Erster integrierter Umweltbericht für das länderübergreifende UNESCO-Biosphärenreservat Rhön

KURZFASSUNG (LANGFASSUNG AUF CD-ROM) UNESCO UNESCO BiosphärUNESCOenUNreESCOservat Biosphärenreservat BiosphärBiosphärenreservenatreservRhönat Rhön Rhön Rhön 2 UMWELTBERICHT RHÖN UMWELTBERICHT RHÖN 3

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser, das länderübergreifende UNESCO- Das vorliegende Kompendium behandelt Biosphärenreservat Rhön ist Lebensraum alle relevanten Umweltthemen und stellt für Mensch und Natur. Es dient dem diese im Kontext der sozioökonomischen Schutz und der Pfl ege der Natur, der Bedingungen dar. Es zeigt Veränderungen nachhaltigen Entwicklung, der Bildung, der und deren Ursachen auf, bewertet diese und Forschung und der Umweltbeobachtung. schlägt geeignete Erhaltungs- sowie Verbes- serungsmaßnahmen vor. Um Natur und Umwelt auch als wichtige Grundlagen für die Lebensqualität vor Ort Als erfreuliches Ergebnis ist festzuhalten, zu erhalten, führen die Landesämter und dass der ökologische Zustand der Rhön Landesanstalten des Freistaates Bayern, in vielen Bereichen gut bis sehr gut ist. des Landes Hessen und des Freistaates Der Umweltbericht weist aber auch auf Th üringen Untersuchungen zur ökologi- Defi zite hin, die es noch zu beheben gilt. schen Situation der Rhön durch. Mit dem In diesem Sinne soll dieser Bericht Ihnen, Umweltbericht ist es nun erstmals gelungen, liebe Leserin und lieber Leser, als Ansporn diese Informationen für das Biosphärenre- dienen, sich dafür einzusetzen, die Rhön servat Rhön länder- und fachübergreifend über Landesgrenzen hinweg als eine lebens- auszuwerten und für die Region nutzbar zu und liebenswerte Region zu erhalten und machen. Allen, die zur Entstehung dieses modellhaft weiter zu entwickeln. Werkes beigetragen haben, sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.

Dr. Otmar Bernhard Wilhelm Dietzel Dr. Volker Sklenar Bayerischer Staatsminister Hessischer Staatsminister für Thüringer Staatsminister für Umwelt, Gesundheit Umwelt, ländlichen Raum für Landwirtschaft, und Verbraucherschutz und Verbraucherschutz Naturschutz und Umwelt Hersfeld- Rotenburg 1 Wartburgkreis

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3 4 6

10 9 7 THÜRINGEN Schmal- kalden- 8 11 13 12 Meiningen

16 14 15 HESSEN 21 17 20

Fulda 27 18 19 24 26 22 25 30 29 29 28 23 BAYERN 33 31 Rhön-Grabfeld 34 32

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Umweltbericht Rhön – ein Gesundheitscheck für die Umwelt

nationaler, regionaler oder lokaler Ebene A1: Zielsetzungen zur Herausgabe und Veröff entlichung von und Anspruch Daten.

Die Biosphärenreservatsverwaltungen Im Jahr 1991 wurde die Rhön als haben sich mit dem Umweltbericht ein UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt. Instrument geschaff en, das auch in Zukunft Damit hat die Region die Aufgabe über- dazu eingesetzt werden soll, in regelmäßi- nommen, sich als Modellregion für eine Der Umweltbericht will: gen Abständen über die Entwicklung des ➤ Nachhaltige Entwicklung zu profi lieren. die zahlreichen Informationen, die es über Umweltzustands, die Ziele für das Bio- 15 Jahre später ist es nun an der Zeit, über die Rhön aus Erhebungen unterschied- sphärenreservat sowie die Erfolge bei deren die Umweltsituation in der Rhön Bilanz Umsetzung zu berichten. licher Institutionen gibt, in übersichtlicher zu ziehen: Form zusammenführen Gebietskulisse ➤ die einheimische Bevölkerung, Gäste und Ist die Region auf dem richtigen Weg? Der Umweltbericht bezieht sich auf die Wie hat sich die Umwelt in diesem Zeit- andere Interessierte über die aktuellen gesamte Fläche des Biosphärenreservats raum verändert? Entwicklungen informieren gemäß Abgrenzung nach dem Rahmen- Was wurde im Umweltbereich erreicht, ➤ deutlich machen, inwieweit sich die Ent- konzept für Schutz, Pfl ege und Entwick- was gibt es noch zu tun? lung im Biosphärenreservat Rhön (1995). wicklungen im Biosphärenreservat von Von den Gemeinden, die nicht vollständig denen außerhalb des Gebiets unterscheiden Der Umweltbericht ist im Biosphärenreservat liegen, wurden den- ➤ Zustand und Entwicklungen der Umwelt • der erste länderübergreifende Bericht noch einige komplett in die Betrachtungen seiner Art für das Biosphärenreservat, vor dem Hintergrund der vereinbarten einbezogen. • der erste integrierende Bericht, der Ziele bewerten die verschiedenen Umweltmedien wie ➤ Hinweise geben, wo in Zukunft verstärkt Luft, Klima, Boden, Wasser, Tier- und Anstrengungen unternommen werden Pfl anzenwelt in der Rhön betrachtet,· müssen, um die Ziele des Biosphärenreser- • der erste problemorientierte Bericht, vats zu erreichen der zu den wesentlichsten Umwelt- ➤ themen regionsbezogen umfassende Informations- und Datenlücken aufzeigen Aussagen liefert.

Der Bericht wurde bewusst als „Umwelt“- Bericht konzipiert. Das bedeutet, die Um- Gebietskulisse des Umweltberichts weltsituation steht im Mittelpunkt aller Biosphärenreservat Rhön Gemeinden, Verwaltungsge- Betrachtungen. Auswertungen sozioöko- meinschaften (VG) und erfüllen- nomischer Daten wurden auf Sachverhalte Abgrenzung Stand 1994 de Gemeinden (EG) beschränkt, die zum Verständnis und zur Landkreise 1. Friedewald 21. Rhönblick Bewertung umweltrelevanter Entwick- 22. Bad Kissingen 2. lungen erforderlich sind. 3. 23. Dennoch ist der Umweltbericht ein wichti- Rhön-Grabfeld 4. Unterbreizbach 24. Hausen ger Baustein für eine künftige Berichterstat- 5. VG Vacha 25. Sondheim v. d. Rhön 6. Eiterfeld 26. Nordheim tung zur Nachhaltigkeit, die auch Aussagen Hersfeld-Rotenburg 7. EG Geisa 27. Wilmars zu sozialen und ökonomischen Entwicklun- 8. Hünfeld 28. Oberelsbach gen triff t. Schmalkalden-Meiningen 9. 29. Ostheim Wartburgkreis 10. VG Dermbach 30. Stockheim 11. Nüsttal 31. Mit dem Umweltbericht Rhön leisten die gemeindefreies Gebiet 12. Tann 32. Wildfl ecken Biosphärenreservatsverwaltungen und die 13. VG Oberes Feldatal 33. Bischofsheim an der Erstellung beteiligten Landesämter 14. 34. Schönau und Landesanstalten einen Beitrag zur 15. 35. 16. VG Hohe Rhön 36. Sandberg Umsetzung der EU-Umweltinformations- 17. 37. Bad Brückenau richtlinie. Diese verpfl ichtet die Regierung 18. Poppenhausen 38. Oberleichtersbach und Stellen der öff entlichen Verwaltung auf 19. Ehrenberg 39. Geroda 20. Fladungen 40. 6 UMWELTBERICHT RHÖN

Länderübergreifendes Gemeinschaftsprojekt

Datenquellen A2: Datenquellen und Die Daten stammen insbesondere aus Kooperationen den Dauerbeobachtungsprogrammen der Länder und den Erhebungen der jeweili- Vorhandene Daten nutzen gen Landesstatistiken. Wenn kontinuier- Der Umweltbericht Rhön wurde aus- liche Datensätze bzw. Zeitreihen nicht zur schließlich unter Nutzung vorhandener Verfügung standen, wurden ergänzend Daten erstellt. Er ist ein länderübergrei- Daten aus inzwischen abgeschlossenen Be- fendes Gemeinschaftsprojekt, das nur in obachtungsreihen oder Forschungsarbeiten der Zusammenarbeit der drei Verwal- hinzugezogen. tungsstellen des Biosphärenreservats und der datenerhebenden Institutionen der drei Da nicht für alle der im Bericht angespro- Länder entstehen konnte. Insgesamt waren chenen Th emenfelder Daten zur Verfügung 16 Institutionen mit 40 Beteiligten in das standen, beinhaltet der Bericht neben Projekt eingebunden. quantitativen Auswertungen auch quali- tative Darstellungen, Einschätzungen und Die datenerhebenden Landesbehörden Fallstudien. Nicht immer war es außerdem haben möglich, für die drei Länder des Biosphären- • Informationen über ihre laufenden reservats vergleichbare Daten und Informa- Beobachtungen und Datenerhebungen tionen zu beziehen. Die Mess- und Beob- in der Rhön sowie Ideen für Berichts- achtungsprogramme sind oft individuell inhalte geliefert, ausgestaltet und haben ihre spezifi schen • ihre Daten ausgewertet bzw. Anre- Zielsetzungen. gungen für die Auswertung gegeben und Textbausteine erstellt, Die vorhandenen Daten erlaubten nicht • die fertiggestellten Berichtskapitel auf immer fl ächendeckende Aussagen für das die Korrektheit der darin enthaltenen gesamte Biosphärenreservat. Manchmal Aussagen geprüft. standen Daten nicht für alle drei Länder, manchmal nur für wenige Raumausschnitte zur Verfügung. Außerdem fehlte es in ei- nigen Fällen, insbesondere zur Charakteri- sierung der Nutzungseinfl üsse, an Daten in ausreichender räumlicher Aufl ösung. Aller- dings ermöglichte der länderübergreifende Ansatz neben einer erstmaligen systemati- schen Zusammenstellung von Daten für die drei Länder auch Auswertungen, die nur bei Es haben mitgewirkt: der länderübergreifenden Zusammenschau Bayerische, hessische und thüringische Verwaltungsstelle des aufgrund des größeren Datenumfangs Biosphärenreservats Rhön (Auftraggeber) statistisch aussagekräftig sind. LfU Bayerisches Landesamt für Umwelt Als Erstbericht bietet dieser Umweltbe- LfL Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft richt auch Informationen zu den verwen- LWF Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft deten Daten- und Informationsquellen, WWA Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen diskutiert die Qualität und Nutzbarkeit HLUG Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie der einzelnen Datensätze und zeigt Daten- LLH Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen lücken auf. LHL Landesbetrieb Hessisches Landeslabor FENA Landesbetrieb Hessen-Forst, Forsteinrichtung und Naturschutz NW-FVA Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt TLUG Th üringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie TLL Th üringer Landesanstalt für Landwirtschaft TLWJF Th üringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei Bosch & Partner GmbH (Auftragnehmer) UMWELTBERICHT RHÖN 7

Biosphärenreservat in Deutschlands Mitte

sogenanntes „Rahmenkonzept“ für das A3: Das Biosphären- Biosphärenreservat ausgearbeitet. Es ent- reservat Rhön hält Ziele zur weiteren Entwicklung der Rhön. Grundinformation Das Biosphärenreservat umfasst Teile Diese Ziele haben zwar keine rechtliche Ver- der Bundesländer Bayern, Hessen und bindlichkeit, doch sind alle in der Region - Th üringen. Von den insgesamt 185.262 ha jeder im Rahmen seiner Zuständigkeit und Größe entfallen Möglichkeit - dazu aufgerufen und ermun- • 72.802 ha auf Bayern (39,3%), tert, die Zielvorstellungen zu verwirklichen. • 63.564 ha auf Hessen (34,3%) und Um diese Prozesse zu unterstützen, zu • 48.896 ha auf Th üringen (26,4%). koordinieren und zu begleiten wurde in jedem der drei Teile eine Biosphären- Über die Ländergrenzen hinweg ist die reservatsverwaltung eingesetzt. Rhön ein ländlich strukturierter Raum mit geringer Wirtschaftskraft und Schwächen Als übergeordnetes Ziel des Biosphären- in der Erwerbsstruktur. Die infrastruktu- reservats gilt die Erhaltung der off enen rellen und administrativen Unterschiede in Kulturlandschaft mit ihren Lebensräumen den drei Teilen des Biosphärenreservats ge- und gleichzeitig deren dauerhaft umwelt- hen auf die seit Jahrhunderten bestehenden, gerechte Nutzung. Wirtschaftsformen, separaten Verwaltungseinheiten zurück. die sich durch Umweltverträglichkeit und Insbesondere die Durchtrennung der Rhön Schonung der Ressourcen auszeichnen, durch den „Eisernen Vorhang“ beeinfl usste sollen besonders gefördert werden. die sozioökonomischen Verhältnisse des Raums.

Die Rhön ist Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum. Insbesondere Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Gewerbe und Fremdenverkehr machen vielfältige Ansprü- che an die Landschaft geltend. Gleichzeitig ist die Rhön aber auch Rückzugsgebiet für Zonierung des viele, auch bedrohte, Tier- und Pfl anzen- Biosphärenreservats arten. Neben natürlichen bzw. naturnahen Thüringen Ökosystemtypen, die noch in kleinfl ächigen Die für das Biosphärenreservat im Resten erhalten sind, haben Grünland- Rahmenkonzept verankerten Ziele und Ackerfl ächen vergleichsweise geringer sind vielfältig und lassen sich nicht alle Bewirtschaftungsintensität große Flächen- auf ein und derselben Fläche verwirk- anteile. lichen. Daher wird die Rhön wie alle Biosphärenreservate in eine Kern-, Die Rhön ist eine off ene Kulturlandschaft Hessen Pfl ege- und Entwicklungszone aufge- mit einem für Mittelgebirge geringen Wald- teilt. Die Zonen sind gleichwertig. anteil. Mit ihren traditionellen Nutzungs- Die Zonierung bedeutet lediglich, formen repräsentiert sie heute eine Land- dass Teilräume unterschiedliche schaft von großer kulturhistorischer und Funktionen wahrnehmen sollen. landschaftsgeschichtlicher Bedeutung. Kernzone: Leitbild: Nachhaltige Entwicklung Bayern Schutz der natürlichen Dynamik Unmittelbar nach der Anerkennung des Pfl egezone: Biosphärenreservats durch die UNESCO Erhaltung der Kulturlandschaft wurde unter der Einbindung aller Kommunen, Entwicklungszone: Landkreise, Fachverwaltungen und gesell- Wirtschafts- und Ideenpotenzial für schaftlichen Gruppen in der Region ein eine nachhaltige Entwicklung 8 UMWELTBERICHT RHÖN

Aufbau des Umweltberichts

Berichtsaufbau Teil A Einführung Teil B Akteure und Nutzungen B1 Bevölkerung: Menschen in der Rhön – weniger und älter ...... S. 99 B2 Wirtschaft und Arbeitsmarkt: Arbeitsmarkt – abhängig vom Umland ...... S. 10 B3 Landwirtschaft: Landwirtschaft – heimisch in der Rhön ...... S. 11 B4 Wald und Forstwirtschaft: Wald in der Rhön – zunehmend naturnah ...... S. 12 B5 Tourismus und Zertifi zierung: Erholung – so weit das Auge reicht ...... S. 13 B6 Siedlung: Siedlungsentwicklung – vor allem nach außen ...... S. 14 B7 Verkehr: Verkehr – individuell mobil ...... S. 15 B8 Energiewirtschaft: Energie – regenerative Quellen vor Ort nutzen ...... S. 16 B9 Siedlungswasserwirtschaft: Wasser für die Rhön – aus der Rhön ...... S. 17 B10 Abfallwirtschaft: Abfall – weniger wäre mehr ...... S. 18 B11 Rohstoff gewinnung: Schätze in der Rhön ...... S. 19 B12 Naturschutz: Schutzgebiete –Vorfahrt für den Naturschutz ...... S. 20 Teil C Umweltthemen C1 Einträge von Nährstoff en und Säurebildnern: ...... S. 21 Nährstoff e – nicht überall erwünscht C2 Eintrag von Problemstoff en: ...... S. 22 Problemstoff e – ländlich heißt nicht unbelastet C3 Strukturelle Veränderung von Böden und landschaftsangepasste Siedlungs- und Infrastruktur Böden – unwiederbringliche Grundlage ...... S. 23 C4 Waldzustand: Waldgesundheit – eine Mammutaufgabe ...... S. 24 C5 Gewässerqualität: Gewässer – Lebensadern der Rhön ...... S. 25 C6 Abfl ussgeschehen und Grundwasserstand: ...... S. 26 Wasserhaushalt – eine komplexe Steuerungsaufgabe C7 Landschaft und Landschaftsentwicklung: Land der off enen Fernen ...... S. 27 C8 Entwicklung von Zielarten: ...... S. 28 Hohe Biodiversität – zentrales Leitbild des Biosphärenreservats C9 Verbreitung von Kulturrassen und Sorten: Rhön – eine Arche Noah ...... S. 30 C10 Klimawandel: Laue Lüfte und grüne Hügel in der Rhön? ...... S. 31 C11 Luftqualität: Reine Luft über der Rhön? ...... S. 32 Teil D Datenverfügbarkeit UMWELTBERICHT RHÖN 9

Menschen in der Rhön – weniger und älter

Demographische Alterung B1: Bevölkerung Der Altersaufbau der Bevölkerung im Als ländlicher Raum in der Mitte Deutsch- Biosphärenreservat unterscheidet sich nicht lands gehört das Biosphärenreservat Rhön signifi kant von dem in den Rhön-Land- zu den Gebieten, deren Entwicklung durch kreisen bzw. der landesweiten Situation Überalterung sowie Abwanderung insbe- in Bayern, Hessen und Th üringen. Die sondere der jungen und erwerbsfähigen üblichen Charakteristika ländlicher Räume Bevölkerung gefährdet ist. Mit der Aner- wie höhere Geburtenraten bei gleichzeitig ■ Zuzugs- und Abwanderungsge- kennung als Biosphärenreservat werden stärkerer, i.d.R. berufsbedingter Abwande- meinden: stark unterschiedliche Rahmenbedingungen geschaff en und Ziele rung besonders der 18- bis 30-Jährigen sind Bevölkerungsentwicklung in den gesteckt, die dieser Entwicklung entgegen auch im Biosphärenreservat zu beobachten. Gemeinden – typisch für den wirken sollen. Gemeinsam mit den hier ländlichen Raum: höhere Gebur- lebenden und wirtschaftenden Menschen Inzwischen stellen die über 60-Jährigen tenraten bei gleichzeitig stärke- sollen beispielhafte Konzepte zu Schutz, fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. rer Abwanderung der jüngeren Pfl ege und Entwicklung erarbeitet und Ihr Anteil an der Bevölkerung ist so groß Bevölkerung – Entwicklungs- umgesetzt werden. Es besteht die Chance, wie derjenige der unter 20-Jährigen. 1960 impulse sind zu schwach, um einen attraktiven Lebens- und Kulturraum betrug das Verhältnis bundesweit noch positive Bevölkerungstrends zu entwickeln, in dem die Nutzungsan- 17,4% (über 60-Jährige) zu 30,2% (unter auszulösen sprüche des Menschen und der Schutz der 20-Jährige). Biosphäre gleichermaßen verwirklicht sind.

Bevölkerungsrückgang ... Der bayerische und insbesondere der thüringische Teil des Biosphärenreservats haben seit 1991 Bevölkerung verloren. Nur im hessischen Teil entwickelte sich die Ein- wohnerzahl in den 1990er Jahren positiv. Dabei überdeckte die positive Entwicklung in den Gemeinden im Einzugsbereich der Städte Fulda und Hünfeld den Rückgang Bevölkerungsentwicklung in den ländlich geprägten Gemeinden des (1991-2004) hessischen Teils. Seit der Jahrtausendwen- de ist die Bevölkerung in allen Teilen des Thüringen Die Bevölkerungsentwicklung Biosphärenreservats rückläufi g. verläuft in den Gemeinden des Bio- sphärenreservats stark unterschied- ...auch in der Zukunft lich. Am stärksten ist der Rückgang Bevölkerungswachstum wird bundes- im thüringischen Teil, aber auch weiten Prognosen folgend in Zukunft vor einige bayerische Gemeinden allem in den Umlandgebieten von Städten schrumpfen deutlich. stattfi nden. Die Mitte Deutschlands, und mit ihr das Biosphärenreservat, wird weiter In Hessen sind zwei gegenläufi ge Einwohner verlieren. Im Landkreis Bad Trends zu beobachten: Kissingen soll die Bevölkerung bis 2020 Die Gemeinden im Umlandbereich um 5 bis knapp 10 % schrumpfen. Der Hessen der Stadt Fulda und entlang der Wartburgkreis, und die Landkreise Schmal- überregionalen Entwicklungs- kalden-Meiningen und Rhön-Grabfeld achse an der A7 nehmen stark an müssen sich auf Verluste von bis zu 15 % Bevölkerung zu, während die eher einstellen. Am geringsten wird der Land- Bayern ländlich geprägten Gemeinden kreis Fulda mit einem Bevölkerungsrück- Einwohner verlieren. gang von 0 bis knapp 5 % betroff en sein. 1 0 UMWELTBERICHT RHÖN

Arbeitsmarkt – abhängig vom Umland

Hoher Pendleranteil B2: Wirtschaft und Ein hoher Anteil der Rhöner Erwerbstätigen Arbeitsmarkt in Dienstleistung und produzierendem Gewerbe pendelt bereits heute zu den Das Biosphärenreservat ist Lebens- und regional bedeutsamen Arbeitsmärkten in Wirtschaftsraum für die Menschen. Neben Fulda, Meiningen, Bad Neustadt a. d. Saale einem lebenswerten Umfeld ist die Verfüg- und Schweinfurt, aber auch nach Frankfurt ■ Anzahl sozialversicherungspfl ich- barkeit attraktiver Arbeitsplätze einer der a. Main und sogar bis in den Ballungsraum tig Beschäftigter zeigt Grundvoraussetzungen, dass die Menschen Erlangen/Fürth/Nürnberg. Wohnen und im Biosphärenreservat rück- dauerhaft in der Rhön bleiben und nicht in Arbeiten sind bereits heute in der Rhön läufi ge Tendenz benachbarte Zentren abwandern. stark getrennt. Wie in anderen Regionen bringt dieser Trend neben soziokulturellen Die Rhön ist Teil des ländlichen Raums und auch ökologische Belastungen mit sich, u.a. wie andere ländliche Räume in Deutschland durch das damit verbundene Verkehrsauf- mit Strukturproblemen wie Abwanderung kommen. Insbesondere junge Menschen und Verlust qualifi zierter Arbeitsplätze verlassen die Rhön auf der Suche nach konfrontiert. Ziel des Biosphärenreservates Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. ist es, hier wirtschaftliche Impulse für die Entwicklung der Region zu geben Starke Außenabhängigkeit Die wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsplatzangebot schrumpft Beschäftigungssituation in der Rhön sind Mit Ausnahme des Landkreises Fulda stark abhängig von der wirtschaftlichen nimmt die Beschäftigung in allen Rhön- Situation der großen Arbeitgeber am Rand Landkreisen ab. In den bayerischen Rhön- des Biosphärenreservats. Eine Krise in Landkreisen und im hessischen Landkreis diesen Unternehmen hätte weitreichende Hersfeld-Rotenburg entwickelt sich die Auswirkungen auch auf die Arbeitsplatz- Beschäftigungssituation in den letzten Jah- situation der Menschen, die in den ren sogar ungünstiger als im jeweiligen Lan- Biosphärenreservatsgemeinden leben. desdurchschnitt. Die beiden thüringischen Rhön-Landkreise zeigten immerhin einen Die im Biosphärenreservat gelegenen etwas günstigeren Verlauf als das Land Betriebe haben überwiegend nur wenige Th üringen. Im Wartburgkreis ist seit 2004 Beschäftigte. Positive oder negative Ent- sogar eine leichte Erholung festzustellen. wicklungen in diesen Betrieben schlagen sich daher vor allem in der Sitzgemeinde nieder. Besonders, wenn es sich um den einzigen nennenswerten Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler in der Gemeinde han- Beschäftigungssituation delt, kann dies für die betreff ende Gemein- de weitreichende Konsequenzen haben. Die Anzahl der sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigten am Arbeitsort ist in den Rhönlandkreisen, mit Ausnahme Fuldas, rückläufi g. Für die bayerischen und hessi- Starker primärer Sektor schen Gemeinden des Biosphärenreservats ist die Diagnose vergleichbar. Um ihren Obwohl vor allem das produzierende Gewer- Lebensunterhalt verdienen zu können, müssen die Bewohner zu weiter entfernten Ar- be und das Handwerk im Biosphärenreservat beitsstätten pendeln oder ggf. als Einzelunternehmen neue Dienstleistungen anbieten. stark vertreten sind, spielt der primäre Sektor, das sind vor allem Land- und Forstwirtschaft, in der Rhön im Vergleich zum Bundesdurch- schnitt noch immer eine bedeutende Rolle.

Der Strukturwandel hin zur Dienstleistungs- gesellschaft läuft im Vergleich zu bundes- weiten Entwicklungen langsamer ab. In- nerhalb des Dienstleistungssektors kommt dem Tourismus eine hohe wirtschaftliche Bedeutung in der Region zu. UMWELTBERICHT RHÖN 1 1

Landwirtschaft – heimisch in der Rhön

reservat spielen wird. Die veränderten B3: Landwirtschaft landwirtschaftspolitischen Rahmenbedin- Bei der Entwicklung der Kulturlandschaft gungen schaff en grundsätzlich günstige Rhön war die Landwirtschaft von her- Voraussetzungen für eine großfl ächige ausragender Bedeutung, und noch heute extensive Grünlandbewirtschaftung und wird die Landschaft maßgeblich durch die Off enhaltung der rhöntypischen die landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Kulturlandschaft. Technische Neuerungen und veränderte ■ Landwirtschaft ist noch immer Strategien in der Betriebsführung haben ... aber Entwicklungen dennoch kritisch wichtiger Arbeitgeber – Betriebe die Landwirtschaft vor allem seit Mitte des zu beobachten werden zwar aufgegeben, Flächen 20. Jahrhunderts stark verändert. Auch die Allerdings lassen sich die längerfristigen bleiben aber unter Nutzung Folgen des landwirtschaftlichen Struk- Rhön blieb von diesen Entwicklungen nicht ■ Konzentrationsprozesse wie in ausgeschlossen. Allerdings haben die stand- turwandels und der EU-Agrarreform für Mensch und Landschaft in der Rhön heute ganz Deutschland auch in der örtlichen und klimatischen Gegebenheiten Rhöner Landwirtschaft – Neben- sowie die Grenzlage in den Jahren der noch nicht vollständig absehen. Erhebliche Risiken birgt die starke Abhängigkeit der erwerbslandwirtschaft verliert an deutschen Teilung dazu geführt, dass die Boden, Betriebe werden immer Nutzung weniger stark intensiviert wurde. Rhöner Landwirtschaft von Ausgleichszah- lungen aus staatlichen Förderprogrammen größer – Folgen der Entwicklung Heute unterliegt die Landwirtschaft in der sind noch unklar Rhön starken wirtschaftlichen Zwängen der Länder wie den Agrarumwelt- und und wird maßgeblich von der EU-Agrar- Vertragsnaturschutzprogrammen. ■ Agrar-Umweltprogramme werden politik gesteuert. überdurchschnittlich in Anspruch genommen und Landwirtschaft ist Stabilität, aber Konzentration stark von der Fortführung dieser Der landwirtschaftliche Sektor war in den Beihilfen abhängig – Ökoland- letzten 15 Jahren im Biosphärenreservat re- bau deutlich stärker vertreten als lativ stabil: Weder lassen sich ein Rückzug im Durchschnitt der jeweiligen aus der Fläche noch eine Schrumpfung des Länder landwirtschaftlichen Arbeitsmarkts beob- achten. Auch das Milchkontingent, das für die Fortführung der Grünlandnutzung von großer Bedeutung ist, konnte im Biosphä- renreservat gehalten werden.

Allerdings vollziehen sich strukturelle Veränderungen: Es gibt immer weniger, dafür aber größere Betriebe. Die landwirt- BR - bayerischer Teil Ökologischer Landbau schaftliche Arbeit verteilt sich auf weniger Land Bayern Menschen, deren tatsächlicher Arbeitsein- BR - hessischer Teil Der Ökolandbau ist im Biosphärenre- servat Rhön stark vertreten. Dies lässt satz gleichzeitig ansteigt. Land Hessen Trotz des Rückgangs vor allem der Neben- sich in erheblichem Umfang mit den BR - thüringischer Teil naturräumlichen Produktionsbedingun- erwerbslandwirtschaft blieben die Flächen Land Thüringen weiterhin in Bewirtschaftung gehalten. gen begründen. Der hohe Grünlandan- Deutschland Lediglich die Art der Bewirtschaftung hat teil in vielen Gemeinden und Betrieben sich zum Teil verändert, und die Größe der ist eine günstige Voraussetzung für eine in % aller Landwirtschaftsbetriebe bewirtschafteten Schläge hat zugenommen. extensive und ökologische Bewirtschaf- tung. BR - bayerischer Teil Rahmenbedingungen derzeit eher positiv ... Land Bayern Die aktuellen Entwicklungen geben Anlass Die Zukunft des Ökolandbaus im BR - hessischer Teil zur Hoff nung, dass die landwirtschaftliche Biosphärenreservat wird erheblich Nutzung auch weiterhin eine bedeutende Land Hessen von den künftigen Förderbedingungen (wirtschaftliche) Rolle im Biosphären- BR - thüringischer Teil abhängen. Land Thüringen Deutschland

in % der landwirtschaftlichen Nutzfl äche 1 2 UMWELTBERICHT RHÖN

Wald in der Rhön – zunehmend naturnah

Unterstützung der Privatwaldbesitzer, die B4: Wald und Forstwirt- etwa ein Viertel der Wälder im Biosphären- schaft reservat bewirtschaften.

Ungefähr 40 % der Gesamtfl äche des Bio- Land der off enen Fernen bleibt off en sphärenreservats ist von Wäldern bedeckt. Die Waldfl äche im Biosphärenreservat ist Sie nehmen - zusätzlich zu ihrer bedeuten- annähernd stabil. Die Ausdehnung durch ■ Waldfl äche ist annähernd den Funktion als „Holzlieferanten“ - um- gezielte Auff orstung bewegte sich in den stabil – Ausdehnung durch fangreiche Wohlfahrtsfunktionen wahr. letzten 10 Jahren zwischen 0,1 bis 0,5 %. Auff orstungen nur um Sie schützen den Boden und das Trink- In welchem Umfang sich der Wald durch 0,1 bis 0,5 % wasser, stabilisieren den Wasserhaushalt, natürliche Sukzession auf aufgelassenen begünstigen das örtliche Klima und sichern oder zunehmend extensiv bewirtschafteten ■ Gebietsfremde Nadelbäume Lebensräume für Tiere und Pfl anzen. Für Flächen ausbreitet, lässt sich derzeit nicht dominieren noch immer auf den Menschen sind sie attraktive Orte für genau sagen. Nach Einschätzung der Re- fast der Hälfte der Wald- die Erholung. vierförster spielen diese Prozesse aber eine fl äche – Anteil heimischer nur untergeordnete Rolle. Laubbäume nimmt aber enorm Wälder werden immer naturnäher zu Von Natur aus ist die Rhön ein Buchen- Noch erhebliche Nutzungsreserven ■ Aktuelle Holznutzung bleibt waldgebiet. An Nadelhölzern würden Holz ist mehr denn je ein nachgefragter hinter dem Zuwachs zurück natürlicherweise nur Waldkiefer und Eibe Rohstoff . Aufgrund der steigenden Preise – bestehende Nutzungs- vorkommen. Allerdings hat der Mensch der nicht erneuerbaren Energieträger wird potenziale werden nicht mit jahrhundertelanger Waldnutzung die im ganzen Biosphärenreservat geradezu ausgeschöpft natürliche Baumartenzusammensetzung euphorisch Brennholz genutzt. Die Nach- stark verändert. Heute herrschen in 42 % frage ist örtlich größer als das Angebot. der Wälder noch immer gebietsfremde Allerdings gibt es in den Wäldern auch Nadelbäume wie die Fichte vor. noch erhebliche Nutzungsreserven. Es wächst ca. 10 bis 30 % mehr Holz nach als In den letzten rund 30 Jahren haben sich für Bau- und Energiezwecke geschlagen die Wälder u.a. durch gezielten Waldum- wird. bau kontinuierlich in Richtung naturnä- herer Bestände entwickelt. Die Laubbaum- Das holzverarbeitende Gewerbe hat in anteile stiegen deutlich. Dennoch sind der Rhön eine große Tradition. In den weitere Anstrengungen erforderlich, um zurückliegenden ca. 20 Jahren hat sie im den Anteil gebietsheimischer Bestände Biosphärenreservat aber erheblich an Boden zu erhöhen. Hierzu gehört die gezielte verloren. Die Zahl der Sägewerke hat um 60 bis 70 % abgenommen. Heute werden nur noch 20 bis 25 % des in der Region Naturnähe der Wälder - geschlagenen Holzes in der Region selbst Baumarten verarbeitet. Die Transportentfernungen betragen zumeist mehr als 200 km. Knapp über 40 % der Waldbestände im Biosphärenreservat sind mit Blick Forstliche Förderung ist starr auf ihre Baumartenzusammensetzung Die forstlichen Förderprogramme werden „sehr naturnah“ und „naturnah“, d.h. mit Ausnahme der Vertragsnaturschutz- nahe an der natürlichen, vom Menschen programme im Wald auf EU- bzw. Bundes- unbeeinfl ussten Bestockung. Dies ist und Länderebene konzipiert. Dadurch Ergebnis einer naturnahen Waldbe- sind die Bedingungen häufi g sehr starr und wirtschaftung. lassen sich nicht an die Besonderheiten einer Landschaft anpassen. Die Forstver- Betrachtet man den unterm Schirm der waltungen haben damit kaum Möglichkei- Altbäume aufwachsenden Jungwuchs, ten, eine besonders naturnahe Bewirtschaf- zeichnet sich eine weitere Verbesserung tung der Wälder im Biosphärenreservat der Situation ab. Hier entspricht die gezielt zu unterstützen. Baumartenzusammensetzung schon zu fast 70% der natürlichen Bestockung. UMWELTBERICHT RHÖN 1 3

Erholung – so weit das Auge reicht

der Erholungs- und Freizeitaktivitäten B5: Tourismus und begannen die Verwaltungsstellen des Bio- Zertifi zierung sphärenreservats bereits 1995, im Kon- sens mit Nutzergruppen naturverträgliche Die Rhön ist traditionelle Urlaubs- und Lösungen für die jeweilige Freizeitnutzung Ausfl ugsregion und genießt als „Land der zu suchen und off ensiv Nutzungsmög- off enen Fernen“ eine attraktive Sonder- lichkeiten z. B. für den Flugsport und das stellung innerhalb der deutschen Mittel- Wandern anzubieten. ■ Übernachtungszahlen und z. T. gebirge. Der Tourismus ist daher in der auch Betriebszahlen nehmen Rhön von hoher wirtschaftlicher Bedeu- Die Informationszentren und -veranstal- im Gegensatz zu eher positiven tung. Übernachtungsmöglichkeiten bieten tungen der Biosphärenreservatsverwal- Zahlen für die deutsche Tou- vorwiegend Klein- und Kleinstbetriebe tungen werden gut besucht, die Gäste neh- rismuswirtschaft ab – positive sowie einige größere Hotelanlagen. Neben men Umweltbildungsangebote, Führungen Impulse der Anerkennung als dem Urlaubstourismus ist die Rhön auch und Vorträge zu Th emen rund um die Biosphärenreservat sind auf wichtiger Anziehungspunkt für Tagesaus- Kulturlandschaft Rhön gerne an. Dadurch den Beherbergungssektor nicht fl ügler aus den nahe gelegenen Städten wie ergeben sich viele Möglichkeiten, Ziele und unmittelbar erkennbar Schweinfurt, Würzburg, Fulda, Frankfurt, Projekte des Biosphärenreservats publik zu oder Eisenach. machen. ■ Regionale, für die Rhön ent- wickelte Labels werden immer Sinkende Nachfrage Gastronomie profi tiert stärker in Anspruch genommen Insgesamt sinkt die touristische Nachfrage Urlauber und Tagesausfl ügler sind ein wich- – allerdings nur von wenigen in der Rhön, gleichzeitig gibt es wie in ganz tiger Wirtschaftsfaktor für die Gastronomie Branchen. Deutschland einen deutlichen Trend zu in der Rhön. Diese wirbt verstärkt mit dem mehr Kurzurlauben. Im bayerischen Teil regionalen Qualitätssiegel Rhön (bio und wirken sich darüber hinaus die Folgen der konventionell). Es wird an Produzenten veränderten deutschen Gesundheitspolitik und Dienstleister verschiedener Branchen negativ auf Zahl und Aufenthaltsdauer der im Bereich der Rhön vergeben. Zu den Kurgäste aus. Kriterien für die Vergabe gehört in der Gastronomie z. B. ein bestimmter Anteil Auch wenn der Begriff UNESCO- regionaler Produkte an den angebotenen Biosphärenreservat bei vielen Gästen posi- Speisen und Getränken. tiv besetzt ist, scheint das Prädikat die Ur- laubsentscheidung nur in seltenen Fällen zu beeinfl ussen. Positive Auswirkungen des Prädikats auf die touristische Beherbergung Touristische Intensität sind nicht unmittelbar ersichtlich. Aller- Das touristische Angebot konzentriert dings lassen die statistischen Daten auch Thüringen sich in den zentralen Bereichen um die nur beschränkt Schlussfolgerungen auf die Hohe Rhön. Hier liegen die Gemeinden gesamte touristische Entwicklung zu, da mit der höchsten touristischen Intensi- die zahlreichen Kleinstbetriebe mit weniger tät. Sie haben die größte Anzahl touris- als acht Betten in der Statistik nicht erfasst tischer Betten im Verhältnis zur Anzahl sind und außer für den Beherbergungs- der Einwohner. sektor keine harten Daten zur Verfügung stehen. Hessen Die touristische Nachfrage im gesamten Biosphärenreservat wurde für das Jahr Erholung naturverträglich gestalten 2001 mit ca. 1,7 Mio. Übernachtungen Die landschaftlichen Schönheiten insbe- beziff ert. Den größten Anteil hat der sondere in den Hochlagen der Rhön führen bayerische Teil mit 43%, gefolgt vom zu einer Konzentration der touristischen Bayern hessischen mit ca. einem Drittel und Nutzung in Bereichen, die aus Natur- dem thüringischen mit einem Viertel. schutzsicht als besonders störungsempfi nd- lich gelten. Zur naturverträglichen Lenkung 1 4 UMWELTBERICHT RHÖN

Siedlungsentwicklung – vor allem nach außen

... z. T. historisch bedingt B6: Siedlung Zum Teil sind historisch bedingte Sied- Im Biosphärenreservat gibt es insbeson- lungsstrukturen die Ursache für die stark dere kleine Dörfer, Weiler und Streu- im Außenbereich konzentrierte Entwick- siedlungen. In seinem zentralen Bereich, lung. Insbesondere im bayerischen Teil der Hohen Rhön, ist das Gebiet nahezu führte die fränkische Erbteilung zu einer siedlungsfrei bzw. nur sehr dünn besiedelt. starken Eigentumszersplitterung, in deren ■ Besonders in fränkischen Die größeren Siedlungen liegen am Rande. Folge den zu klein gewordenen landwirt- Realteilungsgebieten wurde Die Siedlungsstrukturen, die Größe und schaftlichen Hofstellen jede Entwicklungs- Wohnraum überwiegend in Verteilung der Dörfer und kleinen Städte möglichkeit innerorts genommen wurde. den dörfl ichen Außenbereichen sind Bestandteil der gewachsenen Land- Unter diesen Umständen verlagerte sich und weniger durch Innenent- schaft. Ihre regionaltypischen Eigenheiten die Bautätigkeit zu landwirtschaftlichen wicklung geschaff en und die Einbindung der Siedlungen in die Zwecken in den Außenbereich und zur Schaff ung von Wohnraum an die Orts- ■ Landschaft sollen im Biosphärenreservat Trotz Bevölkerungsrückgang ränder. starke Zunahme der Wohn- erhalten werden. Daher soll sich die Aus- fl äche und zwar ausgehend weisung von (Neu-) Baufl ächen überwie- gend an den Ansprüchen des örtlichen Be- Im thüringischen Teil führten nach der von hohem Niveau – Bedarf Wende stellenweise überzogene Erwar- an Wohnraum wird vor allem darfs orientieren sowie fl ächensparend und im Einklang mit der Landschaft erfolgen. tungen an die Gemeindeentwicklung zu durch Inanspruchnahme neuer einer nicht bedarfsgerechten Ausweisung Flächen in den dörfl ichen von Siedlungs- und Gewerbefl ächen. Außenbereichen gedeckt Fehlende Innenentwicklung ... Im Rahmen ihrer so genannten Eigenent- ■ Für Gewerbe und Industrie wicklung haben viele Orte bzw. Ortsteile Zunahme der Wohnfl äche genutzte Fläche nimmt stark in den letzten Jahren Baugebiete ausge- Im Biosphärenreservat liegt die Wohn- 2 zu – ausgeprägter Trend zur wiesen, meist am Ortsrand an die off ene fl äche je Einwohner mit 45,4 m im 2 Ansiedlung von Betrieben auf Landschaft angrenzend. Die gewachsene bayerischen bzw. 45,2 m im hessischen der „grünen Wiese“ dörfl iche Siedlungsstruktur fand zumeist Teil deutlich über dem jeweiligen Landes- keine Berücksichtigung. In den Ortsker- durchschnitt. Außerdem steigt sie, ebenso nen fallen dagegen zunehmend ehemalige wie die Wohnbaufl äche, deutlich stärker landwirtschaftlich genutzte Gebäude und als im Mittel des jeweiligen Landes. Selbst Wohnhäuser leer. Bisher gibt es nur wenige in Gemeinden mit rückläufi ger Bevölke- Beispiele einer erfolgreichen Umnutzung rungszahl wird neu gebaut, insbesondere an dieser Gebäude. den Ortsrändern. Die Potenziale möglicher Um- oder Wiedernutzungen werden nicht in ausreichendem Maß genutzt.

Entwicklung der Wohnfl äche Zunahme der Gewerbefl äche Bei der Gewerbefl äche ist die Situation ver- Die Wohnfl äche, die von der Bevölke- gleichbar, der Flächenzuwachs liegt deutlich rung in Anspruch genommen wird, ist über dem jeweiligen Landesdurchschnitt. in den letzten Jahren gestiegen, und Der Trend zur Ansiedlung von Gewerbebe- dies obwohl die Bevölkerungszahlen im trieben auf der „grünen Wiese“ ist auch im Biosphärenreservat rückläufi g sind. Biosphärenreservat ausgeprägt.

Der Bedarf an zusätzlicher Fläche zum Wohnen wurde nahezu ausschließlich über die Schaff ung neuer Wohnbau- fl äche, d.h. über Neubauten gedeckt. Im bayerischen Teil stieg die Wohnbaufl ä- che zwischen 1996 und 2004 um 25 %, im hessischen Teil um 17,4 %. UMWELTBERICHT RHÖN 1 5

Verkehr – individuell mobil

Mobilität. Dies äußert sich auch darin, dass B7: Verkehr der in der Regel hohe Motorisierungsgrad Viele unserer täglichen Aktivitäten – Schule in den vergangenen Jahren im Vergleich und Ausbildung, Arbeit, die tägliche Ver- zum Bundesdurchschnitt, z.T. auch im sorgung sowie Freizeit und Erholung – sind Vergleich zu den jeweiligen Landesdurch- nur mit einem Mindestmaß an Mobilität schnitten, stark zugenommen hat. zu verwirklichen. In der ländlich geprägten Rhön ist dabei das eigene Auto das Haupt- Verkehrsaufkommen insgesamt eher ■ Abbau der Schienen- verkehrsmittel. Öff entliche Verkehrsmittel gering ... infrastrukturen – wenig können die diff erenzierte Verkehrsnach- Das Verkehrsaufkommen an Bundes- und Abstimmung des Personen- frage oft nicht ausreichend decken. Landesstraßen im Biosphärenreservat liegt nahverkehrs über die Land- unter dem jeweiligen Landesdurchschnitt. kreisgrenzen hinweg Eine nachhaltige Entwicklung im Verkehrs- Allerdings hat der Verkehr zwischen 1995 sektor erfordert eine Anbindung und und 2005 – sieht man von der Entwicklung ■ Mobilität vor allem durch Erschließung, die an die Qualitäten des auf den bayerischen Landes- und den thü- Kfz gewährleistet Landschaftsraums Rhön angepasst ist. Die ringischen Bundesstraßen ab – zugenom- Belastungen, die vom Verkehr im privaten, men. Dort waren z. T. deutliche Rückgänge ■ Verkehrsaufkommen unter- gewerblichen und touristischen Bereich zu verzeichnen. Besonders stark war die durchschnittlich, lokal aber ausgehen, sind zu verringern. Zunahme des Verkehrsaufkommens auf hohe Belastungen den thüringischen Landesstraßen. Straße: wichtigster Verkehrsträger Die Infrastrukturen für den Straßen-, ... aber lokal hohe Belastungen Schienen- und öff entlichen Nahverkehr Nichtsdestotrotz können lokal hohe Ver- sind in der Rhön in unterschiedlichem Maß kehrsbelastungen auftreten. Dies triff t z. B. ausgebaut. Über das Autobahnnetz ist die für die B286 in Bad Brückenau und die Rhön von außen gut erreichbar. Im Inneren Hochrhönstraße sowie die B279 zwischen erschließt ein Netz an Bundes-, Land- und Fulda und Bad Neustadt zu. Die B279 Kreisstraßen die Region. Die Ost-West- ist auch stark durch den Schwerverkehr Verbindung soll durch den Neubau der belastet. An den Landesstraßen treten über- B87n im Verlauf vorhandener Landes- durchschnittliche Belastungen vor allem an straßen zwischen Fulda und Meiningen der St2289 zwischen Bad Brückenau und gestärkt werden. Wildfl ecken und der L1122 insbesondere im Bereich des thüringischen Empferts- Die Erschließung durch das Eisenbahn- hausens auf. netz bleibt deutlich hinter dem Straßen- netz zurück. Im Biosphärenreservat selbst Bayerischer Teil BR Rhön Wirkungen des Verkehrs wird nur noch die Bahnstrecke Fulda- Gersfeld planmäßig betrieben. Eine schnelle Die Verkehrsbelastungen an den Anbindung an den überregionalen Zugver- Straßen im Biosphärenreservat kehr gibt es nur über den ICE-Bahnhof in Rhön sind im deutschland- Fulda. Das Angebot der Busverbindungen weiten Vergleich unterdurch- orientiert sich an den Landkreisgrenzen. schnittlich. Rhönquerende Busverbindungen bestehen kaum. In den Sommermonaten wird das Die Auswirkungen des Verkehrs Angebot für Urlauber und Erholungs- können dennoch erheblich sein. suchende erweitert. So verursachen die wenigen stark befahrenen Straßen im Hoher Motorisierungsgrad bayerischen Teil des Biosphä- Der Besitz eines eigenen Fahrzeugs ist in renreservats etwa die Hälfte der der Rhön für viele unabdingbare Voraus- gesamten dortigen Stickstoff oxid- setzung für die Sicherung der persönlichen emissionen. 1 6 UMWELTBERICHT RHÖN

Energie – regenerative Quellen vor Ort nutzen

Bereich. In Übereinstimmung mit bundes- B8: Energiewirtschaft weiten Trends ist dieser Anstieg in vielen Der Energiebedarf der Rhön wird über- Gemeinden auf einen höheren Verbrauch wiegend durch Importe gedeckt. Im der privaten Haushalte zurückzuführen. Biosphärenreservat selbst gibt es bisher nur wenige Anlagen zur Energieerzeugung. Eine Versorgung mit Erdgas erfolgt nur in Diese generieren Strom und Wärme aus kleinen Bereichen des Biosphärenreservats, ■ In fast allen Gemeinden des erneuerbaren Quellen wie Wasser, Bio- die Infrastrukturen werden eher langsam Biosphärenreservats liegt der masse und Sonnenenergie. Zukünftig gilt erweitert. Tendenziell ist zwischen 1997 Verbrauch von Strom und es, dezentrale und umweltverträgliche und 2005 der Verbrauch insgesamt und pro Erdgas unter dem jeweiligen regionale Potenziale bestmöglich weiter zu Kopf angestiegen. Landesdurchschnitt; jedoch ist erschließen und zu nutzen. die Tendenz des Verbrauchs Noch viele Einsparpotenziale steigend - vor allem im privaten Des Weiteren sind Anstrengungen not- In allen Landesteilen des Biosphären- Bereich. wendig, die energiebezogenen Umwelt- reservats gibt es noch Potenziale, um belastungen zu senken. Dies lässt sich vor Energie einzusparen. Verbesserungsbe- ■ Weitere Potenziale zur allem durch einen geringeren Energiever- darf wird vor allem im Zusammenhang Energieeinsparung brauch erreichen, z. B. durch eine rationelle mit den Heizungsanlagen oder der Wärme- vorhanden Energienutzung unter Einsatz effi zienter dämmung gesehen. Aber auch eine verstärk- Techniken. te thermische Nutzung der Sonnenenergie ■ Regionale Potenziale über Solaranlagen in den privaten Haus- zur Nutzung regenerativer Steigender Strom- und Erdgasverbrauch halten könnte helfen, den Energiebedarf Energiequellen nicht In fast allen Gemeinden im Biosphären- deutlich zu senken. ausgeschöpft reservat liegen die Verbrauchswerte unter dem Durchschnitt der jeweiligen Bundes- Regenerative Energien länder. Pro Kopf werden im Biosphären- Im Bereich der Energiebereitstellung gilt es, reservat etwa 3.500 kWh Strom pro Jahr vorhandene regionale Potenziale stärker zu verbraucht im Vergleich zu landesweit nutzen. Hierzu gehören insbesondere Pho- etwa 3.800 kWh in Th üringen bzw. 5.800 tovoltaik im Siedlungsbereich, Energieholz bis 6.100 kWh in Hessen und Bayern. und Biogas. Doch auch bei der Nutzung erneuerbarer Energien sind im Sinne einer Zwischen 2001 und 2005 lagen die Zu- nachhaltigen Entwicklung Anforderungen wächse in allen Landesteilen des Bio- des Natur- und Umweltschutzes zu berück- sphärenreservats allerdings im zweistelligen sichtigen. So ist z. B. ein Mindestanteil an Alt- und Totholz in Wirtschaftswäldern zu erhalten. Bei der Verbrennung von Energie- holz und der Erzeugung von Biogas müssen Energiemix stoffl iche bzw. geruchliche Emissionen minimiert werden. Zwar tragen erneuerbare Energiequel- Naturschutzfachliche Erwägungen setzen len in der Rhön überdurchschnittlich dem weiterer Ausbau der Wasserkraft im zur Stromversorgung bei. Ihr Anteil Biosphärenreservat Grenzen. Effi zienzstei- beträgt bei einzelnen Versorgern bis gerungen der bestehenden Anlagen sind je- zu 20 %. Nach wie vor setzen die doch prinzipiell möglich. Ästhetik und Arten- Unternehmen, die zu unterschiedlichen schutz verbieten eine Windkraftnutzung. Anteilen für die Stromversorgung der Biosphärenreservatsgemeinden zustän- In ganz Deutschland wird die Nutzung dig sind, aber vor allem auf fossile von Anbaubiomasse wie Mais und Raps Energieträger und die Kernenergie. zur Energiegewinnung vorangetrieben. Einige Versorgungsunternehmen Hierfür gibt es in der Rhön wegen der ein- gewinnen fast die Hälfte ihres Stroms geschränkten ackerbaulichen Nutzbarkeit aus Kernenergie. kaum mehr ungenutzte Möglichkeiten. UMWELTBERICHT RHÖN 1 7

Wasser für die Rhön – aus der Rhön

Trinkwasserverbrauch durchschnittlich B9: Siedlungswasser- Nach Datenvorlage im bayerischen und wirtschaft hessischen Teil des Biosphärenreservates liegt der Trinkwasserverbrauch etwa im Die Rhön verfügt über mehrere ergiebige bundesdeutschen Durchschnitt. In einzel- Grundwasservorkommen. Die Rahmen- nen Gemeinden sind wasserintensive Be- bedingungen für die Eigenversorgung und triebe teilweise für einen deutlich erhöhten für den Export qualitativ hochwertigen Verbrauch verantwortlich. Hierzu zählen ■ Lokaler und regionaler Trinkwassers sind daher sehr günstig. beispielsweise Brauereien, Wäschereien und Wasserhaushalt in der Rhön das Fremdenverkehrsgewerbe. durch Grundwassernutzungen Aufgrund der vielen kleinen Siedlungen – auch für Trinkwasserexporte werden an die Organisation der Abwasser- Abwasserbeseitigung – bisher nicht beeinträchtigt entsorgung besondere Anforderungen ge- Im bayerischen und hessischen Teil des stellt. Nicht immer sind zentrale Lösungen Biosphärenreservates ist der Ausbau von ■ Trinkwasserverbrauch in der hier die wirtschaftlichsten. Kläranlagen weitgehend abgeschlossen. Die bayerischen und hessischen vorhandenen Mischwasserentlastungen Rhön etwa im bundesdeutschen Gemeinden mit eigenen Brunnen entsprechen dem Stand der Technik. Im Durchschnitt Gemäß den Zielen des Rahmenkonzepts thüringischen Teil wurden in den 1990er erfolgt die kommunale Wasserversorgung Jahren durch den Neubau von Kläranlagen ■ Reinigung der kommunalen nahezu ausschließlich durch gemeindliche große Erfolge bei der Verbesserung der Abwässer in der bayerischen Tiefbrunnen und gefasste Quellen. Das Abwasserbehandlung erzielt. Nach wie und hessischen Rhön erfolgt Gebiet des Biosphärenreservats ist damit in vor ist dort jedoch weniger als ein Drittel fast vollständig in kommunalen seiner Wasserversorgung unabhängig, trägt der Bevölkerung an zentrale kommunale Anlagen – in der thüringischen aber auch die volle Verantwortung für die Kläranlagen angeschlossen. Rhön ist trotz Verbesserungen Sicherstellung einer hohen Trinkwasser- ein weiterer Ausbau der Abwas- qualität. Zu ihrer Erhaltung bedarf es ins- serbehandlung notwendig besondere einer angepassten Landnutzung in den Einzugsgebieten der Trinkwasserge- winnungsanlagen.

Zusätzlich trägt Trinkwasser aus dem Biosphärenreservat zur Wasserversorgung Kläranlagen der weiteren Umgebung bei. 63 % des von Im bayerischen Teil der Rhön gibt den Gemeinden im bayerischen Teil des Thüringen Biosphärenreservates verkauften Wassers es 25, im hessischen 30 und im werden im Biosphärenreservat verbraucht. thüringischen Teil inzwischen acht Mit 37 % wird ein großer Anteil aus der gemeindliche Kläranlagen. Zahlreiche Rhön an unterfränkische Wassermangel- Kleinkläranlagen im thüringischen Teil gebiete abgegeben. Im hessischen Teil sind sanierungsbedürftig oder es sind erreicht der Wasserexport nach Fulda aus Neubauten erforderlich. dem Biosphärenreservat einen Anteil von Hessen 20 % an der Förderung. Mit dem Bau und der Erweiterung von Kläranlagen hat sich die Gewässerqua- Bisher konnten keine negativen ökologi- lität in der Rhön insgesamt sichtbar schen Auswirkungen der umfangreichen verbessert. Heute können die meisten Wasserförderung festgestellt werden. Eine Gewässer in der Rhön als gering oder bilanzverträgliche Grundwasserbewirt- mäßig belastet eingestuft werden. schaftung ist wasserrechtlich geregelt, Bayern so dass es nicht zu Übernutzungen der Grundwasserleiter kommen kann. 1 8 UMWELTBERICHT RHÖN

Abfall – weniger wäre mehr

Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld sowie B10: Abfallwirtschaft für den thüringischen Landkreis Schmal- Das Th emenfeld Abfallwirtschaft geht in kalden-Meiningen. Zeiten der Kreislaufwirtschaft weit über die Sammlung, Sortierung und Abholung Wertstoff e von Rest- und Wertstoff en hinaus. Eine Ziel der Abfallwirtschaft ist u.a. eine nachhaltige Abfallwirtschaft ist dem Ziel Erhöhung der Verwertungsquote, d.h. eine Aufgrund der unzureichenden Daten- des Ressourcenschutzes verpfl ichtet. Das Steigerung der Wertstoff menge im Sied- lage sind keine spezifi schen Bewer- bedeutet: weitgehende Vermeidung der lungsabfall. Zu den Wertstoff en gehören tungen für das Biosphärenreservat Entstehung von Abfällen und bestmögliche der Bioabfall, Behälterglas, Papier, Pappe möglich. Verwertung nicht vermeidbarer Wertstoff e, und Kartonagen sowie Leichtverpackungen. z. B. durch Wiederverwendung, Recycling Die Menge der erfassten Wertstoff e ist stets oder in geeigneten Fällen durch energeti- deutlich von den Erfassungs- und Gebüh- sche Verwertung. Aufgrund der bestehen- renstrukturen der einzelnen Körperschaf- den europa- und bundesrechtlichen Rege- ten abhängig. Wo im Rahmen von Hol- lungen sind als entsorgungspfl ichtige Kör- systemen großzügige Sammelvolumina zur perschaften in Deutschland die Landkreise Verfügung gestellt werden, wird i.d.R. auch bzw. Zweckverbände für die Organisation viel gesammelt. Die hohe Verwertungsquote der Abfallwirtschaft zuständig. Spezifi sche von über 70 % in den bayerischen Landkrei- Daten für das Biosphärenreservat sind sen ist wesentlich in einer umfangreichen daher nicht verfügbar. Erfassung des Biomülls begründet.

Abfallaufkommen Abfallentsorgung Die Länderdurchschnittswerte für das Bei der Entsorgung der Abfälle sind die Abfallaufkommen liegen bei 420 kg pro zuständigen Stellen seit 2005 dazu ver- Einwohner und Jahr in Bayern, 427 kg pfl ichtet, keine biologisch abbaubaren in Hessen und 362 kg in Th üringen. Die Abfälle mehr auf Deponien abzulagern und Werte für die Rhön-Landkreise Fulda und alle nicht weiter verwertbaren Restabfälle Hersfeld-Rotenburg sowie für den thüring- vor der Ablagerung thermisch oder mecha- ischen Zweckverband Wartburgkreis- nisch-biologisch zu behandeln. Auch die Eisenach sind niedriger als der jeweilige Rhön-Landkreise mussten sich daraufhin Landesschnitt. Deutlich oberhalb des lan- ausreichende Ablagerungs- und Behand- desweiten Durchschnitts liegen die Werte lungskapazitäten sichern. für die bayerischen Landkreise Die bayerischen Landkreise Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld entsorgen ihren Rest- müll in den Müllheizkraftwerken Würz- Schmalkalden- Abfallaufkommen burg bzw. Schweinfurt. Die dem Zweckver- Meiningen band Abfallwirtschaft Südwestthüringen AZV Wartburgkreis- Eisenach In den bayerischen Landkreisen fällt angehörigen Landkreise Wartburgkreis und die große Menge an gesammelten Schmalkalden-Meiningen transportieren Thüringen Wertstoff en auf. Der Anteil der Rest- ihren Müll in die thermische Behandlungs- Hersfeld- Rotenburg stoff e liegt dagegen eher unter dem anlage in Zella-Mehlis. Die hessischen Durchschnitt. Die Unterschiede sind Landkreise haben bis Mitte 2009 die Ver- Fulda vor allem in der umfangreichen Erfas- bringung ihres Abfalls in unterschiedliche Hessen sung des Bioabfalls begründet. thermische Behandlungsanlagen außerhalb der Region vertraglich gesichert. Rhön-Grabfeld Daraus ergibt sich in den beiden bayerischen Landkreisen eine über- Bad Kissingen durchschnittliche Verwertungsquote Bayern von über 70 %. In den hessischen und thüringischen Landkreisen liegt der Wert jeweils bei ca. 50 % und damit im Landesdurchschnitt. UMWELTBERICHT RHÖN 1 9

Schätze in der Rhön

Mineralbeton, als Bitumenzuschlag für B11: Rohstoff gewinnung Verschleiß-, Tragschichten und Frost- In der Rhön gibt es abbauwürdige Lager- schutzschichten sowie als Betonzuschlag stätten verschiedener Gesteine. Vor allem Verwendung. die oberfl ächennahen Vorkommen von Basalt, Phonolith und Muschelkalk werden Phonolithvorkommen beschränken sich auf an mehreren Abbaustellen gewonnen. Der den hessischen Teil des Biosphärenreser- Abbau anderer Rohstoff e, wie z. B. von vats. Innerhalb Hessens ist das vulkanische ■ In der Hohen Rhön liegen Buntsandstein, Schwerspat und Eisenerz, Gestein darüber hinaus ausschließlich in Rohstoffl agerstätten im Bereich erfolgte nur kleinfl ächig und in geringem der Rhön wirtschaftlich abbaubar. Derzeit naturschutzfachlich wertvoller Umfang und wurde wieder eingestellt. wird Phonolith in drei Steinbrüchen bei Flächen – Konfl ikte zwischen Seiferts, Rupsroth und Haselstein gewonnen Interessen der Rohstoff wirt- Konfl ikte zwischen Rohstoff abbau und und zu hochwertigem Schotter, Splitt schaft und des Naturschutzes Naturschutz und Edelsplitt für den Straßenbau und als sind zu erwarten Konfl ikte zwischen dem Abbau von Roh- Betonzuschlag verarbeitet. stoff en und dem Schutz und der Entwick- lung von Natur und Landschaft entstehen Neben den vulkanischen Gesteinen wer- dann, wenn z. B. durch Abgrabungen den im Biosphärenreservat stellenweise naturschutzfachlich und landschaftlich auch Massenbaurohstoff e wie beispiels- wertvolle Gebiete beeinträchtigt oder zer- weise Kalksteine abgebaut, die je nach stört werden. Gesteinszusammensetzung auch zur Herstellung von Schotter und Splitt ver- Da die Rohstoffl agerstätten standortgebun- wendet werden, sich aber auch zur Brannt-, den sind, lassen sich auch im Biosphären- Fein- und Düngekalk-Produktion sowie reservat Konfl ikte bei der Flächennutzung zur Zementherstellung eignen. nicht überall vermeiden. Zwar sollen Ab- bauvorhaben auf Bereiche in den Entwick- lungszonen des Biosphärenreservats gelenkt werden. Für einzelne Rohstoff e lässt sich dieses Ziel aber kaum erreichen. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten konzen- trieren sich die abbauwürdigen Vorkommen des Basalts in den Hochlagen der Rhön. Diese gehören zugleich zu den naturschutz- Rohstoff sicherung und -gewinnung fachlich hochwertigsten und in der Regel Thüringen auch geschützten Lebensräumen. Die in der Rhön abbaubaren vulkanischen Im thüringischen Teil konnte durch die Gesteine sind Basalt und Phonolith. Biosphärenreservats-Verordnung ein Letztere beschränken sich in ihrem Verbot von Neuaufschlüssen durchgesetzt Vorkommen auf den hessischen Teil des werden. Biosphärenreservats.

Wirtschaftliche Bedeutung Hessen Der im Biosphärenreservat abbaufähige Basalt Auch wenn die Rohstoff gewinnung ge- ist besonders hochwertig. genüber früheren Zeiten an Bedeutung verloren hat, ist sie in einzelnen Gemeinden wie z. B. Bischofsheim, Hilders und Nüsttal nach wie vor ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Der in der Rhön vorkommende Basalt ist besonders hochwertig und daher Bayern nachgefragt. Er fi ndet z. B. für Bahnschotter und Wasserbausteine, im Straßenbau, als 2 0 UMWELTBERICHT RHÖN

Schutzgebiete – Vorfahrt für den Naturschutz

niedermoor“ ist gerade einmal 5,6 Hektar B12: Naturschutz groß. Die „NSG Lange Rhön“ und „NSG Im Biosphärenreservat sollen die Ziele Schwarze Berge“ umspannen jeweils mehr des Naturschutzes mit den Ansprüchen als 3.000 Hektar Fläche. Hinzu kommen des Menschen an die Nutzung der Öko- streng geschützte Naturwaldreservate systeme bestmöglich abgestimmt werden. bzw. Naturwaldparzellen (Kernzonen im Schutzgebiete sind wichtige Instrumente thüringischen Teil) mit einem Flächenanteil ■ Rund 80 % des Biosphärenre- für die Umsetzung naturschutzfachlicher von 0,6 %. servats sind unter gesetzlichem Ziele. Hier hat die Erhaltung der Vielfalt Schutz. Kernzonenfl äche ist an wildlebenden Tier- und Pfl anzenarten Zusätzlich zu den nationalen Schutzgebie- mit knapp 2 % der Gesamt- sowie der landschaftlichen Eigenart, Viel- ten wurden in der Rhön nach europäischen fl äche aber noch zu klein falt und Schönheit der Kulturlandschaft Richtlinien „Gebiete von gemeinschaftlicher für künftige Generationen Vorrang vor Bedeutung (FFH-Gebiete)“ bzw. „Besonde- ■ Umfangreiche Flächen wurden Nutzungsinteressen. re Schutzgebiete (SPA)“ an die Europäische im Rahmen von Naturschutz- Union gemeldet. Sie sind Bausteine des großprojekten erworben – hier Die Rhön war schon lange vor ihrer An- europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura kann eine an Naturschutzziele erkennung als Biosphärenreservat eine 2000“. Die FFH-Gebiete umfassen mit angepasste Landnutzung umge- Schwerpunktregion des Naturschutzes 46.940 Hektar 25 %, die SPA-Gebiete mit setzt werden und der Landschaftspfl ege in Deutsch- 79.068 Hektar 43 % der Gesamtfl äche des land. Bereits in den 1930er Jahren wurden Biosphärenreservats. Naturschutzgebiete ausgewiesen. Die Schutzgebietskategorien überschneiden Auf 46% Fläche Vorrang für den Natur- sich zum Teil erheblich. Berücksichtigt man schutz dies, genießt der Naturschutz auf insgesamt Heute gibt es in der Rhön 71 Naturschutz- 46 % der Fläche Vorrang vor der Nutzung. gebiete (als Pfl egezonen im thüringischen Teil bezeichnet). Sie nehmen 8 % der Nur 20 % der Fläche ohne Schutz Fläche ein. Das kleinste Gebiet „Kalktuff - Betrachtet man alle Schutzgebietstypen, auch die großfl ächigen, allerdings weniger streng geschützten Landschaftsschutzge- biete, verbleiben lediglich 20 % der Flächen, Gesicherte die keinem gesetzlichen Schutz unterlie- Landschaftsqualität gen. Damit wird die Rhön den Kriterien für Biosphärenreservate in Deutschland Thüringen gerecht. Mehr als die Hälfte der Fläche Die Rhön steht im Zentrum des eines Biosphärenreservats soll danach unter Naturschutzes auf regionaler, natio- gesetzlichem Schutz stehen. naler und EU-Ebene. Rund 46% der Fläche sind nach EU- und Landes- Schutz durch Nutzung recht als FFH- und SPA-Gebiet, In einer Kulturlandschaft wie der Rhön ist Naturschutzgebiet, Naturwaldreservat die Unterschutzstellung einer Fläche nicht Hessen bzw. Naturwaldparzelle ausgewiesen. ausreichend, um eine naturschutzgerechte Nur 20% des Biosphärenreservates Bewirtschaftung bzw. Landschaftspfl ege genießen keinerlei Schutz. Damit sicherzustellen. Staatliche Förderprogram- entspricht die Rhön den Vorgaben der me sind hierfür unverzichtbar. In vielen Leitlinien für Biosphärenreservate in Gebieten würden die Landnutzer ohne Deutschland. Allerdings gelten nur diese Förderung die Nutzung aufgeben, knapp 2 % der Fläche als Kernzone und die Flächen würden brach fallen - mit und erfüllen die 3 %-Vorgabe der allen nachteiligen Folgen für Biodiversität, Leitlinien bislang nicht. Bayern Landschaftsbild und Tourismus. UMWELTBERICHT RHÖN 2 1

Nährstoff e – nicht überall erwünscht

Die im Biosphärenreservat geförderte ex- C1: Einträge von Nähr- tensive Landbewirtschaftung hat deutliche stoff en und Säurebildnern Auswirkungen auf die Nährstoff versorgung der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Nährstoff - und Säureeinträge haben in den In den letzten fast 15 Jahren hat sich der letzten Jahrzehnten die Entwicklung vieler Anteil von Böden mit schlechter Phosphor- Ökosysteme stark beeinfl usst. Sie führten versorgung annähernd verdoppelt. Für den ■ Im Biosphärenreservat ist der auf vielen Standorten in Deutschland zur thüringischen Teil liegen Daten vor, die Verkehr einer der bedeutendsten Nährstoff anreicherung und Versauerung zeigen, dass im Grünland auch im Bereich Emittenten von Nährstoff en und von Böden und zum Austrag insbesondere der Stickstoff versorgung keine relevanten Säurebildnern. Weitere Steigerungen von Nitrat und Schwermetallen in das Nährstoff überhänge mehr bestehen. Die des Verkehrsaufkommens werden die Grundwasser. Im Biosphärenreservat Rhön Ackerstandorte hagern demgegenüber mit technischen Maßnahmen bisher sollen vor allem die selten gewordenen deutlich weniger aus. erreichte Emissionsminderung kom- nährstoff armen Standorte mit ihren charak- pensieren. teristischen Lebensgemeinschaften und Grundwasser nahezu unbeeinfl usst ■ Rückläufi ger Trend der Stick- die Qualität des Grundwassers erhalten Das Grundwasser im Biosphärenreservat stoff - und Säureeinträge deutlich werden. Daher wurden hier in den letzten ist nur gering durch Nährstoff einträge abgeschwächt –Eintragsniveau Jahren konsequent Strategien der Nutzungs- verändert. Erhöhte Nitratgehalte sind auf allgemein eher niedrig –kritische extensivierung umgesetzt. Bereiche des Muschelkalks und die fl ache- Eintragsraten für Stickstoff im Wald ren Grundwasservorkommen der Bunt- örtlich noch überschritten Verkehr - bedeutender Emittent sandsteingebiete beschränkt. ■ Wirtschaftsgrünland, z. T. auch Nährstoff e und Säurebildner werden im Ackerland hagert durch konsequent Biosphärenreservat im Wesentlichen vom betriebene Extensivierung deutlich Straßenverkehr und von Kleinemitten- aus ten (u.a. Haushalten) ausgestoßen. Der ■ Waldböden auf Buntsandsteinstand- Verkehr fällt besonders bezüglich der orten tiefgründig versauert – nur Stickstoff dioxid-Emissionen ins Gewicht. noch geringe Immissionen können Allerdings ist die örtliche Einfl ussnahme abgepuff ert werden auf das Emissionsgeschehen im Verkehr ■ Keine Hinweise auf Vegetationsver- begrenzt, denn allein der in der bayeri- änderungen landwirtschaftlich nicht schen Rhön verlaufende Abschnitt der A7 genutzter Off enlandfl ächen durch verursacht mehr als 40 % der gesamten Nährstoff eintrag aus der Luft ■ NO2-Emissionen im bayerischen Teil des Grundwasser weitgehend unbeein- Biosphärenreservats. fl usst bzw. nur gering belastet – Nitratgrenzwert für Trinkwasser nur Mittleres Eintragsniveau an wenigen Messstellen überschritten Die an den Freilandmessstellen im baye- rischen Teil ermittelten Einträge von Stick- Stickstoff - und Säureeinträge über den Niederschlag (Bad Brückenau) stoff und Säurebildnern bewegen sich im Mittel der ländlichen Stationen in Bayern. Nach einem starken Rückgang der Einträge von Gesamtstickstoff und Gesamtsäure bis Mitte der 1990er Jahre haben sich die Eintragsraten in den letzten 10 Jahren nicht mehr Für nährstoff arme und empfi ndliche signifi kant verändert. Das Eintragsniveau an den Messstellen im bayerischen Teil des Ökosysteme wie Borstgras- und Mager- Biosphärenreservats entspricht in etwa dem mittleren Eintrag aller bayerischen Mess- rasen können diese Stickstoff einträge stellen im ländlichen Umfeld. dennoch kritische Grenzen erreichen. An der einzigen bayerischen Waldmessstelle Kellerstein im Biosphärenreservat werden die kritischen Eintragsraten für Stickstoff noch immer überschritten. Entspannter ist die Situation bezüglich des Gesamtsäure- eintrags. 2 2 UMWELTBERICHT RHÖN

Problemstoff e – ländlich heißt nicht unbelastet

Der allgegenwärtige Verkehr ist, trotz C2: Eintrag von Problem- der Bemühungen zur Reduzierung der stoff en Schwermetallgehalte in den Treibstoff en, aufgrund der Abriebe von Bremsen und Schwermetalle und bestimmte organische Reifen eine Quelle für die Freisetzung von Verbindungen wie Dioxine und PCB wer- Schwermetallen in die Umwelt. In Moosen den den persistenten, d.h. schwer abbau- der bayerischen Rhön konnten Anreiche- ■ Einträge anorganischer und baren Stoff en zugerechnet. Sie können sich rungen gemessen werden, die für bayerische persistenter organischer in den Umweltmedien sowie im tierischen Verhältnisse erhöht sind. Im bundesweiten Schadstoff e, u.a. durch und menschlichen Gewebe anreichern. Be- Vergleich liegen sie allerdings auf einem Holzverbrennung reits die Aufnahme geringer Mengen kann niedrigen Niveau. toxische Wirkung hervorrufen. Zu den ■ Risiko der Mobilisierung und Problemstoff en gehören aber auch nicht Manche Böden von Natur aus mit hohen Austrag von Schwermetallen persistente Stoff e, unter anderem zahlreiche Schwermetallgehalten vor allem auf Böden mit geogen Pfl anzenschutzmittel. Das Ausgangsgestein hat erheblichen bedingt hohen Schwermetall- Einfl uss auf die Eigenschaften und die na- gehalten und gleichzeitigen Rhön nicht frei von Problemstoff en türlichen Stoff gehalte der Böden. Während Versauerungstendenzen – Einträge über den Luftweg die natürlichen Schwermetallgehalte z. B. in ■ Grundwasser im Biosphären- Im Biosphärenreservat gibt es keine größe- Böden aus sauren Sanden meistens niedrig reservat nahezu unbelastet von ren industriellen Emittenten. Die Land- sind, zeichnen sich Basaltböden durch hohe Schadstoff en wirtschaft wird auf großer Fläche extensiv Chrom-, Nickel- und z.T. Kupfergehalte betrieben. Infolge dessen ist das Risiko aus. Sie können mitunter die Vorsorge-, einer Anreicherung toxischer Stoff e aus die- Prüf- und Maßnahmenwerte der Bundes- sen Quellen sehr begrenzt. Dennoch ist das bodenschutzverordnung überschreiten. Gebiet nicht frei von Problemstoff einträgen, denn insbesondere die persistenten Stoff e Natürlicherweise sind die Schwermetalle können auch über größere Entfernungen sehr fest im Gestein gebunden, so dass über den Luftweg verfrachtet werden. keine Umweltgefährdung von ihnen Außerdem gibt es beispielsweise mit dem ausgeht. Trotzdem muss in Gebieten mit Hausbrand (z. B. Holzöfen) auch im länd- naturbedingt erhöhten Gehalten beson- lichen Raum relevante Emissionsquellen. ders darauf geachtet werden, dass es in den land- und forstwirtschaftlich genutzten Atrazin- und Desethylatrazingehalte im Grundwasser (Oberwaldbehrungen) Böden nicht zu einer Versauerung kommt, in deren Folge die Schwermetalle freigesetzt Das Pfl anzenschutzmittel Atrazin mit seinem Abbauprodukt Desethylatrazin gelangte bis und verlagert werden können. Anfang der 1990er Jahre in von Landwirtschaft dominierten Gebieten verbreitet in das Grundwasser. Seit 1991 ist die Anwendung verboten, der Stoff kann aber noch immer Informationen zu den Belastungen der an etlichen Messstellen im Grundwasser nachgewiesen werden. An der bayerischen Böden mit organischen Schadstoff en gibt Grundwassermessstelle Oberwaldbehrungen, die an das Biosphärenreservat angrenzt, es für das Biosphärenreservat nicht. nehmen die Gehalte nur sehr langsam ab. Erst ab 2001 wurde der Trinkwassergrenzwert für Atrazin sicher unterschritten. Für Desethylatrazin wurde er 2004 noch immer bei den meisten Messungen überschritten. Grundwasser nahezu unbelastet Das Grundwasser ist im Biosphären- reservat weitgehend unbelastet von per- sistenten organischen Schadstoff en und Schwermetallen. Allerdings werden an den Messstellen in der Rhön auch nur ausge- wählte Stoff e erfasst. Aus Altanwendungen von Pfl anzenschutzmitteln können örtlich noch Rückstände auftreten.

Desethylatrazin UMWELTBERICHT RHÖN 2 3

Böden – unwiederbringliche Grundlage

sphärenreservat wechseln die Bedingungen C3: Strukturelle Verände- auch kleinfl ächig. Erschwerend kommt für rung von Böden und land- nahezu das gesamte Gebiet hinzu, dass bei den hohen Niederschlagsmengen davon schaftsangepasste Sied- auszugehen ist, dass die wesentlichen Ar- lungs- und Infrastruktur beitsgänge in der Landwirtschaft in der Re- gel bei stark feuchten Böden durchgeführt Natürliche Böden gehören zu unseren werden müssen. Damit treten zwangsläufi g ■ Hinweise auf Risikobereiche für wertvollsten Ressourcen. Alle Böden, we- stärkere Belastungen auf. Einen Gesamt- Bodenerosion und Schwierig- niger fruchtbare genauso wie ertragreiche, überblick über das tatsächliche Ausmaß von keiten bei der Vermeidung von erfüllen wichtige Funktionen im Natur- Beeinträchtigungen der Bodenstruktur gibt Bodenverdichtung haushalt. Nur bei sorgsamem Umgang mit es aber für das Biosphärenreservat bislang dieser begrenzten Ressource lassen sich die nicht. ■ Der Anteil der Siedlungs- und Nutzungsmöglichkeiten dauerhaft erhalten. Bodenschonende Techniken wie die Verkehrsfl äche nimmt trotz Bodenschäden oder -verluste betreff en im pfl uglose Bodenbearbeitung und Mulch- Bevölkerungsrückgang weiterhin Vergleich zur Gesamtfl äche meist nur einen saatverfahren sind in Teilen des Biosphä- deutlich zu und liegt über dem geringen Teil der Bodenfl äche. Dennoch renreservats, insbesondere in Th üringen, jeweiligen Landesdurchschnitt bedeuten sie einen nicht auszugleichenden inzwischen gängige Praxis. Dennoch fehlt – Bemühungen zum sparsamen Verlust für nachfolgende Generationen. es teilweise noch an einer konsequenten und schonenden Umgang mit Zerstörung der Bodenstruktur – nicht Anwendung durch die Betriebe. dem Boden müssen intensiviert mehr gut zu machen Viel Boden wird überbaut werden. Strukturelle Beeinträchtigungen von Böden Die Siedlungs- und Verkehrsfl äche nimmt reichen von der Bodenerosion über die im Biosphärenreservat von Jahr zu Jahr Bodenverdichtung bis zur teilweisen oder zu. Immerhin konnte um die Jahrtausend- vollständigen Versiegelung der Bodenober- wende der Prozess einer immer stärkeren fl äche durch Bebauung. Diese Veränderun- Zuahme der Bodenüberbauung gestoppt gen sind zumeist unumkehrbar. werden. Dennoch gibt es in der Rhön Besonders die Hohe Rhön und die Kuppen- zahlreiche Gemeinden, in denen der rhön haben zum Teil steile und potenziell Flächenverbrauch trotz schrumpfender erosionsgefährdete Hänge. Diese Gebie- Bevölkerung weiter zunimmt. Die Schutz- te sind aber größtenteils bewaldet oder und Entwicklungsziele können nur durch als Dauergrünland genutzt und so gegen eine angepasste Siedlungs- und Infra- Erosion sehr gut geschützt. Etwas anders strukturentwicklung, d. h. den sparsamen ist die Situation im welligen Hügelland der und schonenden Umgang mit Grund und Vorderrhön. Hier sind die meist fl achgrün- Boden unterstützt werden. digen Talfl anken und Hangbereiche der steil eingetieften Flüsse auch ackerbaulich genutzt. Modelle, die den Bodenabtrag bei Zunahme der Siedlungs- und den natürlichen Ausgangsbedingungen Verkehrsfl äche und der aktuellen Nutzung abzuschätzen In den drei Landesteilen des Biosphä- versuchen, berechnen für diese Lagen groß- renreservats waren 2004 die Anteile der fl ächig mittlere Bodenabträge von über fünf Siedlungs- und Verkehrsfl äche an der Tonnen pro Hektar und Jahr. Ein solcher Gesamtfl äche geringer als im jeweiligen Abtrag liegt deutlich über der natürlichen Landesdurchschnitt. Aber der Zuwachs Bodenneubildungsrate. Das bedeutet, hier zwischen 1992 und 2004 war immens geht Boden verloren, wenn nicht gezielte und lag deutlich über dem Zuwachs in Maßnahmen des Erosionsschutzes ergriff en den Ländern. werden. Auch die Gefährdung der Böden durch Diese Entwicklungen sind typisch für Verdichtung ist je nach Bodentyp und ländliche Räume, in denen nach wie vor Nutzung sehr unterschiedlich. Im Bio- weniger sparsam und schonend mit Bo- den umgegangen wird als in städtischen Gebieten. Das Biosphärenreservat bleibt bis heute ohne Vorbildfunktion. 2 4 UMWELTBERICHT RHÖN

Waldgesundheit – eine Mammutaufgabe

Waldschäden haben komplexe Ursachen C4: Waldzustand Der Wald ist ein komplexes und vielfältig Der Gesundheitszustand des Waldes ist beeinfl usstes Ökosystem. Die Witterung von besonderer Bedeutung für den Natur- hat erhebliche Wirkungen auf alle Lebens- haushalt und die Forstwirtschaft. Nur wenn vorgänge im Wald. Sie wirkt unmittelbar die Bäume gesund bleiben, können wir die auf den Stoff wechsel, die Vitalität und das forstlichen Ressourcen nachhaltig bewirt- Wachstum der Waldbäume. Die Boden- Aufgrund der mangelnden Auswer- schaften und sicherstellen, dass der Wald lebewesen werden ebenso wie Schadorga- tungsmöglichkeit sind keine spezi- seine Wohlfahrtsfunktionen erfüllen kann. nismen von Temperatur und Niederschlag fi schen Bewertungen für das Das bedeutet, dass Schäden auf Grund von beeinfl usst. Der Einfl uss außergewöhnlich Biosphärenreservat möglich. Schadstoff einträgen, Klimaänderungen trockener oder auch nasser Jahre wirkt häu- oder anderen Störungen weitestgehend zu fi g noch über mehrere Jahre nachteilig nach. vermeiden oder wenigstens zu vermindern sind. Wälder fi ltern aufgrund ihrer rauen Kro- nenoberfl äche deutlich mehr Schadstoff e Kronenzustand - bewährter Weiser für aus als unbewaldete Flächen. Sie werden den Gesundheitszustand des Waldes durch Stoff einträge direkt über die Nadeln Der Kronenzustand der Bäume ist der und indirekt über einen veränderten bekannteste und am längsten verwendete Stoff haushalt im Boden und Bodenwasser Indikator, um den Gesundheitszustand des beeinträchtigt. Waldes auf großer Fläche und mit einfa- chen Methoden zu beschreiben. Haupt- Waldzustandserhebung merkmal bei der jährlichen und systemati- Das Biosphärenreservat Rhön ist in das schen Erhebung des Kronenzustands ist die bundesweite Netz der jährlichen Wald- Kronenverlichtung durch den Verlust von zustandserhebung eingebunden. Sie erfolgt Nadeln und Blättern. Zusätzlich werden in einem rasterförmigen Stichprobennetz. Auff älligkeiten wie Vergilbungen, Insek- Allerdings lassen sich die Erhebungen für ten- oder Pilzbefall sowie der Umfang der das Biosphärenreservat nur für die Jahre Fruchtbildung eingeschätzt. auswerten, in denen in einem räumlich ver- dichteten Netz erhoben wurde. Das letzte länderübergreifend auswertbare Jahr ist demnach das Jahr 1997. Für eine länderspe- Anteil der Schadstufen in 1997 zifi sche Auswertung reichen die Daten auch des verdichteten Netzes nicht aus. Die Witterung im Jahr 1997 war für die Bäume eher günstig. Mit Blick auf die Schäden an den Laubbäumen Verhältnisse in den Jahren 1995 und Die Fichte ist in der Rhön die Baumart mit 2003 war es ein normales Jahr ohne den geringsten sichtbaren Schäden. Am besondere Auff älligkeiten. schlechtesten geht es der Eiche. Der Vergleich des Waldzustands im Die auch im Jahr 2006 noch sichtbaren Biosphärenreservat mit dem in den Auswirkungen des extremen Trockenjahrs drei Bundsländern zeigt: Das Bios- 2003 auf den Kronenzustand dürften auch phärenreservat schneidet schlechter in der Rhön gegeben sein. ab als Bayern, aber besser als Hessen und Th üringen. UMWELTBERICHT RHÖN 2 5

Gewässer – Lebensadern der Rhön

Strukturausstattung, d.h. der Zustand von C5: Gewässerqualität Gewässersohle, Ufer und Aue, bestimmen Die Hohe Rhön scheidet das Wasser der die Lebensbedingungen in und an unseren Einzugsgebiete von Rhein und Weser. Gewässern. Naturnahe Gewässer sind Aus- Ulster, Fulda, Haune, Felda und Herpf ent- breitungswege für Tiere und Pfl anzen. Die wässern die Rhön in Richtung Weser. Die natürlichen Gewässerstrukturen können Gewässer Streu, Brend und Sinn sind Teil jedoch durch wasserbauliche Maßnahmen des Rhein-Main-Systems. Besonders die verschiedener Art verändert werden. ■ Rhöngewässer haben überwiegend zahlreichen Quellbäche und Bachoberläufe gute biologische und chemische sowie Teile der Mittelläufe der Flüsse im Die meisten Fließgewässer im Biosphären- Gewässergüte Biosphärenreservat sind noch relativ natur- reservat sind mit ihren Mäandern, Gehölz- nah und von großer struktureller Vielfalt. säumen und vorwiegender Grünlandnut- ■ Gewässerstruktur günstiger als im zung in der Aue noch relativ naturnah. bundesdeutschen Durchschnitt Biologische Gewässergüte – erhebliche Auwälder sind jedoch meist nur noch rudi- – aber 50% der Rhöngewässer er- Verbesserungen erreicht mentär als schmale Galeriewälder erhalten. reichen die Strukturklasse 3 nicht Mit zunehmendem Fortschritt bei der Auch zeigen Erhebungen an ausgewählten Reinigung gemeindlicher und betrieblicher Fließgewässern, dass die natürlichen ■ Für viele Gewässer nach Be- Abwässer von organischen, biologisch ab- Gewässerstrukturen durch verschiedene standsaufnahme in 2004 noch baubaren Stoff en sowie der Verbesserung wasserbauliche Maßnahmen (z. B. Wehre) unklar, ob Ziele der Europäischen von Anlagen zur Lagerung von Jauche und verändert wurden. Mit Renaturierungsmaß- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) Gülle konnte die biologische Gewässergüte nahmen wurde bereits länderübergreifend erreicht werden können. im Gebiet des Biosphärenreservats in den begonnen. letzten ca. 30 Jahren deutlich verbessert werden. Im thüringischen Teil haben nach Europäische Wasserrahmenrichtlinie der Wende zügig umgesetzte Maßnahmen Mit der Wasserrahmenrichtlinie wurde der Abwasserreinigung dazu geführt, dass erstmalig eine EU-weit harmonisierte der Anteil von Gewässern mit Gewässer- Rechtsgrundlage zum Schutz der Ge- güteklasse II (mäßig belastet) von 16% wässer geschaff en. Bis 2015 sollen alle Ge- in 1991 auf 66% in 2001 erhöht werden wässer einen „guten chemischen und ökolo- konnte. Heute erreichen im gesamten gischen Zustand“ erreichen. Ob dieses Ziel Biosphärenreservat nur noch ungefähr 5% für alle Gewässer der Rhön erreicht werden der kartierten Gewässer die angestrebte kann, ist noch unklar. Zur Beurteilung wer- Gewässergüteklasse II nicht. den weitere Erhebungen durchgeführt.

Chemische Gewässergüte sehr positiv Anteil der kartierten Gewässer- Neben der biologischen werden an ausge- strecke an den Gewässerstruk- wählten Gewässermessstellen im Biosphären- turklassen reservat auch chemisch-pysikalische Größen wie zum Beispiel die Wassertem- Die Gewässer im Biosphärenreservat peratur, der pH-Wert, die Sauerstoff kon- haben im Vergleich zum bundesweiten zentration und die Konzentration von Durchschnitt eine wesentlich natürli- Nährstoff en erfasst. Aus ihnen wird der chere Struktur. chemische Gewässergüte-Index ermittelt. Dennoch sind über 50% der Gewässer- Er ist in den untersuchten Gewässern der strecken in der Rhön als deutlich bis Rhön generell hoch. Das bedeutet, die vollständig verändert einzustufen und Gewässer sind nur gering oder mäßig belas- erreichen die mindestens angestrebte tet. Einige Gewässerabschnitte sind sogar Strukturklasse 3 nicht. gänzlich unbelastet. Auch im Biosphärenreservat besteht daher erheblicher Viele natürliche Gewässerstrecken Bedarf, durch nachhaltige Wasserqualität, Abfl ussdynamik und Gewässerentwicklung die Deutschland Gewässerstrukturen zu ver- Biosphärenreservat Rhön bessern. 2 6 UMWELTBERICHT RHÖN

Wasserhaushalt – eine komplexe Steuerungsaufgabe

tionsräumen, Entwässerung in der Fläche C6: Abfl ussgeschehen und und Versiegelung können diese Situation Grundwasserstand verschärfen.

Sowohl der Abfl uss von Fließgewässern als Wichtige Maßnahmen zum Hochwasser- auch der Grundwasserstand sind dynami- schutz bestehen darin, Überschwemmungs- sche Elemente im Landschaftshaushalt. bereiche konsequent von Bebauung oder ■ Regionale Klimamodelle sagen Natürlicherweise treten Gewässer in Ab- sonstigen Versiegelungen freizuhalten. Erhöhung insbesondere der hängigkeit von Niederschlagsereignissen Winterniederschläge voraus - und der Schneeschmelze immer wieder Ausreichende Wasserführung in Folge wird das Hochwasser- über ihre Ufer. Auch in der Rhön sind Zugleich ist aber auch ein gewisser Mindest- risiko in der Rhön steigen. viele der Fließgewässer in ihrer Struktur abfl uss der Fließgewässer sicherzustellen, verändert, um vor allem Siedlungen und denn die Tiere und Pfl anzen der Gewässer ■ Derzeit keine Hinweise, dass Verkehrswege vor Überschwemmungen zu benötigen eine ausreichende Wasserführung, Grundwasserentnahmen zur schützen und einen raschen Abfl uss zu er- um überleben zu können. Schwierigkeiten Trinkwassergewinnung im möglichen. Hochwässer nehmen wir heute können insbesondere dort entstehen, wo Biosphärenreservat Aus- zumeist als Bedrohung wahr. Wasserentnahmen, z. B. zur Energie- wirkungen auf den Grund- umwandlung, den Abfl uss reduzieren oder wasserstand haben Klimaveränderung bringt steigende sogar zu einem zeitweiligen Trockenfallen Hochwassergefahr der Gewässer führen. Wasserentnahmen Die vorhergesagten Klimaänderungen wer- bedürfen der Erlaubnis. Wenn Trockenpe- den Auswirkungen auf den Wasserhaushalt rioden wie vorhergesagt künftig zunehmen in der Rhön haben. Sie stellen neue Anfor- werden, müssen diese Erlaubnisse an die derungen an das Management der Gewäs- sich verändernde Abfl usssituation angepasst ser und ihrer Wassereinzugsgebiete. Infolge werden. zunehmender Winterniederschläge wird die Häufi gkeit von Hochwasser- Grundwasserstände – natürliche ereignissen steigen. Eine Gefährdung von Schwankungen Siedlungen kann in der Rhön vor allem an Die Grundwasserstände der im Biosphä- den Unterläufen der größeren Fließgewäs- renreservat gelegenen Messstellen schwan- ser entstehen, wo die Bebauungen bis in die ken jahreszeitlich und zeigen außerdem Überschwemmungsgebiete vorgedrungen oft mehrjährige Bewegungen, die sich sind. Maßnahmen an den Fließgewässern periodisch wiederholen und die jahreszeit- wie Begradigungen, der Verlust von Reten- lichen Grundwasserspiegelschwankungen überlagern können.

Aufgrund der Trinkwasserentnahmen im Abfl üsse im Jahresverlauf Biosphärenreservat auch für die Region In Abhängigkeit von der Größe ihrer Einzugsgebiete unterscheidet sich die Wasser- Main-Rhön wird immer wieder spekuliert, führung der Fließgewässer im Biosphärenreservat. Gemeinsam haben sie jedoch, dass dies könnte Auswirkungen auf den Grund- sich nahezu 75% des Jahresabfl usses auf das Winterhalbjahr zwischen November und wasserstand insbesondere in unmittelbarer April konzentriert. Insbesondere im Zusammenhang mit der Schneeschmelze ereig- Nähe der Brunnen haben. Bislang konnten nen sich Hochwässer häufi g im Winterhalbjahr. solche Konsequenzen aber nicht nachge- wiesen werden. Dies gilt auch für Gebiete wie das bayerische „Kellersbachtal“, in denen bereits seit langer Zeit Wasserentnahmen stattfi nden. 3

Die Klimaszenarien sagen eine zunehmende Grundwasserneubildung voraus. Allerdings wird es zugleich auch zu wesentlich größe- ren Schwankungen und damit zu häufi ge- ren Extremen kommen. UMWELTBERICHT RHÖN 2 7

Land der off enen Fernen

Nutzung werden größer, die Nutzungen C7: Landschaft und Land- wechseln nicht mehr so stark von Parzelle schaftsentwicklung zu Parzelle. Es wird angenommen, dass die Bildung größerer betrieblicher Einheiten Die Landnutzung im Biosphärenreservat ist zwangsläufi g den Verlust von Kleinstruk- Ausdruck der naturräumlichen, wirtschaft- turen wie z. B. Hecken zur Folge hat. lichen und sozio-kulturellen Bedingungen Grundsätzlich dürfte dieser Verlust im und ist über Jahrhunderte geformt worden. Grünlandgebiet weniger dramatisch aus- ■ Ausdehnung von Grünland- Die Rhön als „Land der off enen Fernen“ fallen als in Ackerbaugebieten. fl ächen und Wald annähernd konnte trotz einschneidender Veränderun- stabil gen der Rahmenbedingungen insbesondere Noch große unzerschnittene Räume für die Land- und Forstwirtschaft ihren Über die Hälfte des Biosphärenreservats ■ Landnutzung wird einheitlicher, einzigartigen Charakter bewahren. Sie ist ist als unzerschnittener Raum eingestuft. weil Betriebseinheiten größer noch heute eine nur wenig bewaldete und Das sind Landschaftsausschnitte, die werden – Landschaft verliert an sehr extensiv genutzte Mittelgebirgsland- nicht durch Straßen mit einer Verkehrs- Nutzungsvielfalt – Gefahr, dass schaft. stärke von über 1.000 Fahrzeugen am Tag Kleinstrukturen verloren gehen zerschnitten werden und die größer als Große zusammenhängende Räume, die 100 km2 sind. Die Steuerung der Sied- ■ Über die Hälfte des Biosphären- nur wenig von Siedlungs- und Verkehrs- lungs- und Verkehrsfl ächenentwicklung im reservats als unzerschnittener fl ächen zerschnitten und verlärmt sind, sind Biosphärenreservat muss darauf abzielen, verkehrsarmer Raum klassifi ziert, heute eine Seltenheit. Sind diese Qualitäten die vorhandenen unzerschnittenen Räume d. h. 21% mehr als im Bundes- verlorengegangen, lassen sie sich – wenn zu erhalten. durchschnitt überhaupt - nur mit hohem Aufwand wie- der herstellen. Für viele Tier- und Pfl anzen- arten bedeutet eine weitere Zerschneidung und Verinselung der Landschaft den unwie- derbringlichen Verlust ihres Lebensraums.

Verteilung der Hauptnutzungsformen nur wenig verändert Die Verteilung der Hauptnutzungsformen im Biosphärenreservat hat sich in den letz- ten Jahren nicht grundlegend verändert. Unzerschnittene verkehrsarme Die Waldfl äche hat nur sehr geringfügig Räume zugenommen. Der Umfang der landwirt- Thüringen schaftlichen Nutzung ist im Wesentlichen Im thüringischen Teil des Biosphären- erhalten geblieben. Allerdings gab es Ver- reservats können noch rund 80 % der schiebungen von der Acker- zur Grünland- Fläche als unzerschnitten kategorisiert nutzung. Die Siedlungs- und Verkehrs- werden, im hessischen Teil sind es fl äche nahm in einem Umfang zu, der den noch ungefähr 26 %. Bayern liegt mit Zielen einer nachhaltigen Flächen- und 55 % im Mittelfeld. Bodennutzung im Biosphärenreservats Hessen zuwiderläuft. Die Flächenanteile liegen deutlich über dem jeweiligen Landesdurchschnitt Veränderte Strukturen sowie über dem Bundesdurchschnitt. Umstrukturierungen im landwirtschaft- Dies ist ein Zeichen für die hohe lichen Sektor haben zur Folge, dass die naturschutzfachliche Bedeutung der betrieblichen Einheiten immer größer Rhön. werden. Freiwerdende Flächen werden Bayern von den weiter bestehenden Betrieben übernommen. Die Landnutzung wird da- durch einheitlicher, d.h. Bereiche gleicher 2 8 UMWELTBERICHT RHÖN

Hohe Biodiversität – zentrales Leitbild des Biosphärenreservats

schen Erhebungen zur Bestandsentwick- C8: Entwicklung von lung der Zielarten im Biosphärenreservat. Zielarten Einzeluntersuchungen bilden durchaus unterschiedliche Situationen ab. Gesicherte Wie der Mensch sollen im Biosphärenre- Aussagen zum Erfolg von Schutzbe- ■ Keine großräumigen Verluste servat auch Tiere und Pfl anzen dauerhaft mühungen lassen sich bisher nur in wenigen bei den Ziel-Pfl anzenarten, Lebensraum fi nden. Dies gilt nicht nur für Fällen treff en. zu denen es Daten gibt – Ent- die besonders seltenen und gefährdeten wicklung in einzelnen Gebieten Arten, für deren Erhaltung die Rhön auf Beispiele von Entwicklungstrends – verläuft sehr unterschiedlich überregionaler oder gar auf nationaler oder Zielarten in Wäldern ... ■ Je nach Tierart entwickeln sich internationaler Ebene besondere Verant- Die Wälder der Rhön bieten mit ihrem Bestände unterschiedlich – bei wortung trägt. Auch für die noch häufi gen hohem Laubbaum- und Altholzanteil gute einzelnen Tierarten positive Arten müssen Bedingungen geschaff en Lebensraumbedingungen für zahlreiche Trends, in anderen Fällen wie werden, die ihren Bestand dauerhaft sichern Zielarten. Systematische Beobachtungen dem des Birkhuhns zeichnen sich können. von Fledermauskolonien im Biosphären- Bestandsgefährdungen ab reservat ergaben zum Beispiel, dass sich Zielarten –Konzentration von Erhal- mehrere Fledermausarten wie die Mops- tungsmaßnahmen fl edermaus, der Kleine Abendsegler oder Um die Maßnahmen zur Erhaltung der die Bechsteinfl edermaus erfolgreich im Biodiversität im Biosphärenreservat ziel- Biosphärenreservat fortpfl anzen bzw. dort gerichtet planen und umsetzen zu können, überwintern. wurden so genannte „Zielarten“ bestimmt. Sie stehen für Landschafts- und Lebens- ... im Halboff en- und Off enland raumtypen, auf deren spezifi sche Qualitä- Viele Arten des Halboff en- und Off enlands ten sie in ihrem Überleben angewiesen sind. haben im „Land der off enen Fernen“ ihr Man kann davon ausgehen, dass mit dem Zuhause. Die Bestände von Vogelarten Schutz dieser Zielarten auch eine Viel- wie Bekassine, Raubwürger und Neun- zahl anderer Tier- und Pfl anzenarten mit töter haben in den letzten Jahren von den ähnlichen Lebensraumansprüchen in ihrem Pfl egemaßnahmen im Naturschutzgebiet Bestand erhalten werden kann. Lange Rhön (Entbuschung und regelmä- ßige Mahd) profi tiert. Dies gilt auch für Gesicherte Aussagen kaum möglich zahlreiche Pfl anzenarten. Bislang fehlt es weitgehend an systemati- Auch auf den thüringischen Grünland- Bestandsentwicklung des Großen Mausohrs fl ächen zeigen Extensivierung und Biotop- pfl ege positive Wirkungen auf zahlreiche Das Überleben der Fledermäuse hängt neben der Sicherung der Quartiere wesent- anspruchsvolle und gefährdete Lebens- lich auch von der Erhaltung sowie angemessenen Bewirtschaftung und Pfl ege ihrer raumspezialisten, unter ihnen vor allem Lebensräume ab. Der steigende Laubbaum- und Altholzanteil in den Wäldern des Insekten- und Pfl anzenarten. Biosphärenreservats fördert die Bestandsentwicklung der den Wald nutzenden Fle- dermäuse. Hierzu gehört unter anderem das Große Mausohr. Die Anzahl der Tiere Dennoch gibt es auch im Bereich des Halb- in sieben Kolonien in der Rhön und im angrenzenden Grabfeldgau ist seit den 1980er off en- und Off enlandes kritische Bestands- Jahren angewachsen. entwicklungen.

Im Naturschutzgebiet Lange Rhön liegen für einige Insektenarten, zu denen es Daten gibt, Hinweise auf Bestandsrückgänge vor. Dies gilt insbesondere für Libellen. Das bedeutet, dass die Managementziele für das Naturschutzgebiet in Bezug auf die Insekten-Zielarten bisher nur z. T. erreicht wurden. UMWELTBERICHT RHÖN 2 9

Auch das Birkhuhn ist nach wie vor stark in seinem Bestand gefährdet.

... auf den feuchten und nassen Stand- orten In Feuchtwiesen, Feuchtgrünländern, Quellsümpfen und Mooren ist der Er- haltungszustand der Vegetation und der an diese gebundenen Zielarten (Tier- und Pfl anzenarten) grundsätzlich günstig. Nut- zung und Pfl ege konnten hier so gestaltet werden, dass sich die Bestände positiv ent- wickeln. Ferner ist es gelungen, erhebliche Beeinträchtigungen wie Entwässerungen zu verhindern.

Gefahr durch invasive Arten Nichtheimische und sich massiv ausbreiten- de, so genannte „invasive Arten“, können zur Bedrohung für die heimische Biodiversität werden.

So breitet sich die nicht in der Rhön heimi- sche Stauden-Lupine im bayerischen und hessischen Teil des Biosphärenreservats sowie im Bereich des „Grünen Bands“ ent- lang der ehemaligen innerdeutschen Grenze stark aus. Sie gefährdet naturschutzfachlich hochwertige Flächen, indem sie düngend wirkenden Stickstoff aus der Luft bindet und damit nährstoff arme Standorte dauer- haft eutrophiert. Geeignete Gegenmaßnah- men sind erforderlich, um die Standortqua- litäten und Arten erhalten zu können. Birkwildbestand

Förderbedingungen für Landschafts- Das Birkhuhn ist Zielart zur Erhaltung der Lebensräume in der Hochrhön. pfl ege erhalten Die Rhön trägt bundesweite Verantwortung für die Erhaltung dieser Art. Die im Die Fortsetzung der pfl eglichen Nutzung Biosphärenreservat umgesetzten Maßnahmen zum Birkhuhnschutz konnten der traditionellen Kulturlandschaft der dessen Aussterben in der Rhön bislang verhindern, während andernorts die Rhön ist von staatlichen Förderprogram- Birkhuhnvorkommen weiter rückläufi g waren bzw. erloschen sind. Allerdings ist der men abhängig. Sollten sich hier zukünftig Bestand seit Jahren so niedrig, dass Anlass zu großer Besorgnis gegeben ist. fi nanzielle Einschränkungen oder gravieren- de inhaltliche Umstrukturierungen ergeben, werden nachteilige Auswirkungen auf die schützenswerten Pfl anzen- und Tierbestän- de unvermeidlich sein.

Hähne Hennen 3 0 UMWELTBERICHT RHÖN

Rhön – eine Arche Noah

Pfl aume und ebenso viele unbekannte C9: Verbreitung von Sorten kultiviert werden. Kulturrassen und Sorten Zwischen 1993 / 1994 und 2002 sind Das Biosphärenreservat ist von einer allein im bayerischen Teil 4 % der Streu- hohen landschaftlichen und standörtlichen obstfl äche verloren gegangen. Für 70 % Vielfalt geprägt. Die traditionellen land- des Flächenverlustes ist die fortschreitende wirtschaftlichen Nutzungen haben über Bebauung die wesentliche Ursache. Jahrhunderte hinweg auf diese Standort- Neupfl anzungen, die aus Programmen verhältnisse reagiert und spezifi sche und des Naturschutzes und Landschaftspfl ege vielfältige Nutzungsformen der Kultur- bzw. der Landwirtschaft gefördert werden, landschaft herausgebildet. Diese beruhen können die Verluste nicht vollständig u.a. auf der Zucht und Kultivierung speziell wettmachen. Ohne die Aktivitäten der angepasster Rassen und Sorten. Nutzungs- Rhöner Apfelinitiative e.V., die in der intensivierung einerseits und Nutzungsauf- Region fi nanziell wie ideell eine große gabe andererseits gefährden diese kulturell Wertschätzung des Rhöner Streuobstes bedingte Vielfalt. erzeugt hat, wäre der Rückgang allerdings ■ Streuobstbestand ist leicht noch wesentlich größer. rückläufi g Streuobst – blühende Vielfalt Streuobst hat früher in der Rhön eine große Rhönschaf – Sympathie- und Werbe- ■ Bestand an Rhönschafen und Rolle gespielt für die Selbstversorgung mit träger für das Biosphärenreservat Rhönschafbetrieben hat Obst und Säften und für die Herstellung Das Rhönschaf ist in der Rhön das deutlich zugenommen von Obstspirituosen. Nachdem ab den bekannteste Beispiel für eine regional 1960er Jahren zunehmend Tafelobst aus bedeutsame und erhaltenswerte Kultur- anderen Regionen Deutschlands und dem rasse. Von den 2004 bundesweit registrier- Ausland importiert wurde, verlor der ten 6.860 Rhönschafen wurden 48 % im Streuobstanbau jedoch seine Bedeutung. Bereich des Biosphärenreservats gehalten. Im Biosphärenreservat gab es 1993 / 1994 Die Rhön trägt damit eine besondere etwas mehr als 1.000 Hektar Streuobst- Verantwortung für die Erhaltung dieser fl äche. Einige Rhöner Dörfer sind noch Schafrasse. Nach einem starken Bestands- heute von einem intakten Streuobstgürtel einbruch um 1960 ist der Bestand in- umgeben bzw. vom Streuobstbau geprägt. zwischen wieder stark gewachsen. In der Eine Obstsortenbestimmung 1996 ergab, Rhön weideten 2005 wieder 3.324 Mutter- dass im Biosphärenreservat über 200 tiere, das heißt 2 1⁄2-mal so viele wie noch bekannte Sorten von Apfel, Birne und 1995. Im gleichen Zeitraum ist auch die Anzahl der Herdbuchzuchtbetriebe von 18 auf 31 angestiegen. Das Rhönschaf gilt Streuobstfl ächen in den heute international und national nicht mehr Gemeinden als akut bedroht. Thüringen Das Streuobst spielt in den Gemeinden des Biosphärenreservats eine unter- Bestandserhaltend sind insbesondere die schiedliche Rolle. Die Gemeinden mit inzwischen aufgebauten Vermarktungs- der größten Streuobstfl äche sind in strukturen, die den Direktverkauf und Bayern Markt Burkardroth und Sand- die Zusammenarbeit mit der örtlichen Gastronomie fördern. Über die erfolgreiche Hessen berg, in Hessen die Stadt Tann und in Th üringen die Gemeinde Rockenstuhl. Vermarktung hinaus profi tiert die Rhön- Die Gemeinde Hausen bemüht sich schaf-Haltung von staatlichen Prämien. mit Streuobstlehrpfad und Sortener- haltungsgarten besonders um die Bayern Erhaltung ihres intakten, ortsprägenden Streuobstgürtels. UMWELTBERICHT RHÖN 3 1

Laue Lüfte und grüne Hügel in der Rhön?

dass sich bei weiterer winterlicher Erwärmung C10: Klimawandel die Mächtigkeit der Schneedecke deutlich Der globale Klimawandel schreitet voran, verringern und es zu einem häufi geren Auf- und im Biosphärenreservat Rhön werden und Abbau der Schneedecke in den tieferen sich wie in ganz Deutschland, den Klima- und mittleren Lagen kommen wird. projektionen zufolge, die Temperaturen und das Niederschlagsverhalten verändern. Aufgrund der schlechteren Schneeverhält- Einige dieser Veränderungen vollziehen sich nisse wird der Wintertourismus in der Rhön schleichend und für den einzelnen nicht Einbußen erleiden. Im Sommer werden da- immer merklich. Andere, insbesondere gegen höhere Temperaturen und geringere heftiger auftretende Extremereignisse, wer- Niederschläge den Raum für Wanderer und den dagegen die fortschreitenden Prozesse Radfahrer möglicherweise attraktiver machen. des Klimawandels ins Bewusstsein rücken. Noch unklare Perspektiven für Biodi- Aufgrund der Mittelgebirgslage werden versität und Landnutzung in der Rhön Temperaturveränderungen in Zu den möglichen Auswirkungen des absehbarer Zeit nicht - wie im Tiefl and - Klimawandels auf die Biodiversität sind bis- ■ Klimaprojektionen zufolge werden zu Extremwerten führen. Aber auch die lang noch keine spezifi schen Aussagen für Klimaveränderungen – auch wenn auf den ersten Blick eher geringen Ver- die Rhön möglich. Der Klimawandel liefert sie in der Rhön weniger extrem änderungen werden vermutlich weitrei- zusätzliche Argumente für den bereits zügig ausfallen als im Flachland – weit- chende Auswirkungen haben. fortschreitenden Waldumbau von Nadel- wäldern hin zu mehr Laubwäldern, denn reichende Auswirkungen auf nahezu alle Lebens- und Wirt- Es wird wärmer, vor allem im Winter die Buche wird zusammen mit anderen schaftsbereiche im Biosphären- In den letzten 70 Jahren ist es in der Rhön Laubbaumarten unter den veränderten Kli- reservat haben bereits wärmer geworden. Im Bereich der mabedingungen stabilere Bestände bilden. bayerischen Rhön, für den detailliertere Daten zur Verfügung stehen, lagen die Die Landwirtschaft ist in besonderer Erwärmung bei ca. 0,6 °C. Sie wird sich Weise von Klimaänderungen betroff en. den Vorhersagen zufolge fortsetzen. Für die Ackerfrüchte muss, sofern keine Anpassungsmaßnahmen stattfi nden, in der Kaum Veränderungen des Jahres- Tendenz mit Ertragseinbußen gerechnet niederschlags werden. Das Grünland wird voraussichtlich Seit den 1930er Jahren hat sich die jährliche zwar mehr Ertrag bringen, allerdings wird Niederschlagssumme in der Rhön kaum die Ertragssicherheit abnehmen. verändert. Auch für die Zukunft, zumindest bis zum Ende des 21. Jahrhunderts, sind – den Projektionen zufolge – keine gravierende Zunahme der Jahresmitteltemperatur – Modellierungsergebnisse für die Änderung bei den Jahressummen zu erwarten. Station Wasserkuppe Allerdings werden das Winterhalbjahr feuch- ter und das Sommerhalbjahr trockener. Dies Auf der Wasserkuppe soll sich die Jahresmitteltemperatur den Klimaprojektionen des wird Auswirkungen auf den Wasserhaushalt Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaveränderungen (IPCC) zufolge bis zum Ende haben, denn der im Winter üppiger fallende des Jahrhunderts (2071/2100) um ca. 1,7 bis 2,2 °C gegenüber dem 30-Jahreszeitraum Niederschlag wird bei gleichzeitig höheren 1971/2000 erhöhen. Die stärkste Temperaturerhöhung wird sich in den Wintermonaten Temperaturen zu großen Teilen als Regen von Dezember bis Februar vollziehen, aber auch der Sommer wird deutlich wärmer niedergehen. wwerdenerden als heute. Für ddenen Herbst und das Weniger Schnee FFrühjahrrühjahr werden In den Hochlagen der bayerischen Rhön hat dadagegengegen nur leichte die Schneedeckendauer in den letzten ca. 40 EErwärmungenrwärmungen vorher- Jahren bereits um 10 bis 20 % abgenommen, ggesagt.esagt. im südwestlichen Teil sogar um bis zu 30 %. Für die Zukunft kann angenommen werden, 3 2 UMWELTBERICHT RHÖN

Reine Luft über der Rhön?

C11: Luftqualität Die zum Schutz der menschlichen Ge- sundheit für die Luftschadstoff e NO2, SO und Feinstaub erlassenen Grenzwerte Das Biosphärenreservat Rhön ist - sieht 2 man vom Verkehr ab - ein Gebiet abseits werden auf der Wasserkuppe eingehalten. Die NO - und SO -Konzentrationen liegen größerer Emittenten. Bezüglich der Schad- 2 2 in der Rhön auf einem niedrigen bzw. sehr stoff komponenten NO2, SO2 und Fein- staub zeichnet sich die Rhön daher auch niedrigen Niveau. ■ Rhön ist stark ozonbelastet durch eine gute Luftqualität aus. Dennoch – Station Wasserkuppe ist auch dieses Gebiet nicht frei von Luft- Künftige Entwicklung der Feinstaub- gehört deutschlandweit zu schadstoff en. Die weite Verfrachtung von belastung überwachen Spitzenreitern beim Über- Schadstoff en und die spezifi schen Bildungs- Die Entwicklung der Feinstaubbelastung schreiten der Informations- prozesse von Ozon führen dazu, dass hier sollte in Zukunft kritisch beobachtet schwelle – EU-Zielwerte Belastungen entstehen können, welche die werden. Insbesondere die Zunahme der können vermutlich bis 2010 menschliche Gesundheit und die Vegeta- privaten Holzfeuerungen birgt die Gefahr nicht erreicht werden tion beeinträchtigen. steigender Emissionen von Feinstäuben. Die Holzfeuerung wird angesichts steigen- ■ der Preise für fossile Brennstoff e und der Für die Luftschadstoff e NO2, Niedriges Niveau der NO -, SO - und 2 2 großen vorhandenen Holzressourcen in der SO2 und Feinstaub werden Feinstaubbelastung die zum Schutz der mensch- Die Messstation Wasserkuppe wird im Region weiter zunehmen. lichen Gesundheit erlassenen hessischen Messnetz als ländliche Station Grenzwerte an der Mess- zur Ermittlung der Hintergrundbelastung Hohe Ozonkonzentrationen station Wasserkuppe ein- genutzt. Sie repräsentiert damit die in- Die Rhön ist als ländliches Gebiet mit gehalten nerhalb des Biosphärenreservats liegenden geringer Schadstoff belastung aufgrund der emittentenfernen Teilgebiete. Auch wenn spezifi schen Mechanismen der Ozonbil- die auf der Wasserkuppe (950 m ü. NN) dung und des Ozonabbaus für hohe Ozon- gemessenen Werte nicht für das gesamte konzentrationen prädestiniert. Insbeson- Biosphärenreservat gelten, sind sie dennoch dere in höheren Lagen wird bei intensiver charakteristisch für die überwiegend gute Sonneneinstrahlung die Bildung von Ozon Luftqualität in der Rhön. stark begünstigt. Im Gegensatz zu städti- schen Gebieten sind im ländlichen Raum

die NO2-Konzentrationen wegen des gerin- gen Verkehrsaufkommens niedrig, sodass das Ozon über Nacht nur sehr langsam Überschreitungen der Informations- abgebaut wird. Daher treten in ländlichen schwelle für Ozon Gebieten höhere Dauerbelastungen auf. Die Station Wasserkuppe gehört zu den Die von der EU für 2010 gesetzten Ziel- deutschen Spitzenreitern bei der Häufi g- werte zum Schutz der menschlichen Ge- keit des Erreichens der „Informations- sundheit (8-Stunden Mittelwert) und der schwelle“, d.h. eines 1-Stunden-Mittel- Vegetation (AOT40-Wert) werden heute werts von 180 µg Ozon pro Kubikmeter an der Messstation Wasserkuppe noch Luft. Bei Überschreitung dieses Schwellen- deutlich überschritten. werts informieren die Medien. Sie geben Verhaltensempfehlungen und eine Vor- Um diese Ziele 2010 erreichen zu können, hersage zur Entwicklung der Ozon- sind erhebliche Anstrengungen insbeson- Konzentration am nächsten Tag. dere zur weiteren Reduzierung der NOx- Konzentrationen erforderlich. Da diese im Im „Jahrhundertsommer“ 2003 wurde Biosphärenreservat zu über 85 % aus dem die Informationsschwelle auf der Verkehr stammen, gehören Maßnahmen Wasserkuppe an 183 Stunden erreicht zur Minderung der Stickstoff oxid- bzw. überschritten. emissionen im Biosphärenreservat und seinem Umfeld zu den wichtigsten An- satzpunkten zur Sicherung einer guten Luftqualität. UMWELTBERICHT RHÖN 3 3

Was wir (noch) nicht wissen ...

D: Datenverfügbarkeit

Für den integrierten Umweltbericht konnten erstmals in einer umfassenden Weise Daten aus den drei Landesteilen des Biosphären- reservats zusammengetragen und länder- übergreifend ausgewertet werden.

Datenlücken Wenn Daten fehlen, kann dies verschiedene Ursachen haben: • Spezifi sche Daten werden bislang nicht erhoben oder stehen nicht in ausreichen- der räumlicher oder zeitlicher Aufl ösung zur Verfügung. • Die Daten liegen nur in Papierform vor und sind nicht digital aufbereitet, so dass erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich wäre, diese einer Auswertung zugänglich zu machen. • Die Daten unterliegen der (statistischen) Geheimhaltung. • Die Daten sind kostenpfl ichtig und konnten nicht angekauft werden. • Die Zuständigkeit für die Datenerhebung und Datenhaltung hat sich über die Jahre geändert, und die Daten sind nur noch mit großen Schwierigkeiten verfügbar zu machen.

Große Datenlücken bestehen im Bereich der Landkreise reichen aber jeweils weit über Beschränkungen durch den Datenschutz naturschutzrelevanten Erhebungen. Zur Ent- das Biosphärenreservat hinaus und umfas- In Deutschland unterliegen umfangreiche wicklung von Flora und Fauna liegen kaum sen somit umliegende Städte und Gebiete Datensätze u.a. für Bereiche der Landwirt- Zeitreihen vor. Es sind in der Vergangenheit intensiver Nutzung mit gänzlich anderen schaft und des Tourismus der statistischen zwar sehr viele Daten erhoben worden, aller- Charakteristika. Landkreisbezogene Daten Geheimhaltung. Dies gilt insbesondere für dings nicht im Rahmen eines systematischen sind daher für das Biosphärenreservat nur Daten, die auf Gemeindeebene erhoben und regelmäßigen Monitorings. Um für die sehr bedingt aussagekräftig. worden sind. Wird in den Gemeinden eine Zukunft in diesem zentralen Aufgabenfeld kritische Anzahl von Betrieben unterschrit- eines UNESCO-Biosphärenreservats gesicher- Die landes- und bundesweiten Beobach- ten, werden die Daten nicht mehr freigege- te Aussagen treff en zu können, sind verbind- tungsprogramme gehören zu den wich- ben, da dann Rückschlüsse auf die Situati- liche und langfristige Absprachen zwischen tigsten Datenquellen. Ihre Messstellen on der einzelnen Betriebe möglich werden. den drei Ländern über ein Basis-Monitoring- und Beobachtungsfl ächen werden nach Das bedeutet, auch wenn es Daten gibt, programm zu Arten und Lebensräumen Kriterien der landes- oder gar bundeswei- können diese nicht oder nur eingeschränkt unumgänglich. ten Repräsentativität ausgewählt. Für das genutzt werden. Biosphärenreservat liefern diese Erhebun- Landkreisbezogene Daten kaum aussage- gen daher zumeist nur punktuelle und kräftig keine fl ächendeckend gültigen Aussagen. Für mehrere Datensätze aus statistischen Wertet man bestimmte Daten jedoch län- Erhebungen besteht das Problem, dass derübergreifend aus, so lassen sich durchaus diese nicht auf Gemeindeebene, sondern repräsentative Aussagen für das Gebiet des nur auf Landkreisebene vorliegen. Die Biosphärenreservats treff en. 3 4 UMWELTBERICHT RHÖN

Impressum

Titel: Kooperationspartner, Texte, Bei- Erster integrierter Umweltbericht für träge und Redaktion: das länderübergreifende UNESCO- für Bayern: Biosphärenreservat Rhön (2008) • Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), ISBN gedruckte Kurzfassung: • Bayerische Landesanstalt für Landwirt- 978-3-00-024014-0 schaft (LfL), ISBN digitale Langfassung: • Bayerische Landesanstalt für Wald und 978-3-00-024013-3 Forstwirtschaft (LWF), • Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen Herausgeber: (WWA KG); Bayerisches Staatsministerium für für Hessen: Umwelt, Gesundheit und Verbraucher- • Hessisches Landesamt für Umwelt und schutz (BayStMUGV) Geologie (HLUG), Hessisches Ministerium für Umwelt, • Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen ländlichen Raum und Verbraucherschutz (LLH), (HMULV) • Landesbetrieb Hessisches Landeslabor Th üringer Ministerium für Landwirtschaft, (LHL), Naturschutz und Umwelt (TMLNU) • Hessen-Forst (Hessen Forst), • Nordwestdeutsche Forstliche Bearbeitung, Konzept und Versuchsanstalt; Gesamtredaktion: für Th üringen: Bosch & Partner GmbH, München • Th üringer Landesanstalt für Umwelt www.boschpartner.de und Geologie (TLUG), Dipl.-Ing. Konstanze Schönthaler • Th üringer Landesanstalt für Landwirt- Dipl.-Ing. (FH) Stefan v. Andrian-Werburg schaft (TLL), • Th üringer Landesanstalt für Wald, Jagd HTML-Bearbeitung CD-ROM: und Fischerei (TLWJF). Planungsbüro Dipl.-Ing. Peter Blum, Freising Verzeichnis aller Mitwirkenden: siehe [email protected] Langfassung CD-ROM Kap.A2

Im Auftrag und unter Mitwirkung Bilder: von: siehe Bildnachweis S.35 Bayerischer Verwaltungsstelle Biosphären- reservat Rhön, Regierung von Unterfranken Grafi k/Layout/Bildbearbeitung: Hessischer Verwaltungsstelle Biosphären- Ludwig & Höhne GmbH, Schweinfurt reservat Rhön, Landkreis Fulda www.ludwig-hoehne.de Biosphärenreservat Rhön, Verwaltung Th üringen, TMLNU Druck: Aufl age: 5000 Resch-Druck GmbH, Meiningen Gedruckt auf Recycling-Papier Envirotop matt

Stand: April 2008 Der Bericht wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den- noch nicht übernommen werden. UMWELTBERICHT RHÖN 3 5

Bildnachweis

Abe K.F., ...... S. 0, 3, 5, 14, 20 (oben), 25, 27, 28 (oben) Andrian-Werburg v. S., ...... S. 9 Bauer A., ...... S. 24 (oben) Bayerische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön, ...... S. 29 Bichler-Öttl E.M., ...... S. 10 Hammer M., ...... S. 28 (unten) Hemmrich, ...... S. 16 Hillenberg, ...... S. 29 (oben) HLUG/UBA, ...... S. 6 (unten) Holzhausen J., S. 7 (oben), 19 (unten), ...... 21, 29 (unten) http://www.jenni.ch/picture/AktuellesBild/Baustelle4.jpg, ...... S. 23 Kallenbach C., ...... S. 7 (Mitte) Kuhlmann G., ...... S. 19 (oben) Oed H.G., ...... S. 17, 32 Pilhofer F., ...... S. 26 Pokorny D., ...... S. 11, 15, 18, 22, 30 (oben), 31 Rhön Tourismus GbR, ...... S. 13 Sauer E., ...... S. 7 (unten), 20 (unten), 30 (unten) Schönthaler K., ...... S. 6 (oben) Steinacker L., ...... S. 12 TLWJF, ...... S. 6 (Mitte), 24 (unten)

Hinweis: Die Langfassung des „Ersten integrierten Umweltberichts für das länderübergreifende UNESCO-Biosphärenreservat Rhön“ ist nur digital auf CD-ROM erhältlich. Diese können Sie kostenfrei beziehen unter: [email protected] oder Bayerische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön Oberwaldbehrunger Str. 4 97656 Oberelsbach Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt unter Mitarbeit von Landesanstalten und Landesämtern in Bayern, Hessen und Thüringen