester 1992/93 von der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität (TH) Karlruhe als Habilitationsschrift angenommen worden. 136 Gerstner, Johannes: Studien zur Rezeption der „Altchristlichen Bauart“ in Kirchen der deut- schen Romantik. Diss. Ludwig-Maximilians-Universität München 1990. 137 Klek, Konrad: Erlebnis Gottesdienst. Die liturgischen Reformbestrebungen um die Jahrhun- dertwende unter Führung von Friedrich Spitta und Julius Smend. Göttingen 1996 (= Ver- öffentlichungen zur Liturgik, Hymnologie und theologischen Kirchenmusikforschung, 32). 2 Forschungsstand 43

Studien mit regionalen Schwerpunkten Studien zum evangelischen Kirchenbau des 19. Jahrhunderts, die in einem größeren regionalen Zusammenhang Vollständigkeit anstreben, sind vergleichsweise selten. An erster Stelle wäre hier auf die breit angelegte Darstellung von Hartmut Mai zum Kirchenbau im Königreich Sachsen zu verweisen.138 Für die Kirchenarchitektur des 19. Jahrhunderts in der Schweiz liegt darüber hinaus eine Studie von André Meyer vor.139 Eine Region, die auch für das Rheinland besondere Bedeutung besitzt, ist Berlin, nicht zuletzt aufgrund der von Berliner Architekten im Rheinland errichteten Kir- chenneubauten. Gerade im Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende besaß Berlin mit seinen verschiedenen Architektenvereinigungen und kirchlichen Zusammen- schlüssen eine gewisse Vorreiterrolle. Darüber hinaus muss natürlich auf die Bedeutung als preußische und deutsche Hauptstadt mit seiner Ministerial- bürokratie, dem Evangelischen Oberkirchenrat und natürlich dem Hause Hohen- zollern verwiesen werden. Mit August Orth, der die Essener Kreuzeskirche (1896. Nr. 134) entwarf und den die Essener Kirchengemeinde mit einem weiteren Kirchenneubau betrauen wollte, beschäftigte sich die 1988 im Druck erschienene Diplomarbeit von Elke Herden.140 An diese städtebaulich orientierte Studie knüpfte sie in ihrer 1995 abgeschlossenen Dissertation an.141 Anhand von vier in Berlin zwischen 1845 und 1897 eingeweihten Kirchenneubauten zeichnete sie dort die Zusammenhänge und Probleme von Stadtentwicklung und Kirchenbau nach, womit sie inhaltlich und zeitlich an die Studie von Helga Nora Franz-Duhme und Ursula Röper-Vogt über die vier Berliner Vorstadtkirchen von Karl Friedrich Schinkel anknüpfte.142 Mit Monographien zu zwei fast vollständig untergegangenen Berliner Bauwerken, der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Anhalter Bahnhof, begann die kritische Auseinandersetzung mit dem überaus vielschichtigen Werk von Franz Schwechten.143 Speziell mit seinen Kirchenbauten beschäftigte sich Peer Zietz in seiner 1987 von der Philosophischen Fakultät der Freien Universität Berlin ange-

138 Mai, Hartmut: Kirchen in Sachsen. Vom Klassizismus bis zum Jugendstil. Berlin, Leipzig 1992. Die Habilitationsschrift von Hartmut Mai, Studien zum Kirchenbau des 19. Jahrhunderts, Leipzig (mass.) 1970, konnte für die vorliegende Untersuchung leider nicht ausgewertet werden, da sie nicht zu beschaffen war. 139 Meyer, André: Neugotik und Neuromanik in der Schweiz. Die Kirchenarchitektur des 19. Jahrhunderts. Zürich 1973. 140 Herden, Elke: Kirchen für die moderne Großstadt. Der Beitrag August Orths zum protestan- tischen Kirchenbau im Berlin des 19. Jahrhunderts. Berlin 1988 (= Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin, 38). 141 Dies.: Kirchenbau und Stadterweiterung. Protestantische Kirchengründungen in der Berliner Luisenstadt. Berlin 1996 (= Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin, 55). 142 Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (Hg.): Schinkels Vorstadtkirchen. Kirchenbau und Gemeindegründung unter Friedrich Wilhelm III in Berlin. Berlin 1991. 143 Frowein-Ziroff, Vera: Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche. Entstehung und Bedeutung. Berlin 1982 (= Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Beiheft 9); Maier, Helmut: Berlin Anhalter Bahnhof. Berlin 1985. 2 Forschungsstand 44 nommenen Dissertation.144 In dieser Monographie findet sich auch eine Würdi- gung der drei nach Entwürfen von Franz Schwechten im Rheinland errichteten Erlöserkirchen in Essen (1909, Nr. 219), Gerolstein (1913, Nr. 235) und Adenau (1914, Nr. 238).

Veröffentlichungen zum Sakralbauwesen im Rheinland Zum protestantischen Kirchenbau am Niederrhein und im Bergischen Land von der Reformation bis zur Wende zum 19. Jahrhundert erschien in jüngerer Zeit eine umfangreiche Monographie von Wera Groß.145 Mit dieser auf einer Bonner Dissertation aufbauenden Studie konnte eine erhebliche Forschungslücke geschlossen werden, da die nunmehr gänzlich überholten Arbeiten von Albert Braselmann, Walther Tuckermann und Edgar Schmidt-Burgk bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden waren.146 Die Beschäftigung mit der kirch- lichen Baukunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland setzte erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Allerdings lag der Schwerpunkt zunächst stärker auf dem katho- lischen Kirchenbau, was sich unschwer an den frühen Publikationen von Albert Verbeek und Willy Weyres ablesen lässt.147 In seiner 1962 abgeschlossenen und 1966 im Druck erschienenen Habilitationsschrift hat Albrecht Mann unter ande- rem auf die Pionierleistungen des rheinischen Sakralbaus bei der Wiederbelebung romanischer Stilformen im 19. Jahrhundert aufmerksam gemacht.148 In der Tat zeigten bereits die Bauwerke von Ferdinand Nebel und Johann Claudius von Lassaulx, beginnend etwa Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts, Stilelemente, die auf die Romanik zurückgehen.149 Zu diesem Zeitpunkt war die Romanik allerdings auch im Rheinland noch weit von der späteren historistischen

144 Zietz, Peer: Franz Heinrich Schwechten. Kirchen zwischen Zweckmäßigkeit und Repräsen- tation im Deutschen Kaiserreich. Diss. FU Berlin 1987. 145 Groß, Wera: Kirchenneubauten des 16. bis 18. Jahrhunderts am Niederrhein und im Bergischen Land. 2 Bände. Düsseldorf 1999 (= Kirchliche Kunst im Rheinland, 4). 146 Braselmann, Albert: Der Kirchenbau des Protestantismus des 17. und 18. Jahrhunderts im Bergischen. Düsseldorf 1912; Tuckermann, Walther: Vom älteren niederrheinischen Pro- testantismus und seinem Kirchenbau. In: MRKG, 14 (1920), S. 193 - 232; Schmidt-Burk, Edgar: Evangelische Gotteshäuser des 17. und 18. Jahrhunderts am Niederrhein. Diss. Aachen 1933 (verschollen, Auszug in MEKGR, 14 (1965), S. 62 – 74). 147 Verbeek, Albert: Rheinischer Kirchenbau im 19. Jahrhundert. Köln o. J. (1954); Weyres, Willy: Zur Geschichte der kirchlichen Baukunst im Rheinland 1800 – 1870. In: Haaß, Robert; Hoster, Joseph: Zur Geschichte und Kunst im Erzbistum Köln. Festschrift für Wilhelm Neuss. Düsseldorf 1960 (= Studien zur Kölner Kirchengeschichte, 5), S. 408 – 424. Sowohl Albert Verbeeck wie auch Willy Weyres beschränkten in den beiden genannten Aufsätzen ihre Dar- stellungen zum evangelischen Kirchenbau auf sehr wenige Bauwerke, wie zum Beispiel die Trinitatiskirche Köln (1861, Nr. 1) von Friedrich August Stüler. 148 Mann, Albrecht: Die Neuromanik. Eine rheinische Komponente im Historismus des 19. Jahr- hunderts. Köln 1966. 149 Zu den beiden für die rheinische Architekturentwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jahr- hunderts bedeutenden Baubeamten Ferdinand Nebel und Johann Claudius von Lassaulx, die zeitlebens als Konkurrenten in der preußischen Bauverwaltung ein sehr schwieriges Verhältnis hatten, liegen zwei umfangreiche Einzelstudien vor, vgl. Dauber, Rheinhard: Ferdinand Jakob Nebel (1782 – 1860). Kgl. Preußischer Landbauinspektor in Koblenz. Diss. TH Aachen 1975; Liessem, Udo: Studien zum Werk von Johann Claudius von Lassaulx (1781 – 1848). Koblenz 1989 (= Koblenzer Beiträge zur Geschichte und Kultur, 5). 2 Forschungsstand 45

Dogmatisierung entfernt. Vielmehr erfolgte zunächst vor allem eine Applizierung von romanischen Einzelmotiven am Außenbau in großer stilistischer Freiheit. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Thema muss auch die breit angelegte Bestandsaufnahme zur Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland genannt werden. In dieser insgesamt fünfbändigen Aufsatzsammlung beschäftigten sich annähernd 50 Kunsthistoriker mit den Bereichen Architektur, Malerei, Plastik, und Kunst- gewerbe.150 Der erste der beiden Architekturbände enthält auch einen Beitrag von Willy Weyres, in dem er die Entwicklung des evangelischen Kirchenbaus vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg nachzeichnet.151 Für den Zeitraum zwischen 1860 und 1915 greift Willy Weyres hier insgesamt 14 Kirchengebäude heraus; unter Berücksichtigung der Neubautätigkeit der evan- gelischen Gemeinden in dieser Zeit eine doch geringe Zahl von Bauwerken, die nur stellvertretend für einige Hauptentwicklungslinien stehen können.152 1983 unternahm Heinz-H. Majewski den Versuch, den evangelischen Kirchenbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts weniger unter kunsthistorisch-ästhetischen Gesichtspunkten zu beschreiben, sondern stärker von der gottesdienstlichen Funktion der Gebäude her zu analysieren.153 Die Zahl der ausgewählten Kirchen ist aber auch hier im Vergleich zur faktischen Neubautätigkeit gering. Bei seinen quantitativen Übersichten stützte er sich zudem auf die Angaben im Rheinisch- Westfälischen Gustav-Adolf-Blatt, die aber nur einen Teil des tatsächlichen Bau- volumens widerspiegeln. Nur angerissen werden im Aufsatz die Auswirkungen der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Kirchenbau. 1991 habe ich versucht, diesen Aspekt ergänzend anhand der frühen Gemeindezentren im Rheinland zu akzentuieren.154 Der Kirchenbau im Ruhrgebiet rückte erst in jüngerer Zeit in das Interesse der Forschung. Noch 1990 fand sich in der zweibändigen Forschungsdokumentation ‚Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter‘ weder ein Beitrag zur Kirchengeschichte

150 Trier, Eduard; Weyres, Willy (Hg.): Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland. 5 Bände. Düsseldorf 1979 – 1981. 151 Weyres, Willy: Der evangelische Kirchenbau. In: Trier, Eduard; Weyres, Willy (Hg.): Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland. Band 1: Architektur I – Kultusbauten. Düsseldorf 1980, S. 269 – 337. 152 Die Auswahl von Willy Weyres fiel auf folgende Kirchenneubauten: Trinitatiskirche Köln (1860, Nr. 1), Evangelische Kirche Eitorf (1863, Nr. 8), Christuskirche Oberhausen (1864, Nr. 16), Friedenskirche Mönchengladbach-Rheydt (1866, Nr. 27), Evangelische Kirche Vier- sen (1879, Nr. 69), Evangelische Kirche Siegburg (1879, Nr. 70), Presbyterkirche Köln-Kalk (1880, Nr. 74), Johanneskirche Düsseldorf (1881, Nr. 77), Friedhofskirche Wuppertal-Elber- feld (1898, Nr. 139), Dreifaltigkeitskirche Aachen-Burtscheid (1899, Nr. 146), Hauptkirche Mönchengladbach-Rheydt (1902, Nr. 169), Erlöserkirche Gerolstein (1913, Nr. 235), Aufer- stehungskirche Düsseldorf-Oberkassel (1914, Nr. 241), Dankeskirche Düsseldorf-Benrath (1915, Nr. 247). 153 Majewski, Heinz-H.: Der evangelische Kirchenbau des 19. Jahrhunderts im Spannungsfeld von Stilfragen und Zweckdenken. In: MEKGR, 32 (1983), S. 159 – 185. 154 Franzen, Werner: Auf dem Weg zum Gemeindezentrum. Evangelischer Kirchenbau im Zeital- ter der Hochindustrialisierung 1871 - 1914. In: Meyer, Dietrich (Hg.): Kirchliche Kunst im Rheinland. Band 2: Studien zu Kirchenbau und Denkmalpflege der evangelischen Kirche. Düsseldorf 1991 (= SAEKR, 4), S. 165 – 226. 2 Forschungsstand 46 des Ruhrgebiets noch eine Darstellung der Entwicklung des Sakralbauwesens.155 Dieses Bild hat sich in der Zwischenzeit etwas gewandelt. Der Abbau dieses Defizits in der Forschungslandschaft ist nicht zuletzt ein Verdienst des 1985 in Bochum gegründeten Vereins zur Erforschung der Kirchen- und Religions- geschichte des Ruhrgebietes. Zwar ging noch die 1991 im Auftrag des Vereins von Günter Brakelmann und Traugott Jähnichen herausgegebene Bestands- aufnahme ‚Kirche im Ruhrgebiet‘156 nur am Rande auf das evangelische Sakral- bauwesen ein, diese Lücke konnte dann aber durch verschiedene Beiträge in der Zeitschrift ‚Kirche im Revier‘ sowie vor allem durch den 1994 unter dem Titel ‚Zwischen Tradition und Moderne‘ erschienenen Sammelband zur protestan- tischen Bautätigkeit im Ruhrgebiet zumindest in Teilen geschlossen werden.157 Ebenfalls 1994 konnte ich selbst einen knappen Abriss über den evangelischen Kirchenbau im westlichen Ruhrgebiet zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg vorlegen.158 Einen allerdings nicht lückenlosen, aber mit hervorragen- dem Bildmaterial ausgestatteten Überblick über den Kirchenbau beider christ- licher Konfessionen hatten Thomas Parent und Thomas Stachelhaus bereits 1993 mit ihrem Gemeinschaftswerk ‚Kirchen im Ruhrrevier 1850 – 1935‘ vorgelegt.159 Im Anhang bietet dieses Buch mehr als 200 Kurzhinweise auf Kirchenneubauten in den Revierstädten während des gewählten Zeitraums. Schon an dieser, wie bemerkt, nicht auf einer vollständigen Erfassung beruhenden Zahlenangabe lässt sich unschwer der Umfang der kirchlichen Bautätigkeit im Ruhrgebiet seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erahnen. Daher dürfen die genannten Veröffent- lichungen nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit Blick auf die große Zahl der kirchlichen Neubauten im Ruhrgebiet derzeit nur von ersten Schritten zu ihrer Erforschung gesprochen werden kann.

155 Köllmann, Wolfgang; Korte, Hermann; Petzina, Dietmar; Weber, Wolfhard (Hg.): Das Ruhr- gebiet im Industriezeitalter. 2 Bände. Düsseldorf 1990. In ihrem Vorwort weisen die Heraus- geber ausdrücklich mit Bedauern auf dieses Defizit hin; vgl. ebd. Bd.1, S. 8. 156 Brakelmann, Günter; Jähnichen, Traugott (Hg.): Kirche im Ruhrgebiet. Essen 1991. Eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe erschien 1998: Brakelmann, Günter, Jähnichen, Traugott, Friedrich, Norbert (Hg.): Kirche im Ruhrgebiet. Essen 1998. 157 vgl. u.a. Röttger, Martin: Kirchenbau 1871 – 1933 im Kontext von sozialer und nationaler Frage. In: Kirche im Revier, Nr. 2 (1993), S. 29 – 39; Ders.: Mentalitätsgeschichtliche Beob- achtungen am Beispiel von 500 Jahren Kirchenbau in der Bochumer Innenstadt, ebd., Nr. 2 (1995), S. 4 – 19; Fernkorn, Paul: Die Propsteikirche St. Peter und Paul. Eine Bestandsauf- nahme, ebd., Nr. 2 (1995), S. 20 – 26; Liebig, Gunter: Die Lutherkirche und die Friedenskirche – auf dem Weg zur Moderne? Ebd., Nr. 2 (1995), S. 38 – 53; sowie Jähnichen, Traugott (Hg.): Zwischen Tradition und Moderne. Die protestantische Bautätigkeit im Ruhrgebiet 1871 – 1933. Bochum 1994. 158 Franzen, Werner: Evangelischer Kirchenbau und Industrialisierung im Westlichen Ruhrgebiet 1870 – 1914. In: Raschzok, Klaus; Sörries, Reiner (Hg.): Geschichte des protestantischen Kirchenbaus. Festschrift für Peter Poscharsky zum 60. Geburtstag. Erlangen 1994, S. 101 – 113. 159 Parent, Thomas; Stachelhaus, Thomas: Kirchen im Ruhrrevier 1850 – 1935. Münster 1993. Ein weiterer, jedoch ausgesprochen knapper Überblick über den katholischen und evangelischen Kirchenbau im Ruhrgebiet findet sich bei Hesse, Michael: Kirche im Revier: Von der Grün- derzeit zum Wiederaufbau. In: Evangelische Kirche von Westfalen (Hg.): Gottes Häuser. Kirche in der Stadt. Essen 1991, S. 44 – 53. 2 Forschungsstand 47

Ähnliches gilt für stadtgeschichtlich orientierte Forschungen. Auch hier haben die Arbeitsergebnisse, besonders wenn sie auf Vollständigkeit abzielen, vielfach noch Inselcharakter. Für das Stadtgebiet von Essen liegt ein Aufsatz von Eckhard Sons zu den Entwicklungslinien des evangelischen Kirchenbaus während des 19. Jahrhunderts vor.160 Vergleichbare Beiträge für andere wichtige Städte im west- lichen Ruhrgebiet, wie beispielsweise Duisburg oder Oberhausen, stehen nach wie vor noch aus. Eine ausführliche, auf die Stadt Aachen bezogene Studie über das Sakralbauwesen des 19. Jahrhunderts, liegt durch die Dissertation von Helga Raue vor.161 Einen knapper gefassten, aber sehr verlässlichen Beitrag über den evan- gelischen Kirchenbau in Krefeld veröffentlichte 1985 Sebastian Schritt.162 Erläu- terungen zu sämtlichen evangelischen Gottesdienststätten in Düsseldorf finden sich in einem 1993 von Rudolf Mohr herausgebenden Sammelband.163 Neben großformatigem Bildmaterial enthält diese Veröffentlichung auch ergänzende Beiträge zur kirchlichen Stadtgeschichte von Düsseldorf. Mit Bildmaterial eben- falls reichlich ausgestattet ist der 1986 erschienene Querschnitt über das Sakral- bauwesen im Kreis Neuss.164 Dieser Band, wie auch die Dissertation von Heinz Dohmen zum Kirchenbau des 19. Jahrhunderts im Erftraum, besitzen ihre Schwerpunkte, entsprechend der historischen Entwicklung der gewählten Region, auf dem Gebiet des katholischen Sakralbaus.165 Informationen über die Bauten der evangelischen Gemeinden in den drei Kirchenkreisen Bonn, Bad Godesberg so- wie An Sieg und Rhein finden sich in einer von Dietrich Höroldt und Waltraut Joch herausgegebenen Publikation, an der eine Reihe von kirchen- und kunst-

160 Sons, Eckhard: Evangelischer Kirchenbau im 19. Jahrhundert in Essen. In: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, 95 (1980), S. 175 – 200. Allerdings schreibt Sons die Matthäuskirche Essen-Borbeck (1864, Nr. 18) und die Thomaskirche Essen-Stoppenberg (1900, Nr. 154) den Architekten August Hartel bzw. Karl Nordmann zu, was nicht zutreffend ist. Unter Mitarbeit von Eckhard Sons erschien zuletzt auch ein Gesamtüberblick zum Essener Sakralbauwesen, vgl. Dohmen, Heinz; Sons, Eckhard: Kirchen, Kapellen, Synagogen in Essen. Essen 1998. 161 Raue, Helga: Der Aachener Sakralbau des 19. Jahrhunderts. In: ZAG, 94/95 (1987/88), S. 109 – 288. Diese 1986 von der TH Aachen angenommene Dissertation umfasst auch den Synagogenbau der jüdischen Gemeinde in dieser Zeit. 162 Schritt, Sebastian: Der evangelische Kirchenbau im heutigen Stadtgebiet von Krefeld. In: Die Heimat. Zeitschrift für niederrheinische Kultur und Heimatpflege, 56 (1985), S. 20 – 36. 163 Mohr, Rudolf (Hg.): Evangelische Kirchen und kirchliches Leben in Düsseldorf o. J. (1993). An einigen Stellen bedürfen die Angaben allerdings ergänzender Korrektur. So können bei- spielsweise die Planungen für den Kirchenneubau der Kaiserswerther Diakonissenanstalt auf dem Fronberg kaum „seit 1865 in den Händen des Regierungsbaumeisters Siebold“ (S.86) gelegen haben. Karl Siebold, von dem in der Tat die Pläne für die 1903 eingeweihte Kirche stammten, war 1865 gerade 11 Jahre alt. Mit dem Neubauprojekt Fronberg wurde er von der Diakonissenanstalt erst kurz vor der Jahrhundertwende betraut; vgl. hierzu u.a. Althöfer, Ulrich: Karl Sielbold, a.a.O., S. 416 - 425. 164 Emsbach, Karl; Tauch, Max: Kirchen, Klöster und Kapellen im Kreis Neuss. Köln 1986 (= Schriftenreihe des Kreises Neuss, 13). 165 Dohmen, Heinz: Die Kirchenbauten des Erftraumes im 19. Jahrhundert in den Kreisen Berg- heim, Grevenbroich und Mönchengladbach. Diss. TH Aachen 1974. Als Kirchenneubau einer evangelischen Gemeinde wurde nur die Christuskirche Mönchengladbach (1845 - 1852) aus- gewählt. 2 Forschungsstand 48 geschichtlichen Fachleuten mitgearbeitet haben.166 Überkonfessionell angelegt ist dagegen der von Klaus Goebel und Andreas Knorr herausgegebene Katalog über die Kirchen und Gottesdienststätten in Wuppertal, von dem als erster Band eine Übersicht für den Bereich Elberfeld erschienen ist.167 Für das Saargebiet, dessen evangelische Gemeinden größtenteils zur rheinischen Landeskirche gehören, liegen vergleichsweise wenige Darstellungen vor. Einen sehr komprimierten Überblick über den evangelischen Kirchenbau seit 1800 an der Saar bot Martin Klewitz, langjähriger Landeskonservator in Saarbrücken, in seinem Beitrag für den Sammelband anlässlich des 400jährigen Jubiläums der Reformation, der 1975 erschien.168 Mit dem Architekten Carl Friedrich Müller, der zeitweise auch das Amt des Kreisbaumeisters in Saarlouis bekleidete, beschäftigte sich 1978 Rudolf Saam in einem Aufsatz.169 Müller war Schüler von Georg Gottlob Ungewitter und führte besonders durch seine Sakralbauwerke die Kasseler Neogotik in das Saarland ein.170 Ein Überblick zum katholischen und evangelischen Kirchenbau im Saarland während der Hochindustrialisierung, verbunden mit einer Zwischenbilanz zum Forschungsstand, liegt durch den ge- druckten Vortrag von Franz J. Ronig vor, den er 1988 auf dem wissenschaftlichen Kolloquium ‚Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende (1871 – 1918)‘ hielt.171 Sechs evangelische Kirchenneubauten, die zwischen 1860 und 1914 von Gemein- den der rheinischen Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar errichten wurden, befin- den sich heute auf hessischem Boden.172 Bis auf die Kirchengemeinde Kinzen- bach, die 1968 zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wechselte, gehö- ren die Gemeinden trotz der zwischenzeitlich eingetretenen territorialen Verän-

166 Höroldt, Dietrich; Joch, Waltraud (Hg.): Evangelische Kirchen und Gemeinden der Kirchen- kreise Bonn, Bad Godesberg, An Sieg und Rhein. Bonn 1996. 167 Goebel, Klaus; Knorr, Andreas (Hg.): Kirchen und Gottesdienststätten in Wuppertal. Band 1: Kirchen und Gottesdienststätten in Elberfeld. Düsseldorf 1999 (= SAEKR, 24; zgl. Kirchliche Kunst im Rheinland, 5). Das Gesamtwerk soll drei Bände umfassen. 168 Klewitz, Martin: Der evangelische Kirchenbau zwischen 1800 und 1945. In: Kirchenkreise Ottweiler, Saarbrücken und Völklingen der Evangelischen Kirche im Rheinland (Hg.): Die evangelische Kirche an der Saar. Gestern und heute. Saarbrücken 1975, S.247 – 260, Abb. S. 289 – 303. 169 Saam, Rudolf: Beitrag zur Baugeschichte neugotischer Kirchen an der Saar. Zum Leben und Werk des Baumeisters Carl Friedrich Müller. In: Saarbrücker Hefte 48 (1978), S. 17 - 52, An- hang Abb. 1 – 57. 170 zu Georg Gottlob Ungewitter und seinem charakteristischen Umgang mit den Bauformen der Gotik vgl. David-Sirocko, Karen: Georg Gottlob Ungewitter und die malerische Neogotik in Hessen, Hamburg, Hannover und Leipzig. Petersberg 1997. 171 Ronig, Franz J.: Der Kirchenbau im Saarland in der Zeit von 1870 bis 1918. In: Hermann, Hans-Walter (Hg.): Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende (1871 – 1918). Referate eines Kolloquiums in Dillingen am 29./30. September 1988. Saarbrücken 1990, S. 84 – 114. 172 Es sind dies die Evangelischen Kirchen in Heuchelheim-Kinzenbach (1863, Nr. 15), Ehrings- hausen-Dillheim (1866 ,Nr. 29), Leun-Biskirchen (1870, Nr. 43), Wetzlar-Garbenheim (1883, Nr. 86), Solms-Burgsolms (1884, Nr. 90) sowie die Christuskirche Wetzlar-Niedergirmes (1906, Nr. 203). 2 Forschungsstand 49 derungen weiterhin zur Evangelischen Kirche im Rheinland. In das Blickfeld der hessischen Regionalforschung sind die genannten Neubauprojekte allerdings bisher noch nicht gelangt.173 Zum Einstieg in den rheinischen Kirchenbau nach dem Ersten Weltkrieg sei an dieser Stelle auf die neuere Untersuchung von Britta Giebeler und einen Aufsatz von Michael Hesse verwiesen.174

Publikationen der staatlichen Denkmalpflege Eine Bilanz des Forschungsstandes bliebe unvollständig ohne einen Blick auf die Veröffentlichungen der staatlichen Denkmalpflege. Weiterhin unverzichtbar ist das von Paul Clemen, dem ersten rheinischen Provinzialkonservator, herausge- gebene Großinventar ‚Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz‘.175 Über die Hälfte der 52 Bände erschien bereits vor dem Ende des Ersten Weltkrieges. Der damalige Denkmalbegriff schloss natürlich noch keine Bauwerke aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Relevant für die vorliegende Untersuchung ist das Inventar dennoch aufgrund seiner Angaben zu den Vorgängerbauten der hier behandelten Kirchen. Nach den enormen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges begann der Landeskonservator Rheinland 1964 mit der Herausgabe eines neuen Kurzin- ventars unter dem Titel ‚Die Denkmäler des Rheinlandes‘.176 Ziel dieser Reihe war zunächst eine Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Denkmäler. Hierbei wurde zwar eine breitere Denkmaldefinition als bei Clemen angelegt, doch blieb dessen Ausführlichkeit und Exaktheit in der Dokumentation unerreicht. 1975 erschien der letzte Band dieses Kurzinventars, ohne dass geographische Vollstän- digkeit für den rheinischen Teil des Landes Nordrhein-Westfalen erreicht werden konnte. So blieben beispielsweise die Städte Köln, Bonn, Düsseldorf, Essen, Solingen und Wuppertal unbearbeitet. Zwischenzeitlich hatte sich die nordrhein-westfälische Denkmalpflege konzep- tionell auf ein neues Vorgehen bei der Inventarisierung und Publikation des Kulturdenkmälerbestandes verständigt. Zum einen sollte kurzfristig eine listen-

173 vgl. beispielsweise Böcher, Otto: Erwägungen zum Protestantischen Kirchenbau des Histo- rismus. In: Battenberg, Friedrich u.a. (Hg.): Aspekte protestantischen Lebens im hessischen und nassauischen Raum. Festschrift für Karl Dienst zum 65. Geburtstag. Darmstadt 1995, S. 175 – 189; Großmann, Dieter: Protestantischer Kirchenbau. Marburg an der Lahn 1996 (= Beiträge zur Hessischen Geschichte, 11). Beide Veröffentlichungen streifen keinen der vor- stehend genannten Kirchenneubauten. 174 Giebeler, Britta: Sakrale Gesamtkunstwerke zwischen Expressionismus und Sachlichkeit im Rheinland. Weimar 1996; Hesse, Michael: Kirchenbau im Rheinland und Westfalen nach 1949. In: Hey, Bernhard; Norden, Günther van (Hg.): Kontinuität und Neubeginn. Die rhei- nische und westfälische Kirche in der Nachkriegszeit. Köln 1996 (= SVRKG, 123). S. 71 – 91. 175 Clemen, Paul (Hg.): Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 52 Bände. Düsseldorf 1891 – 1944. Zu Paul Clemen vgl. u.a. Mainzer, Udo (Hg.): Paul Clemen. Zur 125. Wiederkehr seines Geburtstages. Köln, Kevelaer 1991. (= Jahrbuch der rheinischen Denkmalpflege, 35); Knopp, Gisbert: Der Rhein ist mein Schicksal geworden. Paul Clemen 1866 – 1947. Erster Provinzial- konservator der Rheinprovinz. Ausstellung aus Anlaß seines 125. Geburtstages vom 1.10. - 5.11.1990 im Rheinischen Landesmuseum Bonn. Köln 1991. 176. Landeskonservator Rheinland (Hg.): Die Denkmäler des Rheinlandes. 22 Bände. Düsseldorf 1964 – 1975. 2 Forschungsstand 50 mäßige Erfassung des erhaltenswerten Baubestandes erfolgen. Zum anderen war vorgesehen, längerfristig das Projekt eines neuen Großinventars in Angriff zu nehmen. Als Katalog eines künftigen Denkmalbestandes im Rheinland erschienen zwischen 1975 und 1984 insgesamt 10 Denkmälerverzeichnisse.177 Inhaltlich um- fassten sie neben einer kleinformatigen Bilddokumentation einige Kurzinfor- mationen zum Baubestand. Räumlich deckten diese Verzeichnisse die Stadt- gebiete von Aachen und Köln sowie die Düsseldorfer Innenstadt ab.178 Mit diesen Bänden endete jedoch die systematische Veröffentlichung von Denkmallisten durch den Landeskonservator Rheinland. Das im Zusammenhang mit der Neukonzeption der Denkmalinventarisierung 1977 begonnene Sammelwerk ‚Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein- Westfalen‘ schließt durch ein Höchstmaß an wissenschaftlicher Präzision und Dokumentation an die Tradition der im 19. Jahrhundert konzipierten Großin- ventare an.179 Aus diesem Grunde werden für die ausführliche Beschreibung der Einzelobjekte alle verfügbaren Informationen und Archivalien überprüft. Nicht zuletzt aufgrund dieses großen Aufwandes konnten bisher nur fünf Bände erscheinen, die das Gebiet der Stadt Brühl sowie Teile der Kreise Euskirchen und Kleve behandelten.180 Ebenfalls nicht sehr weit fortgeschritten ist die Erarbeitung eines vergleichbaren Inventars für Rheinland-Pfalz. Mit der Veröffentlichung der nach dem Zweiten Weltkrieg neu konzipierten Reihe ‚Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz‘ wurde zwar bereits 1954 begonnen.181 Für das Gebiet der ehe-

177 Landeskonservator Rheinland (Hg.): Denkmälerverzeichnis. 10 Bände. Köln 1975 – 1984. 178 vgl. Osteneck, Volker (Bearbeitung): Aachen. Innenstadt mit Frankenberger Viertel. Köln 1977 (= Denkmälerverzeichnis, 1.1); Ders. (Bearbeitung): Aachen. Übrige Stadtteile. Köln 1978 (= Denkmälerverzeichnis; 1.2); Osteneck, Volker; Schürmann, Sonja (Bearbeitung): Düsseldorf. Innenstadt. Köln 1975 (= Denkmälerverzeichnis; 5.1); Kier, Hiltrud (Bearbeitung): Köln. Altstadt und Deutz. Köln 1979 (= Denkmälerverzeichnis; 12.1); Dies. (Bearbeitung): Köln. Stadtbezirk 1 (Neustadt). Köln 1983 (= Denkmälerverzeichnis, 12.2); Hagspiel, Wolfram (Bearbeitung): Köln. Stadtbezirke 2 und 3 (Rodenkirchen und Lindenthal). Köln 1984 (= Denkmälerverzeichnis, 12.3); Kier, Hiltrud (Bearbeitung): Köln. Stadtbezirk 4 (Ehrenfeld). Köln 1979 (= Denkmälerverzeichnis 12.4); Dies. (Bearbeitung): Köln. Stadtbezirke 5 und 6 (Nippes und Chorweiler). Köln 1982 (= Denkmälerverzeichnis, 12.5); Dies. (Bearbeitung): Köln.. Stadtbezirke 7 und 8 (Porz und Kalk). Köln 1980 (= Denkmälerverzeichnis; 12.6); Dies. (Bearbeitung): Köln. Stadtbezirk 9 (Mülheim). Köln 1979 (= Denkmälerverzeichnis; 12.7). 179 Minister für Landes- und Stadtentwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen. Berlin 1977 ff. 180 vgl. Hansmann, Wilfried: Stadt Brühl. Berlin 1977 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I.11,7); Schiffer, Rainer: Gemeinde Kerken (Kreis Kleve). Berlin 1983 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I.11.7); Ders: Stadt Straelen (Kreis Kleve). Berlin 1987 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I.11.13); Schmitz-Ehmke, Ruth: Bad Münstereifel (Kreis Euskirchen). Berlin 1985 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I.9,1); Dies.; Fischer, Barbara: Stadt Schleiden (Kreis Euskirchen). Berlin 1996 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen, I.9,9). Informationen zu evangelischen Kirchenneubauten der Jahre 1860 bis 1914 enthalten nur die Bände Brühl (Evangelische Kirche Brühl 1888, Nr. 99) und Schleiden (Evangelische Kirche Schleiden-Harperscheid 1861, Nr. 3). 181 Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hg.): Die Kunstdenkmäler von Rheinland- Pfalz. München, Berlin 1954 ff. 2 Forschungsstand 51 maligen preußischen Rheinprovinz liegen aber auch hier erst fünf relevante Über- sichten vor, die die Städte Koblenz und Cochem sowie Teile des heutigen Rhein- Hunsrück-Kreises abdecken.182 1980 beschloss die Konferenz der Kultusminister der Bundesländer, mit einer flächendeckenden Dokumentation des gesamten Denkmalbestandes nach einheit- lichen Kriterien zu beginnen. Die Herausgabe der angestrebten vollständigen Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland wurde den jeweiligen Landesdenkmalämtern übertragen. Die Systematik dieses Großprojektes folgt den politischen Verwaltungsgliederungen nach Land- und Stadtkreisen sowie Orts- gemeinden. Für das Saarland und den westfälischen Raum liegen innerhalb dieser Reihe bisher noch keine Bände vor..183 Somit blieb für die vorliegende Unter- suchung nur eine Auswertung der rheinischen, hessischen und rheinland- pfälzischen Unterreihen der Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland.184 Für den rheinischen Teil von Nordrhein-Westfalen wurden 1988 unter dem Sub- titel ‚Denkmäler im Rheinland‘ insgesamt 27 Hauptbände angekündigt. Bisher konnten lediglich die beiden Teilbände zum Denkmalbestand der Städte Zülpich und Königswinter erscheinen.185 Deutlich weiter fortgeschritten ist die Herausgabe der Denkmaltopographie für das Bundesland Rheinland-Pfalz. In den bisher ver- öffentlichten Bänden der ‚Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz‘ sind für den Zeitraum zwischen 1860 und 1914 immerhin 9 evangelische Kirchenneubauten dokumentiert.186 Wie bereits erwähnt liegen die Gemeinden der rheinischen

182 vgl. Michel, Fritz (Hg.): Die Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz. Die profanen Denkmäler und die Vororte. München, Berlin 1954 (= Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 1); Wacken- roder, Ernst (Bearbeitung): Die Kunstdenkmäler des Landkreises Cochem. 2 Teilbände. München 1959 (= Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 3); Backes, Magnus (Bearbei- tung): Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises. Teil 1: Ehemaliger Kreis Simmern. München, Berlin 1977 (= Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 8.1). Dieser Band enthält Informationen zu den Evangelischen Kirchen in Laufersweiler (1893, Nr. 115), Todenroth (1896, Nr. 133), Schönborn (1901, Nr. 158), Ravengiersburg (1908, Nr. 216) und Dicken- schied (1920, Nr. 249); Ledebur, Alkmar von (Bearbeitung): Die Kunstdenkmäler des Rhein- Hunsrück-Kreises. Teil 2:1: Ehemaliger Kreis St. Goar. Stadt Boppard. München, Berlin 1988 (= Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 8.2.1); Sebald, Eduard (Bearbeitung): Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises. Teil 2.2: Ehemaliger Kreis St. Goar. Stadt Oberwesel. München, Berlin 1997 (= Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 8.2.2). 183 Das Interesse an der westfälischen Denkmaltopographie bezieht sich in erster Linie die heutigen Städte Schwelm, Bottrop und Gelsenkirchen, da es im Rahmen von kommunalen Neuordnungen hier zu Gebietsverschiebungen zwischen dem Rheinland und Westfalen gekommen ist. 184 Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege (Hg.): Denkmäler im Rheinland. Köln 1988 ff.; Landesamt für Denkmalpflege Mainz (Hg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Worms 1985 ff.; Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.): Baudenkmale/ Kulturdenkmäler in Hessen. Braunschweig, Wiesbaden 1982 ff. 185 vgl. Herzog, Harald; Nußbaum, Norbert (Bearbeitung): Stadt Zülpich. Köln 1988 (= Denk- maltopographie Bundesrepublik Deutschland - Denkmäler im Rheinland, 9.5); Schyma, Angelika (Bearbeitung): Stadt Königswinter. Köln 1992 (= Denkmaltopographie Bundesre- publik Deutschland - Denkmäler im Rheinland, 23.5). Für den Zeitraum 1860 – 1914 ist hier nur die Evangelische Kirche Königswinter (1864, Nr. 19) dokumentiert. 186 vgl. Dellwing, Herbert; Liessem, Udo (Bearbeitung): Stadt Koblenz. Südliche Vorstadt und Oberwerth. Düsseldorf 1986 (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kultur- 2 Forschungsstand 52

Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar heute im Bundesland Hessen und gehören politisch zu den drei Landkreisen Gießen, Lahn-Dill und Wetterau. Die bisher in der Reihe ‚Baudenkmäler in Hessen‘ erschienenen ersten Teilbände zum Wetteraukreis sowie zum Lahn-Dill-Kreis enthalten jedoch für den Zeitraum von 1860 bis 1914 keine Informationen über Neubauten von evangelischen Gemeinden in den beiden genannten rheinischen Kirchenkreisen.187 Neben der Inventarisierung hat die staatliche Denkmalpflege auch immer wieder Publikationsreihen für kunst- und architekturgeschichtliche Einzelaspekte initiiert. 1940 ergänzte ein erstes Beiheft das bereits genannte Großinventar ‚Die Kunst- denkmäler der Rheinprovinz‘.188 Diese Reihe wurde bis heute unter den Titel ‚Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland‘ fortgesetzt.189 Derzeit liegen 35 Einzeltitel vor. Schwerpunktmäßig mit dem rheinischen Sakralbau- wesen im 19. Jahrhundert beschäftigte sich jedoch nur die Untersuchung von Hans Peter Hilger.190 Unter den neun für dieses Projekt ausgewählten Raum- ensembles finden sich drei evangelische Kirchen aus dem hier behandelten Zeit- abschnitt. Aufgrund ihres hervorragenden Erhaltungszustandes wurden die Evan- gelische Kirche Mechernich-Roggendorf (1869, Nr. 38), die Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld (1898, Nr. 139) sowie die Christuskirche Velbert (1910, Nr. 227) ausgewählt. Einige auch für das Verständnis des Kirchenbaus im 19. Jahrhundert wichtige Passagen enthält darüber hinaus die Studie von Godehard

denkmäler in Rheinland-Pfalz, 3.1): Christuskirche Koblenz (1904, Nr. 183); Kerkhoff, Ulrich; Ohnmacht, Mechtild (Bearbeitung): Kreis Bernkastel-Wittlich. Stadt Wittlich. Düsseldorf 1987 (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, 4.1): Christuskirche Wittlich (1861, Nr. 2); Wegner, Ewald (Bearbeitung): Kreis Trier-Saar- burg. Verbandsgemeinden Hermeskeil, Kell, Konz, Saarburg. Worms 1994 (= Denkmalto- pographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, 12.1): Evange- lische Kirche Saarburg (1893, Nr. 113), Evangelische Kirche Konz (1897, Nr. 138); Weber- Karge, Ulrike; Wenzel, Maria (Bearbeitung): Kreis Birkenfeld. Worms 1993 (= Denkmalto- pographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, 11): Evange- lische Kirche Reichenbach (1864, Nr. 17), Evangelische Kirche Oberreidenbach (1903; Nr. 175), Evangelische Kirche Hottenbach (1904, Nr. 185), Evangelische Kirche Berg- langenbach (1907, Nr. 205), Evangelische Kirche Kempfeld (1913, Nr. 232). Darüber hinaus dokumentiert dieser Band noch die Evangelischen Kirchen in Bergen (1862) und Berschweiler (1868). Zum Zeitpunkt des Kirchenbaus gehörten dieses Gemeinde jedoch nicht zur preußischen Rheinprovinz, sondern kirchlich und politisch zum Großherzogtum Oldenburg. 187 vgl. Enders, Siegfried R.; Mohr, Christoph: Wetteraukreis 1: Braunschweig, Wiesbaden 1982 (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Baudenkmale in Hessen); Wionski, Heinz: Lahn-Dill-Kreis 1. Braunschweig, Wiesbaden 1986 (= Denkmaltopographie Bundesre- publik Deutschland - Kulturdenkmäler in Hessen). 188 Zimmermann, Walther; Neu, Heinrich: Das Werk des Malers Renier Roidkin. Ansichten west- deutscher Kirchen, Burgen, Schlösser und Städte aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Düsseldorf 1940 (= Beiheft der Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, 1). 189 Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland. Düsseldorf, Essen, Köln u.a. 1940 ff. Nur der erste Band dieser Reihe erschien als ‚Beiheft der Kunstdenkmäler der Rhein- provinz‘, der Band 2 wurde als ‚Die Kunstdenkmäler im Landesteil Nordrhein. Beiheft 2‘ ver- öffentlicht. Die Bände 3 bis 21 trugen die Bezeichnung ‚Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes. Beihefte‘. Mit Band 22 wurde die Umstellung auf den heutigen Reihentitel ‚Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland‘ vorgenommen. 190 Hilger, Hans Peter: Raum und Ausstattung rheinischer Kirchen 1860 – 1914. Düsseldorf 1981 (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland, 26). 2 Forschungsstand 53

Hoffmann zur Denkmalpflege in der preußischen Rheinprovinz.191 Dagegen beschäftigten sich die Beiträge in dem von Walther Zimmermann herausge- gebenen Sammelband über die Kirchen in Essen-Werden ausschließlich mit dem mittelalterlichen Baubestand.192 Eine weitere wichtige Publikationsreihe der staatlichen Denkmalpflege stellen die ‚Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege‘ dar.193 Innerhalb dieser Reihe erschienen die Dissertationen von Jörg Schulze über die Kirchenbauten des 19. Jahrhunderts im alten Siegkreis sowie von Barbara Kahle zu rheinischen Kirchen des 20. Jahrhunderts.194 Während die Untersuchung von Jörg Schulze unter anderem die Evangelischen Kirchen in Eitorf (1863, Nr. 8), Siegburg (1879, Nr. 70), Windeck-Herchen (1879, Nr. 71) und Bad Honnef (1900, Nr. 155) sowie die Christuskirche Königswinter (1864, Nr. 19) umfasst, setzte Barbara Kahle bei ihrer Studie zeitlich deutlich später ein. Das Sakralbauwesen vor dem Ersten Weltkrieg rückte hier nur an wenigen Stellen mit ins Blickfeld, vor allem dann, wenn es um die Beschreibung von stilistischen Traditionsbezügen späterer Kir- chenneubauten ging. Bei der Zeitgrenze 1918 blieb Barbara Kahle auch in ihrem 1990 erschienenen Buch ‚Deutsche Kirchenbaukunst des 20. Jahrhunderts‘, das zwischenzeitlich zu einem Standardwerk geworden ist.195

Forschungseinrichtungen, Arbeitskreise, Ausschüsse Eine Analyse der Veröffentlichungen der verschiedenen Institutionen in Nordrhein-Westfalen, die von ihrer Aufgabenstellung her für die hier behandelte Thematik ergiebig sein könnten, führt zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. So hat sich die Forschungsstelle für Architekturgeschichte und Denkmalpflege an der Bergischen Universität Wuppertal dem Thema des evangelischen Kirchenbaus im 19. Jahrhundert noch nicht angenommen.196 Gleiches gilt auch für den 1989 gegründeten Interdisziplinären Arbeitskreis zur Erforschung der Moderne im

191 Hoffmann, Godehard: Rheinische Romanik im 19. Jahrhundert. Denkmalpflege in der preu- ßischen Rheinprovinz. Köln 1995 (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rhein- land, 33). 192 Zimmermann, Walther (Hg.): Die Kirchen zu Essen-Werden. Essen 1959 (= Die Kunst- denkmäler des Rheinlandes, Beiheft 7). 193 Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege (Hg.): Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege. Band 1 ff. Köln, Bonn 1975 ff. Band 1 bis 42 dieser Reihe wurden von Landeskonservator Rheinland herausgegeben und erschienen unter dem Reihentitel ‚Lan- deskonservator Rheinland, Arbeitshefte‘. 194 Schulze, Jörg: Kirchenbauten des 19. Jahrhunderts im alten Siegkreis. Köln 1977 (= Landeskonservator Rheinland, Arbeitsheft 21); Kahle, Barbara: Rheinische Kirchen des 20. Jahrhunderts. Ein Beitrag zum Kirchenbauschaffen zwischen Tradition und Moderne. Köln 1985 (= Landeskonservator Rheinland, Arbeitsheft 39). 195 Kahle, Barbara: Deutsche Kirchenbaukunst des 20. Jahrhunderts. Darmstadt 1990. 196 In den Beiträgen der Forschungsstelle erschien zuletzt die Dissertationen von Nußbaum, Hella: Jugendstilspuren in Wuppertal-Vohwinkel. Wuppertal 1997 (= Beiträge der Forschungsstelle für Architekturgeschichte und Denkmalpflege der Bergischen Universität Wuppertal, 9) und Battenfeld, Beate: Die Ziegelindustrie im Bergischen Land. Ein wirtschaftshistorischer Beitrag zur Architekturgeschichte und Denkmalpflege. Solingen 1998 (= Beiträge der Forschungsstelle für Architekturgeschichte und Denkmalpflege der Bergischen Universität Wuppertal, 10). 2 Forschungsstand 54

Rheinland. Auf den für den hier untersuchten Zeitraum relevanten Kolloquien des Arbeitskreises spielten bisher weder Fragen des evangelischen Kirchenbaus noch das Verhältnis von Kunst und Kirche im evangelischen Bereich eine Rolle.197 Die Publikation der Vorträge enthält nur einen Beitrag, und zwar von Bernd Ernsting, der sich mit dem Verhältnis der katholischen Kirche zu modernen religiösen Ausdrucksformen in der Zeit zwischen 1910 und dem Ende der Dreißiger Jahre beschäftigt.198 Auf Seiten der Evangelischen Kirche im Rheinland begann sich Anfang der acht- ziger Jahre der Ausschuss für rheinische Kirchengeschichte intensiver mit Fragen der Denkmalpflege zu beschäftigen. Der im März 1984 durchgeführte ‚Tag der Denkmalpflege‘ sowie die dreitägige Tagung ‚Das Erbe der Väter‘ ein Jahr später waren erste greifbare Ergebnisse dieser Aktivitäten.199 In enger Kooperation mit dem Bauausschuss, dem Bauamt und dem Archiv der Evangelische Kirche im Rheinland wurde die begonnene Aufarbeitung mit den ‚Tagen der kirchlichen Denkmalpflege‘ institutionalisiert. Diese fanden in der Folgezeit immer wieder statt und widmeten sich dem gesamten Spektrum der kirchlichen Kunst ein- schließlich der Sepulkralkultur. Die Referate dieser Tagungen wurden, ergänzt durch weitere Beiträge, in bisher drei Sammelbänden veröffentlicht.200 Für den hier untersuchten Zeitraum sind vor allem die Betrachtungen von Martin Klewitz zu den Entwicklungslinien des saarländischen Kirchenbaus sowie der Aufsatz von Werner Keyl über die Elberfelder Architekten Cornehls und Fritsche von Inte- resse.201 Der Bonner Kreuzkirche (1871, Nr. 48) und der Düsseldorfer Johannes-

197 vgl. Breuer, Dieter (Hg.): Die Moderne im Rheinland. Ihre Förderung und Durchsetzung in Literatur, Theater, Musik, Architektur, angewandter und bildender Kunst 1900 – 1933. Köln 1994. Als weiteres Ergebnis der wissenschaftlichen Aktivitäten des Arbeitskreises erschien 1997 ein zweiter Sammelband mit Tagungsbeiträgen: Breuer, Dieter; Cepl-Kaufmann, Gertrude (Hg.): Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland. Paderborn 1997. Jüngst konnte der dritte Ergebnisband der Forschungsaktivitäten des Arbeitskreises vorgelegt werden: Dies. (Hg.): Öffentlichkeit der Moderne – Die Moderne in der Öffentlichkeit. Das Rheinland 1945 – 1955. Essen 2000. 198 Ernsting, Bernd: Eine religiöse Moderne im Rheinland? Aspekte eines fruchtbaren Konflikts. In: Breuer, Moderne im Rheinland, a.a.O., S. 321 – 342. 199 Die Vorträge des ersten Tages der Denkmalpflege wurden nicht zusammenhängend publiziert, die Beiträge der Tagung ‚Das Erbe der Väter‘, die vom 21. bis 23. März 1985 in der Evange- lischen Akademie Mülheim/Ruhr stattfand, wurden später den Teilnehmern als Manuskript- druck, zum Teil auf der Grundlage von Tonbandmitschnitten, zur Verfügung gestellt. 200 vgl. Meyer, Dietrich (Hg.): Kirchliche Kunst im Rheinland. Band 1: Beiträge zu Kirchenbau, Grabdenkmal und Altargerät der evangelischen Kirche. Düsseldorf 1986 (= SAEKR, 3); Ders. (Hg.): Kirchliche Kunst im Rheinland. Band 2: Studien zu Kirchenbau und Denkmalpflege der evangelischen Kirche. Düsseldorf 1991 (= SAEKR, 4); Ders. (Hg.): Kirchliche Kunst im Rheinland. Band 3: Studien zur Gestaltung von City-Kirchen, Denkmalpflege und moderner Kunst. Düsseldorf 1997 (= SAEKR, 10). 201 Klewitz, Martin: Entwicklungslinien im evangelischen Kirchenbau des 19. und 20. Jahrhun- derts am Beispiel des Saarlandes. In: Meyer, Kirchliche Kunst im Rheinland 1, a.a.O., S. 107 – 124; Keyl, Werner: Cornehls und Fritsche. Architekten in Elberfeld um 1900. In: Meyer, Kirchliche Kunst im Rheinland 2, a.a.O., S., S. 241 - 288. 2 Forschungsstand 55 kirche (1881, Nr. 77) nahmen sich Michael C. Deisenroth, Andreas Stürmer und Georg Beck in ihren Beiträgen an.202 Das Spezialgebiet der historischen Stadtforschung hat das kirchliche Bauen im 19. Jahrhunderts bisher nahezu unbeachtet gelassen. So nahm sich bei den vom Sonderforschungsbereich ‚Vergleichende geschichtliche Stadtforschung‘ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 1980 und 1984 durchgeführten Arbeitstagungen zum 19. und 20. Jahrhundert kein einziges Referat explizit der Fragen von Gemeindebildung und Kirchenbau an.203 Ähnliche Defizite für das 19. Jahrhundert lassen sich bei der Durchsicht der bisher in immerhin drei Publi- kationsreihen erschienenen Veröffentlichungen zur Stadtforschung feststellen.204 Auch bei der Analyse von Forschungsstand und Forschungsdesideraten gelangte das Verhältnis von Urbanisierung, Stadtentwicklung und Kirche für den Zeitraum des 19. Jahrhunderts erst spät in das Blickfeld.205 Greifbare Ergebnisse, beispiels- weise für das Ruhrgebiet, stehen im Gegensatz zu Berlin noch aus.206 Seit den sechziger Jahren hat der Presseverband der Evangelischen Kirche im Rheinland immer wieder Überblicksdarstellungen zum evangelischen Kirchenbau im Rheinland verlegt.207 In erster Linie wandten sich diese Veröffentlichungen an

202 Deisenroth, Michael C.: Restaurierung und Sanierung der Kreuzkirche Bonn in den Jahren 1988/89. In: Meyer, Kirchliche Kunst im Rheinland 2, a.a.O., S. 131 – 150; Stürmer, Andreas: Die Kreuzkirche. Ihre Baugeschichte und Bedeutung für die Stadt Bonn, ebd. S. 151 – 162; Beck, Georg: Die Legende von der kriegszerstörten Johanneskirche. Eine Studie über Ver- drängung in der Architektur der Nachkriegszeit. In: Meyer, Kirchliche Kunst im Rheinland 3, a.a.O., S. 81 - 106. 203 Die Referate der beiden Arbeitstagungen wurden veröffentlicht in Teuteberg, Hans Jürgen (Hg.): Urbanisierung im 19. und 20. Jahrhundert. Historische und geographische Aspekte. Köln, Wien 1983 (= Städteforschungen, A 16) und Heineberg, Heinz (Hg.): Innerstädtische Differenzierungsprozesse im 19. und 20. Jahrhundert. Geographische und historische Aspekte. Köln, Wien 1987 (= Städteforschungen, A 25). 204 vgl. Jäger, Helmut (Hg.): Probleme des Städtewesens im industriellen Zeitalter. Köln, Wien 1978 (= Städteforschungen, A 5) oder Kaufhold, Karl Heinrich (Hg.): Investitionen der Städte im 19. und 20. Jahrhundert. Köln, Weimar, Wien 1997 (= Städteforschungen, A 42). In beiden Veröffentlichungen tauchen Fragen nach der Rolle von Kirchengemeinden und Sakralbauten in der Stadt des 19. Jahrhunderts allenfalls am Rande auf. Dieses Defizit für das 19. Jahrhundert steht in einem merkwürdigen Widerspruch zur frühen Neuzeit. Für diesen Zeitabschnitt ist das Thema ‚Stadt und Kirche‘ von der historischen Stadtforschung bisher bei weitem umfang- reicher bearbeitet worden, vgl. z. B. Petri, Franz (Hg.): Kirche und gesellschaftlicher Wandel in deutschen und niederländischen Städten der werdenden Neuzeit. Köln 1980 (= Städteforschung, A 10). 205 vgl. Teuteberg, Hans-Jürgen: Moderne Verstädterung und kirchliches Leben in Berlin. For- schungsergebnisse und Forschungsprobleme. In: Elm, Kaspar; Loock, Hans-Dietrich: Seel- sorge und Diakonie in Berlin. Beiträge zum Verhältnis von Kirche und Großstadt im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Berlin, New York 1990 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 74), S. 161 – 200. 206 vgl. zuletzt Vonde, Detlev: Revier der großen Dörfer. Industrialisierung und Stadtentwicklung im Ruhrgebiet. Essen 1989. Auf seiner Dissertation aufbauend zeichnete Delef Vonde hier den Prozess der Stadtwerdung in drei typischen Industriedörfern, nämlich Altenessen, Hamborn und Wanne-Eickel, nach. Der kirchliche Bereich spielt allerdings wiederum keine nennens- werte Rolle. 207 vgl. Venderbosch, Friedrich Gerhard: Burgen Gottes, Zelte der Gemeinde. Architektur und Kunst in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Düsseldorf 1968; Kindermann, Hans-Otto 2 Forschungsstand 56 eine interessierte Öffentlichkeit, vornehmlich in den Kirchengemeinden, und waren weniger wissenschaftlich konzipiert. Dies gilt in gleicher Weise für eine Reihe ähnlicher Abrisse, die von einzelnen Kirchenkreisen oder größeren Gemeinden herausgegeben wurden.208 Solche Publikationen stehen in der Tradi- tion von Gemeinde- und Jahrbüchern, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg für einige Zeit großer Beliebtheit erfreuten.209

(Hg.): Kirche am Rhein. Eine Bilddokumentation. Düsseldorf 1984; Ders. (Hg.): Kirche ent- decken und erleben. Ein Reiseführer durch die Evangelische Kirche im Rheinland mit ihren 46 Kirchenkreisen. Düsseldorf 1992. In diesem Zusammenhang muss außerdem auf einen hessischen Kirchenführer hingewiesen werden, der auch Bauwerke in den rheinischen Kirchenkreisen Braunfels und Wetzlar beschreibt: Bezzenberger, Günter; Fischer, Beatus (Hg.): Sehenswerte Kirchen in den Kirchengebieten Hessen und Nassau und Kurhessen- Waldeck, einschließlich der rheinhessischen Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels. Kassel und Frankfurt 1987. 208 vgl. Evangelischer Kirchenkreis Koblenz (Hg.): Der Evangelische Kirchenkreis Koblenz. Boppard 1985; Kreissynodalvorstand Aachen (Hg.): Evangelische Gottesdienststätten im Kirchenkreis Aachen. Monschau-Imgenbroich 1986; Evangelischer Kirchenkreis St. Wendel (Hg.): 150 Jahre Evangelischer Kirchenkreis St. Wendel 1835 - 1985. St. Wendel und Rei- chenbach 1987; Evangelische Kirchengemeinde Wesel (Hg.): Zur Rede gestellt: Evangelische Türme. Weseler Kirchen im Foto. Wesel 1990. 209 vgl. beispielsweise Kreissynodalvorstand der Kreissynode Düsseldorf (Hg.): Gemeindebuch 1949/1950 für den Kirchenkreis Düsseldorf. Detmold 1949/50; Kreissynode Bonn (Hg.): Gemeindebuch 1952 der Kreissynode Bonn. Bonn 1952: Kreissynode Lennep (Hg.): Gemein- debuch des Kirchenkreises Lennep. Essen 1952; Synodalvorstand des Kirchenkreises Kleve (Hg.): Gemeindebuch des Kirchenkreises Kleve. Essen 1953.