2011 / 12 Semper! Magazin Oper, Ballett, Staatskapelle, Junge Szene
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Semper! Magazin 2011 / 12 Oper, Ballett, Staatskapelle, Junge Szene 1 Semper! Editorial 3 Dr. Ulrike Hessler, Intendantin Editorial 2011 EIN SPIEGEL DER GESELLSCHAFT »Wie machen wir’s, dass alles frisch und neu und mit Bedeu- tung auch gefällig sei?« Diese Frage hat sich schon Goethes Theaterdirektor im Vorspiel des »Faust« gestellt. Wir stellen sie uns zu Beginn einer jeden Saison wieder neu. Die Kunst des musikalischen Theaters ist immer ein künstle- risches Risiko, denn wir müssen die Werke, die wir spielen, immer neu befragen, wir müssen die alten Werke neu interpre- SEPTEMBER tieren und neue Werke in Auftrag geben. Wir dürfen es uns nicht auf unserer großen Tradition bequem machen, die es nicht gäbe, wenn unsere Vorgänger keine visionären und risikofreu- digen Theaterdirektoren gewesen wären. Die Verknüpfung von Tradition und Gegenwart ist unsere wichtigste Herausforderung. Wir brauchen Sie, unser Publikum, das bereit ist, sich für unsere Anzeige Arbeit zu begeistern, sich mit uns zu identifizieren. Wir haben Sie, unser Publikum, als tolerant kennengelernt, das das Abenteuer für Herz und Verstand, für Augen und Ohren mit uns teilt. Eine 18. Theateraufführung darf kein Kunstgewerbe sein, das mit Kalkül auf die Schwächen des Publikums zielt. Das Theater braucht Freiräume für Kreativität und Farbigkeit, denn es ist ein Spiegel – SÄMTLICHEN der Gesellschaft. In unserer heutigen Zeit gibt es schon genug E ZU globalisierte und austauschbare Einheitsästhetik. SS VON DER Wir haben in der vergangenen Spielzeit über 20.000 junge Leute mit unserem neuen Programm Semperoper Junge Szene SHUTTLE-BUSTALTUNGEN erreicht. Aber auch unser »erwachsenes« Publikum kommt VERAN zahlreicher: Wir liegen mit den Besucherzahlen an zweiter Stelle SEMPEROPER ZUM KONZERTZELT der deutschen Opernhäuser nach München. Mehr Dresdner haben sich für ihr »Anrecht« entschieden. Mit Alt und Jung 16. wollen wir die Freude an der sinnlichsten aller Kunstformen teilen. Wer einmal die Möglichkeit hatte, die Sprache des musik alischen Theaters zu verstehen, behält sein Leben lang die dadurch ge weckte Neugier, Kreativität und Kritikfähigkeit und wird gemeinsam mit uns unsere Kunstform weitertragen. Wir bieten in unserer neuen Spielzeit 19 neue Produktionen – aber auch die wichtigen Werke unseres Repertoires – im Semper- bau, in der neuen Spielstätte Semper 2 und an anderen Orten in der Stadt. »Unser« Christian Thielemann wird schon mit zahl- reichen Konzerten als zukünftiger Chefdirigent der Staats kapelle präsent sein. Wir alle freuen uns auf viele Begegnungen mit Ihnen in der neuen Spielzeit! IN KOOPERATION MIT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN WWW.SCHOSTAKOWITSCH-TAGE.DE TICKETS IN DER SCHINKELWACHE AM THEATERPLATZ. TELEFON: 0351 4911705 Anz_Schostakowitsch_210x280.indd 1 04.07.11 11:19 Fig. 3 Saison 2011 / 12 Simplicius Simplicissimus KARL AMADEUS HARTMANN Fig. 1 Juwelen, 27. August 2011 Fig. 2 Un ballo in maschera, 30. September 2011 Fig. 3 Simplicius Simplicissimus, 21. Oktober 2011 Fig. 4 Alcina, 29. Oktober 2011 Fig. 5 Der Nussknacker, 26. November 2011 Fig. 6 Peter und der Wolf, 15. Dezember 2011 Fig. 7 Jakub Flügelbunt, 15. Dezember 2011 Fig. 8 Lulu, 4. Februar 2012 Fig. 9 Kraftwerk Tanz, 25. Februar 2012 Fig. 10 Die Prinzessin auf der Erbse, 26. Februar 2012 Fig. 6 Fig. 11 La Dirindina, 4. März 2012 Fig. 12 Švanda dudák, 24. März 2012 Peter und der Wolf Fig. 13 L’elisir d’amore, 28. April 2012 SERGEJ PROKOFJEW Fig. 14 La clemenza di Tito, 26. Mai 2012 Fig. 15 Les Ballets Russes Reloaded, 23. Juni 2012 Fig. 14 Fig. 2 La clemenza di Tito / Titus Un ballo in maschera / WoLFGANG AMADEUS MOZART Ein Maskenball GIUSEPPE VERDI Fig. 9 Kraftwerk Tanz Fig. 11 Fig. 7 La Dirindina / Jakub Flügelbunt Die Dilettanten-Diva MIROSLAV SRNKA GIOVANNI BATTISTA MARTINI Fig. 4 Fig. 10 Fig. 13 Alcina Fig. 15 Die Prinzessin L’elisir d’amore / Der Liebestrank GEORG FRIEDRICH HÄNDEL GAETANO DONIZETTI Les Ballets Russes auf der Erbse Reloaded ERNST ToCH Fig. 8 Lulu Fig. 12 ALBAN BERG Švanda dudák / Schwanda, der Dudelsackpfeifer Fig. 1 JAROMÍR WEINBERGER Juwelen Fig. 5 Der Nussknacker Semper! Inhalt 7 Kunst beginnt im Herzen Inhalt Seite 8 Seite 28 jedes Einzelnen. SEMPER SECCO STAATSKAPELLE Eine musiktheatralische Kolumne Konzerte im August & September »Schlingensief und Wagner in Venedig« J.N. Nestroy Seite 30 Seite 9 STAATSKAPELLE PAPARAZZO Die neue Konzertsaison Eine fotografische Kolumne Semperoper Partner des Theaterfotografen Seite 34 SEMPEROPER EDITION VoL. 2 Partner der Semperoper Seite 10 und der Sächischen Staatskapelle Dresden AKTUELLES Krimi einer Wiederentdeckung Die Gläserne Manufaktur von Neuigkeiten und Wissenswertes Seite 36 Volkswagen in Dresden Kosmos OPER Seite 14 Eine Backstagereportage: Requisite SEMPER MATINEE Silber Partner Bronze Partner »Der klingende Schmuckvorhang« Seite 39 Zentrum Mikroelektronik Dresden AG Prüssing & Köll Herrenausstatter mit dem Jungen Ensemble INNENSICHTEN ENSO Energie Sachsen Ost AG Novaled AG Was darf an Ihrem Arbeitsplatz nie fehlen? Seite 15 Techem Energy Services GmbH Schaulust Optik TAG DER OFFENEN SEMPEROPER Seite 40 Linde-KCA-Dresden GmbH G.U.B. Ingenieur AG Nichts bleibt unentdeckt! VoN DER OPER LERNEN Erfahrungsbericht einer Dresdner Musiklehrerin Seite 16 Junges Ensemble Partner Titelgeschichte BALLETTWOCHEN Seite 42 Radeberger SEMPER! MENSCHEN »Tanz ohne Grenzen« Exportbierbrauerei GmbH Ballettdirektor Aaron S. Watkin im Gespräch Zehn Fragen an Bariton Christoph Pohl Semperoper Junge Szene Partner Seite 20 Seite 44 PREMIERE BALLETT REPERTOIRE Wöhrl for Kids Eine Initiative der Rudolf Wöhrl AG »Juwelen« Rollendebüts und Höhepunkte Seite 24 Seite 47 BALLETTABEND »ZAUBERNÄCHTE« RÄTSEL Werden Sie Partner! Informieren Sie sich unter Im Reich der Begegnungen »Le nozze di Figaro« Sponsoring Andrea Scheithe-Erhardt Seite 26 Seite 50 T__0351–49 11 645 HEFTMITTE REZENSION EINES GASTES F__0351–49 11 646 [email protected] »Rusalka« »Street Scene«, Juni 2011 Semper! Eine musiktheatralische Kolumne 8 Dr. Wolfgang Herles, Eine fotografische Kolumne Matthias Creutziger, Fotograf ZDF-Moderator, Redaktionsleiter Der Staatsopernchor in der Maske und Autor vor einer »Tannhäuser« Aufführung: Schminkbeginn des Gesichtes einer Sirene (Chordame). I. VII. Venedig. Vor dem Eingang zur Biennale Weshalb bekam Schlingensief den Gol- in den Giardini blickt Richard Wagners denen Löwen? Und wofür? Weil der Tod Büste aufs aufgewühlte Grün der Lagune. jedes andere Kunstwerk schlägt. Schlagen Nicht weit von hier starb der Meister. Im muss. In einer Welt ohne Gewissheiten ist deutschen Pavillon ertönt Musik aus sei- semper der Tod das Einzige, worauf wir uns noch ner letzten Oper. Parsifal. Dazu stirbt verlassen können. Wir brauchen nicht Christoph Schlingensief, alle fünfzig Minu- mehr nach Stil fragen, nach Geschmack, ten beginnt die Video-Ton-Schau. Die secco nach Raffinesse, nach künstlerischer Qua- Besucher sind bestürzt. Die Jury war es lität. Wer wollte darauf auch noch zuver- auch. Sie zeichnete das Sterben des Chris- lässig antworten. Handelt es sich jedoch toph Schlingensief mit dem Goldenen um den Tod, darf man sich Antworten spa- Löwen der Biennale di Venezia aus. ren. Auch ist dieser, Schlingensiefs Tod, so furchterregend authentisch. Nichts ist nur gespielt. Die Todesangst Schlingensiefs II. fährt uns durch Mark und Bein. Der Künst- IV. ler machte sein eigenes Ende zum größten Von Wagner kommt die Bezeichnung seiner Kunstwerke. Ihm ist der Preis nicht Gesamtkunstwerk. Musik, Libretto, dazu Warum wird in Opern so viel gestorben? verweigerbar. Im richtigen Sterben kann der weihevolle Ort auf dem Grünen Hügel, Viele der schönsten sind ohne Happy End. Kunst nicht falsch sein. alles aus einem Geist. Wenn es den Aus- Aida! La traviata! Tosca! Salome! Tristan! druck noch nicht gäbe, müsste er erfun- Liebestod. Sterbenslust. Es ist ja ein furcht- den werden für Schlingensief. Theater, bares, doch nicht ganz falsches Klischee, VIII. Oper, Oratorium, Literatur, Objektkunst, dass in der Oper am schönsten gesungen Performance, Film. Und dazu, wie bei wird, wenn es ans Sterben geht. Auch des- Schlingensiefs Parsifal-Inszenierung in Wagner, der sakral anmutende Raum, in halb muss gestorben werden. Bayreuth wurde ungewöhnlich rasch, nach den das abgrundtiefe Pathos passt. Im nur zwei Spielzeiten abgesetzt. Er hat spä- deutschen Pavillon ist die Kirche der Angst ter behauptet, den Parsifal zu nahe an sich vor dem Fremden in mir nachgebaut. Kir- V. heran, in sich hinein gelassen zu haben. chenfensterkulissen, Grablichter, die Rönt- Sein Körper habe dieses Werk nicht ver- genbilder von Schlingensiefs Tumor, Kin- Wenige Monate vor seinem Tod war kraftet. Krankheitsauslöser: Parsifal. Bis dersärge, ein Altar, darüber die Leinwand, Schlingensief zum Künstler des deutschen Ende November noch läuft in Venedig das auf der der Todkranke in die Kamera Pavillons berufen worden. Er hatte ein afri- Abschiedswerk. Der Name Wagner wird in schluchzt. Das Publikum stumm wie in kanisches Wellnessstudio geplant. Seine zweihundert Jahren noch strahlen. Und jeder anderen Kirche auch. Es ist die wilde Fantasie hätte der Nazi-Architektur Schlingensief? Schlingensief-Gemeinde. Sind nicht auch Paroli geboten und den anachronistischen Wagnerianer Angehörige einer Kirche? Das Nationenwettbewerb der Biennale lustvoll Publikum ist zu Trauer verdonnert und zu ad absurdum geführt. Kuratorin und Andacht. Da sind Zweifel nicht statthaft. Witwe beschlossen, dem Verblichenen ein Requiem aus- und einzurichten. So bietet der deutsche Pavillon in diesem Jahr etwas III. sehr,