Datum: 13.09.2017

Der Bund Medienart: Print 3001 Medientyp: Tages- und Wochenpresse 031/ 385 11 11 Auflage: 39'948 Seite: 15 Auftrag: 1008268 Referenz: 66659650 www.derbund.ch Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Fläche: 80'150 mm² Themen-Nr.: 541.003 Ausschnitt Seite: 1/2 «Solche Einbussen hatten wir noch nie» Bei der Apfelernte zeigt sich nun das wahre Ausmass der Frostschäden: Der Kanton Bern ist stärker betroffen als andere Regionen der Schweiz. Für viele Bauern - wie zum Beispiel für Paul Messerli - geht es ans Lebendige.

Biobauer Paul Messerli aus Kirchdorf hat wegen der Kälte rund 90 Prozent der Apfelernte verloren. Foto: Adrian Moser Simon Wälti In der Region Bern, im Aaretal und imder Ernte verloren», sagt Messerli. Ersatzverdienst suchen. «Die Pflege der schlug der Frost im April er-rechnet mit einer Ernte von noch 6,5Bäume muss man genau gleich ma- barmungslos zu. Bis zu minus 6,5 GradTonnen Äpfel. Im gekühlten Lagerraum,chen», sagt der Kirchdorfer Gemeinde- zeigte das Thermometer in den Nächtenwo sich sonst die Kisten und Harassenpräsident und frühere SVP-Grossrat um den 20. April zum Beispiel in Kirch-hoch stapeln, gibt es viel Platz. Und(1998-2011). Zum Beispiel die Hagel- dorf zwischen Aaretal und Gürbetal. DieLeere droht auch im Portemonnaie,netze spannen, mähen oder die Erde aussergewöhnliche Kälte machte derdenn Messerlis Einkommen stammt zuauflockern. Zu tun gab es immer etwas, schönen Apfelblust von Biobauer Paul70 Prozent aus dem Obstverkauf. nur mit dem Ernten kommt man dieses Messerli den Garaus. 15 000 Apfelbäume Nach den Frostnächten im April warJahr schnell zurande. besitzt Messerli in Kirchdorf und an-klar, dass Messerli auf etwa zwei Drittel grenzenden Gemeinden. In einem nor-seines Jahreseinkommens wird verzich-Mit Wasser gegen den Frost malen Jahr liefern sie etwa 65 Tonnenten müssen. «Solche Einbussen hattenMesserli zeigt eine seiner Plantagen. In Äpfel verschiedener Sorten wie Gala,wir noch nie», sagt Messerli. «Aber daeinigen Reihen sind die Niederstamm- Diwa, Topaz oder Jonagold. «Wir habenmüssen wir durch.» Er und seine Fami-bäume mittelprächtig mit Äpfel behan- wegen der Frostnächte rund 90 Prozentlie konnten sich nicht einfach einen Er-gen. Bäume in anderen Reihen tragen

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Der Bund Medienart: Print 3001 Bern Medientyp: Tages- und Wochenpresse 031/ 385 11 11 Auflage: 39'948 Seite: 15 Auftrag: 1008268 Referenz: 66659650 www.derbund.ch Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Fläche: 80'150 mm² Themen-Nr.: 541.003 Ausschnitt Seite: 2/2

Blätter, aber keine Früchte. Sonst leuchteeiner Januarnacht.» Bei Bigler fallen«Bei Boskop und den Birnen habe ich das hier wie «eine rote Wand», sagt derüber alle Sorten gesehen etwa zwei Drit-einen Totalausfall erlitten.» Auch über Bauer. «Wo wir Frost- und Finnenkerzentel der Ernte weg. Zudem seien die Äp-den ganzen Kanton gesehen sind die aufgestellt haben, hat es Äpfel, dort, wofel,die geerntet werden könnten,Ausfälle bei den Birnen hoch, besser wir nichts gemacht haben, gab es einenschlecht haltbar. «Wegen der Störung insieht es bei den Zwetschgen aus. Totalausfall.» Messerli konnte langeder Entwicklung sind sie weniger gut la- Obwohl die Obsternte noch andauert, nicht alle Bäume schützen. An einem an-gerfähig», erklärt Bigler. machen sich die Ausfälle bereits in den deren Standort versuchte er es mit einer Im Kanton Bern gehört Messerli zuRegalen von Grossverteilern wie der Mi- Bewässerung: Dabei wird Wasser überden am stärksten betroffenen Bauern.gros bemerkbar. Andrea Bauer, Spreche- die Bäume versprüht, das dann gefriert.Urs Grunder, Präsident von Besofrisch,rin von Migros , sagt: «Wir merken, Das Wasser lief die ganze Nacht, bis amdem Obstverband für die Kantone Bern,dass es weniger Äpfel gibt, das Sorti- Vormittag die Temperaturen wiederSolothurn und Freiburg, schätzt die Aus-ment ist kleiner als in anderen Jahren.» über null Grad kletterten. Durch die Eis-fälle bei den Äpfeln im Kanton Bern aufMan versuche, den Konsumentinnen bildung entstehe Wärme, sagt Messerli.rund 50 Prozent. «Das ist happig undund Konsumenten so lange wie möglich Es handelt sich um Kristallisations-deutlich mehr als im schweizerischenSchweizer Äpfel anzubieten. Das heisst, wärme. Solange das Wasser laufe, sei dieDurchschnitt.» Andere Landesgegendender Import könnte schneller als in ande- Blüte wie in einer Kapsel geschützt. Diewie das Wallis oder der Kanton Waadtren Jahren zum Thema werden. Gerade Temperatur bleibe bei null Grad. «Dieseseien viel weniger stark getroffen wor-beim Bioobst ist es aber schwierig, an Methode brachte den grössten Erfolg.»den, sagt Grunder. Ähnlich hohe VerlusteErsatzware zu kommen. Um auf der ganzen Fläche eine solchewie im Kanton Bern wurden aus der Ost- Bis jetzt konnten Ernteausfälle in- Überkronenberegnung zu betreiben, istschweiz und dem Baselbiet gemeldet. folge von Frost - anders als etwa Hagel- viel Wasser nötig, und das ist bei Messerli schäden - nicht versichert werden. Mög- nicht überall vorhanden. Fazit: Mit denFolgen auch beim Grossverteiler licherweise wird es dafür bald ein Ange- nächtlichen Einsätzen habe man «e chliDie Einbussen im Kanton Bern sind aberbot geben. Die Frage für die Landwirte öppis fürbrunge». sehr stark von der Region und den Sor-ist jedoch, wie hoch die Prämie ausfällt. Auch für Urs Bigler, Obstbauer inten abhängig. Im Seeland zum BeispielDenn Extremereignisse wie diesen Früh- Habstetten in der Gemeinde Bolligen,sanken die Temperaturen im April etwasling waren bisher selten. sind die Verluste gross. «Frost im Früh-weniger tief. Es gebe auch Landwirte, ling ist immer ein Thema, Schäden indie wohl fast normale Zahlen erreich-Mehr Bilder von Messerlis Bio-Obstbetrieb diesem Ausmass hat es aber wohl nochten, sagt Grunder. Bei ihm selber in Zä-in Kirchdorf nie gegeben.» Das Mittelland sei extremziwil liegen die Ausfälle über dem getroffen worden. «Es war kalt wie inSchnitt: Etwa 30 bis 40 Prozent der nor-www.apfel.derbund.ch malen Ernte wird er dieses Jahr haben.

Apfelsaft wäre schon zufrieden, wenn er etwa einschwierig abzuschätzen. «Gemäss Aus- Drittel der Menge eines guten Jahreskunft unseres Produzenten sollte aber mosten könnte. Der Schweizerischedie für die Migros Aare benötigte Menge Wo holt Bartli Obstverband rechnet schweizweit nurMost ab Presse verfügbar sein», sagt mit einer halb so grossen Mostobst-Sprecherin Andrea Bauer. Für Apfelsaft jetzt den Most? Ernte wie üblich. Der Kanton Bernaus Konzentrat seien die Lagerbestände Zahlreiche Mostereien im dürfte bei den Ausfällen - so wie beimvorerst noch genügend. Kanton Bern sind in diesem Tafelobst - stärker betroffen sein. Beim Die Redensart «Zeigen oder wissen, Apfelsaft könnte es darum zu Versor-wo Bartli den Most holt», wird übrigens Herbst nicht ausgelastet. gungsschwierigkeiten kommen. unterschiedlich erklärt. Vielleicht hat Die Süssmostpressen laufen derzeit Urs Bigler aus Habstetten liefert Obstdiese aber gar nichts mit einem Bartträ- nicht auf Hochtouren, auch nicht in derfür naturtrüben Apfelsaft an die Migrosger, einem Bartholomäus oder dem Most Mosterei Burkhalter in imAare. Auf den PET-Flaschen ist sein Bildzu tun. Eine Erklärung geht dahin, dass Emmental. «Es gibt bei uns in der Re-zu sehen. Gerade bei Mostsorten wie Bos-es sich um Ausdrücke aus der Gauner- gion gut zwei Drittel weniger Most-kop beklagt Bigler Ausfälle von praktischsprache Rotwelsch handelt: Ein Bartel obst», sagt Beat Burkhalter. Viele Äpfel100 Prozent. In der Nachbargemeinde It-oder Barzel ist ein Brecheisen und Most sind schon vom Baum gefallen, denntigen mussten in diesem Herbst die be-ein Ausdruck für Geld, so wie auch nach den Frostnächten folgte im Som-liebten Süssmostaktionen abgesagt wer-Moos, abgeleitet vom hebräischen Wort mer die Trockenheit. «Zum Teil neh-den - Bigler konnte keine Äpfel liefern.mä'öth (für Münzen). (wal) men Kollegen diesen Herbst ihre Pres-Bei der Migros Aare heisst es, die Folgen sen gar nicht in Betrieb.» Burkhalterfür die Mostproduktion seien noch

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