Grundlagen Der Glücksspielsucht Basiswissen 13.07.2017
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befreit leben lernen Grundlagen der Glücksspielsucht Basiswissen 13.07.2017 Tanja Meinel Dipl. Sozialpädagogin (FH) Fachstelle Glücksspielsucht Blaukreuz-Zentrum München befreit leben lernen • Begriffsbestimmung Definition Sucht • Kriterien für eine Sucht • Definition Glücksspielsucht Struktur des • Übersicht über Beratungs- und Behandlungsstellen Suchthilfe- • Wie arbeiten Suchtberatungsstellen? systems • Wer kommt in Suchtberatungsstellen? Pause befreit leben lernen Epidemiologie • Verbreitung / Prävalenz • Vulnerabilität und Komorbidität Erscheinungsbild • Spielertypologie der • Besonderheiten pathologischer Glücksspieler Glücksspielsucht • Erfahrungen aus der Praxis Entstehungs- • Phasen einer Glücksspielsucht bedingungen • Erklärungsmodelle Ende der Veranstaltung befreit leben lernen „Wenn ich einmal mit dem Spielen angefangen habe, höre ich erst dann auf, wenn kein Geld mehr vorhanden ist. Wenn ich gewinne, spiele ich weiter, um noch mehr zu gewinnen; wenn ich verliere, muss ich weiterspielen, um das verlorene Geld zurück zu gewinnen.“ Quelle: www.spielen-mit-verantwortung.de befreit leben lernen Definition • Begriffsbestimmung • Kriterien für eine Sucht Sucht • Definition Glücksspielsucht befreit leben lernen Definition Sucht Was bezeichnen wir als Sucht? Drogensucht Sexsucht Tobsucht Eifersucht Handysucht Magersucht Facebooksucht Fresssucht Geltungssucht Computersucht befreit leben lernen Definition Sucht • Das Wort Sucht leitet sich entgegen der landläufigen Meinung nicht vom Verb suchen ab, sondern vom germanischen Wort siechen, was soviel bedeutet wie Siechtum oder Krankheit. Bei manchen Erkrankungen wird das Wort auch heute noch so verwendet, z.B. Nesselsucht, Gelbsucht oder Schwindsucht. (Stimmer, Suchtlexikon, 2000) • Sucht bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen eines Individuums. (vgl. Wanke, 1984) befreit leben lernen Definition Sucht • Unterschieden werden hierbei die stoffgebundenen Süchte wie etwa Drogensucht, Alkoholabhängigkeit, Medikamentenabhängigkeit und die stoffungebundenen Süchte. Diese sind vorrangig Verhaltenssüchte wie etwa pathologisches Glücksspiel, Kaufsucht, Sexsucht oder path. PC-/ Internetgebrauch. • Durch die WHO wurde der Begriff Sucht bereits vor über 50 Jahren durch die Begriffe Missbrauch oder Abhängigkeit ersetzt. In vielen Bereichen bleibt der Begriff jedoch bestehen. (Beispiele sind Suchtberatungsstellen, Sucht- krankenhelfer, DHS-Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, etc.) befreit leben lernen Geschichte des süchtigen Verhaltens • Sucht kam schon in allen Ländern, in allen Kulturen und zu allen Zeiten vor und gehört vermutlich zum Wesen des Menschen. Dahinter steht der Wunsch, sich den Nöten und Qualen des Alltags zu entziehen und Zustände einer Euphorie zu erreichen. • Die Menschen waren sich anscheinend frühzeitig über die Gefahren und die kurze Dauer der Erlebenszustände bewusst. (vgl. Suchtlexikon 2000) • Glücksspielsucht wurde bereits im 1867 veröffentlichen Roman „Der Spieler“ von Fjodor Dostojewski beleuchtet. • Die Anerkennung der Glücksspielsucht als Erkrankung erfolgte im Jahr 2001 (vergleichend hierzu: Alkoholismus 1968) befreit leben lernen Allgemeine Kriterien für eine Abhängigkeit nach ICD-10 • Ein unwiderstehlicher Drang, ein Suchtmittel zu konsumieren • Kontrollverlust oder verminderte Kontrollfähigkeit, z.B. über den Beginn, die Menge oder die Beendigung des Konsums • Körperliches Entzugssyndrom • Toleranzentwicklung • Fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen und Prioritätenverschie- bungen • Anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen (körperlich, psychisch oder sozial) Mindestens 3 dieser 6 Kriterien müssen über einen Zeitraum von einem Jahr gleichzeitig erfüllt sein. befreit leben lernen Suchtkapitel im ICD-10: F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen: • F10 Alkohol • F11 Opioide • F12 Cannabinoide • F13 Sedativa und Hypnotika • F14 Kokain • F15 andere Stimulanzien (auch Koffein) • F16 Halluzinogene • F17 Tabak • F18 flüchtige Lösungsmittel • F19 multipler Substanzgebrauch befreit leben lernen Suchtkapitel im ICD-10: F1 Durch klinische Zusatzbilder lässt sich die Diagnose näher bezeichnen • F10 Alkohol • F10.0 akute Intoxikation • F10.1 schädlicher Gebrauch • F10.2 Abhängigkeitssyndrom • F10.20 gegenwärtig abstinent • F10.21 gegenwärtig abstinent in schützender Umgebung … befreit leben lernen Suchtkapitel im ICD-10: F63 Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle • F63.0 pathologisches Spielen (nicht Gaming oder PC! Nur Glücksspiel) • F63.1 pathologische Brandstiftung (Pyromanie) • F63.2 pathologisches Stehlen (Kleptomanie) • F63.3 Trichotillomanie (Ausreißen von Haaren) • F63.8 sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impuls- kontrolle, z. B. Kaufsucht • F63.9 nicht näher benannte Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle befreit leben lernen Diagnosekriterien Pathologisches Glücksspiel • Im ICD-10 (International Classification of Diseases) wird pathologisches Spielen (F63.0) wie folgt definiert: „Die Störung besteht in häufigem und wiederholtem episodenhaften Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.“ • Laut dem DSM-V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird PG in die Gruppe der Abhängigkeitserkrankungen (nicht Impulskontrollstörungen) aufgenommen. Es führt nach Angaben der Personen in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, wobei mindestens vier der folgenden Kriterien innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten vorliegen müssen: befreit leben lernen Diagnosemerkmale nach DSM-V mit Schweregrad 1. Steigerung der Einsätze 2. Unruhe und Reizbarkeit bei Abstinenz 3. Erfolglose Spielstopp-Versuche leicht 4. Starke gedankliche Eingenommenheit mittel (4-5) 5. Gefühlsregulation über PG schwer (6-7) 6. Chasing (8-9) 7. Lügen über Ausmaß 8. Soziale Auswirkungen und Verluste 9. Verlassen auf Dritte befreit leben lernen Ein einfaches Diagnoseinstrument: Lie/Bet – Screen (nach Johnson et al., 1988) • Der Lie/Bet – Screen ist eine schnelle Möglichkeit, einen Hinweis auf ein pathologisches Spielverhalten zu bekommen! (z.B. in Schuldnerberatungs- stelle, Sozialbürgerhaus, Jobcenter, Erziehungsberatung, etc.) • Frage 1: Haben Sie jemals beim Spielen das Bedürfnis verspürt, immer mehr Geld einzusetzen? • Frage 2: Haben Sie jemals gegenüber Menschen die Ihnen wichtig sind oder waren, über das Ausmaß Ihres Spielens lügen müssen? • Sollte eine von beiden Fragen, oder beide mit einem JA beantwortet werden, kann eine Glücksspielsucht vorliegen befreit leben lernen • Übersicht über Beratungs- und Struktur des Behandlungsstellen Suchthilfe- • Wie arbeiten Suchtberatungsstellen? systems • Wer kommt in SB? befreit leben lernen Übersicht über Beratungs- und Behandlungsstellen Erste Ansprechpartner Ambulante Behandlung und Stationäre Therapie Beratung • Beratungsstellen • Suchtberatungsstellen • Fachkliniken für • Selbsthilfegruppen • niedergelassene Suchterkrankungen • Ärzte Psychotherapeuten • Psychosomatische Reha- • Kliniken • Spezialisierte Kliniken mit einem • Soziale Dienste von psychotherapeutische speziellen Angebot für Betrieben Ausbildungsinstitute pathologische • Sozialdienste der JVA • Ambulante Rehabilitation Glücksspieler • Spielhallenpersonal • Tageskliniken • Kombi - Therapie • Online-Research • Hotlines / Telefonseelsorge • Schuldnerberatung befreit leben lernen Wie kommen pathologische Glücksspieler zu uns? • Selbstmelder nach Recherche (Internetsuchmaschinen, Auskunft, etc.) • Selbsthilfegruppen • Hausarzt • Psychotherapeut / Psychiater • Schuldnerberatungsstelle • Justiz (z.B. im Rahmen einer Bewährungsauflage) • Jobcenter / Sozialbürgerhäuser • Arbeitgeber • Sozialkonzept in Spielhallen • Vermittlung durch Angehörige befreit leben lernen Was passiert in einer Suchtberatungsstelle? • Der Hilfesuchende berichtet über seine aktuelle Situation und seine Problemlagen (Grundsatz: Der Klient ist Experte für seine Situation!) • Aktives Zuhören und Motivational Interviewing sind geeignete Methoden • Der Hilfesuchende erfährt einen wertungsfreien, wertschätzenden Raum ohne Vorwürfe, ohne persönliche Betroffenheit und ohne Effekthascherei • Es kann ein Verständnis geschaffen werden, welche Funktion das Glücksspielen übernimmt • Eine Ambivalenz des Betroffenen ist ganz normal! Hiermit wird gearbeitet befreit leben lernen Was passiert in einer Suchtberatungsstelle? • Erste Kontrollstrategien können besprochen und eingeführt werden, z.B. EC-Karte zu Hause lassen, Kontovollmacht für Angehörige, Veränderung von Wegen und Treffpunkten, die sehr belastet sind, etc. • Verstärkung von umgesetzten Veränderungen und gemeinsames Betrachten und Analysieren von Rückschlägen • Erarbeiten konkreter Schritte zur Verhaltensveränderung, auch Wiederaufnahme „verlorengegangener“ Interessen und Hobbies • Umgang mit Suchtdruck, Suchttagebuch, etc. • Ggf. Vermittlung in ambulante oder stationäre Rehabilitation befreit leben lernen Was passiert in einer Suchtberatungsstelle? • Als wichtiger Grundsatz gilt: Es wird nur das getan, was der Betroffene möchte! (Inklusive gedanklichem Abwägen der Konsequenzen) • Die Beraterinnen und Berater stehen unter Schweigepflicht. • Interventionen müssen nur bei Hinweisen auf drohende Selbst- oder Fremdgefährdung