Der Hacker Wau Holland Oder Der Kampf Ums Netz
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DEUTSCHLANDFUNK Hintergrund Kultur / Hörspiel Redaktion: Ulrike Bajohr Dossier Der Hacker Wau Holland oder Der Kampf ums Netz Von Walter van Rossum Regie: Walter van Rossum Ton und Technik: Hendrik Manook/ Kiwi Hornung Redaktion: Ulrike Bajohr Sprecherin (Haussprn.) An- und Absage Hausspr. Zitator 2 Zitator 1: Wau Holland: Martin Bross Erstsendung Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschütztund darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - unkorrigiertes Exemplar – 2 Sendung: Freitag, d. 01. Februar 2013, 19.15 - 20.00 Uhr 3 unterstrichen: zusätzliche Sprecherparts : O-Ton: 02/03 Sollen sich ... alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst. Autor: Albert Einstein, 1930 Musik O-Ton: 01 (WH, SR, 19.10) 19.10 Die Informationsgesellschaft ist ihrem Wesen nach eine Gesellschaft in Richtung auf Freiheit. Durch die technischen Möglichkeiten lassen sich die herkömmlichen Zensur- und Unterdrückungsmaßnahmen nicht mehr realisieren . Musik: O-Ton: 4 (WH, Forts.) Heinrich Heine wurde einmal an der Grenze nach verbotenen Büchern gefragt, und er hat gesagt: Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest voller verbotener Bücher. Früher war es nur der Kopf, heute haben wir die Datentechnik und ein Tausendfaches an Möglichkeiten, und man kann es im Guten nutzen oder man kann es im Schlechten nutzen. Musik: Ansage: Der Hacker Wau Holland oder Der Kampf ums Netz. Feature von Walter van Rossum. Musik: O-Ton: 5 (WH, SDK; 0.30') Mein Name ist Wau Holland. Autor: In Wirklichkeit: Herwart Holland-Moritz. O-Ton: 26 (WH. Gesp. I.) Bei den Pfadfindern hatte ich den Spitznamen Maulwurf. Und als ich angefangen habe zu programmieren, so 4 um 1977, habe ich ein Kürzel gesucht, um meine Programme zu kennzeichnen. Und dann habe ich Maulwurf abgekürzt und Mau ist mau, also Wau. Autor: Geboren 1951 in Kassel. O-Ton: 6 (WH, SR; 2.15) Es war vor 1980, dass ich bei Joseph Beuys in der Kunstakademie war, und da haben wir den ersten Computer installiert. Das war relativ umstritten innerhalb der Grünen in NRW damals. Die wollten so eine Maschine nicht haben. Die hatten davor einfach Angst. O-Ton: 7 (C. Stöcker, 15.20) In den USA sind die Hippies vernetzt mit universitärer und mit Hackerkultur, in Deutschland 70er-Jahre: Computer ist gleich Rasterfahndung. O-Ton: 8 (WH, Forts.) Diese deutsche Angst, ich glaube, das ist in Deutschland viel heftiger gewesen als anderswo, die hat sehr viel geprägt. Und das Rangehen als Computerfreak, als Hacker, dass man mit diesen Computern auch schöne Dinge machen kann und dass sie neue Freiheiten ermöglichen, das war sehr schwierig rüberzubringen. Zit 1. Damit wir als Computerfreaks nicht länger unkoordiniert vor uns hinwuseln, tun wir wat und treffen uns am 12. September 1981 in Berlin Wattstraße (TAZ Hauptgebäude) ab 11:00 Uhr. Autor: So hieß es in einer Anzeige in der TAZ – unterschrieben von Tom Twiddlebit und Wau Wolf. O-Ton: 9 (WH, SR; 3.20) 1981 war in Berlin, in den Räumen der TAZ, die Gründung des CCC. Und für uns waren diese Maschinen wunderbare Maschinen, mit denen man auch neue Freiheiten 5 machen kann, neue Kommunikation, und vor allem der Computer war für uns ein neues Medium. Das war die Qualität. Und wir hatten damals noch Angst, dass Computer verboten werden könnten, weil die eine hochinteressante subversive Kraft haben. Autor: Bald nach der Gründung verlegte der Chaos Computer Club sein Zentrum nach Hamburg: O-Ton: 10 Mein Name ist Andy Müller-Maguhn. Ich habe Wau Holland ungefähr 1984 kennen gelernt, als ich selbst mit 13/14 zum Chaos Computer Club gestoßen bin, wo ich 20 Jahre lang als Sprecher und Vorstandsmitglied Dinge getan habe. Musik: O-Ton: 11 Der CCC war in der Schwenkestraße in einer Souterrainwohnung, so 80 m² auf der linken Seite, Wau wohnte auf der rechten Seite, dazwischen das Treppenhaus. Das heißt, Wau war schon relativ viel da. Im Wesentlichen hat er da ja auch gelebt. O-Ton: 12 (Wernéry, 17.35) Das war im "Schwarzmarkt" Hamburg, im Herbst `83, die ersten Treffen des CCC. Autor : Steffen Wernéry, Mitbegründer des Chaos Computer Clubs. O-Ton 12: (Forts.) Ja, ich kam dahin, um Kennwörter zu tauschen, und stellte fest, dass ich der einzige war, der online war und dachte, das musst du irgendwie ändern. Dann bin ich mit Wau 6 zusammen essen gegangen zum Griechen und der erzählte dann so von seiner politischen Richtung. O-Ton: 13 (WH, SR, 4.20) Also nicht der maschinenlesbare Personalausweis, sondern als Gegenstück dazu: Zit.1. sondern als Gegenstück dazu: ... die maschinenlesbare Regierung. O-Ton: (Forts.) Wir haben uns so etwas vorgestellt wie den freedom of Information act in den USA, ein Akteneinsichtsrecht, dass man als Bürger auch erfahren kann, was los ist. O-Ton: 14 (Wernéry, Forts.) Ja, Computer in der Hand des Volkes, damit nicht nur der Staat seine Bürger protokolliert. (...) Und ich dachte, wir haben eigentlich den gleichen Traum, wir haben uns auf Anhieb wunderbar verstanden. Ja, so fing das an. O-Ton: 15 (DW; 1.45I; CC Kongress 1985) Fangen wir mal an bei den hardwaremäßigen Bedingungen, die man so braucht, um die Datenfileübertragung hinzubekommen. Man sollte eben einen Computer haben, wie diesen hier, und einen Kopfhörer und zwischen diesen beiden Geräten sollte man noch eine sinnvolle Verbindung herstellen, am besten mit einem seriellen Kabel. O-Ton: 16 (Christian Stöcker; 1.10) Die ersten Heimcomputer kamen gerade auf, aber die hatten noch lange nicht den Sprung in den Mainstream geschafft. Autor: Christian Stöcker, On-line Journalist 7 O-Ton: (Forts.) Das waren im Prinzip bessere programmierbare Taschenrechner, da lief auch Software drauf. O-Ton: 17 (AMM, Forts.) Es gab Gestalten aus dem Dunstkreis reicher Hamburger Familien. Es gab Studenten und Schüler wie mich, für die das überhaupt erst einmal ein Zugang zu diesen Maschinen war, die wir uns selbst nicht leisten konnten. O-Ton: 18 (WH, SR; 12.40) Die Bandbreite, die Möglichkeit, Informationsmengen zu übertragen, die haben wir uns damals nicht vorstellen können. O-Ton: 19 (AMM, Forts.) Es gab einen Haufen unterschiedlicher Leute: vom Angestellten bis zum Inhaber von kleinen Computergeschäften, die sich eben um dieses Thema Computer, Datennetze gesellt hatten. Wau war ganz sicher einer der Katalysatoren, der also, was den Club sozusagen als Empfindung ausgemacht hat, so eine Art Wissensdurchlauferhitzer, der da eben Dinge zusammenkamen ... O-Ton: 20/21 (WH, SR; 12.50) Wenn ich das mal so vergleiche: die ersten Modems, die hatten 300 Bit/s - das ist vielleicht zwei bis dreimal so schnell wie man spricht, wenn man die Sprache als Buchstaben überträgt. O-Ton: 22 (Stöcker, 1.30) Und man konnte damit auch, wenn man das richtige Gerät hatte, unter Umständen so etwas wie eine Proto- Website betreiben. Man konnte mit einem Modem seinen Computer an ein Telefon anschließen, und dann konnte ein 8 anderer Computer über eine Telefonleitung sich einwählen und Dinge ansehen, die auf dem Computer gespeichert waren. Das ist so die Urform des vernetzten Rechners, die war damals auch total neu. Autor: Heute, erklärte Wau Holland 1996, O-Ton: 20/ 21 (WH, Forts.) Heute hat man auf einer Telefonleitung das 500-1000 fachen ... Die Entwicklung ... die haben wir nicht für möglich gehalten. O-Ton: 23 (AMM, 13.55) Also die Hamburger Runde, da hatten wir einmal in der Woche ein internes Treffen, das war der Dienstag. Da kamen so zwischen 20 und 40 Leute zusammen. Die Zeitschrift hatte damals so 300-400 Abonnenten. Die ersten Kongresse, die der CCC immer zwischen Weihnachten und Neujahr macht, hatten damals 400-500 Teilnehmer vielleicht. O-Ton: 24 (WH, Gespr. II, 4.40) Die Kurzfassung für mich von Chaos Computer Club ist: vom Spieltrieb zur Wissbegier. Zit 1: ... .vom Spieltrieb zur Wissbegier. O-Ton: 25 (AMM; 15.50) Das Datenklo war eigentlich ein Billigakustikkoppler, ein selbstgebautes Ding, das den Computer mit dem Telefonnetz verbinden sollte. Und das Ding hieß Datenklo, weil die Muffen, mit denen man den Telefonhörer mit dem Gerät verbunden hat, das waren so Anschlussstücke, mit denen man normalerweise ein Spülbecken an eine Wasserleitung anschließt. Und es waren Zwei- Mark- 9 Artikel aus dem Baumarkt, die man überall bekam, paste aber wunderbar auf jeden Telefonhörer und ermöglicht so diese Kopplung. O-Ton: 27 (AMM, 12.10) Wir haben natürlich sehr kontrovers diskutiert, das bleibt ja nicht aus bei einer so merkwürdigen Ansammlung von Menschen, O-Ton: 28 (WH; Gespr.I; 3.50) Bei den Pfadfindern war das der Stricknadelcomputer. Es gibt Lochkarten, die nicht in der Mitte Löcher haben, sondern am Rand. Und alle Karteikarten hintereinander schiebt man durch ein Loch, eine Stricknadel. ( ... ) Das war der erste Kontakt mit Datenverarbeitung und den kriegte ich damals bei den Pfadfindern. O-Ton: 29 (AMM, 12.20) Manchmal haben Leute gedacht, um Himmels willen, die schlagen sich hier gleich die Köpfe ein. Auf der anderen Seite hat Wau es immer geschafft, konsturktiv zu bleiben, dem ganzen einen konstruktiven Ton zu geben, und die Leute zu akzeptieren, egal aus welchen Beweggründen und es welchen Kulturkreisen sie kamen. Und das hat viel verbunden, glaube ich, dass da immer Respekt mitgeschwungen hat. Zit 1.: Wir schrieben Computer damals noch mit K. O-Ton: 31/32 (A. Müller-M. 5.20) Im Jahre 1984 war der Stand der technischen Diskussion geprägt von – ich würde sagen – drei Dingen: 1. Es gab schon Home Computer. 10 31a Geräusch: (Spiele C 64) O-Ton: 31/ 32 (AMM, Forts.) So wie den C 64 vorwiegend als Spielemaschine bekannt und verbreitet. 2. es gab schon das Bildschirmtext-System der Telekom. Ganz brandneu. Also der Versuch, ein System einzuführen, das immerhin den Bürgern Zugang zu Informationsseiten von sogenannten Anbietern vermitteln sollte – bezahlender Natur.