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PETE YORK'S Rock & Blues Circus – 08. Dezember 2018 – Neuruppin, Kulturhaus - Support: LORD BISHOP ROCKS - Text und Fotos: Holger Ott

Wieder einmal sind mein Kollege MIKE und ich auf dem Weg in das liebenswerte Neuruppin. Mit 60 km/h schleichen wir über die, von Baustellen übersäte, Autobahn Richtung Norden zu einem Ereignis, in dessen Genuss leider nur wenige deutsche Fans kommen. PETE YORKS Projekt, der ROCK & BLUES CIRCUS, gastiert nur für wenige Konzerte in Deutschland und in dieser außergewöhnlichen Konstellation wird es wohl nicht mehr möglich sein, sollte man es verpassen, die Hits der vergangenen Jahrzehnte genießen zu können und die Stars aus früher Jugend zu sehen. PETE YORK, Drummer der GROUP, hat einmal mehr so richtig zugeschlagen und eine 'Supergroup' um sich geschart, die es mit ihrer musikalischen Erfahrung in sich hat. Die Bandbreite reicht vom Beginn der 60er über Woodstock bis zum aktuellen Hardrock von DEEP PURPLE. Alle Beteiligten sind nicht die herausragenden Frontmänner gewesen, sondern haben stets bescheiden im Hintergrund agiert, aber ohne sie wären die jeweiligen Bands, in denen sie mitwirkten oder immer noch spielen, nie dort, wo sie im musikalischen Olymp stünden.

Die Lebensgeschichten oder die Stationen ihrer Karriere aufzuzählen, würde gewiss einen ganzen Roman füllen, somit bescheiden wir uns auf das Wesentliche und Aktuelle. Jeder von ihnen hat die 70 überschritten. Viele fragen sich bestimmt, warum sich diese gestandenen Musiker den ganzen Tourstress im hohen Alter immer wieder antun. Haben die alle keine Familien zu Hause? Am Geld kann es ja bestimmt nicht liegen, ergo bleibt nur der Spaß am Spielen und das Wiedersehen alter Freunde und Kollegen. Die Songs, die sie auch während dieser Tour performen, haben sie schon tausende Mal gespielt und sollten ihnen vielleicht zum Hals heraus hängen. Dennoch gibt es immer wieder "Smoke On The Water" oder "The House Of The Rising Sun". Sicher, die Fans lieben die Werke, zu denen ich mich auch zähle und ja, ich bin neugierig darauf, wie sie von dieser Formation dargeboten werden.

Bis kurz vor Tourstart blieb die Setliste geheim und wer weiß, wie oft die alten Recken Zeit zum Proben hatten. Aus allen Himmelsrichtungen sind sie nun nach Neuruppin gekommen und geben hier eines ihrer raren Deutschlandkonzerte. Veranstalter ANDREAS VOCKRODT hat es doch tatsächlich geschafft, diese Urgesteine der Rock- und Bluesmusik in die beschauliche Fontanestadt an den Neuruppiner See zu locken. Von nicht ganz so weit kommt der Supporter des heutigen Abends. LORD BISHOP ROCKS, aus New York City stammend, lebt er in Dresden und bespielt des Öfteren die Bühnen in seiner Wahlheimat Deutschland. Auch mein Kollege MIKE und ich haben seine furiose Show bereits gesehen, wissen somit was uns und das Publikum erwartet und freuen uns riesig darauf.

Der Lord enttäuscht uns auch nicht. Von Beginn rockt er, was das Zeug hält. Die Bühne kann für ihn nicht groß genug sein, so tobt er sich darauf aus. Dabei zeigt er immer wieder sein können auf der Gitarre und bringt mit seiner markanten Stimme Songs aus seiner neuen CD Heavy 10, sowie bekannte Werke aus vorangegangenen Veröffentlichungen. Die Bandbreite reicht vom düsteren Delta Blues bis hin zum Funk aus seiner Heimat New York.

In seiner Band: zwei herausragende Männer am Bass und den Drums, die ebenso agil sind wie LORD BISHOP. Der fünfundvierzig minütige Auftritt ist eine Augen und Ohrenweide und wir können für diese Band nur unsere Empfehlung aussprechen. Wer einen unterhaltsamen und powervollen Abend genießen möchte, der sollte LORD BISHOP ROCKS unbedingt in seinen Terminkalender aufnehmen. Nach kurzer Umbaupause bewegen sich die Hauptakteure auf die Bühne. Endlich ist auch, zur Freude der Fotografen, besseres Licht im Saal. Großer Jubel begleitet sie an ihre Plätze, allen voran PETE YORK, der einen leicht angeschlagenen Eindruck auf mich macht. Er quält sich anscheinend unter starken Schmerzen hinter sein Schlagzeug. Seine Sitzhaltung und seine Mimik deuten darauf hin, dass es ihm nicht so richtig gut geht. Er wirkt verkrampft und beschränkt sich auch darauf, nur die wichtigsten Ansagen zu machen.

Der älteste im Bunde, von den ANIMALS, verschwindet auch sofort hinter seiner HAMMOND-Orgel, von der er sich nur selten erhebt. Er singt viel und seine kleinen Anekdoten zu den Songs sind höchst interessant. Direkt vor mir, MILLER ANDERSON, WOODSTOCK Veteran und ein brillanter Gitarrist. Auch er heute einer der Hauptsänger, der mich aber nicht bei allen seiner Songs überzeugt. Seine Fitness hat auch schon stark nachgelassen. Gegen Ende der Show spielt er viel im sitzen und wenn er sich zu seinem Pedalwerk bücken muss, sieht das alles andere als elegant aus. Dafür ist sein Gitarrenspiel herausragend. Deutlich beweglicher und man kann sagen wesentlich jünger und aktiver und ebenfalls hervorragend bei Stimme ist Mr. SUPERCHARGE ALBIE DONNELLY am Saxophone. Sein Gesangsorgan kommt bei "Feel So Good" zum tragen, bei dem MILLER ANDERSON seinen Mund für die Harmonika braucht.

Mein Favorit und der eigentliche Star des Abends ist, wer hätte es gedacht, ist kein geringerer als DEEP PURPLE Bassist ROGER GLOVER. Wie von ihm gewohnt, spielt er seine Parts in Perfektion und selbst die ihm unbekannten Werke seiner Kollegen scheinen ihm nicht die geringste Mühe zu bereiten. Dass ihm der Abend Spass bereitet, ist nicht von der Hand zu weisen. Er hat öfter ein Lächeln im Gesicht und, man glaubt es kaum, er redet mit dem Publikum und zur Krönung singt ROGER das Stück "Something Else" aus der Ära von EDDIE COCHRAN, betont aber ausdrücklich, dass er das nicht als Schlagzeile in der Presse sehen möchte. Nun gut, seine Stimme ist auch nicht überwältigend, aber er traut sich etwas und die Fans im Saal danken es ihm mit tosendem Applaus. Ansonsten, wie von ROGER gewohnt, ist es ihm sichtlich unangenehm ständig mit DEEP PURPLE in Verbindung gebracht zu werden. Kleine Zeichen mit der Hand in Richtung MILLER ANDERSON, signalisieren, dass er nicht gelobhudelt werden möchte. Die Songauswahl ist natürlich ein bunt gemischtes Programm. Jeder hat in seiner Laufbahn Hits gehabt, die einem immer noch im Ohr brennen. Die Setliste könnte somit fast unendlich sein. Daraus eine neunzig-Minuten-Show zu machen ist, wie sechs Richtige im Lotto zu ziehen. Leider, so stelle ich anhand meiner Liste der vorangegangenen Shows fest, werden heute gleich drei Songs sowie die Pause gestrichen. Somit fallen "The House Of The Rising Sun", "Thank You Mama" und "That's Why We Sing The Blues" vermutlich dem angeschlagenen PETE YORK zum Opfer. Der allerdings reißt sich kurz vor Schluss so richtig am Riemen und legt bei "I'm A Man" ein Drumsolo hin, welches seinesgleichen sucht. Ob mit den Händen spielend oder mit den Jazzbesen, er entlockt seinem glitzernden Pearl Masterworks Set unglaubliche Töne in noch so unglaublicher Geschwindigkeit. Das der Mann hinterher völlig fertig ist, sei ihm verziehen und wir danken PETE für diese grandiose Einlage.

Für mich etwas enttäuschend ist "When A Blind Man Cries" aus dem DEEP PURPLE Fundus. Hier muss ich doch anmerken, dass es niemand so herzzerreißend singt wie IAN GILLAN. Dem Song heute Abend, vorgetragen von MILLER ANDERSON, fehlt es einfach an Ausdruck und Tiefe und die Länge lässt auch zu wünschen übrig. Highlights des Konzertes sind der Opener "", "Hoochie Coochie Man", "I'm A Man" und "Gimme Some Lovin'. Der Rest, abgesehen von der Zugabe, ist mehr oder weniger schmückendes Beiwerk eher unbekannter Sorte und bis auf diese wenigen Ausnahmen, will der Funke auch nicht so recht ins Publikum überspringen. Es ist zwar schön die alten Songs von den noch älteren Originalmusikern zu hören, aber wer, selbst aus meiner Generation, kann sich damit identifizieren. Da ist aus meiner Jugend kaum eine Verbindung herzustellen und wenn man, ohne das schlechtzureden, die Herren im deutlich erhöhten Rentenalter beobachtet, frage ich mich zum Ende der Show erneut, warum die sich das antun oder antun müssen.

Natürlich dürfen wir die Zugabe nicht unerwähnt lassen. ROGER GLOVER wird noch einmal geehrt und "Smoke On The Water" wird zum Besten gegeben. MILLER ANDERSON wieder am Gesangsmikrofon und bemüht, die Riffs des RITCHIE BLACKMORE so gut wie möglich zu erreichen. MIKE und ich stehen schon auf dem Schuhabsatz in Richtung Ausgang gekehrt, trotzdem können wir uns nicht von der Bühnenkante lösen. Irgendwas hat der Song, was einen fesselt. Wir sind einfach gespannt, was die Band daraus macht. Gut, es ist nicht das Überwerk, aber eine gelungene Zugabe, die die Menge im fast ausverkauften Saal zum kochen bringt. Mein Augenmerk fällt dabei auf ROGER GLOVER. Sollte man meinen, der Song hängt ihm zum tausendsten Mal gespielt aus den Ohren, so täusche ich mich da gewaltig. GLOVER strotzt dabei vor Spielfreude, als ob er das Stück zum ersten Mal spielen darf. BLACKMORE wäre stolz auf ihn.

Auch nach der Show erleben wir einen ROGER GLOVER, der sich völlig Publikumsnahe ins Getümmel stürzt und wirklich jeden Autogramm- und Fotowunsch erfüllt. Ebenso ZOOT MONEY, der bei seinen Fans beliebt ist, wie ein Superstar. Der Rest der Band hält sich eher im Hintergrund und sie verschwinden leider nach einigen Minuten wieder.

Unser Fazit ist ein guter Abend, der zwar musikalisch ein paar Wünsche offen lässt, aber die wohl letzte Gelegenheit geboten hat, diese Männer noch einmal zu sehen und um hier noch einen kleinen Geheimtipp an den Fan zu bringen: im März spielt DEEP PURPLE'S DON AIREY in Neuruppin. Absolut empfehlenswert, da ich das Konzert schon gesehen habe und weiß, dass auch er sehr Publikumsnahe ist. Vielen Dank an ANDREAS VOCKRODT und seinem Team vom Kulturhaus Neuruppin für die Akkreditierung. LORD BISHOP ROCKS sind: Lord Bishop (Vocals, Guitar) Rodrigo Lanceloti (Vocals, Bass, Acustic Guitar) Duda The Bricklayer (Drums) PETE YORK'S Rock & Blues Circus sind: Pete York (Drums) Roger Glover (Bass) Zoot Money (Keyboards) Albie Donnelly (Saxophone) Miller Anderson (Guitar)

PETE YORK'S Rock & Blues Circus spielte: 01 Keep On Running 02 I'm Still Alive 03 I'm Your Hoochie Coochie Man 04 Boogie Woogie King 05 When A Blind Man Cries 06 My Turn 07 High Tide And High Water 08 Thunder 09 Something Else 10 If Age Brings Wisdom 11 Feel So Bad 12 Big Time Operator 13 I'm A Man 14 Gimme Some Lovin' Encore: 15 Smoke On The Water