Fan-Porträt Fan-Porträt

unterschrieb den Vertrag unmittelbar einsfarben von United.“ Aber schließlich schützen vor der errechneten Geburt zu vor dem Anp ff des Meisterschafts- ging es doch. Der Mensch ist halt ein Ge- benennen. Und da wurde es komisch. spiels gegen die Wolverhampton Wan- wohnheitstier. Und deswegen war Stu- Denn der letzte Torschütze für Manche- derers im Anstoßkreis von Old Trafford, art auch 1987 wieder da. ster hieß Nicky Butt. Das wiederum fand und eigentlich war allen klar, dass er der Diesmal hatte es ihn aus rein privaten selbst Stuart nicht so prickelnd. Und Ersatz für McIlroy sein sollte, denn bei- Gründen nach Lüdenscheid verschla- sein ungeborener Sohn hatte ein Einse- de besetzten die gleiche Position. Rob- gen. Sechs Wochen verbrachte er dort hen und machte es sich noch ein wenig son setzte also seine Unterschrift auf das und feierte mit Schalke wiederum einen gemütlich in Mutters Bauch. Und zwar Papier und marschierte vom Rasen. Den Einstand nach Maß: er sah zwei Spiele so lange, dass er immer noch nicht da betrat sodann McIlroy und schoss drei im , eins gegen , war, als das nächste Spiel anstand. Man- Tore gegen die „Wolves“. Solche Ant- eins gegen Nürnberg, beide endeten 0:0 chester spielte gegen West Ham United, worten bleiben im Gedächtnis. und Schalke war mal wieder abgestie- gewann mit 1:0 und der Torschütze hieß gen. Und Stuart war mal wieder live – Eric Cantona. Stuart, der gerade seine Ankunft in Deutschland dabei. Daraufhin gab es für ihn kein Mutter zu Gast hatte, rief seine Frau im Halten mehr: Mittlerweile nach Krefeld Krankenhaus an und berichtete freude- Schon bald sollten jedoch erstmals umgezogen, tourte Stuart mit Bekann- strahlend, dass alles gut sei, was sie sich das Land und der Club in Erscheinung ten aus einem Fan-Club und deren Fan- wohl energisch verbat. „Da verstand sie treten, die viel in Stuarts Leben verän- Bus der Schalker Mannschaft hinterher, weiterhin keinen Spaß“, unterstreicht er. dert haben, wenn auch zunächst nur zunächst durchaus misstrauisch von sei- Also wurde noch einige Minuten weiter vorübergehend. Im Rahmen seines Stu- nen Mitfahrern beäugt. „Ich galt damals gegrübelt, bis seine Mutter plötzlich ein- diums in Shef eld entschied sich Stuart nicht gerade als Glücksbringer. Aber es fach mal so fragte: „Wer hat denn die nämlich für einen halbjährigen Kurs konnte ja nicht ewig so weiter gehen.“ Flanke zu dem Tor gegeben?“ Es war „Deutsch für Anfänger“. Er wählte als Ryan Giggs und den Rest der Geschichte Ausbildungsort Duisburg und kam 1983 Irgendwann ging es aufwärts kann man im Personalausweis des Soh- für ein dreiviertel Jahr in den Ruhrpott. nes nachlesen – er trägt die Vornamen Sein erstes Schalke-Spiel sah er damals Natürlich waren auch noch einige Ryan und Alexander, letzteren als Hom- noch eher unfreiwillig, sie spielten ge- Durststrecken zu überstehen. So erin- mage an das Trainer-Denkmal Sir Alex gen den 1. FC Köln, und der Grund sei- nert er sich noch sehr gut an einen netten Ferguson. Sachen gibt’s… nes Stadionbesuchs war ein deutscher Abend im Jahr 1988: Heimspiel Schalke. Seit der Geburt seines Sohnes tritt Zwilling von Kevin Keegan, ein abge- Der Gegner: Viktoria Aschaffenburg. Stuart auch kürzer, was die Stadionbe- brochener Meter, der mit seinen krum- Das Wetter: reichlich kühl. Das Ergeb- suche angeht. Zwar hat er immer noch men Beinen die Gegenspieler reihenwei- nis: 0:0. Und die Erkenntnis seiner da- eine Dauerkarte für die Heimspiele auf Fotos/Montage: Stadionwelt se schwindelig spielte – . maligen Freundin, nachdem sie wieder Schalke, aber auswärts fährt er nur noch Stuart schnupperte sozusagen mal rein aufgetaut war: „Warum tust du dir das selten mit. Und wenn, dann ist es meist in die , sah sich auch einige an? Es ist pervers, da nochmal hinzuge- etwas Besonderes. Und so kam er auch Spiele des MSV Duisburg an und war hen!“ Aber natürlich ging er trotzdem zu den Spielen, auf die bereits zu � Zwei Vereine im Herzen sogar vor Ort, als der Hamburger SV wieder. Und langsam ging es auch mit Stuart Dykes ist Schalker, seine Jugendliebe Manchester United. Seit vielen Jahren damals im Düsseldorfer Schalke wieder aufwärts. Deutscher Meister wurde. Und mit Manchester sowieso. So ganz pendelt er zwischen den beiden Vereinen, Beruf und Familie. Kurz vor seiner Rückkehr nach Eng- hat er nie den Kontakt mit der alten Hei- land gönnte er sich noch ein letztes Spiel. mat verloren. 1993 gründete er mit einem ein Gesicht hellt sich auf, wenn Als kleiner Junge mochte er den Li- geschehen auf der britischen Insel dik- Es war das Relegationsspiel des FC Freund den Fan-Club „Krefeld Reds“. vom 26. Mai 1999 die Rede ist, und verpool FC, weil damals dort ein an- tierten. Den FC Liverpool zum Beispiel. Schalke gegen Bayer Uerdingen. Stuart Dieser umfasst heute 60 Mitglieder. Und Ser von den letzten drei Minuten derer Kleiner wirbelte – Kevin Keegan. Oder Nottingham Forest. Und genau da fuhr mit den Leuten aus seinem Wohn- sie tragen dafür Sorge, dass immer min- im zu berichtet. Jedoch wurde er maßgeblich von seiner lag das Problem. Stuarts Heimatstadt heim ins Parkstadion und ging allein in destens ein Mitglied bei den Heimspie- Es verdüstert sich jedoch, wenn er sich Familie beein usst. Zwei Familienmit- liegt ungemütlich nahe an Nottingham, die Nordkurve, während seine Freunde len anwesend ist. Er selbst  iegt auch ab an den 19. Mai 2001 erinnert, an die vier glieder waren nämlich Fans von Man- fast alle seine Klassenkameraden waren dem Gästeblock zustrebten. Und so er- und zu rüber. In diesem Jahr hat er es Minuten nach dem Abp ff im Gelsen- chester United und machten ihm das Fans dieser Mannschaft. Für Manchester lebte er bei einem Verein, der ihm da- bereits zu zwei Heimspielen geschafft, kirchener Parkstadion. Und daran, wie Leben schwer. Nachdem sie ihn lange interessierte sich niemand. Das wieder- mals noch nicht sonderlich viel bedeute- außerdem sein Team in der Champions niemand auf die große Anzeigetafel im genug genervt hatten, setzen sie ihre um interessierte Stuart nicht besonders. te, direkt hautnah den Abstieg in die 2. League in Porto unterstützt. Es ist halt Hintergrund achtete… Drohung um und nahmen ihn zu einem Und so machte er sich alle zwei Wochen Liga mit. „Diese ganzen Emotionen, die alles eine Sache der Koordination. Zwei Momente, in denen ein Fan in Spiel von United mit. Da war er 14 Jahre mit einem Kumpel auf den Weg nach damals frei wurden, das war schon sehr Seine Frau  ndet Fußball zwar nicht geradmal drei bzw. vier Minuten Him- alt und sah ein 3:0 von Manchester ge- Manchester. beeindruckend“, sagt er noch heute. gerade aufregend, stellt sich ihm aber mel und Hölle „seiner“ beiden Vereine gen Birmingham vor 61.000 Zuschauern. Das klingt einfach, aber die knapp Immerhin entging er der Überschwem- auch nicht entgegen. Nur einmal be- erlebte. Die Rede ist von Stuart Dykes. Dies beeindruckte ihn damals mächtig, 100 Kilometer zum Stadion galt es per mung, die Charly Neumann damals schwor seine Anhängerschaft zu ManU Er ist waschechter Engländer, geboren wurde in seiner Heimatstadt Mans eld Bus zurückzulegen, da eine entspre- ebenso tränenreich wie medienwirk- häusliche Probleme herauf, und zwar 1963, aufgewachsen in der Kleinstad doch lediglich Viertliga-Fußball vor chende Autobahn-Anbindung nicht exi- sam im Innenraum inszenierte. Aber es ausgerechnet vor der Geburt seines Soh- Mans eld, 1983 aufgrund eines Sonder- eben einer solcher Kulisse geboten. Die stierte. Sie fuhren trotzdem immer, um prägte ihn doch so sehr, dass er sich vor nes. Die beiden konnten sich nicht auf kurses für sein Studium erstmals nach unglaubliche Stimmung im Old Trafford ihre damaligen Helden zu sehen. Zum seiner Rückkehr als Souvenir nicht das einen Namen einigen, weshalb er nach Deutschland gekommen, seit 1987 hier hatte ihn gepackt. Und als Folge dessen Beispiel Stuart Pearson. Oder Stürmer Trikot irgendeines Bundesliga-Vereins der x-ten fruchtlosen Diskussion ein mit festem Wohnsitz. Er ist verheiratet, hatte er zunächst nicht viel zu lachen. McIlroy, der auch bei den beiden Viel- kaufte, sondern ausgerechnet das des- Machtwort sprach: „Wenn uns nichts hat einen Sohn und betreibt mit seiner Denn Manchester war damals keines- fahrern hohes Ansehen genoss. Unver- jenigen Clubs, der vor seinen Augen in mehr einfällt, heißt der Junge Eric!“ deutschen Ehefrau in Uerdingen ein falls die Übermannschaft, die sie in den gessen ist Stuart jener Tag im Jahre 1981, die Zweitklassigkeit verdammt wurde. Stuart liebt Eric Cantona bis heute, wie Übersetzungsbüro. Und er ist Fußball- Neunziger Jahren werden sollte. Okay, als Brian Robson, damals schon ein be- „Obwohl es doch einige Überwindung so viele United-Fans. Seine Frau eher Fan. Vielleicht sogar ein bisschen mehr schlecht waren sie auch nicht, aber es gab kannter Stürmer, von West Bromwich kostete, ein blau-weißes Trikot überzu- nicht. Somit einigte man sich darauf, als „nur“ das. andere Clubs, die seinerzeit das Fußball- Albion nach Manchester wechselte. Er ziehen. Das sind ja nicht gerade die Ver- den Nachwuchs nach dem letzten Tor- Stuart auf der Stehplatz-Demo in Frankfurt Foto: Archiv

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s52-54_Fanporträt.indd 52 21.10.2004 04:28:10 s52-54_Fanporträt.indd 53 21.10.2004 04:26:05 Fan-Porträt

unterschrieb den Vertrag unmittelbar einsfarben von United.“ Aber schließlich schützen vor der errechneten Geburt zu vor dem Anp ff des Meisterschafts- ging es doch. Der Mensch ist halt ein Ge- benennen. Und da wurde es komisch. spiels gegen die Wolverhampton Wan- wohnheitstier. Und deswegen war Stu- Denn der letzte Torschütze für Manche- derers im Anstoßkreis von Old Trafford, art auch 1987 wieder da. ster hieß Nicky Butt. Das wiederum fand und eigentlich war allen klar, dass er der Diesmal hatte es ihn aus rein privaten selbst Stuart nicht so prickelnd. Und Ersatz für McIlroy sein sollte, denn bei- Gründen nach Lüdenscheid verschla- sein ungeborener Sohn hatte ein Einse- de besetzten die gleiche Position. Rob- gen. Sechs Wochen verbrachte er dort hen und machte es sich noch ein wenig son setzte also seine Unterschrift auf das und feierte mit Schalke wiederum einen gemütlich in Mutters Bauch. Und zwar Papier und marschierte vom Rasen. Den Einstand nach Maß: er sah zwei Spiele so lange, dass er immer noch nicht da betrat sodann McIlroy und schoss drei im Parkstadion, eins gegen Frankfurt, war, als das nächste Spiel anstand. Man- Tore gegen die „Wolves“. Solche Ant- eins gegen Nürnberg, beide endeten 0:0 chester spielte gegen West Ham United, worten bleiben im Gedächtnis. und Schalke war mal wieder abgestie- gewann mit 1:0 und der Torschütze hieß gen. Und Stuart war mal wieder live – Eric Cantona. Stuart, der gerade seine Ankunft in Deutschland dabei. Daraufhin gab es für ihn kein Mutter zu Gast hatte, rief seine Frau im Halten mehr: Mittlerweile nach Krefeld Krankenhaus an und berichtete freude- Schon bald sollten jedoch erstmals umgezogen, tourte Stuart mit Bekann- strahlend, dass alles gut sei, was sie sich das Land und der Club in Erscheinung ten aus einem Fan-Club und deren Fan- wohl energisch verbat. „Da verstand sie treten, die viel in Stuarts Leben verän- Bus der Schalker Mannschaft hinterher, weiterhin keinen Spaß“, unterstreicht er. dert haben, wenn auch zunächst nur zunächst durchaus misstrauisch von sei- Also wurde noch einige Minuten weiter vorübergehend. Im Rahmen seines Stu- nen Mitfahrern beäugt. „Ich galt damals gegrübelt, bis seine Mutter plötzlich ein- diums in Shef eld entschied sich Stuart nicht gerade als Glücksbringer. Aber es fach mal so fragte: „Wer hat denn die nämlich für einen halbjährigen Kurs konnte ja nicht ewig so weiter gehen.“ Flanke zu dem Tor gegeben?“ Es war „Deutsch für Anfänger“. Er wählte als Ryan Giggs und den Rest der Geschichte Ausbildungsort Duisburg und kam 1983 Irgendwann ging es aufwärts kann man im Personalausweis des Soh- für ein dreiviertel Jahr in den Ruhrpott. nes nachlesen – er trägt die Vornamen Sein erstes Schalke-Spiel sah er damals Natürlich waren auch noch einige Ryan und Alexander, letzteren als Hom- noch eher unfreiwillig, sie spielten ge- Durststrecken zu überstehen. So erin- mage an das Trainer-Denkmal Sir Alex gen den 1. FC Köln, und der Grund sei- nert er sich noch sehr gut an einen netten Ferguson. Sachen gibt’s… nes Stadionbesuchs war ein deutscher Abend im Jahr 1988: Heimspiel Schalke. Seit der Geburt seines Sohnes tritt Zwilling von Kevin Keegan, ein abge- Der Gegner: Viktoria Aschaffenburg. Stuart auch kürzer, was die Stadionbe- brochener Meter, der mit seinen krum- Das Wetter: reichlich kühl. Das Ergeb- suche angeht. Zwar hat er immer noch men Beinen die Gegenspieler reihenwei- nis: 0:0. Und die Erkenntnis seiner da- eine Dauerkarte für die Heimspiele auf se schwindelig spielte – Pierre Littbarski. maligen Freundin, nachdem sie wieder Schalke, aber auswärts fährt er nur noch Stuart schnupperte sozusagen mal rein aufgetaut war: „Warum tust du dir das selten mit. Und wenn, dann ist es meist in die Bundesliga, sah sich auch einige an? Es ist pervers, da nochmal hinzuge- etwas Besonderes. Und so kam er auch Spiele des MSV Duisburg an und war hen!“ Aber natürlich ging er trotzdem zu den Spielen, auf die bereits zu � sogar vor Ort, als der Hamburger SV wieder. Und langsam ging es auch mit damals im Düsseldorfer Rheinstadion Schalke wieder aufwärts. Deutscher Meister wurde. Und mit Manchester sowieso. So ganz Kurz vor seiner Rückkehr nach Eng- hat er nie den Kontakt mit der alten Hei- land gönnte er sich noch ein letztes Spiel. mat verloren. 1993 gründete er mit einem Es war das Relegationsspiel des FC Freund den Fan-Club „Krefeld Reds“. Schalke gegen Bayer Uerdingen. Stuart Dieser umfasst heute 60 Mitglieder. Und fuhr mit den Leuten aus seinem Wohn- sie tragen dafür Sorge, dass immer min- heim ins Parkstadion und ging allein in destens ein Mitglied bei den Heimspie- die Nordkurve, während seine Freunde len anwesend ist. Er selbst  iegt auch ab dem Gästeblock zustrebten. Und so er- und zu rüber. In diesem Jahr hat er es lebte er bei einem Verein, der ihm da- bereits zu zwei Heimspielen geschafft, mals noch nicht sonderlich viel bedeute- außerdem sein Team in der Champions te, direkt hautnah den Abstieg in die 2. League in Porto unterstützt. Es ist halt Liga mit. „Diese ganzen Emotionen, die alles eine Sache der Koordination. damals frei wurden, das war schon sehr Seine Frau  ndet Fußball zwar nicht beeindruckend“, sagt er noch heute. gerade aufregend, stellt sich ihm aber Immerhin entging er der Überschwem- auch nicht entgegen. Nur einmal be- mung, die Charly Neumann damals schwor seine Anhängerschaft zu ManU ebenso tränenreich wie medienwirk- häusliche Probleme herauf, und zwar sam im Innenraum inszenierte. Aber es ausgerechnet vor der Geburt seines Soh- prägte ihn doch so sehr, dass er sich vor nes. Die beiden konnten sich nicht auf seiner Rückkehr als Souvenir nicht das einen Namen einigen, weshalb er nach Trikot irgendeines Bundesliga-Vereins der x-ten fruchtlosen Diskussion ein kaufte, sondern ausgerechnet das des- Machtwort sprach: „Wenn uns nichts jenigen Clubs, der vor seinen Augen in mehr einfällt, heißt der Junge Eric!“ die Zweitklassigkeit verdammt wurde. Stuart liebt Eric Cantona bis heute, wie „Obwohl es doch einige Überwindung so viele United-Fans. Seine Frau eher kostete, ein blau-weißes Trikot überzu- nicht. Somit einigte man sich darauf, ziehen. Das sind ja nicht gerade die Ver- den Nachwuchs nach dem letzten Tor- Stuart auf der Stehplatz-Demo in Frankfurt Foto: Archiv

Stadionwelt 11/2004 53

s52-54_Fanporträt.indd 53 21.10.2004 04:26:05 Fan-Porträt Fan-News

es hat ihn sehr beeindruckt, dass 1997 ein Yves Eigenrauch als frisch gebak- kener UEFA-Cup-Sieger einfach mal so mit ihnen und der Bummelbahn nach Posen mitfuhr. Mit einem Auge schaut Stuart natür- lich immer nach Manchester. Und was er dort sieht, gefällt ihm gar nicht. Nicht nur, dass der Verein seiner Meinung nach keine Nähe zu den Fans mehr hat, alles dort zu teuer geworden ist und man im Stadion keinen Platz mehr be- kommt, nein, momentan steht ganz an- derer Ärger ins Haus: Ein Amerikaner namens Malcolm Glazer möchte gerne den Verein übernehmen. Die Fans lau- Resignation in Innsbruck: Spruchband statt Choreos Foto: vk91 fen Sturm dagegen. „So ist das“, seufzt Stuart. „Früher gingst du als Fan ins Innsbruck Stadion und kauftest dir ne Bratwurst, heutzutage musst du dich im Aktien- „Ein anderer Fußball ist möglich!“ recht auskennen.“ Einsatz im Schalker-Fanladen Foto: Archiv Er selbst besitzt 45 der kostbaren Es gibt Ärger in der Fanszene des im Stadion der Preis für einen Der Verein wollte uns nicht mit Liebe und wenig Geld mehr be- Anteilscheine. Er hat seine Rechte an FC Wacker Tirol. Zahlreiche Mit- Stehplatz um 40 % auf 14 Euro im Boot haben und jetzt zeigen wegen kann, als mit viel Geld glieder der „Verrückten Köpfe gestiegen, das Stehplatzabo ko- wir eben, dass man mit viel und ohne Herz. Beginn der Geschichte eingegangen hatte.“ Was ihm auch heute noch recht einen ShareholderValue abgegeben, 91“ – der führenden Fangruppe stet 200 Euro. In der Stadionzei- wurde. nahe geht: „Mein Patenkind hat mir der alle Kleinaktionäre vertreten soll. des Vereins – denken um. Unzu- tung hat man längst die VK-Sei- „In Barcelona“, sagte er, „konnten sehr lange die Ohren voll geheult. Aber Damit man hierdurch wenigstens die frieden mit dem eigenen Verein te gestrichen. Ganz abgesehen Linz wir alle nicht glauben, was da geschah. wie erklärt man einem 8jährigen, was 10 % zusammen bekommt, um die tota- und dessen Umfeld üben sie sich von den Pöbeleien von Mitglie- Eine solche Super-Saison und dann da gerade passiert ist?“ Diese Äußerun- le Übernahme zu verhindern. Wenn sie nicht nur in Protest, sondern re- dern des Vorstandes gegen die Talsohle durchschritten ausgerechnet im Endspiel eine solche gen lassen darauf schließen, dass Stuart denn kommt. Klar ist noch gar nichts, signieren vor den herrschenden Fans auf der außerordentlichen „1998 ist unser alter Präsi- „Wir hatten 1998 noch einen Graupen-Leistung. Unfassbar.“ Ab der auch heute noch dem Premiere-Mitar- deprimierend sind aber schon die Ge- Verhältnissen. Auf Choreografi en Generalversammlung. dent, nachdem er mit seinen Schnitt von 17.000 Zuschau- 75. Minute hat er jede Minute einmal beiter, der damals die Ente verbreitete, danken daran. Aber auch hier versucht und organisierte Stimmung wird Stadionwelt: Viele würde den Geschäften eine Milliarde Schil- ern, beim Abstieg waren es zur Stadionuhr hoch geguckt, er erin- das Spiel in sei beendet und er wenigstens, etwas daran zu ändern. zugunsten anderer Aktivitäten Rückzug als Untreue gegenüber ling in den Sand gesetzt hat- dann 5.000. In der letzten verzichtet. Thomas Gassler (29) dem eigenen Verein auslegen… te, zurückgetreten“, beschreibt Saison kamen bei einigen nert sich an jedes Weiterrücken des Mi- der HSV habe 1:0 gewonnen, nicht un- erklärt die Hintergründe. Gassler: Irgendwann muss man Gerald Gross, von der führen- Spielen nur noch 800. Aber nutenzeigers. Und als dann doch noch bedingt ein Bier ausgeben würde, wenn Ständig im Einsatz seiner Linie auch mal treu blei- den Gruppe „Viking Linz“ den das österreichische Fußball- das Unfassbare geschah, und Manche- er ihn einmal treffen würde. Ansonsten Stadionwelt: Warum verzichtet ben. Ich streike deshalb nicht, Werdegang seines Vereins. Zu volk ist so, wenn der Erfolg ster durch zwei Tore in der Nachspiel- hat er aber wohl seinen Frieden damit Was kann als Fazit bleiben von die- Ihr auf aktiven Support? ich verlange auch nichts mehr, diesem Zeitpunkt spielte der ausbleibt“, so Gross. Doch zeit gegen die Bayern gewann, da „hat gefunden. sem Leben zwischen der eigenen Firma, Gassler: Der große Aufreger ist ich habe resigniert, denn einen österreichische Traditionsver- die Trendwende ist geschafft. mich mein Kumpel noch minutenlang den Stadien und den ganzen Fan-Pro- der moderne Fußball an sich. Wacker Innsbruck wird es nie ein Linzer ASK noch im UEFA- „In dieser Saison pendeln wir mit diesem Blick angeschaut, der sagte: Engagiert und interessiert jekten, in denen er tätig ist? Stuart Dy- Das äußert sich in verschie- mehr geben. Choreografi en fi n- Cup. Danach ging es bergab, uns wieder bei 1.900 ein.“ Ein ‚Was ist da eigentlich passiert?‘ Und ich kes hat alles gesehen. Er ist als Fan eng- denen Formen. Es gab in den den nicht mehr statt, weil das 2001 folgten der Abstieg aus Grund: Dauerkarten für Kinder weiß, dass ich genauso geschaut habe.“ Auch abseits des Stadions ist Stuart lischer Meister geworden, englischer letzten 20 Jahren unzählige Na- Land Tirol auch diese nur noch der Bundesliga und drei Jahre kosten mittlerweile nur noch als Fan nicht untätig gewesen. Die In- Pokalsieger, UEFA-Pokal-Sieger, deut- mens- und Wappenwechsel. Ge- für seine Vermarktung nutzt. Es im Mittelmaß oder im Abstiegs- 28 Euro. rade unser Verein ist nur noch gab nur ein einzelnes Spruch- kampf der 2. Liga, Lizenzgeran- Gross: „Das Tal ist durch- Entsetzen in der Nachspielzeit itiative ergreifen, selbst etwas machen scher Pokalsieger, Champions-League- ein Spielball von Politik und Wirt- band: „Wacker Innsbruck – Ein gel inklusive. Die Fans murrten. schritten. Es sind Aufwärtsten- – das scheint sein Ding zu sein. Nicht Gewinner. Er ist 1. Vorsitzender der schaft, und hinter allem steht die anderer Fußball ist möglich.“ Gross: „Weil unser Präsident denzen erkennbar.“ Der neue Naturgemäß anders war es zwei Jah- nur bei den „Krefeld Reds“. Er war „Krefeld Reds“. Er ist 2. Vorsitzender Marke Tirol. Wir sind nicht mehr Viele haben das nicht verstan- Peter-Michael Reichel zeitgleich Trainer Werner Gregoritsch gilt re später, als Schalke vor seinen Augen dabei, als man auf Schalke 1994 erst- der Schalker Fan-Initiative gegen Ras- Fans eines Vereins, sondern nur den, aber sie haben es hinter- ein Damentennis-Turnier in Linz als Hoffnungsträger. Und die aufgrund der Falschinformation eines mals für den Erhalt der Stehplätze de- sismus. Er organisiert den Fan-Aus- noch Werbeträger dieser Marke. fragt. organisiert hat, wurden von den Fanszene, die ihre Choreogra- Premiere-Mitarbeiters den Vier-Minu- monstrierte. Und das, obwohl er und tausch mit Lech Posen. Er kämpft Vom Menschlichen ist in dieser Stadionwelt: Wie investiert ihr Fans bei einem Heimspiel 500 fi en („aus Mangel an Gegnern ten-Meister gab. „Das war viel intensi- seine Freunde damals schon meistens gegen die Übernahme seines Vereins Stadt und in der Wacker-Familie nun das Engagement, das ihr Tennisbälle auf den Platz gewor- und aus Mangel an Freude“) ver als Barcelona“, ist seine Meinung, saßen. Denn ihnen ging es nicht dar- durch einen Spekulanten, der erwiese- nicht mehr viel über, seit es nur sonst in die Unterstützung eu- fen. Es hat einige Zeit gedauert, bereits eingestellt hatte, arbei- „diesen Triumph auszukosten, denn um, wer steht und wer sitzt. Sondern nermaßen vom Fußball keine Ahnung noch um die Tourismus-Werbung res Vereins gesteckt habt? bis das Spiel fortgesetzt werden tet an sich. Gross hofft, dass geht, und ich denke sogar über Gassler: Im Moment engagie- konnte.“ Noch heute zwingen im Stadion auf dem Gugl wie- niemand hätte vorher wirklich geglaubt, darum, dass dem Zuschauer überhaupt hat und auch nicht daran interessiert das Auswandern nach. Die gan- ren wir uns sehr für das Pro- die Generali-Ladies-Open in der der was entsteht: „Wir sehen dass wir Meister werden können.“ Na- die Wahl zwischen Steh- und Sitzplatz ist. Und nebenbei betreut er noch die ze Situation bereitet mir Magen- jekt „BMSI – „Bündnis für mehr Intersport-Arena die „Athleti- da nicht nur Viking. Jeder Fan- türlich war er 1997 beim UEFA-Cup- bleibt, und somit auch ein Familienva- englischsprachige Ausgabe der Websi- geschwüre. Sportplätze in Innsbruck“ und ker“ dazu, gelegentlich in die club hat seine Rechte und wir Sieg der „Euro ghter“ in Mailand mit ter mit drei Kindern einen Nachmittag te von Schalke 04 und hat auch schon Stadionwelt: Gibt es noch weite- haben beispielsweise 400 Leu- Bezirkssportanlage Taun auszu- versuchen, ein Fan-Kollektiv von der Partie, aber Deutscher Meister? im Stadion noch bezahlen kann. für den Verein oder einzelne Spieler ge- re Dinge, die Dich stören? te aktiviert, um unter dem Gol- weichen. aufzubauen.“ Daran hatten nur die wenigstens ge- Auf Schalke sind sie erhört worden: dolmetscht. Ist es denn nicht bald gut? Gassler: Es gibt natürlich die to- denen Dachl (Innsbrucks Touri- Aufwärtstrend in Linz (hier beim Spiel gegen Untersiebenbrunn) Foto: Viking glaubt. Dann kam ein P ff von Markus In der neuen Arena gibt es Stehplätze, Was kann man als Fan denn noch mehr tale Repression in den Stadien. stenattraktion, d. Red) Fußball Merk in Hamburg, ein Schuss von Pa- und die Preise sind moderat. Des Wei- erreichen? Sollte man nicht langsam Es gab u. a. 250 Euro Strafe für zu spielen. Dann werden wir uns trik Andersson und der Rest der Ge- teren ist er auch bei der „Schalker Fan- mal zur Ruhe kommen? das Werfen einer Wurstsemmel weiterhin für die Initiative „Foot- oder angedrohte Stadionverbo- ball Against Racism in Europe“ schichte ist bekannt. Er scheint zwar Initiative gegen Rassismus“ tätig. In Stuart Dykes lernt gerade Polnisch te für Leute, die gar nicht beim (FARE) einsetzen und dem- noch bewegt, wenn er darüber spricht, dieser Fan-Initiative organisiert er unter an der Volkshochschule, damit er beim Spiel waren. Seit Jahren lehnen nächst eine Wacker-CD heraus- aber er ist der Meinung, dass er es bes- anderem seit 1996 einen Fan-Austausch nächsten Fan-Austausch die Freunde wir deshalb jeden Kontakt zu bringen, um mit dem Erlös eine ser verkraftete als so manch anderer im mit den Anhängern von Lech Posen aus aus Polen endlich einmal in ihrer Hei- den szenekundigen Beamten ab Fußballschule in Burkina Faso, Stadion. „Vielleicht, weil ich zwei Jahre Polen. Er selbst war auch schon einige matsprache begrüßen kann. Der Mann und treten für eine neue Form der Heimat unseres Spielers zuvor ja schon die andere Seite gesehen Male bei den östlichen Nachbarn. Und hat noch viel vor. � Carsten Koslowski der Fanbetreuung ein. Zudem ist Ousseni Zongo, zu unterstützen.

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