Lamprologus callipterus – ein schwarmbildender Wolfgang W. A. Schamel

Einer meiner Lieblingsbuntbarsche ist Kiemendeckeln, je einen violetten Strich masert und haben zum Teil einen gelben callipterus, der 1906 von unter den Augen, eine bläuliche Oberlip- oder schwarzen Rand mit darunter liegen- Boulenger beschrieben wurde. Im selben pe und leicht blau gefärbte Bauchfl ossen. der weißer Linie – dazu kommen wir noch Artikel wurde auch Lamprologus reticula- Augenring und Brustfl ossen sind gelblich- später. Die Schreckfärbung besteht zu- tus beschrieben, aber von Poll (1946) als orange. Die unpaaren Flossen sind fein ge- sätzlich noch aus großen dunkel-braunen Synonym von L. callipterus eingestuft. Ich habe ihn auf Grund seiner Eleganz und in- teressanten Verhaltensweisen gerne ge- pfl egt, vermehrt und im Tanganjikasee be- obachtet. Obwohl er nicht plakativ-bunt gefärbt ist, fi nde ich ihn sehr hübsch. Bei einem Vortrag erwähnte ich wie wunder- schön L. callipterus sei, und habe promt eine Bemerkung aus dem Publikum be- kommen, dass man das im Vergleich zu vielen anderen Fischen wirklich nicht sa- gen könne. Vielleicht ist es bei mir ja so wie bei frisch gebackenen Eltern, die ihr Neugeborenes für den schönsten Säugling der Welt halten. Wie dem auch sei, L. callipterus hat eine sandfarbene Grundfärbung mit kleinen tür- kis-blauen Punkten auf den Körperschup- pen. Weiterhin hat er je einen schwarzen Nicht territoriale Weibchen sehen den Männchen ähnlich (Aquariumaufnahme). Augenfl eck mit hellgelber Sichel auf den

2 DCG-Informationen 45 (1): 2-8 Flecken auf dem ganzen Körper. Gleiches sache, dass L. callipterus ein Nestfl üchter gilt auch für laichbereite und brutpfl egen- ist. Zusätzlich kann ich meine beiden Arti- de Weibchen. Wenn Sie die Bilder betrach- kel in der DATZ als weiterführende Lite- ten, fi nden Sie nicht, dass dieser Fisch eine ratur empfehlen (Schamel 2006, Schamel dezente Eleganz ausstrahlt? 2007). Weiterhin ist es für mich faszinierend, Veröffentlichungen über L. callipterus zu Fortpfl anzung in Schneckenhausnes- lesen, da er Dimorphismen aufzeigt und tern interessante Verhaltensweisen besitzt. Vie- Lamprologus callipterus ist ein häufi ger le dieser Verhaltensweisen kann man auch Fisch in den steinigen Zonen des Tanga- im Aquarium beobachten, denn meiner Er- njikasees, wo er in kleinen oder großen fahrung nach eignet sich dieser Buntbarsch Rudeln oder auch als Einzeltier als Räuber als Aquariumfi sch bei Beckenlängen von umherzieht. Er frisst unter anderem Krab- über einem Meter, obwohl Gegenteiliges ben, Garnelen, Jungfi sche und Fischei- Junge Männchen ziehen oft als Trupp durch zu lesen ist (FischBase 2013, Brichard er (Büscher 2000, Yuma & Kondo 1997). den Tanganjikasee (Unterwasseraufnahme 1999). Bei mir ist L. callipterus friedlich Es war überrschend als man herausfand, bei Izinga). Foto: Heinz Büscher gegenüber artfremden Fischen und auch dass er – als Schwarmfi sch – ein obligater gegenüber Artgenossen. Schneckencichlide ist. Das bedeutet, dass tiert. Diese Nester bestehen in der Regel Bereits im Juni 2000 hat Heinz Büscher er immer in leeren Schneckenhäusern ab- aus hunderten von Schneckenhäusern und einen Artikel über L. callipterus in den laicht. können mehr als einen Meter Durchmesser DCG-Informationen veröffentlicht. Aus- Zum Ablaichen werden sowohl Männ- haben. Sie befi nden sich oftmals in einer führlich behandelt er darin die Fortpfl an- chen als auch Weibchen territorial. Ein Mulde im Sand im Übergangsbereich zwi- zungsbiologie dieses Fisches und seine Di- großes Männchen (ca. 12 - 15 cm Stan- schen der Sand- und Steinzone. morphismen. Diese Themen möchte ich dardlänge und 40 - 50 g Gewicht) über- In seinem Schneckennest kann ein hier nur relativ kurz erläutern. Ausführ- nimmt ein sogenanntes Schneckennest von Männchen bis zu 30 Weibchen versam- lich möchte ich auf zwei weitere Aspek- einem Vorgänger oder legt selbst ein neues meln (Gashagaza 1995). Die wesentlich te eingehen: Den schwarzen oder gelben an, indem es leere Schneckengehäuse auch kleineren Weibchen (ca. 4 - 6 cm Standard- Abschluss der Schwanzfl osse und die Tat- über längere Distanzen im Maul transpor- länge und 4 - 8 g Gewicht) laichen dann

Territoriale Weibchen zeigen eine gefl eckte Färbung auf. Hier ist ein Weibchen zusammen mit einem nestbesitzenden Männchen zu sehen (Aquariumaufnahme).

DCG-Informationen 45 (1): 2-8 3 sen. Das bezeichnet man als Geschlechts- oder Sexual-Dimorphismus (Männchen und Weibchen sehen verschieden aus be- ziehungsweise sind unterschiedlich groß). In der Tat hält L. callipterus einen Rekord im Tierreich, denn die Männchen sind ca. 15 mal so schwer sein wie die Weibchen (Staeck 1987, Schütz & Taborsky 2000). Den umgekehrten Fall, bei dem die Weib- chen viel größer als die Männchen sind, gibt es häufi ger, wie z.B. bei den Tiefsee- anglerfi schen (Gattung Melanocetus). Bei L. callipterus existiert noch ein wei- terer Dimorphismus, bei dem zwei ver- schiedene männliche Formen im selben Zwei L. callipterus beim Ablaichen in einem Schneckenhausnest. Der Sexualdimorphismus Lebensraum vorkommen. Neben den gro- ist gut zu sehen (Unterwasseraufnahme bei Utinta). Foto: Heinz Büscher ßen Nestbesitzern gibt es noch Zwerg- Männchen, die 3 cm lang sind und auch im Aquarium nicht größer als 4 cm werden (Sato 2004, Taborsky 2001). Gewichtsmäßig sind die großen Männchen 50 mal schwerer als die Zwerg-Männ- chen. Die winzigen Zwerg- Männchen schaffen sich Zu- tritt zum Schneckenhaus eines mit dem Nest-Männchen ablai- chenden Weibchens. Sie drin- gen noch tiefer in das Haus ein L. callipterus laicht in leeren Schneckenhäusern ab. Beim Ablaichen stupst das Männchen den Schwanz als das Weibchen und können des Weibchens an (links), daraufhin gibt das Männchen den Samen über der Schneckenhausöffnung ab so die Eier aus dem innersten (rechts). (Beides Aquariumaufnahmen) Bereich des Schneckenhauses im Inneren der Schneckenhäuser ab. Die 2004). Die dunkle Färbung der Weibchen befruchten. Erstaunlicherweise Männchen sind zu groß, um in die Schne- ist während der gesamten Brutpfl ege vor- können die Zwerg-Männchen auch unab- ckenhäuser zu passen. Wie können die Eier handen. Die Eier werden in kleinen Schü- hängig von den großen Männchen mit den dann befruchtet werden? ben abgegeben, so dass sich ein Laich- Weibchen ablaichen – zumindest im Aqua- Nähert sich ein Weibchen in der dunkel- vorgang über mehrere Stunden erstrecken rium (H. Büscher und M. Taborsky, per- gescheckten Färbung dem Nest, so ist das kann. sönliche Mitteilung). Auch bei anderen Fi- ein Zeichen dafür, dass es laichbereit ist. Verlassen die Jungfi sche das Schnecken- schen gibt es Zwerg-Männchen, z.B. beim Sofort wird es vom Männchen in Lamp- haus, verlässt auch das Weibchen das Nest Lachs Salmo salar (Gross 1985). Gleich- rologus-typischer Manier angebalzt (Scha- um sich einem Rudel anzuschliessen (Uh- mel 2007) und sucht sich ein passendes lig 1996). Schliesslich hat es während der Schneckengehäuse, um darin fast voll- Brutpfl ege gar nicht (oder kaum) gefres- ständig zu verschwinden. Nur ein Teil des sen. Gleiches gilt auch für das Männchen. Schwanzes ist noch zu sehen. Dieser wird Geschwächt wird es von einem stärkeren vom Männchen mit seinem Maul ange- Rivalen abgelöst, um sich wieder Reser- stupst. Daraufhin verharrt das Männchen ven anzufressen. für einige Sekunden mit seiner Genitalöff- nung direkt über dem Schneckenhausein- Mehrere Dimorphismen gang. In dieser Zeit werden die Spermi- Wie bereits erwähnt, sind die Männchen, en abgegeben. Sofort danach kommt das die ein Nest besitzen, sehr groß. Das muss Weibchen ein Stückchen aus dem Schne- auch so sein, da sie in der Lage sein müs- ckenhaus heraus. Das hat zur Folge, dass sen, leere Schneckenhäuser zu transpor- Zwergmännchen werden nur so groß wie mit dem einströmenden Wasser die Sper- tieren und Rivalen zu verdrängen. Die Jungfi sche und halten sich in den Nestern mien in das Gehäuseinnere gelangen und Weibchen sind wesentlich kleiner, da sie auf (Aquariumaufnahme). Foto: Heinz Bü- die Eier dort befruchtet werden (Sato in die Schneckengehäuse passen müs- scher

4 DCG-Informationen 45 (1): 2-8 zeitig mit den großen Männ- chen geben sie ihre Samen beim Massenablaichen in fl a- chen Flussläufen ab. Bei L. callipterus gibt es noch eine dritte Männchen- form, die Sneaker oder Ein- schleicher (Sato 2004). Sie sind ungefähr so groß wie die Weibchen und besitzen im Gegensatz zu den noch he- ranwachsenden „normalen“ Männchen bereits voll aus- gebildete Gonaden. Sneaker halten sich in der Nähe eines Nestes auf und werden immer In dieser aufgebrochenen Schnecke eines Nests vom Cape Mpimbwe sind das Weibchen und die Eier zu wieder von dem großen terri- sehen (links). Bei 10 Tage alten Jungfi schen ist der Dottersack noch nicht aufgebraucht (rechts). torialen Männchen vertrieben. Wenn das große Männchen noch weitere Schneckencichliden anderer Evolution abgelenkt ist, fi nden sie immer mal wieder Arten einnisten. Zu diesen Gastarten ge- Die nächsten Verwandten des L. callipte- eine Chance um selbst mit dem Maul das hören: Neolamprologus calliurus, N. fa- rus sind nicht die anderen Schneckenci- Weibchen anzustupsen und dann den Sa- sciatus, N. caudopunctatus, N. brevis, N. chliden des Tanganjikasees, wie z.B. Lam- men am Schneckeneingang abzugeben. Im brichardi, N. multifasciatus, Lamprolo- prologus ocellatus, sondern größere Lam- Aquarium wachsen Sneaker zu normalen gus lemairii, Lepidiolamprologus attenua- prologini wie Lepidiolamprologus profun- großen Männchen heran (H. Büscher und tus, vittatus T. cf. brichar- dicola, Lepidiolamprologus elongatus und M. Taborsky, persönliche Mitteilung). So- di, und T. temporalis (Sato & Gashagaza Neolamprologus tetracanthus (Sturmbau- mit handelt es sich nicht um einen echten 1997, Büscher 2000). Diese Fische ver- er 1994, Nishida 1997). Bei diesen Cichli- Polymorphismus. speisen gerne die kleinen L. callipterus. den sind Männchen und Weibchen unge- Das bedeutet, dass die L. callipterus-Jung- fähr gleich groß und besitzen die Größe Lamprologus callipterus ist ein Nest- fi sche in den Nestern nicht sicher sind. von ausgewachsenen L. callipterus-Männ- fl üchter Im Aquarium konnte ich beobachten, chen. Es handelt sich dabei um Felshöh- Im Tanganjikasee fi nden sich L. callipterus dass die Jungfi sche nach dem Aufzehren lenbrüter. Diese Verwandtschaften erklä- gleicher Größe zu Rudeln zusammen. Das des Dottersacks schlagartig Schnecken- ren, wieso L. callipterus sich so grundsätz- fängt mit einer Größe von ca. 4 cm an und haus und Nest verließen. Sie haben sich im lich von den anderen Schneckencichliden reicht bis zu den 15 cm großen Männchen. ganzen Aquarium auf dem Sand verteilt, unterscheidet. Jungfi sche unter 3 cm konnte man meines wo sie gut getarnt sind und eigentlich nur Dass es im Tanganjikasee - im Unter- Wissens bisher im See nicht fi nden. Wo durch ihre Bewegung sichtbar werden. Bei schied zu anderen Gewässern dieser Erde halten sich diese Fische auf? Störungen können sie auch in den Sand - so viele Arten gibt, die in leeren Schne- Am Tanganjikasee hatte ich bemerkt, eintauchen und sich so Fressfeinden ent- ckenhäusern laichen, liegt wahrscheinlich daß von den acht Weibchen, die ich mit ih- ziehen. Ich vermute, dass auch im Tangan- daran, dass es hier so viele dieser Behau- rem Schneckenhaus aus drei L. callipte- jikasee die jungen L. callipterus nach Ver- sungen gibt. Der Tanganjikasee zeigt näm- rus-Nestern heraufgeholt und untersucht zehr des Dottersacks das Nest verlassen lich gesättigte Karbonatwerte auf, so dass hatte, kein einziges Jungtier ohne Dotter- und sich auf den endlosen, weiten Sandfl ä- sich Schneckenhäuser nicht aufl ösen. Wie sack in seinem Schneckenhaus beherberg- chen verteilen (Schamel 2007). Ein Futter- hat sich L. callipterus entwickelt? te (Schamel 2007). Es waren ausschließ- mangel im Nest als Ursache für das Nest- Es wird angenommen, dass bei den lich Eier oder Jungtiere mit Dottersack zu fl uchtverhalten schließe ich aus, weil die L. callipterus-Vorfahren Männchen und fi nden. Das ist ein Unterschied zu anderen Jungfi sche der anderen Arten, die in der Weibchen so groß waren wie heute die Schneckencichliden, bei denen die Jung- Burg leben, offensichtlich genug Futter Männchen. Vielleicht haben sie ihr Gelege tiere auch nach dem Aufbrauchen des Dot- fi nden. außen an Schneckenhäusern angebracht, so tersacks noch eine Weile im Revier und im Sobald die Jungen das Schneckenhaus wie einige der oben genannten Verwandten Schneckenhaus der Mutter bleiben. Das verlassen, verläßt auch die Mutter das Nest es gelegentlich tun (Büscher 1998). Dabei bedeutet, dass die kleinen L. callipterus d.h. die Brutpfl ege endet damit. Bereits hatten die Schneckengehäuse einen entge- das Haus der Mutter verlassen. 2002 wurde auch von Heinz Büscher er- gengesetzten Selektionsdruck auf Männ- Ich glaube nicht, dass sie in anderen wähnt, dass junge L. callipterus Nestfl üch- chen und Weibchen (Schütz & Taborsky, Schneckenhäusern oder zwischen den ter sind (Büscher 2002). 2000). Die Männchen blieben groß, um Häusern innerhalb des Nestes bleiben, Schneckenhäuser zu transportieren. Im denn dort lauert große Gefahr, da sich hier Gegensatz dazu wurden die Weibchen dar-

DCG-Informationen 45 (1): 2-8 5 we in Tansania der gesamte Rand schwarz. Das ist nicht im ganzen See so. Heinz Bü- scher hat mir folgendes berichtet: „Das Zeichnungsmuster mit dem symmetri- schen schwarzen Saum und dem darunter- liegenden weißen Streifen tritt an der süd- lichen Ostküste auf; von Chipwa im sam- bisch/tansanischen Grenzgebiet bis nach Kabogo, südlich vom Malagarasi. In der Gegend von Kigoma, an der Westküste südlich von Kalemie und an der Südwest- küste in Sambia ist nur in einem kleinen Teil der Caudale der obere äußere Saum schwarz (mit weiß darunter).“ Bei ausgewachsenen, großen Männchen ist der Rand der Caudalen manchmal ge- nau hälftig geteilt. Man sieht das gut an Ein Schwarm halbwüchsiger L. callipterus bei der Insel Lwili. Die schwarzen Säume der meinem in der Nähe von Kipili gefange- Schwanzfl ossen sind gut zu sehen (Unterwasseraufnahme). Foto: Heinz Büscher nen Männchen. An anderen Stellen im See hat nur der obere Rand eine andere Fär- bung. Bei diesen Tieren ist dann auch nur diese obere Ecke schwarz mit darunterlie- gendem Weiß – besonders wenn sich der Fisch in einem Schwarm aufhält.

Ein schwarzer Caudalsaum geht mit Schwarmverhalten einher Ich hatte mir in der Nähe von Kipili (süd- liche Ostküste) aus einem Rudel mit klei- neren Fischen vier 5 cm große L. callipte- rus gefangen. Im See waren sie alle sehr Diese zwei Rudel wurden an der Süd-Ost-Küste des Tanganjikasees aufgenommen. Man hell mit einem schwarzen Saum der Cau- sieht das an den durchgehend schwarzen Säumen der Caudalen (Unterwasseraufnahme). dale (Schamel 2007). In mehreren Aqua- Foto: Cichlidenstadl rien war bei mir dieser schwarze Streifen auf selektiert, in die Schnecken zu passen. Rudeln von kleineren Fischen (4 - 8 cm) zu leider nicht mehr zu sehen. Allerdings ha- Dort waren das Gelege und die jungen Lar- sehen. Allerdings tritt bei solitären Tieren ben die Fische auch kein Schwarmverhal- ven besser vor Feinden geschützt. dieser schwarze Saum auch auf. ten gezeigt. Sie waren in etwa einen Meter Da kein anderer Schneckencichlide Ge- Nach eigenen Beobachtungen ist zwi- langen Aquarien alleine oder mit anderen häuse transportiert, können deren Männ- schen Kisambala und dem Cape Mpimb- kleineren Fischen untergebracht. chen klein sein. Dieses evolutionäre Sze- nario erklärt, warum L. callipterus diesen extremen Sexuladimorphismus entwickel- te (Schütz &Taborsky, 2000).

Variable Farbe des Saums der Schwanz- fl osse Im Tanganjikasee sieht man L. callipterus meist als Schwarmfi sch, der Rudel von un- gefähr gleichgroßen Fischen bildet. Dabei kommen männliche und weibliche Fische im selben Schwarm vor (Schamel 2007). Auffallend ist der pechschwarze Saum mit darunterliegendem weißen Strich der Schwanzfl ossen (Caudalen), der einen starken Kontrast zum Rest des hellen sand- In diesem 2-Meter Aquarium haben jungwüchsige L. callipterus während ihrer Eingewöh- farbenen Fisches bildet. Dieser schwarze nungszeit Schwarmverhalten und den schwarzen Caudalsaum gezeigt. Caudalabschluss ist besonders deutlich bei

6 DCG-Informationen 45 (1): 2-8 Auf dem Weg von Kalungo nach Kipili (links) kann man L. callipterus-Rudel auch schnorchelnd beobachten. Dieses Rudel wurde an der Süd-Ost-Seite des Sees fotografi ert (rechts). (Unterwasseraufnahme) Foto: African Diving Ltd. Eines Tages habe ich 12 ca. 5 cm lange Später machte ich noch eine ähnliche callipterus (halbwüchsige Tiere und ausge- F1 Nachzuchttiere in mein 2-Meter-Aqua- Beobachtung. Bei einem großen Wasser- wachsene Weibchen), die schwarzen Cau- rium, in dem sich andere und größere Tan- wechsel in dem 2-Meter-Aquarium ha- dalsäume eine Signalfunktion im Zusam- ganikaseecichliden befanden, umgesetzt. ben die L. callipterus wieder kurzfris- menhang mit der Rudelbildung haben. Es waren dort Tropheus duboisi, T. moo- tig ihr Schwarmverhalten gezeigt und der Ich hoffe, dass Sie nach dem Lesen die- rii „Bemba“, Limnochromis auritus, Al- schwarze Schwanzfl ossenabschluss trat ses Artikels L. callipterus mit neuen Au- tolamprologus compressiceps, Petrochro- wieder deutlich hervor. Ich denke also, gen sehen, und mir nun zustimmen kön- mis orthognatus, Eretmodus cyanostictus dass das Schwarz am Ende der Cauda- nen, dass es sich um einen wunderschönen sowie Synodontis multipunctatus unterge- le ein optisches Signal ist, welches mit Fisch handelt. bracht. Wie zu erwarten, mussten sich die dem Schwarmverhalten einhergeht. Viel- L. callipterus erst eingewöhnen. In der ers- leicht hilft es einem Fisch, der hinter, ne- Danksagung ten Stunde wirkten sie noch ängstlich und ben, unter oder über einem anderen Fisch Ich möchte mich bei Dr. Heinz Büscher schwammen ganz eng im Rudel durch das schwimmt, dessen Caudalsaum als Orien- und Prof. Dr. Michael Taborsky für ihre große Becken. Da war dann der schwar- tierung zu benutzen, um im Schwarm zu Diskussionsbereitschaft und unveröffent- ze durchgehende Saum der Caudalen ganz bleiben. lichten Beobachtungen, und bei Wilfried Meyerhofer, Gerd Brandt, Martin Kös- ter und Christof Geldmacher für die tolle „Tanganjikasee-Expedition“ bedanken. Dr Heinz Büscher, Helmut Löffl ad und Mika- el Karlsson danke ich für die Photos und Donatus Bönsch für die Unterstützung bei der Pfl ege der Fische und den mikroskopi- schen Aufnahmen.

Literatur

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DCG-Informationen 45 (1): 2-8 7 BÜSCHER, H. H. (2002): Tanganjika- nyika (Hori, M., M. Nagoshi & Y. Yanagi- STURMBAUER, C., E. VERHEYEN & see-Cichliden im Schreibtischaquarium sawa, eds.): Kyoto University Press: 221- A. MEYER (1994): Mitochondrial phylo- (Schluss). D. Aqu. u. Terr. Z. (Datz) 55 240. geny of the Lamprologini, the major sub- (3): P6-P7. strate spawning lineage of fi shes SKY & S. KIMURA (2004): Size-De- from , Eastern Africa. FishBase (2013): www.fi shbase.org/sum- pendent Male Alternative Reproductive Molec. Biol. Evol. 11 (4): 691-703. mary/Lamprologus-callipterus.html Tactics in the Shell-Brooding Cichlid Fish Lamprologus callipterus in Lake Tangany- TABORSKY, M. (2001): The Evolution of GASHAGAZA, M.M., K. NAKAYA & T. ika. Ethology 110: 49-62. Bourgeois, Parasitic, and Cooperative Re- SATO (1995): of small-sized productive Behaviors in Fishes. J. Heredi- cichlid fi shes in the shell-bed area of Lake SCHAMEL, W.W.A. (2006): Lampro- ty 92 (2): 100-110. Tanganyika. Jap. J. Ichthyol. 42: 291-302. logus callipterus - der ungewöhnlichste Schneckenbuntbarsch Afrikas. D. Aqu. u. UHLIG, C. (1996): Vergleichende Un- GROSS, M.R. (1985): Disruptive selec- Terr. Z. (Datz) 59 (12): 6-10. tersuchungen zur Ethologie von Schne- tion for alternative life histories in salmon. ckencichliden des Tanganjikasees (Tele- Nature, 313: 47-48. SCHAMEL, W.W.A. (2007): Lamprolo- ostei, Cichlidae). Diplomarbeit, Universi- gus callipterus – Ein Nestfl üchter. D. Aqu. tät Ulm. NISHIDA, M. (1997): Phylogenetic re- u. Terr. Z. (Datz) 60 (1): 34-39. lationships and evolution of Tanganyika YUMA, M. & T. KONDO (1997): Inter- : a molecular perspective. In Fish SCHÜTZ, D. & M. TABORSKY (2000): specifi c relationships and habitat utiliza- Communities in Lake Tanganyika (Hori, Giant males or dwarf females: what deter- tion among benthivorous cichlids. In Fish M., Nagoshi, M. & Yanagisawa, Y., eds), mines the extreme sexual size dimorphism Communities in Lake Tanganyika (Hori, Kyoto University Press: 1-24. in Lamprologus callipterus? J. Fish Biol. M., Nagoshi, M. & Kawanabe, H., eds), 57: 1254-1265. Kyoto University Press: 87-104. SATO, T. & M. GASHAGAZA (1997): Shell-brooding cichlid fi shes of Lake Tan- STAECK, W. (1987): Ein ungewöhnlicher Text und Fotos: Wolfgang W. A. Schamel, ganyika: Their habitats and mating sys- Schneckencichlide: Lamprologus callipte- soweit nicht anders vermerkt. tems. In Fish communities in Lake Tanga- rus. Aquarien-Magazin 21: 324-327.

8 DCG-Informationen 45 (1): 2-8