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FAST {{ FORWARD SPORT-LIMOUSINEN Bislang war bei Tempo 250 Schluss. Künftig aber bleibt die Motorbremse ausgeschaltet. Wie fahren sich die ultraschnellen Business-Limousinen? Vier Testfahrten hart am Limit.

TEXT: MICHAEL O. R. KRÖHER • FOTOS: GULLIVER THEIS

162 managermagazin 9/2006 Alpina BMW B7 Motor: V-8-Zylinder, 4398 cm3 Hubraum Leistung: 500 PS (368 kW) Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h Preis: ab 116 400 Euro Perfektes Understatement: Die samtig- elastische Maschine, eine Alpina- Eigenentwicklung, lässt ebenso wenige Wünsche offen wie die Ausstattung.

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Bentley Flying Spur Motor: W-12-Zylinder, 5998 cm3 Hubraum Leistung: 560 PS (411 kW) Höchstgeschwindigkeit: 312 km/h Preis: ab 167 504 Euro Nobler Vetter: Bentleys „Einsteigermodell“ verwendet Technik aus der VW-Großserie, etwa die Maschine. Der Fahr- komfort im Fond ist unübertroffen. s ist der Albtraum der Alpha- tiere: Die dicke Limousine, im ERückspiegel von einem BMW der 7er-Reihe nicht zu unterscheiden, lässt sich auf der Autobahn nicht abschütteln. Egal wie hartnäckig der Pilot des vor- ausfahrenden Viertürers das Gaspedal tritt – der Verfolger bleibt dran. Und zieht souverän vorbei – spätestens, wenn der Gejagte die linke Spur frei macht, weil seine Motorelektronik bei 250 Stundenkilometern zwangsweise das Gas wegnimmt. Das Geheimnis: Der Jäger ist kein ge- wöhnlicher BMW, sondern ein B7 vom Kleinserienhersteller Alpina aus Buch- loe im Allgäu. Ein Geschoss, das 300 Stundenkilometer schafft – und den- noch genauso seriös und solide aussieht wie ein gewöhnlicher 7er. Zumindest für den flüchtigen Betrachter oder beim Blick in den Rückspiegel. Viele Teile stammen aus der Großserienherstel- lung – einschließlich des Kühlergrills mit der „Doppelniere“. Alpina ist so frei, eine Selbstverpflich- tung der Automobilindustrie aus den 80er Jahren zu ignorieren: Ein Tempo- limit, das auch die stärksten und sport- lichsten Modelle bei Tempo 250 auto- matisch abregelt. Bis auf halten sich bislang alle Großserienhersteller daran (siehe Kasten Seite 168). Jenseits der eingebauten Geschwin- digkeitsbegrenzung locken indes lukra- tive Märkte. So sieht sich zum Beispiel Nischenanbieter Maserati (Neuzulas- sungen in Deutschland 2005: 574 Stück), der ausschließlich Nobelkarossen mit Höchstgeschwindigkeiten jenseits von 250 Stundenkilometern verkauft, zwar noch „als exklusive, aber keineswegs exotische Alternative in einem umsatz- starken Segment“, wie CEO Karl-Heinz Kalbfell sagt. Dort malt sich der einstige BMW-Manager für Maserati „Erobe- rungschancen“ aus. Große Teile der Autobranche geben Kalbfell insgeheim recht und halten deshalb die Tempo-Selbstbeschränkung

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Porsche Cayenne Turbo S Motor: V-8-Zylinder, 4511 cm3 Hubraum Leistung: 521 PS (383 kW) Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h Preis: ab 117 530 Euro Bulliges SUV: Der größte Cayenne wiegt voll beladen über drei Tonnen. Jenseits von Tempo 250 braucht der Allrad über 30 Liter Sprit auf 100 km.

bereits für Beschränktheit. Schon im ten, keine automatische Überwachung „So einen Wagen müsst ihr mal vergangenen Jahr tauchten auf den Mes- des toten Winkels („Side Assist“), kei- bauen!“, wünschte sich Schröder von sen erste Studien („Concept Cars“) auf, nen automatischen Spurhalter („Lane seinem Tischnachbarn, Vor- die auch strengste Dienstwagenordnun- Assist“) und keine individualisierten standschef . gen für Oberklasselimousinen erfüllen Warnhinweise – etwa über Gegenstände Was dem ehemaligen „Autokanzler“ könnten und dennoch mühelos in bis- auf der Fahrbahn –, die aus dem Ver- offenbar entgangen war: Ein scharf ge- lang kaum erschlossene Geschwindig- kehrsfunk über das Navigationssystem stylter Viertürer (siehe Kasten Seite 170) keitsregionen vorstoßen würden. Das sofort auf das Zentraldisplay übertragen für Reisegeschwindigkeiten jenseits der Echo war überwältigend. werden. 250-Stundenkilometer-Marke ist bei Was also bislang eine Marktnische für Freilich ist die gesetzte, fast behäbige Porsche längst auf Kiel gelegt. Der Pana- wenige kleine Spieler war, wird in den Dezenz, die für Dienstwagen inzwi- mera soll im Jahr 2009 auf den Markt rol- kommenden Jahren zum Milliardenge- schen quasi als Designstandard gilt, len – über fünf Meter lang, 1,40 Meter schäft. Künftig werden Cheflimousinen vielen Temposüchtigen zu zivil. So hoch und bis zu 560 PS stark aus einem immer öfter mit Tempo 300 unterwegs schwärmte Ex-Bundeskanzler Gerhard turbogeladenen V-8-Zylinder-Motor. sein. Manche sogar noch schneller. Schröder unlängst im kleinen Kreis Davon will Porsche-Chef Wiedeking von der rassigen Eleganz des Maserati mindestens 20 000 Stück pro Jahr ver- AUS TECHNISCHER SICHT ist der Fall der Quattroporte (siehe Foto Seite 168). Der kaufen. Das wären dreimal mehr, als Geschwindigkeitsbarriere weniger be- bietet, wie sein Name besagt, vier Türen etwa Mercedes von seinen großen denklich als vor 25 Jahren. Vor allem die und dahinter jede Menge Platz, Fahr- Sport-Coupés der CL-Reihe im Jahres- aktive Fahrsicherheit hat sich seither komfort und luxuriöse Ausstattung für durchschnitt an den Kunden bringt. enorm verbessert. In den 80ern gab es vier Passagiere. Und ist mit allem Drum Oder von den sehr schnittig gestalteten kein elektronisches Stabilitätsprogramm und Dran noch immer 275 Sachen Modellen der neu kreierten CLS-Reihe. (ESP), keinen Wankausgleich („Active schnell – ohne Spoiler und sonstigen Der Mercedes CLS gilt als sensatio- Body Control“), keinen Bremsassisten- aerodynamischen Firlefanz. neller Erfolg. Die viertürigen Coupés

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Maserati Quattroporte Motor: V-8-Zylinder, 4244 cm3 Hubraum Leistung: 400 PS (294 kW) Höchstgeschwindigkeit: 275 km/h Preis: ab 119 300 Euro (Executive GT) Schicker Italiener: Der Maserati ist derzeit der eleganteste schnelle Viertürer.

sind deutlich teurer als die Limousinen delin Wiedeking, ein viertüriges Modell der E-Klasse, die als technische Basis Freie Fahrt präsentiert. Der Rapide (siehe Kasten dienen. Sie liefern somit exzellente Die Regierung will kein Limit Seite 170) soll in jedem Fall früher star- Deckungsbeiträge. Zudem hat sich Mer- ten als der Panamera, möglicherweise cedes durch die Einführung der CLS- schon im nächsten Jahr. Klasse zusätzliche Märkte erschlossen. Deutschland ist das einzige Industrieland Offenbar sind etliche Kunden bereit, für ohne ein generelles Tempolimit. SPEEDFREAKS BEKOMMEN den viertü- dynamisches Design mehr Geld auszu- Das soll auch so bleiben, selbst wenn rigen Aston allerdings nur in vergleichs- geben als für den Standardlook. demnächst immer mehr Automodelle weise homöopathischen Dosen: Ma- Doch auch der stärkste CL oder CLS schneller fahren können als die ximal 500 Stück will Bez von dem wird – sofern sich kein vorwitziger Tu- 250 Stundenkilometer, bei denen die „exklusiven Highend-Produkt“ pro Jahr ner an der Motorelektronik zu schaffen Industrie ursprünglich einen absetzen, „zu einem hohen Preis“. macht – bei Tempo 250 abgeregelt. Por- Zwangseingriff der Motorelektronik Expertenschätzungen gehen von circa sches Aussichten, mit dem Panamera versprach („Abregelung“). Die „bauart- 250 000 Euro aus – was die Bruttoum- rund zwei Milliarden Euro Bruttoum- bedingte Höchstgeschwindigkeit“ sätze der britischen Nobelmarke, die im satz pro Jahr zu machen, dürften somit übe „keinen unmittelbaren Einfluss auf vergangenen Jahr zum ersten Mal in der auch auf die höhere Endgeschwindig- das Verhaltensrecht im Straßenverkehr“ 90-jährigen Unternehmensgeschichte keit und den daraus herrührenden Pres- aus, so die offizielle Position des schwarze Zahlen schrieb, schlagartig um tigezuwachs zurückzuführen sein. Bundesverkehrsministeriums. Zudem 125 Millionen Euro nach oben ziehen Eine solche Rechnung weckt Begehr- glaubt man dort, dass die Autofahrer ein würde. lichkeiten. Schon hat Ulrich Bez, Chef generelles Tempolimit, etwa bei 200 Natürlich wird auch der Rapide – wie der britischen Ford-Tochter Aston Mar- oder 250, nicht einsehen – und sich alle aktuellen Aston Martins – schneller tin und als ehemaliger Porsche-Manager deshalb auch nicht daran halten würden. fahren als 250 Stundenkilometer. Was ein natürlicher Widersacher von Wen- bei erwartbaren 500 PS aus einer Zwölf-

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Ist Fliegen noch schöner?

Neue schnelle Business-Limousinen von und Porsche : Der Viertürer, der möglicherweise schon im nächsten Jahr auf den Markt kommt, wird von einer Zwölf-Zylinder-Maschine angetrieben und schätzungsweise 250 000 Euro kosten.

Exklusive Anbieter: Kleinere Nischenfabrikate können schneller reagieren. Aston Martin, die teuerste Marke des Ford-Konzerns, will schon im nächsten Jahr einen Viertürer auf den Markt bringen, den Rapide. Das „High- Elegante Viertürer: Der Markt boomt. Schon versuchen die Wettbewerber, den end-Produkt“ (CEO Ulrich Bez) soll Der erste Überraschungserfolg gelang Erfolg nachzumachen: Audi hat die maximal 500-mal pro Jahr gebaut werden. Mercedes im Spätjahr 2004 mit den Studie A7 gezeigt, bei BMW kursieren Porsche will hingegen mindestens schnittigen Modellen der CLS-Reihe, erste Pläne für ein viertüriges Coupé, auf 20 000 Panameras pro Jahr absetzen. basierend auf der Technik der biederen Basis der flotten 6er-Reihe. Allerdings Nur Ferrari hält sich heraus aus dem

E-Klasse. Fast 8000 Stück wurden im brauchen die Massenhersteller etliche neuen Marktsegment. Schnelle Business- FOTOS: ACHIM HARTMANN/MPI, CHRISTIAN SCHULTE/MPI vergangenen Jahr verkauft – obwohl die Jahre für eine solche Modellinnovation. Limousinen, so Fiat-Konzernchef Luca viertürigen CLS-Coupés deutlich teurer Ein viertüriger 6er wäre von BMW nicht di Montezemolo, bleiben die Domäne der sind als die soliden Limousinen. vor dem Jahr 2011 zu erwarten. anderen Konzernmarke Maserati.

Porsche Panamera: Mit der „vierten Baureihe“ aus Stuttgart-Zuffenhausen ist nicht vor 2009 zu rechnen. Ein Acht- Zylinder-Motor soll gut 500 PS liefern.

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Zylinder-Maschine nun wirklich keine nur, wenn die Reifen so hart aufge- Geschwindigkeit. Die Verzögerungs- Mühe machen sollte. pumpt sind, dass sie im Normalbetrieb strecke von 270 auf das Kleinwagen- Tatsächlich reichen 400 PS für eine den Komfort deutlich einschränken tempo ist gut dreimal länger als von äußerst zügige Fortbewegung auch jen- würden. 150 auf null. seits des bisherigen Großserien-Tempo- Die Bentley-Besonderheit zeigt, dass Überdies: Wo und wann kann man limits völlig aus. Den Beweis liefert der die Risiken bei Formel-1-Tempo deutlich noch so schnell fahren? Für die Recher- Maserati Quattroporte mit seinem ver- zunehmen – trotz aller elektronischen chen des vorliegenden Beitrags legte das gleichsweise kleinen, aber äußerst tem- Helfer. Keine deutsche Autobahnkurve Team von manager magazin insgesamt peramentvollen V-8-Motor und seinen ist auf Tempo 280 ausgelegt. Manche über 5000 Kilometer mit den vier Vier- 4,2 Litern Hubraum. Biegung, die mit 140 Sachen noch sanft, türermodellen zurück, die derzeit schon Anders als die Konkurrenz braucht gestreckt und harmlos wirkt, wird schon mehr als Tempo 250 schaffen. Nur zwei- der Maserati keine Aufladung für sei- bei 220 Stundenkilometern beklem- mal gelang ein Überschreiten dieses ne Maschine. Der Alpina B7 hingegen mend eng. Limits: Ansonsten war entweder die setzt einen mechanisch angetriebenen Gibt es dann noch eine winzige Un- Geschwindigkeit behördlich beschränkt Radialverdichter ein, eine raffinierte ebenheit im Asphalt oder unterläuft oder die Autobahn zu voll, das Wetter Eigenkonstruktion der technikverlieb- der kleinste Fahrfehler, dann reißt die oder die Sicht zu schlecht. ten Tüftler aus dem Allgäu. Die Aggre- Haftung der Reifengummis ab, und der gate des Porsche Cayenne Turbo S und Wagen bricht aus. Selbst in der Formel 1 DENNOCH BEGINNT mittlerweile selbst des Bentley Flying Spur werden von wird kaum eine Kurve mit deutlich mehr BMW, bislang der entschiedenste Be- Abgas-Turboladern druckbeatmet. Das als 200 Stundenkilometern gefahren. fürworter der generellen Geschwindig- Alpina Aggregat leistet 500 PS, das von Ganz abgesehen von den Unfallgefah- keitsbegrenzung, das eingebaute Tempo- Porsche 521 und der W-12-Zylinder des ren, die durch unachtsame Lkw-, Bus- limit aufzuweichen, auch für Business- Bentley sogar 560 PS. oder Kleinwagenfahrer drohen. Limousinen. Sobald der hochtourige Kaum jemand, der mit Tempo 120 zum Motor eingefahren ist, können zum Bei- DIESER ENORME VORTRIEB beschleunigt Überholen auf die linke Spur ausschert, spiel Besitzer eines Modells M5 die den Flying Spur auf 312 Stundenkilo- kann ermessen, welch einen giganti- Elektronik flashen lassen, wie das im meter und macht ihn somit zu einem schen Bremsweg ein voll besetzter, über Jargon heißt. Hinterher schafft der Vier- der schnellsten Viertürer der Welt. Bei drei Tonnen schwerer Porsche Cayenne türer 305 Stundenkilometer. Tempo 270 meldet sich jedoch der benötigt. Wenn das ultraschnelle SUV Der zweifelhafte Spaß kostet 2350 Bordcomputer mit einem Warnhinweis etwa mit 270 Sachen angebrettert Euro, schließt aber einen eintägigen auf dem zentralen Display, der Fahrer kommt, gerät sein Fahrer in sehr viel Lehrgang auf einer Rennstrecke ein. möge vor weiterer Beschleunigung bitte ärgere Bedrängnis, als wenn er mit Der soll den Fahrer vertraut machen mit den Druck in den Pneus erhöhen. Rich- 150 Stundenkilometer auf ein stehen- jenem Geschwindigkeitsbereich, der tig sicher ist der 2,5 Tonnen schwere des Hindernis zuschösse. Denn der das Alphatier lockt wie den Löwen die Koloss bei diesen Geschwindigkeiten Bremsweg steigt mit dem Quadrat der Wasserstelle. ◆

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