Gerd Grupe, Graz/Österreich IT DREAD INNA INGLAN: – EINE IKONE AFRO-JAMAIKANISCHEN SPRECHGESANGS IN GROSSBRITANNIEN

Sprechgesang ist ein in verschiedenen Stilbereichen afro-amerikanischer Musik anzutreffen- des Ausdrucksmittel. Ab den 1980er Jahren wurde er durch die zunehmende Popularität von Rap und Hip-Hop zu einer der hervorstechendsten Formen westlicher Popularmusik, die über das afro-amerikanische Publikum hinaus längst auch Hörerkreise in anderen Ländern anspricht. Schon vorher bzw. parallel dazu hat sich Sprechgesang in der afro-jamaikanischen Popularmusik als eigenes Stilmittel etabliert und als toasting oder dub eine eigenständige, spezifisch jamaikanische Form gefunden. Im folgenden Beitrag soll es um die Anfangszeit dieser Entwicklung gegen Ende der 1970er, Anfang der 80er Jahre gehen, als der aus Jamai- ka immigrierte Linton Kwesi Johnson in Großbritannien mit seinem Sprechgesang Furore machte. Am Beispiel Johnsons soll auch herausgearbeitet werden, was Sprechgesang als musikalisches Medium so erfolgreich gemacht hat. Zunächst ist wichtig in Erinnerung zu rufen, daß gesprochene Sprache einerseits und Ge- sang mit einer deutlichen melodischen Gestalt und der gezielten Verwendung diskreter Ton- höhen andererseits keine dichotomisch trennbaren Phänomene darstellen. Vielmehr legt gera- de der Übergangsbereich, der Sprechgesang, nahe, die verschiedenen Ausdrucksformen auf einem Kontinuum zwischen Sprache und Gesang anzusiedeln. Unter Sprechgesang sollen hier solche Darbietungen verstanden werden, in denen im Vokalpart gegenüber einer primär mu- sikalisch konzipierten Melodielinie die Artikulationsweise gesprochener Sprache in den Vor- dergrund tritt. Dies hat zur Folge, daß an Stelle einer differenzierten melodischen Kontur der narrative Inhalt in der Performance dominiert. Musikalische Gestaltung bleibt aber häufig in Form einer prägnanten Rhythmisierung des Vokalparts von Bedeutung. Außerdem wird Sprechgesang normalerweise mit einer musikalischen Begleitung kombiniert. Ausgeklammert aus der Betrachtung bleibt der Fall – auch hier sind die Grenzen wiederum fließend – , wo das rhythmische Spiel mit Silben oder Klängen die Stimme zum Musikinstrument werden läßt, da uns im folgenden speziell das Verhältnis von Text und Musik im Sprechgesang interessiert. Generell geht es in diesem Beitrag keineswegs um eine Gesamtschau der verschiedenen Ausprägungen von Sprechgesang in afro-amerikanischer Musik, sondern es werden nur einige wenige Beispiele herangezogen, die Johnsons Stil in einen Zusammenhang mit vergleichbaren Formen stellen und so seine Spezifika klarer her- vortreten lassen sollen.

Sprechgesang in afro-amerikanischer Musik

Schon vor Rap und Hip-Hop hat Sprechgesang in afro-amerikanischer Popularmusik einen festen Platz gehabt. Sowohl in ländlichen wie in städtischen Formen des Blues ist der sog.

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JF 39 253-264 (Grupe) 253 11.07.2007, 15:59 Uhr Talking Blues1 zu finden. Statt der sonst weit verbreiteten zwölftaktigen Standard-Form (mit diversen Varianten) findet man hier häufig einen mehr oder weniger gesprochenen Vokal- part, oft nur mit Gitarrenbegleitung und einem Ostinato anstelle von Akkordfolgen als musikalischem Hintergrund. Diese Art der Gestaltung kann als Einleitung, Zwischenspiel oder für ein komplettes Stück Verwendung finden. Als Beispiel soll hier der Good Morning Blues des berühmten Sängers und Gitarristen Leadbelly genügen, der 1940 von Alan Lomax in New York aufgenommen worden ist.2 In solchen Fällen wird Sprechgesang eingesetzt, um eine längere Erzählung frei von den Einschränkungen präsentieren zu können, die eine Stan- dard-Blues-Form mit ihrer dreiteiligen AAB-Abfolge 3 mit sich bringt. Auch im Jazz der 1960er und frühen 1970er Jahre setzten vornehmlich schwarze Musi- ker gelegentlich Sprechgesang als Stilmittel ein. Ein besonders anschauliches Beispiel dafür liefert Archie Shepp mit seinem Money Blues (von der LP Things have got to change, 1971). Der Sänger Joe Lee Wilson variiert hier über weite Strecken Riff-artige, auf der Blues-Skala basierende, immer wieder repetierte Melodiefiguren – vor allem eine zweitönige aus Grund- ton und kleiner (Blues-)Terz –, die man sich auch in einem Blues-Kontext vorstellen könn- te.4 Sie sind eingebettet in ein Call and Response-Wechselspiel mit einem Chor und eine Orchestrierung in Big Band-Manier. Grundlage bildet eine – im Verlauf des Stücks variierte – ostinate Baß-Phrase mit einem Fis-Pedalton als tonalem Zentrum, die Anklänge an US- amerikanische Popularmusik heraufbeschwört. Dies mag überraschen, da Shepp zu dieser Zeit als einer der führenden Protagonisten der damaligen Avantgarde galt.5 Angesichts ver- gleichbarer Tendenzen bei Miles Davis, auf die Franz Kerschbaumer in seinen stilkritischen Untersuchungen zu diesem außerhalb der Free Jazz-Szene wohl prägendsten Jazz-Musiker jener Zeit hingewiesen hat,6 erscheint aber Shepps Ausflug in die Gefilde afro-amerikani- scher Popularmusik plötzlich gar nicht mehr so weit hergeholt. Allerdings bleibt die Avant- garde im Money Blues deutlich präsent, namentlich im solistischen Spiel des Bandleaders. Aber anders als das Tenorsaxophonspiel Shepps, das ein breites Spektrum gestalterischer Möglichkeiten von Melodielinien bis zum für den damaligen Free Jazz typischen Klang- farbenspiel nutzt, verwendet der Gesangspart nur ein äußerst reduziertes melodisches Voka- bular. Nicht eine differenzierte Linienführung steht hier im Vordergrund, sondern das An- spielen auf externe Kontexte. Die Einspielung ist nämlich nur zu verstehen vor dem sozialen Hintergrund der zu die- sem Zeitpunkt aktiven Black Power- und Bürgerrechtsbewegungen.7 Die mit Shepps Money Blues vermittelte Botschaft besagt, daß man es hier mit einem Künstler zu tun hat, der die

1 Manche Autoren unterscheiden noch zwischen Talking Blues, Spoken Blues und Chantefable Blues. Vgl. dazu Bernd Hoffmann, »Blues« (Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart: Allgemeine Enzyk- lopädie der Musik, 2., neubearb. Auflage, Sachteil Bd. 1, Kassel [u. a.]: Bärenreiter, 1994), Sp. 1613–1614. Hoffmann stützt sich hier auf Alfons M. Dauer. Merkwürdigerweise scheint es bisher allerdings keine systema- tische Studie zu diesem Thema zu geben. 2 Leadbelly, Death Letter Blues (History 20.19361-HI, Track 1). 3 Vgl. dazu Hoffmann, »Blues«. 4 Vgl. z. B. die sog. Shouted Blues (Hoffmann, »Blues«, Sp. 1613). 5 Vgl. Ekkehard Jost, Free Jazz: Stilkritische Untersuchungen zum Jazz der 60er Jahre (Mainz: Schott 1975). 6 Franz Kerschbaumer, Miles Davis: Stilkritische Untersuchungen zur musikalischen Entwicklung seines Personalstils (Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1978). Kerschbaumer verweist in diesem Zusammenhang auf die Verwendung ostinater Baß-Figuren in Davis’ Bitches Brew von 1969 (ebd., S. 106). 7 Vgl. Philippe Carles / Jean-Louis Comolli, Free Jazz – Black Power (Frankfurt am Main: Fischer, 1974).

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JF 39 253-264 (Grupe) 254 11.07.2007, 15:59 Uhr schwarze Community in ihren berechtigten Anliegen unterstützt.8 Der Titel spielt zwar auf das Blues-Genre an, im Gegensatz zu so manchem Talking Blues, in dem der Interpret mehr oder weniger ausführlich zu einem Thema Stellung nimmt, beschränkt sich der Money Blues allerdings auf die Repetition des Vorwurfs

I work all day I don’t get pay

und die daraus resultierende Forderung

Money, money, money, money Give me my money

Dies beschwört Sprechchöre und das Skandieren von Parolen bei politischen Demonstrati- onen herauf, wenn auch der Slogan »Gib mir mein Geld!« nicht sonderlich tief schürfend ist. Im weiteren Verlauf des Stücks kommt dann noch die überraschende Formulierung: »Give me my money so I can […] be free again«. Daß man Freiheit mit dem Arbeitslohn kaufen könne, ist angesichts der zur Zeit der Einspielung dieses Stücks in den USA ausgie- big geführten politischen Debatten um Gleichberechtigung und soziale Stellung der schwar- zen Bevölkerung kein Zeichen für eine fundierte Analyse gesellschaftlicher Zustände. Denk- bar wäre höchstens eine Anspielung auf den Umbruch von (unbezahlter) Sklavenarbeit zu Lohnarbeit, für die eine »gerechte« Bezahlung eingefordert wird. Auf Grund des spärlichen Textes bleibt aber nur die Annahme, daß Shepp hier offenbar kein differenziertes Statement im Sinn hatte, sondern primär ein Zeichen setzen wollte. Im Money Blues wird nämlich Sprechgesang meines Erachtens eingesetzt, um den Jazz- Musiker Archie Shepp als jemanden zu präsentieren, der bildlich gesprochen Seite an Seite mit anderen Schwarzen auf die Straße geht. Für ein solches symbolisches Handeln reicht es aus, dieses Stilmittel als Signal einzusetzen. Es spielt in der Performance tatsächlich auch nicht die Hauptrolle, vielmehr dominieren die Instrumentalsolisten – darunter Shepp selbst.

Toasting und Dub: Sprechgesang aus Jamaika

In den 1970er Jahren hatte sich in Jamaika – verbunden mit einer kontinuierlichen Verlangsamung des Grundtempos – aus den Vorläufern Ska und Rocksteady der Reggae als dominierende Form der Popularmusik etabliert.9 Parallel dazu gab es bereits ab den 1950er Jahren die Entwicklung sog. sound systems. Dabei handelte es sich um Open Air- und Dancehall-Veranstaltungen mit DJs, die zunächst mit selbst gebauten Verstärkeranlagen arbeiteten. Die Platten, die sie auflegten, waren anfangs oft aus den USA importierter Rhythm and Blues, später jamaikanische Produktionen. Ab den 1970er Jahren wurde es

8 Vgl. dazu auch Gerhard Putschögl, »Zur Schlüsselfunktion der Musik in der afro-amerikanischen Kultur: Archie Shepp über die Musiktradition der schwarzen Amerikaner« (Jazzforschung / Jazz Research 18, 1986), S. 67–86. 9 Vgl. Stephen Davis / Peter Simon, Reggae Bloodlines: In Search of the Music and Culture of Jamaica (London: Heineman Educational Books, 1977).

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JF 39 253-264 (Grupe) 255 11.07.2007, 15:59 Uhr dann in diesem Milieu zunehmend populär, rein instrumentale Versionen populärer Hits zu veröffentlichen, oft mit hinzugefügten Studioeffekten wie Echo und Hall. Diese sog. dub versions erlaubten es den DJs, vor dem Hintergrund der von einer Platte gespielten Instru- mentalbegleitung eine eigene gesprochene oder gesungene Linie zu extemporieren. Diese Praxis wurde unter der Bezeichnung toasting bekannt.10 Anders als beim Karaoke11 ging es hier nicht darum, die ursprüngliche Melodie des zugrunde liegenden Stücks möglichst originalgetreu zu imitieren, sondern eine eigene – meist sprechgesangliche – Version zu kre- ieren, die im wesentlichen nur die Instrumentalbegleitung mit der Vorlage gemein hatte. Ein entscheidender Beweggrund mag gewesen sein, daß auf diese Weise auch junge Künstler zum Zuge kommen konnten, die sich eine Begleitband nicht hätten leisten können. Auch der Aufwand bei Auftritten war so – wie bei einem Alleinunterhalter – wesentlich geringer.12 Einer der Exponenten dieser neuen Richtung, der in den frühen 1980er Jahren auf Ja- maika mindestens ebenso populär war wie der Reggae-Star Bob Marley, ist der 1956 gebo- rene Sänger mit dem Künstlernamen Yellowman. Dieser rührt daher, daß es sich um einen Albino handelt, der ihn automatisch zum sozialen Außenseiter machte. Seiner Karriere tat dies letztlich jedoch keinen Abbruch: Er wurde so berühmt, daß er meist als »King« Yellow- man firmierte. Als Beispiele sollen mehrere Stücke von Yellowmans 1982 erschienener LP Duppy or Gunman dienen. Schon der LP-Titel mit seiner Anspielung auf traditionelle Glaubensvor- stellungen einerseits und die damals schwierigen Lebensumstände der Bevölkerung anderer- seits machen deutlich, wie Yellowman an die soziale Realität seiner Hörer/innen anknüpft und sich zugleich auf unterhaltsame Weise über beides lustig macht. Nach jamaikanischer Vorstellung sind duppies Geister, die einem Schaden zufügen können. Anfang der 1980er Jahre war die innenpolitische Lage in Jamaika im Vorfeld anstehender Wahlen dadurch ge- kennzeichnet, daß sich die beiden verfeindeten politischen Lager teilweise bewaffneter Banden bedienten, die nur schwer von gewöhnlichen Kriminellen zu unterscheiden waren. Hier setzt Yellowman mit seinem bissigen Spott an, da man nicht weiß, wer schlimmer ist – übersinnliche duppies oder bewaffnete Menschen, die einen verfolgen. In musikalischer Hinsicht ist typisch für seinen Stil, daß der Vokalpart über weite Stre- cken aus nur zwei- bis dreitönigen Melodien besteht, die von einer Reggae-Band begleitet werden. So besteht die Melodie des Stücks Natty sat upon a rock hauptsächlich aus zwei Tönen (h und cis über Bn- und E-Dur-Akkorden). Prägend ist eine rezitativische Gestaltung, bei der der Text überwiegend auf einem beständig repetierten Ton (hier h) mit meist kon- stantem Notenwert vorgetragen wird. Der Vokalpart ist damit – abgesehen vom Text – prak- tisch ausschließlich rhythmisch konzipiert, und zwar in dem Sinne rhythmisch, wie man etwa von rhythmischem Klatschen spricht, also durch isochrone Gestaltung.

10 Vgl. Gregory Mthembu-Salter / Peter Dalton, »Jamaica: the loudest island in the world« (Simon Broughton / Mark Ellingham (Hg.), World Music Vol. 2: Latin & North America, Caribbean, India, Asia, and Pacific, London: Rough Guides, 2000), S. 430–456. 11 Vgl. Peter Wicke / Kai-Erik Ziegenrücker / Wieland Ziegenrücker, Handbuch der populären Musik: Rock, Pop, Jazz, World Music (erweiterte Neuausgabe, o. O.: Schott, 1997), S. 264. 12 Eine lesenswerte Darstellung der Entwicklung bis heute inklusive einiger Notenbeispiele findet sich bei Peter Manuel / Wayne Marshall, »The riddim method: aesthetics, practice, and ownership in Jamaican dancehall« (Popular Music 25/3, 2006), S. 447–470.

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JF 39 253-264 (Grupe) 256 11.07.2007, 15:59 Uhr Diese Art von Sprechgesang prägt auch das Stück Lost mi love. Die Melodie besteht hier aus hauptsächlich drei Tönen (b, as und f über Bbm- und Ebm-Akkorden). Im Text geht es um die verlorene Geliebte, die der Sänger nun überall sucht: me search from Kingston to Montego Bay etc. Des weiteren zählt er auf, was er alles gern mit ihr tun würde: I wan’ L – O – V – E love you, I wan’ K – I – S – S kiss you etc. Es handelt sich also sozusagen um ein »übliches« Thema. Solche Liebeslieder zeichnen sich bei Yellowman allerdings häufig durch anzügliche Texte (explicit lyrics) aus, die gewissermaßen zu seinem Markenzeichen wurden. Seine Texte lassen sich jedoch nicht darauf reduzieren. Soziale Kommentare sind immer wieder Thema gewesen. In dem Stück Jamaica a little Miami geht es beispielsweise um Tou- risten, die nach Jamaika kommen. Transportiert von einer Dreitonmelodie macht sich Yellowman hier über diverse Vorurteile lustig, die Touristen über Jamaika bzw. Jamaikaner über Touristen haben. Er kommentiert auch mehrere Vorfälle, die zum Zeitpunkt der Ver- öffentlichung der LP gerade passiert waren. So stellt er im Text klar: Es gebe tatsächlich Telefone auf Jamaika und sogar ein paar Krankenhäuser, Jamaikaner äßen nicht etwa nur trockenes Brot, manche schliefen sogar in teuren Betten und führen mit Mietwagen durch die Gegend. Man solle sich im übrigen lieber über Touristen lustig machen als sie niederzu- schießen (don’t bother shoot ’em down). Sprechgesang mit nur wenigen melodischen Floskeln, vorgetragen über eine Instrumen- talbegleitung, ermöglicht es dem Künstler, den erzählerischen Inhalt in den Mittelpunkt der Performance zu stellen. Zugleich liefert aber der musikalische Rahmen dem Publikum ge- nügend Anreiz, dabei zu bleiben. Ohne diesen musikalischen Anteil wäre ein auch nur an- nähernd so großer Erfolg Yellowmans kaum vorstellbar. Im Hinblick auf die Zielgruppe ist natürlich nicht verwunderlich, daß Yellowman sich des Patois bedient, der lokalen Variante des Englischen. Dabei reicht die Bandbreite theoretisch von tiefem Kreol-Englisch (broad creole) bis zu einem nur leicht dialektal gefärbten Englisch, das dem Standard English sehr nahe kommt. Die meisten Afro-Jamaikaner – so auch Yellowman – bewegen sich zumeist irgendwo in der Mitte dieses Sprachkontinuums.13 Sowohl musikalisch als auch sprachlich sind also seine Darbietungen unmittelbar kulturell identifizier- und geographisch lokali- sierbar.

Der dub poet Linton Kwesi Johnson

Unter den in Großbritannien lebenden ethnischen Minderheiten wie z. B. den Immigran- ten aus ehemaligen britischen Kolonien dienen u. a. Sprache und Musik als Zeichen und Erkennungsmerkmale kultureller Identität. Für Afro-Jamaikaner sind dies primär Patois und Reggae bzw. Dub und verwandte Stile. Neben der Orientierung an literarischen Vorbildern aus Europa gibt es in der Literatur der englischsprachigen Karibik ein Anknüpfen an Tra- ditionen mündlicher Überlieferung wie z. B. die jamaikanischen anansi-Geschichten, die auf westafrikanischen trickster stories beruhen,14 oder auch den Bezug auf work songs. Als eine

13 Der Unterschied zwischen Patois und Standard English ist allerdings immerhin so beträchtlich, daß der in Ja- maika spielende Film The Harder They Come (1972), der nicht zuletzt durch seine eindringliche Milieustudie und seinen Reggae-Soundtrack berühmt geworden ist, in Großbritannien mit englischen Untertiteln in die Kinos kam. 14 Martha Warren Beckwith, Jamaica Anansi Stories (New York: Kraus Reprint, 1969; Original: New York 1924).

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JF 39 253-264 (Grupe) 257 11.07.2007, 15:59 Uhr moderne Fortführung dieser letztgenannten Richtung sind sog. oral poems (»mündliche Gedichte«) zu sehen. Diese sollen normalerweise vorgetragen und nicht unhörbar gelesen werden, d. h. es geht um lautes Vorlesen vor Publikum im Gegensatz zum Lesen durch den Leser für sich selbst. Sofern es sich um jamaikanische Autoren handelt, bedienen sie sich als Sprache des Patois und verwenden für die Schriftfassung ihrer Werke eine entsprechend adaptierte Orthographie, die jedoch nicht standardisiert ist. In Großbritannien ist der 1952 in Jamaika geborene Linton Kwesi Johnson (oft als LKJ abgekürzt) als einer der prominentesten Vertreter dieses Genres hervorgetreten. Er hatte zunächst – als Alternative zu den sonst üblichen Romanen – damit begonnen, Gedichte zu schreiben, ging jedoch bald dazu über, diese bei Live-Auftritten vor dem Hintergrund einer musikalischen Begleitung laut vorzutragen (sog. dub poetry). Der Unterschied zwischen Gesangstext und rezitierten Gedichten wird hier im Sprechgesang aufgehoben. Statt die Leser seine Werke still für sich zu Hause lesen zu lassen, fanden diese sich bei »Lesungen« zugleich in einem Reggae-Konzert. An die Stelle vorgefertigter Ton-Konserven trat hier oft der gemeinsame Auftritt mit einer Live-Band. Dies kann man im engeren Sinn nicht mehr als toasting bezeichnen, da es sich bei den Texten um vorgefertigte Gedichte handelt, die gerade nicht aus dem Stegreif verfaßt werden.15 Die – zum Teil beißenden – sozialen Kommentare rücken Johnson in die Nähe mancher Blues-Texte, gehen aber meist in ihrer explizit politischen Haltung, wie sie in vielen seiner Texte zum Ausdruck kommt, deutlich über das im Blues gemeinhin Übliche hinaus. Damit steht er tendenziell einem Projekt wie Shepps Money Blues nahe, jedoch mit dem entschei- denden Unterschied, daß Johnson sehr ausführlich und differenziert zu den jeweiligen The- men Stellung nimmt. Das ausgeprägt Narrative in seinen Stücken – vergleichbar einem Talking Blues – erlaubt ihm, verschiedene Erzählperspektiven und -standpunkte einzunehmen sowie ein breites Spektrum sprachlicher Möglichkeiten einzusetzen, deren Palette von – allerdings äußerst selten gebrauchtem – Standard English über verschiedene Stufen des Pa- tois bis zu tiefem Jamaican Creole reicht. Auf der broad creole-Seite dieses Kontinuums wären etwa Come wi goh dung deh,16 Sonny’s Lettah17 oder auch Independent Intavensha 18 anzusiedeln, während die Standard English-Seite neben dem weiter unten behandelten Two Sides of Silence z. B. auch durch Five Nights of Bleeding 19 vertreten ist, das weniger creole-Typisches enthält als die meisten anderen Gedich- te Johnsons. Bei näherer Betrachtung ist ein Unterschied zwischen geschriebener und vor- getragener Fassung unüberseh- bzw. -hörbar. Es dürfte klar sein, daß sich Patois nicht ohne weiteres mit der Orthographie des Standard English wiedergeben läßt. Generell kann man sagen, daß Johnson sich bemüht, seine Schreibweise der eigenen Aussprache anzugleichen, ohne aber zu einem linguistisch konsistenten System zu gelangen. Typische Modifikationen sind etwa

15 Vgl. dazu auch Peter Hitchcock, »›It Dread Inna Inglan‹: Linton Kwesi Johnson, Dread, and Dub Identity« (Postmodern Culture [Online Journal] 4/1, 1993, http://muse.jhu.edu/journals/postmodern_culture/toc/ pmc4.1.html). 16 Linton Kwesi Johnson, Dread Beat and Blood (London: Bogle-L’Ouverture Publications, 1975), S. 48–49. 17 Linton Kwesi Johnson, Inglan is a Bitch (London: Race Today Publications, 1980), S. 7–9. 18 Johnson, Inglan, S. 18–19. 19 Johnson, Dread, S. 15–17.

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JF 39 253-264 (Grupe) 258 11.07.2007, 15:59 Uhr Beispiele -tion → shan stayshan, distruckshan -o- → a mitalagy, teknalagy, pan -ttl- → kkl likkle, bakkle -ough → uff tuff, ruff -th- → d/t helt, mitalagy; baddah, annaddah -own → ung/oun dung/doun /ei/ → ay laybah, stayshan Dehnungszeichen → h oder w awftah, kaw Verkürzungen vicktry, facktri

Gelegentlich bleibt die Schriftfassung auch hinter dem tatsächlichen Kreolisierungsgrad zurück:

geschrieben gesprochen/gesungen through → tru can’t → cyan age → yage Asian → yasian

Oft gibt es sogar innerhalb eines Stücks divergierende Aussprachen eines Worts. Die verän- derte Orthographie soll wohl in erster Linie auf die Eigenständigkeit solcher Texte gegenü- ber dem Standard English aufmerksam machen. Eine allgemein verbindliche creole-Schrift- sprache ist aber sicherlich nicht intendiert. Bemerkenswerterweise sind Einflüsse aus der spezifischen Diktion der Rastafari-Bewegung bei Johnson eher selten. In Reality Poem20 wird deren Haltung auch recht deutlich kritisiert. In einer Reihe von Gedichten spricht offensichtlich Johnson selbst, d. h. ein schwarzer Intellektueller in Großbritannien, der Stellung zu aktuellen Problemen und Strömungen in- nerhalb der westindischen Community nimmt. Typische Beispiele sind das gerade erwähn- te Reality Poem 21 und Di Black Petty-Booshwah 22. Mitunter schlüpft Johnson aber auch in die Rolle von typischen Vertretern der Schwarzen in Großbritannien, z. B. eines Jugendli- chen (Sonny’s Lettah 23), eines militanten Aktivisten (Fite Dem Back 24) oder eines Arbeiters (Inglan is a Bitch 25) und erzählt aus deren Blickwinkel und mit ihrer Sprache von ihren spe- zifischen Erfahrungen und Auffassungen. Johnsons Adressaten sind dabei zunächst die Schwarzen selbst. Das ergibt sich sowohl aus den Themen der Gedichte als auch aus der Tatsache, daß sie fast ausschließlich in Jamaican Creole geschrieben sind, obwohl er Standard English ebenfalls beherrscht. Es geht ihm offenbar mehr darum, den schwarzen Teil der britischen Gesellschaft anzusprechen,

20 Johnson, Inglan, S. 24–25. 21 Ebd., auf LP: (1979). 22 Johnson, Inglan, S. 30; auf LP Bass Culture (1980). 23 Ebd., S. 7–9; auf LP Forces. 24 Ebd., S. 20; auf LP Forces. 25 Ebd., S. 26–27; auf LP Bass.

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JF 39 253-264 (Grupe) 259 11.07.2007, 15:59 Uhr weniger um die Produktion von Gedichten für ein literarisch interessiertes Publikum. Andererseits ist er zum Teil durchaus auch ein Sprachrohr nach »außen«, wenn er sich wie beispielsweise in It Dread Inna Inglan26, Man Free27 oder Time Come28 an Justiz und Behör- den wendet. Vor allem in der Sammlung Dread Beat and Blood (1975) finden sich eine Reihe von eher abstrakten Gedichten, deren Aussage meist nicht direkt ist, sondern mehr in einer atmos- phärischen, bilderreichen Beschreibung realer oder psychischer Zustände besteht. Johnson bedient sich dabei eines mitunter pathetisch wirkenden Vokabulars, dessen Herkunft mög- licherweise apokalyptische Elemente aus der Bibel sein könnten. Eine solche Diktion ist durch die Rastafari-Bewegung in Jamaika weit verbreitet. Da die Gedichte in der späteren Sammlung Inglan is a Bitch (1980) sowohl in der Wahl der Themen als auch in der Sprache durchweg konkreter und direkter ausfallen, liegt es nahe, hier eine Entwicklungslinie in Johnsons Arbeiten anzunehmen. Die einzelnen Gedichte sind aber in beiden Sammlungen leider nicht datiert, so daß dies nur eine Vermutung bleiben kann. Betrachten wir einige typische Beispiele noch etwas genauer. In dem Stück It Dread Inna Inglan29 geht es um einen Mann namens George Lindo, der von der britischen Polizei festge- nommen worden war. Der Titel beginnt mit Sprechchören, die bei einer Demonstration aufgenommen wurden (oder worden sein könnten) und zur Freilassung Lindos aufrufen. Im Text heißt es unter anderem:

African[,] Asian[,] West Indian[,] an’ Black British stan firm inna Inglan George Lindo[,] him is a working man [,…] a family man [,…] him noh carry no daggah[,] him is nat no rabbah dem haffi let him go[,] dem bettah free him now!

Auf dem Cover der LP ist ein geradezu emblematisches Foto zu sehen. Es zeigt Linton Kwesi Johnson mit einem Megaphon in der Hand, umringt von Polizisten. Anstatt Lyrik als l’art pour l’art zu verfassen, übernimmt er die Rolle eines Wortführers der Immigranten- Community gegenüber der britischen Gesellschaft.

Abb. vom Cover der LP Dread Beat an’ Blood / Poet and the Roots.

26 Ebd., S. 14–15; auf LP Dread Beat an’ Blood / Poet and the Roots (1978). 27 Ebd., S. 16–17; auf LP Dread. 28 Johnson, Dread, S. 24–25; auf LP Forces. 29 Auf LP Dread; als Gedicht in Johnson, Inglan, S. 14–15.

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JF 39 253-264 (Grupe) 260 11.07.2007, 15:59 Uhr Der Vokalpart orientiert sich stark an Duktus und Rhythmus der gesprochenen Sprache. Johnsons Stil unterscheidet sich insofern von dem Yellowmans, der diskrete Skalenstufen verwendet und zu isochroner Rhythmisierung neigt.30 Dies gilt auch für das nächste Beispiel, Reggae fi Peach 31, an dem ebenfalls die enge Ein- bindung des Künstlers in das tägliche Leben und in politische Aktivitäten der Community deutlich wird. Johnson wirft hier einer Spezialeinheit der Polizei, der in den 1970er Jahren gebildeten sog. Special Patrol Group (SPG), vor, bei einer Demonstration gegen die rechts- radikale und nationalistische Organisation »National Front« den weißen Lehrer Blair Peach getötet zu haben. Die entsprechende Dub-Version des Stücks, also die Instrumentalfassung inklusive diverser Studioeffekte, die die Möglichkeit des toastings bietet, also des Extem- porierens von Text über dem musikalischen Hintergrund einer vorproduzierten Tonauf- nahme, findet sich auf der ein Jahr später veröffentlichten LP LKJ in Dub (1981) unter dem Titel Peach Dub. Eine Sonderstellung nehmen zwei Gedichte ein, die hier noch erwähnt werden sollen: Loraine und Two Sides of Silence, beide von der LP Bass Culture (1980).32 Loraine könnte man als eine Art ironisches Liebeslied beschreiben. Banale Reime stehen im Kontrast zum Refrain mit seinem Wortspiel rain – vain – Loraine – again – pain – brain – insane. Die ganze Schlageridylle des Liedes wird schließlich abrupt durch eine in diesem Kontext unerwartete Pointe zunichte gemacht, wenn der Versuch des Protagonisten, seine Angebetete auf einen Kaffee zu sich nach Hause einzuladen, rüde mit (höflich übersetzt) »Rutsch mir den Buckel herunter!« zurückgewiesen wird.

Whenever it rains I think of you And I always remember that day in May When I saw you walkin’ in the rain I know not what it was nor why For usually I’m quite shy I aksed you your name, you smiled and said: Loraine I aksed if I could share your umbrella You smiled and said: What a cheeky likkle fella I said: Let’s go back to my place for some coffee You frowned and said: Buoy, kiss mi botty I felt so ashamed, I did not even notice When your bus came and went again Now I’m standin’ in the rain in vain, Loraine Hoping to see you again Tears fall from mi heyes like rain, Loraine A terrible pain in me brain, Loraine (Auszüge, Transkription in Annäherung You drivin’ me insane ans gesungene Patois: G. G.)

30 Vgl. die notierten Beispiele idealtypischer Melodieverläufe bei Manuel / Marshall, »Riddim«, die auch auf Yellowmans Stil zutreffen. 31 LP Bass. 32 Letzterer Titel findet sich als Gedicht bereits in Johnson, Dread, S. 36–37.

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JF 39 253-264 (Grupe) 261 11.07.2007, 15:59 Uhr Das Gedicht Two Sides of Silence ist sprachlich eine Ausnahme in Johnsons Werk, weil es in Standard English geschrieben ist. Die Plattenversion hebt sich noch zusätzlich dadurch ab, daß nicht wie bei allen anderen Gedichten Reggae als musikalische Basis benutzt wird, son- dern freier Jazz. Damit ergeben sich hier deutliche Anklänge an »Jazz & Lyrik«-Projekte.33 Johnson zeigt mit diesen beiden Stücken dreierlei: daß er auch Humor hat und nicht nur ernste Themen behandelt; daß er auch in Standard English schreiben kann und nicht nur Patois beherrscht; und daß er musikalisch nicht unbedingt auf Reggae festgelegt ist.34 Interessanterweise hat sich LKJ einer internationalen Karriere u. a. dadurch verweigert, daß er mit zunehmender Popularität ab Mitte der 1980er Jahre kaum noch auf Tournee ge- gangen ist. Als Grund gab er an, sich sonst nicht mehr in dem Maße seinen politischen Ak- tivitäten widmen zu können, was er für richtig hielt. Andererseits hat er die Umstände der Veröffentlichung seiner Werke stärker in die eigene Hand genommen, indem er seine eige- ne Plattenfirma, LKJ Records, gegründet hat.35

Fazit

Die eingangs vorgestellten Beispiele für Sprechgesang aus anderen Bereichen afro-ameri- kanischer Musik sollten auf zentrale Elemente hinweisen, die in LKJs Werk eine spezifische Verbindung eingehen: das Narrative des Talking Blues, aber auch des toastings, dessen Patois und Reggae-Musik ebenfalls Johnsons Werk prägen, und der explizit politische Bezug, der bei Shepp zwar anklingt, bei Johnson aber wesentlich tiefer geht. Hinzu kommt bei letzte- rem die Fortsetzung und Weiterentwicklung der literarischen Tradition afro-karibischer oral literature. Der Künstler (Dichter und Sänger) fungiert als Sprachrohr und Wortführer jamaikani- scher Immigranten bzw. darüber hinaus von Immigranten aus ehemaligen Kolonien (Afri- ka, Karibik, Südasien) in Großbritannien. Die Musik soll zwar nicht der eigentlichen Inten- tion in die Quere kommen, nämlich eine textliche Botschaft zu vermitteln. Auf der anderen Seite scheint die Verwendung eines musikalischen Hintergrunds, also eines musikalischen Arrangements mit einer auf den Hörern bekannten Mustern (hier: Reggae) aufbauenden rhythmischen, melodischen und harmonischen Gestaltung, die Gewähr dafür bieten zu sollen, daß die Darbietung ein breiteres Publikum erreicht als ein bloßes Rezitieren von li- terarischen Texten dies könnte. Ein solches unbegleitetes Rezitieren von Texten würde näm- lich mit ziemlicher Sicherheit nur einen kleinen Hörerkreis ansprechen und von vielen Mitgliedern der eigentlichen Zielgruppe als unattraktiv angesehen. LKJ hat sich wohl nicht zuletzt aus diesem Grund ab dem Ende der 1970er Jahre dazu entschlossen, seine Gedichte mit musikalischer Begleitung vorzutragen. Er versteht sich dennoch weiterhin primär als politischer Autor, nicht als Sänger oder gar Pop-Star. Seine Produktionen sind zwar theore-

33 Vgl. dazu Tom Schroeder / Manfred Miller, »Ich bin seit Hellas ziemlich heruntergekommen … Apropos Jazz & Lyrik« (Klaus Wolbert (Hg.), That’s Jazz: Der Sound des 20. Jahrhunderts. Darmstadt: Jürgen Häusser / Zweitausendeins, 1997), S. 643–652. 34 Vgl. Chris May, »Linton Kwesi Johnson: All wi doin is defendin. Ein Interview mit Chris May« (Walter Hart- mann / Klaus Humann / Carl-Ludwig Reichert (Hg.), Rock Session 5: Magazin der populären Musik, Reinbek bei Hamburg: Rororo, 1981), S. 74–75. 35 Nachzulesen auf seiner Website unter http://www.lkjrecords.com/.

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JF 39 253-264 (Grupe) 262 11.07.2007, 15:59 Uhr tisch auch als reine Popularmusik konsumierbar, die spezifische Sprache (hier: Patois) und darüber hinaus die Inhalte ermöglichen jedoch in besonderem Maße die Identifikation mit einer bestimmten »Szene« oder Subkultur, die sich dieses speziellen Idioms bedient und dadurch auch für Außenstehende (z. B. Standard English-Sprecher) sofort erkennbar ist. Zusammenfassend kann man sagen, daß es letztlich nicht ohne Musik geht, obwohl der Text bei LKJ von zentraler Bedeutung ist. Musik erweist sich als notwendiges Vehikel, um die Botschaft an den Mann (und die Frau) bringen zu können.

Dis is di age af reality […] Mek wi hol’ di clarity 36

Quellenverzeichnis

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c) Internetquellen http://www.lkjrecords.com/ (18.12.2006).

Summary

Speech-song can be considered an important artistic means of expression in various Afro- American musics that is not restricted to rap or hip-hop. In the 1970s, for instance, speech- song became a major trend in Afro-Jamaican popular music. The term toasting has been coined for mainly speech-oriented vocal performances over an instrumental reggae-style backing. One of the pioneers of this genre in Jamaica has been King Yellowman. Among immigrants from the West Indies in Britain, the Jamaican-born poet Linton Kwesi Johnson (LKJ), who had adopted this approach for his oral poetry early on, became a mouthpiece and spokesman of the Black community in the 1970s and 80s. Characteristic features of his dub poetry are discussed in relation to other cases of speech-song in Afro-American musics like narrative elements in talking blues and a decidedly political stance in Archie Shepp’s Money Blues. The reasons for LKJ’s successful attempt of putting his poems to music are traced to the dual nature of dub poetry. While a mere recital of literary texts would most likely be rat- her unattractive to LKJ’s intended audience, i. e. members of Britain’s Black and immigrant community, he, nevertheless, considers himself primarily a political author rather than a pop singer. Dub poetry is meant to get the message across by utilizing a particular musical idiom as a powerful tool. Communicating in patois, the Jamaican variant of English, along with reggae as musical background serves as a strong link between the artist and his audience in establishing a »local« identity and rapport within the community.

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