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Grundlagen der Glücksspielsucht Basiswissen 13.07.2017
Tanja Meinel Dipl. Sozialpädagogin (FH) Fachstelle Glücksspielsucht Blaukreuz-Zentrum München befreit leben lernen
• Begriffsbestimmung Definition Sucht • Kriterien für eine Sucht • Definition Glücksspielsucht
Struktur des • Übersicht über Beratungs- und Behandlungsstellen Suchthilfe- • Wie arbeiten Suchtberatungsstellen? systems • Wer kommt in Suchtberatungsstellen?
Pause befreit leben lernen
Epidemiologie • Verbreitung / Prävalenz • Vulnerabilität und Komorbidität
Erscheinungsbild • Spielertypologie der • Besonderheiten pathologischer Glücksspieler Glücksspielsucht • Erfahrungen aus der Praxis
Entstehungs- • Phasen einer Glücksspielsucht bedingungen • Erklärungsmodelle
Ende der Veranstaltung befreit leben lernen
„Wenn ich einmal mit dem Spielen angefangen habe, höre ich erst dann auf, wenn kein Geld mehr vorhanden ist. Wenn ich gewinne, spiele ich weiter, um noch mehr zu gewinnen; wenn ich verliere, muss ich weiterspielen, um das verlorene Geld zurück zu gewinnen.“
Quelle: www.spielen-mit-verantwortung.de befreit leben lernen
Definition • Begriffsbestimmung • Kriterien für eine Sucht Sucht • Definition Glücksspielsucht befreit leben lernen
Definition Sucht Was bezeichnen wir als Sucht?
Drogensucht Sexsucht Tobsucht
Eifersucht Handysucht Magersucht
Facebooksucht Fresssucht Geltungssucht Computersucht befreit leben lernen
Definition Sucht
• Das Wort Sucht leitet sich entgegen der landläufigen Meinung nicht vom Verb suchen ab, sondern vom germanischen Wort siechen, was soviel bedeutet wie Siechtum oder Krankheit. Bei manchen Erkrankungen wird das Wort auch heute noch so verwendet, z.B. Nesselsucht, Gelbsucht oder Schwindsucht. (Stimmer, Suchtlexikon, 2000)
• Sucht bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen eines Individuums. (vgl. Wanke, 1984) befreit leben lernen
Definition Sucht
• Unterschieden werden hierbei die stoffgebundenen Süchte wie etwa Drogensucht, Alkoholabhängigkeit, Medikamentenabhängigkeit und die stoffungebundenen Süchte. Diese sind vorrangig Verhaltenssüchte wie etwa pathologisches Glücksspiel, Kaufsucht, Sexsucht oder path. PC-/ Internetgebrauch.
• Durch die WHO wurde der Begriff Sucht bereits vor über 50 Jahren durch die Begriffe Missbrauch oder Abhängigkeit ersetzt. In vielen Bereichen bleibt der Begriff jedoch bestehen. (Beispiele sind Suchtberatungsstellen, Sucht- krankenhelfer, DHS-Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, etc.) befreit leben lernen
Geschichte des süchtigen Verhaltens
• Sucht kam schon in allen Ländern, in allen Kulturen und zu allen Zeiten vor und gehört vermutlich zum Wesen des Menschen. Dahinter steht der Wunsch, sich den Nöten und Qualen des Alltags zu entziehen und Zustände einer Euphorie zu erreichen. • Die Menschen waren sich anscheinend frühzeitig über die Gefahren und die kurze Dauer der Erlebenszustände bewusst. (vgl. Suchtlexikon 2000) • Glücksspielsucht wurde bereits im 1867 veröffentlichen Roman „Der Spieler“ von Fjodor Dostojewski beleuchtet. • Die Anerkennung der Glücksspielsucht als Erkrankung erfolgte im Jahr 2001 (vergleichend hierzu: Alkoholismus 1968) befreit leben lernen
Allgemeine Kriterien für eine Abhängigkeit nach ICD-10
• Ein unwiderstehlicher Drang, ein Suchtmittel zu konsumieren • Kontrollverlust oder verminderte Kontrollfähigkeit, z.B. über den Beginn, die Menge oder die Beendigung des Konsums • Körperliches Entzugssyndrom • Toleranzentwicklung • Fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen und Prioritätenverschie- bungen • Anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen (körperlich, psychisch oder sozial) Mindestens 3 dieser 6 Kriterien müssen über einen Zeitraum von einem Jahr gleichzeitig erfüllt sein. befreit leben lernen
Suchtkapitel im ICD-10: F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen:
• F10 Alkohol • F11 Opioide • F12 Cannabinoide • F13 Sedativa und Hypnotika • F14 Kokain • F15 andere Stimulanzien (auch Koffein) • F16 Halluzinogene • F17 Tabak • F18 flüchtige Lösungsmittel • F19 multipler Substanzgebrauch befreit leben lernen
Suchtkapitel im ICD-10: F1 Durch klinische Zusatzbilder lässt sich die Diagnose näher bezeichnen
• F10 Alkohol
• F10.0 akute Intoxikation • F10.1 schädlicher Gebrauch • F10.2 Abhängigkeitssyndrom • F10.20 gegenwärtig abstinent • F10.21 gegenwärtig abstinent in schützender Umgebung … befreit leben lernen
Suchtkapitel im ICD-10: F63 Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
• F63.0 pathologisches Spielen (nicht Gaming oder PC! Nur Glücksspiel) • F63.1 pathologische Brandstiftung (Pyromanie) • F63.2 pathologisches Stehlen (Kleptomanie) • F63.3 Trichotillomanie (Ausreißen von Haaren)
• F63.8 sonstige abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impuls- kontrolle, z. B. Kaufsucht • F63.9 nicht näher benannte Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle befreit leben lernen
Diagnosekriterien Pathologisches Glücksspiel
• Im ICD-10 (International Classification of Diseases) wird pathologisches Spielen (F63.0) wie folgt definiert: „Die Störung besteht in häufigem und wiederholtem episodenhaften Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.“
• Laut dem DSM-V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird PG in die Gruppe der Abhängigkeitserkrankungen (nicht Impulskontrollstörungen) aufgenommen. Es führt nach Angaben der Personen in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, wobei mindestens vier der folgenden Kriterien innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten vorliegen müssen: befreit leben lernen
Diagnosemerkmale nach DSM-V mit Schweregrad
1. Steigerung der Einsätze 2. Unruhe und Reizbarkeit bei Abstinenz 3. Erfolglose Spielstopp-Versuche leicht 4. Starke gedankliche Eingenommenheit mittel (4-5) 5. Gefühlsregulation über PG schwer (6-7) 6. Chasing (8-9) 7. Lügen über Ausmaß 8. Soziale Auswirkungen und Verluste 9. Verlassen auf Dritte befreit leben lernen
Ein einfaches Diagnoseinstrument: Lie/Bet – Screen (nach Johnson et al., 1988)
• Der Lie/Bet – Screen ist eine schnelle Möglichkeit, einen Hinweis auf ein pathologisches Spielverhalten zu bekommen! (z.B. in Schuldnerberatungs- stelle, Sozialbürgerhaus, Jobcenter, Erziehungsberatung, etc.)
• Frage 1: Haben Sie jemals beim Spielen das Bedürfnis verspürt, immer mehr Geld einzusetzen? • Frage 2: Haben Sie jemals gegenüber Menschen die Ihnen wichtig sind oder waren, über das Ausmaß Ihres Spielens lügen müssen?
• Sollte eine von beiden Fragen, oder beide mit einem JA beantwortet werden, kann eine Glücksspielsucht vorliegen befreit leben lernen
• Übersicht über Beratungs- und Struktur des Behandlungsstellen Suchthilfe- • Wie arbeiten Suchtberatungsstellen? systems • Wer kommt in SB? befreit leben lernen
Übersicht über Beratungs- und Behandlungsstellen Erste Ansprechpartner Ambulante Behandlung und Stationäre Therapie Beratung • Beratungsstellen • Suchtberatungsstellen • Fachkliniken für • Selbsthilfegruppen • niedergelassene Suchterkrankungen • Ärzte Psychotherapeuten • Psychosomatische Reha- • Kliniken • Spezialisierte Kliniken mit einem • Soziale Dienste von psychotherapeutische speziellen Angebot für Betrieben Ausbildungsinstitute pathologische • Sozialdienste der JVA • Ambulante Rehabilitation Glücksspieler • Spielhallenpersonal • Tageskliniken • Kombi - Therapie • Online-Research • Hotlines / Telefonseelsorge • Schuldnerberatung befreit leben lernen
Wie kommen pathologische Glücksspieler zu uns?
• Selbstmelder nach Recherche (Internetsuchmaschinen, Auskunft, etc.) • Selbsthilfegruppen • Hausarzt • Psychotherapeut / Psychiater • Schuldnerberatungsstelle • Justiz (z.B. im Rahmen einer Bewährungsauflage) • Jobcenter / Sozialbürgerhäuser • Arbeitgeber • Sozialkonzept in Spielhallen • Vermittlung durch Angehörige befreit leben lernen
Was passiert in einer Suchtberatungsstelle?
• Der Hilfesuchende berichtet über seine aktuelle Situation und seine Problemlagen (Grundsatz: Der Klient ist Experte für seine Situation!) • Aktives Zuhören und Motivational Interviewing sind geeignete Methoden • Der Hilfesuchende erfährt einen wertungsfreien, wertschätzenden Raum ohne Vorwürfe, ohne persönliche Betroffenheit und ohne Effekthascherei • Es kann ein Verständnis geschaffen werden, welche Funktion das Glücksspielen übernimmt • Eine Ambivalenz des Betroffenen ist ganz normal! Hiermit wird gearbeitet befreit leben lernen
Was passiert in einer Suchtberatungsstelle?
• Erste Kontrollstrategien können besprochen und eingeführt werden, z.B. EC-Karte zu Hause lassen, Kontovollmacht für Angehörige, Veränderung von Wegen und Treffpunkten, die sehr belastet sind, etc. • Verstärkung von umgesetzten Veränderungen und gemeinsames Betrachten und Analysieren von Rückschlägen • Erarbeiten konkreter Schritte zur Verhaltensveränderung, auch Wiederaufnahme „verlorengegangener“ Interessen und Hobbies • Umgang mit Suchtdruck, Suchttagebuch, etc. • Ggf. Vermittlung in ambulante oder stationäre Rehabilitation befreit leben lernen
Was passiert in einer Suchtberatungsstelle?
• Als wichtiger Grundsatz gilt: Es wird nur das getan, was der Betroffene möchte! (Inklusive gedanklichem Abwägen der Konsequenzen) • Die Beraterinnen und Berater stehen unter Schweigepflicht. • Interventionen müssen nur bei Hinweisen auf drohende Selbst- oder Fremdgefährdung eingeleitet werden. Ansonsten entscheidet der Klient zu jeder Zeit selbst über gewünschte Behandlungsschritte. • Die Selbstverantwortung und Selbstbestimmtheit des Klienten, sowie ein ressourcenorientierter Ansatz sind Grundlagen für unser Beratungssetting. befreit leben lernen
Wer kommt in Suchtberatungsstellen?
• In bayerische Suchtberatungsstellen aufgrund PG kommen (lt. Braun et al., 2013) • Hauptsächlich Männer (89%), im Schnitt 36 Jahre alt, 45% ledig und 50% mit Hauptschulabschluss • Ca. 74% Automatenspieler • Finanzielle Probleme sind häufig ein Anlass (80% sind verschuldet, im Schnitt mit 24.000€) • Nach einer langen Leidenszeit – im Schnitt 3,5 Jahre bis zur Problemwahrnehmung und weitere 3 Jahre bis Inanspruchnahme von Hilfen befreit leben lernen
Quelle: DHS, Suchtmedizinische Reihe Band 6 Pathologisches Glücksspielen, 1. Auflage 2013, S. 26 befreit leben lernen
Aber…
• Das ambulante Beratungs- und Behandlungsangebot hat bei PG eine noch geringere Erreichungsquote als bei stoffgebundenen Abhängigkeiten. (Braun & Ludwig, 2012) • Schätzungen gehen davon aus, dass sich etwa nur 2,6% der PG in einer weiterführenden ambulanten oder stationären Behandlung befinden. Im Vergleich dazu liegt die Behandlungsprävalenz für Alkohol und Cannabis bei 6,8% bzw. 10%. (Erbas & Buchner, Braun & Ludwig, 2012) befreit leben lernen
Fazit
• Auch wenn in den letzten Jahren die Behandlungszahlen pathologischer Spieler gestiegen sind, sind die Betroffenen noch immer unterversorgt und scheinen nur bedingt im Suchthilfesystem anzukommen. • Mögliche Gründe hierfür sind vielschichtig und können diskutiert werden: • Ein noch zu neues Krankheitsbild? • Reichen die Angebote nicht aus? • Sind die Angebote nicht bekannt genug? • Haben Glücksspieler weniger Leidensdruck als Substanzabhängige? befreit leben lernen
Vielleicht nehmen wir diese Diskussion mit in die wohlverdiente Pause!
Vielen Dank! befreit leben lernen
Epidemio- • Verbreitung / Prävalenz logie • Vulnerabilität und Komorbidität befreit leben lernen
Prävalenz (Grüne et. al, 2016)
• Unter Berücksichtigung der 5 aktuellsten Bevölkerungsumfragen liegt die geschätzte Anzahl für Bayern bei • 34.000 Personen mit pathologischem Glücksspielverhalten • 33.000 Personen mit einem problematischen Spielverhalten
• Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung Deutschlands zeigen also • 0,2 - 0,7% ein pathologisches und • 0,3 - 0,7% ein problematisches Glücksspielverhalten befreit leben lernen
Prävalenz pathologischen Glücksspiels (Grüne et. al 2016)
Aus: Schätzung der Anzahl problematischer und pathologischer Glücksspielerinnen und Glücksspieler in Bayern, IFT Kurzbericht, März 2012, aktualisiert August 2016, S. 2 befreit leben lernen
Man beachte…
• Einheitliche und verlässliche Zahlen sind sehr schwer zu ermitteln. • Methodik und Design der Erhebungen unterscheiden sich in den verschiedenen Studien, so dass sie nur schwer bis gar nicht miteinander verglichen werden können. • Die erhobenen Daten beziehen sich auf die Altersgruppe 18-64. befreit leben lernen
Glücksspielverhalten bei Jugendlichen (Ludwig, M. et al, 2012)
• Glücksspiel scheint auch gerade für Jugendliche sehr verlockend zu sein, obwohl Minderjährige laut Gesetzgebung nicht am Glücksspiel teilnehmen dürfen. • In Bayern geben 46,9% der befragten Jugendlichen an, innerhalb der letzten 12 Monate an einem Glücksspiel teilgenommen zu haben. • Ein Vergleich zwischen den einzelnen Schulformen zeigt, dass die 12- Monats-Prävalenz der Spielteilnahme an einem Glücksspiel bei Gymnasiasten am höchsten ist. befreit leben lernen
12-Monats-Spielteilnahme an einem Glücksspiel bei bayerischen Jugendlichen (Ludwig, M. et al, 2012)
Aus: Praxishandbuch Glücksspiel der LSG Bayern, Basiswissen, 1.4 Epidemiologie, S. 3 befreit leben lernen
Glücksspielbezogene Vulnerabilität und Komorbidität
• In Deutschland erkranken 90% der Pathologischen Glücksspieler (PGS) im Laufe ihres Lebens auch an einer substanzbezogenen Störung. • Schaut man ins stationäre Setting, so zeigen 60% der PGS eine Substanzabhängigkeit OHNE Tabak, 32% eine Alkoholabhängigkeit und 24% einen Alkoholabusus • Problematische Glücksspieler haben ein 3,5-fach erhöhtes Risiko, im Laufe ihres Lebens an einer substanzbezogenen Störung inklusive Tabak zu erkranken (Meyer et al. 2011) • Substanzbezogene Störungen treten zu 43,9% vor, zu 50% nach oder zu 6,1% gleichzeitig zum Beginn des PG auf. (Premper & Schulz, 2008)
Quelle: Erbas et al., 2011 und Stürmer et al. 2013 befreit leben lernen
Glücksspielbezogene Vulnerabilität und Komorbidität
• Häufig sind psychische Störungen und Verhaltensstörungen Begleiterkrankungen von PG • Über 50% der sich in Behandlung befindlichen PG leiden an einer diagnostizierten Depression • 32% äußern Suizidgedanken, 17% mit Suizidversuch • Häufige Begleiterkrankungen sind Angst- und Panikstörungen (bestehen meist vor Beginn des PG und erhöhen das Risiko für pathologisches Spielen) • 15,5% der PG weisen eine PTBS auf • Es zeigen sich außerdem hohe Komorbiditätsraten mit Persönlichkeitsstörungen sowie hyperkinetischen Störungen (z.B. ADHS)
Quelle: Erbas & Buchner, 2012 befreit leben lernen
Erscheinungs- • Spielertypologie bild der • Besonderheiten pathologischer Glücksspiel- Glücksspieler sucht • Erfahrungen aus der Praxis befreit leben lernen
Spielertypologien
Soziale Spieler: Größte Gruppe unter den Glücksspielern Spielen zur Unterhaltung und Freizeitgestaltung Zeigen kein auffälliges Spielverhalten
Professionelle Spieler: Kleine Gruppe unter den Glücksspielern Eher im illegalen Bereich Verdienen Lebensunterhalt mit Glücksspielen Distanziertes und kontrolliertes Verhältnis zum Glücksspiel befreit leben lernen Jahr WM Schach WM Poker 2000 Wladimir Kramnik Chris Ferguson Exkurs: Professionelle 2001 Wladimir Kramnik Carlos Mortensen Spieler 2002 Wladimir Kramnik Robert Varkonyi
2003 Wladimir Kramnik Chris Moneymaker
2004 Wladimir Kramnik Greg Raymer
2005 Wladimir Kramnik Joe Hachem
2006 Wladimir Kramnik Jamie Gold
2007 Viswanathan Anand Jerry Yang
2008 Viswanathan Anand Peter Eastgate
2009 Viswanathan Anand Joseph Cada
2010 Viswanathan Anand Jonathan Duhamel
2011 Viswanathan Anand Pius Heinz
2012 Viswanathan Anand Greg Merson
2013 Magnus Carlsen Ryan Riess Quelle: DHS (2013) Band 6 Pathologisches Glücksspielen befreit leben lernen
Spielertypologien
Problematische Spieler: Sind gefährdet Befinden sich in Übergangsphase Merkmale: Schuldgefühle, erste Vernachlässigung von Verpflichtungen, erste höhere Geldverluste
Pathologische Spieler: Schwerwiegende Probleme mit Glücksspiel Unkontrolliertes Spielverhalten befreit leben lernen
Spielertypen nach Blaszcynski und Nower (2001)
Problemspieler mit konditioniertem Spielverhalten: • Minimales Level an Psychopathologie • Die Spieler sind zumeist motiviert, eine Behandlung zu beginnen • Häufig reichen bereits minimale Interventionen oder Beratungen aus befreit leben lernen
Spielertypen nach Blaszcynski und Nower (2001)
Emotional verletzliche Problemspieler: • Bereits vor Beginn des PG liegen psychische Erkrankungen vor (z.B. Angststörung und / oder Depression) • Mangelhafte Bewältigungs- und Problemlösestrategien • Veränderung schwer erreichbar • Die zugrundeliegende Vulnerabilität muss mit behandelt werden befreit leben lernen
Spielertypen nach Blaszcynski und Nower (2001)
Antisozial impulsive Problemspieler: • Es liegen vermehrt antisoziale Persönlichkeitsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizite, sowie ein Hohes Maß an Impulsivität vor • Schwere Motivation zur Behandlungsaufnahme • Geringe Compliance • Hohe Abbruchraten • Reagieren kaum auf Interventionen befreit leben lernen
Besonderheiten bei pathologischen Glücksspielern Diese Besonderheiten sind übereinstimmende Merkmale in der Persönlichkeitsstruktur eines PG – es gibt keine eindeutige Charakteristik!
• Kognitive Verzerrungen und magisches Denken • Gewinne bleiben besser in Erinnerung als Verluste • Kompetenzüberschätzung und Einflussnahme auf Spiel • Verlust des Bezuges zum Geld • hohe Risikobereitschaft (Sensation Seeking) auch außerhalb des Spiels befreit leben lernen
Besonderheiten bei pathologischen Glücksspielern
• Niedrige Frustrationstoleranz • Wunsch nach schneller Bedürfnisbefriedigung ohne Aufwand • Meist fehlende Strategien zum Selbstwerterhalt • Geringe Impulskontrolle • Geringe Fähigkeiten zur Emotionsregulierung • Spielen mit Beziehungen / „Tricksen“ im Alltag befreit leben lernen
Besonderheiten der Glücksspiele Warum machen Automatenspiele schnell abhängig?
• Schneller Spielausgang • Geld wird in Punkte umgerechnet • Dunkle, anonyme Atmosphäre in der Spielhalle, kein Tageslicht • Der Kunde ist König! • Fast-Gewinne werden als Gewinn erlebt • Variable Einsätze – Gefühl der Mitbestimmung und Kompetenz • Hohe Verfügbarkeit • Kein körperlicher Einsatz notwendig • Akustische, visuelle und teils haptische Verstärkung befreit leben lernen
Besonderheiten der Glücksspiele Warum machen Sportwetten schnell abhängig?
• Vermeintlich hoher Kompetenzanteil • Recherche und Wissen steigern die Risikobereitschaft • Live-Wetten möglich • Oft mit Mannschaftssport, Vereinen und sozialen Kontakten verbunden • Offensive Werbung mit attraktiven Modellen • Hohe Gewinne möglich • Häufig Sport ohnehin Interesse, Hobby oder Leidenschaft befreit leben lernen
Wie ticken Glücksspieler? Beobachtungen aus der Praxis
• Ein Beratungskontakt gestaltet sich häufig zunächst schwierig. Patholo- gische Glücksspieler schaffen es oft nicht, sich auf ein offenes, vertrauens- volles aber auch verbindliches Setting einzulassen. • Meist verfügen Betroffene über wenig aktive Möglichkeiten zur Freizeit- gestaltung und tendieren zu sehr passiven, „berieselnden“ Aktivitäten. • Oft wird eine „Überfunktionalisierung“ im beruflichen Kontext erlebt. Nicht selten haben pathologische Glücksspieler mehrere Nebenjobs, vor allem auf Trinkgeldbasis. befreit leben lernen
Wie ticken Glücksspieler? Beobachtungen aus der Praxis
• Meist wird zu Beginn der Behandlung das Einzelsetting dem Gruppen- setting vorgezogen, was sich im Verlauf der Therapie zu Gunsten des Gruppensettings verschiebt. • Unangenehme Themen werden oft mit Gruppenwiderstand (Beispiel Um- gang mit Geld) versucht zu vermeiden. • Spieler lassen sich gerne auf Rollenspiele ein und bringen ihre persön- lichen Themen auf die Bühne. befreit leben lernen
Wie ticken Glücksspieler? Beobachtungen aus der Praxis
• Der Meldung in einer SB oder SHG geht zumeist ein langes, massives Spiel voraus. Die Thematik kommt oft erst dann zur Sprache, wenn eine weitere Verheimlichung des Spielens ausweglos erscheint. Ein hoher Leidensdruck wird im Erstgespräch spürbar. • Ein laufendes Gerichtsverfahren stellt in vielen Fällen die erste Motivation dar, sich an eine SB zu wenden. 89% aller PG begehen aufgrund des Glücksspiels mindestens eine Straftat. (Meyer & Stadler, 1999) • Eine Verschuldung wird meist erst sehr spät als existenziell bedrohlich wahrgenommen und häufig erst nach Spielstopp komplett realisiert. Durchschnittlich ist ein PG in Behandlung mit knapp 56.500€ verschuldet (Premper et al., 2014) befreit leben lernen
Entstehungs- • Phasen einer Glücksspielsucht bedingungen • Erklärungsmodelle befreit leben lernen
Phasen der Glücksspielsucht (nach Custer, 1987)
• Gelegentliches Spielen • Häufiger Gewinn Gewinn- • Positive Erfahrungen • Gesteigertes Selbstwertgefühl phase
• Gesteigertes Spielverhalten • Häufigere Verluste • Völlige Eingenommenheit von Gedanken an Glücksspiel Verlust- • Verheimlichen und Lügen phase • Berufliche und soziale Konflikte
• Kontrollverlust • Verlust der sozialen Bezüge Verzweiflungs- • Sozialer Abstieg phase • Hilflosigkeit
Quelle: Hayer (2012) befreit leben lernen
Theorien zur Entstehung von Glücksspielsucht
• Es existiert kein einheitliches Modell zur Entstehung einer Glücksspielabhängigkeit. • Folgende Erklärungsmodelle werden im Folgenden verwendet: • Klassische / Operante Konditionierung • Suchtdreieck • Physiologisches Störungsmodell: das dopaminerge Belohnungssystem • Vulnerabilitäts – Stress – Modell befreit leben lernen
Klassische oder operante Konditionierung (nach Pawlow / Skinner)
1. „Initialzündung“ Unerwarteter Geldgewinn Klass. Konditionierung, Kick- Erleben, Glücksgefühl Geräusche, Atmosphäre, etc.
2. Pathologisierung und Chronifizierung
Stresserleben, z.B. Streit, Spielen als Bewältigung Verlust, Arbeitsstress
Stressauslöser bleiben Operante Konditionierung bestehen, PG erzeugt neuen durch Verstärkerprozesse Stress befreit leben lernen
Klassische oder operante Konditionierung (nach Pawlow / Skinner)
• Beim Glücksspielen erfahrene Reize werden mit dem Gewinnen von Geld gekoppelt, z.B. das Klimpern von Geld, die Leuchtsignale, bestimmte Rituale… Glücksspieler beschreiben diese Konditionierung so stark, dass es einer Klientin z.B. unmöglich war, sich eine Fahrkarte zu lösen, ohne an einen Spielautomaten zu denken. • Bei der operanten Konditionierung treten Verstärker auf, die zur wiederholten Umsetzung des Glücksspielens führen. Verstärker können sein, Geld zu gewinnen, Probleme beim Spielen zu vergessen, sich in der Atmosphäre wohl fühlen, seine Ruhe zu haben, in der Spielothek wie ein VIP bedient zu werden, etc. befreit leben lernen
Suchtdreieck (nach Kielholz & Ladewig, 1973) Verfügbarkeit Akzeptanz Suchtmittel Abhängigkeitspotenzial, etc.
Peer-Group, soziales Vulnerabilität, Umfeld, Freundeskreis, Erfahrungen, soziale Einbindung, Resilienz, Dispositionen, Wohnort, etc. Risikobereitschaft, etc.
Umwelt Person befreit leben lernen
Das dopaminerge Belohnungssystem
• Entsprechende Reize führen zur Ausschüttung von Dopamin • Normale Funktion: Ansporn, lebenserhaltenden Tätigkeiten nachzugehen • Bei „Kick“-Erleben hohe Ausschüttung von Glückshormonen • Selbe Ausschüttung schon bei Fast-Gewinnen! • Antidepressive Wirkung • Die permanente Überreizung führt zu einer verminderten Aktivität des Belohnungssystems befreit leben lernen
Bei süchtigen Ereignis: Gewinn, Erfolg, lustvolle Glücksspielern wird Erlebnisse usw. Dopamin in Erwartung des Gewinns und bei „Fast“-Gewinn Ausschüttung von Dopamin im ausgeschüttet! limbischen System
Freisetzen von Endorphinen: Erleben von Belohnung (Euphorie)
Verlangen nach erneuter Aktivität zum Wiedererleben der Euphorie
Verlust des Euphorie-Empfindens bei „normalen“ Aktivitäten befreit leben lernen
Das Vulnerabilitäts – Stress – Modell (nach Zubin & Spring, 1977) • Die Frage, warum eine Person süchtig wird, eine andere aber nicht, stellt sich zwangsläufig • Eine Erklärung bietet das V-S-M: Störung
Stress
C B A Vulnerabilität befreit leben lernen
Das Vulnerabilitäts – Stress – Modell (nach Zubin & Spring, 1977)
• Verschiedene Faktoren beeinflussen unsere Vulnerabilität, z.B. genetische Dispositionen, Erkrankungen, Erfahrungen, Traumata, etc. • Bei einem geringen Maß an aufkommendem Stress bleibt dies zumeist unproblematisch • Beim Zusammenspiel einer hohen Vulnerabilität und hohem Stressaufkommen, tritt eine psychische Störung oder Sucht auf • Lösungsmöglichkeiten sind hierbei, die Vulnerabilität zu verringern (z.B. durch Therapie) und den Stress gering zu halten, bzw. Bewältigungsstrategien zu erwerben befreit leben lernen
Vielen Dank fürs Zuhören!
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