175 Jahre Gasversorgung in

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Paul Thomes / Mathias Mutz Es werde Licht – Die Anfänge der Gasversorgung in Aachen 1838

„Alles Gute kommt von unten“, so titelte die an, dass 175 Jahre ein Indiz für mehr oder Wiener Kongress, der 1815 die Verhältnisse Schrift, die vor 25 Jahren das stolze Jubilä- minder permanente Innovationsfähigkeit nach der napoleonischen Ära in Europa neu um „150 Jahre Gasversorgung in Aachen“ sind, ohne die sich ein Unternehmen über ordnete, hatte letztlich stabile politische Ver- ins rechte Licht rückte. Vielleicht hätte man eine solch lange und wechselhafte Zeit- hältnisse geschaffen, während die Wirtschaft etwas weniger überschwänglich formu- spanne nicht am Markt behaupten könnte. im Anschluss an den kriegsbedingten Nach- lieren können: „Manches Gute kommt von An dieser Stelle geht es allerdings um eine holbedarf geradezu rasant innovierte und unten.“ Jedenfalls besitzt der Hinweis auf die punktuelle Innovationsanalyse. Es interessie- sich ebenso wieder internationalisierte. Es Bedeutung städtischer Infrastruktur unter ren die Zusammenhänge der Einführung der half dabei ungemein, dass Preußen in seiner dem mittlerweile auch windrad- und solar- Gasbeleuchtung, denn sie markiert zum Ende neuen Rheinprovinz klugerweise auf die Res- bestückten Dach der STAWAG weitere 25 der 1830er Jahre das erste breite Anwen- tauration alter Standards verzichtet hatte und Jahre später unverändert Gültigkeit. Gas gilt dungsfeld. die französisch revolutionären Errungenschaf- damals wie heute als umweltverträglicher ten in Geltung ließ; ein wesentlicher Wettbe- und preisgünstiger Energieträger, auch wenn Aachen modernisiert sich werbsvorteil, wie sich bald herausstellen sollte. es nicht mehr das gleiche Produkt ist wie Denn diese Konstellation im Verbund mit der ehedem und sich seine Anwendungsbereiche In Aachen gab der Fortschritt in den 1830er ebenfalls napoleonisch gespeisten Akzeptanz ebenfalls verändert haben. Erdgas verdräng- Jahren in vielerlei Hinsicht Gas, um eine von Modernität und Innovationbereitschaft te das früher genutzte Kokereigas in den letz- Zwischenüberschrift aus „150 Jahre Gas- schuf eine wesentliche Voraussetzung für die ten fünf Jahrzehnten - und aus einer neuen versorgung“ zu zitieren. Die heutige Euregio Industrialisierung der Wirtschaft, die sich von Lichtquelle wurde ein universal einsetzbarer Rhein-Maas befand sich seinerzeit in einer England aus über das neue Königreich Belgien Energieträger. Diese Veränderungen deuten Art Aufbruch-, ja Goldgräberstimmung. Der ihren Weg nach Aachen bahnte.

Henry Winkles, Aachen, Marktplatz, Stahlstich um 1840 6 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Als vorteilhafte Standortfaktoren Aachens geben hätte; ein durchaus bemerkenswerter erwiesen sich zudem die Steinkohle- und Spagat. Erzvorkommen, die auskömmliche Verfüg- barkeit von Holz als Allzweckmaterie sowie Hinter solchen Entwicklungen stehen immer das ausgeprägte handwerkliche Know-how in innovationsbereite und -fähige Persönlich- den Bereichen Textil- und Metallverarbeitung. keiten; „Entrepreneure“, wie sie auch damals Allenfalls die aufgrund der fehlenden Fluss- schon hießen. Stellvertretend seien hier lage verkehrstechnische Isolation trübte das William Cockerill und seine Söhne genannt, Aufbruchsszenario; aber diesbezüglich deute- die sich von Lüttich aus rasch in der Region te sich in Gestalt der Eisenbahn verheißungs- vernetzten; und David Hansemann, als Kopf volle Abhilfe an. Seit Beginn der 1840er Jahre einer Aachener Gruppe aufgeschlossener, durchquerte die erste internationale Kontinen- auch das Gemeinwohl im Blick habender Un- taleisenbahnverbindung die Bäderstadt. ternehmer. Und wenn die dampfgetriebenen Cockerill’schen Maschinen 24 Stunden laufen Unter dem Strich sehen wir einen vielverspre- konnten, lag es nahe, die Nacht Schritt für chenden Mix von Innovationsbedingungen und Schritt zum Tage zu machen – mit allen Vor- eine neue Chance für die Wirtschaftsregion und Nachteilen. Schließlich wollten die neuen mit dem Zentrum Aachen. Gerade die Kaiser- technischen Möglichkeiten ausgeschöpft stadt hatte unter der alten Zunftherrschaft werden. Analog dazu ging die Menschheit in gelitten, unter kurz Morgenluft vielerlei Hinsicht daran, scheinbar unverrück- gewittert und stand nun bereit für einen neuen bare naturgegebene Schranken zu überwin- Höhenflug. Er ließ sie zum Zentrum des ersten den; eine wahrhaft spannende Epoche. deutschen industriellen Reviers werden, ohne Radierung von Gaspionier Samuel Clegg (1781-1861) von 1835. dass sie ihre Kur- und Bädertradition aufge- 7 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Gas bringt Helligkeit und Wärme Verbrennungsmotoren zu befeuern, lässt sich Carl Wigand Tabor, ein deutscher Gaspionier, spätestens 1809 nachweisen. Am frühesten berichtete 1822, dass Frankreich im Vergleich Dazu zählt auch die Erschließung neuer Ein- brach sich die Technik in England Bahn. 1819 zu England der Entwicklung hinterherhinke. satzmöglichkeiten von Gas gegen Ende des sollen allein in London 51.000 Gaslichter In Brüssel seien dagegen nach der Einfüh- 18. Jahrhunderts. Dies geschah in England gebrannt haben, bei einer Hauptnetzlänge rung 1818 bereits ganze Straßenzüge und und Frankreich parallel zueinander und auf von rund 300 km. viele Privathäuser gasbeleuchtet. Und er fuhr Kohle- bzw. Holzbasis. Experimentelle Insel- wörtlich fort: „In und Rotterdam lösungskonzepte erleuchteten um 1800 erste Als Vorzüge galten in jener Zeit die hohe Si- befinden sich aus England verschriebene Ap- Häuser, die u.a. gegen Eintritt zu besichtigen cherheit, die sich u.a. in geringeren Brandver- parate. Aachen und Lüttich haben ebenfalls waren. Erkannt wurden seinerzeit die leichte sicherungsprämien niederschlug, und auch angefangen“. Fortleitungsmöglichkeit des Gases, seine die Wärmeerzeugung: ob für das Sieden von einfach regelbare Verteilbarkeit auf diverse Wasser oder die gleichmäßige Beheizung von Aachen auch vor 1838 nicht im Verbrauchstellen sowie seine universelle Galerien. Fernnetze, die von den Steinkohlen- Dunkeln Einsetzbarkeit. gebieten aus ganz England versorgen sollten, wurden ebenfalls bereits diskutiert. Nicht, dass Aachen im frühen 19. Jahrhundert Der Titel eines 1803 publizierten Buches Dennoch gestaltete sich der Weg von der im Dunkeln gelegen hätte des Nachts. Nein, es deutete die Potenziale an: „Die Thermolampe Invention zur Diffusion, von der praxistaugli- gab natürlich wie in anderen größeren Städten in Deutschland; oder: vollständige, sowohl chen Umsetzung der Erfindung zu ihrer Ver- (groß bedeutet in Bezug auf Aachen etwa theoretisch als praktische Anleitung, den breitung, nicht gradlinig. Die napoleonischen 30.000 Einwohner) eine öffentliche Beleuch- ursprünglich in Frankreich erfundenen, Kriege verengten die finanziellen Spielräu- tung, in Form von Pech, Talg oder Öl. Und nun aber auch in Deutschland entdeckten me, und sie lähmten Europa auch generell, natürlich gingen auch nicht alle Aachener mit Universal- Leucht- Heiz- Koch- Sud- Des- ebenso wie die in der Bevölkerung weit den Hühnern ins Bett und standen wieder mit tillier- und Sparofen zu errichten“. Die Idee, verbreitete Zurückhaltung vor dem Neuen. ihnen auf; wenn auch die meisten. 8 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Der Blick in die Literatur und die im Stadtar- Gasbeleuchtung nicht nur in der Gastrono- mehrfach höheren Leuchtkraft und einer chiv erhaltenen Unterlagen zeigt seit 1816 mie der Bäderstadt buchstäblich ein High- sauberen Flamme; es war schlicht ein „schö- einige Bewegung auf dem Feld der Beleuch- light setzte. Das örtliche „Intelligenz-Blatt“ nes Licht“. Die wirtschaftlichen Potenziale be- tung. So erneuerte man unter anderem die schwärmte: „Jeder … wird sich überzeugen, nannte schon der englische Gaspionier Clegg, Öllaternen und erhöhte ihre Zahl. Sie standen daß ein einziges Licht vom Gas dem Licht u.a. Erfinder des Gaszählers: „Die Einwohner an wichtigen Straßen, Plätzen und natürlich von zehn Lampen gleich kommt.“ Ein Jahr können ihren verschiedenen Berufen nachge- an den Stadttoren. Sie leuchteten zunächst später ließ der fortschrittliche Fabrikant hen bei seinem erfreulichen Licht, wobei die nur in den Wintermonaten zwischen dem 20. Kelleter seine neue Tuchfabrikation an der Zeitspanne des Nutzens verlängert wird.“ Oktober und dem 20. März und nicht bei Voll- Ecke Löhergraben / Annastraße nicht nur per mond. Spätestens um Mitternacht wurden die Dampfmaschine betreiben, sondern ebenfalls Kerzen, außer an den Toren, wieder gelöscht. mit Gas beleuchten. Dabei handelte es sich Dabei übernahm die Stadt diese Aufgabe um Insellösungen, also entweder um kleine „Das Gaslicht ist zu rein für nicht selbst im Rahmen der Verwaltung, im Blockgaswerke, so genannte „Werksgasan- das menschliche Auge, und „Ökonomie-Wege“, sondern ließ sie „im Wege stalten“, oder aber um das in London 1819 unsere Enkel werden blind der Entreprise“ ausführen. Das heißt, sie patentierte „Portativgas“. In Form tragbarer werden.“ schrieb die Beleuchtung jährlich öffentlich Gasbehälter mit darauf angebrachten Bren- aus. 1821 lagen die Bietergebote beispiels- nern ermöglichte dieses eine lokal-flexible Ludwig Börne, Journalist und Kritiker, ca. 1824 weise zwischen 1 3/8 und 3 Pfennigen pro Beleuchtung. Stunde Brenndauer und Flamme. Bedenken und Hoffnungen Freilich existierten auch Bedenken. Natürlich kamen Widerstände aus der Ecke der Leucht- Zumindest Privatpersonen setzten seiner- öl- und Kerzenlobby. Eine andere Frage war, zeit schon Gaslicht ein. So wissen wir, dass Der unübersehbare Vorteil der neuen Technik ob die Erleuchtung der Nacht, welche letztere am 17. November 1817 das Weinlokal „Zum gegenüber den konventionellen Kerzen bzw. quasi zum Tage machte, nicht leidige gesell- Klüppel“ in der heutigen Ursulinerstraße per Öllampen bestand hauptsächlich in der 9 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Auszug aus dem Rappard-Plan, Burtscheid 10 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

schaftliche Konsequenzen nach sich zöge Verweilens auf den Straßen, das den Leuten Lust auf Licht oder gar frevlerisch in die göttliche Ordnung „Schnupfen, Husten und Erkältungen auf den eingriffe. Ein gern zitierter Beleg des Behar- Hals“ zöge; ganz davon abgesehen, dass sich Seit 1829 brannten die Aachener Öllaternen rungsvermögens ist ein Artikel im Beiblatt die „Sittlichkeit verschlimmere“. „Die künstli- immerhin etwas länger, nämlich zwischen der Kölnischen Zeitung vom 26. März 1819. che Beleuchtung“ verscheuche „das Grauen dem 1. Oktober und 31. März, während die Im Grunde gedacht, die Neuerung zu fördern, vor der Finsternis“, das „die Schwachen von Stadtverordneten weitere Änderungen und listet er sieben Vorurteile im Sinne der Ver- manchen Sünden“ abhalte, während die die Einführung effizienter so genannter werflichkeit der Gasstraßenbeleuchtung auf. „Helle“ Trinker „in den Zechstuben bis in die „Refraktionslaternen“ diskutierten. Am Ende Nachthinein“ schwelgen, „verliebte Paare“ stand die Entscheidung für eine ganzjährige sich verkuppeln, Pferde scheuen und Diebe Beleuchtung. Sie spiegelte sowohl die mit „Le gaz a remplacé kühn werden ließe. Zu allem Überfluss nage der Industrialisierung wachsenden Spielräu- le soleil.“ die Gasbeleuchtung am Nationalreichtum, da me als auch die sich ändernden städtischen Jules Janin, Journalist und Schriftsteller,1839 die Rohstoffe (angeblich) zu importieren sei- Bedürfnisse und diejenigen des Kurbetriebes. en, während sie das Nationalgefühl schwä- Einmal mehr gab die Stadt die Aufgabe in che: „Denn je dunkler es ist, umso heller Entreprise, sprich: lagerte sie finanzscho- Allen voran standen theologische Bedenken, erstrahlt an Festtagen der nationale Gedan- nend und risikominimierend aus. Beginnend denn gegen Gottes Ordnung dürfe man sich ke“. So behaupteten sich vielerorts die alten mit dem 1. August 1830 schloss sie mit den „nicht auflehnen, den Weltplan nicht hof- Beleuchtungskonzepte. Und so kam es, dass Herren Schmitz und Wahlen, „Unternehmer meistern.“ Andere befürchteten eine indirekte in Gent schon seit 1825, in Berlin, Hannover der Straßenbeleuchtung“ der Städte Köln, Besteuerung für eine Sache, ohne einen und Charleroi seit 1826, in Frankfurt seit Elberfeld, Düsseldorf usw. einen 20 Jahres- Nutzen oder gar Nachteile davon zu haben. 1828 Gaslaternen in den Straßen leuchteten, vertrag. Er umfasste 23 Artikel und informiert Gesundheitsorientierte Kritiker beschwo- und in Aachen oder Köln eben noch nicht. bestens über die Usancen. ren die Gefahren von „Gasausdünstungen“ ebenso wie die Folgen des nächtlichen Es ging um 180 Laternen, die an 200 Tagen und 11 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

900 Stunden pro Laterne gemäß einem ver- aktive Verwaltungsfunktionen im Kontext der eine ähnliche Situation also wie in Aachen. bindlichen, die jahreszeitlichen Lichtverhältnis- Beleuchtung. Die Sache wurde mehr denn Es ging um Modernität und Komfort. Statt se berücksichtigenden „Beleuchtungskalender“ je zum Politikum. Gleichzeitig drohte die der bisherigen 200 plante man nun mit 340 brennen sollten; in qualitativer Hinsicht, wie Verwaltung mit der Auflösung des Vertrags Laternen innerhalb des alten Mauerrings und es hieß, hell und mit voller Flamme gleich- und begann Erkundigungen über städtische an den Toren. Dies bedeutete in der Tat einen förmig. Bei Qualitätsmängeln war die Stadt Gasbeleuchtung einzuholen; so in Antwerpen, Fortschritt angesichts der Tatsache, dass die berechtigt, die Zahlungen zu kürzen. Letztere Gent, Lüttich, Löwen, Tournai und , wo Gaslaternen überdies mindestens zehnmal betrugen 3.510 Taler jährlich, davon 387 Taler ein Lütticher Unternehmen seit 1834 auf Koh- heller leuchteten als die Öllaternen. Angeb- für die Investitionen in Betriebsmaterialien; legasbasis tätig war, aber auch in Frankfurt lich ließ sich noch in sechs bis sieben Meter zahlbar monatlich postnumerando zu je einem und Dresden. Belgien spielte offenbar auch Abstand ein Brief lesen. Zwölftel. Besonderes Interesse verdient die auf diesem Feld die Pionierrolle, wobei die zukunftsgerichtete Bestimmung, dass, wenn Stadt Namur eine Anfrage mit dem Hinweis Oberbürgermeister Emundts erklärte demge- neue Erfindungen und Verbesserungen bekannt beantwortete, sie sei vertraglich noch bis 1842 mäß: „Es hat indessen nicht die Notwendigkeit, würden, die Unternehmer auf Verlangen der an die „ancien mode d’éclairage“, gebunden; eine Ersparnis herbeizuführen, sondern das Stadt verpflichtet seien, diese gegen bloße Bedürfnis einer besseren Beleuchtung für Aa- Erstattung der Kosten zu liefern. Die Praxis chen, welches von so vielen Fremden besucht entwickelte sich dann eher unbefriedigend. wird, die an vorzügliche Beleuchtung gewohnt Jedenfalls ernannte die Stadt wegen Klagen Das vorrangige Ziel der sind, den Wunsch allgemein rege gemacht, die über mangelhafte Beleuchtung Ende 1834 Aachener war nicht Kosten- Gas-Beleuchtung, welcher die uns nahegele- Wilhelm Kupferath zum Aufseher und Kontrol- ersparnis, sondern Ausbau genen Städte Belgiens sich erfreuen, auch hier leur über die Straßenbeleuchtung. Er erhielt 7,5 und Optimierung der eingeführt zu sehen.“ Silbergroschen an „Diäten“ pro Tag für seine Beleuchtung. Dienste. Die Stadt übernahm damit erstmals Den 1830 geschlossenen Beleuchtungs- 12 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

kontrakt ersetzte man Mitte 1835 im beider- Krimi gleichend. Gleichzeitig spiegeln die seitigen Einvernehmen durch einen der Stadt Ereignisse die unruhig-optimistische, nach entgegenkommenden Vertrag, nachdem das Neuem strebende Aufbruchsstimmung Unternehmen in wirtschaftliche Schwierig- jener Jahre wider, begleitet von Skepsis keiten geraten war. Der Einführung der Gas- und Mut gegenüber neuen Lösungswegen, beleuchtung stand nun nichts mehr im Wege. unterschiedlichen Visionen der kommunalen Konsequent votierte die Stadtverordneten- Entwicklung und des Status Aachens als versammlung am 9.2.1836 unter Hinweis auf überregional sichtbare Stadt. Lüttich und Verviers, die qualitative Überle- genheit und die „verhältnismäßige Wohlpfeil- Umstritten waren insbesondere drei auch heit“ einstimmig für die neue Lichttechnik. durchaus aktuelle Aspekte der Innovation; Zugleich bestimmte sie ein Koordinierungs- das zu verwendende Gas: Gas auf Steinkoh- Komitee. Es setzte sich zusammen aus den le- oder pflanzlicher Basis; das Material des Unternehmern P. Kuetgens (Tuchfabrikant), Infrastrukturnetzes: Ton- oder Eisenröhren; J.H. Kesselkaul (Tuchfabrikant), H.J. Talbot die Organisationsform: lokales oder auswär- (Marmorhändler und 1838 Mitgründer der tiges Unternehmen. bekannten Waggonbaufabrik). Am 2. März 1836 publizierte die „Stadt Wettbewerb um die beste Lösung Aachener Zeitung“ einen Aufruf zur „Aktien- Zeichnung“ für ein Unternehmen zur Be- Der Meinungsbildungsprozess repräsentiert leuchtung öffentlicher Plätze, Fabriken und ein schönes Beispiel für die Implementierung Privatetablissements „mittels Bildung eines innovativer Technik. Er verlief in vielerlei Aktien-Vereins“. Die Veranstaltung fand am Aufruf Aachener Bürger zur Gründung einer Aktien- gesellschaft, Stadt Aachener Nachrichten, 2. März 1836 Hinsicht spannend, phasenweise fast einem 4. März im Ratssitzungssaal statt. Gelockt 13 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

wurde mit dem Versprechen, „dass jedem, Die AGG kam derweil mit ihrer Planung stunde von vier Pfennigen, inklusive der der in den besagten 2 Stunden unterzeichnet, nicht recht vom Fleck. Mitte Mai mahnte der Laternen nebst Zubehör, dem Unterhalt sowie eine verhältnismäßige Beteiligung an dem Oberbürgermeister ungeduldig Fortschritte dem Anzünden und Auslöschen. Die Kande- Unternehmen, falls es zu Stande kommen an, worauf man Grundbedingungen für einen laber sollten zu Lasten der Stadt gehen, die sollte, selbst dann gesichert bleibt, wenn die Vertrag nach Lütticher Vorbild formulierte zudem als Betriebsgelände einen Teil des in dem Termine eingezeichneten Summen und „noch im künftigen Winter eine Probe der Stadtgrabens in der Nähe des Adalberttors das mutmaßlich erforderliche Kapital über- Beleuchtung“ in Aussicht stellte. abtreten sollte. steigen würden.“ Die treibenden Kräfte waren Als Eckpunkte formulierte die AGG eine Ver- Der Oberbürgermeister kritisierte bereits am Aachener Unternehmer, so dass es interes- tragsdauer von 20 Jahren, mindestens 350 nächsten Tag den höher als in Lüttich liegen- sant sein würde zu sehen, wie der Stadtrat Laternen und einen Preis pro Beleuchtungs- den Preis sowie die kostenlose Überlassung deren Interesse mit demjenigen der Bürger in des Grundstücks und machte eine Gegenof- Einklang bringen würde. ferte. Danach würde die Stadt vier Pfennig pro Stunde so lange zahlen, bis das Unter- Die „Aachener Gas-Erleuchtungsgesellschaft“ nehmen Gewinn bringe, und nach Abzug von (AGG) war in den nächsten zwei Jahren fünf Prozent für das Aktienkapital ein Viertel zentraler Akteur in den Debatten. Gleichwohl des Überschusses der Stadt zu Gute käme sondierte die Stadtverwaltung weiter nach bis sich der Preis auf 2,5 Pfennige pro Stunde allen Seiten. Eine Leuvener Gesellschaft bot beliefe. Für das Gelände sei eine billige Pacht Aachen im Falle des Zuschlags eine 20% Be- zu entrichten. teiligung an. Auch aus Köln kamen interessier- te Anfragen. Die örtliche Bezirksregierung gab Während die Verhandlungen daraufhin ins Instruktionen für das Genehmigungsverfahren Stocken gerieten, klopfte erneut das Kölner und verwies auf die Chancen, welche die Mit- Unternehmen mit einem konkreten Angebot versorgung von privaten Haushalten boten. samt Finanzierung an. Vom 10. Oktober 1836

Signet der Imperial Continental Gas Association. 14 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

worden, und es gelang ihr in der Tat rasch, nen bestand bei der I.C.G.A. aus Eisen, dem Fuß zu fassen. Seit 1825 betrieb sie ohne innovativsten Werkstoff der Zeit. Der Preis substantielle Beanstandungen Gaswerke belief sich auf sechs Pfennig pro Stunde, ab in Gent, Berlin und Hannover, wobei gerade einer bestimmten Leuchtdauer sollte er sich die letzteren beiden Anlagen für deutsche halbieren. Daraufhin verstand sich die AGG Interessenten eine hervorragende Referenz auf einen Höchstpreis von 5 Pfennig, sah sich bildeten. Nach Aussagen der I.C.G.A. selbst aber nicht im Stande, die Kosten eiserner entwickelte sich Berlin zum profitabelsten Röhren zu kalkulieren. Als Seitenhieb auf Geschäft der Gesellschaft überhaupt. die auswärtige Konkurrenz formulierten die Für Aachen wiederum war Gent eine gute Verantwortlichen: „Nach diesen Erklärungen Referenz, wo man wiederholt Informationen dürfen wir annehmen, daß dieses gemein- eingeholt hatte. nützige Unternehmen nicht am Vorabende Aus diesem Grund weilte Drory offenbar auf seiner Entstehung in fremde Hände gegeben Akquisitionsreise in Aachen im „Hotel Du wird.“ Die Aachener Unternehmer hofften, die Grand Monarque“. Am 13. Oktober informierte lokale Verankerung als Trumpfkarte einset- Skizze der Gasröhren von 1838 er die Stadt über Einzelheiten samt einem zen zu können. zwölf Artikel umfassenden, unterschriftsreifen datiert schließlich ein Angebot der Imperial Vertragsentwurf. Einen Tag später forderten Weichenstellungen Continental Gas Association (I.C.G.A.) mit Sitz die Stadtverordneten die lokale AGG zu einer in London, unterzeichnet von George William Äußerung darüber auf, ob sie die Konditionen Die Ereignisse im November und Dezember Drory, dem Chefingenieur des Unternehmens. der I.C.G.A. bieten könne; eine Chance, Bewe- 1836 glichen einem hektischen Spiel über Die I.C.G.A. war 1824 explizit zur unternehme- gung in die Angelegenheit zu bringen. vier Ecken zwischen Stadtrat, AGG sowie den rischen Realisierung englischer Gastechnik Differenzen gab es bei Preis und Material. Die Bewerbern aus London und Köln. Selbst heute auf dem europäischen Kontinent gegründet Ausstattung inklusive Röhren und Later- lässt sich die Anspannung jener Tage spüren. 175 Jahre Gasversorgung in Aachen Berliner Gaswerke der I.C.G.A. 1835 15 nach einem Stahlstich von 1830

Ausschreibung der städtischen Beleuchtung, Stadt Aachener Zeitung, 1837, Nr. 256

Die Stadt Aachen beabsichtigt, die Beleuchtung ihrer Straßen mittels Anwendung des Steinkoh- len-Gases in Entreprise zu geben. Unterneh- mungslustigen, welchen das Bedingungsheft im Sekretariate der Oberbürgermeisterei von nun an zur Einsicht offen steht, werden eingeladen, ihre versiegelten Submissionen vor dem 3. Dezember des Jahres bei der unterzeichneten Die Entscheidung nahte, wobei die AGG, unter fenheit der Röhren schwankte man zwischen Stelle einzureichen, und wird noch besonders Vorsitz des einflussreichen Textilunterneh- billigen Ton- oder teuren Eisenröhren. Beide darauf aufmerksam gemacht, daß nur auf mers Gotthard Startz, letztlich den städtischen Systeme waren in Gebrauch, Ton beispiels- solche Anerbietungen Rücksicht genommen Vorstellungen ein gutes Stück näher kam. weise in Lüttich, wobei es an langfristigen werden kann, in denen zugleich die Verpflichtung Erfahrungen fehlte. Um sich Klarheit zu ausgedrückt ist, zur Leitung des Gases durch die Von den drei technisch-organisatorischen verschaffen, unternahm eine städtische Straßen der Stadt, Röhren von Gußeisen verwen- Grundfragen war diejenige der Gasbasis am Expertenkommission im März 1837 eine In- den zu wollen. schnellsten entschieden. Angesichts der ört- formationsreise in die brabantischen Städte. lichen Verfügbarkeit der Steinkohle, anders Zwischenzeitlich trieben Stadt, Bezirksregie- Aachen, den 20. Oktober 1837. als in Belgien fehlender Einfuhrzollprivilegien rung und AGG die Meinungsbildung weiter, Der Oberbürgermeister, Emundts und der guten Marktchance für den entgas- indem sie bspw. europaweit Informationen ten Koks konnte man hier kostengünstig auf über Gaspreise zusammentrugen und die Industriegas zurückgreifen. Bei der Beschaf- AGG weiterhin Kapital sammelte. 16 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Ende Mai 1837 erfolgte endlich die zweite auch in Elberfeld eine Anlage projektierte. Weichenstellung pro eiserne Röhren; zum Die AGG passte. Schon seit Ende Juni hatte einen weil sich irdene nicht dicht genug ver- sich angedeutet, dass sie wegen der Mate- binden ließen und zum anderen wegen ihrer rialfrage von dem Projekt Abstand nehmen „Gebrechlichkeit“. Gleichzeitig erkor man die könnte, sei es wegen fehlender Expertise AGG zum Vorzugspartner und bestimmte, sei es aus Angst vor der eigenen Courage. dass die Londoner I.C.G.A. nur im Falle des Die örtliche Variante schied damit aus; das Scheiterns der lokalen Lösung in Betracht erleichterte nun allerdings das Abwägen. käme. Der Oberbürgermeister gab sodann ein „Cahier de charges“, also ein Lastenheft, Zwar lag ein unterschriftsreifer Vertrag der in Auftrag. Es diente als Ausschreibungsbasis Kölner Firma vor, am 5. Dezember 1837 fiel und wurde vom Rat Anfang August gebilligt. der Grundsatzbeschluss der Stadtverordne- Diverse Anmerkungen der Bezirksregierung ten jedoch zugunsten der Imperial Continen- erforderten allerdings Nachbesserungen. tal Gas Association. Ihr Angebot war günsti- Inzwischen zog der zweite Herbst seit der ger und sie hatte ja bereits die Beleuchtung Grundsatzentscheidung ins Land. Erst im großer Städte zur Zufriedenheit realisiert. Oktober folgte endlich die Ausschreibung in Umgehend wurde der Regierungspräsident Kölner, Aachener, Lütticher und Brüsseler informiert und die I.C.G.A. gebeten, sich mit Zeitungen. diesem in Verbindung zu setzen, um „jedem künftigen Missverständnis vorzubeugen.“ Das Lastenheft umfasste 24 Artikel, die auch Ungemach entstand gleichwohl. als Vertragsgrundlage dienten. Es gingen nur zwei Submissionen ein; eine von der I.C.G.A. So sahen sich die Handelskammer und ein und eine von der Kölner Firma Schmitz, die Ratsherr zu einem Sondervotum genötigt.

Stadtratsbeschluss pro I.C.G.A., vom 5. Dezember 1837 17 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Titelseite des Vertrags

Der Rat befasste sich am 18. Dezember 2.000 Stunden ermäßigte sich der Preis auf erneut mit der Angelegenheit, hielt aber, ge- 3 Pfennig und darüber auf 2 Pfennig; eine stützt auf seine profunde Informationsbasis, auf Expansion setzende, anreizorientierte an der Entscheidung fest. Um es vorweg zu Regelung. Die tägliche Beleuchtungsdauer nehmen: Die Wahl der risikoarmen Variante, variierte zwischen 3 und 11 Stunden, je nach ohne Abstriche bezüglich der Technologie zu Jahreszeit und Aufstellungsort. Letztere machen, sollte sich schnell als richtig erwei- bestimmte die Stadt ebenso wie die Zahl der sen. Die gründliche Vorbereitung zahlte sich Laternen, wobei der Regelabstand zwischen auch im weiteren Verfahren aus. Die Regie- 25 und 30 Meter und die Hauptleitungslänge rung erteilte am 22. Dezember die erforderli- zunächst circa 15 km betragen sollte. Form che Genehmigung für den Vertragsabschluss. und Farbe der Laternen bestimmte die Stadt Dies war auch das Datum des Laufzeitbe- ebenfalls, während das Unternehmen das ginns des am 24. Februar 1838 notariell Material „in gutem Ölanstrich“ zu erhalten geschlossenen und nach zwanzig Jahren mit hatte. dem 21. Dezember 1857 endenden Vertrags zwischen der Stadt und dem englischen Die Flammen selbst sollten weiß, in Fleder- Unternehmen. mausform, die den Düsen geschuldet war, und zwar 7 cm lang und 5 cm hoch, bren- Ein wohl tarierter Vertrag nen. Bezüglich der Helligkeit mussten sie „den Wirkungen der in Lüttich und Gent be- Sie sorgten sich wegen der Kosten des Groß- Anfänglich sollten 330 bis 340 Laternen stehenden Gasbeleuchtungen wenigstens“ projekts und brachten erneut die Materialfra- jährlich mindestens 1.400 Stunden lang zu gleichkommen; ein vielsagender, relativer ge aufs Tapet. Auch das Kölner Unternehmen einem Preis von 5 Pfennig pro Stunde und Bemessungsansatz. gab sich noch nicht geschlagen. Flamme die Straßen erhellen. Bei 1.400 bis 18 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Umweltaspekte kamen dabei insofern zur Diese Bestimmungen galten für die gesamte Geltung, als das Gas so zu reinigen war, dass Laufzeit des Kontraktes, wobei der Oberbür- „die Anlage weder unangenehmen Geruch germeister seine Hoffnung notariell protokol- noch schädliche Ausdünstung“ verursachte. lieren ließ, dass „im Interesse der hiesigen Davon abgesehen hatte sich das Unter- Einwohner“ die Gesellschaft die Preise noch nehmen allen polizeilichen Maßregeln zu ermäßigte, „um die Teilnahme an der Gas- unterwerfen. Beleuchtung recht allgemein zu machen.“ Für Private gab es eine eigene Nutzungsordnung, Einmal mehr zukunftsweisend war die die auch den offiziellen Namen der Aachener Bestimmung, dass, falls gewünscht, das Dependance überliefert: „Gas-Erleuchtungs- Unternehmen auch die Beleuchtung von Anstalt in Aachen der Imperial-Continental- Kirchen, dem Theater, der Redoute und Gas-Association zu London“. anderen öffentlichen Gebäuden übernehmen Neben technischen Details geben die Be- sollte. Für den in jeder Hinsicht erwünschten stimmungen Einblick in die Arbeitsweise Gasbezug von Privatleuten garantierte die der Stadtverwaltung und des Unternehmens I.C.G.A. auf Drängen der Stadt „für Fabrikan- und ihr jeweiliges Selbstverständnis. So ten“ einen Maximalpreis von 3 Taler pro 1.000 enthielt das Vertragswerk Klauseln für die Kubikfuß. Privatabnehmern garantierte sie Handhabung von Konflikten sowie Strafen für die Standardflamme „eine Heiligkeit wie für Abweichungen von den Leuchtzeiten und von 12 Wachskerzen, je 10 und 1/3 Zoll lang für verzögert ausgeführte Reparaturen bei … und deren 6 auf ein Pfund gehen“, zu einem Gasaustritt. Die Karenzzeit für letztere betrug Höchstpreis von 18 Taler p.a. für eine Zeit- sicherheitsbedingt knappe zwei Stunden. spanne zwischen einbrechender Dunkelheit Beide Parteien sollten hierfür Aufseher und 22 Uhr. stellen können. Rechnungen musste die Stadt

Einladung zur Grundsteinlegung des Gaswerkes vom 14. April 1838 19 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

spätestens fünf Tage nach Übergabe zahlen. die aktuelle Situation widerspiegelnd, mit Als vom Unternehmen zu stellendes Faust- Spielraum für die Berücksichtigung künftiger pfand bedang sich die Stadt die gesamte Eventualitäten und damit für beide Seiten Anlage aus. Die Pacht für das Betriebsgelän- das nötige Maß an Sicherheit und Flexibili- de betrug 335 Taler p.a. tät bietend, das es braucht für eine auf 20 Jahre angelegte Kooperation zweier sich fast Nicht zuletzt gab es verbindliche Regelungen unbekannter Partner, die gemeinsam eine für das Verhalten bei Vertragsablauf. Bei- bahnbrechende Innovation implementieren den Parteien stand ein Kündigungsrecht zu, wollen. dessen Frist angesichts der umfangreichen Investition 18 Monate vor Ablauf lag. Die Es werde Licht … Stadt konnte die gesamte Anlage dann zum gutachterlich festgelegten Marktwert kaufen. Laut Vertrag sollte die Beleuchtung in den Im Falle der Vertragsverlängerung konnten von der Stadtverwaltung benannten Stra- die Gaspreise neu ausgehandelt werden. Bei ßen vor Ablauf von drei Jahren auf Gas Nichtverlängerung und Nichtkauf durfte die umgestellt sein. Bis dahin hatte die Gesell- Gesellschaft die Anlage für die Privatversor- schaft die Ölbeleuchtung zu den Gaspreisen gung zu unveränderten Konditionen weiter aufrecht zu erhalten, wobei die Stadt die betreiben. Im Sinne der Planungssicherheit Ausrüstung stellte. Am 12. April 1838 erteilte verlängerte eine später eingehende Kündi- die Regierung der I.C.G.A. die Konzession für gung die Laufzeit entsprechend. die Gasbeleuchtung. Zwei Tage später, am 14. April, begann der Bau der Gasbehälter. Auch aus heutiger Perspektive handelt es sich um einen wohl tarierten Vertrag: Während der Bauphase begegnen einem

Nutzungsordnung (Auszug) 20 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

in den Akten die üblichen Aufregungen, Beschwerden, spontanen Entscheidungen und auch bewundernd-neugierige Anfragen anderer Städte. Angesichts des Umfangs der Maßnahme und der fehlenden Erfah- rungen verlief die Umsetzung erstaunlich reibungslos. Mit dazu bei trug fraglos der Einsatz versierter Facharbeiter. So schrieb der Aachener Oberbürgermeister im Febru- ar seinem Elberfelder Kollegen mit einem gewissen Stolz: „… es scheint mir jedoch die Bemerkung nicht überflüssig, dass die mit der Verbindung der Röhren beauftragten fremden Arbeiter (Engländer und Belgier) in dieser Manipulation eine besondere Fertigkeit besaßen, woher es denn gekommen ist, dass die Legung der Röhren rasch betrieben wor- den, und vorzüglich gut gelungen ist – unsere Gasbeleuchtung lässt nichts zu wünschen übrig.“ Die Stadt Elberfeld führte etwa gleich- zeitig mit Aachen – als erste Städte im Rhein- land - die Gasbeleuchtung ein. Allerdings setzte Elberfeld auf die billigeren Tonröhren, die jedoch schon 1840 nach und nach ersetzt Kölner Gaswerke der I.C.G.A. 1842 21 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

werden mussten. Man hatte in Aachen also men, drückenden Geruch verbreitet, was für Die Deckung der Mehrausgaben erfolgte aus alles richtig gemacht. sich allein schon ein Vorteil über die damp- den Pachteinnahmen für das Gelände der Am 9. September 1838 begann die Gaser- fige Öl-Beleuchtung ist. Nochmals unseren Gasanstalt, dem Verkauf alter Laternen, der zeugung – früher als erwartet, und doch Dank!“ letztlich rund 800 Taler einbrachte, und aus so erhofft. Am 12. September, es war ein allgemeinen Einnahmen. Mittwochabend, erstrahlten Teile der Stadt Gelungener Start erstmals im neuen Licht. Die Lokalpresse Bereits 1839 wurden die vereinbarten 1400 kommentierte euphorisch: „... an diesem Tage Könnte ein Start besser gelingen? Wohl Leuchtstunden überschritten, im Dezember haben wir das Vergnügen gehabt, die Haupt- kaum. Stadt, Bürger und Unternehmen waren jenes Jahres brannten 354 Gaslaternen. Eine straßen und Plätze mit dem schimmernden zufrieden, wie die geringe Zahl der überlie- erste Inspektion durch den Wasserbauin- Silberlicht erleuchtet zu sehen. Man muss ferten Beschwerden und auch deren Qualität spektor der Regierung ergab lediglich drei der Unternehmung Dank wissen, dass sie mit zeigt; und auch die weitere Entwicklung lässt Monita wegen Geruchsbelästigung, Frostge- solchem Eifer das löbliche Werk betrieben; sich selbst bei kritischer Würdigung nur als fahr und Kalklagerung im Freien. Sie ließen und an ihrer Tätigkeit liegt es gewiss nicht, erfreulich bezeichnen. Schon Ende Oktober sich offenbar rasch abstellen. 1840 resümier- wenn nicht alle Straßen und Gassen der an 1838 waren 236 Gaslaternen in Betrieb. Für te der Oberbürgermeister die Entwicklung Bevölkerung und schönen Gebäuden zuneh- den Monat Dezember addierten sich die inhaltlich überaus positiv: „Aachen hatte vor menden Kaiserstadt diesen Winter noch mit städtischen Beleuchtungskosten auf noch 70 zwei Jahren 200 Öllaternen, die während 960 Gas erleuchtet werden. Wir wollen hoffen, Taler für Öl und 604 Taler für Gas, was den Stunden für 3600 Tlr. p.a. durchschnittlich dass sie auf keine Unmöglichkeit stößt, um Baufortschritt eindrucksvoll dokumentiert. brannten; momentan brennen 360 Laternen allen Straßen diesen, auch in polizeilicher Davon abgesehen überschritten die Be- etwa 1500 Stunden und kosten 7300 Tlr.; Hinsicht großen Vorteil angedeihen zu lassen. leuchtungskosten für 1838 allerdings die auf von November bis Februar wird die ganze Wir sehen ferner schon in vielen Laden das Ölbasis veranschlagten 3666 Taler um 1289 Nacht hindurch beleuchtet, ansonsten nur dunkelwolkige, rote Öllicht durch die heitere Taler, also rund ein Drittel. Für 1839 erhöhte bis Mitternacht, an Sonn und Feiertagen Gasflamme ersetzt, die nirgends unangeneh- die Stadt das Budget deshalb auf 6961 Taler. bis 01.00 Uhr. Sämtliche Einrichtungs- und 22 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Unterhaltskosten inkl. Laternen gehen zu für Kommunen und Private und führte damit Quellen und Literatur Schott, D., Wege zur vernetzten Lasten der Gesellschaft. Der Verbrauch der auch die Gasnutzung in neue Dimensionen. Stadtarchiv Aachen, Bestand Stadt – technische Infrastruk- OB , Caps 33/4 und 33/6. tur in der Stadt aus histori- Laternen beläuft sich auf 5 bis 5,5 Kubikfuß Das gilt auch für die Liaison mit der „Impe- Arens, E. / W.L. Jansen, Ge- scher Perspektive, in: Informa- rial Continental Gas Association“. Sie hielt pro Stunde. Die optimale Entfernung für eine schichte des Club Aachener tionen zur Raumentwicklung, gute Beleuchtung beträgt für Plätze und fast 75 Jahre, bis 1912. In der Hoffnung auf Casino, 3. A., Aachen 2000. 5.2006, S. 249-257. breite Straßen 6,66 bis 8 Ruten [1 Rute = 3,77 Mehreinnahmen und zusätzlichen Gestal- Bärthel, H., Die Geschichte der Schott, D., Kapitalisierung: m], für gewöhnliche Straßen 9 bis 12 Ruten. tungsspielraum gliederte Aachen damals, Gasversorgung in Berlin. Eine „From Gas Light to Compre- Aachen hat über 20 Jahre kontraktiert. Die dem allgemeinen Trend folgend, die Gasver- Chronik. Berlin 1997. hensive Energy Supply: The Kohlepreise sind hier wahrscheinlich günstig sorgung den seit Ende des 19. Jahrhunderts Fischer, A., Kommunale Evolution of Gas Industry in Leistungsverwaltung im 19. Three German Cities“ mit Auswirkungen auf den Gaspreis.“ schrittweise entstandenen „Städtischen Darmstadt – Mannheim – Elektrizitäts- und Wasserwerken“ an. Das er- Jahrhundert. Frankfurt am Main unter Mumm von Schwarzen- Mainz 1850-1939, in: Serge folgreiche Private Public Partnership Modell, Eine Erfolgsgeschichte stein 1868 bis 1880, Berlin Paquier, Jean-Pierre Williot wie es sich heute wohl nennen würde, schien 1995. (Hrsg.), L’Industrie du Gaz In den 1840er Jahren begann die Stadt dann, überholt. Wie jede Epoche suchte die Indust- Imperial Continental Gas Asso- en Europe aux XIXe et Xxe wie im Vertrag ins Auge gefasst, mit der Um- riegesellschaft neue Lösungen für die grund- ciation, 1824-1974, o.O. 1974. Siècles. L’innovation entre stellung der öffentlichen Gebäude auf Gaslicht. legenden Infrastruktur-Herausforderungen Körting, J., Geschichte der marchés privés et collectivités publiques, Bruxelles u.a., 2005, Nur das begrenzte private Interesse trübte die des Lebens in der Stadt. Die Stadt entwickel- deutschen Gasindustrie, Essen 1963. S. 265-280. Erfolgsgeschichte der Gasversorgung in der te sich in diesem Prozess mehr denn je zum STAWAG, Stadtwerke Aachen Thomes, P., 200 Jahre mitten Dienstleistungsanbieter. Dies aber ist eine Anfangszeit etwas. Selbst zu Ende der 1850er AG (Hg.), 150 Jahre Gasver- in Europa – Die Geschichte der Jahre brannten in den 3450 Häusern der Stadt andere spannende Geschichte, die an anderer sorgung Aachen 1838 – 1888, Industrie- und Handelskammer erst 770 Gaslampen, während 81 von 114 Stelle zu erzählen sein wird. Aachen 1988. Aachen (1804 – 2004), Aachen Straßen gasbeleuchtet waren. In der Folge Schivelbusch, W., Lichtblicke. 2004. aber intensivierte sich die Industrialisierung Zur Geschichte der künstlichen mit Macht, schuf neue Gestaltungsspielräume Helligkeit im 19. Jahrhundert, München / Wien 1983. 23 175 Jahre Gasversorgung in Aachen

Chronik 175 Jahre Versorgungs- infrastruktur für Aachen 24 175 Jahre Gasversorgung in Aachen 25 175 Jahre Gasversorgung in Aachen 1840: William Robert Grove entwickelt 1880: Thomas Alva Edison verbessert die 1891: Die Internationale Elektrotechnische Ausstellung die erste Platindrahtglühlampe. Glühlampe, Basispatent Nummer 223898. in Frankfurt zeigt, dass elektrische Energie über größere Entfernungen transportiert werden kann.

1838 1871-1890 1887-1893 Der Aachener Stadtrat beschließt 1836 mit Die im Laufe der Jahrhunderte angeleg- Erneut erkennt die Stadt die Zeichen der Zeit: der Zeit zu gehen: Die Straßenbeleuchtung ten Kanäle im Stadtgebiet sind inzwischen Am 17. Juli 1887 erstrahlen Rathaus, Dom, soll von ÖI- auf Gaslicht umgestellt werden. undicht geworden, die Verseuchung des Salvatorkirche, St. Peter und die Technische Den Zuschlag dafür erhält 1837 die Londoner Bodens und des Trinkwassers entwickeln Hochschule im Schein elektrischer Be- „Imperial-Continental-Gas-Association“. sich zu einer ernsthaften Gefahr für Leben leuchtung. Auftragnehmer sind die „Deut- Nach rekordverdächtiger Bauzeit nimmt sie und Gesundheit der Aachener Bevölkerung. schen Elektrizitätswerke zu Aachen, Garbe, am 9. September 1838 das erste Aachener In dieser Situation beschließt die Stadt den Lahmeyer & Co. AG.“ Um dem Image einer Gaswerk an der Richardstraße in Betrieb. Aufbau einer zentralen Wasserversorgung. modernen Großstadt gerecht zu werden, ent- Am 12. September, es war ein Mittwoch- Nach 9-jähriger Bauzeit gehen am 9. Juni scheidet sich die Stadtverwaltung Ende 1891 abend, erstrahlen Teile der Stadt erstmals 1880 die erste Wassergewinnungsanlage der für die Errichtung eines eigenen Elektrizitäts- im neuen Licht. Stadt Aachen, der Eicher Stollen und ein 55 werks in der Borngasse. Der Bau erfolgt auf km langes Transport- und Versorgungsnetz städtische Kosten, den Betrieb übernimmt die in Betrieb. „Firma Schuckert & Co. zu Nürnberg“, die das Werk ab 1. Januar 1893 auf 30 Jahre pachtet. 1896: In den USA gibt es die endgültige Wende 1896: An den Niagarafällen entsteht das 1901: Der Amerikaner Alva J. Fisher zu Gunsten des Wechselspannungssystems. erste Groß-Wasserkraftwerk der Welt. entwickelt die elektrische Waschmaschine.

1901 1912 1931 Die Stadt Aachen macht von ihrem vertrag- Nachdem die Stadt das Gaswerk übernom- Da es inzwischen technisch möglich ist, lichen Recht Gebrauch und übernimmt die men hat, verwaltet sie nun alle drei Versor- Kokereigas aufzubereiten und zu verwerten, Aachener Elektrizitätsversorgung von der gungsbereiche, Strom-, Gas- und Wasser. Mit vereinbart die Stadt Aachen in den 1920er Firma Schuckert & Co. Zusammen mit der immer stärker zunehmendem Energiebedarf Jahren mit dem EBV und den „Thyssenschen Wasserversorgung wird das E-Werk nun wachsen der städtische Betrieb und sein Ver- Gas- und Wasserwerken“ die Lieferung von unter ihre Direktion gestellt. In den folgenden sorgungsnetz nun unter dem Namen „Gas-, Ferngas nach Aachen. Da sich das System Jahrzehnten entsteht ergänzend zur eigenen Elektrizitäts- und Wasserwerke der Stadt der Fremdversorgung bewährt, endet 1931 Stromerzeugung ein Stromverbund mit der Aachen“. die Eigenproduktion von Gas in Aachen. Heimbacher „Rurtalsperren-Gesellschaft mbH“, mit dem „Hüttenwerk Rothe Erde“, dem „Eschweiler Bergwerksverein“ (EBV) sowie mit der Weisweiler „Braunkohlen Industrie AG Zukunft“ (BIAG). 1927: Am Hengsteysee beginnt der Bau eines 1958 : Als erster Satellit mit Solarzellen 1962: Nick Holonyak entwickelt der ersten großen Pumpspeicherkraftwerke. startet Vanguard 1 in die Erdumlaufbahn. die erste Leuchtdiode.

1938 1945-1956 1959-1963 Die „Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke der Nachdem der Zweite Weltkrieg einen Groß- In nur dreieinhalb Jahren wird das bis dato Stadt Aachen“ werden zu einem städtischen teil der Versorgungsinfrastruktur in Trüm- größte Projekt der Stadtwerke erfolgreich Eigenbetrieb, unter der Firma „Stadtwerke mer gelegt hat, ist zunächst nicht an einen über die Bühne gebracht: Der „Energiering“ Aachen“ zusammengefasst. geordneten Energie- und Wasservertrieb zu um Aachen, ein ringförmiges 110-kV-Hoch- denken. Infolge der Währungsreform und spannungsnetz inklusive der dazugehörigen der Aufhebung der Gasrationierung 1948 Umspannwerke, Schalt- und Überwachungs- gelingt es den Stadtwerken aber, ihr Versor- stationen. Über Jahrzehnte hinweg sichert gungsnetz Schritt für Schritt zu reaktivieren. er fortan Transport, Verteilung und Überwa- Im Frühjahr 1949 findet schließlich auch die chung der elektrischen Energie in Aachen. Stromrationierung ein Ende. 1956 ist endlich Die Anordnung der Hochspannungsleitung wieder das Vorkriegsniveau erreicht. ermöglicht die Weiterversorgung von Gebie- ten, die bei einer Störung von Stromausfall betroffen wären, von einem anderen Punkt der Ringleitung aus. 1967: Großbritannien beschließt die 1980: Philips bringt mit der „SL* Lampe“ die erste Umstellung von Stadtgas auf Erdgas. „kompakte schmalröhrige Leuchtstofflampe“ auf den Markt.

1967 1969/1970 1975 Am 24. Oktober 1967 beschließt der Stadtrat, Da Gaslieferant Thyssen künftig nur noch Die STAWAG nimmt ihre Zentralwarte in den inzwischen mehr als 200 Mitarbeiter Erdgas abgeben wird, es zudem umwelt- Betrieb. Dieses elektronische Kontroll- und zählenden städtischen Betrieb in ein eigen- freundlicher ist und einen 90% höheren Steuerzentrum ist das erste seiner Art in ständiges Unternehmen zu überführen: Die Heizwert aufweist, treibt die STAWAG die Deutschland. 365 Tage im Jahr, sieben Tage „Stadtwerke“ werden am 11. Dezember in Umstellung der Gasversorgung von Kokerei- in der Woche, 24 Stunden täglich lassen sich eine Aktiengesellschaft umgewandelt - die gas auf Erdgas voran. von hier aus alle Versorgungsbereiche zent- Geburtsstunde der „STAWAG, Stadtwerke Aa- ral überwachen und steuern. chen AG“. Das Aktienkapital geht in die Hände der Stadt über, die damit Eigentümerin des Unternehmens bleibt. 1989: Als letzter kommerzieller Kernreaktor der Bundesrepubik 1991: Mit dem Stromeinspeisungsgesetz beginnt geht der Block 5 des Kernkraftwerks Greifswald ans Netz. der Aufschwung der Windenergie in Deutschland.

1986-1996 1987 1989 Die STAWAG beschließt, den Versorgungs- Die STAWAG nimmt regenerative Energien Der neue Konzessionsvertrag mit der Stadt bereich Wärme auf eine breitere Basis zu stärker in den Blick. In der Druckregelanlage Aachen schreibt fest, dass die STAWAG für stellen. Sie übernimmt das Fernwärmenetz Schmithof errichtet sie eine Wasserkraft- die nächsten 20 Jahre die Versorgung des der „ebv-fernwärme gmbh aachen“. Energie- anlage, die den überschüssigen Druck des gesamten Stadtgebietes mit Strom, Gas und effizienz und Umweltfreundlichkeit werden Talsperrenwassers in elektrische Energie Wasser übernehmen wird. Immer stärker künftig groß geschrieben. Das Heizwerk Rahe umwandelt. verankert sich das Thema Umweltschutz als in Laurensberg wird 1991 zum ersten moder- Unternehmensaufgabe im Unternehmens- nen Blockheizkraftwerk der STAWAG umge- leitbild. Im Bereich erneuerbare Energien baut. Der energiesparende und umweltscho- entsteht die erste Photovoltaik-Anlage auf nende Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung dem Dach einer ihrer Werkstätten. bildet seither einen zentralen Bestandteil der Energiestrategie des Unternehmens. 1992: Das Schweizer Unternehmen Velocity 1998: Der Energiemarkt in 2000: Das Gesetz für den „Vorrang Erneuerbarer Energien“, besser stellt die ersten marktreifen Pedelecs vor. Deutschland wird liberalisiert. bekannt als „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) tritt in Kraft

1997 1999-2004 2003 STAWAG und die „Wasserwerk des Kreises Um sich den Herausforderungen liberalisier- Mit der Gründung der „STAWAG Energie Aachen GmbH“ (WdKA) gründen gemeinsam ter Strommärkte gestärkt stellen zu können, GmbH“ etabliert die STAWAG als eines von die „Wassergewinnungs- und -aufbereitungs- gründet die STAWAG zusammen mit anderen wenigen Energieunternehmen in Deutschland gesellschaft Nordeifel mbH“ (WAG), um die deutschen und niederländischen Stadtwer- eine eigene Projektentwicklungsgesellschaft Trinkwasserversorgung des Aachener Raums ken die kommunale Energiehandelsgesell- für erneuerbare Energieanlagen, welche langfristig zu sichern. Der Gründungsvertrag schaft „Trianel European Energy Trading die komplette Wertschöpfungskette von der legt fest, dass die STAWAG die Wasservertei- GmbH“ mit Sitz in Aachen. Dahinter steht die Auswahl geeigneter Standorte über Planung, lungsanlagen der WdKA im Stadtgebiet von Idee, die Interessen von Stadtwerken und Entwicklung und Finanzierung bis hin zu Bau Aachen aufkauft und den Betrieb zum 30. kommunalen Energieversorgern zu bündeln und Betriebsführung betreut. Juni 1999 übernimmt. und ihre Unabhängigkeit im Wettbewerb zu sichern. Nach EU-Vorgabe und gemäß der Bestimmungen des „Energiewirtschaftsge- setzes“ (EnWG) müssen Energieversorger zugunsten von mehr Wettbewerb in den Versorgungsbereichen Strom und Gas den Netzbetrieb von den Bereichen Erzeugung und Vertrieb bis spätestens 1. Juli 2007 tren- nen. Die STAWAG reagiert 2004 frühzeitig mit der Gründung der „STAWAG Netz GmbH“, die Pächterin aller Netze wird und alle Aufgaben des Netzmanagements übernimmt. 2009: Eine Verordnung der Europäischen Union zum stufenweise Herstellungs- und Vertriebsverbot von Lampen geringer Energieeffizienz läutet das Ende der klassischen Glühbirne ein.

2006 2008/2012 2009/2010 Zum 1. Januar übernimmt die neu gegrün- Die STAWAG und die Stadt Aachen halten ihre Auch für die nächsten 20 Jahre übernimmt dete „STAWAG Abwasser GmbH“ den Betrieb Zusammenarbeit im Rahmen des „Ener- die STAWAG die Zuständigkeit für die Ver- der Abwasserkanäle von der Stadt Aachen. gieeffizienzkonzeptes“ vertraglich fest. Das sorgung des gesamten Stadtgebiets mit Im Bereich regenerativer Energien stellt die gemeinsam entwickelte Programm gewinnt Strom, Gas, Wasser und Wärme. Vor dem STAWAG in Kerpen eine Biomasseanlage zur vier Jahre später den ersten Preis beim Super C der RWTH Aachen wird im Mai die Biogaserzeugung fertig. Eine weitere Anlage Wettbewerb „Energieeffizienz in Kommunen – erste öffentliche Elektro-Tankstelle Aachens, am Niederrhein speist seit Dezember 2006 Gute Beispiele 2012“ der Deutschen Energie- betrieben von der STAWAG, eröffnet. Bei das erste Biogas in das NRW-Erdgasnetz ein. Agentur. der Ausstattung ihres Fuhrparks sowie für Für ihr Engagement, erneuerbare Energi- Botenfahrten im Stadtgebiet legt das Unter- en im eigenen Erzeugungsmix und in der nehmen schon seit den 1980er Jahren Wert Region voranzubringen, wird die STAWAG im auf den Einsatz möglichst emissionsarmer November mit dem „Deutschen Solarpreis“ Fahrzeuge. ausgezeichnet. 2011: Nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima beschließt die Bundesregierung den endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie.

2010-2012 2013 Die STAWAG forciert ihre umweltorientierte Die STAWAG wird Regionalversorger: Erst- Geschäftspolitik: Seit April 2010 bietet sie mals in ihrer 175jährigen Unternehmens- ein neues Ökostrom-Produkt an, das zu 100 geschichte beginnt der Energieversorger, Prozent aus Wind- und Wasserkraft besteht. auch außerhalb Aachens Strom und Gas zu Um die Position in der Energiewende weiter verkaufen bzw. Netze zu betreiben. Die neuen zu stärken setzt das Unternehmen stärker Tätigkeitsgebiete liegen in der Eifel, aber denn je auf Erneuerbare Energien. Als neues auch in der Nähe von Köln und Bonn sowie Wachstumsfeld spielt vor allem die Wind- in der Hansestadt Lübeck. energie eine immer wichtigere Rolle. Seit der Inbetriebnahme eines eigenen Windparks im Hunsrück 2011 und der Beteiligung an einem Offshore-Windpark auf Borkum soll auch die Windkraft in der Städteregion Aachen einen Schwerpunkt in der Ausbaustrategie einneh- men. Hier stehen die Windparks Düren-Echtz, Aachener Norden sowie Aachener Münster- wald teils vor der Realisierung, teils vor der Genehmigung.

Zusammengestellt von Michelle Abbas Wir bedanken uns herzlich bei den Autoren

Prof. Dr. Paul Thomes Dr. Mathias Mutz Michelle Abbas M.Sc.

Univ.-Prof. Dr. Paul Thomes leitet das Institut Dr. Mathias Mutz ist Wissenschaftlicher Michelle Abbas ist Wissenschaftliche für Wirtschafts-, Sozial- und Technologie- Mitarbeiter am Institut für Wirtschafts-, Mitarbeiterin am Institut für Wirtschafts-, geschichte an der Fakultätfür Wirtschafts- Sozial- und Technologiegeschichte und dort Sozial- und Technologiegeschichte. wissenschaften der RWTH Aachen. verantwortlich für den Schwerpunktbereich Technologie- und Innovationsgeschichte. Impressum

Herausgeber STAWAG Stadtwerke Aachen AG Lombardenstraße 12-22 52070 Aachen www.stawag.de

Gestaltung: wesentlich. Aachen

Druck: Druckerei Ralf Küster, Aachen