Lamprologus Callipterus – Ein Schwarmbildender Lamprologini Wolfgang W
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Lamprologus callipterus – ein schwarmbildender Lamprologini Wolfgang W. A. Schamel Einer meiner Lieblingsbuntbarsche ist Kiemendeckeln, je einen violetten Strich masert und haben zum Teil einen gelben Lamprologus callipterus, der 1906 von unter den Augen, eine bläuliche Oberlip- oder schwarzen Rand mit darunter liegen- Boulenger beschrieben wurde. Im selben pe und leicht blau gefärbte Bauchfl ossen. der weißer Linie – dazu kommen wir noch Artikel wurde auch Lamprologus reticula- Augenring und Brustfl ossen sind gelblich- später. Die Schreckfärbung besteht zu- tus beschrieben, aber von Poll (1946) als orange. Die unpaaren Flossen sind fein ge- sätzlich noch aus großen dunkel-braunen Synonym von L. callipterus eingestuft. Ich habe ihn auf Grund seiner Eleganz und in- teressanten Verhaltensweisen gerne ge- pfl egt, vermehrt und im Tanganjikasee be- obachtet. Obwohl er nicht plakativ-bunt gefärbt ist, fi nde ich ihn sehr hübsch. Bei einem Vortrag erwähnte ich wie wunder- schön L. callipterus sei, und habe promt eine Bemerkung aus dem Publikum be- kommen, dass man das im Vergleich zu vielen anderen Fischen wirklich nicht sa- gen könne. Vielleicht ist es bei mir ja so wie bei frisch gebackenen Eltern, die ihr Neugeborenes für den schönsten Säugling der Welt halten. Wie dem auch sei, L. callipterus hat eine sandfarbene Grundfärbung mit kleinen tür- kis-blauen Punkten auf den Körperschup- pen. Weiterhin hat er je einen schwarzen Nicht territoriale Weibchen sehen den Männchen ähnlich (Aquariumaufnahme). Augenfl eck mit hellgelber Sichel auf den 2 DCG-Informationen 45 (1): 2-8 Flecken auf dem ganzen Körper. Gleiches sache, dass L. callipterus ein Nestfl üchter gilt auch für laichbereite und brutpfl egen- ist. Zusätzlich kann ich meine beiden Arti- de Weibchen. Wenn Sie die Bilder betrach- kel in der DATZ als weiterführende Lite- ten, fi nden Sie nicht, dass dieser Fisch eine ratur empfehlen (Schamel 2006, Schamel dezente Eleganz ausstrahlt? 2007). Weiterhin ist es für mich faszinierend, Veröffentlichungen über L. callipterus zu Fortpfl anzung in Schneckenhausnes- lesen, da er Dimorphismen aufzeigt und tern interessante Verhaltensweisen besitzt. Vie- Lamprologus callipterus ist ein häufi ger le dieser Verhaltensweisen kann man auch Fisch in den steinigen Zonen des Tanga- im Aquarium beobachten, denn meiner Er- njikasees, wo er in kleinen oder großen fahrung nach eignet sich dieser Buntbarsch Rudeln oder auch als Einzeltier als Räuber als Aquariumfi sch bei Beckenlängen von umherzieht. Er frisst unter anderem Krab- über einem Meter, obwohl Gegenteiliges ben, Garnelen, Jungfi sche und Fischei- Junge Männchen ziehen oft als Trupp durch zu lesen ist (FischBase 2013, Brichard er (Büscher 2000, Yuma & Kondo 1997). den Tanganjikasee (Unterwasseraufnahme 1999). Bei mir ist L. callipterus friedlich Es war überrschend als man herausfand, bei Izinga). Foto: Heinz Büscher gegenüber artfremden Fischen und auch dass er – als Schwarmfi sch – ein obligater gegenüber Artgenossen. Schneckencichlide ist. Das bedeutet, dass tiert. Diese Nester bestehen in der Regel Bereits im Juni 2000 hat Heinz Büscher er immer in leeren Schneckenhäusern ab- aus hunderten von Schneckenhäusern und einen Artikel über L. callipterus in den laicht. können mehr als einen Meter Durchmesser DCG-Informationen veröffentlicht. Aus- Zum Ablaichen werden sowohl Männ- haben. Sie befi nden sich oftmals in einer führlich behandelt er darin die Fortpfl an- chen als auch Weibchen territorial. Ein Mulde im Sand im Übergangsbereich zwi- zungsbiologie dieses Fisches und seine Di- großes Männchen (ca. 12 - 15 cm Stan- schen der Sand- und Steinzone. morphismen. Diese Themen möchte ich dardlänge und 40 - 50 g Gewicht) über- In seinem Schneckennest kann ein hier nur relativ kurz erläutern. Ausführ- nimmt ein sogenanntes Schneckennest von Männchen bis zu 30 Weibchen versam- lich möchte ich auf zwei weitere Aspek- einem Vorgänger oder legt selbst ein neues meln (Gashagaza 1995). Die wesentlich te eingehen: Den schwarzen oder gelben an, indem es leere Schneckengehäuse auch kleineren Weibchen (ca. 4 - 6 cm Standard- Abschluss der Schwanzfl osse und die Tat- über längere Distanzen im Maul transpor- länge und 4 - 8 g Gewicht) laichen dann Territoriale Weibchen zeigen eine gefl eckte Färbung auf. Hier ist ein Weibchen zusammen mit einem nestbesitzenden Männchen zu sehen (Aquariumaufnahme). DCG-Informationen 45 (1): 2-8 3 sen. Das bezeichnet man als Geschlechts- oder Sexual-Dimorphismus (Männchen und Weibchen sehen verschieden aus be- ziehungsweise sind unterschiedlich groß). In der Tat hält L. callipterus einen Rekord im Tierreich, denn die Männchen sind ca. 15 mal so schwer sein wie die Weibchen (Staeck 1987, Schütz & Taborsky 2000). Den umgekehrten Fall, bei dem die Weib- chen viel größer als die Männchen sind, gibt es häufi ger, wie z.B. bei den Tiefsee- anglerfi schen (Gattung Melanocetus). Bei L. callipterus existiert noch ein wei- terer Dimorphismus, bei dem zwei ver- schiedene männliche Formen im selben Zwei L. callipterus beim Ablaichen in einem Schneckenhausnest. Der Sexualdimorphismus Lebensraum vorkommen. Neben den gro- ist gut zu sehen (Unterwasseraufnahme bei Utinta). Foto: Heinz Büscher ßen Nestbesitzern gibt es noch Zwerg- Männchen, die 3 cm lang sind und auch im Aquarium nicht größer als 4 cm werden (Sato 2004, Taborsky 2001). Gewichtsmäßig sind die großen Männchen 50 mal schwerer als die Zwerg-Männ- chen. Die winzigen Zwerg- Männchen schaffen sich Zu- tritt zum Schneckenhaus eines mit dem Nest-Männchen ablai- chenden Weibchens. Sie drin- gen noch tiefer in das Haus ein L. callipterus laicht in leeren Schneckenhäusern ab. Beim Ablaichen stupst das Männchen den Schwanz als das Weibchen und können des Weibchens an (links), daraufhin gibt das Männchen den Samen über der Schneckenhausöffnung ab so die Eier aus dem innersten (rechts). (Beides Aquariumaufnahmen) Bereich des Schneckenhauses im Inneren der Schneckenhäuser ab. Die 2004). Die dunkle Färbung der Weibchen befruchten. Erstaunlicherweise Männchen sind zu groß, um in die Schne- ist während der gesamten Brutpfl ege vor- können die Zwerg-Männchen auch unab- ckenhäuser zu passen. Wie können die Eier handen. Die Eier werden in kleinen Schü- hängig von den großen Männchen mit den dann befruchtet werden? ben abgegeben, so dass sich ein Laich- Weibchen ablaichen – zumindest im Aqua- Nähert sich ein Weibchen in der dunkel- vorgang über mehrere Stunden erstrecken rium (H. Büscher und M. Taborsky, per- gescheckten Färbung dem Nest, so ist das kann. sönliche Mitteilung). Auch bei anderen Fi- ein Zeichen dafür, dass es laichbereit ist. Verlassen die Jungfi sche das Schnecken- schen gibt es Zwerg-Männchen, z.B. beim Sofort wird es vom Männchen in Lamp- haus, verlässt auch das Weibchen das Nest Lachs Salmo salar (Gross 1985). Gleich- rologus-typischer Manier angebalzt (Scha- um sich einem Rudel anzuschliessen (Uh- mel 2007) und sucht sich ein passendes lig 1996). Schliesslich hat es während der Schneckengehäuse, um darin fast voll- Brutpfl ege gar nicht (oder kaum) gefres- ständig zu verschwinden. Nur ein Teil des sen. Gleiches gilt auch für das Männchen. Schwanzes ist noch zu sehen. Dieser wird Geschwächt wird es von einem stärkeren vom Männchen mit seinem Maul ange- Rivalen abgelöst, um sich wieder Reser- stupst. Daraufhin verharrt das Männchen ven anzufressen. für einige Sekunden mit seiner Genitalöff- nung direkt über dem Schneckenhausein- Mehrere Dimorphismen gang. In dieser Zeit werden die Spermi- Wie bereits erwähnt, sind die Männchen, en abgegeben. Sofort danach kommt das die ein Nest besitzen, sehr groß. Das muss Weibchen ein Stückchen aus dem Schne- auch so sein, da sie in der Lage sein müs- ckenhaus heraus. Das hat zur Folge, dass sen, leere Schneckenhäuser zu transpor- Zwergmännchen werden nur so groß wie mit dem einströmenden Wasser die Sper- tieren und Rivalen zu verdrängen. Die Jungfi sche und halten sich in den Nestern mien in das Gehäuseinnere gelangen und Weibchen sind wesentlich kleiner, da sie auf (Aquariumaufnahme). Foto: Heinz Bü- die Eier dort befruchtet werden (Sato in die Schneckengehäuse passen müs- scher 4 DCG-Informationen 45 (1): 2-8 zeitig mit den großen Männ- chen geben sie ihre Samen beim Massenablaichen in fl a- chen Flussläufen ab. Bei L. callipterus gibt es noch eine dritte Männchen- form, die Sneaker oder Ein- schleicher (Sato 2004). Sie sind ungefähr so groß wie die Weibchen und besitzen im Gegensatz zu den noch he- ranwachsenden „normalen“ Männchen bereits voll aus- gebildete Gonaden. Sneaker halten sich in der Nähe eines Nestes auf und werden immer In dieser aufgebrochenen Schnecke eines Nests vom Cape Mpimbwe sind das Weibchen und die Eier zu wieder von dem großen terri- sehen (links). Bei 10 Tage alten Jungfi schen ist der Dottersack noch nicht aufgebraucht (rechts). torialen Männchen vertrieben. Wenn das große Männchen noch weitere Schneckencichliden anderer Evolution abgelenkt ist, fi nden sie immer mal wieder Arten einnisten. Zu diesen Gastarten ge- Die nächsten Verwandten des L. callipte- eine Chance um selbst mit dem Maul das hören: Neolamprologus calliurus, N. fa- rus sind nicht die anderen Schneckenci- Weibchen anzustupsen und dann den Sa- sciatus, N. caudopunctatus, N. brevis, N. chliden des Tanganjikasees, wie z.B. Lam- men am Schneckeneingang abzugeben. Im brichardi, N. multifasciatus, Lamprolo- prologus ocellatus, sondern größere Lam- Aquarium wachsen Sneaker zu normalen gus lemairii, Lepidiolamprologus attenua- prologini wie Lepidiolamprologus profun- großen Männchen heran (H. Büscher und tus, Telmatochromis vittatus