3/2014 · ZKZ 65099 Die Evangelische Allianz in Deutschland

Gemeinsam Glauben – Miteinander Handeln

1989 – Das Wunder der Freiheit und Einheit

Gott sei Dank! Grenzerfahrungen … und danach? Gottes Wirken und Hautnah erlebt Gedanken zur Wunder 1989 in Ost und West Entwicklung nach 1989

INHALT

Seite EiNS: Hartmut Steeb Das Editorial 5 Wir konnten es alle nicht glauben … Die Seite des Generalsekretärs

Titel-Thema Albrecht Kaul 6 „Ihr werdet sein wie die Träumenden“ 1989 Was 1989 geschehen ist. Ein Überblick

Das Wunder der Jörg Swoboda Freiheit und Einheit 8 „Nun danket alle Gott“? Gottes Wirken und Wunder im politischen Geschehen von 1989

Karl-Heinz Mengs, Manfred Kern 10 Wenn Gott Geschichte schreibt Persönliche Erinnerungen an 1989

Gudrun Ehlebracht, Alfred Preuß 12 Grenzerfahrungen Hautnahe Erlebnisse in der real existierenden DDR

Helmut Matthies 14 Waren alle dafür? Kommentar: Die deutsche Einheit und die Rolle der Kirche

Astrid Eichler 16 EiNS im Gespräch: „Ein politisches, übernatürliches Ereignis“

Reinhard Holmer 18 … und danach? Überlegungen zur Entwicklung nach 1989

Christine Lieberknecht 20 „Alles wird gut“ In Erinnerung an 1989/90: Was ich der Evangelischen Allianz im- mer schon sagen wollte – und ihr für die Zukunft wünsche

Johannes Selle 21 Ein Wunder der Einheit – auch heute Ein Tag im Mai 1989 – und Folgerungen für 2014

Frank Heinrich, Karl-Heinz Zimmer 22 West-Ost-Wanderer Erfahrungen unterwegs

In Sachen Michael Diener Evangelische Allianz 24 Zeit zum Aufstehen – ach wirklich? Kolumne: Was die Allianzvorsitzenden bewegt

Günter Korn 25 Habt die Fremden lieb Neue AMIN-Broschüre zur Migrantenarbeit

Das EiNS-Magazin 26 Termine rund um die Evangelische Allianz

Thomas Günzel 28 Alles wird gut – immer noch? Kolumne: Bericht aus Bad Blankenburg 29 Allianz-Ticker Nachrichten 32 Impressum

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DIE SEITE DES GENERALSEKRETÄRS

3/2014 · ZKZ 65099 Die Evangelische Allianz in Deutschland

Gemeinsam Glauben – Miteinander Handeln

1989 – Das Wunder der Freiheit und Einheit

Gott sei Dank! Grenzerfahrungen … und danach? Gottes Wirken und Hautnah erlebt Gedanken zur Wunder 1989 in Ost und West Entwicklung nach 1989

Wir konnten es alle nicht glauben …

Liebe Leserinnen und Leser, am 1. April 1988 habe ich meinen Dienst in der Deutschen Evange- Pulsierende, glaubensstarke Allianz im Osten lischen Allianz begonnen. Der Vorstand gab mir mit auf den Weg, Wie die Berichte in diesem Heft erzählen, brodelte es schon kräftig auch die Gemeinschaft mit den Geschwistern in der DDR zu pflegen, bei der Bad Blankenburger Allianzkonferenz 1989, vor 25 Jahren. immer wieder einmal dorthin zu fahren, auch zu den großen Allianz- Aber glauben konnten wir es alle nicht, was unsere Augen ab dem 9. konferenzen nach Bad Blankenburg. So war klar: Für 1988 und 1989 November dann sahen, was wir hörten und erlebten! plante ich den Besuch der Konferenzen ein, 1990 nicht – danach Viele haben danach erzählt, dass sie für die Wiedervereinigung ge- wollte ich weitersehen. betet hätten und jetzt Gott diese Gebete erhörte! Das mag sein. Ich will Sorgenvoll bin ich im Sommer 1988 nach Bad Blankenburg ge- aber ernstlich sagen: An Gebete um die Wiedervereinigung kann ich fahren. Ich war froh, dass mein Vorgänger Peter Schneider mich be- mich nicht erinnern, nicht zu Hause, nicht in der Gemeinde, nicht in gleitete – und war bass erstaunt über eine jugendlich geprägte Konfe- den Allianzgebetsstunden, nicht beim Treffen von etwa 500 Leitern renz durch und durch, obwohl die verantwortlichen Komiteemit- evangelikaler und evangelistisch-missionarischer Werke und Verbän- glieder im Verhältnis zu mir doch schon im gereiften Alter waren. de im Oktober 1989 in Stuttgart. Jugendlich frech sagte ich dann bei meinen Berichten im Westen über Unser Herr hat uns über Bitten und Verstehen beschenkt. Aber diese Konferenz: 75% sind unter 25 Jahren, bei uns in Siegen, der nachdem die Mauer geöffnet wurde und die Einheit als Möglichkeit westdeutschen Allianzkonferenz, eher 75% über 75. Das war im Blick greifbar war, da haben wir schon im Spätherbst 1989 den Weg zur auf die Bad Blankenburger Allianzkonferenz, wie uns die Stasi später Wiedervereinigung der Deutschen Evangelischen Allianzen beschlos- belehrte, untertrieben und im Blick auf die Siegener Allianzkonferenz sen. Meine Erfahrungen der Konferenzen und der Gemeinschaft mit despektierlich. Aber die Botschaft kam an, wenn auch wie die Kunde der Evangelischen Allianz in der DDR hat mir aber auch gleich klar aus einem fernen Land. gemacht: Wir schließen uns von West an Ost an. Da ist pulsierende Ein jugendlicher Konferenzteilnehmer bat mich 1988 in Bad Blan- Allianz. Da ist jugendliche Allianz. Da ist glaubensfrohe und glaubens- kenburg, ihn mit in den Westen zu nehmen. Das war natürlich unmög- starke Allianz. Nicht, dass das alles im Westen gar nicht gewesen lich. Aber ich sollte wenigstens einen Brief ans Innerdeutsche Ministe- wäre. Aber jetzt galt es, die Geschwister im Osten auch in ihrem Glau- rium mit hinüber nehmen. Mit Zittern und Zagen wagte ich es. Er bensmut zu entdecken und zu stärken und ein klares Zeichen der An- wollte unbedingt ausreisen, es sei nicht mehr auszuhalten. Als ich ein erkennung zu geben. Und das war gut so. Jahr später bei der Konferenz vorfuhr, stand er sofort neben mir. Er Wir schauen zurück: auf 25 Jahre gemeinsamen Weg der Deut- wollte mich unbedingt sprechen. Ein langer Spaziergang folgte. Ver- schen Evangelischen Allianz. Wäre mir das beim Amtsantritt am zweiflung war in seinem Gesicht und in seinem Herzen, Perspektivlo- 1. April 1988 und beim sofortigen Umzug der Geschäftsstelle von Ber- sigkeit. Alle zusammen genommene Hoffnung meinerseits mit Blick lin nach Stuttgart prophezeit worden, als wir mit dem Lkw durch die nach Polen, nach Ungarn, nach Prag … sie konnten ihm keine Zuver- DDR gefahren sind – ich hätte es als üblen Aprilscherz abgetan. Aber sicht vermitteln: „Hier wird sich nichts ändern!“ Ich versuchte ihm nun wissen wir es erneut: Bei Gott ist kein Ding unmöglich. deutlich zu machen, dass eines Tages, wenn die Zeit kommt, solche Bleiben Sie mit Ihm und mit uns auf dem Weg! Menschen wie er hier gebraucht würden, um Neues aufzubauen … Es war ergebnislos. Mit meinem letzten Glaubensmut meinte ich: „Aber Ihr Gott kann!“ Ob ich das selbst glaubte? Eher nicht.

Hartmut Steeb

5 TITEL-THEMA

„Ihr werdet sein wie die Träumenden“

Was 1989 geschehen ist. Ein Überblick von Albrecht Kaul

Jugendliche treffen sich im Sommer 1989 am Balaton in zum nächsten Friedensgebet unbedingt wieder in Leipzig sein. Rein- Ungarn: 16 aus dem Siegerland, 16 aus Sachsen. Ost- hard fasst den Mut, den Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee zu 32 West-Begegnungen wie diese sind in der DDR nur mit verweigern. Karen wird aktiv in der Umweltbibliothek mitarbeiten. So Täuschung der Staatsorgane und unter ständiger Beobachtung der sitzen wir alle 16 in den Trabis und Wartburgs und fahren auf die un- Stasi möglich. In Ungarn gibt es schon mehr Freiheit und die Land- garisch-tschechoslowakische Grenze zu. Brav, wie sich das für DDR- schaft mit den gastfreundlichen Menschen passt dazu. Unsere Bibel- Bürger gehört, halten wir an. Aber es ist kein Zöllner zu sehen. Nach arbeiten zum Thema Weltverantwortung der Christen sind von den einer Weile kommt ein ungarischer Grenzer, schaut in die Autos, sieht Zeitereignissen bestimmt. (fast) nur junge Leute und sagt: „Seid ihr nicht an verkehrter Grenze?“ Was wir aber in Ungarn erst richtig begreifen: Die Grenze zu Öster- Doch der Traum von Veränderung zerplatzt zunächst schnell. Die reich ist offen! Tausende lassen ihre Campingausrüstung zurück, den Vorbereitungen für den 40. Jahrestag der DDR laufen auf vollen Tou- Trabi am Straßenrand stehen und nutzen die Chance zur Freiheit. ren und überall in der Propaganda ist von Treue zur DDR und Erfolgen Niemand stellt sich den Flüchtenden in den Weg. 32.000 werden es des Sozialismus die Rede. schließlich, die diesen Weg in den Westen wagen. Natürlich ist das auch Thema unserer Gespräche und Diskussionen. Die Siegerländer ermutigen die DDR-Jugendlichen und wollen ihnen beim Start in der Die Wende nach dem Friedensgebet Bundesrepublik helfen. Es ist kein „Abwerben“, sondern die hilfreiche Inzwischen spitzt sich in Prag die Lage zu. In der bundesdeutschen Hand, dass der Sprung in den Westen so überraschend gelingen kann. Botschaft haben sich Tausende DDR-Bürger versammelt. Sie wollen in Schließlich haben in 28 Jahren über 1.000 Menschen an der Mauer- die Bundesrepublik, nicht mehr zurück. Nach Ungarn gibt es keine grenze den Sprung in die Freiheit mit dem Leben bezahlt. Ausreise mehr und am 3. Oktober wird die Grenze zur Tschechoslo- Mancher der Jugendlichen aus der DDR spielt mit dem Gedanken, wakei dicht gemacht. Jetzt wissen alle: Die Mausefalle DDR ist zuge- die Chance zu ergreifen. Könnte dies doch die letzte Möglichkeit sein, schnappt. Kein Entkommen mehr! Als die Züge mit den Botschafts- die ersehnte Freiheit zu erlangen. Jeder weiß, das Regime in Berlin- flüchtlingen aus Prag durch Dresden fahren, besetzen verzweifelte Pankow zeigt sich uneinsichtig, demokratiefeindlich und starrköpfig. Menschen den Bahnhof: Sie wollen in einem der Züge einen Platz in Die Veränderungen in Polen und sogar in der UdSSR werden ignoriert die Freiheit erkämpfen. Die Polizei geht mit brutaler Gewalt vor, ver- und mit Sturheit, stalinistischer Linientreue und Betonsozialismus be- haftet Hunderte und räumt den Bahnhof mit Wasserwerfern und antwortet. Doch der Mut der ungarischen Regierung, den Stachel- Schlagstöcken. Chaos auf den Straßen. draht einfach niederzureißen, die Entschlossenheit der Werftarbeiter Die Kirchen bieten den Fliehenden Schutz. Auf der Straße zwischen in Danzig und die Signale von Michael Gorbatschow mit „Umgestal- Bahnhof und Innenstadt gibt es eine erste Demonstration mit Kerzen tung“ und „Offenheit“ lassen hoffen. für Gewaltlosigkeit auf beiden Seiten. In Plauen kommt es am 7. Ok- tober zum ersten Dialog zwischen dem Sprecher der Demonstranten, Erste Demonstrationen: Superintendent Küttler, und der Parteileitung der Stadt. Jugendliche wollen mit verändern Die Montagsdemonstration am 9. Oktober nach dem Friedensgebet Auch in der DDR gibt es erste Demonstrationen, der Unwille gegen in Leipzig mit 70.000 Menschen bringt die Wende. Das massiv aufge- die offensichtlichen Lügen bei der Kommunalwahl im Frühjahr, das botene Militär, das die gesamte Innenstadt besetzt hat, befolgt den Engagement der Friedens- und Basisbewegungen sind vorsichtige Zei- mörderischen Einsatzbefehl aus Berlin nicht. Der große Sieg der Frie- chen, dass sich die Menschen nicht mehr alles gefallen lassen. Doch densgebete ist kaum zu fassen! sie bekommen die ganze Härte von Polizei und Stasi zu spüren. Die Vielen ist klar: Gott selbst hat eingegriffen. Friedensgebete in der Nikolaikirche in Leipzig werden zu Massenver- Nun werden auch die Menschen in der übrigen DDR mutiger. Frie- anstaltungen. Endlich gibt es eine Stelle, wo man den Druck, die Aus- densgebete und Demonstrationen entstehen in fast allen Großstädten, weglosigkeit und die Hoffnungslosigkeit benennen und in Gebeten zu das „Neue Forum“ jenseits der Sozialistischen Einheitspartei wird ge- Gott bringen kann. Die Solidarität der Kirche mit denen, die als Aus- gründet und die Staatsführung signalisiert schließlich Bereitschaft reisekandidaten keine Stimme mehr haben, das offene Ohr für per- zum Dialog. Künstler und Pfarrer sind engagierte Wegbereiter für Ge- spektivlose Jugendliche und ein Ort, der ohne Lügen und Scheinbe- sprächsforen, Runde Tische und Reformen. Allen geht es um eine Er- kenntnisse auskommt, macht Mut. neuerung der DDR, von Wiedervereinigung ist noch keine Rede. Dahin wollen die DDR-Jugendlichen zurück. Sie wollen dabei sein, Das Politbüro setzt Erich Honecker ab. Nachfolger wird Egon Krenz, wenn sich etwas verändert, sie wollen selbst mit verändern. Rosi will von dem aber niemand eine spürbare Veränderung der Politik erwar-

6 EiNS September 2014 TITEL-THEMA Foto: wikimedia Szene aus dem Sommer 1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze tet. Der Ruf nach Mitbestimmung und Demokratie formiert sich knapp Hoffnungslosigkeit aufzustehen; dass die Sowjetunion so am Ende war und unmissverständlich in dem Slogan: „Wir sind das Volk.“ Weil aus und dass in Polen und Ungarn politisches Tauwetter neues Denken Berlin nur Phrasen und Vertröstungen kommen, hält die Welle der De- möglich machte. Es bleibt ein Wunder, dass der hochgerüstete atheis- monstrationen an. Täglich sind Tausende auf den Straßen. Die Zahl tische Staat mit Armee, Polizei, Bereitschaftspolizei, Kampftruppen, steigert sich am 4. November in Berlin zur Demo der (knappen) Milli- Stasi und paramilitärischen Einheiten durch Kerzen und Gebete seine on. Weil Reisefreiheit ein zentrales Anliegen der Demonstranten ist, Macht verloren hat. Ein Offizier in Leipzig brachte es auf den Punkt: wird am 6. November ein Reisegesetz veröffentlicht, das die Volkskam- „Wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete.“ mer aber schon am nächsten Tag wieder verwirft. Darauf tritt der DDR- Angesichts der vielen Toten, die die arabischen Revolutionen, die Ministerrat zurück, einen Tag später das gesamte Politbüro. Das neue Kämpfe in Syrien und der Ukraine in jüngster Zeit gefordert haben Politbüro unter Egon Krenz hat keine innere Kraft, schon gar nicht zur und weiter fordern, ist es eine besondere Gnade unseres Gottes, dass Erneuerung eines unzufriedenen, aufgewachten Landes. wir eine friedliche Revolution in Deutschland erlebt haben: Grund ge- nug, dass der Dank Gott gegenüber nie verklingt. Tanz auf der Mauer Am 3. Oktober 2014 haben wir Gelegenheit, das auch öffentlich zu Und dann verkündet Günter Schabowski am frühen Abend des 9. tun (siehe www.3-oktober.de). November in einer historischen Pressekonferenz ein erneuertes Reise- gesetz: Ohne Visa und lange Anträge ist die Ausreise in die Bundesre- Albrecht Kaul war lange Jahre bis 1994 evangelischer publik möglich. Ein Zeitpunkt des Inkrafttretens ist nicht eindeutig Jugendwart in Sachsen, daran anschließend bis 2009 vermerkt. So strömen noch am gleichen Abend Tausende an die Stellvertretender Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes Grenzübergangsstellen in Berlin. Sie fordern und erzwingen den frei- in Deutschland, er gehörte lange Jahre auch zum SPRING- en Übergang nach Westberlin. Die Grenzsoldaten sind orientierungs- Vorstand los, wie gelähmt. Noch in dieser Nacht tanzen die Menschen auf der ehemals todbringenden Mauer. Millionen verfolgten das vor den Bild- schirmen. Kaul ist Autor des aktuellen Bandes „Wegen Gefährdung des Wir dachten, es ist ein Traum – doch die Realität stürzte uns in ein sozialistischen Friedens. Bewegende Schicksale von Christen unbekanntes Gefühl von Freiheit, das nur mit Tränen der Freude zu in der DDR“ (Brunnen Verlag Gießen) ertragen war. Nun kann man die friedliche Revolution als eine Verkettung gün- stiger Umstände sehen. Für mich ist es ein Wunderwerk Gottes, dass Menschen den Mut fanden, gegen Bespitzelung, Misswirtschaft und

7 TITEL-THEMA „Nun danket alle Gott“? Gottes Wirken und Wunder im politischen Geschehen von 1989. Gedanken von Jörg Swoboda

Weil sie deutlich Gottes Handschrift in den historischen Vorgängen im Jahr 1989 sahen, stimmten viele Christen nach dem 9. Novem- ber ein Loblied an: „Nun danket alle Gott!“ Der Pastor, Liedermacher und Evangelist Jörg Swoboda, selbst in den Jahren danach auch politisch aktiv, blickt auf die umwälzenden Ereignisse zurück und macht sich Gedanken über das geistliche Geschehen, wohl wissend: Es hätte alles auch anders kommen können.

n den berühmten Ruf des Jahres 1989 „Wir sind das Volk“ mischte sich bald ein anderer Ruf. Er wurde stärker und stärker und war auf Iden legendären Montags-Demonstrationen schließlich nur noch zu hören: „Wir sind ein Volk“, skandierten die Massen in den Städten. Dabei war allen damals bewusst: Dieser Aufstand im Herbst 1989 hätte alles kosten können. Auch das Leben. Es drohte auch in der DDR ein Gemetzel wie auf dem „Platz des himmlischen Friedens“ in Peking einige Wochen zuvor. Egon Krenz, der Nachfolger Erich Honeckers, hatte die staatliche Aggression der chinesischen Machthaber aus- drücklich gutgeheißen. Die Befehle waren formuliert, die Internie- rungslager vorbereitet. Wie todernst die Situation in diesen Wochen

war, beschreibt eine Leipzigerin in meinem Buch „Die Revolution der Foto: wikimedia Kerzen“: Es „sind Hundertschaften der Sicherheitskräfte stationiert. Eltern sind angewiesen, ihre Kinder vor 15 Uhr aus Kindergärten und -krippen zu holen. Am Rand der Stadt stehen Panzer bereit, die Innen- Ein Wunder von biblischem Ausmaß stadt gleicht in vielen Straßen einem Heerlager ... Alles wartet nur auf Sehr viele betrachten den Herbst 1989 als ein „Wunder von bibli- den Einsatzbefehl. Im Blutspendeinstitut stehen schon Tausende von schem Ausmaß“, darunter auch Christian Führer, der vor kurzem ver- Blutkonserven bereit.“ storbene Pfarrer an der Leipziger Nikolaikirche. Das sehe ich auch so. So sah es damals aus. Aber Gott sei Dank ist es anders gekommen! Gott hat uns vor Augen geführt, was „Kairos“ bedeutet und wie die Viele Fragen beschäftigen mich, wenn ich heute, 25 Jahre später, biblische Formulierung zu verstehen ist, dass „eine Zeit erfüllt“ sein darüber nachdenke. kann. Es war ein Wunder, dass sich viele einzelne geistige, ökono- Wie lässt sich die geistliche Dimension der friedlichen Revolution mische, gesellschaftliche und weltpolitische Faktoren zur rechten Zeit von 1989 beschreiben? Darf man das überhaupt? Oder ist das eine bündelten, ihre Kräfte auf einen Punkt richteten und diese unglaub- Überhöhung der politischen Vorgänge? Nein, sicher nicht! Wir Christen liche Kraft der Veränderung entfalteten, wie wir sie erlebt haben. haben vor allem den Auftrag, Botschafter der Versöhnung zwischen Die Kirchen waren in dem Geschehen ein Schutzraum, auch für die Gott und Menschen zu sein. Aber es gibt auch eine prophetische Dimen- allgemein Unzufriedenen in der Diktatur. Das hat dazu geführt, dass Kir- sion dieses Auftrages, nämlich: Mund der Stummen zu sein und den chengebäude zu Zeiten auch ihre eigentliche Bestimmung als Ort Gottes Finger in die Wunden der Gesellschaft zu legen und darüber hinaus verloren haben. Äußerungen politischer Unzufriedenheit wurden in den „zum Besten der Stadt“ aktiv zu sein. So haben viele Christen ihre Mit- legendären Montagsgebeten oft Gebet genannt, obwohl sie es vom In- arbeit verstanden. Dass die Revolution durch Gottes Hilfe und den Bei- halt her nicht waren. Pfarrer sind hier auch hinter ihrem eigentlichen trag von Christen friedlich verlief, legt diese geistliche Dimension offen. Auftrag zurück geblieben, biblisches Lebensbrot auszuteilen. Als es im Fragen drehen sich auch um die eigene Rolle. Wer war ich damals? Lauf der Entwicklung möglich war, sich auch in politischen Vereinigun- War ich so etwas wie ein „Seelsorger für Revolutionäre“? Oder eher gen an anderen Orten zu artikulieren, leerten sich die Kirchen. wie ein Politiker mit dem Evangelium unter dem Arm? Nun, ich war Im Laufe der Monate ist dann aus Protest Politik geworden. Es und bin Evangelist und Liedermacher. Meine Berufung ist es, Jesus zeigte sich, dass Menschen tatsächlich etwas verändern können: Eine durch Wort und Lied als Heilmacher in einer Welt voller Kaputtmacher Beobachtung, die ich zeit meines Lebens immer dann gemacht habe, bekannt zu machen. Ich erlebte und erlebe das Glück, wie sich Men- wenn ich oder andere Gott mehr gehorcht haben als Menschen. Das schen zu ihm bekehren und anfangen, als Christen zu leben. Ich war hat politische Auswirkungen und ändert die Lage! Im Grunde ist die aber auch kommunalpolitisch aktiv: Von 1990 bis 1993 war ich in Existenz jeder christlichen Gemeinde und jeder Christ ein Wider- Buckow/Märkische Schweiz eine Wahlperiode lang Stadtverordne- spruch gegen den Anspruch eines totalitären Regimes auf den ganzen tenvorsteher; dies aber eher aus der Not heraus, weil es zu wenig an- Menschen. Vorausgesetzt, Christen folgen mit ihrem Leben wirklich dere Leute gab, die politisch unbelastet und vertrauenswürdig waren. dem, nach dem sie sich nennen.

8 EiNS September 2014 TITEL-THEMA Foto: wikimedia

Persönlich erinnere ich mich, dass Jugendliche nach meinen Pre- Sucht man nach einem besonderen Klang, einem Bild, einem Ge- digten aus dem staatlichen Jugendverband „Freie Deutsche Jugend“ ruch oder Gefühl, das die Atmosphäre dieser besonderen Zeit beson- ausgetreten sind oder sich zum unbewaffneten Militärdienst bei den ders gut veranschaulicht, dann stößt man unweigerlich auf das Wort „Bausoldaten“ gemeldet haben. Aus Stasi-Akten weiß ich, dass meine „Wahnsinn!“ So oft wie damals habe ich das nie zuvor oder danach pazifistischen Lieder als „Schwächung der Verteidigungsbereitschaft gehört oder selbst gesagt. Das meint: Es geschah etwas unsagbar Er- der DDR“ gewertet wurden. Und weil die Nationale Volksarmee der staunliches, etwas, das alle unsere Vorstellungskraft überstieg – und DDR den Weltfrieden sichern sollte, war ich nach staatlicher Logik ein doch so real war. Beim Einkaufen sprachen plötzlich Leute miteinan- hochgefährlicher Friedensstörer. der, die sonst über „Guten Tag“ hinaus kaum ein Wort miteinander Die lateinische Vokabel pro testare bedeutet „Zeugnis von etwas ab- wechselten. Ein neues Gemeinschaftsgefühl war entstanden – das sich legen“. So haben ich und andere protestiert, die Stimme erhoben für im Lauf der Ereignisse allerdings auch wieder verlor. christliche Friedfertigkeit und gegen die Militarisierung der Kindergär- Welche Erfahrung, welche Erkenntnis hat bis heute überdauert? ten und Schulen, auch wenn wir dadurch als politisch gefährlich galten. Rede-, Gewissens- und Reisefreiheit haben wir heute. Diese Sehnsucht ist erfüllt. Aber ein allen Menschen innewohnendes Unbehagen ist Eine Spiritualität des Protests geblieben. Das finde ich bei den Menschen in den neuen wie in den Im allgemeinen Sinne gab es 1989 eine Spiritualität des Protests, alten Bundesländern, überhaupt weltweit. des Widerstands. Das unbeschreibliche Gefühl, Teil einer Epoche ver- Der Grund ist der: Gott hat uns die Ewigkeit ins Herz gelegt, diese ändernden Bewegung zu sein, hat viele beseelt. Nicht so viele haben Sehnsucht nach ihm, die mit keiner menschenmöglichen Freiheit zu diese Spiritualität wirklich im Zusammenhang mit dem Heiligen Geist stillen ist. Deshalb bleibt es meine, unsere Aufgabe, zum Frieden mit erlebt, der immer zu Jesus Christus als Mitte unseres Glaubens führt. Gott zu rufen, mit Worten und wer mag, auch mit Liedern. Aber für viele Christen wurde die Wendezeit zu einer Zeit besonders intensiven Gebets. Ich erinnere mich an eine Jugendevangelisation in Sachsen, im Jörg Swoboda war Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Herbst 1989. Die Band unterbrach ihr Spiel. Ein Musiker entzündete Gemeinden und von 2000 bis 2006 Mitglied im Hauptvorstand eine Kerze, nannte den Namen eines am Vortag in Dresden inhaf- der Deutschen Evangelischen Allianz. Er ist Vorsitzender der tierten Jugendlichen und stellte sie auf einen Lautsprecher. Ein ande- Deutschen Evangelistenkonferenz rer Musiker machte es genauso, weitere folgten, bis der Lautsprecher voller Kerzen stand. Danach beteten wir für die Inhaftierten. Das war Ausdruck einer gut biblischen Spiritualität.

9 TITEL-THEMA

Wenn Gott Geschichte schreibt

Persönliche Erinnerungen an 1989 von Karl-Heinz Mengs und Manfred Kern

Karl-Heinz Mengs: Stasierlebnisse in Berlin Den Glaubensvätern war es wichtig, dass zwischen dem Reich heimen Zimmer des Rathauses zum Abhören und Aufzeichnen ge- Gottes und dem Reich der Welt unterschieden wird. Unser Platz war führter Ferngespräche wartete. Da waren der Leiter der Kreisdienst- in der Gemeinde, Politik gehörte zum Reich der „Welt“. Warum haben stelle des MfS in Rudolstadt und andere mehr. Gerade noch ist es um- wir nun mit dazu beigetragen, dass es die DDR nicht mehr gibt? gekehrt gewesen! Nun ging es auch darum, Demokratie für die Praxis Vor unserem Weg nach Bad Blankenburg ins Allianzhaus war ich zu lernen. Aus unserer westlichen Partnerstadt erbaten wir Refe- Pastor einer Berliner Gemeinde mit einer starken Jugendarbeit. Das renten, die uns klarmachten: Was wollen eigentlich die CDU, die SPD gefiel der Stasi natürlich nicht. Eines Tages wurde ich dringend zum und all die anderen? Wie funktioniert das Miteinander? Die Vorträge Bezirksbürgermeister Köpenick einbestellt und sah mich einigen hoch- mit Diskussionen fanden in der Stadthalle vor viel Publikum statt. rangigen Offizieren des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ge- Wenn ich das alles heute in nüchternen Sätzen zu Papier bringe, genüber. Es gab ein hartes Gespräch mit vielen Vorwürfen gegen die dann stecken dahinter doch manches Bangen, viel Mut, Glauben und Gemeinde und mich, verbunden mit einschneidenden Verboten. Auf intensives Gebet. Nach den „Helden“ dieser Tage gefragt, denke ich meine spontane Frage, wie viele Informanten sie in unserer Jugend- sofort an die Mitglieder des Runden Tisches, besonders an den spä- gruppe hätten, kam die Antwort: zehn. Zehn junge Leute mussten re- teren Bürgermeister; an das katholische Ehepaar, das noch vor dem gelmäßig Berichte an ihre Führungsoffiziere liefern! Jetzt war mir der Mauerfall bei öffentlichen Veranstaltungen auf dem Marktplatz klar Ernst unserer Situation bewusst. Stellung bezog; an den Gemüsehändler, der sich vor den russischen Panzern postierte und damit verhinderte, dass diese Kampfmaschinen In Bad Blankenburg auf die Straßen Bad Blankenburgs rollten; und nicht zuletzt auch an In Bad Blankenburg, wo Jahr für Jahr etwa 5.000 meist jugendliche meine Frau. Teilnehmer zur Allianzkonferenz kamen, sind die Aktivitäten der Sta- Am Ende aber war alles ein Wunder Gottes! Gelernt haben wir, si noch intensiver. Als sich die politische Lage 1989 immer mehr zu- dass Christen auch in die Politik gehen sollten. Denn wo wir nicht sind, spitzte, kam unsere Zeit zum Handeln. Meine beiden Pfarrkollegen da sind andere. gründeten mit mir die Montagsgebete. Ich bin meiner Frau sehr dank- bar: Sie gab mir den entscheidenden Impuls zu diesem Schritt und Karl-Heinz Mengs war Pastor im Bund Evangelisch- begleitete das ganze „Revolutionsgeschehen“ aktiv. Montag für Mon- Freikirchlicher Gemeinden, von 1978 bis 1992 Direktor des tag füllte sich die Kirche immer mehr, bald mussten viele mit einem Evangelischen Allianzhauses in Bad Blankenburg und nach der Platz vor dem Gotteshaus vorlieb nehmen. Nach Andacht und Gebet Wiedervereinigung im Geschäftsführenden Vorstand der ging es schon mal mit dem Slogan: „Tschüss ihr roten Brüder – wir Deutschen Evangelischen Allianz wollen euch nicht wieder“ durch die Straßen der Kleinstadt. Das war nicht ungefährlich. Die Kasernen um uns herum beherbergten noch tausende „Rote Brüder“. Einmal ging der Zug der Massen nach dem Montagsgebet zur Bezirksparteischule der SED. Dort forderten wir den Leiter auf, öffentlich Rechenschaft abzulegen. Er gab eine jäm- merliche Figur ab. Manfred Kern: Später einmal wurde ich an der Tankstelle gefragt, was denn die Kirche von der SED bekäme, weil sie Erich Honecker aufgenommen Sie mauern uns ein! hätte. Sofort machten wir dies zum Thema eines Montagsgebetes. 13. August 1961. Der Tag meiner Ordination. Für die Gemeinde Nach einem Ferngespräch mit Uwe Holmer konnte ich in der Verkün- Templin in der Uckermark und für uns ein festlicher Tag. Viele Gäste digung seine klaren Motive aus der Bergpredigt darlegen. Unsere Bot- sind angereist. Dann die bestürzende Nachricht: Sie mauern uns ein! schaft war zumeist evangelistisch und zentral gehalten. Die Kirche Keine andere Maßnahme der DDR-Führung hat wohl so tief in das per- (diesmal die katholische) war bis auf den letzten Platz und weit darü- sönliche und gesellschaftliche Leben der Menschen in der DDR einge- ber hinaus gefüllt. Uns schwebte schon eine Zeit der Erweckung vor - griffen wie diese. die leider nach der Einführung der D-Mark abebbte. 9. November 1989. Wir sitzen gespannt und beunruhigt vor dem Fernseher. Das Land brodelt. Dann die befreiende Botschaft, immer Vorsitz am Runden Tisch erhofft, aber kaum noch geglaubt: Die Grenzen werden geöffnet – so- Bald bildete sich der Runde Tisch, man übergab mir den Vorsitz. fort! Für meine Familie und meinen Dienst beginnt eine neue Epoche. Plötzlich saß ich den hauptamtlichen Stasileuten gegenüber, um sie zu Dieses Ereignis warf seine Schatten voraus. Bad Blankenburger Al- befragen. Da war der Verantwortliche, der die Telefonanlage im ge- lianzkonferenz im August 1989. Mehr als 5.000 Menschen sind auf

10 EiNS September 2014 TITEL-THEMA Foto: wikimedia

dem Allianzgelände versammelt. Davon mehr als 81 Prozent, durch Diskussion in der Schule Stasiakten belegt, unter 25 Jahre alt. Der Kirchenfunk des Rundfunks Die Terminkalender dieser Jahre erinnern mich an die Vielfalt der Ter- der DDR ist zu Aufnahmen angereist. Wie gewohnt, fehlen auch die mine und Begegnungen: Mitwirkung an Runden Tischen, gesamtdeutsche geheimen „Beobachter“ nicht. Uns alle beherrscht die Sorge, aufge- und internationale Begegnungen und immer wieder Evangelisationen. stauter Protest könnte sich entladen. Das Wort Gottes gewinnt sehr Stralsund im Frühjahr 1991. Zeltevangelisation. Die Evangelische aktuelle Bezüge. Der neue Bürgermeister, der eine politische Begrü- Allianz der Hansestadt hatte einen methodistischen Evangelisten und ßungsrede halten soll, hat sich Mut angetrunken. Das ganze gerät zum mich dazu eingeladen. Auf uns wartet eine Überraschung. Mit dem Kabarett, mit vergnügtem Gelächter und Beifall an unmöglichen Stel- Schulrat war vereinbart, worden, dass wir in sämtlichen neunten Klas- len. Die Staatsmacht wird vorgeführt. Unter den jungen Christen sen der Stadt über den christlichen Glauben informieren sollten. bahnt sich die Wende bereits an – friedlich und diszipliniert. Der erste Einsatz zu zweit ging völlig daneben. Man hatte zwei Klassen zusammen gefasst und die Mädchen und Jungen interessier- Evangelisation in den Wendejahren ten sich sehr – für einander –, nur leider wenig für den verlorenen Die Kirchen sind in diesen Wochen überall gut gefüllt. Die Christen Sohn oder die Entstehung der Bibel. Unter den mitleidigen Blicken der des Grenzstädtchens Oebisfelde hatten mich zur Evangelisation ein- Lehrer zogen wir frustriert davon. geladen. Die beantragte Sondergenehmigung für das Grenzgebiet Was nun? Noch mehr als zehn weitere neunte Klassen standen uns brauchte ich Mitte November 1989 nicht mehr. Die Wachhunde liefen bevor. Da halfen nur Gebet und ein lockerer Glaube. In die nächste zwar noch. Aber die Grenze war offen. Wer wird sich da in eine Kirche Klasse ging ich ohne Konzept: Ich sei Christ, sagte ich, ein Pastor noch setzen? Dann die Überraschung: Die Kirche ist übervoll. Gespannteste dazu. Ich fragte, ob ich ihnen einfach etwas über meinen Weg zu Gott Aufmerksamkeit, zahlreiche Aussprachen! Unter den Zuhörern viele und meinen Glauben erzählen dürfte. Ich forderte sie dazu heraus, derer, die eben noch die Grenze bewacht hatten. sich die Gelegenheit nicht entgehen zu lassen: mal einen Pastor in 1990. Noch vor der Wende hatten wir missionarische Aktionen in al- Grund und Boden zu diskutieren! Das kam an. Auf diese Weise hatte len Landeskirchen geplant. Besonders entkirchlichte Orte sollten erreicht ich für meine folgenden Evangelisationen ein neues Einsatzgebiet ge- werden. Jetzt bekamen wir Unterstützung durch die Zeltmissionen. Mein funden - und in weit über siebzig neunten bis elften Klassen in den Einsatz fand im Braunkohlengebiet, Senftenberg, Schwarze Pumpe, nächsten Monaten sehr spannende Schulstunden erlebt. Weißwasser statt. Neben anderen gehörte auch Uwe Holmer zu unserem Team. Es gab ein weitgespanntes Begleitprogramm. So hatte der neue Manfred Kern war Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Schulrat alle Lehrer des Kreises zu einem Gespräch mit uns Pfarrern und Gemeinden, von 1988 an hauptamtlicher Generalsekretär und Evangelisten eingeladen. Die Lehrer standen damals unter der Anklage nach der Vereinigung der Evangelischen Allianzen von 1991 vieler Eltern und waren verunsichert. Nun kamen ausgerechnet diese bis 1996 als Stellvertretender Generalsekretär auch Mitglied Christen, die Frau Honecker aus den Schulen verbannt hatte, und erzähl- im Geschäftsführenden Vorstand der Deutschen Evangelischen ten ihnen von der Möglichkeit der Vergebung durch Christus. Manche Allianz Lehrer weinten. Die Busse fuhren planmäßig. Aber viele Lehrer blieben.

11 TITEL-THEMA

Grenzerfahrungen

Hautnahe Erlebnisse in der

real existierenden DDR Foto: Bundesarchiv DDR-Grenzsoldaten während des Mauerbaus

Unerwünscht! Kein Zurück or ein paar Wochen lud uns eine Freundin in der Nähe von mussten wir vier Stunden warten. Dann wurden wir von sehr un- Stendal zu ihrer Geburtstagsfeier ein. Wir stiegen ins Auto und freundlichen Grenzsoldaten wortlos zurückgeschickt. Unsere Fahrt V fuhren los: problemlos über die ehemalige innerdeutsche war schon an der Grenze zur DDR zu Ende. Grenze. Auf der Rückfahrt haben wir noch meinen Bruder in der Nähe Was tun? Meine Familie war auf dem Weg nach Polen und wir von Magdeburg besucht, bevor wir abends wieder zurück gen Westen konnten sie nicht mehr benachrichtigen. Wir schickten ein Telegramm gefahren sind. mit der Nachricht, dass es etwas dauern könne, bis wir ankommen. Ein ganz normales Wochenende – das bis vor 25 Jahren undenkbar Leider hat das Telegramm sie nie erreicht. Unser Umweg führte uns gewesen wäre. nach Travemünde, wo wir auf eine Fähre nach Danzig gelangen Ich bin 1978 mit 23 Jahren legal – zwecks „Familienzusammenfüh- wollten. Das war in diesen Jahren nicht einfach. Alles war ausgebucht. rung“, wie es damals hieß – nach Westdeutschland ausgereist. Das Unsere einzige Chance war, zu warten, ob vielleicht jemand nicht bedeutete: Vorerst kein Zurück. Auch zu Besuchen durfte ich nicht kommt … Buchstäblich als letztes Auto konnten wir dann tatsächlich wieder in die DDR einreisen. noch auf der Fähre mitfahren. Da meine gesamte Familie aber in der DDR lebte, war die Sehnsucht Nur: Als wir mit zwei Tagen Verspätung ankamen, war meine Fa- natürlich groß. So habe ich einige Versuche unternommen, meine Mut- milie schon abgereist. Sie konnten die Ungewissheit um unseren Ver- ter (mein Vater war schon verstorben) und meine Geschwister zu sehen. bleib nicht ertragen, hatten aber keine Möglichkeit, mit uns Kontakt aufzunehmen. Glücklicherweise sind wir noch dort geblieben: Als Versuch Nummer 1: Ausgebremst in Berlin meine Mutter in der DDR die Nachricht erhielt, dass wir angekommen Kurz nach unserer Hochzeit im März 1978 versuchten wir über waren, ist sie ein zweites Mal nach Polen gefahren ... Westberlin nach Ostberlin einzureisen. Als Transitreisende ging die Wir haben uns später ein weiteres Mal in der Tschechoslowakei Fahrt nach Westberlin relativ problemlos. Am nächsten Tag wollte ich getroffen, und nach fünf Jahren durften wir endlich das erste Mal wie- meine Mutter und Geschwister in Ostberlin treffen. Eigentlich unmög- der in die DDR einreisen und meine Familie besuchen. lich. Ich war ja gesperrt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Und oh Wun- Die Fahrten über die Grenze waren immer aufregend. Man wusste der, ich kam durch die Grenze! Wir freuten uns alle sehr über das Wie- nie, ob und wie man kontrolliert würde – und ob alles mitzunehmen dersehen. Da es nur Tagesvisa gab, musste ich am Abend zurück. Am erlaubt war, was sich im Auto befand. Nicht selten gab es Grenzschi- nächsten Tag versuchte ich es noch einmal. Aber nach endloser Warte- kanen. rei (fast der ganze Vormittag war vergangen) wurde ich diesmal wie- Schließlich das Jahr 1989. Am 11.11. parkte ein „Wartburg“-Pkw der zurückgeschickt. Ich war unerwünscht! Auf der anderen Seite der vor unserem Haus in Bielefeld. Meine Familie stieg aus. Zu diesem Grenze wartete meine Familie. Sie wusste nicht, was los war, ob ich Zeitpunkt kannte die Freude keine Grenzen mehr! Das Wunder der noch komme oder nicht. Telefonieren war damals nicht möglich. So Freiheit und Einheit erfüllt mich bis heute mit großer Freude und bat ich einen fremden Mann, nach meiner Familie Ausschau zu halten Dankbarkeit. und ihr zu sagen, dass ich wahrscheinlich nicht kommen würde. Das hat zwar geklappt, die Enttäuschung war aber auf beiden Seiten groß. Gudrun Ehlebracht engagiert sich in der Evangelischen Allianz Versuch Nummer 2: Umweg über Travemünde Bielefeld; sie ist stellvertretende Vorsitzende des Treffens Ein Treffen mit meiner Familie war also nur im „sozialistischen Christlicher Lebensrecht-Gruppen Ausland“ möglich. Da meine Mutter noch Verwandtschaft in Polen hatte, wollten wir versuchen, uns im Sommer 1978 dort zu treffen. Wir gingen davon aus, dass die Fahrt durch die DDR eine Transitfahrt war und ich durchfahren konnte. Aber: An der Grenze in Marienborn

12 EiNS September 2014 Titel-Thema Fotos: Privat Weihnachten 1963: Das erste Fest in der Heimat Seilbahnfahrt zur Rosstrappe Die Mauer ging auch durch die Familie

ie real existierende DDR war meine Heimat. Allerdings eine Hei- len. Wir kannten nur einen Teil der Hochzeitsgäste. Ob man den an- mat, die für mich nicht real existierte. Sie war weit weg und über deren trauen konnte, war ungewiss, und Scherereien waren das Letz- DJahre für mich und meine Eltern nicht erreichbar. 1954 wurde te, was wir brauchen konnten. So blieben für mich immer Angst und ich in Thale am Harz geboren, zwei Jahre später ging ich zu meinen El- ein beklemmendes Gefühl bei meinen Besuchen in der Heimat. Wenn tern ins Siegerland. Im Zuge einer Familienzusammenführung durfte etwa Tante oder Oma auf der Straße mit unangenehmen Fragen kon- meine Mutter, die wie mein Vater Monate zuvor geflohen war, mich ab- frontiert waren: „So, haben Sie Westbesuch …?“ holen. Damit wurde eine Tür geöffnet, die mich Monate von meinen Eltern getrennt hatte. Zugleich schloss sich damit hinter mir die Tür zu DDR: nicht nur Plattenbauten meiner Heimat und meiner Familie, die über Jahre geschlossen blieb. Manchmal wurde ich in den „Konsum“ geschickt, um Butter zu kau- Ich erinnere mich, dass wir 1959 die erste Erlaubnis für einen Be- fen, mehr Butter als es die „Zuteilung“ erlaubte. Am liebsten wäre ich such in Thale erhielten. Stündlich kamen neue Telegramme. Einmal im Erdboden versunken, wenn eine der Verkäuferinnen der anderen hieß es: Wir dürfen einreisen, um den 50 Geburtstag meiner Oma zu zuschrie: „Das geht in Ordnung, die haben Westbesuch!“ Ich war mir feiern. Im nächsten Telegramm wurde die Einreise wieder verweigert. sicher, dass alle Augen auf mich, den kleinen Jungen aus „dem We- Meine Mutter war ständig dabei, die Koffer ein- und wieder auszupa- sten“, gerichtet waren und kam mir vor wie ein Außerirdischer. cken. Am Ende wurde uns die Reise verweigert. Erst 1963 durften wir Ich habe mir oft Gedanken gemacht, wie mein Leben verlaufen wäre, zu Weihnachten „nach Hause“ kommen. An dieses Fest werde ich wenn ich in der DDR aufgewachsen wäre, wenn ich mit 35 Jahren die mich immer erinnern! „Wende“ als Bürger der DDR erlebt hätte, wenn ich, nachdem meine El- tern geflohen waren, zur anonymen Adoption freigegeben worden wäre. Bloß keine DDR-Witze! Was wäre aus meinem Leben geworden? Hätte ich meine Eltern je Später gab es viele Gelegenheiten, den Sommer in Thale zu ver- wiedergesehen? Hätte ich zum Glauben an Jesus Christus gefunden? bringen. Der Hexentanzplatz, die Rosstrappe und das Bergtheater sind Hätte ich meine Frau kennengelernt? Hätte ich in der Heilsarmee mei- mir unvergesslich. Ebenso die Wanderungen durch das Bodetal und ne Bestimmung gefunden? Auf diese „Wenn-Fragen“ gibt es keine der Schrebergarten meines Opas: Dort zeigte er mir, wie man Rosen Antworten. Aber Gott hat mich von Kind auf bewahrt und seinen Plan veredelt und ich konnte mich nicht satt sehen an seinen Gartenzwer- mit meinem Leben verwirklicht. gen. Sie saßen auf Wippen und Karussells. Alles war beweglich und Über eins bin ich traurig: Die Mauer ging nicht nur durch Deutsch- wurde durch ein Wasserrad angetrieben. Ich weiß nicht, wie viele land, nicht nur durch Berlin. Die Mauer ging auch durch meine Fami- Suppenkellen daran glauben mussten, um dieses Wasserrad zu bauen. lie, und selbst 25 Jahre nach der Wende ist diese Mauer noch nicht Thale war geprägt durch die „Hütte“ mit ihrer großen Verzinkerei weg. Unsere Familie ist nicht wieder richtig zusammengewachsen. und dem Emaillierwerk. Große Lastwagen holten die Kochtöpfe und Über eins bin ich froh: Die DDR besteht nicht nur aus Thale und ein anderes Geschirr in den Westen, wo sie in den großen Waren- und paar Plattenbauten in Halle. Sie ist ein wunderbarer Teil Deutschlands Versandhäusern angeboten wurden. Es war in meinen Augen eine mit schönen Landschaften und tollen Städten. trostlose Stadt und für mich „typisch DDR“. Die Angst meiner Verwandtschaft übertrug sich auch auf mich. Alfred Preuß ist Heilsarmee-Offizier und Mitglied im Man musste viele Auflagen erfüllen, Meldung bei der Polizei, Eintrag Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz ins „Hausbuch“, Zwangsumtausch. Reisen in die nähere Umgebung waren immer ein Problem. Weiter weg ging gar nicht. So bekam ich nur einmal im Laufe der Jahre Halle-Neustadt zu sehen. Wir waren dort zu einer Hochzeitsfeier eingeladen. Mir wurde im Vorfeld einge- bläut, bloß keinen meiner sonst so geschätzten „DDR-Witze“ zu erzäh-

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Waren alle dafür?

Die deutsche Einheit und die Rolle der Kirche. Ein Kommentar

ach dem Zweiten Weltkrieg, besonders nach dem Mauerbau nicht in Schwierigkeiten bringen, wieder andere wurden geradezu 1961, gab es keine Institution in Deutschland, die so verbun- aggressiv, wenn der Begriff auch nur fiel. Nden blieb wie die Kirchen. Jede Landeskirche, jeder Kirchen- Wie offiziell über die Wiedervereinigung gedacht wurde, macht kreis und viele Gemeinden im Westen hatten eine Partnerkirche oder 1985 das Gemeinsame Wort von West-EKD und DDR-Kirchenbund 40 -gemeinde im Osten. So konnten auch viele Bürger ohne Verwandte Jahre nach Kriegsende deutlich: „Wir bitten alle Menschen in den bei- in der DDR Kontakte knüpfen. Ohne diese Gemeinschaft über die in- den deutschen Staaten, ... nicht eine Wiederherstellung früherer Ver- nerdeutsche Grenze hinweg wäre der Wunsch nach Wiedervereini- hältnisse zu verlangen, die nicht zu haben sind.“ Ein einziger Synoda- gung wohl nicht so intensiv und der Vollzug vermutlich nicht so rasch ler wagte es, auf der folgenden Synode des DDR-Kirchenbundes zu möglich gewesen. Dieser Beitrag der Kirchen kann nicht hoch genug widersprechen: Superintendent Thomas Küttler aus Plauen/Vogtland. eingeschätzt werden zu einer Zeit, in der sonstige Kontakte – von Ver- Er erinnerte daran, dass es biblisch sei, nicht nur über die deutsche wandtenbesuchen abgesehen – kaum möglich waren. Schuld, sondern zugleich auch über den Fortbestand und die Zukunft In den 40 Jahren der deutschen Teilung flossen über 4.500 Millio- unseres Volkes nachzudenken. Daraufhin hielt ihm die Leitung des nen D-Mark Kirchensteuermittel wie Staatsgelder über die evange- DDR-Kirchenbundes vor: Wer die deutsche Frage stellt, der stellt den lischen Landeskirchen des Westens in den Osten. 40 bis 60 % der Frieden in Europa infrage. Haushalte der Kirchen in der ehemaligen DDR wurden von Westkir- chen finanziert. Die evangelische Kirche der DDR hat als Volkskirche, Gebet für die Einheit … Koreas wenn auch massiv geschrumpft, nur so überleben können. Was sie Der einzige, der mit Blick auf die Wiedervereinigung geradezu eine andererseits an Glaubenstreue, Durchhaltevermögen und Mut bewie- prophetische Aussage machte, war der frühere württembergische Lan- sen hat, wiegt die materielle Hilfe aus dem Westen mehr als auf. Die desbischof Hans von Keler. 1988 fragte er in einem Interview mit der Hilfe der Westkirche erfolgte aus christlichen, mitmenschlichen Grün- evangelischen Nachrichtenagentur idea, ob wir auf eine Wiederverei- den, nie aber, um etwa die deutsche Einheit zu fördern. Das hängt nigung überhaupt vorbereitet seien. Denn: „Warum sollte Gor- damit zusammen, dass das Verhältnis der evangelischen Kirchen zu batschow nicht noch in diesem Jahrhundert die deutsche Karte spie- Nation, Heimat, Patriotismus seit 1945 gebrochen ist. War man bis len?“ dahin oft extrem patriotisch und überbetonte vielfach das Nationale, Exemplarisch war die Situation im Jahr der Friedlichen Revolution. so waren nach Kriegsende schon die Begriffe tabu. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 1989 in Berlin- West – keine fünf Monate vor dem Fall der Mauer – wandten sich „Mit der Wiedervereinigung ist es aus“ sämtliche Kirchenleiter gegen jedes Reden von der Wiedervereini- Helmut Gollwitzer, einer der führenden Kirchentagsredner und gung. Einen Monat später, im Juli, rief der Weltkirchenrat bei seiner Theologen, erklärte 1985: „Wir sollten endlich aufhören, die deutsche Zentralausschusssitzung in Moskau samt den zahlreichen deutschen Teilung zu beklagen, wir sollten uns damit abfinden.“ Der Letzte, der Delegierten zur Wiedervereinigung auf – in Korea. noch unbefangen von Wiedervereinigung sprach, war der erste EKD- Noch am 13. August 1989 fand in West-Berlin ein Fürbittegottes- Ratsvorsitzende nach Kriegsende, der Berliner Bischof Otto Dibelius dienst für die Vereinigung Koreas statt; keiner für die deutsche Wie- (1880-1967). In seinen „Reden an eine gespaltene Stadt“ nach 1961 dervereinigung. Davor wurde offen gewarnt. Während Tausende sagte er: „Es geht jetzt nach dem Mauerbau durch ganz Deutschland DDR-Bürger über Ungarn in den Westen flohen und es in der ganzen die Rede: Mit der Wiedervereinigung ist es nun aus – die kommt nie! DDR brodelte, sprachen sich führende Repräsentanten der evange- Der das sagt, ist kein Christ, weil er seinem Gott nichts mehr zutraut lischen Kirche gegen die Wiedervereinigung aus, ja bezeichneten sie ... Aber wer die Wiedervereinigung jeden Tag erbittet, um der anderen gar als „objektiv friedensgefährdend“, wie etwa der stellvertretende Menschen willen, darum, dass zusammengehören muss, was Gott zu- Vorsitzende des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Man- sammen geschaffen hat, und dass es nicht Gottes Wille sein kann, dass fred Stolpe, Ende September im „Spiegel“. Der Wittenberger Synoda- so viel Tränen um diese infame Sache vergossen werden, dass durch le Friedrich Schorlemmer meinte, es sei gut, wenn es zwei deutsche Deutschland ein Stacheldraht gezogen ist, der wird es anders erle- Staaten gebe. Einen Monat später – wenige Tage vor dem Fall der ben.“ Nach ihm wagte niemand mehr so zu sprechen. Manche Kir- Mauer – übernahm Jürgen Schmude, der Präses der EKD-Synode, in chenleiter dachten wie Gollwitzer, andere wollten die Ostkirchen der ARD-Sendung „Pro und Kontra Wiedervereinigung“ den Kontra-

14 EiNS September 2014 TITEL-THEMA

Logo des Evangelischen Kirchentags Montagsdemonstration in Leipzig Fotos: Bundesarchiv Mauerbau 1961 Grenzbewachung am Brandenburger Tor

Part. Vor der Lutherischen Generalsynode (im Westen) äußerte er, die lassen. Eigentlich hätten die Kirchen selbst auf die Idee kommen müs- Westkirchen seien von den Partnerkirchen in der DDR gebeten wor- sen. Stattdessen wiesen sie den Vorschlag des Ministers brüsk zurück den, nichts zur Lage in der DDR zu sagen. – als Einmischung des Staates in kirchliche Angelegenheiten. Es folgten Erklärungen, wonach Glocken nur zum Gottesdienst und zur Die EKD wirkte gelähmt Andacht läuten würden. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ machte Thema Nr. 1 kurz vor dem Zusammenbruch des DDR-Regimes war sich darüber lustig: Man müsse nur auf die Straße gehen, dann würde in Synoden und Kirchenleitungsberichten Südafrika. Der zentrale Re- man alle volle, halbe und viertel Stunde die Glocken hören; abgesehen chenschaftsbericht des Rates der EKD widmete sich noch am 5. No- vom Silvesterläuten oder dem Gedenkläuten zum 40. Jahrestag des vember auf der EKD-Synode über 153 Zeilen der Situation in Südafri- Abwurfs der Atombombe auf Hiroshima 1985. ka, aber in gerade 26 Zeilen (!) mit der DDR. Keiner wagte, das Wort So empfahl einzig der thüringische Bischof Werner Leich, in der Wiedervereinigung oder freie Wahlen auch nur auszusprechen. Zur Nacht zum 3. Oktober zu läuten. Das Ende der Nachkriegszeit und der gleichen Zeit sprachen sich in Umfragen 80 % der Bürger in Ost und Teilung des Vaterlandes seien nicht weniger wichtig als das übliche West für eine Wiedervereinigung aus. Silvesterläuten, fand er. Laut Umfragen waren damals 90% der DDR- Nach dem Fall der Mauer wirkte die EKD wochenlang wie gelähmt. Bürger und 87% aller Westdeutschen dafür, die Kirchenglocken zur Die einzige Äußerung in den 14 Tagen nach dem 9. November kam zu: Vereinigung zu läuten. El Salvador. Die EKD empfahl permanent eine engagierte Zurückhal- Ein Fazit: Ohne den Zusammenhalt der Kirchen wäre die deutsche tung beim Thema Einheit – völlig an der Stimmung der Basis vorbei. Einheit viel mühsamer gewesen. Ein Lob den Taten! Hätte der Herr Obwohl es 1990 im noch geteilten Deutschland keine Institution gab, der Geschichte freilich auf die Worte deutscher Bischöfe, Kirchenprä- die sich so problemlos hätte wiedervereinigen können, dauerte es bei sidenten und Präsides gehört, gäbe es sie wohl nicht ... der Kirche am längsten. Sie hat eine gemeinsame Bibelübersetzung, gemeinsame Bekenntnisschriften, ein Gesangbuch, eine einheitliche Nachwuchsausbildung, ähnliche Verfassungen – trotzdem war der Staat neun Monate schneller. Die Evangelische Kirche in Deutschland Der Autor Helmut Matthies ist Leiter der Evangelischen vereinte sich erst im Juni 1991. Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) und gehört seit 1979 dem In den Monaten zuvor dürfte der „Glockenstreit“ im September Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz an 1990 in peinlicher Erinnerung bleiben: In der Freude über die bevor- stehende Vereinigung der deutschen Staaten am 3. Oktober hatte Kanzleramtsminister vorgeschlagen, an diesem „Tag der Freude“ Gottesdienste zu veranstalten und die Glocken läuten zu

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„Ein politisches, übernatürliches

Ereignis“ Fotos: Wikimedia

Sie hat die Ereignisse um 1989 als Pfarrerin in der DDR hautnah miterlebt: Astrid Eichler. Im Interview spricht sie über Camping in Ungarn, Michail Gorbatschow, die Hoffnungen im Herbst 1989 und die Aufgabe, sich gegenseitig zuzuhören.

Ab Mai 1989 wurde das Rumoren in der Bevölkerung deutlich hörbar. Und wir alle erwarteten damals natürlich – da nehme ich mich nicht Wie sehr haben die Menschen in der DDR die Zeichen der Verände- aus – eine Verbesserung der materiellen Lage. Seit dem 8. Parteitag rung, etwa die des sowjetischen Staatschefs Gorbatschow, wahrge- der SED 1971 begleitete uns der Slogan: „Das Ziel der Partei ist die nommen, auch vor 1989 schon? immer bessere Befriedigung der materiellen Bedürfnisse der Bevölke- Das war ein latenter, längerer Prozess. 1989 spitzte es sich dann zu. rung.“ Das wurde uns 40 Jahre lang versprochen. Und jetzt wollten Wir haben sehr wach wahrgenommen, was in der Sowjetunion vor wir die Möglichkeiten ergreifen, alle! sich gegangen ist, „Glasnost“ und „Perestroika“, Offenheit und Umbau der Gesellschaft. Und spätestens im Oktober 1989 … Viele Christen in den Kirchen, in Ost und West, haben damals deutlich ein Wirken Gottes in dem ganzen Geschehen entdeckt. … bei der 40-Jahr-Feier der DDR, als der sowjetische Parteichef Für mich ist das Ganze auch nach wie vor ein übernatürliches Ereignis. Gorbatschow auf Distanz ging zu Erich Honecker … Ich habe mich einige Jahre nach der Friedlichen Revolution intensiv … lag das ja völlig offen. mit dem Thema beschäftigt. Und in einer Person wie Gorbatschow wird für mich deutlich: Gott gebraucht Menschen, heute, unabhängig Was waren, auch persönlich, besondere Momente 1989? von Herkunft, Religion und Überzeugung! Das ist für mich eine Ge- Da fallen mir drei Begebenheiten ein. Im August 1989 bekam ich als schichte Gottes. junge Pfarrerin meinen „Jahresbesuch“ vom Rat des Kreises. Es war klar: Wer da arbeitet, der hatte auch mit dem MfS, zu tun, dem „Mini- Willy Brandt hat damals seinen berühmten Satz formuliert: „Es wächst sterium für Staatssicherheit“: der Stasi. Und ich habe das nie verges- zusammen, was zusammen gehört.“ Das haben aber nicht alle so sen: Er erzählte mir plötzlich, dass viele Bürger der DDR jetzt nach empfunden. Ungarn fahren, und über den Campingplätzen würden Hubschrauber Ja. Für mich war das Schlüsselerlebnis ein Artikel, den ich zehn Jahre aus dem Westen Flugblätter abwerfen, um die Bürger der DDR von der nach der Friedlichen Revolution geschrieben habe, 1999. In meiner Rückkehr in ihre Heimat abzuhalten. Ich guckte ihn groß an und Gemeinde fragte ich damals: Zehn Jahre nach 1989, wollen wir das sagte: Ist ja schade, dass ich in diesem Jahr nicht in Ungarn Urlaub nicht feiern? Die Leute guckten mich an: Was willst du da feiern? Das mache ... Damit wollte ich ihm signalisieren: Was du mir grad erzählst, gab mir einen richtigen Stich durchs Herz. Kurz darauf war ich im das glaub ich dir nicht! Schwarzwald. Die Leute wollten wissen wo ich herkomme; ich sagte: Dann, Anfang September, war ich zu einer Konferenz im Westen. Mit aus Brandenburg. Reaktion: Ach da, wo die Braunen alle sind! Das hat einem Ehepaar sprachen wir über die Situation in der DDR, in Ungarn. mich wieder total erschüttert. Und dann kam ich zurück und sah, wie Ich war damals noch zutiefst überzeugt davon, dass sich in der DDR in Brandenburg tatsächlich überall Plakate der Rechtsextremen für die nichts bewegen wird. Das finde ich heute noch erschreckend. Aber für Landtagswahl aufgehängt waren. mich stand das System in der DDR noch unerschütterlich fest. Aber dann kam der 9. November. Ich komme nach Hause von einem Die rechtsextreme DVU zog dann auch in den Landtag ein. Gottesdienst und sehe die „Tagesschau“ … Genau. Ich habe gespürt, wie viel noch kaputt ist, dass wir zehn Jahre nach dem Mauerfall nicht wissen, was wir feiern können. Das hat mich Wie sahen die Hoffnungen damals aus? unglaublich beschäftigt damals. Manche Leute in den Kirchen dachten, jetzt kommt der große Aufbruch. Die Kirche hatte ja in der Friedlichen Revolution eine wesentliche Rolle Und heute? Wo stehen wir 25 Jahre später? gespielt. Aber für mich war sehr bald klar: Das ist ein politisches Ereig- Die Einheit ist normaler geworden. Nach 1989 hatte ich die Hoffnung, nis. Zwar hat Gott da seine Finger drin. Aber ich war skeptisch. dass es nicht wieder Jahrzehnte dauert, bis die Vergangenheit bear-

16 EiNS September 2014 Foto: Wikimedia dpa-Eilmeldung zum Mauerfall

beitet und bewältigt wird. Und mein Eindruck ist, dass uns jetzt das 25-Jahre-Jubiläum vielleicht ein bisschen vorwärts bringt. Allerdings ist da nach wie vor eine Wunde. Es ist Haut drüber gewachsen. Aber darunter sind Schmerzstellen, und es gibt Menschen, die mit der Ein- heit nicht klarkommen.

Was kann und muss im deutschen Miteinander noch weiter geschehen? Es gibt heute Veranstaltungen, bei denen Leute aus dem Osten den Menschen im Westen von ihren Erfahrungen und Erkenntnissen er- zählen. Das hab ich mir gewünscht nach fünf Jahren, nach zehn Jah- ren! Das braucht es! Hört einander zu! Wenn ich von solchen Veran- staltungen höre, denke ich: Super, dass es das jetzt gibt! Andererseits: Schade, dass es das früher noch nicht gab! Was ich mir auch wünsche: Dass gerade die Menschen Heilung finden, die verletzt wurden, weil es einfach so wahnsinnig schnell ging da- mals. Meine Generation konnte die Kurve gerade noch kriegen. Aber die Leute, die zehn Jahre älter waren, die heute 65 Jahre alt sind und noch älter, für die ist vieles wirklich ganz, ganz schwierig geworden. Ich bin heute sehr dankbar für Initiativen wie „Danken – Feiern – Be- ten“, die sich anlässlich der 25 Jahre erinnern; oder wenn Menschen sich gegenseitig erzählen – und zuhören.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Jörg Podworny

Info: www.3-oktober.de

Astrid Eichler ist Bundesreferentin für das Netzwerk „EmwAg“ (Alleinleber und Zusammenfinder) im deutschsprachigen Raum und ist Mitglied im Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz www.emwag.net www.offene-tuer.ch

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… und danach?

Überlegungen von Reinhard Holmer zur Entwicklung nach 1989

ie DDR war ein System der Unfreiheit. Jeder ehemalige DDR- denen DDR-Bürgern bald unzufriedene Bundesbürger werden wür- Bürger hat das gespürt. Manchmal hatte man sich daran ge- den. Bei früheren Besuchen im Westen war mir schon aufgefallen, Dwöhnt, aber oft hat es geschmerzt. Denn in uns allen steckt ja dass es vielen Menschen für mein Empfinden sehr gut ging – und sie eine große Sehnsucht nach Freiheit. Keiner, der es miterlebt hat, wird trotzdem nicht zufrieden waren. Warum sollte es bei uns anders sein? das Ende des Jahres 1989 vergessen. Wie ein Kartenhaus brach das Und so kam es. Da gab es viele gegenseitige Vorwürfe. Die Rede und ganze System der DDR zusammen. Endlich Freiheit! Das war das Einteilung von „Ossis“ und „Wessis“ kam auf: „undankbar“ die einen, größte Geschenk der friedlichen Revolution. Was für ein Gefühl, als „arrogant“ die anderen. Viele Gespräche waren notwendig, Besuche die Mauer fiel! Unvergessen auch die grenzenlosen Hoffnungen die hin und her und die Bereitschaft aufeinander zu hören. Wie schwer wir alle hatten: Endlich konnte man frei die Meinung äußern; endlich das oft war, habe ich nicht nur einmal unter den Gästen im Evange- keine Angst vor Unterdrückern, vor Partei und Stasi; endlich reisen; lischen Allianzhaus erlebt. endlich ist die Mangelwirtschaf zu Ende! Wir konnten verändern, Aber nach und nach veränderte sich das Bild unseres gemeinsamen bauen, neu gestalten (auf den Trabbi musste man nicht mehr 16 Jahre Landes. „Blühende Landschaften“ hatte , der „Kanzler der warten!). Einheit“, vorhergesagt und dafür unglaublich viel Hohn, Spott und Mit großem Enthusiasmus haben wir viele Aufgaben angepackt: Unverständnis geerntet. Wenn man aber durch die „Neuen Bundeslän- Die ersten freien Volkskammer- und Kommunalwahlen. Wir wurden der“ fährt und die Augen aufmacht, dann sieht man, dass er recht hat- politisch aktiv: die einen kommunal, andere auf der großen Bühne der te. Natürlich ist nicht alles in Ordnung – aber das ist in Bayern, Baden- Politik. Keiner von uns wusste, wie das geht. Aber wir haben es ver- Württemberg oder Nordrhein-Westfalen auch nicht anders. sucht und einfach angefangen. Viel Hilfe war nötig – und es gab zum Glück im Westen Menschen, die neben ihren vielen Aufgaben geholfen Der Wert der Freiheit haben. Ich bin mit unseren Gästen sehr gern und oft nach Erfurt gefahren Auf der anderen Seite gab es auch manches Unverständnis der Alt- und habe im Laufe der Jahre miterlebt, wie sich diese Stadt verändert bundesbürger, die diesen Enthusiasmus kaum verstehen konnten; hat. Aus einer völlig heruntergekommenen Altstadt, die kurz vor der denn sie wussten ja, was Freiheit kostet! Und dann kam auch bei uns Wende teilweise abgerissen werden sollte, ist ein Kleinod der Deutschen ehemaligen DDR-Bürgern die Ernüchterung. Wir merkten: Die Zeit Baugeschichte geworden. Fast alle Dächer sind neu gedeckt. Die Braun- reicht nicht, das Geld reicht nicht, die Kraft reicht nicht. kohleheizungen, die früher die Luft verpestet haben, sind verschwun- den. Man muss nicht mehr monatelang auf einen Telefonanschluss Anstrengende Freiheit warten, sondern sucht sich den bevorzugten Anbieter aus. Der „Flick- Die Freiheitsspielräume waren gewachsen. Aber auf der anderen Konzern“, wie die DDR-Straßenmeisterei im Volksmund genannt wur- Seite wurde es für den Einzelnen viel schwieriger, verantwortliche de, musste großen Neubauprojekten weichen. Sechsspurige Auto- Entscheidungen wahrzunehmen. Oft fühlten wir uns überfordert im bahnen wären früher in der DDR nicht mal mit Westgeld entstanden. Blick auf das Risiko, das mit den eigenen Entscheidungen verbunden Und Erfurt ist ja nur ein Beispiel. Genauso ging es in Rostock, in Leip- war. Die notwendigen Veränderungen haben unheimlich viel Kraft zig, in Halle oder Berlin. Oder Dresden: Wer hätte denn zu träumen ge- gekostet. Es änderte sich ja buchstäblich alles: das Geld, die Einkaufs- wagt, was in dieser wunderbare Stadt alles neu geworden ist: Zwinger, möglichkeiten, alle Verträge, die Versicherungen, Arbeitsplätze, Au- Semperoper oder der Neubau der Frauenkirche?! Diese Entwicklung tos, Straßen … Vieles, was früher wertvoll war, verlor jeden Wert. haben selbst die mutigsten Enthusiasten nicht für möglich gehalten. Anderes, was früher wertlos erschien, hatte nun eine große Bedeu- Ich wünsche mir, dass wir dies alles in diesen Monaten, in denen tung. Wir merkten: Freiheit ist anstrengend, Entscheidungen sind ris- wir uns an die Ereignisse von vor 25 Jahren erinnern, nicht vergessen. kant. Darüber hinaus hatten viele den Eindruck, sie könnten bei den Ich wünsche mir eine fröhliche Dankbarkeit im Blick auf all das, was vielen Möglichkeiten gerade eine wichtige Chance verpassen und da- geschafft wurde, auch ein Stück „bescheidenen Stolz“. Die deutsche mit etwas Wesentliches versäumen. Freiheit ist immer auch die Mög- Wiedervereinigung ist tatsächlich einmalig in der Geschichte. Und lichkeit der verpassten Chance. dass Beste daran ist: Wir waren dabei! Nach und nach sind wir auch emotional im vereinten Deutschland Mein größter Wunsch aber ist, dass wir immer neu den Wert der angekommen. Es war mir von Anfang an klar, dass aus den unzufrie- Freiheit in den Blick nehmen. Freiheit ist nie selbstverständlich, son-

18 EiNS September 2014 TITEL-THEMA Fotos: Wikimedia

dern Geschenk und Aufgabe. Denn Freiheit gehört mit Wahrheit zu- tat einer „political correctness“ zu stellen. Wir haben auch keinen sammen. Der bedeutende Schriftsteller Alexander Solschenizyn, dem Grund zur Resignation nach dem Motto: „Die da oben machen ja doch, wir unglaublich viel zu verdanken haben, weil er mutig Dinge beim was sie wollen!“ Wir haben es doch erlebt, vor 25 Jahren. Wir können Namen genannt hat, die man im Kommunismus nicht sagen durfte, Dinge verändern. Weil sich Wahrheit und Freiheit nicht wirklich un- hat deutlich gemacht, dass die Menschen ein Recht, aber auch eine terdrücken lassen. Verpflichtung haben, „innerhalb der Wahrheit zu leben“. Die Freiheit und Wahrheit erfordert immerwährende Wachsamkeit! Solschenizyn Reinhard Holmer, war von 1993 bis 2011 Direktor des fügte jedoch hinzu, dass „die Wahrheit selten süß ist; sie ist fast aus- Evangelischen Allianzhauses in Bad Blankenburg, ist heute nahmslos bitter“. Direktor des Diakonissen-Mutterhauses Elbingerode im Harz. Wir müssen heute der bitteren Wahrheit ins Auge sehen, dass wir Er gehört weiter zum Hauptvorstand der Deutschen weithin unsere Fähigkeit verloren haben, Wahrheit beim Namen zu Evangelischen Allianz nennen und Freiheit zu leben. Von daher ist es für mich unmöglich, nicht zur Wahl zu gehen, und undenkbar, uns freiwillig unter das Dik-

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„Alles wird gut“ In Erinnerung an 1989/90: Was ich der Evangelischen Allianz immer schon sagen wollte – und ihr für die Zukunft wünsche

von Christine Lieberknecht Foto: Wikimedia

er Sinn von Politik ist Freiheit“ – die- Uns war klar, dass die Stasi präsent war, damals keinen versöhnlichen Handschlag zwi- ses Credo der Philosophin Hannah davon ging man immer aus. Aber das Ent- schen Helmut Kohl und Michael Gorbatschow DArendt hat mich stark geprägt. Das scheidende war: Wir haben darauf keine gegeben, dann wäre die deutsche Einheit bis war auch mein Impetus in den Jahren Rücksicht mehr genommen, wir haben uns heute ein Wunschtraum geblieben. 1989/90, in den Jahren der Friedlichen Revo- nicht mehr beeinträchtigt gefühlt. Es war der Wenn wir im Jahre 2014 an 25 Jahre Mau- lution und der deutschen Einheit. Ich bin ein Zeitpunkt gekommen, wo wir unsere Angst erfall erinnern, dann will ich auch auf die zutiefst durch die Idee der Freiheit geprägter überwanden. bleibenden Verdienste der Evangelischen Al- Mensch. Gleichzeitig bin ich Verantwortungs- lianz beim deutschen Vereinigungsprozess ethikerin in einem durch und durch prote- Signal zur Vollendung hinweisen. Sie hat sogar damals ihren juristi- stantischen Sinn. Freiheit und Verantwor- der deutshen Einheit schen Sitz nach Bad Blankenburg verlegt und tung, das sind für mich zwei verschiedene „Gemeinsam glauben, miteinander han- hier mehrere Millionen Euro in den Ausbau Seiten ein und derselben Medaille. deln“ – das ist der Leitspruch der Evangelischen und die Sanierung ihres Zentrums investiert. Ich habe die Friedliche Revolution in mei- Allianz in Deutschland. Für die Konferenz im Damit hat die Allianz damals ein unüberseh- ner Heimat, im Weimarer Land, nach Kräften Jahr 2014 hatten Sie sich ein optimistisches bares Signal zur Vollendung der deutschen mit geprägt. Die Friedliche Revolution war Motto auserkoren: „Alles wird gut! Josef“. Al- Einheit und damit gleichzeitig ein politisches zunächst in den Städten deutlich spürbar, vor lein dieses Motto bezeugt tiefes Gottvertrauen. Signal zum Aufbau Ost gesetzt. allem in Leipzig, aber auch in Erfurt, Weimar „Alles wird gut“ – darauf haben wir genau vor Ich wünsche der Evangelischen Allianz und Jena. Dabei gab es einen langen Vorlauf 25 Jahren bei der Friedlichen Revolution mit weiterhin – weltweit – die notwendige Kraft, durch kirchliche Umwelt- und Friedensgrup- Gebeten im Herzen und Kerzen in der Hand im das unverzichtbare Maß an Beharrlichkeit. pen. „Schwerter zu Pflugscharen“ – das war Schutzraum der Kirchen fest gehofft. Und ich wünsche ihr den verdienten Erfolg im das bekannteste Motto. Und mit Blick auf die schrecklichen Ereig- Einsatz für ein umfassendes Ja zum Leben, Die Demonstrationen auf den Dörfern ka- nisse in der Ukraine dürfen wir heute dankbar für die Liebe zur Schöpfung, für Liebe und Re- men etwas später. Es gab dann das Bestreben, feststellen: Ja, es ist gut gegangen bei uns mit spekt im Umgang mit dem Nächsten, der der aus den Räumlichkeiten der Kirchen, aus den der Friedlichen Revolution! Gott sei Dank! Unterstützung bedarf. Und den Einsatz für Sälen unserer Gaststätten auf die Straßen zu Und es ist gut gegangen beim Prozess der eine Welt des Friedens und eine Gemein- gehen. Als Mitautorin des „Briefs aus Weimar“, deutschen Einheit. schaft der christlichen Solidarität. der bereits am 10. September 1989 erste Re- Die früheren Besatzungsmächte, die dama- formen der Block-CDU anmahnte, konnte ich lige Europäische Gemeinschaft, sie alle haben meinen persönlichen Beitrag leisten. uns dabei unterstützt, wenn auch einige zu- Wir wussten, dass das System abgewirt- nächst zögernd. Im Vergleich zu damals ist es schaftet hatte, dass wir in den Verwaltungen unglaublich, wenn der russische Präsident Christine Lieberknecht (CDU) ist und Betrieben Menschen an die Spitze stellen Wladimir Putin heute Michael Gorbatschow Ministerpräsidentin des Freistaats müssten, die auch dort für Transparenz sor- – der das Tor zur Freiheit geöffnet hat – als Thüringen gen, die dafür sorgen sollten, dass sich Lei- Schwächling und Feigling diskreditiert! stung lohnt und dass die alte Nomenklatura Hätten damals die vier Besatzungsmächte abdankt. kein Vertrauen zueinander gefasst, hätte es

20 EiNS September 2014 TITEL-THEMA

Ein Wunder der Einheit – auch heute Johannes Selle: Ein Tag im Mai 1989 – und Folgerungen für 2014 Foto: Bundesarchiv

fingstsonntag, 14. Mai 1989. Ein beson- einer internationalen Konferenz die Prophetie Mutter bei meiner Schwester. Das Vaterhaus derer Tag. Mein Vater hielt seine letzte gehört habe, dass die deutsche Einheit kurz musste ich kurzfristig räumen und die Unter- PPredigt im aktiven Dienst. Es fiel ihm bevor stünde. Die Gemeinde solle sich vorbe- lagen von früher stecken in Kisten. Aber ich schwer, von seinem geliebten Beruf zu lassen reiten und bitten, dass es friedlich geschehe. erinnere mich noch genau an das, was ich da- und in den Ruhestand zu gehen. Dabei hatte Er fügte hinzu, dass er sich bis zu diesem Tag mals gehört habe. er schon bis zum 68. Lebensjahr verlängert in nicht getraut hätte, diese Botschaft weiterzu- Im Juli dieses Jahres lernte ich einen Pa- Bendeleben (Thüringen), seinem letzten geben. Es sah ja auch wirklich überhaupt nicht stor der „SaRang Church“ in Seoul kennen. Dienstort. Der Gottesdienst war gut besucht danach aus. Aber er wolle diese wichtige Vor- Die schnell wachsende Gemeinde hat gerade und festlich vorbereitet. Die Patengemeinde hersage nicht mit in den Ruhestand nehmen. ein großes Gebäude fertig gestellt, mit einem hatte eine Delegation gesandt. Ich spielte die Bei Gott sei kein Ding unmöglich. Kirchenraum von 6.500 Plätzen. Das größte Orgel, wie so oft, wenn es die Zeit zuließ. Anliegen dieses Pastors war, von Deutschland Und doch war an diesem Tag etwas an- Kein Ding ist bei Gott unmöglich zu lernen: Wie wurde das Wunder der deut- ders, ungewöhnlich. Es waren wenige, aber deutliche Worte. schen Einheit Wirklichkeit? Nordkorea ist be- Es war am Ende des Gottesdienstes. Mein Selten erlebt man eine solche Stille. Ich bin vor reit, noch härter gegen jede Freiheitsregung Vater wandte sich mit einem persönlichen Aufregung fast von der Orgelbank gerutscht vorzugehen. Von der harten Christenverfol- Wort an die Gemeinde. Er sprach seinen Dank und konnte mich nicht mehr konzentrieren. gung wissen wir ja. Er bat mich, mit für die aus für die gute und engagierte Zusammenar- Die deutsche Einheit war immer wieder The- friedliche Wiedervereinigung Koreas zu beten beit. Das Kirchendach konnte unter schwie- ma in unserer Familie, aber nie hatte mein Va- und dafür in Deutschland zu werben. Denn rigsten Bedingungen in der damals allgegen- ter sich dazu geäußert. Ich konnte es kaum bei Gott sei kein Ding unmöglich. wärtigen Mangelwirtschaft neu gedeckt wer- erwarten, ihn beim Mittagessen zu befragen. Die deutsche Wiedervereinigung war ein den. Die Gemeinde stabilisierte sich und ihr Der Pfarrer der Patengemeinde saß wenig Wunder und nicht das Ergebnis systema- Leben wurde geprägt von wenigen, aber sehr erfreut und eher eisig in der Bank, während tischer Arbeit. Wir waren nicht darauf vorbe- aktiven Gemeindegliedern. Er sprach davon, mein Vater noch etwas ausführlicher von der reitet und konnten die spirituelle Atmosphäre wie er nach dem Studium das geistliche Le- Veranstaltung sprach, die er als sehr glaubwür- nicht bewusst schaffen, die die Zustimmung ben suchte, das ihm das Studium nicht gege- dig empfand. Diskutiert werden konnte seiner- so vieler Mächte möglich machte. ben hatte. Er war sein Leben lang auf der Su- zeit nicht, weil es wesentlich um die Weiterga- Die Geschwindigkeit, mit der die Friedens- che nach der lebendigen Verbindung zu Gott. be der Prophetie ging, nicht um eine Begrün- gebete die Welt veränderten, war atemberau- Wo er etwas hörte oder las, bemühte er sich dung oder die Betrachtung der Konsequenzen. bend. Es wurden Berge versetzt. Auch heute um Kontakt. Der Bibeltext „Wer sucht, der fin- Später bat ich meinen Vater, die Personen können wir damit rechnen. det, wer anklopft, dem wird aufgetan“ aus und die Umstände genau zu beschreiben. Das Matthäus 7 hatte sich in seinem Leben erwie- tat er auch. Und ich ahnte, dass das wichtig Johannes Selle (CDU) aus Thü- sen, betonte er. Und er hatte ein beeindru- werden könnte, wenn man darauf zurück- ringen ist in der seiner dritten ckendes Netzwerk und kannte viele geistliche greifen wollte. Als ich diesem Beitrag zu- Amtsperiode Mitglied im Deut- Leiter persönlich. stimmte, wollte ich die Aufzeichnungen ver- schen und Mitglied im Und dann kam es! Mein Vater berichtete, wenden. Das war nicht ganz einfach. Mein Arbeitskreis Politik der Deutschen wie er ein Jahr zuvor in Frankfurt am Main auf Vater lebt heute mit meiner pflegedürftigen Evangelischen Allianz

21 Titel-Thema

Wanderer von hüben nach drüben und Karl-Heinz Zimmer: Ihre Erfahrungen unterwegs

Frank Heinrich: Der West-Ost-Wanderer

in Wahlsachse – nein, das bin ich eigentlich nicht. Ein Heilsar- 2009, bei meiner Nominierung als Bundestagskandidat, haben einige meeoffizier wie ich wird „bestallt“: an einen Ort und in eine Auf- wenige versucht, mir meine Herkunft negativ auszulegen. Das lief aller- Egabe gesendet. Als meine Frau und ich 1997 den „Marschbefehl“ dings ins Leere: Mit großer Mehrheit wurde ich nominiert. nach Chemnitz erhielten, war das für mich eine absolut positive Über- raschung. Mein Vater hatte viele Reisen hinter den damaligen „Eisernen Ungerechtigkeiten Vorhang“ gemacht, oft konnte ich ihn begleiten. Wir waren in Rumä- Heute bin ich hier in Chemnitz zuhause. Ich mag die Sachsen. Ihre nien, in Polen, und eben auch in der DDR. Der Glaubensmut und die Lebensfreude, ihre zupackende Art, ihre Frömmigkeit. Treue der Geschwister hatten mich immer fasziniert. Die friedliche Re- Aber natürlich nehme ich auch wahr, gerade weil ich mich hier zu- volution habe ich als ein Wunder Gottes erlebt. hause fühle, dass viele Menschen im Osten enttäuscht sind. Die sprich- Nun durften wir nach Chemnitz gehen. Das kleine Korps – die kleine wörtlichen „blühenden Landschaften“ sind nicht für alle Wirklichkeit Gemeinde – war nach der Wende neu aufgebaut worden, zu DDR-Zeiten geworden. Als Menschenrechtler und Sozialpolitiker erreichen mich hatte man die Heilsarmee verboten. Wir fingen quasi bei Null an. Eine viele Anfragen von Leuten, die Ungerechtigkeiten beklagen: „Wann Riesenherausforderung! Einerseits. Andererseits kannte ich über mei- kommt endlich die Rentenangleichung West-Ost?“ ist eine von vielen nen Vater viele Christen in der Region. In der Region Chemnitz, auch als Fragen, die mir gestellt werden. Auch einige DDR-Bürgerrechtler sind „Tor zum Erzgebirge“ bekannt, waren wir mehrfach zu Kirchenwochen frustriert darüber, dass viele ehemalige SED-Kader in gute Posten ge- gewesen. So erlebten wir große Unterstützung durch die Geschwister. rutscht sind, und fühlen sich als Wendeverlierer. Das schmerzt. Denn Viele beteten regelmäßig für unsere Arbeit – und tun es weiterhin: für wir haben ihnen viel zu verdanken. die Heilsarmee und für meine Arbeit im Bundestag. Wir erlebten eine Ich will da nichts schönreden. Doch erlebe ich eben auch das andere: große Einheit, weit über die Grenzen der Konfessionen hinaus. In der Die meisten Menschen sind sehr dankbar, im vereinigten Deutschland DDR hatten die Christen zusammenhalten müssen, das schweißte zu- zu leben. Vielleicht sind wir Sachsen bei manchen Themen – „Sozial- sammen. So intensiv kannte ich das aus „dem Westen“ nicht. In Chem- staat“ oder „Auslandseinsätze“ – etwas kritischer als etwa die Bayern nitz erlebe ich bis heute eine großartige Einheit in einer lebendigen Al- und Schwaben, aber es sind Menschen mit dem Herz auf der Zunge und lianz und im Missionsring. einer großen Tatkraft. Die Pioniersituation beim Gemeindeaufbau hat uns herausgefordert, Ich bin – vielleicht merkt man das – schon lange und sehr gerne hier aber auch vieles ermöglicht. Die Heilsarmee fusionierte mit den „Jesus zuhause. Freaks“, eine ganz besondere Gemeinde entstand – einmalig in Deutsch- land. Das wäre so kaum in den alten Ländern und Strukturen möglich gewesen. Im Sozialbereich, seit William Booth der „zweite Flügel“ der Heilsar- Frank Heinrich (CDU) ist Mitglied des Deutschen Bundestags. meearbeit, fanden wir viele offene Türen. Wir gründeten mehrere Ver- Er war jahrelang Vorsitzender des Arbeitskreises Jugend eine, oft mit Unterstützung der städtischen Verwaltung. Für arbeitslose der Deutschen Evangelischen Allianz und gehört dem Jugendliche, für Kinder. Nie wurde ich als Wessi abgetan, im Gegenteil, Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz an Ideen und Konzepte waren willkommen. Die Menschen spürten schnell: Die wollen uns nichts verkaufen, sondern der Stadt dienen. Anfang

22 EiNS September 2014 Titel-Thema Foto: istockphoto.com/juergen2007 Karl-Heinz Zimmer: Der Ost-West-Wanderer

in bisschen verrückt ist es schon. Früher war der Westen wegen besserer Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in den Westen. Fa- Deutschlands „der goldene Westen“, unerreichbar für viele, milien- und Paarbeziehungen konzentrieren sich auf das Wochenende, ELand der Träume, der Freiheit und Ursprungsland der West- mit allen Nebenwirkungen. Häuser sind saniert, haben einen schönen Pakete. Der Osten war „die Zone“, Transitstrecke hinter dem „Eisernen Anstrich bekommen, aber die jungen Leute wandern nach der Schulaus- Vorhang“, Land der holprigen Straßen und grauen Häuser, Land der bildung in Scharen Richtung Westen ab, um ihre Berufschancen zu ver- Willkür und Schikane. Mein Land, Heimat. Jedenfalls bin ich drüben größern. Ganze Landstriche sind bevölkerungsmäßig ausgedünnt. Die aufgewachsen und unzählige Erinnerungen an eine einigermaßen D-Mark kam für den Osten, dann der Euro, aber bis heute bekommen glückliche Kindheit und Jugendzeit knüpfen sich daran. Wie oft hat es Arbeitnehmer im Osten davon weniger als ihre Kollegen im Westen. meine Frau und mich genervt, wenn man uns als junges Paar bedau- Für mich kam 1998 die Anfrage von Willow Creek Deutschland, in erte, wo wir leben müssen und wie man unter solchen Umständen die Arbeit einzusteigen. Das hieß: berufsbedingt umziehen, von Ost Kinder in die Welt setzen und großziehen kann. Dabei war es der ein- nach West, von Thüringen ins benachbarte Hessen. Zwei Dinge fielen zige Ort, wo wir glücklich Familie sein konnten. Umso mehr sind wir uns gleich auf: Das innere Bild des „Erfolgs“-Typus hat die Menschen froh und dankbar für alle, die aus dem Westen Verbindung zu uns hier sehr geprägt. Zugespitzt formuliert: Man ist hier immer jung und hielten. schön, über Krankheit spricht man nicht. Das erfordert das gesell- Nicht vergessen sind bei allem die Auseinandersetzungen mit staat- schaftliche Bild. Man hat genug Geld um alles zu bezahlen, benötigt lich verordneter Propaganda und ihren Organen. Nicht vergessen sind keine Hilfe, ist auf niemanden angewiesen. Man hat das Leben jeder- die Jugendlichen, die uns offenbarten, in welcher staatlichen Mission zeit im Griff, Schwachheit kann man sich nicht leisten. Verrückt: Im sie sich in unsere Familie einfreundeten und unsere Jugendveranstal- normalen Leben verhält es sich ganz anders. Überall kämpfen Men- tungen besuchten. Meine „Akte“ macht mir immer wieder das Unrecht schen mit den Schattenseiten des Lebens, mit Entlassungen oder und den Machtmissbrauch deutlich, der zu unserem normalen Leben schwerer Krankheit. Und viele Menschen bleiben damit allein, gehen gehörte. Gut, dass dieses Kapitel Lebensgeschichte vorbei ist! freiwillig in eine innere Isolation. Dann wurde eine neue Seite aufgeschlagen. Mit der friedlichen Revo- Aber wir erleben es auch anders. Menschen sehnen sich nach Ge- lution, dem Mauerfall, dessen Verkündigung ich unmittelbar am Grenz- meinschaft, guter Nachbarschaft, aufrichtiger Freundschaft. Das hat übergang Berlin-Friedrichstraße miterlebte, der D-Mark und der Prokla- uns den Einstieg im Westen leicht gemacht. Klar, einen Vermieter, der mation der Einheit 1990 veränderte sich unser Land und unser Leben. sich über fünf Kinder freut, findet man nicht überall. Aber es gibt sie. Die Spuren der Geschichte verwischen langsam. Gut so, einerseits. Und tolle Nachbarn haben uns am Umzugstag mit Kuchen begrüßt Beide Seiten sind durch die jeweils andere reicher geworden. Neue und angeboten, die beiden Jüngsten mit zur Schule zu nehmen. Mittler- Möglichkeiten haben sich eröffnet. Wunderbare Landstriche im Osten weile ist ein schöner Kreis aus Nachbarn und Freunden gewachsen. Wir wie im Westen weiten den Erlebnishorizont. Neue Menschenschläge helfen uns gegenseitig. Wir feiern miteinander, unternehmen etwas und erstaunliche Dialekte ergänzen Sächsisch, Bayrisch, Schwäbisch gemeinsam. Manchmal beten wir auch zusammen. Und einer unserer und Hochdeutsch. Eine neue Identität entwickelt sich, wird durch Stu- Nachbarn muss hin und wieder nach Thüringen, berufsbedingt. dienplatzwahl, durch arbeitsmarktpolitische Strukturverschiebung und nicht zuletzt durch Bundesländer übergreifende Heiraten stärker. Karl-Heinz Zimmer ist Geschäftsführer von Willow Creek Prägender „Erfolgs“-Typus ohne Schwächen Deutschland/Schweiz. Er war nach der politischen Wende Vorsitzender des Arbeitskreises Jugend der Deutschen Evange- Andererseits möchte ich nicht vergessen, wo wir herkommen; nicht lischen Allianz, ist Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand, die Augen vor den Problemen verschließen, die die Einheit mit sich ge- im Aufsichtsrat der Evangelischen Allianzhaus Bad Blanken- bracht hat. Moderne Straßen gibt es jetzt im Osten, aber auf ihnen fährt burg gGmbH und Schatzmeister der Evangelischen Allianz Woche für Woche ein nicht enden wollender Strom von Arbeitnehmern

23 VORSITZENDENKOLUMNE Zeit zum Aufstehen – ach wirklich? Was die Allianz-Vorsitzenden bewegt Foto: Björn Kowalewsky

aben Sie schon gehört von „Zeit zum Aufstehen“? Müssten Sie Christen in diesem Land genauso individualisiert wie unsere gesamte eigentlich. Seitdem ein Kreis von zwölf Initiatoren die Initia- Gesellschaft. Htive im April dieses Jahres vorgestellt hat, war immer wieder Eine Unterschrift zu einer Initiative, deren Wortlaut vorgegeben darüber zu hören und zu lesen. Im EiNS-Magazin und in vielen ande- ist? Undenkbar. Und so unterschreiben Menschen, die weit über 90% ren Nachrichtenblättern und Magazinen. (Schauen Sie gleich mal des Inhalts absolut unterstützenswert finden, nicht, weil eine Formu- nach auf www.zeit-zum-aufstehen.de) lierung sie ärgert oder weil ein ihnen absolut wichtiges Thema (expli- Die Erfahrungen, die wir als Verantwortliche mit dieser Aktion bis- zit wurden uns genannt: Israel, messianische Juden, Geistesgaben, her gemacht haben, sind sehr eindrücklich und daran will ich Sie ein Nichtraucherschutz) nicht vorkommt. wenig teilhaben lassen. Andere unterschreiben nicht, weil sie den Inhalt eh für selbstver- Mein erster Eindruck dabei ist Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, ständlich halten, aber lieber nicht dafür aufstehen möchten. Könnte dass es zu dieser Initiative kam. Zwölf Personen, die an unterschied- ja falsch verstanden werden … licher Stelle im Bereich der evangelischen Kirche Verantwortung tra- Anderen ist dieses Papier viel zu lasch. Umkehr? Ja. Aber bitte vor gen, durchaus unterschiedliche Schwerpunkte und Beheimatungen allem die anderen. Möglichst morgen mit den Listen dem EKD-Kirchen- mitbringen, sind eins geworden. Eins in ihrem Verständnis des Evan- amt in Hannover die Türen einrennen. Die sind schuld und da hilft die- geliums, eins in ihrer Wahrnehmung von Kirche und Gesellschaft und ses „weichgespülte Warmduscherpapier“ (Originalton) nicht weiter. eins in der Erkenntnis dessen, was dran ist. Kurioserweise ist es anderen viel zu hart: Es redet nicht nur von Wer eint uns? Christus. Was eint uns? Die Sehnsucht nach einer „Aufstehen für“, sondern auch von „Aufstehen gegen“ und es klingt an geistlichen Erneuerung, nach einem geisterfüllten Aufbruch in un- einigen Stellen so, als ginge es um die bestens bekannten hermeneu- serem Land. Was eint uns? Der Schmerz über unser eigenes Versagen, tischen und sexualethischen Themen. Nein – danke. Das ist ein „Spal- unsere Glaubensschwäche, unsere eigene Müdigkeit und über – aus terpapier“ (Originalton). unserer Sicht – erkennbare Fehlentwicklungen in der Gesellschaft, in Merken Sie was? Es ist noch Einiges zu tun, bis Christus, mit dem den großen Volkskirchen und auch in den eher konservativen oder genau deshalb die erste These beginnt, wirklich in unserer Mitte ist, pietistischen Bewegungen. Was eint uns? Die Erkenntnis, dass es nicht uns miteinander verbindet, uns seine Liebe und seine Klarheit und um kurzlebige Aktionen, sondern um eine anhaltende, geistliche Be- Wahrheit schenkt. Wir sind als Initiatoren überzeugt, dass unser An- wegung geht, die Christenmenschen aus Landes- und Freikirchen, aus satz genau richtig ist und wir bleiben auf diesem Weg. Gemeinschaften und Werken miteinander verbindet. Und ich bitte Sie, im Namen aller Verantwortlichen: Stehen Sie mit uns auf, knien Sie mit uns nieder und beten und ringen Sie mit uns um „Warmduscher-“ oder „Spalterpapier“? eine geistliche Erneuerung in unserem Land – die bei uns selbst begin- Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben wir die Marke von 11.000 Un- nt, die uns verändert und dann unsere Kirchen und unsere Gesell- terzeichnern überschritten. Das ist gut, aber noch weit davon entfernt, schaft. Zu Gottes Ehre. eine relevante, in Kirche und Gesellschaft wahrgenommene Größe zu Herzlich grüßt Sie sein. Warum ist das so? Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel etwa 1,2 Millionen Menschen mit der Deutschen Evangelischen Allianz ver- Michael Diener bunden sind, warum ist die Unterschriftenzahl dann nicht viel höher? Vorsitzender der Evangelischen Allianz in Deutschland Mich überrascht diese etwas spröde Entwicklung nicht wirklich. Unter anderem deshalb wollen wir ja auch mit langem Atem bis zum Reformationsjubiläum 2017 unterwegs sein. Wir hoffen mit der Zeit ein grundlegendes Problem überwinden zu können: Wir sind als

24 EiNS September 2014 IN SACHEN Evangelische ALLIANZ „Habt die Fremden lieb?!“

AMIN veröffentlicht neue Broschüre zur Migrantenarbeit

s ist ein wichtiges Thema: In Deutschland leben heute mehr als kann die Broschüre auch als monatliches Gebetsheft benutzt werden. 15 Millionen Menschen mit Migrationshindergrund. In vielen Bemerkenswert ist außerdem, dass das Heft in Zusammenarbeit EGroßstädten kommen inzwischen mehr als die Hälfte der Kin- von AMIN mit AGiK Schweiz (Arbeitsgemeinschaft Interkulturell ) der unter 6 Jahren aus Migrantenfamilien. und AGIK Österreich ( Arbeitsgruppe Interkulturell ) erstellt wurde. Christen haben hier die Chance, die Liebe Jesu Christi – in Wort Diese arbeiten ebenfalls auf der Basis der Evangelischen Allianz. So und Tat – weiterzugeben an Menschen aus Ländern, die oft mit dem können jeweils interessante Projekte über die Ländergrenzen hinweg Evangelium noch unerreicht sind. Aus diesem Grund hat der Arbeits- vorgestellt werden. kreis Migration und Integration (AMIN) der Deutschen Evangelischen Die Broschüre ist gedacht als Ideen- und Gebetsheft für Einzelper- Allianz eine Broschüre herausgebracht: Sie enthält 30 Gebetsimpulse sonen, die Interesse an Migrantenarbeit haben; aber auch für Gemein- und praktische Beispiele zur gelebten Nächstenliebe. den, die für dieses wichtige Thema ein Herz haben. Nach einer biblischen Einleitung finden sich darin Praxisberichte Günter Korn aus den Bereichen natürliche Begegnungen mit Migranten, Flücht- linge, klassische Migranten und internationale Studenten. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie Mitarbeiter gewonnen, geschult und ver- Das Heft kann kostenlos bestellt werden bei [email protected]. netzt werden können. Ergänzend gibt es auf jeder Seite jeweils wei- Einen Download des Heftes gibt es unter www.amin-deutschland.de terführende Adressen und konkrete Gebetsanliegen. Auf diese Weise

25 TERMINE

September 2014 12.–14., Haus der Stille (Friedrichroda), 21., Großalmerode, Stadtkirche, 10 Uhr Imhof (Diak. Werk Bethanien Solingen), Thüringer Bibelschule mit Botho Heinz: Missionsfest des MFB (Missionswerk Frohe Info: www.hoffnung-fuer-dich.de Die Propheten des Alten Testaments, Info: Botschaft), Info: www.mfb-info.de 1., Uffenheim, Start des ersten Jahrgangs 11., Diakonissen-Mutterhaus Hensolts- www. TSS-EV.DE von Lebenstraum – Jahr der Orientierung 24.9.–1.10., Solingen-Merscheid, Freie ev. höhe, Gunzenhausen, IMPULSTAG (10 Monate), Info: www.dein-lebenstraum.com 12.–14., Dassel, Haus Solling, Tagung für Gemeinde, Feiertage-Ausstellung der „Was das Herz bewegt“, 1., 2. + 21., Hückeswagen, Detmold und Singles bis 40, Info: www.emwag.net Aktion: in jedes Haus, Info: 02195-9156-0, Info: www.marburger-medien.de ajh-info.de Mörlenbach, Missionsabende Südostasien, 13., Marburg, Bildungs- und Studien zentrums, 10.+11., Bad Liebenzell-Monbachtal, Info: www.ntmd.org Begleitende Seelsorge – Praxisseminar, 27., Albrecht-Bengel-Haus Tübingen, Veran- Kursleitertagung Stufen des Lebens, 1.–11., Marburg, Begegnungszentrum Info: www.mbs-akademie.de stalter: Die Apis, Biblischer Studientag Info: 07052 920884; [email protected] „Endzeit“, mit Pfr. Dr. Clemens Hägele, Sonneck, Frauenfreizeit: Unterwegssein, 11., Forum Wiedenest, Bergneustadt, 14., Bad Liebenzell, Herbstmissionsfest, Info: www.die-apis.de Info: [email protected] Info: www.liebenzell.org Wiede nester Konferenztag, mit Prof. Frankfurt am Main, Marburger 27., Kronberg-Forum Ewersbach, Jugend- Dr. Hans-Joachim Eckstein, Info: 5., 14., Hamburg-Wilhelmsburg, Lichtinsel, Bildungs- und Studienzentrum, missionsfestival, Info: 02774-93140, www.wiedenest.de Beringstraße 47, MoveIn-Inspirationstag, [email protected] Erlebnispädagogik – („Citybound“), Info: [email protected] 12.–17., Bad Windsheim, Landeskirchliche Info: www.mbs-akademie.de 27., NTM in Hückeswagen, chronoLOGISCH Gemeinschaft, Feiertage-Ausstellung der 14., Stadthalle Alsfeld, 10:30 Uhr EGHN- 5.–7., Westerwald, Christliches durch die Bibel: Tagesseminar, Info: Aktion: in jedes Haus, Info: 02195-9156-0, Fest „Zum Glück“ mit EC-Bundespfarrer Gästezentrum Rehe, Tagung für Singles, www.ntmd.org ajh-info.de Rudolf Westerheide, Info: www.eghn.de Info: www.emwag.net 28., 74889 Sinsheim-Buchenauerhof, DMG, 17+18., Kassel, Seminar „Das Gewissen in 15. (+11.11.) Online-Infoveranstaltung 5.–7., Hamburg, Initiative für Indien(CIfI)- Herbstmissionsfest, Info: www.dmgint.de Religion und Kultur“ (Klaus W. Müller), zu PROCHRIST LIVE 2015, Jubiläumskonferenz; mit Prof. Dr. Johannes Veranstalter: BFU, Info: www.bfu-online.org Info: www.prochrist.org/connect 28., SI-Meiswinkel, VMF-Herbst-Konferenz Reimer, Dr. Michael Eaton (Kenia), Dr. (Nord), Info: www.missionsfreunde.de 12.–26., Orte in Kärnten/Österreich, Gideon Jacob (Indien), Info: seminar@cifi .de, 15.–18., Engelskirchen, Bibelwochenkon fe- PROCHRIST LIVE mit Ulrich Parzany, www.cifi .de renz (7 Texte aus dem Matthäusevangelium), Info: www.prochrist-live.de mit Prof. Dr. Reinhard von Bendemann 5.9.–5.10., Hamburg, Missionsschule Oktober 2014 (Bochum), [email protected], 16.–19., Hartmannshof, Kinderbibeltage mit (Initiative für Indien), Info: seminar@cifi .de, www.a-m-d.de/tagungen-und-termine/index.htm 3., Hildesheim (Gymnasium Andreanum), Annett Stenke, Info: www.dzm.de www.cifi .de Kreismissionstag FeG Niedersachen-Süd, 17.–28., Haiger-Fellerdilln, dzm-Gemeinde- 17.–19., Neckarzimmern, Api-Minibibel- 7.–11.09., Burbach-Holzhausen, Israeltage Info: 02774-93140, [email protected] zelttage, Info: www.dzm.de schule, Info: www.api-jugend.de mit Mathias Lauer, Info: www.dzm.de 3., Heilbronn, Konferenz des 19.–21., Cuxhaven, Dünenhof, Wochenende 18., Aidlingen, Diakonissenmutterhaus, 9., Forum Schönblick, Schwäbisch Gmünd, Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes, für Singles, Info: www.emwag.net Tag der offenen Tür, Info: Forumstag Generation plus, Info: www. Info: www.liebenzell.org www.diakonissenmutterhaus-aidlingen.de schoenblick.de 20., Berlin, Marsch für das Leben 2014 5.–10., CONGRESS Schladming, Österreich, (Bundesverband Lebensrecht e. V.), 19., Liederhalle Stuttgart, Christustreff, 9.–12., Hamburg, Kulturtraining (Einführung PROCHRIST LIVE mit Ulrich Parzany, Info: 030-64494039, Jahreskonferenz, Info: www.christusbund.de in die Kulturelle Anthropologie), mit Prof. Info: www.prochrist-live.de www.marsch-fuer-das-leben.de 20., Hülben, Kirchweihmontagskonferenz, Dr. Lothar Käser, Info: seminar@cifi .de, 6., 7.+19., Hückeswagen, Detmold, Info: www.die-apis.de www.cifi .de 20., Bad Liebenzell, eXchange (EC-Jugend- Mörlenbach, Missionsabende zu Senegal, missionstreffen), Info: www.liebenzell.org 20.–25., Marburg, Begegnungszentrum 12.+13., Hamburg, Seminar „Das Gewissen Info: www.ntmd.org Sonneck, Schülerinnen- und Schülerfreizeit, in Religion und Kultur“ (Klaus W. Müller), 20., Forum Wiedenest, 51702 Bergneu- 7., Ahnatal, Ev. Gemeinschaft, Symposium Info: [email protected] Veranstalter: BFU, Info: www.bfu-online.org stadt, Konferenztag für junge Frauen mit „Sexuelle Gewalt in Einrichtungen“, Info: Bianca Olthoff, Info: www.wiedenest.de www.weisses-kreuz.de 22.–26., Wesel, Kinderbibeltage, 12.+13., Halle/Westfalen, Seminar Info: www.dzm.de „Bedeutung des Alten Testaments“ (Dr. 20., Schorndorf, Versöhnungskirche, 10 Uhr 9.–12., Hattingen, Haus Friede, Tagung Julius Steinberg), Veranstalter: BFU, Info, Gebets- und Informationstag der Ev. Arbeitsgemeinschaft Christlicher 23., Herrenberg, Forumstag Generation www.bfu-online.org Karmelmission, Info: [email protected] Lebenshilfen (ACL), mit Pastor Otto plus, Info: 07052 920884; [email protected] TERMINE

23.–26., Hohenstein-Ernstthal, 8., Marburg, Marburger Bildungs- und 13., Aue, Diakonissenhaus ZION, Gedenk- 22., Holzgerlingen, SCM Shop IMPULSTAG Evangelisation mit Wolfgang Putschky, Studienzentrum, Tages- und Abendseminar feier für Angehörige von Verstorbenen, „Die Menschen besser verstehen“, Info: www.dzm.de – Anbetung und Lobpreis leiten mit Guido die durch die ehrenamtlichen Hospizhelfer Info: [email protected], 25.+26., Pfalzgrafenweiler, GET TOGETHER – Baltes, Info: www.mbs-akademie.de begleitet wurden, Info: www.zion.de 07062-9793417 für Teens ab 13, Info: www.cav-ev.de, 8.–13., Nordwestuckermark, Bibeltage mit 15., Marienheide, Evangelische Kirche, 22., Braunschweig, Friedenskirche, AMIN 07053 1388 Mathias Lauer, Info: www.dzm.de AMIN Regionalkonferenz NRW, Info: 0231 Regionalkonferenz, Info: 0531 885 3957, 48923, [email protected] [email protected] 26.–30., Mosbach, OM-Deetken-Mühle, 8.–24., Löhne, Bibelpark, Feiertage- Einführungsseminar in die Mission, Info: Ausstellung der Aktion: in jedes Haus, 17., Freie Theologische Hochschule Gießen, 23.–29., Nähe von Braunschweig, [email protected] Info: 02195 9156-0, ajh-info.de Blockvorlesung „Pneumatologie“ mit Prof. Islamseminar, Info: [email protected] Dr. Eberhard Hahn (weitere Veranstaltungen: 9., Wilnsdorf-Wilden, Missions- und 28.–30., Neukirchen/Knüll, Marburger 14+12. Jan. 15: 11:10–13:00+14:10–17 November 2014 Freundestag, Open Air Campaigners (OAC) Bildungs- und Studienzentrums, Uhr/18. Nov.+13. Jan. 15: 14:10–16 Uhr), statt. Info: www.oac-d.de Einkehrtage mit Fossi Bäumer, Info: 1., Güstrow, Bürgersaal, Sonnestr. 1, Tag Info: www.fthgiessen.de, [email protected] www.mbs-akademie.de missionarischer Impulse mit Ulrich Parzany, 11.–14., Heiliggeistkirche Frankfurt a.M., 20.–23., Marburg, Begegnungszentrum Info: 03843 682540 PROCHRIST LIVE mit Dr. Roland Werner, 28.–30., Elbingerode, Diakonissen-Mutter- Sonneck, Bibel für jedermann, Info: www.prochrist-live.de haus, Adventskonferenz „Was das Herz 1., Porsche-Arena Stuttgart, Landesgemein- Info: [email protected] bewegt“, mit der Stiftung Marburger schaftskonferenz (Die Apis) mit Landesbi- 14.–16., Bad Nauheim, „3x voll das leben“, 21.+22., Basel, Seminar „Hebräerbrief“ Medien, Jürgen Mette, Carmen schof Frank O. July und Präses Dr. Michael Info: www.dzm.de (Prof. Dr. Helmuth Egelkraut), Veranstalter: Schirrmacher, Karin Böhm, Info: Diener, Info: www.die-apis.de 13.–16., Haus der Stille (Friedrichroda), BFU, Info: www.bfu-online.org 039454/8-0, [email protected] 2., Aue, Diakonissenhaus ZION, Diakonissen- Thüringer Bibelschule mit Dr. Rainer jubiläum, Infos: www.zion.de Ebling: Ekklesiologie I (Gemeinde: Herbst im Evangelischen Allianzhaus 3., 4.+16., Hückeswagen, Detmold, Mörlen- Charakter & Mission), Ekklesiologie II bach, Missionsabende zu Papua-Neuguinea, (Gemeinde heute), Info: www.TSS-EV.DE 7.–14.9. „Auf den Spuren von Martin Luther“, Studien- und Erlebnistagung mit Info: www.ntmd.org 15., Kassel, Lebensrecht-Forum des Netzwerks Dr. Christoph Morgner 6., Freie Theologische Hochschule Gießen, „Treffen Christlicher Lebensrecht-Gruppen“, 14.–19.9. Wanderfreizeit mit Ulrich und Sigrid Materne Gießen, Blockvorlesung „Kulturanthropologie“ Info: 030 52139939, www.tclrg.de 19.–21.9. Seminar „Verkündigend schreiben“ mit Egmond Prill mit Prof. Dr. Lothar Käser (weitere Veran- 15., Forum Wiedenest, Bergneustadt, 26.–30.9. Allianzwerkstatt: Seminar „Mentoring. Menschen beziehungsstark begleiten“, staltungen: 20. Nov.+22. Jan. 15: Männertag, Info: www.wiedenest.de mit Elisabeth und Matthias Knoth 14:10– 17 Uhr/7.+21. Nov.+23. Jan. 15: 5.–10.10. GrenzERfahrungen in Ost und West – Seminar 25 Jahre nach der Grenzöffnung 14:10–16 Uhr), Info: www.fthgiessen.de, 15., Ulm/Amstetten, Ev. Kirchengemeinde [email protected] Amstetten-Friedenskirche, IMPULSTAG 5.–12.10. Bibeltage mit Margitta Rosenbaum, Hiltgund Specka und Pfr. Niki Schönherr „Die Menschen besser verstehen“, 30.10.–2.11. „Weißt du noch …? Wochenende für alle, die sich in Bad Blankenburg 7.–9., Mosbach, OM-Deetken-Mühle, Info: [email protected], liebengelernt haben gemeinsame Konferenz von Frontiers – 07062 9793417 OM Deutschland – ReachAcross – WEC – 3.–7.11. Älter werden – ohne „alt“ zu sein – Studienwoche mit Dr. Christoph Morgner für alle, die Muslime mit Jesus bekannt 15., Schorndorf, Versöhnungskirche, 7.–9.11. Tagung zum 25. Jahrestag des Mauerfalls – mit Dr. Christoph Morgner, Harald machen wollen, Info: [email protected], 10 Uhr Gebets- und Informationstag, Bretschneider, Ludwig Große, Helmut Matthies u.a. [email protected] Ev. Karmelmission, Info: [email protected] 14.–16.11. Werkkurs „Biblische Figuren“ – Biblische Geschichten greifbar darstellen, 8., Forum Wiedenest, Bergneustadt, Wie- 15., Kassel, CVJM Tagungshaus, AMIN mit Jana Zimmermann denester Seelsorgekonferenz, mit Dr. Hein- Regionalkonferenz Hessen, Info: 0176 16.–20.11. Stille Tage mit Bernd und Marieluise Bierbaum rich Christian Rust, Info: www.wiedenest.de 48282980, [email protected] 19.-21.11. Seminar „Was Leiter heute brauchen“ mit Elisabeth und Matthias Knoth 8., Ilsfeld, Johann-Geyling-Haus, IMPULS- 15.+16., Schönblick, Schwäbisch Gmünd, BESONDERES ANGEBOT IN DER ADVENTSZEIT TAG „Die Menschen besser verstehen“, Bibelkolleg der Apis, Thema: Gender-Main- 1.–22.12.2014 „Advent im Allianzhaus“ streaming und das christliche Menschen bild Info: [email protected], www.allianzhaus.de 07062 9793417 von Mann und Frau, Info: www.bibelkolleg.de

27 DER ALLIANZHAUSDIREKTOR BERICHTET

Alles wird gut – immer noch? Bericht aus Bad Blankenburg Foto: DEA

ie 119. Allianzkonferenz ist Geschichte. Eine gute Geschichte, Kulturbühne nebenan, am Rande der Schwarza, ihre Kunstfertig- wie ich fi nde. Natürlich war nicht alles gut. Es gab auch Pro- keiten demonstrierten. Ein Gebetskonzert führte am Samstagabend in Dbleme, zum Beispiel … – nein, die Probleme waren nicht so die Stille, hinein in den Sonntag. Eva-Maria Admiral & Eric Wehrlin groß, dass man sie hier erwähnen müsste. Viel wichtiger war und beleuchteten mit ihrem Theaterstück „Adam und Eva“ das Thema. bleibt: Gottes Wort wurde verkündigt. Menschen mit und ohne Bezie- Arno Backhaus präsentierte in der Stadthalle Texte mit Witz und Tief- hung zu Gott haben es gehört und reagiert. Menschen haben zueinan- gang, und Janina Hüttenrauch ihren neuen Film: „Jeder Tag zählt“ – der gefunden und frohe, gesegnete Gemeinschaft erlebt. Und Men- der Hauptdarsteller, Gospelmusiker Chris Lass, war gleich mit dabei. schen haben nach fünf bis fünfzehn Tagen Bad Blankenburg verlassen Überall klang immer wieder, ganz unterschiedlich, die Botschaft und die Erlebnisse und die Botschaft mitgenommen: Alles wird gut. durch: Alles wird gut – um Gottes Willen: weil er es will, weil er am Natürlich wissen alle: Hier, in unserer Welt, wird nicht alles gut. Wirken ist. Gottes Wirken vor 25 Jahren und bis heute stand im Mittel- Aber vieles wird besser, wenn Menschen dem Wort Gottes folgen und punkt einer besonderen Veranstaltung auf dem Bad Blankenburger sich von der Liebe Gottes durchdringen lassen. Wer Versöhnung mit Marktplatz. Manfred Kern, der 1989 als Generalsekretär Verantwor- Gott erlebt hat, kann Versöhnung mit Menschen leben. Wer versöhnt tung für die Allianzarbeit in der DDR trug und Harald Bretschneider, lebt, verändert die Welt. Das ist eine der Botschaften dieser Allianz- der damals mit dem Abzeichen „Schwerter zu Pfl ugscharen“ als säch- konferenz. Ich bin gespannt, was wir noch davon hören werden! sischer Landesjugendpfarrer über Sachsen hinaus wirksam wurde, er- Neben den 16 Bibelarbeiten von beeindruckenden, begeisternden innerten an die letzten Monate in der DDR. Mareike Ivens, Leiterin der Christinnen und Christen zu Texten aus dem 1. Buch Mose, die die Jungen Gemeinde in Bad Blankenburg, sprach als Vertreterin einer neu- Konferenzgemeinde bewegten, zogen zahlreiche Seminar- und Brenn- en Generation; durch sie und Tobias Renker aus Franken („Gemeinsam punkt-Veranstaltungen und die internationalen Gäste die Aufmerk- Beten & Bewegen“) kam das Wirken Gottes heute zur Sprache. samkeit auf sich. Ich vermag nicht zu sagen, was spannender war: Der Deshalb wird alles gut – vieles schon heute, alles in Gottes Zukunft beeindruckende Bericht von Dr. Kamphone aus Laos, die missiona- mit uns. Gern nutze ich die Gelegenheit und sage zuerst Gott, aber rische Vision von Loren Cunningham aus Hawaii oder die vertrau- auch allen Menschen, die mitgeholfen haben, dass die 119. Allianz- lichen Gespräche zwischen Christen aus Russland und der Ukraine. konferenz gut wurde – ganz, ganz herzlichen Dank! Immer wieder bewegt mich auch die Begegnung mit Christen aus an- www.facebook.com/DeutscheEvangelischeAllianz deren ehemaligen Sowjetrepubliken. Diesmal waren Kasachstan, Kir- www.facebook.com/pages/Evangelisches-Allianzhaus-gGmbh-Bad- gisien, Tadschikistan und Aserbaidschan vertreten. Insgesamt waren Blankenburg Gäste aus 15 Nationen in Bad Blankenburg versammelt!

Weil Gott wirkt Die Vielfalt von Brennpunkten und Seminaren wurde gelobt – und Thomas Günzel ist Direktor des Evangelischen Allianzhauses. auch getadelt. Denn es fi el schwer, sich zu entscheiden. Natürlich zog In seiner EiNS-Kolumne schreibt er über aktuelle ein Politiker wie viele Gäste an. Thematisch passten Entwicklungen und Ereignisse in Bad Blankenburg. besonders die Beiträge von Prof. Dr. Ulrich Giesekus, der das „Famili- enthema“ Josef in alltäglich-aktuelle Situationen übersetzte. Musikalisch begeisterten Manfred Siebald und Johnson Grass. Oder andere Künstler, die in der Stadthalle und – ganz neu – auf der

28 EiNS September 2014 MAGAZIN

ALLIANZ- TICKER Foto: DEA Blick in die Konferenzhalle Foto: DEA Foto: DEA, Mathias Creutzberg Pößneck Ministerpräsidentin Lieberknecht bei der Eröffnung Volker Kauder (4. v. l.), Hartmut Steeb (l.) mit Konferenzgästen aus Kirgisien, Kasachstan und 119. Allianzkonferenz: Täglich aus der Vergebung leben! Tadschikistan Kauder für breite Debatte Mit einem Appell, jeden Tag aus der Vergebung mas Günzel war das Interesse an der Konfe- Gottes zu leben, ist die diesjährige Allianzkon- renz dieses Mal stärker als im Vorjahr: 2.400 über den Wert des Lebens ferenz in Bad Blankenburg zu Ende gegangen. Teilnehmer hatten sich angemeldet; 400 mehr Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestags- Die fünftägige Konferenz zählte in diesem Jahr als 2013. Hinzu kamen rund 300 Tagesgäste. fraktion, Volker Kauder, mahnte während der rund 2.700 Teilnehmer aus 15 Ländern. Der Die Hälfte der Gäste sei jünger als 30 Jahre Konferenz eine breite gesellschaftliche Dis- Allianzvorsitzende Michael Diener bezeichnete gewesen. Für sie gab es diesmal besonders kussion über den Wert des Lebens und das im Schlussgottesdienst der 119. Konferenz die viele Angebote in Seminaren und Brennpunk- Thema Sterbehilfe an. Nach seinen Worten Vergebung als das größte Geschenk Gottes an ten. Günzel: „Wir wollen eine junge Konfe- haben die meisten Menschen Angst vor dem die Menschen: „Vergebung ist das Brot für un- renz bleiben.“ Großes Interesse herrschte in Weg zum Tod und davor, dass sie das Sterben sere Seele.“ Einen zentralen Grund dafür, dass diesem Jahr an den Seelsorgeangeboten. Etwa nicht aushalten könnten. Sie wollten die Si- in Deutschland das Christentum stagniere, 15 Seelsorger standen jeden Tag für Ge- cherheit, auf dem letzten Weg nicht allein und sieht Diener darin, „dass wir in diesem Land zu spräche zur Verfügung. Günzel wünscht sich, der Apparatemedizin überlassen zu sein. Auf wenig aus der Vergebung leben.“ Wenn dies dass die Teilnehmer als „Hoffnungsbringer“ den Gebieten der Palliativmedizin und der geschähe, wäre die christliche Gemeinde „eine an ihre Heimatorte zurückkehrten. Hospizbewegung müsse noch mehr getan Kontrastgesellschaft“. Diener ermutigte dazu, werden: „Es darf nicht sein, dass Menschen den ersten Schritt zu machen und auch dann zu Thüringer Ministerpräsidentin: bei den heutigen medizinischen Möglich- vergeben, wenn der andere nicht darum bitte. „Sie gehören zu den Mutmachern“ keiten noch qualvoll leiden und sterben.“ Das Sonst werde das Herz hart. Die Ministerpräsidentin des Freistaats Thürin- Leben sei ein Geschenk Gottes, das man nicht Nach Angaben von Allianzhaus-Direktor Tho- gen, Christine Lieberknecht (CDU), würdigte einfach zurückgeben könne. Die CDU setze das Engagement der Deutschen Evangelischen sich für ein Verbot organisierter Sterbehilfe Allianz (DEA). „Sie gehören zu denen, die ein. Rüstzeug geben können, zu den Mutmachern, In einem Gottesdienst ging Kauder auf die die zeigen, wie man durchs Leben geht“, sagte Lage verfolgter Christen ein. Noch nie sei die sie zur Eröffnung der Konferenz. Gerade in Situation der Christen in vielen Teilen der einer Umwelt, die „unmusikalisch“ geworden Welt so dramatisch gewesen wie heute. Die sei gegenüber Glaubensinhalten, sei es wich- nordirakische Stadt Mossul, über 1.800 Jahre tig, dass Christen sich klar zu Wort meldeten. Zentrum des Christentums im Irak, sei inzwi- Lieberknecht begrüßte den Einsatz der DEA schen eine „christenfreie Zone“. Die Terror- für den Lebensschutz – vom Anfang bis zum gruppe „Islamischer Staat“ (IS) hatte die Ende: „Da weiß ich mich bei Ihnen in guter Christen vor die Wahl gestellt, entweder zum Gesellschaft.“ Islam überzutreten oder Schutzzölle zu zah- Bad Blankenburgs Bürgermeister Frank Per- len. Sollten sie beides ablehnen, würden sie sike (Die Linke) grüßte die Teilnehmer der getötet. In Syrien würden Christen bedrängt, Konferenz im Namen der Stadt. Er freue sich, verfolgt und ermordet. Auch in vielen anderen dass jedes Jahr so viele Menschen kämen: Teilen der Welt litten Christen. Kauder ermu- „Die Allianzkonferenz gehört zu Bad Blanken- tigte zur Fürbitte: „Betet für die Verfolgten!“

Foto: DEA, Bernd Oettinghaus burg.“ – STOPP –

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Allianz- Ticker Foto: DEA, Bretschneider Foto: DEA, Bernd Oettinghaus Kundgebung auf dem Marktplatz Am Mikrofon: Michael Diener Allianzkonferenz erinnert an die Friedliche Revolution von 1989

„Die seidenen Fäden Gottes sind stärker als alle Stricke der Dikta- Nach seiner Überzeugung verhilft Gottes Wort zu allen Zeiten zu tur.“ Das sagte Manfred Kern, lange Jahre Vorsitzender der Evange- einer gesunden Distanz zu aktuellen gegenwärtigen Problemen lischen Allianz in der DDR, anlässlich der Kundgebung „Kerzen und und eröffne neue Perspektiven. Bretschneider warnte vor einer Gebete“ im Rahmen der diesjährigen Allianzkonferenz. Zu der Vergötterung der Wirtschaft. So seien Waffenexporte, die den Kundgebung, die an die Friedliche Revolution vor 25 Jahren erin- Wohlstand hierzulande beförderten, unbedingt kritisch zu hinter- nerte, hatten sich rund 700 Teilnehmer auf dem Marktplatz in Bad fragen. Blankenburg versammelt. Nach Kerns Worten war die Allianzkon- Der Leiter der Gebetsarbeit der Evangelischen Allianz in Frankfurt ferenz zu DDR-Zeiten „ein Ort der Freiheit mitten in einem Land, in am Main, Bernd Oettinghaus, bat um Vergebung dafür, dass die dem es sich die Staatsgewalt anmaßte, über alle Bereiche des Men- Bürger im Westen zu Zeiten der deutschen Teilung vielfach gleich- schen zu bestimmen“. Harald Bretschneider, langjähriger säch- gültig gewesen seien gegenüber den Menschen in der DDR. Von sischer Landesjugendpfarrer und Oberlandeskirchenrat, bezeichne- den Christen dort könne die gesamte Kirche lernen, mit dem Evan- te die Ereignisse von 1989 als Ausdruck der Güte Gottes. Auf eine gelium gegen die Mehrheitsmeinung aufzustehen und dafür auch Revolution der Kerzen und Gebete sei die DDR-Führung nicht vor- Nachteile in Kauf zu nehmen. Die Lüdenscheider Pfarrerin Monika bereitet gewesen, erklärte der Initiator der Aktion „Schwerter zu Deitenbeck-Goseberg sagte, sie verbeuge sich vor den Christen im Pflugscharen“ bei der Kundgebung. Die Kirchengemeinden seien Osten Deutschlands: „Ihr seid mir Vorbilder, denn ihr habt die ein „Übungsfeld für die Demokratie“ gewesen. Friedliche Revolution riskiert.“ – STOPP –

Mainzer Aktionstag: „Geschenkt“

Weil sie selber durch Jesus Christus beschenkt sind, haben Chris- spürbar gemacht. Und offenbar ist die Botschaft der „Geschenkt“- ten aus der Evangelischen Allianz Mainz den Aktionstag „Ge- Aktion angekommen: Bei hohen Temperaturen über 30 Grad gab schenkt“ organisiert – um damit ein wenig von der Liebe Gottes es besonders auf die Wasserbecher positive Reaktionen, berich- an Menschen in der Stadt weiterzugeben. Die Bilanz des Aktions- tet Alfons Schwiderski, Koordinator der Verteilaktionen. Auch tages am 19. Juli liest sich in Zahlen so: 1.300 Rosen, 500 Bana- sonst zeigten die Mainzer sich dankbar für die unerwarteten Ge- nen, 400 Becher Wasser, 200 Becher Kaffee und 80 Stück schenke. Und sie nahmen interessiert zur Kenntnis, dass Christen Kuchen, dazu ein Sommerfest für rund 50 Flüchtlinge und ein aus unterschiedlichen Mainzer Gemeinden hier gemeinsam ein Ausflug mit 18 Senioren. Die etwa 75 ehrenamtlichen Mitarbei- Zeichen gesetzt haben. – STOPP – ter haben damit Zeichen der Liebe Gottes sichtbar, greifbar und Fotos: Ev. Allianz Mainz Aktionstag, öffentlich vorgestellt Aktionstag: Ausflug mit Senioren

30 EiNS September 2014 MAGAZIN

„gut zu (er)tragen?“ – Christen für menschenwürdige Mode

Die Micha-Initiative in Deutschland setzt sich mit der Kampagne nur knapp zum Überleben. „gut zu (er)tragen?“ fordert von der Po- „gut zu (er)tragen?“ im September und Oktober 2014 für bessere litik unter anderem die Erarbeitung eines deutschen Aktionsplanes Arbeitsbedingungen in der internationalen Textilindustrie ein. Hö- zu Wirtschaft und Menschenrechten. Auch existenzsichernde Löh- hepunkt ist eine Aktionswoche vom 13. bis 19. Oktober. Gemeinden ne und die Einhaltung von Sozialstandards werden eingefordert. sind eingeladen, sich an Politiker zu wenden, die Aktion „Gesprächs- Die Micha-Initiative, in Deutschland ein Arbeitszweig der Deut- Stoff“ durchzuführen und Informationsabende, Kleidertauschpartys schen Evangelischen Allianz, ist eine globale christliche Bewegung, oder Gottesdienste zu organisieren. die sich für die UN-Millenniumsziele engagiert, die unter anderem Obwohl etwa in Bangladesch viele Näherinnen immer wieder bis zu menschenwürdigere Arbeitsbedingungen schaffen wollen (Info: 90 Stunden pro Woche arbeiten müssen, reichen ihre Löhne meist gutzutragen.de.). – STOPP –

Gebet für Schulen und Kinder Europäische Generalsekretäre: Die Lausanner Bewegung in Deutschland hat in einer aktuellen Erklä- Treffen in Brüssel rung die Christen in Deutschland dazu aufgerufen, mehr für Kinder und Familien zu beten. Gemeinden sollten besonders den PrayDay, den Ge- Am 12. Juni trafen sich in Brüssel auf betstag der Studentenmission in Deutschland (SMD) für Schulen, am Einladung des Europäischen General- 18. November unterstützen. In ihrem Aufruf sprechen sich die Gebets- sekretärs zum ersten Mal die General- bewegungen des „Runden Tischs Gebet“ der Lausanner Bewegung in sekretäre der sechs größten nationalen Deutschland dafür aus, sich neu für die Förderung des Gebets in und für Evangelischen Allianzen in Europa. Familien einzusetzen: „Wir rufen dazu auf, in diesem Jahr am PrayDay Zentrales Thema war der Austausch neu als Gemeinden im Land geistliche Verantwortung für die Kinder in über die künftige Ausrichtung der Eu- unseren Orten zu übernehmen und für die Entwicklung und Bildung ropäischen Evangelischen Allianz, der Kinder und Jugendlichen zu beten.“ Jede Gemeinde könne für eine auch im Blick auf kommende poli- Christel Ngnambi, Schule in ihrer Nachbarschaft eine Patenschaft übernehmen und für die tische Herausforderungen. Die Teil- Repräsentant der Schüler und Lehrer beten: „Gott kann unser Land, unsere Schulen und nehmer unternahmen während des Europäischen Evan- Familien prägen und verändern.“ Jürgen Schmidt, evangelischer The- Treffens eine kurze Erkundungstour gelischen Allianz in Brüssel ologe und Leiter der durch das „Europaviertel“. – STOPP – Schüler-SMD, ermun- tert: „Schüler wie Leh- rer brauchen Gebet für die täglich neuen Herausforderungen im Lebensraum Schu-

le.“ Der SMD-Arbeits- Fotos: Europäische Ev. Allianz zweig initiiert seit 15 v. l.: Clement Diedrichs/Frankreich, Jaume Llenas/Spanien, Hart- Jahren den PrayDay. mut Steeb/Deutschland, Thomas Bucher/Europäischer Generalsekretär, Steve Clifford/Großbritannien, Jan Wessels/ – STOPP – Niederlande, Marc Jost/Schweiz

31 Allianz- Ticker

Gemeinsam Glauben – Miteinander Handeln Foto: Wikimedia Impressum EiNS – Das Magazin der Missionarischer Gemeindekongress 2017 in Berlin Evangelischen Allianz Deutschland Herausgeber: Deutsche Evangelische Allianz Eine breite Koalition aus Kirchen, Freikirchen, Werken und Verbänden plant für März 2017 Evangelisches Allianzhaus Esplanade 5–10a einen Ermutigungskongress in Berlin. Im März des Reformationsjahres sollen vom 23. bis 07422 Bad Blankenburg Tel. (0367 41) 24 24, Fax (03 67 41) 32 12 25.März das Evangelium und die Gesellschaft miteinander ins Gespräch kommen. Der Kon- eMail: [email protected], www.ead.de gress will Christen ermutigen, Christus in ihrer Welt zu bezeugen. Die bisher geplanten Pro- Vorsitzender: Dr. Michael Diener Generalsekretär: Hartmut Steeb gramm-Schwerpunkte sehen einen Kongress-Tag mit Begegnungen und Dialogen in Berlin Weitere Mitglieder des Geschäftsführenden („church to go“), Besuche der Kongress-Teilnehmer in Berliner Gemeinden und missionarische Vorstandes: Maike Sachs, Reinhard Spincke, Ekkehart Vetter, Jürgen Werth, Siegfried Projekte in der Metropole vor. Die Veranstalter erwarten einen Aufbruch für und hin zu den Winkler, Karl-Heinz Zimmer Menschen: Der Impuls der Reformation fordert Gemeinden heraus, von Jesus zu erzählen und Weitere Mitglieder des Hauptvorstandes: Dr. Horst Afflerbach, Richard Aidoo, Ralf das Evangelium mit dem Leben sichtbar zu machen. Träger des Kongresses ist die Koalition für Albrecht, Wolfgang Baake, Frank Bauer, Evangelisation, ein Netzwerk missionarischer Akteure aus der Arbeitsgemeinschaft Missiona- Dr. Erhard Berneburg, Prof. Johannes Berthold, Christiane Bladt, Emanuel Brandt, rische Dienste, der Evangelischen Allianz und der Freikirchen. Vorsitzende sind Oberkirchen- Dr. Christian Brenner, Henning Dobers, Dr. Joachim Drechsel, Peter Dück, Ulrich Eggers, rat Erhard Berneburg, Missionsleiter Erhard Michel und Generalsekretär Hartmut Steeb. – STOPP – Astrid Eichler, Regina Gaßmann, Frank Heinrich MdB, Dr. Rolf Hille, Ansgar Hörsting, Reinhard Holmer, Dr. Stephan Holthaus, Karsten Hüttmann, Ralf Kaemper, Daniela Knauz, Gudrun Lindner, Konstantin Mascher, Helmut Matthies, Dr. Johann Matthies, Christian Evangelische Allianz tritt Völkermord Meischner, Jürgen Mette, Johannes Möller, Friedbert Neese, Alfred Preuß, Klaus Ulrich und Flüchtlingselend im Irak entgegen Ruof, Andreas Schäfer, Prof. Dr. Christine Schirrmacher, Theo Schneider, Simon Schuh, Gudrun Siebert, Hans-Martin Stäbler, In einem Rundschreiben an die Verantwortlichen der rund 1.100 örtlichen Allianzen ruft die Christoph Stiba, Prof Dr. Wolfgang Stock, Deutsche Evangelische Allianz seit Mitte August zu Spenden und Unterstützung für die Hilfs- Frieder Trommer, Hans Joachim Vieweger, Peter Wenz, Andreas Wenzel, Frieder Weinhold, organisationen auf. „Die Nachrichten über den Völkermord und das Flüchtlingselend im Irak Gaby Wentland, Dr. Roland Werner, machen uns fast sprach- und fassungslos. Wir haben in den letzten Tagen manche Zuschriften Harold Wild, Birgit Winterhoff, Erhart Zeiser Geld- und Sachspenden können bis zur mit uns verbundener Hilfsorganisationen bekommen, die ihrerseits Hilfe brauchen, um Un- Höhe von 20% vom steuerpflichtigen terstützung leisten zu können“, schreibt Generalsekretär Hartmut Steeb. Es sei gut, dass auch Einkommen abgesetzt werden. Entsprechende Bescheinigungen werden viele säkulare und kirchliche Organisationen Hilferufe und Bitten um Unterstützung in die Ihnen unaufgefordert zugesandt. Spendenkonto: Öffentlichkeit geben. Die Deutsche Evangelische Allianz arbeitet mit vielen kleineren christ- Bankverbindung Evangelische lichen Werken zusammen. Für diejenigen, die oft selbst nicht über große Mittel zur Öffent- Kreditgenossenschaft BLZ: 520 604 10, Konto: 416 800 lichkeitsarbeit verfügen, sammle die Deutsche Evangelische Allianz gerne Spenden und Kol- IBAN: DE87 5206 0410 0000 4168 00 BIC: GENODEF1EK1 lekten. Man werde sie nach Bedarf dort hingeben, „wo die Not am größten“ erscheine. – STOPP – Verlag: Bundes-Verlag GmbH, Witten Postfach 40 65, 58426 Witten Telefon (0 23 02) 9 30 93-0 Telefax (0 23 02) 9 30 93-6 89 eMail: [email protected] Geschäftsführung: Ulrich Eggers Welt-Allianz würdigt Vergebungsbitte des Papstes Redaktion: Jörg Podworny (Leitung), Ralf Kaemper, Hartmut Steeb, Als ein „starkes Signal für die Welt“ hat Geoff Tunniclif- Dr. Christian Brenner, Alfred Preuß Bodenborn 43 · 58452 Witten fe, Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Alli- Telefon (02302) 93093895 Telefax (02302) 93093899 anz, den Besuch von Papst Franziskus bei einer Pfingst- eMail: [email protected] gemeinde in Caserta bei Neapel Ende Juli gewürdigt. Anzeigenverwaltung: Jürgen Bublitz Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hatte Bundes-Verlag Marketing & Anzeigen Postfach 40 65, 58426 Witten daran erinnert, dass Katholiken an diskriminierenden Telefon (0 23 02) 9 30 93-6 44 Gesetzen gegen Evangelikale beteiligt gewesen seien eMail: [email protected] Layout & PrePress: JoussenKarliczek GmbH, und bat als „Hirte der Katholiken“ um Vergebung. Ge- Schorndorf, www.joussenkarliczek.de genüber Radio Vatikan bezeichnete Tunnicliffe das als Druck und Vertrieb: Westermann Druck, Braunschweig „sehr biblisch“ und der Botschaft Jesu entsprechend. Er Auflage: 24.000 fügte hinzu: „In der Geschichte gab es Situationen, in Adressenänderungen: denen protestantische Christen, auch Evangelikale, Ka- Bitte direkt an die Deutsche Evangelische Allianz, Adresse siehe oben. tholiken diskriminiert haben. Wir können theologisch Das Magazin wird gegen Spende abgegeben verschiedener Meinung sein, aber das darf niemals zu bzw. der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten (Einzelpreis: EUR 3,–). Diskriminierungen oder sogar zur Verfolgung des ande- Bildnachweise: Titel: andrey-fo/

ren führen. Wir müssen alle unsere Sünden anerkennen Foto: Wikimedia photocase.com; Hinweise direkt bei den und uns gegenseitig um Vergebung bitten. Papst Fran- Bildern; alles andere: privat oder Ev. Allianz. Textnachweis: Quellen S. 22 + 29–31 ziskus hat hier ein großartiges Beispiel gesetzt.“ Die Weltweite Evangelische Allianz vertritt Deutsche Evangelische Allianz und Evangelische Nachrichtenagentur idea. nach eigenen Angaben 600 Millionen Christen in 129 Ländern. – STOPP –