Extrasolare Planeten und ihre Umlaufbahnen am Beispiel des HD 209458 b

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Naturwissenschaften

an der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Matthias Martin TASCHWER

am Institut für Physik Begutachter: Univ.-Prof. Dr. Arnold Hanslmeier

Graz, 2012 Inhaltsverzeichnis Abstract ...... 5 1. Einleitung ...... 6 2. Theoretischer Teil ...... 8 2.1 Entdeckung der Planetenbahnen ...... 8 2.1.1 Galileo Galilei ...... 8 2.1.2 Unterschiedliche Weltmodelle ...... 10 2.1.3 Keplers Weg zur Ellipse oder das erste Kepler’sche Gesetz ...... 13 2.1.4 Das zweite Kepler’sche Gesetz ...... 15 2.1.5 Das dritte Kepler’sche Gesetz ...... 18 2.1.6 Herleitung der Keplerbahn ...... 19 2.2 Entdeckung der Schwerkraft ...... 22 2.2.1 Isaak Newton (1643-1727) ...... 22 2.2.2 Beweis des Flächensatzes ...... 24 2.2.3 Das Gesetz der Schwerkraft ...... 25 2.2.3.1 Abhängigkeit der Schwerkraft von der Masse der Körper ...... 26 2.2.3.2 Abhängigkeit der Schwerkraft vom Quadrat des Abstandes für die Kreisbahn ...... 26 2.2.3.3 Abhängigkeit der Schwerkraft vom Quadrat des Abstandes für die Ellipsenbahn ...... 27 2.3 Extrasolare Planeten ...... 29 2.3.1 Die Entstehung eines Planetensystems ...... 29 2.3.2 Die Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten ...... 30 2.3.3 Methoden zur Auffindung extrasolarer Planeten...... 31 2.3.3.1 Die Dopplermethode...... 31 2.3.3.2 Der Gravitationslinseneffekt...... 32 2.3.3.3 Nulling ...... 33 2.3.3.4 Laufzeitmessungen ...... 33 2.3.3.5 Transitmethode ...... 34 2.3.4 Methoden der Analyse der Zusammensetzung eines extrasolaren Planeten .... 35 2.3.4.1 Spektroskopie ...... 35 2.3.4.2 Radiostrahlung ...... 36 2.3.4.3 Probleme bei der Bestimmung der Masse und des ...... 36

II 2.3.5 Die wichtigsten Vertreter extrasolarer Planeten ...... 37 2.3.6 Der Planet HD 209458 b ...... 39 2.3.6.1 Parameter ...... 39 2.3.6.2 Masseverlust des HD 209485 b ...... 40 2.3.6.3 Energiebilanz ...... 42 3. Praktischer Teil ...... 45 3.1 Numerische Methoden zur Orbitalanalyse ...... 45 3.2 Approximation der Bahn mit der Runge-Kutta Methode ...... 47 3.2.1 Programmvorschrift ...... 47 3.2.2 Derzeitige Bahn ...... 47 3.2.3 Prognosen ...... 49 3.2.4 Auswertung ...... 59 3.2.5 Fehleranalyse ...... 59 3.3 Approximation der Bahn mit Hilfe der Keplerbahn im Falle gleichbleibender Werte für Energie und Drehimpuls ...... 60 3.3.1 Keplerbahn als Funktion der Masse ...... 60 3.3.2 Zukünftige Bahnen ...... 62 3.3.3 Vergangene Bahnen ...... 66 3.3.4 Grafische Übersicht der erhaltenen Keplerbahnen ...... 68 3.4 Approximation der Bahn mit Hilfe der Newton’schen Bewegungsgleichung im Falle gleichbleibender Werte für Energie und Drehimpuls ...... 69 3.4.1 Anfangsbedingungen ...... 69 3.4.2 Lösungskurve mit Euler Methode ...... 71 3.4.3 Auswertung ...... 74 3.4.4 Fehleranalyse ...... 75 4. Didaktische Reflexion des Diplomarbeitsthemas ...... 76 4.1 Gegenwartsbedeutung ...... 76 4.2 Zukunftsbedeutung ...... 76 4.3 Sachstruktur ...... 77 4.4 Exemplarische Bedeutung ...... 78 4.5 Unterrichtliche Zugänglichkeit ...... 78 4.6 Bezug zum Lehrplan ...... 81 5. Zusammenfassung ...... 83

III Literaturverzeichnis ...... 84

IV Abstract

Since the discovery of the first extra-solar planet in 1992, 759 of these objects were found. All planets circle their respective central on elliptical orbits. It is possible to describe these orbits mathematically, so that place and time of the objects can be determined. This paper deals with extra-solar planets, physical laws, as well as mathematical considerations, which help to calculate orbits. Thereby, analytic methods can be used (for a system with a maximum of two bodies), or the trajectories are constructed numerically. The aim of this paper is to analyse the of the planet HD 209458 b. In view of the fact that its mass does not remain constant, because the atmosphere evaporates steadily, the Planet´s movement in the System HD 209458 b is unique. The effects of this process on the orbit of the planet are approximated or tested with diverse Programs. This dissertation also demonstrates the most important physical laws and mathematical methods to describe the movements of the celestial bodies, as well as their evolutionary history. Even though some basics of the celestial mechanics are more than 400 old, they still serve as a foundation for orbit calculations of Comets, suns, moons, planets or whole . In addition this paper deals with different methods to locate extra-solar planets, it examines the most important representatives of theses objects, as well as it analyses the process of their development in a solar system. Finally the Orbit of extra-solar Planets and their characteristics should be entirely explained to provide a prediction basis for HD 209458 b.

Seit der Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten 1992 wurden 759 weitere solcher Objekte gefunden. Alle Planeten umrunden ihren jeweiligen Zentralstern auf elliptischen Bahnen. Es ist möglich, diese Orbitale mathematisch zu beschreiben, sodass Ort und Zeit der Objekte bestimmt werden können. Diese Arbeit beschäftigt sich mit extrasolaren Planeten und den physikalischen Gesetzen, sowie mathematischen Betrachtungen, mit deren Hilfe man Umlaufbahnen errechnen kann. Dabei können analytische Methoden verwendet werden (für ein System mit maximal zwei Körpern), oder die Flugbahnen werden numerisch konstruiert. Ziel der Arbeit ist es, den Orbit des Planeten HD 209458 b zu analysieren. Seine Bewegung im System HD 209458 ist insofern einzigartig, als seine Masse nicht konstant bleibt, da die

5 Atmosphäre stetig verdampft. Die Auswirkungen dieses Prozesses auf die Bahn des Planeten werden mit unterschiedlichen Programmen approximiert, bzw. getestet. Ein weiterer Gesichtspunkt dieser Diplomarbeit ist der Anspruch, die wichtigsten physikalischen Gesetze und mathematischen Methoden, die zur Beschreibung der Bewegung von Himmelskörpern dienen, herzuleiten und dabei ihre Entstehungsgeschichte zu beleuchten. Jene Grundlagen der Himmelsmechanik dienen, obwohl teilweise 400 Jahre alt, als Basis jeglicher Berechnungen für Bahnen von Kometen, Sonnen, Monden, Planeten oder ganzen Galaxien. In weiterer Folge werden Methoden zur Auffindung extrasolarer Planeten behandelt, die wichtigsten Vertreter dieser Objekte betrachtet und der Prozess ihrer Entstehung in einem Sonnensystem analysiert. Auf der Grundlage der Theorie der Orbitale oder Umlaufbahnen extrasolarer Planeten werden schlussendlich Prognosen für HD 209458 b gemacht.

1. Einleitung

Für Leben auf der Erde braucht es Voraussetzungen, wie eine Atmosphäre, oder die richtige chemische Zusammensetzung des Planeten. Ein wichtiger Faktor ist eine Temperatur für Wasser in flüssiger Form. Die Erdwärme alleine würde nicht ausreichen um den benötigten Temperaturwert zu erreichen. Die Erde befindet sich im richtigen Abstand und erwärmt sich durch die Sonnenenergie. Sie hält diese Distanz seit Milliarden Jahren konstant. Sie verhält sich so, weil physikalische Kräfte sie dazu zwingen. Welche Kräfte sind das nun? Wie entstehen sie, oder warum? Diese Frage beschäftigt den Menschen schon Ewigkeiten. Obwohl er sich erst spät bewusst wurde, dass die Erde die Sonne umkreist, so konnte er doch immer schon den Nachthimmel beobachten und nahm eine Reihe von möglichen Erklärungen an. Nicht umsonst sind die Planeten nach Gottheiten benannt. Auch wenn viele Annahmen heute naiv erscheinen, so nahmen die Menschen schon sehr früh die ewige Wiederkehr der gleichen Sternbilder im Laufe eines Jahres, das tägliche Erscheinen der Sonne sowie den monatlichen Mondzyklus, wahr. Die unabänderliche Wiederkehr ist ein Resultat der Drehbewegungen in unserem Sonnensystem. Das System wird von zwei Kräften mechanisch beisammengehalten. Die eine ist die Trägheit, die andere die Schwerkraft. Alleine die Entdeckung der beiden Kräfte, ihre richtige Deutung und mathematische Formulierung gelang erst vor rund 400

6 Jahren. Den Großteil der Entstehungsgeschichte der Entschlüsselung von Umlaufbahnen prägen Galilei, Kepler, Newton und Einstein. Mit Hilfe der dadurch möglichen Beschreibung der Bahnen von Körpern im Universum und die ursächliche Erklärung derselben, kann mit Unterstützung des Computers jede Bahn berechnet werden, wenn man Massen und Geschwindigkeiten der Objekte kennt.

Alle massereichen Körper im Universum sind den gleichen mechanischen Gesetzen unterworfen, insbesondere Objekte in anderen Sonnensystemen als dem Unseren. Vor rund 20 Jahren entdeckte man den ersten Planeten, der sich um eine fremde Sonne bewegt. Seither werden immer mehr extrasolare Planeten gefunden. Sie folgen elliptischen Bahnen rund um ihren Zentralstern. Dabei gleichen manche Sonnensysteme sehr unserem, andere wiederum besitzen völlig unterschiedliche Parameter, wie Planetenmasse, Anzahl der Planeten, Abstand der Planeten, usw. Auch die Zentralsterne können unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Das führt zu den vielfältigsten Orbitalen. Prinzipiell bleiben solche Umlaufbahnen zeitlich konstant. Eine Ausnahme bilden Systeme mit extrasolaren Planeten die unter die Kategorie Hot fallen und eine Atmosphäre besitzen, wie zum Beispiel der Planet HD 209458 b. Das besondere an ihm ist, dass er, während er seine Sonne umrundet, stetig Masse verliert. Seine Nähe zur Sonne erwärmt die Atmosphäre wodurch 10 Millionen Kilogramm an Wasserdampf pro Sekunde entweichen. Seine Umlaufbahn muss sich auf Grund des Masseverlusts ändern. Wird die Masse kleiner, so hat das Auswirkungen auf den Radius und die Geschwindigkeit. Die Frage ist nun, um welche Werte sich die Parameter des Orbits von HD 209458 b verändern.

7 2. Theoretischer Teil

2.1 Entdeckung der Planetenbahnen

Dieses Kapitel befasst sich im Wesentlichen mit der Entstehung der grundlegenden Gesetze der Himmelsmechanik, die vor rund 400 Jahren aufgestellt wurden. Ohne diese physikalische Basis, wäre es heute nicht möglich, die Bewegung der Gestirne zu verstehen, oder sie mit dem Computer zu simulieren. Die großen Vorreiter für die Entschlüsselung der Gesetze waren Galileo Galilei und Johannes Kepler. Galilei konstruierte eines der ersten Fernrohre und konnte einen Vorläufer des Trägheitsgesetzes postulieren. Kepler stellte durch geduldige Beobachtungen drei Gesetze auf, welche die Umlaufbahnen der Planeten beschreiben. Schließlich gelang es Sir Isaak Newton, alle Theorien zu verbessern und zu einen, um die Trägheit und die Schwere als Kräfte zu beschreiben.

2.1.1 Galileo Galilei

Am 21. August 1609 stellte Galilei ein von ihm entworfenes Fernrohr der Öffentlichkeit vor. Wie es entstand, kommentierte er folgendermaßen: „Ich bereitete mir zuerst ein Bleirohr, an dessen Enden ich zwei Sehgläser anbrachte, beide auf der einen Seite eben und auf der anderen das eine konvex, das andere konkav; dann legte ich das Auge an die konkave Seite und sah die Gegenstände ziemlich groß und nah,...“ (Padova, 2009, S 20). Der scheinbar große Wert der neuen technische Errungenschaft für die Schifffahrt oder das Militär, sollte noch um ein Vielfaches durch seinen wissenschaftlichen Nutzen übertroffen werden. Bis zum Winter 1609 erreichte sein Fernrohr bereits eine zwanzigfache Vergrößerung. Um diese Zeit blickt er zum ersten Mal in den Sternenhimmel. Galileis Aufmerksamkeit fokussierte sich zuerst auf das erdnächste Objekt, welches schon bei kleiner Vergrößerung gut beobachtet werden kann. Er blickte auf unseren Mond und fertigte Zeichnungen seiner Oberfläche an. Am 7. Januar 1610 entdeckte er den ersten von vier Jupitermonden und dokumentierte ihre Bewegungen (vgl. Padova, 2009, S 34).

8 Sie wurden von Galilei zu Ehren des Toskanischen Großherzogs „Mediceische Gestirne“ genannt. Mit Hilfe seiner genauen Beobachtungen gelang es Galileo zu erkennen, dass die vier Monde um Jupiter kreisen. Somit waren erstmals Himmelskörper gefunden, die sich nachweislich nicht um die Erde drehen, welche vermeintlich als Zentrum und Mittelpunkt des Kosmos galt. Im Dezember desselben Jahres folgte weiteres Beweismaterial für ein heliozentrisches Modell. Galilei sichtete unterschiedliche Phasen der Venus, die, ähnlich der Phasen des Mondes, durch die Planetenbewegung um unseren Zentralstern entstehen (vgl. Padova, 2004, S 242). 1612 richtete sich Galileis Forschung auf die Sonne. Seltsame dunkle Flecken auf ihrer Oberfläche gaben Anlass zu neuen Vermutungen. Galilei stellte fest, dass sich alle schwarzen Punkte in dieselbe Richtung bewegen und schloss daraus, dass die Sonne um ihre eigene Achse rotiert und dies sogar in die gleiche Richtung, wie die Planeten, die sie umkreisen (vgl. Padova, 2004, S 272). Galilei vermutete, ebenso wie vor ihm schon Kepler, dass die Sonnenrotation die Ursache für die Planetenbewegung sei (vgl. Padova, 2004, S 278).

Galilei veröffentlichte 1616 eine Theorie der Gezeiten. Er sah im Wechselspiel von Ebbe und Flut den Beweis für eine Bewegung der Erde. Kepler hingegen vermutete richtigerweise den Mond als Urheber dieses Phänomens (vgl. Padova, 2009, S 41). 1638 erschien sein letztes Werk, die „Unterredung“. Darin fasste Galilei seine Entdeckungen in der Physik zusammen. Intensiv beschäftigte er sich mit dem beschleunigten Verhalten fallender Körper. Anfänglich beschrieb er seine Versuche mit der schiefen Ebene und später versuchte er die Bahn einer Kanonenkugel zu berechnen (vgl. Hawking, 2004, S 333). Zu jener Zeit bestand das mathematische Werkzeug hauptsächlich darin, geometrische Interpretationen und Verhältnisse herzuleiten. Galilei gelang es dennoch, Meilensteine der modernen Physik zu entwickeln und mit seinem Werk Sir Isaak Newton vorzugreifen. Er beschrieb in seinem fiktiven Dialog zwischen Salviati, Sagredo und Simplico, wie sich ein in der Hand gehaltener Stein verhält. „Wenn ihr so einen Stein haltet, was tut ihr anderes, als ihn so stark empor anzutreiben, wie die Schwerkraft ihn hinabzieht.“ (Hawking, 2004, S 439) Damit griff Galilei der Idee von Kräften, sowie dem Newton’schen Gesetz „Actio est reactio“, in Bezug auf die Schwerkraft, bereits voraus. Weiters definierte er folgende Fallgesetzmäßigkeit als einen Grundstein seines auf Geometrie und Proportionen bauenden

9 Werkes: „Wenn ein Körper von der Ruhelage aus gleichförmig beschleunigt fällt, so verhalten sich die in gewissen Zeiten zurückgelegten Strecken wie die Quadrate der Zeiten“ (Hawking, 2004, S 445). Mit dieser Aussage können Fallzeiten mit Strecken identifiziert werden und sind damit geometrisch deutbar. Bei der mathematischen Betrachtung von Geschoßen stellte er fest, dass die Entfernung mit dem Quadrat der verstrichenen Zeit zunahm (vgl. Hawking, 2004, S 334). Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Physik wie auch für die Erforschung der Gravitation ist damit getan. Galilei starb 1642 in der italienischen Stadt Arcetri. Andere Planeten außerhalb unseres Sonnensystems konnte er mit seinen Fernrohren noch nicht erspähen. Diese Entdeckung lässt noch einige Zeit auf sich warten. Erst 1995 weisen Michael Mayor und Didier Queloz erstmals die Existenz Extrasolarer Planeten in einem fernen Sonnensystem nach (vgl. Padova, 2009, S 86).

2.1.2 Unterschiedliche Weltmodelle

1543 veröffentlichte Nikolaus Kopernikus sein Werk „De revolutionibus“. Nach seiner Theorie kreisen die Erde und die Planeten um ein geometrisch ermitteltes Zentrum, welches in der Nähe der Sonne liegt. Gleichzeitig rotiert die Erde um die eigene Achse. Galilei und Kepler waren Anhänger der kopernikanischen Lehre. Besonders für Kepler schien diese Deutung der Planetenbewegungen am besten geeignet die Himmelserscheinungen zu beschreiben. Im ptolemäischen Weltbild konnte die von der Erde aus gesehene scheinbar rückläufige Bewegung der Planeten nur mit Hilfe einer komplizierteren Epizyklentheorie erklärt werden. Hierbei betrachtet man zwei Arten von Kreisen, die Trägerkreise sowie die Epizyklen. Sie sind wie Räder in einem Uhrwerk zusammengesetzt. Setzt man die Sonne ins Zentrum und betrachtet die Umlaufbahnen der Erde und der Planeten, so erklärt sich, die Erscheinung einfach aus den unterschiedlichen Umlaufgeschwindigkeiten (vgl. Padova, 2009, S 168). In seinem Erstlingswerk, dem Mysterium Cosmographicum oder „Weltgeheimnis“, ging er einer interessanten Theorie nach, um die Planetenbahnen und ihre Abstände zur Sonne zu erklären. Inspiriert durch den Mathematiker Euklid und die Existenz der fünf platonischen

10 Körper stellte er sich ein Planetenmodell vor, das aus ineinandergeschachtelten regulären Körpern zusammengesetzt ist. Dabei entsprechen die Radien der Kugeln den Abstandsverhältnissen der Planeten (siehe Abb. 1) (vgl. Padova, 2009, S 69). Seine Idee scheint auf den ersten Blick mit beobachteten Daten vereinbar zu sein. Sie wird sogar von Galilei gewürdigt und bewirkt einen ersten Briefkontakt der beiden Wissenschaftler.

Abb. 1: „Keplers Planetenmodell aus ineinandergeschachtelten regulären Körpern“ (Padova, 2004, S 170).

In Graz zwangen 1599 die Wirren der Gegenreformation Kepler zur Übersiedlung nach Prag (vgl. Padova, 2009, S 205). Dort bekam er eine Stellung als Aspirant von Tycho Brahe, Astronom am Hofe Rudolfs II. Der um 25 Jahre ältere Brahe besaß eine einmalige astronomische Datensammlung. Über zwei Jahrzehnte hinweg und mit einigen wissenschaftlichen Mitarbeitern hatte er die Bewegung der Planeten am Nachthimmel dokumentiert (vgl. Padova, 2009, S 202-203). Diese hervorragenden Positionsbestimmungen

11 mit genauesten Zeitangaben trugen viel zu Keplers zukünftiger Bestimmung der Planetenbahnen bei. Anfangs mochte er natürlich die Daten mit seinen Berechnungen im Weltgeheimnis vergleichen. Die Übereinstimmung seiner Prognosen mit den exakten Werten Brahes wäre ein großer Schritt zur Anerkennung seiner Theorie. Tycho Brahe war im Gegensatz zu Kepler kein Freund der kopernikanischen Theorie. „Auf einer rotierenden Erde könne man mit einer Kanone nicht genauso weit nach Osten schießen wie nach Westen“, lautete einer seiner Einwände (vgl. Padova, 2009, S 190). Die Fixsternparallaxe, die im kopernikanischen System vorausgesagt wird, konnte er bei seinen Beobachtungen auch nicht messen. Bei einem halben Umlauf der Erde um die Sonne müsste eine kleine Winkeldifferenz der Stellung eines Sternes beobachtbar sein, die sogenannte Fixsternparallaxe. Daher lehnte er das ganze Modell ab (vgl. Padova, 2009, S 199). Brahe hatte ein Weltmodell entworfen, in dem die Planeten Merkur und Venus, Mars, und Jupiter um die Sonne kreisen, sich dabei aber gemeinsam um die Erde drehen. Die Erde bildet das Zentrum des Universums. Auch Brahe arbeitete mit Epizyklen (vgl. Padova, 2009, S 205). „Er gibt seinem Nachfolger den wohlgemeinten Rat: „Man muss die Umläufe der Gestirne durchaus aus Kreisbewegungen zusammensetzen. Denn sonst könnten sie nicht ewig gleichmäßig und einförmig in sich zurückkehren , und eine ewige Dauer wäre unmöglich,...“ (Padova, 2009, S 217). Weil die Planetendaten strengster Geheimhaltung unterliegen, überlies Brahe Kepler vorerst nur die Positionen des Mars. Als er 1601 starb, übernahm Kepler seine Arbeit. Sie bestand großteils in der Fertigstellung der Rudolfinischen Tafeln, einem aufwendigen Himmelskatalog auf dem neusten Stand der Zeit. Er veröffentlichte sein Hauptwerk, die „Neue Astronomie“. Darin verglich er Kopernikus und Brahes Ansichten sowie das geozentrische Weltbild miteinander (vgl. Padova, 2009, S 218-219).

12 2.1.3 Keplers Weg zur Ellipse oder das erste Kepler’sche Gesetz

„Die Planeten bewegen sich auf Ellipsenbahnen, in deren gemeinsamem Brennpunkt die Sonne steht“ (Kuchling, 2004, S 147).

Keplers große Leistung bestand in der Auswertung der Beobachtungsdaten Tycho Brahes. Dabei muss man sich die Schwierigkeit vorstellen Bahnen zu bestimmen, wenn man annimmt, das man als Beobachter um die eigene Achse und um die Sonne kreist. Brahe beobachtete von der Erde aus, dem vermeintlichen Zentrum des Kosmos. Nun aber mussten alle Koordinaten auf ein heliozentrisches Modell umgemünzt werden.

Kepler betrachtete die Umlaufbahn des Mars. Er versuchte, Kopernikus’ Kreismodell und die Epizyklentheorie zu verknüpfen und berechnete die Marsbahn mithilfe zweier Kreise. Dass die Planetenbahnen keine konzentrischen Kreise um die Sonne sein können, war ihm bereits klar. Im Jahreslauf entfernen sie sich einmal ein bisschen weiter von ihr, dann kommen sie ihr wieder näher. In seiner aus zwei Kreisen zusammengesetzten Marsbahn befindet sich die Sonne nicht mehr im Zentrum. Auf diesem exzentrischen Kreis vollführt der Planet wiederum einen exakten Kreis. Doch die Marsbahn ist nicht kreisförmig. Eine Differenz von acht Bogenminuten in Keplers Beobachtungen lässt den Versuch, die Kreisform zu erhalten, scheitern. Auch Messfehler durch die Atmosphäre können nur eine Unsicherheit von einer Bogenminute erklären (vgl. Padova, 2009, S 214-233 ).

Abb. 2: Kreisbahn und Ellipsenbahn

13 Kepler suchte den Grund für die Abweichung zunächst in seinem Flächensatz, den er schon zuvor gefunden hat. Bis er schließlich die Erkenntnis gewann, dass er die Form der Planetenbahn falsch angenommen hatte. Indem er drei Orte, an denen sich der Mars zu bestimmten Zeiten befindet, nach der Kreishypothese berechnete und mit Beobachtungen verglich, kam er zu folgender Lösung: Die berechneten Werte sind größer als die beobachteten. Jene Differenz ist umso größer, je weiter der Planet von den Apsiden (sonnenfernster und sonnennächster Punkt) entfernt ist (siehe Abb. 2). Daraus schloss Kepler, dass die Planetenbahn eine ovale Form habe. Die ovale Bahnform versuchte Kepler anfangs fälschlicherweise durch eine zusätzliche Kreisbewegung der Erde zu erreichen (vgl. Kepler, 1929, S 44-50). Wenn die Bahnen keine Kreise sind, auch nicht die Überlappung von Kreisen, so wie es seit Jahrhunderten angenommen wurde, wie sehen sie dann aus? Nach fünf Jahren intensiver Berechnungen die Kepler auf den Flächensatz führten hatte er die Bahnform entschlüsselt, indem er die Sonne in den Brennpunkt einer Ellipse setzte. In der neuen Astronomie veröffentlichte er 1609 seine Theorie (vgl. Hawking, 2009, S 534).

Welche geheimnisvollen Kräfte die Planeten auf ihren Bahnen halten blieb noch immer Spekulation. Heute wissen wir, dass eine solche Kurve die resultierende Flugbahn ist, die sich aus zwei Kräften ergibt, der Trägheitskraft und der Schwerkraft. Johannes Kepler sah die Schwerkraft als „körperliches Bestreben zwischen verwandten Körpern nach Vereinigung und Verbindung“ (Padova, 2009, 229). Galileo Galilei formuliert ein zirkuläres Trägheitsgesetz, demnach ein Körper ohne die Schwere, ewig parallel zur Erdoberfläche die Erde umkreisen würde. Erst Isaak Newton gelang es, beide Theorien zusammenzuführen und zu verbessern, indem er die Schwerkraft mathematisch interpretieren konnte und das geradlinige Trägheitsgesetz formulierte (vgl. Padova, 2009, 229-231).

14 2.1.4 Das zweite Kepler’sche Gesetz

„Die Verbindungsgerade Sonne – Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen“ (Kuchling, 2004, S 147).

Abb. 3: Flächensatz (Kuchling, 2004, S 147)

Noch ehe Kepler Kenntnis über die wahre, elliptische Bahnform der Planeten hatte, versuchte er einen besonderen Umstand zu klären. Die Planeten bewegen sich - das war insbesondere an den Beobachtungen des Mars feststellbar - im Perihel schnell, im Aphel langsam. Im Fall der Erde, hatten Keplers Vorgänger diese Tatsache noch als scheinbare Ungleichförmigkeit der Bewegung aufgrund der Exzentrizität der Erdebahn verstanden. Kepler sah aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Abstand zur Sonne und der Geschwindigkeit in der Bahn. Diese Ungleichförmigkeit muss sich, so Kepler, aus folgendem Prinzip erklären lassen: „Vom Sonnenkörper geht die Kraft aus, die die Planeten herumreißt, und diese Kraft wirkt umso schwächer auf einen Planeten, je weiter er sich von der Sonne entfernt“ (Kepler, 1929, S 44).

15

Abb. 4: Kreisbahnmodell (Kepler, 1929, S 44)

Mit dem Kreisbahnmodell (siehe Abb. 4) berechnete Kepler zuerst den Abstand r von M nach S. Er zeigte, dass in den Apsiden die Geschwindigkeit umgekehrt proportional dem Abstand ist. Diese Tatsache verallgemeinerte er auf die ganze Bahn und meinte, dass demnach auch die Summe der Zeiten der entsprechenden Summe der Abstände proportional sein müsse. Dies führte ihn zu einem Vorläufer des Flächensatzes, dem Radiensatz.

Um nun aber zu einem gegebenen Winkel  die Zeit zu bekommen, musste Kepler umständlicherweise alle vorausgehenden Abstände berechnen und addieren. Archimedes’ Zerlegung des Kreises in unendlich viele Dreiecke, um auf das Verhältnis Pi zu kommen, brachte Kepler auf folgende Idee: „Weil ich wusste, dass es unendlich viele Punkte auf dem Exzenter und entsprechend unendlich viele Abstände gibt, kam mir der Gedanke, dass alle diese Abstände in der Fläche dieses Kreises enthalten seien“ (Kepler,1929, S 45).

16 Vergeblich versuchte er nun eine Fläche zu bestimmen, die der Summe aller Abstände entspricht, was einem elliptischen Integral gleichkommt. Diese mathematische Methode war noch nicht bekannt.

Also führte er als Hilfe den Flächensatz ein. Kepler war sich bewusst, das der Flächensatz nicht mit dem Radiensatz übereinstimmt und bezeichnet ihn selbst als „unvollkommene Methode die Gleichung zu berechnen (Kepler, 1929, S 47).“ Sie funktioniert umso besser, je kleiner die Exzentrizität des Planeten ist. Das liegt natürlich daran, dass Kepler hier noch eine Kreisbahn annahm. Dabei ergeben sich zwei Fehler: Erstens, die Tangente an eine Kreisbahn und damit die Geschwindigkeit entspricht nicht derselben an eine Ellipse. Zweitens, die Summen der Abstände dürfen nicht mit den Flächen identifiziert werden. Heute wird oft behauptet, Kepler habe beim Beweis des Flächensatzes zwei Fehler begangen die sich glücklicherweise aufheben. Dabei rühren dieselben ja gerade daher, dass Kepler zu dieser Zeit noch eine exzentrische Kreisbahn annahm und keine elliptische. Erst nachdem er die wahre Bahnform und damit die richtige Formel für den Abstand gefunden hatte, war auch der Flächensatz bewiesen (vgl. Kepler, 1929, S 43-47).

Zusammenfassend gingen demnach die Entdeckungen des ersten und zweiten Kepler’schen Gesetzes fast gemeinsam einher. Zuerst fand Kepler den Flächensatz, der, aufgrund seiner falschen Annahmen der Bahn, nur eine Approximation darstellte, seinen Radiensatz zu vereinfachen, von dessen Richtigkeit er überzeugt war. Schließlich musste er, wenn er an dieser Idee festhalten wollte, die Marsbahn überdenken und kam auf die Ellipse. Mit der richtigen Bahnform endlich, stimmte der Flächensatz wieder einwandfrei.

17 2.1.5 Das dritte Kepler’sche Gesetz

„Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten verhalten sich wie die Kuben der großen Halbachsen ihrer Bahn um die Sonne, ...“ (Kuchling, 2004, S 147).

Kepler war fest von einer harmonischen Gestaltung der Welt überzeugt. Bereits in seinem Werk „Mysterium Cosmographicum“ versuchte er die Planetenbahnen auf geometrische Verhältnisse zurückzuführen. Genauso ist seine „Weltharmonik“ voll mit harmonischen Spekulationen. „Gott hat nichts ohne geometrisches Ebenmaß eingerichtet, was nicht von einer vorausgehenden, zwangsläufig wirkenden Gesetzmäßigkeit abhängt,...“, (Hawking, 2009, S 553). Die Weltharmonik beinhaltet Kapitel über Tonarten, die durch einzelne Planeten ausgedrückt werden, Gesamtharmonien aller Planeten, harmonische Proportionen, einen Epilog über die Sonne oder auch ein Kapitel, das davon handelt, dass alle Harmonien der Musik sich am Himmel wiederfinden (vgl. Hawking, 2009, S535). Dazwischen verborgen steckt eine wichtige Verhältnisformel, die heute als das dritte Kepler’sche Gesetz bekannt ist. Newton leitete, Jahre später, aus dieser Formel das Gravitationsgesetz ab (vgl. Padova, 2004, S292).

In Keplers Schrift „Weltharmonik“, schildert er selbst den Moment seiner Entdeckung: „Nachdem ich in unablässiger Arbeit einer sehr langen Zeit die wahren Interwalle der Bahnen mit Hilfe der Beobachtungen Brahes ermittelt hatte, zeigte sich mir endlich die wahre Proportion der Umlaufzeiten in ihrer Beziehung zu der Proportion der Bahnen: (...) Am 8. März dieses Jahres 1618, wenn man die genaue Zeitangabe wünscht, ist sie in meinem Kopf aufgetaucht.(...) wobei sich zwischen meiner siebzehnjährigen Arbeit an den Tychonischen Beobachtungen und meiner gegenwärtigen Überlegung eine so treffliche Übereinstimmung ergab, dass ich zuallererst glaubte, ich hätte geträumt (...) Allein es ist ganz sicher und stimmt vollkommen, dass die Proportion, die zwischen den Umlaufzeiten irgend zweier Planeten besteht, genau das Anderthalbfache der Proportion der mittleren Abstände, d.h. der Bahnen selber ist,(...) “ ( Hawking, 2009, S547-548).

18 Aufgrund seines Glaubens an natürliche Verhältnisse sowie durch seine beständige Suche nach Zusammenhängen und Proportionen in Brahes Beobachtungsdaten konnte Kepler sein 3. Gesetz formulieren. Er führte noch eine Schönheitskorrektur durch, die eine Proportion ohne den Faktor 1,5 im Ausdruck herstellt. Da 1,5 2/3 entspricht, liefert der dritte Teil der Proportion der Zeiten, also die Kubikwurzeln und von dieser Proportion das Doppelte, also die Quadrate der Wurzeln, die vollkommen richtige Proportion der mittleren Entfernungen (vgl. Hawking, 2009, S 547). Bringt man noch die Wurzeln auf die andere Seite erhält man das Gesetz, dass sich die Quadrate der Umlaufzeiten wie die Kuben der Hauptachsen verhalten.

2.1.6 Herleitung der Keplerbahn

Ein Planet, der seinen Zentralstern umkreist, ist den physikalischen Gesetzmäßigkeiten wie der Schwerkraft und der Trägheit unterworfen. Beide Kräfte wurden von Isaak Newton definiert. Jedes mechanische System unterliegt aber auch der Energieerhaltung. „Obwohl Energie aus einer Form in eine andere umgewandelt werden kann, wird sie nie erzeugt oder vernichtet“ (Tipler/ Mosca, 2004, S 172). Man unterscheidet die kinetische Energie und die potenzielle Energie. Die Summe dieser beiden Energien entspricht dann der Gesamtenergie des Systems, welche immer konstant bleibt.

Emech  Ekin  E pot (Gl.1) mit

1 E  m  v 2 kin 2 und

G  m  M E   pot r M entspricht der Masse des Sterns, m der Masse des Planeten, G ist die Gravitationskonstante und r der Abstand zur Sonne.

19 Des weiteren gilt für die Drehbewegung, dass der Drehimpuls erhalten bleibt, sofern kein Drehmoment auf das System wirkt. Der Drehimpuls ist das Kreuzprodukt von Abstandsvektor und Geschwindigkeitsvektor und ist demnach ein Vektor. Es ergibt sich

 L  r  p (Gl. 2)

Sein Betrag ist

L  m r  v sin wobei  der Winkel zwischen r und v ist. Wirkt nun kein Drehmoment also dL  0 dt dann gilt

L  konst.

Durch umschreiben der Vektoren auf Polarkoordinaten ergibt sich

1 G  m  M E  m (r 2  r 2 2 )  (Gl. 3) 2 r 2 und

L  m r 2  . (Gl. 4)

Setzt man nun  aus Gl. 4 in Gl. 3 ein, so erhält man

20

1 L2 G m M E  m(r2  )  . 2 m2 r 2 r

Diese Differenzialgleichung erster Ordnung löst man wie folgt:

dr Wir setzen r  sodass dt

d dt d m  r 2  dt   d    d 2 L2 d  L  (E  E (r))  m pot m2  r 2 somit ergibt sich ein Zusammenhang zwischen r und  und wir integrieren

L d   d  2  r L2 2m  (E  E pot(r))  2 r .

Integration durch dreifache Substitution ergibt schließlich

L2 1 r  2  . (Gl. 5) G  m  M 2E  L2 1 1  cos() G 2  m3  M 2

2E  L2 L2 Für   1 und k  folgt G 2  m3  M 2 G  m2  M

1 r  k  . (Gl. 5.a), (vgl. Internetadresse 1). 1 cos()

21 Damit ist die Keplerbahn hergeleitet. Sie gibt uns für jeden Winkel den dazugehörigen Abstand. Mit diesen Polarkoordinaten kann der Orbit für eine volle Winkelumdrehung errechnet werden.

2.2 Entdeckung der Schwerkraft

2.2.1 Isaak Newton (1643-1727)

Sir Isaak Newton wurde am 4. Januar 1643 in Lincolnshire in England geboren (Hawking , 2009, S 630). Er war von Kopernikus’ Mathematik, Galileis Astronomie sowie Keplers Optik fasziniert und studiert an der Universität von Cambridge (vgl. Hawking, 2009, S 632). Rund fünfzig Jahre zuvor hatte Johannes Kepler drei Gesetze der Planetenbewegung vorgeschlagen, konnte sich aber nicht erklären, warum sich die Körper auf genau solchen, in den Gesetzen beschriebenen Bahnen bewegen. Newton erforschte die Ursache der elliptischen Bahnen der Planeten. Er formulierte die Gravitationskraft und definiert die Bewegungsgesetze in seinem wichtigsten Werk, den „Mathematischen Prinzipien der Naturlehre“ (vgl. Hawking, 2009, S 629). Die wichtigsten Lehren und Gesetze sind im folgenden aufgeführt:

1. Gesetz: „Jeder Körper beharrt in seinem Zustande der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern“ (Hawking, 2009, S 647).

Das Trägheitsgesetz sagt aus, dass jeder, einmal in Bewegung gebrachte Körper, seine Geschwindigkeit immer in dieselbe Richtung beibehalten wird, sofern keine anderen Kräfte auf ihn einwirken. Für den erdgebundenen Beobachter ist es schwer, sich vorzustellen, dass sich etwas ewig weiterbewegt. Natürlich funktioniert das auf der Erde nicht, weil ihre Schwerkraft alles durch Reibung bremst. Umso spektakulärer ist daher Newtons Leistung, die Trägheitskraft so zu definieren, war doch auch seine Vorstellung von Bewegung an die Erfahrungen auf der Erde gebunden. Ein Rätsel, welches auch Newton nicht lösen konnte,

22 war die Ursache für die Schwerkraft. Aus welchem Grund zieht sich Masse an? Kepler glaubte noch, die Eigendrehung, beispielsweise der Sonne, wäre die Ursache. Erst im letzten Jahrhundert war es Albert Einstein, der das Geheimnis lüftete. Laut seiner Theorie krümmt Masse den Raum und zieht daher alles in seiner Umgebung an.

2. Gesetz: „Die Änderung der Bewegung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und geschieht nach der Richtung derjenigen geraden Linie, nach welcher jene Kraft wirkt“

(Hawking, 2009, S 648).

Eine Kraft hat demnach eine Richtung. Wenn also mehrere Kräfte wirken, so kann die Richtung der resultierenden Kraft berechnet werden, indem man alle Richtungen zusammensetzt. Der Vorteil einer solchen Betrachtungsweise liegt darin, die Kraft als ein geometrisches Objekt (eine Richtung oder Orientierung) zu sehen und damit mathematische Berechnungen durchführen zu können.

Zusatz 1: „Ein Körper beschreibt in derselben Zeit durch Verbindung zweier Kräfte die Diagonale eines Parallelogrammes, in welcher er vermöge der einzelnen Kräfte die Seiten beschrieben haben würde“ (Hawking, 2009, S 648).

„Wird der Körper durch die Kraft M allein von A nach B und durch die Kraft N allein von A nach C gezogen, so vollende man das Parallelogramm ABDC, und es wird der Körper durch beide vereinten Kräfte in derselben Zeit von A nach D gezogen. Da nämlich die Kraft N längs der Linie AC parallel BD wirkt, so wird diese Kraft nach dem 2. Gesetz nichts an der Geschwindigkeit ändern, mit welcher sich der Körper vermöge der Kraft M jener Linie BD nähert. Der Körper wird daher in derselben Zeit zur Linie BD gelangen, die Kraft N mag einwirken oder nicht,... “( Hawking, 2009, S 648).

Mit Hilfe dieser Überlegung schafft Newton ein weiteres mächtiges Hilfswerk für den mathematischen Umgang mit Kräften. Diese können jetzt nicht nur geometrisch gedeutet

23 werden, auch eine Verbindung mit der Dauer solcher Krafteinwirkungen in einem Kräfteparallelogramm ist nun hergestellt. Insofern ist eine räumliche und zeitliche Interpretation von Kräften möglich und Newton wird mit denselben imstande sein Keplers Flächensatz zu beweisen, sowie das Gesetz der Schwerkraft herzuleiten.

2.2.2 Beweis des Flächensatzes

Abb. 5: Schrittweise Analyse der Bahn (Hawking, 2009, S 670)

„§13. Lehrsatz. Wenn Körper sich in Bahnen bewegen, deren Radien stets nach dem unbeweglichen Mittelpunkt der Kräfte gerichtet sind, so liegen die von ihnen beschriebenen Flächen in festen Ebenen und sind den Zeiten proportional. Man teile die Zeit in gleiche Abschnitte, und es beschreibe der Körper, vermöge der ihm beigebrachten Kraft, in dem ersten Zeitabschnitt die gerade Linie AB. Derselbe würde alsdann, wenn nichts ihn verhinderte, (nach 1. Gesetz) in dem zweiten Zeitabschnitt geradlinig nach c fortgehen, dergestalt dass Bc = AB, und indem man die Radien AS, BS, cS nach dem Mittelpunkte S der Kräfte zieht, A. ∆ASB = BSc wäre. Ist der Körper aber nach B gekommen, so wirkt die

24 Zentripetalkraft mit einem einzigen, aber starken Impuls auf ihn und bewirkt, dass er von der geraden Linie Bc abgelenkt wird und längs BC fortgeht. Zieht man nun cC // BS, bis cC die Linie BC in C schneidet, so befindet sich der Körper am Ende des zweiten Zeitabschnittes (nach Gesetze, Zusatz 1) in C und in derselben Ebene mit SAB. Zieht man nun SC, so ist, weil cC // BS, ∆ SBC = SBc. Oben (A) war ∆SBc = ASB, also ist auch B. ∆SBC = SAB. Aus demselben Grunde wirkt die Zentripetalkraft nach und nach in den Punkten C, D, E etc. dergestalt, dass der Körper in den einzelnen Zeitabschnitten bezüglich die Linie CD, DE etc. beschreibt. Diese liegen alle in derselben Ebene, und es wird C. ∆SCD = SBC, SDE = SCD etc. In gleichen Zeitabschnitten werden daher gleiche Flächen in der unbewegten Ebene beschrieben, und indem man dieselben zusammensetzt, verhalten sich die Flächen SACS, SAES zueinander wie die Zeiten, in denen sie beschrieben sind. Vermehrt man nun ins Unendliche die Zahl der Dreiecke...“( Hawking, 2009, S 670).

Newton setzt die Bahnbewegung einfach aus vielen kleinen Einzelbewegungen zusammen (siehe Abb. 5). Davon kann er jede separat betrachten. Nach seinem 1. Gesetz würde ein Körper geradeaus weiterfliegen, etwas zwingt ihn aber auf seine Bahn. Setzt man nun noch voraus, dass jede der Einzelbewegungen in ein und derselben Zeitspanne vonstatten gehen, so kann man zeigen, dass die dabei entstehenden Flächen ebenfalls gleich sind. Newton verwendet hier nur sein 1. Gesetz und Zusatz 1, mit deren Hilfe er die Einzelbewegungen als Kräfteparallelogramme darstellt. Macht man die Zeitabschnitte und damit die Parallelogramme immer kleiner, so meint Newton, erreicht man eine immer bessere Näherung an die Bahn des Körpers. Insofern sind ebenso für die „echte“ Bahnbewegung die Zeiten den Flächen proportional.

2.2.3 Das Gesetz der Schwerkraft

Die Gültigkeit des zweiten Kepler’schen Gesetzes, dem Flächensatz, folgt aus dem Umstand, dass die anziehende Kraft immer auf den Zentralkörper gerichtet ist. Die Zentralkraft bewirkt nach Newton, dass ein Körper gegen irgendeinen Punkt als Zentrum gezogen oder gestoßen wird oder auf irgendeine Weise dahin zu gelangen strebt (vgl. Hawking, 2009, S 638). Den

25 Beweis, dass die Zentripetalkraft proportional zum Kehrwert des Abstandsquadrates, für den Fall einer elliptischen Bahnform ist, kann Newton 1684 nach drei Monaten Arbeit rekonstruieren. Er hatte ihn bereits vier Jahre zuvor erbracht, ihn aber in seinem Büro verlegt (vgl. Hawking, 2009, S 634). Im nächsten Abschnitt soll nun das Gesetz der Schwerkraft sowie seine Herleitung durch Newton näher betrachtet werden.

2.2.3.1 Abhängigkeit der Schwerkraft von der Masse der Körper

Den Einfluss der Masse auf die Kraft erklärt Newton folgendermaßen: „Die Größe der Bewegung wird durch die Geschwindigkeit und die Größe der Materie vereint gemessen.“ (Hawking, 2009, S 637)

Mit Bewegung meint Newton den Impuls eines Körpers, der umso größer ist, je größer die Masse bzw. Größe der Materie desselben ist. Betrachtet man zwei Körper A und B, so sind nach dem Prinzip „actio est reactio“ ihre Impulse in Richtung Schwerpunkt des Systems einander gleich (vgl. Hawking, 2009, S 798).

Solch ein Impuls wird durch eine beschleunigende Kraft erzeugt. Diese wiederum muss ebenso proportional der Masse des Körpers sein. So schreibt Newton: „Die anziehende Kraft des Körpers A verhält sich zu der des Körpers B wie die Masse von A zur Masse von B (vgl. Hawking, 2009, S 798). Einfach gesagt führt schon die Identifikation der Größe der Bewegung (Impuls) mit der Masse zum gewünschten Ergebnis.

2.2.3.2 Abhängigkeit der Schwerkraft vom Quadrat des Abstandes für die Kreisbahn

Die Bewegung BC des Körpers nimmt Newton nach seinem Gesetz Zusatz 1 als zusammengesetzte Bewegung von Bc und BV an (siehe Abb. 5). In Folge dessen stellt er fest, dass sich die Zentripetalkräfte in B und E zueinander ebenso verhalten wie die Diagonalen BV und EZ für unendlich kleine Bogen (vgl. Hawking, 2009, S671). Um die Kraft genau nach dem Mittelpunkt der Bahn gerichtet zu haben, nimmt Newton anfänglich eine Kreisform

26 derselben an. Für Körper, die verschiedene Kreise beschreiben, ist das Verhältnis der Diagonalen unendlich kleiner Bogen von Newton nachgewiesener Weise gleich dem Verhältnis der Quadrate der Bogen durch die Radien der Kreise. Die Bogen sind den Geschwindigkeiten proportional. Die Umlaufzeiten stehen im zusammengesetzten direkten Verhältnis der Radien und indirektem der Geschwindigkeiten. Die Umlaufzeiten sind aber gleichzeitig nach Keplers 3. Gesetz im Quadrat proportional den Kuben der Radien. Schließlich erhält man für eine Kreisbahn, dass die Zentripetalkräfte indirekt proportional zum Quadrat der Abstände sind (vgl. Hawking, 2009, S 674-675).

2.2.3.3 Abhängigkeit der Schwerkraft vom Quadrat des Abstandes für die Ellipsenbahn

Abb. 6: Ellipsenbahn (Hawking, 2009, S 684)

Newtons Herleitung der Zentripetalkraft für Ellipsenbahnen würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Daher soll hier nur eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte aus seinem Werk „Mathematische Prinzipien der Naturlehre“ angeführt werden. Aufgrund einiger Verhältnisüberlegungen, die hier nicht weiter besprochen werden können, sowie dem 3. Kepler’schen Gesetz, gelingt es Newton zu zeigen, dass die Zentripetalkraft sich indirekt wie SP 2 QT 2 der Körper verhält (vgl. Hawking, 2009, S 677). Dieser wiederum ist gleich dem QR

27 2BC 2 Produkt von und SP 2 . Damit verhält sich die Zentripetalkraft indirekt wie , was AC dem Abstandsquadrat entspricht (vgl. Hawking, 2009, S 684-685).

Nun ist die Schwerkraft schon fast entschlüsselt. Das Verhältnis zur Masse und zum Abstand ist hergestellt. Einzig die Konstante dieser Proportion muss noch empirisch ermittelt werden. Die erste Präzisionsmessung der Gravitationskonstante wurde 1798 vom britischen Naturforscher Henry Cavendish mit einer Drehwaage durchgeführt. Sie besteht aus zwei an einem leichten Stab befestigten kleinen Kugeln, gleicher Masse, die an einem Torsionsdraht hängen. Bringt man nun zwei größere Kugeln mit mehr Masse, in die Nähe der kleinen Kugeln, so verdrillt sich der Draht um einen bestimmten Winkel. Diese Methode wurde im Laufe der Zeit verfeinert. Heute ersetzt den Torsionsdraht ein Laserstrahl zur Winkelbestimmung. Aufgrund der geringen Gravitationsanziehung ist diese Messung sehr schwierig. Der Wert der Gravitationskonstante ist daher auch heute nur bis zur vierten Stelle nach dem Komma bekannt. Obwohl sie eine der ersten physikalischen Konstanten war, die jemals gemessen wurde, ist sie eine der am wenigsten exakt bestimmten Größen (vgl. Tipler/Mosca, 2004, S 340) G  m  M Die aus der Kraft F  bestimmte Proportionalitätskonstante ist G r 2 N  m2 G  6,67421010-11 kg2

(vgl. Kuchling, 2004, S 141), wobei m die Planetenmasse, M die Masse des Sternes und r der Abstand der beiden Körper voneinander ist.

28 2.3 Extrasolare Planeten

Das Wort Planet stammt vom griechischen Wort planetes, das „Wanderer“ bedeutet (vgl. Piper, 2011, S 39). Laut österreichischem Wörterbuch ist ein Planet ein Wandelstern im Gegensatz zum Fixstern. Folgende Punkte definieren laut der Internationalen Astronomischen Union (IAU) seit 2006 einen Planeten: 1. Ein Planet muss um einen Stern kreisen. 2. Ein Planet muss über genug Masse verfügen, um eine annähernd runde Form zu haben. 3. Ein Planet muss die Umgebung seiner Bahn gereinigt haben. Ein Zwergplanet wie zum Beispiel Pluto erfüllt den letzten Punkt nicht, und ist daher seit 2006 kein Planet unseres Sonnensystems (vgl. Piper, 2011, S 39). Verlässt man nun unser solares System und begibt sich auf die Suche nach anderen Objekten im All, ergibt sich folgende Erschwernis für das Auffinden neuer Planeten. Diese können nämlich nur gesehen werden, wenn sie entweder selbst durch Fusionsprozesse leuchten, oder von einem anderen, seinerseits leuchtenden Objekt angestrahlt werden (vgl. Piper, 2011, S 39). Freilich gibt es heute auch andere Techniken, um einen extrasolaren Planeten ausfindig zu machen. Ohne den Planeten selbst wirklich zu sehen, ist es möglich, aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten, Rückschlüsse auf die Existenz und den Aufenthaltsort eines Planeten anzustellen. Die dabei angewendeten Methoden, werden in diesem Kapitel vorgestellt. Die Entdeckungen der ersten Extrasolaren Planeten und ihre wichtigsten Vertreter werden ebenso behandelt.

2.3.1 Die Entstehung eines Planetensystems

Um die Entstehung von Planeten zu verstehen, betrachtet man die Vorgänge, die bei der Entstehung eines Sterns ablaufen. Ein Stern entsteht, indem eine dichte, kalte Gas- und Staubwolke unter der eigenen Schwerkraft zusammenbricht. Dabei wächst im Inneren der kollabierenden Wolke der junge Stern heran, während sich ein Teil des Wolkengases in einer

29 Scheibe um den Stern konzentriert. In der zirkumstellaren oder planetaren Scheibe rotieren Staubteilchen, die sich zu immer größeren Klumpen zusammenschließen. Ursache dafür ist, dass die Staubteilchen stärker von der Sonne angezogen werden als die Gasteilchen, weil Gas zusätzlich dem Gasdruck unterworfen ist, welcher der Schwerkraft entgegenwirkt. Der Staub wird anfänglich noch vom Gas mitgerissen und rotiert mit derselben Geschwindigkeit. Später aber überwiegt die Schwerkraft, da der Staub dem Gasdruck nicht unterworfen ist. Der Gravitationsüberdruck lässt den Staub spiralförmig nach innen driften. Die Wahrscheinlichkeit für Kollisionen der Staubpartikel ist nun wesentlich höher. Im Laufe einiger Jahrmillionen bilden sich durch weitere Kollisionen Brocken mit Durchmessern von bis zu 100 Kilometern. Sie werden auch Planetesimale genannt und sind die Vorläufer der Planeten. Die Planetesimale haben nun genügend Masse, um sich gegenseitig anzuziehen. Die Größeren unter ihnen wachsen auf Kosten der masseärmeren Objekte in ihrem Umfeld innerhalb von nur 100 Millionen Jahren zu Planeten heran. Die chemische Zusammensetzung der Planeten ist nach Ansicht der meisten Theoretiker davon abhängig, in welcher Zone der planetaren Scheibe sie entstanden sind. Die Temperatur des Gases nimmt zum Rand der Scheibe hin ab. In der näheren Umgebung des Zentralsterns können also nur Materialien kondensieren, deren Schmelzpunkt sehr hoch ist, wie zum Beispiel Eisen, Silizium oder Aluminium. Am Rand der Scheibe können Gase wie Methan, Ammoniak, Kohlendioxid oder auch Wasserdampf kondensieren. Ab einer Entfernung vom Stern von ungefähr fünf AE, ist es möglich, dass sich Gasplaneten bilden. In unserem Sonnensystem ist beispielsweise Jupiter der größte Gasplanet (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 264-268).

2.3.2 Die Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten

1992 entdeckten der Schweizer Forscher Michael Mayor von der Universität Genf und sein Doktorand Didier Queloz den ersten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems (vgl. Piper, 2011, S 47). Er umkreist den sonnenähnlichen Stern sehr dicht und schnell in nur 4,2 Tagen und wurde nach dem Helden der griechische Mythologie Bellerophon benannt, der das fliegende Pferd Pegasus zähmte und die Chimäre, ein Mischwesen, tötete. Queloz entwickelte ein Programm zur Bestimmung der Radialgeschwindigkeit eines Sternes aus

30 dessen Licht. Damit konnten ungewöhnliche Aktivitäten des Sternes 51 Pegasi erkannt werden, die auf einen Begleiter hindeuteten (siehe dazu im nächsten Kapitel: Methoden zur Auffindung extrasolarer Planeten, die Dopplermethode). Bellerophon war nicht nur der erste entdeckte extrasolare Planet, sondern auch der erste eines neuen Typs von Planeten, sogenannten „“. Aufgrund ihrer Nähe zum Stern wird die Oberfläche eines Hot Jupiter extrem aufgeheizt (vgl. Piper, 2011, S 47-49).

2.3.3 Methoden zur Auffindung extrasolarer Planeten

Extrasolare Planeten zu lokalisieren ist insofern schwierig, als sie im optischen Bereich quasi unsichtbar sind. Ein Planet, der selbst nicht leuchtet, kann auch nicht gesehen werden. Selbst wenn er von anderen Objekten angestrahlt wird, überstrahlt ein Stern seine Lichtstärke milliardenfach. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Infrarotstrahlung. Die Wärmestrahlung des Planeten ist neben der des Sterns zu gering. Daher schließt man mit Hilfe indirekter Methoden auf das Vorhandensein eines Planeten. Die Bewegung des Sterns sowie seine Helligkeit kann durch Planeten verändert werden. Eine Kombination aus unterschiedlichen Beobachtungen kann die Eigenschaften des Planeten enthüllen (vgl. Piper, 2011, S 55). Beispielsweise die Atmosphäre des Planeten, die innere Struktur, seine Masse, seine Zusammensetzung, usw. werden auf diese Weise bestimmt ohne den Planeten zu sehen.

2.3.3.1 Die Dopplermethode

Abb. 7: Beobachtungswerte für die Dopplermethode(Lesch/Müller, 2003, S 276)

31

Mit dieser Methode wurden bisher die meisten extrasolaren Planeten aufgespürt. Meist waren es äußerst massereiche Planeten, ähnlich dem Planeten Jupiter (vgl. Piper, 2011, S 56). Diese Methode funktioniert auch umso besser, je schwerer der zu entdeckende Planet ist. Umkreist ein solcher „schwerer“ Planet seinen Zentralstern, so übt er auch aufgrund seiner Masse, eine Anziehungskraft auf den Stern aus. Dieser kreist nun mit dem Planeten um das gemeinsame Massezentrum, welches umso weiter vom Mittelpunkt des Sterns entfernt ist, umso schwerer der Planet ist. Aufgrund dieser Bewegung des Sterns, entfernt er sich einmal von der Erde, um sich schließlich wieder zu ihr hin zu bewegen. Eine Tatsache, die man auch physikalisch auswerten kann. Ist das Lichtspektrum zum rötlichen verschoben, bewegt sich das Objekt von uns weg. Ist es zum blauen verschoben, bewegt sich das Objekt auf uns zu (vgl. Piper, 2011, S 56). Bei dieser Methode ergeben sich folgende Probleme: Sie ist nur geeignet um sehr massereiche Planeten zu finden. Die Eigenbewegung der Erde mit einer Geschwindigkeit von fast 30 km/s muss auch berücksichtigt werden. Weiters muss man für eine Lokalisierung des Planeten durch eine Berechnung die Masse des Sterns kennen. Dabei erreicht man mit heutigen Methoden noch keine exakten Werte (vgl. Piper, 2011, S 57).

2.3.3.2 Der Gravitationslinseneffekt

Die allgemeine Relativitätstheorie, die Albert Einstein begründete, postuliert, dass die Masse eines Körpers auf das Gefüge von Raum und Zeit einwirkt. „Wenn ein Körper Masse besitzt, beeinflusst er die Zeit und veranlasst den Raum sich um ihn zu krümmen. In einer solchen Region scheint das Licht abgelenkt zu werden“ (Hawking, 2004, S 963). Befindet sich also ein extrasolarer Planet zwischen Erde und einem weiter entfernten Objekt, zum Beispiel einem Stern, so wird das Licht des Sterns wie bei einer Linse gebeugt. Durch diesen Effekt kann man auf ein massereiches Objekt schließen, das sich irgendwo zwischen Erde und Stern befinden muss. Unklar bleibt aber die exakte Entfernung Erde - Linse bzw. Erde - extrasolarer Planet, sowie die Masse des Objektes. Dennoch ist diese Methode sehr geeignet, speziell weiter entfernte Planeten in mehreren tausend Lichtjahren Entfernung aufzuspüren (vgl. Piper, 2011, S 58-59).

32 2.3.3.3 Nulling

Das Verfahren, das die Physiker als „Nulling“ bezeichnen, soll einen angestrahlten Planeten sichtbar machen. Wie bereits erwähnt, ist es kaum möglich, ein Objekt, das nicht selbst leuchtet, zu beobachten. Selbst wenn es Licht reflektiert, wird es vom Stern überstrahlt. Daher verwendet man beim „Nulling“ zwei Teleskope, deren Bilder man übereinander legt, sodass das Licht des Sterns unterdrückt wird. Insofern kommt der schwach leuchtende Planet neben seinem Stern zum Vorschein (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 269-270). Das für das Jahr 2014 geplante Projekt „DARWIN“, sieht eine Anordnung von sechs frei fliegenden Weltraumteleskopen vor. „Damit soll es möglich sein, das Licht eines Sterns auf etwa ein Hunderttausendstel abzuschwächen“ (Lesch/ Müller, 2005, S 270).

2.3.3.4 Laufzeitmessungen

Diese Methode lässt sich nur bei Objekten anwenden, die periodische kurze Leuchtsignale aussenden, wie beispielsweise Pulsare. Wird ein solcher von einem Planeten begleitet, so kann ein Beobachter auf der verlängerten Bahnebene eine Schwankung der Periodendauer feststellen. Der Pulsar und der Planet kreisen um den gemeinsamen Schwerpunkt. Dabei bewegt sich der Pulsar einmal auf den Beobachter zu, einmal entfernt er sich von ihm. Damit ändert sich auch die Zeit, die das Licht für den Weg vom Pulsar zum Beobachter braucht. Aus der Zeitdifferenz der Lichtsignale und der Rotationsperiode kann man die Masse des Planeten und seine Entfernung zum Pulsar ableiten (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 271).

33 2.3.3.5 Transitmethode

Abb. 8: Transit (Lesch/Müller, 2003, S 272)

„Wenn ein Planet an der Vorderseite (vom Betrachter aus) vorbeizieht, nennt man diesen Vorgang einen Transit“ (Piper, 2011, S 61). Der Planet verdeckt dabei, abhängig von seiner Größe einen Teil des sonnenähnlichen Sterns, sodass eine minimale Änderung der Helligkeit auftritt. Dabei sorgt ein Planet in der Größenordnung von Jupiter für gerade einmal 1% Helligkeitsschwankung. Freilich muss bei dieser Methode auch eine natürliche Schwankung des Sterns ausgeschlossen werden, wobei kein Stern eine konstante Lichtquelle darstellt. Daher sollte die Abweichung periodisch auftreten, denn nur dann hat man einen Hinweis auf einen möglichen planetaren Begleiter (vgl. Piper, 2011, S 61). Wurde ein solcher mit der Transitmethode entdeckt, so hat man den Vorteil, mit Hilfe der bekannten Umlaufperiode des Planeten und der Masse des Sterns den Abstand der Planetenbahn errechnen zu können. Weiters ergibt sich aus der Größe der Helligkeitsschwankung sowie der Sternengröße die Planetengröße. Auch die Oberflächentemperatur des Planeten lässt sich berechnen, wenn die Temperatur des Sterns bekannt ist. Ein weiterer nützlicher Vorteil der Methode ist, dass man Rückschlüsse über die Atmosphäre des Planeten ziehen kann. Das Lichtspektrum setzt sich nämlich während eines Transits aus dem Spektrum des Sterns und des Planeten zusammen.1999 konnte ein Transit bei dem schon vorher bekannten Planeten HD 209458 b beobachtet werden. Bisher konnten über 80 Exoplaneten mit dieser Methode aufgespürt werden (vgl. Piper, 2011, S 62-63).

34 2.3.4 Methoden der Analyse der Zusammensetzung eines extrasolaren Planeten

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den modernen Möglichkeiten, Rückschlüsse auf die materielle Beschaffenheit von Körpern im All ziehen zu können.

2.3.4.1 Spektroskopie

Abb. 9: Spektrum (Lesch/Müller, 2003, S 287)

Die Spektralanalyse wird, wie bereits erwähnt, bei der Dopplermethode angewendet. Sie kann aber auch Aufschluss über die Bestandteile einer eventuell vorhandenen Atmosphäre geben, die den Planeten umhüllt. Wird der Planet von hinten durch einen Stern beleuchtet, sodass seine Atmosphäre bestimmte Wellenlängen des Lichts absorbiert, gibt uns ein Absorptionsspektrum Auskunft über die Zusammensetzung der Planetenatmosphäre (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 286). Je nachdem welche Moleküle in der Gashülle vorhanden sind, werden unterschiedliche Wellenlängen absorbiert. Dieser Prozess kann so erklärt werden: Elektronen umkreisen den Atomkern auf Orbitalen bzw. Schalen mit unterschiedlichen Energieniveaus. Trifft nun ein Lichtquant auf ein Atom, dann wird seine Energie dazu verwendet, ein Elektron aus einer tiefen Schale auf ein höheres Niveau zu heben. Es werden

35 aber nur solche Photonen absorbiert, deren Energie genau der Energiedifferenz der am Vorgang beteiligten Niveaus entspricht. Das bedeutet, Atome wählen nur ganz bestimmte Wellenlängen aus dem Licht einer Quelle und erzeugen damit ihr ganz spezielles und stoffspezifisches Absorptionsspektrum (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 81-83). Im November 2001 wurde erstmals ein Absorptionsspektrum des Sternes HD 209458 aufgenommen, das die Zusammensetzung der Atmosphäre seines Begleiters Osiris beschreiben konnte. Zu dieser Zeit waren aber die Geräte des Hubble-Space-Teleskops, welches die Bilder lieferte, nicht empfindlich genug für den Wellenlängenbereich von Wasser, Sauerstoff, Ozon, Kohlendioxid oder Methan. Aus diesem Grund wurde Osiris anfänglich eine Atmosphäre aus reinem Natriumdampf attestiert (vgl. Lesch/ Müller, 2005, S 287-289).

2.3.4.2 Radiostrahlung

Mit Hilfe der Radiostrahlung könnte es in Zukunft möglich sein, die Stärke des Magnetfeldes eines Planeten zu bestimmen. Die Strahlung wird in diesem Fall von Elektronen hervorgerufen, die sich entlang der magnetischen Feldlinien bewegen. In Zukunft wird es gelingen, solche Emissionen mit Radioteleskopen, wie dem LOFAR-System, zu beobachten.

2.3.4.3 Probleme bei der Bestimmung der Masse und des Orbits

Bisher wurden die besten Ergebnisse, um die Masse und die Exzentrizität eines Planeten zu bestimmen, mit nicht-linearen Gleichungen erzielt. Die beiden unbekannten Parameter werden dabei immer mehr verfeinert, um so die Unsicherheit zu beseitigen, bis das Ergebnis mit den beobachteten Daten korreliert. Dabei ergibt sich jedoch kein genauer Wert, sondern lediglich die Mindestmasse des Planeten. Die Bestimmung der absoluten Masse gelang bisher nur mit dem Gravitationslinseneffekt. Besitzt ein Sonnensystem nur einen Planeten, so ist es sehr einfach, die Daten mit der Radialgeschwindigkeitsmethode (Dopplermethode) zu erhalten. Die Masse ist proportional zu Maximum und Minimum der Verschiebung. Die Exzentrizität kann bestimmt werden, wenn Asymmetrien in den Daten gefunden werden, d.h. Abweichungen der Geschwindigkeitskurve von einer Sinus- oder Kosinuskurve. Um zusätzliche Information über die Inklination, also den Winkel zwischen der Bahnebene und

36 einer Referenzebene, und die Orbitalperiode und den planetaren Radius zu erhalten, bietet sich wiederum die Transitmethode an. Es ist daher vorteilhaft, beide Methoden für das System anzuwenden, um es möglichst vollständig zu beschreiben. Ein Problem ist die Massenbestimmung des Planeten. Die Masse leitet sich von Parametern wie dem Alter oder der Oberflächentemperatur ab und hat deshalb eine hohe Fehlertoleranz. Ein weiteres Problem ergibt sich für Doppel- oder gar Dreifachsternsysteme, da es hier einen chaotischen Orbit mit mehr als einem Massenschwerpunkt geben kann. 2005 wurde zum Beispiel ein Jupiter ähnlicher Planet im Dreifachsternsystem HD 188753 in 149 Lichtjahren Entfernung entdeckt. Für solche Planeten dürfte es schwierig sein, auf Dauer eine stabile Bahn einzunehmen (vgl. Piper, 2011, S 103-105).

2.3.5 Die wichtigsten Vertreter extrasolarer Planeten

20% aller Sterne besitzen einen oder mehrere Planeten. Bis heute wurden 759 Exoplaneten entdeckt (vgl. Internetadresse 2). Ungefähr 7% werden von einem gigantischen Planeten innerhalb von 3 AU (Entfernung Erde-Sonne) begleitet. Aufgrund der heutigen Möglichkeiten zur Auffindung der Exoplaneten werden hauptsächlich große und massereiche Planeten entdeckt. Wichtig im Zusammenhang zum Thema dieser Arbeit ist die Tatsache, dass 90% der von den Planeten beschriebenen Orbitalen um ihren Mutterstern exzentrisch sind. Das bedeutet, nur etwa 10% bewegen sich annähernd kreisförmig in ihrem Sonnensystem (vgl. Piper, 2011, S 121-122). Wichtige Vertreter bisher entdeckter Exoplaneten sind beispielsweise HD 209458 b oder der Gasgigant HD 80606 b, der eine sehr exzentrische Bahn um den 190 Lichtjahre entfernten Zentralstern hat. Er kommt dem Stern einmal auf 0,03 AU nahe, um sich dann wieder bis zu 0,85 AU zu entfernen (vgl. Piper, 2011, S 127). Einen fast kreisrunden Orbit zeichnet hingegen HD 70642 b aus (vgl. Piper, 2011, S 130). Der Planet Carot-7 b beherbergt zwei unterschiedliche Welten. Da er gebunden rotiert, also der Sonne immer die gleiche Seite zuwendet, besteht eine Planetenhälfte eventuell aus geschmolzenem Gestein und die andere aus Eis. Da er vermutlich keine Atmosphäre besitzt, kann er den enormen Temperaturunterschied von ca. 2000°C nicht umverteilen (vgl. Piper, 2011, S 130). Interessant sind auch Systeme, in denen mehr als ein gefunden wurde. Der Stern

37 HD 10180 beherbergt mindestens fünf Planeten, einer davon ist sogar der wahrscheinlich erdähnlichste Planet, der bisher entdeckt wurde (vgl. Piper, 2011, S 132). In nur etwa 20 Lichtjahren Entfernung umkreisen sechs extrasolare Planeten den roten Zwergstern Glise 581. Weil sich einige von ihnen in der lebensfreundlichen Zone, d.h. im richtigen Abstand zur Sonne befinden, wurden sogar Botschaften mit Nachrichten von der Erde aus zu diesem System geschickt (vgl. Piper, 2011, S 122-123). Nicht immer gibt es nur einen Zentralstern in einem Planetensystem. Das Doppelsternsystem 55 Cancri beispielsweise beherbergt fünf Planeten. Sie begleiten nur einen der beiden Sterne, der andere ist weit genug entfernt, um sie nicht aus ihrem Orbit zu werfen (vgl. Piper, 2011, S 132-133). Bisher glaubte man, dass sich der Planet im selben Drehsinn um seine Sonne bewegt, wie diese um sich selbst rotiert. Die protoplanetare Scheibe, aus der die Planeten entstanden sind, dreht sich ja in die gleiche Richtung wie die Sonne. Doch entdeckte man sechs Exoplaneten, die sich auf sogenannten retrograden Orbits befinden und sich dem bekannten Entstehungsmodell wiedersetzen. Eine weitere Anomalie wurde bei der Erforschung der Hot Jupiter gefunden. Fast die Hälfte ihrer Planetenbahnen sind stark gegen die Rotationsrichtung des Sterns geneigt. Vermutlich haben vorbeiziehende massereiche Objekte die Bahnebenen durcheinandergebracht (vgl. Piper, 2011, S 134-135).

38 2.3.6 Der Planet HD 209458 b

Abb. 10: Der Planet Osiris (Internetadresse 3)

2.3.6.1 Parameter

Der Planet HD 209458 b, besser bekannt unter dem Namen des Ägyptischen Gottes Osiris wurde erst 1999 entdeckt. Mit Hilfe der Transitmethode konnte eine Lichtschwankung von 1,7% festgestellt werden, während der Planet auf der zur Erde gewandten Seite seines Heimatsternes HD 209458 vorbeizog. Dadurch war es das erste Objekt, dessen Existenz mit dieser Methode bestätigt werden konnte. Die Entfernung von Osiris bis zur Erde beträgt 153 Lichtjahre (vgl. Hanslmeier, 2011, S 146). Starke Winde rasen mit bis zu 10000 km pro Stunde über den Planeten (vgl. Piper, 2011, S 127). Seine der Sonne zugewandte Seite ist extrem heiß, sodass 10 Millionen Kilogramm Wasserstoff pro Sekunde aus der 10000° C heißen Atmosphäre strömen. Dadurch entsteht der kometenähnliche Schweif des Planeten (vgl. Hanslmeier, 2011, S 146). Osiris ist aufgrund seiner Größe und Nähe zur Sonne ein Hot Jupiter. Als solcher dreht er sich während eines Umlaufs von nur 3,5 Tagen einmal um seine

39 Achse. Daher zeigt er dem Stern immer dieselbe Seite. Meistens zeichnet Hot Jupiter auch die annähernd kreisförmige Bahn aus. Weil sie so nahe an ihrem Stern sind, beeinflussen sie diesen auch stark durch ihre Anziehungskraft. Daher ist es nicht überraschend, dass die meisten bisher entdeckten Exoplaneten Hot Jupiter sind, da sie gut durch die Doppler- oder Transitmethode aufgespürt werden können (vgl. Piper, 2011, S 115).

Die wichtigsten Daten des HD 209458 b:

Mit dem Hubble Teleskop wurden zusätzlich zum Wasserstoff auch Sauerstoff und Kohlenstoff in der Atmosphäre nachgewiesen (vgl. Piper, 2011, S 127). Der Abstand des Planeten zur Sonne beträgt 7 Millionen Kilometer, seine Masse 63% der Masse von Jupiter, seine mittlere Geschwindigkeit 134600 m/s. Die Sonne hat eine Masse von 2.08851030 kg. Mit Radius, Geschwindigkeit und den beiden Massen kann bereits ein Orbit approximiert werden. Für einen vollständigen Umlauf braucht der Planet 3.52433 Tage (vgl. Internetadresse 4).

2.3.6.2 Masseverlust des HD 209485 b

Der Planet Osiris hat ungefähr 63% der Masse von Jupiter. Aufgrund seiner Entfernung zum Stern von „nur“ 7 Millionen Kilometern, verliert Osiris geschätzte 10000 Tonnen Masse pro Sekunde (vgl. Hanslmeier, 2011, S 146). Seine Atmosphäre wird vom Stern regelrecht verdampft (vgl. Piper, 2011, S 127). Dabei wird Wasserstoff durch die Sonnenenergie aufgeheizt und bildet eine Art Kometenschweif (vgl. Hanslmeier, 2011, S 146). 1 Die Energie einer Leuchtquelle im Raum im Abstand r ist proportional (vgl. Kuchling r 2 2004, S 412). Die Menge des verdampfenden Wasserstoffs auf dem Planeten ist abhängig davon, wie viel Energie zur Verfügung steht. Dabei wird eine direkte Proportionalität angenommen mit

m E  c  ; c  konst. t

40 m kg Haben wir in der derzeitigen Entfernung r den Masseverlust  10000000 , so ist o t sec der Masseverlust in neuer Entfernung r1 zum Stern wegen

2 r0 E1  E0  2 r1 gleich

2 m 7 r0  10  2 . (Gl. 6) t r1

Um eine abstandsabhängige Funktion für den Masseverlust zu erhalten, setzten wir

m  f t sodass r 2 f (r)  107  0 . (F. 1) r 2

Nun haben wir für jede Entfernung zum Stern eine eindeutige Masseabnahme pro Sekunde definiert. Der Fall r  0 kann vernachlässigt werden.

41 2.3.6.3 Energiebilanz

Abb. 11: Energiebilanz

Die Energie des Planeten und der verdampften Masse verteilt sich wie in Abb. 11 veranschaulicht. Die Strahlungsenergie der Sonne wird zur Aufheizung des Planeten verwendet, also in Wärmeenergie umgewandelt. Damit die Wasserteilchen das Schwerefeld von Osiris verlassen können, benötigen sie genügend Energie, um mindestens die Fluchtgeschwindigkeit

2 G  M v  zu erreichen (vgl. Kuchling, 2004, S 146). F r Diese bekommen sie von der Sonne. Strahlungsenergie wird in Bewegungsenergie umgewandelt. Die minimale Energie, die notwendig ist, um 107 Kilogramm Masse vom 107  v 2 Planeten abzukoppeln, ist dann E  F . Diese Energie muss pro Sekunde Flucht 2 aufgewendet werden.

42

Abb. 12: Der Schweif des Planeten (Internetadresse 4)

Der Kometenschweif um HD 209458b entsteht durch die Fluchtgeschwindigkeit der Teilchen, den Sonnenwind und der tangentialen Bahngeschwindigkeit des Planeten entlang des Orbits, welche die Werte der zwei Winkel  und  bestimmen. Der Schweif wird damit durch diese Parameter beschrieben:

vFlucht Es ergibt sich tan   , wobei vFlucht die Fluchtgeschwindigkeit und vw die vw Radialgeschwindigkeit der Wasserstoffteilchen ist, die ungefähr gleich der Geschwindigkeit des Sonnenwindes ist. Der Winkel  zwischen dem Schweif und der Verbindung Stern-

vPlanet Planet ist gegeben als tan  , mit der tangentialen Planetengeschwindigkeit vPlanet vw (vgl. Internetadresse 4).

43 Die Strahlungsenergie beschleunigt die Teilchen auf die Fluchtgeschwindigkeit. Wenn der Wasserstoff die Atmosphäre verlässt und sich vom System entkoppelt, nützt er seine kinetische Energie, um im konservativen Kraftfeld des Planeten seinen Abstand zum Zentrum ergo seine potentielle Energie in Bezug auf den Planeten zu vergrößern. Anschließend wird er durch den Druck des Sonnenwindes abgelenkt. Aufgrund der vielen möglichen Einflüsse auf das System, ist es nicht möglich, eine einfache Energiebilanz aufzustellen, die der wahren Entwicklung gerecht wird. Daher befasst sich diese Arbeit im Wesentlichen mit zwei grundlegenden theoretischen Möglichkeiten, die den Prozess des Masseverlustes und die damit verbundenen Änderung des Orbits idealisieren. Ein ideale Fall ist jener, bei dem sich nur die Anziehungskraft des Planeten auf die Sonne ändert und alle anderen Faktoren ausgeschlossen werden. Dadurch wird die Gravitationskraft geringer, was sich auf den weiteren Verlauf der Bahn und die Geschwindigkeit auswirken muss. Der zweite ideale Fall ist der, bei dem Energie und Drehimpuls konstant bleiben, zum Beispiel durch den Rückstoß des Schweifs. Beide Möglichkeiten werden im praktischen Teil mit Matlab Programmen untersucht.

44 3. Praktischer Teil

In den nachfolgenden Kapiteln wird die derzeitige Bahn des Planeten Osiris unter Zuhilfenahme der Formel für die Keplerbahn, analytisch, als auch mit dem Runge-Kutta Verfahren, numerisch berechnet. Des weiteren soll dem Einfluss des Masseverlustes auf den Orbit Rechnung getragen werden. Dabei werden zwei Fälle unterschieden. Für den Fall, dass die Energie und der Drehimpuls des Planeten konstant bleiben, eignet sich die Keplerfunktion gut, um die Veränderung der Bahn, auch für sehr lange Zeitschritte, zu berechnen, ändern sich aber die Energie und der Drehimpuls durch den Masseverlust, muss man das Problem mit der Runge-Kutta Methode integrieren.

3.1 Numerische Methoden zur Orbitalanalyse

Das einfachste Verfahren für die numerische Integration, ist die Euler Methode. Wenn die Differenzialgleichung die Form y  f (x, y)

hat, findet man ausgehend von einem Punkt (xn , yn ) der Lösungsmenge einen benachbarten

Punkt (xn1, yn1 ) durch lineare Näherung,

(xn , yn )  xn  h, yn1  yn  hf (xn , yn ) .

Der Fehler dieses Verfahrens ist von der Ordnung (h2 ) .

Angewendet auf das Keplerproblem liefert diese Methode die Iterationsvorschrift

      rj1  rj  t (v j  er  a(rj ) t) .   j  r  r v  j1 j j1 t wobei  rj ...der Ortsvektor des Körpers, bzw. sein Abstandsvektor zum Masseschwerpunkt,

45   v j ...der Geschwindigkeitsvektor des Körpers im Punkt rj ist,     rj e ...der Einheitsvektor des Vektors r ist, mite  , r j j rj  rj

   G  M e ...die Beschleunigung abhängig vom Abstand zum Ursprung ist, mit . r a(r) a(r)   2 r

Das Standard Verfahren ist das Runge-Kutta Verfahren 4. Ordnung. Es erhöht die Genauigkeit der Approximation, weil es die Ableitung y  f (x, y) , mit Hilfe von vier Zwischenschritten, für mehrere Argumente berechnet. Die Näherungsvorschrift lautet

k1  h  f (xn , yn ), h k k  h  f (x  , y  1 ), 2 n 2 n 2 h k k  h  f (x  , y  2 ), 3 n 2 n 2 k4  h  f (xn  h, yn  k3 ),

xn1  xn  h, 1 y  y  (k 2k  2k  k ) n1 n 6 1 2 3 4 (vgl. Lang/Pucker, 2005, S 239-243).

46

3.2 Approximation der Bahn mit der Runge-Kutta Methode

3.2.1 Programmvorschrift

Aus dem vorigen Kapitel folgt für das Keplerproblem die Iterationsvorschrift:

  v1  v(t),  1   a  F(r (t)), 1 m   1  v  v(t)  a  t, 2 2 1  1   1  a  F(r (t))  v  t, 2 m 2 1

  1  v  v(t)  a  t, 3 2 2  1   1  a  F(r (t))  v  t, 3 m 2 2    v4  v(t)  a3  t,  1    a  F(r (t))  v  t, 4 m 3 sodass   1     r(t  t)  r(t)  (v  2v  2v  v )  t, 6 1 2 3 4

  1     v(t  t)  v(t)  (a  2a  2a  a )  t 6 1 2 3 4

3.2.2 Derzeitige Bahn

Pr_2.2.m    GMm  F(r(t))  r(t) r(t)3

47 SonneHD209485  (0,0) , Bewegung der Sonne wird vernachlässigt.

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 1.346105 Abstand 6.92109 Masseverlust 0

Programmparameter [SI] Anzahl der Iterationen 103 und 104 Zeit t 3000s und 300s Abbruchkriterium t  302400s  3.5d 1Umdrehung

Derzeitiger Orbit von Osiris 0.05 Keplerbahn 0.04 Runge-Kutta

0.03

0.02

0.01

0 AE -0.01

-0.02 -0.03

-0.04 -0.05 -0.05 -0.04 -0.03 -0.02 -0.01 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 Abb. 13 AE

Um den Fehler dieser Methode abzuschätzen, betrachtet man nun die Keplerbahn und den mit Runge-Kutta berechneten Orbit. Umso näher die approximierten Werte der Keplerbahn kommen, umso kleiner ist der Fehler. Dazu vergrößern wir Abb. 13 in der Periapsis:

48

Abb. 14: Vergrößerung von Abb. 13

3.2.3 Prognosen

   GMm  F(r(t))  r(t) r(t)3

Schwerpunkt  (0,0) , Bewegung der Sonne wird berücksichtigt.

Pr_2.3.a.m

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 1.346105 Abstand 6.92109 Masseverlust 0

Programmparameter [SI] Anzahl der Iterationen 5104

49 Zeit t 12 Abbruchkriterium t  604800s  7d  2 Umdrehungen

pr-2-3-a.m Bahn des Planeten 6 Bahn der Sonne Osiris

HD209458

4

2 Zoom In Gi Zoom In ga me 0 ter

-2

-4

-6 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 Abb. 15 Gigameter

-5 x 10 pr-2-3-a.m Bahn des Planeten Bahn der Sonne 6 Osiris HD209458

4

1. und 2. Umdrehung 2

0

Gigameter Fehler < 10 km -2

-4

-6

Abb.16 -5.6584 -5.6584 -5.6584 -5.6583 -5.6583 -5.6583 -5.6583 -5.6583 -5.6582 Gigameter

50 -5 x 10 pr-2-3-a.m 2.5 Bahn des Planeten Bahn der Sonne 2 Osiris HD209458 1.5

1

0.5

0

Gigameter -0.5

Fehler < 5 km -1

-1.5

-2

-2.5

-4.37 -4.36 -4.35 -4.34 -4.33 -4.32 -4.31 Gigameter -3 Abb. 17 x 10

-3 pr-2-3-a.m x 10 Bahn des Planeten 4 Bahn der Sonne Osiris HD209458 3

2

1 Zoom In Schwerpunkt

0

Gigameter -1

-2

-3

-4 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 Gigameter -3 x 10 Abb.18

51 Die Bahn für dm  107 kg/s liefert nach zwei Umdrehungen keine fehlerunabhängige, relevante Abweichung zur Bahn aus pr_2_3_a.m.

Pr_2_3_b.m

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 100x 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 0.5x 1.346105 Abstand 6.92109 Masseverlust -1023

Programmparameter [SI] Anzahl der Iterationen 5104 Zeit t 24 Abbruchkriterium t 1209600s 14d

pr-2-3-a.m

3 Bahn des Planeten Bahn der Sonne 100xOsiris HD209458 2

1

Zoom In Start 0

Gigameter -1

-2

-3 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 Gigameter Abb. 19

52 pr-2-3-a.m Bahn des Planeten 0.3 Bahn der Sonne 100xOsiris HD209458 0.2

Schwerpunktverlagerung 0.1

0 Gigameter

-0.1

-0.2

-0.3

-0.4 -0.3 -0.2 -0.1 0 0.1 Abb.20 Gigameter

9 5 x 10 Radius x 10 Geschwindigkeit 8 5

4 6

3 4 2

2 1

0 0 0 5 10 15 0 5 10 15 5 5 x 10 x 10 40 43 x 10 Energie Drehimpuls/sin(betha),x 10 betha=Winkel zwischen v und r 2 10 Ekin Epot 8 1 Eges

6 0 4 -1 2 -2 0 0 5 10 15 0 5 10 15 5 5 x 10 x 10 Abb. 21: Energie und Drehimpuls

53

Pr_2_3_c.m

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 1.346105 Abstand 6.92109 Masseverlust -1021

Programmparameter [SI] Anzahl der Iterationen 5104 Zeit t 24 Abbruchkriterium t 1209600s 14d

pr-2-3-c.m Bahn des Planeten 6 Bahn der Sonne Osiris HD209458

4

2 Zoom In

0

Gigameter Zoom In -2

-4

-6 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 Gigameter Abb. 22

54

-3 x 10 pr-2-3-b.m

Bahn des Planeten 8 Bahn der Sonne Osiris HD209458 6 Schwerpunktverlagerung 4

2

Gi ga me 0 ter -2

-4

-6

-8

-10

Abb. 23 -0.01 -0.005 0 0.005 0.01 Gigameter

pr-2-3-c.m Bahn des Planeten -2.318 Bahn der Sonne Osiris HD209458 -2.32

-2.322 4. Bahn -2.324 1. Bahn -2.326

-2.328 Gigameter

-2.33

-2.332

-2.334

-2.336

-5.22 -5.215 -5.21 -5.205 -5.2 Abb. 24 Gigameter

55

9 5 x 10 Radius x 10 Geschwindigkeit 7 1.7

1.6 6.5

m 1.5 m/s 6 1.4

5.5 1.3 0 5 10 15 0 5 10 15 s 5 s 5 x 10 x 10 39 44 x 10 Energie Ekin Drehimpuls/sin(betha),x 10 betha=Winkel zwischen v und r 2 Epot 1.16 Eges 1 1.155 0

1.15 )/s

2 J -1 1.145 -2 (kg*m 1.14 -3

-4 1.135 0 5 10 15 0 5 10 15 s 5 s 5 x 10 x 10 Abb. 25: Energie und Drehimpuls

Pr_2_3_d.m

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 1.346105 Abstand 6.92109 Massegewinn +1021

Programmparameter [SI] Anzahl der Iterationen 5104 Zeit t 24 Abbruchkriterium t 1209600s 14d

56

pr-2-3-d.m 6 Bahn des Planeten Bahn der Sonne Osiris 4 HD209458

2

Zoom In Zoom In

0

Gigameter

-2

-4

-6 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 Abb. 26 Gigameter

pr-2-3-d.m

Bahn des Planeten 0.03 Bahn der Sonne Osiris 0.025 HD209458

0.02

0.015

0.01 Start Gigameter 0.005

0

-0.005

-0.01

-0.015

6.89 6.9 6.91 6.92 6.93 6.94 Gigameter Abb. 27

57

-3 x 10 pr-2-3-d.m 8 Bahn des Planeten Bahn der Sonne 6 Osiris HD209458 4

2

0

-2 Gigameter -4

-6

-8

-10

-12 -0.01 -0.005 0 0.005 0.01 Gigameter Abb. 28 9 5 x 10 Radius x 10 Geschwindigkeit 7 1.7

1.6 6.5

m 1.5 m/s 6 1.4

5.5 1.3 0 5 10 15 0 5 10 15 s 5 s 5 x 10 x 10 37 42 x 10 Energie Drehimpuls/sin(betha),x 10 betha=Winkel zwischen v und r 4 Ekin 2.2 2 Epot Eges 2

0 )/s

2 1.8 J -2

(kg*m 1.6 -4 1.4 -6 1.2 -8 0 5 10 15 0 5 10 s 5 s 5 x 10 x 10 Abb. 29: Energie und Drehimpuls

58 3.2.4 Auswertung

Die Hauptresultate der Programme aus Kapitel 3.2 sind im Folgenden aufgelistet: a) Die Gravitationskraft nimmt durch den Masseverlust ab. b) Der Abstand Sonne-Planet wird größer. c) Gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit ab. d) Die kinetische Energie nimmt ab, die potenzielle Energie vergrößert sich. Die Summe der beiden Energieformen, also die Gesamtenergie des Planeten wird größer und nähert sich dem Wert null annähernd linear an. e) Der Drehimpuls des Planeten nimmt annähernd linear ab. f) Der Orbit des Planeten wird breiter. g) Sowohl Periapsis als auch Apoapsis entfernen sich von der Sonne. h) Die Bahn der Sonne um den Schwerpunkt wird enger, bis Sonne und Schwerpunkt räumlich kohärent sind. i) Exakt umgekehrtes Verhalten zeigt sich für die Berechnung mit Massegewinn.

3.2.5 Fehleranalyse

Der Fehler des Runge-Kutta Verfahrens ist von der Ordnung O(h2 ) , für die Schrittweite h. Wie in Kapitel 3.2.2 gezeigt, lässt sich der Fehler mit kleinerer Wahl des Wertes für t , verringern. Durch einsetzen eines Wertes im Bereich von 10 bis 100 Sekunden für kann die Ungenauigkeit auf bis zu 103 Meter reduziert werden. Die Rundungsfehler des Rechners liegen bei etwa demselben Wert. Dies kann durch die Berechnung der Keplerbahn für mehr als eine Umdrehung gezeigt werden. Die Koordinatenpunkte müssten für jeden Umlauf gleich bleiben, durch Rundungsfehler unterscheiden sie sich aber.

59 3.3 Approximation der Bahn mit Hilfe der Keplerbahn im Falle gleichbleibender Werte für Energie und Drehimpuls

Ziel des Programms ist eine Analyse der Veränderung der Keplerbahn ergo der Planetenbahn von Osiris. Die Keplerfunktion hat bis zu einer Grenzmasse Gültigkeit. Die aktuelle Masse des Planeten ist derzeit noch größer als jene Grenzmasse. Deshalb ist es möglich seine theoretischen zukünftigen Bahnen mit der Funktion zu nähern, sofern Energie und Drehimpuls konstant bleiben. Dasselbe gilt für jene Bahnen, die Osiris in der Vergangenheit gezogen hat. Auch sie können mit der Keplerfunktion approximiert werden. Der Vorteil dieser Methode, liegt darin, dass das Programm uns einen Einblick in lange vergangene- und in weiter Zukunft liegende Bahnen geben kann. Es gilt: SonneHD209485  (0,0) , d.h. die Bewegung der Sonne wird vernachlässigt.

3.3.1 Keplerbahn als Funktion der Masse

Der Masseverlust des Planeten Osiris wirkt sich auf seine Umlaufbahn aus. Im folgenden soll ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Masse des Planeten und seinem Abstand bzw. seiner Bahn hergestellt werden.

Wir betrachten zunächst Gl. 5

L2 1 r  2  G  m  M 2E  L2 1 1  cos() G 2  m3  M 2

Alle Parameter sind Konstanten, die sich nicht ändern. Im Fall des Planeten HD 209458 b ändert sich jedoch die Masse m in der Formel. Somit modifiziert sich die Gleichung zu einer Funktion von m wie folgt:

60 L2 1 r (m)  2  (F. 2) G  m  M 2E  L2 1 1  cos() G 2  m3  M 2

F.1 liefert nun zur jeweiligen Masse einen eindeutigen Orbit des Planeten, für   0,....,2 .

Ab einer Grenzmasse mgrenz wird die Umlaufbahn kreisförmig weil r  konst. gilt   0,...,2 , was wiederum nur erfüllt ist, wenn

2E  L2 1  0 2 3 2 G  mgrenz  M also

 2E  L2 m  3 . (Gl. 7) grenz G 2  M 2

Die Keplerbahn kann als Funktion der Masse betrachtet werden, wobei ihr Definitionsbereich D IR eingeschränkt ist mit

m D : m  mgrenz

Wird m gleich groß wie die Grenzmasse, ergibt sich eine Kreisbahn. Für eine Kreisbahn ist die Tangentialgeschwindigkeit definiert als

GM v  (vgl. Kuchling, 2004, S 145) k r somit ist

61 1 GM  m E    2 r umformen auf r ergibt

1 GM  m r   . 2 E

Wir definieren für m  mgrenz:

1 GM  m r(m)   . (F. 3) 2 E

Damit ist die Bahn als Funktion der Masse für jede Masse definiert. Dabei müssten die Energie, als auch der Drehimpuls konstant bleiben.

3.3.2 Zukünftige Bahnen

Der Masseverlust ist nach F. 1 r 2 f (r)  107  0 . (F. 1) r 2

Mit F. 1 und F. 2 wird nun ein Matlab-Code implementiert, sodass für j 1,...,n 1

L2 1 r (m j )  2  j1 G  m  M 2E  L2 j 1 1  cos() 2 3 2 G  m j  M

62 und

2 7 r0 m j1 (r )  m j 10   dt j1 r 2 j berechnet werden,

 r (0)  r ( )  r ( )  j1  j1  j1 wobei r  2 als mittlerer Abstand festgesetzt wird und j 3

m  m t  0 grenz abgeschätzt wird mit n Stützstellen. nm als Abbruchkriterium wird Gl. 6 verwendet, sodass die Iteration endet, falls

 2E  L2 m  m  3 . j1 grenz G 2  M 2

Die somit erhaltenen Funktionen r ,...,r können grafisch dargestellt werden. Dabei werden 1  n n  5103 Stützstellen verwendet, sodass dt  2105 a.

63 Ellipse->Kreisbahn 0.04 t1 t2

0.03 t3

0.02

0.01

0 [AE] -0.01

-0.02

-0.03

-0.04 -0.05 -0.04 -0.03 -0.02 -0.01 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 [AE] Abb. 30

t1  0 8 t2  4.7 10 Jahre 8 t3  t grenz  9.510 Jahre

Auch die jeweiligen Apsiden sind berechenbar aus j 1,...,n 1

Aj  r2 j (bei   2 )

Pj  r j ( bei    ) A  P a  2

Ist nun die Grenzmasse erreicht, so können wir Funktion F. 3 anstelle der Keplerfunktion verwenden.

64

Mit F. 1 und F. 3 wird nun wieder ein Matlab-Code implementiert, sodass für j 1,...,n 1

1 GM  m r (m )   j j1 j 2 E und

2 7 r0 m j1 (rj1 )  m j 10  2  dt rj1 berechnet werden. Als Abbruchkriterium wird der Punkt genommen, an dem sich die Masse auf ein Drittel der aktuellen Masse reduziert hat.

m0 mgrenz  Mit t  3  5,6 108 a für n  5103 erhalten wir die Bahnen: n  m

0.04 t4 t5 0.03 t6

0.02

0.01

0 [AE] -0.01

-0.02

-0.03

-0.04

-0.05 -0.04 -0.03 -0.02 -0.01 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 [AE] Abb. 31

65 t4  t3 11 t5  6,4 10 Jahre 11 t6  1310 Jahre

3.3.3 Vergangene Bahnen

Nachdem die zukünftige Bahn analysiert ist, sollen jetzt jene Bahnen untersucht werden welche der Planet im Laufe seines bisherigen Lebens gezogen haben müsste, um ohne äußere Einflüsse seine heutige Bahnform erreichen zu können. F. 1 muss demnach umgeschrieben werden zu

r 2 f (r)  107  0 , r 2 da wir rückwärts in der Zeit gehen und sich der Masseverlust damit umkehrt verhält und zum Massegewinn wird.

Mit F. 2 und der modifizierten F. 1 wird nun wieder ein Matlab-Code implementiert, sodass für j 1,...,n 1

L2 1 r (m j )  2  und j1 G  m  M 2E  L2 j 1 1  cos() 2 3 2 G  m j  M

r 2 m (r )  m 107  0  dt j1  j1 j 2 rj mit denselben Parametern wie in Teil 1. berechnet werden. Als Abbruchkriterium wird das erreichen des einenhalbfachen der derzeitigen Masse festgesetzt. 3 m0  m0 Aus n  5103 resultiert t  2  4,2108 a. nm

66 Somit erhalten wir die Orbitale:

Vergangene Bahnen

0.06 t-1 t-2 t-3 0.04

0.02

0 [AE]

-0.02

-0.04

-0.06 -0.04 -0.02 0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 [AE]

Abb. 32

t1  0 12 t2  1,110 Jahre 12 t3  2,2 10 Jahre

67 3.3.4 Grafische Übersicht der erhaltenen Keplerbahnen

27 5 x 10 Masseverlust Ellipse->Kreisbahn x 10 Geschwindigkeit Vergangene Bahnen 2 0.2 4 rmax max t-1 rmin min t-2 0.05 1.8 0.15 a 3 t-3

1.6 0.1 2 0

[AE]

v [m/s]

Masse [kg] Abstand [AE] 1.4 0.05 1 -0.05

1.2 0 0 -3 -2 -1 0 -3 -2 -1 0 -3 -2 -1 0 0 0.05 0.1 Zeit [a] 12 t [a] 12 t [a] 12 [AE] x 10 x 10 x 10

27 5 x 10 Masseverlust Ellipse->Kreisbahn x 10 Geschwindigkeit Ellipse->Kreisbahn 1.3104 0.047 1.48 rmax max 0.05 t1 1.3103 rmin 1.46 min t2 0.046 a t3 1.3102 1.44

1.3101 0.045 0 [AE]

v [m/s] 1.42 Masse [kg]

1.31 Abstand [AE] 0.044 1.3099 1.4 -0.05 1.3098 0.043 1.38 0 5 10 0 5 10 0 5 10 -0.04 -0.02 0 0.02 0.04 Zeit [a] 8 t [a] 8 t [a] 8 [AE] x 10 x 10 x 10

26 5 x 10 Masseverlust Radiusabnahme x 10 Geschwindigkeit 14 0.05 15 0.05 t4 12 t5 0.04 t6 10 10

0.03 0 [AE]

8 v [m/s] Masse [kg]

Abstand [AE] 5 0.02 6

4 0.01 0 -0.05 0 5 10 15 0 5 10 15 0 5 10 15 -0.04 -0.02 0 0.02 0.04 Zeit [a] 11 Zeit [a] 11 Zeit [a] 11 [AE] x 10 x 10 x 10

Abb. 33

68 3.4 Approximation der Bahn mit Hilfe der Newton’schen Bewegungsgleichung im Falle gleichbleibender Werte für Energie und Drehimpuls

Die Resultate aus Kapitel 3.3 sollen hier mit der Eulermethode verifiziert werden. In jedem Euler- Schritt werden Energie und Drehimpuls so korrigiert, dass ihre Erhaltung gewährleistet ist.

3.4.1 Anfangsbedingungen

   GMm  F(r(t))  r(t) r(t)3

SonneHD209485  (0,0) , Bewegung der Sonne wird vernachlässigt.

Anfangswerte [SI] Planetenmasse 1.31031027 Sonnenmasse 2.08851030 Geschwindigkeit 1.346105 Abstand 6.92109 Masseverlust 1019

 Nun kann in jedem Schritt die Länge des Vektors r korrigiert werden mit Gl. 5, die ja eine Verknüpfung von Energie- und Drehimpulserhaltung darstellt.

Also nimmt man

L2 1 rkorr  2  G  m  M 2E  L2 1 1  cos() G 2  m3  M 2

69 r j x wobei alle Größen bekannt sind und cos()   . rj Insofern ist es jetzt möglich, in jedem Schritt den berechneten Radiusvektor zumindest in seiner Länge zu strecken oder zu verkürzen, sodass die Erhaltungssätze gelten. Man setzt

  rkorr rj  rj   . rj

Nun ist es möglich, die Geschwindigkeit mit der Drehimpulserhaltung zu korrigieren. Denn

   L L  m  r  v  L  m r  v sin()  v  m  r sin()

Wichtig an dieser Stelle ist es, anzumerken, dass bei der Ellipsenbahn  meistens nicht 90° ist, wie das bei der Kreisbahn immer der Fall ist. Ein Tangentialgeschwindigkeitsvektor an eine Ellipse steht nur in besonderen Fällen normal zum Radiusvektor. berechnet sich aus

1       sin (er ev ) . Daher lässt sich die Korrektur für die Geschwindigkeit so formulieren:

L v  korr m  r sin() j korr

  vkorr sodass v j  v j   . v j

Als Abbruchkriterium wird das Erreichen der Grenzmasse festgesetzt.

70 3.4.2 Lösungskurve mit Euler Methode

Mit den oben genannten Anfangsbedingungen liefert das Programm eine starke Orbitveränderung passend zu den Ergebnissen aus Kapitel 3.3.

t  560s , Methode: Euler

Abb. 34

71 t  5616s , Methode: Euler

Abb. 35

Um jetzt den weiteren Orbit zu bestimmen, kann man auf die Gesetzte für Kreisbahnen zurückgreifen, da die Exzentrizität jetzt annähernd null beträgt. Nun lautet die Funktion für r

1 GM  m r(m)   2 E ,

72 demnach haben wir die Iterationsvorschrift

1 GM mi ri1   2 E .

Der Winkel (t) ergibt sich aus

G  M v G  M (t)    t mit der Winkelgeschwindigkeit    r  0 r r r 3 also

G  M i1  i  3  t . ri Die Polarkoordinaten r und lassen sich grafisch darstellen, siehe Abb. 36.

dm kg  1020 dt s 9 x 10 6

4

2

0 [m]

-2

-4

-6 -6 -4 -2 0 2 4 6 [m] 9 x 10

Abb. 36

73 3.4.3 Auswertung

Inwiefern wirkt sich ein stetiger Masseverlust durch starke Energiezufuhr eines Sternes nun auf den Orbit eines Planeten aus? Folgende Resultate der Bahnberechnungen sollen hier aufgelistet werden: a) Aufgrund der Energie- und Impulserhaltung entfernt sich der Planet im Mittel nicht vom Stern, sondern nähert sich immer mehr einer Kreisbahn an, um schließlich ab einer bestimmten Grenzmasse spiralförmige Bahnen zu ziehen, die immer enger werden. b) Bei der Annäherung an die Kreisbahn gilt, dass die große Halbachse a und die Apoapsis A kleiner werden und die kleine Halbachse b sowie die Periapsis P größer dA werden. Wobei , also die Änderungsrate von A, größer ist als dieselbe von P. Der dt sonnenfernste Punkt wandert also schneller Richtung Stern, als sich der sonnennächste Punkt von ihm entfernt. c) Die Lage der Hauptachsen in der Bahnebene xy bleibt während des gesamten Übergangs von der Ellipse zum Kreis unverändert. Es findet keine Drehung der Achsen statt, auch nicht in z-Richtung, weil dort keinerlei masseabhängigen Kräfte wirken. d) Der Masseverlust wird immer stärker, je näher der Planet der Sonne kommt. e) Die Geschwindigkeit wird im Mittel immer größer, im Perihel jedoch langsamer. Ab der Kreisbahn nimmt die Geschwindigkeit überall zu. f) Mit Keplers’ drittem Gesetz folgt für die Umlaufzeiten, dass diese immer kleiner werden, denn

3 2 a2 2 t2  3 t1 ,a1  a2  t2  t1 a1

74 3.4.4 Fehleranalyse

Bei der Erstellung des Programms wurden einige Punkte nicht berücksichtigt.

a) Die Masse des Kometenschweifs wurde vernachlässigt. Auch die Masse der Teilchen innerhalb des Schweifs tragen ja zur Gesamtmasse des Systems bei. b) Beide Körper, Stern und Exoplanet, wurden als Punktmassen betrachtet, ohne räumliche Ausdehnung. c) Das Zentrum des Sterns wurde gleichzeitig als Massemittelpunkt angenommen, da der Planet nur 0,0006% der Sternenmasse hat. Für schwerere Exoplaneten muss bei der Betrachtung der Bahn also auch noch die Verschiebung des Schwerpunktes des Systems berücksichtigt werden. d) Ebenfalls wurde nicht berücksichtigt, dass die Sonne unterschiedliche Brennphasen hat, d.h. im Laufe der Zeit nicht konstant gleich viel Strahlungsenergie zur Verfügung stellt. Das würde natürlich auch den Masseverlust des Planeten verändern.

Um den Fehler des Programms selbst abzuschätzen, wird die Keplerbahn, also der „wahre“ Orbit, mit der ohne Masseverlust errechneten Bahn verglichen.

Abb. 37

Der Fehler liegt bei ca. 100 km. Das entspricht 0,000014% der mittleren Entfernung des Planeten zum Stern.

75 4. Didaktische Reflexion des Diplomarbeitsthemas

Im folgenden soll eine didaktische Analyse der Diplomarbeit nach W. Klafki erfolgen (vgl. Klafki, 1969, S 5-34). Dabei wird im Wesentlichen erörtert, welchen Wert das Thema im Unterricht für die SchülerInnen hat, welche Sachstruktur ihm zugrunde liegt und wie es unterrichtlicht bearbeitet werden kann. Zusätzlich soll ein Bezug zum Lehrplan für die AHS hergestellt werden.

4.1 Gegenwartsbedeutung

Unter dem Gesichtspunkt des Zugangs zum Thema ist festzuhalten, dass die SchülerInnen die Planeten unseres Sonnensystems kennen. Der Umstand, dass sich Planeten um die Sonne bewegen, ist den meisten Kindern bewusst und vielen SchülerInnen wird auch bekannt sein, dass es noch weitere Sonnensysteme im Universum gibt, die ebenso Planeten besitzen. Die Kreisbewegung der Erde um die Sonne spielt insofern eine lebendige Rolle im schulischen und außerschulischen Leben dieser Kinder, weil daraus beobachtbare Phänomene wie die Veränderung des Nachthimmels im Laufe eines Jahres hervorgehen. Weitaus bekannter dürften ihnen der Wechsel von Nacht und Tag oder die Sonnen- bzw. Mondfinsternis sein, die durch die Rotation der Erde hervorgerufen werden. Eine wesentliche Erfahrung im Alltag der Kinder ist die Schwerkraft. Sie ist ein omnipräsenter Begleiter der Menschen und stellt daher sicherlich die größte Bedeutung für das Leben der SchülerInnen dar.

4.2 Zukunftsbedeutung

Es ist ein wichtiges Merkmal ausgewogener Allgemeinbildung, über die Kepler’schen Gesetze - zumindest in Bezug auf ihre Kernaussage - Bescheid zu wissen, sowie das Gesetz der Schwerkraft in vereinfachter Form zu kennen und damit zu wissen, dass Masse sich anzieht. Einen verfrühten Vorgriff auf eine Spezialausbildung stellt die Umsetzung der Himmelsmechanik auf die numerische Berechnung mit dem Computer in Form eines

76 Programms dar. Da in der 5. Klasse der AHS Oberstufe im Mathematikunterricht „rekursive Folgen“ bearbeitet werden, die im Wesentlichen einem Programmalgorithmus entsprechen, besteht grundsätzlich eine Relevanz für das Verständnis moderner Rechenverfahren und der Funktion eines Computers als Rechenmaschine.

4.3 Sachstruktur

Das übergeordnete Thema der Arbeit steht in sachlichem Zusammenhang zu wichtigen physikalischen Grundkenntnissen, wie: - Bewegungsgrößen (Beschleunigung, Geschwindigkeit, Weg, Zeit und Drehimpuls), - Kräfte und Vektoren (Koordinatensystem, Polarkoordinaten, Vektorprodukt, Vektorsumme, Länge eines Vektors, Kraft als Vektor, konservatives Kraftfeld), - Trägheitsgesetz und Gravitationsgesetz (Masse, Anziehungskraft, Trägheit, Impuls), - Energiesatz (Energieerhaltung, potenzielle Energie, kinetische Energie), - Keplergesetze (elliptische Umlaufbahnen der Planeten, Flächensatz, Verhältnis der Umlaufzeiten zu den großen Halbachsen), - Licht (Lichtgeschwindigkeit, Welleneigenschaft des Lichts, Spektroskopie, Lichtbrechung, Dopplereffekt). Für ein erstes einfaches Verständnis für das Zustandekommen von Himmelsbewegungen ist die Vorkenntnis über Trägheit, Schwerkraft, Geschwindigkeit und Beschleunigung ausreichend. Das Thema „Keplergesetze“ steht in fachlichem Zusammenhang zur Mathematik der Ellipse und der Proportionen und kann mit diesen Grundlagen bearbeitet werden. Um ein wirkliches Verständnis der Gesetze zu gewährleisten, braucht es zusätzliche Kenntnis um die Bewegungsgrößen Beschleunigung, Geschwindigkeit, Weg, Zeit und Drehimpuls sowie über Trägheit und Schwerkraft. Um die Methoden zum Auffinden extrasolarer Planeten zu verinnerlichen, ist es notwendig, dass die SchülerInnen das Thema Licht mit den oben genannten Unterpunkten durchgemacht haben.

77 Als nachhaltiger Wissensbesitz der SchülerInnen, hat die Kenntnis über Körperbewegungen im Raum und seine Ursachen, sowie die Existenz extrasolarer Planeten, ihre Eigenschaften und die Möglichkeiten sie aufzuspüren, zu gelten.

4.4 Exemplarische Bedeutung

Das Thema der Diplomarbeit ist exemplarisch für das Phänomen der Gravitationskraft. Gleichsam grundlegend und beispielhaft für die mathematische Analyse von Bewegung überhaupt ist die Methodik der Bahnberechnung und allgemein für den historischen Weg physikalischer Entdeckungen in diesem Zusammenhang.

4.5 Unterrichtliche Zugänglichkeit

Inhalt Galilei, Fernrohr Fragestellung Wie konnte man erstmals den Sternenhimmel genauer beobachten? Wie funktioniert ein Fernrohr? Wer entdeckte es und wie? Anschauungen Konvex- und Konkavlinsen Immanenz Optik

Inhalt Kepler, Keplergesetze Fragestellung Wie bewegt sich die Erde um die Sonne? Wie lange braucht sie? Könnte man ausrechnen, wie lange Jupiter braucht? Woher weiß man das heute, wer waren die Vorreiter? Anschauungen Ellipse, Zeichnungen, Proportionen Immanenz Himmelsmechanik

Inhalt Newton, Trägheit und Gravitationskraft, Kräfteparallelogramm Fragestellung Wer gewinnt in der Schwerelosigkeit ein Seilziehen? Wie kann es sein, dass

78 sich ein Körper immer gleich schnell weiterbewegt, warum ist das auf der Erde nicht so? Warum werden wir von der Erde angezogen? Was ist der Unterschied zwischen Masse und Gewicht? Was ist ein Kräfteparallelogramm Anschauungen Ein einfaches Beispiel soll die erste Frage beantworten: Man stellt sich zwei gleich schwere Personen vor, die gegeneinander Seilziehen. Würde man den Wettstreit in die Schwerelosigkeit verlagern, beispielsweise in ein Raumschiff, so gäbe es niemals einen Gewinner. Zieht eine Person auch noch so stark, so zieht sie sich in gleicher Weise zum anderen hin wie denselben zu sich. Einzig die Reibung am Boden macht es möglich, auf der Erde einen Sieger ermitteln zu können. Nehmen wir jetzt an, die eine Person, ein erwachsener Mann, sei 3 mal schwerer als die andere, z.B. ein Kind. Egal wie sehr der leichtere auch zieht, selbst wenn der schwerere nicht einen Finger rührt, wird er gewinnen, da sich die Körper im Schwerpunkt treffen. Man kann sich das so vorstellen: Die massigere Person ist nicht nur 3 mal schwerer, es braucht auch 3 mal mehr Kraft sie zu bewegen. Jedes Mal, wenn das Kind den Mann um einen Meter zu sich zieht, zieht es sich selbst 3 Meter weiter zum Mann.

Das Trägheitsgesetz sagt aus, dass jeder, einmal in Bewegung gebrachte Körper, seine Geschwindigkeit immer in dieselbe Richtung beibehalten wird, sofern keine anderen Kräfte auf ihn einwirken. Für den erdgebundenen Beobachter ist es schwer, sich vorzustellen, dass sich etwas ewig weiterbewegt. Wird doch ein Auto immer langsamer, wenn man es nicht mehr antreibt, oder rollt eine angestoßene Billardkugel irgendwann nicht mehr weiter und kommt zum Stillstand. Natürlich funktioniert das auf der Erde nicht, weil ihre Schwerkraft alles durch Reibung bremst. Im freien Weltraum würde sich aber eine einmal angetippte Billardkugel bis in alle Ewigkeit weiterbewegen.

79 Kräfteparallelogramm Ein einfaches Beispiel dazu wäre eine Person, die einen Fluss schwimmend überqueren möchte. Während sie sich mit einer gewissen Geschwindigkeit fortbewegt, wird sie von der Strömung flussabwärts getrieben. Daher erreicht der Schwimmer das andere Ufer unterhalb ihres Startpunktes. Man kann sich leicht vorstellen, dass er einen größeren Weg zurückgelegt hat als ohne Strömung. Dennoch benötigt er in beiden Fällen, mit oder ohne Strömung, die gleiche Zeit zum Erreichen der anderen Seite. Immanenz Kräfte, Himmelsmechanik

Inhalt Extrasolare Planeten Fragestellung Gibt es noch andere Planeten im Universum? Wo? Wie kann man sie sehen bzw. entdecken? Wie weit sind sie entfernt? Gibt es dort Leben? Welche Voraussetzungen müssten für Leben vorhanden sein? Wie kann man herausfinden woraus ein Exoplanet besteht? Anschauungen Bilder des Hubble Teleskops, Spektroskop, Dopplermethode: Analog zum irdischen Phänomen des herannahenden Rettungsautos, dessen Signalton beim Vorbeifahren höher wird, ändert sich auch die Frequenz des Sterns durch seine Bewegung. Die Änderung der Frequenz einer Schallwelle nehmen wir mit dem Gehör war. Ändert sich die Frequenz des Lichtes, müssen wir es in sein Spektrum aufspalten, um die Veränderung zu sehen. Isaak Newton erkannte schon im 17. Jahrhundert, dass weißes Licht eine Mischung von Licht aller Farben darstellt. Ist diese Mischung jetzt zum rötlichen Spektrum verschoben, bewegt sich das Objekt von uns weg. Ist es zum blauen verschoben, bewegt sich das Objekt auf uns zu Immanenz Optik, Astronomie

80 Inhalt Programmieren, Computer Fragestellung Kann man jedes Problem in der Physik mit einer Formel lösen? Was heißt „numerisch lösen“? Wie viele Rechnungen kann ein Computer pro Sekunde durchführen? Anschauungen Rekursive Folgen Immanenz Numerik

4.6 Bezug zum Lehrplan

Der AHS- Lehrplan des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur sieht vor, dass der Physikunterricht zum allgemeinen Bildungsauftrag der Schule, insbesondere der Befähigung zum selbstständigen Wissenserwerb, dem verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt und der verantwortlichen, rationalen Mitwirkung an gesellschaftlichen Entscheidungen fachspezifisch beiträgt und damit in besonderer Weise den Erwerb von Schlüsselqualifikationen und dynamischen Fähigkeiten fördert (vgl. Internetadresse 5). Für jede Physikklasse der AHS sollen nun Ziele, Anforderungen und Themenbereiche des Lehrplanes aufgezeigt werden, die einen Bezug zu den Inhaltsschwerpunkten dieser Diplomarbeit aufweisen.

2. Klasse: Ein Lehrplanschwerpunkt der zweiten Klasse ist der Bereich: „Die Welt, in der wir uns bewegen“. Die SchülerInnen sollen ein Verständnis für Bewegungsmöglichkeiten, Bewegungsursachen und der Bewegungshemmung von Körpern gewinnen. Weg und Geschwindigkeit, die gleichförmige und die gleichförmig beschleunigte Bewegung, Masse und Kraft, Masse und Trägheit und die Gewichtskraft werden behandelt (vgl. Internetadresse 6). Sie sind gleichsam Grundlage der Bewegungsgleichung von Newton, die in dieser Arbeit behandelt wird.

81 4.Klasse: In der vierten Klasse sieht der Physiklehrplan eine Auseinandersetzung mit der „Welt des Sichtbaren“ vor. Die Entstehung und die Ausbreitung des Lichts werden in diesem Zusammenhang genannt. Ein wichtiger Aspekt zum Auffinden extrasolarer Planeten, ist die Messung des Lichts eines entfernten Sternes. Ein weiterer Schwerpunkt der vierten Klasse ist das Thema: „Gekrümmte Wege auf der Erde und im Weltall“. Dabei werden Zentripetalkraft, Gravitationskraft und gekrümmte Bahnen behandelt, sodass die SchülerInnen die Bewegung von Planeten grundlegend erklären können (vgl. Internetadresse 5).

5. und 6. Klasse: In der Oberstufe wird nun zusätzlich erwartet, dass die SchülerInnen Verknüpfungen herstellen können. Unter anderem sollen sie Größenordnungen im Mikro-und Makrokosmos kennen und ihre Stellung im Universum einschätzen können. Des Weiteren werden die kreisförmige Bewegung und der Drehimpuls behandelt (vgl. Internetadresse 4). Dieses Thema steht in unmittelbarer Relation zu dieser Diplomarbeit.

7. und 8. Klasse In den letzten beiden Schulstufen vor der Matura sollen die bisher erworbenen Fähigkeiten vertieft werden und darüber hinaus Einblicke in die Welt der modernen Physik gewonnen werden. Aus diesem Grund bietet sich an dieser Stelle die Behandlung des Themas „extrasolare Planeten“ an. Ihre Erforschung bedarf modernsten Geräten und Methoden. Um Raumkapseln und Missionen ins All zu planen und zu konstruieren, ist technisches und physikalisches Wissen unbedingt notwendig

82 5. Zusammenfassung

Der theoretischen Teil der Diplomarbeit setzt sich mit der geschichtlichen Entwicklung der Himmelsmechanik auseinander. Galileo Galilei stellte Anfang des 17. Jahrhunderts ein Fernrohr her, mit dem er den Blick auf den Nachthimmel vergrößern konnte. Er setzte damit den Grundstein für alle weiteren astronomischen Beobachtungen. Kurz darauf entdeckte Johannes Kepler seine drei Gesetze, um die Planetenbewegung zu beschreiben. Schlussendlich gelang es Sir Isaak Newton, ein halbes Jahrhundert später, das Gesetz der Trägheit und das Gravitationsgesetz aufzustellen. Anschließend spezialisiert sich die Arbeit auf den Kernbereich „extrasolare Planeten“. Alle grundlegenden Eigenschaften dieser Himmelskörper werden erörtert. Ziel der Diplomarbeit ist es nun, unter Zuhilfenahme der physikalischen Gesetze zur Beschreibung der Bewegung von massereichen Körpern im Raum, den Orbit des extrasolaren Planeten HD 209458 b zu berechnen. Die Energiebilanz des Planetensystems kann in diesem speziellen Fall nicht eindeutig aufgestellt werden. Da der Planet ständig Masse verliert, ändern sich alle Parameter, die zur Beschreibung des Orbits notwendig sind. Des Weiteren gibt es Störfaktoren wie den Strahlungsdruck der Sonne oder den möglichen Rückstoß der entweichenden Teilchen. Insofern wird eine Fallunterscheidung gemacht, in der zwei Szenarien untersucht werden, die alle eventuellen Störungen vernachlässigen. Einerseits werden die Auswirkung des Masseverlustes auf die Gravitationskraft und die diesbezügliche Veränderung der Bahn untersucht, andererseits wird berechnet, wie sich die Keplerbahn als Funktion der Masse, bei gleichbleibender Energie und konstantem Drehimpuls, ändert. Beide Fälle zeigen völlig unterschiedliche Auswirkungen auf die Bahn des Planeten. Im ersten Fall wird die Bahn immer breiter und die Energie geht gegen Null. Im zweiten Fall zieht der Planet immer engere Ellipsen um das Zentralgestirn. Zur Beschreibung des Orbits von massereichen Körpern die Masse verlieren, eignet sich die erste Näherung besser. Untersucht man aber sehr leichte Körper wie zum Beispiel Kometen in unserem Sonnensystem, so ist die Gravitationskraft vernachlässigbar und man muss den Rückstoß der verdampfenden Teilchen, sowie den Sonnenwind stärker berücksichtigen. Abschließend wird die Arbeit noch didaktisch ausgewertet.

83 Literaturverzeichnis

Bücher:

- Hawking, S.(2004, 1. Auflage): Die Klassiker der Physik. Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag - Piper, S. (2011, 1. Auflage): Exoplaneten. Berlin Heidelberg: Springer- Verlag - Hanslmeier, A. (2011, 1. Auflage): Water in the Universe. Springer Science+Business Media B.V. - Padova, T. (2009, 2. Auflage): Das Weltgeheimnis. München: Piper Verlag GmbH - Lesch, H/ Müller, J. (2005, 3. Auflage): Big Bang zweiter Akt. München: Willhelm Goldmann Verlag - Lang, C./ Pucker, N. (2005, 2. Auflage): Mathematische Methoden in der Physik. München: Elsevier GmbH - Kuchling, H. (2004, 18. Auflage): Taschenbuch der Physik. München: Carl Hanser Verlag - Tipler, P./ Mosca, G. (2004, 2. Auflage): Physik für Wissenschaftler und Ingenieure. München: Elsevier GmbH - Kepler, J. (1929): Neue Astronomie. Verlag R. Oldenbourg, München- Berlin - Klafki, W.(1969: Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung. Hannover: Schroedel

84 Internet:

Internetadresse 1: Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie (o. J.): Zweikörperproblem. Verfügbar unter: www.espace-tum.de/mediadb/60728/60729/ProjSatBahnen_Kap2.pdf [30.01.2012] Internetadresse 2: Enzyklopädie der extrasolaren Planeten (Stand vom 11.02.2012), Jean Schneider, CNRS/LUTH - Pariser Observatorium, verfügbar unter: http://www.exoplanet.eu/ [13.02.2012]

Internetadresse 3: Astronomy and Astrophysics, Vol. 371, 2001, (p. 260-266). Search for spectroscopical signatures of transiting HD 209458b's exosphere. C. Moutou, A. Coustenis, J. Schneider, R. St Gilles, M. Mayor, D. Queloz, and A. Kaufer. Verfügbar unter: http://www.aanda.org/index.php?option=com_article&access=standard&Itemid=129&url=/art icles/aa/pdf/2001/19/aa10462.pdf [06.02.2012]

Internetadresse 4: Bild verfügbar unter: http://astroprofspage.com/wp-content/uploads/2007/04/HD209458b.jpg [30.01.2012] Internetadresse 5: Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (8.7.2004): Lehrplan der AHS-Oberstufe. Verfügbar unter: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/11862/lp_neu_ahs_10.pdf [30.01.2012] Internetadresse 6: Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (8.7.2004): Lehrplan der AHS-Unterstufe. Verfügbar unter: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/791/ahs16.pdf [30.01.2012]

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