SEITE 12 · SAMSTAG, 16. JULI 2011 · NR. 163 Wirtschaft FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

Japans Industrie Kurze Meldungen droht Kan mit Staatsdefizit sinkt Dank des steigenden Steueraufkommens Abwanderung und der wachsenden Wirtschaft werden das deutsche Staatsdefizit und die Schul- cag. TOKIO, 15. Juli. Japans Industrie denlast bezogen auf die gesamtwirtschaft- droht damit, Produktionsstätten in gro- liche Leistung deutlich sinken. Das geht ßer Zahl ins Ausland zu verlagern, wenn aus der aktualisierten Vorhersage des Bun- das Land – wie von Regierungschef Naoto desfinanzministeriums hervor. Danach Kan angekündigt – von der Atomenergie wird der Anteil der öffentlichen Schulden Abschied nehmen sollte und in Richtung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 83,2 erneuerbarer Energie umsteuert. Wäh- Prozent im vergangenen Jahr bis 2015 auf rend das japanische Parlament in Tokio rund 71 Prozent sinken. Bei der Neuver- am Freitag mit den Beratungen zu einem schuldung wird für dieses Jahr ein Defizit Gesetz begann, das den Anteil des Stroms von rund 1,5 Prozent erwartet. mas. aus erneuerbaren Energien bis 2020 von derzeit 9 auf 13 Prozent steigern will, Vorstoß für EU-Ratingagentur warnte der Vorsitzende des Verbands der FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat ei- japanischen Industrie, Hirosama Yoneku- nen Plan für eine europäische Ratingagen- ra, in Tokio vor den Folgen. „Einige Unter- tur ausgearbeitet, um die Marktmacht von nehmen könnten keine andere Wahl ha- Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch zu ben, als ihre Produktion ins Ausland zu begrenzen. „Wir brauchen mehr Wettbe- verlagern“, sagte er und begründete das werb durch die Gründung einer unabhän- mit steigenden Energiekosten in Japan. gigen und privat finanzierten EU-Rating- Kan, der am Mittwochabend gegen den agentur“, schreibt er laut „Handelsblatt“ Widerstand seines eigenen Kabinetts in einem Papier zur Regulierung der Insti- überraschend einen Ausstieg aus der tute. „Das Vertrauen auf die Aussagen des Atomenergie verlangt hatte, bekräftigte Meinungsoligopols der drei großen US- sein Ziel, den Anteil der erneuerbaren Rostrisiko: Das alte DDR-Atomkraftwerk Greifswald wird seit 1996 abgebaut. Foto Jens Gyarmaty Agenturen“ sei mitverantwortlich dafür Energie bis 2020 sogar auf mehr als 20 gewesen, dass die Risiken im Finanzmarkt Prozent zu steigern. Kans Aussagen zum zu spät erkannt wurden. dpa Abschied von der Atomenergie sind nach Angaben des Regierungssprechers, Kabi- Sprossen aus Bienenbüttel netts-Staatssekretär Yukio Edano, aber ENBW zieht gegen Brennelementesteuer vor Gericht Seit Freitag werden wieder Sprossen im nicht offizielle Regierungslinie. Einen niedersächsischen Bienenbüttel herge- Ausstieg Japans aus der Atomenergie Der Essener Versorgungskonzern richt Freiburg klagen. Alle drei Versor- dem Wortlaut der Vereinbarung auch stellt. Der Landkreis Uelzen hob die Sper- gebe es nicht, sagte er. Der Regierungs- Die Klagefront gegen die rung des Betriebes auf, in dem vor weni- chef selbst habe am Freitag während der RWE und sein Düsseldorfer Wettbewer- ger wollen die Grundsatzfrage aber ausdrücklich für das Steuerrecht. Brennelementesteuer steht: ber Eon hatten schon zuvor Klagen ange- möglichst schnell vom Bundesverfas- Schließlich halten die Steuerrechtler der gen Wochen Sprossen als wahrscheinli- Kabinettssitzung eingeräumt, seine Be- che Ursache der Ehec-Epidemie gefun- merkungen zum Ende der Atomenergie Nach RWE und Eon hat nun kündigt (F.A.Z. vom 24. Juni). Die Ener- sungsgericht klären lassen und hoffen, Branche die Abgabe für nicht vereinbar gieversorger reagieren damit auf die Ent- dass das jeweilige Finanzgericht – spä- mit der Verbrauchsteuer- und der Ener- den worden waren. Da sämtliche Untersu- auf einer Pressekonferenz am Mittwoch- auch ENBW den Rechtsweg chungen der vergangenen Wochen nega- scheidung der Bundesregierung, wegen testens aber der Bundesfinanzhof – die giesteuerrichtlinie der EU. abend seien „persönlich“ gewesen, sagte eingeschlagen – trotz tiv ausgefallen seien, bestehe kein Grund Finanzminister Yoshihiko Noda am Ende des Unglücks im japanischen Atommei- Fälle dort vorlegt. In Betracht käme Bundeswirtschaftsminister Philipp zu einer weiteren Sperrung, ließ Nieder- der Sitzung. Edano kündigte an, das Kabi- grün-roter Landesregierung. ler Fukushima aus der Kernenergie aus- auch eine Klage vor dem Europäischen Rösler hat kürzlich das Festhalten an sachsens Landwirtschaftsminister Gert nett werde sich Anfang kommender Wo- zusteigen. RWE und Eon bereiten zu- Gerichtshof, falls eines der beteiligten der Steuer verteidigt. „Die Gesetzesbe- Lindemann verlauten. Sämtliche Bocks- che mit dem Thema beschäftigen und den jja. BERLIN, 15. Juli. Der Energiekon- dem Verfassungsklagen gegen die Ener- deutschen Gerichte die Luxemburger In- gründung zur Brennstoffsteuer bezieht hornkleesamen seien nach EU-Vorgaben energiepolitischen Kurs festlegen. Noda, zern ENBW klagt ebenfalls gegen die giewende vor, weil sie in der erzwunge- stanz anruft. sich ausdrücklich nicht auf das Thema vernichtet worden. jagr. der in den japanischen Medien als einer Steuer auf Brennelemente von Kern- nen Abschaltung ihrer Kraftwerke eine Wie zuvor RWE und Eon sieht auch Laufzeitverlängerung“, sagte er dieser der möglichen Nachfolger Kans gilt, sag- kraftwerken. Das gab der Vorstandsvor- unzulässige Enteignung sowie eine Ver- ENBW eine Verletzung von Grundge- Zeitung. Daher halte er es für gerechtfer- BA: 1,9 Milliarden Euro Defizit letzung ihrer Berufsfreiheit sehen. Das setz und Europarecht. So habe dem Bun- tigt, bei dieser Steuer zu bleiben. Die te, eine Entscheidung über Japans künfti- sitzende Hans-Peter Villis am Freitag in Wegen des Aufschwungs am Arbeitsmarkt Vorgehen von ENBW war jedoch noch destag die Zuständigkeit für die Einfüh- Klagen bezeichnete der FDP-Vorsitzen- ge Nutzung der Atomenergie dürfe „nicht Karlsruhe bekannt. „Wir wollen an unse- wird die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu hastig“ erfolgen. Kan steht seit Mona- unklar, weil das von der früheren rung der Kernbrennstoffsteuer gefehlt, de als legitim: „Eine andere Frage ist, ob dieses Jahr wohl mit einem deutlich niedri- ren ambitionierten Ausbauplänen im Be- schwarz-gelben Landesregierung in erklärte Villis unter Berufung auf exter- es von Erfolg gekrönt sein wird.“ Bereits ten unter dem Druck der Opposition und reich der erneuerbaren Energien festhal- geren Defizit abschließen als befürchtet. einflussreicher Gruppen der regierenden Stuttgart wieder verstaatlichte Unterneh- ne Gutachter. Denn in Wirklichkeit han- durch das sofortige Abschalten von acht ten“, erklärte Villis. „Die Umsetzung die- Am Freitag teilte die Nürnberger Behörde Demokratischen Partei, zurückzutreten. men mittlerweile unter dem Einfluss ei- dele es sich nicht um eine Verbrauch- Reaktoren nimmt Bundesfinanzminis- mit, das Minus werde voraussichtlich bei ser Pläne ist aber auch davon abhängig, Dass nun auch Noda und Edano, zwei bis- nes grün-roten Kabinetts steht. steuer, sondern um eine „verkappte Er- ter Wolfgang Schäuble (CDU) in diesem 1,9 Milliarden Euro liegen. Ursprünglich herige enge Vertraute, von Kan abrücken, dass wir die dafür notwendigen Finanz- ENBW hat nun nach eigenen Anga- tragsteuer“. Außerdem verstoße die Jahr etwa 1 Milliarde Euro weniger Geld war ein Defizit von 5,4 Milliarden Euro wurde in Tokio als Zeichen für die zuneh- mittel zur Verfügung haben.“ Die Kern- ben fristgerecht seine Steuererklärung schwarz-gelbe Bundesregierung gegen aus der Kernbrennstoffsteuer ein. Einge- eingeplant. Unterdessen kritisierte BA- mende Isolierung des Regierungschefs ge- brennstoffsteuer belastet ENBW nach abgegeben, weil zuvor in dem Reaktor eine Vereinbarung, die ihre schwarz-grü- plant waren ursprünglich insgesamt Vorstandsmitglied Heinrich Alt in der deutet. Nach Angaben der Regierung seinen Angaben jährlich mit einem drei- Philipsburg 2 nach Abschluss einer Revi- ne Vorgängerin im Jahr 2001 mit der 2,3 Milliarden Euro jedes Jahr. Das Bun- „Frankfurter Rundschau“, dass die Hartz- wird der Strom durch die Förderung der stelligen Millionenbetrag. „Damit könn- sion neue Brennelemente eingesetzt Energiewirtschaft getroffen habe. Darin deskanzleramt hatte nach dem Aus- IV-Gesetze seit Einführung sechzigmal ge- erneuerbaren Energien um 0,5 Yen je Ki- ten wir beim Ausbau der erneuerbaren worden waren. Zuständig ist dafür das habe sich die Politik verpflichtet, keine stiegsbeschluss zunächst für deren Ab- ändert worden seien. Der Aufwand wäre lowattstunde teurer. Das entspricht einer Energien einen zusätzlichen Schritt Hauptzollamt Karlsruhe. Anschließend einseitigen Maßnahmen zu Lasten der schaffung plädiert. Dem widersetzten geringer, wenn Ideen gesammelt und dann Steigerung um etwa 2 Prozent. nach vorne machen.“ will der Konzern vor dem Finanzge- Kernenergie zu treffen. Dies gelte nach sich jedoch die FDP und auch Schäuble. auf einmal umgesetzt würden. rike. ANZEIGE Handwerk appelliert an Koalition Kritik am Ärztegesetz WICKERTS WORTE, WICKERTS WERTE Kentzler: Ohne Steuerförderung bleiben Investitionen aus Verbraucherschützer: Überversorgung wird nicht bekämpft mas. BERLIN, 15. Juli. Das Handwerk Förderung energetischer Sanierungen rike. BERLIN, 15. Juli. Verbraucherschüt- desverband. Es sei unwahrscheinlich, dass fürchtet um die von der Regierung geplan- von Wohngebäuden abgelehnt. Die Län- zer lassen kaum ein gutes Haar an dem Ge- die Kassenärztlichen Vereinigungen wirk- Nähe te steuerliche Förderung der energeti- der fürchten die mit dem Gesetz verbun- setzentwurf, mit dem Bundesgesundheits- lich Praxen aufkauften. Stattdessen müs- schen Gebäudesanierung. „Es ist im ge- denen Steuerausfälle, die sie ebenfalls trä- minister Daniel Bahr (FDP) das Problem sen aus Sicht der Verbraucherschützer die meinsamen Interesse, dass der Einstieg in fen. Nach einem Gespräch mit Kanzler- der Über- und Unterversorgung mit Ärz- „unkoordinierten Sonderbedarfszulassun- eute müssten Sie, kluger Kopf bzw. die Energiewende jetzt gelingt und jegli- amtsminister Ronald Pofalla (CDU) sagte ten in bestimmten Regionen angehen will. gen“ unterbunden werden – dass Ärzte kluge Köpfin, zwischendurch mal cher Investitionsattentismus im Bereich Bauminister Peter Ramsauer (CSU) Mitte Der Referentenentwurf des Ministeriums sich also auf Antrag trotz Überversorgung H der energetischen Sanierung von Gebäu- dieser Woche, die Bundesregierung habe liegt seit Juni vor. Er sieht unter anderem in den gutsituierten Vierteln der Großstäd- Ihre FAZ aus der Hand legen und et- den vermieden wird“, sagte Handwerks- noch nicht entschieden, ob sie den Ver- vor, dass die Planungsbezirke für niederge- te niederlassen dürfen. Um Ärzte aufs was anderes lesen. Ich habe nämlich präsident Otto Kentzler dieser Zeitung. mittlungsausschuss anrufen werde. Wenn lassene Ärzte neu festgelegt werden sollen Land zu locken, müssten zudem klassi- ein kleines Experiment mit Ihnen vor. Man erwarte jetzt ein Signal der Politik, niemand das Gremium einschalten sollte, – unter Berücksichtigung des demographi- sche Versorgungsleistungen wie Hausbesu- Und das geht so: Wahrscheinlich hat mahnte er. Die erheblichen Effizienzpo- das zwischen Bundestag und Bundesrat schen Wandels. Die Kassenärztlichen Ver- che besser, technische Leistungen dage- jeder von Ihnen schon mal einen Le- tentiale im Gebäudebestand würden nur zu vermitteln hat, wäre der Gesetzent- einigungen sollen Praxen in überversorg- gen schlechter vergütet werden. Kritisch benslauf geschrieben. Kramen Sie das dann umfassend gehoben, wenn es neben wurf endgültig gescheitert. Wie Rams- ten Gebieten aufkaufen und schließen kön- sieht der Verband auch die Pläne der Re- den ordnungsrechtlichen Vorgaben mit auer berichtete, erwägt die Bundesregie- nen; in unterversorgten Gebieten sollen gierung, innovative medizinische Verfah- Ding doch bitte jetzt mal raus und lesen Augenmaß und der geplanten Versteti- rung, die Steuermehreinnahmen, die es Ärzte dagegen Zuschüsse für ihre Praxis- ren – deren Zusatznutzen noch nicht ab- Sie es aufmerksam durch. – Fertig? Gut, gung der KfW-Programme auch zu steuer- geben wird, wenn die steuerliche Förde- einrichtungen oder den Umzug aufs Land schließend nachgewiesen ist – künftig ich hätte da nämlich mal eine Frage: lichen Anreizen komme. „Dieser kluge In- rung ausbleibt, für Mehrausgaben zu nut- bekommen. Den Verbraucherschützern auch in Arztpraxen und nicht nur in Kran- Sind Sie das? Oder haben Sie das Ge- strumenten-Dreiklang darf nicht aufgege- zen: entweder für eine weitere Aufsto- geht das aber nicht weit genug. Vor allem kenhäusern ausprobieren zu lassen. Das fühl, dass Ihr Lebenslauf zwar korrekt ben werden“, betonte Kentzler. ckung des zinsvergünstigten Kreditpro- die Überversorgung werde nicht nachhal- sei zwar im Interesse der Hersteller, sagte ist (will ich zumindest hoffen!), aber so Der Bundesrat hatte in der vergange- gramms oder für direkte Zuschüsse an Sa- tig genug angegangen, sagte Ilona Köster- Köster-Steinebach, führe aber zu steigen- nen Woche das Gesetz zur steuerlichen nierungswillige. Steinebach vom Verbraucherzentrale Bun- den Kosten zu Lasten der Versicherten. gut wie nichts über Sie aussagt? Mir geht das so. Ich lese, wann ich geboren wurde, wo ich die Schule be- Standpunkt: Jagdish Bhagwati sucht habe, an der Uni eingeschrieben Ulrich Wickert war und wann ich wo als was gearbeitet habe. Und ich frage mich, wer um Him- fehlung zu unterbrechen? Haben Sie ihn mels willen kann sich anschließend ein überhaupt schon mal gesehen oder sitzt Einige Anekdoten zum Freihandel Bild von mir machen? Von mir als Per- er fernab in einem „Finanzzentrum“? s ist verständlich, wenn mancher tur – am fruchtbarsten, wenn sie die un- Ursache des Problems just in dem von ihr gen Folgen der Protektion sind in Brasi- son, als Mensch. Denn warum das al- Da lobe ich mir den Finanzberater vor glaubt, es gebe eine nahezu univer- mittelbare Erfahrung spiegelt. Geschich- automatisch gewährten, maßgeschneider- lien weithin sichtbar; das Land steckt les so gekommen ist in meinem Leben, Ort, wie ihn beispielsweise Genossen- E selle Übereinkunft, dass Handel ten sind in der Öffentlichkeit wirksamer ten Schutz vor Importen lag. Zwanzig noch weitgehend in einer Vor-Reform- was ich wann gewünscht, gehofft, getan schaftsbanken bieten. Der sich nicht zu wichtig sei; ja, dass freier Handel ein ein- als abstrakte oder quantitative Argumen- Jahre später, dank konstanter Verringe- Phase wie seinerzeit Indien. Unterge- habe, was Zufall und was Planung war – fein ist, dort zu wohnen, wo er arbeitet. helliges Ziel der Politik sei, das im Interes- te – solange sie Sachargumente beleben, rung des Einfuhrzolls von mehr als 75 bracht waren wir in einem der sehr teuren all das verrät meine Biografie nicht. Nur Dem muss ich nämlich erstens nicht se des Wohlergehens aller verfolgt werde. Prozent auf rund 12 Prozent sowie Besei- Hotels am Strand. Aber das Wasser war tigung der den privaten Unternehmen lau, nicht heiß. Ich bat den Zimmerser- um das klarzustellen, ich habe nichts alles erklären, weil er aus eigener An- Die unaufhörlichen Stellungnahmen der G 20 zugunsten freien Handels oder die auferlegten Beschränkungen des Markt- vice, den Mangel zu beheben. Der Speng- gegen Fakten, ganz im Gegenteil. Aber schauung weiß, wie meine Welt tickt. gelegentliche vollmundige Unterstützung zutritts, hat der Wettbewerb die indische ler kam dreimal. Jedesmal sagte er, der Fakten ohne Bezug, ohne Rahmen, in Und der mich zweitens wahrscheinlich seitens der meisten Staatsmänner lassen Autoindustrie (und viele andere Spar- Mangel wäre behoben, und dreimal war die ich sie einordnen kann, sind wertlos. schon sein halbes Leben kennt und eine andere Interpretation kaum zu – au- ten) so effizient gemacht, dass die Tatas er es nicht. Dann kamen zwei Männer Natürlich ahnen Sie, worauf ich weiß, wie er meine biografischen Fak- ßer natürlich bei Präsident Sarkozy, des- das gefeierte Mini-Auto „Nano“ auf den und danach war das Wasser heiß. Dafür hinauswill: Nähe. Um mir ein realis- ten einzuordnen hat. Drittens hat er ein sen Nation in einer dirigistischen Tradi- Markt gebracht haben und indische Au- hatten sie den Spülkasten beschädigt. Der tos Weltniveau erreichen. Endlich funk- gab den Geist auf. Dann kam der Höhe- tisches Bild von meinem Gegenüber gesteigertes Interesse an meinem Erfolg. tion zu Hause ist, sowie bei Präsident Oba- ma, der angesichts skeptischer Gewerk- tionieren auch Rasierklingen so, dass punkt: Ich konnte die Folie um die Seife zu machen, muss ich näher ran. Ran Warum? Aus einem ganz einfachen man nicht trotz Rasur wie Johnny Depp nicht aufreißen – eine Erfahrung, die an- schaften weniger überschwänglich und an den Menschen, ran an sein Leben, Grund: Er will mir nicht nur morgen aussieht. dere Konferenzteilnehmer auch machten. weniger verbindlich ist. ran an die Umstände, die Zwänge, die noch in die Augen sehen können, son- Jagdish Bhagwati ist Professor Als ich bei der Verleihung der Ehren- Das Gleiche galt für die Zuckertütchen. Doch ist die Feindseligkeit gegenüber für Ökonomie an der Columbia doktorwürde der DePaul Universität in Protektion hat jeden Anreiz zur Entwick- Freiheiten. Bleibe ich auf Distanz, dann dern er muss – schließlich leben, arbei- freiem Handel und größerer Integration entscheide ich nach „Aktenlage“. Ein ten und wohnen wir am selben Ort. University. Chicago, der größten katholischen Uni- lung besserer Verpackungen zerstört. So der Weltwirtschaft nicht gering. Zu den versität Amerikas, von den dortigen Wür- nahm ich meine Zähne zu Hilfe; zu mei- Begriff, der sich genauso anhört, wie Gegnern zählen nicht nur Gewerkschaf- denträgern nach dem Stand der indischen nem Leidwesen blieb die Seifenfolie unbe- die Entscheidungen sind, die man auf ten und Lobbyisten, sondern auch Bürger nicht ersetzen. Um solche habe ich mich Reformen gefragt wurde, erwähnte ich, eindruckt, dafür verlor ich einen Zahn. diese Weise trifft. Mehr Wickerts Worte, Wickerts Werte: und Interessengruppen, die verunsichert ebenfalls bemüht, in wissenschaftlichen dass Indien dank der schlechten Qualität War dies „notwendiger“ Schutz junger Nach meiner Beobachtung wird heut- faz.net/werte sind durch gegenteilige Behauptungen ei- Texten. indischer Reißverschlüsse bis zu den Re- Industrien? Ich glaube nicht. Selten wach- zutage leider immer öfter über Men- niger Ökonomen, allen voran mein frühe- Beginnen wir in Indien vor 1991, also formen keine Ledergeldbörsen exportie- sen gehätschelte Säuglinge zufriedenstel- rer Columbia-Kollege Dani Rodrik und schen und ihr Anliegen nach Aktenlage bevor dort als Folge einer Zahlungsbi- ren konnte. Spitzbübisch fügte ich hinzu, lend. Außerdem stellt derartige Erzie- der derzeitige Joe Stiglitz. dass sich Präsident Bill Clinton – hätte er hungszoll-Protektion eine weitere reale entschieden. Wie lange nimmt sich Ihr Unser Kolumnist Ulrich Wickert, ehemaliger lanzkrise Reformen begannen, Maßnah- „Mr. Tagesthemen“, schaltet sich immer wieder In diesen Zeilen werbe ich für die höhe- men zur Verringerung der Protektion im bloß einen indischen Reißverschluss an Gefahr dar: Günstigenfalls hält sie auslän- Amt, Ihr Arzt denn Zeit, um mit Ihnen mit Büchern und Aufsätzen in die Wertedebatte in re Effizienz offener Märkte am Beispiel verarbeitenden Gewerbe eingeschlossen. seiner Hose getragen – seine ganzen dische Konkurrenten vom heimischen zu sprechen? Und wann hat Ihr Bank- Deutschland ein. Mehr über seine Werte und die von Anekdoten, die meine Erfahrungen Die meist schäbigen Produkte und auch Schwierigkeiten hätte ersparen können. Markt fern. Aber was ist mit fremden Werte der Genossenschaftlichen FinanzGruppe berater Sie zum letzten Mal ausreden Volksbanken Raiffeisenbanken finden Sie auf mit den schädlichen Folgen verschlosse- die schlechte Qualität handelbarer Meinen Zuhörern hat das offenbar gefal- Märkten? Geschützte Industrien sind au- lassen, ohne Sie mit einer Produktemp- werte-schaffen-werte.de ner oder geschützter Märkte wiederge- Dienstleistungen waren bis dahin eine len; sie kamen mehrmals auf diesen Witz ßerhalb ihres Heimatmarktes nicht wett- ben. Die eigene Erfahrung ist wichtig, Quelle stetiger Irritation für Millionen zurück. bewerbsfähig. Protektionistische Politik denn die Wirtschaft ist – wie die Litera- Menschen. Die Ökonomin Padma Desai, Als ich kürzlich zu Besuch in Rio war, reserviert den brasilianischen Markt für die die Arbeit der indischen Zollkommis- um einen Vortrag über Kapitalbewegun- die heimische Industrie, sie hilft ihr aber sion untersucht hat, zitierte einmal diese gen zu halten auf einer vom Internationa- nicht, im Wettbewerb mit effizienten Ri- Kommission mit den Worten: „In einem len Währungsfonds und der brasiliani- valen auf fremden Märkten zu überleben. Werte schaffen Werte. indischen Auto macht alles Krach außer schen Regierung organisierten Konfe- Hat Brasilien schon mal gehört, dass man der Hupe.“ Freilich war die Kommission renz, wurde ich gleichsam in das Indien auf die Pennies achten und dabei die Pfun- in seliger Unwissenheit darüber, dass die der achtziger Jahre versetzt. Die abgründi- de verspielen kann?