Flottenkommando

Jahresbericht 2006

Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland

Flottenkommando

Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland

Jahresbericht 2006

19. Auflage Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Flottenkommando 24956 Glücksburg, 01. August 2006 Dezernat Handelsschifffahrt Postfach 1163 Tel. (0 46 31) 666 - 33 30 Fax (0 46 31) 666 - 45 05

Jahresbericht 2006

Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland

19. Auflage

Die Meere sind das größte Ökosystem unserer Erde und haben auch für ein eher kontinental ausgerichtetes Land wie Deutschland elementare Bedeutung. Klimageschehen, Energieversor- gung, Welthandel und die Sicherung der Ernährung betreffen die Menschen an der Küste ge- nauso wie im Binnenland. Deutschland zählt zu den führenden Handelsnationen der Welt nach den USA, China und Japan. Unser Land bleibt auch in einem immer stärker zusammenwachsen- den Europa von weltweiten Seeverkehrsverbindungen abhängig: Die Lebensadern zur See füh- ren in die Häfen; die Adern des Warenverkehrs und der Logistik führen grenzüberschreitend weit in das europäische Binnenland hinein. Maritime Technik beschäftigt gleichermaßen die Wirtschaft in den Küstenländern und im Binnenland. Die maritime Abhängigkeit unseres Landes unter dem besonderen Aspekt der Sicherheitsvor- sorge zu verdeutlichen, ist Ziel dieses Berichtes, der mit Stand Juli 2006 überarbeitet wurde und in der 19. Auflage herausgegeben wird. Sofern nichts Anderes angegeben, beziehen sich die Daten und Tabellen in der Regel auf den Stand 31.12.2005. Der Jahresbericht wird im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung veröffentlicht.

Im Auftrag

W. Janiak Fregattenkapitän Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Inhaltsverzeichnis

1. Die maritime Abhängigkeit der 8. Maritimes Sicherheitsmanagement Bundesrepublik Deutschland 8.1 Internationale Bestimmungen zu 1.1 Die Bedeutung der See 1-1 Ships Safety 8-1 1.2 Die Bedeutung der See und sicherer See- 8.2 Internationale Bestimmungen zu verbindungen für Deutschland 1-2 Ships Security (ISPS-Code) 8-8 1.3 Die politische Dimension der maritimen Ab- 8.3 Verkehrssicherungssystem Deutsche hängigkeit Deutschlands 1-2 Küste 8-14 1.4 Die maritime Abhängigkeit Deutschlands – 8.4 Maritime Sicherheit und Unfallmanage- ein Überblick 1-5 ment Deutsche Küste 8-19 8.5 Piraterie 8-35 2. Welthandelsflotte und Seewärtiger Welthandel 9. Energiewirtschaft und -versorgung 2.1 Welthandel und Seewärtiger Welthandel 2-1 9.1 Weltweite Energiereserven 9-1 2.2 Welthandelsflotte 2-7 9.2 Weltweite Energiereserve Erdöl 9-6 2.3 Containerschifffahrt 2-13 9.3 Weltweite Energiereserve Erdgas 9-10 2.4 Verkehr durch Kanäle und Meerengen 2-20 9.4 Weltweite Energiereserve Kohle 9-12 2.5 Kreuzfahrtmarkt 2-23 9.5 Nutzung erneuerbarer Energien 9-15 9.6 Energieversorgung in Deutschland 9-20 3. Deutsche Handelsflotte und Seewär- tiger deutscher Außenhandel 10. Maritimer Umweltschutz und Mee- resforschung 3.1 Deutsche Handelsflotte 3-1 3.2 Deutscher Außenhandel 3-12 10.1 Meeresumweltschutz 10-1 3.3 Seehäfen und Seehafenwirtschaft 3-18 10.2 Meeresforschung 10-12

4. Schiffbau und Zulieferindustrie 11. Deutsche Marine 4.1 Weltschiffbau und internationale 11.1 Auftrag und Aufgaben Bundeswehr 11-1 Entwicklung 4-1 11.2 Auftrag und Aufgaben Dt. Marine 11-1 4.2 Internationale Schiffbaupolitik der EU 4-1 11.3 Daten zur Deutschen Marine 11-5 4.3 Weltschiffbauproduktion 4-3 11.4 Ausbildung zum ResOffz Marine (HSO) 11-6 4.4 Deutscher Schiffbau 4-8 11.5 Ausbildung zum Schiffsoffizier der 4.5 Schiffbau- und Offshore-Zuliefer- Handelsschifffahrt 11-10 industrie 4-14 11.6 Vereinbarung BSH/Deutsche Marine 11-14

5. Fischerei und Fischwirtschaft 12. Zivilverteidigung Seeverkehr und Sicherstellung Seetransport 5.1 Internationale Fischereipolitik 5-1 5.2 Fischereipolitik der EU 5-1 12.1 Zivilverteidigung im Seeverkehr 12-1 5.3 Fischereipolitik Deutschlands 5-5 12.2 Sicherstellung Seetransport 12-3 5.4 Deutsche Fischwirtschaft 5-7 12.3 Dt. Marineschifffahrtleitorganisation 12-4 5.5 Deutsche Fischereiflotte 5-10 12.4 Rechtsgrundlagen für Zivilverteidi- 5.6 Fischereiforschung 5-14 gung im Seeverkehr 12-7 5.7 Fischereischutz 5-19 Anhang 6 Binnenschifffahrt und Binnenschiff- A1 Begriffsbestimmungen/Definitionen A-1 bau A2 Abkürzungen A-5 6.1 Verkehrssystem Binnenschifffahrt 6-1 6.2 Deutsche Binnenschiffsflotte 6-7 6.3 Güterverkehr in der Binnenschifffahrt 6-9 6.4 Personenschifffahrt 6-15 6.5 Binnenschiffbau 6-15

7. Maritime Industrie 7.1 Meerestechnik 7-1 7.2 Maritime Rüstung 7-7

I

Maritime Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

1 Die maritime Abhängigkeit Deutschlands

1.1 Die Bedeutung der See

Die Meere bieten große natürliche Ressourcen und stärken damit wesentlich die Wirtschafts- kraft der Küstenregionen in aller Welt. Gleichzeitig unterliegen die Meere dadurch vielfältigen Nutzungen und es gilt, die Nachhaltigkeit dieser Nutzungen zu entwickeln. Fischerei, Fremden- verkehr, Seeverkehr und Schiffsicherheit, Offshore-Ölförderung und Windenergie, Küstenschutz, die Erhaltung oder Widerherstellung der biologischen Vielfalt, globale Erwärmung, Eutrophie- rung durch landbasierte Aktivitäten und die Schließung von Wissenslücken durch verstärkte Meeresforschung sind die beherrschenden Themen dieser maritimen Dimension. Schifffahrt und Häfen spielen im internationalen Handel eine wesentliche Rolle. 95% des Ferngütertransports im Welthandel werden über den Schiffsverkehr abgewickelt. Ein Drittel der weltweiten Schiffsbewegungen haben ihren Ziel- oder Abfahrtshafen in der Europäischen U- nion. 90% des Außenhandels und über 40% des Binnenhandels der EU-25 erfolgen auf dem Seeweg. Mit 40% der Welthandelsflotte ist die Führungsposition Europas in dieser globalen Wirtschaft unumstritten. Die europäischen Seehäfen bewältigen jährlich 3,5 Mrd. Tonnen Fracht und 350 Mio. Fahrgäste1. Etwa 2,5 Mio. Menschen arbeiten in der europäischen maritimen Industrie (Schiffbau, Häfen, Fischerei und verwandte Industrien und Dienstleistungen), davon rund 350.000 Menschen in der europäischen Hafenwirtschaft und im maritimen Dienstleistungsbereich, die zusammen einen Mehrwert von rund 20 Mrd. EUR erwirtschaften. Allein im Schiffbau sind europaweit 110.000 Personen beschäftigt. Im Jahr 2004 wurde der Direktumsatz des maritimen Tourismus in Europa auf 72 Mrd. EUR geschätzt2. Die Europäische Union besteht etwa zur Hälfte aus Wasserflächen. Die Küstenlänge der EU beträgt 89.000 km und ist damit über 7 mal länger als die der USA und über 4 mal länger als die von Russland. Ein Drittel der rund 450 Mio. Menschen der EU lebt an oder nahe der Küstenlinie. 70% des Sauerstoffs, den wir atmen, wird von maritimer Flora produziert. In der Europäischen Union gibt es gegenwärtig über 100 Regionen mit direktem Zugang zum Meer: von Larnaca auf Zypern bis Munster in Irland, von Algarve in Portugal bis Etelä-Suomen Lääni in Finnland. Alle anderen Regionen sind indirekt über Flüsse mit dem Meer verbunden. Eine umfassende Meerespolitik muss auf Wachstum und mehr und bessere Arbeitsplätze ab- zielen und so zu einer starken, expandierenden, wettbewerbsorientierten und nachhaltigen ma- ritimen Wirtschaft im Einklang mit der Meeresumwelt beitragen. Sie soll ferner dazu beitragen, Konflikte bei der Ressourcennutzung im Zusammenhang mit dem Meeresraum zu vermeiden und auf ein Mindestmaß zu begrenzen, und - sofern es solche Konflikte dennoch geben sollte - klare und von allen akzeptierte Mechanismen für eine Lösung vorsehen. Sie soll der Wirtschaft und allen anderen Akteuren mehr Rechtssicherheit bieten und ein wirksameres Konzept für die Erhaltung der Meeresumwelt festlegen. Entscheidungen in der Meerespolitik haben damit un- mittelbare Auswirkungen insbesondere in den Küstenregionen auf die Menschen, die Wirtschaft und die Umwelt, auf die Hafenwirtschaft, den Tourismus und die Fischerei.

1 Grünbuch über die künftige Meerespolitik der EU – Brüssel, 08.05.2006 2 Press Release der EU-Kommission zum Grünbuch über die künftige Meerespolitik der EU

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1.2 Die Bedeutung der See und sicherer Seeverbindungen für Deutschland

Deutschland und seine Wirtschaft sind eng eingebunden in das Weltwirtschafts- und europäi- sche Wirtschaftssystem der EU-25 und in dessen weltweiten Warenaustausch und Rohstoffver- kehr. Aus dieser Abhängigkeit erwächst ein elementares Interesse am Funktionieren eines insge- samt offenen Weltwirtschaftssystems und am Warenaustausch in einem freien Seeverkehr. Fast der gesamte Ferngütertransport im Welthandel wird über den Schiffsverkehr abgewi- ckelt. Ohne einen leistungsfähigen und kostengünstigen Seeverkehr gibt es keine wirtschaftliche Entwicklung, gibt es keine prosperierenden Handelsverbindungen. Freie Seewege sind die Le- bensadern, auf die Deutschland wegen seiner geostrategischen Lage und seiner exportwirt- schaftlichen Orientierung besonders angewiesen ist. Freier und ungestörter Seeverkehr ist die Voraussetzung, dass sich die deutsche Wirtschaft erfolgreich entwickeln und in die Prozesse des Weltwirtschaftssystems integrieren kann. Deutschland ist hoch industrialisiert, jedoch rohstoffarm. Als moderner Industriestaat ist Deutschland zur Produktion von Waren und Veredelungsgütern auf die kontinuierliche Einfuhr jener Rohstoffe angewiesen, die für das Funktionieren unserer Wirtschaft und damit für das Le- ben in Deutschland unentbehrlich sind. Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Au- ßenhandelsvolumens, das im Wesentlichen über die Seehäfen abgewickelt wird, besonders ab- hängig von den empfindlichen Transportwegen über See und angewiesen auf den ungehinder- ten und gesicherten Zugang zu Rohstoffen, ihren Märkten und zu wichtigen Primärenergieträ- gern wie Rohöl und Erdgas. Für den internationalen Warenverkehr, für den Import und Export über See gibt es keine wirtschaftliche Alternative. Sie machen die Abhängigkeit von einer freien Nutzung der interna- tionalen Seetransportwege besonders deutlich. So stammen z.B. gut 28% der Rohöleinfuhren aus der Nordsee, 41% kommen über See aus außereuropäischen Ländern der OPEC und Nordaf- rikas, wie Libyen und Algerien. Fast zwei Drittel des deutschen Erdgasbedarfs stammen aus westeuropäischen Quellen (Norwegen und Niederlande), 43% stammen aus Russland, die aller- dings im Wesentlichen über Pipelines Deutschland erreichen. 60% des Steinkohlenbedarfs stammt aus Importen im Wesentlichen über den Seetransport aus Südafrika (21%) und aus Ko- lumbien (12%). Stabile politische Verhältnisse in diesen Räumen und ein ungehinderte Zugang zu den Roh- stoffmärkten sind für Deutschland unabdingbare Voraussetzungen für einen ungestörten Wirt- schaftsverkehr, haben einen hohen sicherheitspolitischen Stellenwert und eine entscheidende sicherheitspolitische und strategische Bedeutung für unser Land und unsere Wirtschaft. Eine Unterbrechung der Rohstoff- und Warentransporte über See hätte, wie während der Ölkrisen der 70er und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, dramatische Folgen für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, die Beschäftigungslage und die Stabilität Deutschlands.

1.3 Die politische Dimension der maritimen Abhängigkeit Deutschlands

Das sicherheitspolitische Umfeld Deutschlands ist heute stärker durch veränderte Risiken und neue, anders geartete Bedrohungen gekennzeichnet. Derzeit und auf absehbare Zeit gibt es kaum eine ernsthafte Gefährdung des eigenen deutschen Territoriums durch konventionelle Streitkräfte, gleichwohl ist das internationale Umfeld Deutschlands nicht frei von militärischen und nicht-militärischen Risiken, die die Sicherheit und Stabilität gefährden und bedrohen. Unge- löste politische, ethnisch-religiöse und wirtschaftliche Konflikte im Verbund mit der weltweiten Reichweite des internationalen Terrorismus bedrohen unsere freiheitliche und moderne Zivilisa- tion mit ihren Errungenschaften wie Freiheit, Menschenrechte, Offenheit, Toleranz und Vielfalt. Sie wirken auch unmittelbar auf die freien Seeverbindungen und den freien Warenaustausch mit den internationalen Märkten, auf den Deutschland unmittelbar angewiesen ist. Hierauf muss die deutsche und die europäische Politik Antworten finden und Interessen defi- nieren, denn über die rein wirtschaftlichen Aspekte hinaus haben freie Seeverbindungen für Deutschland, für die NATO und für die EU auch eine entscheidende Bedeutung für den inneren Zusammenhalt sowie die künftige politische und wirtschaftliche Entwicklung.

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Die sicherheitspolitische Lage erfordert deshalb eine auf Vorbeugung und Eindämmung von Krisen und Konflikten zielende Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die das gesamte Spektrum sicherheitspolitisch relevanter Instrumente und Handlungsoptionen umfasst und auf gemeinsa- mem Handeln mit Verbündeten und Partnern aufbaut. Die Lösung der vielfältigen regionalen Krisen und Konflikte bleibt dabei von herausragender Bedeutung für Sicherheit und Stabilität und für den ungehinderten Warenaustausch auf gesicherten Seeverbindungswegen.

„Maritime Abhängigkeiten“ der Bundesrepublik Deutschland (Jahresbericht Flottenkommando 2006)

Dt. Reeder managen mit 2.282 Schiffen die drittgrößte Handelsflotte der Welt

...fossile Energieträger (Mineralöl, Kohle, Erdgas) tragen mit etwa 83% zur Energieversorgung Deutschlands bei...... 97% des Rohöls muss eingeführt werden...... 82% des Erdgases und 60% der Steinkohle stam- men aus Importen...... 41.110 Schiffe werden im internati- onalen Verkehr eingesetzt...... die Welthandelsflotte verfügt über eine Tragfähigkeit von 944,4 Mio. dwt...

...95% des Ferngütertransports im Welthandel werden über den Schiffsverkehr abgewickelt ...

...Freibeuter, Piraten und Seeräuber sind von Anfang an Begleiter der Seeschifffahrt ...... 90% des Außenhandels und über ...bisher weltweit 4.061 Überfälle von Piraten, Seeräubern 40% des Binnenhandels der EU-25 und Terroristen auf Handelsschiffe... erfolgen auf dem Seeweg...... 2005: 276 Überfälle auf Handelsschiffe; 440 Crewmit- glieder als Geiseln, 12 werden vermisst, 24 wurden ver- letzt...

Dabei verdienen aus maritimer Sicht diejenigen Krisenzonen besondere Beachtung, die ent- lang der Seeverbindungen Europas („Sealines of Communication [SLOC]“), im Nahen Osten und an den Meerengen liegen, in denen sich die Schifffahrt zwangsläufig küstennah bündelt und deshalb besonders verwundbar ist. Deutsche Sicherheitspolitik muss im vereinten Europa und im Bündnis neue Möglichkeiten zur Risikovorsorge und zu internationalen Konfliktlösungen entwi- ckeln, und zwar gemeinsam mit Verbündeten und Partnern in der NATO und der EU sowie in Zusammenarbeit mit Deutschland partnerschaftlich verbundenen Staaten. Nur so können Chan- cen für eine regionale und auch weltweit angelegte Sicherheitsvorsorge genutzt und sicher- heitspolitische Risiken verringert werden. Das Bündnis hat sich an das veränderte sicherheitspolitische Umfeld angepasst, damit es auch in Zukunft seine zentrale Rolle in der internationalen Risikovorsorge, im Krisenmanagement und in der Konfliktbewältigung wahrnehmen kann. Die Schwerpunkte des neuen strategischen Kon- zeptes der NATO haben sich von der Abschreckung und Abwehr einer groß angelegten Aggres- sion hin zur Vorsorge gegen alte und neue Sicherheitsrisiken, vor allem zur Abwehr asymmetri- scher Bedrohungen, verlagert. Die neue Sicherheitsarchitektur begreift Risiken und Abhängig- keiten nicht nur in militärischer, sondern auch in wirtschaftlicher, kultureller, ethnischer und ökologischer Dimension. So geht das Bündnis davon aus, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit von Maßnahmen zur Krisenbewältigung und Konfliktverhütung ungleich höher einzuschätzen ist als Einsätze im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung. Deshalb sieht die NATO die wesentliche Aufgabe der Streitkräfte des Bündnisses mehr darin, auf Krisen innerhalb eines breit angelegten sicherheitspolitischen Ansatzes politischer Maßnah- men reagieren und einen wirksamen Beitrag zur Lösung derartiger Krisen leisten zu können.

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Darauf weisen auch die Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) vom 21. Mai 2003 hin und bilden damit die Grundlage für künftige Einsätze der Bundeswehr. Einsätze zur Konfliktverhü- tung und Krisenbewältigung – einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terroris- mus – werden als die wahrscheinlicheren Aufgaben der Bundeswehr definiert. Die Ausrichtung auf diese wahrscheinlicheren Aufgaben bestimmt in Zukunft maßgeblich Fähigkeiten und Struk- tur der Streitkräfte. Einsätze finden grundsätzlich gemeinsam mit Verbündeten, Partnern und im Rahmen von VN, NATO und EU ohne geografische Eingrenzung statt. Im Rahmen der multinationalen Sicherheitsvorsorge hat die NATO in Ergänzung ihrer opera- tiven Fähigkeiten bei Krisenoperationen und zur Konfliktbewältigung ihr bisher ausschließlich auf die Kontrolle der Handelsschifffahrt ausgerichtetes „Shipping Concept“ weiterentwickelt: Bei „Maritime Interdiction Operations“ (MIO) und anderen militärischen Krisenoperationen des Bündnisses bildet das Konzept „NCAGS“3 den Rahmen für eine effektive Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt. NCAGS stellt die Fähigkeit zum Lagebild- und Informationsaustausch im Operationsgebiet sicher und bietet dem Joint Forces Maritime Component Command (JFMCC) Handlungsmöglichkeiten bis hin zu Maßnahmen der Schifffahrtlenkung in Krisengebieten. Die Verantwortung für die Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt obliegt dem NCAGS Com- mander, der auf operativer Ebene die zugewiesenen Elemente der NCAGS-Organisation führt4. Der Schutz der deutschen Schifffahrt ist eine nationale Aufgabe5. Die Verantwortung dafür obliegt im Frieden und in Krisen- sowie Konfliktsituationen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Das BMVBS koordiniert alle Maßnahmen der „Zi- vilverteidigung Seeschifffahrt“ und überträgt einzelne Zuständigkeiten an Dienststellen ihres nachgeordneten Bereichs. Im Rahmen der gemeinsamen überstaatlichen Risikovorsorge erfolgen Schutz und Zusam- menarbeit mit der Handelschifffahrt stets gemeinsam mit den Partnern im Bündnis und im Rah- men von Systemen kollektiver Sicherheit. Die Deutsche Marine leistet im Rahmen der Ressortzu- ständigkeit ihren nationalen Beitrag zum militärischen Schutz der Handelsschifffahrt. Eine be- sondere Bedeutung kommt dabei der Marineschifffahrtleitung (MSLtg) zu, die sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Fachexpertise von Reserveoffizieren aus der Handels- schifffahrt stützt. Die konzeptionellen Grundlagen für Marineschifffahrtleitung leiten sich aus dem „Shipping Concept“ der NATO ab. Die konzeptionellen Grundlagen von NATO-NCAGS sind in der MC 376/1 „NCAGS – Naval Co-operation and Guidance for Shipping“ vom Oktober 2003, die Einsatzgrund- sätze und -verfahren in der ATP 2 Vol I niedergelegt. Sie sind auch Grundlage für die Aufgaben- wahrnehmung bei MSLtg/NCAGS außerhalb von NATO-Operationen.

3 NCAGS – NATO Naval Co-operation and Guidance (MC 376/1) 4 BMVg FüM III3 Az 57-71-01 vom 26.04.2005 „Einsatz- und Ausbildungskonzept für die deutsche Marine- schifffahrtleitorganisation“ 5 Einsatz- und Ausbildungskonzept für die deutsche Marineschifffahrtleitorganisation, a.a.O. Seite 5f

1 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

1.4 Die maritime Abhängigkeit Deutschlands – ein Überblick über Schiff- fahrt und Schiffbau, Seeverkehr, Seetransport und Fischerei, Mariti- me Sicherheit und Meeresforschung

1.4.1 Das Maritime Interesse Deutschlands

Die Seeschifffahrt hat eine außerordentliche Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutsch- land. Die Leistungsfähigfähigkeit des Seeverkehrs ist eine entscheidende Voraussetzung für den Transport von Gütern und Rohstoffen, ohne die unsere exportorientiert Volkswirtschaft nicht wettbewerbsfähig wäre. Über 50% der Weltbevölkerung sind heute an Küsten zu Hause. In wenigen Jahren werden es nach Schätzungen der Vereinten Nationen 60% sein. Ozeane bedecken 71% der Erdoberfläche. Unter den Nationen der Erde befinden sich 43 kleine Inselstaaten. Küsten sind die Kristallisati- onspunkte für Handel und Wirtschaft. Der gesamte Welthandel ist ohne die Schifffahrt nicht vorstellbar. 95% des Ferngütertrans- ports im Welthandel werden über den Schiffsverkehr abgewickelt. 90% des Außenhandels und über 40% des Binnenhandels der EU-25 erfolgen auf dem Seeweg. Die Bewältigung des EU- und weltweit anwachsenden Güterverkehrsaufkommens bedeutet für die Verkehrswirtschaft eine besondere Herausforderung zur Sicherstellung leistungsfähiger Seeverkehre und Seeverkehrs- träger; sie sind die Grundlage für eine funktionsfähige maritime Wirtschaft und Industrie. Deutschland ist ein exportorientiertes Land und lebt von einer erfolgreichen Außenwirt- schaft. 20% des deutschen Außenhandels werden über den Seetransport abgewickelt. Über 60% der deutschen Außenhandelsumsätze (Exporte und Importe) werden im Warenver- kehr mit Ländern der EU-25 getätigt. Auf den Handel mit anderen europäischen Ländern (au- ßerhalb der EU) entfallen knapp 12% der Außenhandelsumsätze , fast 14% auf den Handel mit Asien, 9% auf den Handel mit der NAFTA, 2% auf den Handel mit Afrika und 1,6% auf den Handel mit Zentral- und Lateinamerika (ohne Mexiko) sowie 0,6% auf den Handel mit Australien und Ozeanien. Die maritime Industrie und der Transport von Industriegütern und Rohstoffen über See, auf Küsten- und Binnenwasserstraßen sind von existentieller Bedeutung, ohne die unsere exportori- entierte Volkswirtschaft nicht wettbewerbsfähig wäre. Damit kommt der Seeschifffahrt und der gesamten maritimen Industrie mit ihren verknüpften Aktivitäten im Handel und Güterverkehr eine besondere Bedeutung zu. Gerade vor dem Hintergrund der Rohstoffabhängigkeit Deutschlands erwächst der Schifffahrt eine besondere Bedeutung. Der Gesamtbereich der Seeschifffahrt und der maritimen Industrie stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, ist ein entscheidender Faktor für die Stabilität in Deutschland und ein unerlässlicher Faktor für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die ent- scheidende Grundlage dafür ist eine angemessene, hochwertige und leistungsfähige nationale Handelsflotte mit dem entsprechenden qualifizierten seemännischen Personal. Der Schifffahrtsstandort Deutschland ist geprägt von einer wachsenden Handelsflotte unter deutscher Flagge und einer immer größer werdenden Handelsflotte unter deutschem Manage- ment (2.828 Schiffe). Die deutsche Handelsflotte und die Handelsflotte unter deutschem Mana- gement ist ein bestimmender Faktor in EU und im Bündnis und die Basis für die Wahrnehmung der sicherheitspolitischen und außenwirtschaftlichen Interessen Deutschlands. Sie ist sozusagen ein strategischer Faktor für die Sicherheit unseres Landes. Unter Umweltgesichtspunkten nimmt die Schifffahrt beim Energieaufwand pro Ladungston- ne vor allen anderen Verkehrsträgern mit Abstand den ersten Platz ein. Weiterhin trägt der Schiffsverkehr dazu bei, die Überlastung der landgebundenen Verkehrsträger nicht noch weiter zu steigern bzw. zu verringern. Deshalb haben Kurzstreckenseeverkehre und Hafenausbaupro- jekte hohe politische Priorität auf nationaler und europäischer Ebene. Seeverkehr und Hafenwirtschaft gehören zu den Haupt-Wachstumsbranchen. Nord- und Ost- see gehören zu den am meisten und dichtesten befahrenen Gewässern der Welt und die See- schifffahrt, über die ca. 20% des deutschen Außenhandels abgewickelt werden, ist von erhebli- cher Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

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Dabei unterscheiden sich der Nord- und Ostseeraum grundlegend, der von einer insgesamt knapp 3.400 km langen Küstenlinie (2.100 km in der Ostsee, 1.300 km in der Nordsee) geprägt werden. In der Nordsee ist der Schiffsverkehr zwischen einigen der bedeutendsten europäi- schen Häfen (u. a. und Bremerhaven) maßgeblich. Als Teil der maritimen Verbundwirt- schaft steht die Seeschifffahrt in enger Verbindung mit der Hafenentwicklung, dem Schiffbau, der Küsten- und Binnenschifffahrt sowie der Anbindung an die Landverkehrsnetze. Die Entwick- lung der letzten zehn Jahre wurde durch die anhaltend hohen Wachstumsraten im Container- umschlag bestimmt (insgesamt ca. 120%), gleichzeitig entfallen etwa die Hälfte der Schiffsbe- wegungen auf den Fährverkehr. Mehr als 173 Handelsschiffe passieren täglich die Ostsee, das sind gut 63.200 Schiffe im Jahr, davon etwa 8.200 Rohöltanker. Verkehrsexperten rechnen bis 2010 mit einer Steigerung der Öl- und Chemietransporte in der Ostsee um 60% auf 160 Mio. t pro Jahr, insbesondere durch die Erweiterung des russischen Ölexports über die Ostsee. Rund 250.000 Beschäftigte arbeiten in der Hafenwirtschaft und erwirtschaften jährlich einen Umsatz von etwa 54,4 Mrd. EUR. Seeschifffahrt, Schiffbau, leistungsfähige Häfen, maritime For- schung und die Mitwirkung am politischen Gestaltungsprozess zur Durchsetzung des internatio- nalen Seerechts sind Kernbereiche unseres nationalen maritimen Interesses. Die Sicherung des maritimen Know-hows und die Sicherung der Beschäftigung in der Seeschifffahrt am Schiff- fahrtsstandort Deutschland sind das auf die Zukunft gerichtete Ziel der maritimen Strategie unseres Landes.

1.4.2 Schifffahrtsstandort Deutschland

Eine angemessene nationale Handelsflotte ist die Grundlage für die Vertretung unserer schifffahrtspolitischen Interessen auf internationaler Ebene, sie ist die entscheidende Vorausset- zung, um als Schifffahrtsnation akzeptiert zu werden. Nur so kann sich Deutschland als Schiff- fahrtsnation und international bedeutender Schifffahrtsstandort wirksam in die internationale Schifffahrtspolitik einbringen, um neue Rahmenbedingungen für Schiffssicherheit, Meeresschutz und internationale Marktordnungen bei Seetransport und Fischerei wirksam entwickeln zu kön- nen. Eigene Seetransportkapazitäten in ausreichendem Maße verringern darüber hinaus die Ab- hängigkeit von fremden Verkehrsträgern in Krisen und Konfliktsituationen. Die deutsche Han- delsflotte und in einem noch stärkeren Maße die Deutsche Marine sind auf eine einheimische leistungsfähige, innovative und international kooperations- und konkurrenzfähige maritime Industrie in Schiffbau und Meerestechnik angewiesen. Dafür gilt es, angemessene industrielle Kapazitäten und technologisches „Know how“ bereit zu halten und bei Bedarf an die Entwick- lungen anzupassen. Die Zunahme des Welthandels und die Ausweitung der außenwirtschaftlichen Handelsbezie- hungen Deutschlands im internationalen Warenverkehr verstärken die Nachfrage nach Schiff- fahrtsdiensten. Der pazifische Raum gewann in den letzten Jahren zunehmend an wirtschaftli- cher Bedeutung, insbesondere durch das überproportionale Wachstum der chinesischen Wirt- schaft. Von dieser Entwicklung profitiert die deutsche Handelsschifffahrt ganz besonders, weil sie nicht nur am direkten Seehandel Deutschlands mit anderen Staaten, sondern auch am soge- nannten Cross-Trade zwischen Drittstaaten beteiligt ist. Mindestens drei Viertel der deutschen Handelsschiffstonnage ist im Cross Trade beschäftigt, der für sie damit weitaus bedeutender ist als der Transport von Gütern aus bzw. nach Deutschland. Die Handelsbeziehungen zwischen Europa und Asien über die beiden großen deutschen Seehäfen stellen eine der größten Han- delsachsen überhaupt dar, was in der Zunahme der Transportleistung besonders deutlich wird: Die Transportleistungen der deutschen Seeschifffahrt sind seit 1995 von etwa 4,5 Mrd. EUR auf mehr als 15 Mrd. EUR in 2005 angewachsen. Den Reedereiunternehmen in Deutschland geht es im Rahmen der sich anhaltend positiv entwickelnden Weltwirtschaft wirtschaftlich sehr gut. Deutschland ist mittlerweile der drittgröß- te Schifffahrtsstandort in der Welt, im Marktsegment der Containerschifffahrt sind die deut- schen Reeder und Schifffahrtsunternehmen weltweit mit Abstand führend.

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Die deutschen Reedereiunternehmen entwickeln sich in einem von der deutschen Politik be- sonders gestärkten Schifffahrtsstandort Deutschland. Gemeinsam haben Politik und Gewerk- schaften, Reeder und maritime Wirtschaft, Seehäfen und Seehafenbetriebe in einem „Nationa- len Bündnis für die Schifffahrt“ entscheidende Weichen für eine insgesamt positive Entwicklung des gesamten Seeverkehrsbereichs gelegt: neue Handelstonnage wird verstärkt unter die deut- sche Flagge zurückgeholt, zusätzliche Bordarbeits- und -ausbildungsplätze für dt. Personal wer- den geschaffen und die Rahmenbedingungen für die maritime Verbundwirtschaft werden neu gestaltet. Als direkte Auswirkung des „Nationalen Bündnisses“ ergaben sich in 2005 für die ge- währten Zuschüsse Nettorückflüsse aus Steuern und Abgaben in Höhe von 167 Mio. EUR, der mittelbare volkswirtschaftlichen Nutzen beläuft sich sogar auf gut 1.125 Mrd. EUR. Bis Ende 2005 wurden insgesamt 3.000 neue Arbeitsplätze an Land und Bord geschaffen. In Deutschland bereedern etwa 390 Reedereien Fracht- und Fahrgast- schiffe, Fischereifahrzeuge, Schlepper Handelsschiffe in Disposition dt. Reeder und andere Schiffe. Die deutschen Reeder kontrollierten am 30.04.2006 2006 2.828 insgesamt 2.828 Handelsschiffe, 588 2005 2.647 davon unter deutscher Flagge 2004 2.448 (20,8%). Der größere Teil ist jedoch 2003 2.409 ausgeflaggt: 1.883 Schiffe unter Ba- 2002 2.230 reboat-Charter nach den Bedin- 2001 2.110 gungen des §7 Flaggenrechtsgesetz 2000 2.010 (deutsches Register – fremde Flagge, 1998 1.783 begrenzt auf jeweils 1-2 Jahre unter 1990 1.518 Vorbehalt des Widerrufs durch die 1980 1.900 Bundesregierung) und 357 Schiffe mit 1970 2.578 8,6 Mio. BRZ unter ausländischer 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Flagge in ausländischen Registern. Disposition dt. Reeder dt. Flagge Bareboat-Charter Damit könnten in einer Krise bzw. einem internationalen Konflikt etwa 87% der von deutschen Reedern kon- trollierten Handelsschiffe (588 deut- sche Flagge plus 1.883 in Bareboat-Charter) bzw. 83,7% des von ihnen kontrollierten Transport- raums im Bedarfsfall zur Gewährleistung der Versorgung von Bevölkerung, Wirtschaft, Industrie und Streitkräften unter die Kontrolle der Bundesregierung gebracht werden (vgl. VerkLG vom 23.07.2004 - BGBl 2004 I Nr. 39 vom 28.07.2004). Der Anteil der Handelsschiffe unter deutscher Flagge und in Bareboat-Charter ist seit 2000 von 1.573 auf 2.471 Schiffe und damit um 57% gestiegen, wobei die Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge im gleichen Zeitraum von ehemals 692 auf jetzt 588 zwar objektiv gesunken ist, gleichwohl im letzten Jahr aufgrund der Vereinbarungen der NMK (Nationale Maritime Kon- ferenz) um 37 Schiffe, entsprechend 10%, wieder angestiegen ist. Diese auch aus sicherheitspoli- tischer Sicht ausgesprochen positive Entwicklung trägt erheblich zur Stärkung des Schifffahrts- standorts Deutschland bei. An den weltweiten Seetransportkapazitäten (41.110 Handelsschiffe) sind die deutschen Reeder und Schifffahrtsgesellschaften mit 6,9% der von ihnen gemanagten Handelsschiffe (2.828) und mit gut 7% der Transporttonnage (71,5 Mio. dwt) beteiligt und belegen dabei jeweils den dritten Platz in der Rangfolge. Unter deutscher Flagge fahren dabei nur 1,4% der Schiffe mit einem etwa gleichen Anteil an der Transporttonnage. Das entspricht in etwa dem deutschen Anteil (1,2%) an der Weltbevölkerung. Im europäischen Vergleich beträgt der Anteil der Handelsschiffe unter deutscher Flagge rund 6% und die Seetransportkapazität etwa 6,4% bei einem Bevölkerungsanteil von annähernd 17% an der Gesamtbevölkerung der EU-25. Die von deutschen Reedern kontrollierte Containerflotte ist die größte der Welt. Die deut- schen Reeder und Schifffahrtsgesellschaften besitzen mit 1.157 Containerschiffen ein Drittel (33,1%) der weltweiten Containertransportkapazitäten und bereedern darin einen weltweiten Tonnageanteil von 32,6% (36,4 Mio. dwt). Betrachtet man allein nur die deutsche Flagge, so machen Containerschiffe einen Anteil von gut 87% der Schiffe unter deutscher Flagge aus.

1 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

In direktem Zusammenhang mit den Vereinbarungen der NMK nehmen auch die Bordar- beitsplätze für deutsches seefahrendes Personal auf den Schiffen unter deutscher Flagge wieder zu: Ende 2005 fuhren 6.537 deutsche Seeleute unter deutscher Flagge , ein Zunahme um 11,5%. Unter fremder Flagge fuhren schätzungsweise weitere 2.500 bis 3.000 deutsche Seeleute, darunter 1.127 deutsche Seeleute auf deutschen Handelsschiffen unter fremder Flagge.

1.4.3 Schiffbau und Maritime Industrie

Dem Schiffbau und der maritimen Industrie insgesamt kommt eine strategische Schlüsselrolle zu. Im Zentrum stehen technologische Führung, Innovation, Forschung und Entwicklung. Der Schiffbau bleibt ein Hochtechnologie-Sektor, der für eine moderne Industriegesellschaft unver- zichtbar ist, denn die Wertschöpfung ist außerordentlich hoch. Die Meerestechnik gewinnt zu- nehmend an Bedeutung, vor allem für eine nachhaltige Nutzung der Meere als Transportweg, Rohstofflieferant und Nahrungsquelle. Insgesamt stellt die deutsche maritime Industrie – Schiffbau, Schiffbau- und Offshore- Zulieferer sowie die meerestechnischen Hersteller – mit mehr als 100.000 Beschäftigten und einer Wertschöpfung von rund 15 Mrd. EUR einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, der insbeson- dere in den strukturschwächeren Küstenregionen gute Beschäftigungsperspektiven bietet. Die nationale und europäische Schiffbauindustrie steht in Konkurrenz mit den Werften in Südostasien, vornehmlich in Südkorea, künftig verstärkt auch in China. Insbesondere „Schiffe von der Stange“ können in Südostasien wesentlich kostengünstiger gebaut werden als in Euro- pa. So hält die Tendenz deutscher Reeder weiter an, Standardschiffe - insbesondere große Con- tainerschiffe - in Korea und China zu ordern, während Spezialschiffe und hochwertige Passagier- schiffe mit hohen Sicherheitsstandards in Deutschland und anderen Ländern Europas bestellt werden. Die deutsche Schiffbauindustrie konnte ihre technologische Spitzenstellung halten und bleibt in Europa die Nr. 1 und weltweit die Nr. 4 nach Südkorea, Japan und China. 140 In 2005 lieferten die deutschen 120 Seeschiffswerften 69 Neubauten 96 ab. Betrachtet man die Neubauor- 100 83 ders (157 Schiffe), so ist eine er- freuliche Tendenz festzustellen: es 80 67 62 60 69 konnten deutlich mehr neue Auf- 60 53 68 63 träge hereingeholt werden, die 61 eine mittelfristige Auslastung der 40 Werften bis 2009 sicherstellen. Die 20 Werftumsätze in 2005 beliefen sich auf 6,1 Mrd. EUR: 60% entfielen 0 auf den Handelsschiffbau, etwa 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 25% auf den Marineschiffbau und 12% auf Reparaturen und Umbau- ten. Der Rest von etwa 3% entfiel auf Binnenschiffs-, Boots und Yachtbau sowie schiffbaufremde Aktivitäten. Aufgrund der guten Auslastung konnten die deutschen Werften den Umfang ihrer Belegschaften im Wesentlichen mit 22.889 Mitarbeiter halten (Stand: Ende 2005). Der Gesamtumfang der weltweiten Zulieferungen für den Schiffbau beträgt etwa 61 Mrd. EUR, auf die europäischen Schiffbauzulieferindustrie entfällt dabei ein Marktvolumen von etwa 20 Mrd. EUR. Die deutsche Schiffbauzulieferindustrie ist nach Japan die zweitgrößte der Welt und umfasst einschließlich des Offshore-Bereichs und Dienstleistungen bundesweit schätzungs- weise 400 Betriebe mit rund 70.000 Beschäftigten. Die Betriebe erwirtschaften einen Jahresum- satz von etwa 9,3 Mrd. EUR, wovon gut 76% auf den Handelsschiffbau, etwa 20% auf den Ma- rineschiffbau und rund 4% auf die Meerestechnik entfallen.

1 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Als wichtiger Bereich der nachhaltigen Nutzung der Meere gewinnt die Meerestechnik zu- nehmend an Bedeutung. Meerestechnik umfasst heute alle industriell-technischen Aktivitäten zur Nutzung und auch zum Schutz der Meere über Schifffahrt und Fischerei hinaus. Die Offsho- re-Technik für die Gewinnung von Erdöl/Erdgas aus dem Meer ist der bedeutendste Bereich der Meerestechnik. Das weltweite Marktpotenzial der Meerestechnik (nicht-schiffbauliche maritime Technik) wird auf über 150 Mrd. EUR Jahresumsatz geschätzt und ist damit schon heute ein dem Schiffbau vergleichbarer wirtschaftlicher Faktor. Den größten Anteil daran hat die Offshore- Technik zur Gewinnung von Öl und Gas mit ca. 80 Mrd. EUR. Deutsche Unternehmen haben dar- an einen Anteil von etwa 2,6% (ca. 4 Mrd. EUR).

1.4.4 Seewärtiger Welthandel

Ausgehend von dem ausnehmend guten Wachstum der Weltwirtwirtschaft in 2004 mit der dritthöchsten Wachstumsrate von 9% seit Mitte der 70ger Jahre entwickelte die Weltwirtwirt- schaft auch in 2005 ein stabiles Wachstum von 6,7%. Getragen wird das Wachstum durch die anhaltende Nachfrage nach Rohstoffen und Energie (Rohöl, Kohle), deren Anteil an der Welt- wirtschaft um 16% anstieg. In der Prognose für 2006 erwartet die WTO eine Fortsetzung die- ses stabilen Trends mit einem Wachstum der Weltwirtschaft um 3,5%, trotz des rasanten An- stiegs des Ölpreises. Dieses Wachstum wirkt sich auch anhaltend belebend auf den seewärtigen Welthandel aus, der um etwa 7% ansteigen wird. Träger des Wachstums sind China (+8,5%), das übrige Asien und die GUS (+6,5%). Für Europa wird ein Wachstum von 3,6% erwartet. Entwicklung im seewärtigen Welthandel Im Allgemeinen werden 95% des 8.000 6.784 Ferngütertransports im Welthandel 7.000 in Mio. t 6.542 über den Schiffsverkehr abgewickelt. 6.000 Ein Drittel der weltweiten Schiffsbe- 5.000 5.820 6.133 wegungen haben ihren Ziel- oder 4.000 5073 3.977 3.000 Abfahrtshafen in der Europäischen

2.000 Union. 90% des Außenhandels und

1.000 über 40% des Binnenhandels der EU- 1990 1995 1998 2000 2002 2003 2004 2005 25 erfolgen auf dem Seeweg. Für die Menge in Mio t Industriestaaten hat dabei die Zufuhr von Rohstoffen, vor allem von Rohöl, eine außerordentliche Bedeutung: 26% des seewärtigen Welthandels von 6,78 Mrd. t entfällt auf den Transport von Rohöl (1,82 Mrd. t). Das Rohöl deckt immerhin 37% des Primärenergiebedarfs der Welt. Mit der Stabilisierung der weltweiten Wirtschaft stieg auch wieder die Nachfrage an See- transportkapazitäten, insbesondere bei Tankern und Containerschiffen. Mit der Expansion des seewärtigen Welthandels Tragfähigkeit der Welthandelsflotte erhöhte sich dessen Transportvolumen, stieg (944,4 Mio. dwt) das Tonnageangebot der Welthandels- flotte um 6% auf 944 Mio. dwt. Den 97,4 5,9 größten Anteil an der Welthandelstonnage 111,7 353,5 haben Rohöltanker mit 37,4% (353,5 Mio. dwt), gefolgt von den Massengutschiffen mit 36,2% (341,7 Mio. dwt). Den größten 341,7 34,2 Zuwachs in der Welthandelsflotte erzielten im vergangenen Jahr jedoch die Container- Ro hö lt anker Sp ezialt anker schiffe mit 12,6% auf 111,7 Mio. dwt, ge- M assengut schif f e Cont ainerschif f e folgt von der Flotte der Spezialtanker mit General-Cargo-Schiffe Passagierschiffe 8,2% Zuwachs auf 34,2 Mio. t dwt.

1 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

1.4.5 Deutscher Außenhandel und seewärtiger Außenhandel

Im deutschen Außenhandel (Ge- neralhandel6) wurden im Jahr 2005 Entwicklung dt. Außenhandel insgesamt 907,7 Mio. t (-0,4%) mit

1500 einem Wert von 1.419,3 Mrd. EUR (+7,3%) über die Grenzen transpor- 1.201,46 1.419,30 in Mrd. EUR 1250 tiert. Der Anteil der Ausfuhren be- 1.152,18 1.316,38 1.178,23 1000 849,9 trug 349,9 Mio. t (+0%) mit einem 907,7 641,32 915,3 in Mio. t Wert von 790,2 Mrd. EUR (+6,9%), der 750 820,3 818,4 Anteil der Einfuhren betrug 557,8 500 573,4 Mio. t (-0,6%) mit einem Wert von 1990 1995 2000 2001 2002 2003 2004 2005 629,1 Mrd. EUR (+7,8%).

Menge in Mio t Werte in Mrd. EUR Der Gesamtumfang des seewärti- gen deutschen Außenhandels be- misst sich nach dem Seegüterumschlag in den deutschen Seehäfen. Jährlich laufen etwa 143.000 Seeschiffe die deutschen Seehäfen an Nord- und Ostsee an, davon 65% die Nordseehäfen. Etwa 25% des „verdienenden Schiffsraumes“ fährt unter deutscher Flagge. Dabei wurden in 20047 rund 176,7 Mio. t Seegüter umgeschlagen, bei einem Gesamtgü- terumschlag in den Seehäfen von 271,8 Mio. t. Der Seegüterumschlag belief sich damit auf 2,7% des Welthandelsvolumens von 6,5 Mrd. t. Im seewärtigen deutschen Außenhandel wurde in 2004 mit 176,7 Mio. t knapp ein Fünftel (19,3%) des gesamten deutschen Außenhandelsvolumens über deutsche Seehäfen ab- gewickelt und erzielte einen Wert von 213,1 Mrd. EUR (16,2%). Hierbei wird nicht Entwicklung seewärtiger Außenhandel der Teil des deutschen Außenhandels 213,1 erfasst, der über ausländische Seehäfen 210 in Mrd. EUR transportiert wird, wie z.B. über Rotterdam, 199,5 176,7 wo rund 30% mehr Güter für Deutschland 170 137,6 164,4 umgeschlagen werden, als in Hamburg. in Mio. t

Zum Vergleich: im Straßenverkehr 130 wurde mit 202,7 Mio. t nur unwesentlich 115,8 mehr über die Grenzen transportiert, 90 allerdings mit 520 Mrd. EUR deutlich mehr 1995 2000 2001 2002 2003 2004 verdient. Diese Tendenz gilt grundsätzlich auch für 2005, obwohl dazu keine statisti- Menge in Mio t Werte in Mrd. EUR schen Daten vorliegen.

1.4.6 Seegüterumschlag in deutschen Seehäfen

Nimmt man die gesamte Umschlagsleistung der deutschen Seehäfen zusammen, so wur- den in 2005 insgesamt 284,9 Mio. t Güter im seewärtigen Außenhandel und Intrahandel um- geschlagen. Ein beträchtlicher Anteil des Güterumschlags entfiel mit 97,9 Mio. t auf den Con- tainerverkehr, der um 11,9% auf 12,1 Mio. TEU stieg. Hamburg bleibt mit einem Anteil von 38% (108,3 Mio. t) am gesamten deutschen Seegü- terumschlag der größte Container- und Stückguthafen: 8,08 Mio. TEU (66,8% des gesamten Con- tainerumschlags) und gut 68,2 Mio. t Stückgut wurden umgeschlagen. Mit seinen intermodalen und logistischen Verkehrsverbindungen weit in das europäische Binnenland hinein ist Hamburg das Außenwirtschaftszentrum Deutschlands.

6 Nur Generalhandel: alle nach Deutschland eingehenden und alle aus Deutschland ausgehenden Waren in besonderer Nachweisung der auf Lager (Freizone und Zolllager) eingeführten ausländischen Waren sowie einiger Sonderfälle. 7 Statistische Daten liegen nur für 2004 vor! Für 2005 stehen keine detaillierte Außenhandelsdaten für die einzelnen Verkehrsträger zur Verfügung.

1 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

16% des deutschen Seegüterumschlags (37,9 Mio. t) bewältigen die Bremischen Häfen. Bremerhaven entwickelte sich zum zweitgrößten deutschen Containerumschlagplatz mit gut 3,74 Mio. TEU und zu Europas zweitgrößtem Automobilumschlagplatz nach Zeebrügge mit rund 1,6 Mio. Kfz. Wilhelmshaven ist größter deutschen Massenguthafen und größter Ölumschlaghafen. Mit 32,1 Mio. t werden hier etwa 78% des Rohölumschlags aller deutscher Seehäfen und etwa 28,6% des gesamten Rohölimports Deutschlands umgeschlagen. Rostock und Lübeck sind die umschlagstärksten Ostseehäfen im Fähr- und Ro/Ro-Verkehr, wobei Lübeck (18,8 Mio. t) durch seine Nähe zu Hamburg einen wesentlichen Teil des Feederver- kehrs in der Ostsee für sich beansprucht. In Konkurrenz dazu entwickelt sich Rostock (17,1 Mio. t) zunehmend zur Drehscheibe für den Seegüterverkehr in der Ostsee. Puttgarden bleibt mit seinem hochfrequenten Fährverkehr über den Fehmarn Belt der deut- sche Seehafen mit den meisten Passagieren (6,76 Mio.) pro Jahr. Im europäischen Binnenmarkt sind die großen deutschen Seehäfen nicht mehr Randlage, sondern Zentren und Schnittstellen im multimodalen Verkehrsnetz, weil sie sich zu Drehscheiben im internationalen Containerverkehr entwickelt haben. Vor allem die Bereiche Distribution und Logistik, welche eine zunehmend größere Zahl außenhandelsgebundener Arbeitsplätze schaf- fen, stehen dabei im Mittelpunkt. Damit wird auch deutlich, dass eine Unterbrechung der Ener- gie- und Rohstoffzufuhr sowie des Warenaustausches über See unsere Wirtschaft ernsthaft be- einträchtigen und die Arbeitslosenproblematik deutlich verschärfen würde.

1.4.7 Energieversorgung und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands

Die Abhängigkeit Deutschlands von einer sicheren Rohstoffzufuhr ist besonders markant. Deutschland ist bis zu 100% auf die gesicherte Zufuhr wichtiger Rohstoffe wie Mangan, Chrom, Kupfer, Titan und Eisenerz angewiesen. Rohöl deckt rund 36% des deutschen Primarenergiebe- darfs und bleibt mit Abstand wichtigster Steinkohleimporte nach ausgewählten Energieträger, muss aber zu gut 97% einge- Herkunftsländern (in Mio. t SKE) führt werden. Erdgas hat einem Anteil von gut 23% an der Energiebedarfsdeckung, 2,97 3,00 muss aber zu fast 82% importiert werden. 2,81 Der Anteil der Steinkohle an der Energie- 6,05 bedarfsdeckung beträgt 13%, der der 26,40 Braunkohle 11%. Steinkohle muss zu 60% 9,66 importiert werden. Die fossilen Energieträ- ger (Mineralöl, Kohle, Erdgas) tragen damit zu etwa 83% zur Energieversorgung bei, die Inland Polen Südafrika Australien Kernenergie mit gut 13% und die erneuer- baren Energien mit gut 4%. Besonders kritisch bleibt die Versorgung mit Rohöl aus dem islamischen Krisenbogen des Nahen und Mittleren Ostens. Dort lagern 57% der nachgewiesenen und vor allem auch förderbaren Weltrohölreserven von geschätzten 163,6 Mrd. t: davon allein in Saudi-Arabien Rohöleinfuhr 2005 über 36 Mrd. t und im Iran über 18 Mrd. t. ausgewählte Herkunftsländer Deutschland bezieht aus dieser Region gerade (in 1.000 t) 3% des eigenen Rohölbedarfs, genau so viel, wie im eigenen Land gefördert wird. 4.137 3.405 12.915 In etwa 41 Jahren dürften - den derzeitigen 38.293 4.572 Verbrauch zugrunde gelegt – die wirtschaft- lich gewinnbaren weltweiten Ölreserven er- schöpft sein. 14.559 17.289

Saudiarabien Syrien Lybien Algerien Großbritannien Norwegen Russland

1 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Wie drastisch die Folgen einer auch nur gedrosselten Zufuhr von Rohöl über See für die Funk- tionsfähigkeit unserer Wirtschaft sein können, haben uns die Auswirkungen der Ölkrisen in den Jahren 1973 und 1979 gezeigt. Die Wirtschaftsleistung ging deutlich zurück; im November 1973 wurden zum ersten und bisher einzigen Mal die Autobahnen geschlossen. Unabhängig vom Um- fang unseres sonstigen Warenaustausches über See wird hier die maritime Abhängigkeit Deutschlands besonders deutlich.

1.4.8 Binnenschifffahrt

Die Binnenschifffahrt und ihre Transportleistung ist ein wichtiger Bereich der maritimen Wirt- schaft insgesamt. Deutschland hat in der europäischen Güterbinnenschifffahrt eine herausra- gende Bedeutung. Über 50% aller für die gewerbliche Binnenschifffahrt nutzbaren westeuropäi- schen Wasserstraßen liegen in Deutschland. 50% der gesamten Güterverkehrsleistungen West- europas werden auf deutschen Binnenwasserstraßen erbracht. Die Flussschifffahrt ist das natürli- che Bindeglied im trimodalen Verkehr, das heute bereits alle Seehäfen Europas verbindet und die Hinterlandanbindung der Seehäfen sicherstellt. 7.476 km deutsche Binnenwasserstraßen verbinden die Seehäfen mit rund 250 deutschen Binnenhäfen (öffentliche und Werkhäfen) und die bedeutendsten inländischen Industriezentren untereinander. Der Marktanteil der deutschen Binnenschifffahrt an der gesamten Güterver- kehrsleistung in Deutschland beträgt 15%. Im Berichtsjahr 2005 wurden auf deutschen Binnen- wasserstraßen insgesamt 236,8 Mio. t Güter transportiert. Der direkte Vergleich mit anderen Verkehrsträgern macht deutlich, dass die Binnenschifffahrt z.B. rund 75% des Aufkommens und auch der Verkehrsleistung der Eisenbahn erbringt. So transportieren 7 Binnenschiffe das Trans- portvolumen von 200 Lkw-Ladungen, darüber hinaus sind die Transportkosten mit dem Binnen- schiff je Tonne deutlich günstiger als der Transport mit dem Lkw oder mit der Bahn. Der Containerverkehr wird zunehmend auch zum Wachstumsmotor für die Binnenschiff- fahrt: so nahm die Zahl der transportierten Container in 2005 auf jetzt 2,109 Mio. TEU zu, eine Steigerung zum Vorjahr um knapp 8,5%. Die Drehscheibe des Binnenschiffsverkehrs in Deutschland ist der Rhein mit seiner entschei- denden Verbindung in den Raum Rotterdam und Antwerpen. Dies belegen rund 720 Kilometer Wasserstraßen und 120 Häfen, davon 23 öffentliche und 97 private Werkhäfen. Europas größter Binnenhafen liegt in Duisburg und der größte Kanalhafen Europas in Dortmund. Insgesamt rund 125.000 Arbeitsplätze in NRW sind von der Binnenschifffahrt abhängig. Die im Rheingebiet um- geschlagene Gesamtgütermenge betrug in 2005 insgesamt 173,1 Mio. t. Das hohe Transportaufkommen aus diesem Raum von etwa 64% des gesamten Güterum- schlags aller deutschen Binnenhäfen lässt die Bedeutung Rotterdams und die sehr starke hollän- dische Konkurrenz deutlich werden. Seit 1994 sind die Niederlande die führende Binnenschiff- fahrtsnation auf deutschen Binnenwasserstraßen. Sie dominiert den Gütertransport auf deut- schen Binnenwasserstraßen. Ihr Anteil am Gütertransport liegt bei über 53%, ihre Binnenschiffs- flotte ist nach Anzahl der Schiffe und der Ladekapazität etwa doppelt so groß wie die deutsche. Der Anteil der deutschen Binnenschifffahrtsunternehmen am Gütertransport betrug 2005 nur noch 34,2%. Ende 2005 gab es in Deutschland 3.768 Binnenschiffe zur Güter- und Personenbeförde- rung, darunter 1.918 Trockengüterschiffe, 428 Tankgüterschiffe, 1.000 Fahrgastschiffe und 442 Schub- und Schleppfahrzeuge. 7.612 Personen waren in der Binnenschifffahrt beschäftigt.

1.4.9 Fischerei und Fischwirtschaft

Die geringe Länge und ungünstige geographische Gestalt der deutschen Küsten hat Deutsch- land nur sehr bescheidene Wirtschaftsgewässer in der AWZ, der Ausschließlichen Wirtschaftszo- ne, beschert. Darauf und auf die grundsätzlichen Veränderungen in der EU-Fischereipolitik mit dem Ziel einer bestandsschonenden und nachhaltigen Fischerei ist der heutige geringe Umfang der deutschen Hochseefischereiflotte zurückzuführen. Sie wird darüber hinaus zusätzlich be- grenzt durch die international vereinbarten reduzierten Fangquoten in internationalen und EU- Gewässern.

1 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Ende 2004 umfasste die Fischereiflotte 2.162 Fischereifahrzeuge, davon waren jedoch nur 11 der Großen Hochseefischerei zuzuordnen, darunter 8 Universalfroster. 134 Trawler wurden in Nord- und Ostsee auf Grundfischarten eingesetzt. Der Rest zählt zur Kutter- und Küstenfischerei mit zum Teil geschlossenen und zum überwiegenden Teil offenen Fahrzeugen, fast ausnahmslos Familienbetriebe mit je einem Fahrzeug. Die Hauptfanggründe der deutschen Seefischerei sind die Nordsee und angrenzende Gewässer. Unter Berücksichtigung der international vereinbarten Fangquoten landeten deutsche Fische- reifahrzeuge der Kutter- und Großen Hochseefischerei im Berichtsjahr 2004 gut 257.000 t Fisch an, die Hälfte davon (132.600 t) im Ausland. Sie erzielten dabei einen Erlös von 177,2 Mio. EUR. Statistisch gesehen isst jeder deutsche Verbraucher etwa 13,5 kg Fisch pro Jahr. In der Fischereiflotte waren Ende 2004 2.205 Personen an Bord beschäftigt, davon 307 in der Großen Hochseefischerei. Die vorwiegend mittelständisch ausgerichtete fischverarbeiten- de Industrie beschäftigte 9.004 Mitarbeiter in 88 Betrieben. Diese Betriebe erwirtschafteten einen Jahresumsatz von 1,72 Mrd. EUR (-0,9%).

1.4.10 Maritimer Umweltschutz und Meeresforschung

Die IMO ist die weltweit anerkannte Organisation der Vereinten Nationen zur Entwicklung und Festlegung internationaler Standards für Schifffahrt, Schiffssicherheit und für den Meeres- umweltschutz. Um diese Ziele zu erreichen, hat IMO 40 Konventionen und Protokolle sowie über 800 Verhaltenscodes und Empfehlungen zu Themen der maritimen Sicherheit und der Vermei- dung von Verschmutzung verabschiedet. Zu den wichtigsten Konventionen zählt das MARPOL- Übereinkommen, ein internationales, weltweit geltendes Übereinkommen zum Schutz der Mee- resumwelt durch Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe. Damit erhalten in der IMO beschlossene Vereinbarungen zum Meersumweltschutz quasi weltweiten Normencharakter. „Integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM) ist der dynamische, kontinuierliche, ausgewo- gene und vom Nachhaltigkeitsprinzip geleitete informelle Prozess der systematischen Koordina- tion aller Entwicklungen im Küstenbereich in den durch die natürliche Dynamik und Belastbar- keit gesetzten Grenzen.“ In allen Küstenländern stehen große Küstenbereiche aufgrund ihrer herausragenden Bedeu- tung für Flora und Fauna unter Naturschutz oder bilden Teile von Biosphärenreservaten und Nationalparken. Diese Gebiete stellen zusammen mit weiteren Flächen außerdem Schutzgebiete nach der internationalen Ramsar-Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten und nach der EU- Vogelschutzrichtlinie dar, sind als Particularly Sensitive Sea Area (PSSA) der IMO anerkannt und werden zusammen mit anderen Flächen in der AWZ und im Küstenmeer Bestandteil des noch entstehenden NATURA-2000-Netzwerks. Die Ostsee wurde bereits zu einer „Particularly Sensitive Sea Area“ – PSSA erklärt. Unmittel- bare Auswirkungen auf die Schifffahrt hat dieser Schritt vorerst nicht, erleichtert aber die Durch- setzung weiterer Schutzmaßnahmen. Mit der Ausweisung der Ostsee als PSSA wird international anerkannt, dass dieses Gebiet eines besonderen Schutzes auch gegen Gefahren bedarf, die von der Schifffahrt ausgehen könnten. Die Ostsee hat auf Grund ihres geringen Salzgehaltes und der niedrigen Wasseraustauschkapazität kaum Selbstheilungskräfte, falls es zu einer Verschmutzung durch Öl oder andere gefährliche Stoffe kommt.

1.4.11 Sonstiges

Schon heute befahren schätzungsweise gut 63.000 Schiffe (etwa 173 pro Tag), darunter etwa 8.200 Öltanker, jährlich die Ostsee und passieren auch die Meerengen der südwestlichen Ostsee (Kadetrinne, Fehmarnbelt, Großer Belt, Öresund). Bis 2010 wird eine Steigerung der Schiffstrans- porte um 60%, bei den Ölexporten Russlands über die Ostsee gar eine Verdoppelung alle drei bis fünf Jahre erwartet. Von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung im Seeverkehr der Nord- und Ostsee ist der Nord- Ostsee-Kanal. Er ist eine besonders wichtige internationale Wasserstraße zwischen den Meeren.

1 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Mit 31.444 Schiffspassagen im Durchgangsverkehr ist er genauso stark befahren wie der Panama-Kanal (12.647) und der Suez-Kanal (18.193) zusammen. Die Gütermengen im Durch- gangsverkehr des NO-Kanals sind mit 88,2 Mio. t allerdings von weitaus geringerer Bedeutung als die der beiden großen Kanäle: Panama-Kanal mit 193,82 Mio. t und Suez-Kanal mit 571,1 Mio. t. Das Verkehrs- und Sicherheitskonzept Deutsche Küste besteht aus einer Vielzahl von untereinander verzahnten Komponenten, die ihren Beitrag zur maritimen Verkehrssicherheit leisten. Das Sicherheitskonzept differenziert nach Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen setzt auf die Vorbeugung und grundsätzliche Vermeidung von Schiffsunfällen sowie die Minimierung und Bekämpfung bereits eingetretener Schäden nach Schiffsunfällen. Die Koordination aller Maßnahmen des maritimen Sicherheitskonzepts und des Umweltschutzes, zur Sicherheit des Schiffsverkehrs, des polizeilichen Grenzschutzes, des Zolls sowie des Fischereischutzes in Nord- und Ostsee erfolgt im Koordinierungsverbund „Küstenwache“. Die „Küs- tenwache“ selbst ist keine eigenständige Behörde, sondern eine besondere Form der verabredeten Zusammenarbeit verschiedener Bundesministerien zur wirkungsvollen Erledigung maritimer Aufgaben in den deutschen Küs- tengewässern. Dabei nehmen die Kooperationspartner ihre originären gesetzlichen Aufgaben grundsätzlich selbst wahr, kooperieren aber in bestimmten Situationen zur schnellen Reaktion auf Gefahren und Störungen. Die Einsätze der Küstenwache werden zentral aus dem Küsten- wachzentrum Nordsee in Cuxhaven geleitet. Dabei arbeiten die Beamten eng mit dem Havarie- kommando am Ort zusammen. Das Havariekommando in Cuxhaven ist verantwortlich für das Unfallma- nagement an der deutschen Küste bei Großschadensereignissen und zur Schad- stoffunfallbekämpfung. Im Bedarfsfall werden von hier aus die Einsätze bei Unfällen und Großschadensereignissen koordiniert. Für den Rettungsdienst auf See setzt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrü- chiger 61 Fahrzeuge ein. 60 Mitarbeiter in der Zentrale Bremen, 185 festangestellte und rund 800 ehrenamtliche Seenotretter stehen darüber hinaus zur Verfügung. Die DGzRS wird unter- stützt durch SAR-Hubschrauber der Deutschen Marine. In 2005 wurden 127 Personen aus Seenot gerettet und 647 Personen aus lebensbedrohender Gefahr befreit. 846 See- und Hafenlotsen sowie rund 160 Schlepper stellen ihre Dienste in den deutschen Gewässern und Seehäfen bereit. Zusammen mit den Verkehrssicherungseinrichtungen der Was- ser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Sicher- heit auf den deutschen Schifffahrtswegen und zum vorbeugenden Umwelt- und Meeresschutz.

1 - 14 Welthandel und Welthandelsflotte 2006

Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2 Welthandelsflotte und Seewärtiger Welthandel

2.1 Welthandel und Seewärtiger Welthandel

Ausgehend von dem ausnehmend guten Wachstum der Weltwirtwirtschaft in 2004 mit der dritthöchsten Wachstumsrate von 9% seit Mitte der 70ger Jahre entwickelte die Weltwirtwirt- schaft auch in 2005 ein stabiles Wachstum von 6,7%1. Getragen wird das Wachstum durch die anhaltende Nachfrage nach Rohstof- fen und Energie (Rohöl, Kohle), deren Anteil an der Weltwirtschaft um 16% anstieg. Insbesondere die Schwellenlän- der Südamerikas und Südostasiens bestimmen das Wachstum durch ihr Nachfragepotenzial. Indien und China, die bevölkerungsreichsten Länder, erziel- ten ein Wirtschaftswachstum von 7,1% bzw. 9,9%, während in Europa, in der EU-25, das Wirtschaftswachstum deutlich langsamer anstieg: +1,6%. In der Prognose für 2006 erwartet die WTO eine Fortsetzung dieses stabilen Trends mit einem Wachstum der Weltwirtschaft um 3,5%, trotz des rasanten Anstiegs des Ölpreises. Dieses Wachstum wird sich anhaltend belebend auf den seewärtigen Welthandel aus, der um etwa 7% ansteigen wird. Träger des Wachstums sind China (+8,5%), das übrige Asien und die GUS (+6,5%). Für Europa wird ein Wachstum von 3,6% erwartet.

In 2005 nahm das Transportvolumen im seewärtigen Welthandel um 3,9% auf 6,78 Mrd. t zu, die Transportleistung wuchs um 4,7% auf 28,8 Mrd. Tonnenmeilen. Gleichzeitig bleibt eine gewisse Unpaarigkeit der Verkehre auf den wichtigsten Schifffahrtsrouten von Europa nach Südostasien bestehen.

1 WTO – Press Release of 11.04.2006 - World Trade 2005, Prospects for 2006

2 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.1.1 Entwicklung des seewärtigen Welthandels2 (in Mio. t)

2.1.2 Entwicklung des seewärtigen Welthandels nach Gütern3 (in Mio. t)

andere Gesamt- Änderung Jahr Rohöl Ölprodukte Eisenerz Kohle Getreide Güter handel in % 1985 871 288 321 272 181 1.360 3.293 +0,0 1990 1.190 336 347 342 192 1.570 3.977 +3,0 1995 1.415 381 402 423 196 1.870 4.687 +4,0 1996 1.466 404 391 435 193 1.970 4.859 +3,7 1997 1.519 410 430 460 203 2.070 5.092 +4,8 1998 1.535 402 417 473 196 2.050 5.073 -0,4 1999 1.550 415 411 482 220 2.091 5.169 +1,9 2000 1.608 419 454 523 230 2.200 5.434 +5,1 2001 1.592 425 452 565 234 2.245 5.513 +1,5 2002 1.588 414 484 570 245 2.519 5.820 +3,0 2003 1.673 440 524 619 240 2.637 6.133 +5,4 2004 1.754 461 589 664 236 2.789 6.493 +5,9 2005 1.820 488 650 690 242 2.894 6.784 +4,5

Der Rohstoffbedarf der boomenden Stahlindustrie, deren Produktion im Jahr 2005 weltweit um fast 6% auf über 1,1 Mrd. t zulegte, bewirkte, dass die Massengutschifffahrt des vergangenen Jahres erneut hohe Wachstumsraten ausweisen konnte. Vor allem durch die starken Importe Chinas standen die Eisenerztransporte mit an der Spitze des seewärtigen Welthandels mit 650 Mio. t (+10,3%) und einer Steigerung der Transportleistung um 10,4% auf 3.801 Mrd. tm.

2 ISL - Shipping Statistics and Market Review 2006 3 VSM Jahresbericht 2005; Fearnleys Review 2005; ISL - Shipping Statistics and Market Review 2006

2 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die ebenfalls von der Stahlindustrie benötigten Kohletransporte nahmen hingegen nur um 4,9% auf 690 Mio. t zu, da der größere Teil dieser Transporte auf Heizkohle entfiel, deren Bedarf nicht so stark anstieg. Die Transportleistung steigerte sich um 4,4% auf 3.801 Mrd. tm. Die Verschiffungen von Getreide, die aufgrund klimatischer Schwankungen und regionaler Versorgungskrisen von Jahr zu Jahr gewissen Schwankungen unterliegen können, nahmen im vergangenen Jahr um 2,5% auf 242 Mio. t zu. Die Beförderungen von Eisenerz, Kohle und Getreide ergaben zusammen einen Anteil von 23% des gesamten Seeverkehrs. Der größte Anteil des Seeverkehrs entfiel 2005 aber erneut auf die Rohöltransporte, die um 2,2% auf 1.820 Mio. t zunahmen. Die Transportleistung stieg um 2,1% auf fast 9.000 Mrd. tm. Aufgrund von Raffinerieengpässen in einzelnen Ländern verzeichneten die Transporte von Ölprodukten sogar eine Steigerung von 7,4%. Auf den Verkehr von Öl- und Produktentankern entfiel insgesamt ein Anteil von fast 40% aller Seetransportleistungen. Alle anderen Frachttransporte (Bauxit, Phosphat, Flüssiggas, Container, Ro-Ro-Fracht, Fahrzeuge etc.) ergaben 9.132 Mrd. tm. Damit nahmen sie um 4,7% gegenüber 2004 zu und übertrafen mit einem Anteil von rd. 32% erstmals den der Rohöltransporte (31%). Unter der Sammelbezeichnung „Andere Güter“ sind mit 31,5% des Gesamtvolumens eine Vielzahl nicht einzeln dargestellter Waren zusammengefasst, die zur Massen- und Stückgutfracht gezählt werden. Hierzu gehören u.a. Containerladungen, spezielle Autofrachten und Schwergut. Dem Wert nach ist die Stückgutfracht noch weitaus bedeutender als nach ihrem Gewicht.

2.1.3 Entwicklung der weltweiten Seetransportleistungen nach Gütern4 (in Mrd. Tonnenmeilen)

andere Gesamt- Änderung Jahr Rohöl Ölprodukte Eisenerz Kohle Getreide Güter handel in % 1985 4.00 7 1.150 1.702 1.473 1.004 3.750 13.086 -3,0 1990 6.261 1.560 1.978 1.849 1.073 4.400 17.121 +4,5 1995 7.225 1.945 2.287 2.176 1.160 5.395 20.118 +3,7 1996 7.495 2.040 2.227 2.217 1.126 5.705 20.678 +2,4 1997 7.830 2.050 2.444 2.332 1.169 6.000 21.825 +5,5 1998 7.889 1.970 2.306 2.419 1.064 5.940 21.588 -1,1 1999 7.980 2.055 2.317 2.363 1.186 6.089 21.990 -1,9 2000 8.180 2.085 2.545 2.509 1.244 6.443 23.016 +4,7 2001 8.074 2.105 2.575 2.552 1.322 6.613 23.241 +1,0 2002 7.848 2.050 2.731 2.549 1.322 7.547 24.253 +1,5 2003 8.390 2.190 3.035 2.810 1.273 8.156 25.854 +6,6 2004 8.795 2.305 3.444 2.960 1.350 8.720 27.574 +6,7 2005 8.985 2.475 3.801 3.091 1.384 9.132 28.868 +4,7

4 VSM Jahresbericht 2005; Fearnleys Review 2005; ISL - Shipping Statistics and Market Review 2006

2 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.1.4 Entwicklung der weltweiten Seetransportleistung nach Gütern5 (in Mrd. Tonnenmeilen)

Die die Transportstrecken berücksichtigende gesamte Transportleistung des seewärtigen Welthandels, die als Orientierung für den Bedarf an Schiffstonnage dient, wuchs auf 28.868 Mrd. Tonnenmeilen (+4,7%). Der Steigerung der Transportleistung (+4,7%) stand über alle Transportbereiche ein um 6,4% höheres Tonnageangebot der Welthandelsflotte von 944,4 Mio. dwt gegenüber. Damit erhöhte sich die Auslastung der Handelsschiffsflotte um 2%.

2.1.5 Entwicklung der weltweiten Charterraten6

Die Steigerungen der Nachfrage und die Zunahme bei den Transporten über See wirkten sich auch auf die Charterraten aus; sie erreichten in vielen Bereichen Rekordhöhen, sodass sich seit 2003 Schifffahrt für die Reedereien wieder lohnt.

5 ISL - Shipping Statistics and Market Review 2006 6 ISL - Shipping Statistics and Market Review 2006

2 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2004

46,4

70

114,5 12,2

67 832,2 65,8 353 221,5 91,7 205,8 58,4

179,9

10,6 World Trade 1.754,1 Mio. t

2004

15,8

23,2

68,3

11

204,8 13,8 206,1 41,7

World Trade 589,8 Mio. t

2 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2004

73,6 54,5 84,8

21

54,3 225 56,0

World Trade 664,7 Mio. t

2004

15,7

107,6

53,0 24,6 World Trade 236,0 Mio. t

2 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2 Die Welthandelsflotte

Die zunehmende Globalisierung und der weltweit anhaltende Wirtschaftsaufschwung führ- ten auch 2005 zu einer Erhöhung des Transportvolumens im seewärtigen Welthandel um 3,9% auf 6,78 Mrd. t. Die gestiegene Nachfrage nach Transportraum sorgte für eine anhaltend gute Beschäftigung in der internationalen Schifffahrt. Die Nachfrage nach Schiffsraum stieg um 2%, was insgesamt auch zur Folge hatte, dass im gleichen Zeitraum deutlich weniger Schiffe durch Abwrackungen aus dem Markt genommen wurden. Die Welthandelsflotte mit Schiffen über 300 BRZ wuchs um etwa 3% auf 41.110 Einheiten mit einer Tragfähigkeit von 944,4 Mio. dwt7. Das gestiegene Transportvolumen in der Linienschifffahrt führte auch zu einer Steigerung der Transportleistung um 4,7% auf 28,8 Mrd. Tonnenmeilen. Die Welttankerflotte8 umfasste am 01.01.2006 10.401 Einheiten, davon 7.863 Rohöltan- ker mit einer Tragfähigkeit von 353,5 Mio. dwt – 75,5% der weltweiten Tankerflotte. 199 Roh- öltanker mit 7,2 Mio. dwt wurden in 2005 abgewrackt, 358 Tanker mit 31,6 Mio. dwt wurden neu dem Tankermarkt zugeführt. Der Anteil der Rohöltanker an der Tonnage der Welthandels- flotte beträgt 37,4% und umfasst damit den mit Abstand größten Bereich der Tragfähigkeit der Welthandelsflotte. 3.514 Containerschiffe9 gehörten am 01.01.2006 zur Welthandelsflotte (davon 3.499 Con- tainerschiffe über 1.000 BRZ) mit 111,66 Mio. dwt und einer Containerkapazität von 8,139 Mio. TEU (davon 8,138 Mio. TEU auf Schiffen über 1.000 BRZ) („Container Intelligence Monthly“ – Clarkson). 700 Einheiten der weltweiten Containerschiffsflotte (19,9%) hatten eine Stellplatzka- pazität von 4.000 TEU und mehr. Die Flotte der Containerschiffe wuchs seit 2002 jährlich um durchschnittlich 6,6%. Mit ihrer Tragfähigkeit wuchs der Anteil der Containerschiffsflotte an der Tonnage der Welthandelsflotte auf jetzt 11,8%. Die Gesamtzahl der General-Cargo-Schiffe10 betrug am 01.01.2006 16.544 Schiffe mit 97,417Mio. dwt und einem Anteil an der Tonnage der Welthandelsflotte von 10,3%. Die Flotte der Massengutschiffe11 umfasste am 01.01.2006 6.631 Einheiten mit einer Ton- nage von 341,729 Mio. dwt, was einem Anteil von 36,2% an der Tonnage der Welthandelsflot- te entspricht. Das Abwracken von Handelsschiffstonnage im Berichtsjahr 2005 war erneut geringer als in 2004, weil die Reeder diesen Schritt wegen der anhaltend guten Marktlage und Auslastung der Schiffe hinauszögerten. Einschließlich geringer Schiffsverluste wurden 496 Schiffe mit einer Trag- fähigkeit vom 10,3 Mio. dwt aus dem Markt genommen, davon 199 Tanker mit 7,2 Mio. dwt. Das bedeutete die geringste Anzahl in den letzten 10 Jahren. Für eine Modernisierung der Welthandelsflotte ist ein Abwrackvolumen von mindestens 33 Mio. dwt pro Jahr notwendig, das in 2005 wieder deutlich unterschritten wurde. Derzeit bleibt es bei der Tendenz, Schiffe so lange wie möglich im Markt zu halten, um die gestiegene Nachfrage nach Schiffstransportraum bedienen zu können. Bei einer durchschnittlichen Lebens- dauer von ca. 25 Jahren müssten jährlich etwa 8,5 Mio. dwt der Tankerflotte, etwa 14,2 Mio. dwt der Bulkerflotte, etwa 1 Mio. dwt der Containerflotte und etwa 8,8 Mio. dwt der General Cargo Schiffe aus dem Markt genommen und durch Neubauten ersetzt werden.

7 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, Stand: 01.01.2006 8 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – Tanker Fleet, März 2006 9 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – General Cargo/Container Fleet, Juli 2006 10 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – General Cargo/Container Fleet, Juli 2006 11 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – Bulk Market, Mai 2006

2 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2.1 Tonnageentwicklung der Welthandelsflotte12 (Schiffe ab 300 BRZ)

Schiffstypen 01.01.2003 01.01.2004 01.01.2005 01.01.2006 Rohöltanker 305,2 317,8 336,8 353,5 Spezialtanker 27,9 29,6 31,6 34,2 Massengutschiffe 296,9 301,6 319,2 341,7 Containerschiffe 83,7 90,2 99,2 111,7 General-Cargo-Schiffe 96,8 95,2 95,3 97,4 Passagierschiffe 5,9 5,9 5,9 5,9

gesamt (in Mio. dwt) 816,4 840,4 888,0 944,4

2.2.2 Struktur der Welthandelsflotte nach Schiffstypen (Schiffe ab 300 BRZ)

Tragfähigkeit der Welthandelsflotte (944,4 Mio. dwt)

97,4 5,9

111,7 353,5

341,7 34,2

Rohöltanker Spezialtanker Massengutschiffe Containerschiffe General-Cargo-Schiffe Passagierschiffe

Anzahl Handelsschiffe (41.110)

4.020 7.863

2.538

16.544 6.631 3.514

Rohöltanker Spezialtanker Massengutschiffe Containerschiffe General-Cargo-Schiffe Passagierschiffe

12 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, Stand: 01.01.2006

2 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2.3 Welthandelsflotte anteilig nach Schiffsgrößen13 (ab 300 BRZ)

01.01.2004 01.01.2005 01.01.2006 dwt % Schiffe % dwt % Schiffe % dwt % Schiffe % dwt - 2.499 34,3 1,7 33,7 1,7 33,0 1,6 2.500 - 9.999 29,3 7,2 28,7 6,7 28,5 6,5 10.000 - 24.999 12,6 9,9 12,7 9,5 12,7 9,2 25.000 - 69.999 16,3 32,7 16,9 32,5 17,3 32,4 70.000 - 149.999 4,8 21,7 5,2 22,1 5,6 22,7 150.000 - 274.999 1,7 14,6 1,8 15,1 1,9 15,3 275.000 - 399.999 0,8 11,8 0,9 12,1 0,9 12,1 400.000 >= 500.000 0,2 0,4 0,1 0,3 0,1 0,2

2.2.4 Die größten Handelsflotten der Welt nach Flaggen (ab 300 BRZ)

Rang Anteil Rang Anteil Flagge Zahl Flagge 1.000 dwt (Vorjahr) % (Vorjahr) % 1 (1) Panama 5.704 13,9 1 (1) Panama 210.234 22,3 2 (2) Japan 2.551 6,2 2 (2) Liberia 91.010 9,6 14 3 (3) VR China 2.326 5,7 3 (3) Griechenland 52.474 5,6 4 (4) Liberia 1.560 3,8 4 (5) Hongkong (SAR) 50.713 5,4 5 (6) Indonesien 1.417 3,4 5 (4) Bahamas 49.573 5,2 6 (5) Russland 1.385 3,4 6 (8) Marshall Islands 47.741 5,1 7 (9) Bahamas 1.192 2,9 7 (6) Singapur 47.463 5,0 8 (8) Malta 1.178 2,9 8 (7) Malta 36.948 3,9 9 (11) Singapur 1.131 2,8 9 (10) VR China 31.936 3,4 10 (7) Griechenland 1.110 2,7 10 (9) Zypern 30.134 3,2 11 (14) Hongkong (SAR) 1.013 2,5 11 (12) Großbritannien 25.084 2,7 12 (13) Antigua&Barbuda 996 2,4 12 (11) Norwegen 22.022 2,3 13 (15) Rep. Korea 976 2,4 13 (13) Japan 14.010 1,5 14 (10) Norwegen 964 2,3 14 (16) Rep. Korea 13.876 1,5 15 (12) Zypern 892 2,2 15 (22) Deutschland15 13.408 1,4 16 (17) Philippinen 849 2,1 16 (15) Indien 12.855 1,4 16 17 (18) Großbritanien 845 2,0 17 (14) USA 11.858 1,3 18 (16) Türkei 840 2,0 18 (17) Italien 11.766 1,2 19 (19) Niederlande 762 1,9 19 (20) Dänemark 9.547 1,0 20 (21) Italien 751 1,8 20 (21) Antigua&Barbuda 9.404 1,0 21 (25) Marshall Islands 735 1,8 21 (19) Iran 8.950 0,9 22 (20) Saint Vincent 658 1,6 22 (18) Saint Vincent 8.364 0,9 23 (23) Kambodscha 627 1,5 23 (28) Bermuda 8.263 0,9 24 (24) Thailand 570 1,4 24 (24) Türkei 7.572 0,8 (-) Deutschland17 473 1,2 25 (23) Malaysia 7.481 0,8 gesamt 41.110 gesamt 944.498

13 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, Februar 2006 14 ohne Hongkong 15 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, April 2006: die von dt. Eignern insgesamt kontrollierte Handelsflotte ab 1.000 BRZ weist einen Tonnageanteil von 70,3 Mio. dwt auf (Weltanteil 7,5%, Rang 3) 16 ohne Gibraltar (168/1,388 Mio. dwt) 17 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, April 2006: die von dt. Eignern insgesamt kontrollierte Handelsflotte ab 1.000 BRZ zählt 2.731 Schiffe (Weltanteil 8,5%, Rang 3)

2 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2.5 Handelsflotten der FOC18-Länder (ab 300 BRZ)

Flagge Anzahl Anteil in % in 1.000 gt Anteil in % in 1.000 dwt Anteil in % Panama 5.704 43,3 140.120 42,6 210.234 42,3 Liberia 1.560 11,8 58.134 17,7 91.010 18,3 Bahamas 1.192 9,0 36.797 11,2 49.573 10,0 Marshall Islands 735 5,5 28.700 8,7 47.741 9,6 Malta 1.178 8,9 22.785 6,9 36.948 7,4 Zypern 892 6,8 18.802 5,7 30.134 6,1 Antigua&Barbuda 996 7,6 7.140 2,2 9.404 1,9 Saint Vincent 658 5,0 5.536 1,7 8.364 1,7 Bermuda 121 0,9 7.198 2,2 8.263 1,7 Cayman Islands 136 1,0 2.671 0,8 4.271 0,9 gesamt 13.172 328.833 496.942 Welt gesamt 41.110 639.658 944.498

2.2.6 Handelsflotten der NATO-Länder19 (ab 300 BRZ)

Flagge Anzahl Anteil in % in 1.000 gt Anteil in % in 1.000 dwt Anteil in % Griechenland 1.110 13,9 30.774 22,7 52.474 28,4 Norwegen 964 12,1 16.031 11,8 22.022 11,9 Großbritannien 845 10,6 18.936 14,0 25.084 13,6 (Gribaltar) 168 2,1 1.120 0,8 1.388 0,8 Türkei 840 10,5 4.941 3,6 7.572 4,1 Niederlande 762 9,6 6.282 4,6 6.776 3,7 Italien 751 9,4 11.173 8,2 11.766 6,4 USA 513 6,4 9.918 7,3 11.858 6,4 Deutschland 473 5,9 11.276 8,3 13.408 7,3 Dänemark 387 4,9 7.865 5,8 9.547 5,2 Frankreich 221 2,8 5.052 3,7 6.728 3,6 Spanien 186 2,3 2.320 1,7 2.293 1,2 Kanada 174 2,2 1.205 0,9 1.292 0,7 Portugal 143 1,8 1.115 0,8 1.444 0,8 Bulgarien 77 1,0 871 0,6 1.288 0,7 Belgien 67 0,8 4.041 3,0 6.725 3,6 Litauen 60 0,8 396 - 398 - Slowakei 45 0,6 210 - 298 - Rumänien 44 0,6 219 - 277 - Estland 41 0,5 260 - 86 - Polen 41 0,5 70 - 60 - Luxemburg 35 0,4 366 - 460 - Lettland 24 - 251 - 335 - Island 6 - 6 - 2 - Slowenien ------Ungarn ------Tschechien ------gesamt 7.977 135.698 184.581 Welt gesamt 41.110 639.658 944.498

18 FOC: Flags of Convenience; 19 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, Februar 2006

2 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2.7 Handelsflotten der EU(25) nach Flaggen20 (ab 300 BRZ)

Anteil in Flagge Anzahl in 1.000 gt Anteil in % in 1.000 dwt Anteil in % % Malta 1.178 15,4 22.785 15,4 36.948 17,6 Griechenland 1.110 14,5 30.774 20,7 52.474 26,0 Zypern 892 11,6 18.802 12,7 30.134 14,4 Großbritannien 845 11,0 18.936 12,8 25.084 12,0 Niederlande 762 9,9 6.282 4,2 6.776 3,2 Italien 751 9,8 11.173 7,5 11.766 5,6 Deutschland 473 6,2 11.276 7,6 13.408 6,4 Dänemark 387 5,0 7.865 5,3 9.547 4,6 Schweden 240 3,1 3.651 2,5 2.358 1,1 Frankreich 221 2,9 5.052 3,4 6.728 3,2 Spanien 186 2,4 2.320 1,6 2.293 1,1 Portugal 143 1,9 1.115 0,8 1.444 0,7 Finnland 126 1,6 1.379 0,9 1.089 0,5 Belgien 67 0,9 4.041 2,7 6.725 3,2 Litauen 60 0,8 396 - 398 - Slowakei 45 0,6 210 - 298 - Estland 41 0,5 260 - 86 - Polen 41 0,5 70 - 60 - Luxemburg 35 - 366 - 460 - Irland 34 - 298 - 303 - Lettland 24 - 251 - 335 - Österreich 8 - 34 - 44 - Slowenien ------Ungarn ------Tschechien ------gesamt 7.669 148.336 209.758 Welt gesamt 41.110 639.658 944.498

2.2.8 Struktur der NATO, EU und FOC-Handelsflotten nach Anzahl und Tragfähigkeit (ab 300 BRZ)

184.581 205.643 499.448

Anzahl 15.000

11.000 13.172 7.000 7.977 7.669

3.000 NATO- EU- FOC- Handelsflotte Handelsflotte Handelsflotte

Anzahl 7.977 7.669 13.172 Tragfähigkeit in 1.000 dwt 184.581 209.758 496.942

20 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Fleet, Februar 2006

2 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.2.9 Entwicklung der NATO, EU und FOC-Handelsflotten in Mio. gt

340

306 328,8

272

238

204

170 148,3 136 135,7 102

68 EU 34 NATO 0 FOC 0 9 2 80 85 97 00 05 9 9 99 9 99 0 00 0 1975 1 1 1 1 1998 1 2 2001 2 2003 2004 2

2 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.3 Containerschifffahrt21

Das System Container revolutioniert nun schon seit fast 50 Jahren die Seeschifffahrt22 und verzeichnet in diesem Bereich die höchsten Wachstumsraten. Die standardisierte Form des Con- tainers beschleunigte den Warenumschlag aufgrund reduzierten Arbeitsaufwands. Die daraus resultierenden kürzeren Liegezeiten für Schiffe sowie die hohe Kombinationsfähigkeit mit Schiene, Straße oder Binnenschifffahrt reduzieren die Transportkosten signifikant. Der Bedarf an Transporten steigt allein schon deshalb, weil immer mehr Güter in den Boxen und nicht mehr sozusagen lose im Frachter bewegt werden. Der Container ist praktisch ein Stück Schiffsladeraum, das unabhängig vom einzelnen Schiff flexibel bewegt und koordiniert werden kann. Zugleich sind die Schiffe immer schneller unterwegs. Von Anfang an spielte für die Wirt- schaftlichkeit der Containerschiffe die Schiffsgröße eine wichtige Rolle. Ein Vergleich zeigt den rasanten Anstieg der Produktivität: Schaffte früher ein konventionelles Frachtschiff im Jahr vier Rundreisen und transportierte etwa 80.000 Tonnen Ladung, befördern Containerschiffe heute mehr als das Zwölffache. Die "Berlin-Express" von Hapag-Lloyd etwa, mit 8750 Containern eines der größten Containerschiffe der Flotte, legt im Jahr 6,5 Rundtouren zwischen den Kontinenten mit einer Gesamtladung von einer Mio. t zurück. Bei den größten Containerreedereien scheint das 8.000 TEU Containerschiff die neue Stan- dardgröße zu werden. Diese Größe beschreibt offensichtlich die Schiffsgröße im internationalen Verkehr, mit der wirtschaftlich erfolgreich im internationalen Seeverkehr operiert werden kann. APM/Maersk verfügt z.B. mit seiner S-Klasse bereits über 20 Schiffe dieser Größenordnung. MSC hat z.T. in Kooperation zehn 8.030 TEU Containerschiffe und Seaspan fünf 8.100 TEU Container- schiffe bestellt. Ähnliches gilt auch für CMA-CGM und Hapag Lloyd. Der nächste Sprung könnte die 10.000 TEU-Marke sein. Die Tragfähigkeit der sog. Panamax-Klasse wuchs auf max. 4.500 TEU an, während die Ent- wicklung der sog. Post-Panamax-Klasse derzeit auf eine Tragfähigkeit von bis zu 10.000 TEU hi- nausläuft. Diese Schiffe mit etwa 110.000 BRZ und ca. 150.000 tdw sind etwa 340 m lang, 45,60 m breit bei einer Seitenhöhe von 24,40 m und haben einen Mindest-Tiefgang von 14,50 m; die Leistung der Hauptmaschine beträgt etwa 95.000 PS/69.000 kW und gewährleistet eine Dienst- geschwindigkeit von 25 Knoten (Reederei Offen 9.200 TEU-Schiff).

21 ISL Bremen - Shipping Statistics and Marked Review 2006, Container Shipping, Juni 2006 22 Am 26. April 1956 begann die Erfolgsgeschichte des Containers: Der Lastwagenfahrer und Transportun- ternehmer Malcolm Maclean belädt den ersten Containerfrachter der Welt mit der „Kiste“, die bis heute im wahrsten Sinne des Wortes „die Welt bewegt“. Im Jahre 1966 wurde sie zum ersten Mal in Deutsch- land entladen.

2 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Ein wesentlicher Gesichtspunkt für Konstruktion und Betrieb der großen Post-Panamax- Schiffe ist die Containerstauung. Containerschiffe mit einer Breite von etwa 49,50 m könnten 17 bzw. 18 Container in der Breite stauen. Folgt man nämlich dem Rastermaß von etwa 2,50 m staubarer Containerbreite, so können bei 32,20 m Schiffsbreite an Deck 13 Containerreihen und unter Deck normalerweise 11 (max. 12) Reihen nebeneinander gestaut werden. Containerschiffe bis 7.000 TEU erreichen derzeit 42,80 m Breite und stauen an Deck 17 und unter Deck 15 Contai- nerreihen. Die noch größeren 8.000 TEU Containerschiffe kommen bei etwa 46 m Breite auf 18 Reihen an Deck und 16 unter Deck. Die Hauptverschiffungshäfen rüsten derzeit ihre Lade- und Löscheinrichtungen bereits auf bis zu 50 m breite Schiffe/8.000 TEU Schiffe um. Für ein 8.000 TEU Containerschiff muss ein Hafen in der Lage sein, etwa 330 Containerbewegungen (Moves) pro Stunde zu gewährleisten (bis zu sechs Containerbrücken gleichzeitig). Zur Zeit liegt die Kapazität eines Durchschnittsterminals bei 120 bis 150 Moves pro Stunde. Zwischen 2007 und 2015 könnte eine Flotte von Mega-Containerschiffen in Fahrt kommen, deren Containerstellplätze bis auf 13.000 TEU anwachsen könnten23. Diese neue Schiffsgenerati- on von 13.000 TEU Containerschiffen wird auf den Zufahrten zu den Häfen eine Min- destwassertiefe von 15 m benötigen bei 382 m Länge, 54,20 m Breite, einer Seitenhöhe von 29,00 m und einem Tiefgang von 13,50 m. Unter Deck werden 6.230 Container in 10 Lagen über 19 Reihen gestaut, die 7.210 Container an Deck sind in 21 Reihen angeordnet.

2.3.1 Weltweite Containerschiffsflotte

Die weltweite Flotte der Containerschiffe wächst im Durchschnitt jährlich um 10%. Seit 1997 hat sich die Gesamtkapazität der 25 weltweit größten Containerreedereien mehr als verdoppelt. Die 5 größten Containerreedereien verfügen allein über fast 46% der am Markt verfügbaren Containerstellkapazitäten. Die 15 weltweit größten Containerreedereien verfügen über fast 71% der weltweiten Containerstellkapazitäten, was etwa 80% der weltweit verfügbaren Con- tainer entspricht. Am 01.01.2006 befanden sich 3.514 reine Containerschiffe (davon 3.449 über 1.000 BRZ) mit 111,66 Mio. dwt und einer Containerkapazität von 8,139 Mio. TEU (davon 8,138 Mio. TEU auf Schiffen über 1.000 BRZ) im Einsatz. Dies entspricht einem Anteil von 11,8% an der Welthandels- flotte. 20% der weltweiten Containerschiffsflotte hatte eine Stellplatzkapazität von 4.000 TEU und mehr. Die großen Containerschiffs-Reedereien erreichen dabei eine durchschnittliche Transport- leistung von 165.000 – 468.000 Containern im Jahr. Die beiden größte Containerschiffs- Reedereien (APM/Maersk und MSC) erreichen mittlerweile eine Kapazität von 1,460 Mio. TEU bzw. 774.000 TEU auf ihren Containerschiffen, APM/Maersk bereits 849.000 TEU auf Container- schiffen ab einer Kapazität von 1.000 TEU.

2.3.2 Weltweiter Containerschiffbau

Die Entwicklung im Containerschiffbau weist auf immer größere Schiffe hin. 39,5% aller Neubauorders betreffen derzeit Containerschiffe mit einer Gesamttragfähigkeit größer als 4.000 TEU. Am 1. Januar 2006 umfasste der Weltauftragsbestand 1.167 Containerschiffs-Neubauten mit insgesamt 3,6 Mio. TEU. Dies entspricht einem Auftragsvolumen von 50% der bereits existie- renden Stellplatzkapazitäten. Auf den Großbaubereich über 4.000 TEU entfielen 461 Neubauorders (39,5%), davon 318 Neubauorders (27,2%) auf große Containerschiffe mit 5.000 TEU und mehr: 169 der geplanten Neubauten lagen oberhalb von 7.000 TEU (14,5%), 46 sogar oberhalb von 9.000 TEU (3,9%). Rund 34% der Neubauorders entfielen auf die Bereiche von 1.500 - 4.000 TEU (399) und die rest- lichen 26% (307) auf den Bereich unter 1.500 TEU.

23 Germanischer Lloyd – Mega-Carrier vorgestellt (29.09.2005)

2 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.3.3 Weltcontainerbestand und –standardisierung24

Anfang 2004 betrug der Weltcontainerbestand etwa 16,6 Mio. TEU. Aufgrund verschiedener Abmessungen ist die Stückzahl der Container mit rund 11 Mio. etwas niedriger. Die Standardcontainer machen rund 90% des Gesamtbestandes aus, was einer Stückzahl von ca. 9,9 Mio. entspricht. Im Durchschnitt hält eine Box 15 Jahre lang den Umschlägen in Häfen und beim Weitertransport auf Schienen oder Straßen stand. Legt man die aktuellen Preise und Mietraten zu Grunde, dauert es mindestens zehn Jahre, bis ein Container im Vermietgeschäft Geld verdient. Aktuell kostet ein neuer Standardcontainer rund 2.000 Dollar. Hergestellt wird er bei den chinesischen Unternehmen CIMC oder Singmas, die zusammen den Markt dominieren. Jährlich ist als Ersatzbedarf ein Neubauvolumen für Container nach Berechnungen des Bre- mer Instituts für Seeschifffahrt und Logistik (ISL) von etwa 2,2 Mio. TEU erforderlich, etwa 90% des Containerneubaus entfallen auf Standardcontainer. In 2003 überschritt erstmals die weltwei- te Produktion neuer Container mit etwa 2,2 Mio. die 2-Mio.-Grenze, 90% des Neubauvolumens kommen aus China25. Die Marktanalyse von ISL geht davon aus, dass 2006 ein Bestand von 19,2 Mio. TEU an Tro- ckenladungsbehältern, 0,3 Mio. TEU an Spezialcontainern und 0,6 Mio. TEU an Kühlcontainern im Markt sein wird. Nach einer Studie der britischen Ocean Shipping Consultants (OSC) von 2005 wird es in den nächsten Jahren zu einer stark steigenden Nachfrage nach Fisch und Fleisch in Fernost, vor allem in China, kommen, die zu einem kräftigen Wachstum der weltweiten Kühl- containerverkehre führen wird. Danach wird der Kühlverkehr bis 2010 um 38% - 54% zuneh- men, d.h. sein Anteil am Seetransport wird auf jährlich 87,6 und 97,5 Mio. t zulegen. Von 2010 bis 2015 werden die Mengen nach Einschätzung der OSC noch einmal um etwa ein Drittel wach- sen. Das am stärksten expandierende Marktsegment sind die Verschiffungen von Fisch und Fleisch, vor allem in Richtung Ostasien. Für 2010 wird dafür ein Ladungsaufkommen zwischen 46,1 und 51,0 Mio. t prognostiziert, das entspräche einem Plus von 50% - 65%. Überproportional von diesem Wachstum wird nach Einschätzung der OSC die Containerschifffahrt profitieren. Die Zuwachsraten in dem Marktsegment der Kühlcontainerverkehre werden für die Zeit bis 2010 auf 64% - 85% Prozent veranschlagt.

2.3.4 Weltcontainerumschlag26

In 2005 wurden innerhalb eines Jahres 264 Mio. TEU weltweit umgeschlagen. Die 30 bedeu- tendsten Containerhäfen fertigten nach der CI-Statistik zusammen 217,72 Mio. TEU ab. Erstmals übernahm Singapur mit 23,2 Mio. TEU als weltweit größter Containerumschlagsplatz die Füh- rung im internationalen Ranking der Containerhäfen. Hamburg zählt zu den Aufsteigern in der Rangliste der Containerhäfen. Mit einem Wachstum von rund 15% auf 8,1 Mio. TEU erreichte der Hafen der Hansestadt in 2005 den achten Platz, auf dem im Vorjahr noch Los Angeles ran- gierte. Weiterhin unverändert ist insgesamt die Dominanz ostasiatischer Häfen. Mit Singapur, den drei chinesischen Häfen Hongkong, Shanghai, Shenzhen sowie Pusan (Südkorea) und Koahsiung (Taiwan) liegen sechs der weltweit zehn größten Containerhäfen in dieser Region.

24 ConRendit 3 GmbH & Co. KG Hamburg; ISL Bremen - Shipping Statistics and Marked Review 2005 25 UNCTAD – Review of Maritime Transport 2004, Genf 2004 26 Fachzeitschrift „Containerisation International“ (CI) 2006

2 - 15 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Weit überdurchschnittlich legten die chinesischen Häfen zu: Spitzenreiter ist Guangzhou mit einem Plus von fast 42%. Zusammen kamen die chinesischen Häfen, die der „Champions Lea- gue“ angehören, auf eine Umschlagleistung von 83,65 Mio. TEU (plus 17%) und damit auf einen Anteil von 39 Prozent am gesamten Weltcontainerumschlag. Verglichen mit dem Vorjahr (34,8%) hat Chinas Anteil an der Umschlagmenge noch einmal deutlich zugenommen. Ein über- proportionales Wachstum weist die CI-Statistik außerdem für Dubai, Jeddah, Long Beach, Yoko- hama und Rotterdam aus. Rückläufig waren die Mengen im italienischen Gioia Tauro und in Kaohsiung auf Taiwan.

2.3.5 Die weltweit größten Containerreedereien27 (Vollcontainerschiffe ab 1.000 TEU)

Anzahl Kapazität Reederei eig. Schiffe Charter gesamt 1.000 TEU 1. MAERSK SEALAND/Safemarine (DNK) 162 269 431 1.460,5 2. MSC (SUI) 152 77 229 774,4 3. CMA-CGM (FRA) 48 109 157 468,6 4 HAPAG LLOYD (DEU) 63 64 127 424,8 5 EVERGREEN (TWN) 93 30 123 415,4 6. Hanjin/Senator (KOR) 16 64 80 329,2 7. COSCO (CHN) 66 23 89 318,1 8. China Shipping (CHN) 32 38 70 312,3 9. NYK (JPN) 36 63 99 292,9 10. APL (SGP) 29 43 72 287,7 11. MOL (JPN) 27 49 76 253,3 12. OOCL (CHN) 28 26 54 238,3 13. K-LINE (JPN) 26 43 69 231,3 14. YANGMING (CHN) 39 29 68 191,8 15 Hamburg-Süd (DEU) 21 52 73 165,1 gesamt 1.817 7.163,7 Welt gesamt 3.449 8.138,028

27 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – Container Shipping - Juni 2006 In 2005 A.P. Møller-Maersk (APM - Maersk Sealand and Safmarine) (Denmark) purchased Royal P&O Nedl- loyd (Netherlands) and its subsidiary P&O Nedlloyd Containers Ltd (UK). TUI A.G. (Hapag-Lloyd A.G.) (Germany) purchased CP Ships Ltd (Canada & UK). CMA CGM () purchased Delmas (France) and its subsidiaries (OTAL and share in Setramar) from Bolloré Technologies. Mitsui-OSK Lines (MOL) bought the SAECS operations of P&O Nedlloyd from A.P. Moller-Maersk. (BRS Alpahliner, 2006) 28 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – Container Shipping - Juni 2006 (Stand April 2006)

2 - 16 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.3.6 Die größten Containerschiffsflotten nach Reedereisitz29 (Schiffe ab 1.000 BRZ)

Rang Reedereisitz Flaggen Schiffe Kapazität (Vorjahr) national fremd 1.000 TEU 1 (1) Deutschland 267 890 1.157 2.747 2 (2) Japan 12 223 235 663 3 (3) Dänemark 84 58 142 545 4 (5) Schweiz 4 168 172 509 5 (4) Taiwan 33 154 187 500 6 (7) VR China 138 123 261 452 7 (6) Griechenland 42 119 161 398 8 (8) Großbritannien 32 41 73 249 9 (9) Singapur 101 39 140 203 10 (10) USA 55 26 81 212 11 (11) Frankreich 15 42 57 176 12 (12) Korea 71 44 115 159 13 (15) Kanada 2 49 51 168 14 (16) Niederlande 33 33 66 143 15 (14) Israel 16 26 42 120 gesamt 905 2.035 2.940 7.244 Welt gesamt 3.449 8.138

2.3.7 Die größten Containerhäfen der Welt 30

Rang Hafen 2004 2005 Zuwachs (Vorjahr) Mio. TEU Mio. TEU in % 1 2 Singapur (SGP) 21.329 23.200 8,7 2 1 Hongkong (CHN) 22.237 22.430 2,3 3 3 Schanghai (CHN) 14.558 18.080 24,2 4 4 Shenzhen (CHN) 13.655 16.200 18,7 5 5 Pusan (KOR) 11.190 11.840 3,6 6 6 Kaohsiung (TWN) 9.714 9.470 -2,5 7 7 Rotterdam (NLD) 8.281 9.300 12,0 8 9 Hamburg (DEU) 7.003 8.050 14,9 9 10 Dubai (UAE) 6.429 7.620 18,5 10 8 Los Angeles (USA) 7.321 7.480 2,2 11 12 Long Beach (USA) 5,780 6.710 16,1 12 11 Antwerpen (BEL) 6.000 6.480 6,9 13 14 Qingdao (CHN) 5.139 6.310 22,8 14 13 Port Kelang (MYS) 5.244 5.540 5,7 15 - Ningbo (CHN) 5.190 29,6 16 17 Tianjin (CHN) 3.815 4.800 25,9 17 15 New York/ New Jersey (USA) 4.478 4.800 7,2 18 - Guangzhou (CHN) 4.680 41,6 19 16 Tanjung Pelapas (MYS) 4.020 4.170 3,7 20 18 Tokyo (JPN) 3.580 3.760 5,0 21 19 Bremen/Bremerhaven (DEU) 3.469 3.740 7,7

29 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – World Merchant Ships by Owner Patterns - April 2006 30 „Containerisation International“ (CI) 2005 und ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review – Container Shipping, Juni 2006

2 - 17 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.3.8 Ranking der weltgrößten Containerhäfen31

Ranking der weltgrößten Containerhäfen

1995 2003 2004 2005 Hongkong Hongkong Hongkong Singapur 1 12.550 20.449 22.237 23.192 Singapur Singapur Singapur Hongkong 2 11.845 18.411 21.329 22.427 Kaohsiung Shanghai Shanghai Shanghai 3 4.900 11.280 14.558 18.084 Rotterdam Shenzhen Shenzhen Shenzhen 4 4.787 10.650 13.655 16.197 Pusan Pusan Pusan Pusan 5 4.503 10.247 11.190 11.840 Hamburg Kaohsiung Kaohsiung Kaohsiung 6 2.890 8.843 9.714 9.470 Long Beach Los Angeles Rotterdam Rotterdam 7 2.844 7.179 8.281 9.287 Yokohama Rotterdam Los Angeles Hamburg 8 2.757 7.107 7.321 8.084 Los Angeles Hamburg Hamburg Dubai 9 2.555 6.138 7.003 7.619 Antwerpen Antwerpen Dubai Los Angeles 10 2.329 5.445 6.429 7.485

2.3.9 Entwicklung der Containerschiffs-Charterraten

31 DESATIS vom 04.05.2006

2 - 18 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.3.10 Kapazität der Containerschiffsflotte in TEU32 (Schiffe ab 300 BRZ)

32 ISL Bremen - Shipping Statistics and Market Review, Container Shipping, Juni 2006

2 - 19 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.4 Verkehr durch Kanäle und Meerengen

2.4.1 Passagen Nord-Ostsee-Kanal33

Transporte durch den NOK erfolgen meist mit Feederschiffen, d.h. mit Containerschiffen im Zubringerdienst vorrangig von den großen Überseehäfen Hamburg oder Bremerhaven in die Ostsee. Die zumeist im festen Liniendienst fahrenden Feederschiffe profitieren bei der Passage durch den NOK vom Zeitvorteil gegenüber dem Weg um Skagen. Seit 2000 ist ein stetiger An- stieg der Schiffspassagen festzustellen, was sich auch in der transportierten Ladungsmenge nie- derschlägt. In 2005 wurde mit den bisher meisten Schiffspassagen und der seit 1895 höchsten Ladungsmenge auf dem Nord-Ostsee-Kanal erneut ein ungewöhnlich gutes Ergebnis erzielt. Im Jahr 2005 befuhren 56.969 Schiffe den Nord-Ostsee-Kanal, 14.417 davon waren aller- dings Sport- und Kleinfahrzeuge. Bereinigt um diese Fahrzeuge nahm der Schiffsverkehr um 2,1% auf 42.552 Handelsschiffe zu. Auf den Durchgangsverkehr entfielen 31.444 Schiffe, im Teilstreckenverkehr sank die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um 836 Schiffe auf 11.108 Schiffe. Die Schiffsgröße aller den NOK befahrenden Schiffe hat deutlich zugenommen. 1965 befuh- ren 85.000 Schiffe den Kanal, die zusammen allerdings nur 80 Mio. BRZ aufwiesen und lediglich 60 Mio. t Ladung beförderten. In 2005 wuchs der Transportraum auf insgesamt 138,7 Mio. BRZ (+11,1%); davon entfielen auf den Durchgangsverkehr 128,4 Mio. BRZ und 10,3 Mio. BRZ auf den Teilstreckenverkehr. Auf den Gütertransport entfielen 38.642 Handelsschiffe mit einer Transportmenge von 88,2 Mio. t (+9,4%). Im Durchgangsverkehr konnte ein Anstieg auf 82,0 Mio. t verzeichnet wer- den, während im Teilstreckenverkehr mit 6,2 Mio. t die Transportmenge annähernd gleich blieb. Interessant ist die Tatsache, dass weitaus mehr Güter aus der Ostsee kommend durch den NOK transportiert wurden als von West nach Ost (55,4 zu 32,8 Mio. t). Die durchschnittliche Schiffsgröße nahm von 2.996 BRZ auf jetzt 3.260 BRZ (+8,8%) zu. Im Durchgangsverkehr waren es sogar 4.084 BRZ (+7,0%).

2.4.2 Passagen Panama/Suez-Kanal34

Im Vergleich zum NO-Kanal passierten 12.647 Schiffe den Panama-Kanal und 18.193 Schiffe den Suez-Kanal, die allerdings dort eine ungleich höhere Ladungsmenge transportier- ten.

2.4.3 Gütertransporte im Nord-Ostsee-Kanal (in Mio. t)

Güterarten 2002 2003 2004 2005 Erdöl und Derivate 10,852 13,463 13,679 14,482 Kohle 0,835 0,905 2,377 2,625 Eisen&Stahl 4,066 4,690 6,456 6,485 Holz 3,686 3,536 3,985 4,421 Chemische Produkte 5,488 6,253 6,350 6,334 Getreide 1,872 1,818 1,482 1,861 Düngemittel 2,542 3,000 3,079 3,379 übrige Massengüter 8,125 8,256 9,545 10,109 Stückgüter 27,124 30,371 33,685 38,488 gesamt 64,590 72,292 80,638 88,186

Der Stückguttransport stieg um 14,2% auf insgesamt 38,49 Mio. t. Die transportierte Ladung stieg bei den meisten Güterarten an, lediglich der Erztransport war rückläufig.

33 WSD Nord, Kiel, Juni 2006 34 Kanalverwaltung Panama-Kanal und Suez-Kanal 2005

2 - 20 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.4.3.1 Anteile am Verkehrsaufkommen im NOK nach Flaggen35

2004 2005 2004 2005 2004 2005 Flagge BRZ % Schiffe % Gütertonnen % 1 Deutschland 17,6 15,6 18,6 16,5 18,4 16,5 2 Niederlande 14,0 14,0 14,2 14,2 16,3 16,4 3 Antigua&Barbuda 10,4 11,5 10,3 11,5 10,9 12,4 4 Finnland 5,6 5,1 4,6 4,3 4,0 3,9 5 Großbritannien 15,5 14,8 16,1 16,0 16,0 15,9 6 Norwegen 4,8 4,2 4,3 3,9 4,6 4,2 7 Schweden 3,7 3,8 3,8 3,5 4,4 3,5 8 Zypern 4,5 4,6 4,8 4,6 4,2 3,8 9 Russland 4,6 5,3 4,1 4,9 4,9 6,0 10 Panama 2,4 2,7 2,4 2,5 1,3 1,5 11 Malta 2,2 2,3 2,4 2,5 2,1 2,4 12 Bermudas-Bahamas 2,2 2,4 1,8 1,9 0,8 1,0 13 Portugal 1,5 1,4 1,4 1,2 1,0 1,0

2.4.3.2 Kosten für eine Schiffspassage im Nordostseekanal

Berechnet für ein Schiff von 10.000 BRZ von Elbe1 bis Kiel-Leuchtturm (Stand: 08/2004) Befahrungsabgaben NOK EUR 1.373 Lotsabgaben Kieler Förde EUR 214 Lotsabgaben NOK EUR 195 Lotsabgaben Elbe EUR 371 Lotsgeld Kieler Förde EUR 359 Lotsgeld NOK EUR 1.563 Lotsgeld Elbe EUR 600 Kanalsteurer EUR 457 Summe EUR 5.132 Schiffsmaklerkosten36 EUR 1.310 Schlepperassistenz zum Einlaufen in die Schleuse ca.37 EUR 1.125 Gesamtkosten einer Kanalpassage38 EUR 7.567

35 WSD Nord, Kiel, Januar 2006 36 Die Annahme eines Maklers ist bei dieser Schiffsgröße üblich, jedoch nicht vorgeschrieben. 37 Ein Schlepper wird dann angenommen, wenn der Kapitän des Schiffes dies wünscht oder der Lotse eine Notwendigkeit dafür sieht (Wetterverhältnisse, Besonderheiten am Schiff) und der Kapitän dem Vor- schlag zustimmt. 38 Für die Lotsung können im Einzelfall weitere Kosten (Wartegeld, Verholen, etc.) entstehen.

2 - 21 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.4.4 Passagen durch Nordostseekanal (NOK), Suez-Kanal, Panama-Kanal39

NOK Suez Panama Eröffnung 1895 1869 1914 Länge 99 km 190,25 km 81 km Breite im Wasserspiegel 162 m max. 350 m 152 m Breite in 11m Wassertiefe 200 – 210 m Wassertiefe 21 m Max. Tiefgang 58 ft Max. Tonnage (dwt) 195.000 dwt Durchfahrt (Std.) 6,5 - 8,5 24 8 – 10 Schleusen 2 x 4 - 3 x 2 Höhenunterschied (m) - - 26 Schiffsgrößen -max. Länge (m) 235 keine 274,3 -max. Breite (m) 32,5 64 32,3 -max. Tiefgang (m) 9,5 17,67 12,1 Höchstgeschw. (kn) > 8,5 m Tiefgang 6,5 (8,1) 14 12 (> 8,5 m Tiefgang) Lotse beratend beratend verantwortlich mögliche Durchfahrten (täglich)40 ständig rd. 50 Schiffe max. 48 in 3 Konvois Passagen 2001 26.303 13.986 12.040 2002 26.219 13.447 11.853 2003 27.551 15.667 11.725 2004 29.738 16.850 12.518 2005 31.444 18.193 12.647 Gesamtschiffsraum (in Mio. BRZ) 2001 100,8 457,1 229.7 2002 103,6 444,8 237,5 2003 111,9 549,3 241,9 2004 124,9 621,2 266,1 2005 138,7 671,8 278,3 Gütertransporte (in Mio. t) 2001 62,7 373,1 190,3 2002 64,6 368,8 187,8 2003 72,3 457,9 188,2 2004 80,6 521,4 200,2 2005 88,2 571,1 193,8

2.4.5 Schiffsverkehr durch die dänischen Meerengen41

Sund Nord Sund Süd Großer Belt Süd N S N S N S 1999 20.303 21.367 19.723 20.343 9.318 8.623 2000 19.534 20.214 19.672 20.402 8.667 7.619 2001 18.412 19.151 18.459 19.334 9.232 7.797 2002 17.704 19.162 18.055 19.542 9.518 7.720 2003 17.916 19.245 17.903 19.235 9.559 7.845 2004 16.717 18.659 18.771 20.694 10.111 7.959 2005 15.335 17.454 16.882 18.858 10.389 7.978

39 ISL Bremen 2006; WSD Nord Kiel, Januar 2006 40 Zum Vergleich: Nach Angaben der südafrikanischen Marine fuhren 2005 ca. 15.726 Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung bzw. legten dort an, darunter 2.554 Tanker (Botschaft der Bundesrepublik Deutsch- land, Pretoria/Südafrika – Militärattachéestab - v. 09.03.2006) 41 Admiral Danish Fleet, Aarhus, 2006

2 - 22 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2.5 Kreuzfahrtmarkt42

Weltweit hat der Kreuzfahrtmarkt seine Bedeutung als Wirtschaftsfaktor weiter gesteigert. Nach wie vor ist zwar das Marktpotenzial für Kreuzfahrten klein, dennoch verzeichneten die Reiseveranstalter innerhalb der letzten drei Jahre zweistellige Zuwachsraten. Insgesamt 19 Ge- sellschaften, die in der Cruise Lines International Association (CLIA) zusammengeschlossen sind, bieten Passagierkreuzfahrten an, etwa 65% entfallen auf internationale Anbieter und etwa 35% auf nationale Anbieter. Nach Brancheninformationen verteilen sich die internationalen Passagie- re wie folgt: 77-80% US-Amerikaner, 15% Europäer und 5% restliche Welt. Bevorzugt werden Kreuzfahrten in die Karibik (50%) und ins Mittelmeer (30%) gebucht, wo- bei sich das Mittelmeer zunehmend zu einem der populärsten Reiseziele entwickelt. Darüber hinaus setzen die internationalen Kreuzfahrtanbieter verstärkt ihre Schiffe auch in den europäi- schen Gewässern ein. Im Jahr 2005 nahmen weltweit etwa 11,2 Mio. Passagiere an Kreuzfahrten teil, darunter aus den USA etwa 9,6 Mio. (+1%), UK etwa 1,0 Mio. (+10%) und aus Deutschland 639.099 (+9,6%). In 2005 stieg die Zahl der deutschen Kreuzfahrtpassagiere auf 639.099 Urlauber auf Hoch- seeschiffen (+9,6%) und auf 325.634 Urlauber auf Flusskreuzfahrtschiffen (+6,2%). Die Anbieter im deutschen Kreuzfahrt-Markt, 17 nationale und 22 internationale Anbieter (Reederei/Charterer), verbuchten in 2005 einen Umsatzzuwachs von 7,2% auf 1,22 Mrd. EUR bei Hochseekreuzfahrten und von 4,1% auf 370 Mio. EUR bei Flusskreuzfahrten.

Dt. Kreuzfahrtpassagiere

639.099 583.043 537.348

428.412 379.485 392.202 80 306.199 330.6 283.317 254.520

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

42 DRV – Der Kreuzfahrtmarkt Deutschland 2005

2 - 23 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Passagierschiffe und frachttragende Passa- Anzahl 1.000 dwt 1.000 gt gierschiffe (über 300 BRZ) Bahamas 159 663 5.193 Italien 268 606 2.650 Panama 173 443 2.557 UK 118 327 1.773 Griechenland 275 374 1.539 Japan 351 504 1.324 Norwegen 262 196 1.231 VR China 175 195 520 Kanada 114 98 418 Deutschland 74 81 339 USA 145 144 431 Zypern 28 76 347 Türkei 136 93 273 Korea 73 57 201 gesamt43 3.976 5.933,4 28.187,5 in Bau 184 474 3.640 44 Welt gesamt 41.110 944.498 639.658

wichtigste Kreuzfahrt- Anzahl Kapazität Land Passagiere gesellschaften Schiffe (Betten) 1 Carnival Corporation (u.a. Carnival Cruise, Holland USA 79 136.402 America Line, Cunard Seabourn Cruise Line) 2 RCI Royal Caribbean Cruises NOR 29 61.782 3 Star Cruises MAL 16 28.248 4 Med. Shipping Cruise SWZ 7 8.662 8 Louis Cruise Lines CYP 10 6.872 10 Thomson HolidaysLines UK 3 3.834 5 NYK Cruises Co. JPN 4 3.584 7 Disney Cruise Line USA 2 3.520 9 Pullmantur SPA 4 3.001 6 Radisson Seven Seas USA 5 2.620 11 Oceania Cruises MON 3 2.070 12 Silverseas Cruises ITA 4 1.368 andere 97 41.764 gesamt452005 263 303.727 11.200.000

43 ISL - Shipping Statistics and Market Review, Juli 2005 44 ISL - Shipping Statistics and Market Review, Stand 01. Januar 2006 45 ISL - Shipping Statistics and Market Review, Juli 2005

2 - 24

Deutsche Handelsflotte und seewärtiger deutscher Außenhandel 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3 Deutsche Handelsflotte und seewärtiger deutscher Außenhandel

3.1 Deutsche Handelsflotte

3.1.1 Entwicklung der deutschen Handelsflotte1

In Deutschland bereedern etwa 390 Reedereien Fracht- und Fahrgastschiffe, Fischereifahr- zeuge und Schlepper und andere Schiffe. Etwa 300 Unternehmen setzen Fracht- und Fahrgast- schiffe ein, etwa 45 kleinere Fahrgastschiffe und Fähren sowie etwa 40 Unternehmen Schlepper, Bagger und sonstige Schiffe. Etwa 250 Unternehmen sind im Verband deutscher Reeder (VDR) organisiert. Die deutschen Reeder können vom deutschen Standort aus Schiffe unter deutscher Flagge – eingetragen im deutschen Seeschifffahrtsregister -, Schiffe unter ausländischer Flagge – eingetragen im deutschen Seeschifffahrtsregister iVm der Genehmigung, befristet eine ausländische Flagge zu führen (Bareboat-Charter nach §7 Flaggenrechtsgesetz) -, Schiffe unter ausländischer Flagge - eingetragen im ausländischen Seeschifffahrtsregister - bereedern und einsetzen. Die deutsche Reeder profitieren dabei am Schifffahrtsstandort Deutschland von der Fortset- zung der Schifffahrtsförderungspolitik der Bundesregierung, die einerseits darauf ausgerichtet ist, den Reedereistandort Deutschland attraktiv zu gestalten und andererseits Arbeitsplätze für deutsche Seeleute zu beschaffen und zu erhalten. Grundlagen der deutschen Schifffahrtsförde- rung sind das Internationale Deutsche Seeschifffahrtsregister und das zum 01.01.1999 eingeführ- te Tonnagesteuersystem. Nach den Vereinbarungen der 3. und 4. Nationalen Maritimen Konfe- renzen (NMK) wird die Schifffahrtsförderung fortgesetzt, nachdem die Reeder die Vorausset- zungen dafür erfüllt haben, bis Anfang 2006 zusätzlich mindestens 100 Handelsschiffe in der internationalen Fahrt wieder unter deutsche Flagge zu bringen. Der Lohnsteuereinbehalt wurde im gleichen Zusammenhang auf 80% angehoben.

Von deutschen Reedern/ Schifffahrtsgesellschaften kontrollierte Handelsflotte

Die deutschen Reeder und Schifffahrtsgesellschaften bereederten am 30.04.2006 nach den Angaben des BSH und VDR 2.828 Handelsschiffe über 100 BRZ mit einer Gesamttonnage von 52,9 Mio. BRZ. Betrachtet man nur die großen Handelsschiffe ab 1.000 BRZ2, so besitzen die deutschen Reeder und Schifffahrtsgesellschaften mit 2.731 Schiffen (darunter 392 Schiffe unter dt. Flagge) und 70,3 Mio. dwt insgesamt 8,5% aller Handelsschiffe weltweit oder 7,5% der Welttonnage (3. Platz der dwt Weltrangliste). Die von deutschen Reedern kontrollierte Containerschiffsflot- te ist die größte der Welt und umfasste Anfang 2006 1.157 Schiffe (33,1%) mit 36,4 Mio. dwt (32,6%) (1. Platz der Weltrangliste in diesem Segment)3.

Deutsche Seeschifffahrtsregister4

Am 30.04.2006 fuhren 588 Seeschiffe ab 100 BRZ unter deutscher Flagge, der Tonnage- anteil betrug 11,1 Mio. BRZ, dies entspricht 21% der gesamten deutschen Eignertonnage. Seit Einführung der Tonnagesteuer blieb der Schiffsbestand der in deutschen Seeschifffahrtsregistern eingetragenen Schiffe in der internationalen Fahrt zwar weiter unter dem damaligen Höchst- stand von 848 Schiffen, allerdings wuchs die Tonnage erstmals mit 11,1 Mio. BRZ über die 10 Mio.-BRZ-Grenze.

1 BSH: Stand 30.04.2006 2 ISL - Shipping Statistics and Market Review 4/2006 3 ISL - Shipping Statistics and Market Review 4/2006, Seite 21 4 BSH: Stand 30.04.2006

3 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Von den Schiffen unter deutscher Flagge wurden am 30.04.2006 382 Seeschiffe mit einer Tonnage von 10,9 Mio. BRZ im Internationalen Seeschifffahrtsregister (ISR - deutsches Zweitregister) geführt, was rund 98% der in deutschen Seeschifffahrtsregistern eingetragenen Tonnage entspricht. Seit Einführung des ISR (05.04.1989) blieb der dort geführte deutsche Schiffsbestand zwar weiter unter dem damaligen Höchststand von 547 Schiffen, allerdings wuchs die Tonnage erstmals mit 10,9 Mio. BRZ über die 10 Mio. BRZ-Grenze. Mit Stand 30.04.2006 wurden 1.883 Seeschiffe ab 100 BRZ mit 33,2 Mio. BRZ zwar in deut- schen Seeschifffahrtsregistern geführt, waren aber auf Bareboat-Charterbasis befristet ausge- flaggt. Dieser Flottenteil wuchs seit Ende 2000 um 1.002 Einheiten. Diese Schiffe können im be- sonderen Falle eines nationalen Notstandes bedingungsgemäß zurückgeflaggt werden und ste- hen im Bedarfsfall für die Krisenvorsorge der Bundesregierung zur Verfügung - allerdings wohl nicht immer kurzfristig und unter Umständen auch ohne Besatzung. In den deutschen Seeschifffahrtsregistern waren somit am 30.04.2006 insgesamt 2.741 Handelsschiffe über 100 BRZ mit insgesamt 44,3 Mio. BRZ eingetragen, 1.168 Schiffe und 28,9 Mio. BRZ mehr als zum Ende des Jahres 2000. Damit könnten insgesamt 87,4% der von deut- schen Reedern kontrollierten Handelsschiffe (588 deutsche Flagge plus 1.883 in Bareboat- Charter) bzw. 83,6% des von ihnen kontrollierten Transportraumes im Bedarfsfall unter die Kon- trolle der Bundesregierung gebracht werden. Hier zeigt die Tonnagesteuer, die eine Regis- trierung der Schiffe im Inland voraussetzt, deutlich ihre Wirkung. Die bevorzugten Auslandsflaggen der deutschen Reedereien sind die des Karibik-Staates Antigua&Barbuda mit 776 Schiffen und 6,1 Mio. BRZ, Liberia mit 491 Schiffen und 14,8 Mio. BRZ und den Marshallinseln mit 130 Schiffen und 3,8 Mio. BRZ. In Gibraltar sind 96 Schiffe registriert mit 0,6 Mio. BRZ. Die verbleibenden 335 Schiffe verteilen sich auf weitere 19 Flaggen.

Von deutschen Reedern/Schifffahrtsgesellschaften kontrollierte Handelsflotte unter ausländischer Flagge in ausländischen Registern

357 Schiffe mit 8,6 Mio. BRZ fuhren am 30.04.2006 unter ausländischer Flagge in auslän- dischen Registern. Zusammen mit dem Flottenanteil der Bareboat-Charter (1.883 Seeschiffe) sind damit 79,2% aller von deutschen Reedern kontrollierten Handelsschiffe unter ausländischen Flaggen registriert, von ehemals 64,8 % in 1998.

3 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.2 Bareboat-Charter5

Die befristete Ausflaggung wird als Dual Registration bezeichnet. Dies bedeutet, dass ein Schiff im deutschen Register verbleibt und zusätzlich während der Laufzeit der Bareboat-Charter in das Register des gewählten Flaggenstaates eingetragen wird. Voraussetzung für eine solche Dual Registration nach §7 Flaggenrechtsgesetz6 ist, dass das Schiff einem Ausrüster, der nicht Deutscher ist, zur Bereederung überlassen wird. Die Eintragung in ein ausländisches Bareboat- Register hat zur Folge, dass für den Zeitraum der Eintragung die Flagge des Bareboat-Charter- Registers geführt wird und die Besetzungs- und Sicherheitsvorschriften (Besatzungszusammen- setzung, Schiffssicherheit) dieses ausländischen Flaggenstaates zur Anwendung kommen. Die Ausflaggung nach §7 Flaggenrechtsgesetz im Rahmen einer Bareboat-Charter ist zunächst auf 2 Jahre befristet, kann aber verlängert werden. Die befristete Ausflaggung ist zwar eine vorübergehende Ausnahmeregelung, die sich aber zur gängigen Praxis entwickelt hat. Bevor- zugt werden dabei die Register von Antigua&Barbuda sowie Liberia.

3.1.3 Die deutsche Tonnagesteuer7

Ende 1998 wurde die Schifffahrtsförderungspolitik in Deutschland von Grund auf geändert. Sie richtete sich jetzt mehr auf Wachstum und Wertschöpfung bei Reedereien und Schifffahrts- gesellschaften am Standort Deutschland, wobei die Kernelemente der neuen Schifffahrtspolitik die Reduzierung der Personalkosten und die Einführung der Tonnagesteuer waren. Zum 01.01.1999 wurde mit dem „Gesetz zur Förderung des Schifffahrtsstandortes Deutschland“ die Tonnagesteuer als Anpassung der Besteuerung von Schifffahrtseinkünften an den europäischen Standard eingeführt. Ein wesentlicher Bestandteil der Tonnagesteuer ist die Einführung eines Wahlrechts bei der Gewinnermittlung für Handelsschiffe im internationalen Verkehr (§5a EStG). Der Reeder kann zwischen der herkömmlichen ertragsabhängigen Besteuerung und der pauschalen Gewinnermittlung nach der Nettoraumzahl8 (NRZ) des Schiffes, die im Wesentlichen den Laderaumgehalt erfasst, wählen. Die steuerliche Bemessungsgrundlage wird dadurch unabhängig vom tatsächlich erzielten Ergebnis der Schifffahrtsgesellschaft festgestellt. Der so ermittelte und von den Gesellschaftern zu versteuernde Gewinn ist außerordentlich niedrig. Diese steuerliche Erleichte- rung können die Reedereien für jeweils zehn Jahre wählen, was ihnen auch eine langfristige Planungssicherheit verschafft.

5 Bareboat-Charter bedeutet, dass dem Charterer das gesamte Schiff ohne Besatzung zur Nutzung überlas- sen wird. Koch/Arning: Die Situation der deutschen Flagge, Januar 2005 6 FlaggRG §7(Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe): Wird in den Fällen des § 1 ein Seeschiff einem Ausrüster, der nicht Deutscher ist oder seinen Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes hat, auf mindestens ein Jahr zur Bereederung in eigenem Namen überlassen, so kann auf Antrag des Eigentümers das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für bestimmte Zeit, höchstens jedoch jeweils für die Dauer von zwei Jahren unter dem Vorbehalt des Widerrufs gestatten, dass das Schiff anstelle der Bundesflagge eine andere Nationalflagge führt, deren Führung nach dem maßgeblichen ausländischen Recht erlaubt ist. Die Rechte und Pflichten aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften bleiben unberührt. 7 BSH und Koch/Arning: Die Situation der deutschen Flagge, Januar 2005 8 Nettoraumzahl NRZ: Die Nettoraumzahl bezeichnet das Maß für die ermittelte Nutzbarkeit eines Schiffes. Die dimensionslose Nettoraumzahl ist abhängig von dem Inhalt aller Laderäume, dem Tiefgang, der Sei- tenhöhe und der Anzahl der Fahrgäste. Sie wird nach einer speziellen Formel ermittelt, wobei die Netto- raumzahl nicht kleiner als 0,3 BRZ sein darf. (Koch/Arning: Die Situation der deutschen Flagge, Januar 2005)

3 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Das Gesetz befreit die Reeder darüber hinaus auch teilweise von den Lohnnebenkosten. Nach Paragraf 41a Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes kann der Reeder in 2 aufeinanderfolgen- den Jahren 80% der von den Seeleuten zu entrichtenden Lohnsteuer einbehalten. Dieser Abzug setzt bei den Schifffahrtsunternehmen eine Beteiligung an der Eigentümergesellschaft voraus. Die betroffenen Beschäftigten müssen Besatzungsmitglieder sein und dürfen nicht von Dritten zur Verfügung gestellt werden.

3.1.4 Internationales Seeschifffahrtsregister (ISR) 9 (deutsches Zweitregister)

Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seeschifffahrt und zur Erhaltung ei- ner angemessenen Tonnage unter deutscher Flagge wurde nach Zustimmung des Bundestages und Bundesrates am 05.04.1989 ein internationales Seeschifffahrtsregister (ISR) als Zusatzregister für Schiffe unter deutscher Flagge eingerichtet. Es wird geführt beim Bundesamt für Seeschiff- fahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. Dieses Register wird zusätzlich zu den amtlichen Schiffsregistern der Amtsgerichte geführt. Das ISR ist ein zusätzliches Register, in dem deutsche Seeschiffe eingetragen werden können, die die Bundesflagge führen und überwiegend im internationalen Verkehr eingesetzt sind. Für die Besatzungsmitglieder gilt prinzipiell das deutsche Sozialversicherungsrecht. Damit bietet das Internationale Seeschifffahrtsregister eine bessere Sicherung der mit der deutschen Seeschifffahrt direkt und indirekt zusam- menhängen Arbeitsplätze an Bord und an Land sowie die Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Krisenfall. Die Eintragung schafft eine größere arbeitsrechtliche Flexibilität für die Reederei. Die Eintra- gung eröffnet gegenüber einer Ausflaggung die Möglichkeit, für die Sicherung von Arbeitsverhältnissen von Besatzungsmitgliedern, die im Inland kei- nen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben und die Vereinbarung des ausländischen Arbeits- und Tarifrechts.

9 BSH und Koch/Arning: Die Situation der deutschen Flagge, Januar 2005

3 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.5 Handelsschiffsbestand in Disposition deutscher Reeder10 (ab 100 BRZ)

Bareboat Frem- insgesamt in Fremde Flagge Deutsche Flagge nur ISR (dt. de Flagge (§7 Jahr deutscher Dis- (fremdes (einschl. ISR) Zweitregister) FLRG) position Register) (dt. Register) in 1.000 in 1.000 in 1.000 in 1.000 in 1.000 Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl BRZ BRZ BRZ BRZ BRZ 1970 2.578 7.485 2.578 7.485 - - - - 1980 1.900 11.833 1.540 7.866 137 1.432 223 2.535 1990 1.518 8.989 1.064 5.435 575 3.182 255 4.040 1997 1.645 15.252 769 6.646 488 5.900 612 4.211 264 4.395 1998 1.783 18.045 844 8.098 547 7.800 638 5.052 301 4.895 1999 1.850 19.924 717 6.536 407 5.663 735 6.759 398 6.629 2000 2.010 23.039 692 6.605 393 5.716 881 8.805 437 7.629 2001 2.110 26.584 605 6.190 353 5.436 1.075 12.332 430 8.062 2002 2.230 29.726 549 6.093 309 5.607 1.203 14.833 478 8.800 30.04.03 2.409 33.839 494 5.642 261 5.135 1.469 19.526 446 8.671 30.04.04 2.448 36.061 463 5.637 243 5.319 1.529 21.191 456 9.233 30.04.05 2.647 43.649 551 9.081 324 8.410 1.632 24.657 464 9.911 30.04.06 2.828 52.991 588 11.125 382 10.865 1.883 33.224 357 8.642

3.1.5.1 Entwicklung Handelsschiffsbestand unter deutscher Flagge11 (ab 100 BRZ)

2.800 2.578

2.400

2.000 1.540 1.600 1.064 1.200

692 800 605 588 549 494 551 393 463 353 309 324 382 400 261 243

0 1970 1980 1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

registriert im ISR (eingerichtet 1989) gesamt Handelsschiffe unter dt. Flagge

10 BSH/VDR: Stand ISR/Dt. Register jeweils zum 30.04. des Jahres 11 BSH/VDR: Stand bis 2002 jeweils 31.12.; ab 2003 jeweils zum 30.04. des Jahres

3 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.6 Handelsschiffe unter deutscher Flagge nach Schiffstypen12 (ab 100 BRZ)

30.04.2004 30.04.2005 30.04.2006 Schiffstyp Anzahl BRZ Anzahl BRZ Anzahl BRZ Fahrgastschiffe 121 80.254 115 85.911 111 80.773 Fähren 32 130.457 30 117.994 31 121.646 RO/RO-Schiffe 8 168.205 8 168.205 7 160.945 Stückgutfrachter 118 253.529 116 245.655 108 211.258 Kühlschiffe 1 4.951 1 4.951 1 4.951 Containerschiffe 147 4.803.624 234 7.963.355 271 9.696.314 Tankschiffe 34 195.343 42 328.833 45 539.723 Spezialtransportschiffe 2 822 3 1.595 3 1.595 Mehrzweck- 0 0 1 8.963 10 152.414 Trockenfrachtschiffe Massengutschiffe 0 0 1 155.051 1 155.051 gesamt 463 5.637.185 551 9.080.513 588 11.124.669

3.1.6.1 Entwicklung der Handelsflotte unter deutscher Flagge nach Schiffs- typen (ab 100 BRZ)

30.04.06 588

30.04.05 551

30.04.04 463

30.04.03 494

2001 605

2000 692

1 10 100 1000 Gesamtzahl Schiffe unter dt. Flagge Fahrgastschiffe RoRo-Schiffe M ehrzweck-Trockenfrachtschiffe Kühlschiffe Containerschiffe Spezialtransportschiffe Stückgutfrachter M assengutschiffe Tankschiffe

12 BSH/VDR: Stand ISR/Dt. Register jeweils zum 30.04. des Jahres

3 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.7 Tonnageentwicklung der Handelsflotte unter deutscher Flagge13 (ab 100 BRZ) (in Mio. BRZ)

12 11,12 10,86

10 9,08 7,87 8,41 8 6,61 6,19 6,09 5,72 5,64 5,64 6 5,44 5,43 5,6 5,14 5,32

4

2

0 1980 1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

registriert im ISR (eingerichtet 1989) Handelsschiffe unter dt. Flagge

3.1.7.1 Tonnageentwicklung der Handelsflotte unter deutscher Flagge nach Schiffstypen (ab 100 BRZ) (in 1.000 BRZ)

30.04.06 9696

30.04.05 7963

30.04.04 4803

30.04.03 4693

2001 4987

2000 5110

1990 2042

1 100 10000 Fahrgastschiffe RoRo-Schiffe Mehrzweck-Trockenfrachtschiffe Containerschiffe Spezialtransportschiffe Stückgutfrachter Massengutschiffe Tankschiffe

13 BSH/VDR: Stand bis 2002 jeweils 31.12.; ab 2003 jeweils zum 30.04. des Jahres

3 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.8 Handelsschiffe ab 1.600 BRZ14 unter dt. Flagge nach Schiffstypen

1998 2000 30.04.2005 30.04.2006 Schiffstyp Anzahl Anzahl Anzahl BRZ Anzahl BRZ Passagierschiffe 5 3 4 50.533 3 47.069 Fähren 18 16 12 105.040 13 108.692 RoRo-Schiffe 19 15 8 168.205 7 160.945 Trockenfrachter 189 132 38 199.019 39 309.245 Kühlschiffe 3 1 1 4.951 1 4.951 Containerschiffe 299 224 233 7.928.012 266 9.566.668 Massengutschiffe 1 - 1 155.051 1 155.051 Rohöltanker 2 4 7 149.440 11 371.219 Gastanker 4 2 3 18.365 3 18.365 Chemikalientan- 13 4 8 93.592 6 58.098 ker gesamt 563 409 315 8.872.208 350 10.800.303

3.1.9 Einsatzbereiche der Seeschiffe deutscher Reedereien15 (über 4.000 BRZ)

Einsatzbereiche Deutsche Flagge Ausländische Flagge Deutsches Register Fremdes Register 2005 Anzahl 1.000 BRZ Anzahl 1.000 BRZ Anzahl 1.000 BRZ Trampfahrt 244 7.577 953 17.536 212 4.369 Linienfahrt 49 2.602 38 906 15 285 Tankfahrt 20 472 163 5.985 90 2.252 Massengutfahrt 1 1550 152 4.120 35 1.383

Fahrgastschifffahrt 9 234256 2 49 13 376 Kühlfahrt - - 14 111 10 145 insgesamt 323 11.040 1.322 28.707 375 8.820

14 BSH 2005: Kriterium für den DSA-Schiffspool für den NATO-Bündnisfall 15 VDR, 01.01.2006: Schiffe über 4.000 BRZ; ohne Küstenschiffe, Hafen- und Spezialfahrzeuge

3 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.10 Handelsschiffe in deutschen Seeschifffahrtsregistern - befristet unter fremder Flagge (Bareboat-Charter) nach Schiffstypen16

Schiffstyp (ab 100 BRZ) Anzahl BRZ Fahrgastschiffe 2 4.784 2. RO/RO-Schiffe 26 249.395 3. Trockenfracht- und Mehrzweckschiffe Stückgutfrachter 590 2.685.259 Kühlschiffe 27 255.235 Containerschiffe 844 19.243.139 Vielzweckfrachtschiff 66 637.663 Bohrinselversorgungsschiff 2 5.045 Massengut-Mehrzweckfrachter 3 94.255 4. Tankschiffe Öltankschiffe 86 5.187.457 Flüssiggastankschiffe 30 185.933 Chemikalientankschiffe 69 1.010.564 5. Sonstige 138 3.665.043 gesamt 1.883 33.223.772

3.1.10.1 Bestand der Handelsschiffe in dt. Seeschifffahrtsregistern - Bareboat-Charter nach Flaggen17 (ab 100 BRZ)

Flagge Anzahl BRZ dwt Antigua und Barbuda 776 6.052.876 7.901.085 Liberia 491 14.772.948 19.868.141 Marshallinseln 130 3.848.023 6.164.181 Großbritannien (Gibraltar) 96 555.895 725.572 Zypern 96 1.716.246 2.529.223 Malta 58 1.038.743 1.553.618 Großbritannien 52 724.830 905.616 Niederlande (Niederl. Antillen) 41 451.556 620.084 Großbritannien (Insel Man) 37 368.913 508.921 Bahamas 21 1.252.099 2.189.679 Portugal 17 44.818 62.787 Niederlande 14 401.507 419.374 Panama 11 983.664 1.570.234 Spanien 9 59.454 73.117 Luxemburg 9 143.800 177.238 Singapur 6 421.994 570.591 Myanmar (Burma) 5 155.476 290.905 Großbritannien (Kaimaninseln) 3 161.310 293.300 Sri Lanka 3 30.447 42.226 Färöer 2 17.660 22.286 Frankreich 2 9.953 9.295 Korea (Nord) 1 6.172 3.663 Neuseeland 1 3.850 4.766 Polen 1 935 165 Tuvalu 1 603 817 Summe 1.883 33.223.772 46.506.884

16 BSH: Stand 30.04. 2006 17 BSH: Stand 30.04. 2006

3 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.10.2 Entwicklung der Handelsschiffe in deutschen Seeschifffahrtsregis- tern - befristet unter fremder Flagge (Bareboat-Charter)18

3600 3322 3200

2800 2466 2400 2120 1883 2000 1632 1586 1529 1600 1075 1200 881 1306 1233,2 800 Anzahl Schiffe 802,4 271 400 in 10.000 BRZ

0 101 1990 2000 2001 30.4.03 30.4.04 30.4.05 30.4.06

3.1.11 Deutsche Kreuz- und Fahrgastschifffahrt19 (ab 100 BRZ)

Schiffe unter deutscher Flagge Anzahl BRZ Fahrgastschiffe mit Kabinen (Kreuzfahrt) MS DEUTSCHLAND 22.496 MS AURORA 20.381 MS SANSSOUCI STAR 453 MS WAPPEN VON HAMBURG 4.192 gesamt 4 47.522 Fahrgastschiffe ohne Kabinen Fähr- und Bäderschiffe Ausflugs-Inselverkehr gesamt 85 27.279 Ro/Ro-Schiffe (bis 12 Fahrgäste) 2 13.943 (über 12 Fahrgäste) 5 147.002 gesamt 7 160.945 Fährschiffe Eisenbahnautofähren (über 12 Fahrgäste) 4 89.515 Autofähren (ohne Fahrgastkammern) 27 31.131 gesamt 31 120.646 sonstige Ausflugsboote 5 1.369 Sportangelfahrzeuge 12 1.759 gesamt 17 3.128

18 BSH: Stand bis 2002 jeweils 31.12.; ab 2003 jeweils zum 30.04. des Jahres 19 BSH: Stand 30.04. 2006

3 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.1.12 Bordpersonal auf Handelsschiffen in deutschen Registern20

deutsches Bordpersonal ausländisches Bordpersonal Jahr fremde Fremde gesamt Dt. Flagge Dt. Flagge Flagge gesamt Flagge gesamt 1990 11.262 4.590 15.852 1995 10.248 4.358 14.606 1997 8.751 5.023 13.774 1998 8.305 5.499 13.804 1999 6.905 3.956 10.861 2000 6.670 980 7.650 4.116 72 4.188 11.838 2001 6.494 1.210 7.704 4.454 58 4.512 12.216 2002 6.096 1.358 7.454 3.701 52 3.753 11.207 2003 5.835 1.521 7.356 3.130 56 3.186 10.542 2004 5.861 1.425 7.286 3.466 49 3.515 10.801 200521 6.537 1.127 7.664 5.252 46 5.298 12.962 davon Fischerei 0 1 1

3.1.12.1 Bordpersonal nach Berufsgruppen auf deutschen Handelsschiffen22

Berufsgruppe Deutsche Ausländer gesamt Frauen Kapitäne, Offz, andere Angestellte Kapitäne, Schiffsführer 1.041 14 1.055 2 Nautische Offiziere 1.071 605 1.676 36 Naut. OffzAssisten und Bewerber 41 6 47 3 Technische Offiziere 1.245 400 1.645 9 Techn. OffzAssistenten und Bewerber 37 3 40 1 Funkoffiziere 5 0 5 Elektriker und Assistenten 156 249 405 1 Schiffsbetriebsmeister 21 3 24 Deckspersonal Facharbeiter, Fachkräfte, Hilfskräfte 1.046 1.817 2.863 13 Auszubildende (Fischerei) 88 1 89 0 Maschinenpersonal Facharbeiter, Fachkräfte, Hilfskräfte 241 773 1.014 3 Personal im Gesamtschiffsbetrieb Schiffsmechaniker 467 54 521 2 Auszubildende zum Schiffsmechaniker 506 18 524 22 Angestellte, Arbeiter Wirtschaftspersonal (Küche/Bedienung) 453 755 1.208 162 Sonstiges Personal 461 620 1.081 133 Unternehmer und Ehegatten 1.511 8 1.519 27 gesamt 8.390 5.326 13.716 414 davon Fischerei 1.889 74 1.927 19

20 Stand 31.12.2005; See-Berufsgenossenschaft Januar 2006 21 Auf deutschen Handelsschiffen unter fremder Flagge waren am 31.12.2005 insgesamt 1.173 Personen, davon 46 Ausländer bei der SBG sozialversichert (Ausstrahlungs- sowie Antragsversicherung), in der Fi- scherei lediglich 1 Person. 22 Stand 31.12.2005; See-Berufsgenossenschaft Januar 2006

3 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.2 Deutscher Außenhandel

3.2.1 Überblick und Entwicklung Weltwirtschaft

Die Weltwirtschaft23 entwickelte sich im Verlauf des Jahres 2005 anhaltend positiv weiter mit einer Steigerung um durchschnittlich 4,5%. Die Weltkonjunktur wurde im Wesentlichen durch die Entwicklung in Südostasien bestimmt. Den wichtigsten Wirtschaftsmotor bildete er- neut China mit einem Wachstum von etwa 10%. Verstärkt trägt aber auch Indien zur positiven weltwirtschaftlichen Entwicklung bei, dessen Wirtschaftswachstum auf 7,6% anstieg. Die Indust- rieländer konnten ihre Wirtschaftsleistung demgegenüber nur um rund 2,5% steigern. Trotz einer reduzierten Wachstumsrate von 3,6% führten die USA diese Ländergruppe an. Japans Wachstum fiel auf 2,3% und das der EU-25 auf 1,4% zurück. Überblick und Entwicklung Welthandel Der Welthandel wies 2005 eine ungebrochene Dynamik auf und wuchs um durchschnittlich 7% auf etwa 7,5 Mrd. t. Davon profitierte auch der seewärtige Welthandel, dessen Transportvo- lumen um 3,7% auf 6,8 Mrd. t zunahm, was sich auch in der Steigerung der Transportleistung der Welthandelsflotte um 4,5% auf 28,9 Mrd. Tonnenmeilen deutlich niederschlug24. Überblick und Entwicklung im Handel mit Europa 2005 wurden Waren im Wert von 583,6 Mrd. EUR aus Deutschland in die anderen europäi- schen Länder ausgeführt und Waren im Wert von 448,5 Mrd. EUR aus diesen Ländern bezogen. Dies entsprach gegenüber dem Vorjahr einem Wertzuwachs von 7,5% bei den Ausfuhren und von 9,1% bei den Einfuhren. Damit lag die Wachstumsrate der Einfuhren aus europäischen Staa- ten im Jahr 2005 noch um 0,4% höher als die Wachstumsrate der gesamten deutschen Importe (+8,7%), während sich die Wachstumsraten bei den Ausfuhren entsprachen. Überblick und Entwicklung im Handel mit der Europäischen Union (EU-25)25 Der Anteil der EU-25 am weltweiten Handel betrug nach Angaben der Welthandelsorganisa- tion (World Trade Organization – WTO) im Jahr 2002 bei den Ausfuhren 39% (2.449 Mrd. USD) und bei den Einfuhren 37,6% (2.447 Mrd. USD). Fast 10% der weltweiten Exporte und knapp 8% der Importe der Welt werden von deutschen Firmen getätigt. Im Jahr 2005 wurden von Deutschland Waren im Wert von 498,6 Mrd. EUR in die EU-25 aus- geführt und Waren im Wert von 368,8 Mrd. EUR von dort eingeführt. Dies entspricht einem Wertzuwachs von 6,9% bei den Versendungen und von 7,6% beim Empfang. Der Anteil des Wertes des Außenhandels mit der EU-25 am gesamten deutschen Außenhandel betrug 63,4% bei Ausfuhr und 59,0%bei Einfuhr. Im Handel mit der EU-25 wurde ein Ausfuhrüberschuss in Höhe von 129,8 Mrd. EUR erzielt. Dies entspricht 81% des Ausfuhrüberschusses des gesamten deutschen Außenhandels. Es fällt auf, dass im EU-Binnenhandel ein Güteraustausch oft im gleichen Güterspektrum und auf hohem Niveau stattfindet: 18,7% der deutschen Ausfuhren in die EU-25 bestanden im Jahr 2005 aus Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen. Umgekehrt hatten Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile ei- nen Anteil von 13,9% an den deutschen Einfuhren aus der EU-25. Ein reger europäischer intrain- dustrieller Handel fand 2005 zudem bei den chemischen Erzeugnissen (13,0% der deutschen EU- Ausfuhr und 13,4% der deutschen EU-Einfuhr) sowie bei den Maschinen (11,0% der deutschen EU-Ausfuhr und 6,7% der deutschen EU-Einfuhr) statt. In die Eurozone wurden von Deutschland im Jahr 2005 Waren im Wert von 339,8 Mrd. EUR ausgeführt und Waren im Wert von 249,2 Mrd. EUR von dort eingeführt. Dies bedeutete gegen- über 2004 einen Zuwachs von 6,9% bei der Ausfuhr und von 8% bei der Einfuhr. Gemessen am Wert waren die wichtigsten Güter mit 17,8% ausfuhrseitig und 12,7% einfuhrseitig Kraftfahr- zeuge und Kfz-Teile, danach folgten chemische Erzeugnisse (14,5% des Versands, 15,6% des Empfangs) sowie Maschinen (10,4% des Versands, 6% des Empfangs). Auf der Eingangsseite hatten allerdings Eisen- und Stahlerzeugnisse mit einem Anteil von 7,4% und Güter der Ernäh- rungswirtschaft mit 6,6% eine größere Bedeutung als Maschinen.

23 VSM Jahresbericht 2005 vom Mai 2006 24 VSM Jahresbericht 2005 vom Mai 2006 25 DESTATIS – Wirtschaft und Statistik 5/2006 3 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.2.2 Deutscher Außenhandel (Generalhandel)26

Im deutschen Außenhandel (Generalhandel27) wurden im Jahr 2005 insgesamt 907,7 Mio. t (-0,4%) mit einem Wert von 1.419,3 Mrd. EUR (+7,3%) über die Grenzen trans- portiert. Der Anteil der Ausfuhren betrug 349,9 Mio. t (+0%) mit einem Wert von 790,2 Mrd. EUR (+6,9%), der Anteil der Einfuhren betrug 557,8 Mio. t (-0,6%) mit einem Wert von 629,1 Mrd. EUR (+7,8%). Über 60% der deutschen Außenhandelsumsätze (Exporte und Importe)28 im Jahr 2005 wur- den im Warenverkehr mit Ländern der EU-25 getätigt. Knapp 12% wurden im Handel mit ande- ren europäischen Ländern (außerhalb der EU) erzielt, fast 14% im Handel mit Asien, 9% mit der NAFTA, 2% mit Afrika und 1,6% im Handel mit Zentral- und Lateinamerika (ohne Mexiko) sowie 0,6% mit Australien und Ozeanien. Das deutsche Exportwachstum im Jahr 2005 war insbesonde- re durch Zuwächse im Handel mit den zehn neuen EU-Mitgliedstaaten (+9,8%) geprägt. Hohe Zuwächse verzeichneten auch die Importe aus China (+21,6%), Afrika (+19,1%) und den EFTA- Staaten (+13,1%). Obwohl der Warenexport nur einen Mengenanteil von 38,5% ausmachte, erzielte er jedoch einen Wertanteil von 55,7%, vergleichbar den Werten des Vorjahres. In der Außenhandelsbilanz des Jahrs 2005 betrug der Wert des Exportüberschusses 161,07 Mrd. EUR und stieg damit um gut 4% gegenüber dem Vorjahr. Im deutschen Außenhandel29 (Generalhandel) entfielen 2004 auf den Straßenverkehr 202,7 Mio. t (22,1%) mit einem Wert von 520,0 Mrd. EUR (39,5%) Seeverkehr 176,7 Mio. t (19,3%) mit einem Wert von 213,1 Mrd. EUR (16,2%) Binnenschifffahrt 40,6 Mio. t (4,4%) mit einem Wert von 13,9 Mrd. EUR (1%) Eisenbahnverkehr 33,2 Mio. t (3,6%) mit einem Wert von 43,7 Mrd. EUR (3,3%) Luftfrachtverkehr 1,5 Mio. t (0,1%) mit einem Wert von 0,13 Mrd. EUR (0,01%) Zu beachten ist, dass ein erheblicher Teil des Im- und Exports, der über Straße, Schiene, Bin- nenschiff oder Pipeline transportiert wird, aus ausländischen Seehäfen stammt bzw. dorthin zur Seeverschiffung angeliefert wird. So erfolgen z.B. rund 50% der Rohölanlandungen für Deutsch- land in Marseille/Lavera, Genua, Triest, Antwerpen, Rotterdam und in den Rheinhäfen.

3.2.3 Seewärtiger Außenhandel 200430

2004 betrug der mengenmäßige Anteil des seewärtigen Außenhandels über deutsche Häfen am gesamten deutschen Außenhandel 176,7 Mio. t oder 19,3% des Außenhandelsvolu- mens, eine Steigerung um 4,9% gegenüber 2003. Der Anteil des über deutsche Seehäfen abge- wickelten seewärtigen deutschen Außenhandels am gesamten seewärtigen Welthandel von 6,5 Mrd. t betrug damit 2,7%. Wertmäßig31 belief sich in 2004 der Anteil des seewärtigen Außenhandels Anteil auf 213,1 Mrd. EUR oder 16,2% des Außenhandelswertes, eine deutliche Steigerung um 6,8% ge- genüber dem Vorjahr. Am seewärtigen Außenhandel hatte der Export zwar nur einen Mengen- anteil von 31,2% (55,2 Mio. t), erzielte aber einen Wertanteil von beachtlichen 59,6% (127 Mrd. EUR).

26 Statistisches Bundesamt – Fachserie 7 Reihe 1 2005 (vorläufige Ergebnisse) 27 Der Generalhandel enthält alle nach Deutschland eingehenden und alle aus Deutschland ausgehenden Waren. Der Unterschied zum Spezialhandel beruht nur auf einer verschiedenen Nachweisung der auf La- ger (Freizone und Zolllager) eingeführten ausländischen Waren sowie einiger Sonderfälle. 28 DESTATIS – Wirtschaft und Statistik 5/2006 29 Statistische Daten liegen nur für 2004 vor! Für 2005 stehen keine detaillierte Außenhandelsdaten für die einzelnen Verkehrsträger zur Verfügung. 30 Statistische Daten liegen nur für 2004 vor! Für 2005 stehen keine detaillierte Außenhandelsdaten für die einzelnen Verkehrsträger zur Verfügung. 31 Statistischer Wert der Ware frei deutsche Grenze, d.h. ohne Zoll, Steuern etc 3 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.2.4 Entwicklung des deutschen Außenhandels (Generalhandel)32

Einfuhr Ausfuhr gesamt Erdteil Jahr Mio. t Mrd. EUR Mio. t Mrd. EUR Mio. t Mrd. EUR 1990 245,7 175,7 421,4 2000 376,1 375,48 235,4 441,89 611,5 817,37 2001 370,8 387,00 239,5 465,64 610,3 852,64 Europa 2002 372,7 375,08 243,1 474,90 615,3 849,98 2003 424,5 387,53 272,1 491,67 696,6 879,20 2004 429,95 411,52 308,32 545,68 717,9 963,98 2005 436,70 448,79 304,54 585,88 741,2 1.034,7 1990 39,5 3,4 42,9 2000 33,7 12,36 5,1 10,69 38,8 23,05 2001 31,5 11,58 5,8 12,28 37,3 23,86 Afrika 2002 33,7 10,33 5,9 12,02 39,6 22,35 2003 31,6 9,90 4,8 12,26 36,4 22,16 2004 34,91 11,08 4,6 13,90 38,2 24,22 2005 35,76 13,22 4,9 14,96 40,7 28,18 1990 54,0 7,2 61,2 2000 57,8 62,67 14,6 81,78 72,4 144,45 2001 53,8 60,70 14,3 90,43 68,1 151,13 Amerika 2002 53,5 54,21 15,8 89,73 69,3 143,94 2003 47,9 52,13 14,9 80,09 62,8 132,22 2004 62,05 55,77 17,5 85,49 75,9 140,39 2005 53,67 58,18 18,8 92,54 72,5 150,71 1990 26,4 9,5 35,9 2000 27,2 89,83 19,7 63,17 46,9 153,0 2001 26,0 84,39 15,6 68,85 41,6 153,24 Asien 2002 24,7 79,96 16,5 72,81 41,2 152,77 2003 26,6 83,26 18,8 75,04 45,4 158,30 2004 26,41 98,52 17,4 83,56 43,5 181,13 2005 25,89 106,10 19,4 89,03 45,4 195,13 1990 8,9 0,4 9,3 2000 12,3 1,92 0,7 4,02 13,0 5,94 Australien/ 2001 9,7 2,09 0,8 4,44 10,5 6,53 Ozeanien 2002 10,2 2,02 0,8 5,05 11,0 7,07 2003 6,6 1,78 0,9 5,03 7,5 6,81 2004 8,05 2,21 0,9 5,55 8,7 7,59 2005 5,71 2,08 0,9 5,87 6,6 7,95 1980 374,3 174,54 169,3 179,12 543,5 353,66 1990 374,4 293,21 199,0 348,11 573,4 641,32 1995 454,1 339,61 216,6 383,23 670,8 722,84 2000 542,9 548,87 277,4 603,31 820,3 1.152,18 2001 546,4 546,40 276,0 643,28 822,4 1.189,68 2002 513,8 522,23 304,6 656,0 818,4 1.178,23 2003 537,4 535,38 312,5 666,68 849,9 1.201,46 2004 561,38 579,85 350,0 735,70 911,4 1.315,56 Insgesamt 2005 557,80 629,1 349,9 790,17 907,7 1.419,30

32 Statistisches Bundesamt – Fachserie 7 Reihe 1 2005 (vorläufige Ergebnisse) 3 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.2.5 Übersicht 200433 zum seewärtigen deutschen Außenhandel (Generalhandel) über deutsche Häfen (ohne Binnenschifffahrt)

Seewärtiger Außenhandel - Einfuhr 2004

125,0 121,4 113,7 113,2 107,5 112,1 107,5 105,0 94,7 97,1 96,5 95,0 86,08 81,8 77,3 76,4 75,4 63,3 65,0 57,4 59,4 50,9 47,3

35,0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Menge in Mio. t Werte in Mrd. EUR

Seewärtiger Außenhandel - Ausfuhr 2004

150,0

135,0 124 127 119,2 121,4 120,0 107,2 105,0

88,4 89,9 90,0 81,9

72,7 75,0 68,5

60,0 53,8 55,2 55,2 49,7 45,9 42,8 43,9 44,9 45,0 40,5 42,0

30,0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Menge in Mio. t Werte in Mrd. EUR

33 Statistische Daten liegen nur für 2004 vor! Für 2005 stehen keine detaillierte Außenhandelsdaten für die einzelnen Verkehrsträger zur Verfügung (Fachserie 7 Außenhandel 2004 - Mai 2005).

3 - 15 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Seewärtiger Außenhandel - 2004

213,1 210 201 197,8 199,5

184,5 176,7 168,4 170 161,3 157,4 158,0 153,5 54,7 147,7 1 141,0 139,3 2,0 137,6 137,0 14

130 123,6 115,8

90 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Menge in Mio. t Werte in Mrd. EUR

3 - 16 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.2.6 Übersicht 200434 zum seewärtigen deutschen Außenhandel (Generalhandel) nach Herkunft/Bestimmung (ohne Binnenschifffahrt)

Seewärtiger Außenhandel 2004 Menge der Einfuhr nach Herkunft/Bestimmung 121,4 Mio. t

15,8 2,3

25,1 64,7

13,5 Europa Asien Amerika Afrika Austr/Ozeanien

Seewärtiger Außenhandel 2004 Menge der Ausfuhr nach Herkunft/Bestimmung 55,2 Mio. t

3,4 13,4 24,5

13,2 0,7

Europa Austr/Ozeanien Asien Amerika Afrika

Seewärtiger Außenhandel 2004 Wert der Einfuhr nach Herkunft/Bestimmung 86,08 Mrd. EUR

0,98 18 19,6

4,2

43,3

Europa Afrika Asien Amerika Austr/Ozeanien

Seewärtiger Außenhandel 2004 Wert der Ausfuhr nach Herkunft/Bestimmung 127 Mrd. EUR

29,7 40,4

7,9 3,2

45,8

Europa Afrika Austr/Ozeanien Amerika Asien

34 Statistische Daten liegen nur für 2004 vor! Für 2005 stehen keine detaillierte Außenhandelsdaten für die einzelnen Verkehrsträger zur Verfügung (Fachserie 7 Außenhandel 2004 - Mai 2005). 3 - 17 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3 Seehäfen und Seehafenwirtschaft

3.3.1 Die Bedeutung der Seehäfen und ihrer Hinterlandverkehre

„Seehäfen sind Knotenpunkte des Weltseeverkehrs, Brückenköpfe des Außenhandels, Stütz- punkte einer Volkswirtschaft in ihrer Betätigung auf den Weltmarkt. Bedeutung, Aufgaben und Tätigkeiten der Seehäfen bestehen in der Umformung von Seegüterströmen in Landgüterströme und umgekehrt…“ (JOLMES, 1980, S1). Der Seehafenpolitik kommt damit eine zentrale Rolle zu. Insbesondere in einem so stark ex- portorientierten Land, wie der Bundesrepublik Deutschland, ist eine ausgewogene und zu- kunftsorientierte Seehafenpolitik eine der Voraussetzungen, um im immer härter werdenden europäischen und globalen Wirtschaftsprozess wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Seehafenwirtschaft und den Seehäfen als Transport- und Dienstleistungszentren kommt eine entscheidende Bedeutung im Außenhandel des Industriestandortes Deutschland zu. Hafen- politik war und ist primär Länderpolitik, dennoch obliegt dem Bund die Verantwortung für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Seehäfen. Der Bund hat im Rahmen des gesamtwirtschaft- lich Vertretbaren mit den seewärtigen Zufahrten und den Hinterlandanbindungen der Häfen die Voraussetzungen für deren wirtschaftliche Tätigkeit zu schaffen (vgl. §1 Abs.1 Seeschiff- fahrtsaufgabengesetz). Die deutschen Seehäfen in Nord- und Ostsee nehmen eine Schlüsselfunktion für den Außen- handel Deutschlands ein. Sie sind ein bedeutender Bestandteil der Logistikwirtschaft unseres Landes, ein Motor für Wachstum und Innovation. Optimierung der Hinterlandanbindungen und Sicherstellung der Seezugänge stärken insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich. Die Stärkung des maritimen Standortes sowie die damit verbundene Sicherung von Beschäftigung, Wertschöpfung und Ausbildung sind unverzichtbare Aufgaben der deutschen maritimen Politik35. 20% des deutschen Außenhandels werden über die Seehäfen abgewickelt. Für den Wirt- schaftsstandort Deutschland ist dieser Sektor von großer Bedeutung. Rund 3 Mio. Arbeitsplätze entfallen in Deutschland auf den Logistikbereich und davon ist jeder zehnte Arbeitsplatz direkt oder indirekt hafenabhängig. Nach Angaben der IHK Nord arbeiten etwa 250.000 Beschäftigte in der Hafenwirtschaft und erwirtschaften einen Umsatz von etwa 54,4 Mrd. EUR36. Insgesamt hat der Transport- und Logistikbereich damit einen Anteil von rund 40% an der Bruttowertschöp- fung unseres Landes. Der Hafen ist der strategische Dreh- und Angelpunkt, um die Vorteile des Schiffs zu realisie- ren. Insoweit sind nicht nur die internationalen Überseeverkehre von Bedeutung. Ausschlagge- bend für die Häfen sind auch die nationalen und europäischen Verkehrsströme. Voraussetzung hierfür ist eine gute Hinterlandanbindung und optimale Möglichkeiten eines Weitertransportes durch Kurzstreckenseeverkehre. Ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept muss daher nicht nur die Häfen, sondern auch das Hinterland umfassen.37 Ergänzend zu den interkontinentalen Schiffsverbindungen werden die innereuropäischen Schiffsverbindungen einen wichtigen Faktor im Rahmen einer deutschen Hafenstrategie darstel- len. Diese Kurzstreckenseeverkehre – sog. Short Sea Shipping (SSS) – bilden ein bedeutsames Element einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Neben den starken Zuwachsraten im interkontinen- talen Containerverkehr werden auch für die innereuropäischen Verkehre hohe Zuwächse vor- ausgesagt. Insbesondere die Steigerung der Ost-West-Verkehre ist mit großer Sicherheit zu er- warten.

35 Deutscher Bundestag 2005 und BMWi, Vierte Nationale Maritime Konferenz, Bremen, Januar 2005 36 IHK Nord 2006 37 Eckpunkte Hafenkonzept 2010 – Grundzüge des Seehafenkonzepts der Bundesregierung, BMU vom 30.08.2004

3 - 18 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Short Sea Shipping bedeutet, dass die Verkehre küstenah von Hafen zu Hafen geführt wer- den. Schon heute liegt der Anteil von Short Sea Shipping für die europäischen Binnenverkehre bei rund 40 %. Gerade für die Verbindungen von Ost- nach West- und Mitteleuropa bieten sich die Kurzstreckenseeverkehre über die Ostsee als ideale Verkehrswege an. Die Kurzstreckensee- verkehre haben ein erhebliches Potenzial für eine Verkehrsverlagerung „from Road to Sea/Waterway“. Die Güter, die mit den großen, aus Asien oder Amerika kommenden Containerschiffen in den zentralen europäischen Häfen ankommen, werden anstatt auf den LKW auf kleinere Schiffe um- geladen, um die Waren auf weitere europäische Häfen zu verteilen. Es wird also ein Vielzahl von Häfen geben, um im Short Sea Shipping Schiffe zu be- und entladen und die Waren entweder direkt zu verarbeiten oder ins Hinterland –insbesondere über die Schiene – zu verteilen. Eine besondere Bedeutung für die Ost-West-Verkehre erlangen diese sog. Feederverbindungen auch deshalb, weil die verkehrliche Anbindung des Ostseeraums an die interkontinentalen Shuttle nur über Feeder gewährleistet wird. Größere Containerschiffe des weltumspannenden Container- schiffsverkehrs verkehren nicht auf Ostseerouten. Die Gewährleistung einer hochwertigen Hinterlandanbindung ist Voraussetzung für den Er- folg der Häfen und muss deshalb wichtiger Bestandteil eines Hafenkonzepts sein. Der Bundes- verkehrswegeplan sieht hierfür erhebliche Investitionsmittel vor. Im November 2001 wurde dazu ein „Prioritätenkonzept Seehafenanbindungen“ zur Stärkung des Seehafenstandortes Deutsch- land mit Länderübergreifenden Maßnahmen erarbeitet und durch die „2. Nationale Maritime Konferenz“ (NMK) bestätigt. Auf der „4. Nationalen Maritimen Konferenz“ in Bremen (25.01.2005) wurde vereinbart, im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung die 15 küstenlän- derübergreifenden Verkehrsprojekte entsprechend ihrer Baureife, Umweltverträglichkeit und Finanzierungsfähigkeit im Zeitraum 2005 bis 2010 möglichst weit nach vorne zu ziehen. Insbe- sondere soll damit die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden durch die Weiterentwicklung der see- und landseitige Anbindung der Häfen auf der Grundlage der „gemeinsamen Plattform zur deutschen Seehafenpolitik“38.

3.3.2 Güterumschlag in deutschen Seehäfen (Übersicht)

In 2005 nahm der Güterumschlag39 in den deutschen Häfen an der Nord- und Ostseeküste auf insgesamt 284,9 Mio. t zu (+4,7%). Damit steigerten die deutschen Seehäfen ihren Gü- terumschlag im Seeverkehr seit Beginn der Veröffentlichung gesamtdeutscher Daten im Jahr 1992 um über 100 Mio. t bzw. gut 56%. Den größten Anteil daran hatten die Nordseehäfen, vor allem wegen der Steigerung im internationalen Containerverkehr. In 2005 wuchs der Güterum- schlag in den Nordseehäfen um 5,3% auf 229,65 Mio. t, die Ostseehäfen schlugen zusammen 52,4 Mio. t um, eine Steigerung um 2,7%. Der Versand von Gütern per Seeschiff in ausländische Häfen stieg in 2005 um 9,2 Mio. t auf 112,6 Mio. t (+8,9%), der Empfang von Gütern per Seeschiff aus ausländischen Häfen nahm um 3,8 Mio. t (+2,2%) auf 172,3 Mio. t zu. Weiter an Bedeutung verloren hat dagegen der inner- deutsche Seeverkehr, der um 6,2% gegenüber 2004 abnahm. 143.427 Schiffsanläufe in deut- schen Seehäfen wurden gezählt, ein Rückgang der absoluten Zahl um 2.629 (-1,8%). Auf den Stückgutumschlag der Seehäfen entfielen in 2005 151,9 Mio. t, ein Zuwachs um 10,5 Mio. t (+7,4%). Davon entfielen auf die Ostseehäfen 37,1 Mio. t und auf die Nordseehäfen 114,9 Mio. t. Im Ostseebereich lagen Lübeck mit 17,9 Mio. t und Rostock mit 8,4 Mio. t an der Spitze des Stückgüterumschlags, während im Nordseebereich Hamburg mit 68,2 Mio. t und die Bremischen Häfen mit 37,9 Mio. t weit vor allen anderen Seehäfen lagen. Der Umschlag von Massengütern (Rohöl, Erze, Getreide) in den deutschen Seehäfen wuchs 2005 um 1,8% auf 130,2 Mio. t. Der Rohölumschlag betrug in 2005 im Wesentlichen unverän- dert etwa 40,1 Mio. t.

38 Deutscher Bundestag 2005 und BMWA, Vierte Nationale Maritime Konferenz, Bremen, Januar 2005 39 Statistisches Bundesamt – Fachserie 8, Reihe 5 - Verkehr, Seeschifffahrt 2005 (Mai 2006) und Fachserie Verkehr, Seegüterumschlag in deutschen Häfen, Dezember 2005

3 - 19 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.2.1 Containerumschlag

Wieder deutlich um 11,8% zugenommen hat in 2005 der Containerumschlag in den Seehäfen auf 12,1 Mio. TEU, davon 11,9 Mio. TEU im Verkehr mit Häfen im Ausland. Die in den Contai- nern beförderte Ladungsmenge stieg um 9,1% auf 97,9 Mio. t. Das Wachstum des Container- verkehrs ist weiter ungebrochen, weil vor allem zunehmend Stückgüter in Containern verpackt und transportiert werden, überwiegend in 40-Fuß-Containern, deren Anteil am Ladungsauf- kommen auf 20,6% zunahm im Vergleich zum Anteil der 20-Fuß Container am Ladungsaufkom- men von nur 13,6%. Der Anteil der Containerladungen am Gesamtgüterumschlag beträgt mehr als 34,3%. Beim Containerumschlag lag Hamburg unangefochten an der Spitze mit erstmals über 8 Mio. TEU (8,1 Mio. TEU/+15,4%), gefolgt von den Bremischen Häfen mit 3,7 Mio. TEU (+6%). Der Weitertransport40 erfolgte per Lkw, per Feeder (=Umladung auf weitere Seeschiffe), per Eisenbahn sowie per Binnenschiff. Das bedeutet für den Modal Split der Empfangsrichtung: mehr als die Hälfte der ankommenden Güter in Containern wurde mit Lkw abtranspor- tiert (52,1%), etwa ein Drittel (32,0%) wurde auf kleinere Seeschiffe umgeladen und im Feederverkehr weitertransportiert oder verblieb im Hafen, 15,4% des Weitertransportes erfolgte mit der Eisenbahn und 0,5% entfielen auf den Weitertransport durch die Binnenschifffahrt.

3.3.2.2 Umschlagszahlen ausgewählter deutscher Seehäfen (Übersicht)

Im Seegüterumschlag bleibt Hamburg unangefochten der bedeutendste deutsche Seeha- fen und in Europa der zweitgrößte Containerhafen: hier wurden in 2005 insgesamt 108,3 Mio. t (+8,8%) Seegüter umgeschlagen, fast zwei Fünftel (38%) aller Seegüter in deut- schen Seehäfen. Rund 2,2 Mio. TEU wurden im Verkehr zwischen den Ostseestaaten und Ham- burg auf dem Seeweg per Feederschiff transportiert. Mit 46,7 Mio. t Seegüterumschlag folgen die Bremischen Häfen (+2,8) und Wilhelmshaven mit 45,9 Mio. t (+2,3%). Hamburg war mit 68,2 Mio. t (+10,3%) größter deutscher Stückguthafen, davon allein 65,4 Mio. t Warengewicht in 8,08 Mio. TEU - das sind 66,8% des gesamten Containerumschlags in deutschen Seehäfen, gefolgt von den Bremischen Häfen mit 37,9 Mio. t und Lübeck mit 17,9 Mio. t. In den deutschen Ostseehäfen wird der Stückgutumschlag meist im Fähr- und Ro/Ro- Verkehr abgewickelt. In 2005 schlugen die Ostseehäfen insgesamt 37,1 Mio. t um, ein Zuwachs von 4,3%, der sich auch in den Stückgutumschlagzahlen der beiden großen Ostseehäfen wider- spiegelte: Lübeck mit 17,9 Mio. t (+0,2%) und Rostock mit 8,4 Mio. t (+5,6%). Bremerhaven ist nach Zeebrügge einer der größten Automobilhäfen in Europa und sichert dem Land Bremen etwa 4.000 damit direkt oder indirekt verbundene Arbeitsplätze. Seit 1980 stieg die Zahl der umgeschlagenen Fahrzeuge von 0,3 Mio. über 1,0 Mio. in 1997 auf jetzt 1,645 Mio.41 Fahrzeuge in 2005. Der flämische Hafen Zeebrügge bleibt noch der größte Auto- mobilhafen in der EU-25, jedoch hat sich der Abstand zu Bremerhaven deutlich verringert: 1,735 Mio. Neufahrzeuge42 gingen in 2005 im Im-/Export über die Kaikanten des inzwischen zweit- größten belgischen Seehafens. Daneben bleibt Bremerhaven der nach Hamburg zweitgrößte Containerhafen Deutschlands mit 3,696 Mio. TEU (Bremische Häfen insgesamt 3,74 Mio. TEU).

40 Statistisches Bundesamt – Kombinierter Verkehr 2003 – Eine Untersuchung im Auftrag BMVBW, Mai 2005 41 Senator für Wirtschaft und Häfen der Freien und Hansestadt Bremen – 26.01.2006 42 Port of Zeebrugge – Cargo Traffic 2005

3 - 20 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

45 % 40 38,4 Anteile am Seegüterumschlag 35 30 25 20 16,5 16,3 15 10 6,7 6,1 5 0 Hamburg Bremen/ BHV Wilhelmshaven Lübeck Rostock

Emden entwickelte sich zu einem ernsthaften Konkurrenten Bremerhavens beim Kfz- Umschlag: in 2005 wurden ca. 863.261 Fahrzeuge umgeschlagen, von denen 82% für den Export bestimmt waren (VW). Cuxhaven ist der führende deutsche Standort der Hochseefischerei (einzig verbliebener deutscher Hochseefischereistandort an der Nordsee) und der Fischindustrie. Hier wird frischer Fisch zu jeder Tageszeit angelandet, an Ort und Stelle verarbeitet und von spezialisierten Frisch- fischspediteuren europaweit verteilt: in 2005 insgesamt 93.564 t. Cuxhaven ist Heimathafen der Hochsee- und Küstenfischereiflotte. Angegliedert sind moderne Ausrüstungs-, Reparatur- und Versorgungsbetriebe sowie eine Schiffswerft. Insgesamt befinden sich rund 31 Betriebe in Cuxhaven, die Fisch fangen oder verar- beiten. Der größte Teil zählt dabei zu den kleinen und Kleinstunternehmen mit unter 20 Be- schäftigten. Deutlich mehr Betriebe in der Stadt sind über Zuliefer- und Dienstleistungsbezie- hungen mit der Fisch verarbeitenden Industrie verbunden und tragen somit auch zur Wertschöp- fung und Beschäftigung in der Fischwirtschaft bei. Dabei handelt es sich zum großen Teil um spezialisierte Speditionen und Kühlhäuser. Bei einem Rohwareneinsatz von über 120.000 t/Jahr stellen rund 1.100 Beschäftigte in 31 Be- trieben Fischereiprodukte in einem Wert von über 300 Mio. EUR her43. Wilhelmshaven war in 2005 mit 45,54 Mio. t größter deutscher Massengutguthafen und schlug als einziger deutscher Tiefwasserhafen (20m tiefe Zufahrt) mit 32,1 Mio. t Rohöl rund 28,6% des gesamten deutschen Rohölimports um. Die Nord-West Ölleitung GmbH (NWO), Wil- helmshaven, ist Deutschlands wichtigster und größter Mineralölumschlagsplatz mit 21,2 Mio. t Mineralölumschlag. Hamburg folgte beim Massengutumschlag an zweiter Stelle mit 40,1 Mio. t, im Ostseebereich liegt Rostock mit 8,7 Mio. t an erster Stelle. Das Passagieraufkommen in den Häfen an der deutschen Nord- und Ostseeküste verringer- te sich auf 12,65 Mio. Reisende von und zu Häfen außerhalb Deutschlands (-3,4%). Puttgarden verzeichnete mit 6,76 Mio. (+0,3%) die höchsten Passagierzahlen im Fährverkehr in Deutschland.

43 IAW – Institut für Arbeit und Wirtschaft, Universität Bremen – „Entwicklungstendenzen in der Fischwirt- schaft: Chancen und Risiken für den Standort Cuxhaven“, 10.02.2006

3 - 21 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.2.3 Seegüterumschlag „Hamburg-Antwerpen-Range“

Besonders deutlich wird die insgesamt positive Umschlagsentwicklung deutscher Häfen, wenn die Umschlagsentwicklung der Range Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam, Hamburg und Bre- men/Bremerhaven, der sog. „Hamburg-Antwerpen-Range“44, zum Vergleich herangezogen wird. Die fünf Großhäfen schlugen im Jahr 2005 insgesamt 784,2 Mio. t Güter um, verglichen mit 2004 ein Zuwachs von 5,3% oder 39,5 Mio. t. Der Stückgutumschlag (einschl. der Containerwa- ren) erzielte 343,1 Mio. t (+7,7%) und der Massengüterumschlag erreichte 441,1 Mio. t (+3,5%). Daran waren die deutschen Häfen wie folgt beteiligt: Bremische Häfen mit einem Gesamtgüterumschlag von 54,3 Mio. t: Stückgut 14,9 Mio. t, Containerladung 29,8 Mio. t und Massengüter 9,6 Mio. t; Hamburg mit einem Gesamtumschlag von 125,7 Mio. t: Stückgut 20,4 Mio. t, Containerla- dung 65,4 Mio. t, Massengüter 39,9 Mio. t.

44 Port of Hamburg, 2006

3 - 22 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.3 Schiffsankünfte in deutschen Seehäfen45

2004 2005 Schiffe Ladung in Ladung in Anzahl Anzahl 1.000 t 1.000 t Tankschiffe 6.470 68.980 6.103 71.415 Schüttgutfrachtschiffe 9.515 54.533 9.180 55.573 Containerschiffe 14.382 84.895 12.455 93.367 Spezialfrachtschiffe 368 1.182 389 1.217 Stückgutfrachtschiffe 9.146 20.775 8.595 19.743 Ro/Ro-Schiffe/Fährschiffe 71.550 36.632 70.791 37.615 Kfz-Transportschiffe 1.365 2.793 1.385 3.035 Leichter/Schuten 49 186 117 638 Fahrgastschiffe 32.405 - 33.154 - Offshore-Fahrzeuge - - - - Sonstige Schiffe 806 1.892 966 2.259 Summe 146.056 271.869 143.427 284.865

3.3.3.1 Entwicklung der Schiffsankünfte in deutschen Seehäfen

180.000 11 149.356 147.5 147.263 146.056 143.427 150.000 120.295 120.000

90.000

60.000

30.000 1999 2001 2002 2003 2004 2005

45 Statistisches Bundesamt – Fachserie 8 Reihe 5, 2006

3 - 23 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.4 Seegüterumschlag in ausgewählten deutschen Seehäfen46 (in 1.000 Tonnen)

Hafen 2002 2003 2004 2005 % Ostseehäfen 50.020 49.789 51.071 52.464 +2,7 Rostock 17.347 16.712 16.367 17.147 +4,8 Lübeck 17.020 17.786 19.168 18.848 -1,7 Puttgarden 3.283 3.375 3.574 3.735 +4,5 Kiel 3.199 3.050 2.986 3.099 +3,8 Wismar 2.822 2.664 2.804 3.750 +33,7 Saßnitz 2.987 2.939 2.858 2.623 -8,2 Wolgast 766 596 568 439 -22,7 Stralsund 905 893 963 877 -8.9 Flensburg 473 565 523 555 +6,0 Rendsburg 253 335 322 245 -24,0 sonstige Häfen 589 574 938 1.146 Nordseehäfen 193.157 202.873 218.190 229.652 +5,3 Hamburg 86.724 93.562 99.529 108.253 +8,8 Wilhelmshaven47 38.798 39.427 44.956 45.977 +2,3 Bremische Häfen48 40.452 42.492 45.370 46.655 +2,8 Brunsbüttel 7.560 7.180 6.896 6.598 -4,3 Brake 5.019 5.178 5.002 5.309 +6,1 Bützfleth (Stade) 3.653 4.182 4.697 4.984 +6,1 Emden 3.380 3.313 3.498 3.597 +2,8 Nordenham 3.143 2.944 3.535 3.780 +6,9 Cuxhaven 1.248 1.196 1.594 1.833 +15,0 Leer 376 393 180 146 -19,2 Husum 330 357 326 335 +2,9 sonstige Häfen 2.476 2.212 2.607 2.184 Duisburg (nur Seeverkehr) 2.454 1.555 1.706 1.673 -0,8 gesamt 243.177 252.662 269.261 269.261 282.235 (ohne Binnenhäfen) gesamt 246.353 254.834 271.869 284.865 +4,8 (mit Binnenhäfen) davon Empfang 156.476 153.935 168.490 172.257 +2,2 Versand 89.574 92.418 103.379 112.608 +8,9

46 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen Dezember 2005 47 2005: davon allein 32,1 Mio. t Rohöl: dies sind rund 80% des Rohölumschlags in den Seehäfen 48 Meldungen der Hafenverwaltungen; Zentralverband der Seehafenbetriebe 2005

3 - 24 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.5 Umschlagentwicklung des Güterverkehrs in deutschen Seehäfen49 (in 1.000 Tonnen)

Güterarten 2002 2003 2004 2005 Land-/Forstwirtschaft 15.809 16.441 13.706 18.729 Nahrungs-/Futtermittel 18.615 19.275 19.219 22.242 Feste mineral. Brennstoffe 11.501 12.409 13.865 12.529 Erdöl, Mineralöle, Gase 57.331 57.045 62.979 64.650 Erze und Metallabfälle 19.830 20.176 20.998 20.624 Eisen, Stahl u. NE-Metalle 9.179 8.929 10.126 11.261 Steine und Erden 13.284 13.020 13.474 14.331 Düngemittel 5.529 6.236 5.765 5.892 Chemische Erzeugnisse 16.289 16.596 17.872 20.598 Sonstige Halb-/ Fertigwaren 78.986 84.706 93.862 94.008 Fahrzeuge (Anzahl) 5.729 6.174 6.769 5.969 Container (TEU) 8.699 9.569 10.822 12.101 Summe 246.353 254.834 271.869 284.865

3.3.5.1 Entwicklung des Güterverkehrs in deutschen Seehäfen (in Mio. t)

290

260

230

200

170

140

110

80 1990 1991 1992 1994 1996 1998 2000 2001 2002 2003 2004 2005

49 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen Dezember 2005

3 - 25 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.5.2 Seegüterumschlag in deutschen Seehäfen nach Flaggen50 (in 1.000 Tonnen) (ohne Verkehr zwischen deutschen Häfen)

2004 2005 Flagge Versand Empfang gesamt Versand Empfang gesamt Deutschland 17.126 16.084 33.210 18.164 16.429 34.593 Norwegen 4.579 16.861 21.440 5.011 16.510 21.521 Panama 9.912 14.016 23.928 11.660 15.172 26.832 Liberia 5.989 15.034 21.023 6.846 11.394 18.241 Bahamas 4.708 14.750 19.458 4.702 12.745 17.447 Schweden 6.751 9.129 15.880 6.547 8.887 15.434 Niederlande 6.780 6.876 13.656 6.893 6.358 13.251 Großbritannien 9.321 13.982 23.302 10.671 14.079 24.750 Zypern 2.335 7.138 9.473 3.670 8.290 11.960 Dänemark 5.284 5.959 11.243 4.987 6.389 11.376 Malta 3.001 7.015 10.016 2.822 6.948 9.771 Antigua&Barbuda 4.075 5.747 9.822 4.535 6.402 10.938 Griechenland 2.486 4.971 7.456 2.996 6.901 9.896 Finnland 1.974 5.110 7.084 2.369 4.932 7.301 VR China 3.110 4.245 7.356 3.061 5.471 8.532 Singapur 1.762 2.584 4.346 1.965 2.742 4.707 Russ. Föderation 2.224 2.860 728 2.892 3.621 Marshall-Inseln 2.122 3.348 5.470 2.885 3.823 6.709 Frankreich 769 - - 921 846 1.767 Italien 967 1.739 2.706 1.198 4.504 5.701 übrige Flaggen 11.097 10.864 20.970 9.976 10.542 20.519 gesamt 103.379 168.490 271.869 112.608 172.257 284.865

50 Statistisches Bundesamt – Fachserie 8 Reihe 5, 4. Quartal 2005

3 - 26 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.6 Stückgutumschlag in ausgewählten deutschen Seehäfen51 (in 1.000 Tonnen)

Veränderung 2002 2003 2004 2005 in % Ostseehäfen 32.758 34.147 35.510 37.054 +4,3 Lübeck 15.951 16.696 17.836 17.878 +0,2 Rostock 6.654 7.367 7.982 8.430 +5,6 Puttgarden 3.274 3.375 3.574 3.735 +4,5 Kiel 2.328 2.173 1.907 2.045 +7,2 Saßnitz 2.742 2.785 2.716 2.493 -8,2 Wismar 1.213 1.060 966 1.978 +104,9 Stralsund 141 184 124 196 +58,2 Flensburg 40 31 33 1 -97,3 sonstige Häfen 178 179 171 219 +28,0 Nordseehäfen 86.566 93.339 105.889 114.860 +8,5 Hamburg 48.900 53.994 61.780 68.173 +10,3 Wilhelmshaven 416 364 540 430 -20,4 Bremische Häfen 31.087 32.588 35.741 37.934 +6,1 Brunsbüttel 9 13 127 21 -83,5 Brake 2.092 2.321 2.475 2.750 +11,1 Bützfleth (Stade) 4 0,5 11 6 -47,1 Emden 2.048 2.025 2.266 2.319 +2,3 Nordenham 196 209 662 693 +4,7 Cuxhaven 965 916 1.325 1.584 +19,5 Leer 1 k.A. k.A. 6 Husum 2 k.A. k.A. k.A. sonstige Häfen 828 893 932 916 -1,7 gesamt 121.894 127.486 141.399 151.914 +7,4 (ohne Binnenhäfen)

3.3.6.1 Umschlagentwicklung bei Stückgut in deutschen Seehäfen (in 1.000 Tonnen)

170.000 151.914 150.000 141.399 127.486 130.000 121.894 115.783 108.713 110.000 98.941

90.000

70.000

50.000

30.000 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

51 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen Dezember 2005

3 - 27 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.7 Massengüterumschlag in ausgewählten deutschen Seehäfen52 (in 1.000 Tonnen)

Verände- 2002 2003 2004 2005 rung in % Ostseehäfen 17.262 15.642 15.561 15.410 -1,0 Rostock 10.693 9.345 8.385 8.717 +4,0 Lübeck 1.069 1.090 1.331 970 -27,1 Wismar 1.608 1.604 1.838 1.772 -3,6 Kiel 872 877 1.079 1.053 -2,4 Flensburg 433 534 490 554 +13,0 Stralsund 764 710 839 681 -18,8 Saßnitz 245 153 142 130 -8,9 Rendsburg 249 329 307 224 -27,2 sonstige Häfen 411 394 551 596 +8,1 Nordseehäfen 106.591 109.534 112.301 114.792 +2,2 Hamburg 37.832 39.568 37.749 40.079 +6,2 Wilhelmshaven 38.382 39.064 44.416 45.547 +2,5 Bremische Häfen 9.365 9.904 9.629 8.721 -9,4 Brunsbüttel 7.550 7.167 6.769 6.577 -2,8 Brake 2.926 2.857 2.526 2.559 +1,3 Bützfleth (Stade) 3.650 4.181 4.687 4.978 +6,2 Emden 1.332 1.288 1.232 1.279 +3,8 Nordenham 2.946 2.735 2.874 3.088 +7,4 Cuxhaven 282 280 268 249 -7,0 Leer 375 393 180 140 -22,3 Husum 328 357 325 335 +3,0 sonstige Häfen 1.630 1.739 1.233 924 -33,4 gesamt 124.459 125.176 127.863 130.202 +1,8 (ohne Binnenhäfen)

3.3.7.1 Umschlagentwicklung des Massengüterumschlags in deutschen See- häfen (in Mio. t)

175

150 30,2 130,3 125,2 1 122,6 131 124,5 127,9 125

100

75

50

25

0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

52 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen Dezember 2005

3 - 28 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.8 Containerumschlag ausgewählter deutscher Seehäfen

Container Beladene Container Änderung Änderung Ladungsgewicht Änderung in 1.000 TEU in 1.000 TEU in % in % in 1.000 t in % 2000 Hamburg 4.275 3.704 37.356 Bremische Häfen 2.752 2.377 22.188 gesamt 7.027 6.081 59.544 Containerumschlag 7.128 6.188 60.849 gesamt 2001 Hamburg 4.665 +9,1 4.044 +9,2 40.494 +8,4 Bremische Häfen 2.973 +8,0 2.487 +4,6 23.522 +6,0 gesamt 7.638 +8,4 6.531 +7,4 64.016 +7,5 Containerumschlag 7.856 +10,0 6.727 +8,2 65.631 +7,5 gesamt 2002 Hamburg 5.376 +15,2 4.646 +15,6 46.695 +14,4 Bremische Häfen 3.032 +2,0 2.551 +2,6 24.220 +3,0 gesamt 8.408 +10,0 7.197 +10,2 70.915 +10,7 Containerumschlag 8.699 +9,7 7.409 +10,1 72.196 +10,0 gesamt 2003 Hamburg 6.126 +13,9 5.272 +13,5 51.950 +11,2 Bremische Häfen 3.191 +5,2 2.703 +5,9 25.491 +5,2 gesamt 9.316 +10,8 7.976 +7,6 77.441 +9,2 Containerumschlag 9.569 +10 8.154 +10,1 78.866 +9,2 gesamt 2004 Hamburg 7.004 +14,3 6.082 +15,4 59.049 +15,5 Bremische Häfen 3.529 +10,6 2.990 +10,6 28.139 +10,4 gesamt 10.533 +12,4 9.072 +13,7 87.188 +13,8 Containerumschlag 10.822 +13,1 9.292 +13,9 89.720 +13,7 gesamt 2005 Hamburg53 8.084 +15,4 6.829 +12,3 65.438 +10,8 Bremische Häfen54 3.741 +6,0 3.195 +6,9 29.800 +5,9 gesamt 11.825 +12,3 10.024 +10,5 95.238 +9,2 Containerumschlag 12.101 +11,8 10.248 +10,3 97.853 +9,1 gesamt55

53 Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Mai 2006 54 Der Senator für Wirtschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen, Januar 2006 55 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen - Dezember 2005

3 - 29 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.9 Gesamtgüterumschlag in den Universalhäfen der Hamburg- Antwerpen-Range56 (in Mio. t)

Hamburg Bremische Häfen Rotterdam57 Massen- Stück- Massen- Stück- Massen- Stück- gesamt gesamt gesamt gut gut gut gut gut gut 1980 44,2 16,4 60,6 10,4 15,0 25,4 241,0 36,5 277,5 1985 38,1 18,8 56,9 11,4 16,3 27,7 205,8 44,1 249,9 1990 32,8 24,4 57,2 10,9 17,2 28,1 229,2 58,9 288,1 1995 36,5 36,0 72,5 10,7 20,5 31,2 223,3 63,1 293,4 1998 35,9 40,0 75,8 10,4 24,1 34,5 234,2 81,3 315,5 1999 37,3 43,7 81,0 9,0 27,0 35,9 218,9 84,5 303,4 2000 36,4 48,7 85,1 10,2 34,6 44,8 238,2 83,9 322,1 2001 39,2 53,2 92,4 10,0 36,0 46,0 235,4 79,3 314,7 2002 37,5 60,1 97,6 9,4 37,1 46,5 239,4 82,7 322,1 2003 39,4 66,9 106,3 9,9 39,0 48,9 238,5 89,3 327,8 2004 37,8 76,7 114,5 10,4 41,9 52,3 250,3 102,3 352,6 2005 39,9 85,8 125,7 9,6 44,7 54,3 259,5 109,7 369,2

Amsterdam58 Antwerpen HA-Range gesamt Massen- Stück- Massen- Stück- Massen- Stück- gesamt gesamt gesamt gut gut gut gut gut gut 1980 19,7 2,7 22,4 53,4 28,5 81,9 368,7 99,1 467,8 1985 23,7 3,7 27,4 48,6 37,6 86,2 327,6 120,5 448,1 1990 28,6 2,7 31,3 58,6 43,5 102,1 360,1 146,7 506,8 1995 43,5 6,7 50,2 57,4 50,7 108,1 371,4 177,0 548,4 1998 - - 55,7 60,2 59,5 119,7 - - 601,2 1999 - - 55,7 55,4 60,3 115,7 - - 591,7 2000 57,2 6,8 64,0 61,8 68,7 130,5 403,8 242,7 646,5 2001 61,6 6,8 68,4 61,8 68,3 130,1 408,0 243,6 651,6 2002 63,4 7,0 70,4 58,3 73,3 131,6 408,0 260,2 668,2 2003 58,4* 7,0* 65,4 61,0 81,8 142,8 407,2 284,0 691,2 2004 66,7 6,5 73,2 62,6 89,7 152,3 426,2 318,5 744,7 2005 68,1 6,8 74,9 64,0 96,1 160,1 441,1 343,1 784,2

56 Hafen Hamburg Marketing, Senator für Wirtschaft und Häfen Bremen, Januar 2006 57 Port of Rotterdam - einschl. Randhäfen Schiedam, Vlaardingen, Vlaardingen-Ost, Massluis u. einiger Bin- nenschiffsterminals 58 Stückgut schließt jeweils Container ein; dazu gehören Amsterdam, Ijmuiden, Beverwijk und Zaanstad;

3 - 30 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.10 Fähr- und Ro/Ro-Verkehr in deutschen Ostseehäfen59 (in 1.000 t bzw. Anzahl)

Rostock 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Passagiere 1.969.000 2.005.300 2.169.300 2.349.000 2.263.000 2.223.500 Fahrzeuge 370.112 760.000 801.000 738.352 769.450 772.917 Fährverkehr 10.027 17.065 17.347 16.712 12.319 13.196 gesamt (in 1.000 t)

Kiel 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Passagiere 1.046.908 1.054.977 1.077.367 1.123.120 1.099.142 1.344.744 Fahrzeuge 188.157 178.653 184.000 k.A. k.A. k.A. Fährverkehr 4.923 3.349 3.199 3.500 3.158 3.295 gesamt (in 1.000 t)

Lübeck 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Passagiere 782.486 624.848 620.000 617.325 569.000 581.344 Fahrzeuge 110.758 892.000 907.000 958.000 991.000 917.696 Fährverkehr 25.574 22.352 22.564 23.041 24.647 24.604 gesamt (in 1.000 t)

Puttgarden 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Passagiere 5.429.902 6.027.887 6.612.993 6.421.490 6.741.144 6.760.680 Fahrzeuge 1.158.989 1.695.000 1.896.398 1.885.889 2.064.734 2.125.197 Fährverkehr 3.938 3.362 3.283 3.375 3.574 3.735 gesamt (in 1.000 t)

Saßnitz 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Passagiere 942.954 832.293 832.666 931.267 836.834 761.000 Fahrzeuge 298.115 283.807 294.812 321.795 322.670 231.300 Fährverkehr 5.172 5.066 5.023 4.942 5.059 5.020 gesamt (in 1.000 t)

59 Statistisches Bundesamt – Seegüterumschlag deutscher Häfen Dezember 2005; Seehafen Kiel GmbH + Co.KG; Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH; Hero MbH Rostock; Scandlines Deutschland für Seehafen Putt- garden, Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein Mai 2006

3 - 31 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

3.3.11 Reise- und Güterverkehr 2005 mit europäischen Häfen60

Güterumschlag Güterumschlag Passagiere gesamt in Containern 2005 in 1.000 t in 1.000 t in 1.000 (TEU) Verkehr mit Europa 169.398 95.957 12.653 gesamt (4.401) Europäische 121.988 36.899 11.748 Union (EU-25) (3.270) 17.589 6.066 k.A. Russland (682) 17.698 6.861 267 davon: Finnland (790) 26.537 2.779 895 Norwegen (318) 28.165 5.402 2.040 Schweden (609) davon: Empfang EU 71.594 davon: Versand EU 50.394

60 Statistisches Bundesamt – Fachserie 8 Reihe 5 – Seeschifffahrt 4. Quartal 2005

3 - 32

Schiffbau und Schiffbau-/Offshore-Zulieferindustrie 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4 Schiffbau und Zulieferindustrie

4.1 Weltschiffbau und internationale Entwicklung1

Das stetige Wachstum der Weltwirtschaft und des Welthandels, das besonders von den Märk- ten in Fernost, aber auch durch die Entwicklungen in Südamerika und Russland beflügelt wird, unterstützte im Jahr 2005 die positive Entwicklung in der Schifffahrt und im Schiffbau. Der zu- nehmende Rohstoffbedarf insbesondere in den Volkswirtschaften Südostasiens sowie die Verän- derungen der internationalen Arbeitsteilung als Folge des Globalisierungsprozesses hielten den Bedarf an Schiffsraum im seewärtigen Welthandel auch nach dem Rekordjahr 2004 weiter auf hohem Niveau. Die Weltwirtschaft wuchs 2005 wieder überdurchschnittlich um rd. 4,5%; wichtigster Wirt- schaftsmotoren waren China mit einem Wachstum von rd. 10% und Indien mit einem Wirt- schaftswachstum von 7,6%. Die Industrieländer konnten ihre Wirtschaftsleistung demgegenüber nur um rd. 2,5% steigern. Trotz einer reduzierten Wachstumsrate von 3,6% führten die USA diese Ländergruppe an. Japan folgt mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3% und die EU-25 mit 1,4%. Der Welthandel wuchs 2005 um rund 7%. Da der internationale Handel zum weit überwie- genden Teil über See abgewickelt wird, wirkten sich die Impulse der Weltwirtschaft und des Welthandels unmittelbar auf die Schifffahrt und die entsprechenden Transportströme aus. Das weltweit transportierte Frachtvolumen im seewärtigen Welthandel stieg um 3,9% auf 6,78 Mrd. t. Der hohe Bedarf an Schiffstonnage spiegelte sich auch in den unverändert hohen Preisen für gebrauchte Schiffe wider, die teilweise über den Neubaupreisen notierten, und führte im Jah- resverlauf zu extrem geringen Verschrottungen ausgemusterter Schiffe trotz hoher Abwrack- preise. Die attraktiven Raten veranlassten die Reeder, Tonnage so lange wie möglich im Einsatz zu halten. Mit einem Werftaufenthalt verbundene Reparaturen und Wartungen wurden auf ein Minimum reduziert, um Einsatzausfälle zu vermeiden. Diese positiven Entwicklungen in der Schifffahrt und die weiterhin günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sorgten auch 2005 für eine Fortsetzung des Wachstumsbooms im Welt- schiffbau. Die Produktion erreichte 2005 einen neuen Höchststand. Seit dem Tiefpunkt im Jahr 1988 stieg die Weltschiffbauproduktion damit im Durchschnitt um 7,4% pro Jahr. Aufgrund der hohen Auftragsbestände und der steigenden Kapazitäten ist auch im Jahr 2006 ein weiteres Pro- duktionswachstum zu erwarten.

4.2 Internationale Schiffbaupolitik der EU

2000 hatte der europäische Schiffbauverband CESA Beschwerde wegen unlauterer Handels- praktiken Koreas zur Unterstützung seiner Werften eingelegt. Diese betrafen im Wesentlichen staatliche Exportfinanzierungsprogramme sowie Umstrukturierungsbeihilfen durch staatliche Banken zugunsten Not leidender Werften. Nach Prüfung leitete die EU-Kommission im Juli 2003 ein Streitbeilegungsverfahren vor der WTO ein. Die WTO hat im März 2005 ihren Abschlussbericht vorgelegt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die beanstandeten Exportfinanzierungsprogramme der staatlichen koreanischen Banken als sol- che nicht gegen das WTO-Antisubventionsübereinkommen verstoßen. Beanstandet wurde aller- dings eine größere Anzahl individueller Transaktionen unter diesen Programmen, die zu nicht- marktkonformen Bedingungen erfolgten und daher verbotene Beihilfen nach den Vorschriften der WTO darstellten.

1 VSM Jahresbericht 2005

4 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

In Verbindung mit dem Verfahren vor der WTO gegen die Dumpingpreispolitik der koreani- schen Werften hatte die EU befristete Schutzmaßnahmen für die europäischen Schiffbaubetrie- be beschlossen, die am 31.03.2005 bereits wieder ausgelaufen sind. Danach konnten Beihilfen von 6% für die am meisten betroffenen Marktsegmente gewährt werden, die in den kommen 3 Jahren noch abfließen müssen. Die EU konnte sich vor der WTO mit ihrer Argumentation nicht durchsetzen, nach der die an drei koreanische Werften gewährten Restrukturierungsbeihilfen durch staatliche Banken an- fechtbare Subventionen nach den WTO-Regeln darstellen und zu einer Schädigung der europäi- schen Schiffbauindustrie geführt haben. Ein Nachweis von direkten staatlichen Subventionen konnte nicht geführt werden, weshalb das Verfahren vor der WTO beendet wurde. Das Beispiel der Schiffbauhilfen in Korea hat gezeigt, wie Unternehmen kontinuierlich Neu- bauten unter Selbstkosten anbieten und dadurch Verluste erwirtschaften können, die norma- lerweise zum wirtschaftlichen Zusammenbruch des Unternehmens führen müssten. Werden die- se Unternehmen anschließend mit staatlicher Hilfe entschuldet, können sie weiterhin am Markt operieren, was ihnen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil bei der Schiffbauproduktion ein- bringt. Ohne Reduzierung der ruinösen Überkapazitäten in Verbindung mit aggressiven Neu- baupreisen wird der Trend zur Verlagerung von Neubauvorhaben für große Standardschiffe, insbesondere Megacarrier im Containerschiffbau nach Südostasien anhalten. Als wirksames Instrument zur Unterstützung und Weiterentwicklung eines eigenständigen, wettbewerbsfähigen europäischen Schiffbaus verfolgt die EU ihr Projekt „LeaderSHIP 2015“ mit dem Ziel, gemeinsame mittel- und langfristig Projekte des europäischen Schiffbaus umzusetzen, um konsequent höhere Marktanteile im Weltschiffbau für die europäischen Werften zu errei- chen. Europäische Förderprogramme leisten darüber hinaus Beiträge zur Finanzierung der schiff- baulichen Innovationsleistung. Dafür steht u.a. das 6. Rahmenprogramm der Europäischen Ge- meinschaft mit der Konzentration der maritimen Forschung auf Fortschrittliche Design- und Fertigungstechnik Umweltfreundliche und wettbewerbsfähige Transportsystem Integration und Verlagerung der Transportmodi Erhöhung der Schiffssicherheit und Gefahrenabwehr Entwicklung eines europäischen Forschungsraums.

4 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.3 Weltschiffbauproduktion

Die anhaltende Zunahme der Auftragseingänge sicherten dem Weltschiffbau auch in 2005 eine stabile Produktion. 2.129 Schiffe mit 47 Mio. gt bzw. 29,4 Mio. cgt wurden abgeliefert2. Durch die unterdurchschnittlichen Schiffsabwrackungen entfielen nur etwa 10% auf die De- ckung des Ersatzbedarfs und die übrigen 90% zu einem deutlichen Wachstum der Welthandels- flotte. Koreas (34,5%) und Japans Werften (28,9%) blieben bei Handelsschiffsneubauten Weltmarkt- führer, Südkorea bleibt weiterhin etablierter Marktführer. China hält mit seiner stetig expandie- renden Schiffbauindustrie weiter den dritten Platz (14,8%) und strebt an, nach 2015 mit einem Marktanteil von 35-40% zur größten Schiffbaunation heranzuwachsen. Insgesamt entfielen gut 80% der weltweiten Schiffbauproduktion auf die asiatischen Schiffbauländer, nach knapp 75% in 2003. Deutschland bleibt weiterhin erstes europäisches Schiffbauland mit einem Anteil von 3,7% an der weltweiten Schiffbauproduktion, gefolgt in Europa von Polen, Italien und Kroatien. Der Marktanteil der EU-25-Schiffbauländer verringerte sich von 13,5% auf jetzt 10,9% an der Welt- schiffbauproduktion.

Rangfolge der Schiffbauländer3

Schiffbau nach Schiffgröße in GT4 Schiffbau-Arbeitsaufwand nach CGT5 Marktan- Marktan- Land 1.000 gt Land 1.000 cgt teil in % teil in % 1 Südkorea 17689 37,7 1 Südkorea 10.136 34,5 2 Japan 16.434 35,0 2 Japan 8.479 28,9 3 VR China 6.466 13,8 3 VR China 4.343 14,8 4 Deutschland 1.236 2,6 4 Deutschland 1.073 3,7 5 Polen 787 1,7 5 Polen 666 2,3 gesamt 46.970 gesamt 29.353

4.3.1 Internationaler Schiffbaumarkt

Die weltweite Schiffbauproduktion6 des Jahres 2005 wurde weitestgehend durch die Nach- frage von Containerschiffen und Tankern bestimmt. Das Neubauvolumen betrug 70,1 Mio. dwt. 1.627 Schiffe wurden abgeliefert, darunter 266 Containerschiffe mit 11,8 Mio. dwt und 520 Tan- ker mit 31,6 Mio. dwt. Das Volumen der Schiffbauproduktion für Tankschiffe blieb mit 31,6 Mio. dwt konstant. Rohöltanker (139) hatten mit 4,4 Mio. cgt einen Marktanteil von 15,1% an der Weltschiffbau- produktion. Spezialtanker (369) kamen mit 6,45 Mio. cgt auf einen Marktanteil von 22%. Marktführer blieben unangefochten die koreanischen Werfen mit gut 51% Anteil an der welt- weiten Tankerneubauproduktion, gefolgt von Japan mit 24%. Der Neubau von Containerschiffen bestimmt weiterhin die Neubauproduktion: 266 Schiffe mit 7,1 Mio. cgt wurden abgeliefert – ein Marktanteil von 24,3% an der Neubautonnage. Damit kam eine weitere Stellplatzkapazität von 936.000 TEU neu in den Markt.

2 Lloyd’s Register-Fairplay 2006 3 VSM Jahresbericht 2005 4 GT – Gross Tonnage = Bruttoraumzahl BRZ 5 CGT – Compensated Gross tonnage: mit dem schiffbaulichen Arbeitsaufwand gewichtet Schiffsgröße 6 ISL Bremen 2006 – Shipping Statistics and Market Review – Feb 2006 World Merchant Fleet

4 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die südkoreanischen Werften blieben unangefochten Weltmarktführer in diesem Marktseg- ment vor Japan, China und Deutschland. Ende 2005 waren 3.514 Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität von 8,1 Mio. TEU im weltweiten Einsatz. Die Neubauproduktion von Massengutschiffen stieg in 2005 deutlich an. Die Werften lie- ferten 313 Schiffe mit 5,5 Mio. cgt ab und erzielten damit einen Anteil von 18,7% an der Welt- schiffbauproduktion. Führend sind in diesem Marktsegment Japans Schiffbauunternehmen mit einem Marktanteil von 61,7%, gefolgt von China mit 22% und Südkorea mit gut 4%. Die Neubauproduktion von übrigen Frachtschiffen (General Cargo-, Kühl- und Ro/Ro- Schiffe) stieg in 2005 deutlich an. 332 Schiffe mit 2,8 Mio. cgt wurden abgeliefert, etwa 9,6% der Weltschiffbauproduktion. Der Anteil nicht Fracht tragender Schiffe an der Neubaupro- duktion beläuft sich auf etwa 6,5% (1,9 Mio. cgt). Der Bau von Fähr- und Passagierschiffen schwächte sich weiter auf 1,1 Mio. cgt ab, ent- sprechend 3,8% der Gesamtproduktion. Entscheidend dafür waren die in den Vorjahren gerin- gen Bestellungen für Passagierschiffe. Größtes Marktsegment bleibt darin der Bau von Kreuz- fahrtschiffen, in dem die deutschen Werften einen Anteil von etwa 14% haben.

4.3.2 Auftragsbestände zum Jahresanfang 20067

Die anhaltend positive Entwicklung im Welthandel und in der Schifffahrt führte auch in 2005 zu einer weiter steigenden Nachfrage nach Schiffen in allen Marktsegmenten. Insgesamt 5.522 Schiffe mit 104,4 Mio. cgt bzw. 235,9 Mio. dwt standen in den Orderbüchern der Werften. Füh- rende Bestellernationen waren Japan (17%) und Deutschland (14%), gefolgt von China mit 9%, Griechenland mit 8%, Dänemark mit 6% sowie den USA und Norwegen mit 5% bzw. 4%: zu- sammen mehr als 63% der bestellten Neubautonnage weltweit. In 2005 gingen etwa 78% aller Neubauaufträge im Gesamtvolumen von 104,4 Mio. cgt an die Schiffbauländer in Südostasien. Der Schiffbau der EU-25-Länder erholte sich auf etwa 12%. Die Nachfrage konzentrierte sich vor allem auf koreanische Werften, die mit bestellten 37,2 Mio. cgt einen Anteil von gut 35,7% georderter Neubautonnage gewinnen konnten. Japans Werften blieben mit Aufträgen über 26,9 Mio. cgt und einem Anteil von 25,7% erneut auf dem zweiten Platz zurück. China steigerte seinen Marktanteil mit 15,6 Mio. cgt auf insgesamt 15%. Dank der weltweit anhaltenden Nachfrage konnten die deutschen Werften ihren 4. Platz mit 3,4% der Neubauaufträge (3,5 Mio. cgt) halten. Die Bestellungen für Containerschiffe standen weiter im Mittelpunkt. Mit 30,6 Mio. cgt er- reichten die Neubauorders einen Marktanteil von 29.3%. Mehr als 51% der Neubauorders für Containerschiffe zogen die koreanischen Werften an sich, gefolgt von China mit 15,1% und Ja- pan mit 9,8% sowie Deutschland mit knapp 7%. Damit werden etwa 4,1 Mio. TEU an Stellplatz- kapazitäten neu in den Markt kommen, allein 55% (2,2 Mio. TEU) davon auf Containerschiffen mit mehr als 5.000 TEU. 141 Großcontainerschiffe über 8.000 TEU wurden geordert, davon allein 46 über 9.000 TEU. Die Bestellungen für Tankschiffe hatten ein Volumen von 41,9 Mio. cgt. Der Auftragsbestand bei Rohöltankern belief sich auf 10,7 Mio. cgt. Damit kam dieses Marktsegment auf einen Neu- bauanteil von gut 10,2%, der sich zu 44% auf koreanische, zu 34% auf japanische und zu 20% auf chinesische Werften konzentrierte. Ein wichtiges Marktsegment bleiben Spezialtanker. Stark nachgefragt waren Flüssiggastan- ker mit 13,1 Mio. cgt. oder 12,6% Marktanteil. Übrige Produktentanker hielten ihr hohes Niveau mit gut 15,4 Mio. cgt oder 14,8% Marktanteil. In diesem Marktsegment produzieren in der Hauptsache koreanische Werften mit einem Anteil von 69% und japanische Werften mit einem Anteil von 24%. Die weltweit anhaltende Nachfrage nach Rohstoffen ließ die Neubauaufträge für Massen- gutfrachter weiter steigen: mit 15,3 Mio. cgt entfielen 14,7% der Gesamtorders auf dieses Seg- ment.

7 VSM Jahresbericht 2005

4 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Aufträge für Frachter (General-Cargo-Schiffe) schlossen sich dem guten Markttrend an und stiegen auf gut 4,3 Mio. cgt, was einen Anteil von 4,1% des weltweiten Auftragsbestands ausmacht. Neben der führenden Schiffbaunation Japan (24%) konnten in diesem Marktsegment China mit 21,5% und Korea mit 3% weitere Anteilen an den weltweiten Neubauaufträgen her- einholen. Insgesamt beeinträchtigt jedoch die zunehmende Containerisierung im Warentrans- sport dieses Marktsegment nachhaltig. Die Nachfrage nach Ro/Ro-Schiffen und Autotransportern nahm weiter zu. Der Auftrags- bestand belief sich auf 5,7 Mio. cgt (5,5%). Der Anteil japanischer Schiffbauer an der Neubau- produktion beträgt dank einer weiter anhaltend starken inländischen Nachfrage gut 55%. Die Bestellungen von Fähr- und Passagierschiffen verdoppelten sich auf mehr als 5,3 Mio. cgt. Der Auftragsbestand belief sich damit auf 5,1% des weltweiten Neubauvolumens. Marktführer blieb Italien mit 45%, gefolgt von Finnland mit 17% und Deutschland mit 15%.

4.3.3 Ablieferungen im Weltschiffbau nach Schiffstypen8

Schiffstyp 31.12.2004 31.12.2005 Anzahl in 1.000 gt % Anzahl in 1.000 gt % Rohöltanker 119 10.159 25,3 139 11.367 24,2 Spezialtanker 343 8.064 20,1 369 8.069 17,2 Massengutschiffe 257 10.264 25,6 313 12.537 26,7 (bulk carriers, combined carriers) Containerschiffe 174 7.069 17,6 266 10.276 21,9 Frachtschiffe 217 2.702 6,7 332 3.235 6,8 Fähren/Passagierschiffe 92 1.339 3,3 85 861 1,8 Fischereifahrzeuge 131 95 0,2 106 51 0,1 sonstige 386 479 1,2 519 574 1,3 gesamt 1.729 40.171 2.129 46.970

4.3.4 Ablieferungen im Weltschiffbau nach Ländern9

2004 2005 2005 2004 % Anzahl in 1.000 gt Anzahl in 1.000 gt 1. Südkorea (1) 282 14.768 326 17.689 36,7 2. Japan (2) 430 14.515 469 16.434 34,9 3. VR China (3) 216 4.679 420 6.466 13,8 4. Deutschland (4) 61 958 69 1.297 2,6 5. Polen (7) 42 606 55 787 1,7 6. Taiwan (6) 14 691 19 629 1,3 7. Kroatien (5) 25 765 24 546 1,2 8. Dänemark (10) 5 290 7 493 1,0 9. USA (11) 63 289 46 431 0,9 10. Philippinen (-) 8 211 14 364 0,8 11. Italien (8) 22 599 18 356 0,8 12. Rumänien (13) 35 208 38 327 0,7 13. Türkei (-) 50 153 68 215 0,5 14 Niederlande (14) 76 212 72 170 0,4 15. Russland (15) 28 128 27 120 0,3 übrige 350 917 459 646 1,5 Welt insgesamt 1.729 40.171 2.129 46.970

8 Lloyd’s Register-Fairplay, ISL Bremen 2006, VSM Jahresbericht 2005 9 Lloyd’s Register-Fairplay, ISL Bremen 2006, VSM Jahresbericht 2005

4 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.3.5 Auftragsbestände im Weltschiffbau am 31.12.2005 nach Schiffstypen (ausgewählte Daten, in 1000 cgt)10

nicht Massen- Contai- GenCar- Passa- frachttra- Tanker gut- ner- go- gier- gesamt gende schiffe schiffe Schiffe schiffe Schiffe Südkorea 19.555 594 15.874 933 19 268 37.243 Japan 9.818 9.904 3.014 4.017 33 109 26.894 VR China 5.797 3.319 4.632 1.179 1 701 15.629 Deutschland 190 17 2.139 367 810 27 3.550 Polen 141 - 1.045 578 88 249 2.102 Italien 123 - - 76 2.370 50 2.619 Kroatien 901 - - 619 - 35 1.555 Türkei 797 26 399 134 - 39 1.394 Taiwan - 122 1.228 8 - 8 1.365 Rumänien 263 43 629 74 41 278 1.329 übrige 1.669 1.311 692 1.746 1.941 2.147 2.147 gesamt 39.254 15.336 30.629 10.014 5.303 3.911 104.446

4.3.6 Auftragsbestände im Weltschiffbau am 31.12.2005 nach Ländern11

31.12.2004 31.12.2005 2005 2004 Anzahl in 1.000 gt Anzahl in 1.000 gt % 1. Südkorea (1) 1.015 54.355 1.140 59.282 36,1 2. Japan (2) 1.065 49.708 1.168 51.871 31,6 3. VR China (3) 793 20.472 1.028 25.941 15,8 4. Deutschland (5) 117 2.700 187 4.085 2,5 5. Polen (4) 127 2.846 126 2.585 1,6 6. Kroatien (6) 83 2.390 75 2.360 1,4 7. Italien (8) 78 1.815 91 2.239 1,4 8. Taiwan (7) 51 2.045 52 2.224 1,3 9. Dänemark (9) 16 1.487 16 1.584 1,0 10. Rumänien (10) 87 986 100 1.522 0,9 11. Türkei (-) 138 650 192 1.222 0,7 12. Russland (12) 71 523 106 908 0,5 13. Finnland (16) 6 412 13 874 0,5 14. Philippinen (-) 30 772 30 787 0,5 15. Frankreich (14) 12 454 11 676 0,4 16. Niederlande (13) 171 457 233 614 0,4 17. USA (11) 49 652 52 592 0,4 übrige 738 3.490 902 4.656 2,8 Welt insgesamt 4.647 146.214 5.522 164.022

10 ISL Bremen 2006 – Shipping Statistics and Market Review – Feb 2006 World Merchant Fleet 11 Lloyd’s Register-Fairplay, ISL Bremen 2006, VSM Jahresbericht 2005

4 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.3.7 Auftragsbestände im Weltschiffbau am 31.12.2005 nach Schiffstypen12

31.12.2004 31.12.2005 Schiffstyp Anzahl in 1.000 gt % Anzahl in 1.000 gt % Öltanker 357 29.929 20,5 321 28.664 17,5 Spezialtanker 1.058 29.965 20,5 1.296 36.185 22,1 Massengutschiffe 796 33.690 23,0 805 36.389 22,2 Containerschiffe 880 38.261 26,2 1.124 44.170 26,9 Frachtschiffe 550 9.860 6,7 828 12.736 7,8 Fähren/Passagierschiffe 171 3.268 2,2 171 4.402 2,7 Fischereifahrzeuge 205 123 0,1 164 116 0,1 sonstige 630 1.117 0,8 813 1.359 0,8

gesamt 4.647 146.214 5.522 164.022

12 Lloyd’s Register-Fairplay, ISL Bremen 2006, VSM Jahresbericht 2005

4 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.4 Deutscher Schiffbau

4.4.1 Deutsche Schiffbauindustrie13

In 2005 setzte sich der Boom in der internationalen Schifffahrt fort, was sich auch in der ho- hen Zahl von Neubaubestellungen widerspiegelt. Die Weltwirtschaft bleibt anhaltend weiter auf Wachstumskurs, vor allem angetrieben durch die wirtschaftliche Entwicklung in den USA und China. Die deutsche Wirtschaft konnte in 2005 trotz der Steigerung im Vorjahr nur ein sehr schwaches Wachstum von 0,9% entwickeln. Nach wie vor bleibt die Binnennachfrage hinter den Erwartungen zurück und bremst die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Der Export bleibt mit 6,3% Zuwachs Wachstumsmotor, auch die Importe stiegen im gleichen Zeitraum um 5,3%. Die fehlenden Wachstumsimpulse belasteten zusätzlich den Arbeitsmarkt – die Arbeitslosenquote blieb gerade noch unter 10% - und die Öffentlichen Haushalte. Dieser Druck auf die Öffentli- chen Haushalte wirkte sich unmittelbar auf den Schiffbau in Deutschland aus, weil Aufträge ge- strichen, reduziert oder gestreckt wurden. Die deutschen Werften konnten sich auch in 2005 gut im Markt behaupten und wiesen nach den bisherigen Neubaubestellungen ein die Beschäftigung bis in das Jahr 2009 sicherndes Auf- tragsvolumen auf. Besondere Sorgen bereiten weiterhin der starke Euro, die niedrigen Neubau- preise und der anhaltende koreanischer Konkurrenzdruck. Aus EU-Sicht ist die Entwicklung weiterhin nicht zufriedenstellend, da erneut 80% des welt- weiten Neubau-Auftragsvolumens an die südostasiatische Konkurrenz gingen. Die starke Order- tätigkeit ließ die Neubaupreise um bis zu 30% gegenüber dem Vorjahr ansteigen, wobei der größte Teil der Erhöhungen durch die extremen Stahlpreissteigerungen sowie andere Energie- und Rohstoffverteuerungen ausgelöst wurde. Auch wenn der deutsche Schiffbau seinen Kostennachteil durch bessere Qualifikation der Mitarbeiter, das technisches Know-how und das hier vorhandene Cluster zum Teil kompensieren kann und mit Erfolg im Bereich von Spezialschiffen tätig ist - vor allem Passagierschiffe und Me- gayachten aus Deutschland sind gefragt – braucht die deutsche Schiffbauindustrie auch den Massenmarkt, insbesondere für Containerschiffe. Gleichwohl hielt die Tendenz deutscher Reeder an, Standardschiffe vor allem von den Werften in Korea, Polen und China zu ordern, um von den dortigen niedrigeren Produktionskosten zu profitieren. Zur Verbesserung der Auftrags- und Ertragslage der europäischen Werften haben die EU- Kommission und die europäische Schiffbauindustrie ihre gemeinsame Initiative "LeaderSHIP 2015" vorangetrieben, die tragfähige Rahmenbedingungen für den Erhalt der Technologiefüh- rerschaft und die Rückgewinnung von Marktanteilen im weltweiten Schiffbaumarkt zum Ziel hat.

4.4.2 Umsätze deutscher Werften14

Die deutsche Schiffbauindustrie, die Zulieferindustrie sowie die Meerestechnik stellen mit mehr als 100.000 Beschäftigten und einer Wertschöpfung von über 15 Mrd. EUR einen bedeu- tenden Wirtschaftsfaktor dar, der insbesondere in den strukturschwächeren Küstenregionen Beschäftigungsperspektiven bietet. Bedeutsam ist, dass sowohl der deutsche Schiffbau als auch noch mehr die deutsche Schiffbauzulieferindustrie hinsichtlich der erzielten Umsätze und Markt- anteile jeweils führend in Europa sind. Die deutschen Werften erzielten in 2005 im gesamten Bereich ihrer Aktivitäten mit Neubau, Reparaturen und Umbauten einen Jahresumsatz von 6,1 Mrd. EUR, eine Steigerung gegen- über dem Vorjahr um 35,9%. Die Umsätze aus Import und Export halten sich dabei ungefähr die Waage (etwa je 3 Mrd. EUR).

13 VSM Jahresbericht 2005 14 VSM Jahresbericht 2005 und THB „Deutsche Schiffbauindustrie“, April 2006

4 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Den größten Anteil daran hatte weiterhin der Handelsschiffsneubau mit etwa 60%, gefolgt vom Marineschiffbau mit rund 25% sowie Reparaturen und Umbauten mit etwa 12%. Der Rest von etwa 3% entfiel auf Binnenschiffs-, Boots und Yachtbau sowie schiffbaufremde Aktivitäten. Schiffsneubauten im Wert von 2,6 Mrd. EUR wurden abgeliefert, 54% der Jahresproduktion gingen in den Export (rund 1,4 Mrd. EUR) und 46% wurden an inländische Kunden abgeliefert. 65,3% der Schiffsneubauten entfielen dabei auf Containerschiffe, nach 62% im Vorjahr. Reparaturen und Umbauaufträge sind ein wichtiges Standbein der deutschen Werften. Die Jahresumsätze belaufen sich in diesem Marktsegment auf konstante 400 – 600 Mio. EUR. In 2005 erzielten die deutschen Werften aus Reparaturen und Umbauten rund 601 Mio. EUR.

2003 2004 2005

Mio. EUR % Mio. EUR % Mio. EUR % Schleswig-Holstein 1.111 26 1.151 25 1.424 23 Hamburg 533 12 586 13 899 15 Mecklenburg-Vorpommern 1.180 27 974 22 996 16 Bremen 156 4 426 9 472 8 Niedersachsen 992 23 1.066 24 1.987 32 Sonstige Bundesländer 333 8 321 7 369 6

gesamt (in Mio. EUR) 4.305 4.524 6.147

4.4.3 Beschäftigte im deutschen Schiffbau15

Aufgrund der guten Auslastung konnten die Werften den Umfang ihrer Belegschaften im Wesentlichen halten: am Jahresende 2005 waren insgesamt 22.889 Beschäftigte im Schiffbau tätig. Unterauftragnehmer der Werften beschäftigten weitere etwa 6.000 Personen, die hier allerdings nicht mit gezählt werden.

Zahl der Beschäftigten im Dezember Änderung

1990 2000 2003 2004 2005 in % Schleswig-Holstein 8.791 7.224 5.502 5.386 5.177 -3,8 Hamburg 7.103 2.997 2.833 2.573 2.553 -0,8 Mecklenburg- 26.341 5.551 5.791 5.781 5.714 -1,2 Vorpommern Bremen 6.989 1.946 1.571 1.355 1.335 -1,5 Niedersachsen 8.460 6.413 6.187 6.149 6.107 -0,7 sonstige Bundesländer 4.997 1.808 1.923 1.738 2.003 +10,1 gesamt 62.681 25.939 23.807 22.982 22.889 -0,4

15 Statistisches Bundesamt 2006, VSM Jahresbericht 2005

4 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.4.4 Ablieferungen von Handelsschiffsneubauten deutscher Werften Übersicht (ab 100 BRZ)16

In 2005 lieferten die deutschen Seeschiffswerften 69 Neubauten mit einer Tonnage von 1,297 Mio. gt ab; der Umsatzwert betrug 2,6 Mrd. EUR. Auf den Export entfiel dabei ein Anteil von 1,4 Mrd. EUR (54% Marktanteil). Die nach Schiffstypen gegliederte Produktion spiegelt die gesamte Breite des Produktionsprogramms wieder: Containerschiffe lagen mit einem Marktan- teil von 74% an der Spitze, gefolgt von Fähr- und Passagierschiffen sowie Ro/Ro-Schiffen mit je 6% Marktanteil. Öl- und Spezialtanker erreichten einen Marktanteil von gut 4,3%; übrige Schif- fe, die nicht für den Frachttransport ausgelegt sind, kamen auf einen Marktanteil von 7,2%.

Jahr Inland Ausland gesamt Anzahl gt Anzahl gt Anzahl gt 1985 120 461.444 16 184.714 136 646.158 1990 49 326.829 36 291.426 85 618.255 1995 57 442.010 36 657.657 93 1.099.667 1999 37 384.423 30 419.731 67 804.154 2000 33 303.356 30 672.722 63 976.078 2001 29 449.725 24 657.233 53 1.106.958 2002 31 434.637 37 847.997 68 1.282.634 2003 24 215.150 38 782.839 62 997.989 2004 33 433.862 28 543.379 61 977.241 2005 43 749.429 26 548.012 69 1.297.441

140

120 96 83 100

68 69 80 67 62 60 63 60 61 40 53

20

0 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004

16 VSM Jahresbericht 2005

4 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.4.4.1 Ablieferung von Handelsschiffsneubauten deutscher Werften nach Bundesländern17

Land Anzahl gt Mio. EUR Schleswig-Holstein 11 249.586 405,2 Niedersachsen 22 288.151 707,6 Mecklenburg-Vorpommern 20 489.494 722,3 Hamburg, Bremen, und ande- 16 270.210 745,8 re Länder gesamt 69 1.297.441 2.580,9

4.4.4.2 Ablieferungen von Handelsschiffsneubauten deutscher Werften (in gt)

1.600.000

1.400.000 1.282.634 1.297.441 1.067.252 1.200.000 1.106.958 997.989 1.000.000 890.000 976.087 800.000 977.241 600.000 510.000

400.000 200.000

0 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006

4.4.4.3 Ablieferungen von Handelsschiffsneubauten deutscher Werften nach Schiffstypen

2004 2005 Schiffstypen Anzahl gt Anzahl gt Öltanker - - - - Produkten/Chemikalientanker 2 42.679 3 66.021 Massengutschiffe - - 1 17.350 Frachtschiffe (General Cargo) 1 8.400 - - Containerschiffe 39 692.400 51 931.724 RO/RO-Schiffe 2 61.600 4 100.505 Gastanker - - 1 1.200 Fähren/Passagierschiffe 9 155.558 4 178.902 sonstige 8 16.604 5 1.739 gesamt 61 977.241 69 1.297.441

17 VSM Jahresbericht 2005

4 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2005

4.4.5 Auftragseingänge deutscher Werften nach Schiffstypen18

Aufgrund anhaltender Nachfrage blieben die Neubaubestellungen bei deutschen Werften auf einem attraktiv hohen Niveau. Begünstigt wurde diese Entwicklung von relativ kurzfristigen Ablieferungsterminen, attraktiven Schiffsentwürfen und den von der EU genehmigten Schiff- bauhilfen zum Schutz gegen die südkoreanischen Dumpingpreise im Neubausektor. So konnten die Werften insgesamt 157 Neubaubestellungen mit 2,65 Mio. gt hereinnehmen. Dabei profitierten sie von der gestiegenen Nachfrage nach Containerschiffen bis 4.000 TEU. Bei den Auftragseingängen entfallen deshalb fast 75,2% der Neubautonnage auf Containerschiffe und 8% immerhin auf den Neubau von Fähr- und Passagierschiffen. Mit diesem Auftragsvolu- men sind die deutschen Werften bis 2009 gut ausgelastet.

2004 2005 Schiffstypen Anzahl gt Anzahl gt Öltanker - - - - Produkten/Chemikalientanker 3 65.229 6 159.250 Massengutschiffe - - - - Frachtschiffe (General Cargo) - - 2 25.600 Containerschiffe 60 1.188.790 118 1.940.952 RO/RO-Schiffe 6 156.300 8 167.470 Gastanker 1 1.200 4 55.200 Fähren/Passagierschiffe 11 253.310 13 302.250 Sonstige 5 1.387 6 4.292 gesamt 86 1.666.216 157 2.655.014

4.4.5.1 Auftragsbestände deutscher Werften am Jahresende19

Inland Ausland gesamt Anzahl 50 68 118 1999 gt 585.722 1.826.170 2.411.892 Mio. EUR 1.226,9 6.323,8 7.550,7 Anzahl 100 99 199 2000 gt 1.369.349 2.392.026 3.761.375 Mio. EUR 5.176,4 15.644,5 20.820,9 Anzahl 48 71 119 2002 gt 469.251 1.465.763 1.935.014 Mio. EUR 1.096,5 4.414,4 5.510,9 Anzahl 69 75 144 2003 gt 1.098.074 1.471.632 2.569.706 Mio. EUR 1.823,8 4.042,9 5.866,7 Anzahl 69 78 147 2004 gt 1.161.237 1.861.135 3.022.372 Mio. EUR 1.961,5 5.072,6 7.034,1 Anzahl 133 98 231 2005 gt 2.092.970 2.257.325 4.350.295 Mio. EUR 3.978,2 7.106,0 11.084,0

18 VSM Jahresbericht 2005 19 VSM Jahresbericht 2005

4 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.4.5.2 Auftragsbestände deutscher Werften nach Bundesländern20

Ende 2004 Ende 2005 Land Anzahl gt Mio. EUR Anzahl gt Mio. EUR Schleswig-Holstein 26 554.723 1.134,7 37 771.895 1.651,9 Niedersachsen 44 896.127 2.474,8 58 1.129.018 3.828,6 Mecklenburg- 44 909.596 1.846,9 76 1.873.022 2.985,9 Vorpommern Hamburg, Bremen und 33 433.310 1.577,7 60 576.360 2.617,8 andere Länder gesamt 147 2.773.570 7.034,1 231 4.350.295 11.084,2

20 VSM Jahresbericht 2005

4 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

4.5 Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie

Die Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie ist technologisch und wirtschaftlich un- trennbar mit den Werften verbunden. Sie folgt in ihrer Entwicklung den Konjunkturen des Schiffbaus, dabei allerdings nicht unbedingt der Binnenkonjunktur in Deutschland. Etwa zwei Drittel der Umsätze werden im Ausland erzielt. Der deutsche Schiffbaumarkt bleibt jedoch mit rund einem Drittel der Umsätze der insgesamt wichtigste. Angesichts der Entwicklung im Welt- schiffbau hat auch die Schiffbauzulieferindustrie eine entsprechende Auslastung und Auftrags- reichweite aufzuweisen. Der Schiffbau in Südostasien sichert nach einer Studie des Bremer Instituts für Seeverkehrs- wirtschaft und Logistik (ISL)21 rd. 8.600 Arbeitsplätze in der deutschen Zulieferindustrie, was rd. 12 Prozent der Arbeitsplätze der Branche entspricht. Allein die Aufträge deutscher Reeder an ausländische Werften schaffen Beschäftigung für mehr als 3.000 bis 3.500 Arbeitnehmer, wovon rd. 1.500 bis 1.800 dem Schiffbau deutscher Reeder in Asien direkt zuzuordnen sind. Der Gesamtumfang der weltweiten Zulieferungen beträgt etwa 61 Mrd. EUR22, die europäi- schen Schiffbauzulieferindustrie umfasst ein Marktvolumen von etwa 20 Mrd. EUR. Die deutsche Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie erwirtschaftete in 2005 einen Anteil von mehr als 9,3 Mrd. EUR (+6,8%), wovon 65% auf den Export entfallen23. Damit nimmt Deutschland welt- weit den ersten Platz ein, vom Umsatz her nach Japan den zweiten Platz. Das Auslandsgeschäft der deutschen Schiffbau-Zulieferindustrie verteilte sich in 2005 zu 42% auf Asien und 31% auf das europäische Ausland. Am stärksten legte China zu mit einem Volumen von 26% der Auslandsorders gefolgt von Korea mit 12%. Zunehmend werden die Ab- satzmärkte im Mittleren Osten interessant, auf die bereits 9% der Auftragseingänge entfallen, gefolgt Nordamerika mit 6% und Osteuropa mit 5%. Auch bei den Zulieferungen in die Offshore-Öl- und Gasindustrie boomt der Markt. Die hohen Rohstoffpreise stimulieren weltweit verstärkte Investitionen in technisch anspruchsvollste Problemlösungen - ein idealer Markt für die bisher besonders in Nischen starke deutsche Zulie- ferindustrie. In der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie produzieren in Deutschland rund 1.25024 ü- berwiegend mittelständische Unternehmen mit rund 70.000 Beschäftigten. Je nach Schiffstyp kommen heute mehr als 70% der Wertschöpfung eines Schiffes aus dem Zulieferbereich. Vom Umsatzvolumen entfallen auf die Zulieferungen für den Handelsschiffbau 76%, auf den Marine- schiffbau gut 20% und auf die Meerestechnik 4% des Jahresumsatzes. Neben dem Maschinen- bau und der Elektrotechnik hat sich der Dienstleistungsbereich mit einem stetig wachsenden Anteil (derzeit 18%) zu einem festen Umsatzträger der maritimen Zulieferindustrie entwickelt. Die Zukunftsprognose für die Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie hängt von verschie- denen Einflüssen ab. Zunächst gehört hierzu der Weltschiffbaumarkt, für den die Prognosen insgesamt nach wie vor positiv sind und an dem die deutschen Zulieferunternehmen auf Grund guter Technologie und der hohen Zahl an Schiffsbestellungen aus Deutschland nach wie vor einen hohen Anteil haben werden (deutsche Reeder haben 12% Anteil am Bestellvolumen weltweit). Zusätzliches Wachstum wird voraussichtlich über eine mit dem steigenden Weltsee- handel weiterhin boomende Schifffahrt entstehen, weil der Ersatzteilbedarf der fahrenden Flot- te steigen wird. Diese insgesamt positive Entwicklung für die Zukunft trifft auch für die System- und Komponentenhersteller zu. Dahingegen ist die wirtschaftliche Entwicklung der Fertigungs- dienstleister vorwiegend an die wirtschaftliche Entwicklung der regionalen Werften geknüpft. Hier kann allenfalls von einer stagnierenden Entwicklung ausgegangen werden.

21 Institute of Shipping Economics and Logistics, Bremen, 2004 22 Potenzialanalyse für die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein und Deutschland, MC Kiel im Auftrag der WTSH vom 20.04.05, Seite 41 23 VDMA – Daten und Fakten 2005 und Umfrage der ARGE Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie im VDMA 24 Potenzialanalyse für die maritime Wirtschaft in SH und Deutschland, Kiel, a.a.O. Seite 41

4 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Erhebliche Marktpotenziale werden in Zukunft für Produkte und Dienstleistungen im Zu- sammenhang mit maritimer Sicherheitstechnik sowohl für schiffsgestützte Anwendungen (Mari- time Safety) als auch für landgestützte Anwendungen (Maritime Security - Sicherung von Schif- fen, Häfen und Offshore-Anlagen gegen äußere Gefahren und Angriffe) erwartet.

Produktbereiche der Zulieferindustrie

20 16

Auftraggeber der maritimen 18 Zulieferindustrie 16 3 12 27 7 8 Elektrotechnik Dienstleistungen Sonstige 9 64 Motoren&Maschinenbau Stahlprodukte Fremdleistungen Werften Reeder/Schiffsmanagement Handelshäuser Händler andere Zulieferer

Die Zulieferindustrie in Deutschland ist nicht allein küstennah angesiedelt, sondern ist eine bundesweit ausgerichtet Branche. 45% des Umsatzes werden in den Binnenländern Baden- Württemberg (19%), Nordrhein-Westfalen (7%) und Bayern (19%) erwirtschaftet.

4 - 15

Fischerei und Fischwirtschaft 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5 Fischerei und Fischwirtschaft

5.1 Internationale Fischereipolitik1

Nach Angaben der FAO betrug die globale Fischproduktion im Jahr 2003 insgesamt 132,5 Mio. t. Davon stammten 90,2 Mio. t aus der Meeresfischerei und 42,3 Mio. t aus der Aqua- kultur. Im Jahr 2005 konzentrierte sich die Arbeit der FAO im Wesentlichen auf den Wiederaufbau der von der Tsunami-Flutkatastrophe betroffenen südostasiatischen Länder, auf die Bekämpfung der illegalen, nicht regulierten und nicht gemeldeten Fischerei (IUU-Fischerei) und auf die Erar- beitung von Leitlinien für die Öko-Kennzeichnung von Fischereierzeugnissen. Die Internationale Walfangkommission (IWC) ließ auch in 2006 das Moratorium zum seit 1982 bestehenden weltweiten Verbot des kommerziellen Walfangs unverändert, obwohl es Ja- pan zusammen mit einer Mehrheit aus Ländern der Dritten Welt erstmals gelang, dieses Morato- rium grundsätzlich infrage zu stellen. Die unterschiedlichen Auffassungen und Konflikte zwi- schen den Walfangländern und den ausschließlich am Walschutz interessierten Ländern bleiben weiter bestehen, eine Einigung ist nicht in Sicht. Die internationalen Fischereiorganisationen NAFO für den Nordwestatlantik NEAFC für den Nordostatlantik IBSFC für die Ostsee legten in zum Teil kontroversen Diskussionen und mit nicht immer einstimmigen Entschei- dungen für 2005 neue Fangrechte und Gesamtfangmengen in den Fanggebieten fest. Die zum Teil deutlichen Reduzierungen der Fangmengen blieben strittig, insbesondere wegen der nicht geklärten Fragen beim Verteilungsschlüssel. Trotz deutlicher Anzeichen einer Verschlechterung der Bestände, konnte man sich nicht auf weitreichende Reduzierungen einigen, um die Bestände wieder aufzubauen und langfristig zu sichern. Die Gesamtfangmengen im NAFO-Gebiet wurden nicht geändert, lediglich die Fangmenge für den Schwarzen Heilbutt wurde leicht reduziert und auf max. 18.500 t festgelegt. Der He- ringsfang soll sich an den wissenschaftlichen Empfehlungen von max. 890.000 t orientieren. Die IBSFC für die Ostsee wird Ende 2006 aufgelöst, weil durch die Integration der baltischen Staaten in die EU nur noch Russland als Vertragspartner verblieb. Die EU und Russland einigten sich im Interesse der Bestandserhaltung auf Anpassungen der Gesamtfangmengen auf der Grundlage der wissenschaftlichen Bestandsempfehlungen. Darüber hinaus wurde beschlossen, die zeitlichen Fangverbote aufrechterhalten und Schutzgebiete zu vergrößern bzw. neu einzu- richten.

5.2 Fischereipolitik der Europäischen Union2

Die Grundsätze der Fischereipolitik werden in der Europäischen Union durch den Fischereirat (Vertreter der Mitgliedstaaten der Europäischen Union) auf Vorschlag der EU-Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments festgelegt. Die vom Fischereirat verabschiedeten Ver- ordnungen haben unmittelbare Gültigkeit in den Mitgliedstaaten, die von den nationalen Re- gierungen umgesetzt werden müssen. Ziel der Fischereipolitik der EU ist es, innerhalb der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass angesichts der weiter zurückgehenden Bestände die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit sowie der Schutz der marinen Ökosysteme im Vordergrund der politischen Entscheidungen ste- hen.

1 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 2 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 und Fisch-Informationszentrum Hamburg – Jahresbericht 2005

5 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Dabei sollen jedoch die Interessen der von der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) Be- troffenen durch die Einrichtung regionaler Beratungsgremien stärker im Willensbildungsprozess der EU berücksichtigt werden. Anfang 2006 wurden zwei neue regionale Beiräte gegründet: einer für pelagische Fischbe- stände im August 2005 in den Niederlanden und einer für die nordwestlichen Gewässer, der sei- ne Arbeit im September desselben Jahres in Dublin aufnahm. Zusammen mit dem im November 2004 gegründeten regionalen Beratungsgremium für die Nordsee gibt es nun – ein Jahr nach ihrer Einführung als partizipative Gremien – drei regionale Beiräte. Die regionalen Beiräte (RAC - Regional Advisory Councils) sind Versammlungen, in denen die Berufskreise der Fischerei und verschiedene Beteiligte des Sektors zusammentreffen. Als wichtige Stützen der Gemeinsamen Fischereipolitik verfolgen sie zwei Ziele: Einbindung des Sektors in die ihn betreffenden Entscheidungen und Förderung des Dialogs zwischen den Berufskreisen und den anderen von der Fischerei betroffenen Kreisen – in erster Linie Wissenschaftler, aber auch Frauen-, Umweltschutz-, Verbraucherverbände usw. Als Orte des Dialogs zwischen diesen Kreisen können die RAC der Kommission Empfehlungen und Vorschläge zu allen Aspekten der Verwal- tung der Fischerei in dem Gebiet oder für den Bereich ihrer Zuständigkeit unterbreiten. Insge- samt hat die EU die Einrichtung von sieben RAC beschlossen. Die Lage der Fischbestände in der Europäischen Union3 Die Anzahl geschlechtsreifer Grundfische ist nach Schätzungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) in den letzten 25 Jahren in vielen Fällen deutlich zurückgegangen. Die durchschnittlichen Zahlen lagen Anfang der siebziger Jahre rund 90% höher als Ende der neun- ziger Jahre. Bei den Anlandungen ist der Rückgang ähnlich. Bei einigen Beständen wie Kabeljau hat es sogar noch drastischere Rückgänge geschlechtsreifer Fische gegeben. Die Biomasse der pelagischen und Industriefischarten hat seit Ende der siebziger und Mitte der achtziger Jahre durchschnittlich um 20% zugenommen, was zumindest teilweise auf die Erholung des Herings- bestands von den sehr niedrigen Werten Ende der siebziger Jahre zurückzuführen ist. Generell wird jedes Jahr ein ständig wachsender Anteil der Bestände gefangen (höhere fi- schereiliche Sterblichkeit), was zum Rückgang der Laicherbestände geführt hat. In den letzten Jahren lag der Anteil der geschlechtsreifen Fische bei vielen Beständen sehr nah am oder knapp unter dem Mindestwert, bis zu dem die Nachhaltigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit gesichert ist (Vorsorgewert der Bestandsbiomasse), während die Bestandsgröße früher in der Regel dar- über lag. Ebenso verhält es sich mit der fischereilichen Sterblichkeit: Bei vielen Beständen ist sie inzwischen zu hoch, während sie historisch die festgesetzten Vorsorgewerte praktisch nie er- reichte. Vom biologischen Standpunkt aus gesehen ist die Existenz einer großen Anzahl von Be- ständen gefährdet, wenn die derzeitigen Befischungsraten beibehalten werden; die größte Ge- fahr besteht derzeit für Grundfischbestände mit hohem Handelswert. Bei den pelagischen Beständen ist die Lage weit weniger dramatisch. Bei kleinen pelagischen Arten (Hering, Sprotte, Makrele, Stöcker, Sardelle, Sardine) und Industriefischarten (Stintdorsch, Sandaal) hat sich der Zustand in den letzten 20 Jahren und vor allem in den letzten zehn Jahren nicht unbedingt verschlechtert. Bei den benthischen Beständen (Kaisergranat, Plattfische) kann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer übermäßigen Nutzung die Rede sein, aus bio- logischer Sicht jedoch ist die Lage nicht unbedingt ernst. Schließlich gibt es Bestände, wie ver- schiedene Rochenarten und bestimmte Plattfischarten (wie Steinbutt, Glattbutt, Limande, Rot- zunge, Kliesche), die wissenschaftlich nicht genau überwacht werden, aber auch überfischt sein könnten. Die Situation stellt sich - besonders bei der mittel- bis langfristigen Entwicklung der fischerei- lichen Sterblichkeit - je nach Gebiet sehr unterschiedlich dar. In der Ostsee dürfte die aktuelle Situation auf Dauer nicht tragbar sein. In der Nordsee war es nicht möglich, den Rückgang der Rundfischbestände aufzuhalten oder im Fall von Seezunge und Scholle eine Sicherheitsmarge im Sinne des Vorsorgeprinzips zu garantieren, was auch die wirtschaftliche Lage dieser Fischereien verbessert hätte. In den westlichen Gewässern nimmt die fischereiliche Sterblichkeit zu und er- reicht oder überschreitet häufig sogar die Höchstwerte, die bisher in der Nordsee beobachtet wurden.

3 Mitteilung der EU-Kommission über die Reform der GFP – Gemeinsamen Fischereipolitik 2002

5 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Für das Mittelmeer sind die wissenschaftlichen Daten weniger vollständig, aber es besteht weitgehend Übereinstimmung, dass viele wichtige Bestände überfischt werden. Mit anderen Worten, viele Bestände befinden sich schon jetzt außerhalb sicherer biologischer Grenzen oder stehen kurz davor. Sie werden zu stark befischt oder es gibt zu wenig geschlechts- reife Fische oder beides. Noch ist die Lage bei den meisten Beständen nicht wirklich katastro- phal. Wenn die derzeitige Entwicklung jedoch anhält, werden viele Bestände zusammenbrechen. Die Lage vieler Bestände muss dringend verbessert werden. Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) Seit 01.01.2003 ist die neue Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) in Kraft. Schwerpunkte sind ein verstärkter Umweltschutz und eine stringente Anpassung der Flottenkapazitäten an die schwindenden Fischressourcen. Die bisherige Praxis der jährlichen Festlegung von Fangquoten wurde durch eine Verordnung über mehrjährige Wiederauffüllungs- und Bewirtschaftungspläne ersetzt, die ein nachhaltigeres Management der Fischbestände ermöglichen soll. Kernstücke eines verbesserten Fischereimanagements sind: mehrjährige artenübergreifende und ökosystemorientierte Wiederauffüllungs- und Bewirtschaftungspläne; Einrichtung von Schutzzonen und Schonzeiten, um die Reproduktion der Fischbestände zu erleichtern; Verbesserung der Kontrollen und der technischen Maßnahmen zur Erhaltung der Fisch- bestände, u.a. durch Verbesserung der Fanggeräte, größere Maschenöffnungen, Einbau von sog. „Fluchtfenstern“ und Maßnahmen zur Verringerung der teilweise hohen Rück- würfe (Discards) beim Jungfisch; EU-weite Reduzierung des Fischereiaufwandes durch dauerhaften Kapazitätsabbau der EU-Flotten und durch Festsetzung begrenzter See- bzw. Fangtage; stärkere Einbeziehung aller Beteiligten in die Entscheidungsprozesse. Als neues Planungsinstrument wurde dafür der Europäische Fischereifonds (EFF) einge- richtet. Der neue Fonds löst ab 1. Januar 2007 das derzeitige Finanzinstrument für die Ausrich- tung der Fischerei (FIAF) ab. Ziel ist es, eine nachhaltige Fischerei- und Aquakulturwirtschaft in Europa zu fördern. Der neue Fonds unterstützt einerseits die Fischwirtschaft bei der Flottenan- passung (2002: 90.500 Schiffe) und macht sie wettbewerbsfähiger. Andererseits fördert er Maß- nahmen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt. Der Fonds hat eine Laufzeit von sieben Jahren und beläuft sich insgesamt auf rund 3,8 Mrd. EUR. Künftig müssen die Mitgliedstaaten einen nationalen Strategieplan für den gesamten Fische- reisektor erstellen, wobei die gesamte Förderung dann über ein einziges nationales EFF- Programm geleitet wird, das die vielen unterschiedlichen Programme, die es bisher gegeben hat, ersetzt Im Rahmen der Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik wurde Anfang 2005 die Euro- päischen Fischereiaufsichtsagentur gegründet. Diese Gründung zielt auf eine einheitlichere, transparentere und gerechtere Anwendung der Vorschriften der GFP vor Ort. Durch die Zusam- menlegung ihrer Aufsichtsmittel und die Abstimmung der Planung ihrer Interventionen werden die Mitgliedstaaten durch die von der Agentur ausgehenden Koordinierung effizienter vorge- hen können, um die tatsächliche Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften zu gewährleisten. Die Europäische Fischereiaufsichtsagentur wird ihren Sitz in Vigo, Spanien, haben und soll ab 2006 operationell arbeitsfähig sein. Fangquoten und Fangmenge Der Fischereirat einigte sich im Dezember 2004 über die neuen Fangquoten für 2005 und legte damit die Gesamtfangmengen und nationalen Quoten für die Fischerei in den Gemein- schaftsgewässern und in den Gewässern von Drittstaaten fest. Die Fangmenge der EU-25-Staaten im Nordwest-Atlantik belief sich 2004 auf 68.000 t. Dies entspricht etwa 2% der weltweiten EU-25-Fangmenge und etwa 2% der Fangmengen aller Län- der im NW-Atlantik. 3 Mitgliedstaaten sind dabei für 72% der EU-25-Gesamtmenge verantwort- lich, nämlich Spanien (19.000 t oder 28%), Estland (16.000 t, 24%) und Portugal (13.000 t, 20%). Die neuen Mitgliedstaaten, d. h. die Anrainerstaaten der Ostsee, leisteten einen Beitrag von 46% zur EU-25-Gesamtfangmenge.

5 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Fischverarbeitungsindustrie der EU Die Fischverarbeitungsindustrie in der Europäischen Union (EU) ist ein wichtiger Wirt- schaftszweig, der EU-weit über 135.000 Mitarbeiter beschäftigt, die Mehrheit davon in Betrieben mit 20 oder weniger Mitarbeitern, insbesondere in Regionen, die von der Fischerei abhängen. Der jährliche, in der Fischverarbeitungsindustrie produzierte Wert von Fischereierzeugnissen be- trägt ungefähr 18 Mrd. EUR und ist damit nahezu doppelt so hoch wie der Wert der Anlandun- gen und der Aquakultur-Produktion. Die wichtigsten Produkte der Fischverarbeitungsindustrie sind Fischzubereitungen und Fischkonserven (6,7 Mrd. EUR), gefolgt von frischem gekühltem, gefrorenem, geräuchertem und getrocknetem Fisch (5,2 Mrd. EUR). Auf die EU entfallen etwa 5% er weltweiten Fischproduktion, die EU ist damit nach China und der drittgrößte Fischverarbeiter weltweit. 526.034 Menschen arbeiten in der europäi- schen Fischindustrie. Der Bedarf an Fisch wächst zunehmend, denn jeder Europäer isst rund 25 kg Fisch im Jahr. Damit liegt die EU neun Kilogramm über dem globalen Durchschnittsverzehr.

5.2.1 Die europäische Aquakultur4

Die wichtigsten Aquakultur-Produkte in der Europäischen Union sind Fische (Forelle, Lachs, Meerbarsch und Goldbrasse) und Weichtiere (Miesmuschel, Auster und Teppichmuschel). Die europäische Produktion vergrößerte sich von 642.000 t (1980) auf 944.000 t in 1990 und erreich- te 2001 fast 1,3 Mio. t – das sind knapp 3% der weltweiten Aquakultur-Produktion. Bei der Pro- duktion bestimmter Arten wie Forelle, Meerbarsch, Goldbrasse, Steinbutt und Miesmuschel steht die EU steht weltweit sogar an erster Stelle. Der Wert dieser Produktion belief sich 2001 auf 2,9 Mrd. EUR (EU-15) und 3,1 Mrd. Euro in EU-25. Die Aquakultur stellt volumenmäßig 17% und wertmäßig 33% der gesamten Fischereiproduktion der EU dar. Die europäische Aquakultur sichert über 55.000 Arbeitsplätze. In vielen Regionen bildet sie ein echtes Schwerpunktzentrum für die sozioökonomische Entwicklung. In Galicien (Spanien), dem Zentrum der Miesmuschel- und Steinbuttzucht in Europa, arbeiten gut 13.500 Personen in der Aquakultur, wobei die indirekten Arbeitsplätze nicht mitgerechnet sind. In Frankreich be- schäftigt die Austernzucht ungefähr 4.700 Personen im Charente-Maritime und mehr als 3.000 in der Bretagne. Durch das Wachstum der Meeresfischzucht entstanden in den vergangenen 20 Jahren tausende von Arbeitsplätzen in Schottland und Irland, aber auch in Griechenland. Und das Wachstum des Sektors lässt erkennen, dass weitere Arbeitsplätze entstehen könnten, insbe- sondere in den Ländern, die vor kurzem der Europäischen Union beigetreten sind, und auch in nichtmaritimen ländlichen Gebieten.

4 Die europäische Aquakultur 2004 - Eine Publikation der Europäischen Kommission (Generaldirektion Fi- scherei)

5 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.3 Fischereipolitik der Bundesrepublik Deutschland

Die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) der EU wurde zum 01.01.2003 neu geordnet. Die ge- nutzten Fischbestände befinden sich weltweit in einem weiterhin überfischten und insgesamt schlechten Zustand. Jahr für Jahr wird ein immer größer werdender Anteil der natürlich nach- wachsenden Meeresfische gefangen, was einen anhaltenden Rückgang der erwachsenen Laich- bestände (Elternbestand) zur Folge hat. In einigen Fischereien werden jährlich über 50% der am Jahresanfang vorhandenen Fische entnommen. Damit hängen die Fischereien fast nur noch von den Jahrgangsstärken der nachwachsenden Jungfische ab, die dann dezimiert werden, bevor sie auch nur einmal abgelaicht haben. So liegt das durchschnittliche Fangalter eines Nordseekabel- jaus heute unter 3 Jahren bei einer früher üblichen Lebenszeit von bis zu 20 Jahren. Die Bundesregierung setzt national weiter auf eine anhaltende Förderung und Unterstützung der deutschen Fischerei. In 2004 standen für die Förderung der Seefischerei insgesamt 3,1 Mio. EUR zur Verfügung. 2 Mio. EUR sind für Kapazitätsanpassungshilfen (befristete und endgültige Stillegungen) und 1,1 Mio. EUR für die Investitionsförderung (Kutterdarlehen und Zinsverbilli- gungen für Modernisierungen und Neubauten) bestimmt. In der internen Fischerei sind für Deutschland die Fangmöglichkeiten in der Nord- und Ostsee von besonderer Bedeutung. Dort haben sich die für Deutschland wichtigen Fischbestände weiter verschlechtert (Nordsee-Kabeljau und Ostsee-Dorsch), während einzelne Bestände aufgrund wis- senschaftlicher Empfehlungen wieder stärker befischt werden können. Insgesamt wurden jedoch die Fangquoten für die deutsche Fischerei zum Teil drastisch reduziert. So stehen der deutschen Fischerei jährliche Fangquoten für rd. 260.000 t Fisch zur Verfügung. Davon entfallen rd. 175.000 t auf das EU-Meer und 85.000 t auf den externen Bereich. An der deutschen EU-Quote hat die Kutterfischerei einen Anteil von rd. 130.000 t. Im Bereich der Quotenverwaltung war die deutsche Fischerei mit erheblichen Veränderungen für wichtige Bestände konfrontiert. National konnte jedoch erneut eine weitgehend einver- nehmliche Regelung mit dem Berufsstand der Fischer herbeigeführt werden. In der Nordsee wurde der Schutz des Kabeljaus fortgesetzt und durch eine Kürzung der Fangtage verschärft. In der Ostsee wurde die Heringsquote von 24.000 t auf Mecklenburg-Vorpommern mit 15.000 t und auf Schleswig-Holstein zusammen mit Niedersachsen mit 9.000 t aufgeteilt. Wie in den Vorjahren übernahm die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wieder Kontrollaufgaben im Vertragsgebiet der Nordostatlantischen Fischereikommission (NEAFC) und der Nordwestatlantischen Fischereiorganisation (NAFO). Darüber hinaus beteiligte sich die BLE weiter an gemeinsamen Fischereikontrollen im Verbund mit anderen EU- Mitgliedsstaaten.

5 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.3.1 Die deutschen Quoten für die wichtigsten Bestände5

Fanggebiet Quote 19836 Quote 2004 Quote 2005 Fischart (in 1.000 t) (in 1.000 t) (in 1.000 t) Nordsee Kabeljau 29,1 2,9 2,9 Seelachs 16,7 19,9 15,2 Schellfisch 6,5 2,7 2,4 Scholle 8,8 3,4 3,3 Seezunge 1,3 1,1 1,2 Hering 5,0 49,2 58,6 Ostsee Dorsch 39,0 9,0 8,9 Hering 11,5 25,1 26,1 Sprotte 0,7 23,6 30,1 Westbritische Gewässer Makrele 24,0 19,0 13,8 Hering 6,8 3,4 3,4 Blauer Wittling - 31,1 38,0 Stöcker - 9,6 9,7 Nordnorwegen Kabeljau 2,1 2,4 2,4 Seelachs 5,6 2,9 2,9 Rotbarsch 3,1 0,5 1,0 Spitzbergen Kabeljau 0,0 3,2 3,1 Färöer-Inseln Rotbarsch 4,5 5,8 3,7 Nordostatlantik Rotbarsch 0,0 11,2 7,0 Hering 0,0 4,4 4,7 Grönland Rotbarsch 19,1 19,5 11,8 Schwarzer Heilbutt 62,8 7,6 5,7

5 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 6 Beginn der Quotenfestlegung

5 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.4 Deutsche Fischwirtschaft

5.4.1 Fischindustrie7

Deutschland hat einen jährlichen Bedarf an Fischereierzeugnissen von rd. 2 Mio. t und ist da- bei zu 85% von Importen abhängig. EU-weit beträgt der Importbedarf 60%. Schon aus diesem Grund sind Deutschland und die EU an einer nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten Fischbestände interessiert. Für die Eigenproduktion stehen der deutschen Fischerei im Durchschnitt Fangquoten für rd. 260.000 t Fisch zur Verfügung. Davon entfallen rd. 175.000 t auf das EU-Meer und 85.000 t auf den externen Bereich. An der deutschen EU-Quote hat die Kutterfischerei einen Anteil von rd. 130.000 t. Aus der Binnenfischerei kommen weitere etwa 30.000 t hinzu. Das Gesamtaufkommen an Fisch und Fischwaren lag 2004 mit rund 1,92 Mio. t8 (Fangge- wicht) etwa auf Vorjahresniveau. Die Eigenproduktion, die sich aus den Eigenanlandungen deut- scher Fischer und der Produktion der deutschen Binnenfischerei zusammensetzt, fiel gegenüber dem Vorjahr um 5% auf rund 290.000 t. Die deutsche Fischerei trug damit einen Anteil von 15% zum Basisaufkommen bei. Die Importe betrugen 1,63 Mio. t und entsprechen 85% des Gesamt- aufkommens. Somit haben die Einfuhren die größte Bedeutung für die Versorgung des deut- schen Marktes. Die Nachfrage nach Fisch und Fischereierzeugnissen fiel gegenüber dem Vorjahr um 6,2% auf einen Pro-Kopf-Verbrauch in 2004 von 13,5 kg (Fanggewicht)9. Im Vergleich zum derzeitigen Weltdurchschnitt von 16,3 kg ist jedoch in Deutschland noch weiteres Steigerungspotential vor- handen. Seefische dominieren den deutschen Fischmarkt. Alaska-Seelachs, Hering und Thunfisch sind die bedeutendsten Fischarten, gefolgt von Lachs und Rotbarsch. Bezogen auf die Produktberei- che liegt Tiefkühlfisch vor Fischkonserven und Marinaden, Krebs- und Weichtieren, Frischfisch und Sonstigen. Die durchschnittlichen Verkaufspreise für Fisch und Fischwaren im Einzelhandel nahmen im Jahr 2004 um 0,5% zu. Diese Preissteigerung ist im Wesentlichen auf gestiegene allgemeine Kosten wie Löhne, Gehälter, Energie und Transport zurückzuführen. Die Erzeugerpreise der Hochsee- und Kutterfischerei nahmen im Jahr 2004 um 1,1% ab. Der Gesamtumsatz der Fischindustrie lag im Jahr 2004 bei 1,73 Mrd. EUR (-0,9%). Davon wurden Waren im Wert von rund 292 Mio. EUR im Ausland abgesetzt, was einer Exportquote von 16,9% entspricht – ein Rückgang um 0,4% gegenüber 2003. Die Rohwarenversorgung der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels erfolgt zum größten Teil durch Importe aus EU-Mitgliedsländern und aus Ländern außerhalb der EU (z.B. Norwegen, USA, Russland und Chi- na) und zum geringen Teil durch die eigene Flotte. Die Produktion der 88 fischverarbeitenden Betriebe mit mehr als zehn 10 Beschäftigten nahm in 2004 um 7,9% auf 474.428 t zu. Der Verkaufswert ab Werk stieg geringfügig um 0,6% auf 1,54 Mrd. EUR. An der zum Absatz bestimmten Produktion von Erzeugnissen des Ernäh- rungsgewerbes in der Bundesrepublik Deutschland haben die Unternehmen der Fischindustrie einen Anteil von 1,4%. Cuxhaven ist ein bedeutendes Zentrum der Fischverarbeitung in Deutschland. Insgesamt 31 Betriebe arbeiten mit Fisch. 2004 waren insgesamt 1.112 sozialversicherungspflichtig Beschäftig- te im Bereich der Fischverarbeitung und 135 in der Fischerei und Fischzucht tätig. Cuxhaven hat seit 1998 beinahe 40 Prozent der Arbeitsplätze in der Fisch verarbeitenden Industrie verloren, während im zweiten Zentrum der Fischverarbeitung, in Bremerhaven, das ein Viertel der Be- schäftigten der gesamten Fischindustrie beschäftigt, kaum Arbeitsplätze verloren gingen. Bre- merhaven konnte diese starke Position in den letzten fünf Jahren, insbesondere durch die Diver- sifizierung innerhalb der Lebensmittelproduktion, halten.

7 Daten und Fakten 2005 zur Fischwirtschaft - Herausgegeben vom Fisch-Informationszentrum Hamburg 8 vorläufige Zahlen 9 Daten und Fakten 2005 zur Fischwirtschaft - Herausgegeben vom Fisch-Informationszentrum Hamburg

5 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die beiden in Cuxhaven ansässigen Großbetriebe mit ihren ca. 580 Beschäftigten stellen vor allem Konserven her. Die Frischfischverarbeitung musste dagegen einem schrumpfenden Markt begegnen. Tiefkühlfischprodukte als wichtigster und wachsender Produktbereich spielen in der Fischverarbeitenden Industrie in Cuxhaven keine Rolle. Die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Fischerei ist mit 4.400 Personen in der Seefi- scherei und weiteren 4.600 in der Küsten- und Binnenfischerei zwar verhältnismäßig gering, in der gesamten Fischwirtschaft (Fischindustrie, Fischerei, Fischgroßhandel, Fischeinzelhandel und Fischgastronomie) arbeiten immerhin rd. 42.600 Beschäftigte. Konkret nahm die Zahl der Be- schäftigten in der deutschen Fischindustrie weiter ab: im Jahre 2004 wurden insgesamt 9.004 Personen beschäftigt, 309 weniger als im Vorjahr (-2,6%). In Betrieben der alten Bundesländer arbeiteten 7.442 Personen , während in den neuen Bundesländern 1.562 Personen eine Beschäf- tigung in der Fischindustrie fanden. Insgesamt wurde in der Fischwirtschaft ein Finanzvolumen von 5,9 Mrd. EUR bewegt. Die Fi- scherei ist ein traditioneller Bestandteil der Wirtschaft und der Kultur in den Küstenländern, die Arbeitsplätze konzentrieren sich häufig auf den Küsten- oder küstennahen Bereich. Die Fischerei ist darüber hinaus auch eine wichtige Attraktion für den Tourismus und trägt damit zur Wirt- schaftskraft in den Küstenregionen bei.

5.4.2 Produktion von Fisch und Fischerzeugnissen und anderen Meeres- früchten in der Bundesrepublik Deutschland10

Warenart Menge (in t) Veränderung 2003 2004 in % frisch oder gekühlt Fischfilet u.a. Fischfleisch 6.245 7.855 25,8 gefroren Seefische 3.599 6.102 69,5 Süßwasserfische ? ? Fischfilets 34.707 44.103 27,1 anderes Fischfleisch 2.361 1.854 -21,5 Fische, getr., ges. oder in Salzlake; Fische ger.; Mehl, Pulver

u. Pellets von Fischen genießbar Atlantischer u. pazifischer Lachs u. Donaulachs, ger. 18.628 17.794 -4,5 Heringe, geräuchert 912 1.355 48,6 andere Fische, geräuchert 8.593 7.044 -18,0 Fische, anders zubereitet o. haltbar gemacht Lachs 14.216 11.905 -16,3 Heringe 78.348 90.684 15,7 Sardinen, Sardinellen, Sprotten 607 578 -4,8 Makrelen 1.231 1.165 -5,4 Fischfilets, Fischstäb., roh, ledigl. mit Teig umhüllt, 136.726 156.303 14,3 paniert, auch vorgebacken, gefroren andere Fische (o. Fischstäbchen) 28.887 26.995 -6,5 Fischsalat 37.321 32.852 -12 andere zubereitete o. haltbar gemachte Fische 37.942 39.943 5,3 Kaviarersatz 801 1.456 81,8 Krebstiere gefroren 401 446 11,2 Lebensmittelzubereitung aus Krebstieren, Weichtieren 3.629 3.938 8,5 u.ä. Krebs-, Weichtiere u.a. zubereitet o. haltbar gem. 2.704 2.462 -8,9 zusammen (einschl. geheimer Angaben) 439.637 474.428 7,9

10 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005; mit „?“ gekennzeichnete Angaben werden grundsätz- lich nicht veröffentlicht

5 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.4.3 Strukturzahlen der fischverarbeitenden Industrie in Deutschland11

Betriebe 2003 2004 Veränderung in % (über 10 Beschäftigte) Umsatz in TEUR insgesamt 1.741.937 1.726.452 -0,9 Alte Bundesländer 1.516.107 1.491.919 -1,6 Neue Bundesländer 225.830 234.533 3,9 Inlandsumsatz insgesamt 1.448.945 1.434.716 -1,0 Auslandsumsatz insgesamt 292.992 291.736 -0,4 Betriebe insgesamt 94 88 -6,4 Alte Bundesländer 68 62 -8,8 Neue Bundesländer 26 26 0 Beschäftigte insgesamt 9.249 9.004 -2,6 Alte Bundesländer 7.751 7.442 -4,0 Neue Bundesländer 1.498 1.562 4,30 Exportquote in % 16,8 16,9 0,5 Alte Bundesländer 18,8 18,3 -2,7 Neue Bundesländer 3,2 8,3 159,4

11 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005

5 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.5 Deutsche Fischereiflotte

5.5.1 Struktur der deutschen Fischereiflotte12

Die Größe der deutschen Fischereiflotte entspricht im Wesentlichen den Fangmöglichkeiten und zugeteilten Quoten im EU-Meer und anderer internationaler Fanggebiete. Die wichtigsten Fanggebiete der Hochseefischerei sind die westbritischen Gewässer, Norwegen, Grönland, das Meer nördlich der Azoren, die Irminger See und die Barentssee. Hochseekutter und Trawler führen in der Fernfischerei Fangreisen von bis zu drei Wochen Dauer durch. Die deutschen Kutterfischer betreiben Tagesfischerei. Am 31.12.2004 gehörten zur deutschen Fischereiflotte 2.162 Fahrzeuge mit einer Gesamt- tonnage von 65.882 BRZ.13 Der weitaus größte Teil der deutschen Fischereiflotte mit mehr als 2.000 Fahrzeugen ist an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins behei- matet. Auf hoher See werden 11 deutsche Fang- und Verarbeitungsschiffe (Trawler) eingesetzt. Den Kern der deutschen Fischereiflotte bildet die Kutter- und Küstenfischerei mit insgesamt 422 Fahrzeugen. Die Kleine Küstenfischerei wird fast ausschließlich an der Ostseeküste betrieben. Hier werden 1.625 teilgedeckte und offene Boote im küstennahen Bereich in der Stellnetz- und Reusenfischerei eingesetzt. Die deutsche Fischereiflotte war zum Jahresende 2004 rund 25 Jahre alt. Im Wege des Aus- tauschs älterer Fahrzeuge durch Neubauten oder den Ankauf jüngerer Fahrzeuge wurde der weitere Alterungsprozess allerdings gebremst. Die deutschen Fischereifahrzeuge werden noch nach den EU-Bestimmungen für Fischereien in 8 Segmente eingeteilt:14 zwei Hochseefischereien - pelagische in EU-Gewässern und demersale (Grundfischarten) in NAFO-/NEAFC-/EU- und Drittlandsgewässern sowie 6 Kutterfischereien - Kleine Küstenfahrzeuge unter 12 m Länge, Fahrzeuge ab 12 m Länge mit passivem Fanggerät, Trawler auf Grundfischarten, große Baumkurrenfahrzeu- ge zum Plattfischfang der Liste I und II. Im Berichtsjahr 2004 nahmen 53 Fahrzeuge die quotierte Fischerei neu auf. Dem standen 101 Fahrzeuge gegenüber, die aus der Fischereiflotte endgültig abgemeldet wurden. Hinzu kommen 55 Modernisierungsmaßnahmen, bei denen es sich überwiegend um Neuvermessungen und Mo- torleistungsänderungen handelte. Bei den auf Grundfischarten spezialisierten Hochseefängern wurde ein Schiff neu in die Fi- schereiflotte integriert; damit stieg die Kapazität im Segment 4C7 um 2.385 BRZ. Bei den drei Hochseetrawlern für pelagische Arten im Segment 4C6 blieb im Berichtsjahr alles unverändert. Die kleinen Baumkurrenfahrzeuge im Segment 4C5 verzeichneten hingegen 10 Abgänge bei 3 Zugängen. 11 Fahrzeuge wurden neu vermessen, bei 3 Kuttern wurde die Motorleistung er- höht. Insgesamt führten diese Maßnahmen zu einer Verringerung der Kapazitäten um 309 BRZ (7 Fahrzeuge). Einer der großen Baumkurrenfänger im Segment 4C4 schied aus, ein Fahrzeug nahm die Fi- scherei auf. Dies führte zu einer Zunahme der Kapazitäten um 201 BRZ. Im Segment 4C3, das die Schleppnetzkutter aus Nord- und Ostsee umfasst, gaben 3 Kutter die Fischerei auf. Die Kapazitäten verringerten sich um 494 BRZ. Im Segment 4C2 (Fahrzeuge der passiven Fischerei über 12 Meter Länge) nahm ein Kutter die Fischerei auf. Damit stieg die Kapa- zität im Segment um 71 BRZ.

12 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 - Dezember 2005 13 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 - Dezember 2005; Seite 157 14 Diese Einteilung folgt dem mehrjährigen Ausrichtungsprogramm der EU für die nationalen Fischereiflot- ten, dessen derzeitige Stufe IV (MAP IV) Ende 2002 auslief und im Kern auf eine Verringerung der Flotten zielte. Ab 01.01.2003 änderte die EU diese Fischereipolitik und legte Kapazitätsobergrenzen in der EU- Fischerei fest; einen damit verbundenen Flottenabbau will die EU durch erhöhte Abwrackprämien för- dern.

5 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.5.2 Bestand der deutschen Fischereiflotte (Stand: 31.12.2004)15

Fahrzeuge Bereich BRZ kW Personal 2003 2004 Große Hochseefischerei Universalfroster 8 17.087 21.142 245 Spezialfroster (Schwarmfischfänger) 3 18.105 12.841 113 gesamt: 11 11 35.192 33.983 358 Kutter- und Küstenfischerei Baumkurrenkutter (Liste I + II) 282 12.051 48.853 660 Baumkurrenkutter (Großkutter) 6 1.752 6.821 33 Hochseekutter (> 24 m Lüa) 31 6.982 15.336 191 sonstige Kutter 103 3.340 17.331 248 gesamt: 431 422 24.125 88.341 1.132 Kleine Küstenfischerei 1.625 3.669 30.272 2.275 (< 12 m Lüa) davon teilgedeckte und offene Boote 1.415 2.212 17.657 1 841 gesamt: 1.662 1.625 3.669 30.272 2.275 Muschelfahrzeuge 12 12 2.776 7.203 38 sonstige Fischereifahrzeuge 92 92 120 1.444 101 (unquotierte Arten) gesamt: 2.212 2.162 65.882 161.243 3.904

5.5.3 Beschäftigung in der deutschen Fischereiflotte16 (Stand: 30.09.2004)

Nach Angaben des BMELV und der Seeberufsgenossenschaft waren Ende 2004 in der deut- schen Fischereiflotte noch 2.205 Personen an Bord beschäftigt, von denen 307 in der Großen Hochseefischerei eingesetzt waren.

2003 2004 Unter- Crew Unter- Crew nehmen nehmen Große Hochseefischerei 36 368 41 307 Kleine Hochseefischerei und 1.463 1.965 1.410 1.898 Küstenfischerei gesamt 1.499 2.333 1.451 2.205

15 BMELV Mai 2005 16 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 und Jahresbericht 2005 See-BG

5 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.5.4 Seefischerei17

Im Jahr 2004 beliefen sich die Gesamtanlandungen der deutschen Fischereifahrzeuge im In- und Ausland auf insgesamt 257.800 t Fanggewicht. Das sind rund 10.000 t (-3,7%) weniger als im Vorjahr. Die Inlandsanlandungen von Seefisch stiegen 2004 um 15% auf 125.053 t. Dies ist insbesondere auf steigende Anlandungen von Frischfisch und Speisekrabben zurückzuführen, während die Anlandungen von Muscheln auf nur noch 15.028 t sanken. Bei weiter anhaltendem rückläufigen Trend der Auslandsanlandungen deutscher Fischereifahrzeuge wurden in 2004 nur noch 132.600 t (-17%) Fisch angelandet. Die Gesamtfänge der Kutterfischerei stiegen in 2004 auf 132.500 t, ein Zuwachs um 4,6%, und überstiegen deutlich das Fangergebnis der Großen Hochseefischerei mit 125.300 t (-11,3%). Die Kutterfischerei erzielte mit 107,2 Mio. EUR (-2,5%) jedoch einen deutlich höheren Erlös als die Große Hochseefischerei mit 70 Mio. EUR (-3%). Die Durchschnittserlöse haben sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert: 0,69 EUR/kg zu 0,68 EUR/kg. Der Erlös pro Kilogramm Fang lag für die Große Hochseefischerei mit 0,56 EUR/kg leicht über dem Vorjahresergebnis. In der Kutterfischerei wurden dagegen nur noch 0,81 EUR/kg erlöst gegenüber 0,87 EUR/kg im Vorjahr. Bei den Auslandsanlandungen deutscher Fischereifahrzeuge wurden im Jahre 2004 mit 132.600 t deutlich weniger Fischereierzeugnisse abgesetzt als im Vorjahr (-26.600 t/-17%). Die Erlöse blieben jedoch mit 82,6 Mio. EUR deutlich unter denen des Vorjahres (-17%). Die Durch- schnittserlöse blieben konstant bei 0,62 EUR/kg. Mengenbezogen betrug der Anteil der Auslandsanlandungen gut 52% der Gesamtanlandun- gen der deutschen Seefischerei. Dieser weiterhin hohe Anteil der Auslandsanlandungen zeigt die enge fischwirtschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und insbesondere den Nachbar- ländern Niederlande und Dänemark. Neben den Vorteilen bei der Vermarktung sind dabei auch die kürzeren Wege von den Fangplätzen zu den Vermarktungs- und Auktionsplätzen von Be- deutung. Die Nachfrage auf dem deutschen Markt nach Fisch und Fischwaren wurde zu 85% durch Im- porte aus EU-Staaten und Drittländern gedeckt. Die Importmenge nahm gegenüber 2003 um 3,4% auf 1,628 Mio. t weiter ab, der Importwert sank um 6,9% auf 2,12 Mrd. EUR. Die deutschen Exporte stiegen gegenüber dem Vorjahr um 2,4% auf 669.530 t. Die Exporterlöse nahmen um 3,8% auf 917 Mio. EUR ab.

5.5.5 Fangergebnisse der deutschen Seefischerei im In- und Ausland18

2003 2004 Durch- Durch- Fang- Fanger- Fang- Fang- schnitts- schnittser- menge löse menge erlöse erlöse löse 1.000t 1.000t Fangge- Mio. EUR EUR/kg Fangge- Mio. EUR EUR/kg wicht wicht Große Hochseefischerei 141,26 72,2 0,51 125,3 70,0 0,56 Kutterfischerei 126,4 110,0 0,87 132,5 107,2 0,81 Insgesamt 267,6 182,2 0,68 257,8 177,2 0,69 Zu-/Abnahme zum Vorjahr +62,8 -7,8 -0,251 -9,8 -5,0 0,01 in Prozent +30,7% -4,1% -26,6% -3,7 -2,7 1,0

17 Daten und Fakten 2005 zur Fischwirtschaft - Herausgegeben vom Fisch-Informationszentrum Hamburg 18 einschl. Direktanlandungen deutscher Fischereifahrzeuge im Ausland; BMELV: Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 – Dezember 2005

5 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.5.6 Gesamtanlandungen deutscher Fischereifahrzeuge im In- und Aus- land (ohne Muscheln und Krebstiere)19

2001 2002 2003 2004 Verände- Art der Anlandungen (in 1.000 t ) rung in % Gesamt 178,8 204,8 267,6 257,8 -3,7 Inlandsanlandungen gesamt 83,1 80,5 108,5 125,2 +13,2 Große Hochseefischerei 31,4 21,7 38,7 58,6 +51,5 Kutterfischerei 51,7 58,8 69,8 66,6 -4,9 Auslandsanlandungen gesamt 95,7 124,0 159,1 132,6 -17,0 Große Hochseefischerei 73,8 94,5 102,5 66,7 -34,9 Kutterfischerei 21,9 29,5 56,6 65,9 +14,1 Große Hochseefischerei gesamt 105,2 120,1 141,2 125,3 -11,3 Kutterfischerei gesamt 73,6 84,7 126,4 132,5 +4,5

19 BMELV: Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 – Dezember 2005

5 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.6 Fischereiforschung20

5.6.1 Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFAFi) Palmaille 9 22767 Hamburg Tel.: (0 40) 38 90 50; Fax: (0 40) 38 90 52 00 E-Mail: [email protected] Internet: www.bfa-fisch.de Für eine erfolgreiche Fischereipolitik benötigt die Bundesregierung wissenschaftliche Ent- scheidungshilfen. Diese erhält sie von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFAFi) in Hamburg mit ihren Instituten für Seefischerei, Fischereitechnik und Fischereiökologie. Ein weite- res Institut für Ostseefischerei arbeitet in Rostock. Die Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFAFi) in Hamburg berät die Bundesregie- rung, hier das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), in allen Fragen der Meeresfischerei, Fischereiumwelt und Aquakultur im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP). Schwerpunkte der Forschungsaufgaben sind die biologische Überwachung der Nutzfischbestände des Meeres, Untersuchungen der Schadstoffbelastung und Krankheiten von Meerestieren, fangtechnischen Untersuchungen sowie der gesundheitliche Verbraucherschutz. Ziel der Forschungsaktivitäten ist es, die Bundesregierung in ihren Bemühungen zu unterstüt- zen, eine ökonomisch sinnvolle Kontrolle und ökologisch verträgliche Fischerei im Rahmen der GFP der EU zu erreichen. Konkret führt die BFA für Fischerei im Verbund der europäischen Fischereiforschungsinstitute eigene Forschungsarbeiten zur biologischen Überwachung und nachhaltigen Bewirtschaftung lebender Meeresressourcen (Fische, Krebs- und Weichtiere) durch und befasst sich mit Fragen zur Erhaltung und zum Schutz von Meeressäugern und Vögeln. Die Verbreitung und Wirkung von Schadstoffen im Meer und die Auswirkungen der Aquakultur auf die Gewässer und ihre Lebens- gemeinschaften sind weitere Arbeitsbereiche. Auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes werden Fische und Fischereierzeugnisse in einem integrierten Ansatz auf verschiedenen Stufen der Pro- duktionskette („vom Fang zum Verbraucher“) untersucht. Ein weiterer wichtiger Aufgabenbe- reich ist die Entwicklung bestandsschonender, selektiver und energiesparender Fangmethoden. Die Deutsche Wissenschaftliche Kommission für Meeresforschung (DMK) im Institut für Seefi- scherei (ISH) koordiniert darüber hinaus den deutschen Beitrag zum Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES), der die wissenschaftlichen Grundlagen für eine nachhaltige Fischereien in den EU-Gewässern und im Nordatlantik erarbeitet. Die Institute der BFA beteiligen sich an Untersuchungen des Bestandes, der Variabilität und möglicher Veränderungen in den Fischgemeinschaften und in den verschiedenen Fanggebieten. Die BFA für Fischerei führt eigene Forschungen durch zur biologischen Überwachung und nach- haltigen Bewirtschaftung lebender Meeresressourcen sowie zur Erhaltung und zum Schutz von Meeressäugern und Vögeln. Einen immer breiter werdenden Raum nimmt dabei die Abschät- zung der Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem sowie der Auswirkungen von Aktivitä- ten im Küstenvorfeld (Öl- und Gasentnahme, Offshore-Windparks) auf die maritime Umwelt ein. Auf dem Gebiet des Meeresumweltschutzes kommt den Jahreskonferenzen der Helsinki- kommission zum Schutz der Ostsee (HELCOM), der Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR), der Weiterentwicklung der von der Ministerkonferenz für Fische- rei und Umwelt in Bergen (IMM) festgelegten Ziele sowie den Arbeiten von BALTIC 21 zur Ent- wicklung von Nachhaltigkeitskriterien für den Ostseebereich eine besondere Bedeutung zu.

20 BMELV - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2005 - Dezember 2005

5 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.6.2 Forschungsinstitute der BFA für Fischerei

Institut für Seefischerei in Hamburg (ISH) Das Institut für Seefischerei erforscht und überwacht die Fischbestände im EU-Meer (Nordsee und Gewässer westlich der Britischen Inseln), sowie in den von der deutschen Fernfischerei ge- nutzten Gebieten des Nordatlantiks. Ziel der Arbeiten ist es, die Nutzung der lebenden Meeres- ressourcen an den Kriterien der Nachhaltigkeit und Ökosystemverträglichkeit auszurichten und damit zum langfristigen Erhalt einer ökologisch und ökonomisch stabilen Fischerei sowie zur dauerhaften Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensmittel „Meeresfisch“ beizutragen. Schwerpunkte der Forschungsarbeiten sind Erarbeitung der Bewertungsmaßstäbe und Bewertung der Nutzfischbestände Erarbeitung von Beiträgen zur Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) Entwicklung von Bewirtschaftungsmodellen zum Wiederaufbau von Fischbeständen Bestandskundliche Untersuchungen befischter Fischarten und Grundfischuntersuchun- gen Bewertung der Auswirkungen einwandernder Arten Auswertung des mit dem Senckenberg-Forschungsinstituts durchgeführten EU-Projekts „Managing fisheries to conserve groundfish and benthic invertebrate species diversity“.

Institut für Ostseefischerei in Rostock (IOR) Das Institut für Ostseefischerei liefert die wissenschaftlichen Grundlagen, um die Fischereires- sourcen der Ostsee zu erhalten und nachhaltig zu nutzen. Neben der kontinuierlichen Beobach- tung der Entwicklung der Populationen der wichtigsten von der Fischerei genutzten Fischarten Dorsch, Hering, Sprotte, Flunder, Steinbutt, Kliesche, Aal und Zander werden für einige dieser Arten auch ihre Beziehungen zu bestimmten Umweltparametern während unterschiedlicher Lebensphasen untersucht. Ebenso werden auch Beziehungen von Fischarten untereinander und die Einwirkungen der Fischerei auf die Fischbestände erforscht.

Institut für Fischereiökologie in Hamburg (IFÖ) Das Institut für Fischereiökologie betreibt Fischereiforschung im Bereich der Meeresumwelt, ist auf dem Gebiet des ökologischen Monitorings tätig und widmet sich insbesondere der Unter- suchung mariner Organismen (Biota). Das beinhaltet Forschung in den Gebieten Schadstofffor- schung und Monitoring, Biologische Wirkung von Schadstoffen in marinen Systemen, Aquakul- tur und Binnenfischerei. Ziel der Arbeiten des Instituts ist die Zustandsbewertung und kontinu- ierliche Überwachung von aquatischen Ökosystemen unter besonderer Berücksichtigung der Fische. Das IFÖ untersucht die Auswirkungen natürlicher und anthropogener Faktoren auf die Schadstoffbelastung der Fische, deren Gesundheitszustand und Reproduktionsfähigkeit, die ge- netische Diversivität von Populationen sowie die ökologischen Auswirkungen der Aquakultur.

Institut für Fischereitechnik und Fischereiökonomie (IFF) Das Institut führt Untersuchungen zur Weiterentwicklung und Anwendung selektiver, um- weltschonender und energiesparender Fischereitechniken durch und analysiert die sozioökono- mischen Auswirkungen von Managementsystemen und fischereirechtlichen Regelungen sowie von neuen Technologien auf die deutsche, europäische und internationale Fischerei. Das Institut koordiniert das deutsche Datenerhebungsprogramm im Bereich der Fischereiökonomie und nimmt an den bestandskundlichen Forschungsprogrammen der Anstalt mit hydroakustischer und fangtechnischer Methodik teil. Das Institut wertet die Arbeiten aus, die sich auf den schonenden Umgang mit den natürli- chen lebenden Meeresressourcen sowie die damit verbundenen sozioökonomischen Effekte in der Fischerei als Teil eines integrierten Küstenzonenmanagements beziehen.

5 - 15 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.6.3 Grundlagenforschung und indirekte Forschungsarbeit für die Fische- rei

Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaft (IHF) der Universität Hamburg Institut für Meereskunde (IfM HH) der Universität Hamburg Untersuchung zur Auswirkung ozeanografischer Frontenregionen auf den Rekrutierungspro- zess kommerziell wichtiger Fischarten (EU-Projekt LIFECO) Untersuchung der Ökologie atlantischer Unterwasserplateaus (EU-Projekt OASIS) Energie- und Massenflüsse in den Mesozooplankton-Gemeinschaften des östlichen Mittel- meers (EMZOO) Untersuchung zu Auswirkungen anthropogener Einflüsse auf die marinen Ökosysteme (RE- SOLVE) Untersuchung zum globalen Wandel auf den ökologischen Zustand der Nordsee von morgen (NORGLOW) Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI) Hamburg Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) Bremerhaven Untersuchung von Modellen zum Einfluss des Strömungssystems und der Gezeiten auf die Ökosysteme in den Bankbereichen (EU-Projekt GLOBEC) Leibnitz-Institut für Meereswissenschaften Kiel (IFM-GEOMAR) Untersuchung von Modellen zur Mehrartenprognose und zur Verdriftung der Jungstadien von Dorsch und Sprotte (EU-Projekte GLOBEC, LIFECO und STORE) Entwicklung von Vorhersagemodellen zu den Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf die Dynamik mariner Ökosysteme (AQUASHIFT) Pflege des Informationssystem FISHBASE Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ) der Universität Kiel in Husum Arbeitsgruppe Küstenökologie in der Eutrophierungsüberwachung und Modellierung von Nährstoffkreisläufen und -verteilungen Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ) der Universität Kiel in Husum GKSS-Forschungszentrum Geestacht Forschungsbereich Büsum für Immunologie/Molekularbiologie von Meeressäugern Institut für Küstenforschung des GKSS-Forschungszentrums in Husum Methodik zur Berechnung von Sandtransporten am Boden in Flachwassergebieten mittels Schiffsradar Forschungsinstitut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven Langjähriges Monitoring der Benthosfauna im Auftrag ICES Benthos Ecology Working Group für die Nordsee Forschungszentrum Terramare (FTM) in Wilhelmshaven Untersuchung der Marikultur von Muscheln Untersuchungen zur Entwicklung umweltverträglicher Aquakulturverfahren zur nachhaltigen Kultur mariner Organismen Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen Untersuchungen zu Mangrove Dynamic and Management (MADAM) Institut für Ostseeforschung (IOW) Warnemünde Beteiligung am EU-Projekt GLOBEC Einsatz Eisrandforschungsschiff „Maria S. Merian“

5 - 16 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.6.4 Fischereiforschungsschiff/-kutter

Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz (BMELV) hat die Bundesforschungsanstalt für Fischerei (BFAFi) die Aufgabe, wissenschaft- liche Grundlagen für die bestands- und artenerhaltende Bewirtschaftung der weltweiten leben- den Meeresressourcen zu erarbeiten. Sie leistet den deutschen wissenschaftlichen Beitrag zur internationalen Fischereiforschung und berät BMELV insbesondere im Vorfeld internationaler Verhandlungen und Rechtsetzungen. Für diese Aufgaben stehen ihr die drei Forschungsschiffe „Walther Herwig III“, „Solea“ und „Clupea“ zur Verfügung. Die Fischereiforschungsschiffe werden von der BLE bereedert und liefen in 2004 zu 42 For- schungsreisen aus, vor allem in die Fang- und Untersuchungsgebiete der Nord- und Ostsee. Wäh- rend der 753 Reisetage legten die Schiffe 63.400 sm zurück.

Fischereiforschungsschiff Walter Herwig III Länge Breite Tiefgang Geschwindigkeit BRZ 64,50 m 15,22 m 5,96 m max. 13,5 kn 2.131 Besatzung Wissenschaftler 21 max. 12 Besonderheiten Indienststellung Dezember 1993 2004: 12 Seereisen mit 277 Reisetagen in der Nord- und Ostsee sowie im Nordatlantik

5 - 17 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Fischereiforschungsschiff Solea Länge Breite Tiefgang Geschwindigkeit BRZ 42,40 m 10,00 m 3,80 m max. 12,5 kn 770 Besatzung Wissenschaftler 14 max. 7 Besonderheiten Indienststellung 11.06.2004 2004: 17 Seereisen mit 230 Reisetagen in der Nord- und Ostsee

Fischereiforschungskutter Clupea Länge Breite Tiefgang Geschwindigkeit BRZ 17,60 m 5,12 m 2,42 m max. 8,5 kn 46 Besatzung Wissenschaftler 4 3-4 Besonderheiten Indienststellung 1949, modernisiert 1987 2004: 13 Seereisen mit 246 Reisetage in den Küsten- und Boddengewässern der Ostsee

5 - 18 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

5.7 Fischereischutz

5.7.1 Allgemein21

2004 führten die Fischereischutzboote „Meerkatze“, „Seefalke“ und „Seeadler“ Einsätze zur Fischereiaufsicht in den deutschen Territorialgewässern und der „Ausschließlichen Wirtschafts- zone (AWZ)“ der Nordsee durch. Die Schiffe liefen zu 24 Seereisen mit 967 Reisetagen aus und legten im Berichtsjahr 70.960 Seemeilen zurück. Die Kontrollbeamten führten 678 Kontrollen auf Fischereifahrzeugen aus 13 verschiedenen Nationen in der deutschen Fischereizone durch. Wie in den Vorjahren wurden vor allem Logbücher und Meldevorschriften, die Einhaltung von technischen Maßnahmen zum Schutz der jungen Meerestiere, die Einhaltung der erlassenen Fangverbote und die geltenden Kontrollregelungen überprüft. Darüber hinaus wurde geprüft, ob die an Bord befindlichen Fische der Mindestanlandegröße entsprachen. Bei Drittlandsfahr- zeugen wurde die Einhaltung der besonderen Meldeverpflichtungen überwacht. Im Rahmen der entsprechenden Verwaltungsvereinbarungen wurde die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) durch Zoll und Bundespolizei-See bei der Fischereiaufsicht unterstützt. Während der Zoll auch Kontrollen auf den Fischereifahrzeugen durchführt, hat die Bundespolizei die Aufgabe, die unzulässige Fischerei durch Fahrzeuge aus Drittländern zu un- terbinden sowie die Beachtung von besonderen Zugangsvoraussetzungen für bestimmte Fahr- zeuggruppen in bestimmten Fanggebieten zu überwachen. 2004 wurden 9 Zollboote an insgesamt 1.224 Einsatztagen in der Fischereiaufsicht eingesetzt. Dabei führten die Zollbeamten 27 Fischereikontrollen durch und registrierten die Aktivitäten von 963 Fischereifahrzeugen. Zusätzlich vermerkten die Einsatzkräfte der Bundespolizei die Ak- tivitäten von 1.777 Fischereifahrzeugen. Die Kontrollbeamten des Zolls, der Bundespolizei und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kamen damit auf 705 Fischereikontrollen und 5.067 Sichtkontrollen.

5.7.2 Fischereischutzboote

Fischereischutzboote der BLE Typ Name BRZ Indienststellung

Fischereischutzboot Meerkatze 1.751 Dezember 1977 Fischereischutzboot Seefalke 1.789 August 1981 Fischereischutzboot Seeadler 1.774 Juni 2000

21 BMVEL - Jahresbericht über die Deutsche Fischwirtschaft 2004 - Dezember 2005

5 - 19

Binnenschifffahrt und Binnenschiffbau 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6 Binnenschifffahrt und Binnenschiffbau

6.1 Das Verkehrssystem Binnenschifffahrt

6.1.1 Europäische Binnenschifffahrt

Europaweit hat die gestiegene Nachfrage nach Verkehrsleistungen auch zu einer Zunahme des Güterverkehrs auf den Binnenwasserstraßen geführt. Dafür müsste eigentlich der Binnen- schifffahrt im europäischen Verkehrssystem angesichts der besonderen Qualitäten dieses Ver- kehrsträgers ein größerer Platz eingeräumt werden und es müssten für alle Verkehrsträger glei- che und faire Wettbewerbsbedingungen, auch und gerade innerhalb der Binnenschifffahrt in den verschiedenen Mitgliedsländern der EU geschaffen werden. Besonders wichtig ist eine adä- quate Wasserstraßen- und Hafeninfrastruktur. Nur wenn ungehinderte Beförderungen mit Schif- fen ausreichender Größe möglich sind, können Binnenschiffstransporte auch wettbewerbsfähig sein. Die Infrastruktur ist der entscheidende Parameter für die Wettbewerbsfähigkeit der Bin- nenschifffahrt. Wasserstraßenstandards bestimmen die Schiffsgrößen und damit die Kosten des Binnenschiffstransports, denn Binnenschiffstransporte verlaufen überwiegend über große Ent- fernungen: die Ladekapazität der eingesetzten Schiffe wird vom größten Engpass auf der ge- samten Route bestimmt. Dies gilt sowohl für die Abladetiefe (bei Massengütern) als auch hin- sichtlich der Brückendurchfahrtshöhen (bei Containerverkehren). Allerdings kann von einem einheitlichen Standard auf weiten Netzabschnitten des europäischen Wasserstraßennetzes auf Grund zahlreicher lokaler oder großräumiger Engpässe nicht die Rede sein, so die Pine- Untersuchung1. Die Binnenschifffahrt birgt aus Sicht der EU-Kommission ein erhebliches Potenzial für die Verbesserung des europäischen Verkehrssystems. Eine zunehmende Verlagerung des Güterver- kehrs auf die Schifffahrt kann dazu beitragen, das stetig wachsende Frachtaufkommen zu be- wältigen. Das Aktionsprogramm NAIADES (Navigation And Inland Waterway Action and Development in Europe – Europäisches Aktions- und Entwicklungsprogramm für die europäische Binnenschiff- fahrt) zielt auf fünf Schwerpunkte: Dienstleistungen, Flotte, Beschäftigte, Image und Infrastruk- tur und ist ist ein Beitrag zur europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Mit einer Flotte von 10.000 Schiffen und einer Kapazität, die der von 10.000 Zügen oder 440.000 Lkws entspricht, kann der Verkehr in Europa durch die Binnenschifffahrt effizienter, zuverlässiger und umweltfreundlicher gestaltet werden. Durch die verstärkte Nutzung der Binnenschifffahrt kön- nen die Verkehrskosten erheblich gesenkt werden. Die Verfügbarkeit kostengünstiger Binnenschiffsverkehrsdienste ist ein entscheidender Standortfaktor für die europäische Industrie, der zur Erhaltung industrieller Arbeitsplätze erheb- lich beiträgt. Die europäische Binnenwasserstraßeninfrastruktur verfügt über umfangreiche freie Kapazitäten. Im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern hängt die Intensivierung des Wasserstra- ßenverkehrs nicht so stark von öffentlichen Investitionen und der Verfügbarkeit entsprechender Flächen ab. Darüber hinaus ist die Binnenschifffahrt weitaus sicherer als andere Verkehrsarten. Ferner erweist sich die Binnenschifffahrt mit externen Kosten von derzeit 10 EUR je 1.000 Ton- nenkilometer als der umweltfreundlichste Landverkehrsträger (zum Vergleich: Straßenverkehr 35 EUR und Eisenbahn 15 EUR). Im Mittelpunkt des Aktionsprogramms stehen fünf strategische Bereiche: Schaffung günstiger Bedingungen für Dienstleistungen und Erschließung neuer Märkte, Anreize für die Modernisie- rung der Flotte und Innovationen, Schaffung attraktiver Bedingungen für neue Arbeitskräfte und höhere Investitionen in das Humankapital, Förderung der Binnenschifffahrt als verlässlichen Geschäftspartner durch ein Netz von Förderzentren sowie Bereitstellung angemessener Infra- strukturen für die Binnenschifffahrt. Das Programm soll im Zeitraum 2006-2013 umgesetzt wer- den.

1 PINE ist eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Untersuchung zur europäischen Binnenschiff- fahrt: „Prospects of Inland Navigation within the enlarged Europe“ 6 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.1.1.1 Güterbeförderung der Binnenschifffahrt in der EU-25

Die wichtigen Binnenschifffahrt betreibenden europäischen Länder verfügen zusammen über eine Flotte von mehr als 7.000 Motorschiffen und mehr als 2.000 Leichtern, die über etwa 10 Mio. t Frachtraum verfügen (darunter 6.360 Binnenschiffe für Trockengüter, 1.279 Tankschiffe sowie 235 Schleppkähne und 869 Schubboote)2.

Motorschiffe Leichter Gesamtfracht- Zahl Frachtraum Zahl Frachtraum Raum in t Deutschland 1.300 1.716.637 t 970 925.000 t 2.641.637 Niederlande 3.921 4.042.000 t 971 1.533.000 t 5.575.000 Belgien 1.300 1.239.000 t 171 394.000 t 1.633.000 Frankreich 1.113 459.000 t 230 168.000 t 627.000 Österreich 16 19.000 t 81 135.000 t 154.000 gesamt 7.650 7.475.637 t 2.423 3.155.000 t 10.630.637

Mit ihnen wurden in der EU-25 im Jahr 2004 etwa 408 Mio. t3 an Waren und Gütern beför- dert. Während grenzüberschreitende Transporte in der EU auf den landgebundenen Verkehrs- trägern Schiene und Straße rund 10% aller Gütertransporte ausmachen, stellen sie in der Bin- nenschifffahrt 52% der Gütertransporte. Zu dieser Beförderungsleistung trugen im Wesentlichen Deutschland und die Niederlande bei, auf die in der EU-25 mehr als 86% der Gütertransporte in der Binnenschifffahrt entfielen, bei der die Rhein-Achse eine entscheidende Rolle spielt. 12% des Beförderungsvolumens entfielen auf Frankreich und Belgien. Diese vier Mitgliedsländer beför- dern auf ihrem gut ausgebauten Binnenwasserstraßennetz die meisten Güter im innereuropäi- schen Binnenschiffsverkehr. 82% des grenzüberschreitenden Verkehrs auf Binnenwasserstraßen in der EU-25 werden zwi- schen den Niederlanden, Deutschland und Belgien abgewickelt. Zwischen Deutschland und den Niederlanden werden 45%der Güter transportiert. Die Niederlande sind das europäische Land, das mit Abstand die meisten Güter im Binnenschiffsverkehr exportiert: 117 Mio. t, davon entfal- len auf die Verkehre mit Deutschland und Belgien allein 110 Mio. t. Deutschland importiert mit Abstand die meisten Güter (95 Mio. t) im Binnenschiffsverkehr. Im internationalen Binnenschiffsverkehr der EU-25 entfallen im Wesentlichen 19% der beförderten Güter auf Steine, Erden und Baustoffe, 17% auf Erze und Metallabfälle, 15% auf Erdöl und Mineralölerzeugnisse.

2 EU-Kommission 10/2002 3 EUROSTAT Verkehr 1/2006 vom 12.01.2006 6 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.1.2 Deutsche Binnenschifffahrt

Deutschland hat in der europäischen Güterbinnenschifffahrt eine herausragende Bedeutung. Über 50% aller westeuropäischen Wasserstraßen mit Ausbaustand Klasse Va aufwärts (GMS4 110 m) liegen in Deutschland. 50% der gesamten Güterverkehrsleistungen der EU-25 wer- den auf deutschen Binnenwasserstraßen erbracht. Auch wesentliche Teile des Verkehrs auf aus- ländischen Wasserstraßen haben Ziel oder Quelle in Deutschland. Damit ist der Binnenschiffs- verkehr in Deutschland weitgehend ein grenzüberschreitender Güter- und Transitverkehr. Binnenhäfen haben drei ausgeprägte Stärken: Sie sind leistungsfähig, sie sind flexibel und die Verknüpfung der Verkehrsträger macht den Transport zuverlässig, kurzum: Hier werden Binnen- schiffs-, Lkw- und Schienenverkehr zu idealen Partnern. Trotzdem wird die Binnenschifffahrt noch zu selten in die Transportkette der verladenden Wirtschaft eingebunden, weil die Möglich- keiten des Systems Wasserstraße bei potenziellen Auftraggebern wenig präsent sind. Um das zu ändern, wurde die „Initiative Binnenschifffahrt und Logistik“ ins Leben gerufen. Die Binnenschifffahrt hat im Verbund der Verkehrssysteme neben Straße und Schiene eine wichtige Funktion als Verkehrsträger im Güterverkehr. Sie stellt national und international einen unentbehrlichen Verkehrsträger dar, der besonders gut für den Transport von Gefahrgut und Massengütern über lange Strecken geeignet ist (Schwerlasten, industrielle Massenfrachten, Bau- produkte, Abfall) und eine besondere Rolle beim Umschlag von Containern aus Seehäfen in das europäische und inländische Hinter- bzw. Binnenland übernehmen kann. Darüber hinaus ist die Binnenschifffahrt einer der sichersten, wirtschaftlichsten und umweltfreundlichsten Verkehrsträ- ger überhaupt. Der direkte Vergleich von Eisenbahn und Binnenschifffahrt zeigt, dass die Binnenschifffahrt rund 75% des Aufkommens und auch der Verkehrsleistung der Eisenbahn erbringt. So transpor- tieren 7 Binnenschiffe das Transportvolumen von 200 Lkw-Ladungen, darüber hinaus sind die Transportkosten mit dem Binnenschiff je Tonne deutlich günstiger als der Transport mit dem Lkw oder mit der Bahn. Zur besseren Nutzung der Potenziale der Binnenschifffahrt wurde in 2004 ein nationales „Fo- rum für Binnenschifffahrt und Logistik“ eingerichtet mit dem Ziel, Strategien zur Stärkung der nationalen Binnenschifffahrt zu entwickeln. Grundlage dafür war das Gutachten der Planco Con- sulting GmbH zu „Potenziale und Zukunft der deutschen Binnenschifffahrt“. Der Marktanteil der deutschen Binnenschifffahrt an der gesamten Güterverkehrsleistung in Deutschland betrug 2005 15% (64,1 gegenüber 425,6 Mrd. tkm). Die auf deutschen Binnenwas- serstraßen beförderte Gütermenge stieg im Berichtsjahr 2005 um 0,4% auf jetzt 236,8 Mio. t, ein Anstieg um 0,9 Mio. t gegenüber dem Vorjahr. Die Beförderungsleistung stieg auf 64,1 Mrd. tkm, ein Zuwachs um 0,7%. Der innerdeutsche Güterverkehr auf Binnenwasserstraßen verliert zwar immer mehr an Bedeutung, wuchs jedoch erstmals wieder auf 56,6 Mio. t Fracht. Die Transportleistung der Bin- nenschifffahrt innerhalb des Bundesgebietes erreichte 2005 zwar 11,7 Mrd. tkm, demgegenüber war jedoch der grenzüberschreitende Binnenschiffsverkehr (einschl. Durchgangsverkehr) fast fünf Mal so groß und betrug 52,4 Mrd. tkm. Besonders positiv hat sich der Versand ins Ausland entwickelt, der im letzten Jahr um 3,4% zugenommen hat. Mit einer Güterbeförderung von 53,1 Mill. t wurde das höchste Ergebnis seit 1989 erreicht (55 Mio. t). Leicht rückläufig waren die Gütertransporte im Durchgangsverkehr (23,6 Mio. t/-2,5%) und der Empfang aus dem Ausland, der mit etwas über 103 Mill. t (-1,8%) die bei weitem wich- tigste Verkehrsrelation darstellt und gut 43% der Binnenschifffahrtsergebnisse ausmacht. Der Containerverkehr bleibt weiterhin der Wachstumsmotor für die Binnenschifffahrt: so nahm die Zahl der transportierten Container in 2005 auf jetzt 2,109 Mio. TEU zu, ein Zuwachs zum Vorjahr um 8,5%.

4 GMS - Großmotorschiff 6 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Das Rheingebiet, in dem fast 65% des Güterumschlags erfolgen, bleibt weiter die Haupt- verkehrsachse der deutschen Binnenschifffahrt. Die Binnenschifffahrt ist gerade in NRW von erheblicher verkehrlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Dies belegen rund 720 Kilometer Was- serstraßeninfrastruktur zwischen Emmerich und Höxter und 120 Häfen, davon 23 öffentliche und 97 private Werkhäfen. Europas größter Binnenhafen liegt in Duisburg und der größte Ka- nalhafen Europas in Dortmund. Insgesamt rund 125.000 Arbeitsplätze in NRW sind von der Bin- nenschifffahrt abhängig. Die im Rheingebiet umgeschlagene Gesamtgütermenge betrug in 2005 insgesamt 173,1 Mio. t. Die inländischen Binnenschifffahrtsunternehmen stehen jedoch nicht nur im Wettbewerb mit Unternehmen anderer Verkehrszweige, sie konkurrieren auch mit ausländischen Unternehmen. Der Marktanteil der europäischen Flotten5 auf deutschen Wasserstraßen beträgt heute gut 66% an der beförderten Gesamtgütermenge: etwa 53% entfallen allein auf niederländische, etwa 7% auf belgische Binnenschiffe. Der Anteil am Gütertransport der unter deutscher Flagge fahrenden Binnenschiffsflotte auf deutschen Binnenwasserstraßen verringerte sich von 44,4% in 1991 auf jetzt nur noch 34,2%. Bei einer Betrachtung der Anteile der mittel- und osteuropäischen Flotten am Gesamtgü- teraufkommen in der Binnenschifffahrt in Deutschland wird die gegenwärtig noch geringe Be- deutung der unter mittel- und osteuropäischer Flagge fahrenden Binnenschiffe deutlich. Die unter polnischer Flagge fahrenden Binnenschiffe transportieren lediglich 1,3%, die unter tsche- chischer Flagge fahrenden 0,5% des Gesamtgüteraufkommen; auf die ungarische Flotte entfal- len lediglich 0,2%. Nach Schätzungen des Bundesverbandes öffentlicher Binnenhäfen (BöB) sind in Deutschland rund 400.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt mit der Binnenschifffahrt verbunden. Dessen 109 Mitgliedshäfen beschäftigen selbst zwar nur rund 3.000 Mitarbeiter. Die in den Häfen angesie- delten Unternehmen aus Logistik und Produktion jedoch bieten derzeit rund 235.000 Menschen Arbeit6.

5 Statistisches Bundesamt, Binnenschifffahrt 2004, Reihe Wirtschaft und Statistik 6/2006 6 Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt – Jahresbericht 2003/2004 6 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.1.3 Das Verkehrssystem Binnenschifffahrt

Das Verkehrssystem Binnenschifffahrt wird auch durch die Leistungsfähigkeit der Bin- nenwasserstraßen bestimmt. Unter Einbeziehung aller Flüsse, Seen und Kanäle sind in den wich- tigen europäischen Binnenschifffahrt betreibenden Ländern insgesamt 25.303 km Wasserstraßen vorhanden, von denen die Hälfte mit Schiffen von 1.350 t und mehr befahren werden können. Das deutsche Netz der Bundeswasserstraßen hat eine Länge von rd. 7.476 km, darunter rd. 2.700 km in den neuen Bundesländern. Hiervon entfallen 6.760 km auf Binnenschifffahrtsstraßen und rd. 754 km auf Seeschifffahrtsstraßen ohne Außenbereiche der seewärtigen Zufahrten. 35% der Netzlänge sind freie/geregelte, 41% staugeregelte Flussstrecken und 24% Kanäle. Zu den staugeregelten Bundeswasserstraßen zählen Weser, Oberrhein, Neckar, Main, Mosel, Saar und Donau. Seit 1992 verbindet der Main-Donau-Kanal die Nordsee mit dem Schwarzen Meer. 6.000 km der 7.476 km Bundeswasserstraßen sind klassifizierte europäische Wasserstraßen, davon 25% mit regionaler Bedeutung (Wasserstraßenklasse I bis III) und 75% mit internationaler Bedeutung (Klasse IV bis VIc).

6.1.3.1 Bundeswasserstraßen7

7 Statistische Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4 Binnenschifffahrt – 2004 6 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.1.3.2 Öffentliche Binnenhäfen (109)8 am Rhein Andernach, Bendorf, Bingen, Breisach, Bonn, Brühl, Duis- burg, Düsseldorf, Emmerich, Emmelsum, Gernsheim, Gustavsburg, Karlsruhe, Kehl, Kleve, Koblenz, Köln, Krefeld- Uerdingen, Leverkusen, Lahnstein, Ludwigshafen, Mainz, Mannheim, Neuss, Neuwied, Orsoy, Rheinberg-Ossenberg, Speyer, Weil, Weißenthurm, Wesel, Wesseling, Wiesbaden, Worms, Wörth am Rhein-Herne-Kanal Bottrop, Castrop-Rauxel, Essen, Herne, Gelsenkirchen, Wan- ne-Eickel am Dattel-Hamm-Kanal Hamm, Lünen, am Wesel-Datteln-Kanal Rhein-Lippe-Hafen, Dorsten, Marl, Hervest am Dortmund-Ems-Kanal Dortmund, Leer, Münster, Spelle-Venhaus an der Mosel Trier an der Saar Merzig, Völklingen, Saarlouis/Dillingen am Neckar Heilbronn, Plochingen, Stuttgart am Main Aschaffenburg, Frankfurt/Main, Hanau, Kitzingen, Ochsen- furth, Offenbach, Schweinfurt, Wertheim, Würzburg am Main-Donau-Kanal Bamberg, Dietfurt, Erlangen, Fürth, Nürnberg-Roth an der Donau Deggendorf, Kehlheim, Passau, Regensburg, Straubing am Mittelland-Kanal Bad Essen, Braunschweig, Bückeburg, Espelkamp, Hannover, Hannover-Brink, Hildesheim, Lübbecke, Minden, Misburg, Osnabrück, Detmold (Preußisch Oldendorf), Peine-Salzgitter, Wolfsburg-Fallersleben am Elbe-Seitenkanal Lüneburg, Uelzen, Wittingen am Elbe-Lübeck-Kanal Lauenburg, Lübeck am Küstenkanal/Hunte Dörpen, Oldenburg an der Weser Bremen, Brake, Nordenham, Bremerhaven, Oldenburg an der Ems Emden, Papenburg, Haren am Ems-Jade-Kanal an der Elbe Dresden, Magdeburg, Riesa, Torgau, Aken, Tangermünde, Wittenberge, Roßlau am Dahme-Nottekanal Königs Wusterhausen, Niederlehme am Elbe-Havel-Kanal Niegripp am Havel-Kanal Potsdam Havel-Oder Wasserstraße Hohensaaten, Schwedt Hauptwasserstraßen Berlin Berlin (6 Häfen und 3 Ladestraßen), Velten an der Saale Halle an der Ruhr Mühlheim/Ruhr Spree-Oder-Wasserstaße Eisenhüttenstadt an der Oder Frankfurt/Oder an der Peene Anklam am Silokanal Brandenburg

8 Statistische Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4 Binnenschifffahrt – 2004 und Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen (BöB) 6 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.2 Deutsche Binnenschiffsflotte9

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die Anzahl der in der Binnenschifffahrt tä- tigen Unternehmen zum 30.06.2004 nur geringfügig unter dem Vergleichswert des Vorjahres. Von den insgesamt 1.189 in Deutschland ansässigen Unternehmen waren 672 in der Trockengü- terschifffahrt (Vorjahr: 682), 184 in der Tankschifffahrt tätig (Vorjahr: 172) und 310 in der Perso- nenschifffahrt (Vorjahr: 310). Zum Stichtag 31.12.2005 verfügten die gewerblichen Binnenschifffahrtsunternehmen über 3.768 Binnenschiffe zur Güter- und Personenbeförderung: 1.918 Trockengüterschiffe (ohne Trägerschiffsleichter) mit einer Tragfähigkeit von 2,03 Mio. t, davon 937 Gütermotorschiffe mit einer Tragfähigkeit von 1,115 Mio. t; 428 Tankgüterschiffe/Leichter mit einer Tragfähigkeit von 0,661 Mio. t 1.000 Fahrgastschiffe sowie 442 Schub- und Schleppboote. Die Zahl der Beschäftigten in der Binnenschifffahrt bleibt weiter rückläufig: Mitte 2004 waren nur noch 7.612 Personen in der Binnenschifffahrt beschäftigt gegenüber 7.690 im Vorjahr (-1%). Die Anzahl des fahrenden Personals nahm um 0,1% auf 6.080 Beschäftigte zu, während die Zahl der an Land beschäftigten Personen um 5,1% auf 1.532 Beschäftigte abnahm. Im Jahr 2004 erzielten die deutschen Unternehmen mit der Binnenschifffahrt einen Umsatz von 1,216 Mrd. Euro (+1,1%). Von diesen Umsätzen stammten 0,64 Mrd. Euro aus Beförderung und 0,55 Mrd. Euro aus Befrachtung. Vom Umsatz aus Beförderung entfielen 44% auf die Tro- ckengüterschifffahrt, 28% auf die Tankschifffahrt sowie 28% auf die Personenschifffahrt.

6.2.1 Schiffsbestand der gewerblichen Binnenschifffahrt10 (ausgewählte Daten ohne Schuten, Bunkerboote und Barkassen)

Schiffsgattung 31.12.2003 31.12.2004 31.12.2005

Gütermotorschiff 966 956 937 Tankmotorschiff 332 344 369 Güterschleppkähne 73 66 66 Tankschleppkähne 12 12 12 Güterschubleichter 919 922 915 Tankschubleichter 45 48 47 Schleppboote 154 150 146 Schubschleppboote 84 85 82 Schubboote 211 210 214 gesamt Frachtschiffe 2.796 2.793 2.792 Gesamtladekapazität 2.626.567 t 2.641.637 t 2.788.259 t Fahrgasttagesschiffe 924 932 947 Fahrgastkabinenschiffe 38 46 53 gesamt Fahrgastschiffe 962 978 1.000

9 Zentrale Binnenschiffs-Bestandsdatei bei der WSD Südwest 31.12.2005 10 Zentrale Binnenschiffs-Bestandsdatei bei der WSD Südwest 31.12.2005 und VSM Jahresbericht 2005 - Bin- nenschifffahrt 6 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.2.2 Strukturdaten der Binnenschifffahrt11 (gewerbliche Güter-/Personenschifffahrt und Werkverkehr)

Binnenschifffahrt Jahr Binnenschiffe zur Unternehmen Güter-/ Personenbe- Beschäftigte förderung 1996 1.382 3.343 8.613 1998 1.294 3.267 8.140 1999 1.370 3.406 8.596 2000 1.370 3.822 8.057 2001 1.340 3.768 7.750 2002 1.232 2.868 7.689 2003 1.191 2.773 7.690 2004 1.189 2.79512 7.612

11 Stand jeweils 30.06. d.J.; Stat. Bundesamt 23.02.2006 und Zentrale Binnenschiffsdatei bei der WSD Süd- west 2006 12 Daten ohne Leichter, Schub- und Schleppboote, Barkassen u.ä. 6 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.3 Güterverkehr in der Binnenschifffahrt

6.3.1 Güteraufkommen in der Binnenschifffahrt13

Die Binnenschifffahrt verzeichnete im Jahr 2005 auf den Hauptverkehrsverbindungen ge- ringe Mengen- und Leistungszuwächse und konnte nach den Jahren 1995 und 2000 ihre dritt- höchste Beförderungsmenge seit 1989 erzielen. In 2005 betrug das auf den deutschen Binnenwasserstraßen beförderte Güteraufkommen 236,8 Mio. t, eine Zunahme zum Vorjahr von 0,7 Mio. t oder 0,3%. Die Transportleistung stieg im gleichen Zeitraum um 0,8% auf 64,1 Mrd. Tonnenkilometer (tkm). Die im Wettbewerb mit der Binnenschifffahrt stehende Eisenbahn beförderte in 2005 insgesamt 306,7 Mio. t (-1,1%), ihre Transportleistung betrug 89,7 Mrd. tkm (+3,8%).

Anhaltend im Aufwind ist der Containerverkehr. Da rund 70% der Binnenschiffstransporte von oder zu den großen Häfen an der Nordsee erfolgen, beeinflusst diese Entwicklung auch ganz entscheidend die Transportstrukturen der deutschen Binnenschifffahrt. Mit 2,109 Mio. TEU legte der Containerverkehr gegenüber 2004 um 8,5% zu. Die unter deutscher Flagge fahrenden Binnenschiffe profitierten jedoch nur bedingt vom Wachstum der Containerverkehre. Sie erzielten 2005 darin lediglich einen Marktanteil von 17,1%. Die vergleichsweise geringe Bedeutung der deutschen Flagge im grenzüberschreitenden Verkehr spiegelt sich damit auch bei der Containerbeförderung wieder, die zu einem Großteil im Hinterland der Seehäfen Antwerpen und Rotterdam stattfindet. Auf den Binnenverkehr auf deutschen Wasserstraßen, wo die deutsche Flagge mit einem Marktanteil von ca. 75% nach wie vor dominiert, entfielen im Jahr 2005 lediglich rund 9,6% der gesamten Containerbeförderungen. Der größte Mengenanteil am Transportaufkommen entfiel mit 103,2 Mio. t auf den Güter- empfang aus dem Ausland (-1,8%), dessen Transportleistung im gleichen Zeitraum um 1,1% auf 23,4 Mrd. tkm abnahm. Der Güterversand in das Ausland stieg auf 53,4 Mio. t (+3,9%), die Transportleistung stieg um 3,7% auf 13,9 Mrd. tkm.

13 Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4, 2006 6 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Der deutsche Binnenverkehr erzielte ein Transportvolumen von 56,7 Mio. t, ein Anstieg um 2,6%, bei einer Transportleistung von 11,7 Mrd. tkm (+3,5%). Der Durchgangsverkehr über deutsche Wasserstraßen nahm auf 23,6 Mio. t. ab, ein Rückgang um 0,6 Mio. t bzw. 2,5%. Die Transportleistung reduzierte sich auf 15,1 Mrd. tkm (-1,4%).

6.3.1.1 Transportleistung der Binnenschifffahrt auf dt. Wasserstraßen 14

Binnenschiffsgü- Transportaufkommen Verkehrsleistung terverkehr in Mio. t in Mrd. tkm 2002 2003 2004 2005 2002 2003 2004 2005 gesamt 231,7 220,0 235,9 236,8 64,2 58,2 63,7 64,1 grenzüberschreitend 206,8 166,6 180,7 180,2 48,1 47,3 52,3 52,4 Versand 49,1 46,1 51,4 53,4 12,7 11,7 13,4 13,9 Empfang 101,8 99,0 105,1 103,2 23,7 22,0 23,6 23,4 Durchgangsverkehr 25,0 21,5 24,2 23,6 16,1 13,6 15,3 15,1 Binnenverkehr 55,8 53,4 55,2 56,7 11,7 10,8 11,3 11,7 Dt. Binnenschiffe 84,9 79,9 81,7 81,0 22,0 20,1 21,3 21,2 Ausl. Binnenschiffe 146,8 140,1 154,2 155,8 42,2 38,1 42,4 42,9 Containerverkehr 1,519 1,66 1,943 2,109

(in TEU) Mio. Mio. Mio. Mio.

Verkehrsleistung 64,1 Mrd. tkm Anmerkung: Transportaufkommen = mittlere Transportweite = 236,8 Mio. t = 270 km

14 Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4, 2005; BAG-Marktbeobachtung Güterverkehr - Jahresbericht 2005 6 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.3.1.2 Anteile der Binnenschiffe unter deutscher Flagge am Güterverkehr15

Transportaufkommen Anteil am Ge- Verkehrsleistung dt. Anteil an der gesam- Jahr dt. Binnenschiffe samtaufkommen Binnenschiffe ten Transportleistung 1998 95,7 Mio. t 40,5% 24,0 Mrd. tkm 37,3% 1999 91,6 Mio. t 40,1% 23,2 Mrd. tkm 37,4% 2000 91,4 Mio. t 37,7% 23,4 Mrd. tkm 35,2% 2001 88,2 Mio. t 37,4% 22,6 Mrd. tkm 34,9% 2002 84,9 Mio. t 36,6% 22,0 Mrd. tkm 34,2% 2003 79,9 Mio. t 36,3% 20,1 Mrd. tkm 34,5% 2004 81,7 Mio. t 34,6% 21,3 Mrd. tkm 33,4% 2005 81,0 Mio. t 34,2% 21,2 Mrd. tkm 33,1%

Vom Transportaufkommen im Güterverkehr konnten die unter deutscher Flagge fahren- den Binnenschiffe erneut nicht profitieren. Der Trend zur rückläufigen Beteiligung deutscher Binnenschiffe am Gütertransport hielt an: sie beförderten in 2005 nur 81,0 Mio. t und damit rund 0,7 Mio. t (-0,8%) weniger Güter als im Vorjahr. Ihr Anteil an der Gesamtbeförderung sank von 34,6% auf jetzt 34,2%. Hauptkonkurrenten bleiben die niederländischen Binnenschiffsbe- triebe, deren Flotte nach Zahl und Ladekapazität etwa doppelt so groß ist wie die der deutschen Betriebe. Seit 1994 sind die Niederlande die führende Binnenschiffsnation auf den deutschen Wasserstraßen. In 2005 lag ihr Anteil am Gütertransport bei mehr als 53%, an dritter Stelle fol- gen belgische Binnenschiffe mit einem Anteil von etwa 6,9% am Gütertransport auf deutschen Binnenwasserstraßen.

Güterbeförderung nach Flaggen

Anteile am Verkehr Gesamtverkehr Veränderung insgesamt Flagge 2005 gegenüber 2004 2005 2004 2005 2004 1.000 t % Niederlande 125.404,0 124.993,5 410,5 0,3 53,1 53,0 Deutschland 80.997,6 81.667,0 -669,4 -0,8 34,2 34,6 Belgien 16.582,3 16.365,2 217,1 1,3 7,0 6,9 Schweiz 2.923,5 2.986,7 -63,2 -2,2 1,2 1,3 Polen 2.970,5 2.364,1 606,4 25,9 1,3 1,0 Österreich 1.347,0 1.289,7 57,3 4,4 0,6 0,5 Frankreich 1.231,9 1.183,1 48,8 4,4 0,5 0,5 Luxemburg 1.078,3 1.175,5 -97,2 -8,6 0,5 0,5 Tschech. Republik 1.275,4 916,7 358,7 38,6 0,5 0,4 Ungarn 386,0 416,1 -30,1 -8,1 0,2 0,2 übrige Flaggen 1.946,4 2.502,8 -556,4 -22,1 0,8 1,1 insgesamt 236.142,9 235.860,7 282,5 33,1 100 100

6.3.2 Umsätze in der Binnenschifffahrt16

Nach den vorliegenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes stieg im Jahr 2005 der Gesamt- umsatz der Binnenschifffahrt um 1,1% auf 1,216 Mrd. EUR. Davon wurden 0,64 Mrd. EUR aus Beförderungsleistungen erzielt (-1,1%) und 0,55 Mrd. EUR (+3,4%) aus Befrachtung. Auf Beför- derung entfielen damit 52,6% (davon 23% in der Trockengüterschifffahrt, 14,6% in der Tank- schifffahrt und 15% in der Personenschifffahrt), 45,3% auf Befrachtung sowie 2,2% auf Schub- und Schleppleistungen.

15 Statistisches Bundesamt – Binnenschifffahrt 2005 16 Statistisches Bundesamt – Unternehmen in der Binnenschifffahrt 2004, Wirtschaft und Statistik 06/2006 6 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Bei der Umsatzart „Befrachtung“ handelt es sich um Aufträge für Güterbeförderungen mit dem Binnenschiff, die Binnenschifffahrtsunternehmen – hauptsächlich Reedereien – akquirieren, aber nicht selbst durchführen, sondern an andere Binnenschifffahrtsunternehmen – im Regelfall an Partikuliere – weitergeben bzw. diese mit der Ausführung beauftragen.

6.3.3 Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt17

Im Jahr 2005 standen Aufkommenszuwächsen in den Güterabteilungen „Land- und Forst- wirtschaftliche Erzeugnisse“, „Erdöl, Mineralölerzeugnisse, Gase“, „Eisen, Stahl und NE-Metalle“, „Chemische Erzeugnisse“ sowie „Sonstige Halb- und Fertigwaren“ zum Teil deutliche Aufkom- mensrückgänge in den übrigen Güterabteilungen gegenüber: Mit einem Zuwachs in Höhe von knapp 2,4 Mio. t bzw. 26,9 % konnte die Güterabteilung „Land-, forstwirtschaftliche und ver- wandte Erzeugnisse“ im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr sowohl mengenmäßig als auch pro- zentual am stärksten zulegen. Dies dürfte u.a. auf die hohen Ernteerträge des Jahres 2004 zu- rückzuführen sein, denn im 2. Quartal 2005 wurden die Erntemengen, die im Vorjahr eingela- gert worden waren, abtransportiert. Das fortgesetzte Wachstum der Güterabteilung „Sonstige Halb und Fertigwaren“ war im Wesentlichen dem anhaltenden Boom in der Containerschifffahrt zuzuschreiben. Vor dem Hintergrund einer hohen internationalen Nachfrage nach Mineralölerzeugnissen und stark ausgelasteter Raffineriekapazitäten verzeichnete die Güterabteilung „Erdöl, Mineral- ölerzeugnisse, Gase“ trotz des Niedrigwassers im Jahr 2005 im Vergleich zum Vorjahr noch einen Aufkommenszuwachs um 0,5 % auf 38,8 Mio. t. Im Inland wurden private Lagerbestände ange- sichts relativ hoher Heizölpreise nur bedingt aufgefüllt. Insgesamt lagen die Lagerbestände wäh- rend des gesamten Jahres 2005 unter dem langjährigen Mittel.

17 Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4, 2005; BAG-Marktbeobachtung Güterverkehr - Jahresbericht 2005 6 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.3.4 Güterumschlag in den Binnenhäfen18

Deutschland hat das größte Binnenwasserstraßennetz Europas mit ca. 7.476 km Länge. An diesen Binnenwasserstraßen liegen 109 Öffentliche Binnenhäfen (ÖB) und über 150 private Werkshäfen. Binnenhäfen haben drei ausgeprägte Stärken: Sie sind leistungsfähig, sie sind flexi- bel und die Verknüpfung der Verkehrsträger macht den Transport zuverlässig, kurzum: Hier werden Binnenschiffs-, Lkw- und Schienenverkehr zu idealen Partnern. Trotzdem wird die Bin- nenschifffahrt noch zu selten in die Transportkette der verladenden Wirtschaft eingebunden. Die Öffentlichen Binnenhäfen schlugen in 2005 im Güterverkehr19 insgesamt 271,2 Mio. t Güter um. Im Vergleich zum Vorjahr wuchs der gesamte Güterumschlag um rund 3,8 Mio. t bzw. 1,4 %. Weiterhin führender Binnenhafen Deutschlands ist der Duisburger Hafen mit einem Gesamt- güterumschlag von 49,2 Mio. t, der seinen Umschlag jedoch nur um 0,6 Prozent bzw. 0,3 Mio. t steigern konnte. Zweitplazierter des Hafenrankings ist der Hafen Köln mit einem Güterumschlag von knapp 15 Mio. t, was einem leichten Plus von 1,8% im Vergleich zum Vorjahresergebnis be- deutet. Hamburg nimmt hinter Köln wie auch im Vorjahr den dritten Rang ein mit ca. 11,2 Mio. t umgeschlagener Güter. Im Gegensatz zu den beiden führenden deutschen Binnenhäfen Duis- burg und Köln weist Hamburg einen Umschlagszuwachs von beinahe 25% auf. Bedeutende Aufkommenssteigerungen verzeichneten zudem die Häfen Magdeburg, Hamm und das Gebiet Berlin.

Güterumschlag in ausgewählten Binnenhäfen Verände- Binnenhäfen (in Mio. t) rung 2004 2005 gesamt Empfang Versand gesamt Empfang Versand in % Hamburg 8,99 3,05 5,94 11,18 4,38 6,79 24,4 Magdeburg 2,18 1,25 0,93 2,51 1,28 1,24 15,2 Bremen 4,68 3,25 1,43 4,30 3,11 1,19 -8,2 Oldenburg 1,28 1,22 0,05 1,20 1,15 0,50 -6,3,5 Salzgitter 2,73 2,06 0,67 2,40 1,70 0,69 -12,4 Dortmund 2,32 1,40 0,92 2,36 1,38 0,99 1,7 Hamm 2,34 1,88 0,45 2,87 2,47 0,41 23,0 Marl 3,28 2,28 1,00 3,44 2,33 1,12 4,8 Düsseldorf 2,34 1,62 0,72 2,38 1,53 0,85 1,9 Köln 14,71 7,09 7,62 15,0 7,19 7,79 1,8 Duisburger Häfen 48,95 40,10 8,89 49,24 39,04 10,20 0,6 Frankfurt/Main 3,39 2,65 0,74 3,09 2,39 0,70 -9,0 Karlsruhe 6,69 3,24 3,46 6,51 2,82 3,69 -2,8 Ludwigshafen 7,30 5,47 1,83 7,22 5,15 2,07 -1,1 Mannheim 7,68 5,63 2,06 8,10 5,73 2,38 5,5 Gebiet Berlin 2,83 2,70 0,13 3,49 3,28 0,21 23,2 Donaugebiet 6,64 4,12 2,52 6,79 4,05 2,74 2,2 zusammen 267,37 160,32 107,06 271,16 159,84 111,32 1,4

6.3.4.1 Umschlag Binnenschifffahrt in einzelnen Wasserstraßengebieten

Die öffentlichen Binnenhäfen entwickelten sich über ihre Verkehrsfunktion und Funktion als multimodale Schnittstelle des Güterverkehrs (Binnenschiff, Waggon, Lkw) hinaus zu multifunkti- onalen Standorten der Industrie, des Handels und der Distribution. Zunehmende Bedeutung erlangen einige Binnenhäfen im Hinterland (Flusshäfen) als Quasi-Außenstellen der Seehäfen. An Flussmündungen gelegene Seehäfen wiederum besitzen auch Module eines Binnenhafens.

18 Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 4, 2005 (Umschlagergebnisse der 99 wichtigsten Häfen Deutschlands) 19 alle Verkehrsträger gerechnet 6 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Der Güterumschlag im deutschen Binnenwasserstraßennetz konzentriert sich auf das Rhein- gebiet mit seinen Nebenflüssen. Es folgen mit sehr weitem Abstand das Elbe und das Donauge- biet. 64% des Güterumschlags (173,2 Mio. t) erfolgt über die Häfen am Rhein, gefolgt von dem Westdeutschen Kanalgebiet (34,3 Mio. t) und dem Elbegebiet mit 21,5 Mio. t. Die Werkshäfen sind im Jahresdurchschnitt mit etwa 30% am Güterumschlag beteiligt.

in Mio. t Veränderung 2002 2003 2004 2005 in % Rheingebiet 172,3 162,1 173,6 173,2 -0,3 Westdeutsches Kanalgebiet 31,9 33,1 33,9 34,3 1,0 Mittellandkanalgebiet 14,1 15,0 15,8 16,4 3,3 Wesergebiet 11,6 11,8 12,7 12,2 -4,2 Elbegebiet 19,9 18,8 18,7 21,5 15,2 Donaugebiet 5,9 5,9 6,6 6,8 2,2 Gebiet Berlin, Brandenburg, 6,3 5,7 5,9 6,8 13,8 Mecklenburg zusammen 262,1 252,5 267,4 271,2 1,4

6 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

6.4 Personenschifffahrt20 Neben der Güterschifffahrt betreiben die gewerblichen deutschen Binnenschifffahrtsunter- nehmen im nennenswerten Umfang auch Personenbeförderung mit Fahrgast- und Fahrgastka- binenschiffen. So waren von den 1.189 gewerblichen Binnenschifffahrtsunternehmen (Stand: 30.06.2004) nach ihrem wirtschaftlichen Schwerpunkt 310 Unternehmen (26,0%) in der Perso- nenschifffahrt tätig. Die Weiße Flotte stellt ein gutes Drittel aller Schiffe in der gewerblichen deutschen Binnenschifffahrt. Diese setzte insgesamt 749 Fahrgast(Kabinen-)Schiffe21 ein (-1,3%) und erwirtschaftete mit insgesamt 3.205 Beschäftigten einen Gesamtumsatz von 182,2 Mio. EUR, ein Anteil von 28% am gesamten Umsatz der Binnenschifffahrtsbranche aus Beförderung (639 Mio. EUR). Die Fahrgastschiffe transportierten etwa 15 Mio. Fahrgäste pro Jahr. Über ihren Anteil am Umsatz der Branche hinaus haben die Personenschifffahrtsunterneh- men eine wesentlich größere Bedeutung für die Beschäftigung: mit 3.205 Beschäftigten sind 42% des in der gewerblichen Binnenschifffahrt beschäftigten Personals bei Personenschiff- fahrtsunternehmen tätig. 2.551 Beschäftigte werden an Bord von Ausflugs- und Flusskreuzfahrt- schiffen eingesetzt (ohne Fluss- und Kanalfähren).

6.5 Binnenschiffbau22

Nach den Feststellungen des Planco-Gutachtens23 von 2003 sind in Deutschland zur Zeit 33 Werften im Binnenschiffbau oder Reparaturen tätig, bei weiteren 5 Werften spielt der Bau von Binnenschiffen nur eine geringere Rolle. Die 38 meist klein- und mittelständisch ausgerichteten Binnenschiffbaubetriebe in Deutschland beschäftigen etwa 2.000 Mitarbeiter, die Mehrheit we- niger als 50, keiner jedoch mehr als 500 Mitarbeiter. 22 Werften sind im Spezialschiffbau tätig, 17 bauen Tankschiffe und 14 Güterschiffe. Produktion und Auftragsentwicklung im deutschen Binnenschiffbau hielten sich auch in 2005 auf einem stabilen Niveau. Die Binnenschiffswerften lieferten 66 Schiffe im Wert von 90,3 Mio. EUR ab. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl der fertig gestellten Schiffe deutlich er- höht (+15 Schiffe), der Auftragswert jedoch etwas verringert. Der Schwerpunkt lag bei hochwer- tigen Fahrgastschiffen (15 Einheiten) und vier Fähren, die zusammen einen Wertanteil von 75% ausmachten. Auf die 33 fertig gestellten Arbeitsboote, Behördenfahrzeuge und sonstigen Spezi- aleinheiten entfielen 16% der gesamten Binnenschiffsproduktion. Verdoppelt hat sich die Pro- duktion von Frachtschiffen, von denen 2005 insgesamt 15 Einheiten abgeliefert wurden. Der Exportanteil betrug etwa 14%. Im Auftragsbestand der Binnenschiffswerften befanden sich zum Jahresende 2005 noch 54 Schiffe mit einem Auftragsvolumen von 119 Mio. EUR. Im Mittelpunkt standen Fahrgastschiffe und Fähren (15) mit einem Wertanteil von 57% des Auftragsvolumens. Der Neubauanteil von Frachtschiffen (15) an der Produktion bedeutete eine erfreuliche Verbesserung gegenüber den Vorjahren. Sie zeigt, dass die deutschen Binnenschiffswerften weiterhin auch in diesem Markt durchaus Kompetenzen und Chancen besitzen. Neben den Neubauaktivitäten bilden Reparatu- ren, Umbauten und Wartungen ebenso wichtige Tätigkeitsbereiche der Binnenschiffswerften.

6.5.1 Entwicklung des deutschen Binnenschiffsbaus24

Produktion 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Frachtschiffe einschl. Tan- 16 4 5 13 7 15 ker/Schubeinheiten Fahrgastschiffe 13 17 14 19 13 18 Hafen-/Behördenfzg., Sonderfzg. 18 34 26 16 31 33 Umsatzerlöse (in Mio. EUR) 33 47 72 87 93 90

20 Statistisches Bundesamt zu Binnenschifffahrtsunternehmen 2004 – 30.06.2006 21 Fahrgastschiffe ohne Fähren im Personenverkehr 22 VSM Jahresbericht 2005 (Mai 2006) 23 Planco-Gutachten 2003 zu „Potenziale und Zukunft der dt. Binnenschifffahrt“ 24 VSM Jahresbericht 2005 (Mai 2006)

6 - 15

Maritime Industrie 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

7 Maritime Industrie

7.1 Meerestechnik

Zunehmend gewinnt das Meer und seine Umgebung als Lebensraum und Ökosystem an Be- deutung. Technische Innovation und eine rasch wachsende Bevölkerungsdichte an der Küste – die Hälfte der EU-Bevölkerung lebt weniger als 50 km von der Küste entfernt – bewirken eine starke Beanspruchung der maritimen Ressourcen und der Meeresumwelt. Für innovative mariti- me Produkte und Dienstleistungen besteht deshalb eine große Nachfrage und als wichtiger Be- reich der nachhaltigen Nutzung der Meere gewinnt die Meerestechnik1 zunehmend an Bedeu- tung. Meerestechnik umfasst dabei alle Bereiche der industriell-technischen Nutzung der Meere und stellt innovative Lösungen für die nachhaltige Nutzung der Meere als Transportweg, Roh- stofflieferant und Nahrungsquelle zur Verfügung und liefert wesentliche Beiträge zum Schutz der Meeresumwelt. Die meisten Küstenstaaten messen den maritimen Technologien und Industrien strategische Bedeutung bei. Das weltweite Marktpotenzial der Meerestechnik (nicht-schiffbauliche maritime Technik) wird auf über 150 Mrd. EUR Jahresumsatz geschätzt und ist damit schon heute ein dem Schiffbau vergleichbarer wirtschaftlicher Faktor. Den größten Anteil daran hat die Offshore- Technik zur Gewinnung von Öl und Gas mit ca. 80 Mrd. EUR. Die Wachstumspotenziale der Mee- restechnik sind überdurchschnittlich; hierzu tragen z. B. die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. Offshore-Windparks) oder die steigenden Anforderungen an Sicherheit in der Schifffahrt und an den maritimen Umweltschutz bei. Die deutsche maritime Industrie hat in diesen Prozess eine industrielle Kompetenz entwickelt, die von der marinen Umweltschutztechnik und Vermessungstechnik, über den Wasserbau und das Küstenzonenmanagement bis zur Offshore-Technik reicht. Damit hat sie einen Anteil von etwa 2,6% (ca. 4 Mrd. EUR) am weltweiten Umsatzvolumen erwirtschaftet. Zur Meerestechnik2 selbst zählen folgende Felder: Aquakultur, Hydrographie, Meeresfor- schungstechnik, Marine Umweltschutztechnik, Maritime erneuerbare Energien, Maritime Infor- mations- und Leitsysteme, Küsteningenieurwesen/Wasserbau, Offshore-Technik, Polartechnik und Unterwassertechnik/ Seekabel.

7.1.1 Aquakultur/Fischerei

Die Aquakultur ist ein international immer wichtiger werdender Zweig der Fischerei. Vor dem Hintergrund stagnierender bzw. begrenzter Erträge aus der weltweiten Hochsee- und Binnenfi- scherei kommt der Aquakultur zur Deckung des Nahrungs- und Eiweißbedarfs der Menschen eine große Bedeutung zu. Unter Aquakultur wird die Bewirtschaftung, Vermehrung und Auf- zucht von aquatischen Organismen (Fische, Weichtiere, Krebstiere, Pflanzen) in natürlichen und künstlichen Teichen sowie industriemäßig in Netzkäfigen oder Becken verstanden. Die Hauptbe- reiche der Aquakultur sind gegenwärtig Muschel- und Austernzucht, Karpfenzucht (Teichwirt- schaft) und die Lachsaquakultur (Netzkäfige), die in vielen Ländern (z.B. in Norwegen) bereits zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden sind. In Zukunft könnte die Aufzucht von hochwertigen Meeresfischen sowie die Produktion orga- nischer nachwachsender mariner Rohstoffe und Grundstoffe für die Medizin zu einem neuen wirtschaftlichen Schwerpunkt in der Aquakultur werden; darüber hinaus könnten auch biotech- nologische Verfahren zunehmende Bedeutung in der Aquakultur erfahren. Konventionelle Verfahren der marinen Aquakultur stellen bei unzureichender Planung eine potentielle Gefahr für anliegende Ökosysteme dar. Gefahrenpotentiale derartiger Anlagen betreffen den Nährstoffeintrag, das Entkommen von Zuchtfischen, die Möglichkeit einer Über- tragung von Krankheiten und der Eintrag von Betriebsstoffen (Schadstoffen) in die Küstenge- wässer. Um diesen Gefahren zu begegnen, könnten moderne Kreislaufsysteme mit ihrer innova- tiven Umwelttechnik in Zukunft eine große Rolle spielen.

1 VSM – Jahresbericht 2005 und Schiffbauindustrie Heft 1/2006 2 Nach GMT-Klassifikation

7 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Derartige Anlagen erlauben die Aufzucht unter kontrollierten Bedingungen, die weitgehend standortunabhängig sind und nicht im direkten Austausch mit der Umwelt stehen und damit ökologische Folgeschäden weitgehend ausschließen. In Verbindung mit umweltfreundlicher Bio- technologie hat insbesondere die Algenproduktion erhebliche Zukunftsperspektiven. Aus Mak- roalgen werden beispielweise Biopolymere für die Nahrungsmittelindustrie extrahiert. Kurz- bis mittelfristig liegt ein großes wirtschaftliches Potential in den Bereichen Kosmetika, Wellness und Health Food, mittel- und langfristig in der Abwasserreinigung, in Antifouling-Anstrichen und in der pharmazeutischen Industrie. Kleinere, aber regional wichtige Potentiale sind in der Verwen- dung als Algen-Nahrungsmittel, als Biofilter, in integrierten Kreislauf-Aquakulturanlagen und in Renaturierungsmaßnahmen möglich. Die Umsätze in der Aquakultur betragen in Deutschland etwa 121 Mio. EUR.

7.1.2 Hydrographie

Hydrographie erfasst und beschreibt die Hydrosphäre, d.h. Gewässer und Meere. Diese sind Wirtschaftsraum und Umwelt zugleich, und gelten als bedeutende Verkehrsträger. Der Meeres- boden liefert darüber hinaus wichtige Bodenschätze wie Erdöl und Erdgas, über ihn laufen Pipe- lines, Strom- und Telefonleitungen. Das Meer versorgt den Menschen mit Nahrung und be- stimmt wesentlich unser Klima. Hydrographie leistet dazu einen entscheidenden Beitrag, denn eine gute Kenntnis der Gewässer ist zwingende Voraussetzung für eine schonende Nutzung und sichere Schifffahrt. Im Jahr 2002 trat eine Neufassung des Internationalen Schiffssicherheitsübereinkommens (SOLAS) in Kraft, die die Küstenländer zum Aufbau nationaler hydrographischer Dienste ver- pflichtet. Darüber hinaus fordert das Übereinkommen der IMO die Küstenländer zur aktiven Vermessung ihrer exklusiven Wirtschaftszonen vor der Küste auf. Hier entwickeln sich gewaltige Aufgaben und Märkte. Welches Ausmaß das annehmen kann, verdeutlicht die Tatsache, dass allein Australien, eine im Vergleich zu kompakte Landmasse, mit seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone sein „Territorium“ mehr als verdoppelt hat. Hydrographie betrifft also global gesehen einen außerordentlichen Wachstumsmarkt, dessen Größenordnung sich z.Zt. noch schwer abschätzen lässt. Allein in Deutschland gibt der Bund etwa 120 Mio. EUR, zumeist im Rahmen der Bundeswas- serstraßenverwaltung, für Hydrographie aus. Hiervon entfallen etwa 48 Mio. EUR auf die Be- schaffung von Geräten in der Industrie; der Rest ist Eigenleistung der Verwaltung. Weltweit werden die staatlichen Ausgaben für die Hydrographie auf 15 bis 20 Mrd. EUR geschätzt.

7.1.3 Meeresforschungstechnik

Der internationale Markt für Meeresforschungs- und Überwachungstechnik mit einem aktuel- len Marktvolumen von 8 bis 10 Mrd. EUR ist sehr stark geprägt durch große Forschungsinstitute und staatliche Behörden als Endkunden sowie nationale und internationale Forschungspro- gramme zur Meeresforschung. Deutschland verfügt über eine Reihe international führender Meeresforschungsinstitute und –institutionen, die speziell in Bereichen Polar- und Tiefseefor- schung, Meeresgeologie und Erschließung neuer Energiequellen (z.B. Gashydrate), Meeresbiolo- gie und Meeresüberwachung aktiv sind. Dazu zählt auch der erfolgreiche Aufbau eines Messnet- zes zur Überwachung der deutschen Nord- und Ostsee, das vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) betrieben wird. Zur Meeresforschungstechnik wird eine breite Palette von Komponenten, Systemen und Dienstleistungen für die Messung und Überwachung von allen meeresrelevanten Daten gerech- net. Dazu zählen sowohl Einzelkomponenten als auch komplexe Systeme wie langzeit-stabile chemische und biologische Sensoren, Oberflächenmeßsysteme, wartungsfreie Unterwasserstati- onen, ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge und Driftkörper. Ebenso zählen hierzu marine Si- mulationsmodelle, Vorhersage- und Expertensysteme. Technologisch anspruchsvoll ist der Einsatz drahtloser und energiesparender Datenübertragungstechnik, einschließlich der Satellitenkom- munikation, mit nachfolgender Datenerfassung, -aufbereitung, -auswertung und das Zuschnei- den dieser Informationen auf individuelle Bedürfnisse der Anwender in Form von Produkten und Dienstleistungen sowie als Systemkomponenten.

7 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Der nationale Markt ist weitgehend begrenzt auf den Bedarf von Behörden und Forschungs- instituten und damit auf relativ geringe Stückzahlen. Der internationale Markt ist dagegen er- heblich größer und aufnahmefähig für technologisch anspruchsvolle Produkte. Im Rahmen welt- weit geplanter und regionaler Meeresüberwachungsprogramme sowie beim integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM) werden einsatzspezifische Messgeräte und Geräteträgersys- teme entwickelt, die sich im Dauereinsatz bewähren müssen.

7.1.4 Marine Umwelttechnik

Die zunehmende Nutzung der Meere als Transportweg, Rohstofflieferant und Nahrungsquel- le erfordert neuartige technische Lösungen zum Schutz der Umwelt bei wirtschaftlich vertretba- ren Kosten. Die messtechnische Erfassung von Daten über den physikalischen und chemischen Zustand der Weltmeere zur Erkundung natürlicher Veränderungen, der Auswirkung von Schad- stoffeinträgen und der Erfolge bei der Ursachenbekämpfung sind Ansatzpunkte für Forschung und Entwicklung bedarfsorientierter Produkte und Methoden. Marine Umwelttechnik beschränkt sich heute im Wesentlichen auf die Bekämpfung von Schadstoffverunreinigungen im Wasser, insbesondere durch Öl. Für die Verhütung von Öl- oder Chemikalienunfällen, Überwachung auf See und auf Binnengewässern, Öl-/ Chemikalienunfall- bekämpfung und für die Entsorgung von schadstoffbelasteten Komponenten ausgedienter mari- timer Anlagen werden mechanische, chemische und biologische Verfahren entwickelt, die je nach Wassertiefe, Seegang, Strömung sowie Ölart und -menge in der Lage sind, Schadstoffunfäl- le zu bekämpfen. Die Nachfrage nach Geräten zur Ölunfallbekämpfung ist beachtlich und wird auch in Zukunft weiter steigen, weil insbesondere durch die verstärkte Ölgewinnung im Offshore-Bereich in den Schwellenländern und in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion solche Geräte benötigt wer- den.

7.1.5 Maritime erneuerbare Energien

Unter den verschiedenen Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen bietet die Offshore-Windenergie kurz- und mittelfristig das größte wirtschaftliche Potenzial. Bis 2010 wird in Europa eine Windenergieleistung bis zu 60.000 Megawatt erwartet. Dabei kommt der Er- schließung geeigneter Seegebiete für die Installation von Offshore-Windenergieanlagen eine besondere Bedeutung zu. Neben Bau und Unterhaltung von Offshore-Windenergieanlagen kommt modernste Schiffstechnik zum Einsatz für Wartungs- und Transportschiffe. Windpark- Tender und die zugehörigen Mutterschiffe können in SWATH-Bauweise (Small Waterplane Area Twin Hull) durch ihr überlegenes Seegangsverhalten eine hohe Verfügbarkeit der Windenergie- Anlagen im Meer gewährleisten, die Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte ist. Die Offshore-Windenergie bietet darüber hinaus Unternehmen der Mess- und Untersu- chungstechnik zur Erfassung geologisch-physikalischer, biologischer und chemischer Prozesse ein innovatives Einsatzgebiet. Die Nutzung regenerativer Energiequellen im Meer gewinnt weiter an Bedeutung. Strö- mungskraftwerke und Wellenkraftwerke befinden sich in der Erprobung und Gezeitenkraftwer- ke im Betrieb. Auf all diesen Geschäftsfeldern ergeben sich gute Chancen für deutsche Unter- nehmen, Werften und Zulieferbetriebe, Ingenieure und Forscher, um die Entwicklung der mari- timen Technik maßgeblich beeinflussen und vorantreiben zu können. Damit ist die deutsche maritime Industrie auf einem guten Weg, durch Vernetzung des schiffbaulichen Know-hows mit landgestützten Kompetenzen diesen anspruchsvollen Markt weiter zu entwickeln. Im Markt werden etwa 51,5 Mio. EUR erwirtschaftet.

7 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

7.1.6 Maritime Informations- und Verkehrsleitsysteme

Die zunehmende Bedrohung durch die Möglichkeit terroristischer Anschläge hat einen erheb- lichen Handlungsdruck in der Schifffahrt und in der maritimen Wirtschaft erzeugt. Die Entwick- lung neuer Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Schiffe, ihrer Verkehrswege auf See sowie der Häfen wurde notwendig; der ISPS-Code legt dazu die notwendigen Grundlagen. Sowohl die Fernüberwachung (Tele-Monitoring) von Seeräumen als auch der Steuerun- gen/Sensorik der Schiffe von Land aus spielt nicht nur in Zeiten möglicher terroristischer Bedro- hungen eine Rolle. Dazu bedarf es sicherer und nicht beeinflussbarer Navigationseinrichtungen, sowohl terrestrisch als auch über Satelliten. Die Chancen hierfür verbessern sich mit der (onli- ne-)Nutzbarkeit von Galileo für maritime Anwendungen. Automatische Schiffsidentifizierungs- systeme (AIS) mit Warnungen vor Kollisionsgefahrenen sind weitere wesentliche Punkte zur Er- höhung der Sicherheit im Schiffsverkehr. Die Ausrüstung mit interaktiven Informations-, Optimierungs-, Entscheidungssysteme und ih- rer Informations- und Kommunikationstechnik sollen einen sicheren und effizienten Seetrans- port gewährleisten. Die angemessene technische Ausstattung ist sowohl auf der Schiffs- wie auch auf der Landseite von Bedeutung. Die heutigen integrierten Brückensysteme, wie ECDIS (Electronic Chart Display and Information System), AIS (Automated Identification System), VDR (Voyage Data Recorder), Computernetzwerke und „high speed communication“ stehen für den heutigen technischen Fortschritt. Auf der Landseite leisten VTS (Vessel Traffic Service) bzw. VTMIS (Vessel Traffic Management and Information Service) mit der Integration von ECDIS und AIS ihren Beitrag für eine sichere und effiziente Verkehrserfassung und -lenkung als Teil des Transportprozesses. Die vorhandenen Technologien ermöglichen nicht nur eine Beobachtung des Verkehrs, sondern durch die eindeutige Identifizierung eines Schiffes mit AIS, seine individu- elle Ansprache bis hin zum Eingreifen und Lenken des Verkehrsflusses, z.B. zur Vermeidung von Kollisionen.

7.1.7 Küsteningenieurwesen/Wasserbau

Beim Küstenschutz und den Wasserstraßen geht es um Bereiche der Maritimen Wirtschaft, die gegenwärtig in Deutschland praktisch nur einen Binnenmarkt haben. Die Küstenländer sind hauptsächlich für den Küstenschutz an Nord- und Ostsee zuständig und investieren jährlich etwa 100 Mio. EUR. Für die Unterhaltung und den Ausbau der Wasserstraßen wendet die Bundesre- publik Deutschland gegenwärtig im Schnitt etwa 2,7 Mrd. EUR auf. Dies hängt im wesentlichen mit der zunehmenden Verlagerung des Gütertransports auf die Wasserstraßen, mit dem starken Wachstum im Seetransport und mit den immer größer werdenden Seeschiffen zusammen. Dies zwingt auch den Hafenbau zu Ausbaumaßnahmen bis hin zur Schaffung neuer Tiefwasserhäfen.

7.1.8 Offshore-Technik

Die Offshore-Technik für die Gewinnung von Erdöl/Erdgas aus dem Meer ist der bedeutends- te Bereich der Meerestechnik. Auf die Ölförderung in Offshore-Gebieten entfällt weltweit ein Anteil von ca. 30%. Schiffe, die zur Erschließung neuer Tiefseefelder für die Rohölexploration eingesetzt werden können, kabelgebundene Unterwasserfahrzeuge zur Exploration und Exploi- tation von Kohlenwasserstoffen und andere Spezialschiffe werden benötigt. Der Offshore-Markt ist neben dem Schiffbau der umsatzstärkste maritime Teilmarkt, etwa 75 Mrd. EUR werden jährlich umgesetzt, davon allein mit ca. 15 Mrd. EUR über 20% allein in der europäischen Nordsee. Fast 50% davon sind Investitionskosten. Der Offshore-Markt umfasst alle Lieferungen und Leistungen für die Auffindung und Förderung von Kohlenwasserstoffen - Erdöl und Erdgas - aus dem Meeresboden. Der Offshore-Markt zeichnet sich durch höchste Qualitäts- standards und technisch sehr anspruchsvolle, innovative Realisierungen aus und ist deshalb kein Markt für Massen-/Großserienprodukte. Mit den hohen Anforderungen ist er der maritime Tech- nikbereich mit dem höchsten technologischen Entwicklungspotential. Technische Entwicklungen in der Offshore-Technik sind oft Pilotentwicklungen für die spätere Verwendung in anderen maritimen Technikbereichen.

7 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die primären Kernbereiche des Offshore-Marktes sind die Lagerstättentechnik (Seismik, Simu- lation etc.), die Bohrtechnik sowie die Produktionstechnik im Sinne der Förderung und der pro- zessualen Behandlung der Kohlenwasserstoffe. Die sekundären Kernbereiche sind die Trägersysteme für die Anlagen des primären Bereichs: feste und gegründete Plattformen/Systeme für Produktionsanlagen, Pumpstationen, Pi- pelines, Wohneinrichtungen etc.; schwimmende Plattformen und Schiffe für Explorationsbohren und Produktionsanlagen Unterwassersysteme zur Anbindung beim Produkttransport durch Pipelines, zur Energie- versorgung/Kommunikation und zur Unterwasser-Produktion. Zum peripheren Bereich der Kernsysteme gehören Einheiten zur Installation bzw. zum Abbau der Trägersysteme (Kran- und andere Hebeschiffe, Rohr- und Kabelverleger, Werkstattschiffe etc.) sowie für den Logistik- und Maintenancebereich (Versorgungsschiffe, Hotelplattformen, Hubschrauberanlagen, Unterwasserüberwachungs- und -einsatzsysteme, etc.). Auch mit der Entsorgung oder Verwertung nicht mehr benötigter Offshore-Anlagen wird sich in den nächsten Jahren ein großes Marktvolumen entwickeln. Weltweit gibt es etwa 8.000 Öl- und Gasplattformen, die im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte entsorgt oder einer neuen Verwertung zugeführt werden müssen. Aufgrund internationaler Vereinbarungen werden in den nächsten 20 Jahren allein im europäischen Raum ca. 200 Offshore-Plattformen zurückgebaut werden müssen. Die kompletten Entsorgungskosten allein für die in der Nordsee derzeit betrie- benen ca. 700 Plattformen werden auf zweistellige Milliardenbeträge veranschlagt. Der größte Anteil wird im Rahmen des umweltgerechten Rückbaus dieser Anlagen auf die landgestützte Entsorgung entfallen. Deutschland hat dafür mit umweltfreundlicher Offshore-Öl- und Gasexploitation unter Was- ser und aus großen Tiefen, insbesondere mit moderner, technisch anspruchsvoller Systemtechnik, Erkundung, Bohrtechnik, Fördertechnik, Steuerungstechnik und Anlagenbau ein großes wirt- schaftliches und technische Potential. Allerdings hat die deutsche Offshore-Industrie nur einen Anteil von etwa 2% am weltweiten Offshore-Markt: Zum einen besitzt Deutschland keine nen- nenswerten eigenen Erdöl- und Erdgasvorkommen, so dass sich nur ein begrenzter heimischer Markt für entsprechende Produkte, Engineering- und Managementdienstleistungen entwickelte. Zum anderen war die Beteiligung deutscher Ölgesellschaften an der Entwicklung und dem Be- trieb von Ölfeldern bislang eher zurückhaltend. In der Offshore- und Unterwassertechnologie werden in Deutschland etwa1 Mrd. EUR Umsatz erwirtschaftet.

7.1.9 Polartechnik

Der Nördliche Seeweg (NSR) stellt ein enormes ökonomisches Potenzial dar und steht offiziell seit dem 01.07.1991 für die internationale Schifffahrt zur Verfügung. Er ist von hohem Interesse für die gesamte europäische Wirtschaft. Der Nördliche Seeweg ist die kürzeste Seeverbindung zwischen Europa und Ostasien bzw. Alaska (Einsparpo- tenzial ca. 40 %), ermöglicht die Gewinnung und den Transport von fossilen Brennstoffen aus den extrem mächtigen Erdöl- bzw. Erdgasfeldern im Norden Russlands und ist Voraussetzung für die Entwicklung einer Wirtschafts- und Verkehrsinfrastruktur in Sibirien und damit auch von hohem Interesse für Russland. Neben dem maritimen Transport in Eisgebieten stellt der Einsatz von meerestechnischen Komponenten unter polaren Bedingungen eine erhebliche Herausforderung dar für die Meeres- forschung, die Offshore-Technik und die maritime Infrastruktur (Pipelines, Kabel, Verlegetech- nik) bis hin zur Überwachungs-, Leit- und Navigationstechnik für polare Anforderungen. Die besondere Bedeutung betrifft einen Hochtechnologiebereich, der durch besonders hohe Anforderungen durch extreme Umweltbedingungen gekennzeichnet ist:

7 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Offshore-Technik im Eis Hafen- und Umschlagtechnik im Eis Betrieb von Frachtschiffen (hauptsächlich Tankern) mit höchster Eisklasse und Navigation und Routenführung im Eis. Deutschland ist Technologieführer bei der Entwicklung von eisgängigen Spezialschiffen und verfügt über ein hohes Potenzial in der polaren Technik sowie in einem Zukunftsmarkt zur nachhaltigen Sicherung von fossilen und regenerativen Energieträgern im Warenverkehr zwi- schen Ostasien und Europa. Allerdings gibt es derzeit noch keine Beteiligung deutscher Unter- nehmen an Projekten und Unternehmen zur Erdgasförderung im Eismeer.

7.1.10 Unterwassertechnik/Seekabel

Die Tiefwassertechnik umfasst ein sehr breites Spektrum an Produkten und Systemlösungen, die für alle Unterwasserarbeiten in der tiefen See von großer Bedeutung sind. In der Tiefsee wer- den große Lagerstätten fossiler Brennstoffe (Öl, Gas) und wertvoller Rohstoffe (Metalle, Diaman- ten) vermutet. Die Exploration dieser Lagerstätten wird in den nächsten Jahren in immer größeren Tiefen (bei 1.500 m und mehr) stattfinden. Für Erdöl gibt es bereits Produktionsanla- gen in der Tiefsee, bei denen große Herausforderungen hinsichtlich der Montage, des Betriebs und der Wartung bestehen. Für notwendige Arbeiten in Tiefseegebieten müssen autonome Sys- teme entwickelt werden, da dort eine Intervention nur mir sehr großem wirtschaftlichen und technischen Aufwand möglich ist. Benötigt werden neue Detektoren zur unterseeischen Detektion von Gas (Methan, Schwefel- wasserstoff, etc.) und Insito-Massenspektrometer. Schwerpunkt ist die Entwicklung robuster Mul- tisensorsysteme zur Überwachung und Messung meeresbiologischer, chemischer- und physi- kalischer Größen einschließlich der Langzeitenergieversorgung, der telemetrischen Übertragung und der vor-Ort-Auswertung. Generell ist dabei eine langzeitstabile Sensorik erforderlich, die nicht alle paar Tage und evt. auch weitab von jeder Zivilisation ausgetauscht werden muss. Der internationale Markt für Unterwassertechnik ist mit einem aktuellen Marktvolumen von fast 15 Mrd. EUR einer der größten Teilmärkte der Meerestechnik. Die Unterwassertechnik um- fasst eine breite Palette von Projekten sowie Komponenten, Zulieferungen und Dienstleistun- gen. Einen wesentlichen Bereich stellen kabelgeführte (ROVs) und kabellose (AUVs) Unterwas- serfahrzeuge sowie entsprechende Komponenten und Systeme wie Sonartechnik, Antriebstech- nik, Energietechnik (z.B. Brennstoffzelle), Navigation, Sensorik, Software für intelligentes Fahr- zeugverhalten, Handling und Unterwasser-Datenübertragung dar. Hinzu kommen weiterhin Zulieferungen und Ausrüstungen für eine beträchtliche Anzahl von Spezialschiffen (seismogra- phische und hydrographische Erkundung und Vermessung, Kabelverlegung, Support-Schiffe für Unterwasserfahrzeuge), die für den Einsatz der Unterwassertechnik erforderlich ist sowie die Herstellung und Installation von Spezialkabeln für die Offshore-Industrie. Die Unterwassertechnik ist darüber hinaus durch eine Vielzahl kommerzieller und wissen- schaftlicher Dienstleistungen geprägt. Im kommerziellen Bereich zählen dazu insbesondere die Seebodenvermessung und Trassenerkundung für Seekabel und Pipelines sowie Unterwasser- Arbeitstechniken (z.B. Montage- /Demontage, Reparatur, Schneiden ), darunter auch in größeren Einsatztiefen unter Einsatz von Unterwasserfahrzeugen und Tauchern. Im wissenschaftlichen Bereich ist insbesondere der Einsatz von Unterwasserfahrzeugen sowie Bojen und Messnetzen und von Langzeitstationen auf dem Meeresboden für die Erdbeben- und Flutwellenbeobachtung, jeweils im Rahmen nationaler und internationaler Forschungsprojekte, anzuführen. Der gegenwärtig wirtschaftlich bedeutendste Bereich der Unterwassertechnik ist die Herstellung, Verlegung, Inspektion und Reparatur von Seekabeln für die Telekommunikati- on. Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Offshore-Windmarktes wird in der Unterwasser- technik ein neuer Markt mit erheblichen Potentialen für die Herstellung, Verlegung, Inspektion und Reparatur von Unterwasser-Stromkabeln für die Offshore-Windparks entstehen. Die deutsche maritime Wirtschaft verfügt über großes Know-how für Unterwasser-Systeme sowie bei der Herstellung hochtechnisierter spezieller Komponenten (Pumpen, Sensoren, Kom- munikation) in diesem hochspezialisierten Markt. Auch wenn deutsche Unternehmen derzeit keine Tiefsee-Produktionsanlagen betreiben – das Zukunftspotenzial ist erheblich.

7 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

7.2 Maritime Rüstung

7.2.1 Wehrtechnikindustrie

Die Europäische Kommission hat die Bedeutung der Wehrtechnikindustrie und mit ihr des Marineschiffbaus erkannt. Mit der Gründung der „European Defence Agency“ (EDA) am 12. Juli 2004 vollzog der EU-Ministerrat einen ersten Schritt zu einer gemeinsamen europäischen Si- cherheits- und Verteidigungspolitik. Die Aufgabe der EDA besteht im Wesentlichen darin, Initia- tiven für Gemeinschaftsvorhaben bei der Ausstattung, Versorgbarkeit und Interoperabilität von Streitkräften mit geeignetem Gerät zu verfolgen. Ziel soll es sein, die in der Europäischen Union aufgewendeten Mittel für Rüstungsgüter effektiver einzusetzen, die Wettbewerbssituation der europäischen, noch vorwiegend national ausgerichteten Rüstungsindustrie zu verbessern und mögliche Fusionen innerhalb der europäischen Marineschiffbauindustrie zu fördern. Die Integration der nationalen Rüstungsmärkte ist wirtschaftlich, industrie- und sicherheitspo- litisch sinnvoll. Sie sichert die langfristige Wettbewerbfähigkeit der europäischen Rüstungsin- dustrie und fördert gleichzeitig den weiteren Einigungsprozess Europas. Nur eine gemeinsame europäische Rüstungsbasis ist auf wichtigen Feldern kooperations- und wettbewerbsfähig mit der Rüstungsindustrie der Vereinigten Staaten. Aufträge im Bereich der Rüstung unterliegen nicht den EU-Wettbewerbsregeln. Gerade in Zeiten sinkender Verteidigungsbudgets konzentriert sich deshalb die Rüstungspolitik der euro- päischen Staaten vorwiegend auf die Stabilisierung der eigenen Industrie. So bleibt der Wettbe- werb der europäischen Rüstungsindustrien, vor allem im Rüstungsexport, zunehmend ein Wett- bewerb der einzelnen Nationen, vor allem dort, wo sich die wehrtechnische Industrie immer noch überwiegend im staatlichen Besitz befindet. Auf dem Wege in die Europäisierung der national geprägten europäischen Rüstungsindustrie ist es notwendig, die privatwirtschaftlichen und staatseigenen Strukturen zu überwinden und effiziente Strukturen für eine Europäisierung der Rüstungsindustrie zu schaffen. Dazu gehört eine Bündelung der Kräfte bei Wahrung eines fairen und ausgewogenen Interessensausgleichs, der eine ausgewogene europäische regionale Wertschöpfung und Arbeitsplatzverteilung sichert. Die Konsolidierung der europäischen Rüstungsindustrie muss einen qualitativen Mehrwert für ganz Europa schaffen.

7.2.2 Marineschiffbau3

Die nationale Marineschiffbauindustrie in Deutschland ist rein privatwirtschaftlich aufgestellt und konkurriert im europäischen Rahmen mit vorwiegend staatlich subventionierten Unterneh- men. Rund zwei Drittel ihres Umsatzes erwirtschaften die im Marineschiffbau tätigen Unter- nehmen im Export. Die nationalen Marineschiffbauaufträge sind bestenfalls dazu geeignet, eine Art Grundauslastung zu gewährleisten, die in gerade ausreichendem Maße Know-how, Fertig- keiten und somit den Erhalt der Kernfähigkeiten absichern. Ohne die Entwicklung und Einfüh- rung von neuem Gerät und Nachrüstungen bisher genutzter Systeme ist weder der enorme For- schungs- und Entwicklungsaufwand zu rechtfertigen noch zu finanzieren. Marineschiffbau wird in Deutschland im Wesentlichen an den Standorten Emden, Lemwer- der/Bremen, Hamburg, Kiel, Rendsburg, Flensburg und Wolgast betrieben. Etwa 3.500 Mitarbei- ter sind im Marineschiffbau beschäftigt, der Umsatzanteil der Werften liegt im langfristigen Mit- tel bei derzeit etwa 20%. Insgesamt hat die Zahl der in der deutschen wehrtechnischen Industrie Beschäftigten in den letzten zehn Jahren von vormals etwa 280.000 auf nur noch zwischen 80.000 und 90.000 Beschäftigte abgenommen. In Schleswig-Holstein nahm die Zahl der direkt in der Wehrtechnik Beschäftigten im gleichen Zeitraum um 1.000 auf 4.400 ab. Marineschiffbau ist mit seinen Werften und Zuliefererbetrieben zwar eine eigenständige Sys- temindustrie, kann aber nur als integraler Bestandteil der gesamten nationalen Werftindustrie konkurrenz- und damit existenzfähig sein.

3 VSM – Jahresbericht 2005

7 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Als Hochtechnologiebereich übernehmen die Marineschiffbauwerften neben dem Bau der Plattformen vor allem die Systemführung, d.h. Systemplanung und -integration, Ablaufüberwa- chung und Funktionserprobung. Im Gegensatz zu Marineschiffbau-Kapazitäten in Frankreich und Großbritannien, bei denen Elektronikunternehmen die Systemkompetenz innehaben, liegt diese in Deutschland bei den Werften. Nur mit einer aktiveren Industriepolitik ist der Erhalt der Wehrtechnik und seiner Hochtech- nologiebereiche am Standort Deutschland möglich. Hierzu bedarf es u.a. der Intensivierung langfristig abgesicherter und zukunftsweisender Forschungs- und Technologie-Projekte. Zusätz- lich müssten die deutlich schärferen deutschen Rüstungsexportbestimmungen im europäischen Rahmen harmonisiert werden, damit die deutsche Wehrtechnik wettbewerbsfähig bleibt. Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, kam es in 2004 zu einem weit beachteten industriel- len Zusammenschluss der im Marineschiffbau tätigen Werften zum „ThyssenKrupp Marine System“-Verbund4. Dazu gehören die ThyssenKrupp-Werften (Blohm&Voss, Hamburg; Blohm&Voss Repair, Hamburg; Nordseewerke, Emden) und die HDW-Gruppe mit den wesentli- chen Beteiligungen Kockums (Schweden), Hellenic Shipyard (Griechenland) und Nobiskrug (Rendsburg). Mit dieser Fusion soll zum einen die internationale Wettbewerbssituation der deut- schen Werften verbessert und zum anderen die Ausgangsposition Deutschlands bei bevorste- henden Fusionen in der europäischen Rüstungsindustrie gestärkt werden. Diese Systemkompe- tenz umfasst im Marineschiffbau nicht-nuklear angetriebene U-Boote bis 2.000 t, Fregatten bis 6.000 t und Korvetten bis 2.000 t, Schnellboote und Offshore-Patrouillenboote, Minenabwehr- boote und Versorgungseinheiten. Der Werftenverbund bietet die Grundlage, das marinetechni- sche Know-how in Deutschland zu halten, weiter zu entwickeln und den Schiffbaustandort Deutschland langfristig zu sichern. Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr hin zu Streitkräften für Krisenprävention und Kon- fliktbewältigung in entfernten Randmeeren und Küstenregionen müssen auch die Fähigkeiten der Deutschen Marine angepasst bzw. weiterentwickelt werden. Dies betrifft in der Hauptsache die Fähigkeit zum strategischen militärischen Seetransport, zum Wirken von See an Land und zur erweiterten Luftverteidigung. Die für die Deutsche Marine notwendige Entwicklungsarbeit auf diesem Gebiet kann aber nur erhalten werden, wenn die Marineschiffbau-Industrie rechtzeitig neue Entwicklungs- und Bauaufträge erhält. So suchen Verteidigungsministerium und Marineschiffbauindustrie gemein- sam nach Wegen, wie das sich bisher abzeichnende Auftragsloch zwischen 2005 und 2010 über- brückt wird bzw. gefüllt werden könnte. Gedacht ist dabei an eine gemeinsame Anstrengung, geplante Vorhaben zeitlich vorzuziehen. Diese Vorhaben sind im Wesentlichen die Fregatte Klas- se 125 und das 2. Los der U-Boote Klasse 212A. So ist derzeit geplant, den Vertrag für die Ent- wicklung und Beschaffung der Fregatten Klasse 125 in 2006 abzuschließen (Baubeginn ist für 2008 geplant und die Ablieferung ab 2011) und mit der Beschaffung des 2. Loses U-Boot Klasse 212A in 2006 zu beginnen. Zusammen mit den noch laufenden Vorhaben und mit Exportvorhaben, um die sich die deut- sche Werftindustrie weltweit intensiv bemüht, wäre damit eine hinreichende Grundauslastung der Marineschiffswerften sichergestellt. Dafür bieten die laufenden Beschaffungsvorhaben eine durchaus verlässliche Grundlagen. Auf dem Gebiet des konventionellen U-Boot-Baus ist Deutsch- land mit seiner nahezu autarken industriellen Basis Weltmarktführer.

4 VSM: Schiffbauindustrie Heft 1/2006

7 - 8

Maritimes Sicherheitsmanagement 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8 Maritimes Sicherheitsmanagement 8.1 Internationale Bestimmungen zur Schiffssicherheit – Ships Safety

Der Seetransport ist zwar insgesamt betrachtet der umweltfreundlichste, billigste und sichers- te Verkehrsträger, jedoch auch nicht frei von Risken. Die Weltschifffahrtsorganisation IMO1 mit derzeit 166 Mitgliedstaaten ist die zuständige Organisation für internationale Vereinbarungen zur Schiffssicherheit. Sie entwickelt internationale Abkommen mit Allgemeinverbindlichkeit und verabschiedet Abkommen für eine umweltgerechte und sichere Bewältigung des gesamten, ständig wachsenden Verkehrs auf See. Die wichtigsten IMO Konventionen werden laufend überarbeitet und ergänzt, neue Konven- tionen, die der aktuellen Entwicklung im Seeverkehr und in der internationalen Schiffssicherheit Rechung tragen, verabschiedet.

8.1.1 IMO Konventionen MARPOL (Convention on Maritime Pollution) (1973) Anlage I „Ölverschmutzung“ (05.04.2005) fordert die beschleunigte Stilllegung der Ein- hüllentanker bis 2010 mit kleineren Ausnahmen bis max. 2015 sowie das Verbot des Schweröltransports in Einhüllentankern über 5000 tdw. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch ein verschärftes Besichtigungs- und Zustands- überwachungssystem für alle Tankschiffe. Die EU hatte im Mai 2003 für ihren Zuständig- keitsbereich noch schärfere Regelungen erlassen und die älteren Einhüllentankschiffe (Baujahr vor 1982) schon ab 2005, die etwas jüngeren ab 2010 aus den europäischen Ge- wässern verbannt. MARPOL Anlage II „Flüssige Stoffe in Bulk“ (ab 01.01.2007) beinhaltet im Wesentlichen neue Schiffbauvorschriften für den Transport flüssiger Stoffe (vier Kategorien von Stof- fen) MARPOL Anlage III „Gefahrgut in verpackter Form“ (wird derzeit überarbeitet) MARPOL Anlage IV „Abwasser“ (23.09.2003), geändert zum 01.08.2005; gilt für neue Schiffe über 400 BRZ und fordert bis 2008 die Umrüstung zur Abwasserbehandlung oder Aufnahme des Abwassers in Sammeltanks sowie Verbot der Einleitung in der 12 Sm Zo- ne. MARPOL Anlage VI „Luftverschmutzung durch Schiffe“ (19.05.2005) legt die Grenzwer- te der Stickstoff- und Schwefelemissionen (z. B. max. 4,5% SOx) fest. Für Sondergebiete (SOx Emission control Areas, SECA) wie Ostsee (ab 19.05.2006) und Nordsee (ab 19.05.2007) gelten niedrigere Grenzwerte von 1.5% SOx Emission als Obergrenze. Anlage VI verbietet auch die Freisetzung ozon-schädigender Stoffe und die Verbrennung von PCB und kontaminierter Verpackungen an Bord. SOLAS Übereinkommen (Convention on Safety of Life at Sea) (1974) ISM-Code2 für Handelsschiffe über 500 BRZ Im SOLAS- Abkommen wurden weltweit einheitliche Normen für den sicheren Schiffsbe- trieb festgelegt. Der ISM-Code gilt seit 01.07.1998 für alle Fahrgastschiffe, Tanker, Mas- sengutfrachter und Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge über 500 BRZ. Für alle übrigen Schif- fe wurde der ISM-Code ab 01.07.2002 verbindlich. Der ISM-Code mit seinen weltweit einheitlichen und vor allem verpflichtenden Regeln für das Sicherheitsmanagementsystem in Reedereibetrieben und an Bord soll nach den Grundsätzen von Qualitätssicherungssystemen einen sicheren Schiffsbetrieb sicherstellen und Meeresverschmutzungen durch die Betreiber der Schiffe verhüten.

1 IMO - International Maritime Organization, London 2 ISM – International Safety Management

8 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die Prüfung und Ausstellung der entsprechenden Zertifikate – für Reedereien DOC und für Schiffe SMC – liegt in der Verantwortung des jeweiligen Flaggenstaates. In Deutsch- land wird die staatliche Aufgabe durch die Schiffssicherheitsabteilung der See- Berufsgenossenschaft unter Zuhilfenahme von anerkannten Klassifikationsgesellschaften durchgeführt. Einführung des ISPS-Codes3 zum 01.07.2004; Einführung von AIS (Automatisches Identi- fizierungssystem) und VDR (Voyage Data Recorder) SOLAS Kapitel V schreibt für alle Neubauten über 3.000 BRZ seit 01.07.2003 die Ausrüs- tung mit „Schiffsdatenschreibern“ verbindlich vor, bei Passagier- und Ro/Ro-Schiffen gilt dies bereits schon für in Fahrt befindliche Schiffe: Frachtschiffe mit 20.000 BRZ und mehr, die vor dem 1. Juli 2002 gebaut worden sind, bei der ersten Besichtigung nach dem 1. Juli 2006, jedoch spätestens bis zum 1. Juli 2009; Frachtschiffe mit 3.000 BRZ und mehr, aber kleiner als 20.000 BRZ, die vor dem 1. Juli 2002 gebaut worden sind, bei der ersten Besichtigung nach dem 1. Juli 2007, jedoch spätestens bis zum 1. Juli 2010. Ein Schiffsdatenschreiber zeichnet alle für die Sicherheit des Schiffes und der Schiffsfüh- rung wichtigen Daten der letzten 24 Stunden kontinuierlich auf und ermöglicht eine evtl. später notwendig werdende gesicherte Ursachenermittlung nach Unfällen. Die Aus- rüstung soll mit sog. Simplified Voyage Data Recorder (S-VDR) erfolgen, die schrittweise auf den Schiffen eingerüstet werden müssen: Das S-VDR-System, bestehend aus dem CSM, der Data Acquisition Unit (DAU) und Schnitt- stellenelektronik, sammelt Daten von Sensoren an Bord von Schiffen. Der S-VDR digitalisiert, komprimiert und speichert diese Informationen in einem extern installierten Crash Survival Module (CSM), das den extremen Bedingungen gegen Schock, Aufschlag, Druck und Hitze, die bei einem Schiffsunglück entstehen können, widersteht. Die Box ist auftreibend und kann nach einem Schiffsunglück geborgen und die gespeicherten Daten durch Behörden oder Reedereien zur Ursachenuntersuchung abgerufen werden. ECDIS – Elektronische Seekarte Im Kapitel V des SOLAS-Abkommen ist einvernehmlich vereinbart worden, dass im inter- nationalen Seeverkehr künftig die bisher vorgeschriebenen Seekarten durch Elektroni- sche Seekarten (ENC) ersetzt werden können. In Deutschland ist das BSH dafür verant- wortlich und hält die ENC ständig aktuell. Von AIS gelieferte Daten können u.a. auch auf der elektronischen Seekarte dargestellt werden. Die Integration der AIS-Daten in die elektronische Seekarte erfolgt mittels einer speziellen Symbolik, die auf einen Blick über die aktuelle Position und den gegenwärti- gen Kurs der Schiffe informiert. Freibordübereinkommen (Load Lines Protokoll) (1988) Bestimmungen zur Intaktstabilität und Bauvorschriften für Massengutschiffe (gilt für Neubauten ab 01.01.2005) STCW Übereinkommen (International Convention on Standards of Training, Certificati- on and Watchkeeping ) (1995) Richtlinie für Notliegeplätze (Dezember 2003) Einrichtung von Maritime Assistance Services (MAS) Einführung einer „safe area“ für Passagiere auf großen Passagierschiffen (Schaffung einer „Zitadelle“ bzw. Schutzräume für Passagiere an Bord für große Unfälle). Haftungsbeschränkungseinkommen (1976), geändert zum 13.05.2004; Erhöhung der Haftungsgrenzen.

3 ISPS – International Ship and Port Facility Security

8 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Ölhaftungsübereinkommen (1992) Erhöhung der Haftungsgrenzen auf max. max. 870 Mio. EUR (03.03.2005) bei Ölunfällen Bunkerölhaftungsübereinkommen (2001) Einführung der Haftung und Versicherungspflicht für Schiffe über 1.000 BRZ Athener Übereinkommen für Passagiere und Gepäck (PAL Protokoll von 2002) Haftung und Versicherung für Passagiere und Gepäck (bisher noch nicht in Kraft) HNS-Übereinkommen (1996) Einführung der allgemeinen Gefahrguthaftung und Versicherung AFS Übereinkommen (2001) TBT-Verbot und des Aufbringens giftiger Schiffsanstriche sowie Pflicht zur Versiege- lung/Entfernung ab 01. Januar 2008; in der EU gültig seit 10.05.2003. Ballastwassermanagement-Konvention (Februar 2004) Pflicht zur Behandlung des Ballastwassers an Bord und Entsorgung Angestrebt wird, dass alle ab 2009/11 in Fahrt kommenden Neubauten und ab 2014/16 alle vorhandenen Schiffe die neuen Ballastwasserstandards erfüllen.. Wrackbeseitigungsübereinkommen (Wreck Removal Convention, WRC) Ausweitung der Reederhaftung auf gesunkene Schiffe und verlorene Ladung einschließ- lich Meldepflichten, Versicherungspflicht und Entschädigungsregelung für eine Ersatz- vornahme durch Küstenstaaten. PSSA-Richtlinien (für Sonderschutzgebiete) (2005) u.a. Ausweisung von PSSA-Gebieten für die Ostsee, Engl. Kanal und Gewässer um Eng- land, Galapagos und Kanarische Inseln. Festlegung sog. Associated protective measures Kontrolle der Flaggenstaaten (November 2005) Vereinbarung eines freiwilligen externen Auditing-System („quality shipping“) für Flag- genstaaten Code for the implementation of mandatory IMO instruments als Richtschnur für die frei- willige Kontrolle über die Pflichten der Flaggenstaaten SUA Convention (1988) (Suppression of Unlawful Acts at Sea) in Kraft seit 1992, Vereinbarungen über die Strafverfolgung von kriminellen Handlungen gegen Schiffe und Plattformen SUA Protokoll vom 14.10.2005 mit der Erweiterung der Strafverfolgung auf See bei Nuklear- und Umwelt-Erpressung von Staaten, illegalen Transporten von Nuklear- und WMD-Material, verschärfte Auslieferungspflichten und neue Regeln für das „Boarding“ verdächtiger Schiffe gem. Art 6 und 8 Abwrack-Konvention Listen für Schadstoffe und Arbeitsschutzstandards ILO Übereinkommen zum Seearbeitsrecht (23.02.2006) iVm. ILO Konvention Nr. 185 (09.02.2005) zur weltweiten Einführung neuer biometri- scher Identifikationspapiere für Seeleute

8 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.1.2 Paris-MOU zur Hafenstaatkontrolle (Mai 2004)

Die IMO hat darüber hinaus alle Flaggenstaaten verpflichtet, durch regelmäßige Inspektionen in den Häfen, die Sicherheit und Qualität der Handelsschiffe regelmäßig zu überprüfen. Die Ha- fenstaatkontrolle hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem schlagkräftigen Instrument bei der Bekämpfung unternormiger Schiffe entwickelt. Mindestens 25% aller die nationalen Seehäfen anlaufenden Handelsschiffe sollen nach den Pariser Vereinbarungen über die Hafenstaatkontrol- le jährlich geprüft werden. Dafür steht die internationale Datenbank SIRENAC zur Verfügung. Angesichts der Havarie der „Prestige“ hat der EU-Verkehrsministerrat entschieden, das euro- päische Hafenstaatkontrollregime zu revidieren – hauptsächlich durch eine Konzentration der Inspektionen auf Hochrisikoschiffe. Der Hafenstaatkontrollausschuss (PSCC) hat daher auf seiner 37. Sitzung in Kopenhagen im Mai 2004 beschlossen, ein neues regionales Kontrollregime (NIR – New Inspection Regime) zu entwickeln. Kern dieses Konzeptes ist die Risikoorientierung. Basie- rend auf der IMO-Formel für Risiken (Häufigkeit x Schwere der Folgen), werden Risikoschiffe und Risikobereiche identifiziert, die eine besonders große Gefahr für Leben und Umwelt darstellen. Die EU hat darüber hinaus die „Europäische Agentur für Schiffssicherheit“ (EMSA) in Lissabon eingerichtet, deren Hauptaufgabe die Harmonisierung der europäischen Hafenstaatkontroll- maßnahmen sein wird. Im Geltungsbereich des Paris-MOU (Paris Memorandum of Understanding on Port State Control)4 wurden im Berichtsjahr 2004 insgesamt 20.316 Besichtigungen auf 12.538 Schiffen aus 108 verschiedenen Flaggenstaaten durchgeführt. Im Jahr zuvor waren es 20.309 Besichti- gungen auf 12.382 Schiffen. Damit ist sowohl bei den Besichtigungen als auch bei der Anzahl der Schiffe eine leichte Steigerungsrate festzustellen. Die Verpflichtung der 20 Mitgliedsstaaten der Pariser Vereinbarungen, 25 Prozent der fremdflaggigen Schiffe in ihren Häfen zu überprü- fen, ist 2004 mit 31,4% erfüllt worden. Dies gilt für die Gesamtzahl der Besichtigungen in allen Mitgliedsstaaten.

Mängel und Defizite – Insgesamt wurden bei 20.316 Besichtigungen 64.113 Mängel festge- stellt. In 2003 waren es bei 20.309 Besichtigungen 71.928 Mängel. Die Tabelle 1 gibt einen Über- blick über die Anzahl der bei den Besichtigungen festgestellten Defizite und deren Entwicklung in den letzten zwei Jahren, aufgeschlüsselt nach Hauptkategorien:

4 The Paris Memorandum of Understanding on Port State Control – Annual Report 2004

8 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

2002 2003 2004 Schiffspapiere und Dokumente 3.369 3.410 3.198 STCW 5.522 3.284 3.127 Besatzung / Unterkünfte 1.853 2.133 2.150 Unfallverhütung 1.429 114 671 Verpflegung und Catering 664 1.149 1.928 Arbeitsbereiche 602 3.404 2.858 Winden, Anker, Leinen 1.060 1.130 1.052 Sicherheit allgemein 9.306 6.794 5.194 Sicherheit / Navigation 6.769 7.536 6.795 Brandschutz / Bekämpfung 8.158 10.862 9.022 Rettungsmittel 9.009 8.406 6.793 Kommunikationseinrichtungen 2.421 2.160 2.028 Freibord 3.507 3.747 3.519 Operationelle Defizite SOLAS 1.353 2.865 2.361 Maschinenbereich 3.606 4.547 4.346 ISM betreffende Defizite 3.210 3.539 2.794 ISPS 107 MARPOL 5.548 5.320 4.324

Bei 352 Kontrollen5 auf 223 Schiffen unter deutscher Flagge wurden in 123 Fällen, d. h. bei rund 35% Mängel festgestellt, die in sechs Fällen ein Auslaufverbot zur Folge hatten. Weltweit wurden von Paris MOU, Tokyo MOU und United States Coast Guard (USCG) insgesamt elf Schiffe unter deutscher Flagge als festgehalten gemeldet, gegenüber 14 Schiffen im Vorjahr. Festgehaltene Schiffe

Nach 20.316 Besichtigungen auf 12.538 Schiffen musste 1.187 Mal ein Auslaufverbot ausge- sprochen werden (5,8%). Von 1.187 Auslaufverboten, die im Berichtsjahr ausgesprochen wurden, waren 174 (14,7%) auf Mängel zurückzuführen, die die zuständigen Klassifikationsgesellschaf- ten zu vertreten hatten. In 2003 waren es noch 12%. „Black, Grey and White List“

Seit 1999 wird die traditionelle “schwarze Liste” durch eine “black”, “grey und „white list“ ersetzt. Die schwarze Liste („very high risk“) wird weiterhin angeführt von Albanien, Nordkorea, Tonga und Bolivien. Diese Listen dokumentieren, wie häufig die Schiffe eines Flaggenstaates festgehalten werden. Der Listenplatz spielt bei der Auswahl der Schiffe zur Kontrolle eine wich- tige Rolle, da sich bei einem Schiff der Targetfaktor (Risikofaktor) um bis zu 20 Punkte erhöhen kann, wenn es die Flagge eines Landes führt, das in der schwarzen Liste genannt wird. Flaggenstaaten mit durchschnittlichen Besichtigungsergebnissen werden in der „grauen Lis- te“ erfasst. Die „weiße Liste“ repräsentiert Qualitätsflaggen und wird angeführt von Deutsch- land (2003 auf Platz fünf), Isle of Man, Großbritannien, den USA und Schweden. Neu in der wei- ßen Liste sind Portugal, Thailand. Die Schweiz verschlechterte sich in die „graue Liste“.Auch wenn die internationale Schifffahrt einem hohen Kostendruck ausgesetzt ist, gibt es in der Öf- fentlichkeit kaum Toleranz gegenüber vermeidbaren Unfällen auf See mit ihren Auswirkungen für Mensch und Ökosystem. Gerade die spektakulären Tankerunfällen der letzten Jahre (Erika, Prestige) haben weltweit Fragen zur Schiffssicherheit wieder in den Vordergrund gerückt, die vor allem den baulichen Zustand älterer Schiffe, vor allem von Einhüllentankschiffen, die Prü- fungen der Klassifikationsgesellschaften und die Überwachung des Seeverkehrs durch Hafen- staatkontrollorgane betreffen.

5 See-BG: Jahresbericht 2004

8 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.1.3 EU Sicherheitsmanagement

Zur Schiffssicherheit und zum maritimen Sicherheitsmanagement im Seeverkehr hat die EU- Kommission eigene Initiativen auf den Weg gebracht, um die IMO-Regeln EU-weit in Kraft zu setzen bzw. sogar in Einzelfällen zu verschärfen. Europa ist also auf dem Wege zu einer umfassenden Seepolitik. Nach der Havarie der „Erika“ schlug die EU-Kommission eine Reihe von Richtlinien (RL) und Verordnungen (VO) zur Verbesse- rung der Schiffsicherheit vor: „Erika I-Paket“ RL zur Verschärfung der Hafenstaatkontrollen, in Kraft seit 22.07.2003; RL zur Überwachung der Klassifikationsgesellschaften, in Kraft seit 22.07.2003; VO zum Ersatz von Einhüllentankern durch Doppelhüllentanker (bis spätestens 2015), in Kraft seit 27.03.2002; verschärft durch ÄnderungsVO (21.10.2003): Restlaufzeiten der Einhüllentanker bis 2005 für Baujahre vor 1982 bzw. bis 2010 für Baujahre 1982 – 1996; Verbot der Transporte von Schweröl in Einhüllentankern Verstärkte Kontrolle aller Tanker älter als 15 Jahre. „Erika II-Paket“ RL zur Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs-, Kontroll- und Informa- tionssystems für den Seeverkehr, ab 05. 02. 2004 in Kraft; VO zur Errichtung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), in Kraft seit 24. 02. 2002; Die Aufgaben der EMSA bezieht sich auf den Bereich „security“, auf die Zusammen- arbeit im zivilen Katastrophenschutz, die Anerkennung der Befähigungszeugnisse von Drittstaaten sowie auf die Aufstellung von Plänen zur Vorbereitung für (eigene) Bekämpfungsmaßnahmen (preparedness and response). Die EMSA soll mit geeigneten Mitteln für die Bekämpfung ausgestattet werden, um „Schiffe mit modernster Technik oder andere Hilfsmittel für die EU kaufen oder mie- ten zu können.“ Sanktionsrichtlinie (2005) zu Strafvorschriften für Meeresverschmutzung durch Schiffe in EU-Staaten (Umsetzung durch nationale Gesetzgebung bis zum 01. April 2007). Die Geldstrafen sollen von 150.000 EUR bis 1,5 Mio. EUR reichen. Für Freiheitsstrafen werden einheitliche Mindestsätze vorgeschrieben. Allgemein haftbar für Vorsatz, Leichtfertigkeit oder grobe Fahrlässigkeit sollen Kapitän, Eigner, Betreiber und Be- frachter sein unabhängig von der Flagge. Die strafrechtliche Verantwortung (wegen mangelnder Überwachung) wird auf juristische Personen (Vorstand von Reedereien) ausgedehnt RL über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten, u. a. im Gebrauch der englischen Sprache RL über die Anerkennung von Befähigungszeugnissen der Mitgliedstaaten für See- leute VO zur Schiffs- und Hafensicherheit (31.03.2004) EU Instrument zur Umsetzung des ISPS Codes in der Gemeinschaft. Die VO regelt die Einzelheiten für Schifffahrt, Häfen und Verwaltung RL zur Erhöhung der Gefahrenabwehr (vom 26.10.2005) Ausweitung der Sicherheitsmaßnahmen auf das gesamte Hafengebiet RL zu Sicherheitskontrollen der gesamten Transportkette (insbes. der Container) und Mitteilung über die Einführung einer „European Intermodal Loading Unit“ (inter- modaler EU Standard-Container) (2006);

8 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

„Erika III-Paket“ (23.11.2005) RL zur Einhaltung der Flaggenstaatpflichten (Übernahme und Verschärfung des IMO Auditing Systems); RL zur Hafenstaatkontrolle (Verschärfung der Hafenstaatkontrollen mit Schwer- punkt Risikoschiffe); RL zur Überwachung des Seeverkehrs (u. a. Monitoring und bessere Notliegeplatzre- gelungen); RL zur besseren Überwachung der Klassifikationsgesellschaften (Inspektion und Zer- tifizierung von Schiffen und Besatzungen); RL zur Harmonisierung der Seeunfalluntersuchung in den EU Staaten; VO über die Haftung und Entschädigung für Passagiere und Gepäck (Umsetzung des Athener Haftungs-Übereinkommens); RL zur verschärften Reederhaftung bei Unfällen und Verschmutzungen (weitere Ausweitung der Haftungs- und Versicherungspflichten mit dem Ziel, die beschränkte Reederhaftung durch eine unbeschränkte abzulösen).

8 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.2 Internationale Bestimmungen zu Ships Security – ISPS-Code

Nach dem 11. September 2001 rückte die Seeschifffahrt als mögliches Ziel des internationalen Terrorismus in den Fokus der internationalen Staatengemeinschaft. IMO, WCO und ILO sahen sich mit Forderungen nach möglichst umfassenden Maßnahmen zum Schutz der weltweiten See- schifffahrt vor Terroranschlägen konfrontiert, die möglichst in internationalen Konventionen vereinbart werden sollten, um nationale Alleingänge zu vermeiden. Die IMO verabschiedete mit dem ISPS-Code ein System zur präventiven Abwehr von terroristischen Gefahren für Schiffe und Hafenanlagen, der in die SOLAS-Konvention eingefügt wurde. Die Änderungen und Ergänzun- gen zur SOLAS-Konvention (einschl. ISPS-Code) traten zum 01.07.2004 in Kraft. Die EU hat die wesentlichen Teile des ISPS-Codes übernommen und in verbindliches EU-Recht umgewandelt. Ziel ist es, die Sicherheit von Schiffen und Häfen durch standardisierte und nachprüfbare Maß- nahmen weltweit zu verbessern. Betroffen von den Maßnahmen des ISPS-Code sind Schiffe und Hafenanlagen, an denen Schiffe größer als 500 BRZ in der internationalen Fahrt abgefertigt werden. So müssen alle Häfen und Schiffe einen Gefahrenabwehrplan erstellen. Im Rahmen festgelegter Gefahrenstufen wer- den Abwehrmaßnahmen gegen terroristische Übergriffe veranlasst. Alle Schiffe erhalten eine Schiffsidentifikationsnummer und müssen sich 24 Stunden vor Einlaufen in einen EU-Hafen an- melden. Die IMO-Vertragsstaaten sind verpflichtet, jedes einlaufende Schiff polizeilich zu kon- trollieren. Auf allen Schiffen sind Sicherheitsoffiziere einzustellen, die für die Einhaltung der Gefahrenabwehrpläne verantwortlich sind. Spezielle nationale Points of Contact sind für die Sicherheitskommunikation einzurichten.

8.2.1 International Ship and Port Facility Security – ISPS

Die SOLAS-Konvention fordert zur Verbesserung der Sicherheit in der Seeschifffahrt in Kapitel V die generelle Ausrüstung aller Seeschiffe über 300 BRZ mit AIS (seit 01.07.2004) und die Einrichtung eines AIS-Gesamtsystems mit allen Landkomponenten (seit 01.12.2004) und führt in Kapitel XI den ISPS-Code ein, der u.a. eine äußerlich sichtbare Schiffs-ID Nummer für jedes Handelsschiff, das Führen eines kontinuierlichen Lebenslaufs eines Schif- fes (Flagge, Eigner, Namen, Register, Heimathafen usw.) sowie regelmäßige Schiffskontrol- len zur Erhöhung der maritimen Sicherheit und zur Anwendung des ISPS-Codes (Teil A und B) fordert. Der erste Teil des neuen Sicherheitskonzeptes für die Seeschifffahrt ist schiffs- und reede- reibezogen: Gefährdungsanalyse und Erstellen eines von der Aufsichtsbehörde genehmigten Schiffs-Sicherheitsplans; Benennen von Sicherheitsoffizieren auf Schiffen und in Reedereien; Aus- stellen des „International Ship Security Certificate“ durch zertifizierte Schiffsbesichtiger; Erneue- rung nach 5 Jahren; monatliche Sicherheitsübungen an Bord. Der zweite Teil des Sicherheitskonzeptes gilt für die Häfen und Hafenbetreiber: hafenbe- zogene Gefährdungsanalyse und Erstellen eines von der Aufsichtsbehörde genehmigten Hafen- Sicherheitsplans; Benennen eines Sicherheitsbeauftragten für den Hafen. Einrichten eines Hafen- sicherheitsausschusses zur Kontrolle der Sicherheitsmaßnahmen; jährliche Sicherheitsübungen im Hafen. Im Einzelnen sind die Bestimmungen des ISPS-Codes in der SOLAS-Konvention von Reedern und Häfen bzw. Hafenbetreiber umgesetzt worden: Ladungsinformation (elektronisch) insbesondere im Containerverkehr mit USA; Einführung des AIS-Systems bis 31.12.2004; Kennzeichnung aller Schiffe über 500 BRZ mit einer Identifikationsnummer und Ausrüs- tung mit „stillem Alarm“ bis 2006; Fälschungssichere Dokumentation der Eigentumsverhältnisse jedes Schiffes; Sicherheitsanalysen für alle Schiffe und Hafeneinrichtungen, Kategorisierung aller Risi- ken in drei Sicherheitsstufen; Sicherheitspläne und Zertifikate für Schiffe und Hafen- anlagen;

8 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Einsatz von Schiffssicherheitsoffizieren und Sicherheitsbeauftragten für Schiffe und Hafeneinrichtungen. In den Häfen wurden dazu materielle Sicherheitsmaßnahmen, wie Zugangs- und Personen- kontrollen, besondere Sicherheitsbereiche, Sicherheitszäune und elektronische Ladungskontrol- len eingerichtet.

8.2.2 Maßnahmen der EU zur Umsetzung des ISPS-Codes

Am 31. März 2004 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen. Darin fordert die EU die Mitgliedsstaaten auf, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Seeverkehr nach einheitlichen Regeln zu beschließen. Der Anwendungsbereich dieser Ver- ordnung beschränkt sich hierbei auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr an Bord von Schiffen und im unmittelbaren Bereich des Zusammenwirkens von Schiff und Hafen. Am 26.10.2005 verabschiedeten der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parla- ment die Richtlinie 2005/65/EG zur „Erhöhung der Gefahrenabwehr in Häfen“, um einen mög- lichst umfassenden Schutz für das Seeverkehrsgewerbe und die Hafenwirtschaft anzuordnen. Dazu sollen die Mitgliedsstaaten, ergänzend zur o.a. Verordnung (EG) Nr. 725/2004, weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Häfen einführen, um die Gefahrenabwehr in den Bereichen der Hafentätigkeit zu verbessern. Damit betrifft diese RL im Wesentlichen Sicherheitsmaßnah- men im übrigen Hafengebiet, im „Zusammenwirken von Schiff und Hafen“, wenn ein Schiff di- rekt und unmittelbar von Tätigkeiten betroffen ist, die im Zusammenhang mit der Beförderung von Personen oder Gütern oder mit der Erbringung von Hafendienstleistungen vom oder zum Schiff stehen. Davon betroffen sind alle Hafenbereiche wie Reeden, Warteplätze und seewärtige Hafenzufahrten.

8.2.3 Nationale Maßnahmen zur Umsetzung des ISPS-Codes

BMVBS hat zur Koordinierung der Maßnahmen zur „Abwehr äußerer Gefahren in der Schiff- fahrt“ eine ständige Arbeitsgruppe eingerichtet. Das BSH wurde als Aufsichtsbehörde für die Überwachung der „Ship Security“ benannt (RSO) und ist verantwortlich für die Festlegung ein- heitlicher Standards bei Sicherheitsplänen und der Ausbildung der Sicherheitsoffiziere. Darüber hinaus wurden national die für die Sicherheit in der Seeschifffahrt verantwortlichen Stellen fest- gelegt und der nationale „Point of Contact“ in der Verkehrszentrale Wilhelmshaven eingerichtet als zentrale Ansprechstelle für Fragen der Maritime Security, bei dem zentral der sog. „stille A- larm“ für alle Schiffe unter deutscher Flagge eingeht. Die Verantwortung für die Sicherheit der See- und Binnenhäfen, ausgenommen die Werks- häfen, liegt national bei den Küstenländern, während der Bund die Interessen der deutschen Häfen in den internationalen Gremien vertritt. Die Koordinierung der nationalen Maßnahmen erfolgt durch den „Bund/Küstenländerarbeitskreis Maritime Security“ (BLAMS). Hafensi- cherheitsausschüsse sollen dabei die Vorgaben für Risikoanalyse, Sicherheitspläne und einzel- ner Sicherheitsmaßnahmen festlegen und unterstützend mitwirken. Aufsichtsbehörde für die Betreiber einzelner Hafeneinrichtungen ist das jeweils zuständige Hafenamt. Zur Umsetzung wurden folgende Gesetze erlassen: Vertragsgesetz des Bundes vom 31.12.2003 zur Änderung des SOLAS Gesetzes zur Über- nahme der internationalen Verpflichtungen iVm. Verordnungsermächtigung in §9 Abs. 1 Nr. 7 SeeAufgG. Ausführungsgesetz des Bundes vom 25.06.2004 zur Änderung des nationalen Schiff- fahrtsrechts gem. Art. 74 Nr. 21 GG, mit Beauftragung des BSH zur Genehmigung der Plä- ne und Ausstellung der Zertifikate für Seeschiffe unter deutscher Flagge. Ausführungsgesetze der fünf Küstenländer und von NRW zur Sicherheit in rd. 40 Häfen mit insgesamt 364 Hafenanlagen (Terminals) in den deutschen Seehäfen.

8 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.2.4 AIS (Automatic Identification System) 7

In Kapitel V Regel 19 des SOLAS-Übereinkommens (SOLAS – International Convention on Sa- fety of Life at Sea) wurde vereinbart, dass weltweit ein automatisches Schiffsidentifizierungssys- tem für alle Handelsschiffe über 300 BRZ eingeführt wird: „All ships of 300 gt and upwards engaged on international voyages and cargo ships of 500 gt and upwards not engaged in international voyages and passenger ships irrespective of size shall be fitted with AIS as follows...”. Für Handelsschiffe gilt seit 01.07.2004 Ausrüstungspflicht, seit 01.12.2004 muss dazu die Landorganisation einsatzbereit sein. AIS (Automatic Identification System) ist ein automatisches, selbstorganisierendes, schiffs-, land- und luftgestütztes Kommunikations- und Informationssystem zum Austausch von nauti- schen Daten zum Zwecke der Kollisionsverhütung, Verkehrslenkung und Verkehrsüberwachung bzw. zur generellen Steigerung der Sicherheit und Leichtigkeit des Seeverkehrs. Mit AIS ist eine nahezu vollständige Erfassung des Verkehrsgeschehens auf See, auf Reeden und in Verkehrs- trennungsgebieten möglich. Umfangreiche Detailinformationen über jedes einzelne Schiff wer- den verfügbar.

Über einen fest an Bord installierten VHF-Transponder werden auf reservierten Frequenzen automatisch verschiedene statische, dynamische und reisebezogene Daten mit anderen Schiffen und Landstationen im Broadcast-Verfahren ausgetauscht. Jeder AIS-Teilnehmer sendet und empfängt in einem Bereich von etwa 30 nm auf 2 AIS- Kanälen (AIS 1 u. 2) und zusätzlich auf Kanal 70 (DSC). Dabei werden u.a. folgende Daten automatisch übermittelt: Identifikation/Adressierung von Teilnehmern über MMSI-Nummer (wie GMDSS) Datenübertragung (für Netzbetrieb, Lagedarstellung und sonstige Kommunikati- on/Applikationen) Lagedaten (Fixed Data/Voyage Related Data/Dynamic Data) wie IMO Nummer, Rufzeichen und Name, Länge und Breite, Tiefgang, Schiffstyp, Ladung und Ladungsklasse, Bestim- mungshafen sowie Position, Kurs und Fahrt, Drehkreise.

7 BMVBS und BSH 2005

8 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Dies wird erreicht durch das SOTDMA-Übertragungsverfahren („Self Organising Time Divison Multiple Access“). Die Daten werden innerhalb eines oder mehrerer für das AIS-Gerät reservier- ten Zeitschlitze auf den zwei Funkkanälen übertragen. Jedes AIS-Gerät erstellt hierfür seinen eigenen Übertragungszeitplan, basierend auf dem von ihm beobachteten, vergangenen Datenverkehr und der Kenntnis von zukünftigen Aktionen anderer AIS-Geräte innerhalb der Funkreichweite. Hierbei werden die für die eigene Übertra- gung benötigten Zeitschlitze belegt.

Die Pfeile zeigen an, welche Zeitschlitze auf den beiden Kanälen nacheinander genutzt wer- den. Die Reservierung als solche erfolgt innerhalb eines Kanals von einem Zeitschlitz dieses Ka- nals auf den nächsten Zeitschlitz desselben Kanals. Schiff 2 sendet zum Zeitpunkt t sein Datente- legramm auf Kanal B, belegt für eine zukünftige Aussendung einen Zeitschlitz auf Kanal B und sendet sein nächstes Signal auf Kanal A. Dieses Verfahren wenden alle AIS-Nutzer sinngemäß an. Die von AIS gelieferten Daten können auf den Schiffen auf einem separaten Anzeigegerät oder in die bordeigenen Navigationssysteme wie Radar und die elektronische Seekarte darge- stellt und so dem Bordpersonal zugänglich gemacht werden. Die Integration der AIS-Daten in die elektronische Seekarte erfolgt mittels einer speziellen Symbolik, die auf einen Blick über die aktuelle Position und den gegenwärtigen Kurs der Schiffe informiert. Für das Bordpersonal ergibt sich aus dieser Darstellung eine kontinuierliche und sehr genaue Übersicht über das verkehrliche Umfeld seines Fahrzeuges. Schon frühzeitig lassen sich somit gefahrengeneigte Begegnungen erkennen und durch geeignete Manöver entschärfen. Zu jedem Fahrzeug können durch einfachen Mausklick auf das Symbol die oben genannten Informationen abgerufen werden. Ein Optimum an navigationsrelevanten Informationen wird jedoch auch weiterhin nur dann zur Verfügung stehen, wenn neben den AIS-Daten auch die Radarinformationen integriert wer- den. Nur so ist sichergestellt, dass auch Fahrzeuge ohne AIS-Bordgerät von den übrigen Schiffen rechtzeitig erkannt werden.

8 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes wird die AIS-Daten in ihren Verkehrszent- ralen entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste zur Maritimen Verkehrssicherung nutzen. Dazu sollen die AIS-Daten der ausgerüsteten Schiffe im gesamten Hoheitsgebiet und aus Berei- chen der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von den AIS-Landstationen der WSV empfan- gen werden. Zur Gewährleistung und Steigerung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsver- kehrs und zum Schutze der maritimen Umwelt ist die Nutzung dieser zusätzlich verfügbaren Daten, auch über den Hoheitsbereich hinaus, sinnvoll und notwendig. AIS bietet die technische Möglichkeit, das gesamte deutsche Hoheitsgebiet und weite Bereiche der AWZ durch die Ver- kehrszentralen überwachen zu lassen.

Der Schiffsverkehr an den deutschen Küsten ist nicht gleichmäßig verteilt. Es gibt Seegebiete mit hoher, mittlerer und geringer Verkehrsdichte. Darüber hinaus gibt es an der deutschen Küste Seegebiete, die aufgrund der morphologischen und hydrologischen Randbedingungen besonde- re Gefahren für die Schifffahrt aufweisen. Die Verkehrsüberwachung der einzelnen Seegebiete durch die Verkehrszentralen wird daher auch in unterschiedlicher Intensität erfolgen. In den Seegebieten mit hoher Verkehrsdichte, zu denen u.a. die Ansteuerungen und Zufahrten zu den Häfen mit starkem Verkehrsaufkommen zählen, wird die Nutzung der AIS-Daten die bereits vorhandenen Mittel zur Maritimen Verkehrs- sicherung sinnvoll ergänzen. Neben der bewährten Radarüberwachung des Verkehrs wird hier zukünftig die AIS- Technologie dazu beitragen, die Genauigkeit der in den Verkehrszentralen abgebildeten Ver- kehrslage weiter zu erhöhen. Mit den jederzeit verfügbaren Daten über die Fahrzeuge und ihre aktuellen Kurse und Geschwindigkeiten erhalten die Verkehrszentralen ein effektives zusätzli- ches Instrumentarium für die kontinuierliche Überwachung des Verkehrgeschehens in den Revie- ren. In den Seegebieten mit mittlerer Verkehrsdichte, die auch aufgrund ihrer Küstenferne bislang in der Regel keiner Überwachung mittels Radar unterlagen, eröffnet die AIS-Technologie in Ver- bindung mit ECDIS eine neue Qualität der Verkehrsüberwachung. Mit der Darstellung der empfangenen AIS-Daten kann aus der Verkehrszentrale die Schiff- fahrt auf gefährliche Situationen hingewiesen werden. Dies kann in sinnvoller Kombination aus manueller Überwachung und der Generierung von automatischen Alarmen z.B. bei Abweichun- gen der Schiffe von üblichen Sollkursen rechtzeitig erfolgen.

8 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Insbesondere in sensibleren Seegebieten wie z.B. der Kadetrinne wird damit die Prävention von Havarien und Kollisionen deutlich verbessert. Aus den übrigen Seegebieten mit geringer Verkehrsfrequenz oder überwiegend Kleinfahrzeugen (Fischerei, Sportschifffahrt) werden die AIS-Daten gebietsweise ebenfalls im Wege der automatischen Überwachung der Verkehre ge- nutzt. Sofern eine automatische Überwachung aufgrund der geographischen Verhältnisse (z.B. in Wattgebieten mit ständig wechselnden Kursen) faktisch nicht möglich ist, stellt der Empfang der AIS-Daten jedoch sicher, dass sich die Verkehrszentrale in besonderen Fällen (z.B. bei einer Hava- rie) sofort über die Lage am Unfallort informieren und gezielt entsprechende Erstmaßnahmen einleiten kann. Für die Verkehrszentralen wird darüber hinaus die Möglichkeit diskutiert, sogenannte „Pseu- do-AIS-Informationen” zu erzeugen. Das bedeutet, dass Positionen von Fahrzeugen ohne AIS- Gerät ausgestrahlt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Fahrzeuge vom Radarsystem einer Verkehrszentrale erfasst werden. Die Verkehrszentralen werden zudem in der Lage sein, mit Hilfe der AIS-Technologie kurze Nachrichten entweder an ein bestimmtes Schiff, alle Schiffe oder Schiffe in einem bestimmten Gebiet zu senden. Somit können jederzeit Navigationswarnungen, Informationen über Verkehrs- regelungen oder hafenbezogene Informationen an die Schifffahrt weitergeleitet werden. Die AIS-Technologie trägt somit in Zukunft dazu bei, den Schiffsverkehr nicht nur auf hoher See sicherer zu gestalten, sondern sie wird auch in sensibleren küstennahen Seegebieten sowie in den Zufahrten zu den Häfen für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wesentliche Im- pulse setzen. Die Aufgabenerledigung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung im Rahmen der Maritimen Verkehrssicherung wird mit dieser neuen Technologie im Interesse der Sicherheit und des Umweltschutzes weiter optimiert.

8 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.3 Verkehrssicherungssystem Deutsche Küste

8.3.1 Verkehrssicherung

Maritime Sicherheitspolitik im Interesse der Vorbeugung und Bekämpfung von Schiffsunfäl- len und zum Schutz der Meeresumwelt erfolgt auf folgenden Ebenen: in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die für weltweite Sicherheits- und Verhaltensstandards im internationalen Seeverkehr als internationale Organisation im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens zuständig ist, in der Europäischen Union, die regional die für die Schiffe unter der Flagge eines Mit- gliedstaates geltenden Standards der IMO sowie die Anlaufbedingungen für Schiffe aus Drittländern in Häfen der EU-Mitgliedstaaten einheitlich umsetzen kann und auch eige- ne Regelungen erlässt, durch die Helsinki Kommission (HELCOM), die – allerdings nicht völkerrechtlich bindend – den Schutz der Meeresumwelt der Ostsee durch die Zusammenarbeit der Regierungen Deutschlands, Dänemarks, der Baltischen Staaten, Finnlands, Polens, der Russischen Föde- ration, Schwedens und der Europäischen Gemeinschaft verfolgt sowie auf nationaler Ebene. Gemäß Grundgesetz liegt die Zuständigkeit für Schifffahrts- angelegenheiten beim Bund, für Hafenangelegenheiten bei den Ländern. Schifffahrtswege dienen der Sicherung des Schiffsverkehrs vor der deutschen Küste und das Verkehrssicherungssystem vor der deutschen Küste soll dies gewährleisten. Es besteht aus Ver- kehrstrennungsgebieten, dem küstenfernen Tiefwasserweg für Öl-, Gas- und Chemikalientanker, der Lotsenberatung und der Radarüberwachung des Schiffsverkehrs durch die Revierzentralen. Schiffe mit großen Tiefgängen sind auf die vorgeschriebenen Schifffahrtswege und Verkehrs- trennungsgebiete angewiesen und verpflichtet, diese einzuhalten. Lotsen und die jeweiligen Revierberatungen gewährleisten das sichere Befahren der vorgeschriebenen Schifffahrtswege durch Beratung und Unterstützung. Im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes für die Angelegenheiten der Seeschifffahrt hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) zusammen mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes das so genannte Verkehrs- und Sicher- heitskonzept Deutsche Küste erarbeitet. Es besteht aus einer Vielzahl von untereinander ver- zahnten Komponenten, die einen erheblichen Beitrag zur maritimen Verkehrssicherheit leisten. Das Sicherheitskonzept differenziert nach Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen. Die grund- sätzliche Vermeidung von Schiffsunfällen sowie die Minimierung und Bekämpfung bereits ein- getretener Schäden nach Schiffsunfällen bilden die tragenden Säulen des Vorsorgeprogramms. Im Rahmen seiner Zuständigkeit wirkt der Bund über die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Nord auch auf internationaler Ebene mit, z. B. in den von der HELCOM eingerichteten Arbeitsgruppen „AIS“, „Tanker Transit Routes“ und „Pilotage“. Nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeitsgruppen wird bis Juli 2006 ein AIS-Datenverbund zwischen den Ostseeanrainer- staaten eingerichtet, eine einheitliche Schiffswegeführung entwickelt und die Lotsenannahme für bestimmte Bereiche intensiviert.

8 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Das Verkehrs- und Sicherheitskonzept Deutsche Küste ist modular aufgebaut und verfügt ü- ber folgende Einzelkomponenten:

8.3.2 Verkehrszentralen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bun- des

Mit dem Ziel, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und damit auch den Meeresum- weltschutz zu verbessern, sind an allen größeren deutschen Seerevieren Verkehrszentralen ein- gerichtet worden. Sie sind durchgehend besetzt, erfassen Informationen von Ortungsfunkanla- gen und Landradarketten gemeinsam mit allen anderen wasserstraßen- und verkehrsbezogenen Daten, werten diese aus, leiten sie weiter, überwachen und beraten den Verkehr und führen darüber hinaus die Fernüberwachung und Fernsteuerung der Schifffahrtszeichen durch.

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8.3.2.1 Verkehrszentralen mit Vessel Traffic Servicebereichen (VTS)

Gebiet/Revier Verkehrszentralen Rufname in Betrieb seit Nordsee Deutsche Bucht Wilhelmshaven German Bight Traffic 1984 Ems Emden Ems Traffic 1972 Jade Wilhelmshaven Jade Traffic 1979 Weser(1) Bremerhaven Bremerhaven Weser Tr. 1965 Weser(2) Bremen Bremen Weser Traffic 1982 Hunte Bremen Hunte Traffic 1982 Elbe(1) Cuxhaven Cuxhaven Elbe Traffic 1960 Elbe(2) Brunsbüttel Brunsbüttel Elbe Traffic 1964 Nord-Ostsee-Kanal NOK West Brunsbüttel Kiel Kanal (1 - 2) 1895 NOK Ost/Kieler Förde Kiel-Holtenau Kiel Kanal (3 - 4) 1895 Ostsee Trave Travemünde Trave Traffic 1977 Wismar Ansteuerung Wismar Wismar Traffic 1974 Rostock-Fahrwasser Warnemünde Warnemünde Traffic 1970 Stralsund-Fahrwasser Stralsund Stralsund Traffic 1973 Zufahrt Saßnitz/Mukran Saßnitz Saßnitz Traffic 1977 Oderhaff/Peenestrom Stralsund Wolgast Traffic 1974 Gesamt: 13 Verkehrszentralen mit 16 VTS/Vessel Traffic Service-Bereichen

8.3.2.2 Verkehrssicherungssystem und Landradarketten

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8.3.3 Lotswesen 8

Für die Sicherheit der Schiffe und des Schiffsverkehrs auf Revieren, in Flussmündungen und Hafenzufahrten, bei Kanalpassagen und im Hafen sind Lotsen unentbehrliche Berater für die Schiffsführung. Gerade die Revierfahrt stellt mit ihren besonderen Gefahren und der starken Verkehrsdichte extrem hohe Anforderungen an die nautische Schiffsführung. Um Gefahren zu minimieren, ist eine kompetente Unterstützung unverzichtbar, die nur von gut ausgebildeten, revierkundigen und erfahrenen Seelotsen geleistet werden kann. Hierzu hat Deutschland mit dem Seelotsgesetz und der Lotsenannahmepflicht in Gewässern mit schwierigen nautischen Be- dingungen die entsprechenden regeln erlassen. "Seelotse ist, wer nach behördlicher Zulassung berufsmäßig auf Seeschifffahrtsstraßen au- ßerhalb der Häfen oder über See Schiffe als orts- und schifffahrtskundiger Berater geleitet." So definiert das deutsche Seelotsgesetz vom 13. November 1954 den Beruf des Seelotsen. Das See- lotsgesetz enthält Vorschriften über die grundsätzlichen Pflichten, Aufgaben und Rechte der Seelotsen. Es regelt die Rechtsstellung der Lotsen gegenüber dem Kapitän, gegenüber dem Ree- der und gegenüber der Aufsichtsbehörde wie auch die Rechtsstellung der Lotsenbrüderschaft klar und bestimmt.

Obwohl sich die Größe der zu lotsenden Schiffe in den deutschen Küstengewässern allein während der letzten 25 Jahre praktisch verdoppelt hat, ist die Unfallrate in den Lotsrevieren auf ein absolutes Minimum gesunken. Um den hohen Sicherheitsstandard auch in Zukunft zu ge- währleisten, bleibt der unabhängige Status von revierkundigen und erfahrenen Seelotsen un- verzichtbar. Die Lotsverordnungen der einzelnen Reviere, erlassen von den Wasser- und Schifffahrtsdirek- tionen, regeln die notwendigen Einzelheiten. In Ost- und Nordsee sind derzeit 846 Seelotsen im Einsatz. Sie sind in Lotsenbrüderschaften organisiert, wie auch die Revier- und Hafenlotsen. Die Vertretung der Brüderschaften auf Bundesebene erfolgt durch die Bundeslotsenkammer (BLK), die Einzelinteressen der See- und Hafenlotsen werden durch den Bundesverband der See- und Hafenlotsen (BSHL) wahrgenommen.

8 Bundeslotsenkammer, Bundesverband der See- und Hafenlotsen (BSHL), Lotsenbrüderschaften der Hafen- lotsen Bremerhaven und Hamburg, Verein der Kanalsteurer, Februar 2006

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8.3.3.1 Lotsenbrüderschaften der See- und Hafenlotsen

Lotsenbrüderschaften der See- Ort Anzahl der Lotsen Anzahl der Lot- und Hafenlotsen 2004 sen 31.12.2005 Emden Emden 34 34 Weser I Bremen 44 45 Weser II/Jade Bremerhaven 105 106 Bremerhaven Bremerhaven 24 25 Elbe Hamburg 254 249 Hamburg Hamburg 68 69 Nord-Ostsee-Kanal I Brunsbüttel 124 131 NOK II /Kiel/Lübeck/Flensburg Kiel 152 160 Wismar/Rostock/Stralsund Warnemünde 27 27

Neben den See- und Hafenloten gehören noch die Kanalsteurer (für NO-Kanal) zum Ver- kehrssicherungssystem an Nord- und Ostsee. Die 132 Steurer sind im Verein der Kanalsteurer zusammengeschlossen. Sie kommen zum Einsatz bei Schiffen ab 100 m Länge und 16,5 m Breite sowie 120 m Länge und 14,5 m Breite.

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8.4 Maritime Sicherheit und Unfallmanagement Deutsche Küste

8.4.1 Der Koordinierungsverbund „Küstenwache“ des Bundes9

Die Sicherung und der Schutz der Küstengewässer obliegt in Deutschland verschiedenen Be- hörden und Verwaltungen des Bundes und der Länder. Der allgemeine polizeiliche Schutz in den Küstengewässern ist Aufgabe der Wasserschutzpolizeien der Bundesländer, der grenzpolizeiliche Schutz obliegt der Bundespolizei10. Schifffahrts- und strompolizeiliche Aufgaben nimmt die Was- ser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes, schifffahrtspolizeiliche Aufgaben außerhalb des Küstenmeeres nehmen Bundespolizei und Zoll im Auftrag des BMVBS wahr. Der Zoll selbst hat grenzpolizeiliche Aufgaben auf See zur Überwachung des grenzüberschreitenden Waren- verkehrs und führt im Auftrag der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Kon- trollen der Fischerei durch. Zur Koordination aller Maßnahmen des maritimen Umweltschutzes, zur Sicherheit des Schiffsverkehrs, des polizeilichen Grenzschutzes, des Zolls sowie des Fischereischutzes in Nord- und Ostsee haben sich alle auf See zuständigen Bundesministerien auf die Zusammenarbeit bei maritimen Aufgaben verständigt und am 01.07.1994 einen Koordinierungsverbund der Voll- zugskräfte des Bundes als „Küstenwache“ ins Leben gerufen. Die „Küstenwache“ ist keine ei- genständige Behörde, sondern eine besondere Form der verabredeten Zusammenarbeit ver- schiedener Bundesministerien zur wirkungsvollen Erledigung maritimer Aufgaben in den deut- schen Küstengewässern. Die Kooperationspartner nehmen ihre originären gesetzlichen Aufgaben grundsätzlich selbst wahr, kooperieren aber in bestimmten Situationen zur schnellen Reaktion auf Gefahren und Störungen nach Seeaufgabengesetz vom 26.07.2002 und Seeschifffahrtsaufgaben- Übertragungsverordnung vom 23.06.1982. Die Zusammenarbeit der beteiligten Bundesbehörden wird durch den „Gemeinsamen Aus- schuss Küstenwache“ koordiniert. Die Einsätze der Küstenwache werden seit 02.04.2004 nach einer Vereinbarung des BMI mit dem BMVBS zentral aus dem Küstenwachzentrum Nordsee in Cuxhaven geleitet. Das Küstenwachzentrum soll künftig die Bundespolizei, das Havariekomman- do, den zentralen Meldekopf, den so genannten Point of Contact (zentralen Ansprechstelle der Schifffahrt zur Terrorabwehr - Maritime Security) sowie ein gemeinsames Lagezentrum vereinen. Letztlich bleibt das Küstenwachzentrum unter Einschluss des Havariekommandos aber immer nur ein Kooperationsverbund, wünschenswert wäre der Aufbau einer integrierten Küstenwache mit „monokratischen“ Entscheidungsstrukturen. Zur Verbesserung der Lageführung und Koordination der Einsatzkräfte haben sich die In- nenminister bzw. -senatoren der fünf norddeutschen Küstenländer zwischenzeitlich darauf ver- ständigt, in Cuxhaven ein Maritimes Sicherheitszentrum (MSZ) aufzubauen. In diesem Si- cherheitszentrum sollen das Havariekommando, die Küstenwache des Bundes sowie das mariti- me Führungs- und Lagezentrum zusammenarbeiten. Das MSZ stützt sich auf ein maritimes Füh- rungs- und Lagezentrum, welches von den Polizeien des Bundes und der Länder – Bundespolizei und Wasserschutzpolizeien – besetzt und betrieben wird. Verbindungskräfte geeigneter Institu- tionen sollen zugezogen werden. Aufgaben dieses Zentrums sollen unter anderem die Führung im ersten Angriff bei allen polizeilichen Lagen im Küstenmeer (Land) und in der Außenwirt- schaftszone (Bund) sowie die Erstellung eines maritimen Lagebildes für alle Organisationsteile des MSZ sein. Damit sollen künftig alle auf See tätigen Dienststellen, wie die Wasserschutzpoli- zei, die Bundespolizei, der Zoll und das Havariekommando an einem Ort verknüpft und ihre In- formationen an einer Stelle gebündelt werden, um bei Krisensituationen schneller eingreifen zu können.

9 WSD Nord 2005 10 Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in „Bundespolizei“ – BPolG vom 21.04.2005, in Kraft seit 01.07.2005

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Die Küstenwache wird auf See von der Bundespolizei, dem Zoll, der WSV und der BLE getragen. Die Einheiten führen als einheitliches Erkennungszeichen eine Schwarz-Rot-Gold Kennzeichnung, den Schriftzug „Küstenwache“ und an den Aufbauten das Logo der Küstenwache (hellblaues Wappenschild mit Anker und Bundesadler). Die Vollzugskräfte der jeweiligen Behörden tragen als gemeinsames Erkennungszeichen das Emblem der Küstenwa- che an ihrer Dienstkleidung.

Die ständig präsenten Fahrzeuge der Küstenwache überwachen im Rahmen der allgemeinen Vorsorge die Seegebiete, insbesondere im Hinblick auf die Ver- schmutzung des Wassers mit Schadstoffen. Die Fahrzeuge der Küstenwache werden dabei von den Schadstoffüberwachungsflugzeugen der Deutschen Marine im Auftrag des BMVBS unterstützt, deren Einsatz mit dem Küstenwachzentrum abgestimmt wird.

Für den maritimen Umweltschutz hält die Wasser- und Schifffahrts- verwaltung des Bundes (WSV) vier hochseegängige Mehrzweckfahrzeu- ge mit u.a. besonderen Schadstoff- und Feuerbekämpfungseinrichtun- gen vor, die zudem durch ihren Gas- und Explosionsschutz besonders geeignet sind, bei Unfällen in explosiven und toxischen Atmosphären eingesetzt zu werden. Die Bundespolizei trägt mit ihren zehn Booten und acht seeflugtauglichen Hubschraubern ebenso zur Überwachung und Aufklärung von Umweltstraftaten bei wie der Zoll mit zwölf Booten.

Aufgabe der WSV als Verkehrsverwaltung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung ist es, für sichere Schifffahrtswege und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu sorgen. Der Aufgabenbereich der für die deutsche Nord- und Ostseeküste zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest mit den ihnen nachgeordneten Wasser- und Schifffahrtsämter erstrecken sich u.a. auf den Ausbau und die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen, das Setzen und Betreiben von Seezeichen, die Beseitigung von Schifffahrtshindernissen, die Untersuchung von Seeunfällen, die Aufsicht über das Lotswesen, bis hin zu der mit modernster Technik durchgeführten Ver- kehrsüberwachung. Das Zuständigkeitsgebiet umfasst neben den Bundeswasserstraßen auch die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Nord- und Ostsee. Die Überwachung der Einhaltung der Verkehrsvorschriften sind ein Teil des viel- schichtigen Aufgabenbereiches der WSV, die diese gemeinsam mit den in der Küstenwache ver- tretenen Ermittlungs- und Vollzugskräften des Bundes durchführt.

Für bundespolizeiliche Aufgaben ist die Bundespolizei (BPol) als Vollzugsorgan des Bundesministerium des Innern zuständig. Dem Bundespolizeipräsidium Nord unterstehen für den polizeilichen Schutz der deutschen Seegrenzen das Bundespolizeiamt See und die Bundespolizeifliegerstaffel Nord in Fuhlendorf. Der grenzpolizeiliche Schutz des deutschen Staatsgebietes erstreckt sich dabei vorrangig auf die Verhinderung illegaler Einreisen und die Bekämpfung der organisierten Schlepper- und Schleuserkriminalität auf See.

Die Überwachung der Fischerei liegt in der Zuständigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Dafür stehen der BLE drei Schiffe zur Verfügung, deren Hauptaufgabe die Überwachung der Einhaltung von technischen Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände ist.

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Insbesondere werden dabei Mindestmaschenöffnungen, Netzzubehör, die Mindestgröße von Fischen, Krebsen und Weichtieren, die Einhaltung von Fangverboten, die Einschränkung be- stimmter Fangtätigkeiten und die Verarbeitung bestimmter Fänge kontrolliert. Über entspre- chende Verwaltungsvereinbarungen werden zusätzlich Boote der Bundespolizei und der Zoll- verwaltung in der Fischereiüberwachung eingesetzt.

Das Bundesministerium der Finanzen nimmt die an den Seegrenzen wahrzunehmenden Zollaufgaben über die zuständigen Oberfinanzdirek- tionen durch die örtlich zuständigen Hauptzollämter/Zollkommissariate wahr. So überwachen die schnellen Zollkreuzer, die mit Tochterbooten ausgestattet sind, den Warenverkehr über die Grenzen des Zollgebietes der Europäischen Union und sichern die Erhebung von Ein- und Ausfuhr- abgaben. Ferner werden die bestehenden Verbote und Beschränkungen im Warenverkehr, ins- besondere im Hinblick auf Drogen, Sprengstoffe und Kriegswaffen, überwacht.

8.4.1.1 Die Schiffe und Boote der Küstenwache11

Behörde Name BRZ Motoren Geschw. Besat- (kW/PS) sm/h zung BLE „Seefalke“ 1930 2 x 2941/4000 20,0 26 „Meerkatze“ 1812 3147/4280 15,5 29 „Seeadler“ 1774 2 x 3805/5174,8 20 19 WSV „Arkona“ 2056 2 x 1850 /2516 13,1 16 „Mellum“ 2546 4 x 1655/2251 16,0 16 „Scharhörn“ 1305 2 x 1287/1750 13,8 13 „Neuwerk“ 3500 2 x 2900/3944 14,5 18 Zoll ZB „Emden“ 258 3 x 1320/1795 29 8 ZB „Oldenburg“ 78 2 x 660/900 23 8 ZB „Bremerhaven“ 258 3 x 1100/1500 28 8 ZB „Hamburg“ 258 3 x 1100/1500 28 8 ZB „Glückstadt“ 138 3 x 825/1122 > 23 8 ZB „Kalkgrund“ 119 3 x 673/915 23 8 ZB „Schleswig-Holstein“ 258 3 x 1320/1795 29 8 ZB „Kniepsand“ 138 3 x 825/1122 >23 8 ZB „Hohwacht“ 138 3 x 825/1122 >23 8 ZB „Priwall“ 138 3 x 825/1122 >23 8 ZB „Rügen“ 138 3 x 825/1122 >23 8 ZB „Hiddensee“ 138 3 x 825/1122 >23 8 Bundes- BP 21 „Bredtstedt“ 784 1 x 6120/8323 22 14 polizei BP 22 „Neustrelitz“ 428 2 x 2700/3670 26 14 BP 23 „Bad Düben“ 428 2 x 2700/3670 26 14 BP 24 „Bad Bramstedt“ 1066 1 x 5200/7072 21 14 BP 25 „Bayreuth“ 1066 1 x 5200/7072 21 14 BP 26 „Eschwege“ 1066 1 x 5200/7072 21 14

11 Koordinierungsverbund Küstenwache (WSD Nord), Juni 2005

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8.4.1.2 Schiffe der Wasserschutzpolizeien der Küstenländer12

Die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer sind für die vollzugspolizeilichen Aufgaben im Küstenmeer zuständig, sie gehören nicht zum Koordinierungsverbund Küstenwache. Im erweiterten Küstenmeer werden zur Wahrnehmung allgemeinpolizeilicher Aufgaben, schifffahrtspolizeilicher Vollzugsaufgaben und für Aufgaben zum Schutz der Umwelt die fol- genden Seeschiffe mit beschränktem Fahrtbereich durch die Wasserschutzpolizei eingesetzt.

Land Anzahl Typ

(110 BRZ/84 t, 163 Bremen 2 Küstenboote BRZ/105 t) Hamburg 2 Küstenstreifenboote (je 140 t) Mecklenburg- 3 Küstenstreifenboote Typ KB 23 Vorpommern 1 Küstenstreifenboot Typ KB 24,5 10 Streifenboote Typ PB 125 Niedersachsen 6 Boote (18 t - 142 t) Schleswig-Holstein 5 Küstenstreifenboote (96 t - 110 t) kleinere Strecken- und 16 Hafenboote

8.4.1.3 Behördenfahrzeuge und Schiffe der WSV13 (Zulassung für Küstenfahrt zwischen deutschen Häfen)

WSD Nord WSD Nordwest Typ BRZ BRZ Kiel14 Aurich

Lotsenschiff 2 760-2.136 4 760-767 Lotsenversetzschiff 7 38-225 5 38-143 Gewässerschutzschiff 2 1.305 bis 3.422 1 1.703 Tonnenleger/ Seezei- 17 47-661 6 46-561 chenmotorschiff Hydrolog. Messschiff 1 251 3 218-227 Peil-/Vermessungsschiff 3 48-310 4 218-227 Bereisungsschiff 1 82 1 160 Saugbagger -- -- 1 8817 Motorschiff 6 32-62 5 39-173 Schlepper 2 79-106 2 30-57 Eisbrecher 3 131-2.254 -- -- Deckprahm -- -- 2 214-242 Gasschutzschiff -- -- 1 501

12 BPolSee Bad Bramstedt, Hauptzollamt Kiel, WSP Rostock, WSP Hamburg, WSP Bremen, WSP Kiel, WSP Hannover, BMF, BLE, WSD Nord, WSD Nordwest; Juni 2005 13 WSD Nordwest, WSD Nord, Juni 2005 14 Es wurden weder die in eingeschränkter Küstenfahrt, noch die in zeitlich/tagbegrenzter Küstenfahrt zu- gelassenen Fahrzeuge berücksichtigt

8 - 22 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.2 Das Havariekommando15 Gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer

Das Havariekommando ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer. Es hat am 1. Januar 2003 seinen Dienst aufgenommen und soll ein gemeinsames Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee aufbauen und durchführen. Das Havariekommando bündelt die Verantwortung für die Pla- nung, Vorbereitung, Übung und Durchführung von Maßnahmen zur Verletz- tenversorgung, zur Schadstoffunfallbekämpfung, zur Brandbekämpfung, zur Hilfeleistung und zur Gefahrenabwehr bezogenen Bergung bei komplexen Schadenslagen auf See sowie einer strukturierten Öffentlichkeitsarbeit. In der Folge der Havarie der „PALLAS“ im Oktober 1998 wurde durch den damaligen Bun- desminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) am 10. Februar 1999 eine unab- hängige Expertenkommission unter der Leitung von Senator a.D. Claus Grobecker eingesetzt. Die Expertenkommission erhielt den Auftrag, unter Auswertung der Havarie der „PALLAS" eine umfassende Bewertung des bisherigen Notfallkonzepts vorzunehmen und zu dessen Weiterent- wicklung Vorschläge zu unterbreiten. Der Bericht der „Grobecker-Kommission" wurde am 16. Februar 2000 vorgelegt. Er identifiziert ein erhebliches Optimierungspotential zur Fortentwick- lung des Notfallkonzepts, der Sicherheit der Seefahrt und des Seerechts/Seeversicherungsrechts sowohl im Bereich des Bundes und der Küstenländer als auch im internationalen Bereich. Hierzu wurden 30 konkrete Empfehlungen ausgesprochen. Die Bundesregierung hat darauf im März 2000 das BMVBW beauftragt eine interministerielle Projektorganisation einzurichten, die die Empfehlungen der Expertenkommission unter Beteili- gung der Küstenländer bewerten und umsetzen sollte. Auftrag und Ziel dieses interministeriel- len Projekts war eine umfassende Optimierung der maritimen Notfallvorsorge in den als defizitär erkannten Bereichen und die Entwicklung von ausgewogenen und tragfähigen Realisierungs- konzepten. Anhand der Empfehlungen der Expertenkommission wurden für acht Themenberei- che Teilprojekte gebildet, in denen Fachleute des Bundes und der Küstenländer unabhängig von starren Verwaltungsstrukturen Lösungen erarbeitet haben. Im See- und Küstenbereich gibt es aufgrund der Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz sowie der einschlägigen Bundes- und Landesgesetze eine Vielzahl von Behördenzuständigkeiten, so z. B. in wichtigen Bereichen wie der Schadstoffbekämpfung, der Brandbekämpfung auf Bun- deswasserstraßen und dem schifffahrtspolizeilichen Vollzug. Zusätzlich arbeiten die Vollzugsor- gane des Bundes - die Bundespolizei (BPol), Zoll, WSV und Fischereiaufsicht (BLE) – im Koordinie- rungsverbund „Küstenwache“ zusammen. Eine einheitliche Organisations- und Führungsstruktur zumindest für den Fall der Einsatzleitung eines schwerwiegenden Seeunfalls fehlte jedoch. An erster Stelle der Bemühungen zur Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge stand des- halb der Aufbau eines Havariekommandos, das heißt einer einheitlichen Einsatzleitung über alle Einsatzkräfte des Bundes und der Küstenländer, die bei schweren Seeunfällen tätig wird. An- hand dieser zentralen Empfehlung16, die die unabhängige Expertenkommission formuliert hat, haben sich der Bund und die Küstenländer nach konstruktiven Verhandlungen auf folgendes Konzept geeinigt: „Das Havariekommando steht unter der einheitlichen Leitung eines Bundesbediensteten. Kernzelle ist ein in 24-Stunden-Dienstbereitschaft unterhaltenes „Maritimes Lagezentrum", das mit Personal aus dem Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und den Wasserschutzpolizeien der Küstenländer besetzt wird. Hier laufen über die entsprechen- den Meldewege alle relevanten Informationen zusammen. Bei einer schweren Havarie übernimmt der Leiter des Havariekommandos die Führung des Einsatzes. Ein Expertenstab unterstütz und berät ihn.

15 Havariekommando, Cuxhaven, vom 07.06.2006 16 Empfehlung Nr.2, Bericht der unabhängigen Expertenkommission „Havarie PALLAS“, 16.02.2000, S. 77

8 - 23 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Der Leiter des Havariekommandos kann Einsatzabschnitte einrichten und allen für den Ein- satz notwendigen Bundes- und Landesbehörden Aufträge erteilen. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger17, die Bundeswehr, insbesondere die Deutsche Marine18 und der Koordinierungsverbund Küstenwache19 sind durch Vereinbarungen in die Arbeit des Hava- riekommandos eingebunden. Insgesamt werden dadurch die durch das Grundgesetz vorge- gebenen Bundes- und Landeszuständigkeiten zur Gefahrenabwehr auf See nicht geändert. Rechtliche Schwierigkeiten werden durch die Instrumente der „Organleihe“20 und der „Auf- tragstaktik21“ überwunden. Für den Alltagsbetrieb des Havariekommandos wird unter der Leitung des Bundesbediensteten ein „Kompetenzzentrum“ mit sechs Fachbereichen für alle Fragen der maritimen Unfallbekämpfung aufgebaut, in dem dann auch die bisherigen Ein- richtungen, wie zum Beispiel der Zentrale Meldekopf und die Sonderstellen zur Schadstoff- bekämpfung, integriert sind. Für andere Fragen, wie zum Beispiel die Schiffsbrandbekämp- fung und die Verletztenversorgung auf See, entsteht mit dem Havariekommando zum ersten Mal eine bundesweit einheitliche Koordinierungsstelle. Rechtliche Grundlage für die Arbeit des Havariekommandos sind neben weiteren Kooperati- onsvereinbarungen u.a. die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und der Freien Hansestadt Bremen, der Freien und Hansestadt Hamburg, den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Errichtung des Havariekommandos (HKV) sowie die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und der Freien Hansestadt Bremen, der Freien und Hansestadt Hamburg, den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen (BLV SUB) und auf internationalem Gebiet aufgrund bi- und trinationaler Übereinkommen sowie in- ternationaler Vereinbarungen (Bonn und Helsinki-Abkommen). Aufgrund dieser zuvor genannten Vereinbarungen tritt das Havariekommando in Aktion bei komplexen Schadenslagen (die detaillierte Definition schließt u.a. Gefährdung vie- ler Menschenleben, Sachgüter von bedeutendem Wert, Umwelt, Leichtigkeit und Sicher- heit des Schiffsverkehrs etc. ein), wenn Partner darum ersuchen oder wenn das in seinem Zuständigkeitsbereich be- troffene Küstenland oder das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt darum bittet, durch Selbsteintrittsrecht im Falle einer unmittelbar bevorstehenden komplexen Schadenslage. Dabei kann der Leiter des Havariekommandos die Einsatzleitung unter Ein- berufung des Havariestabes selbständig übernehmen.

17 Zusatzvereinbarung über die Kooperation zwischen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchi- ger und dem Havariekommando, unterzeichnet und veröffentlicht im BAnz Nr. 16 vom 24.01.2003, S. 1171 und VkBl. 2003, S. 37 18 Vereinbarung zwischen dem BMVBW und dem BMVg über die Unterstützung des Havariekommandos bei Transporten über See sowie Zubringerdiensten an Land durch die Bundeswehr unterschriftsreif jedoch z. Z. noch in der Abstimmung 19 Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Havariekommando und dem Koordinierungsver- bund Küstenwache, unterzeichnet am 04.02.2003 20 § 5 HKV - ...Die Küstenländer beauftragen den Leiter des Havariekommandos, die Leitung in ihrem Na- men auszuüben. ...Die gesetzlichen Zuständigkeiten bleiben unberührt. 21 § 9 Abs. 2 HKV - Im Einsatzfall alarmiert und führt der Leiter des Havariekommandos die Einsatzkräfte und -mittel, die ihm nach dieser oder anderen Vereinbarungen bereit gestellt worden sind. Er gibt die Ziele zur Bekämpfung der komplexen Schadenslage vor und erteilt den insoweit zuständigen Stellen ent- sprechende Aufträge...

8 - 24 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.2.1 Havariekommando in der Alltagsorganisation

Leitung Havariekommando Sekretariat

Fachbereich 1 Fachbereich 2 Fachbereich 3 Fachbereich 4 Fachbereich 5 Fachbereich 6

Presse- und Maritimes Schadstoffunfall- Schadstoffunfall- Brandschutz Bergung zur Öffentlichkeitsarbeit Lagezentrum bekämpfung See bekämpfung Küste Verletztenversorgung Gefahrenabwehr

Das Havariekommando ist im Alltagsbetrieb ein Kompetenzzentrum mit zur Zeit fast 40 Mit- arbeiterinnen und Mitarbeitern in sechs Fachbereichen. Das Maritime Lagezentrum ist im 24- Stunden Dienstbetrieb mit Bediensteten der Wasserschutzpolizei der Küstenländer und Bediens- teten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes besetzt. Im Maritimen Lagezentrum wird ständig ein aktuelles, maritimes Lagebild vom deutschen Hoheitsgebiet in Nord- und Ostsee erstellt, wobei auch Mitteilungen der Nord- und Ostseeanrainerstaaten einfließen. Dabei werden alle Informationen über Umstände, die für die Bekämpfung einer komplexen Schadenslage22 erheblich sein können, gesammelt, aufbereitet, bewertet, erforderlichenfalls Alarmierungen ausgelöst und Sofortmaßnahmen eingeleitet.

8.4.2.2 Havariekommando in der Einsatzorganisation (Havariestab)

Leiter Stab

Stabsbereich 1 Stabsbereich 2 Stabsbereich 3 Stabsbereich 4

Presse- und Administration Lage Einsatz Öffentlichkeitsarbeit

Bei komplexen Schadenslagen wird ein Havariestab einberufen, der das einheitliche und ko- ordinierte Vorgehen aller Einsatzkräfte des Bundes und der Küstenländer ermöglicht. In der Ein- satzorganisation besetzen die Mitarbeiter des Kompetenzzentrums den Havariestab. Dieser ist in vier Stabsbereiche mit entsprechenden Aufgabenzuweisungen gegliedert. Der Leiter des Hava- riekommandos hat die Gesamteinsatzleitung. Die Leitung des Havariestabes wird durch einen Fachbereichsleiter wahrgenommen. Jeder der vier Stabsbereiche wird in der Regel auch von den Leitern der Fachbereiche geführt.

22 §1 Abs. 4 HKV - Eine komplexe Schadenslage liegt vor, wenn eine Vielzahl von Menschenleben, Sachgüter von bedeutendem Wert, die Umwelt oder die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs gefährdet sind oder eine Störung dieser Schutzgüter bereits eingetreten ist und zur Beseitigung dieser Gefahrenla- ge die Mittel und Kräfte des täglichen Dienstes nicht ausreichen oder eine einheitliche Führung mehrere Aufgabenträger erforderlich ist.

8 - 25 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Es wird damit die unmittelbare, Ziel gerichtete und umfassende Bekämpfung der Auswirkun- gen und Folgewirkungen von außergewöhnlichen Schadensereignissen unter einer einheitlichen und strukturierten Führung sichergestellt. Das Havariekommando bedient sich dabei aller auf See und im Küstenbereich zuständigen Behörden und sonstiger Einrichtungen des Bundes und der Länder.

Havariekommando Sonderstelle des Bundes und der Küstenländer Am Alten Hafen 2, 27472 Cuxhaven Telefon Kanzlei : +49 (0) 4721 567-400 Presse: +49 (0) 4721 567-170 Internet: www.havariekommando.de, Email: [email protected] [email protected]

8 - 26 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.3 Schadstoffunfallbekämpfung Deutsche Küste23

Die Aufgabe zur Öl- und Chemikalienunfallbekämpfung wird seit 1975 gemeinsam vom Bund und den Küstenländern wahrgenommen. Seit 2003 werden gemeinsame Vorsorgemaßnahmen und die Einsatzleitung zentral durch das Havariekommando in Cuxhaven wahrgenommen, wo- bei die vormaligen Sonderstellen des Bundes und der Küstenländer zur Bekämpfung von Mee- resverschmutzung (SBM/SLM) als Fachbereich in das Havariekommando integriert wurden. Für die Bekämpfung von Öl- und Chemikalienverschmutzung in den Küstengewässern Deutschlands werden vom Bund und den fünf Küstenländern gemeinsam 20 Schadstoffunfallbe- kämpfungsschiffe und 7 Gerätedepots vorgehalten, wobei ein Teil der Fahrzeuge im küstenfer- nen und küstennahen Bereich zum Einsatz kommt.

8.4.3.1 Schadstoffunfallbekämpfungsschiffe der WSV Nordsee Durch Mehrzwecknutzung zweier großer Bekämpfungsschiffe im 24h-Betrieb (Mel- lum/Neuwerk) wird in der Nordsee eine permanente Präsenz großer Bekämpfungskapazitäten vorgehalten. Abgestützt auf Helgoland operieren die schleppfähigen Schadstoffunfallbekämp- fungsschiffe der WSV „Neuwerk“ und „Mellum“. Die Bereitstellung der bundeseigenen Mehr- zweckschiffe als Arbeitsplattformen bei der unmittelbaren Gefahrenabwehr ist eine unverzicht- bare Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge. Leistungen der Mehrzweckschiffe Nordsee

Schiffsname Neuwerk Mellum

1.200 1.740 Feuerlöschleistung (2x600) (1x1.200; 2x120) (m³/h) (1x150; 2x75) 1 Arbeitskran 1 Arbeitskran Kranleistung 22t @25m 12t @13m 1.000 m³ (Chemie) 912 m³ (Öl+Chemie) Tankkapazität Leichterungssystem max. 500 m³ Betreiber WSA Cuxhaven WSA Wilhelmshaven

Darüber hinaus stehen weitere Bekämpfungsschiffe für den küstenfernen Bereich in der Nordsee zur Verfügung:

Typ Name Heimathafen Tankkapazität (cbm) Bagger Nordsee Wilhelmshaven 5.400 24 Mehrzweckschiffe/Schad- Mellum Wilhelmshaven 910 stoffunfallbekämpfungs- Scharhörn Kiel 430 schiffe Neuwerk25 Cuxhaven 1.000 Bottsand26 Warnemünde 790 Klappschiff Eversand27 Wilhelmshaven 790 Katamaran Westensee Bremerhaven 1.960

23 WSD Nord Kiel 2005; Flottenkommando 2005 24 110 t Pfahlzug, 5 Feuerlöschmonitore, 1 Wasser-/Schaummonitor 25 110 t Pfahlzug, 5 Feuerlöschmonitore, 1 Wasser-/Schaummonitor 26 gleichzeitig Entsorgungsschiff der Deutschen Marine 27 gleichzeitig Entsorgungsschiff der Deutschen Marine

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Für den küstennahen Bereich in der Nordsee stehen folgende Bekämpfungsschiffe zur Verfü- gung:

Typ Name Heimathafen Tankkapazität (cbm) Leyhörn Norddeich 200 Landungsboot Janssand Norddeich 63 Norderhever Husum 150 Gewässerreinigungsschiff Knechtsand Cuxhaven 400 Gewässerreinigungsboot MPOSS Hamburg 300 Hafenreinigungsschiff OS 01 Hamburg 19,3 Klappschiff Thor Wilhelmshaven 225 Katamaran ÖSK I Brake 18

Ostsee In der Ostsee werden ebenfalls mit zwei Mehrzweckschiffen Bekämpfungskapazitäten vor- gehalten. Abgestützt auf Kiel und Saßnitz operieren die schleppfähigen Schadstoffunfallbe- kämpfungsschiffe der WSV „Scharhörn“ und „Arkona“. Damit wird auch in der Ostsee der Emp- fehlungen des Helsinki-Übereinkommens für die Ostsee-Anrainer-Staaten Rechnung getragen, innerhalb eines Zeitraumes von insgesamt acht Stunden nach Alarmeingang mit einem Bekämp- fungsschiff jeden Ort des eigenen Seegebietes erreichen zu können. Mit dem SUBS28 „Arkona“ wird darüber hinaus ein wesentlicher Teil der erforderlichen Notschleppkapazität in der Ostsee bereitgestellt.

Schiffsname Scharhörn Arkona

Feuerlösch- 840 1.400 leistung (2x300; 2x120) (2x600; 1x200) (m³/h)

Kranleistung 1 Arbeitskran 1 Arbeitskran 12t @12m 12,5t @22m 438 m³ (Öl) 435 m³ Tankkapazität 2 Leichterungssystem max. 180/500 m³

Für den küstennahen Bereich in der Ostsee stehen weitere Bekämpfungsschiffe zur Verfü- gung:

Typ Name Heimathafen Tankkapazität (cbm) Gewässerreinigungsschiff Strelasund Stralsund 200 Feuerlösch-/Ölwehrschiff Kiel Kiel 350 Foline Kiel 74 Tankreinigungsboot Marline Kiel 56 Ölfangschiff Vilm Lübeck 486

Darüber hinaus stehen als Unterstützungs- und Leitfahrzeuge im küstennahen Bereich zur Verfügung: 1 Leichter, 1 Führungs- und Leitfahrzeug (in Husum) und 2 Landungsboote. Die Deutsche Marine (MFG 3) betreibt zwei Flugzeuge DO 228 LM im Auftrag des Bundesmi- nisteriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung zur Ölüberwachung. In 7.110 Einsätzen seit 1986 wurden 3.359 Verschmutzungen entdeckt, davon wurden in 2005 bei 469 Einsätzen 134 Verschmutzungen festgestellt.

28 SUBS - Schadstoffunfallbekämpfungsschiff

8 - 28 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.4 Notschleppkonzept Deutsche Küste

Die Bundesregierung hat im Mai 2001 ein umfassendes Konzept für die Bereitstellung von Notschleppkapazitäten in Nord- und Ostsee beschlossen. Ziel ist ein Sicherheitsniveau mit Ein- greifzeiten von höchsten zwei Stunden an der gesamten Küste und Nord- und Ostsee. Bei einer Havarie werden die Notfallschlepper der zentralen Einsatzleitung des Havariekommandos unter- stellt. Grundlage eines jeden Notschleppkonzepts sind Referenzschiffe und -größen, die entschei- dend die Anforderungen an Notschlepper bestimmen. Wegen der unterschiedlichen Verkehrs- und Einsatzbedingungen müssen die Referenzgrößen getrennt für Nord- und Ostsee bestimmt werden29. Referenzgröße Nordsee Für die Nordsee bestimmt in erster Linie die Verkehrsentwicklung in der Containerschifffahrt die Referenzgröße, weshalb in der Nordsee das 10.000 TEU Containerschiff als Referenzgröße zugrunde gelegt wird. Im Havariefall und unter Berücksichtigung der signifikanten Schiffsgröße von Containerschiffen mit bis zu 10.000 TEU soll deshalb ein Notschlepper gebaut und eingesetzt werden mit • einem Pfahlzug von 200 t, • einem Tiefgang nicht unter 6 m, • einer Probefahrtgeschwindigkeit von 19,5 kn und einer Einsatzfahrtgeschwindigkeit von 13 kn bei einer signifikanten Wellenhöhe von 6 m. Seeposition Nordsee Unter Berücksichtigung der Eingreifzeiten und zur Abdeckung der besonders gefährdeten Seegebiete auf dem Verkehrsweg „German Bight Western Approach“ im Havariefall sollte in der Nordsee neben den Mehrzweckschiffen des Bundes ein großer Notschlepper von einem zentra- len Standort aus eingesetzt werden. Mehrzweckschiffe können wegen ihres geringeren Tief- gangs unter 6 m auch in flacheren Bereichen der Nordsee eingesetzt werden. Bei Schlechtwetter ab definierter Wetterlage (8 Bft) sollten sie entsprechend ihres Tiefgangs und Pfahlzuges an der westlichen Flanke (Höhe Norderney) und an der nördlichen Flanke (Höhe Amrum) stationiert werden, um anderen manövrierunfähigen Schiffen geringerer Größe, die küstennäher navigie- ren, helfen zu können. Referenzgröße Ostsee Für die Ostsee bestimmen in erster Linie die besondere Enge des Raumes und der Küstenge- wässer sowie die Verkehrsentwicklung in der Tankschifffahrt die Referenzgröße, weshalb in der Ostsee der 160.000 dwt Tanker als Referenzgröße zugrunde gelegt wird. Im Havariefall und un- ter Berücksichtigung der signifikanten Schiffsgröße von Tankern mit bis zu 160.000 tdw soll des- halb ein Notschlepper gebaut und eingesetzt werden mit: • einem Pfahlzug von 100 t, • einem Tiefgang nicht unter 6 m, • einer Probefahrtgeschwindigkeit von 16,5 kn und einer Einsatzgeschwindigkeit von 13 kn bei der für die Einsatzgebiete signifikanten Wellenhöhe. Seeposition Ostsee Unter Berücksichtigung der Eingreifzeiten, zur gleichmäßigen Abdeckung der infrage kom- menden Seegebiete im Havariefall und unter Berücksichtigung der geplanten festen Fehmarn- belt-Querung als zusätzliches Gefährdungspotenzial sollte der Notschlepper vorrangig vor der Kadetrinne (Höhe Darßer Ort) stationiert werden. Die vorhandenen Mehrzweckschiffe dienen dabei als Komplementäreinsatzschiffe, z.B. zur Abdeckung des Einsatzgebietes Rügen und bei Werftaufenthalten. Sie können auch wegen ihres geringeren Tiefgangs unter 6 m als Notschlep- per in flacheren Bereichen der Ostsee eingesetzt werden.

29 Stellungnahme des DNV vom 30. März 2006 zu den Kriterien für ein zukunftssicheres Notschleppkonzept an der deutschen Küste

8 - 29 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.4.1 Notschlepper Nordsee

In der Nordsee stellt die Arbeitsgemeinschaft Küstenschutz30 den Notschlepper „OCEANIC“ (179 t Pfahlzug, Seeposition Norderney) in Charter der WSV des Bundes. Abgestützt auf Helgo- land operieren die schleppfähigen Mehrzweckschiffe der WSV „Neuwerk“ und „Mellum“. Die Bereitstellung der bundeseigenen Mehrzweckschiffe als Arbeitsplattformen bei der unmittelba- ren Gefahrenabwehr ist eine unverzichtbare Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge.

Schiffsname Neuwerk Mellum Oceanic

Pfahlzug 110 t 110 t 179 t Station Helgoland Helgoland Sgb Norderney ARGE Küsten- Betreiber WSA Cuxhaven WSA Wilhelmshaven schutz

8.4.4.2 Notschlepper Ostsee

In der Ostsee stehen international nur begrenzte Notschleppkapazitäten zur Verfügung. Zur Gewährleistung der Eingreifzeiten wurden zusätzlich zu den bundeseigenen Mehrzweckschiffen „Scharhörn“ und „Arkona“ von privaten Reedereien drei Notschlepper gechartert: der Schlepper „Bülk“ in Kiel und zwei Schlepper von der ARGE Küstenschutz: „Fairplay-25“ in Saßnitz und „Fairplay-26“ in Warnemünde, beide mit jeweils 65 t Pfahlzug.

Schiffsna- Scharhörn Fairplay-25 Fairplay-26 Bülk Arkona me

Pfahlzug 40 t 65 t 65 t 40 t 40 t Station Hohwachter Bucht Saßnitz Warnemünde Kiel Saßnitz ARGE Küsten- ARGE Küsten- Betreiber WSA Lübeck SFG Kiel WSA Stralsund schutz schutz

Die in Warnemünde stationierte „Fairplay-26“ ist – wie die baugleiche „Fairplay- 25“ in Saß- nitz – ein moderner Schlepper, der für Notschleppen, Begleitung, See- und Hafenassistenz, Feu- erlöschen, Offshorearbeiten und andere Aufgaben geeignet ist. Jeder der knapp vier Jahre alten Schlepper hat zwei Besatzungen von 6 Mann, die im zweiwöchigen Wechsel an Bord arbeiten. Ein vierköpfiges „Boarding-Team“, stationiert in Warnemünde, kann bei Bedarf die Besatzung des Havaristen unterstützen.

30 ARGE Küstenschutz Bremen 2006

8 - 30 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.4.3 Arbeitsgemeinschaft „Küstenschutz“

Bugsier ist federführender Partner der „Arbeitsgemeinschaft Küstenschutz“, in der sich im September 2001 die führenden drei deutschen Schlepp- und Bergungsreedereien Bugsier-, Reederei- und Bergungs-Gesellschaft mbH & Co. Hamburg Fairplay Towage Hamburg/Rostock Unterweser Reederei Bremen und die Helikopter Service GmbH aus Mariensiel (Wilhelmshaven) zusammengeschlossen haben. Gemeinsam betreiben sie ca. 60 Schlepper an der deutschen Nord- und Ostseeküste – knapp 70% der dort vorhandenen Schleppleistung, davon 10 speziell ausgerüstete „Feuerlösch- Schlepper“ – mit 2.000 bis 13.200 PS und Pfahlzügen zwischen 25 und 180 t – und beschäftigen über 600 Mitarbeiter. Die Arbeitsgemeinschaft stellt im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums in der Nordsee den Notschlepper „Oceanic“ (179 t Pfahlzug, Seeposition Norderney) und in der Ostsee die bei- den Notschlepper „Fairplay-25“ (Station Saßnitz) und „Fairplay-26“ (Station Warnemünde) mit jeweils 65 t Pfahlzug. Außerdem stellt die Arbeitsgemeinschaft die beiden, jeweils vierköpfigen „Boarding-Teams“ für Nord- und Ostsee, die bei einer Schiffshavarie als Verstärkung an Bord des Havaristen ge- bracht werden können. Zur URAG-Gruppe gehört die Wiking Helikopter Service GmbH, die über allwettertaugliche Helikopter und jahrzehntelange Erfahrungen bei Lotsenversetzungen und Transporten von Menschen und Material über See verfügt. Auf dem Flugplatz Mariensiel wird die Hubschrauberbasis betrieben mit 3 Sikorsky-Hubschraubern und 17 Piloten für Tag- und Nachteinsätze über See und Land nach Instrumentenflugregeln (IFR). Unterhalten wird ein eigener luftfahrtechnischer Betrieb; Flugbetrieb und Technik sind über eine zentrale Einsatzleitung rund um die Uhr an 365 Tagen ansprechbar und einsatzbereit.

Wiking Helikopter Service Sikorsky S-76B Offshore Sikorsky S-76A+ Offshore Einsatzart - Seelotsenversetzdienst Deutsche Bucht - Personen- und Materialtransporte - Zieldarstellung, Vermessungsflüge

- Hilfeleistungen bei Seeunfällen 31 Piloten/Windenführer 2/1 2/1 Passagiere - max. 10 (Offshore) 32 - max. 12 (Onshore) Reisegeschwindigkeit. 268 km/h Flugzeit 2 Std.30 Min 2 Std. 45 Min. (+30 Min. Reserve) (+30 Min. Reserve)

31 Die Hubschrauber sind mit einem Lasthaken für max. 1.200 kg ausgerüstet. 32 Das Sitzplatzangebot bzw. die Nutzlast kann sich je nach Flugstrecke und Einsatzprofil verringern.

8 - 31 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.4.4 Schlepper unter deutscher Flagge (Stand 01.01.2006)

BRZ Anzahl PS tbp33 Schiffsname bis 199 28 50- 971 Fahrtbeschränkung, 208-237 3 1.280-2.250 28-65 FAIRPLAY... nicht bugsierfähig

bis 199 21 66-1.524 Fahrtbeschränkung, 200-299 13 1.280-1.770 bugsierfähig 359 3 3.690 50 BUGSIER... bis 199 5 68-1.440 200-299 18 1.320-2.320 Seeschlepper 300-399 10 1.706-3.690 2.294 1 9.706 179 OCEANIC gesamt 102

8.4.4.5 Schlepper unter Bareboat-Charter (zeitweise ausgeflaggt)34 (Stand 01.01.2006)

BRZ Anzahl PS tbp Schiffsname Hafenschlepper 132-246 5 Seeschlepper 179-859 7 1.287-3.292 28-58 FAIRPLAY... gesamt 12

33 tbp: tons bollard pull (Pfahlzug) 34 Angaben BSH Hamburg

8 - 32 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.5 Seenotleitung und Seenotrettungsdienst

8.4.5.1 Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)35

Die DGzRS ist zuständig für den Such- und Rettungsdienst (SAR - Search and Rescue) im See- notfall. Sie führt diese Aufgaben eigenverantwortlich und unabhängig durch. Einsatzzentrale für alle Maßnahmen im maritimen SAR-Dienst der Bundesrepublik Deutschland ist die Seenotlei- tung Bremen (MRCC36 Bremen). Die Rettungsflotte ist bei jedem Wetter und rund um die Uhr einsatzbereit. Seit ihrer Gründung im Jahr 1865 bis Ende 2005 hat die DGzRS insgesamt 72.886 Menschen aus Seenot gerettet (127 Personen in 2005) oder aus lebensbedrohender Gefahr befreit (647 Per- sonen in 2005). Ferner wurden im vergangenen Jahr 42 Fahrzeuge vor Totalverlust bewahrt. Die Rettung aus Seenot erfolgt grundsätzlich kostenfrei und wird aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden u.ä. finanziert. Die Spenden, Sammlungen, Beiträge und Bußgelder erbrachten 2005 insgesamt 16,7 Mio. EUR (+1%). Mit diesen Einnahmen werden die laufenden Kosten finanziert für Seenotleitung Bremen (MRCC) 61 SAR-Einheiten (in der Nordsee 11 Seenotkreuzer und 12 Seenotrettungsboote; in der Ostsee 9 Seenotkreuzer, 26 Seenotrettungsboote, 3 Seenotrettungsboote auf Trailer mit SAR-Mobilfahrzeug (Unimog)) 54 DGzRS-Rettungsstationen auf den Inseln und entlang der Küsten (siehe Karte); 16 SAR-Wachen; SAR-Schule Bremen mit Außenstelle Neustadt. Der Personalumfang der DGzRS umfasst ca. 60 Mitarbeiter in der Zentrale Bremen, 185 fest- angestellte und 800 ehrenamtliche Seenotretter.

8.4.5.2 Einsatzgebiet und Stationen der DGzRS-Rettungsflotte

35 DGzRS Jahrbuch 2006 36 MRCC – Maritime Rescue Co-ordination Centre

8 - 33 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.4.5.3 Seenotleitung (MRCC) Bremen und SAR Wachen37

Das Internationale Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See soll sicherstellen, dass bei Unglücksfällen auf See Rettung, Unterstützung und eine entsprechende Koordinierung durch ein RCC (Rescue Co-ordination Centre) gewährleistet sind. Für das deutsche Such- und Rettungsgebiet wurden diese Aufgaben der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mit der Seenotleitung (MRCC) Bremen übertragen. Die Seenotleitung (MRCC) Bremen ist ständig erreichbar. Telefon: +49 (0) 421 - 536 87 – 0 Telefax: +49 (0) 421 - 536 87 14 Mobiltelefon: 124 124 (Direktwahl im Abdeckungsbereich der deutschen Netzbetreiber) UKW: Kanal 16 und DSC 70 (Rufzeichen : Bremen Rescue). Falls bei einem Notfall auf See außerhalb des deutschen Such- und Rettungsgebietes eine Verbindung mit dem dort zuständigen MRCC/RCC nicht zustande kommt, kann die Seenotleitung (MRCC) Bremen um Hilfe gebeten werden, die dann ihrerseits versucht, mit dem zuständigen MRCC/RCC Verbindung aufzunehmen. Außerdem gewährt die Seenotleitung (MRCC) Bremen auf Anforderung auch Unterstützung für ausländische MRCC/RCC bei deren Koordinierung von SAR-Maßnahmen für deutsche Schiffe in fremden Seegebieten. Die Aufgaben der bisherigen SAR-Wachen werden jetzt in enger Kooperation mit der WSV des Bundes von den jeweiligen Revierzentralen wahrgenommen, ihnen wurden gem. Erlass BMVBS38 die Aufgaben der SAR-Wachen übertragen. Sie leisten durch die Überwachung des Schiffsverkehrs mittels Radar und Funk einen wesentlichen Beitrag zur Vorbeugung von Unfällen auf See und ergänzen damit die Seenotleitung (MRCC) Bremen in idealer Weise.

8.4.5.4 SAR-Leitstelle im Flottenkommando Glücksburg39

Die SAR-Leitstelle im Flottenkommando (RCC Glücksburg – Rescue Coordination Center) steht in einem internationalen Verbund mit den Rettungszentralen der Nachbarländer. Die Seenotret- tungshubschrauber und Seefernaufklärer der Flotte, die für Rettungseinsätze in Soforteinsatzbe- reitschaft in Warnemünde, Helgoland, Kiel und Nordholz gehalten werden, werden von der SAR- Leitstelle eingesetzt. Zwischen der Seenotleitung Bremen und der SAR-Leitstelle im Flottenkommando Glücksburg besteht eine ständige direkte Telefonverbindung. Im Seenotfall kann die Seenotlei- tung Bremen Unterstützung durch SAR-Hubschrauber und -Suchflugzeuge bei der SAR-Leitstelle Glücksburg anfordern, bei deren Ausfall bei der dann zu aktivierenden alternativen SAR- Leitstelle beim Marinefliegergeschwader 3 in Nordholz bei Cuxhaven. Die Marine hat seit Bestehen ihrer SAR-Organisation (1958) 10.717 Menschen (Zählung seit 1967) (134 davon in 2005) aus Notlagen befreit.

37 DGzRS Jahrbuch 2006 38 Erlass BMVBS Az: LS 22/6224.2/6-1 vom 22.03.2004 39 FlottenKdo SAR-Leitstelle von März 2006

8 - 34 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.5 Piraterie

8.5.1 Allgemein

Die Entstehung des Weltseehandels war ein langwieriger und schmerzhafter Prozess, der sich über Jahrhunderte hinzog und durch politische Wirren, ideologische Auseinadersetzungen und blutige Kriege begleitet wurde. Die Seehandels- und Seeverkehrssysteme entwickelten sich oft unabhängig voneinander, manchmal waren sie jedoch die direkte Folge politischer und kriegerischer Auseinandersetzungen. Je nach Interesse nutzen Konkurrenten in der Auseinandersetzung um Märkte, Seegebiete und Kolonien oft genug auch staatlich geförderte Freibeuter, die mit oder ohne Kaperbriefe Jagd auf Handelsschiffe machten. So entstanden Raub- und Beutemärkte, die z.T. größer waren als die legalen. Freibeuter, Piraten und Seeräuber sind von Anfang an Begleiter der Seeschifffahrt, sind Akteure in der Auseinandersetzung um Märkte, um Anteile am Seehandel, um Einfluss und Herrschaftsgebiete. Piraterie war und ist nichts weiter als Kriminalität und Gewalt. Sie begegnet der Schifffahrt in mannigfachen Varianten, die von der einfachen, lokalen Seeräuberei bis hin zur hochorganisierten, weltweit agierenden Bandenkriminalität reicht. Dabei ist in aller Regel nicht nur das Schiff mit seiner Ladung das Ziel, sondern auch die Besatzungen mit all ihrer Habe. Häufig genug sind Opfer auch die ohnehin hilflosen und mittellosen Flüchtlinge aus Krisengebieten. Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Entführung sowie die Erpressung von Lösegeldern sind ständige Begleiter dieses Geschäfts. Da sie eine konkrete Gefahr für den Seehandel und mit der Zunahme des weltweiten Seeverkehrs auch zunehmend eine immer größere Gefahr für die „Freiheit der Meere“ waren, wurden Piraten und Seeräuber geächtet und verfolgt. Mit dem Untergang der Segelschiffszeit verlor die Piraterie im 19. und 20. Jahrhundert etwas an Bedeutung, weil sie mit dem technologischen Fortschritt im Bau moderner Handelsschiffe und mit der stetig zunehmenden höhere Geschwindigkeit der Handelsschiffe nicht mehr mithalten konnte. In der heutigen Zeit ist das Phänomen der „Piraterie“ oder der „Seeräuberei“ wieder, und dies vor allem in Verbindung mit der terroristischen Bedrohung, eine reale und ernsthafte Gefahr für die internationale Schifffahrt geworden. Das erneute Aufleben der Piraterie hängt im Wesentlichen mit den Veränderungen der internationalen Politik und der Weltwirtschaft im ausgehenden 20. Jahrhundert zusammen. Zusätzliche Gefahren schufen die Bedrohungen durch Befreiungsbewegungen und Terrorgruppen, unterstützt durch die gleichzeitige deutliche Verringerung weltweiter maritimer Präsenz nach dem Ende des Ost-West Konflikts. Ein weiterer Faktor liegt in der Ausflaggung von Handelsschiffen in Länder wie Panama, Honduras und Liberia, die kaum über Mittel zur Bekämpfung der Piraterie verfügen. Betroffen von Piraterieüberfällen und Piratenakten sind heute insbesondere die Küstenregionen der Dritten Welt, in denen die Küstenstaaten kaum die Stabilität, den Willen und vor allem die Mittel besitzen, gegen zumeist auch mit staatlichen Stellen verbundene mafiose Strukturen vorzugehen. Piraterie hat sich dort zunehmend als lukrative Einnahmequelle etabliert.

8.5.2 Definition

Nach internationalem Recht und nach Art. 100 des Seerechtsübereinkommens sind alle Staaten zur größtmöglichen Zusammenarbeit verpflichtet, um „Seeräuberei auf Hoher See oder an jedem anderen Ort zu bekämpfen, der keiner staatlichen Gewalt untersteht.“ Art. 101 des UN-Seerechtsübereinkommens von 1982 definiert „Piraterie“ für den Bereich der Hohen See und schreibt darüber hinaus die Pflichten zum Schutz von Schiffen vor seeräuberischen Attacken fest: „Seeräuberei ist jede der folgenden Handlungen:...jede rechtswidrige Gewalttat oder Freiheitsberaubung oder jede Plünderung, welche die Besatzung oder die Fahrgäste eines privaten Schiffes oder Luftfahrzeugs zu privaten Zwecken begehen oder die gerichtet ist auf Hoher See gegen ein anderes Schiff oder Luftfahrzeug oder gegen Personen oder

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Vermögenswerte an Bord dieses Schiffes oder Luftfahrzeugs;...an einem Ort, der keiner staatlichen Hoheitsgewalt untersteht, gegen ein Schiff, ein Luftfahrzeug, Personen oder Vermögenswerte...Nur wenn der betreffende Küstenstaat nicht fähig oder nicht willens ist, dem angegriffenen Schiff Hilfe zu leisten, ist ein zufällig vor Ort befindliches Kriegsschiff zumindest befugt – wenn nicht gar verpflichtet –, die Hilfeleistung an der Stelle des Küstenstaates vorzunehmen, bis die Gefahr abgewendet ist.“ Art. 105 I, 107, 111 SRÜ enthalten die Befugnis für Kriegsschiffe aller Staaten, im Falle eines seeräuberischen Angriffs auf Hoher See einzugreifen, den Angriff abzuwehren und das Tatfahrzeug aufzubringen sowie die Täter unschädlich zu machen, unabhängig von der Flagge des angegriffenen Schiffes. Piratenakte in Hoheitsgewässern werden allerdings nicht vom SRÜ erfasst, ebenso wenig terroristische Angriffe, obwohl die Mehrzahl der Piratenangriffe in den Küstenmeeren, auf Reeden und in Häfen, mithin in fremden Hoheitsgebieten erfolgt. Diesem Mangel setzt die IMO eine alternative Definition entgegen, die auch ihren Berichten und Statistiken über Piraterie zugrunde liegt: „Piracy is the act of boarding any vessel with the intent to commit theft or other crime and with the capability to use force in the furtherance of the act.” Damit werden auch Piratenakte in Hoheitsgewässern erfasst und Aktionen seeräuberisch tätig werdender Terrorgruppen zur Mittelbeschaffung. Mit dieser erweiterten Definition kann die IMO alle Angriffe und Übergriffe auf Handelsschiffe erfassen, insbesondere auch auf Reeden und in Häfen sowie in küstennahen Gewässern, wo internationale Wasserstraßen durch Küstengewässer verlaufen.

8.5.3 Angriffsmethoden

Hafenüberfall Piraten gehen mit dem Ziel an Bord, Geldmittel und wertvolle Gegenstände zu rauben. Pro Überfall werden durchschnittlich Waren im Werte von 2.000 - 20.000 US-Dollar entwendet. Diese Überfälle erfolgen im Hafen bzw. in Hafennähe oder auf Flüssen und werden meist von kleineren Gruppen von 2–8 Piraten ohne Anbindung an eine größere Organisation durchgeführt. Lösegelderpressung Piraten nehmen die Besatzung eines Schiffes in Geiselhaft und erpressen vom Eigner Lösegeld. Bei dieser Form der Piraterie gehören die Seeräuber zu einer größeren Organisation mit entsprechender Logistik. Die Piraten fungieren hier nur als ausführendes Organ, Verhandlungen und Geldübergabe finden außerhalb des Schiffes statt. Nach Übergabe des Lösegeldes verlassen die Geiselnehmer in der Regel das Schiff und lassen Schiff und Geiseln frei. Übernahme des Schiffes Piraten entern das Handelsschiff häufig mit Waffengewalt und übernehmen das Schiff mit dem Ziel, Ladung und Schiff später zu veräußern. Hier steckt eine straff geführte Form des organisierten Verbrechens dahinter, an den häufig korrumpierte staatliche Kräfte beteiligt sind. Die ursprüngliche Besatzung wird in der Regel über Bord geworfen, um keine Zeugen zu hinterlassen. Seeräuberisch handelnde Terrorgruppen Neben den o.a. drei Hauptgruppen der Piraterie existieren auch Verbindungen zu staatlichen und terroristischen Organisationen. Bei staatlichen Organisationen erfolgt eine Beteiligung von Staatsbediensteten der unteren Ränge in Form von Korruption bis zur physischen Beteiligung an Piratenüberfällen. In höheren Bereichen der Hierarchie werden auch Piraterieakte toleriert, wenn sie der Durchsetzung politischer Ziele dienen, z.B. der Durchsetzung strittiger Hoheitsrechte. Für terroristische Organisationen ist Piraterie darüber hinaus eine gute Gelegenheit, finanzielle Mittel für die Verfolgung ihrer „politischen“ Ziele zu beschaffen; hierbei handelt es sich meist um reine Beschaffungskriminalität. Der Säbel des klassischen Piraten ist mittlerweile der modernen Schusswaffe gewichen, auch Panzerfäuste und Raketen werden eingesetzt. Als Transportmittel werden kleine, wendige und vor allem schnelle Fahrzeuge bis zur Größe von Patrouillenbooten genutzt. Moderne Kommunikationsmittel stellen die zur Koordination notwendige Verbindung untereinander sicher. Geblieben ist der Enterhaken, mit den auch hohe Bordwände erklommen werden können.

8 - 36 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Einsatzmethoden Deutlich verändert haben sich die Führungsstrukturen der Piraten. Oftmals hat sich eine straff geführte Organisation gebildet mit professionell geschulten Hintermännern, die über Insiderwissen verfügen und die Piratenkommandos detailreich auf bestimmte Ladungsteile oder bestimmte Container ansetzen. Darüber hinaus organisieren sie die Abwicklung der Lösegeldforderungen, das Verschiffen der erbeuteten Ladung, die Umregistrierung des gekaperten Schiffes und die anschließende Veräußerung. Die Angriffe finden überwiegend im Schutz der Dunkelheit zwischen 22:00 Uhr und 05:00 Uhr statt, und damit in Zeiten mit der geringsten Wachbereitschaft auf Handelsschiffen. Dabei nähern sich die Piraten meist im Radarschatten dem Zielobjekt und entern das Schiff über den Heckbereich. Eine Geographie mit vielen Inseln und Meerengen, wie im Südostasiatischen Raum, begünstigt entscheidend den Wirkungskreis der Piraten. Handelsschiffe sind hier besonders angreifbar, da sie aufgrund der Geographie zu vorbestimmten Kurse gezwungen sind und wegen der geringen Wassertiefen die Geschwindigkeit reduzieren müssen. Methode 1 Die Piraten lauern in zwei flachen, offenen Motorbooten, zwischen denen sie ein ca. 90 m langes Tau gespannt haben, auf ihre Beute. Sie sind auf den Radarschirmen der Schiffe bei leicht bewegter See kaum auszumachen. In jedem Boot sitzen ungefähr ein Dutzend Piraten mit vermummten Gesichtern, die mit automatischen Waffen, Bambusstangen und Enterhaken bewaffnet sind. Der Bug des Handelsschiffes trifft das Taus; dadurch werden die beiden Boote an die Backbord- und Steuerbordseite des Frachters herangezogen und die Piraten können aufentern. Methode 2 Piraten nähern sich nachts mit schnellen Booten unbemerkt von achtern und versuchen, mit Wurfhaken und Stangen über das Heck des Frachters an Deck zu gelangen. Methode 3 Piraten fahren mit mehreren Speedbooten aus unterschiedlichen Richtungen - zumeist bei Nacht - direkt das Handelsschiff an und eröffnen sofort das Feuer aus automatischen Handwaffen auf die Brücke. So versuchen sie, ein Aufstoppen zu erzwingen, entern bei Erfolg auf und rauben das Schiff aus. Vorrangiges Ziel der Piraten ist dabei der Schiffssafe, in dem sich bis zu 30.000 US-$ für Heuern und Hafengebühren befinden können. Danach plündern sie die Kajüten der Besatzungsangehörigen und rauben aus Betriebsräumen Schiffsausrüstung. Nachdem die Besatzung eingesperrt wurde, gehen sie möglichst zügig von Bord. Darüber hinaus nehmen sie oft Geiseln, die dann erst gegen Lösegeldzahlungen wieder frei kommen. Von dem führerlosen Schiff geht eine erhebliche Gefährdung für die nautische Sicherheit aus. Ladung wird bei diesen Blitzüberfällen sehr selten gestohlen, da tragbare Beute, wie z.B. hochwertige Unterhaltungselektronik, von außen nicht erkennbar in Containern gestaut wird. Durch ihren Geschwindigkeitsvorteil nehmen die Piraten bewusst in Kauf, dass das Handelschiff einen Notruf absetzen kann. Bis Hilfe eintrifft, sind die Angreifer jedoch zumeist verschwunden. Selbst ein großer Sicherheitsabstand zu gefährlichen Küstenabschnitten reicht heute oft nicht mehr aus, vor Überfällen von schwerbewaffneten Piraten sicher zu sein. Sie operieren nicht nur im Küstenbereich, sondern mit ihren kleinen, schnellen Speedbooten z. B. auch von einem Mutterschiff aus, das vielleicht 60 – 80 sm vor der Küste „harmlos“ in der See liegt oder einen Seenotfall vortäuscht.

8.5.4 Politisch/Militärische Reaktionen auf Piraterie

Eine Bekämpfung von Piraten auf Hoher See findet kaum statt, weil die überwiegende Anzahl der Piratenüberfälle in Hoheitsgewässern bzw. in küstennahen Meerengen der Dritten Welt stattfinden, wo die Fähigkeiten zur Kontrolle der eigenen Küstengewässer kaum über den eigentlichen Hafenbereich hinaus reicht. Ein Versuch über die VN, eine Art maritime „Blauhelmmission“ zur Piratenabwehr aufzubauen, ist bisher an den Kosten und am Prinzip der staatlichen Souveränität gescheitert.

8 - 37 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Im südostasiatischen Bereich versuchen Singapur, Malaysia und Japan, die Piraterie einzudämmen, weil die internationalen Seetransportwege zu ihren Häfen oftmals durch Piraten verseuchte Gewässer führen. In Konferenzen mit Anrainerstaaten der südostasiatischen Region und mit bilateralen Vereinbarungen wird versucht, eine multinationale Piratenbekämpfung aufzubauen. Als einen ersten Schritt hat Malaysia angesichts der zunehmenden Piratenüberfälle und Bedrohungen der Schifffahrt durch Terrorismus eine eigenständige Dienststelle zur Piratenbekämpfung eingerichtet, die Malaysian Maritime Enforcement Agency (MMEA), deren Auftrag die Überwachung der Malakkastraße ist. Alljährlich passieren diese Wasserstraße, eine Meerenge von 800 km Länge, über 50.000 Schiffe. Mit derzeit sechs Patrouillenbooten und Personal der malaysischen Marine werden die Malakkastraße und die angrenzenden nationalen Gewässer kontrolliert. Künftig soll die MMEA mindestens 39 eigene Fahrzeuge zur Überwachung der malaysischen Küste erhalten. Im westafrikanischen Bereich bemüht sich Nigeria mit einem Anteil von 80% des Handelsschiffsverkehrs in dieser Region um eine flächendeckende Überwachung seiner Hoheitsgewässer durch die nigerianische Marine. Mehrmals täglich werden die Küstengewässer mit Hubschrauber- und Bootspatrouillen abdeckt. Als Besonderheit hat Nigeria mit seinen Nachbarländern vereinbart, dass für die Piratenverfolgung ihre Einheiten bis zu 15 sm in die Territorialgewässer des jeweiligen Nachbarn eindringen dürfen.

8.5.5 Piracy Reporting (RPC - Piracy Reporting Center Kuala Lumpur)

In den frühen 80er Jahren wurde unter dem Dach des International Chamber of Commerce (ICC), neben anderen Abteilungen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, das International Maritime Bureau (IMB) mit Sitz in London zur Bekämpfung der Piraterie eingerichtet, dem am 1. Oktober 1992 die Gründung des Piracy Reporting Center in Kuala Lumpur in Malaysia folgte. Die IMO entschied, dass ab 31.07.1995 das RPC einen monatlichen Bericht zu Piraten- und anderen bewaffneten Überfällen auf Handelsschiffe herausgeben sollte. Das RPC fungiert im Wesentlichen als Informations- und Warndienst für die internationale Handelsschifffahrt, erfasst rund um die Uhr alle gemeldeten Piraten- und bewaffneten Überfälle und fasst sie in einem monatlichen Bericht an die IMO zusammen. Das RPC wird als Selbsthilfeeinrichtung von Reedereien und Schiffsversicherern weltweit finanziert. Die täglichen aktuellen Lage- und Warnmeldungen zur Piraterie werden im Internet bereitgestellt. Die IMO befasst sich mit der Thematik der Bekämpfung der Piraterie auf höchsten Ebenen, z.B. in der Vollversammlung der VN. In seinen jährlichen Berichten zum Seerecht geht der Generalsekretär der VN hierauf wie auch auf andere Formen der Kriminalität auf Se ein. Adresse ICC International Maritime Bureau (IMB) Telefon: ++60 3 2078 5763; Fax:++60 3 2078 5769 PO Box 12559 Telex: MA 31880 IMBPCI 50782 Kuala Lumpur www.icc-ccs.org; Email: [email protected] Malaysia Helpline: ++60 3 2031 0014

8 - 38 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.5.6 Jahresübersicht Piraterie 2005 40

Seit 1984 (bis Ende 2005) wurden weltweit 4.061 Überfälle von Piraten, Seeräubern und Terroristen auf Handelsschiffe gezählt. Im Jahresbericht 2005 listet das Anti-Piraten-Zentrum des Internationalen Schifffahrtsbüros (IMB) in Kuala Lumpur 276 bekannte Fälle von moderner Seeräuberei auf See auf, ein Rückgang der Überfälle um 16% gegenüber dem Vorjahr. Eindeutige Gefährdungsregionen bleiben die Gewässer in Südostasien von der Malakkastraße bis nach Indonesien und den Philippinen (121 Fälle), im Indischen Ozean (36 Fälle), in der Karibik (16 Fälle) und in den Gewässern Westafrikas und Ostafrikas (80 Fälle). Am gefährlichsten ist es für Schiffsbesatzungen nach wie vor rund um Indonesien, wo insgesamt 79 Überfälle gemeldet wurden. Die Westküste Afrikas von Kamerun bis Mauretanien ist seit Jahrzehnten notorisch bekannt für Überfälle auf Reede, in Flussmündungen und Häfen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den Häfen Nigerias mit 16 Überfällen in 2005. Neue Brennpunkte der Piraterie gibt es in den Gewässern Somalias und des Irak. Vor der Küste Somalias griffen Seeräuber im vorigen Jahr mindestens 35 Mal an, während im Vorjahr nur zwei Attacken bekannt geworden waren. In den Gewässern des Irak kam es zu mindestens zehn Angriffen. Größte Sorge bereitet dem Anti-Piraten-Zentrum der ungebrochene Trend zu Schiffsentführungen auf hoher See. Insgesamt brachten Seeräuber in 23 Fällen Schiffe in ihre Gewalt, so viele, wie seit vier Jahren nicht mehr. 8 Fälle von „Seajacking“ ereigneten sich in indonesischen Gewässern. Auffällig ist der Zuwachs bei Überfällen vor der Küste Somalias mit 15 Schiffsentführungen. Zugenommen hat die Gewalt gegenüber den Schiffsbesatzungen. Kaperten Piraten vor Jahren noch Schiffe mit Macheten und Dolchen, halten sie heute M-16 Sturmgewehre und andere Schnellfeuerwaffen im Anschlag. 2005 brachten Seeräuber 440 Besatzungsmitglieder von Schiffen in Ihre Gewalt, um Lösegeld zu erpressen. Das ist die höchste Zahl seit Beginn der Statistik im Jahr 1992. 12 Crewmitglieder werden vermisst, 24 Personen wurden bei Angriffen verletzt.

Entwicklung der Piratenüberfälle in den letzten Jahren

550 500 469 445 450 370 400 335 329 350 300 276 300 247 228 202 250 188 200 106 150 103 90 100 50 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

40 ICC (International Maritime Bureau): Piracy and Armed Robbery against Ships – Annual Report 2005 vom 31.01.2006

8 - 39 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.5.7 Regionale Verteilung der Piratenüberfälle auf Handelsschiffe in 2005

Regionale Verteilung der Piratenüberfälle 2005

25 13 80 Afrika 36 Südostasien Indien Amerika/Karibik Rest 122

8.5.8 Regionale Übersicht der Überfälle/Angriffe in Südostasien

8 - 40 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

8.5.9 Regionale Übersicht der Überfälle/Angriffe in Afrika

8.5.10 Regionale Übersicht der Überfälle/Angriffe in Südamerika

8 - 41

Energiewirtschaft und -versorgung 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9 Energiewirtschaft und -versorgung

9.1 Weltweite Energiereserven

9.1.1 Weltenergiebedarf1 Die Internationale Energieagentur (IEA), EU-Kommission und internationale Energiekonzerne (z.B. Shell, ExxonMobil und BP) ziehen in ihren Studien vergleichbare Schlussfolgerungen zum weltweiten Energiebedarf und der Versorgungssicherheit. Das Weltenergiewachstum verlangsamte sich 2005 von 4,4% in 2004 auf nun 2,7%.2 2004 war der stärkste Anstieg seit 20 Jahren zu verzeichnen. Im Jahr 2004 wurden weltweit rund 16 Mrd. t SKE Primärenergie3 ver- braucht. Das bedeutet gegenüber 1970 eine annähernde Verdoppelung. Seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben sich die Zuwachsraten des Energieverbrauchs in den In- dustrieländern bei weiterhin hohem Bedarf zwar abgeschwächt. Bis zum Jahr 2030 ist aber nach den Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) mit einem weiteren Anstieg des globa- len Energieverbrauchs um weitere 50% auf dann 24 Mrd. t SKE zu rechnen.

Auch in Zukunft werden fos- sile Brennstoffe (Erdöl, Erdgas und Kohle) den größten Teil des Energieaufkommens aus- machen, sie müssen in den nächsten 30 Jahren etwa 83% des weltweiten Verbrauchsan- stiegs decken. Der weltweite Erdölverbrauch ist seit 1994 um 20% gestiegen und laut Prog- nosen dürfte die weltweite Erdölnachfrage jährlich um 1,4% wachsen; der Erdgasbe- darf dürfte sich bis 2030 etwa verdoppeln. Die Öl- und Erd- gasvorräte hierfür sind in aus- reichendem Maße vorhanden. Die geschätzten Öl- und Erdgasressourcen haben sich durch Zugang zu neuen Quel- len und durch die technische Weiterentwicklung erhöht und sie werden wahrscheinlich in die- sem 21. Jahrhundert noch die wichtigsten Energiequellen bleiben. Die Reserven, d. h. die derzeit technisch und wirtschaftlich gewinnbaren Mengen, an nichterneuerbaren Energierohstoffen betrugen Ende 2004 insgesamt etwa 37.500 EJ4 bzw. 1.300 Gt SKE. Sie waren damit etwas höher als Ende 2001. Einem Anstieg der Reserven bei konventionellem Erdöl, Erdgas und Hartkohle steht eine unveränderte Reservensituation bei der Weichbraunkohle und den Kernbrennstoffen gegenüber. Fossile Treibstoffe werden dabei knapp 90% der gesamten Energieversorgung ausmachen. Die globalen Reserven an Energierohstoffen lassen, bis auf das konventionelle Erdöl, langfristig eine ausreichende Deckung des Energiebedarfs erwarten. Erdöl wird die Hauptener- giequelle bleiben (34%), gefolgt von Kohle (28%) und Naturgas (25%). Nach Schätzungen der EU-Kommission werden die weltweite Energienachfrage und der weltweite CO2-Ausstoß bis 2030 voraussichtlich um rund 60% steigen. 2030 wird voraussichtlich mehr als zwei Drittel des weltweiten Energiebedarfs in den Entwicklungsländern entstehen (ge- genwärtig etwa 40%).

1 World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur (IEA) vom November 2005 (IEA 2005) 2 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) 3 „Jahresbericht Steinkohle 2005“ des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlebergbaus, Essen, Oktober 2005 4 EJ – Exajoule = 1 EJ = 1018 J = 278.109 kWh = 34,1x106 t SKE

9 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Am dynamischsten steigt der Energiebedarf in den Schwellenländern Südostasiens und La- teinamerikas, die ein kräftiges Wirtschaftswachstum aufweisen und verstärkt zu den Industrie- ländern aufschließen. Eine sichere und schnell wachsende Energieversorgung ist jedoch Voraus- setzung für ihren erfolgreichen wirtschaftlichen Aufholprozess. Zugleich bringt der Zugriff auf sichere und kostengünstige Energien Vorteile im Standortwettbewerb. Allein auf China und Indien entfällt ein Drittel des weltweiten Wachstums. Der chinesische Rohstoff- und Energiebedarf wird zunehmend die Öl- und Gasmärkte bestimmen, am stärksten aber, so BP, sei davon die Kohle betroffen. Mittlerweile verdoppelte China seinen Primärenergieverbrauch gegenüber 1990. Schon heute ist China nach den Vereinigten Staaten das Land mit dem zweitgrößten Energieverbrauch der Welt - einem BP-Bericht zufolge 15,5% des Welt- Energieverbrauchs5 -, Indien das mit dem sechstgrößten. Indien wie China verfügen über große Energierohstoffvorkommen. China ist der größte Stein- kohlenproduzent der Welt, Indien nach den USA der Drittgrößte. Trotz großer Kohlenvorräte und hoher Wasserkraft-Potenziale hat China weiterhin einen stark wachsenden Importbedarf an fossilen Energieträgern.

9.1.2 Weltenergieversorgung und Versorgungssicherheit6

Beim Blick auf die Reserven und Ressourcen der fossilen Energieträger spricht vieles dafür, dass diese die Weltenergieversorgung auch mittelfristig noch sicherstellen werden. Die meisten Prognosen erwarten bis zum Jahr 2020 keine grundsätzlichen Engpässe bei der Verfügbarkeit fossiler Energieträger, wenngleich die Energiekosten zum Teil drastisch ansteigen werden. Diese Betrach- tung geht jedoch von aktuellen Ge- gebenheiten aus und unterliegt den Korrekturen der realen Entwick- lung. Diese wird u.a. bestimmt von der zukünftigen Verbrauchsent- wicklung, dem technologischen Fortschritt bei der Erschließung sowie der Preisentwicklung. Steigen die Markt- preise wie derzeit, könnten zunehmend bisher noch nicht wirtschaftlich gewinnbare Ressourcen zusätzlich zum Einsatz kommen.

5 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) 6 „Jahresbericht Steinkohle 2005“ des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlebergbaus, Essen, Oktober 2005

9 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Mit der Zunahme des Verbrauchs fossiler Energieträger und den länger werdenden Trans- portwegen rücken auch die Gefährdungen und die Störanfälligkeit der Energieversorgung im- mer stärker in den Blickpunkt. Mit rund 450 Mio. Verbrauchern ist die EU der weltweit zweit- größte Energiemarkt. Die EU ist weltweit führend, was die Nachfragesteuerung, die Förderung neuer und erneuerbarer Energieformen und die Entwicklung von Technologien mit geringem oder keinem CO2-Ausstoß betrifft. Die EU-Kommission hat zur Sicherstellung der Energieversorgung am 08.03.2006 ein Grünbuch zur Energiestrategie Euro- pas7 herausgegeben. Darin nimmt sie Stellung zum Energiebedarf und zur Versorgungssicherheit Eu- ropas. Die EU verfolgt mit ihrer Energiestrategie das Ziel, die sichere Verfügbar- keit von Energie zu er- schwinglichen Preisen vor- rangig sicher zu stellen.

Integrierte, wettbe- werblich organisierte Strom- und Gasmärkte mit einem Minimum an Stö- rungsanfälligkeit sind da- bei eine wesentliche Grundvoraussetzung, denn der Energiebedarf der Union wird in den nächs- ten 20 bis 30 Jahren zu 70% (statt wie derzeit zu 50%) durch Importe gedeckt werden müssen, d.h. die Importabhängigkeit in der Energieversorgung wird weiter zunehmen. Ein Drittel des Stroms zur Deckung des Energiebedarfs der EU wird aus Erdöl und Erdgas, ein weiteres Drittel aus Stein- und Braunkohle gewonnen. Wegen des Klimawandels kann diese Er- zeugung nur dann fortgesetzt werden, wenn sie EU-weit mit dem Einsatz marktüblicher Techno- logien zur Kohlendioxidsequestrierung und marktüblicher umweltfreundlicher Kohletechnolo- gien verbunden ist. Etwa ein Drittel des Stroms in der EU wird derzeit aus Kernenergie erzeugt; die Kernenergie ist unter gebührender Beachtung der Problematik der nuklearen Abfälle und der nuklearen Sicherheit gegenwärtig die größte weitgehend CO2-freie Energiequelle in Euro- pa.8 Um die Ziele einer nachhaltige Energienutzung, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssi- cherheit zu erreichen, muss die EU sicherstellen, dass sichere und CO2-arme Energiequellen einen bestimmten Mindestanteil am gesamten Energieträgermix in der EU ausmachen. Dies würde die Freiheit der Mitgliedstaaten, zwischen verschiedenen Energiequellen zu wählen, mit dem Erfor- dernis der EU insgesamt, über einen Energieträgermix zu verfügen, der ihren drei zentralen Zie- len im Energiebereich gerecht wird, verbinden. Europa ist die Region der Welt, die mit Abstand das meiste Erdgas einführt. Zwischen 2000 und 2030 wird sich die Erdgaseinfuhr in die EU mehr als verdoppeln. Russland, der wichtigste Lieferant Europas und größte Erdgasproduzent und -exporteur der Welt, wird den wachsenden Bedarf nicht decken können, zumal auch die großen Märkte Asiens künftig beliefert werden sollen. Im Vergleich hierzu und zum strategischen Engagement der USA und Russlands spielt die EU in dieser für die künftige globale Öl- und Gasversorgung entscheidenden Region nur eine nachgeordnete, Deutschland praktisch keine Rolle.

7 Grünbuch der EU-Kommission „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und siche- re Energie“, Brüssel 08.03.2006 8 Grünbuch der EU-Kommission vom 08.03.2006, a.a.O., Seite 10

9 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.1.3 Welt-Primärenergieverbrauch (PEV) nach Energieträgern9

Weltweit hat der Verbrauch an Energierohstoffen (Primärenergieverbrauch PEV) in den letz- ten Jahrzehnten zugenommen. In den letzten drei Jahrzehnten stieg der PEV um ca. 70 %. Dabei war der Zuwachs bei Erdöl und Erdgas besonders stark ausgeprägt, während der Verbrauch von Kohle stagnierte. Die Internationalen Energie Agentur (IEA) erwartet in ihrer Prognose bis zum Jahr 2030 (IEA 2005) einen Anstieg des PEV um 52%, macht aber ebenfalls deutlich, dass rund 1,4 Mrd. Menschen 2030 weiterhin ohne Zugang zu kommerzieller Energie und ohne Aussicht auf Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse sein werden.

in Mio. t ÖE10 1970 1980 2000 2002 2003 2004 2005 Mineralöl 2.252,6 2.979,9 3.519,0 3.522,5 3.636,6 3.636,6 3.836,8 Kohle 1.554,7 1.819,3 2.216,8 2.397,9 2.578,4 2.578,4 2.474,7 Naturgas 924,0 1.302,7 2.157,5 2.282,0 2.331,9 2.331,9 2.929,8 Wasserkraft 102,2 147,7 616,9 592,1 595,4 595,4 668,7 Kernenergie 20,3 183,4 585,0 610,6 598,8 598,8 627,2 gesamt 4.853,8 6.433,0 9.092,2 9.405,0 9.741,1 9.741,1 10.537,1

11 Das Erdöl deckt in den meisten Regionen den Primärenergieverbrauch zu etwa 40%. Im Na- hen Osten und in Lateinamerika liegt der Erdölanteil mit 52% bzw. 46% deutlich höher. Mit 18% liegt er dagegen in der GUS extrem niedrig. Hier wird etwa die Hälfte des Primärenergie- verbrauchs durch Erdgas gedeckt. Auch im Nahen Osten liegt der Erdgasanteil mit 45% extrem hoch, wogegen er in den meisten anderen Regionen um 20% liegt. In Austral-Asien erreicht er nur 10%. Hier erreicht die Kohle einen Anteil von ca. 47%, in Afrika ca. 33% und in Nordameri- ka, Europa und in der GUS je um die 20%. Mit einem Anteil von ca. 12% am PEV spielt die Kern- energie in Europa eine wichtige Rolle – weltweit liegt ihr Anteil bei ca. 5,5%. Die Wasserkraft erreicht in Lateinamerika einen Anteil von ca. 27%, in allen anderen Regionen spielt sie mit we- niger als 5% eine untergeordnete Rolle. Beim Verbrauch von Energierohstoffen gibt es große Ungleichgewichte. So entfallen auf die Entwicklungs- und Schwellenländer mit einem Bevölkerungsanteil von fast 80% nur gut 40% des Kohleverbrauchs, ein Drittel des Erdölverbrauchs und lediglich 13% des Erdgasverbrauchs der Welt. Das unterstreicht die Bedeutung der Kohle speziell für die Entwicklungsländer. Demgegenüber verbrauchen die OECD-Länder mit einem Bevölkerungsanteil von lediglich 17% etwa 60% des Erdöls und die Hälfte des Erdgases sowie über 40% der Kohle. Vor diesem Hinter- grund fordert der World Energy Council (WEC), alle verfügbaren Energieoptionen offen zu hal- ten und weiterzuentwickeln. Energiearmut würde sonst neben Wasserknappheit und Epidemien zu einem der größten Menschheitsprobleme der nächsten Dekaden. Erdöl wird mit einem Anteil von 36,8% am Primärenergieverbrauch der dominierende Ener- gieträger bleiben, da der weltweit dynamischste Verbrauchsbereich, der Verkehrssektor, derzeit fast vollständig auf Öl angewiesen ist. Regional entfallen auf die Länder des Nahen Ostens ca. 62% der Weltreserven, ca. 13% auf Amerika und knapp 10% auf die GUS. Bei den wirtschaftspo- litische Gruppen ist die Verteilung noch ungleichmäßiger. Die OPEC verfügt über fast 73% der Reserven (davon 61% in der Golf-Region), die OECD nur über knapp 8%, während auf die sons- tigen Länder gut 17% entfallen. Diese Zahlen unterstreichen die Sonderstellung der OPEC für die künftige Versorgung mit Erdöl.12 Erdgas wird mit einem Anteil von ca. 24% am Welt-Primärenergieverbrauch hinter Erdöl und Steinkohle drittwichtigster Primärenergieträger bleiben. Über die Hälfte der Erdgasreserven ist in drei Ländern konzentriert: Russland, Iran und Katar. Bei einer prognostizierten Versiebenfa- chung des Einsatzes zur Stromerzeugung kann sich der Anteil bis 2030 auf etwa 25% ausweiten, sofern Gaspreissteigerungen diesen Trend nicht abbremsen.

9 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) 10 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006): Primary Energie Consumption 11 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Ener- gierohstoffen 2004, 31.12.2004 12 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, a.a.O., Seite 19

9 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Kernenergie hat einen Anteil von insgesamt etwa 6% am Gesamtenergieverbrauch. Der Kernenergieverbrauch stieg 2005 nur um 0,6%, wuchs jedoch überdurchschnittlich im asiatisch- pazifischen Raum, wo vier neue Reaktoren ans Netz gingen. 2030 wird der Anteil an der Energie- versorgung weltweit weiter bei etwa 6% liegen, was nach 2020 wieder neue Atomkraftwerke erfordern wird, die in den Industrieländern gebaut werden müssten. Kohle bleibt die am schnellsten wachsende Energie und wird nach Einschätzung der IEA wei- ter eine führende Rolle in der Stromerzeugung behaupten. Kohle hat einen weltweiten Anteil an den Energiereserven von etwa 65% und nimmt mit einem Anteil von ca. 27,5% (Steinkohle 24,5%, Braunkohle ca. 3%) am weltweiten Primärenergieverbrauch die zweite Stelle hinter Erdöl ein. Mit Abstand besitzen die USA mit ca. 32% die weltweit größten Steinkohlereserven vor Russland mit ca. 19%, China mit ca. 12%, Australien mit 9% und Indien mit 8%. Die größten Braunkohlereserven lagern in Australien (18,4%), gefolgt von Indien (17,1%), den USA (16,3%), China (9,1%), auf dem Balkan (7,8%) und Russland (5,1%). Bei der Stromerzeugung ist Kohle mit einem Anteil von 37% der wichtigste Energierohstoff, dafür werden etwa zwei Drittel der weltweiten Kohleförderung eingesetzt. Der derzeit größte Verbraucher ist China, auf das 36,9% des Weltbedarfs entfällt. Der chinesische Kohleverbrauch wuchs 2005 um 10,9% nach 14,4% in 2004 und wird fast ganz im Inland produziert. Außerhalb von China wuchs er nur gering um 1,8% und lag damit nur leicht über den Zehnjahresdurch- schnitt von 1,5%. Erneuerbare Energien: Wasserkraft hat einen Anteil von etwa 6% am Gesamtenergie- verbrauch und stieg in 2005 um 4,2%, hauptsächlich bedingt durch das fortgesetzte Wachstum in China, das der größte Produzent von Strom aus Wasserkraft bleibt. Die installierte Windkraft- kapazität wuchs 2005 zwar um 28,6%, erzeugt aber immer noch erst geschätzte 0,7% des welt- weiten Strombedarfs.

9 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.2 Weltweite Energiereserve Erdöl

9.2.1 Weltölreserven

Das Gesamtpotenzial an fließfähigem Erdöl, das nicht in Ölsänden und Ölschiefern gebunden ist, beträgt weltweit etwa 400 Mrd. t13, von denen bereits etwa 33% gefördert und verbraucht sind. Seit Beginn der Erdölförderung im 19. Jahrhundert hat die Menschheit bereits etwa 137 Mrd. t gefördert. Öl zählt zwar wie alle fossilen Energieträger zu den endlichen Ressourcen; Sorgen vor einem baldigen Versiegen der Ölquellen sind aber unbegründet. Die als „Weltölreserven“14 definierten Rohölvorkommen sind 2005 trotz der hohen Förderung weiter gestiegen. Die gegenwärtig explorierten Reserven betragen nach neuesten Schätzungen ca. 163,6 Mrd. t, die noch zu findenden ca. 84 Mrd. t. Diese Reserven umfassen jedoch nur einen kleinen Teil der gesamten Ölvorräte. In die Berechnung der Ölreserven werden jedoch nur die bestätigten, mit heute vorhandener Technik und bei heutigem Preisniveau wirtschaftlich förderbaren Vorräte einbezogen. Nicht in diese Berechnung der Reserven einbezogen sind alle Lagerstätten, die diese Kriterien nicht erfüllen, z. B. der größte Teil der in Ölsanden und Ölschiefer gebundenen Ölvorkommen. Diese so genannten nicht-konventionellen Ressourcen könnten selbst einen steigenden Weltölbedarf einige hundert Jahre lang decken. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt diese Ressourcen auf über 570 Mrd. t, davon etwa 100 bis 200 Mrd. t aus Schweröl, Teersand, Ölschie- fer.

Hält der derzeitige weltweite Ölverbrauch15 von jährlich 3,9 Mrd. t an, würden die verfüg- baren und nachgewie- senen Ölreserven noch etwa 41 Jahre reichen. Diese Reichweite um- fasst die Ölmenge, die bei den gegenwärtigen Ölpreisen und mit der heute verfügbaren Technik noch wirt- schaftlich gefördert werden kann. Sofern die jährlichen Förderungen in dem bisher üblichen Maße weiter steigen, wird etwa zwischen 2010 und 2020 der „depletion mid-point“ erreicht werden. Das Gesamtpotenzial der Erdölvorräte wird dann zur Hälfte erschöpft sein.

13 US Geological Survey in World Petroleum Assessment 2000 14 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) iVm. MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl- Zahlen 2005 (Mai 2006) 15 EU-Kommission: World Energy, Technology and climate policy outlook 2030 – WETO (2003); URR - The Ultimate Recoverable Resources (URR) of oil and gas are simulated from a base year value on the basis of the impact of increasing recovery rates

9 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Neben der Verfügbarkeit von Rohöl ist seine geografische Verteilung von Bedeutung. Die Staaten mit den höchsten Ölreserven16. gehören mit Ausnahme Kanadas der OPEC an. Auf die Mitgliedstaaten dieser Organisation entfallen mit rund 132 Mrd. t gut 75% der bekannten Reserven. Allein in Saudi-Arabien lagert etwas mehr als ein Fünftel der Weltölreserven. Iran, Irak und Kuwait weisen jeweils zwischen 8% und 10% dieser Vorkommen auf. Neben den Staaten im Nahen Osten verfügen Russland und Venezuela über die derzeit größten Reserven. Die Ölreserven Norwegens und Großbritanniens betragen zusammen 1,8 Mrd t, was einem Anteil von gut 1% an den Weltölreserven entspricht.

16 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) und MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl- Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.2.2 Weltrohölförderung 17

Die Weltrohölförderung stieg 2005 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 1% auf 3,895 Mrd. t und erreichte damit einen neuen Höchststand. Überdurchschnittlich stark nahm die Ölproduktion in den GUS- und OPEC-Staaten zu. Die OPEC-Staaten förderten 1,625 Mrd. t (+2,5%) und die GUS insgesamt 577,4 Mrd. t (+3,7%). Weltweit größter Rohölproduzent blieb Saudi-Arabien mit 526,2 Mio. t, gefolgt von Russland, das seine Rohölproduktion um gut 2,7% auf 470 Mio. t steigerte. Beide Staaten haben damit einen Anteil von 13% bzw. 12% an der weltweiten Rohölförderung. Die USA förderten nur noch 310,2 Mio. t, 5,5% weniger als 2004. Damit haben sie nur noch einen Anteil von 8% an der Weltölförderung. Mit deutlichem Abstand zu den USA folgt Iran auf dem vierten Rang der größ- ten Ölproduzenten mit 200,4 Mio. t (-0,8%). Weitere bedeutende Förderländer sind Mexiko mit einer Rohölproduktion von 187,1 Mio. t, China mit 180,8 Mio. t, Venezuela mit 154,7 Mio. t, Nor- wegen mit 138,2 Mio. t und Kanada mit 145,2 Mio. t Rohöl. Die Rohölförderung in Europa ging weiter deutlich zurück. Mit 252,8 Mio. t wurde gut 9% weniger Rohöl produziert als 2004. In der EU-25 wurden insgesamt 114,6 Mio. t gefördert, was einen Anteil an der Weltölförderung von 2,9% ausmacht. Norwegen nimmt mit einer Rohölför- derung von 138,2 Mio. t (-7,5%) unter den weltweit größten Produzenten derzeit den achten Rang ein. Noch stärker verringerte sich die Förderung Großbritanniens um 11% auf 84,7 Mio. t. Die Höhe der deutschen Ölförderung ist im weltweiten Maßstab zu vernachlässigen. Mit 3,47 Mio. t lag sie in 2005 um 0,2% über der des Vorjahres. Das entspricht zwar nur 0,1% der Weltölproduktion, deckte aber 3% des deutschen Rohölbedarfs.

9.2.3 Weltweiter Ölverbrauch18

Der weltweite Mineralölverbrauch stieg 2005 um 1,3% auf 3,836,8 Mrd. t. Die größten Ölverbraucher verzeichneten nur leichte Steigerungsraten bzw. stagnierten. Der weltweit größte Verbraucher sind die USA mit 944,6 Mio. t, aber rund 4 Mio. t weni- ger als 2004. Da gleichzeitig auch die Förderung weiter zurückging, mussten die USA im vergangenen Jahr 67% ihres Ölbedarfs importieren. Vor zehn Jahren deckten sie noch die Hälfte ihres Verbrauchs mit eigener Rohölförderung. China blieb mit 327,3 Mio. t und 8,5% der Weltölnachfrage zweitgrößter Ölverbraucher hinter den USA, die nach wie vor ein Viertel des weltweit geförderten Öls konsumieren. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat China damit seinen Ölverbrauch um das Zweieinhalb- fache erhöht. Japan folgt als drittgrößter Ölverbraucher mit 244,2 Mio. t und einer moderaten Steige- rungsrate von 1,4%%. Mit deutlichem Abstand folgt Russland, das seinen Verbrauch um 1,4% auf 130,0 Mio. t erhöhte. Der fünftgrößte Ölverbraucher ist Deutschland mit 121,5 Mio. t, einem Anteil von gut 3,2% am Weltverbrauch. Indien folgt als Ölverbraucher mit 115,7 Mio. t, 3,5% weniger als 2004. Damit steht Indien hinter Deutschland auf dem sechsten Rang unter den Ländern mit dem höchsten Mineral- ölverbrauch. Der Ölverbrauch Europas stieg auf 744,5 Mio. t, der Verbrauch in der EU-25 auf 700,4 Mio. t; das entspricht einem Anteil von 18,3% an der Weltölnachfrage. Aus eigener Förde- rung kann die EU-25 mit 114,6 Mio. t nur 16,4% seines Bedarfs decken.

17 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) und MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl- Zahlen 2005 (Mai 2006) 18 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) und MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl- Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.2.4 Rohölförderung und weltweiter Verbrauch19

945 700

600 526

470 450

327 310 300 244 200 187 181 155 138 145 130 150 115 122 116 87 100 106 78 88 25 36 10 0 4 0 0

SAU IRN VEN NOR KAN RUS USA MEX CHN EU-25 JAP DEU IND KOR

Rohölförderung Mineralölverbrauch

19 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006)

9 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.3 Weltweite Energiereserve Erdgas20

9.3.1 Erdgasverbrauch weltweit

Erdgas, vor allem verflüssigtes Erdgas (LNG - liquified natural gas), wird als Energieträger der Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen. Nach einer Prognose der Internationalen Energie- Agentur wird der Gasverbrauch in den kommenden Jahrzehnten jährlich um 2,8% anwachsen. Für das Jahr 2020 wird ein Anteil am Primärenergieverbrauch von rund 25% prognostiziert. Da- mit bleibt Erdgas auch in Zukunft ein wichtiger Faktor für die sichere Versorgung der Bürger mit Energie. Weltweit sind die Erdgasreserven dabei groß genug, um auch eine weiter steigende Nachfrage in allen großen Verbrauchsregionen decken zu können. Der weltweite Erdgasverbrauch21 stieg in 2005 um 2,3% auf 2.749,6 Mrd. m³. Bis 2030 dürfte sich der weltweite Verbrauch auf geschätzte 4.700 Mrd. m³ etwa verdoppeln. Nach den USA mit 635,5 Mrd. m³ (-1,5%) zählt die Russische Föderation mit 405,1 Mrd. m³ (+1,1%) weltweit zu einem der größten Verbraucher. Die EU-25 verbrauchte 2% mehr (471,2 Mrd. m³), wobei allein Spaniens Gasbedarf um 18,2% auf 32,3 Mrd. m³ stieg. Einen noch stärkeren Verbrauchszuwachs verzeichneten die Türkei mit 24,1% auf 27,4 Mrd. m³; China mit 20,8% auf 47,0 Mrd. m³ und Indien um 12,2% auf 36,6 Mrd. m³.

Zur Deckung dieses Bedarfs sind neue logistische Netzwerke erforderlich, um die Vorräte aus den großen Lagerstätten Asiens, des Mittleren Ostens und Afrikas zu den Konsumenten in Nordamerika, Europa und Südostasien bringen zu können, denn die Erdgasvorräte liegen überwiegend weit von den Absatzmärkten entfernt; sie verfügen auch nicht über eigene Pipelineanschlüsse. Um die Erdgasversorgung sicher stellen zu können, müssen Westeuropa und Ostasien zudem eine Vielzahl neuer Umschlagterminals ans Netz bringen, die wegen möglicher Widerstände in der jeweiligen Bevölkerung verstärkt als Offshore- Umschlagterminals weit vor der Küs- te geplant und dann per Pipeline mit Lagertanks am Ufer verbunden werden sollen.

20 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) 21 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006)

9 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.3.2 Verteilung der Erdgasreserven22

Die weltweiten Erdgasreserven stiegen leicht auf 179.830 Mrd. m³. Die Erdgasreserven entsprechen im Energiegehalt etwa 75% der nachgewiesenen Rohölreser- ven (etwa 33 Mrd. t Erdgas entsprechen etwa 26 Mio. t Erdöl). Bei gleichbleibender Erdgasför- derung reichen die Reserven ca. 65 Jahre. Der Anteil der EU-25 an den Erdgasreserven beträgt 2,57% und Deutschlands 0,19%. In den Staaten der EU-25 reichen die Gasreserven bei gleichblei- bender Fördermenge durchschnittlich noch etwa 13 Jahre. Die IGN (Internationale Gasunion) schätzt die wirtschaftlich nutzbaren Gasreserven weltweit auf etwa 350.000 Mrd. m³. Bei dem aktuellen Niveau der Erdgasförderung würden diese Reser- ven somit mindestens noch für die nächsten 210 Jahre reichen.

22 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006)

9 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.4 Weltweite Energiereserve Kohle

9.4.1 Weltweite Kohlereserven

Die Kohle wird in den kommenden Jahrzehnten weltweit der am stärksten genutzte fossile Energieträger in der Stromerzeugung sein, hauptsächlich über die Kohlevergasung. Die Kohle ist nicht nur ein langfristig verfügbarer Energieträger für die Stromerzeugung, sondern auch ein unverzichtbarer Rohstoff für die Stahlindustrie und für andere energetische oder industrielle Nutzungen. Gut 909 Mrd. t23 sind derzeit weltweit förderbar. Bei heutigem Verbrauch reichen diese Vorräte etwa 155 Jahre, ein Mehrfaches länger als die von Öl und Gas. Der weltweite Primärenergiebedarf wird heute zu rund 80% durch Kohle (16%), Öl (40%) und Gas (24%) gedeckt. Diese Energien werden auch die Hauptlast der globalen Verbrauchszu- wächse tragen müssen. Rund 65% der gewinn- baren Weltvorräte an fossilen Energien entfal- len auf die Kohle. Allerdings trägt die Kohle zur Deckung des Weltenergieverbrauchs heute und nach den Prognosen der IEA auch noch im Jahr 2030 – mit einem Fünftel allerdings nur unterproportional bei. Im Gegensatz zu den Öl- und Gasvorkommen sind die Kohlevorräte zudem global vergleichs- weise aus-gewogen ver- teilt. Rund 60% der weltweit geförderten Kohlenmengen entfallen derzeit auf China und die USA. In den USA wird Kohle fast ausschließlich zur Stromerzeugung genutzt. Zwei Drittel des bis zum Jahr 2030 erwarteten zusätzlichen Kohlenbedarfs wird auf die Koh- lenländer China und Indien entfallen. Dort wird Kohle Basis einer positiven wirtschaftlichen Ent- wicklung sein, wenn der erhebliche Investitionsbedarf bei Kohleförderung und Infrastruktur ge- deckt werden kann. Trotz großer eigener Kohlenvorkommen wird auch von China und Indien ein deutlicher Anstieg der Importe erwartet. Angebotsseitig konzentriert sich der internationale Kohlenmarkt bereits heute zu über 85% auf nur fünf Lieferregionen. Australien als größter Kohlenexporteur wird seine Position im Zeitraum bis 2025 noch weiter ausbauen und dann gut ein Drittel der gehandelten Kohle liefern. Auf Rang zwei folgt China, das seine Kohlenexporte in den vergangenen Jahren mehr als ver- doppelte, gefolgt von Indonesien, Südafrika und Südamerika. Beim Koks stammen über 50% des Weltmarktangebotes allein aus China. Bis zum Jahr 2025 werden Kolumbien/Venezuela zu den fünf größten Kohlenexporteuren zählen, auf die dann rund 90% des Weltkohlenhandels entfallen werden.

23 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006)

9 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.4.2 Weltkohlenvorräte und Kohleförderung in der EU(25)24

24 „Jahresbericht Steinkohle 2005“ des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlebergbaus, Essen, Oktober 2005

9 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.4.3 Verteilung der weltweiten Kohlereserven 25

Die nachgewiesenen Kohlereserven betrugen weltweit Ende 2005 909,064 Mrd. t und werden wahrscheinlich bei gleichbleibender Förderung noch etwa 155 Jahre reichen. Der Anteil Europas daran beträgt 31,6% und Deutschlands 0,7%.

25 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006)

9 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.5 Nutzung erneuerbarer Energien und der Kernenergie26

9.5.1 Erneuerbare Energien (EE)27

Eine zukunftsfähige Energiewirtschaft zeichnet sich durch Umweltverträglichkeit, Wirtschaft- lichkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Ressourcenschonung, Sicherheit, Sozialverträglichkeit und gesell- schaftliche Akzeptanz aus. Auf unserer Erde sorgt ein außerordentlich großes Angebot an uner- schöpflichen Energieströmen dafür, dass prinzipiell ein Vielfaches unseres Energiebedarfs ohne Rückgriff auf endliche Energieressourcen gedeckt werden kann. Zur Verfügung stehen die auf die Kontinente eingestrahlte Solarenergie, die kinetische Energie des Windes, der Meereswellen und der Meeresströmungen, die jährlich nachwachsende Biomasse, die potenzielle Energie des Wassers, die geothermische Energie und die Wärmeenergie der Meere. Diese Energieströme ent- sprechen etwa dem 3.000-fachen des derzeitigen jährlichen Weltenergieverbrauchs. Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme bergen als Erneuerbare Energien (EE) enor- me Potenziale für Arbeitsplätze, Klimaschutz, den Schutz natürlicher Ressourcen und generell für den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung. Unter Beachtung dieser einschränkenden Kriterien sind von den natürlichen Energieströmen nur wenige Promille (Solarstrahlung, Wind) bis Prozente (Biomasse, Erdwärme) energetisch nutzbar.

26 BMU – Entwicklung erneuerbarer Energien, April 2006 27 BMU – Entwicklung erneuerbarer Energien, April 2006

9 - 15 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Zwar hat sich die Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien in den letzten etwa 30 Jahren annähernd verdoppelt, gleichzeitig stieg aber auch die Nutzung von Kohle, Öl, Erdgas und Kernenergie. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Weltenergieverbrauch von gut 13% ist deshalb nicht gestiegen. Zurzeit stellt der traditionelle Einsatz von Biomasse in Form nicht- kommerzieller Brennholznutzung in zahlreichen wenig entwickelten Ländern knapp 9% des weltweiten Primärenergieverbrauchs bereit. Diese Nutzung erfolgt aber zum Teil nicht nachhal- tig. Die übrigen erneuerbaren Energien, allen voran die Wasserkraft (technische Nutzung im Be- reich von 10%) haben zusammen einen Anteil von 4,8%28. Kernenergie trägt mit 6,4% zur De- ckung des Bedarfs bei. Somit basieren 80% der Weltenergieversorgung auf fossilen Energieträ- gern, bei der kommerziellen Nutzung sogar fast 90%. Das global insgesamt technisch nutzbare Potenzial der erneuerbaren Energien liegt aber selbst bei strengen Restriktionen in der Größenordnung des Sechsfachen des derzeitigen welt- weiten Bedarfs an Endenergie. Etwa zwei Drittel davon stellt die Strahlungsenergie der Sonne. Erneuerbare Energien können also im Prinzip auch einen noch steigenden Energiebedarf der Menschheit vollständig und auf Dauer decken. Beiträge erneuerbarer Energiequellen im Bereich von 50% und mehr am Weltenergieverbrauch könnten bereits bis zur Mitte des nächsten Jahr- hunderts realisierbar sein. Allerdings variiert das Angebot an erneuerbaren Energien räumlich sehr stark. Für die Tech- nologie solarthermischer Kraftwerke, die die Solarstrahlung in konzentrierter Form verwendet, liegen die Regionen mit dem größten Potenzial sämtlich im so genannten “Sonnengürtel” der Erde, also zwischen dem 20. und 40. Breitengrad der südlichen und nördlichen Hemisphäre. Da- für sind vor allem die tropische Bewölkung im Bereich des Äquators und die Tiefdruckgebiete in den Westwindzonen verantwortlich. Ein ähnliches Muster ergibt sich auch für fotovoltaische Sys- teme. Allerdings hat hier die Bewölkung einen weniger starken Einfluss, da Fotovoltaik auch diffuse Strahlung nutzen kann. Verstärkt werden die räumlichen Potenzialunterschiede, wenn technische Einschränkungen und Abzüge für nicht nutzbare oder anderweitig genutzte Flächen berücksichtigt werden, beispielsweise Siedlungsflächen, Wald und landwirtschaftliche Flächen, Gewässer und Sümpfe, Dünenfelder, Schutzgebiete oder Flächen, die auf Grund zu hoher Gelän- deneigung nicht für die Energiebereitstellung geeignet sind. 18% der Weltbevölkerung in den OECD-Ländern verfügen über 81% des weltweiten Brutto- sozialprodukts und sind für mehr als die Hälfte des weltweiten Primärenergieverbrauchs und der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Europa verfügt über eine große Vielfalt erneuerbarer Energieressourcen, die bisher sehr un- terschiedlich ausgeschöpft werden. Das Wasserkraftpotenzial ist mit 80% bereits weitgehend erschlossen, wenn man die Errichtung neuer Kraftwerke an naturbelassenen Flüssen ausschließt. Auch die Biomasse wird bereits in größerem Umfang genutzt. Allerdings liegen gerade im Be- reich Biomasse große Potenziale brach. Die anderen Möglichkeiten erneuerbarer Energiebereit- stellung werden bisher nur zu geringen Bruchteilen ausgenutzt. Insgesamt steht in Westeuropa ein gesichertes Potenzial erneuerbarer Energien von mindestens 40.000 PJ29 pro Jahr zur Verfü- gung, dies entspricht etwa 60% des gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs der EU-25 Länder. Genutzt werden von diesem riesigen Potenzial heute erst etwa 12%. Das Europäische Parlament und die Europäische Kommission haben bereits in der Vergan- genheit wichtige Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa gesetzt. In der EU- Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien im Strommarkt, die 2001 in Kraft trat, hat die EU den Anteil erneuerbarer Elektrizität von 14% im Jahr 1997 auf 21% im Jahr 2010 festgelegt. Nach einer Richtlinie aus dem Jahr 2003 sollen Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2010 einen Anteil von 5,75% erreichen. Der Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch der Europäischen Union (EU-25) betrug 2004 etwa 6,1%. Den größten Beitrag leistet die Biomasse, die vor allem zum Heizen verwendet wird. Etwa 430 TWh Strom wurden aus erneuerbaren Energien erzeugt, dies entspricht einem Anteil von 14% an der Bruttostromerzeugung.

28 in den Energiestatistiken werden Strom aus Wasser, Wind und Sonnenstrahlung im Verhältnis 1:1 als Pri- märenergie angesetzt; Strom aus Kernenergie wird dagegen im Verhältnis 3:1 in Primärenergie umge- rechnet; die fossilen Primärenergien und die Biomasse werden durch ihren Heizwert charakterisiert. 29 PJ - Petajoule = 1015 Joule = 1 Billiarde Joule

9 - 16 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Drei Viertel davon (304 TWh/a) wird aus Wasserkraft bereitgestellt, 57 TWh/a aus Biomasse. Der Beitrag der Windenergie wächst kontinuierlich und betrug 2004 ebenfalls 57 TWh. Der An- teil des Solarstroms ist mit 0,7 TWh/a energiewirtschaftlich noch unbedeutend, verzeichnet aller- dings eine starke relative Zunahme. In den letzten 10 Jahren hat sich das Wachstum erneuerbarer Energien in Europa deutlich be- schleunigt. Die Wachstumsrate betrug durchschnittlich 3,2% pro Jahr. Ursächlich hierfür ist vor allem der Ausbau der Windenergienutzung. So erhöhte sich in den letzten 5 Jahren die in der EU-25 installierte Leistung von Windenergieanlagen um durchschnittlich 25% pro Jahr. Allein im Jahr 2005 kamen Anlagen mit über 6.000 Megawatt hinzu (davon in Deutschland 1.800 MW), was einem Investitionsvolumen von rund 7 Mrd. EUR entspricht. Die Windenergienutzung30 hat in den letzten Jahren besonders in Europa einen sehr dynamischen Aufschwung genommen: zunächst in Dänemark, seit Beginn der 1990er Jahre vor allem in Deutschland und später auch in Spanien und einigen anderen Ländern. Lag die durchschnittliche Größe der installierten Windenergieanlagen 1987 bei weniger als 50 kW, so betrug sie 2005 mit 1.720 kW mehr als das Dreißigfache. Heute verfügen die größten Anlagen über eine maximale Leistung von 6 MW. Der Ertrag einer solche Anlage entspricht dem Jahresstromverbrauch von bis zu 5.000 Haushalten. Die installierte Leistung in der EU hat sich allein in den vergangenen fünf Jahren auf über 30.000 MW mehr als vervierfacht. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Deutschland. Weltweit sind annähernd 45.000 MW installiert, davon mehr als ein Drittel in Deutschland. Wasserkraft ist eine ausgereifte Technologie, mit der weltweit, an zweiter Stelle nach der traditionellen Nutzung von Biomasse, der größte Anteil an erneuerbarer Energie erzeugt wird. 17% des global erzeugten Stroms stammt aus Wasserkraftwerken. Fotovoltaik: Solarzellen wandeln Sonnenlicht ohne mechanische, thermische oder chemische Zwischenschritte in elektrischen Strom um. Solarzellen beruhen auf dem fotovoltaischen Effekt: Bei bestimmten übereinander angeordneten Halbleiterschichten entstehen unter dem Einfluss von Licht (Photonen) freie positive und negative Ladungen, die durch ein elektrisches Feld ge- trennt werden und als Elektronen über einen elektrischen Leiter abfließen können. Der so ent- stehende Gleichstrom kann direkt zum Betrieb elektrischer Geräte genutzt oder in Batterien ge- speichert werden. Er kann auch in Wechselstrom umgewandelt und in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Im Jahr 2004 wurden weltweit Solarzellen mit einer potenziellen Leistung von 1.200 MW produziert, 60% mehr als im vorhergehenden Jahr. Das Volumen des deutschen PV-Marktes stieg zwischen 1990 und 2005 von 0,6 MWp/a auf über 600 MWp/a. Deutschland ist damit zum weltweiten Spitzenreiter geworden. Solarthermische Kraftwerke nutzen Hochtemperaturwärme aus konzentrierenden Spie- gelsystemen, um eine konventionelle Kraftmaschine anzutreiben. Die Anlagen können zur rei- nen Stromerzeugung, aber auch zur Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt werden, also zur kombi- nierten Erzeugung von Strom und Prozesswärme. So kann ein solarthermisches Kraftwerk z. B. gleichzeitig Elektrizität, Kälte über eine Absorptionskältemaschine, industriellen Prozessdampf, und über eine Meerwasserentsalzungsanlage auch Trinkwasser erzeugen und bis zu 85% der gewonnenen Solarwärme in Nutzenergie umwandeln. Die Nutzung von Biomasse zur Erzeugung von Strom und Wärme ist eine besonders unter Klimagesichtspunkten attraktive Form der Energiewandlung. Denn für die Bildung von Biomasse wird der Atmosphäre zunächst das Treibhausgas CO2 entzogen; der Kohlenstoff wird in der Bio- masse gebunden. Später wird er wieder in die Atmosphäre abgegeben – z. B. bei der Verbren- nung oder der Verrottung der Biomasse. Wird die Biomasse daher energetisch genutzt, wird nur das CO2 freigesetzt, das zuvor beim Wachstum der Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde. Organische Abfälle, Holz, Gülle, auch Getreide, Mais oder andere Stoffe pflanzlichen und tie- rischen Ursprungs und deren Neben- und Folgeprodukte können für eine klimaverträgliche E- nergieerzeugung herangezogen werden. Zu den wichtigsten der biogenen Brennstoffe zählen auch Holz und Holzreste, die als Reststoff aus Walddurchforstungen, Sägereien oder als Altholz vorliegen. Schnellwachsende Hölzer, z. B. Pappeln oder Weiden, könnten in so genannten “Kurz- umtriebsplantagen” angebaut und nach wenigen Jahren geerntet werden.

30 BMU – Entwicklung erneuerbarer Energien, April 2006

9 - 17 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Organische Reststoffe eignen sich ebenfalls als Energielieferant. Gülle, Bioabfall, Klärschlamm und kommunale Abwässer oder Speisereste können in ein energiereiches Biogas verwandelt werden. Auch aus Mülldeponien tritt Biogas aus, das genutzt werden kann.

9.5.2 Kernenergie

Da mit der Kernspaltung Strom weitgehend CO2-frei bereitgestellt werden kann, wird Kern- energie – und in ihrem Gefolge oft auch die Kernfusion – häufig als unverzichtbar zur Erreichung der angestrebten CO2-Reduktionsziele bezeichnet. Diese These ist jedoch bei genauer Betrach- tung nicht haltbar: Nur eine lang anhaltende Vermeidung sehr großer Mengen Kohlendioxids ist unter Klimaschutzgesichtspunkten sinnvoll. Dazu müsste der Beitrag der Kernenergie zur globa- len Energieversorgung um ein Vielfaches gesteigert und über Jahrhunderte aufrechterhalten werden. Abgesehen von der Zunahme des Risikos mit jedem neuen Kernkraftwerk (und dann auch in Ländern, deren Sicherheitsstandards und politische Stabilität nicht so hoch sind wie die- jenigen in Europa) kann dies die Kernenergie schon aus Ressourcengründen nicht leisten.31 Preiswertes Uran für Leichtwasserreaktoren reicht bereits beim heutigen Nutzungsstand für ungefähr 40 Jahre. Für die großen und über einen sehr langen Zeitraum erforderlichen Mengen an Kernenergiestrom wäre bald der Einstieg in eine Wiederaufbereitungs- und Brüterwirtschaft erforderlich, die nicht nur teurer ist als die heutigen Reaktoren, sondern auch wesentlich risiko- reicher. Bei gründlicher Abwägung dieser Gegebenheiten ist der Nutzen einer kohlenstoffarmen Stromerzeugung aus Kernenergie gering im Vergleich zu den Risiken und Gefahren, die mit der weiteren Nutzung und gar einer Ausweitung der Kernenergie verbunden sind. Glücklicherweise gibt es geeignetere “nichtfossile” Energiequellen in Form der erneuerbaren Energien, deren große technische Potenziale ausreichen, den Weltenergiebedarf um ein Mehrfaches zu decken. Mit dem Mitte 2000 zwischen der Bundesregierung und den Kraftwerksbetreibern geschlossenen Konsens bezüglich der sukzessiven Außerbetriebnahme der Kernkraftwerke ist dies in Deutsch- land erkannt und der notwendige Umsteuerungsprozess eingeleitet worden. In 2004 produzierten weltweit 441 Reaktorblöcke in 31 Ländern, ihre Leistungskapazität liegt bei 371.000 Megawatt. 22 Reaktorblöcke in 9 Ländern sind in Bau. In 2005 wurde weltweit 672,2 Mio. t SKE32 Strom aus Kernenergie produziert, davon in der EU-25 220,9 Mio. t SKE. Die weltweit größten Produzenten und auch Verbraucher sind die USA mit 185,9 Mio. t SKE, Frank- reich mit 102,4 Mio. t SKE, Japan mir 66,3 Mio. t SKE sowie Deutschland (36,9 Mio. t SKE), Russ- land (33,9 Mio. t SKE) und Südkorea (33,2 Mio. t SKE)33. Damit trägt die Kernenergie weltweit mit gut 18% zur Stromerzeugung und mit 6% zum gesamten Energieverbrauch der Welt bei. Die Kernreaktoren konzentrieren sich im Wesentlichen auf die drei Haupt- Wirtschaftsregionen: Europa (50%), Nordamerika (25%), Fernost (Japan, Korea, China, Indien (knapp 25 %). Die Stromerzeugung in Frankreich basiert mit 59 Reaktoren zu 80% auf Kern- energie, in Belgien zu 60%, in Schweden und der Schweiz zu je 50% und in Deutschland zu 26% mit 18 Reaktoren. Japan verfügt über 53 Reaktoren. In Deutschland sind 18 Kernkraftwerke in Betrieb, die in 2004 insgesamt 167,1 GWh Strom er- zeugten, etwa zwei Drittel der Strommenge aller 15.000 deutschen Windkraftanlagen zusam- men. Strom aus Kernenergie steht praktisch rund um die Uhr zur Verfügung und stellt so einen Grundpfeiler der Versorgungssicherheit in Deutschland dar34.

31 BMU – Entwicklung erneuerbarer Energien, April 2006 32 Eine t Steinkohleneinheit (1 t SKE) entspricht dem Energiegehalt einer Tonne guter Steinkohle, 3 t Braunkohle oder rd. 0,7 t Mineralöl. Sie ist definiert und bedeutet 8.140 Wärme-Kilowattstunden, aus denen man bei einem Wirkungsgrad von 40% 3.256 elektrische kWh produzieren kann. 1 Mill. t SKE = 1 Million Tonnen Steinkohleeinheiten = 8,14 TWh = 29,31 PJ 33 BP Statistical Review of World Energy 2006 (June 2006) 34 Deklaration zur zukünftigen Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in Europa, European Nuclear Assembly, 25. November 2004, Brüssel, Belgien

9 - 18 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Für die 18 deutschen Atomkraftwerke wurden Restlaufzeiten auf der Basis einer Gesamtlauf- zeit für jedes einzelne Kraftwerk von 32 Jahren festgesetzt. Ab Juni 2001 errechnet sich daraus eine mittlere Restlaufzeit von 12 Jahren. Das letzte Kernkraftwerk wird in etwa 20 Jahren abge- schaltet werden. Bei den jetzt von der Politik festgelegten Restlaufzeiten der Kernkraftwerke wird ihr Anteil an der Energieerzeugung in Deutschland bis 2020 auf etwa 12 GWh sinken.

9.5.3 Andere Energievorräte

In den letzten Jahren ist mit dem Methanhydrat (eisähnliche Substanzen in ca. 500 - 1.500 m Tiefe) ein weiterer fossiler Energieträger interessant geworden, der mit geschätzten Ressourcen von 10.000 Mrd. t künftig eine wirtschaftlich interessante Alternative darstellen könnte. Me- thanhydrate werden vorrangig an den Kontinentalhangbereichen und polaren Schelfgebieten der Meere gefunden, sie lagern dort bei tiefen Temperaturen und unter hohen Drücken. Schät- zungen zufolge könnten diese Energievorräte sämtliche Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorkommen der Erde weit übertreffen. Noch ungeklärt ist, wie das sehr instabile Methaneis geschürft und transportiert werden soll, denn an der Oberfläche zerfällt Methaneis sofort und verbrennt.

9 - 19 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6 Energieversorgung in Deutschland35

9.6.1 Energiebedarf und Primärenergieversorgung (PEV) in Deutschland

Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung sind die zentralen Ziele jeder Energie- und auch Rohstoffpolitik. Im Sinne der Nachhaltigkeit müssen darüber hinaus auch die soziale Dimension und die gesellschaftliche Akzeptanz energie- und rohstoffpolitischen Handelns beachtet werden. Die Globalisierung und Liberalisierung der Energiemärkte haben für die in Deutschland täti- gen Unternehmen die Absatz- und Beschaffungsmöglichkeiten beträchtlich ausgeweitet. Zugleich aber haben sie auch den Wettbewerbsdruck auf den Energiestandort Deutschland, die internationale Nachfragekonkurrenz und die Abhängigkeit von unkontrollierbaren Entwicklun- gen auf den Weltmärkten erhöht. Generell wird damit gerechnet, dass das globale Energie- und Rohstoffangebot mit der rasch wachsenden globalen Nachfrage nicht mithält. Gerade für Deutschland stellt sich zum anderen mit immer größerer Dramatik die Frage nach der Primärenergieverfügbarkeit und der Verringerung der außenwirtschaftlichen Abhängigkeit. Denn Deutschlands Primärenergieversorgung beruht heute schon zu über 60% auf Importen. Bereits im Jahr 2004 hat der Wert aller Energieimporte nach Deutschland mit 53 Mrd. EUR eine neue Rekordmarke erreicht. Die vollständig auf Uranimporte gestützte Kernenergie ist als „quasi heimisch“ gerechnet. Sollte die Kernenergienutzung in Deutschland um das Jahr 2020 herum tatsächlich beendet werden und es keinen vollständigen Ersatz durch erneuerbare Energienge- ben, fällt die Importquote dann noch höher aus. Erst recht gilt dies, weil auch der Versorgungs- beitrag heimischer Kohle zurückgeführt wird. Deutschland, mit einem Verbrauch von rund 486 Mio. t Steinkohleneinheiten (SKE)36 (gut 14.000 Petajoule) der fünftgrößte Energiemarkt der Welt, ist heute zur Deckung seines Energie- bedarfs zu rund 60% auf Importenergien angewiesen: Mineralöl wird zu 97% eingeführt, Erdgas zu 79% und Steinkohle zu 55%. Die fossilen Energieträger (Mineralöl, Kohle, Erdgas) tragen mit etwa 83% zur Energieversorgung Deutschlands bei. Die Kernenergie ergänzt die Energie- versorgung mit einem Anteil von etwa 13% bei, wobei ihr Beitrag aus politischen Gründen bis 2030 schrittweise reduziert wird. Den Rest liefern Erneuerbare Energien (gut 4%), deren Anteil an der Stromerzeugung künftig auf 20% (bis 2020) gesteigert werden soll. Die eigene Energiebasis Deutschlands beschränkt sich damit im Wesentlichen auf Steinkohle, Braunkohle und Erdgas, deren heimische Förderung zusammen rund zwei Drittel der Primär- energiegewinnung in Deutschland ausmacht. Rund die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs basiert auf Kohle: Steinkohle hat einen Anteil an der Energiebedarfsdeckung von 13,5% und Braunkohle mit gut 11,4%. Erdgas hat einem Anteil von 22,5% an der Energiebedarfsdeckung. Mineralöl trägt mit einem Anteil von rund 36,2% zur Deckung des deutschen Primarenergie- bedarfs bei und bleibt mit Abstand wichtigster Energieträger37.

35 BMWi – Zahlen und Fakten- Energiedaten 2005 vom 19.06.2006; MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineral- öl-Zahlen 2005 (Mai 2006) 36 Steinkohleeinheit (SKE) --Die Steinkohleeinheit (SKE) ist eine Energie-Maßeinheit, um die in verschie- denen Maßeinheiten erfassten Energieträger Öl, Gas, Stein- und Braunkohle vergleichbar zu machen: 1 Kilogramm (kg) SKE entspricht 1 kg Steinkohle mit einem Heizwert von 29,3 Millionen Joule (29,3 Mega- joule). 37 MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl-Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 20 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.2 Primärenergiegewinnung in Deutschland38 in Petajoule39 (PJ) 1990 2000 2001 2002 2003 2004 Steinkohle 2.089 1.012 825 790 777 783 Braunkohle 3.142 1.526 1.612 1.653 1.639 1.658 Mineralöl 156 131 140 152 161 147 Erdgas 557 669 675 679 706 662 Wasserkraft/Windkraft 58 127 124 146 140 163 Sonstige Energieträger 203 326 338 330 349 366 Energiegewinnung 6.224 3.791 3.714 3.750 3.772 3.779 gesamt

9.6.3 Primärenergieverbrauch in Deutschland40

Der Primärenergieverbrauch in Deutschland sank nach Berechnungen des Mineralölwirt- schaftsverbandes (MWV, Hamburg) in 2005 auf gut 486 Mio. t Steinkohleeinheiten (SKE) oder 14.238 PJ (geschätzte Daten). in Mio. t SKE 1990 2000 2002 2003 2004 2005 Steinkohle 78,7 69,0 65,2 68,7 65,8 62,8 Braunkohle 109,2 52,9 56,8 55,9 56,2 54,4 Mineralöl 178,7 187,6 183,6 180,2 177,9 174,8 Erdgas 78,2 101,9 107,3 110,0 110,4 110,4 Kernenergie 56,9 63,21 61,3 61,5 62,2 60,7 Wasserkraft/Windkraft 2,2 4,7 5,1 3,8 4,7 4,8 Sonstige Energieträger 5,1 12,1 12,5 13,2 15,1 17,9 Energieverbrauch 508,9 491,4 491,8 493,3 492,3 485,8 gesamt

Der Verbrauch bei Mineralöl sank um 1,7% auf 174,8 Mio. t SKE und bei Steinkohle um 4,6% auf 62,8 Mio. t SKE, während der Erdgasverbrauch mit 110,4 Mio. t SKE konstant blieb. Der Verbrauch der über- wiegend reviernah zur Stromerzeugung eingesetzten Braunkohle sank um 3,2% auf 54,4 Mio. t SKE. Die Strom- erzeugung der Kernkraftwerke ging um 2,4% auf 60,7 Mio. t SKE zurück. Der Anteil der Er- neuerbaren Energien stieg um 1,3% auf 22,7 Mio. t SKE.

38 BMWi – Zahlen und Fakten- Energiedaten 2005 vom 19.06.2006 39 Petajoule: Seit 1978 ist Joule (J) die internationale Maßeinheit für Energie, die als Produkt von Zeit und Leistung gemessen wird. Da die Leistung der Energie in Watt (W) gemessen wird, ist ein Joule gleich einer Wattsekunde oder einem Newtonmeter. Angesichts der enormen Energiemengen werden die vielen Nul- len mit einer bestimmten Vorsilbe gekennzeichnet: „Kilo“ bezeichnet das Tausendfache einer Einheit, „Peta“ eine Billiarde einer Einheit. Ein Petajoule ist somit eine Billiarde Joule, eine Zahl mit 15 Nullen. 40 MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl-Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 21 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.4 Mineralöl als Primärenergieträger in Deutschland: Bedarf, Aufkom- men und Verbrauch41

In 2005 betrug der gesamte Rohölbedarf in Deutschland 115,7 Mio. t (+1,9%): 3,47 Mio. t wurden im Inland selbst gefördert, 112,2 Mio. t (+2%) mussten importiert werden. Der Anteil der Rohöleinfuhren belief sich auf 96,9%. Wichtigstes Lieferland blieb Russland, das mehr als 34% der deutschen Rohöleinfuhren lieferte: 38,3 Mio. t. Das ist mehr als der gesamte Nordseebeitrag (Norwegen/Großbritannien) mit 31,8 Mio. t, entsprechend 28,3%, hinter dem der OPEC-Beitrag mit 25,6 Mio. t, entsprechend 22,8%, zurückbleibt. Aus den afrikanischen Ländern (u.a. Libyen und Algerien) wurden 20,9 Mio. t (18,6%) importiert.

in 1.000 t 1999 2000 2002 2003 2004 2005 Naher Osten 12.954 13.534 11.197 10.230 8.620 8.016 Afrika 21.642 21.296 18.044 16.805 16.923 20.914 EU und Norwegen 35.199 32.644 36.006 36.508 37.267 34.491 Russland und GUS 31.930 34.201 38.502 41.513 46.043 46.618 Sonstige Länder 2.145 1.881 978 1.304 1.183 2.163 gesamt 103.870 103.555 104.727 106.393 110.035 112.203 Zugang Inland 2.746 3.166 3.509 3.690 3.463 3.471 Gesamte Rohöl- 106.616 106.721 108.236 110.050 113.498 115.674 versorgung

Die Mineralölbilanz berücksichtigt den Bedarf an Mineralölprodukten und die Versorgung in Deutschland. In 2005 betrug das gesamte Mineralölaufkommen 147,8 Mio. t: netto mussten 111,5 Mio. t an Rohöl und 34,9 Mio. t an Mineralölprodukten eingeführt werden. Im Inland wur- den 111 Mio. t Mineralöl abgesetzt, 26,3 Mio. t wurden ins Ausland geliefert. An der Deckung des deutschen Mineralölbedarfs von insgesamt 147,8 Mio. t waren die deutschen Raffinerien zu gut 78% beteiligt.

in 1.000 t 1999 2000 2002 2003 2004 2005 Inlandsabsatz 123.335 120.474 117.838 115.074 113.214 111.042 Raffinerieeigenverbrauch 6.643 6.721 6.685 7.047 7.256 7.442 Verarbeitungsverluste 279 338 245 342 380 447 Bunkerungen 2.139 2.247 2.445 2.664 2.726 2.553 Ausfuhr 16.664 18.601 18.584 18.848 23.819 26.301 Gesamt 149.060 148.381 145.797 143.976 147.394 147.785 Mineralölbedarf Inland-Rohöl 2.746 3.166 3.509 3.690 3.463 3.471 Rohöleinfuhr 102.129 100.338 103.405 105.713 108.927 111.500 Produkteneinfuhr 40.522 42.070 36.338 36.062 34.070 34.961 sonstiges 3.664 2.806 2.544 -1.489 934 - 2.147 Gesamt- 149.060 148.381 145.797 143.976 147.394 147.785 Mineralölaufkommen

Der gesamte – statistisch erfasste – Mineralölverbrauch war im Jahre 2005 mit 121,5 Mio. t um 0,8% niedriger als 2004. Ursächlich für diese Entwicklung war insbesondere der Rückgang des Absatzes von leichtem und schwerem Heizöl auf 24 Mio. t (–4%), aber auch von Ottokraft- stoff auf 23 Mio. t (–6%) und von Dieselkraftstoff auf 29 Mio. t (-1%). Dagegen erhöhten sich die Ablieferungen von Rohbenzin auf 18 Mio. t (+1%) und der sonstigen Ölprodukte auf 8 Mio. t (+8%).

41 MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl-Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 22 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.5 Rohöleinfuhr Deutschlands 42

Rohöleinfuhr 2005 (in 1.000 t)

8.016

20.914 46.618

17.202

1.858 17.595

Naher Osten Afrika EU Übriges Europa (mit Norwegen) Amerika GUS (mit Russland)

Rohöleinfuhr 2005 - ausgewählte Herkunftsländer (in 1.000 t)

4.137 3.405 12.915 38.293 4.572

14.559 17.289

Saudiarabien Syrien Lybien Algerien Großbritannien Norwegen Russland

42 MWV Jahresbericht 2005, MWV Mineralöl-Zahlen 2005 (Mai 2006)

9 - 23 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.6 Erdgas als Primärenergieträger in Deutschland: Bedarf, Aufkommen und Verbrauch43

Erdgas hat auch im Jahr 2005 seinen überaus wichtigen Anteil an der Energieversorgung Deutschlands behauptet. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) deckte Erdgas insgesamt einen Anteil von 22,7% des deutschen Primärenergieverbrauchs (PEV) (Platz 2)44. Nach vorläufigen Angaben des DIW betrug das Erdgasaufkommen in Deutschland (Summe aus Importen und heimischer Förderung) im Jahr 2005 121,6 Mrd. m³ (+1,9%): etwa 19,8 Mrd. m³ Rohgas stammten aus inländischer Produktion aus 83 Erdgaslagerstätten und gut 102 Mrd. m³ Erdgas aus Importen. Die eigene Erdgasförderung hat nicht das Niveau der letzen Jahre halten können und sank weiter um 0,6 Mrd. m³ auf 18,7 Mrd. m³ Reingas (-3,1%). Trotz der in 2005 leicht gesunkenen Jahresproduktion und des gleichbleibendem Erdgasbe- darfs trug die inländische Erdgasförderung wieder mit gut 18% zur Deckung des Bedarfs bei. In der nationalen Erdgasförderung war Niedersachsen mit einem Anteil von etwa 88% mit Abstand das förderstärkste Bundesland. Der Erdgasverbrauch45 lag in 2005 mit 102 Mrd. m³ auf der Höhe des Vorjahrs. Der industrielle Erdgaseinsatz konnte um etwa 2% zulegen. Im Kraftwerkssektor lag der Erdgaseinsatz auf dem Vorjahresniveau. Der Erdgasanteil an der gesamten Bruttostrom- erzeugung belief sich wie im Vorjahr auf 10%.

Die deutsche Gaswirtschaft bezieht Erdgas auf der Basis langfristiger Lieferverträge, deren

Laufzeiten zum Teil über das Jahr 2025 hinausgehen. Im Jahr 2005 stammten 18% aus deutscher Produktion und 82% aus Importen. Fast zwei Drittel des deutschen Erdgasbedarfs stammen aus westeuropäischen Quellen: Nor- wegen konnte seinen Lieferanteil von 30% halten und lag vor den Niederlanden mit 22%. Hauptlieferland46 ist Russland mit einem Anteil von gut 43%. Der Beitrag der übrigen Länder (Großbritannien, Dänemark u. a.) blieb mit 4% fast unverändert.

43 Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen – LBEG - Erdöl und Erdgas in der Bundesre- publik Deutschland 2005 (Jahresbericht 2005) 44 BMWi – Zahlen und Fakten- Energiedaten 2005 vom 19.06.2006 45 DIW Berlin - Bericht 2006 zur Energiebilanz in Deutschland 46 BMWi – Zahlen und Fakten- Energiedaten 2005 vom 19.06.2006

9 - 24 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die Summe der sicheren und wahrscheinlichen Erdgasreserven in Deutschland betrug Ende 2005 insgesamt 255,2 Mrd. m³ und war damit 15,2 Mrd. m³ oder 5,6% niedriger als im Vorjahr. Nach Berücksichtigung der Jahresproduktion in Höhe von 19,8 Mrd. m³ Rohgas ergibt sich für das Berichtsjahr 2005 insgesamt eine Zunahme der sicheren und wahrscheinlichen Rohgasreserven von 4,6 Mrd. m³. Diese geht im Wesentlichen auf entsprechende Bohrergebnisse und Neubewertungen von Lagerstätten im Gebiet zwischen Weser und Ems zurück. Die statische Reichweite der geschätzten sicheren und wahrscheinlichen inländischen Erdgasreserven (Rohgas47 betrug am Stichtag 01.01.2006 knapp 13 Jahre und befindet sich damit, trotz weiterer Abnahme der Reserven, auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr.

47 Erdgasreserven werden in der deutschen Förderindustrie sowohl lagerstättentechnisch als "Rohgas- mengen" als auch gaswirtschaftlich als "Reingasmengen" angegeben. Die Rohgasmenge entspricht dem aus der Lagerstätte entnommenen Volumen mit natürlichem Brennwert, der von Lagerstätte zu Lagerstätte in Deutschland zwischen 2 und 12 kWh/m³ schwanken kann. Die Reingasmenge ist eher eine kaufmännisch relevante Größe, da Erdgas nicht nach seinem Volumen, sondern nach seinem Energiein- halt verkauft wird. Die Angaben zum Reingas beziehen sich einheitlich auf einen oberen Heizwert (Brennwert) Ho=9,7692 kWh/m³, der in der Förderindustrie auch als "Groningen-Brennwert" bezeichnet wird und eine grundsätzliche Rechengröße in der Gaswirtschaft darstellt.

9 - 25 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.7 Steinkohle als Primärenergieträger in Deutschland: Bedarf, Auf- kommen und Verbrauch48

Steinkohle hat auch im Jahr 2005 seinen überaus wichtigen Anteil an der Energieversor- gung Deutschlands behauptet. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Tech- nologie (BMWi) deckte die Steinkohle einen Anteil von 13% am deutschen Primärenergie- verbrauchs (PEV)49. Die Steinkohlennachfrage50 in Deutschland war im Jahr 2005 mit 62,8 Mill. t SKE um 4,6% niedriger als im Vorjahr. Ursächlich für diese Entwicklung war vor allem ein verringerter Stein- kohleneinsatz in der Elektrizitätswirtschaft. Der Steinkohlenverbrauch in der Stahlindustrie ging, bedingt durch den Rückgang der Roheisenerzeugung, ebenfalls zurück. Die Marktversorgung51 erfolgte zu 40% (25,6 Mio. t SKE) aus heimischen Quellen und zu 60% aus Importen (37,2 Mio. t SKE). Der Gesamtabsatz an Steinkohle belief sich in 2005 auf 67,4 Mio. t. Der Anteil der deutschen Steinkohle ging um 1,5 Mio. t oder 4,9% auf 27,5 Mio. t zurück. 39,9 Mio. t (-3,1%) wurden einge- führt. Die Steinkohleneinfuhren kon- zentrieren sich auf Polen, Russland, Südafrika und Kolumbien. Größtes Lieferland war Südafrika (8,2 Mio. t), gefolgt von Polen (7,0 Mio. t), Russ- land (5,9 Mio. t) und Kolumbien (4,8 Mio. t).

Nach der beschlossenen weiteren Rückführung der Steinkohlenförderung auf einen Sockel von 16 Mio. t im Jahr 2012 wird der Anteil der Importsteinkohle an der Marktversorgung weiter ansteigen. Damit wird die Steinkoh- le in der Energieversorgung Deutschlands zwar langfristig weiter eine wichtige Rolle spielen, der Anteil der heimischen Steinkohle wird aber deutlich abnehmen.

9.6.7.1 Steinkohleimporte Deutschlands

Steinkohleimporte nach ausgewählten Herkunftsländern (in Mio. t )

5,9 4,8

8,2 27,5

7,0

Inland Polen Südafrika Kolumbien Russland

48 Verein der Kohleimporteure, Essen – Jahresbericht 2005 iVm. Gesamtverband des dt. Steinkohlebergbaus – Jahresbericht 2005, Essen, Oktober 2005 49 BMWi – Zahlen und Fakten- Energiedaten 2005 vom 19.06.2006 50 Statistik der Kohlenwirtschaft e.V. Essen, Jahresbericht 2005 51 Verein der Kohleimporteure, Essen – Jahresbericht 2005

9 - 26 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

9.6.8 Erneuerbare Energien (EE) als Primärenergieträger in Deutschland: Bedarf, Aufkommen und Verbrauch52

Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Erdwärme bergen als Erneuerbare Energien (EE) enor- me Potenziale für Arbeitsplätze, Klimaschutz, den Schutz natürlicher Ressourcen und generell für den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Energiebereitstellung in Deutschland wächst seit Jahren stetig an. Im Jahr 2005 lag ihr Anteil am Stromverbrauch bereits bei 10,2%, am Wärmeverbrauch bei 5,4% und am Kraftstoffverbrauch des Straßenverkehrs bei 3,4%, bei allen Endenergiesektoren zusammen bei 6,4%53. Sie haben die Importabhängigkeit von fossilen und nuklearen Brennstoffen bereits deutlich gesenkt, im Jahr 2005 rund 83 Mio. t CO2 eingespart und rund 170.000 Menschen einen Arbeitsplatz gegeben. Die Anteile erneuerbarer Energien sollen am gesamten Energieverbrauch bis 2010 auf mindestens 4,2%, bis 2020 auf mindestens 10% und bis zur Mitte des Jahrhunderts auf rund 50% steigen. Ihr Anteil am Stromverbrauch soll bis 2010 auf mindestens 12,5% und bis 2020 auf mindestens 20% sowie am Kraftstoffverbrauch bis 2010 auf 5,75% anwachsen. In Deutschland wurden 2005 14.238 Petajoule (PJ) Primärenergie eingesetzt. Die Energieversorgung Deutschlands stützt sich nach wie vor zum größten Teil auf fossile Energie- träger. Der Wärmemarkt ist geprägt durch Gas und Heizöl, im Verkehrsbe- reich kommen nahezu ausschließlich Mineralölprodukte zum Einsatz. Strom wird überwiegend aus Braun- und Steinkohle erzeugt und mit steigender Tendenz aus Erdgas. Der Anteil der nuklearen Stromerzeugung beträgt derzeit etwa 26%, wobei die Bedeu- tung der Kernenergie aufgrund des beschlossenen Atomausstiegs ab- nehmen wird.

Erneuerbare Energien bieten hierzu die Alternative. Die verschiedenen Formen der Biomasse, Wasserkraft, Windenergie, Geothermie sowie die thermische und die elektrische Nutzung von Sonnenenergie trugen im Jahr 2005 mit 22,2 Mio. t SKE bzw. 4,6% zur Deckung des Primärenergiebedarfs bei. Erneuerbare Energien haben sich in Deutschland zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor mit attraktiven Zuwachsraten entwickelt. Im Jahr 2005 wurden allein in Deutschland Umsätze in der Größenordnung von 16 Mrd. Euro erwirtschaftet. Das ist doppelt so viel wie im Jahr 2001. Die Investitionen in neue Anlagen beliefen sich 2005 auf knapp 9 Mrd. Euro. Die Nutzung Erneuerbarer Energien schafft Beschäftigung. Bereits 2005 waren es in Deutsch- land rund 170.000 Arbeitsplätze, mit steigender Tendenz: Die Branche schätzt, dass die Zahl bis 2010 um mehr als 50% zunehmen wird. Hauptarbeitgeber war der Bereich Windenergie mit rd. 70.000 Beschäftigten. Im Bereich Biomasse waren rd. 29.000 und in der Solarwirtschaft rd. 13.000 Beschäftigte tätig.

52 Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus, Essen, Oktober 2005 53 BMU – Erneuerbare Energien, Berlin, April 2006

9 - 27 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die in Deutschland installierte Windenergieleistung wächst seit Jahren beträchtlich. Im Jahr 2005 sind Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.810 MW neu in Betrieb genommen worden. Damit wuchs die Zahl der Windenergieanlagen bis Ende 2005 auf 17.570 Anlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 18.428 MW. Mit einem Stromertrag von 26,5 TWh trägt die Windkraft zu rund 4,3% der Stromerzeugung in Deutschland bei, dies entspricht einer CO2-Einsparung von etwa 24 Mio. t. Windenergieanlagen können in Deutschland zukünftig rund 50 TWh Strom abdecken, also ca. 10% des deutschen Strombedarfs. Das Potenzial für deutsche Offshore-Windparks wird auf bis zu 100 TWh pro Jahr geschätzt. Insgesamt könnten somit rund 30% der gegenwärtigen Bruttostromerzeugung durch Windkraft ersetzt werden. Von allen erneuerbaren Energien leistet in Deutschland die Wasserkraft den zweitgrößten Beitrag zur Stromversorgung. Ihr Anteil an der gesamten Stromerzeugung liegt bei etwa 4%. Fast 90% des Wasserkraftstroms wird in Bayern und Baden-Württemberg erzeugt, da hier ergie- bige Niederschläge und ein hohes Gefälle in den Mittelgebirgen und im Alpenvorland für güns- tige Verhältnisse sorgen. In Deutschland werden zurzeit etwa 5.500 Kleinanlagen mit einer Leis- tung unter 1 MW betrieben, die sich vor allem in der Hand von kleinen Unternehmern und Pri- vatpersonen befinden. Der Beitrag dieser Anlagen zur Stromerzeugung ist allerdings relativ ge- ring. Mehr als 92% des Stroms aus Wasserkraft wird in den ca. 400 Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MW erzeugt, die in erster Linie von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden. Mit einer installierten Leistung von 4.660 MW (ohne Pumpspeicherkraftwer- ke) konnten im Jahr 2005 21,5 TWh Strom erzeugt werden. Insgesamt trägt Biomasse ca. 1,7% zum deutschen Primärenergiebedarf bei.

9 - 28

Maritimer Umweltschutz und Meeresforschung 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10 Maritimer Umweltschutz und Meeresforschung

10.1 Meeresumweltschutz

10.1.1 Internationale Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt Internationale maritime Politik zum Schutz der Meeresumwelt erfolgt in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die als internationale Organisa- tion im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens für weltweite Sicherheitsstandards im internationalen Seeverkehr verantwortlich zuständig ist, in der Europäischen Union, die eigene Regelungen für Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaates erlässt sowie Anlaufbedingungen für Schiffe aus Drittländern in Häfen der EU einheitlich festsetzt, durch die Helsinki Kommission (HELCOM), die – allerdings nicht völkerrechtlich bindend - den Schutz der Meeresumwelt der Ostsee durch die Zusammenarbeit der Regierungen Deutschlands, Dänemarks, der Baltischen Staaten, Finnlands, Polens, der Russischen Föde- ration, Schwedens und der Europäischen Gemeinschaft verfolgt.

10.1.2 IMO (International Maritime Organization)

Die IMO ist die weltweit anerkannte Organisation der Vereinten Nationen zur Entwicklung und Festlegung internationaler Standards für Schifffahrt, Schiffssicherheit und für den Meeres- umweltschutz. Um diese Ziele zu erreichen, hat IMO 40 Konventionen und Protokolle sowie über 800 Verhaltenscodes und Empfehlungen zu Themen der maritimen Sicherheit und der Vermei- dung von Verschmutzung verabschiedet. Zu den wichtigsten Konventionen zählt das MARPOL1- Übereinkommen, ein internationales, weltweit geltendes Übereinkommen zum Schutz der Mee- resumwelt durch Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe. Damit erhalten in der IMO beschlossene Vereinbarungen zum Meersumweltschutz quasi weltweiten Normencharakter. International Convention for the Control and Management of Ships' Ballast Water and Sediments (Ballastwasser-Management) (Februar 2004)

Zu den wichtigsten Umweltschutzthemen der IMO gehört das Problem der Verschleppung von Mikroorganismen durch das Ballastwasser von Schiffen, das aus Stabilitätsgründen aufge- nommen werden muss. Dafür wird nach Bedarf im Hafen vor dem Auslaufen die erforderliche Menge Meerwasser in die entsprechenden Ballasttanks gepumpt. Schätzungen zufolge werden jährlich über zehn Milliarden Tonnen Ballastwasser transportiert, die in einem Hafen aufge- nommen und im anderen abgepumpt werden. Mit dabei sind Lebewesen aller Art, von kleinen Fischen bis Sporen und Planktonalgen. Durch die starke Zunahme der Seeschifffahrt in den letzten Jahrzehnten ist die Verbreitung von Organismen zu einem ernstzunehmenden Problem geworden. Wegen der hohen Gefähr- dung durch das unbeabsichtigte Einschleppen von Mikroorganismen im Ballastwasser hat die IMO darauf mit einer Konvention, den Leitlinien und Verfahrensregeln für das Ballastwasser- Management, reagiert: „International Convention for the Control and Management of Ships' Ballast Water and Sediments“. Nach ihrem Inkrafttreten sind alle Schiffe verpflichtet, Ballastwas- ser-Management nach bestimmten Standards durchzuführen (Ballast Water and Sediments Ma- nagement Plan) und zu dokumentieren (Ballast Water Record Book). Für neue Schiffe sind die Standards bis 2009 zu erfüllen, für vorhandene Schiffe bis 2016. Die grundlegende Veränderung durch die neuen Bestimmungen gegenüber der bisherigen Praxis liegt in der Verlagerung des Ballastwasseraustauschs vom stationären Prozess im Hafen hin zum kontinuierlichen Vorgang auf See. Das Gebiet muss mindestens 200 Seemeilen von der Küs- te entfernt liegen und das Wasser muss 200 Meter tief sein. Wo dies nicht möglich ist, sollen die Schiffe einen Küstenabstand von mindestens 50 Seemeilen einhalten. In Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten können spezielle Gebiete zum Ballastwasseraustausch ausgewiesen werden.

1 MARPOL – International Convention for the Prevention of Pollution from Ships – IMO, London

10 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

In einem zweiten Schritt ab 2009 bzw. 2012/2016 kommt zum alleinigen Austausch des Bal- lastwassers auf See zusätzlich die wirksame Behandlung des Ballastwassers (Treatment) durch Erhitzung, Filtration oder chemischer Verfahren hinzu. Marktfähige, für die Behandlung des Ballastwassers an Bord zu installierende Anlagen stehen derzeit noch nicht zur Verfügung. International Convention on the Control of harmful Anti-Fouling Systems on Ships (TBT-Verbot)

Seit 2001 verlangt die „International Convention on the Control of harmful Anti- Fouling Systems on Ships" ein weltweites Verbot von Tributylzinn-(TBT)-haltigen Antifouling- Farben für den Unterwasseranstrich von Schiffen. Die EU hat mit der EU-Verordnung (EG) Nr. 782/2003 bereits darauf reagiert und festgelegt, dass EU-Werften ab 01.01.2003 keine TBT- Farben mehr verwenden dürfen. Schiffe unter Nicht-EU-Flaggen sind allerdings bis 2008 von dieser EU-Regelung ausgenommen. Guidelines on ShipRecycling (Abwracken/Recyceln)

Für den IMO-Ausschuss für Meeresumweltschutz MEPC2 bleibt das Schiffsrecycling, d.h. das Abwracken/Recyceln von Schiffen vor allem wegen der damit verbundenen Umweltbelastun- gen weiter ein zentrales Thema. Dazu wurden im Jahr 2003 von der IMO-Vollversammlung „Gui- delines on ShipRecycling“ verabschiedet, die Standards und Verfahrensregeln für alle am Lebenslauf eines Schiffes Beteiligten beinhalten (Behörden, Flaggen-, Hafen- und Recyclingstaa- ten, Reedereien, Neubau- und Reparaturwerften sowie Abwrackbetriebe), um Schiffe umwelt- freundlich zu verschrotten. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehört u. a. die Erstellung eines „Green Passport“, der das Schiff während seines gesamten Lebenszyklus begleiten soll und ne- ben den wichtigsten Schiffsdaten ein Inventar potenziell gefährlicher Stoffe enthält. Künftig sollen im Schiffbau bevorzugt Materialien eingesetzt werden, die sicher recycelt werden können. MARPOL-Anlage I (Oil Pollution Preparedness, Response and Co-operation - OPRC) - Ölverschmutzung durch Schiffe) Der neue Annex I regelt die Anforderungen für Konstruktion und Ausrüstung und für den Betrieb von neuen und in Fahrt befindlichen Schiffen, darunter auch die geänderten Regeln zum Zeitplan für die Doppelhüllenbauweise von Öltankern. Darüber hinaus wird für den Treibstofftankbereich der übrigen Schiffe (Containerschiffe wei- sen z. B. Bunkerkapazitäten auf, die das Ladetankvolumen kleiner Tanker übertreffen können) eine schutzgebietende Doppelhüllenbauweise für die Tanks und eine Begrenzung auf max. 2.500 m³ vorgeschrieben. MARPOL-Anlage II (Verschmutzungen durch gefährliche flüssige Massengüter) Die neue Anlage II enthält ein neues Kategoriensystem für die Bewertung des Gefahrenpo- tenzials flüssiger Ladung. Neben neuen Zuordnungen gelten teilweise auch deutlich geringere Grenzwerte für die Einleitung von Stoffen. Deshalb wurde auch der „International Bulk Chemi- cal Code“ (IBC-Code) entsprechend überarbeitet. MARPOL-Anlage VI (Verhütung von Luftverschmutzung durch Schiffe) Der neue Annex VI legt Grenzwerte für den Stickoxidausstoß von Motorenanlagen fest und reguliert die SOx-Emissionen durch schwefelarme Triebstoffe (max. 4,5%). Die Ostsee und auch die Nordsee gelten als besondere Schwefeloxid-Überwachungsgebiete, in denen der Schwefel- gehalt der Treibstoffe 1,5% nicht übersteigen darf. MARPOL-Anlage XI (Chemikalien) Der MEPC-Unterausschuss "Bulk Liquids and Gases" (BLG) ist nach wie vor mit der Revision von Annex XI befasst. Ziel ist es, die Regelungen mit dem wesentlich strikteren Annex I (Ölver- schmutzung durch Schiffe) in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wird geprüft, ob bzw. in wel- chem Umfang die Regelungen von Annex I MARPOL auf so genannte FPSO's (Floating Producti- on, Storage and Offloading Units) und FSU's (Floating Storage Units) anwendbar sind.

2 MEPC - Marine Environment Protection Committee der IMO, London

10 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.1.3 Europäische Union

Die Hoheitsgewässer der 25 EU-Mitgliedstaaten sind umfangreicher als ihre kontinentalen Gebiete zusammen genommen. Die Europäischen Union besteht etwa zur Hälfte aus Wasserflä- chen. Ein Drittel der rund 450 Mio. Menschen der EU lebt an oder nahe der Küstenlinie. Millio- nen EU-Bürger leben von der Arbeit auf See und entlang der Küsten rund um die „Halbinsel“ Europa3: Die zerklüfteten Küsten der EU erstrecken sich über 89.000 km; sie bilden zwei Drittel der EU-Außengrenzen. Die Küstenlänge ist damit über 7 mal länger als die der USA und über 4 mal länger als die von Russland. Europas Ozeane, Europas Meere - Vier Meere: Mittelmeer, Ostsee, Nordsee und Schwar- zes Meer und zwei Ozeane: Atlantik und Eismeer 40% des europäischen Bruttoinlandsprodukts werden an den Küsten erwirtschaftet. 90% des Außenhandels und 40% des Binnenhandels gehen über Seewege. Europa stellt 40% der Welthandelsflotte. 3,5 Mrd. t Fracht werden jährlich in den Seehäfen Europas umgeschlagen. 350.000 Menschen arbeiten in der Hafenwirtschaft und im angegliederten Dienstleis- tungsgewerbe. 72 Mrd. Euro Umsatz wurden 2004 im Tourismus an den Küsten erwirtschaftet. Die Nordsee ist nach Russland, den USA und Saudi-Arabien die viertgrößte Quelle fossiler Energieträger: Erdöl und Erdgas. Die EU ist der weltgrößte Markt für Fischerzeugnisse. Im Fischereisektor allein sind rund 526.000 Menschen beschäftigt. Im europäischen Schiffbau gingen in den letzten zehn Jahren 36% der Arbeitsplätze ver- loren, aber die Produktivität wuchs um 43%. Trotz der großen Bedeutung der Ozeane und Meere für Wirtschaft und Umwelt hat sich eine gemeinsame Meerespolitik der EU-Staaten bislang nur marginal herausgebildet. Die EU-Kommission will dies mit ihrem Grünbuch4 zu „neuen Visionen für eine integrierte Meerespolitik“ ändern. Ozeane und Meere nachhaltig zu schützen, ohne den wirtschaftlichen Nutzen aufzugeben, den sie der EU-Bevölkerung bringen und auf den auch nicht zu verzichten ist. Die EU ist weltweit führend in der maritimen Wirtschaft, insbesondere auf dem Gebiet des Seeverkehrs, der Schiffbautechnik, des Küstentourismus und der regenerativer Energien (Offsho- re-Windenergieerzeugung). In diesen Bereichen ist das Wachstumspotential bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Eine der Visionen des Grünbuchs ist es, die Umweltprobleme in den Meeren bis zum Jahr 2021 zu bewältigen. Neben der Seeverkehrssicherheit bereitet der Klimawandel der EU Sorge. So wird mit einer Verlangsamung des Golfstromes gerechnet, sollten die Temperaturen auf der Erde weiter zunehmen. Die Schäden für das Leben im Meer und für die Küstenregionen wären unbe- rechenbar – nicht nur wegen steigender Wasserpegel. Auch die Versauerung der Ozeane durch die Aufnahme von Kohlendioxid hat gravierende Auswirkungen auf das maritime Ökosystem. Das Grünbuch sieht aber auch viele Ansätze, Ozeane und Meere in Zukunft umweltverträg- lich und doch effizient zu nutzen. „Blaue Biotechnologie“ besitzt ein großes Zukunftspotential, das Meer verstärkt zur Energiegewinnung in Anspruch nehmen zu können. Die so genannte „blaue“ Biotechnologie befindet sich zwar noch in einer frühen Entwicklungsphase, ist aber für die Zukunft eine mächtige Ressource. Dabei geht es um neuartige Produkte, die durch die Nut- zung der biologischen Vielfalt der Meere gewonnen werden können. 80 Prozent der lebenden Organismen auf der Welt haben ihre Heimat unterhalb der Wasseroberfläche.

3 aus: GRÜNBUCH „Die künftige Meerespolitik der EU: Eine europäische Vision für Ozeane und Meere" vom 08.05.2006 4 GRÜNBUCH zur Meerespolitik der EU, a.a.O.

10 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.1.3.1 HELCOM (Helsinki Commission)

HELCOM ist für die Umsetzung des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Ost- seegebietes (Helsinki-Konvention) verantwortlich. Die Helsinki-Konvention ist ein erweiterbares Rahmenabkommen mit dem vorrangigen Ziel, Verschmutzungen der Ostsee durch das Einbrin- gen von Schadstoffen zu verhindern und die biologische Vielfalt der Ostsee durch entsprechende Schutzmaßnahmen zu erhalten. Schwerpunkte liegen auf der Anwendung des Vorsorgeprinzips, der gegenseitigen Information und der Anwendung bester Umweltpraxis und verfügbarer Technologien.

10.1.3.2 OSPAR-Kommission (Oslo-Paris-Commission)

Die ist für die Umsetzung des Oslo-Paris-Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks zuständig. Das 1998 in Kraft getretene Oslo-Paris-Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks verpflichtet die Vertragspartner zur Anwen- dung des Vorsorgeprinzips und der „best available techniques“, um Verschmutzungen zu ver- meiden und die Meeresgebiete vor den nachteiligen Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten zu schützen.

10 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.1.4 Umweltschutz für Nord- und Ostsee - Integriertes Küstenzonen- management (IKZM)

Über 50% der Weltbevölkerung sind heute an Küsten zu Hause. In wenigen Jahren werden es nach Schätzungen der Vereinten Nationen 60% sein. Ozeane bedecken 71% der Erdoberfläche. Unter den Nationen der Erde befinden sich 43 kleine Inselstaaten, die in vielen Fällen vom stei- genden Meeresspiegel in ihrer Existenz bedroht sind. Küsten sind Kristallisationspunkte für Han- del und Wirtschaft, sie sind aber auch - gerade wegen ihrer Attraktivität - oft übernutzt, verletz- bar und ökologisch gefährdet. Vor dem Hintergrund der erheblichen Bedeutung, die die Küstengebiete für Europa aus öko- logischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Sicht sowie für Erholungszwecke besitzen, hat die Europäische Union sich seit Anfang der 1990er Jahre kontinuierlich mit der Entwicklung der europäischen Küstengebiete und der Bewertung ihres Zustandes befasst. Dabei wurde erkenn- bar, dass die Siedlungsaktivitäten, der Ausbau der küstennahen und unmittelbar in Küstengebie- ten gelegenen Infrastruktur und die verstärkten Wirtschaftsaktivitäten eine zunehmende Be- drohung des ökologischen und des sozialen Gleichgewichts von Küstengebieten darstellen und der Druck auf die Ressourcen der Küstengebiete weiter anwächst. Schutzkonferenzen engagierten sich für eine nachhaltige Bestandserhaltung und -verbesserung unserer Meeresressourcen, insbesondere der bedrohte Meerestiere. Schwerpunkte dieser Aktivitäten, u.a. bei HELCOM und OSPAR, sind die Festlegung mariner Strategien, die Ausweisung mariner Schutzgebiete, die Beobachtung der Umwelteinflüsse auf die Fischerei und die Festlegung einheitlicher Standards für die Schifffahrt. Aus diesem Bewusstsein heraus ist das Integrierte Küstenzonen- Management (IKZM) als Politikfeld und als Forschungsbereich entstanden. Hier werden Forderungen an Raum und Res- sourcen sowie die daraus entstehenden Konflikte bearbeitet und Lösungen entwickelt. „IKZM versucht langfristig ein Gleichgewicht herzustellen zwischen den Vorteilen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Nutzung der Küstengebiete durch den Menschen, den Vorteilen des Schut- zes, des Erhalts und der Wiederherstellung der Küstengebiete, den Vorteilen einer Minimierung der Verluste an menschlichem Leben und Eigentum sowie den Vorteilen des Zugangs der Öffent- lichkeit zu und der Freude an den Küstenzonen, und zwar stets innerhalb der durch die natürli- che Dynamik und Belastbarkeit gesetzten Grenzen“ (EU-Kommission). „Integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM) ist der dynamische, kontinuierliche, ausgewo- gene und vom Nachhaltigkeitsprinzip geleitete informelle Prozess der systematischen Koordina- tion aller Entwicklungen im Küstenbereich in den durch die natürliche Dynamik und Belastbar- keit gesetzten Grenzen.“ Der Küstenbereich ist der Raum, in dem terrestrische und marine Pro- zesse und Nutzungen (ökologische, ökonomische und soziokulturelle) sich gegenseitig beeinflus- sen. Der Anwendungsbereich des IKZM erstreckt sich auf die AWZ, die 12 sm-Zone, die Über- gangsgewässer im Sinne der WRRL, in den Ästuaren die anschließenden tidebeeinflussten Ab- schnitte und auf dem Land die angrenzenden Landkreise bzw. entsprechende Verwaltungsein- heiten. Die relevante Breite definiert sich im Einzelfall durch die vorhandenen Wechselbezie- hungen.5 Land- und seewärts unterscheiden sich der Nord- und Ostseeraum grundlegend, die von ei- ner insgesamt knapp 3.400 km langen Küstenlinie (2.100 km in der Ostsee, 1.300 km in der Nord- see) geprägt werden: An der Nordseeküste haben die Gezeiten einen einmaligen Lebensraum aus vorgelagerten Inseln und Halligen, Wattenmeer, Flachwasserbereichen und Marschland ge- schaffen. Küstenschutz und Landgewinnung an der Wattenmeerküste haben die natürliche Dy- namik des Systems über Jahrhunderte verändert und eine Kulturlandschaft entstehen lassen. Die Ostsee als fast geschlossenes Meer mit geringer Wasseraustauschrate und ohne nennenswerte Tide weist eine stark strukturierte Küste mit zahlreichen Buchten, Inseln und Halbinseln sowie großen Flachwasserbereichen auf und wird durch den Zufluss großer Süßwassermengen geprägt.

5 BIO-Consult Schuchardt&Stolle GbR: Auf dem Weg zur nationalen IKZM-Strategie vom 11.08.2005 (im Auftrag Bundesumweltamt)

10 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Ziel des Integrierte Küstenzonen-Management (IKZM) ist es, eine optimierte Nutzungs- struktur auf Land und Meer zu erreichen. Zu diesem Zweck setzt IKZM auf den verschiedenen räumlichen Ebenen (national, regional, lokal) Prioritäten (Tourismus, Hafenentwicklung) und greift langfristige sowie zukunftsorientierte Trends auf. IKZM reagiert dabei flexibel auf dynami- sche Entwicklungen mit schnell greifenden Anpassungsmechanismen. Als nationale Prioritäten für ein IKZM gelten: Offshore-Windenergieparks (hohe Entwicklungsdynamik, starke Vernetzung zwischen Land und Meer, Zuständigkeit des Bundes in der AWZ, Auswirkungen auf Konzepte zur Sicherheit vor Schiffsunfällen); Meeresschutzgebiete (hohe Entwicklungsdynamik, internationale Verpflichtungen des Bundes, Zuständigkeit des Bundes in der AWZ); Fischerei (hohes politisches Gewicht); Die See als öffentliches Gut (Verantwortung des Bundes für Klärung der Zuständigkeiten in der AWZ für rechtliche Fragen); Hafenentwicklung und Zugang zu Häfen (Mitverantwortung des Bundes für Fragen der Transportstrukturen); Sicherheit vor Schiffsunfällen (hohes Risikopotential für andere Raumnutzungen, Zu- ständigkeit des Bundes in der AWZ und für Bundesschifffahrtswege, internationale Ver- flechtung). Nord- und Ostsee gehören zu den am meisten und dichtesten befahrenen Gewässern der Welt und die Seeschifffahrt, über die ca. 20% des deutschen Außenhandels abgewickelt werden, ist von erheblicher Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die deutsche AWZ und der küstennahe Meeresraum werden in Nord- und Ostsee deutlich durch die Seeschifffahrtsstra- ßen und Seeverkehrskorridore geprägt. Der intensive interzonale Seeverkehr ist dabei zum einen Folge der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Deutschland, seinen europäischen Nachbarländern und vielen Ländern anderer Kontinente als auch Ausdruck der Bedeutung der Gewässer als Seeverkehrsverbindungen für den durchquerenden internationalen Schiffsverkehr. In der Nordsee ist der Schiffsverkehr zwischen einigen der bedeutendsten europäischen Hä- fen (u. a. Hamburg und Bremerhaven) maßgeblich. Als Teil der maritimen Verbundwirtschaft steht die Seeschifffahrt in enger Verbindung mit der Hafenentwicklung, dem Schiffbau, der Küs- ten- und Binnenschifffahrt sowie der Anbindung an die Landverkehrsnetze. Die Entwicklung der letzten zehn Jahre wurde durch die anhaltend hohen Wachstumsraten im Containerumschlag bestimmt (insgesamt ca. 120%), gleichzeitig entfallen etwa die Hälfte der Schiffsbewegungen auf den Fährverkehr. Mehr als 173 Handelsschiffe passieren täglich die Ostsee, das sind gut 63.200 Schiffe im Jahr, davon etwa 8.200 Rohöltanker6. Verkehrsexperten rechnen bis 2010 mit einer Steigerung der Öl- und Chemietransporte in der Ostsee um 60% auf 160 Mio. t pro Jahr, insbesondere durch die Erweiterung des russischen Ölexports über die Ostsee. Gerechnet wird ebenfalls mit einem er- heblichen Anstieg der Schiffsgrößen. Die steigenden Schifffahrtsaktivitäten führen zu einem erhöhten Risiko insbesondere in vielbefahrenen Seegebieten wie der Kadetrinne und dem Finni- schen Meerbusen. In der Ostsee ist zusätzlich der Durchgangsverkehr zu russischen Ölhäfen sowie das Wachstum im Personenverkehr durch Schnellfährverbindungen relevant. Der intrazonale Seeverkehr wird insbesondere durch den Fährverkehr zu den deutschen Nordseeinseln, die Küstenfischerei, den Versorgungs- und Unterhaltungsverkehr zu Anlagen auf See sowie durch den Sportbootverkehr geprägt. Die zukünftige Entwicklung des Schiffsverkehrs wird durch die weiterhin hohen Wachstums- raten im Containerverkehr bestimmt. Wichtige Voraussetzungen werden hier auch durch den Ausbau der deutschen Containerumschlagskapazitäten und der zuführenden Schifffahrtswege gestaltet.

6 Raumordnungsbericht Küste und Meer 2005 – Innenministerium des Landes Schleswig- Holstein - Januar 2006

10 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Für die Ostsee ist einerseits mit einer Zunahme durchquerender Öltransporte aus russischen Häfen zu rechnen, andererseits wird als Folge des Baus von Brückenverbindungen im Fährver- kehr mittelfristig mit Verlusten von 10-20% gerechnet. Insgesamt wird gleichwohl bis 2015 in Abhängigkeit der Entwicklung der internationalen Handelsbeziehungen von einer Verdopplung des Schiffsverkehrs im Ostseeraum ausgegangen. Als Folge der wachsenden Bedeutung von Off- shore-Nutzungen ist auch mit einer Zunahme des intrazonalen Versorgungsverkehrs zu rechnen. Der deutsche maritime Transport wird voraussichtlich weiter deutlich anwachsen, wovon be- sonders die Ostseehäfen profitieren werden. Insgesamt ist mit einem weltweiten Anstieg des Transport- und Umschlagvolumens sowie ansteigenden Schiffsgrößen zu rechnen. Von diesen Entwicklungen dürften besonders größere Häfen profitieren. In Zukunft ist eine weitere Spezia- lisierung der Häfen und ein Anstieg des Fähr- und RoRo-Volumens zu erwarten. Eine erhebliche Verbesserung der Wettbewerbssituation der deutschen Häfen soll der geplante Bau des neuen Tiefwasserhafens für sehr große Schiffe in Wilhelmshaven (JadeWeserPort) erbringen, der 2009 fertiggestellt sein soll. Durch die Zunahme des kommerziellen Seeschiffsverkehrs gerade auf den bedeutsamen Schifffahrtsstraßen von Nord- und Ostsee steigen auch die Umweltbelastungen und -risiken. Ille- gale Ableitungen von Schwerölrückständen und von Tankwaschwasser sind zwar seit 1999 ver- boten, dennoch lässt sich an den gemessenen Belastungen entlang der Hauptschifffahrtsrouten erkennen, dass nach wie vor erhebliche Ölmengen illegal in die See beseitigt werden. Darüber hinaus führen die Folgen von Öltankerunfällen zu schwerwiegenden lokalen Verschmutzungen der Meeresumwelt und schädigen - wie das Beispiel der „Prestige“ zeigt - nicht nur die Meeres- umwelt, sondern auch die gesamten betroffenen Küstenregionen und meeresabhängigen Wirt- schaftsbereiche. SO2-Emissionen der Seeschifffahrt, die vor allem aus dem Einsatz schwerer, hoch schwefelhaltiger Bunker- und Schweröle resultieren, erreichen bereits nahezu ein Drittel sämtli- cher in der EU verursachten Emissionen. Nord- und Ostsee gelten dabei als besondere Schwefel- oxid-Überwachungsgebiete, in denen deutlich niedrigere Grenzwerte gelten, die durch Verwen- dung von schwefelarmem Kraftstoff oder durch technische Maßnahmen sicherzustellen sind. Das gilt in ähnlicher Weise auch für die NOx-Emissionen. Die Schifffahrt steht damit im Konflikt mit dem Naturschutz (Ausbau der Zufahrten, Unfälle, Wasserverschmutzung). Die Gewährleistung der Sicherheit auf See kann durch feste Installatio- nen im Meer beeinträchtigt werden, insbesondere in der Nähe der Schifffahrtswege. Hieraus resultieren Interessenkonflikte zur Entwicklung von Offshore-Windkraftanlagen und anderen permanenten Einrichtungen in Küsten- und Meeresgewässern. Die Raumordnung muss deshalb darauf zielen, die freie und ungehinderte Passage von Schiffen zu garantieren. Nord- und Ostsee stehen weiter unter erheblichem - teilweise durchaus auch noch zuneh- menden - Nutzungsdruck. Der Belastungsdruck für Nord- und Ostsee durch die Industrieländer Nordeuropas hat sich kaum verringert, trotz der bisher teilweise erzielten beachtlichen Entlas- tungen. Die größten Entlastungen ergaben sich durch landseitigen Maßnahmen beim Immissi- onsschutz, durch die stark verbesserte Abwasserreinigung, durch verschiedene Stoff- und Einlei- tungsverbote sowie durch Maßnahmen gegen Öleinleitungen aus der Schifffahrt. Trotz der teil- weise deutlich verminderten Schadstoff- und Nährstoffeinträge besteht nach wie vor kein Grund zur umweltpolitischen Entwarnung, denn die marinen Ökosysteme werden durch die europäi- sche Fischerei, Nährstoff- und Schadstoffeinträge, die Schifffahrt sowie durch vielfältige lokale raumwirksame Eingriffe, insbesondere der Rohstoffindustrie, des Tourismus, des Küstenschutzes und neuerdings der Windenergienutzung, auf unterschiedliche Art und Weise gefährdet und geschädigt. Insbesondere gab es kaum durchgreifende Verbesserungen bei Fischereiwirtschaft und Nähr- stoffeinträgen aus der Landwirtschaft. Um zu einer nachhaltigen, dauerhaft umweltverträgli- chen Bewirtschaftung der Nord- und Ostsee zu kommen, bedarf es jedoch erheblicher Anstren- gungen und teilweise auch grundlegender struktureller Maßnahmen vor allem gegenüber der intensiven Fischerei- und Agrarwirtschaft. Mit dem Anstieg der Offshore-Nutzung in den Küstengewässern und der AWZ steigt auch die Bedeutung von Versorgungszentren an der Küste als Schnittstellen zwischen Meer und Land, die den An- und Abtransport von Produkten, Gütern und Strom gewährleisten.

10 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

In Nord- und Ostsee besteht ein zunehmendes Havarierisiko, das durch den wachsenden Be- satz mit Bauwerken - insbesondere von Windenergieanlagen - eher zu- als abnehmen wird. Die Schifffahrt gilt als Hauptträger gebietsfremder Lebewesen, die vornehmlich im Ballast- wasser transportiert und in andere Ökosysteme eingeschleppt werden. Diese exotischen Arten belasten das bereits durch andere Umweltfaktoren beeinträchtigte heimische Ökosystem und können es von seiner natürlichen Entwicklung abbringen und zu einer unerwünschten Homoge- nisierung der Lebensräume führen. Wie im Bereich des landseitigen Umweltschutzes gilt es, das Vorsorge- und Verursacherprinzip auch auf die Schifffahrt konsequent anzuwenden, um die Risiken für Nord- und Ostsee so weit als möglich zu reduzieren. Der IMO kommt hierbei im Rahmen des Seerechtsübereinkommens und den MARPOL-Bestimmungen eine herausragende Bedeutung zu, weil nur die IMO als Inter- nationalen Seeschifffahrtsorganisation Forderungen nach strengeren Umwelt- und Sicherheits- maßnahmen einheitlich und völkerrechtlich anerkannt in der Seeschifffahrt umsetzen kann. Al- lerdings ist die IMO mit ihren langwierigen Entscheidungsprozessen darin sehr unbeweglich. Darüber hinaus beeinträchtigen Unsicherheiten den Entscheidungsprozess, inwieweit die EU auch ohne Zustimmung der IMO regionale Schutzmaßnahmen für die Umwelt ergreifen kann. IMO und EU haben erst jetzt begonnen, die Kompetenzverteilung untereinander zu klären. In jedem Fall hätte die EU mit ihrem Anteil von über 20% an der Welttonnage das Gewicht, um bei einheitlichem Auftreten in der IMO entsprechende Resultate zu erzielen und weitreichende umweltpolitische Beschlüsse für die Seeschifffahrt zu fassen. Zur Verbesserungen der Schiffssicherheit könnten die folgenden Initiativen beitragen: Verbesserung der Qualifikation der Schiffsbesatzungen unter Beachtung der Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von See- leuten (International Convention on Standards of Training, Certification and Watchkee- ping - STCW) von 1995 beziehungsweise der entsprechenden europäischen Richtlinie 2001125/EG Lotsenannahmepflicht für bestimmte Seegebiete wie etwa den Ostseezugängen und der Kadetrinne Hinreichende Hafenstaatkontrollen mit ausreichenden und ausgebildeten Inspektoren Regelmäßige Qualitätskontrollen bei Doppelhüllen-Tankschiffen, Transportverbot von Schweröl in Ein-Hüllen-Tankschiffen Ausphasen von Ein-Hüllen-Tankschiffen gestaffelt nach Schiffskategorien bis spätestens 2010 Erbesserung der Auffangeinrichtungen in den Häfen zur Entsorgung von Schwerölrück- ständen, Tankwaschwasser und Ballastwasser Vorgaben für den Schwefelgehalt des in der Seeschifffahrt verwendeten Kraftstoffs so- wie der NOx-Emissionen Ausweisung zusätzlicher Schutzgebiete als besonders empfindliche Seegebiete

10 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

7 10.1.5 Ausweisung besonders empfindliche Meeresgebiete als PSSA .

In allen Küstenländern stehen große Küstenbereiche aufgrund ihrer herausragenden Bedeu- tung für Flora und Fauna unter Naturschutz oder bilden Teile von Biosphärenreservaten und Nationalparken. Insbesondere das Wattenmeer besitzt eine weltweite Bedeutung als einzigarti- ger Lebensraum und Brut- und Rastgebiet für viele Vogelarten. Derzeit bestehen in der Nordsee die Nationalparke Niedersächsisches, Hamburgisches und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, mit denen der größte Teil der Küste, mit Ausnahme der Flussmündungsbereiche, unter Schutz steht. Diese Gebiete stellen zusammen mit weiteren Flächen außerdem Schutzgebiete nach der internationalen Ramsar-Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten und nach der EU- Vogelschutzrichtlinie dar, sind als Particularly Sensitive Sea Area (PSSA) der IMO anerkannt und werden zusammen mit anderen Flächen in der AWZ und im Küstenmeer Bestandteil des noch entstehenden NATURA-2000-Netzwerks. In der Ostsee bestehen die Nationalparke Jasmund und Vorpommersche Boddenlandschaft, die zudem als „Baltic Sea Protected Areas“ (BSPA nach HELCOM) geschützt sind. 6 weitere Ge- biete wurden als potentielle BSPAs identifiziert und überwiegend auch als FFH- und Vogel- schutzgebietsvorschlag gemeldet. In der AWZ der Ostsee wurden 5 FFH-Gebiete sowie ein Vogel- schutzgebiet gemeldet. Für die Ostsee wurde Anfang April 2004 ein Antrag auf Ausweisung der gesamten Ostsee mit Ausnahme der russischen Gewässer als „besonders empfindliches Meeres- gebiet“ vom Umweltausschuss MEPC der IMO angenommen. In der Zwischenzeit wurde die Ostsee zu einer „Particularly Sensitive Sea Area“ – PSSA erklärt. Unmittelbare Auswirkungen auf die Schifffahrt hat dieser Schritt vorerst nicht, erleichtert aber die Durchsetzung weiterer Schutzmaßnahmen. Mit der Ausweisung der Ostsee als PSSA wird international anerkannt, dass dieses Gebiet ei- nes besonderen Schutzes auch gegen Gefahren bedarf, die von der Schifffahrt ausgehen könn- ten. Die Ostsee hat auf Grund ihres geringen Salzgehaltes und der niedrigen Wasseraustausch- kapazität kaum Selbstheilungskräfte, falls es zu einer Verschmutzung durch Öl oder andere ge- fährliche Stoffe kommt. Russland hat sich als einziger Ostseeanrainer nicht der PSSA-Initiative angeschlossen. Dadurch wurde auch nicht die gesamte Ostsee als PSSA ausgewiesen, denn das Hoheitsgebiet vor der russischen Ostseeküste ist davon ausgenommen.

7 PSSA - Particularly Sensitive Sea Area

10 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.1.6 Internationale Übereinkommen zum Meeresumweltschutz8

Der Meeresumweltschutz bedarf der internationalen Zusammenarbeit der Anrainerstaaten der jeweiligen Meere und koordinierter Maßnahmen, um schädliche Einflüsse des Menschen auf die Meeresumwelt zu verhindern oder zumindest zu reduzieren. Diese Zusammenarbeit findet im Rahmen regional oder weltweit gültiger internationaler Übereinkommen statt, von denen hier die nur die wichtigsten genannt werden.

Übereinkommen zum Schutz der Nordsee9 Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks ("OSPAR- Übereinkommen", geschlossen zu Paris, 1992); Gesetz vom 23. August 1994 (BGBl II 1355, 1360). Das Übereinkommen ist seit dem 25. März 1998 in Kraft. Im gleichen Jahr Erweiterung um eine Anlage V "Schutz und Erhaltung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt des Meeresgebiets" sowie einen dazugehörigen Kriterienanhang (in Kraft seit 30. Au- gust 2000; vgl. Gesetz vom 18. Juni 2001 zur Änderung des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks, BGBl. 2001 II S. 646). Maßnahmen der OSPAR-Kommission bestehen in rechtlich verbindlichen Beschlüssen ("Decisions") sowie Empfehlungen ("Recommendations") und sonstigen Vereinbarungen ("Agreements"). Das Übereinkommen zur Zusammenarbeit der Nordseestaaten bei der Be- kämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe (vom 13.09.1983) "Bonn-Übereinkommen", BGBl. 1990 II S. 70, geändert mit Beschluss vom 22.09.1989, BGBl. 1995 II 179.

Übereinkommen zum Schutz der Ostsee Das Übereinkommen über den Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Helsinki, 1992), Gesetz vom 23. August 1994 (BGBl. 1994 II S. 1355, 1397). Das "Helsinki-Übereinkommen" ist seit dem 17. Januar 2000 in Kraft. Maßnahmen der Helsinki-Kommission (HELCOM) bestehen ausschließlich in rechtlich nicht bindenden Empfehlungen ("Recommendations") und politischen Vereinbarungen (agreements). Konvention vom 13. September 1973 über die Fischerei und den Schutz der le- benden Ressourcen in der Ostsee und den Belten, Gesetz vom 10. September 1976 (BGBl. II S. 1542, 1564) geändert durch Protokoll vom 11. November 1982 (BGBl. II S. 222). Am 18. März 1984 für die EWG in Kraft und damit für die Bundesrepublik Deutschland außer Kraft getreten. Federführung: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Durchführung der Konvention liegt bei der Internationalen Ostseefischereikommission (IBSFC), die eine eigene Homepage in Englisch betreibt.

Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt mit weltweiter Gültigkeit Deutschland ist Vertragspartei weltweit gültiger Übereinkommen, die ganz oder teil- weise dem Meeresumweltschutz dienen. Hierzu zählen: Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS 94), Gesetz vom 2. September 1994 (BGBl. II S. 1798, 1799).Zeichnung: 10. Dezember 1982, in Kraft 16. November 1994. Übereinkommen vom 28. Juli 1994 zur Durchführung des Teils XI des See- rechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982, BGBl. 1994 II S. 2566, Zeichnung: 28. Juli 1994, in Kraft 28. Juli 1996.

8 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Meeresumweltschutz März 2005 9 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Meeresumweltschutz März 2005

10 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Das Durchführungs-Übereinkommen wird seit dem 16. November 1994 von Deutsch- land vorläufig angewandt. Federführung: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsüberein- kommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung von gebietsübergreifenden Fischbeständen und Bestän- den weit wandernder Fische (New York, 1995), Gesetz vom 2. August 2000 (BGBl. II S. 1022), Zeichnung: 4. Dezember 1995, noch nicht in Kraft. Federführung: Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt- schaft. Übereinkommen über die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO), Bekanntmachung vom 27. September 1982 (BGBl. II S. 873; 874). Federführung: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Internationales Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe in der Fassung des Protokolls von 1978 (MARPOL 73/78; London 1973, 1978), BGBl.1996 II S. 399. Federführung: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Ein- bringen von Abfällen und anderen Stoffen (London, 1972), Gesetz vom 16. Februar 1977 (BGBl. II S. 165, 180) Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stof- fen von 1972, Gesetz vom 9. Juli 1998 (BGBl. 1998 II S. 1345, 1346) sowie Gesetz zur Ausführung des Protokolls vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Ver- hütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972.

10 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2 Meeresforschung

10.2.1 Allgemein10

Mit den Programmen „Meeresforschung“ (1993) und „Polarforschung“ (1996) so- wie dem Forschungskonzept „Meerestechnik“ (1999) hat die Bundesregierung die Grundlagen geschaffen, um die eigenen Kenntnisse über die Ozeane und die Polargebiete sowie ihre Rolle im Klimageschehen der Welt zu vertiefen. Daneben dient die Forschung dem Verständnis für die Zusammenhänge im Ökosystem Meer und seiner nachhaltigen Nutzung der Ressourcen. Weitere Schwerpunkte beinhalten die Programme zu Forschung und Entwicklung in der Schiffstechnik und dem Küsteningenieurwesen sowie in Forschung und Entwick- lung von Messtechnik für die Meeresforschung und -überwachung. Das BMBF förderte gemeinsam mit den Küstenländern Schleswig-Holstein, Mecklen- burg-Vorpommern, Hamburg und Bremen den Bau eines neuen eisrandfähigen For- schungsschiffes – Maria S. Merian. Es soll die Leistungsfähigkeit Deutschlands in den Geowissenschaften, der Klimaforschung und der Meeresbiologie stärken und ist am Insti- tut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) stationiert. Zur Überwachung der Meere werden autonom arbeitende Sensor- und Datenübertra- gungssysteme (via Satellit) eingesetzt, um sowohl schnell über Umweltveränderungen in- formiert zu werden als auch kontinuierliche Messreihen auswerten zu können, aus denen langfristige Trends abgeleitet werden können. Fernziel ist ein global abgestimmtes, auto- nomes Messnetz (Global Ocean Observing System, GOOS). Derzeit konzentrieren sich die deutschen Bemühungen darauf, die Überwachung von Nord- und Ostsee zu optimieren. In enger Kooperation zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen, kleinen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) als potentiellem Betreiber wurden Messstrategien sowie die notwendigen Geräte zur au- tomatischen Erfassung von Wasserparametern und -inhaltsstoffen entwickelt und auf Ver- suchsstationen des vom BSH hoheitlich betriebenen Messnetzes MARNET in Nord- und Ostsee erprobt. Künftig soll die teure, schiffsgebundene Meeresüberwachung durch au- tomatische Messsysteme ergänzt bzw. teilweise abgelöst werden. Deutschland beteiligt sich seit 2000 im Rahmen des WCRP an dem Programm CLIVAR (Climate Variability and Predictability). Die in CLIVAR durchgeführten Untersuchungen dienen dem Ziel, Schwankungen des globalen Klimasystems vorherzusagen. Die Meeres- forschung hat dabei die Aufgabe, innerhalb des CLIVAR-Programms die Rolle des Ozeans für die mehrjährige und längerfristige Variabilität des Klimas aufzuklären und das Gefähr- dungspotential abzuschätzen, das sich bei drastischem Wechsel des Klimas als Folge von Instabilitäten der thermohalinen (durch Temperatur- und Salzgehaltsdifferenzen verur- sachte) Zirkulation ergeben könnte. Ebenfalls im Dienste der globalen Klimaforschung wurde das internationale Projekt ARGO gestartet, in dem mit Hilfe von frei driftenden Messstationen (floats), die bis in ei- ner Tiefe von 2000m operieren, Daten über den Zustand des Ozeans gewonnen und via Satellit übertragen werden. Diese stehen international für eine klimatologisch orientierte Auswertung zur Verfügung. Deutschland wird sich mit einem nationalen Beitrag, der regi- onal vom Nord- über den Tropischen Atlantik bis zum Zirkumpolarstromgebiet reicht, an ARGO beteiligen. In der Arktis beteiligt sich Deutschland an der WCRP Initiative ACSYS (Arctic Climate Systems Study). Das deutsche Verbundvorhaben wird Erkenntnisse liefern, die zum Ver- ständnis der Wechselwirkungen zwischen dem grönländischen Eisschild und der Atmo- sphäre sowie ihrer Rolle im Klimasystem der Arktis beitragen und damit auch unser Wetter in Nordeuropa bestimmen.

10 BMBF: Bundesbericht Forschung 2004

10 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Von besonderer Bedeutung ist dabei die Kopplung des arktischen Wetter- und Klima- geschehens an die großskaligen atmosphärischen Variationsmuster wie die Nordatlanti- sche Oszillation (NAO) in den Mittleren Breiten. Hier sind in den letzten 20 Jahren deutli- che Änderungen festzustellen, deren Auswirkungen auf unser Klima noch nicht verstan- den werden oder gar vorhersagbar wären. Vorrangiges Ziel im Förderschwerpunkt „Küsteningenieurwesen“ ist die Prognose von Entwicklungen und Ereignissen sowie die Erarbeitung zielorientierter, kontrollierter und wirtschaftlicher Maßnahmen, um die Lebensbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen an den Küsten langfristig und umweltverträglich zu sichern. Die Forschung stützt sich auf das „Forschungskonzept für das Kuratorium für Forschung im Küsteninge- nieurwesen“ (2001). Mit der speziell für die Belange des Küsteningenieurwesens entwickelten NOKIS Meta- datenbank bietet sich für die verschiedenen Einrichtungen, die mit Küstenschutzmaßnah- men und mit Küstenzonenmanagement befasst sind, die Möglichkeit, auf alle in den letz- ten Jahren gesammelten Daten zugreifen zu können. Das Polarforschungsprogramm der Bundesregierung (1996) umfasst erstmals beide Po- larregionen. Neben der klimarelevanten Forschung und der Ökosystemforschung werden auch die Technologieentwicklung sowie die Suche nach marinen Naturstoffen berücksich- tigt. Das AWI in Bremerhaven ist die zentrale Einrichtung der deutschen Polarforschung. Zur Durchführung der zumeist internationalen Forschungsvorhaben stellt Deutschland das FS POLARSTERN und in der Antarktis verschiedene Stationen zur Verfügung. Die deutsche Arktisforschung kann die ganzjährig besetzte Koldewey-Station in Ny Alesund auf Spitz- bergen mit benutzen. Schwerpunkte der deutschen Polarforschung sind : Bedeutung der Polargebiete für das Klimageschehen, thermische und dynamische Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre-Ozean-Kryosphäre Analyse von Spurenstoffen in der Atmosphäre, der Hydrosphäre und der Biosphäre der Antarktis Struktur, Dynamik und Funktionsprinzipien polarer Ökosysteme Massenhaushalt und Dynamik von Land- und Schelfeis Struktur der Erdkruste und des Erdmantels im Bereich des antarktischen Konti- nents. Im Rahmen des European Projects for Icecoring in Antarctica (EPICA) werden seit 2000 zwei tiefe Eiskernbohrungen in der Antarktis vorgenommen. EPICA ist ein EU-finanziertes, multinationales Projekt. Die Bohrung in Dronning Maud Land, die logistisch vom Alfred- Wegener-Institut (AWI) betreut wird, konzentriert sich auf die Aufnahme der Klima- und Atmosphärengeschichte des letzten glazialen Zyklus. Die einzigartige Lage diese Bohr- punkts im atlantischen Sektor der Antarktis verspricht erstmals ein detailliertes Abbild schneller Klimaschwankungen, die vermutlich durch die Tiefenwasserbildung im Nordat- lantik verursacht werden. Dabei sollen die am AWI durchgeführten Untersuchungen wich- tige Informationen zu Temperaturschwankungen im Südatlantik, zu Änderungen des Koh- lenstoffkreislaufs sowie zur Massenbilanz der Antarktis bereit stellen. Das Forschungsprogramm „Schifffahrt und Meerestechnik für das 21. Jahrhun- dert“ umfasst die Bereiche „Schiffstechnik“, „Verlagerung von Transporten auf Wasser- straßen“ und „Meerestechnik“. In der Schiffstechnik sollen Forschung und Entwicklung dazu beitragen, dass Deutschland durch Produkt- und Prozessinnovationen seinen vorde- ren Platz unter den Technologieführern dieser Branche sichern und im weltweiten Wett- bewerb weiter ausbauen kann. Die Forschung in der Schifffahrt richtet sich auf die Verbes- serung der Verkehrssituation in Deutschland und Europa und soll zur stärkeren Nutzung der Wasserwege beitragen, um den Straßenverkehr zu entlasten. Schwerpunkte der For- schung und Entwicklung in der Meerestechnik betreffen die Offshore-Technik, Polartech- nik sowie die Maritime Umwelttechnik. In der Meerestechnik ist Deutschland am weltwei- ten Umsatzvolumen von 150 Mrd. EUR pro Jahr bisher nur mit etwa 3,5 Mrd. EUR (ca. 2,3%) beteiligt, gleichwohl kommt diesem Bereich wegen des hohen Zukunftspotenzials bei der Gewinnung von Rohstoffen aus dem Meer eine große Bedeutung zu.

10 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2.2 Maritime Forschungsanstalten und ihre Schiffe 10.2.2.1 BSH - Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Ham- burg und Rostock11 Bernhard-Nocht Str. 78 20359 Hamburg Tel.: (0 40) 31 90–0; Fax: (0 40) 31 90-5000 E-Mail: [email protected] Internet: www.bsh.de Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist der zentrale maritime Dienstleister des Bundes für Schifffahrt, maritime Wirtschaft und Meeresumwelt mit Dienstsit- zen in Hamburg und Rostock. Die Ursprünge reichen zurück bis zum Hydrographischen Bu- reau in Berlin (1861), dem Marineobservatorium Wilhelmshaven (1874) und der Norddeut- schen Seewarte (1868). Ihr folgte ab 1875 die Deutsche Seewarte, ab 1945 das Deutsche Hyd- rographische Institut - seit 1990 das BSH. Für die Seevermessung, Wracksuche und Forschung betreibt das BSH sechs Schiffe, wobei die Vermessungsschiffe zu den modernsten weltweit zählen. Das BSH hat rund 840 Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter und verfügt über einen Etat von ca. 62 Mio. EUR. Grundlage des breit gefächerten Leistungsspektrums sind unter anderem das Seeaufgabengesetz, das Schiffs- sicherheitsgesetz, das Flaggenrechtsgesetz und internationale Übereinkommen sowie nationale und europäische Richtlinien. Das gesamte BSH ist nach der ISO 9001 zertifiziert. Partner der Schifffahrt Anerkanntes Prüflabor für moderne Navigationssysteme Als akkreditiertes Prüflabor gilt das BSH als eine der führenden Stellen für die Baumus- terprüfung neuer Geräte. Hersteller von Navigations- und Funkausrüstungen aus aller Welt lassen ihre Prototypen für die Serienproduktion im BSH prüfen, z.B. AIS- Bordsysteme zur Schiffsidentifikation, Schiffsdatenschreiber oder Radaranlagen. Die vom BSH durchgeführten Geräteprüfungen sind international anerkannt. Qualifizierung von Seeleuten Für Reedereien, Seeleute und Schifffahrtsverwaltungen ist das BSH der zentrale An- sprechpartner in Befähigungsangelegenheiten. Dazu gehört die Ausstellung von See- funkzeugnissen und Befähigungszeugnissen nach internationalen Anforderungen. Zur Prüfung der Echtheit und Gültigkeit von Qualifizierungen führt das BSH eine Datenbank mit über 32.000 Einträgen, die u.a. dem internationalen Abgleich mit anderen Flaggen- staaten dient. Förderung der deutschen Handelsflotte Das BSH ist verantwortlich für die Durchführung umfangreicher Förderprogramme, die der Bund im Rahmen des maritimen Bündnisses für Beschäftigung und Ausbildung zur Verfügung stellt. Mit gezielten Zuschüssen sollen dauerhaft mehr Arbeitsplätze für deut- sche Seeleute gesichert und maritimes Know-how in Deutschland erhalten und gestärkt werden. Flaggenrecht und Schiffsvermessung Das BSH stellt die erforderlichen Dokumente zum Nachweis des Flaggenführungsrechts aus (Flaggenscheine, Flaggenzertifikate, Ausflaggungs-Genehmigungen) und führt das nationale Flaggenregister und Internationale Seeschifffahrtsregisters. Außerdem werden vom BSH Schiffsvermessungen zur Ermittlung der Raumzahl zur Größenbestimmung von Seeschiffen sowie Tank- und Laderaumvermessungen auf See- und Binnenschiffen durch- geführt. Maritime Gefahrenabwehr Für ein einheitliches Vorgehen zur Abwehr terroristischer Gefahren für Schiffe und Ha- fenanlagen wurden internationale Sicherheitsmaßnahmen eingeführt (ISPS-Code). In Deutschland sorgt das BSH für die erfolgreiche Umsetzung des ISPS-Codes auf Seeschiffen unter deutscher Flagge und kontrolliert die Einhaltung der Vorschriften.

11 BSH Juni 2006

10 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Hierfür beauftragt das BSH anerkannte Klassifikationsgesellschaften, sogenannte RSOs (Recognized Security Organization), wie z.B. den Germanischen Lloyd. Zentrum der Hydrographie Seevermessung und Wracksuche Weil sich die Tiefenverhältnisse durch Strömungen und Sedimentumlagerungen immer wieder ändern, sind systematische Wiederholungsvermessungen, die regelmäßige Prü- fung von 1.700 Wracks und die gezielte Suche nach Unterwasserhindernissen notwendig. Das Vermessungsgebiet des BSH umfasst eine Fläche von etwa 57.000 km², was einem Sechstel der Landfläche Deutschlands entspricht. Seekarten und nautische Publikationen In Deutschland werden die amtlichen Seekarten und Seehandbücher für die Berufsschiff- fahrt sowie spezielle Kartenserien und nautische Publikationen für die Sportschifffahrt vom BSH herausgegeben. Das nautische Informationssystem des BSH umfasst u.a. 60 See- karten der deutschen Küste, Seehäfen und Seeschifffahrtswege sowie 510 Seekarten für die europäischen Gewässer. Über einen online-Berichtigungsservice können die amtlichen Karten und Bücher jederzeit aktualisiert werden. Elektronisches Seekarteninformationssystem Das BSH produziert digitale Seekartendaten für ECDIS, das internationale elektronische Seekarteninformationssystem, mit dem sich alle nautisch bedeutsamen Informationen ei- nes Seegebietes auf den Bildschirm holen lassen. Durch die Kombinationsmöglichkeit mit Radar, Satellitennavigation und AIS leistet ECDIS deutlich mehr als Papierseekarten oder deren eingescannte Abbilder. Aktuelle Vorhersagen und Warnungen Meereskundliche Vorhersagen Mit meereskundlichen Vorhersagen für die deutsche Nord- und Ostseeküste unterstützt das BSH Schifffahrt, Hafenämter, Verkehrszentralen und alle, die aktuelle Wasserstands- meldungen, Sturmflutwarnungen, Gezeitenvorausberechnungen oder Informationen zu Seegang, Oberflächentemperaturen und Eisverhältnissen benötigen. Für die Reviere We- ser und Elbe spielen auch die mittelfristigen Wasserstandsvorhersagen (Zeitraum von 3 Tagen bis 2 Wochen) eine besondere Rolle, denn die Reedereien benötigen diese Infor- mationen zur Festlegung des optimalen Beladungsgrades ihrer Schiffe. Nutzung der Meere

Genehmigung von Offshore-Anlagen Der Offshore-Bereich spielt eine zentrale Rolle nicht nur für die traditionellen Nut- zungen Schifffahrt, Fischerei und Tourismus sondern auch bei der Rohstoff- und Ener- giegewinnung. Das BSH ist zuständig für die Genehmigung von Anlagen in der aus- schließlichen Wirtschaftszone von Nord- und Ostsee und entscheidet z.B. über die Er- richtung von Windenergieanlagen, den Betrieb von Rohrleitungen und das Einspü- len von Seekabeln. Auch die Festlegung von besonderen Eignungsgebieten für Wind- energieanlagen gehört zu den Aufgaben des BSH.

Marine Raumplanung Neue marine Nutzungen, die mit anderen Interessen konkurrieren können, verlangen nachhaltige planerische Strategien. Mit der Änderung des Raumordnungsgesetzes wurden dem BSH 2004 Aufgaben einer übergreifenden Planung für die Raumnutzun- gen in der ausschließlichen Wirtschaftszone von Nord- und Ostsee übertragen.

CONTIS Mit der Geodatenbank CONTIS (Continental Shelf Information System) stellt das BSH ein Internet-Informationssystem zur Verfügung, das die existierenden und projektier- ten Seeverkehrswege, Seekabel, Pipelines, Windenergie Parks, Naturschutzgebiete, Sperrgebiete usw. visualisiert.

10 - 15 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Meeresumweltschutz Meereskundliche Beobachtungen Nord- und Ostsee werden vom BSH regelmäßig auf Belastungen mit Schad- und Nähr- stoffen und Radioaktivität untersucht, die das ökologische Gleichgewicht beeinträch- tigen könnten. Im Rahmen nationaler und internationaler Überwachungsprogramme werden Wasser-, Schwebstoff- und Sedimentproben gewonnen und im BSH-Labor a- nalysiert. Zusätzliche Daten gewinnt das BSH über ein automatisches Messnetz. Die Untersuchungsergebnisse liefern die wissenschaftlichen Grundlagen zur Bewertung des Zustandes und sind damit Basis für notwendige Maßnahmen zum Schutz des Mee- res. Bußgelder bei Umweltverstößen Das BSH ahndet Verstöße der Schifffahrt gegen Umweltvorschriften, soweit es sich um Ordnungswidrigkeiten handelt, insbesondere Mängel in der Führung von Öl- und La- dungstagebüchern oder Zuwiderhandlungen gegen Einleitverbote von Öl, Chemika- lien, Schiffsabwässern und Schiffsmüll. Genaue Ölidentifizierung Mit einem im BSH entwickelten computergestützten Verfahren, das die eindeutige I- dentifizierung und Zuordnung unbekannter Ölverschmutzungen ermöglicht, lassen sich Ölsünder auf See zweifelsfrei ermitteln. Dieses Ölidentifizierungsverfahren wird in internationaler Kooperation auch anderen Umweltüberwachungseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Zuverlässige Driftprognosen Die Drift- und Ausbreitungsprognosen des BSH zu Umweltverschmutzungen tragen mit dazu bei, die Herkunft des Öls und mögliche Verursacher zu ermitteln bzw. eine weitere Verschmutzung von Küstenabschnitten vorauszusagen oder auszuschließen. Das Driftmodell wird außerdem für weitere Fragestellungen eingesetzt, u.a. für Men- schen in Seenot, treibende Boote sowie für Simulationen zu Seeunfalluntersuchungen und Ermittlungen der Wasserschutzpolizei. Zentrum der Hydrographie Das BSH engagiert sich intensiv auch auf internationaler Bühne. In mehr als 20 inter- nationalen Gremien setzt das BSH durch seine Mitarbeit Akzente. Dazu zählen unter anderem die Internationale Hydrographische Organisation, die Internationale See- schifffahrts-Organisation, die Zwischenstaatliche Ozeanographische Kommission der UNESCO und die Gremien des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR-Übereinkommen) und des Helsinki-Übereinkommens zum Schutz der Ostsee. Denn nur durch gemeinsame Anstrengungen der Staatengemein- schaft lassen sich notwendige Regelungen und Standards z.B. für mehr Sicherheit in der Schifffahrt oder für einen effektiveren Meeresumweltschutz erfolgreich in den Griff bekommen.

Forschungsschiffe des BSH Typ Name BRZ Indienststellung

Forschungsschiff GAUSS 1.684 1980 Vermessungs- und Forschungsschiff KOMET 1.319 1998 Vermessungs-/Wracksuch-/Forschungsschiff ATAIR 959 1987 Vermessungs-/Wracksuch-/Forschungsschiff WEGA 969 1990 Vermessungs-/Wracksuch-/Forschungsschiff DENEB 969 1994 Vermessungsschiff CAPELLA 552 2004

10 - 16 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2.2.2 Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde an der Universität Rostock (IOW) Seestraße 15 18119 Warnemünde Tel.: (03 81) 5 19 70; Fax: (03 81) 51 97 48-40 E-Mail: [email protected] Internet: www.io-warnemuende.de Maritime Dienstleistungen Das IOW dient der „Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre auf dem Gebiete der Meeresforschung“. Darüber hinaus soll sich das IOW der "interdisziplinären Meeresfor- schung mit besonderer Hinwendung zum Ökosystem der Ostsee" widmen. Zusätzlich um- fasst das Aufgabenspektrum die vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) übertragenen nationalen Aufgaben im Monitoring der Ostsee (HELCOM), einschließ- lich der Erstellung der periodischen Zustandseinschätzungen. Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen externem Antrieb durch das gekoppelte Oze- an-Atmosphäre-System und die menschlichen Einwirkungen einerseits und der Veränder- lichkeit mariner Ökosysteme einschließlich ihrer Organismen andererseits besser zu verste- hen.

Forschungsschiff des IOW Name Maria S. Merian Typ Eisrandforschungsschiff Länge Breite Tiefgang Geschwindigkeit BRZ 94,80 m 19,20 m 6,50 m max. 15 kn 5.700 Besonderheiten Besatzung Wissenschaftler Indienststellung 31.08.2005 20 max. 20 Eisfahrt: Verstärkungen nach Polar Class PC 7

10 - 17 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2.2.3 Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel (IFM-GEOMAR)12 Düsternbrooker Weg 20 24105 Kiel Tel.: (04 31) 6 00-28 02; Fax: (04 31) 6 00-28 05 E-Mail: [email protected] Internet: www.ifm-geomar.de Maritime Dienstleistungen Das Leibniz-Institut für Meereswissenschaften bildet in Kooperation mit der Christian- Albrechts-Universität zu Kiel Studenten in den Fächern Ozeanographie, Meteorologie, Biologische Meereskunde, Fischereibiologie, Meereschemie, Geologie und Geophysik aus. Ziel des Forschungs- und Lehrinstituts ist es, in interdisziplinärer Zusammenarbeit alle wichtigen Bereiche der modernen Meeresforschung – von der Geologie des Meeresbodens bis zur maritimen Meteorologie – zu bearbeiten. Die Untersuchungen werden auf allen Weltmeeren durchgeführt. Das Institut ist in vier Forschungsbereiche und zwei Sonderfor- schungsbereiche gegliedert: Ozeanzirkulation und Klimadynamik Marine Biogeochemie Marine Ökologie Dynamik des Ozeanbodens. Das IFM-GEOMAR ist u.a. an den großen internationalen Meeresforschungsprogram- men, wie z.B. IODP (Integrated Ocean Drilling Programme), CLIVAR (Climatic Variability and Predictability) beteiligt.

Forschungsschiffe des IFM-GEOMAR Typ Name BRZ Indienststellung

Forschungsschiff POSEIDON 1.059 1976 Forschungsschiff ALKOR 999 1990 Forschungskutter LITTORINA 168 1975 Forschungsbarkasse POLARFUCHS 16 1982

10.2.2.4 Stiftung Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresfor- schung (AWI) Bremerhaven Columbusstraße 27568 Bremerhaven Tel.: (04 71) 48 31-0; Fax: (04 71) 48 31-149 E-Mail: [email protected] Internet: www.awi-bremerhaven.de Maritime Dienstleistungen Das 1980 als Stiftung öffentlichen Rechts gegründete Forschungszentrum hat die Auf- gabe, die dauerhafte Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der Antarktisfor- schung sicherzustellen und eigene Forschungsprogramme im Nordpolargebiet und in den gemäßigten Breiten durchzuführen. Die Stiftung Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung umfasst das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, die Forschungsstelle Potsdam und seit 01. Januar 1998 die Biologische An- stalt Helgoland und die Wattenmeerstation Sylt. Die Stiftung ist Mitglied der Helmholtz- Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

12 Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel, Juni 2006; Entstanden aus der Zusammenlegung des Instituts für Meereskunde (IFM Kiel) der Universität Kiel mit dem GEOMAR- Forschungszentrum

10 - 18 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Die Stiftung unterhält in der Antarktis eine Überwinterungsstation (Neumayer-Station) und zwei Sommerstationen (Dallmann-Labor und Kohnen-Station) sowie auf Spitzbergen eine Arktis-Überwinterungsstation (Koldewey-Station). Sie verfügt über 2 Flugzeuge vom Typ Do 228, 4 Forschungsschiffe und 2 Arbeitsboote.

Forschungsschiffe des AWI13 Typ Name BRZ Indienststellung

Forschungsschiff HEINCKE 999 1990 Forschungsschiff UTHÖRN 999 1990 Forschungsschiff MYA 168 1975 Forschungsschiff POLARSTERN 10.878 09.12.1982 Arbeitsboot AADE Arbeitsboot DIKER

10.2.2.5 Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall- und Geophysik (FWG) Kiel14 Klausdorfer Weg 2 – 24 24148 Kiel Tel.: (04 31) 6 07–0; Fax: (04 31) 6 07-4150 E-Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org Maritime Dienstleistungen Die FWG leistet anwendungsbezogene Forschungsarbeit für die Bundeswehr, insbeson- dere für die Marine. Die Schwerpunkte ihrer Forschungen und Untersuchungen liegen auf den Gebieten Wasserschall, Geophysik, Schiffsakustik und Sonarverfahren. Die FWG besitzt Laboratorien in Kiel und setzt als Hauptnutzer das von der WTD 71 be- reederte Wehrforschungsschiff PLANET ein. Das „alte“ konventionell gebaute Wehrforschungsschiff Planet wurde am 31.03.2004 nach fast 37 Dienstjahren, 6.000 Seetagen und 67.500 sm außer Dienst gestellt. Das neue Wehrforschungsschiff Planet wurde am 31.05.2005 in Dienst gestellt.

Forschungsschiff der FWG Name PLANET Typ Wehrforschungsschiff SWATH-Bauweise Länge Breite Tiefgang Geschwindigkeit BRZ 73 m 27,2 m 6,8 m max. 15 kn 3.500

Besonderheiten Besatzung Wissenschaftler Indienststellung 31.05.2005 20 max. 20

13 bereedert durch F. Laeisz GmbH, Rostock, über ihre Tochterfirma, die Reederei F. Laeisz GmbH Bremerhaven HEINCKE bereedert durch Briese Schiffahrts GmbH & Co KG Leer 14 Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall und Geophysik (FWG), Juni 2005

10 - 19 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2.2.6 Forschungsinstitut Senckenberg15(FIS)- Abteilung für Meeresforschung, WHV Senckenberganlage 25 60325 Frankfurt/Main Tel.: (0 69) 75 42–0; Fax: (0 69) 74 62–38 E-Mail: [email protected] Internet: www.senckenberg.de Maritime Dienstleistungen Aufgabenschwerpunkt ist die sedimentologische und ökologische Grundlagenfor- schung in Wattenmeer, Ostsee und Nordsee.

Forschungsschiffe des FIS Typ Name BRZ Indienststellung

Forschungskutter SENCKENBERG 185 1976

10.2.2.7 GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH16 Max-Planck-Straße 21502 Geesthacht Tel.: (0 41 52) 87–0; Fax: (0 41 52) 87-1403 E-Mail: [email protected] Internet: www.gkss.de Maritime Dienstleistungen Das GKSS-Forschungszentrum Geesthacht ist eines von 15 nationalen Einrichtungen der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), die in wissen- schaftlicher Autonomie langfristige Forschungsziele des Bundes verfolgen. Sie werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zu 90 Prozent, von den Ländern zu 10 Pro- zent getragen. Das GKSS-Forschungsprogramm umfasst die Gebiete Werkstoffforschung, Membrantrenntechnik sowie Küstenforschung. Im Rahmen der Küstenforschung wird von GKSS nachstehendes Flachwassermessboot eingesetzt:

Forschungsschiff der GKSS Typ Name BRZ Indienststellung

Forschungsschiff LUDWIG PRANDTL 130 1983, Umbau 2002

10.2.2.8 Zentrum für Flachmeer-, Küsten- und Meeresumweltfor- schung e.V. (TERRAMARE), Wilhelmshaven17 Schleusenstraße 1 26382 Wilhelmshaven Tel.: (0 44 21) 9 44 – 0; Fax: (0 44 21) 944-199 E-Mail: [email protected] Internet: www.terramare.de

15 Forschungsinstitut Senckenberg, Wilhelmshaven, Mai 2005 16 GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Juni 2006 17 Forschungszentrum TERRAMARE, Juni 2006

10 - 20 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Maritime Dienstleistungen Das Forschungszentrum TERRAMARE ist ein Zusammenschluss mehrerer im Land Nie- dersachsen Meeresforschung betreibender Institutionen. Institutionell wird das Zentrum vom Land Niedersachsen gefördert. Neun wissenschaftliche Institutionen sind die weiteren Gründungsmitglieder. TERRAMARE ist vor allem eine Infrastruktur- und Dienstleistungs- einrichtung für die Meeresforschung, das Forschungszentrum begreift sich auch als Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Zu den wesentlichen Dienstleistungen des Forschungszentrums für seine Mitglieder zählen Bibliotheksdienste, EDV-Unterstützung, allgemeine Projektverwaltung und Werkstattdienste.

10.2.2.9 RF Forschungsschifffahrt GmbH, Bremen18

Maritime Dienstleistungen Bereederung und Betrieb von Forschungsschiffen und anderen Einheiten für die Mee- resforschung; Dienstleistungen für Forschungsschiffe, Vermessungsfahrten und Projekte der Meeresforschung. Forschungs- und Vermessungsschiffe kompetente und komplette Bereederung, Personalgestellung, Organisation von Wartung und Reparatur, Charter, Unterstützung bei der Wahl alternativer Finanzierungen Meeresforschung Internationale Projektlogistik, Gestellung von wissenschaftlicher Ausrüstung und Verbrauchsmaterial, Planung von Forschungsreisen, Offshore Projekte Wissenschaftliche Ausrüstung, Instrumente und Systeme Betrieb und Wartung, Beschaffung, Planung und Entwicklung Planung und Durchführung Planung von Neubauten und Umbauten, Bauaufsicht und Garantieabwicklung, Einwei- sung von wissenschaftlichen und technischen Anwendern, Planung und Durchführung von Vermessungsfahrten

Forschungsschiffe der Reederei BRZ Indienststellung

Forschungsschiff SONNE Besatzung 30 3.516 1969 Wissenschaftler 25

Forschungsschiff FRANKLIN Besatzung 3 1.249 1967 Wissenschaftler 12

Forschungsschiff SCHALL Besatzung 5 318 1962 Wissenschaftler 7

Forschungsschiff LUDWIG PRANDTL Besatzung 3 171 1983 Wissenschaftler 7

18 RF Forschungsschifffahrt GmbH, Bremen, Juni 2006

10 - 21 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

10.2.2.10 Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG, Leer 19 Abteilung Forschungsschifffahrt

Maritime Dienstleistungen Die Abteilung Forschungsschifffahrt bereedert seit 01. Januar 2004 den Einsatz der mit- telgroßen deutschen Forschungsschiffe. Die Schiffe ALKOR und HEINCKE sind im Jahr 2006 in der Nord- und Ostsee, im Einsatz Die „Professor Albrecht Penck“ operiert ausschließlich im Ostseeraum. Das Einsatzgebiet der POSEIDON im Jahr 2006 ist der mittlere Nordatlantik und das Mittelmeer. Das neue eisrandfähige Forschungsschiff MARIA S. MERIAN wurde am 09. Feb 2006 zur Bereederung übernommen. Zum Einsatzgebiet dieses Schiffes gehören Ostsee, die Nordsee und der Nordatlantik bis hin zum Eisrand.

Bereederung von Forschungsschiffen BRZ Indienststellung

Forschungsschiff POSEIDON Besatzung 15 1.105 1975 Wissenschaftler max. 11 Betreiber IFM-GEOMAR

Forschungsschiff ALKOR Besatzung 12 1.322 1990 Wissenschaftler max. 12 Betreiber IFM-GEOMAR

Forschungsschiff HEINCKE Besatzung 12 1.322 1990 Wissenschaftler max. 12 Betreiber AWI

Forschungsschiff PROF. ALBRECHT PENCK Besatzung 10 307 1951 Wissenschaftler max. 9 Betreiber IOW Warnemünde Eisrandforschungs- MARIA S. MERIAN schiff Besatzung 32 5.731 2005 Wissenschaftler max. 23 Betreiber IFM-Hamburg

19 Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG Abteilung Forschungsschifffahrt, Mai 2006

10 - 22

Deutsche Marine 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11 Die Deutsche Marine 1

11.1 Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr

Der Bundesminister der Verteidigung hat am 21. Mai 2003 für seinen Geschäftsbereich die Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) der Bundesregierung erlassen. Sie beschreiben Deutschlands gewachsene Rolle und Verantwortung für die europäische Sicherheit und den Weltfrieden. Ergänzend dazu wurde am 09. August 2004 die neue Konzeption der Bundeswehr (KdB) erlassen. Diese sieht eine Dreiteilung der Kräftestruktur der Bundeswehr vor und definiert das Fähigkeitsprofil der Streitkräfte auf der Grundlage von sechs Fähigkeitskategorien (vgl. 11.2.1). Die Einteilung der Streitkräfte in Eingreif-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte erfolgt dabei im Wesentlichen nach der Einsatzintensität einerseits und der Durchhaltefähigkeit ande- rerseits. Im Grundsatz gilt: je höher die Intensität der Operation, desto geringer die Durchhalte- fähigkeit - je geringer die Intensität, bis hinunter zum Grundbetrieb, desto höher die Durchhal- tefähigkeit. Eingreifkräfte (EK) sind Kräfte für Operationen hoher Intensität in multinationalen, streit- kräftegemeinsamen vernetzten Operationen, z.B. bei friedenserzwingenden Einsätzen. Die Bun- deswehr stellt dafür insgesamt 35.000 Soldaten bereit. Die Marine hat als EK die Fregatten der Klassen F-123 und F-124 eingestuft, ein Mix aus insgesamt 6 Minenabwehreinheiten, die zukünf- tig 5 neuen Korvetten der Klasse K-130, die neuen U-Bootender Klasse 212A, einen EGV (Einsatz- gruppenversorger), zwei Tender sowie einen Anteil „Force Protection“ aus den SEKM (Speziali- sierte Einsatzkräfte Marine). Stabilisierungskräfte (SK) sind vorgesehen für Operationen niedriger und mittlerer Intensi- tät und längerer Dauer; hierher gehören alle friedensstabilisierenden Einsätze. Die Bundeswehr hat hierfür insgesamt 70.000 Soldaten vorgesehen. Die Marine stuft ihre Fregatten F-122, die Schnellboote 143-A, 9 weitere MCM-Einheiten, die U-Boote Klasse 206A, den zweiten EGV, die übrigen Tender, die Seefernaufklärer und weitere Anteile der SEKM zur „Force Protection“ als SK ein. Die Unterstützungskräfte (UK) unterstützen die Eingreif- und Stabilisierungskräfte durch Ausbildung, Sanitätsdienst, Logistik, rückwärtige Führungsunterstützung, d.h. durch den Betrieb der gesamten Grundorganisation der Bundeswehr mit insgesamt 147.500 Soldaten. Die Marine hat dafür nur geringe Kräfte (Flottendienstboote), ehemalige MCM-Einheiten, Elemente Force Protection), allerdings gehört die gesamte Organisation des Marineamtes hier hinein.

11.2 Auftrag und Aufgaben der Deutschen Marine

Auftrag und Aufgaben für die deutsche Marine, und damit auch für die deutsche Flotte, leiten sich aus den VPR und der KdB ab. Danach hat auch in Zukunft die deutsche Flotte einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Seeverbindungen, der strategischen Schlüsselpositionen sowie der Küsten- und Territorialgewässer zu leisten. Darauf aufbauend entwickelt sich die Ma- rine von einer „Escort Navy“ hin zu einer „Expeditionary Navy“2. Ziel der Weiterentwicklung ist es, diejenigen Fähigkeiten aufzubauen, die für Krisenoperationen auch in weit entfernten Rand- meeren unter Bedrohungen von der Küste benötigt werden. Einsätze zur Krisenbewältigung und Konfliktverhütung, einschließlich des Kampfes ge- gen den internationalen Terrorismus, bestimmen künftig in erster Linie die Aufgabenwahrneh- mung der Streitkräfte.

1 InspM – Planungsweisung Marine 2005 vom 17. Mai 2005 2 „Expeditionary“ charakterisiert die Fähigkeit, in den Randmeeren und Gewässern potentieller Krisenstaa- ten bzw. Krisengebiete jenseits der klassischen Hochsee-Kriegführung durchsetzungs- und überlebensfä- hig vorausstationieren und operieren zu können. Hier leistet die Marine entscheidende, einzigartige und unverzichtbare Beiträge zum streitkräftegemeinsamen und multinationalen Wirken im Rahmen des Kri- senmanagements und der Konfliktverhütung.

11 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Dabei kommt den Seestreitkräften eine besondere Bedeutung zu: Marinestreitkräfte nutzen die See und unterstützen dabei auch streitkräftegemeinsame Operationen an Land. In besonde- ren Fällen wird der Einsatz von Kräften an Land nur über den Zugang von See aus möglich sein. Für die deutsche Flotte kommt es darauf an, mit ihren dafür besonders geeigneten maritimen Kräften, im Krisenmanagement durch eine frühzeitige und glaubhafte Demonstration militäri- scher Fähigkeiten die politischen Ziele unterstützen zu können. Die Aufgaben zur Unterstützung von Bündnispartnern decken sich weitgehend mit denen zur Krisenbewältigung. Partnerschaft und Kooperation unterstützen politische Maßnahmen zur Vorbeugung und Nachsorge von Krisen und Konflikten und fördern Stabilität durch Vertrauensbildung. Sie blei- ben für die deutsche Marine eine Daueraufgabe und sind sichtbarster Ausdruck für unsere inter- nationale Ausrichtung. Über 75 Prozent der jährlichen Vorhaben der deutschen Marine finden im bi- oder multinationalen Rahmen statt. Einsätze zur Rettung und Evakuierung haben weiter an Bedeutung gewonnen und werden auch außerhalb der Daueraufgaben im Frieden und außerhalb heimischer Gewässer gefordert. Die Überwachung des deutschen Seegebiets in Zusammenarbeit mit anderen Behörden, die auch den Such- und Rettungsdienst über See und die maritime Umweltüberwachung um- fasst, ist ständige hoheitliche Aufgabe der deutschen Flotte im Frieden, ein unverzichtbarer Bei- trag zur Wahrung unserer Souveränität.

11.2.1 Fähigkeiten der Deutschen Flotte

Die Wahrnehmung aller Aufgaben der deutschen Flotte erfolgt in einem multinationalen und - stärker als bisher - in einem streitkräftegemeinsamen Umfeld. Verteidigung umfasst dabei mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff. Sie schließt die Verhütung von Konflikten und Krisen, die gemeinsame Bewältigung von Krisen und die Krisennachsorge ein. Dementsprechend trägt die Verteidigung zur Wahrung un- serer Sicherheit dort bei, wo immer diese gefährdet ist. Damit tritt die internationale Konflikt- verhütung und Krisenbewältigung, einschließlich des Kampfs gegen den internationalen Terro- rismus, an die erste Stelle des Aufgabenspektrums. Dies stellt Anforderungen an die Fähigkeiten der Deutschen Flotte, die innerhalb von sechs miteinander verzahnten Fähigkeitskategorien sys- tematisiert werden können. Führungsfähigkeit Das Flottenkommando mit seinem integrierten Marinehauptquartier bleibt das zentrale Ele- ment der landgestützten Führungsfähigkeit der Flotte. Dies schließt die Fähigkeit zum Einsatz als multinationales „Maritime Component Command“ (wie es in der NATO- und EU-Komman- dostruktur abzubilden ist) wie auch national zur Unterstützung des Einsatzführungskommandos ein. Weitreichender und sicherer Führungsfähigkeit kommt dabei eine einsatzentscheidende Bedeutung zu: die Fähigkeit zur integrierten Führung von See-, Seeluftstreitkräften, die Fähigkeit zur integrierten Ubootführung und -koordination als Submarine Operating Authority, die Fähigkeit eines Maritimen Rettungszentrums für die Luft- und Seeschifffahrt im deut- schen Rettungsbereich über See (Such- und Rettungsdienst) sowie die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt (also Hilfestellung bei der Routenführung der zivilen Schifffahrt in Krisengebieten). Nachrichtengewinnung und Aufklärung Nachrichtengewinnung und Aufklärung ist eine streitkräftegemeinsame Aufgabe. Die deut- sche Marine leistet hierzu ihren Beitrag durch den Einsatz von Flottendienstbooten, Seefernauf- klärern (Maritime Patrol Aircraft - MPA ) und Spezialflugzeugen zur elektronischen Signalerfas- sung. Auch im Rahmen der verdeckten Aufklärung von See leistet die deutsche Marine durch den Einsatz von Ubooten und Kampfschwimmern einen wichtigen Beitrag zur Ergänzung des maritimen Lagebildes.

11 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Mobilität Mobilität über große Distanzen, auf, über oder sogar verborgen unter Wasser im hoheitsfrei- en Raum der Hohen See ist die Domäne und das Wesensmerkmal von Seestreitkräften und er- öffnet eine Vielzahl militärisch-politischer Optionen: Vorausstationierung, demonstrative oder verdeckte Präsenz, Signalwirkung präventiver Stationierung. Die Nutzung strategischen Trans- portraums - militärisch oder kommerziell - ist hierbei ein Teilaspekt und kann eigene Ressourcen schonen. Wirksamkeit im Einsatz Die Marine muss zu Operationen auf hoher See im integrierten Einsatzverbund einschließlich langandauernder Präsenz unter Nutzung des internationalen Seeraumes und im Küstenvorfeld befähigt sein. Die Aufgaben Überwachung und Schutz von Seegebieten, Seewegen und Häfen, Kontrolle seestrategischer Positionen, Embargo- und Blockadeoperationen sowie Schutz der Küs- ten verlangen die Fähigkeit zur Wirkung gegen Ziele auf und unter Wasser sowohl im Randmeer als auch auf offener See. Die Fähigkeiten der deutschen Flotte zum Wirken von See an Land ge- winnen im Sinne von streitkräftegemeinsamen Operationen an Bedeutung, beschränken sich derzeit allerdings auf den Zugang, z.B. durch Spezialkräfte, den seewärtigen Schutz und punk- tuelle Feuerunterstützung im Küstenbereich. Der Schwerpunkt der Fähigkeiten der heutigen Flotte liegt daher noch in der verbundenen Über- und Unterwasserseekriegführung, der Seemi- nenkriegführung sowie der Seekriegführung aus der Luft. Von vorrangiger Bedeutung für die Durchsetzungsfähigkeit sind dabei Präzisionsfähigkeit und der Kampf auf große Entfernung. Um diese Fähigkeiten wirksam entfalten zu können, werden unterschiedliche Seekriegsmittel, lage- abhängig und sich gegenseitig ergänzend, in einem integrierten Einsatzverbund (man spricht vom „maritimen Wirkverbund“) modular zusammengestellt. Überlebensfähigkeit Schutz und Sicherheit der Einsatzkräfte – „Force Protection“ - haben bei Einsätzen zur inter- nationalen Krisenbewältigung höchste Priorität. Die Flotte leistet einen streitkräftegemeinsamen Beitrag zur Überlebensfähigkeit der Einsatzkräfte durch weiträumigen Verbands- und Gebiets- schutz von See aus. Dabei muss dem sich qualitativ immer wieder verändernden Bedrohungspo- tenzial Rechnung getragen werden. Die Flexibilität und wechselseitigen Synergien der verschie- denen Plattformen mit ihren spezifischen Fähigkeiten innerhalb einer Einsatzgruppe ermögli- chen dies in besonderem Maße. Dies gilt um so mehr im Rahmen asymmetrischer Kriegführung, etwa durch eine Ergänzung der hochseetüchtigen Fregatten durch kleinere auch im engeren Küstenbereich einsetzbare Einheiten, wie etwa Schnellboote. Unterstützung und Durchhaltefähigkeit Für die Durchhaltefähigkeit maritimer Einsatzverbände ist unverändert die Zahl der verfügba- ren schwimmenden Plattformen von entscheidender Bedeutung. Sie bestimmt maßgeblich den Einsatzrhythmus einzelner Waffensysteme und ihrer Besatzungen. Unterstützungsleistungen in der Marine sind sowohl für den Übungs- und Ausbildungsbetrieb als auch im Einsatz in annähernd gleicher Form zu erbringen. Gerade mit Blick auf die weltweite Dislozierung der maritimen Verbände kommt der Nutzung ziviler Dienstleister eine hohe Bedeu- tung zu. Innerhalb der Einsatzgruppen stellen die Einsatzgruppenversorger und Tender die logis- tische Unterstützung der Schiffe und Boote sicher. Eine direkte logistische Unterstützung der Verbände an Land ist nur bedingt realisierbar. Allerdings können maritime Verbände die logisti- sche Versorgung über See sichern und im Rahmen freier Kapazitäten durch Transportleistungen unterstützen.

11 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.2.2 Organisationsstrukturen der Deutschen Flotte

Die Organisationsstruktur der Flotte folgt dem Ziel verstärkter Einsatzorientierung bei gleich- zeitiger wirtschaftlicher Optimierung. Die Struktur wird gestrafft und die Kräfte so gebündelt, dass sie zu größtmöglicher Wirksamkeit im streitkräftegemeinsamen Einsatz beitragen können. Die Schiffs- und Bootsflottillen wurden mit Wirkung zum 01. Juli 2006 zu zwei Einsatzflottillen zusammengefasst, die dem Flottenkommando truppendienstlich unterstehen. Einsatzflottillen

Die Einsatzflottille 1 (Kiel) umfasst das 1. U-Bootgeschwader (inkl. der drei Flottendienstboo- te), das Ausbildungszentrum U-Boote (AZU), die Spezialisierten Einsatzkräfte Marine (SEKM) und die Marineschutzkräfte (MSK) in Eckernförde, das 3. und 5. Minensuchgeschwader mit Stäben und Systemunterstützungsgruppen (SUG) in Kiel sowie das 7. Schnellbootgeschwader und 1. Korvettengeschwader mit Stäben und SUG in Warnemünde. Die Einsatzflottille 2 (Wilhelmshaven) umfasst das 2. Fregattengeschwader (alle F123 und F124), das 4. Fregattengeschwader (alle F122) und das Trossgeschwader mit den militärisch und zivil besetzten Unterstützungsfahrzeugen. Die beiden verbleibenden MFG sind dem Flottenkommando direkt unterstellt; die Stationie- rung aller Marinefliegerkräfte an einem Stationierungsort in Nordholz soll mit Zulauf des Mari- nehubschraubers NH90 umgesetzt werden. Die Neuorganisation der Flotte schafft deutlich schlankere Führungsstrukturen und berück- sichtigt durch Bildung von Personalreserven die hohen einsatzbedingten Belastungen insbeson- dere von eingeschifftem Personal. Einsatzkräfte

Den künftigen Einsatzflottillen sowie dem Flottenkommando werden Einsatzstäbe mit aus- schließlich einsatzbezogenen Aufgaben zugeordnet, deren Angehörige vorrangig für die kurz- fristige, auftragsbezogene Besetzung von Stäben in Einsatzkontingenten nationaler oder multi- nationaler Verbände vorgesehen sind. Die Marineschutzkräfte (MSK) dienen der Fähigkeit zur Sicherung und zum Schutz eigener Kräfte in küstennahen Gewässern, auf Reeden und in Häfen (Force Protection). Die MSK wurden am 1. April 2005 in Eckernförde aufgestellt, ihre Einsatzbereitschaft und somit die Bereitstellung einer Sicherungskomponente für die Flotte ist inzwischen hergestellt und bereits mehrfach im Einsatz nachgewiesen worden. Durch die Ausplanung eines Zuges Feldnachrichtenkräfte Marine innerhalb der MSK wer- den diese ein integraler Bestandteil der Marine und des militärischen Nachrichtenwesens Marine. Mit ihren Fähigkeiten werden sie eine Vielzahl von Einsatzoptionen abdecken, die bisher in der Marine noch nicht erfasst wurden und aktiv zum Schutz eigener Kräfte im Einsatz beitragen.

11 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.3 Daten zur Deutschen Marine3

11.3.1 Seestreitkräfte (Stand 31.12.2005) 81 Schiffe/Boote (Vorjahr 89) Fregatten 14 Schnellboote 10 Minenstreitkräfte 22 U-Boote 11 Unterstützungsfahrzeuge 24 Abwesenheitstage 2005 10.197

Manöverteilnahmen 2005 36 NATO-Manöver 17 PfP-Manöver 3 Multinational/Bilateral 11 National 5

Im Rahmen von Ausbildung in Außerheimischen Gewässern besuchten 84 Flotteneinhei- ten 39 Länder und 131 Häfen.

11.3.2 Seeluftstreitkräfte (Stand 31.12.2005) Anzahl Flugstunden Flugzeuge und Hubschrauber 60 10.685 U-Jagd/Seefernaufklärungsflugzeuge 10 1.302 Elektronische Aufklärungsflugzeuge 3 749 Lufttransportflugzeuge 2 769 Ölüberwachungsflugzeuge 2 1.428 UJagdhubschrauber 22 2.880 SAR-Hubschrauber 21 3.562

Flugeinsätze 2005 Manöver 13 SAR 176 (ziv. 151/mil. 25) Ölaufklärung (Auftrag BMVBS) 469 (festgestellte Verschmut- zung 134) Lufttransport 210 Balkan Einsätze 594 Einsätze Do 228 LM 3 (international)

11.3.3 Personalumfang (Stand 07.01.2006)

Personeller Friedensumfang der Marine Soldaten 18.087 Zivilpers. 3.722

Marinepersonal außerhalb des OrgBereichs Soldaten 6.298

Gesamt Marine Soldaten 24.385 Zivilpers. 3.722 davon Frauen 1.703

Bordpersonal der Flotte Soldaten 5.694 Zivilpers. 252 davon Frauen 250

3 Flottenkommando M1 - Januar 2006

11 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.4 Auswahl, Einstellung und Ausbildung von Schiffsoffiziere der Han- delsschifffahrt als Reserveoffiziere des Truppendienstes der Marine 4

11.4.1 Allgemein

Deutschland hat aufgrund seiner engen wirtschaftlichen und politischen Einbindung in die Weltwirtschaft ein ausgeprägtes nationales und sicherheitspolitisches Interesse am freien See- verkehr und an gesicherten Seeverbindungswegen. Die Aufrechterhaltung des freien Seever- kehrs und der Schutz der Transportwege und -mittel ist dabei eine der zentralen Aufgaben der Deutschen Marine, die damit auch einen Beitrag zum Schutz der eigenen Handelsschifffahrt leis- tet. Auf der Hohen See und in Krisengebieten geht es künftig vor allem um den Transport und den Schutz von Personal und Material, welches für Krisenoperationen verlegt und positioniert werden muss, aber auch um den Schutz und die Kontrolle von Warenströmen und Gütern zur Sicherstellung einer funktionierenden und global organisierten heimischen Wirtschaft. Die deutschen Seestreitkräfte können zur Abwehr asymmetrischer Bedrohungen und in Ope- rationen zum Krisenmanagement und zur Konfliktverhütung – einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus – eingesetzt werden. Dafür müssen sie durchsetzungs- und ü- berlebensfähig disloziert werden und in den Gewässern potentieller Krisengebiete weltweit o- perieren können. Diese umfassen die offene See bis hin zur Küstenlinie, die kontrolliert werden muss, um Operationen wirkungsvoll durchführen zu können. Jede Krisen- und Konfliktsituation in diesem Raum wirkt sich auch unmittelbar auf die Han- delsschifffahrt aus; sie kann jederzeit zum Ziel eines Waffeneinsatzes werden. Um sich dagegen behaupten zu können, benötigen Handelsschiffe die Unterstützung und den wirksamen Schutz von Seestreitkräften. Darüber hinaus nutzt der grenzüberschreitende internationale Terrorismus, der von Piraterie und organisierter Kriminalität häufig nicht zu trennen ist, ebenfalls den freien Seeverkehr zum (illegalen) Transport von Waffen und Personen. Damit kann er nicht nur örtlich begrenzte Be- drohungen hervorrufen, sondern zur Destabilisierung ganzer Regionen beitragen. Die Überwachung betroffener Seegebiete zur Aufdeckung von Strukturen und Logistik des Terrorismus als Voraussetzung zu deren Zerschlagung ist eine der zentralen Aufgaben von See- streitkräften. Mit der Fähigkeit zum Schutz und zur Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt leistet die Deutsche Marine ihren Beitrag, um Krisen und Konflikte am Ort ihres Entstehens ein- zudämmen und zu bewältigen. Damit trägt sie zur Sicherheit der Schifffahrt insgesamt und zur Sicherung der maritimen wirtschaftlichen Interessen Deutschlands unmittelbar bei.

11.4.2 Marineschifffahrtleitoffiziere

Der Schutz der deutschen Schifffahrt ist eine nationale Aufgabe. Die Deutsche Marine leistet im Rahmen ihrer Ressortzuständigkeit dafür ihren nationalen Beitrag zum militärischen Schutz der Handelsschifffahrt. Im Rahmen der gemeinsamen überstaatlichen Risikovorsorge erfolgen Schutz und Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt stets gemeinsam mit den Partnern im Bündnis und im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Marineschifffahrtleitung (MSLtg) zu, die sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Fachexpertise von Reserveoffizieren aus der Handelsschifffahrt stützt.5 Für die Aufgaben Sicherstellen des nationalen Beitrags MSLtg/NCAGS bei Operationen der NATO und an- derer Systeme kollektiver Sicherheit, Bereithalten von Kräften und Mitteln als eigenständiger Bestandteil der operativen Füh- rung in Einsätzen, die Schutz und Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt als Auftrag enthalten,

4 Grundlagen: ZDv 20/3; ZDv 20/7; ZDv 14/5 Teil C - Soldatenlaufbahnverordnung (SLV); BMVg - InspM - FüM I 1 - Az 16-05-11/11 – Richtlinien für die Auswahl und Ausbildung von Schiffsoffizie- ren der Handelsschifffahrt als Offiziere der Reserve des Truppendienstes der Marine vom 01.04.2006; 5 BMVg - InspM - FüM III 3 - Az 57-71-01 – Einsatz- und Ausbildungskonzept für die deutsche Marineschiff- fahrtleitorganisation vom 26.04.2005

11 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

sowie Bereithalten von Personal mit Handelsschiffsexpertise zur Unterstützung der deut- schen Seestreitkräfte in Maritime Interdiction Operations werden Schiffsoffiziere aus der Handelsschifffahrt als Reserveoffiziere eingestellt, in Wehrübun- gen ausgebildet und für die Zusammenarbeit mit der nationalen Handelsschifffahrt in Krisen- und Konfliktsituationen sowie für die bündnisgemeinsame Aufgabe „NCAGS - Naval Co- operation and Guidance for Shipping“ (Marineschifffahrtleitung) eingesetzt. Mit dem Angebot der Einstellung von Schiffsoffizieren der Handelsschifffahrt in die „Reser- veoffizierlaufbahn der Marine“ wird einerseits die enge Verbundenheit der Deutschen Marine mit der deutschen Handelsschifffahrt unterstrichen und andererseits dafür geworben, dass sich eine möglichst große Zahl der deutschen Handelsschiffsoffiziere für den Reservedienst in der Marine interessiert, bewirbt und anschließend freiwillig beordern lässt. Voraussetzungen

Für eine Einstellung in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes der Mari- ne können sich Nautische Wachoffiziere und Kapitäne sowie Technische Wachoffiziere und Leiter von Maschinenanlagen auf Kauffahrteischiffen mit Ausnahme der Fischereifahrzeuge bewerben, für die eine Heranzie- hung zum Grundwehrdienst nicht oder nicht mehr in Betracht kommt: männliche Schiffsoffiziere frühestens nach Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern keine Wehrdienstausnahme vorliegt, oder nach Vollendung des 28. Lebensjahres, wenn zuvor eine Wehrdienstausnahme anerkannt wurde und diese weggefallen ist, weibliche Schiffsoffiziere nicht vor Vollendung des 23. Lebensjahres. Bewerber und Bewerberinnen müssen sich freiwillig zu Beorderungen und Wehrdienstleis- tungen/Dienstleistungen in der Reserveoffizierlaufbahn bereit erklären. Bewerbung

Bewerbungen sind formlos spätestens 3 Monate vor Beginn eines jeden Reserveoffizierlehr- gangs an der Marineschule Mürwik an das Personalamt der Bundeswehr V/5, Kölner Str. 252, in 51149 Köln zu richten. Beizufügen sind: 2 Lichtbilder ausführlicher handgeschriebener Lebenslauf Ablichtung des Befähigungszeugnisses Ablichtung des Fachschul-/Fachhochschulabschlusses (Diplom). Die Bewerber/Bewerberinnen müssen sich einem Auswahlverfahren stellen. Das Ergebnis der Auswahlentscheidung wird ihnen schriftlich mitgeteilt. Über die Einstellung als Reserveoffizier entscheidet der Amtschef des Personalamtes der Bundeswehr. Mit der Bewerbung für die Einstellung als Reserveoffizier erklären die Bewer- ber/Bewerberinnen grundsätzlich ihre uneingeschränkte Bereitschaft zur Teilnahme an Wehr- übungen/Dienstleistungen im Soldatenstatus bis zum Ablauf des Jahres, in dem sie das 60. Le- bensjahr vollenden. Eine spätere zeitlich befristete oder dauerhafte Befreiung von dieser Ver- pflichtung ist nur dann möglich, wenn dem keine zwingenden militärischen Interessen entge- genstehen. Einstellung und Einberufung Nach der Auswahlentscheidung durch PersABw können die Bewerber/Bewerberinnen nach §43 Abs. 3 i.V.m. §26 Abs. 3 Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) mit vorläufigem höheren Dienstgrad in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes der Marine eingestellt werden. Zur ersten Wehrübung/Übung, der sog. HSO-Grundwehrübung, werden die Reserveoffiziere aus der Handelsschifffahrt durch das zuständige KWEA an die Marineschule Mürwik (MSM) nach Flensburg einberufen. Am ersten Wehrübungs-/Übungstag wird den Bewerbern/Bewerberinnen der Dienstgrad „Leutnant zur See der Reserve“, nach Vollendung des 26. Lebensjahres der Dienstgrad „Oberleutnant zur See der Reserve“ vorläufig verliehen.

11 - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Gediente Bewerber/Bewerberinnen, die der Reserve angehören und denen bereits ein höhe- rer Dienstgrad verliehen wurde, werden mit ihrem Dienstgrad einberufen. Ausbildung In der HSO-Grundwehrübung an der MSM, dem „Reserveoffizierlehrgang für nautische und technische Offiziere auf Handelsschiffen“, werden den Reserveoffizieren in der Ausbil- dung zum militärischen Vorgesetzten die allgemein-militärischen und fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die sie befähigen, ihre Aufgaben als militärische Vorgesetzte unter Anwendung der Prinzipien der Inneren Führung und der für den Dienst erforderlichen gesetzlichen und rechtlichen Bestimmun- gen wahrzunehmen, marinespezifische Belange und Interessen wahrzunehmen und als Handelsschiffsoffiziere mit Marineeinheiten und -dienststellen bei gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben im Frieden sowie in Krisen- und Konfliktsituationen zusammenzu- arbeiten. Die Ausbildung an der MSM (HSO-Grundwehrübung) dauert vier Wochen. Zu Beginn neh- men die Reserveoffiziere an einem Englisch-Eingangstest (sog. 200-Punkte-Test) teil. Alle Reser- veoffiziere können freiwillig an einer zusätzlichen Ausbildung zum „Ship Security Officer“ nach ISPS-Code teilnehmen und nach Prüfung das Zertifikat als „Ship Security Officer“ erwerben. Einzelheiten der Ausbildung enthält die Ausbildungsweisung des Marineamtes „Reserveoffi- zierlehrgang für nautische und technische Offiziere auf Handelsschiffen“ – „RO-Lehrg HSO“ (AW 709976). Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung erstellt die Marineschule Mürwik ein Lehrgangszeugnis und erkennt die ATB „RO H SCHIFFFAHRT“ (Reserveoffizier Handelsschiff- fahrt) mit der ATN 700 8014 zu. Dieses enthält die Bewertung der Lehrgangsleistungen und wird ergänzt um eine „Beurteilung bei Wehrdienstleistungen“, die ein aussagefähiges und objektives Bild der Persönlichkeit sowie der grundsätzlichen Eignung, Befähigung und Leistung des Betrof- fenen abgibt. Wehrübungen und Einsatz Nach erfolgreichem Abschluss des Reserveoffizierlehrgangs entscheidet der Amtschef des Per- sonalamtes der Bw über die endgültige Verleihung des vorläufig zuerkannten Dienstgrades und über die weitere Beorderung auf einem Dienstposten der Verstärkungs- bzw. Personalreser- ve der Marine. Lehrgangszeugnis, Zuerkennung ATB/ATN und Beurteilung sind dabei Teil der Voraussetzungen für eine endgültige Verleihung des vorläufig verliehenen Dienstgrades. Anschließend werden die Reserveoffiziere in freiwilligen Wehrübungen/Dienstleistungen für den Einsatz in der Marineschifffahrtleitorganisation bzw. der NATO NCAGS-Org (Naval Co-operation and Guidance for Shipping) sowie für die Zusammenarbeit mit Marineeinheiten und -dienststellen bei gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben in Krisen- und Konfliktsituationen ausgebildet und einge- setzt. Die individuelle militärfachliche Aus- und Weiterbildung erfolgt in Wehrübungen lehrgangs- gebunden an Schulen der Marine. Die Einsatzausbildung wird bei den Marineschifffahrtleitstel- len durchgeführt. Die Einberufungen zu Wehrübungen/Übungen erfolgen – wann immer möglich – nur mit Zu- stimmung der Betroffenen. Einberufungen von weiblichen Reserveoffizieren setzen ebenso wie die Teilnahmen an besonderen Auslandsverwendungen (Einsätze im Rahmen von Bündnisver- pflichtungen) ein Einverständnis des Reserveoffiziers zwingend voraus. Vor einer Beorderung auf einem Stabsoffizier-Dienstposten der MSLtOrg müssen die Reserve- offiziere aus der Handelsschifffahrt erfolgreich die erweiterte Fachausbildung im „B-Lehrgang RO MSLtg“ absolvieren, die mit der dafür notwendigen Zuerkennung der entsprechenden ATN abschließt. Darüber hinaus ist eine vorherige Teilnahme am „Stabsoffizierfortbildungslehrgang Reserve/SFL Res“ an der Führungsakademie der Bundeswehr anzustreben.

11 - 8 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Auskünfte zur Reserveoffizierausbildung erteilen: jedes KWEA/Wehrdienstberater zu Bewerbung, Laufbahnausbildung und Einberufung Personalamt der Bundeswehr zum Verfahren über Auswahl und Einberufung als Reser- veoffizier Dezernat V 5 Telefon: 02203-105 - 1550 oder 1551 Kölner Straße 262 Fax: 02203-105 - 1941 51140 Köln Email: [email protected] Flottenkommando zu Terminen, HSO-Grundwehrübung und zur Marineschifffahrtleitor- ganisation Dezernat M 33 Telefon: 04631 - 666 – 3330 Postfach 11 63 Fax: 04631 - 666 – 4505 24956 Glücksburg Email: [email protected] Darüber hinaus können alle Kreiswehrersatzämter und Dienststellen der Marine Auskünfte erteilen, soweit allgemeine Fragen betroffen sind.

11 - 9 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.5 Ausbildung zum nautischen und technischen Schiffsoffizier in der Handelsschifffahrt

11.5.1 Allgemein Die Konferenz der Mitgliedstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat am 07.07.1995 international verbindliche Normen für die Ausbildung, für die Erteilung von Be- fähigungszeugnissen und für den Wachdienst von Seeleuten eingeführt. Die Änderungen wur- den in EU- und nationales Recht umgesetzt und in der Bundesrepublik Deutschland in die Ver- ordnung über die Ausbildung und Befähigung von Kapitänen und Schiffsoffizieren des nauti- schen und technischen Schiffsdienstes (SchOffzAusbV) aufgenommen: Neufassung SchOffzAusbV vom 15.01.1992, zuletzt geändert mit Verordnung vom 04.08.2004, veröffentlicht im BGBl 2004 Teil I S. 2062. Befähigungszeugnisse

Seit 01.02.2002 gibt es weltweit nur noch eine eingliedrige Struktur der Befähigungszeugnis- se für den nautischen und technischen Dienst auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl über 500: Nautischer Dienst Technischer Dienst • Nautischer Wachoffizier • Technischer Wachoffizier • Erster Offizier • Zweiter technischer Offizier • Kapitän • Leiter der Maschinenanlage Befähigungszeugnisse gelten höchstens 5 Jahre, sofern zwischenzeitlich nicht besondere See- fahrtszeiten oder Tests nachzuweisen sind. Nautische Schiffsoffiziere und Kapitäne haben die Möglichkeit, nach Ablauf ihrer Befähigung durch eine 3-monatige Seefahrtszeit als Schiffsoffi- zier in einer niedrigeren als ihrer höchsten Befugnis - als sog. überzähliger Offizier - den Fortbe- stand der ursprünglichen Befähigung zu erneuern und zu erhalten. Die Bestimmungen finden keine Anwendung auf den nautischen und/oder technischen Dienst auf Fischereifahrzeugen, auch der Bereich der Nationalen Fahrt für Schiffe bis zu einer BRZ von 500 ist hiervon ausgenommen. Die Zulassung ausländischer Schiffsoffiziere folgt gleichen Re- geln. Welche Positionen sie an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge wahrnehmen dürfen, ist im einzelnen in der deutschen Schiffsbesetzungsordnung geregelt. Ausbildung und Seefahrtszeiten zum Erwerb der Befähigungszeugnisse Grundsätzlich sind für den Erwerb der Befähigungszeugnisse praktische Kenntnisse bzw. eine praktische Berufsausbildung in der Seefahrt sowie ein 2-jähriges nautisches und/oder technisches Studium an einer FS/FH erforderlich, national festgelegt in der SchOffzAusbV (Schiffsoffizier- Ausbildungsverordnung). Für den Erwerb der Befähigungszeugnisse haben sich in Deutschland zwei Modelle entwi- ckelt: zum Einen die Facharbeiterausbildung (Schiffsmechaniker) mit einem qualifizierten Ab- schluss und dem Zugangsrecht zum nautischen bzw. technischen Studium an einer Fachschule und zum Andern die OA-Ausbildung für Abiturienten mit Praktika vor und während des Studi- ums an der Fachhochschule. Zugangsvoraussetzungen für den Besuch einer Fachschule sind die Kriterien des Abschlusses als „Staatlich geprüfter Techniker“. Nach Abschluss der Fachschule soll der Absolvent in der Lage sein, das erworbene Fachwissen sicher anwenden und Zusammenhänge und Vorgänge im Schiffsbetrieb beurteilen zu können. Dies gilt insbesondere für den Abschluss an einer Fachschu- le für Schiffsbetriebstechnik; Schiffsbetriebstechniker sollen in der Lage sein, fachliche Zusam- menhänge und technische Vorgänge beurteilen zu können Ziel des Fachhochschulstudiums ist es, eine im Beruf des nautischen und technischen Schiffsoffiziers anwendbare wissenschaftliche Qualifikation zu vermitteln. Die nautischen Schiffs- offiziere und Schiffsingenieure sollen ihre erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sicher an- wenden können, um fachliche Zusammenhänge und technische Vorgänge im Schiffsbetrieb beurteilen zu können.

11 - 10 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.5.2 Ausbildung und Seefahrtszeiten für nautische Befähigungszeugnisse

Nautischer Wachoffizier mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule mindestens 12 monatige Ausbildung zum nautischen Offiziersassistenten bzw. ent- sprechende Praktika/Praktikumssemester Erster Offizier mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule Seefahrtszeit von mindestens 12 Monaten als nautischer Wachoffizier Kapitän mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule 12 Monate Seefahrtszeit als nautischer Wachoffizier und mindestens 12 Monate Seefahrtszeit als Erster Offizier oder 24 Monate Seefahrtszeit als nautischer Wachof- fizier.

11.5.2.1 Ausbildungsgang zum nautischen Wachoffizier/Kapitän (seit 01.08.1998)6

6 Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt e.V. Bremen - 2006

11 - 11 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.5.3 Ausbildung und Seefahrtszeiten für technische Befähigungszeugnisse

Technischer Wachoffizier mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule 18 monatige Ausbildung zum technischen Offiziersassistenten bzw. entsprechende Praktika/Praktikumssemester oder Seefahrtszeiten von 6 bis 18 Monaten im Maschinendienst je nach Abschluss- prüfung als Schiffsmechaniker oder in der Metall- oder Elektrotechnik Zweiter technischer Offizier mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule Seefahrtszeit von mindestens 12 Monaten als technischer Wachoffizier Leiter der Maschinenanlage mindestens zweijährige Ausbildung an einer Fachschule/Fachhochschule mindestens 24 Monate Seefahrtszeit als Zweiter technischer Offizier zusätzlich zur Seefahrtszeit als technischer Wachoffizier.

11.5.4 Ausbildungseinrichtungen für Seefahrt

Hochschule Bremen - Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft, Werderstr. 73, 28199 Bremen; Tel.: 0421/5905-4600; Fax: 0421/5905-4599; Email: [email protected] Hochschule Bremerhaven - FB Schiffsbetriebstechnik, An der Karlstadt 8, 27568 Bremerha- ven; Tel.: 0471/4823-0; Fax: 0471/4823-555; Email: [email protected] Staatl. Seefahrtschule Cuxhaven - Fachschule Seefahrt, Am Seedeich 36, 27472 Cuxhaven Tel.: 04721/554774/75; Fax: 04721/554776; Email: [email protected] Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven - Fachbereich Seefahrt in Elsfleth, 26931 Elsfleth, Weserstraße 4/52, Tel.: 04404/9288-0; Fax: 04404/9288-4141; Email: [email protected] Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, Institut Seefahrt Leer mit Fachschulausbildung, Bergmannstr. 36, 26789 Leer, Tel.: 0491/928 1750 10; Fax: 0491/928 1750 11; Email: [email protected] Fachhochschule Flensburg - FB Schiffsbetriebstechnik, Kanzleistr. 91-93, 24943 Flensburg, Tel.: 0461/805 01; Fax: 0461/805 1300; Fachschule für Seefahrt, FB Nautik, Schiffsbetriebstechnik, Geb. A, Kanzleistr. 91-93, 24943 Flensburg, Tel.: 0461/805 1900; Fax: 0461/805 1909; Email: [email protected] Hochschule Wismar, FH für Technik, Wirtschaft und Gestaltung – ASt Warnemünde, Fach- bereich Seefahrt und Schifffahrtsinstitut Warnemünde, Richard-Wagner-Str. 31, 18119 War- nemünde, Tel.: 0381/498 5801, Fax: 0381/498 5802 ; Email: [email protected] Schleswig-Holsteinische Seemannsschule Lübeck, Wiekstr. 3a, 23570 Lübeck, Tel.: 04502/51 52 0, Fax: 04502/51 52 24; Email: [email protected] Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt e.V., Breitenweg 57, 28195 Bremen, Tel.: 0421/17367-0; Fax: 0421/17367-15; Email: [email protected]

11 - 12 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.5.5 Übersicht der in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Befä- higungszeugnisse (31.12.2005) 7

Befähigungszeugnis 1950 - 2004 2005 Anzahl gesamt neu verlängert Nautischer Nautischer Wachoffizier 159 153 6 Schiffsdienst (weltweit - ohne Erster Offizier 139 133 6 Fischerei) Kapitän 1.089 200 889 Summe 58.429 1.387 486 901 Nautischer Bkü 29 29 - Schiffsdienst in der Fische- rei BKW 1 1 - BK 2 2 - BGW - - - BG 3 3 - Summe 7.410 35 35 - Technischer Technischer Wachoffizier 66 66 - Schiffsdienst Zweiter Techn. Offz 83 76 7 Leiter der MaschAnlg 670 90 580 Schiffsmaschinist 556 132 264 Summe 85.010 1.375 364 851

7 BSH „Seeleute-Befähigungs-Verzeichnis (SBV)“, Dezember 2005

11 - 13 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

11.6 Vereinbarung zwischen BSH und Deutscher Marine über die Aner- kennung von Befähigungen, die bei der deutschen Marine erworben wurden, als Voraussetzung für den Erwerb von Befähigungs- und Seefunkzeugnissen für den Dienst auf Kauffahrteischiffen vom 25.03.2003

11.6.1 Allgemeines

Mit der Vereinbarung werden auf der Grundlage der neuen Struktur von Befähigungszeug- nissen in der Seeschifffahrt bestimmte Ausbildungsgänge der Marine und Seefahrtszeiten im Borddienst der Marine als Voraussetzung für den Erwerb von Befähigungszeugnissen in der Handelsschifffahrt anerkannt. Seefahrtszeiten von Offizieren und Portepeeunteroffizieren im nautischen Dienst der Marine werden im Regelfall mit einem Faktor 3 versehen und gelten nach mindestens 3 weiteren Mona- ten praktischer Seefahrtszeit auf einem Handelsschiff als Voraussetzung zur Zulassung zum nau- tischen Studium an einer FS/FH. Seefahrtszeiten von Offizieren und Portepeeunteroffizieren im technischen Dienst der Marine werden als Voraussetzung zur Zulassung zum technischen Studi- um an einer FS/FH im Verhältnis 1:1 anerkannt, allerdings nur in Verbindung mit einer entspre- chenden technischen Berufsausbildung (PUO) bzw. der militärfachlichen Ausbildung zum Schiffs- technischen Offizier. Je nach Ausbildung und Seefahrtszeit im Brückendienst bzw. schiffstechnischen Dienst der Marine kann darüber hinaus den ehemaligen Zeit- und Berufssoldaten ihr späteres Studium zum Erwerb des Befähigungszeugnisses zum Nautischen bzw. Technischen Wachoffizier verkürzt werden: das Studium an einer FS um ein Jahr, das Studium an einer FH um bis zu 6 Monaten. Die Anerkennung der Ausbildung, der Befähigungen und Tätigkeiten in der Marine als Praxisvoraus- setzung bzw. zur Verkürzung des Studiums Nautik/Technik ist Aufgabe des BSH. Allen Offizieren, die die Befähigung zum Nautischen Wachoffizier (Praxis und Studium an FS/FH) erworben haben, werden entweder 6 Monate bei Vorliegen des LN II bzw. 9 Monate bei Vorliegen LN III auf die 12-monatige Erfahrensseefahrtszeit zum Ersten Offizier angerechnet. Ehemaligen Offizieren/Portepeeunteroffizieren, die die Befähigung zum Technischen Wach- offizier (Praxis und Studium FS/FH) erworben haben, wird die Tätigkeit als Schiffstechnischer Offizier in Gänze und den PUO, die die Befugnis zur Vertretung des Schiffstechnischen Offiziers hatten, diese Zeit zu 50% auf die 12-monatige Erfahrensseefahrtszeit zum Zweiten Technischen Offizier angerechnet. Für den Erwerb des Befähigungszeugnisses zum Nautischen Wachoffizier gelten in der Ma- rine als gleichwertige praktische Ausbildung für Portepeeunteroffiziere „Ausbildung, Prü- fung und Tätigkeit“ in den VerwdgR 11 und 26 verbunden mit mindestens 36 Monaten Bord- dienst und für Offiziere LN I oder höher mit ebenfalls 36 Monaten Borddienst. Dazu müssen zu- sätzlich mindestens 3 Monate praktische Seefahrtszeit auf einem Handelsschiff geleistet werden. Die geforderte mindestens 2-jährige Ausbildung an einer FS/FH kann bei Vorliegen be- stimmter Voraussetzungen - Nachweis LN I oder höher iVm 36 Monaten Borddienstzeit für Offi- ziere und Portepeeunteroffiziere VerwdgR 26 oder Nachweis von insgesamt 60 Monate Bord- dienstzeit für Portepeeunteroffiziere VerwdgR 26 - verkürzt werden. Die Ausbildung an der FS kann um ein Jahr, die Ausbildung an einer FH um voraussichtlich 6 Monate gekürzt werden. Für den Erwerb des Befähigungszeugnisses zum Technischen Wachoffizier (auf Schiffen mit jeder Antriebsleistung) sind ein technischer Berufsabschluss, 18 Monate Praxis und 2 Jahre Studi- um an einer FS/FH Voraussetzung. Als gleichwertige praktische Ausbildung in der Marine gelten für Portepeeunteroffiziere „Ausbildung, Prüfung und Tätigkeit“ in den VerwdgR 42, 43 oder 44 verbunden mit einer abge- schlossenen Berufsausbildung in Metall- oder Elektrotechnik sowie mindestens 12 Monate Bord- dienst im Maschinendienst oder für PUO VerwdgR 42, 43 oder 44 verbunden mit einer abge- schlossenen Berufsausbildung in anderen Berufen der Metall- oder Elektrotechnik sowie min- destens 18 Monate Borddienst im Maschinendienst.

11 - 14 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Dazu müssen zusätzlich mindestens 3 Monate praktische Seefahrtszeit auf einem Handels- schiff geleistet werden. Für Offiziere gelten Tätigkeiten als Schiffstechnischer Offizier der Mari- ne von mindestens 18 Monaten als gleichwertige praktische Ausbildung, die Vereinbarung ent- hält dazu aber keine Ausführungen. Die geforderte mindestens 2-jährige Ausbildung an einer FS/FH kann bei Vorliegen be- stimmter Voraussetzungen - Verwendungen von Offizieren in der Schiffstechnik iVm 36 Mona- ten Borddienstzeit und von PUO VerwdgR 42/43/44 26 iVm 60 Monaten Borddienstzeit - verkürzt werden. Die Ausbildung an der FS kann um ein Jahr, die Ausbildung an einer FH in Abhängigkeit von einem technischen oder nicht-technischen Studium der Offiziere bei der Bw um wahrschein- lich bis zu 6 Monate gekürzt werden.

11.6.2 Besondere Bestimmungen für Schiffe bis zu 500 BRZ

Die Vereinbarung enthält darüber hinaus noch besondere Bestimmungen für die Anerken- nung von Seefahrtszeiten in der Marine für Befähigungszeugnisse im Nautischen Dienst auf Schiffen bis 500 BRZ in der nationa- len Fahrt Befähigungszeugnisse im Technischen Dienst auf Schiffen bis 750 KW Befähigungszeugnisse für Schiffsleute, die auf Handelsschiffen Brückenwache gehen (mind. 6 Monate Brückendienst in der Marine für VerwdgR 11. 23, 26, 27, 31, 34 und für al- le Offz) Befähigungszeugnisse für Schiffsleute, die auf Handelsschiffen Maschinenwache gehen (mind. 6 Monate Maschinendienst in der Marine für VerwdgR 42, 43, 44 und Berufsab- schluss in Metall- oder Elektrotechnik sowie Schiffstechnische Offiziere nach Abschluss der militärfachlichen Ausbildung).

11.6.3 Besondere Bestimmungen für Funker

Die Vereinbarung enthält desweiteren Bestimmungen für die Anerkennung von Betriebs- zeugnissen für Funker, sofern in der Marine die entsprechende Ausbildung mit der Zuerkennung der ATN/ATB FunkerMobSeefunkDst GOC (oder ROC oder UBZ) abgeschlossen wurde.

11 - 15

Zivilverteidigung Seeverkehr und Seetransport 2006 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

12 Die Zivilverteidigung im Seeverkehr und Sicherstellung des Seetransports

12.1 Zivilverteidigung im Seeverkehr - Schifffahrtslenkung (Civil Direction of Shipping/CDS)

Civil Direction of Shipping - CDS

Die zivile Verteidigung im Seeverkehr umfasst alle Maßnahmen der Nationen für Schifffahrts- lenkung (Direction of Shipping) im Frieden, im Krisen- und Spannungsfall sowie im Konflikt- und Bündnisfall, um die Versorgung mit lebens- und verteidigungswichtigen Gütern im erforder- lichen Umfang sicherzustellen. In Deutschland ist dafür das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) mit der Unterabteilung Schifffahrt verantwortlich. Im Konflikt- und Bündnisfall übernimmt diese Unterabteilung als Nationale Schifffahrtsbehörde (NSA-DEU) die Lenkungsaufgaben für die nationale Handelsschifffahrt in enger Abstimmung mit der NATO und/oder den Partnern in der EU. In Teilen können diese Aufgaben auch bereits in einem Krisen- fall angeordnet werden. PBOS - Planning Board for Ocean Shipping

In der NATO nimmt diese Aufgabe der PBOS-Planungsausschuss wahr (PBOS – Planning Board for Ocean Shipping). PBOS ist zuständig für die Planung von Seetransportkapazitäten, die sich im Zusammenhang mit NATO-Einsätzen einerseits zur humanitären Hilfeleistung und ande- rerseits zur Konfliktbewältigung bzw. im Verteidigungs- bzw. Bündnisfall ergeben. Dieses Gre- mium koordiniert alle Planungen der einzelnen Nationen im Rahmen der zivilen Schifffahrtslen- kung der NATO und zur Sicherstellung des benötigten Schiffsraums für die Verstärkungskräfte. Er untersteht dem NATO Oberausschuss für zivile Verteidigungsplanung (Senior Civil Emergency Planning Committee/SCEPC) und setzt bedarfsabhängig Arbeitsgruppen ein. Zur Beratung der militärischen Transportplanungen werden im Rahmen der zivilen Notstandsplanung im reduzier- ten Umfang noch zivile Schifffahrtsexperten bereitgehalten. DSA - Defence Shipping Agency

Im Konflikt- bzw. Bündnisfall nach Artikel 5 des NATO-Vertrages, sofern der NATO-Rat dies so beschließt, übernimmt PBOS als „DSA - Defence Shipping Agency“ die Lenkungsaufgabe für den NATO-Handelsschiffspool. Die DSA, mit ihrem Sitz in Washington, soll diesen Pool so organisie- ren, dass der Einsatz der Handelsschiffe nicht mehr unter nationaler Kontrolle und Priorisierung, sondern abgestimmt auf den Bedarf der NATO allein für den zivilen und militärischen Nachschub der NATO-Staaten erfolgt. Die NATO-Staaten brachten dazu ihre Handelsschiffe ab 1.600 BRZ in diesen Pool ein, Handelsschiffe unter 1.600 BRZ (Coaster) blieben hierbei - mit Ausnahme der im Mittelmeer eingesetzten Schiffe – unberücksichtigt. Alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem NATO-Handelsschiffspool sind derzeit ausgesetzt. CSG - Civil Sealift Group

Um auch schon in Krisenzeiten, d.h. vor Eintritt des Bündnisfalles handlungsfähig zu sein und Schiffsraum zur Verstärkung der NATO-Truppen bereitstellen zu können, sorgte bislang bis zur Aktivierung der DSA die mit der United States National Shipping Authority co-lozierte „Civil Sea- lift Group - CSG“ für die Sicherstellung des benötigte Transportraumes. Die CSG mit Sitz in Wa- shington ist für den Einsatz von rund 550 US Schiffen sowie von 800 bis 900 Schiffen der übrigen NATO-Staaten verantwortlich, darunter etwa 120 deutsche Handelsschiffe, wenn sie bei Bedarf in den gemeinsamen Schiffspool eingebracht werden. Die CSG trifft die erforderlichen Charter- vereinbarungen, legt Vergütungsgrundsätze fest und stellt im Bedarfsfall auch Schiffsraum an das MSC (Military Sealift Command) ab. Die Aktivitäten der CSG werden eingestellt, wenn in einer Krise die Verstärkungsoperationen im Wesentlichen vollendet sind oder - nach entspre- chender Entscheidung des Defence Shipping Council (DSC) - von der DSA weitergeführt werden. Auch diese Planungsmaßnahmen der NATO sind bis auf Weiteres ausgesetzt worden.

12 - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

ZV-Seeverkehr national – NSA-DEU

Im Krisen- und Verteidigungsfall übernimmt die Unterabteilung Schifffahrt des BMVBS die Aufgaben der nationalen Schifffahrtsbehörde - National Shipping Authority (NSA-DEU). Der ZV- Arbeitsstab kann bei Bedarf durch Berater des BMVg, Mitarbeiter des Seewetterdienstes und Mitarbeiter der Interallied Insurance Organisation (110) verstärkt werden. Hauptaufgaben der NSA-DEU sind: Erstellen des Lagebildes der deutschen Seeschiffe weltweit, Erstellen und Übermitteln von Lageberichten an die Bundesregierung, die nationalen Schifffahrtsverwaltungen, die nationale Schifffahrt und die DSA, Zusammenarbeit mit den Transportbedarfsträgern zur Anforderung von Schiffsraum aus BMWiT, BMLEV und BMVg Aktivieren bei Bedarf von Nothäfen und Notankerplätzen, Einbringen der deutschen Seeschiffe über 1.600 BRZ in den NATO-Schiffspool der DAS (bei Aktivierung), Einsatz der deutschen Schiffe unter 1.600 BRZ in nationaler Zuständigkeit und Zusammenarbeit mit dem NATO Shipping Centre. Die nationale Schifffahrtsbehörde bleibt grundsätzlich verantwortlich für Einsatz, Sicherheit und Einsatzfähigkeit der deutschen Handelsflotte im Krisen- und Konfliktfall. Besondere gesetz- liche Grundlagen wie Bundesleistungsgesetz, Verkehrssicherstellungsgesetz, VO zur Sicherstel- lung des Seeverkehrs ermöglichen dabei die erforderlichen Eingriffe in die kommerzielle Schiff- fahrt zur Sicherstellung des von der Bundesregierung festgestellten Transportbedarfs.

Civil Direction of Shipping Organization (CDSOrg) (kann bei Bedarf im Bündnisfall aktiviert werden)

Defence Shipping Authority (DAS) (Zivile) Verteidigungs-Schifffahrtsbehörde der NATO

DAS-Pool (derzeit dormant) (Schiffe über 1.600 BRZ)

National Shipping Authority – NSA-DEU (Oberste Nationale Schifffahrtsbehörde) BMVBS UAbt. Schifffahrt (BMLEV, BMWT und BMVg)

Wasser- und Schifffahrtsdi- rektionen Reeder

Schifffahrtsbehörden der Küstenländer (Hafenämter)

12 - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

12.2 Sicherstellung des Seetransports in Krise und Krieg Seetransportplanung der NATO (Military Sealift im Bündnisfall)1 USA und Kanada haben es im Rahmen ihrer Bündnis- und Beistandsverpflichtungen in der NATO übernommen, ihre NATO-Partner in Europa im Bedarfsfall bei einer Krise und/oder im Konfliktfall militärisch zu unterstützen. Während Verstärkungstruppen in einem erheblichen Maße per Lufttransport verlegt werden können, kann die gewaltige Menge des erforderlichen Materials einschließlich der logistischen Nachversorgung bei einem andauerndem Engagement nur über See transportiert werden (Sealift). In den USA ist mit dem militärischen Seetransport das „Military Sealift Command (MSC)“ beauftragt. Das MSC mit Sitz in Washington (DC) und Regionalvertretungen in London, Yoko- hama, Bayonne (New Jersey) und Oakland (Kalifornien) verfügt über eine Flotte unter US-Flagge fahrender, gecharterter Schiffe und unterhält Verträge mit US Schifffahrtsgesellschaften für planmäßige Dienstleistungen bei allen möglichen Seetransporten. Bei Bedarf können im Krisen- fall auch Schiffe unter fremder Flagge gechartert werden. Zum Verfügungsbestand des MSC gehören die „Naval Fleet Auxiliary Force“ zur direkten Unterstützung von Kampfverbänden (34 Ein- heiten, davon 2 Hospitalschiffe), die „Special Mission Support Force“, zu der z.B. Forschungs- und Überwachungsschiffe zählen (27 Einheiten), die „Prepositioning Force“, stationiert in Diego Garcia/Indischer Ozean, Guam, Persischer Golf und Mittelmeer (34 Einheiten); dazu gehören auch 13 Maritime Prepositioning Ships, aufgeteilt in drei Geschwader, von denen jedes eine Marine Corps Expeditionary Brigade mit bis zu 17.000 Marineinfanteristen 30 Kampftage lang mit Ausrüstung, Munition, Kraft- stoff, Verpflegung und sonstigen Artikeln versorgen kann; die „Sealift Force (Active)“ mit 22 Schiffen; hierzu zählen auch sogenannte „Fast Sealift Ships“, die als schnellste Frachter (RO/RO-Schiffe) der Welt mit einer Reisegeschwindigkeit von 27 kn von der Ostküste der USA in 6 Tagen Europa und in 14 Tagen den Arabischen Golf erreichen können; die „Sealift Force (Inactive)“, bekannt als „Ready Reserve Force“, mit 91 Schiffen (vor allem Ro/Ro, Breakbulk, Fast Sealift, Heavy Lift, Auxiliary Crane und Troop Ships sowie Tanker) unter der Obhut der US Maritime Administration (MARAD). Diese ehemaligen Handels- schiffe oder von der Marine ausgemusterten Schiffe liegen für eine Aktivierung nach 4, 10, 20 oder 30 Tagen in der Nähe von Newport News (Virginia), Beaumont (Texas) und Oak- land (California) bereit und unterstehen nach ihrer Aktivierung der operativen Kontrolle des MSC. Von den europäischen NATO-Partnern wurden zusätzlich etwa 600 eigene Schiffe erfasst und in der „NATO Sealift Ship List“ dem „Planning Board for Ocean Shipping (PBOS)“ gemeldet. Die- se hohe Zahl sollte sicherstellen, dass mindestens 400 Schiffe davon kurzfristig zur Verstärkung Europas eingesetzt werden konnten. Im Einsatzfall sollten diese europäischen Sealift-Schiffe von der Nation gechartert werden, die diese Schiffe für Verstärkungstransporte benötigte. Charter- gebühren und Kriegsrisikoversicherung sowie die zuverlässige Bemannung sollte gem. „NATO Sealift Charter Party“ durch den für diese Schiffe zuständigen Flaggenstaat erfolgen. Im Mai 1998 entschied der Ministerrat der NATO, die Liste nicht mehr zu aktualisieren und alle Aktivitä- ten einzustellen. Im Frieden sowie in Krisen- und Spannungszeiten sind die Nationen grundsätzlich selbst für die Deckung ihres eigenen Transportbedarfs verantwortlich. Der die eigenen Möglichkeiten übersteigende militärische Transportbedarf wird durch Chartern von Transportkapazitäten auf dem zivilen Seeschifffahrtsmarkt gedeckt. Die NATO kann und wird dabei koordinierende Funk- tionen wahrnehmen. In Deutschland ist für die Planung und Steuerung des militärischen See- transportbedarfs das „Logistikzentrum der Bundeswehr“ des Streitkräfteunterstützungs- kommandos mit seinem Dezernat „Seetransport/Hafenumschlag“ in Wilhelmshaven zuständig. Zur Begleitung von militärischer Ladung werden zusätzlich Supercargo an Bord eingesetzt, die als offizielle Regierungsvertreter die Reise begleiten (i.d.R. ein Reserveoffizier aus der Handels- schifffahrt).

1 Review Military Sealift Command; PBOS u.a. (2006)

12 - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

12.3 Deutsche Marineschifffahrtleitorganisation (MSLtOrg)

12.3.1 Auftrag und Aufgaben 2

Nationale und internationale Rahmenbedingungen Deutschland hat aufgrund seiner engen wirtschaftlichen und politischen Einbindung in die Weltwirtschaft ein ausgeprägtes nationales und sicherheitspolitisches Interesse am freien See- verkehr und gesicherten Seeverbindungswegen. Die Aufrechterhaltung des freien Seeverkehrs, der Schutz der Transportwege und –mittel, d.h. der Schutz der eigenen Handelsschifffahrt, ist dabei eine der zentralen Aufgaben der Deutschen Marine. Zur Abwehr asymmetrischer Bedrohungen und in Operationen zum Krisenmanagement und zur Konfliktverhütung müssen die deutschen Seestreitkräfte durchsetzungs- und überlebensfä- hig disloziert werden und in den Gewässern potentieller Krisengebiete – und dies weltweit – operieren können. Dabei wirkt sich jede Krisen- und Konfliktsituation in diesem Raum unmittel- bar auch auf die Handelsschifffahrt aus, die Ziel eines gezielten Waffeneinsatzes werden kann. Handelsschiffe benötigen in solchen Situationen die Unterstützung und den wirksamen Schutz von Seestreitkräften. Im Rahmen der gemeinsamen überstaatlichen Risikovorsorge erfolgen Schutz und Zusam- menarbeit mit der Handelschifffahrt stets gemeinsam mit den Partnern im Bündnis und im Rah- men von Systemen kollektiver Sicherheit. Die Deutsche Marine leistet im Rahmen der Ressortzu- ständigkeit ihren nationalen Beitrag zum militärischen Schutz der Handelsschifffahrt. Eine be- sondere Bedeutung kommt dabei der Marineschifffahrtleitung (MSLtg) zu, die sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf die Fachexpertise von Reserveoffizieren aus der Handels- schifffahrt stützt. Die konzeptionellen Grundlagen für Marineschifffahrtleitung leiten sich aus dem „Shipping Concept“ der NATO ab. Die konzeptionellen Grundlagen von NATO-NCAGS sind in der MC 376/1 „NCAGS – Naval Co-operation and Guidance for Shipping“3 vom Oktober 2003, die Einsatzgrundsätze und -verfahren in der ATP 2 Vol I niedergelegt. Sie sind auch Grundlage für die Aufgabenwahrnehmung bei MSLtg/NCAGS außerhalb von NATO-Operationen. Auftrag der deutschen Marineschifffahrtleitorganisation Die Marineschifffahrtleitorganisation hat den Auftrag: Sicherstellen des nationalen Beitrags MSLtg/NCAGS bei Operationen der NATO und an- derer Systeme kollektiver Sicherheit Bereithalten von Kräften und Mitteln als eigenständiger Bestandteil der operativen Füh- rung in Einsätzen, die Schutz und Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt als Auftrag enthalten; Bereithalten von Personal mit Handelsschiffsexpertise zur Unterstützung der deutschen Seestreitkräfte in Maritime Interdiction Operations Sicherstellen der Fachexpertise Handelsschifffahrt und der Zusammenarbeit mit dem See- verkehrsbereich.

2 InspM – Einsatz- und Ausbildungskonzept für die dt. MSLtOrg vom 26.04.2005 3 NCAGS ist eine Weiterentwicklung der früher von Naval Control of Shipping bestimmten Shipping Policy der NATO im Verteidigungs- und Bündnisfall hin zur Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt im Frie- den, in Krisen- und Konfliktsituationen und auch im Bündnisfall. NCAGS gewährleistet durch Kooperation und Koordination mit der Handelsschifffahrt eine möglichst störungsfreie militärische Operationsführung und unterstützt eine weithin ungehinderte Passage der Handelsschifffahrt durch Krisengebiete. Das Kon- zept setzt auf die freiwillige Teilnahme der Handelsschifffahrt an den Maßnahmen der militärischen Ope- rationsführung und auf den gegenseitigen Austausch lagerelevanter Daten und Informationen. NCAGS bietet der Handelsschifffahrt Information und Unterstützung, Empfehlungen für Routen und Schutz im Krisengebiet bei Operationen zur Krisenbewältigung und zur Terrorismusbekämpfung.

12 - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Aufgaben im Grundbetrieb Im Flottenkommando werden die grundsätzlichen Aufgaben zu MSLtg/NCAGS verantwortlich wahrgenommen. Hier werden die Grundsätze und Grundlagen für die nationale MSLtg, für NCAGS in der NATO und in Systemen kollektiver Sicherheit erarbeitet. Das Dezernat „Handels- schifffahrt/Marineschifffahrtleitung“ ist darüber hinaus verantwortlich für die Beratung des In- spekteurs der Marine und des Befehlshabers der Flotte in allen Angelegenheiten der Handels- schifffahrt und des Seeverkehrs. Im Grundbetrieb erfolgt eine regelmäßige lehrgangsgebundene und individuelle Fach- und Einsatzausbildung der Reservisten aus der Handelsschifffahrt für die Aufgabe MSLtg/NCAGS. Weitere Schwerpunkte bleiben die Nachwuchsgewinnung einer ausreichenden Zahl von Reser- visten aus der Handelsschifffahrt (Reedern, Verbänden, Ausbildungsstätten und Seefahrtsschu- len), die Durchführung der Ausbildung „Handelsschiffserkennung“ für die Flotte sowie die Aus- bildung von Boarding-Offizieren und ECLO4 für die Einsatzverbände der Flotte. Aufgaben im Einsatz Die MSLtOrg stellt für die Aufgabe Schifffahrtleitung entsprechende Einsatzelemente bereit oder unterstützt und verstärkt multinationale Einsatzelemente durch eigene Kräfte. Der Einsatz erfolgt unter nationaler Führung oder im Rahmen multinationaler Strukturen. Ihre Führung im Einsatz erfolgt im Rahmen der vorgegebenen Führungsstruktur. Flottenkommando stellt Einsatz- elemente für MIO-Operationen bereit, in denen im Rahmen von Embargo-/Boarding- Operationen eine Unterstützung der eigenen Seestreitkräfte durch ECLO erforderlich ist. Die Elemente der MSLtOrg werden im Einsatz durch das Einsatzführungskommando oder ein ande- res nationales Führungskommando (z.B. FlottenKdo) geführt. Bei einem Einsatz in Operationen, die den Schutz und die Zusammenarbeit mit der Handels- schifffahrt als Auftrag enthalten, sind in jedem Fall die „Führungs- und Einsatzzelle MSLtg/NCAGS“ sowie der Einsatz-SCP zu aktivieren. Der Einsatz-SCP ist so auszustatten, dass er verlegefähig und kurzfristig sowohl an Bord wie auch an Land einsetzbar ist. Bei Bedarf erfolgt die Verlegung über die Transportorganisation der Bundeswehr mit zivilen oder militärischen Transportkapazitäten. Ausbildung Um die geforderte Reaktions- und Einsatzfähigkeit sicherzustellen, werden die Reservisten der MSLtOrg zu freiwilligen Wehrübungen herangezogen, in denen sie einsatznah ausgebildet und auf die Aufgabenwahrnehmung in den Einsatzelementen der MSLtOrg/NCAGS-Org vorbe- reitet werden. Die Ausbildung vermittelt im Grundbetrieb alle Kenntnisse und Fertigkeiten für MSLtg/NCAGS auf der Grundlage der NATO Shipping Policy der MC 376/1 NCAGS. Die lehrgangsgebundene Ausbildung für MSLtg/NCAGS erfolgt bei MSM und MOS auf der Ba- sis der durch die MSLtOrg festgelegten Ausbildungsinhalte. Sie wird darüber hinaus durch Trup- penfachlehrer der MSLtOrg unterstützt. Die Teilnahme an Übungen und Manövern dient der Festigung der Kenntnisse und Fertigkeiten für den Einsatz. Aus dem Kreis der MSLtOffz werden körperlich und psychisch besonders belastbare Handels- schiffsoffiziere ausgewählt und im Rahmen des Funktionslehrgang Boarding zu ECLO ausgebil- det. Zum Erhalt ihrer Einsatzfähigkeit wird ihre Ausbildung im Rahmen von jährlichen Inübung- haltungen aktualisiert.

4 ECLO – Embargo Control Liaison Officer

12 - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

12.3.2 Organisation Organisation im Grundbetrieb Die Struktur der MSLtOrg ist auf die durchhaltefähige Wahrnehmung von Aufgaben zum Schutz und zur Zusammenarbeit mit der Handelsschifffahrt bis hin zu Maßnahmen der Schiff- fahrtlenkung im Rahmen einer gemeinsamen Risikovorsorge in der EU und/oder im Bündnis bzw. in Bündnissen kollektiver Sicherheitsverpflichtungen (WEU, OSZE, VN) hin ausgerichtet. Sie muss grundsätzlich auch befähigt sein, Aufgaben im Rahmen der Amtshilfe zur Abwehr von Gefahren in den deutschen Küstengewässern wahrzunehmen. Personalführung, Einsatzausbildung und Inübunghaltung einsatzfähiger Reservisten für die Aufgabe MSLtg/NCAGS erfolgt durch die Marineschifffahrtleitstellen. Sie gewährleisten im Grundbetrieb die Führung, Ausbildung und Bereitstellung einsatzbereiter Kräfte der MSLtOrg und führen die individuelle Fach- und Einsatzausbildung der Reservisten für die Aufgabe MSLtg/NCAGS nach den Grundsätzen von NATO NCAGS durch. Das Herstellen und Halten von Kontakten und Verbindungen an der Küste zu Schifffahrts- verwaltungen, zu Behörden und Dienststellen, zu Reedern, Kapitänen, Lotsen und ihren Ver- bänden u.ä. sind ständiger Auftrag der gesamten MSLtOrg. Organisation im Einsatz Bei Einsätzen in Operationen, die den Schutz und die Zusammenarbeit mit der Handelsschiff- fahrt als Auftrag enthalten, werden die „Führungs- und Einsatzzelle MSLtg/NCAGS“ im MHQ Glücksburg sowie ein Einsatz-SCP aktiviert. Beide Einsatzelemente müssen sowohl kurzfristig als auch durchhaltefähig verfügbar sein. Dies wird durch das aktive Personal der MSLtOrg gewähr- leistet, die Durchhaltefähigkeit stellen die Reservisten der Beorderungsreserve sicher. Die „Führungs- und Einsatzzelle MSLtg/NCAGS“ im Flottenkommando wertet die einge- henden Meldungen und Berichte der Schifffahrt und der Schifffahrtsbehörden sowie der Einsatz- elemente MSLtg/NCAGS aus und erstellt das Lagebild Handelsschifffahrt als Beitrag zum maritimen Lagebild. Sie entwickelt die Beiträge MSLtg/NCAGS zum Operationsplan und erarbei- tet die operativen Weisungen für die Einsatzelemente MSLtg/NCAGS im Einsatzgebiet. Sie koor- diniert den Informationsaustausch mit der Handelsschifffahrt, mit der deutschen National Ship- ping Authority (NSA-DEU)5, mit den nationalen Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen und mit dem NATO Shipping Centre. Von hier erfolgen Kontakt und Informationsaustausch mit Reedern, Charterern, Schiffsagenten, Versicherungen, Handelsschiffskapitänen und anderen Stellen des Seeverkehrsbereichs. Das Lagebild Handelsschifffahrt ergänzt das operative Lagebild und ist die Grundlage für die Einbeziehung der Handelsschifffahrt in die Operationsführung im Einsatzgebiet. Der Austausch der Schiffsdaten sowie der Routen- und Fahrtinformationen erleichtert dabei die Identifizierung im Seeverkehr. Empfehlungen zur konfliktfreien Routenführung für die Handelsschifffahrt ver- ringern eine mögliche Behinderung der eigenen Operationsfreiheit und eine mögliche Gefähr- dung der Handelsschiffe selbst. Der Einsatz-SCP setzt in seinem Verantwortungsbereich die Entscheidungen zur Lenkung der Handelsschifffahrt im örtlichen Zuständigkeitsbereich um. Im Einsatzgebiet setzt der SCP mobile Einsatzelemente ein zur aktuellen Lagefeststellung, zur Verbindungsaufnahme und zum Infor- mationsaustausch mit Hafenliegern, wertet eingehende Meldungen und Informationen über Handelsschiffe aus und erstellt die Lage Handelsschifffahrt im Verantwortungsbereich. Der SCP stellt die Verbindung zu Reedern, Charterern, Agenten und Versicherungen her und informiert über die Lage, er bereitet Briefings für die Handelsschifffahrt vor und berät Handelsschiffskapi- täne vor Ort über Lage, Routenführung und Sicherungsmaßnahmen. Für die taktisch-operative Führung gesicherter Handelsschiffsverbände im Einsatzgebiet wer- den Accompaniment-Teams unter Leitung erfahrener Konvoikommodores an Bord von Handels- schiffen eingeschifft, auf Einzelfahrern bei Bedarf ein NCAGS LO6.

5 NSA-DEU ist das Referat LS23 beim BMVBS 6 NCAGS LO – NCAGS Liaison Officer

12 - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

12.4 Rechtsgrundlagen für die Zivilverteidigung im Seeverkehr (in Auszügen)

Allgemeines Rechtsgrundlagen für die Inanspruchnahme privater Leistungen sowie für den Erlass von Len- kungs- und Bewirtschaftungsverordnungen in Krise und Krieg sind (im weitesten Sinne) das See- aufgabengesetz, das Flaggenrechtsgesetz, das Bundesleistungsgesetz und die sogenannten Si- cherstellungsgesetze mit den zugehörigen Verordnungen. Voraussetzung für die Begründung privater Leistungspflichten bzw. für das Wirksamwerden von Rechtsverordnungen sind z.B. die Feststellung der Bundesregierung, dass die beschleunigte Herstellung der Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik Deutschland notwendig ist (vgl. z.B. § 1 BLG, § 3 i.V.m. § 1 ArbSG, § 2VSG), die besondere Zustimmung oder die Feststellung des Spannungsfalles durch den Deutschen Bundestag (Art. 80a Abs. 1 GG), die Feststellung des Ver- teidigungsfalles (Art 80 a Abs. 1, Art. 115 a GG) oder der Eintritt des Bündnisfalles (Art. 80a Abs. 3 i.V.m. Art. 24 Abs. 2 GG). Die entschädigungspflichtigen, anforderungsfähigen Leistungen können auch vertraglich vereinbart werden.

Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (See- aufgabengesetz (SeeAufgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.07.2002, BGBl I 2876, zuletzt geändert am 24.03.2006, BGBl I 561) (in Auszügen) „Dem Bund obliegen auf dem Gebiet der Seeschifffahrt... die Förderung der deutschen Han- delsflotte im allgemeinen deutschen Interesse und neben den beteiligten Ländern die Vorsorge für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Seehäfen.“

Gesetz zur Sicherung von Verkehrsleistungen (VerkLG) vom 23.07.2004 - BGBl I 1865 Das VerkLG vom 23.07.04 dient der Sicherung ausreichender Verkehrsleistungen im Rahmen der Amtshilfe bei Naturkatastrophen, besonders schweren Unglücksfällen und bei terroristi- schen Anschlägen sowie zur Unterstützung der Streitkräfte bei Einsätzen aufgrund inter- nationaler Vereinbarungen oder der Zusammenarbeit mit den VN. Das Gesetz regelt die Überlas- sung von Verkehrsmitteln und –anlagen, u.a. den Betrieb von Umschlaganlagen und Speditions- leistungen sowie die Überlassung von Schiffen einschl. ihrer Informations- und Kommunikations- systeme. Leistungspflichtig sind u.a. Reeder und Schiffsausrüster sowie Speditionsunternehmer und die Betreiber von Hafenumschlagseinrichtungen. Der Bund ist Bedarfsträger; zuständige Behörden i.S. des Gesetzes für die See- und Binnen- schifffahrt sind die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen. Für deutschflaggige Schiffe im Ausland sind die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der BR Deutschland zuständig. Ver- kehrsleistungen dürfen längstens für die Dauer von 3 Monaten abgefordert werden, dies aller- dings auch mehrfach hintereinander. Mit der Neufassung des VerkLG wird eine alte Regelung aus 1974 ersetzt. Die Besonderheit besteht darin, dass Reeder, Schiffsaurüster und Betreiber von Hafenumschlagseinrichtungen, neben anderen, insbesondere bei terroristischen Anschlägen zur Leistungserbringung ver- pflichtet werden können. Von Reeder und Betreibern der Hafenumschlagseinrichtungen können diese Leistungen angefordert werden, wenn sich ihre Schiffe in deutschen Hoheitsgewässern befinden; Seeschiffe unter Bundesflagge können auch außerhalb des deutschen Küstenmeeres in Anspruch genommen werden (§7 Abs. 3).

Bundesleistungsgesetz (BLG) vom 19.10.1956 i.d.F. vom 27.09.1961 - BGBl I 815, zuletzt geändert 2005, BGBl I 2354 Das BLG gibt als Notstandsgesetz die Möglichkeit, bei Bedarf Handelsschiffe jeder Flagge zum Gebrauch oder anderer Nutzung (§2 Abs. 1 Nr. 1 ) oder zum Eigentum (§2 Abs. 1 Nr. 2) heranzu- ziehen sowie den Abschluss von Verträgen (§2 Abs. 1 Nr. 10 und 14) zu erlangen, wenn die De- ckung des Transportbedarfs für Zwecke der Verteidigung oder zur Erfüllung militärischer Bünd- nisverpflichtungen nicht auf andere Weise, z.B. durch Charterverträge, möglich ist.

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Transportleistungen für Zwecke der Verteidigung werden nach §2 Abs. 1 Nr. 9 o. 10 iVm §3 Abs. 2 angefordert. Von ausländischen Reedern und Schifffahrtsunternehmen können diese Leis- tungen angefordert werden, wenn sich ihre Schiffe in deutschen Hoheitsgewässern befinden; Seeschiffe unter Bundesflagge können auch außerhalb des deutschen Küstenmeeres in Anspruch genommen werden (§4 Abs. 1). Bareboat-vercharterte Schiffe (§7 FlaggRG) können i.d.R. auf Grund vertraglicher Vorbehalte jederzeit zurückgeflaggt werden, sodass sie insoweit de facto wie Schiffe unter Bundesflagge herangezogen werden können.

Verkehrssicherstellungsgesetz (VSG) vom 24.08.1965 i.d.F. vom 08.10.1968 - BGBl I 1082, zuletzt geändert 2005, BGBl I 2354 Im Gegensatz zum bedarfsabhängigen BLG dient das VSG der gefährdungsbezogenen Ge- währleistung lebenswichtiger Verkehrsleistungen, insbesondere zur Versorgung der Zivilbevöl- kerung und der Streitkräfte zum Zwecke der Verteidigung. Es regelt die Ermächtigung der staat- lichen Stellen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die durch Lenkungs- und Bewirtschaftungsbe- stimmungen zur Umstellung der privatwirtschaftlichen Handelsschifffahrt auf - situationsbezo- gen - staatlich gelenkten Seeverkehr führen und Reeder und Kapitäne verpflichten, die Ausrüs- tung und den Einsatz ihrer Schiffe den Verteidigungsanforderungen anzupassen. Die Wirksamkeit der Rechtsverordnungen ist i.d.R. an die Voraussetzungen des Art. 80a GG gebunden (z.B. §2 Abs.3, §5 Abs.2, §14 Abs.5; vgl. auch §6 Abs. 2 und §7 Abs.1), jedoch gelten bestimmte gesetzliche Pflichten schon in Friedenszeiten, insbesondere die Verpflichtung, verschlossene Schriftstücke anzunehmen, ungeöffnet zu verwahren und von ihrem Inhalt erst unter festgelegten Voraussetzungen Kenntnis zu nehmen, sowie zusätzliche Fernmeldemittel und Gegenstände, die der Sicherung der Nachrichten- übermittlung dienen, anzunehmen, zu verwahren und erst bei Vorliegen festgesetzter Voraussetzungen zu verwenden (§13).

Verordnung zur Sicherstellung des Seeverkehrs vom 03.08.1978 - BGBl I1210, BGBl III 936-6-4, zuletzt geändert 2005, BGBl I 1818 Die VO gibt dem BMVBW bzw. den WSD die Ermächtigung, deutsche Reeder, Eigner, Schiffs- führer u.a. beispielsweise zur Ergänzung der Schiffsausrüstung, zur Beachtung behördlicher An- weisungen bezüglich der Ladung, zum Befolgen bestimmter Verhaltensweisen zur Vermeidung von Gefahren sowie zur Abgabe von Meldungen beim Anlaufen auswärtiger Häfen zu verpflich- ten.

Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Verkehrssicherstellungsgesetz (Verkehrssicherstellungs-Zuständigkeitsverordnung - VSGZustV) vom 12.08.1992 - BGBl I 1529, BGBl III 936-6-8, zuletzt geändert BGBl 1994 I 1733 Art. 8)

Arbeitssicherstellungsgesetz (ArbSG) vom 09.07.1968 - BGBl I 787, zuletzt geändert 2005 BGBl I 1106 Wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der Verpflichtungen des Reeders bzw. des Kapi- täns aus dem BLG und dem VSG ist die personelle Einsatzbereitschaft der Schiffe. Um diese zu gewährleisten, wird trotz Beibehaltung des Grundrechts der freien Wahl des Arbeitsplatzes und der Freiwilligkeit der Arbeitsleistung in Krisenzeiten bzw. im Verteidigungsfall (§1) den Arbeits- behörden die Befugnis eingeräumt, wehrpflichtige Seeleute in ein Heuerverhältnis zu verpflich- ten, wobei ihr bisheriges Arbeitsverhältnis ruht (§25 Abs. 1), oder ihr Kündigungsrecht zu be- schränken (§2). Das Verhältnis von §31 (wonach der Arbeitnehmer soweit zumutbar verpflichtet ist, Gefahren und Erschwernisse auf sich zu nehmen) zu §67 Nr. 6 SeemG (das den Seeleuten im Frieden das Recht zur außerordentlichen Kündigung einräumt, wenn das Schiff ein mögliches Kriegsgebiet befahren soll) bedarf noch der Klärung. Verpflichtungsbehörde ist das örtlich zuständige Ar- beitsamt. Bei Gefahr im Verzug steht auch den Gemeinden bzw. den Senaten und den Kreisver- waltungen ein kurzfristiges Verpflichtungsrecht zu (§11). Diese Bestimmungen sind außer im Verteidigungsfall auch im Krisen- und Spannungsfall oder mit besonderer Zustimmung des Bundestages (Art 80a Abs. 1 GG) anwendbar (§3). Das ArbSG ist auf ausländische Seeleute auf deutschen Seeschiffen nicht anwendbar.

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Verordnung über die Feststellung und Deckung des Arbeitskräftebedarfs nach dem Arbeitssicherstellungsgesetzes (ArbSV) vom 30.05.1989 - BGBl I S. 1071, zuletzt geändert 2004, BGBl I 2902

Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Bin- nenschiffe - Flaggenrechtsgesetz (FlaggRG) vom 08.02.1951, neugefasst 26.10.1994 - BGBl I 3140, zuletzt geändert 25.06.2004 BGBl I 1389 Die Bundesflagge haben alle Seeschiffe zu führen, deren Eigentümer Deutsche (bzw. mehr- heitlich deutsch geprägte offene Handels- und Kommanditgesellschaften, juristische Personen oder Partnerreedereien) mit Wohnsitz bzw. Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes sind (§1 Abs. 1 und 2; Abs. 3 Partenreederei). Die Bundesflagge darf entsprechend §1 u.a. auf Seeschiffen geführt werden, deren Eigentü- mer - ggf. mehrheitlich - Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind und ggf. ein verantwortlich Beauftragter seinen Wohnsitz/Sitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes hat und für die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften einsteht. Für Über- führungsfahrten von Neubauten gilt §10, zur Führung der Bundesflagge auf Grund internationa- ler Vereinbarung gilt §11. Wird ein Seeschiff einem Ausrüster, der nicht Deutscher ist oder seinen Wohnsitz oder Sitz nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes hat, auf mindestens ein Jahr zur Bereederung in eigenem Namen überlassen, so kann auf Antrag des Eigentümers der Bundesminister für Ver- kehr, Bau und Wohnungswesen für bestimmte Zeit, höchstens jedoch jeweils für die Dauer von zwei Jahren unter dem Vorbehalt des Widerrufs gestatten, dass das Schiff anstelle der Bundes- flagge eine andere Nationalflagge führt, deren Führung nach dem maßgeblichen ausländischen Recht erlaubt ist (§7 Bareboat). Solange die Genehmigung wirksam ist, darf das Recht zum Füh- ren der Bundesflagge nicht ausgeübt werden (§7(4)).

Internationales Seeschifffahrtsregister (ISR)

Gemäß §12 des Flaggenrechtsgesetzes sind zur Führung der Bundesflagge berechtigte Kauf- fahrteischiffe, die im Sinne des Einkommensteuergesetzes im internationalen Verkehr betrieben werden, auf Antrag des Eigentümers in das Internationale Seeschifffahrtsregister (ISR) einzutra- gen. Für die im ISR eingetragenen Seeschiffe gelten flaggenrechtlich keine Besonderheiten; be- züglich der Rechtsverhältnisse des Personals und Geltung des öffentlichen Rechts des Bundes gilt §21 des Flaggenrechtsgesetzes (siehe auch Flaggenrechtsverordnung vom 04.07.1990 - BGBl I S. 1389; zuletzt BGBl 1994 I 3176).

Anforderungsbehörden- und Bedarfsträgerverordnung (ABV) vom 12.06.1989 - BGBl I 1088, zuletzt geändert 1994, BGBl I 2325 Art. 12 Abs. 34) Die ABV ergänzt das BLG und soll durch die Zuweisung sachlich begrenzter Zuständigkeiten an bestimmte Behörden den reibungslosen Vollzug der materiellen Bedarfsdeckung nach dem BLG gewährleisten. Bedarfsträger können der Bund, die Länder und bestimmte andere öffentlich rechtliche Körperschaften sein (§6). Anforderungsbehörden sind bei Seeschiffen die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen (WSD), bei Seefischereifahrzeugen die staatlichen Fischereiämter und bei Fahrzeugen der Großen Hochseefischerei die für die Fischerei zuständigen Obersten Landesbe- hörden (§2) im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeiten (§4). Anforderungsbehörden bei Schiffen im Ausland sind die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland; die Befugnisse nach dem BLG beziehen sich in- soweit nur auf Schiffe unter deutscher Flagge.

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A1 Begriffsbestimmungen/Definitionen

A1.1 Deutsche Handelsflotte

Seeschiff 1 ist der übergeordnete Begriff für Handelsschiffe (Fahrgastschiffe, Ro/Ro-Schiffe einschl. Fährschiffe, Trockenfrachter und Mehrzweckschiffe, Tankschiffe sowie Güter/Personen befördernde Hochgeschwindigkeits- fahrzeuge) Fischereifahrzeuge Spezialfahrzeuge (z.B. Eisbrecher, Forschungs-, Lotsen-, Rettungs-, Hochgeschwindigkeits- fahrzeuge) Leichter, Schuten und schwimmende Geräte (z.B. Pontons, Bagger, Docks) Sportfahrzeuge. „Kauffahrteischiff“ bezeichnet ein Seeschiff, das zu gewerblichen Zwecken betrieben wird. Zur „Deutschen Handelsflotte“ werden im engeren Sinne alle deutschen Handelsschiffe über 100 BRZ gezählt, die in deutsche Seeschifffahrtsregister eingetragen sind und die deutsche Flag- ge führen. Daneben gibt es weitere Handelsschiffe, die zwar statistisch nicht zur deutschen Handelsflot- te gezählt werden, aber aufgrund der Eigentumsverhältnisse faktisch dazugehören. Es handelt sich um Schiffe im Besitz deutscher Reeder, die aber unter ausländischer Flagge eingesetzt wer- den: Handelsschiffe unter deutschem Management, die in deutschen Seeschifffahrtsregistern eingetragen sind und befristet nach §7 Flaggenrechtsgesetz eine ausländische Flagge führen (Bareboat- Charter); und Handelsschiffe unter deutschem Management, die in einem ausländischen Schifffahrtsregister eingetragen sind und eine ausländische Flagge führen.

A1.2 Erläuterungen zur Bruttoraumzahl (BRZ) 2

1994 trat das bereits 1969 vereinbarte Internationale Schiffsvermessungsübereinkommen in Kraft, das mit der neugeschaffenen Bruttoraumzahl (BRZ) die Bruttoregistertonne (BRT) ablöste. BRZ ist eine dimensionslose Zahl, die sich aus der Umrechnung der Vermessung um den Faktor K ergibt. Die alte Registertonne BRT wurde in England bereits 1854 eingeführt (1 Registertonne = 100 Kubikfuß = 2,831 Kubikmeter); die sogenannten "Britischen Regeln" hatten weltweit Geltung. Die Größe des Schiffes war der Bruttoraumgehalt (englisch: gross register tonnage = grt), aus dem sich die in Registertonnen ausgedrückte Bruttotonnage (BRT) entwickelte. Die Größe des "verdienenden Raumes" eines Schiffes war der Nettoraumgehalt, die spätere Nettotonnage (englisch: net register tonnage = nrt), errechnet durch Abzug bestimmter Räume bzw. bestimm- ter Prozentsätze vom Bruttoraumgehalt. Die vor 1982 gültige Schiffsvermessung nach den Regeln des Internationalen Übereinkom- mens von Oslo (1948), war eine Innenraumvermessung. Das heißt: Der Schiffsrumpf wurde auf Innenkante Spant und Oberkante Doppelboden bzw. Bodenwrangen, die Aufbauten und Decks- häuser auf Innenverkleidung gemessen. Zudem konnten Maschinenschächte, Bootsmannsstores usw. vom Vermessungsergebnis ausgenommen werden. Der in Kubikmeter ermittelte Raumge- halt wurde zu Registertonnen (RT) umgerechnet, 1 RT = 100 Kubikfuß = 2,831 m3.

1 gem. Schiffstypenschlüssel Germanischer Lloyd 2 Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie 2005

A - 1 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

Nach den jetzt geltenden Regeln des Londoner Übereinkommens von 1969 wird der Gesamt- inhalt aller geschlossenen Schiffsräume vom Kiel bis zum Schornstein erfasst; dabei wird bis zur Außenhaut bzw. zu den Außenwänden (auf die sog. Mallkante) gemessen. Anhand einer Reihe von Beispielschiffen war ein Umrechnungsfaktor gefunden worden, mit dem der gesamte um- baute Raum (in m3) zu multiplizieren ist. In Abhängigkeit von Größe, Typ und Art der Vermes- sung eines jeden Schiffes schwankt der Umrechnungsfaktor zwischen 1,1 und 4 oder mehr. Einen mathematischen Umrechnungsfaktor BRT-BRZ, der für alle Schiffe gleichermaßen gilt, gibt es deshalb nicht. Das Ergebnis wird in BRZ, Bruttoraumgehalt eines Schiffes oder gross tonnage (gt) angege- ben und nach der Formel berechnet: BRZ (gt) = k1 x v (dimensionslos).

A1.3 Erläuterungen zur Compensated Gross Tonnage (cgt) 3

Compensated Gross Tonnage (cgt) ist ein Begriff aus dem Schiffbau und ist das Maß für den Vergleich der Schiffbauleistung zweier zum Vergleich anstehender Neubauten. Bisher war es üblich, die Produktion nach BRT, einem Raummaß (2,831 m3), das den umbau- ten Raum des Schiffes beschreibt, oder nach dwt, einem Gewicht, das die Gesamtzuladung oder Tragfähigkeit eines Schiffes in longtons à 1.016 kg kennzeichnet, anzugeben. Beides sind zwar für die Schifffahrt und den Schiffbau wichtige Maße, sie kennzeichnen jedoch nicht die von ei- ner Werft erbrachte Leistung. Um die Schiffbauleistung besser vergleichen zu können, hat die OECD (Organisation for Eco- nomic Cooperation and Development) 1966 durch eine Arbeitsgruppe, der sog. Workingparty No. 6, Koeffizienten entwickeln lassen, mit denen die BRZ multipliziert werden sollte, um zu einem wirklichen Wertevergleich der Schiffbauleistung kommen zu können: cgt = coe x gt.

Compensated Gross Tonnage (cgt) ist eine Vergleichsgröße im Schiffbau für den Wert des Ma- terials und der Arbeit pro Tonne in Bezug auf das Basisschiff. Als Basisschiff ist ein Trockenfrach- ter von 11.000 BRZ mit 350.000 Fertigungsstunden gewählt worden. Die pro Schiff ermittelten Fertigungsstunden werden durch den Vermessungswert geteilt und ergeben den Koeffizienten. Diese Berechnungsgrundlage ist mittlerweile zwischen dem japanischen Schiffbauverband (SAJ) und dem westeuropäischen Schiffbauverband (AWES) als Standard vereinbart worden. Ein Vergleich einzelner Schiffe ist mit der Vergleichsgröße cgt jedoch nicht möglich, weil die cgt-Koeffizienten sehr stark mit der Größe der Schiffe, gemessen in tdw, absinken. So hat ein kleines Containerschiff von 4.000 bis 10.000 tdw einen Koeffizienten von 1.2, während ein sol- ches über 50.000 tdw einen Koeffizienten von 0.65 hat.

3 Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

A - 2 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

A1.4 Begriffsbestimmungen

BAREBOAT-CHARTER Mietweise Überlassung eines bloßen Schiffes zur Nutzung. Der Nutzer hat im Gegensatz zur Zeitcharter die Besatzung ein- schließlich Kapitän zu stellen. Form der Ausflaggung nach §7 FlRG. BRUTTORAUMZAHL (BRZ) Raummaß nach dem neuen Schiffsvermessungs- Übereinkommen von 1994 BULK CARRIER Bulkladung ist Schüttgut aller Art: Getreide, Kohle, Erz usw. CHARTER Vertrag über die Befrachtung eines Schiffes CONTAINER Großraumbehälter mit mindestens 7 Kubikmeter Fassungsver- mögen. Die Abmessungen sind genormt. Breite und Höhe be- tragen einheitlich 8 Fuß, die Länge variiert von 20 bis zu 40 Fuß. FEEDER-DIENST Zubringerdienst im Küstenverkehr FLAG OF CONVENIENCE (FOC) Flagge eines anderen Staates, die von Handelsschiffen aus wirt- schaftlichen, im Wesentlichen Personalkosten sparenden Grün- den geführt wird. Andere gebräuchliche Bezeichnungen für diese "Fremdflag- gen" sind: Offenes Register, Billigflagge, Flag of Necessity, Run- away Flag.

FOR ORDER (f.o.) Begriff aus dem Seefrachtgeschäft: das beladene Schiff erfährt erst auf See den Bestimmungshafen; gilt auch für Schiffe ohne Ladung, wenn noch keine Nachfolgecharter bekannt ist. GENERALHANDEL alle nach/aus Deutschland eingehenden/ausgehenden Waren mit Ausnahme der Waren der Durchfuhr und des Zwischenaus- landsverkehrs GROßE HOCHSEEFISCHEREI Die Fischerei, die außerhalb der Grenzen der Kleinen Hochsee- fischerei betrieben wird. KABOTAGE Nationale Küstenschifffahrt/Binnenschifffahrt. Transport von Gütern zwischen Häfen des jeweiligen Staates. Die Kabotage bleibt im Regelfall der nationalen Schifffahrt vorbehalten. KLEINE HOCHSEEFISCHEREI Die Fischerei, die in der Ostsee, in der Nordsee und in dem Ge- biet betrieben wird, das begrenzt wird im Norden durch den Breitenparallel 63° Nord von der norwegischen Küste bis zum Meridian 8° West, von dort nach Süden bis 60 Seemeilen nörd- lich der irischen Küste, weiter in einem Abstand von 60 Seemei- len an der irischen Westküste entlang bis 50°30’ Nord 10° West und von dort in gerader Linie nach Quessant. KÜSTENFISCHEREI Die Fischerei, die auf Fangreisen in Küstennähe von Küsten- plätzen der Bundesrepublik Deutschland oder der benachbar- ten Küstenländer aus betrieben wird. LLOYDS REGISTER OF SHIPPING Bedeutendste Schiffsklassifikationsgesellschaft der Welt; Sitz in London.

A - 3 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

MASSENGUTSCHIFFE siehe bulk carrier; sie sind eingeteilt in - small bulk carrier ( 12.000 - 19.999 dwt) - handy size (20.000 - 34.999 dwt) - medium bulk carrier (35.000 - 49.999 dwt) - Panamax size (50.000 - 84.999 dwt) - large bulk carrier (85.000 dwt und mehr) - Capesize tanker oder capesize bulker: Schiffe, die wegen ihrer Abmessungen und ihres Tiefgangs den Suez-Kanal nicht passieren können und daher um das Kap der Guten Hoffnung fahren müssen. NATO NAVAL CO-OPERATION AND GUIDANCE FOR SHIPPING (NCAGS) Shipping Policy der NATO nach MC 376/1 (10/2003) für die Zu- sammenarbeit mit der Handelsschifffahrt in Krisen- und Kon- fliktsituationen (national: Marineschifffahrtleitung) PLANNING BOARD FOR OCEAN SHIPPING (PBOS) Ständige Arbeitsgruppe der NATO für Fragen der Handels- schifffahrt und Planung der Unterstützung der NATO durch die zivile Schifffahrt in Kriegszeiten RO/RO-VERKEHR Verkehrssystem, bei welchem die Ladung über Rampen an bzw. von Bord (Roll on/Roll off) gebracht wird, wobei auf Kräne ver- zichtet werden kann. SLOTS Containerstellplätze SPEZIALHANDEL Generalhandel abzüglich Einfuhr/Ausfuhr von Waren auf/aus Lager, jedoch einschl. der Übergänge von Waren aus Lager in den freien Verkehr oder die aktive Veredelung TRAMPSCHIFFFAHRT Schifffahrt, die nicht an feste Linien gebunden ist; freie, unregelmäßige Fahrt nach Angebot und Nachfrage.

A - 4 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

A2 Abkürzungen

AAG Ausbildung in außerheimischen Gewässern AAR Auslandsausbildungsreise ABV Anforderungsbehörden- und Bedarfsträgerverordnung ACSYS Arctic Climate Systems Study AIS Automatic Identification System ARA Antwerpen/Rotterdam/Amsterdam Range ArbSG Arbeitssicherstellungsgesetz ARGE Arbeitsgemeinschaft AWES Association of Western European Shipbuilders AWI Alfred-Wegener-Institut AWZ Ausschließliche Wirtschaftszone BACO Barge Container Carrier BFAFi Bundesforschungsanstalt für Fischerei BGBl Bundesgesetzblatt BIMCO The Baltic and International Maritime Conference BLAMS Bund/Küstenländerarbeitskreis Maritime Security BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLG Bundesleistungsgesetz BLG Bulk Liquids and Gases BLK Bundeslotsenkammer BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMELV Bundesministerium für Ernährung, Verbraucherschutz und Landwirtschaft BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung BMVg Bundesministerium der Verteidigung BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BPol Bundespolizei BRT Bruttoregistertonne BRZ Bruttoraumzahl BSH Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSHL Bundesverband der See- und Hafenlotsen BVerfG Bundesverfassungsgericht BWStrG Bundeswasserstraßengesetz cgt Compensated Gross Tonnage = gewichtete BRT (G-BRT) CLIVAR Climate Variability and Predictability CONSA Consular Shipping Advisor CONTIS Continental Shelf Information System CSI Container Security Initiative DESTATIS Statistisches Bundesamt DGzRS Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger DMI Deutsches Marine Institut DNV Deutscher Nautischer Verein DPC Defence Planning Committee (Verteidigungsplanungsausschuss der NATO) DSA Defence Shipping Authority DSC Defence Shipping Council DSVK Deutsches Seeverladekomitee DVZ Deutsche Verkehrszeitung DWD Deutscher Wetterdienst dwt Deadweight tonnage ECDIS Elektronische Seekarte EK Eingreifkräfte ENC Electronic Navigational Chart

A - 5 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

EMSA Europäische Agentur für Schiffssicherheit EPICA European Projects for Icecoring in Antarctica EQUASIS European Quality Shipping Information System FlRG Flaggenrechtgesetz FlRV Flaggenrechtsverordnung FPSO Floating Production, Storage and Offloading Unit FOC Flag of Convenience FSU Floating Storage Unit FWG Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall und Geophysik GATT General Agreement on Tarifs and Trade (Allgemeines Zoll- und Handelsab- kommen) GFP Gemeinsame Europäische Fischereipolitik GKSS Gesellschaft für Kernenergieforschung in Schiffbau und Schiffstechnik GL Germanischer Lloyd GOOS Global Ocean Observing System gt Gross Tonnage (Bruttoraumgehalt) = BRZ HELCOM Helsinki-Übereinkommen HGF Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren HKV Havariekommando IBSFC Internationale Ostseefischereikommission IFR International Flight Regulations IFSMA International Federation of Shipmasters Associations = EU-Kapitänsverbände IKZM Integriertes Küstenzonen-Management ILO International Labour Organization IMB ICC Maritime Bureau IMCO Intergovernmental Maritime Consultative Organization IMO International Maritime Organization INK Internationale Nordseeschutz–Konferenz IOR Institut für Ostseefischerei in Rostock IOW Institut für Ostseeforschung Warnemünde ISL Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik Bremen ISH Institut für Seefischerei Hamburg ISM International Ship Manual ISPS International Ship and Port Facility Security ISR Internationales Seeschifffahrtsregister ISSC International Ship Security Certificate IWC Internationale Walfangkommission KdB Konzeption der Bundeswehr LASH Lighter Aboard Ship MARAD US-Maritime Administration MARPOL 1973 Convention on Maritime Pollution MC Military Committee (Militärausschuss der NATO) MEPC Marine Environment Protection Committee MERCS Merchant Ship Crypto System MERZONE Merchant Shipping Control Zone Mio. Millionen MRCC Maritime Rescue Coordination Centre Mrd. Milliarden MSC Military Sealift Command MSLtSt Marineschifffahrtleitstelle MSLtOrg Marineschifffahrtleitorganisation MSP Maritime Security Program, Military Sealift Program MSZ Maritimes Sicherheitszentrum Cuxhaven

A - 6 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

MTMC Military Traffic Management Command NAMSA NATO Maintenance and Shipping Agency NATO North Atlantic Treaty Organization NCAGS Naval Co-operation and Guidance for Shipping NCAGSOrg Naval Co-operation and Guidance for Shipping Organization NOK Nordostseekanal NRT Net Register Tonnage NSA-DEU National Shipping Authority Deutschland NT Net Tonnage (Nettoraumgehalt) OBO Oil/Bulk/Ore OECD Organization for Economic Cooperation and Development OPEC Organization of Petroleum Exporting Countries OPRC Oil Pollution Preparedness, Response and Co-operation OSPAR Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordatlantiks OSZE Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa PBOS Planning Board for Ocean Shipping PSSA Particularly Sensitive Sea Area RCC Rescue Coordination Centre RO/RO Roll-on/Roll-off Verkehr RSO Recognized Security Organization SACO Supreme Allied Commander for Operations (Oberster Befehlshaber aller Alliierten Streitkräfte in Europa – früher: SACEUR) SACT Supreme Allied Commander for Transformation (früher SACLANT) SAR Search and Rescue SBM Sonderstelle des Bundes zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen SCEPC Senior Civil Emergency Planning Committee SchOffzAusbV Schiffsoffizier–Ausbildungsverordnung SeeBG See–Berufsgenossenschaft SETO Southern Europe Transport Organization SK Stabilisierungskräfte SKE Steinkohleeinheit (1 SKE (kg) = 8,13 kWh) SLM Sonderstelle der Länder zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen SOLAS 1974 Convention on Safety of Life at Sea STCW International Convention on Standards of Training, Certification and Watch- keeping (Normen für Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten) von 1995 SUBS Schadstoffunfallbekämpfungsschiff t Tonnen tbp tons bollard pull (Pfahlzug) TBT Tributylzinn tdw tonnage deadweight THB Täglicher Hafenbericht (Zeitschrift) tkm Tonnenkilometer TEU Twenty feet Equivalent Unit; Maßeinheit für 20-Fuß-Standard-Container UK Unterstützungskräfte ULCC Ultra Large Crude-Oil Carrier (über 300.000 tdw) UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development UNCLOS Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen VDKS Verband Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDR Verband Deutscher Reeder VDR Voyage Data Recorder VLCC Very Large Crude-Oil Carrier (175.000 - 300.000 tdw)

A - 7 Flottenkommando Fakten und Zahlen 2006

VPR Verteidigungspolitische Richtlinien (der Bundesregierung) VSM Verband für Schiffbau und Meerestechnik VSG Verkehrssicherstellungsgesetz VSGZustV Verkehrssicherstellungs–Zuständigkeitsverordnung VTG Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH VTS Vessel Traffic Service WCO World Customer Organisation WEA Windenergieanlage WEU Westeuropäische Union WSA Wasser- und Schifffahrtsamt WSD Wasser- und Schifffahrtsdirektion WSP Wasserschutzpolizei WSV Wasser- und Schifffahrtsverwaltung WTO World Trade Organization ZMK Zentraler Meldekopf

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