Inhaltsverzeichnis Plenarprotokoll 18/71

Deutscher

Stenografischer Bericht

71. Sitzung

Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Inhalt:

Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 6765 D a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Ulrich Lange (CDU/CSU) ...... 6766 C zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr (BÜNDNIS 90/DIE 2015 (Haushaltsgesetz 2015) GRÜNEN) ...... 6767 C Drucksachen 18/2000, 18/2002 ...... 6747 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des I.19 Einzelplan 32 Haushaltsausschusses zu der Unterrich- Bundesschuld tung durch die Bundesregierung: Finanz- Drucksache 18/2821 ...... 6769 A plan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksachen 18/2001, 18/2002, 18/2826 . 6747 B I.20 Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung I.18 Einzelplan 12 Drucksache 18/2822 ...... 6769 A Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur I.21 Haushaltsgesetz 2015 Drucksachen 18/2812, 18/2823 ...... 6747 B Drucksachen 18/2824, 18/2825...... 6769 B (DIE LINKE) ...... 6747 C

Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) ...... 6748 D Tagesordnungspunkt II: Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ Dritte Beratung des von der Bundesregierung DIE GRÜNEN) ...... 6750 C eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über (SPD) ...... 6751 D die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsge- , Bundesminister setz 2015) BMVI ...... 6754 C Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2802, (DIE LINKE) ...... 6758 B 18/2805, 18/2806, 18/2807, 18/2808, 18/2809, 18/2810, 18/2811, 18/2812, 18/2813, 18/2814, (SPD) ...... 6759 A 18/2815, 18/2817, 18/2818, 18/2821, 18/2822, Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ 18/2823, 18/2824, 18/2825 ...... 6769 D DIE GRÜNEN) ...... 6760 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) ...... 6770 A (CDU/CSU) ...... 6761 C (CDU/CSU) ...... 6771 D (DIE LINKE) ...... 6763 B (BÜNDNIS 90/ Martin Burkert (SPD) ...... 6763 D DIE GRÜNEN) ...... 6774 C Kirsten Lühmann (SPD) ...... 6764 B Johannes Kahrs (SPD) ...... 6775 D II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister Nächste Sitzung...... 6797 A BMF ...... 6777 B

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE Anlage 1 GRÜNEN) ...... 6778 A Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 6799 A Roland Claus (DIE LINKE) ...... 6779 D Bettina Hagedorn (SPD) ...... 6780 C Anlage 2 Dr. (BÜNDNIS 90/ Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen DIE GRÜNEN) ...... 6781 D Abstimmung über den von der Bundesregie- Dr. h. c. (CDU/CSU) . . . . . 6783 A rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushalts- (SPD) ...... 6784 D plans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushalts- gesetz 2015) (Tagesordnungspunkt I.a) Carsten Körber (CDU/CSU) ...... 6786 C Dr. (SPD) ...... 6799 C (SPD) ...... 6787 D Stefan Rebmann (SPD) ...... 6800 C (CDU/CSU) ...... 6789 A (SPD) ...... 6801 A

Namentliche Abstimmungen ...... 6790 C/D Anlage 3 Ergebnisse ...... 6792 A, 6794 B Amtliche Mitteilungen ...... 6802 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6747

(A) (C)

71. Sitzung

Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Dr. : Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Kollegen Roland Claus für die Fraktion Die Linke. Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich (Beifall bei der LINKEN) begrüße Sie sehr herzlich zum Abschluss unserer Haus- haltsberatungen, die wir heute Morgen zunächst mit dem Roland Claus (DIE LINKE): Einzelplan 12 fortsetzen, bevor wir dann heute Mittag zu Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, meine den Schlussabstimmungen kommen. sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über den Etat des Bundesministeriums für Verkehr und Wir setzen, wie gesagt, die Haushaltsberatungen – Ta- digitale Infrastruktur. Es ist der wichtigste und größte In- gesordnungspunkt I – fort: vestitionsetat des Bundes. Da wird es nicht verwundern, a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung wenn wir nach den umfangreichen Haushaltsberatungen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die hier kundtun, dass wir sehr viele Entscheidungen zur (B) (D) Feststellung des Bundeshaushaltsplans für Verbesserung dieser Investitionstätigkeit im Ausschuss das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz durchaus einvernehmlich getroffen haben. Im Titel des 2015) Etats dieses Ministeriums steht „digitale Infrastruktur“. Das steht drauf, ist aber nicht drin; darauf komme ich Drucksachen 18/2000, 18/2002 noch zu sprechen. b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus- Ich habe in diesen Beratungen erneut viel gelernt, haltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unter- zum Beispiel über christliche Nächstenliebe. richtung durch die Bundesregierung (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Das ist Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 gut!) Drucksachen 18/2001, 18/2002, 18/2826 Die Nächstenliebe von CDU und CSU, so habe ich ge- lernt, endet oft schon an den Grenzen der eigenen Partei. Zunächst kommen wir zu Tagesordnungspunkt I.18: Das sehen wir am überbordenden Populismus der CSU im Kampf gegen die Stromtrassen, wo die Nächstenliebe Einzelplan 12 an den Grenzen Bayerns endet, meine Damen und Her- Bundesministerium für Verkehr und digitale ren. Infrastruktur (Beifall bei der LINKEN) Drucksachen 18/2812, 18/2823 Das sehen wir – umgekehrt – bei Eingriffen des Bundes- Berichterstatter sind die Abgeordneten Eckhardt finanzministers in den Verkehrsetat des CSU-Bundes- Rehberg, Bettina Hagedorn, Roland Claus und Sven- ministers Dobrindt. Da lobe ich mir doch meine Glau- Christian Kindler. bensgemeinschaft der Linken. Hierzu liegen drei Entschließungsanträge der Frak- (Heiterkeit bei der LINKEN sowie bei Abge- tion Die Linke sowie zwei Entschließungsanträge der ordneten der CDU/CSU, der SPD und des Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir heute BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. Einige Einzelpositionen. Herr Bundesminister Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für Dobrindt, Sie haben, wie auch der Bundesminister für die Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Auch hierzu Wirtschaft und Energie, , für mehr pri- stelle ich Einvernehmen fest. Dann verfahren wir so. vate Investitionen in die öffentliche Infrastruktur gewor- 6748 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Roland Claus (A) ben und sich dafür eingesetzt. Die Linke hat nichts dage- Sitzung des Haushaltsausschusses haben Sie zwar eine (C) gen; auch sie will das. Der einzige Unterschied ist: Sie Menge Geld bekommen, aber das ist nur ein Drittel des- wollen bei denen betteln gehen oder mit denen Ge- sen, was erforderlich ist. Insofern sagen wir Ihnen: Be- schäfte machen. Wir wollen die Reichen in diesem Land enden Sie diese Geisterfahrt der Pkw-Maut, Herr Minis- gerecht besteuern. Das macht den Unterschied aus. ter! (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN]) Digitale Infrastruktur: Steht drauf, aber ist nicht drin. Deshalb sagen wir Ihnen noch einmal: Markenzeichen Bei den Haushaltsberatungen haben wir eine ganze linker Haushaltspolitik sind nicht neue Schulden, son- Menge zu Vorhaben und Projekten zur Digitalisierung in dern ist eine gerechte Besteuerung. der Wirtschaft gehört. Der Bundeswirtschaftsminister (Beifall bei der LINKEN) hat das Bündnis „Zukunft der Industrie“ vorgestellt, im Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Ich will ein Wort zum Flughafen Berlin Brandenburg steht eine Menge digitaler Programme, und selbst der sagen. Meine Fraktionskollegin Gesine Lötzsch, die be- Bundesagrarminister hat viele dieser Programme in sei- kanntlich auch Vorsitzende des Haushaltsausschusses ist, nem Haushalt. Was ist allen diesen Projekten gemein- hat der Bundesregierung sieben sehr konkrete Fragen zu sam? Gemeinsam ist ihnen, dass nirgendwo das Bundes- einem in den Medien zitierten Geheimpapier zum Flug- ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hafen gestellt. Hier die Antwort – Zitat; Absender ist der beteiligt ist. Das ist ein Armutszeugnis, Herr Bundes- Staatssekretär Steffen Kampeter –: minister. Bei dem vertraulichen Papier handelt es sich aus- (Beifall bei der LINKEN – Sabine Leidig [DIE weislich der Pressemitteilung der Flughafen Berlin LINKE]: Das ist Neuland!) Brandenburg GmbH um ein illegal entwendetes in- ternes Papier, in dem interne Überlegungen im Hin- Sehr geehrter Herr Dobrindt, in Ostdeutschland gab blick auf die Bewältigung des langfristigen Passa- es Mitte der 90er-Jahre einen Nachwendeslogan. Er gierwachstums abgebildet sind, die zurzeit nicht zur hieß: „Das Chaos ist aufgebraucht, es war unsere Entscheidung anstehen. Dem Bundesministerium schönste Zeit.“ Heute stelle ich fest: Das Chaos hat eine für Verkehr und digitale Infrastruktur liegt diese in- neue Heimstatt gefunden: das Bundesverkehrsministe- terne Unterlage nicht vor. rium. (Heiterkeit bei der LINKEN) (Heiterkeit bei der LINKEN) (B) (D) Meine Damen und Herren, das zwingt zu Nachfragen. Nur: Auf eine schöne Zeit warten wir vergeblich. Die Nachfragen lauten: Warum gibt sich ein Bundes- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. ministerium als Miteigentümer mit einer Pressemittei- Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE lung der Flughafengesellschaft zufrieden? Warum wird GRÜNEN]) der Zustand, dass ein brisantes Papier nicht vorliegt, nicht abgestellt? Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten ist der nächste Redner für die des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) CDU/CSU-Fraktion. So etwas kann man doch einfordern! Warum gibt sich (Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse- ein Bundesfinanzministerium dazu her, eine offenkun- Brömer [CDU/CSU]: Eckhardt, beschreib jetzt dige Desinformation eins zu eins an das Parlament wei- mal die schönen Zeiten! – Gegenruf des Abg. terzuleiten – und das auch noch für Informationstätigkeit Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE zu halten? GRÜNEN]: Die gibt es leider nicht!) (Beifall bei der LINKEN) Das ist doch nur noch Absurdistan vom Platz der Repu- Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): blik. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht kommen wir jetzt wirklich zum Ver- Nächster Punkt: Pkw-Maut. Bekanntlich sind Linke kehrsetat, zu den Verkehrsinvestitionen. – Herr Kollege und ADAC generell gegen dieses Vorhaben und halten Claus, ich gehöre lieber einer Fraktion aus CDU und das für falsch. Es ist sozialpolitisch falsch, es ist europa- CSU als einer obskuren Glaubensgemeinschaft an. politisch falsch, es ist verkehrspolitisch falsch. (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Herr Minister, Sie standen nun vor dem Problem, dass Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was im Haushalt für das Jahr 2015 noch keine Mittel für den ist mit der CSU?) Aufbau der notwendigen Logistik eingestellt worden waren, und Sie mussten beim Haushaltsausschuss und Wir werden es von 2014 bis zum Ende der Legislatur- beim Bundesfinanzministerium gewissermaßen betteln periode schaffen, bei den Verkehrsinvestitionen von gehen. Man hat Ihnen dann berechnet, dass dafür eine 8,7 Milliarden Euro einen Aufwuchs um 4 Milliarden größere Summe notwendig ist. In der abschließenden Euro zu realisieren – ohne Steuererhöhungen und ohne Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6749

Eckhardt Rehberg (A) neue Schulden. Das unterscheidet uns von der Glaubens- und Wasserstoffzellenprogramm für die nächsten drei (C) gemeinschaft der Linken. Jahre ausfinanziert wird. Es gab eine Lücke von 66 Mil- lionen Euro. Wir haben es durch Umschichtungen von (Beifall bei der CDU/CSU) Barmitteln und Verpflichtungsermächtigungen geschafft, Sie haben in den Haushaltsberatungen Änderungs- dass dieses aus meiner Sicht wichtige Programm – es ist anträge vorgelegt, mit denen Sie 54 Milliarden Euro technologisch wichtig, ökologisch wichtig, aber auch für neue Schulden machen wollten. Das ist der Unterschied: die ökonomische Zukunft Deutschlands wichtig – in den Wir geben mehr für Investitionen aus, aber wir wollen nächsten drei Jahren weiterlaufen kann. den Bürgern dabei nicht in die Tasche greifen, und wir Ich kann an Sie nur den dringenden Appell richten: sorgen damit auch für Generationengerechtigkeit, indem Wenn wir über das Zukunftsprogramm in Höhe von wir nämlich anfangen, nicht auf Kosten unserer Kinder 10 Milliarden Euro reden, dann dürfen wir den Blick und Kindeskinder zu leben. nicht nur auf die Gebäudesanierung und die Verkehrsin- (Beifall bei der CDU/CSU) vestitionen richten; vielmehr gehören nach meiner Auf- fassung auch neue Technologien bei der Verkehrsmobili- Richtig ist, dass wir in diesem Etat erhebliche Verän- tät zwingend dazu. derungen vorgenommen haben. Richtig ist auch, dass wir das ganz überwiegend einvernehmlich beschlossen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- haben. Deswegen bedanke ich mich nach durchaus kriti- neten der SPD) schen und konstruktiven Gesprächen mit der SPD gerade Ein Thema, das mir persönlich sehr wichtig ist, ist die bei meiner Berichterstatterkollegin Bettina Hagedorn, maritime Wirtschaft und ihre nationale Bedeutung; sie aber auch bei Sven Kindler und Roland Claus ganz aus- ist nicht nur für die Küste wichtig. Wir haben hier einen drücklich dafür, dass nach meiner Wahrnehmung in der ersten Aufschlag gemacht und gesagt, dass wir Modell- Bereinigungssitzung, in der wir über 80 Deckblätter ab- projekte bei alternativen Kraftstoffen fördern wollen. Ab gestimmt haben, über zwei Drittel davon einvernehmlich dem 1. Januar kommenden Jahres werden die verschärf- abgestimmt worden sind. Ich darf daher sagen, dass ten Bestimmungen für die SECA-Gebiete in Ost- und Hagedorn und Rehberg doch wohl keine ganz so Nordsee gelten. Das heißt, dass dann nur normaler Die- schlechte Arbeit im Einzelplan 12 geleistet haben. sel verwendet werden darf. Dieser ist um etwa 60 Pro- (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – zent teurer als der bisher verwandte. Deswegen ist es Martin Burkert [SPD]: Das stimmt!) wichtig, dass wir uns nach einer Zeit, in der einige zwi- schen Nass- und Trockenscrubber geschwankt sind, end- Wir haben mehr Geld für Radwege, mehr Geld für lich dem Thema LNG ganz massiv widmen. Lärmschutz und mehr Geld für Verkehrssicherheit mobi- (B) (D) lisiert. Wir haben in den Haushaltsberatungen insgesamt Wir haben gemeinsam gesagt: Wir wollen von den 500 Millionen Euro bar umgeschichtet und Verpflich- 7,5 Millionen Euro in diesem Bereich einen großen Teil tungsermächtigungen in Höhe von 15 Milliarden Euro anlegen: für Investitionen in Infrastruktur, aber auch ausgebracht. Das heißt, wir haben Vorsorge getroffen, – wir müssen noch darüber hinausgehen – für Modell- damit mehr in die Schiene investiert werden kann; in der projekte, gerade im Bereich Fährreedereien. In der Ost- LuFV sind nicht mehr nur 3 Milliarden Euro, sondern see besteht die große Gefahr, dass irgendwann für die sogar noch 1 Milliarde Euro mehr, also 4 Milliarden Fahrt von Kiel nach Tallinn nicht mehr das Schiff, son- Euro, vorgesehen. Das heißt, in den nächsten Jahren dern der Lkw genommen wird. Deswegen müssen wir werden aus dem Bundeshaushalt 5 Milliarden Euro mehr hier unterstützen. Das wird gut angelegtes Geld sein. in die Schiene fließen. Wenn wir dann noch das Seeha- Wir wollen, dass dieses Programm nicht nur im nächsten fenhinterlandprogramm II mit eingebunden haben wer- Jahr ausfinanziert ist, sondern auch in den Folgejahren. den, werden wir an dieser Stelle wirklich etwas für den (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Verkehrsträger Schiene getan haben. neten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird mit neten der SPD) diesem Haushalt bei der Darstellung der Verkehrsinves- Wir haben weiter dafür gesorgt, dass die deutschen titionen im Bundeshaushalt einen Paradigmenwechsel Airlines durch die Gebührenerhöhung aufgrund der geben. Wir haben schon am 16. Oktober beschlossen, Situation bei der Deutschen Flugsicherung nicht über- dass Straße, Wasserstraße und Schiene eine gemeinsame mäßig belastet werden. Ich bin dem Bundesfinanzminis- Abbildung im Bundeshaushalt finden werden. Wir fol- terium ausgesprochen dankbar, dass wir einen Kompro- gen damit einer Anregung des Bundesrechnungshofs. miss dahin gehend gefunden haben, in den nächsten fünf Jede Kollegin und jeder Kollege wird dadurch zukünftig Jahren das Eigenkapital bei der Flugsicherung um im Bundeshaushalt nachvollziehen können, mit welchen 500 Millionen Euro zu erhöhen, im kommenden Jahr um Kosten ein Land ein Straßenprojekt angemeldet hat, wie 50 Millionen Euro und in den folgenden Jahren um teuer es war, als es in den Straßenbauplan eingestellt 112,5 Millionen Euro. Dies stärkt ganz bedeutend den worden ist, und wie groß die Kostensteigerungen sind. Luftfahrtstandort Deutschland und schützt die deutschen Man wird dem Haushalt auch entnehmen können, wo- Airlines vor zu starken Gebührenerhöhungen. rauf sich die Kostensteigerungen begründen. Sind das Wir haben dafür gesorgt – das war, Kollegin Baukostensteigerungen? Sind es ökologisch veranlasste Hagedorn, schon ein Kraftakt –, dass das Brennstoff- Maßnahmen? Ich halte das für sehr wichtig. Wir geben 6750 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Eckhardt Rehberg (A) viel Geld für Verkehrsinvestitionen aus und wollen sie statt unter deutscher Flagge unter holländischer, däni- (C) noch weiter steigern. scher oder maltesischer Flagge fahren. Ich spreche das deswegen an: Die deutsche Flagge ist Voraussetzung, Wir werden im Jahr 2018 mit den Einnahmen der damit wir das maritime Know-how in Deutschland er- Lkw-Maut den Forderungen der Daehre- und der halten. Bodewig-Kommission entsprechen. Aber mehr Geld al- leine wird nicht reichen, liebe Kolleginnen und Kolle- Herzlichen Dank. gen. Wir müssen auch die Kosten transparent machen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Es kann nicht sein, dass der Aufwuchs bei den Finanz- neten der SPD) mitteln durch Ausgleichsmaßnahmen wie beispielsweise Wildbrücken aufgebraucht wird. Ja, wir brauchen dieses Geld für mehr Beton und mehr Lärmschutz. Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort erhält nun der Kollege Sven-Christian (Lachen bei der LINKEN und dem BÜND- Kindler. NIS 90/DIE GRÜNEN) Das ist das Entscheidende. Mehr Geld zu haben – das al- Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- leine wird nicht reichen. NEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Kollegen! Wir haben viele Probleme und viele Heraus- Ein weiterer Punkt: Wir werden bei der VIFG, der Ver- forderungen im Verkehrsetat. Der Nahverkehr ist unter- kehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, die Steuer- finanziert. Bestehende Verkehrswege und Brücken zer- mittel und die Mautmittel zusammenfassen. Dann wird fallen und werden gesperrt. Es gibt das Klimaproblem. es möglich sein, ganz konkret für jede Maßnahme zu je- Wir haben krasse Kostensteigerungen bei ÖPP und dem Zeitpunkt die Kosten nachzuvollziehen. Wir wer- Großprojekten, Stichwort BER. Herr Minister Dobrindt, den dann auch dem Bundesrechnungshof die Daten ge- Sie sind nun ein Jahr im Amt. In was haben Sie die ben können, wie sich bei kameralistischen Vorhaben die meiste Zeit und Energie in diesem einen Jahr hineinge- Kosten für Erhaltungsmaßnahmen und Betriebsdienst steckt? Das war der Irrsinn mit der Pkw-Maut. Das löst entwickeln. Dann kann man endlich auch seriös und aber keines der zentralen Probleme im Verkehrsbereich. ohne ideologische Scheuklappen ÖPP-Projekte mit ka- Das zeigt deutlich: Sie sind in Ihrem Amt als Verkehrs- meralistischen Projekten vergleichen. Ich glaube, das ist minister, Herr Dobrindt, nicht wirklich angekommen. zwingend geboten. Diese Maßnahme – ich bedanke Sie machen noch immer viel zu viel CSU-Parteipolitik. mich beim Ministerium für die Unterstützung – wird we- (B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (D) sentlich zur Kostentransparenz bei den Verkehrsinvesti- und bei der LINKEN) tionen beitragen. Für mich als Haushälter ist in dieser Haushaltsdebatte (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- von zentraler Bedeutung, ob es überhaupt Mehreinnah- neten der SPD) men durch die Pkw-Maut gibt. Das können wir nicht so- Ich möchte zum Schluss ein Thema ansprechen, das lide überprüfen, weil Sie uns die Datengrundlage nicht uns angesichts der Wichtigkeit und Wertigkeit der deut- offenlegen, Herr Dobrindt. Es ist zu klären: Wie viele schen Seeschifffahrt – 90 Prozent unserer Exporte wer- Pendler gibt es, die wahrscheinlich Jahresvignetten kau- den über die deutschen Seehäfen abgewickelt – in den fen werden? Wie viele Urlauber gibt es, die wahrschein- nächsten Monaten zwingend beschäftigen muss. Eine lich Zehntagesvignetten kaufen werden? Wie viele der traditionsreichsten deutschen Reedereien, eine Ree- Zweimonatsvignetten werden voraussichtlich verkauft derei aus Buxtehude, wird 40 Schiffe ausflaggen. Das tut werden? Was ist mit Geschäftsreisenden und Einkäu- sie nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil sie keine an- fern? Alle diese Fragen habe ich im Haushaltsausschuss dere Chance sieht. Denn ein Schiff unter deutscher gestellt, nicht einmal, nicht zweimal, sondern dreimal. Flagge hat 50 Prozent höhere Personalkosten als ein Sie haben dreimal die Antwort verweigert. Sie haben Schiff unter dänischer oder holländischer Flagge. Bei keine Datengrundlage geliefert. Entweder haben Sie die 40 Schiffen unter deutscher Flagge sind das Mehrkosten Daten nicht, oder Sie glauben selber, dass die Daten von 15 bis 20 Millionen Euro. nicht stimmen. Deswegen fordere ich Sie auf, Herr Dobrindt – Sie haben gleich noch die Gelegenheit, hier Deswegen müssen wir etwas tun. Ich appelliere an die zu reden –: Schaffen Sie endlich Klarheit im Parlament! norddeutschen Länder: Wir brauchen mindestens die Hören Sie auf mit dieser Intransparenz! gleichen Rahmenbedingungen, die es in Holland, in (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schweden und in Dänemark gibt. Deswegen fordere ich und bei der LINKEN) die norddeutschen Länder auf – ich weiß, dass der Frei- staat Bayern auch mitmachen würde –, sich dafür einzu- Viel wahrscheinlicher ist, dass das eintritt, was der setzen – es gibt da ja eine Bundesratsinitiative –, dass ADAC vorhersagt, der seine Datengrundlage offengelegt wir bei den Personalkosten zu einem 100-prozentigen hat; sie scheint sehr valide. Der Verkehrswissenschaftler Lohnsteuereinbehalt statt der bisherigen 40 Prozent Ratzenberger, der auch Studien für das Bundesverkehrs- kommen. Wenn wir in dieser Frage nichts tun – das gilt ministerium erstellt hat, hat klar aufgezeigt, dass es auch für die Schiffsbesetzungsverordnung –, dann wer- wahrscheinlich zu keinen Mehreinnahmen durch die den wir in einem oder zwei Jahren erleben, dass Schiffe Pkw-Maut kommen wird, dass es sich um ein Nullsum- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6751

Sven-Christian Kindler (A) menspiel handelt. Ich finde, eine Abgabe, die nichts nicht darum gekümmert haben. Sie haben dem Finanz- (C) bringt außer Riesenbürokratie, ist wirklich ein Stück aus minister freie Hand gelassen. Herr Dobrindt, Sie lassen dem Tollhaus, Herr Dobrindt. den Nahverkehr im Regen stehen, obwohl die Fahrgast- zahlen steigen. Das finde ich wirklich verantwortungs- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN los. und bei der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Diese Pkw-Maut richtet sich nicht nur gegen unsere sowie bei Abgeordneten der LINKEN) europäischen Nachbarn. Die Niederlande und Österreich erwägen, später gegen uns zu klagen. Auch beim Daten- Man kann sehen, was Ihnen, Herr Dobrindt, neben der schutz ist es katastrophal. Glauben Sie im Ernst, dass Pkw-Maut wichtig ist: Das sind neue Straßen. Wenn Sie nach der Einführung der elektronischen Erfassung die mehr Geld kriegen, bauen Sie neue Straßen. Im Sommer Landesinnenminister und der Bundesinnenminister so- haben Sie 27 neue Straßen begonnen, Gesamtkosten wie die Sicherheitsbehörden und die Polizei nicht massi- 1,7 Milliarden Euro. Elf Straßen sollten im Rahmen des ven Druck ausüben werden, um auf diese Daten zuzu- Bundesverkehrswegeplans überprüft werden. Sie haben greifen? Wir wissen doch aus der Geschichte: Überall das gestoppt und Fakten geschaffen. Herr Dobrindt, Sie dort, wo es Daten gibt, gibt es Datenmissbrauch. Der haben sich selber eine Straße in Ihrem Wahlkreis geneh- beste Datenschutz ist Datenarmut. Diese Totalüberwa- migt. Alle Ihre Sonntagsreden vom Erhalt sind nichts chung bei der Pkw-Maut lehnen wir Grüne entschieden wert, weil Sie, wenn Sie neues Geld kriegen, auf neue ab. Straßen setzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Deswegen fordere ich Sie auf: Hören Sie auf mit die- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) ser Spatenstichpolitik, Herr Dobrindt, hören Sie auf mit Fassen wir zusammen: riesige Bürokratie, keine dieser Neubau-vor-Erhalt-Politik! Mehreinnahmen, europafeindlich und Totalüberwa- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN chung. Diese Pkw-Maut ist schlicht verantwortungslos. sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Daher fordere ich Sie auf, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von der Union und lieber Herr Dobrindt: Stoppen Wir Grüne haben einen Antrag für eine echte Ver- Sie diesen Irrsinn bei der Pkw-Maut! kehrswende vorgelegt. Wir wollen den Erhalt von Schie- nen, Straßen und Brücken, dafür aber beim Neu- und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausbau von Straßen kürzen. Wir wollen keine ÖPP-Pro- und bei der LINKEN) jekte mehr, wir wollen die Verkehrsverlagerung auf die Schiene, wir wollen, dass Radfahrer und Fußgänger in (B) Wir müssen uns stattdessen ernsthaft um die Pro- (D) bleme kümmern. Wir müssen die Lkw-Maut nun schnell Kommunen gefördert werden, und wir wollen einen gu- auf alle Straßen und Lkw ausweiten. Das kann mittelfris- ten Nahverkehr. Wir Grüne streiten für eine zukunftsfä- tig bis zu 4 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen. hige ökologische und realistische Verkehrspolitik, und Das Problem ist, dass Sie das gerade verhindert haben; die ist dringend notwendig. denn Sie haben den Vertrag mit den Konzernen und Toll Vielen Dank. Collect durch einen Hinterzimmerdeal am Parlament vorbei verlängert, obwohl Sie selber wissen, dass die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ausweitung auf alle Bundesstraßen bei diesem Kon- strukt massiv gefährdet ist. Es birgt Prozessrisiken; es Präsident Dr. Norbert Lammert: können später Klagen von Konkurrenten kommen. Ehr- Nächste Rednerin ist die Kollegin Bettina Hagedorn lich gesagt, so wie Sie das angelegt haben, gefährden Sie für die SPD-Fraktion. massiv den Verkehrsetat und die Einnahmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deswegen fordern wir Sie auf: Ziehen Sie die Call-Op- tion! Übernehmen Sie endlich Verantwortung! Sorgen Bettina Hagedorn (SPD): Sie dafür, dass wir Mehreinnahmen bei der Lkw-Maut Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! bekommen, dass diese Maut auf alle Straßen und Lkw Wir sprechen hier über den Verkehrsetat, der mit über ausgeweitet wird! Das wäre gerecht und sinnvoll. 23 Milliarden Euro der viertgrößte Einzeletat in diesem (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bundeshaushalt und der größte Investitionshaushalt des und bei der LINKEN) Bundes ist. Ich füge hinzu: Und das ist gut so. Worum haben Sie sich gekümmert? Sie haben sich Investitionen in den Verkehr, in Straße, allerdings nicht um den Nahverkehr gekümmert. Die Dynamisie- nicht zu vergessen auch in Schiene und in Wasserwege rung der Regionalisierungsmittel kommt im nächsten – da sind wir uns in dieser Großen Koalition einig –, Jahr nicht. Das führt später zu einer De-facto-Kürzung sind dringend erforderlich, und wir werden uns gemein- beim Schienenpersonennahverkehr und dazu, dass Län- sam anstrengen, diese Investitionen weiter zu versteti- der und Kommunen wahrscheinlich ihr Angebot ein- gen. Das ist wichtig für Deutschland, das ist wichtig für schränken müssen und wir dann Zugstreichungen zu be- unsere Wirtschaft. Wir sind eine Riesenexportnation, wir klagen haben. Das ist Ihre Verantwortung, weil Sie sich sind ein Transitland, und wenn bei uns der Verkehr 6752 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Bettina Hagedorn (A) stockt, kann das nicht gut sein für unser Land. Darum (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (C) werden wir uns da gemeinsam engagieren. der CDU/CSU) Aber wir werden auch gemeinsam auf das Kleinge- Das gilt auch für die Lärmschutzmaßnahmen an Straßen. druckte achten müssen. Mehr Geld alleine wird nicht rei- Hierfür stellen wir 10 Millionen Euro mehr zur Verfü- chen. Darüber sind wir uns sogar weitestgehend in die- gung. sem Hause einig; denn es kommt vor allen Dingen darauf an, dass die zu tätigenden Investitionen zielge- Der Radwegebau in Deutschland hat bei der Großen richtet und effizient dort erfolgen, wo sie wirklich die Koalition Priorität. Zu Zeiten der Vorgängerregierung Nadelöhre in dieser Republik beseitigen. standen hierfür 60 Millionen Euro pro Jahr zur Verfü- gung. Das hört sich zwar nach viel an. Wir sind aber (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten deutlich ehrgeiziger und haben bereits im Jahr 2014 da- der CDU/CSU) raus 80 Millionen Euro gemacht. Nun folgt ein erneutes Herr Minister, in diesem Haushalt 2015 bildet sich Plus von 10 Millionen Euro. Insgesamt stellen wir also 1 Milliarde Euro aus dem 5-Milliarden-Euro-Paket, das 90 Millionen Euro für Radwege zur Verfügung. Ich sage wir in unserem Koalitionsvertrag verankert haben, ab. Ihnen: Das kann sich sehen lassen; denn das entspricht Die teilt sich auf in round about 600 Millionen Euro für einer satten Erhöhung um 50 Prozent gegenüber der ver- die Straße, 300 Millionen Euro für die Schiene und gangenen Legislaturperiode. 100 Millionen Euro für die Wasserwege. Das ist genau (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten die Aufteilung 60 zu 30 zu 10, die wir für die verschie- der CDU/CSU) denen Verkehrsträger wollen, und zwar nicht nur in die- sem Haushalt, sondern auch in Zukunft. Wir als Koali- Wichtig ist uns gemeinsam – der Kollege Eckhardt tion wollen in den nächsten Jahren 7 Milliarden Euro Rehberg hat darauf verwiesen –, dass durch die Investi- zusätzlich investieren. Ihr Haus wird daran mit Sicher- tionen im Verkehrsetat die Mobilität – ich nenne hier die heit einen großen Anteil haben; da braucht man kein Schlagworte „Energiewende“ und „alternative Kraft- Prophet zu sein. Diese Aufteilung von 60 zu 30 zu 10 für stoffe“ – und die entsprechende Infrastruktur in den neue Investitionen wollen wir, wie gesagt, beibehalten; Blick genommen werden. Lieber Eckhardt Rehberg, die denn die ist uns Sozialdemokraten extrem wichtig. Umschichtung von 64 Millionen Euro bei den Verpflich- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) tungsermächtigungen für die Folgejahre – damit halten wir die Zusage des Bundes gegenüber der Wirtschaft ein, Wir haben aber auch – mein Kollege Eckhardt 500 Millionen Euro aus dem Verkehrsetat bereitzustellen –, (B) Rehberg hat das hier schon ausgeführt; darum kann ich war eine gemeinsame Kraftanstrengung. Ich bin froh, (D) mich kurzfassen – erhebliche Umschichtungen in diesem dass wir das geschafft haben. Dies dient insbesondere Haushalt 2015 vorgenommen haben, worauf wir ge- der Infrastruktur von Wasserstofftankstellen und dem meinsam stolz sind – Umschichtungen, die unseren ÖPNV. So können moderne emissionsfreie Bussysteme Schwerpunkten entsprechen. Wir hoffen, dass Sie, Herr geschaffen werden wie zum Beispiel in Hamburg und Minister, unseren gemeinsamen Willen, der sich in den anderen Großstädten. Das sind Maßnahmen, die mit die- Schwerpunktsetzungen im Etat 2014 und 2015 niederge- sen Mitteln finanziert werden sollen. Es ist ein gutes Si- schlagen hat, mit in den Blick nehmen, wenn Sie den gnal, dass wir das gemeinsam geschafft haben. Haushalt 2016 aufstellen. Wir müssten nicht mehr so viel nachbessern, wenn von vorneherein diese Schwer- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) punkte berücksichtigt würden. Lieber Eckhardt Rehberg, da wir beide aus dem Nor- Worauf wir auch gemeinsam stolz sind, ist, dass wir den kommen, muss ich erwähnen, dass nicht nur nord- es geschafft haben, diese Schwerpunktsetzung ohne eine deutsche Abgeordnete froh über diese Investitionen sind. Erhöhung der Verschuldung hinzubekommen. Es ge- Auch Abgeordnete aus der ganzen Republik werden bei schah alles durch Umschichtungen, wie hier schon dar- genauem Hinsehen sicherlich feststellen, dass Investitio- gestellt wurde. nen, die dem Funktionieren unserer Häfen an Nord- und Ostsee zugutekommen, letzten Endes Investitionen zu- Ich will exemplarisch ein paar nennen: gunsten der gesamten Wirtschaft und Logistik in Dabei geht es einmal um den Lärmschutz. Wir haben Deutschland sind; denn enorm viele Güter – das gilt 20 Millionen Euro zusätzlich für freiwillige Lärmschutz- auch für den Süden unserer Republik – können nur dann maßnahmen an Straße und Schiene vorgesehen. Das tun reibungslos importiert werden können, wenn die Hafen- wir das zweite Mal in Folge. Bei Schienentrassen ist das infrastruktur gut funktioniert. Deshalb haben wir für die Hauptnadelöhr bei uns in Deutschland für die Akzeptanz Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie zusätzlich 19 Millio- der Menschen, dass wir Lärmschutz gewährleisten, ins- nen Euro vorgesehen. Das sichert die Zukunft unserer besondere beim Güterverkehr. Wirtschaft und stärkt die Transportlogistik, verringert Emissionen und erhöht die Innovationsfähigkeit in unse- Ich will darauf verweisen, dass in den letzten vier Jahren rem Land. Natürlich wird dadurch auch der maritime der Vorgängerregierung hierfür konstant 100 Millionen Standort Deutschland gestärkt. Euro pro Jahr zur Verfügung gestanden haben und wir jetzt das zweite Mal in Folge die Mittel für diese Investi- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten tionen auf 130 Millionen Euro pro Jahr erhöht haben. der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6753

Bettina Hagedorn (A) Ich will auch das betonen, was wir in zwei Haushalts- siv mit der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II (C) sitzungen gemeinsam beschlossen haben: Mehr Transpa- befasst haben. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat renz im Verkehrsetat ist ein wichtiger Meilenstein, den dazu 19, ich betone: 19, Beschlüsse gefasst. Im Ergebnis der Haushaltsausschuss auf den Weg gebracht hat. Wir kann man schon sagen – das bestätigt auch der Bundes- haben über Jahre hinweg – ich bin auch Vorsitzende des rechnungshof –, dass es durch diese Beschlüsse sehr Rechnungsprüfungsausschusses – die Berichte des Bun- wohl Einfluss im Hinblick auf eine Verbesserung der desrechnungshofs zustimmend zur Kenntnis genommen, Abkommen zwischen Verkehrsministerium und Bahn in denen aufgezeigt wurde, wie wenig transparent die gegeben hat. Es gibt im Zuge der Vertragsverlängerung Struktur dieses Einzelplans ist und wie wenig deshalb Möglichkeiten der Konkretisierung, wenn in der Zukunft das Parlament in der Lage ist, seine wichtigste Aufgabe weitere Qualitätskennzahlen verbessert werden können. zu erfüllen, nämlich die Regierung zu kontrollieren. Damit werden wir uns schwerpunktmäßig noch beschäf- tigen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei ÖPP haben wir keine Trans- Wir werden es dann allerdings mit einem Vertrags- parenz!) werk zu tun haben, das Investitionen in Höhe von 28 Milliarden Euro in die Schiene in den nächsten Jah- Da wir es beim Verkehrsetat mit einem so großen Etat ren verbindlich festschreibt. Hier eingebunden ist die zu tun haben, ist es enorm wichtig, an dieser Stelle mehr Bahnrendite im nächsten Jahr mit 700 Millionen Euro. Transparenz zu schaffen. Es gibt viele Schritte auf dem Das heißt, Schiene investiert in Schiene. Das, was bei Weg zum Ziel, Kollege Kindler. Aber auch Sie werden der Bahn verdient wird, kommt dem Schienennetz zu- uns zugestehen – Sie sind ja auch Mitglied des Rech- gute. Das ist eine alte Forderung des Parlaments, und nungsprüfungsausschusses –, dass wir jetzt wichtige auch das setzen wir mit dieser Verlängerung ein Stück Schritte in die richtige Richtung gehen. Es geht darum, weit um. dass wir alle Infrastrukturmaßnahmen – für Schienen- und Wasserwege wie auch für Straßen – ab dem Haus- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) halt 2016 einheitlich darstellen werden. Kollegen haben hier schon über die Pkw-Maut ge- Ich zitiere aus unserem Beschluss: Wir erwarten, dass sprochen. Ich will nicht allzu viel meiner Redezeit da- ab dem Haushalt 2016 im Verkehrsetat die aktuell erwar- rauf verwenden. Ich will nur alle darauf hinweisen, dass teten Gesamtausgaben dargestellt werden, die bereits wir mit dem Entwurf des Haushalts 2015 ungefähr verausgabten, die bereits für das Haushaltsjahr veran- 54 Millionen Euro freigeschaltet haben, um im Vorgriff schlagten und die für die Folgejahre eingeplanten Mittel, auf ein mögliches Gesetz einfach die Maßnahmen si- und zwar jeweils aufgeschlüsselt nach Haushaltsstellen, cherzustellen, vor allen Dingen im personellen Bereich, (B) aus denen das Projekt finanziert wird, und unter Einbe- die erforderlich sind, um so etwas ab 2015 vorbereiten (D) ziehung von Finanzierungsbeiträgen Dritter. zu können. Klar ist auch, dass das gegenfinanziert ist. Das bedeutet in diesem Fall nichts anderes, als dass Klar ist darüber hinaus, dass, wenn die Pkw-Maut ab Sie alle in Zukunft genau nachvollziehen können, wie 2016 kommt, diese Kosten in einem Kreislauf refinan- viele Mittel für welches Verkehrsprojekt in Ihrem Wahl- ziert werden, sprich: den Steuerzahler nicht belasten sol- kreis vorgesehen sind, wie sich diese Kosten darstellen, len. Wichtig ist bei der Pkw-Maut sicherlich, dass wir in und vor allem, ob diese explodieren. Ich glaube, das ist einem geordneten Verfahren sind, das aber lange noch ein wichtiger Beitrag. nicht beendet ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Uns als Sozialdemokraten ist vor allen Dingen eins der CDU/CSU) wichtig – das will ich hier deutlich sagen –: Wenn das Gesetz zur Pkw-Maut eingebracht wird, dann muss Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwi- gleichzeitig das Gesetz zur Entlastung bei der Kfz- schen Bund und Bahn, kurz: LuFV II, ist für Deutsch- Steuer eingebracht werden. land ein ganz wichtiger Punkt. Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir zwar mit einem Plus (Beifall bei Abgeordneten der SPD) von 300 Millionen Euro, die gegenfinanziert sind, für Die Forderung nach EU-Konformität muss natürlich für das nächste Haushaltsjahr und die Folgehaushaltsjahre beide Gesetze gleichermaßen gelten. Das, Herr Minister, Vorsorge getroffen haben – wiederum durch Umschich- werden Sie hoffentlich sicherstellen. tungen und durch Verpflichtungsermächtigungen in den Folgejahren –, dass sich aber der Rechnungsprüfungs- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert ausschuss nächste Woche Freitag mit diesem Thema Barthle [CDU/CSU]) noch ausführlich beschäftigen wird. Der Haushaltsaus- Die große Schwester der Pkw-Maut ist allerdings die schuss wird am 3. Dezember 2014 dazu noch eine Anhö- Lkw-Maut. Ihr gebührt viel mehr Aufmerksamkeit, je- rung durchführen. Letzten Endes werden wir im Haus- denfalls unter dem Aspekt der Einnahmen und der Si- haltsausschuss am 17. Dezember 2014, so haben wir es cherung der Investitionen im Verkehrsbereich. Wir uns vorgenommen, entscheiden. Erst dann, wenn diese haben dazu in unserem Koalitionsvertrag konkrete Ver- Ausschüsse ihre Zustimmung gegeben haben, ist die einbarungen getroffen. Es ist und bleibt unser Ziel, den Vertragsverlängerung sozusagen freigeschaltet. Verkehrsinvestitionsetat ab 2018 um 2 Milliarden Euro Ohne diesen Beratungen vorgreifen zu wollen, will pro Jahr nachhaltig zuverlässig aufzustocken. Das ich sagen, dass wir uns in den letzten Jahren sehr inten- braucht unsere Infrastruktur dringend. 6754 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Bettina Hagedorn (A) Es ist kein Geheimnis, dass wir uns gewünscht hätten, Nichts gegen Ortsumgehungen und die Menschen, die (C) dass man möglicherweise noch intensiver prüft, ob das dafür streiten, aber es sind keine national prioritären Pro- Ziehen der Call-Option nicht der richtige Weg gewesen jekte. wäre. Sie haben sich anders entschieden, Herr Minister; (Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE das ist Ihr gutes Recht. Wir haben das in diesem Haus- GRÜNEN]: So ist das!) halt auch nachvollzogen, indem wir die Verlängerung des Vertrages mit Toll Collect über Verpflichtungs- Es ist wichtig – wir sind es der Wirtschaft schuldig –, ermächtigungen von knapp 1,6 Milliarden Euro über die dass das Geld in national prioritäre Projekte fließt. nächsten Jahre sichergestellt haben. Vielen Dank. Wichtig ist mir aber auch, festzustellen, dass Sie, Herr (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Dobrindt, durch die Entscheidung, die Sie getroffen ha- der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler ben, zum Erfolg gezwungen sind. Wir haben uns [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gute Rede!) schließlich vorgenommen, dass die Lkw-Maut statt auf 13 000 Kilometern bundesweit nun auf 40 000 Kilome- Präsident Dr. Norbert Lammert: tern bundesweit erhoben wird. Alle Bürgerinnen und Das Wort hat nun der Bundesverkehrsminister. Bürger in diesem Land sind sich sicherlich sofort da- rüber einig, dass es gerade der Lkw-Verkehr ist, der die (Beifall bei der CDU/CSU) Qualität unserer Straßen enorm belastet. Darum ist die Lkw-Maut sehr breit akzeptiert. Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Sie haben zugesagt, dass wir das mit Toll Collect zum Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und 1. Januar 2018 hinbekommen. Wir vertrauen darauf, Kollegen! Es ist in der Tat eine historische Woche; denn dass Sie das schaffen. wir bringen die Haushaltswende und die Investitions- wende zusammen. (Herbert Behrens [DIE LINKE]: Vorsicht mit dem Vertrauen!) (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Oh! – Sven-Christian Kindler [BÜND- Wir sind an Ihrer Seite. Wir müssen dieses ehrgeizige NIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Investitionsquote Ziel miteinander aber auch wirklich erreichen. sinkt im Haushalt, Herr Dobrindt!) (Beifall bei der SPD – Martin Burkert [SPD]: 13 Milliarden Euro Investitionen im Verkehrshaushalt, (B) Wir schreiten Seit‘ an Seit‘!) keine neuen Schulden im Gesamthaushalt – das ist die (D) Wachstumsformel für Deutschland, meine Damen und Es sind hier die 7 Milliarden Euro angesprochen wor- Herren, und der Weg, den wir gemeinsam gehen. den, die der Haushaltsausschuss als Verpflichtungs- ermächtigung ausgebracht hat mit Blick auf den Investi- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. tionshochlauf, wie Sie es gerne nennen, den wir uns Martin Burkert [SPD] – Sven-Christian gemeinsam vorgenommen haben und der auch erforder- Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die lich ist. Es ist noch nicht ganz ausgemacht, welche Res- Investitionen sinken im Haushalt!) sorts an diesen 7 Milliarden Euro in welchem Umfang Wir geben damit ein klares Bekenntnis ab zu Investi- beteiligt werden. Eines ist mir wichtig, Herr Minister: Es tionen in die Mobilität – eine Kernaufgabe des Staates. ist klar, dass Ihr Haus mit Sicherheit in erheblichem Um- Wir schaffen mehr Gerechtigkeit, und wir schaffen fang daran partizipieren wird, weil nicht nur Investitio- Spielräume für zukünftige Generationen. Das ist ein nen im Verkehrsbereich, sondern auch Investitionen in Dreiklang – er bildet einen roten Faden durch unseren die digitale Infrastruktur erforderlich sind; das ist in die- gesamten Haushalt –: Investitionen, Gerechtigkeit, ser Koalition unstrittig. Wohlstand ohne neue Belastungen für die nachfolgenden Generationen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben einen Antrag einge- Meine Damen und Herren, wenn man das alles be- bracht! Da können Sie ja zustimmen!) trachtet, dann kann man sich über manche Äußerungen, die hier vonseiten der Linken zurzeit gemacht werden, Allerdings möchte ich folgenden Hinweis im Namen wirklich nur wundern. Lieber Herr Claus, ich weiß nicht, der SPD geben: Uns ist nicht nur wichtig, dass es mehr woran Sie denken, wenn Sie sagen, es wäre doch einfach Geld gibt, sondern uns ist vor allen Dingen wichtig, wie nur sinnvoll, neue Schulden zu machen, wir das gemeinsam ausgeben. Dafür ist der Koalitions- (Widerspruch des Abg. Roland Claus [DIE vertrag die Grundlage. Wir legen Wert darauf, dass LINKE]) 80 Prozent der Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zugunsten von national wirksamen Projekten fließen und wenn Sie einfach sagen, dass das Geld, das jetzt fließen wird, nicht – ich sage es (Roland Claus [DIE LINKE]: Das Gegenteil! einmal so – in Tüddelchen verplempert wird für Ortsum- – Weitere Zurufe von der LINKEN) gehungen. es wäre besser, die Investitionen über neue Schulden zu (Unruhe bei der CDU/CSU) finanzieren. Das ist ökonomisch verblendet und politisch Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6755

Bundesminister Alexander Dobrindt (A) verantwortungslos. Glauben Sie einfach: Die Schulden gekriegt haben, meine Damen und Herren. Das ist doch (C) von heute sind die Steuern von morgen. Es gibt keine Ihre Bilanz. Schulden zum Nulltarif, lieber Herr Claus. (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian (Beifall bei der CDU/CSU) Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hier nicht auf dem CSU-Parteitag! – An was glauben Sie eigentlich in Ihrer Glaubensge- Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meinschaft? NEN]: Lassen Sie sich mal die richtigen Zah- (Heiterkeit bei der CDU/CSU – Zuruf der len geben!) Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE]) – Bevor Sie unqualifiziert dazwischenrufen, schauen Sie Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das, an was Sie heute lieber mal ins Haushaltsgesetz: glauben wollen, nicht noch kurzsichtiger ist als das, was Ihre glücklosen Vorgänger mit der Planwirtschaft ge- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE macht haben. GRÜNEN]: Das waren super qualifizierte Zwischenrufe, Herr Dobrindt! Sie müssen mal (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE zuhören!) GRÜNEN]: Da sind sich CSU und Linkspartei ziemlich ähnlich!) Der Einzelplan meines Ministeriums ist mit Abstand der größte Investitionshaushalt im Bund: Ich kann Ihnen sagen: Generationengerechtigkeit ist eine Art der Gerechtigkeit, die Sie offensichtlich nicht ver- (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- standen haben. Wir leben diese Gerechtigkeit, meine Da- NEN]: Investitionsstau! – Sven-Christian men und Herren. Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Investitionen sinken, Herr Dobrindt!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Burkert [SPD]) 55 Prozent Investitionen in die Infrastruktur. Wir schrei- ben den Investitionsschlüssel 50+ in den nächsten Jahren Wir gehen den Weg der Verantwortung. Wir schaffen fort: Bis 2017 fließen 57 Prozent der Mittel direkt in In- die Haushaltswende und die Investitionswende. Die vestitionen. Menschen in Deutschland gehen diesen Weg auch aktiv mit, weil sie wissen, dass die Finanzierung eines Haus- Sie haben den Irrtum der Vergangenheit, den Sie halts, der schwerpunktmäßig auf Investitionen setzt, die heute noch fortsetzen, nämlich den Glauben daran, dass Wachstum in Deutschland erzeugen, ein Wohlstandspro- man Wachstum und Wohlstand von der Infrastruktur ent- gramm für Deutschland ist. Investitionen in die Infra- koppeln könnte, zum Programm erhoben. (B) (D) struktur schaffen Wachstum, schaffen Wohlstand. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Lieber Herr Kindler, ich habe aufmerksam verfolgt, GRÜNEN]: In welcher Parallelwelt leben Sie was Sie nicht nur jetzt gerade in Ihrem Beitrag, sondern eigentlich? – Britta Haßelmann [BÜND- auch auf Ihrem grünen Parteitag am Wochenende alles NIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach mal was erzählt haben. Konkretes zu Ihrem Etat sagen!) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Deswegen haben Sie auch Verantwortung dafür, dass wir GRÜNEN]: Guter Parteitag, oder? Das hat Sie einen erheblichen Nachholbedarf bei der Infrastruktur doch gefreut!) haben; denn Sie haben es aus ideologischen Gründen versäumt, in den Straßenbau, in den Schienenbau, in die Dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur Wasserstraßen zu investieren. Wir vollziehen dies jetzt in Deutschland würden verschleppt, hieß es da. nach. Ich sage Ihnen an dieser Stelle, weil Sie sich auch (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE darüber immer auslassen: Machen Sie nicht den gleichen GRÜNEN]: Ja, die Investitionsquote sinkt ja Fehler, wenn es jetzt darum geht, den Sprung in die Di- auch! Die Investitionen sinken, Herr gitalisierung zu schaffen. Dobrindt!) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Ich sage Ihnen: Erstens liegen Sie falsch, zweitens sind GRÜNEN]: Wir haben da einen Antrag vorge- Sie doch der Erfinder der Investitions- und Infrastruktur- legt! Sie haben da nichts im Haushalt!) flaute. Sie wollen ja Big Data zum großen Angstwort erheben. (Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich lache mich kaputt!) GRÜNEN]: Wir haben einen Antrag, Herr Schauen Sie doch mal dorthin, wo Sie regieren, bei- Dobrindt! Haben Sie den gelesen?) spielsweise nach Baden-Württemberg: Die Straßen- Ich kann Ihnen sagen: Es wird kein Wirtschaftswachs- investitionsmittel werden gekürzt. tum ohne Datenwachstum geben. (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE NEN]: Die sind so hoch wie noch nie zuvor!) GRÜNEN]: Das Datenwachstum bei der Pkw- Im letzten Jahr haben Sie Mittel des Bundes für den Stra- Maut! Das meinen Sie doch nicht wirklich, ßenbau sogar zurückgegeben, weil Sie sie nicht verbaut oder?) 6756 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Bundesminister Alexander Dobrindt (A) Wer das Datenwachstum vom Wirtschaftswachstum ent- – Ich bin einfach Ihrer Aufforderung gefolgt, heute Stel- (C) koppeln will, der wird unsere Gesellschaft vom Wohl- lung zur Verkehrspolitik in Deutschland zu nehmen. stand abkoppeln; das wäre das Ergebnis Ihrer Politik. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian GRÜNEN]: Zur Pkw-Maut! Wir reden hier Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ha- über die Pkw-Maut! Darüber wollen wir was ben Sie unseren Antrag gelesen, Herr wissen! – Gegenruf des Abg. Norbert Barthle Dobrindt? 1 Milliarde für Breitband!) [CDU/CSU]: Hören Sie einfach mal zu!) „Connectivity and Data“, also Vernetzung von Daten Da müssen Sie damit rechnen, dass ich mich auch mit – darum geht es. Es geht hier um eine Chancendiskus- Ihren Beiträgen auseinandersetze. sion mit Blick auf die Digitalisierung (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann sagen Sie mal was zur GRÜNEN]: Wir haben einen Antrag vorge- Pkw-Maut!) legt, Herr Dobrindt! Stimmen Sie dem zu?) Wir haben es geschafft, durch öffentlich-private Part- und nicht um die grüne Kontinuität im Irrtum. Das müs- nerschaften wichtige Infrastrukturprojekte auf den Weg sen Sie sich mal merken, Herr Kindler. zu bringen. Ein aktuelles Beispiel dafür, wie dies gelin- gen kann, ist die A 7 – eine zentral wichtige Autobahn –, (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian wo zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein eine Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: fünfte und sechste Spur gebaut wird, mit Kosten von Geht’s noch platter? – Britta Haßelmann 1,6 Milliarden Euro. Wir gehen diesen Weg der öffent- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie lich-privaten Partnerschaften weiter. mal zu Ihrem Etat!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ich habe in meinem Haus einen Investitionshochlauf Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE gestartet, der die Investitionswende bei der Infrastruktur GRÜNEN]: Völlig unwirtschaftlich!) mit einem 5-Milliarden-Euro-Paket eingeleitet hat, das Wir bereiten die Einführung der Infrastrukturabgabe wir übrigens über diese Legislaturperiode hinaus fort- vor, mit der wir mehr Gerechtigkeit in der Finanzierung schreiben. unserer Straßen schaffen. Damit werden wir zukünftig in (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE einer Wahlperiode 2 Milliarden Euro mehr an Mitteln GRÜNEN]: Vor allen Dingen im Neubau! – zur Verfügung haben, die direkt auch in die Infrastruk- (B) Gegenruf des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/ turfinanzierung fließen. Wir stärken damit die Nutzer- (D) CSU]: Sven, du weißt genau, dass das nicht finanzierung. Deswegen ist die Infrastrukturabgabe fair, stimmt! So ein Unsinn! Guck mal in den Haus- sinnvoll und gerecht. haltsplan rein!) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Wir haben eine Weiterentwicklung der ÖPP, der öffent- GRÜNEN]: Datengrundlage!) lich-privaten Partnerschaften, im Bereich der Autobah- Sie wird am 17. Dezember im Kabinett beraten. Lieber nen. Herr Kindler, wir haben dabei den höchsten Daten- schutz, den es in diesem Bereich je gegeben hat. Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Es würde die Debatte ein bisschen für alle erleichtern, Widerspruch bei Abgeordneten des BÜND- wenn nicht viele den Ehrgeiz hätten, gleichzeitig zu re- NISSES 90/DIE GRÜNEN) den. Im Augenblick hat der Bundesverkehrsminister das Wort. Ich stelle fest: Sie legen ein unglaubliches Maß an Heuchelei an den Tag. Sie fordern eine sogenannte intel- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE ligente Maut, bei der Sie den Autofahrer je nach Ort und GRÜNEN]: Wenn er was sagen würde!) Tageszeit unterschiedlich bepreisen wollen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr GRÜNEN]: Was ist denn mit den Vignetten? und digitale Infrastruktur: Was ist denn mit den Pendlern? – Matthias Ich habe ganz offensichtlich einen sehr wunden Punkt Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bei Ihnen getroffen, Herr Kindler, dass Sie sich so aufre- steht denn das?) gen müssen. Sie wollen zu jeder Zeit wissen, auf welchem Kilometer (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Straße er sich aufhält. Sie fordern damit den gläsernen NEN]: Wenn er mal was Konkretes sagen Autofahrer, und genau den wollen wir nicht. würde, wären wir beeindruckt! – Sven- (Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Gastel Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht NEN]: Nett wären ein paar konkrete Sachen! – das?) Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie was zu Ihrer Politik?) Ich weiß, dass die Wahrheit wehtut. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6757

Bundesminister Alexander Dobrindt (A) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE dazu haben wir uns verpflichtet, dass wir die Erlöse aus (C) GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Nennen Sie der Versteigerung der Digitalen Dividende II, die wir im doch mal die Quelle!) nächsten Jahr erzielen werden, überall dort in die Netze investieren, wo es Wirtschaftlichkeitslücken, wo es Wir leiten die Ausweitung der Lkw-Maut ein; das ist weiße Flecken gibt. Dadurch schaffen wir es, dass unser ebenfalls angesprochen worden. Sie soll ab dem nächs- Land erfolgreich ist. ten Jahr auch auf vierspurigen Bundesstraßen gelten und auch die Lkw-Klassen von 7,5 bis 12 Tonnen einbezie- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE hen. Dadurch wird alleine noch in dieser Wahlperiode GRÜNEN]: Null Euro haben Sie in Ihrem knapp 1 Milliarde Euro zusätzlich in den Verkehrshaus- Haushalt!) halt fließen. Wir werden das umsetzen, was wir gemein- sam vereinbart haben, nämlich ab 2018 die Lkw-Maut Das gute Zusammenspiel von Investitionen aus der Wirt- auf alle Bundesstraßen und damit auf 40 000 Kilometer schaft und den Investitionen des Staates ergibt ein Mil- auszudehnen. liardenprogramm für den Breitbandausbau. (Martin Burkert [SPD]: Ja!) (Sven-Christian Kidler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts im Haushalt!) Das wird uns jedes Jahr möglicherweise an die 2 Milliar- den Euro an zusätzlichen Einnahmen bringen. Damit sorgen wir dafür, dass 2018 überall in Deutsch- land 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stehen. (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie haben die Lkw-Maut zunächst ge- (Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom senkt! Sie verzichten auf Einnahmen!) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es war daher richtig, den Vertrag mit dem Unterneh- Das ist ein Teil der Bilanz von dem, was wir in den letz- men Toll Collect zu verlängern. Das ist die richtige Maß- ten Monaten erreichen konnten. nahme, um die Einnahmen aus der Lkw-Maut auch für Die Investitionen in die Infrastruktur wurden massiv die Zukunft zu sichern. Das Risiko, das mit einem Wech- gesteigert. Wir werden dies noch weiter ausbauen. Mit sel verbunden wäre, ist eindeutig zu hoch. Zurzeit neh- dem Investitionshochlauf ab 2018 werden wir eine Stei- men wir 4,4 Milliarden Euro durch die Lkw-Maut ein. gerung der Investitionslinie um 40 Prozent erreichen. Wer nicht sicherstellen kann, dass dies technisch und Wir haben eine Dynamik im Breitbandausbau, die dafür haftungsrechtlich in den nächsten Jahren möglich ist, sorgt, dass wir überall die Digitaloffensive starten kön- setzt jedes Jahr 4,4 Milliarden Euro aufs Spiel. Wir ge- nen. hen den richtigen Weg. Wir sichern die Einnahmen, in- (B) dem wir den Vertrag mit Toll Collect verlängern. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (D) GRÜNEN]: Gehen Sie mal in den ländlichen (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Raum, und schauen Sie sich da mal um!) Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch gar nicht!) Wir haben insgesamt eine Modernisierung unseres Landes angestoßen, Wir haben ein Sonderprogramm zur Brückenmoder- nisierung aufgelegt. Bis 2017 soll 1 Milliarde Euro in die (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Instandsetzung fließen. Wir haben mit der Deutschen GRÜNEN]: Durch die PKW-Maut, oder wie? Bahn eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Wo leben Sie?) geschlossen. wie es seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. Ver- (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Haben Sie ge- kehrsnetze, Datennetze, Wachstum, Wohlstand – das ist schlossen? Das ist ja interessant!) die Aufgabe, die sich diese Große Koalition gestellt hat. Deshalb sage ich ganz deutlich: Diese Investitionen in In den nächsten fünf Jahren werden dadurch 28 Milliar- unsere Infrastruktur sind zwar noch nicht die Garantie den Euro investiert. Das ist absolutes Rekordniveau. Das für Wachstum und Wohlstand, aber ohne diese Investi- ist quasi ein eigenes Konjunkturpaket für unser Land. tionen gibt es garantiert kein Wachstum und keinen Wir haben außerdem ein Programm für die Seehafen- Wohlstand. Deswegen gehen wir diesen Weg konsequent Hinterland-Anbindung in Höhe von 300 Millionen Euro weiter. initiiert, um die Engstellen im Schienennetz aufzulösen und mehr Kapazität zu schaffen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wir befördern die Digitalisierung, gerade auch im Be- NEN]: Es wird weiter zur Fehlallokation kom- reich der Mobilität. Mehr Kapazität in bestehenden Net- men! – Sven-Christian Kindler [BÜND- zen gelingt durch Digitalisierung. Als Beispiel nenne ich NIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie einmal den den Einstieg in die Mobilität 4.0: Unterstütztes autono- Bundesrechnungshofbericht dazu! Der ist kna- mes Fahren, unterstützte autonome Verkehre auf den ckig!) Straßen werden von uns mit den Plattformen „Digitale Netze“ und „Cars & Data“ sowie runden Tischen zum Im Zuge der Netzallianz Digitales Deutschland haben automatisierten Fahren aktiv begleitet. die innovationswilligen Unternehmen vereinbart, dass die private Wirtschaft im kommenden Jahr 8 Milliarden Wir sind dabei, ein „Digitales Testfeld Autobahn“ Euro in den Breitbandausbau investiert. Im Gegenzug einzurichten, bei dem wir die Kommunikation zwischen 6758 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Bundesminister Alexander Dobrindt (A) den Autos sowie zwischen Auto und Infrastruktur dar- Programm wächst also erst auf, Sie sprechen von „Inves- (C) stellen können. Durch unsere wissenschaftliche Beglei- titionshochlauf“ – auch einer dieser Begriffe, die Sie neu tung sorgen wir dafür, dass die Chance auf ein digitales einführen. Sie sprechen von mehr Transparenz, aber an Wirtschaftswunder in Deutschland ergriffen wird. Wir diesen Stellen machen Sie Nebelpolitik. Es ist nämlich wollen nicht diejenigen sein, die in Deutschland die gu- nicht erkennbar, wann es die 5 Milliarden Euro wirklich ten, schönen Anwendungen in einer digitalen Welt nur und real gibt – jetzt oder erst in Zukunft? nutzen, sondern wir wollen vor allem auch diejenigen sein, die sie mit entwickeln. Die Wertschöpfung, die sich Als zweiten Punkt führen Sie auf, dass die Nutzer- daraus ergibt, soll Deutschland erreichen und nicht allein finanzierung eingeführt werden soll. Sie weisen auf die in anderen Regionen der Welt stattfinden. Lkw-Maut hin, verschweigen an der Stelle allerdings, dass es sich dabei einfach nur um ein dringend not- Es geht schlussendlich darum, meine Damen und wendiges Nachbessern handelt. Durch ein neues Ver- Herren, ob wir in Europa und in Deutschland eine Da- kehrswegegutachten hat sich nämlich herausgestellt, tenkolonie von anderen sein wollen, die die Daten hier dass wir auf jeden Fall etwas ändern müssen, wenn wir erheben, sie woanders veredeln und uns die entsprechen- bei der Lkw-Maut nicht 1,5 Milliarden Euro weniger den Produkte verkaufen, was zur Folge hat, dass die Einnahmen generieren wollen. Das ist ein Versuch, Wertschöpfung woanders passiert. Wir wollen Big Data eine Lücke bei den Mauteinnahmen von 1,1 Milliarden als Chance begreifen. Wir wollen die Anwendungen hier Euro zu schließen. Das hat damit zu tun, dass Sie jetzt entwickeln und die Wertschöpfung in Deutschland hal- die 7,5-Tonner und künftig zusätzlich 1 100 Kilometer ten. Wir wollen Wohlstand auch mit Daten und Digitali- an Bundesstraßen einbeziehen. Im Haushalt 2015 sind sierung in Deutschland erreichen. Das sicherzustellen, also viel mehr Luftnummern als wirklich reale Politik zu ist die Aufgabe meines Hauses, und wir werden gemein- finden. sam dieses digitale Wirtschaftswunder in Deutschland schaffen. Der einzig konkrete Punkt in Ihrem Fünf-Punkte-Plan ist der dritte Punkt: ÖPP-Projekte massiv auszuweiten. Danke schön. Darauf haben Sie einen deutlichen Schwerpunkt gelegt, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- obwohl der Bundesrechnungshof bei der Überprüfung neten der SPD – Zuruf des Abg. Roland Claus von sechs im Bau befindlichen ÖPP-Projekten festge- [DIE LINKE]: Oh!) stellt hat, dass durch Kosten, die bei öffentlichen Bauten nicht entstanden wären, ein Schaden von 2 Milliarden Euro zulasten des Bundeshaushaltes entstanden ist. Das Präsident Dr. Norbert Lammert: ist viermal so viel, wie Ihre angebliche Infrastrukturab- Herbert Behrens hat nun das Wort für die Fraktion (B) gabe, die ja eigentlich eine Ausländermaut ist, pro Jahr (D) Die Linke. bringen würde. Trotzdem setzen Sie in Ihrem Haushalt (Beifall bei der LINKEN) auf neue Projekte. Eine dritte Staffel soll in Gang gesetzt werden und massiv mit Milliardenbeträgen finanziert Herbert Behrens (DIE LINKE): werden. Das ist der falsche Weg, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Sehr geehrter Herr Verkehrsminister, diese Begriffe sind GRÜNEN]: Teuer und gefährlich!) ja kaum zu toppen: Sie haben von der historischen Haus- haltswende und vom digitalen Wirtschaftswunder ge- hat aber bei Ihnen eine eindeutige Priorität. Das lehnen sprochen. Ich denke, viel mehr geht nicht. wir ab. Wir wollen keine Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur. Wir brauchen eine staatliche, eine verläss- Aber setzen wir uns doch mal mit den konkreten liche Infrastruktur. Aspekten auseinander. Sie sagten, diese Haushaltswende werden Sie mit einem Fünf-Punkte-Plan erreichen. Spre- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten chen wir also über Planwirtschaft! Sie sagten, dass Sie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) mit fünf Punkten beides zusammenbringen wollen: die Haushaltswende und gleichzeitig den Investitionsschub, Sie betonen außerdem den Erhalt vor Neubau. Auch den Sie brauchen, um wirklich eine nachhaltige Ver- da haben Sie gegenteilige Entscheidungen getroffen. Die kehrs- und digitale Infrastrukturpolitik an den Tag zu le- 1,6 Milliarden Euro für 27 Neubauprojekte, die Sie in gen. der Sommerpause auf den Weg gebracht haben, sind ein Zeichen dafür. Wenn wir uns diesen Fünf-Punkte-Plan ansehen, dann sehen wir allerdings mehr Sprechblasen als konkrete Er- Die digitale Infrastruktur soll – mit mäßigen Einnah- gebnisse. men vermutlich – auf den Weg gebracht werden. Auch das wird enorm schwierig. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Was?) Herr Dobrindt, Sie haben in Bezug auf Ihren Haus- haltsplan 2015 gesagt, Sie würden damit die historische Wir sehen viele Hinweise auf 2018, aber nur wenige auf Haushaltswende begleiten. Sie haben einen Plan ausge- den Haushalt 2015. Sie sprechen von 5 Milliarden Euro arbeitet. Allerdings wissen wir, dass Planwirtschaft ganz jährlich, Sie verschweigen aber, dass damit nicht 2015 schön in die Hose gehen kann. gemeint ist, sondern 2018 mit anschließender Versteti- gung dieser Mittel in Höhe von 5 Milliarden Euro. Das (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6759

Herbert Behrens (A) Der Unterschied bei Ihrer Planwirtschaft ist: Es ist be- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (C) reits von Anfang an erkennbar, dass sie in die Hose ge- der CDU/CSU) hen wird. Ich will noch weitere positive Punkte nennen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Mit härteren Anforderungen und stärkeren Kontrollen GRÜNEN]) stellen wir die Weichen für eine höhere Qualität des Ei- senbahnbetriebs. So verpflichtet sich die Bahn ab 1. Ja- nuar 2015 mit dieser LuFV II, 875 Brücken teilweise Präsident Dr. Norbert Lammert: oder komplett zu sanieren. Andernfalls drohen Strafzah- Nun erhält der Kollege Martin Burkert für die SPD- lungen; auch das haben wir deutlich gemacht. Fraktion das Wort. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Notrufsäulen, die (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mit Blick auf einen sicheren Betrieb auch einen infra- der CDU/CSU) strukturellen Bezug haben, aus dem Bereich „Station und Service“ ausgenommen werden. Martin Burkert (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Auch die Verbesserung der Qualitätskennziffer Bahn- diesen Haushaltsberatungen – das ist schon angespro- steighöhe, Herr Behrens und Herr Minister, ist in der Tat chen worden – wird auch die Leistungs- und Finanzie- ein weiterer historischer Schritt am heutigen Tag, weil rungsvereinbarung auf den Weg gebracht. Mit der wir eine einheitliche Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern LuFV II sorgen wir für mehr Qualität in unserem Schie- festschreiben. Diese Norm wird wahrscheinlich erst in nennetz. Wir haben endlich mehr Geld für die Schiene; hundert Jahren am letzten Bahnhof erfüllt sein, auch das wurde erwähnt. Das ist sehr wichtig. Wir wer- (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) den ab dem 1. Januar 2015 noch genauer auf die Ver- wendung dieser Mittel schauen. aber die Fahrzeugindustrie begrüßt das sehr, weil das für ihre Planung wichtig ist. Ich bin in diesem Zusammenhang sehr dankbar, dass wir gemeinsam mit dem Bundesrechnungshof eine gute (Beifall der Abg. Kirsten Lühmann [SPD]) und vernünftige Lösung gefunden haben. Zu den aus meiner Sicht erfolgreich abgeschlossenen Verhandlun- Ein ebenso wichtiger und guter Schritt ist – auch das gen zwischen dem Verkehrsministerium und der DB AG will ich sagen; meine Kollegin Bettina Hagedorn hat es darf ich Ihnen, Herr Minister Dobrindt, aber auch Herrn schon erwähnt –, dass die Netzerlöse über die Bahndivi- Kefer von der Deutschen Bahn AG herzlichen Glück- dende wieder in vollem Umfang der Schiene zugute- (B) (D) wunsch sagen. Es waren harte Verhandlungen. Frau Bär, kommen. vielleicht können Sie Herrn Jacobs im Ministerium, der Aber ich will hier auch sagen, dass trotzdem noch ei- die Verhandlungen begleitet hat, meinen herzlichen nige Fragen offenbleiben. Zunächst muss man feststel- Dank ausrichten. len, dass am Ende dieses Jahres, also noch im Dezember, (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG dem Bahnvor- NEN]: Der Kommentar vom Bundesrech- stand die Unterschriftsgewährung ermöglichen muss. nungshof ist aber nicht positiv! Der ist alles Hier ist die Frage: Was geschieht eigentlich, wenn die andere als positiv!) Dividende nicht in der vorgesehenen Höhe gezahlt wer- den kann? Herr Kampeter, ich will hier ein deutliches Das ist ein Werk, das wir damals auf den Weg gebracht Wort an das Finanzministerium richten. Wenn das der haben, das jetzt fortgeschrieben wurde und das es ver- Fall sein sollte, dann bitte ich schon, den Koalitionsver- dient, erwähnt zu werden. trag zugrunde zu legen, weil wir dort vereinbart haben, (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ist es jetzt abge- dass erst die Instandhaltung, sprich: die LuFV, kommt schlossen oder nicht?) und dann Aus- und Neubau. Ich glaube, das sollten wir hier noch einmal deutlich erwähnen; denn so sicher er- Wir haben im Rahmen der LuFV I in den letzten Jah- scheint mir diese Dividende noch nicht. ren festgestellt, dass es Verbesserungsbedarf gibt. Neben der besseren finanziellen Ausstattung haben wir Dinge (Beifall bei der SPD) gemacht, die dringend notwendig waren; das kann si- Ich will mich bei den Haushältern ausdrücklich dafür cherlich auch die Opposition nicht leugnen. Mit dem bedanken, dass es am 3. Dezember dieses Jahres noch Fünfjahresplan über Instandhaltung und Reparatur des einmal eine Anhörung gibt. Ich halte es für sehr wichtig, Schienennetzes können wir den Sanierungsstau bei Herr Rehberg und Frau Hagedorn, dass diese noch statt- Bahnhöfen, Brücken, Tunneln, Schienen, Weichen sowie findet, bevor die Beschlussfassung erfolgt. Herr Elektro- und Datenleitungen auflösen. Das wird ange- Rehberg, ich habe genau zugehört, was Sie in diesem gangen und abgearbeitet. Zusammenhang zum Thema Schiffe gesagt haben. Ich Wir haben die nächsten Jahre jährlich 4 Milliarden bin da bei Ihnen. Personalkosten sind ein Problem. Da- Euro zur Verfügung. Das sind 1,3 Milliarden Euro mehr rüber werden wir uns sicher unterhalten müssen. Aber pro Jahr als bisher. Vielen Dank an die Haushälter. Ich ich sage in Richtung des Ministers: Herr Minister, viel- glaube, hier ist es gelungen, etwas für die Schiene zu leicht sollten wir einmal überlegen, ob wir Züge ausflag- tun. Auch das muss man an diesem Tag einmal sagen. gen. Da könnten wir in Bezug auf die Personalkosten et- 6760 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Martin Burkert (A) was tun. Auch die Bahn braucht jeden Euro; das nur am wird es Ihnen nicht gelingen, Ihre miserable Bilanz als (C) Rande. Verkehrsminister zu kaschieren. Zurück zur Leistungs- und Finanzierungsvereinba- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) rung. Auf keinen Fall darf geschehen, dass wir, was die Dividende angeht, Druck aufbauen, der dann am Schluss Der Abstand zwischen Ihren Ankündigungen und Ihrem auf das Personal abgewälzt wird. Ich glaube, auch darauf tatsächlichen Handeln ist in etwa so groß wie der Ab- müssen wir schauen. Und wir müssen Obacht geben, stand von der Raumstation ISS zur Erde. dass keine Deckelung der Trassenpreise erfolgt, wie das im letzten Entwurf zum Eisenbahnregulierungsgesetz Sie haben mit dem Bundesverkehrswegeplan ein vorgesehen war – das steht ja auch noch an –, weil dann neues Prioritätenkonzept angekündigt. Die Engpassbe- die DB Netz AG ihre Gestaltungsmöglichkeiten verliert seitigung bei hochbelasteten Korridoren und Hauptach- und die Berechnungen zur LuFV gefährdet sind. Auch sen sollte im Vordergrund stehen. In der Kategorie „Vor- dazu an dieser Stelle einen Fingerzeig. dringlicher Bedarf plus“ sollten 80 Prozent der Mittel für überregional bedeutsame Projekte gebündelt werden. Zudem muss die Personalplanung angepasst werden. Die guten Vorsätze haben aber nicht lange gehalten: Im 1,3 Milliarden Euro mehr bedeuten mehr Personal bei Sommer wurden 27 neue Projekte begonnen – am Parla- der DB Netz AG, aber auch beim Eisenbahn-Bundesamt. ment vorbei. Die Hälfte davon waren Ortsumfahrungen Da sind wir in der Verpflichtung, weil diese Behörde ohne überregionale Bedeutung. Oder ist es jetzt etwa so, dem Ministerium untersteht. Es wäre falsch, wenn die so dass Projekte, die in Ihrem Wahlkreis oder in dem Wahl- wichtigen LuFV-Mittel nicht verbaut werden könnten, kreis Ihrer Parteifreunde liegen, automatisch Projekte weil beim EBA die Kapazitäten fehlen. mit überregionaler Bedeutung sind? Meine Damen und Herren, es gibt also noch Luft nach (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) oben. Bitte verstehen Sie mich hier nicht falsch. Mögli- che Unsicherheiten aufzuzeigen, heißt nicht, den LuFV- Der Bundesverkehrswegeplan bleibt also weiter ein Entwurf generell infrage zu stellen. Wir müssen nur Ob- Selbstbedienungsladen für Wahlkreisabgeordnete ohne acht geben. Kasse. Die neuen Prioritäten sind nichts anderes als Lip- penbekenntnisse. Zum Schluss möchte ich noch zwei Punkte nennen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Erstellung einer Kapazitätskennziffer und eines Parameters, der über die Oberflächenbeschaffenheit der Wo bleibt Ihre Investitionsoffensive zur Schaffung Gleise Auskunft gibt, ist eine große Herausforderung, (B) zusätzlicher Kapazitäten im Schienengüterverkehr? Die (D) aber auch wünschenswert. Diese sollen Auskunft geben, Anzahl der neuen Schienenprojekte in diesem Jahr be- wie wir die LuFV weiterentwickeln. Auch in puncto trägt null; sie ist nicht messbar. Schienenlärm ist das ein ganz wichtiger Punkt. Und wir brauchen weitere Anstrengungen im Bereich Barriere- (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- freiheit, Herr Minister. Wir müssen es ernst damit mei- NEN]: Blamabel! Wirklich blamabel!) nen, dass die Bahnhöfe in unserem Land barrierefrei werden. Statt des Investitionshochlaufs, von dem Sie sprechen, werden die Mittel für Bahnprojekte gekürzt. Statt (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten 1,5 Milliarden Euro wie in diesem Jahr stehen im nächs- der CDU/CSU und des Abg. Matthias Gastel ten Jahr nur rund 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Statt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) mit zusätzlichem Geld die Erhöhung der Mittel entspre- chend der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Wir bekommen Geld, und wir sollten dieses nutzen. mit der Bahn zu finanzieren, geht die Erhöhung zulasten Insofern freue ich mich, wenn die LuFV am 1. Januar der Bedarfsplanprojekte. Das ist ein Skandal. 2015 hoffentlich in Kraft tritt. Sie bleibt ein wichtiges Instrument. Die Große Koalition hat sie weiterentwi- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie ckelt. Ich hoffe, dass die Opposition der LuFV am Ende des Abg. Roland Claus [DIE LINKE]) zustimmt. In den nächsten drei Jahren werden so 900 Millionen Vielen Dank. Euro von laufenden Vorhaben abgezogen. Die Bauvor- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) haben werden also weiter in die Länge gezogen. Im Oberrheintal zwischen Basel und Karlsruhe wird be- kanntlich seit 1987 gebaut. Ich frage mich: Welches Da- Präsident Dr. Norbert Lammert: tum wollen Sie im übernächsten Jahr Ihrer Kollegin aus Das Wort erhält nun der Kollege Stephan Kühn für der Schweiz bei der Eröffnung des Gotthard-Basistun- die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. nels nennen? 2025? 2030? 2035? (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Vor oder nach dem BER?) NEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her- – Vielleicht kommt die Eröffnung des Hauptstadtflugha- ren! Herr Minister Dobrindt, mit Ihrer Parteitagsrede fens noch knapp davor. Das kann sein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6761

Stephan Kühn (Dresden) (A) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) GRÜNEN]: Die kommt leider wahrscheinlich NEN): nie!) Ich komme zum Schluss. – Im kommenden Jahr wä- ren 350 Millionen Euro mehr erforderlich, als im Haus- Während die Nutzung der Bahn als umweltfreundli- halt eingestellt sind. Was machen Sie aber mit dem Gut- cher Verkehrsträger durch das Anheben der Umlage achten? Sie stellen es nicht etwa den Verkehrs- und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verteuert wird, Haushaltspolitikern in der Haushaltsdebatte zur Verfü- senken Sie die Mautsätze. Die Einnahmen sinken in die- gung, sondern es liegt weiter im Ministerium herum. So ser Legislaturperiode um 1,4 Milliarden Euro. Das kön- setzen Sie die Nahverkehrsfinanzierung aufs Spiel. Eine nen Sie durch die Ausweitung der Maut auf weitere gut nachhaltige Verkehrspolitik sieht anders aus. 1 000 Kilometer Bundesstraßen und auf Lkw ab 7,5 Ton- nen nicht kompensieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Der Vertrag mit Toll Collect soll jetzt verlängert wer- den, und Toll Collect soll gleich auch noch die techni- sche Vorbereitung der Ausweitung der Maut für die Zeit Präsident Dr. Norbert Lammert: nach 2018 leisten. Damit ist die Systementscheidung ge- Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege fallen. Ich bezweifle, dass sich die Wettbewerber das ge- Reinhold Sendker das Wort. fallen lassen; denn diese Vertragsausweitung findet ohne (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Ausschreibung statt. Da sehe ich erhebliche Risiken. neten der SPD) Mit der Toll-Collect-Entscheidung ist auch klar: Es wird keine Maut für Fahrzeuge zwischen 3,5 und Reinhold Sendker (CDU/CSU): 7,5 Tonnen geben. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es diese Fahrzeuge ausgenommen werden. Sie verzichten ist schon sehr erfreulich, dass Einnahmen und Ausgaben somit jährlich auf Einnahmen von 900 Millionen Euro, im Bundeshaushalt erstmals seit 45 Jahren wieder über- Herr Dobrindt. einstimmen. Der erste Haushaltsausgleich seit 1969 ver- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dient es, auch in dieser Debatte gewürdigt und nicht dis- kreditiert oder schlechtgeredet zu werden. Neben dieser Lücke bei der Maut haben wir dann künftig auch noch zwei unterschiedliche Mauttechniken: (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Toll Collect und die E-Vignette. Damit haben Sie ein neten der SPD) richtig schönes Mautchaos angerichtet. Denn gerade mit Blick auf die Bewältigung der Lasten (B) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) aus der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und (D) weitere Anstrengungen in den zurückliegenden Jahren Es lohnt sich eigentlich nicht, etwas zum Thema Pkw- ist der Haushaltsausgleich 2015 ein ganz herausragendes Maut zu sagen. Für Sie vielleicht nur ein Hinweis: Auf Ergebnis unserer Politik und damit ein Erfolg unserer unserem Parteitag – Sie haben ihn vermutlich verfolgt, Koalition. aber vermutlich nicht vollständig – gab es einen Antrag, der jede Form von Pkw-Maut ablehnt. Diesen Antrag (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. will ich Ihnen zur Kenntnis geben. [SPD]) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Trotz des sogenannten Sparpakets ist auch in den zu- sowie bei Abgeordneten der LINKEN) rückliegenden Jahren intensiv in den Verkehrsinfrastruk- turbereich investiert worden. Bis 2017 baut sich die In- Beim Thema Pkw-Maut kann man Helmut Kohl zitieren: vestitionslinie auf insgesamt 12 Milliarden Euro weiter Entscheidend ist, was hinten rauskommt. – Bei der CSU- auf. Ab 2018 sind weitere Haushaltsmittel in Höhe von Maut ist das ziemlich klar: Nichts. Sie haben noch nicht 1,8 Milliarden Euro vorgesehen. Die zuletzt angespro- einmal einen Gesetzentwurf vorgelegt. Am 1. Januar chene Maut, bestehend aus Lkw- und Pkw-Maut, ver- 2016 soll die Maut aber scharfgestellt werden. Ich sage spricht uns zusätzliche Einnahmen von mehr als 2 Mil- jetzt einmal: Bei der Neujahrsparty bin ich gerne dabei. liarden Euro per annum. Damit wird sich das Delta der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Unterfinanzierung auf Sicht mehr und mehr schließen. Wenn wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach vielen Man würde sich, ehrlich gesagt, wünschen, dass Sie Jahren der Unterfinanzierung – spät, aber nicht zu spät – wenigstens halb so viel Engagement für die Sicherung zu einer befriedigenden Verkehrsinfrastrukturfinanzie- der Nahverkehrsfinanzierung aufbringen wie für die rung zurückfinden, dann ist auch diese positive Entwick- Pkw-Maut. Im Aktionsplan Klimaschutz 2020 der Bun- lung auf unseren Koalitionsvertrag zurückzuführen und desregierung wird die Nahverkehrsfinanzierung als zen- nicht zuletzt – das sei in dieser Stunde deutlich gesagt – trale Säule genannt. Was machen Sie aber? Sie kürzen auch auf das erfolgreiche Agieren unseres Ministers faktisch die Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr. Alexander Dobrindt. Sie haben eigens ein Gutachten erstellen lassen, um den Bedarf festzustellen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) Präsident Dr. Norbert Lammert: Für die verbleibenden Jahre dieser Wahlperiode, 2015 Herr Kollege. bis 2018, benötigen wir ohne Zweifel weitere Haushalts- 6762 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Reinhold Sendker (A) mittel, vor allem für dringendste Erhaltungsmaßnahmen. nicht sehen! Sie müssen das richtig verglei- (C) Lieber Kollege Kühn, da sollten Sie Ihr eigenes Credo chen!) „Erhalt geht vor Neubau“ nicht diskreditieren oder skan- Ferner ist, Herr Kollege Kindler – da sollten Sie sich dalisieren. informieren –, überhaupt nicht erkennbar, dass es bei (Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE den ausstehenden Abrechnungen der Projekte zu einer GRÜNEN]: Tun wir ja nicht! Aber Sie haben größeren Abweichung kommen könnte. zusätzliches Geld angekündigt!) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Erhalt geht vor Neubau! GRÜNEN]: Sie verschleudern da wirklich Steuergeld!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Martin Burkert [SPD]: Jawohl, Herr So stelle ich fest, dass die Einschätzung des Rechnungs- Kampeter! Erhalt vor Neubau!) hofes wohl eklatant danebenliegt, dass das Ministerium absolut richtig gerechnet hat und richtige Projektdaten Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Deutschen Bun- angesetzt hat destag ist nun über zusätzliche wachstumsfördernde und -stärkende Investitionen zu reden. Im Verkehrsbereich (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE sind sie nicht nur ganz dringend erbeten, sondern was GRÜNEN]: So ein Blödsinn!) den volkswirtschaftlichen Wachstumsschub angeht, sind und – schließlich – dass die ÖPP-Beschaffungsvariante diese Gelder bei Straßen, Schienen und Bundeswasser- ihre Wirtschaftlichkeit sehr wohl nachweisen kann. wegen ganz hervorragende Investitionen. Das sind aller- beste Zukunftsinvestitionen. Wir sollten sie hier deutlich Dass die Qualität der fertiggestellten Straßenbaupro- einfordern. jekte ohnehin ein hohes Lob verdient und gerade die deutlich kürzeren Bauzeiten im Bereich der ÖPP zu sehr (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) positiven volkswirtschaftlichen Nutzeneffekten führen, Nach unseren Erkenntnissen können wir aber nicht wissen wir. Deshalb kann es doch nicht richtig sein, dass auf die Option der öffentlich-privaten Partnerschaft ver- bei einer fortbestehenden klassischen Unterfinanzierung zichten, soweit sie sich im Einzelfall als wirtschaftlicher im Verkehrsbereich eine solche Beschaffungsvariante darstellt. Und: Ja, das tut sie. Die viel gehörte und auch nicht geprüft wird. heute wieder vorgetragene Behauptung, ÖPP führe zu (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE einer Verteuerung von Investitionen, kann ja so nicht GRÜNEN]: Es gibt die Schuldenbremse!) nachgewiesen werden. Nein, ÖPP gehört dazu! (B) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (D) GRÜNEN]: Lesen Sie mal den Bericht des (Beifall bei der CDU/CSU) Bundesrechnungshofs!) Unsere Große Koalition hat nach einem Jahr bereits Politik – diese Empfehlung gebe ich Ihnen, Herr Kollege – viel erreicht. Ich nenne vor allem die 5 Milliarden Euro beginnt mit der Betrachtung und Wahrnehmung der an zusätzlichen Haushaltsmitteln. Das war ohne Zweifel Realität. Da ist doch die entscheidende Frage: Was ist ein starker Aufschlag. Daneben nenne ich noch einmal vorher berechnet worden, und was wurde tatsächlich die Herstellung der Überjährigkeit und die zukünftig verausgabt? Ich habe diese Frage gestellt und vom mögliche komplette Mittelbewirtschaftung durch unsere Ministerium und von der Verkehrsinfrastrukturfinanzie- VIFG mit weiteren nennenswerten Vorteilen für das rungsgesellschaft, der VIFG, eine übereinstimmende Ministerium, für die Auftragsverwaltungen und für das Antwort erhalten. Parlament. Schauen wir uns doch einmal die Zwischenrechnung Lieber Kollege Eckhardt Rehberg, es ist völlig rich- an. Für den Zeitraum seit Beginn der Konzessionen im tig: Dies ist weiß Gott ein gewaltiger Paradigmen- Jahre 2007 bis Ende 2013 – bis dahin kann die Betrach- wechsel. Er bewirkt nicht nur eine deutlich bessere tung derzeit ja nur gehen – sind ursprünglich 665 Millio- Kostendarstellung, sondern auch eine sehr positive Ent- nen Euro berechnet worden. Demgegenüber wurden tat- wicklung. Dies ist ein besonderer Erfolg unserer seit ei- sächlich 667 Millionen Euro abgerechnet. Ich stelle fest: nem Jahr bestehenden Koalition. Plan- und Rechnungsergebnis sind fast passgenau. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Außerdem haben wir erreicht, dass durch die Maut- GRÜNEN]: Ja, aber Sie müssen doch die ver- ausweitung und durch die Absenkung der Mautpflicht- schiedenen Alternativen sehen!) grenze auf 7,5 Tonnen schon in dieser Legislatur nach Die Abweichung beträgt nicht, wie vom Rechnungshof Schätzungen zusätzliche Einnahmen in Höhe von irgendwie prognostiziert, 1,9 Milliarden Euro, sondern 870 Millionen Euro generiert werden. Ferner nenne ich bislang gerade einmal ganze 2 Millionen Euro. Das ist die Instandhaltung des Schienennetzes, die Vereinbarun- fürwahr ein himmelweiter Unterschied. gen zur LuFV II und die Stärkung der Innovationskraft der Deutschen Flugsicherung mit einem 500-Millionen- (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Euro-Programm bis 2019. Schließlich blicke ich auch Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das auf wichtige aktuelle Haushaltsakzente: erneut in der ist doch Quatsch! So können Sie das doch Lärmsanierung an Straße und Schiene, erneut bei unse- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6763

Reinhold Sendker (A) ren Radwegen, bei unserer Verkehrssicherheit, ferner bei liarden Euro für die Pflege der Infrastruktur an den (C) der Förderung der Zukunftstechnologien und des Um- Bahnkonzern geflossen. Trotzdem steigt die Zahl der weltschutzes, bei der Mobilitäts- und Kraftstofftechnolo- maroden Bahnbrücken, es gibt mehr Langsamfahrstel- gie sowie beim NIP, dem Nationalen Investitionspro- len, und die Zahl der Verspätungsminuten hat, wie wir gramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. jetzt gerade durch die Große Anfrage herausgefunden haben, mit über 3,5 Millionen ein Rekordniveau erreicht. Wenn man sich das alles vor Augen führt, kann man abschließend nur feststellen: Dies war und ist ein sehr er- (Kirsten Lühmann [SPD]: Im Fernverkehr! Im folgreicher Auftakt unserer Koalition in der Verkehrs- Nahverkehr ist sie gesunken!) politik für unser Land. Der Zustand der meisten kleinen Bahnhöfe im Land (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- ist erbärmlich; das ist das, was die Reisenden als Erstes neten der SPD) wahrnehmen. Konzern und Management der Deutschen Bahn AG sind auf privatwirtschaftliche Bilanzziele ge- Als weiteres Großprojekt steht nun der Bundesver- polt; das ist uns in der Anhörung noch einmal deutlich kehrswegeplan 2015 an. Die Koalition hat darüber hi- vor Augen geführt worden. Wie wir sehen, ist das im naus noch vieles auf der Agenda, allen voran die flä- Grunde volkswirtschaftlicher Unsinn, übrigens genauso chendeckende Breitbandversorgung mit 50 Megabit pro wie das Megaprojekt Stuttgart 21, bei dem Milliarden Sekunde in 2018 für den halbstädtischen und den ländli- versenkt werden. chen Raum. Der Zustand der Infrastruktur verschlechtert sich seit Ländliche Regionen – das wissen wir – erzielen in Jahren. Der Anlagebestand ist in der Laufzeit der jetzi- Bezug auf ihre Wirtschaftskraft bemerkenswerte Ergeb- gen LuFV um 1 300 Kilometer Gleise, 5 000 Weichen nisse, und es muss uns einfach gelingen, sie durch bes- und 38 Bahnhöfe reduziert worden. Aber die Infrastruk- sere Rahmenbedingungen weiter zu stärken. Lassen Sie tursparten der Bahn haben zwischen 2009 und 2013 mich hinzufügen: Wir brauchen auch einen weiteren 2 Milliarden Euro Gewinne an den Konzern ausgeschüt- Ausbau und Neubau der regionalen Straßen. Das gilt tet und fast 1 Milliarde Euro weniger investiert, als sie ganz besonders für die zentralen und wichtigen Ortsum- an Wertverlust abgeschrieben haben. gehungen. Darauf können wir nicht verzichten. (Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Kühn Präsident Dr. Norbert Lammert: [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Kollegin Leidig, darf Ihnen der Kollege Burkert Aha!) eine Zwischenfrage stellen? Ja, wir wollen und werden unsere Verkehrsinfrastruk- (B) (D) tur mit den eben genannten Ansätzen und hoffentlich auch Sabine Leidig (DIE LINKE): mit zusätzlichen Investitionen weiter voranbringen – für Aber ja. mehr Sicherheit und vor allen Dingen auch, wie es unser Minister gesagt hat, für mehr Wachstum und Wohlstand Martin Burkert (SPD): für die Menschen in unserem Land. Frau Kollegin Leidig, nachdem Sie erst die LuFV da- Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. für gelobt haben, dass uns 28 Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen, und dann aufgeführt haben, was damit (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) alles gemacht werden muss – in einigen Punkten zu Recht; wobei man anführen muss, dass die Zahl der Ver- Präsident Dr. Norbert Lammert: spätungsminuten im Schienenpersonennahverkehr ge- Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin sunken ist; das gehört zur Ehrlichkeit dazu –, frage ich Sabine Leidig das Wort. Sie an dieser Stelle, ob die Fraktion Die Linke in der Sit- zung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infra- (Beifall bei der LINKEN) struktur am nächsten Mittwoch der Beschlussfassung über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zu- Sabine Leidig (DIE LINKE): stimmen wird oder nicht. Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich will ganz kurz noch einmal zur LuFV Stellung nehmen: Sabine Leidig (DIE LINKE): Rund 4 Milliarden Euro zahlt der Bund ab 2015 an die Wir fordern – dazu haben wir auch einen Entschlie- Deutsche Bahn AG für den Erhalt der Infrastruktur. Das ßungsantrag vorgelegt –, dass nachverhandelt wird. ist deutlich mehr als bisher und im Grunde auch sehr Denn in der Anhörung im Verkehrsausschuss haben alle richtig. Experten, inklusive des von der CDU benannten Exper- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- ten von der Bahnindustrie, gesagt: Die jetzige Verhand- neten der SPD) lungsgrundlage ist so, wie sie der Bundesminister para- phiert hat, nicht gut und reicht nicht aus. Die Bahn bietet ein wichtiges Gut an. Brücken, Tunnel, Gleise und Bahnhöfe müssen flächendeckend in Schuss (Beifall bei der LINKEN) gehalten werden. Aber genau das geschieht nicht. Ich finde, das müssen Sie sich zu Herzen nehmen. Wozu In den vergangenen vier Jahren sind aufgrund der machen wir sonst eine Anhörung und laden hochkarätige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung rund 10 Mil- Leute, Expertinnen und Experten für unser Bahnsystem, 6764 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Sabine Leidig (A) ein, wenn wir dann deren Anregungen nicht berücksich- 25 Minuten erklärt, wie man eine Spannbetonbrücke (C) tigen? baut. Das war zwar rechtzeitig vor der Fertigstellung un- seres Koalitionsvertrages, in dem wir einen deutlichen (Beifall bei der LINKEN – Martin Burkert Hochlauf an Mitteln für den Bau von Verkehrsinfrastruk- [SPD]: Dann wissen wir ja Bescheid! – tureinrichtungen beschlossen haben, aber es war natür- Kirsten Lühmann [SPD]: Selbst der Bundes- lich nicht rechtzeitig, um Menschen, die sich dadurch für rechnungshof hat zugestimmt!) einen Beruf in dieser Branche interessiert haben und ihn Insofern müssen wir sehen, was dabei herauskommt. eventuell auch ergreifen wollen, also zukünftige Fach- leute, für die Umsetzung unserer Pläne einzusetzen. Das, De facto gab es während der Laufzeit der letzten was wir im Koalitionsvertrag versprochen haben, halten LuFV – damit fahre ich in meiner Rede fort – in Bezug wir. Das zeigt auch dieser Haushalt. Die zusätzlichen auf das Schienennetz massive Desinvestitionen. Das ist Mittel für Straße, Schiene und Wasserstraße sind darin das Gegenteil dessen, was hier angeblich alle wollen. nämlich abgebildet. Diese Verhältnisse müssen sich ändern. Dafür hat der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG Verant- Meine Vorredner haben es bereits gesagt: Auch aus wortung. Wenn die Bürgerinnen und Bürger so viel dem vom Finanzminister für das nächste Jahr angekün- Steuergeld für die Bahn aufbringen, dann haben Bundes- digten Investitionsprogramm werden unbestritten wich- regierung und Bundestag dafür zu sorgen, dass die Ge- tige Teile in die Verkehrsinfrastruktur und in den Breit- genleistung stimmt. Mit der neuen Vereinbarung, der so- bandausbau fließen. Nachdem wir mit viel Geld das genannten LuFV II, wird das nicht gelingen. Ich sprach Spatenstichprogramm, das von der letzten Bundesregie- gerade davon, dass dies in der Expertenanhörung darge- rung aufgelegt wurde, ausfinanziert haben, haben wir legt worden ist. Der Bundesrechnungshof hat eine expli- jetzt endlich die Spielräume, vermehrt Geld in den Er- zit sehr kritische Stellungnahme dazu vorgelegt. Er emp- halt zu geben, zum Beispiel in den Bau von Spannbeton- fiehlt, die LuFV II so nicht abzuschließen. brücken, und das ist auch gut so, meine Kollegen und Kolleginnen. Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass der Rech- nungsprüfungsausschuss und der Haushaltsausschuss (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten sich damit noch befassen werden. Dennoch haben wir der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler gehört, dass der Bundesverkehrsminister die Vorlage pa- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt ein raphiert hat; das mussten wir in der Zeitung lesen. Ich neues Spatenstichprogramm! Es gibt 27 neue weiß nicht, was das heißt. Sie sagen, das Ganze ist nicht Straßen! Das ist ein neues Spatenstichpro- abgeschlossen. Andere sagen, das Ganze ist abgeschlos- gramm!) (B) sen. Ich finde, das ist gegenüber der Bevölkerung nicht Der Haushalt zeigt auch: Der Verkehr wird seinen (D) verantwortlich. Außerdem ist das eine Ohrfeige fürs Par- Beitrag zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung lament. leisten. Es wurde mehrfach erwähnt: 2015 haben wir die (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. letzten Mittel für das Nationale Innovationsprogramm Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in den GRÜNEN]) Haushalt eingestellt. Damit sind alle Programme bis 2017 ausfinanziert. In unserem Entschließungsantrag verlangen wir, nachzuverhandeln. Ich hoffe, dass Sie hier alle zustim- Wasserstoff und Sauerstoff werden für sich oder zu- men. Sie sollten dem Antrag nach dem jetzigen Stand sammen zu einer unerschöpflichen Quelle von der Debatte alle zustimmen können. Darüber hinaus sind Wärme und Licht werden, von einer Intensität, die wir Linken allerdings der Meinung, dass die Bahn end- die Kohle überhaupt nicht haben könnte; das Was- lich von diesem unseligen Privatisierungskurs wegmuss; ser ist die Kohle der Zukunft. denn statt Bilanzgewinne brauchen wir eine klare Aus- Das schrieb Jules Verne im Jahr 1874 in seinem Roman richtung des Unternehmens am Gemeinwohl: für den Die geheimnisvolle Insel. Nun, liebe Kolleginnen und langfristigen Erhalt und auch für den Ausbau der Schie- Kollegen, 140 Jahre später, sind wir mit unserem Pro- neninfrastruktur. gramm auf einem guten Weg, Wasserstoff als Antriebs- Danke schön. stoff flächendeckend auf deutschen Straßen einzusetzen. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ein weiterer wichtiger Baustein der Kraftstoffstrate- Kirsten Lühmann erhält nun das Wort für die SPD- gie ist die Verlängerung der Steuerbegünstigung von Fraktion. Erdgas und Autogas über das Jahr 2018 hinaus. Diese Entscheidung ist zeitnah nötig. Denn im nächsten Jahr (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten werden bei vielen Busunternehmen und Spediteuren der CDU/CSU) Kaufentscheidungen für Flotten fällig. Der höhere An- schaffungspreis für die CO2-sparenden Erdgasfahrzeuge Kirsten Lühmann (SPD): lohnt sich nur dann, wenn über die gesamte Nutzungs- Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! dauer verlässlich mit geringeren Betriebskosten geplant Anfang 2013 wurde in der Sendung mit der Maus in werden kann. Schon jetzt gibt es Hersteller, die in ihrer Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6765

Kirsten Lühmann (A) Angebotspalette keine Erdgasfahrzeuge mehr führen. zen und rechtzeitig entsprechende Projekte in Brüssel (C) Erste Erdgastankstellen schließen. Liebe Kollegen, liebe anmelden. Kolleginnen, das können wir nur dadurch vermeiden, in- dem wir zügig diese Entscheidung treffen. Daran müs- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten sen wir alle gemeinsam arbeiten. der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Nach den Haushaltsberatungen warten aber weitere der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE Aufgaben auf uns, zum Beispiel die Umsetzung unserer GRÜNEN) Vereinbarung zur Lkw-Maut. 2015 werden wir eine Er- weiterung auf Lkw ab 7,5 Tonnen haben und zusätzliche Im Bereich öffentlicher Personennahverkehr müssen 1 100 Kilometer Bundesstraßen bemauten. Aber, liebe wir, glaube ich, noch nacharbeiten. Wir feiern in diesem Kolleginnen und Kollegen, Regeln machen nur dann Jahr 20 Jahre Bahnreform. Einiges ist noch zu verbes- Sinn, wenn ihre Einhaltung auch überwacht wird. Unter- sern, aber insgesamt gibt es eine positive Entwicklung, suchungen haben gezeigt: Die Bereitschaft, sich an Re- insbesondere im Nahverkehr. Denn unsere damalige geln und Vorschriften zu halten, steigt, wenn es ein ho- Entscheidung, Nahverkehr als Daseinsvorsorge zu defi- hes Risiko gibt, erwischt zu werden, wenn man gegen sie nieren, ihn aus Steuermitteln zu finanzieren und den verstößt. Nun hat uns die EU bescheinigt: Bei den soge- Ländern die Verteilung dieser Mittel zu übertragen, war nannten Unterwegskontrollen von Lkw können wir noch eine gute und erfolgreiche Entscheidung. Das zeigen die besser werden. Das liegt nicht an denen, die diese Auf- Fahrgastzahlen, die seit 20 Jahren kontinuierlich steigen. gabe für uns durchführen, also an den Männern und Sie sind von 8,6 Milliarden Personen pro Jahr auf Frauen des Bundesamtes für Güterverkehr, die im Stra- 9,9 Milliarden Fahrgäste im letzten Jahr gestiegen. ßenkontrolldienst Hervorragendes für mehr Sicherheit leisten und im Mautkontrolldienst dafür sorgen, dass Die Vereinbarung zu dieser Finanzierung galt bis Mauteinnahmen in voller Höhe fließen. Ich möchte hier 2014, und beinhaltete eine jährliche Steigerung um ausdrücklich diesen Männern und Frauen für ihren wich- 1,5 Prozent. Die Verhandlungen zwischen Bund und tigen und auf den Autobahnen gefährlichen Dienst dan- Ländern sind noch nicht abgeschlossen. Beide haben ei- ken. nen Gutachter beauftragt. Beide Gutachter haben unter- schiedliche Zahlen für den Finanzbedarf vorgelegt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Beide Gutachter haben aber auch einen deutlich höheren der CDU/CSU) Finanzbedarf als die im Haushalt veranschlagten 7,3 Milliarden Euro für 2015 ermittelt. Der Haushalt sieht für die Durchführung dieser zu- sätzlichen Kontrollen 30,5 zusätzliche Stellen vor. Ange- (B) (Beifall bei der SPD – Stephan Kühn [Dres- sichts der momentanen Situation beim Personal müssen (D) den] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir ha- wir sehr aufmerksam beobachten, ob dieser Stellenauf- ben einen Antrag vorgelegt!) wuchs ausreichend ist. Wir werden ein Auge darauf ha- ben. Es muss funktionieren; denn wir wollen, dass si- Ich bin mir sicher, dass die Verhandlungen zwischen chere Fortbewegung kein Konzept bleibt, sondern für Bund und Ländern im nächsten Jahr erfolgreich abge- die Menschen erlebbar wird. Auch dazu hat dieser Haus- schlossen werden. Bis dahin gelten die alten Bedingun- halt wichtige Impulse gesetzt. gen – ich denke, darin sind wir uns einig –, also 7,3 Mil- liarden Euro plus 1,5 Prozent Preissteigerung. Die Herzlichen Dank. Preissteigerung ist im Haushalt noch nicht abgebildet. Aber ich bin mir sicher, Herr Minister Dobrindt, Sie (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten werden eine Lösung finden, damit das Geld auch im der CDU/CSU) nächsten Jahr fließen kann. Dafür haben Sie unsere un- eingeschränkte Unterstützung. Präsident Dr. Norbert Lammert: (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Tabea Rößner hat nun das Wort für die Fraktion der CDU/CSU) Bündnis 90/Die Grünen.

Wir haben hier oft über die Wichtigkeit des Breit- Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): bandausbaues gesprochen, zuletzt in der Debatte zu un- serem Antrag. Es ist gut, dass sich Bund und Länder Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! jetzt geeinigt haben, dass die Erlöse aus den Frequenz- Herr Minister, Ihr Haus ist ja das Ministerium für Ver- versteigerungen von beiden Seiten in den Breitbandaus- kehr und digitale Infrastruktur. Deshalb beraten wir bau investiert werden. Wir haben einen Haushaltstitel heute abschließend auch über den Haushalt für die digi- geschaffen, der sicherstellt, dass die Erlöse auch da an- tale Infrastruktur. Nur, da gibt es nichts zu beraten. Sie kommen, wo sie dringend benötigt werden. Wir werden haben zwar einen Titel geschaffen, aber da steht nichts diesbezüglich ein Programm auflegen, das sich auf den drin. Sagen wir es offen und ehrlich, wie es ist: Sie stel- Netzaufbau im ländlichen Raum konzentriert. Dieses len keinen Cent für den Breitbandausbau in Deutschland Programm korrespondiert auch mit dem neuen Europäi- für das nächste Jahr zur Verfügung. schen Fonds für Strategische Investitionen, EFSI. Es ist Wo also investieren Sie in die Zukunft? wichtig, dass wir dieses Geld aus der EU sowohl für den Breitbandausbau als auch für Verkehrsinvestitionen nut- (Zuruf von der SPD: Überall!) 6766 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Tabea Rößner (A) Sie setzen den technologischen Fortschritt aufs Spiel. Wir sind der Meinung: Deutschland braucht Breit- (C) Sie lassen die ländlichen Regionen zurück, und Sie ris- band. Ohne schnelles Netz wird die Wirtschaft abge- kieren sogar den Erfolg der Energiewende. Das ist ver- hängt. Ohne Anschluss verlieren viele Bürgerinnen und antwortungslos. Bürger den Anschluss. Wir meinen es ernst mit der Ener- giewende. Wir brauchen mehr Energieeffizienz. Dazu (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) brauchen wir Breitband, zum Beispiel um Smart Mete- Dafür, dass die digitale Agenda ein Schwerpunkt die- ring, energieeffiziente Serverparks oder eine effizientere ser Bundesregierung sein soll, ist das nicht nur wenig, Logistik voranzubringen. sondern gar nichts. Sie pokern mit Einnahmen aus einer Eine konkrete Milliarde Euro für eine konkrete Zu- Frequenzversteigerung, von der noch keiner weiß, wann kunft statt Konjunktive mit Frequenzversteigerungen – sie kommt und wie viel sie bringen wird. Vom Gewinn das legen wir vor. Nun sind Sie am Zug. müssen Sie auch noch Entschädigungen zahlen, zum Beispiel an Mikrofonanlagenbetreiber, die sich neue An- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lagen zulegen müssen. Und Sie müssen die Einnahmen mit den Ländern teilen. Da bleibt von dem Ungefähren Präsident Dr. Norbert Lammert: nicht mal die Hälfte. Ich frage Sie: Was ist das eigentlich Letzter Redner zu diesem Einzelplan ist der Kollege für eine unseriöse Politik, mit ungewissen Einnahmen Ulrich Lange für die CDU/CSU-Fraktion. aus einer Versteigerung in der Zukunft zu planen? Sie können doch auch nicht Ihr Eigenheim mit einem mögli- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- chen Lottogewinn finanzieren. Das haut Ihnen doch je- neten der SPD) der Buchhalter um die Ohren. Ulrich Lange (CDU/CSU): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, sowie des Abg. Herbert Behrens [DIE nach einem Jahr Verkehrspolitik unter unserem Minister LINKE]) Alexander Dobrindt und unserer gemeinsamen Großen Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Koalition kann man eines sagen: eine echte Spitzenbi- Sie, Herr Dobrindt, sind der große Verlierer dieser Haus- lanz! haltsrunde. Das, was Sie hier machen, ist mutlos und zu- (Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und kunftsvergessen. Wir können nicht immer nur warten: des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – auf die Unternehmen und ihre Investitionen, auf Erlöse Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE aus Versteigerungen, auf ein Wunder, das weiße Flecken GRÜNEN]: Märchenstunde!) (B) tilgt. Wir müssen handeln, und zwar jetzt! Wenn wir (D) nicht wollen, dass dieses Land den Anschluss komplett LuFV II geschafft! WSV-Reform geschafft! Investitions- verliert, müssen wir das jetzt endlich tun. hochlauf begonnen! Vertiefung und Verbreiterung der Lkw-Maut auf dem Weg! Mehr Geld für Lärmschutz! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mehr Geld für Radwege! Mehr Geld für Verkehrssicher- sowie des Abg. Herbert Behrens [DIE heit! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und LINKE]) Kollegen, das ist eine Erfolgsbilanz. Wir Grüne haben vorgelegt: 1 Milliarde Euro für den (Beifall bei der CDU/CSU – Roland Claus Breitbandausbau. Diese eine Milliarde hatten Sie ur- [DIE LINKE]: Lärmschutz braucht man bei sprünglich einmal eingeplant, aber dann aus dem Koali- Ihrer Rede!) tionsvertrag gestrichen. Mit dieser Milliarde, die wir nun Liebe Kollegen der Grünen, lieber Kollege Kindler, über unseren Entschließungsantrag zur Verfügung stel- lieber Kollege Kühn, Ihre Haushaltsreden waren Frust- len wollen, machen wir Ihre Hausaufgaben. reden. Wir wollen in die Förderung investieren. Damit kön- (Martin Burkert [SPD]: Das ist eine Bewer- nen erste Regionen, wo sich Investitionen für die Unter- bungsrede!) nehmen nämlich nicht lohnen, angeschlossen werden, vielleicht sogar im Wahlkreis des Ministers in Bayern. Sie haben uns hier Frustreden aus der Mottenkiste der Des Weiteren stellen wir Bürgschaften über die KfW in Mobilitätsverweigerung geboten. Mehr war das nicht. Aussicht, damit investitionswillige Unternehmen bes- (Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNIS- sere Chancen auf Kredite von ihrer Hausbank haben. SES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Wenn Sie Ihren Job nicht tun, dann muss halt die Oppo- Dr. [DIE LINKE] – Stephan Kühn sition ran. [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie starke Worte!) des Abg. Roland Claus [DIE LINKE]) Wir brauchen eine leistungsfähige Verkehrsinfra- struktur, wir brauchen den Ausbau und den Neubau un- Außerdem wollen wir einen Baustellenatlas, auf dem serer Verkehrswege – wenn man sich die Verkehrspro- geplante größere Tiefbauarbeiten verzeichnet sind. gnosen anschaut. Wenn bei ohnehin aufgerissenen Straßen Kabel oder Leerrohre mitverlegt werden, können die Kosten für den (Zuruf der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜND- Breitbandausbau deutlich gesenkt werden. NIS 90/DIE GRÜNEN]) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6767

Ulrich Lange (A) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns doch Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (C) hier alle einig. Wir sind doch überwiegend Verkehrspoli- Vielen Dank. Ich werde dann auch einmal eine Zwi- tiker, und wenn wir zusammenstehen, sagt jeder: Natür- schenfrage von Ihnen zulassen, während ich rede. lich haben wir Nachholbedarf, natürlich ist hier ein ho- her Investitionsbedarf gegeben. Es ist sehr oft die LuFV II erwähnt und von der Re- gierungskoalition gelobt worden. Sie hatten gerade das (Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Thema Brücken angesprochen. Wir haben ja einen mas- NEN]: Frisches Geld halt!) siven Verfall bei den Brücken zu verzeichnen, auch schon während der Laufzeit der LuFV I. Selbst die Bun- Dabei ist völlig egal, welche Kommission tagt oder wer desregierung musste auf eine Kleine Anfrage meiner uns dies bestätigt. Damit ist auch eines klar: Wir Ver- Fraktion hin einräumen, dass es da massive Fehlallokati- kehrspolitiker arbeiten, ja – ich sage es so deutlich –, wir onen gibt. kämpfen um mehr Geld von den zusätzlichen Milliar- den. Jetzt sagten Sie, für Brücken würden Qualitätskenn- ziffern vergeben und es gebe Pönalisierungen. Herr Kol- Liebe Kollegin Lühmann, ich gebe Ihnen recht bei lege, Sie wissen aber auch, dass nur ein kleiner Teil der dem, was Sie zu Jahresbeginn gesagt haben – ich zitiere –: Brücken entsprechend erfasst wird, nämlich nur knapp Die Unterfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur 1 000 von insgesamt 25 000 Brücken. Glauben Sie allen kann nur mit deutlich mehr Geld aus dem Bundes- Ernstes, dass man, wenn man so etwas mit der LuFV II haushalt beseitigt werden. machen will, dann tatsächlich Fehlallokationen vermei- det, also erreicht, dass das Geld wirklich für den Erhalt (Kirsten Lühmann [SPD]: Ja!) der Brücken verwendet wird? Was ist dann mit den an- Wir wissen uns, lieber Kollege Burkert, in dieser Frage deren 24 000 Brücken? Auch an diese müssen wir heran- Seit’ an Seit’, um Ihre Worte von vorhin zu zitieren. gehen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und SES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – der SPD – Martin Burkert [SPD]: „Seit’ an Martin Burkert [SPD]: Die sind noch nicht Seit’“, das ist zutiefst sozialdemokratisches 100 Jahre alt!) Gedankengut!)

Wir haben vieles erreicht. Wir haben die Leistungs- Ulrich Lange (CDU/CSU): und Finanzierungsvereinbarung II in intensiven Gesprä- Lieber Kollege Gastel, ich wusste nicht, dass alle chen und einer, wie ich denke, sehr guten Anhörung bei 25 000 Brücken circa 100 Jahre alt und vom Einsturz be- (B) uns im Verkehrsausschuss beschlossen, genehmigen droht sind. (D) werden wir sie am 3. Dezember. Wir machen dabei et- was ganz Wichtiges – auch Kollege Burkert hat das (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE schon angesprochen –, wir sehen nämlich ausdrücklich GRÜNEN]: Aber mindestens doppelt so viele, für die Achillesferse Brücken eine Qualitätskennziffer wie in der LuFV II stehen!) vor und pönalisieren im Zweifel auch Versäumnisse. Das Vielmehr sind genau solche Brücken herausgesucht wor- heißt, wir sind auf dem richtigen Weg. den, und genau für die Brücken wird jetzt Verantwortung Lieber Bundesminister, wir haben mit dem Bahn- übernommen, TÜV und dem damit effizienteren und schnelleren Zu- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE lassungsverfahren ein Gesetz auf den Weg gebracht, das GRÜNEN]: Nur für die Hälfte!) wir alle dringend brauchen. Denn was hatten wir mehr, als Diskussionen darüber, wie lange es dauert – – die dringend sanierungsbedürftig sind. Es ist sogar vor- geschrieben, in welcher Form an den Brücken die Sanie- rung vorgenommen werden muss. Wir halten das für ei- Präsident Dr. Norbert Lammert: nen richtigen, guten und ausreichenden Ansatz. Darf der Kollege Gastel Ihnen eine Zwischenfrage stellen? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nur für die Ulrich Lange (CDU/CSU): Hälfte!) Ja. Ich hätte den Satz aber auch noch zu Ende gespro- chen. Wir haben zusätzliches Geld für den Lärmschutz be- reitgestellt, weil, wie wir alle wissen – wir reden ja gerne Präsident Dr. Norbert Lammert: darüber, dass Verkehre auf die Schienen verlagert wer- den sollen –, Schienenverkehr nur dann akzeptiert wird, Dem steht auch nichts im Wege, Herr Kollege. wenn der Lärmschutz für die Menschen gewährleistet ist, die entlang der Bahntrassen wohnen. Genau diese Ulrich Lange (CDU/CSU): Akzeptanz wollen wir damit fördern. Ich denke, dieses Herr Kollege, wenn Sie wollen, dann bitte. Geld ist gut angelegt. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall der Abg. Kirsten Lühmann [SPD] – GRÜNEN]: Großzügig!) Kirsten Lühmann [SPD]: Das sehe wohl nur 6768 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Ulrich Lange (A) ich so! Aber wenn wir beide das so sehen, ist geben, dass teilweise nur bauliche Maßnahmen Abhilfe (C) das ja okay!) schaffen, indem dort Gefahrenstellen entschärft werden, sei es durch Zwei-plus-eins-Ausbau, sei es dadurch, dass – Wir sehen das so. man – liebe Kollegin Hagedorn, auch das gehört zur Ver- Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch den Luftver- kehrssicherheit – Verkehre aus den Orten nimmt; das kehr stärken wir. Das ist schon angesprochen worden. Wort dafür heißt „Ortsumfahrung“. Mit einer halben Milliarde Euro über fünf Jahre für die (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Deutsche Flugsicherung leisten wir einen wesentlichen Bettina Hagedorn [SPD]) Beitrag dazu, dass die drohenden hohen Gebührenerhö- hungen für die Luftfahrtunternehmen vermieden oder Wir bringen den Breitbandausbau deutlich voran. Das abgeschwächt werden. Das ist wichtig angesichts der Si- Kursbuch Netzausbau der Netzallianz, lieber Bundes- tuation des Luftverkehrs in Deutschland. Im Luftverkehr minister, liebe Staatssekretärin Dorothee Bär, ist ein kla- stellt sich eine enorme Herausforderung. Das haben wir rer Kompass auf dem Weg zu dem in unserem Koali- in den vergangenen Tagen und Wochen sehr deutlich zu tionsvertrag verankerten Ziel, dass auch in der Fläche für spüren bekommen. jeden mindestens 50 Megabit pro Sekunde möglich sein (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – sollen. Das, was jetzt folgen muss und wird, sind das Martin Burkert [SPD]: Vor allem wegen Bo- Breitbandinfrastrukturausbaugesetz und natürlich die dennebels!) Verwendung des Geldes aus der Digitalen Dividende II. Wir sagen dazu ganz deutlich: Wir werden auf die Ver- Wir haben die Reform der WSV geschafft. Das war ja sorgungsauflage achten; denn sie hat Auswirkungen auf keine Selbstverständlichkeit. Ich glaube aber, das war den ländlichen Raum. Die Breitbandversorgung im länd- ein guter und richtiger Prozess. Also ist auch das ein lichen Raum ist eine unserer Hauptaufgaben. Punkt in der positiven Bilanz. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Ferner wird die Nutzerfinanzierung weiterentwickelt. der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜND- Die Verlängerung des Betreibervertrags mit Toll Collect NIS 90/DIE GRÜNEN]: Da macht ihr nichts! sichert – so hat es der Minister vorhin bereits ausgeführt – Kein Geld im Haushalt!) die Einnahmen aus der Verbreiterung und Vertiefung der Lkw-Maut. Wir wollen darüber hinaus die Lkw-Maut Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusätzlich zur Ver- weiter ausdehnen: ab 2018 auf alle Bundesstraßen. Das fügung stehende Mittel sind im Verkehrsetat und im Etat ist ein wesentlicher Baustein zur Infrastrukturfinanzie- für die digitale Infrastruktur sehr gut angelegt – für Er- rung. Ich glaube, auch da sind wir uns einig. halt und für Neubau. Damit diese Debatte nicht schräg (B) wird, darf ich hier noch einmal darauf hinweisen, dass (D) Wir bringen aber auch die Infrastrukturabgabe auf wir 2005 1,4 Milliarden Euro in den Erhalt gegeben ha- den Weg, zum einen, um die Gerechtigkeitslücke zu ben und für 3 Milliarden Euro neu gebaut haben. Der schließen, zum anderen, weil wir der Meinung sind, dass Bundeshaushalt 2015 sieht aber nur noch 1,2 Milliarden 500 Millionen Euro Mehreinnahmen netto kein Witz Euro für den Neubau vor und 2,8 Milliarden Euro für sind, sondern auch einen wesentlichen Baustein zur In- den Erhalt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind frastrukturfinanzierung darstellen. also längst auf der Straße des Erhalts; aber wir dürfen (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian den Neubau nicht aus dem Auge verlieren. Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo- (Beifall bei der CDU/CSU) her wissen Sie das, dass das so kommt?) Dort, wo wir baureife Projekte aus einem 2003 von Wir finanzieren Radwege, lieber Kollege Kindler. Wir der rot-grünen Koalition konsentierten Bundesverkehrs- freuen uns, wenn wir gemeinsam auf dem „Radweg wegeplan haben, sollen und dürfen diese Projekte umge- Deutsche Einheit“ von Bonn nach Berlin oder von Berlin setzt werden. Dort, wo wir Erhalt vornehmen müssen, nach Bonn radeln werden. Wir glauben, dass es 25 Jahre werden wir ihn vornehmen. Bestes Beispiel dafür ist die nach dem Mauerfall ein wunderbares Signal ist, einen Rheinbrücke in Leverkusen, wo man sogar gesetzlich tä- solchen „Radweg Deutsche Einheit“ in unserem Vater- tig wird, damit wir in den Erhalt gehen können. land einzurichten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Wir glauben, wir gehen den richtigen Weg. Wir ver- Bettina Hagedorn [SPD]) abschieden einen guten Verkehrshaushalt. Wir haben eine starke Investitionshochlaufperspektive. Deutsch- Dank der Verkehrsprognose 2030 wissen wir, dass die land braucht Mobilität für Wohlstand. Das ist unser poli- Verkehre stark zunehmen werden. Deshalb, liebe Kolle- tisches Projekt. ginnen und Kollegen, investieren wir und nehmen auch Geld für die Verkehrssicherheit in die Hand. Verkehrs- Danke schön. sicherheit heißt: Präventionsprogramme, Projekte für (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Fahranfänger, Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten. neten der SPD) Ich will keinen Hehl daraus machen – das wissen wir alle –, dass die Haupttodesfalle die Landstraße ist; dort geschehen die meisten Unfälle. Da sind Präventionspro- Präsident Dr. Norbert Lammert: gramme das eine. Wir müssen aber andererseits auch zu- Ich schließe die Aussprache. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6769

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan Die Berichterstatter für das Haushaltsgesetz 2015 so- (C) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra- wie für den Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 sind struktur in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – die Abgeordneten Norbert Barthle, Johannes Kahrs, Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesine Lötzsch und Sven-Christian Kindler. Einzelplan mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Eine Aussprache ist in der zweiten Beratung nicht vorgesehen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.19 auf: Wir kommen jetzt in zweiter Lesung zur Abstimmung Einzelplan 32 über das Haushaltsgesetz 2015 in der Ausschussfassung. Bundesschuld Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Drucksache 18/2821 Linke auf der Drucksache 18/3329 vor. Wer stimmt für Berichterstatter sind die Abgeordneten Norbert diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer Barthle, Johannes Kahrs, Gesine Lötzsch und Sven- enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag mit den Christian Kindler. Stimmen der Koalition bei Stimmenthaltung der Frak- Eine Aussprache hierzu ist nicht vorgesehen, sodass tion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. wir über diesen Einzelplan gleich in der Ausschussfas- Jetzt kommen wir zur Abstimmung über das Haus- sung abstimmen können. Wer für diese Beschlussemp- haltsgesetz 2015 in der Ausschussfassung. Wer stimmt fehlung stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das (Unruhe) Haushaltsgesetz 2015 ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposi- – Es gibt offenkundig noch ein kleines Orientierungspro- tion angenommen. blem. Wir reden im Augenblick über den Einzelplan 32 – Bundesschuld – in der Fassung des Haushaltsausschus- Wir kommen zum Finanzplan des Bundes 2014 bis ses. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzei- 2018 auf den Drucksachen 18/2001 und 18/2002. Der chen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Mit Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf der Mehrheit der Koalition gegen die Opposition ist die- der Drucksache 18/2826, den Finanzplan zur Kenntnis ser Einzelplan angenommen. zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- lung? – Möchte jemand dagegen stimmen? Oder sich Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.20 auf: enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit hat das Haus Einzelplan 60 den Finanzplan des Bundes für die Jahre 2014 bis 2018 Allgemeine Finanzverwaltung einvernehmlich zur Kenntnis genommen. (B) (D) Drucksache 18/2822 Ich rufe den Tagesordnungspunkt II auf: Berichterstatter sind die gerade genannten Abgeord- Dritte Beratung des von der Bundesregierung neten sowie zusätzlich die Kollegen Norbert eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Brackmann, Thomas Jurk, Hans-Ulrich Krüger und Feststellung des Bundeshaushaltsplans für Tobias Lindner. das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz Zu dem Einzelplan 60 liegen ein Änderungsantrag 2015) und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor. Über den Entschließungsantrag werden wir nach der Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2802, 18/2805, Schlussabstimmung abstimmen. 18/2806, 18/2807, 18/2808, 18/2809, 18/2810, 18/2811, 18/2812, 18/2813, 18/2814, 18/2815, Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen 18/2817, 18/2818, 18/2821, 18/2822, 18/2823, gleich zur Abstimmung über den Einzelplan 60 in der 18/2824, 18/2825 Ausschussfassung. Es wurden ein gemeinsamer Entschließungsantrag Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, Fraktion Die Linke auf der Drucksache 18/3327 ab. Wer sieben Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke so- stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dage- wie acht Entschließungsanträge der Fraktion Bünd- gen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungs- nis 90/Die Grünen eingebracht, über die wir nach der antrag gegen die Stimmen der Antragsteller mit den Schlussabstimmung abstimmen werden. Stimmen des Hauses im Übrigen abgelehnt. Über das Haushaltsgesetz und einen Entschließungs- Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen werden wir Einzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung – in der später namentlich abstimmen. Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt da- gegen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 60 ist mit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Op- die Aussprache 96 Minuten vorgesehen – Ich höre kei- position angenommen. nen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.21 auf: Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Haushaltsgesetz 2015 Kollegin Gesine Lötzsch, Drucksachen 18/2824, 18/2825 (Beifall bei der LINKEN) 6770 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) der ich bei dieser Gelegenheit stellvertretend für alle zahlen sollen, wenn gleichzeitig große Konzerne ihre (C) Mitglieder des Haushaltsausschusses den Dank des Hau- Steuerlast im Ausland auf 1 Prozent eindampfen lassen ses übermitteln möchte. In bewährter Form hat uns der können? Ich sage Ihnen: Herr Juncker ist nicht unser ein- Haushaltsausschuss in die Lage versetzt, konzentriert ziges Problem. Die Bundesregierung hat es versäumt, und prägnant über die Vorlagen nicht nur zu reden, son- dafür zu sorgen, dass Steuerhinterziehung in ganz Eu- dern auch abzustimmen, wie wir das heute Mittag ab- ropa bekämpft wird. Steuersparmodelle gibt es weiterhin schließend tun werden. in Irland, in den Niederlanden und in Großbritannien. Damit haben wir eine Verantwortung: Wir müssen dafür (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- sorgen, dass europaweit Steuerhinterziehung – oder, wie neten der SPD) es jetzt neudeutsch heißt, Steuervermeidung – nicht Bitte schön, Sie haben das Wort. mehr möglich ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- GRÜNEN]) ren! Liebe Gäste auf den Tribünen! Zuerst möchte ich Es gibt nur zwei seriöse Wege, zu einem ausgegliche- mich einmal bei allen ehrlichen Steuerzahlern und nen Haushalt ohne neue Schulden zu kommen: Entweder Steuerzahlerrinnen in unserem Land bedanken; denn müssen die Ausgaben gekürzt werden oder die Einnah- ohne sie könnten wir keine Haushaltsverhandlungen füh- men erhöht werden. Ich finde, wir müssen uns alle mal ren und keinen Haushalt beschließen. Da können ja alle klarmachen: Wenn wir wirklich einen zukunftsgerech- mal klatschen. ten, ausgeglichenen Haushalt haben wollen, dann müs- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- sen wir dafür sorgen, dass unsere Einnahmen deutlich neten der CDU/CSU, der SPD und des BÜND- erhöht werden. NISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der LINKEN) Gleichzeitig möchte ich mich allerdings bei den Steuer- Dabei ist der erste Schritt, dass wir endlich wirksam die zahlern für diese Bundesregierung entschuldigen, die es Steuerhinterziehung und die Steuervermeidung bekämp- Steuerbetrügern immer noch sehr einfach macht, Steuern fen. Dann ist der zweite Schritt, dass wir endlich bei zu hinterziehen. Damit muss endlich Schluss sein, meine denjenigen Steuern erheben, die riesige Vermögen ange- Damen und Herren. häuft haben und nach der Krise noch reicher sind als vor (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der Krise, und zwar so, dass es nach Recht und Gesetz geht. (B) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (D) Ich hatte bei der Kanzlerin schriftlich angefragt, ob (Beifall bei der LINKEN) sie überhaupt schon ein einziges Mal öffentlich zum Äußerst erstaunt war ich, Herr Schäuble, als Sie am skandalösen Steuerhinterzieher Juncker Stellung genom- Dienstag in Ihrer Rede davon sprachen, dass Sie keine men hat. Immerhin soll allein für Deutschland ein Scha- Investitionslücke in Deutschland erkennen können. den von mindestens 30 Milliarden Euro entstanden sein, weil deutsche Konzerne mithilfe von Luxemburg den (Johannes Kahrs [SPD]: Immerhin haben Sie deutschen Staat betrügen konnten. zugehört! Das ist selten bei Ihnen! – Gegenruf des Abg. Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wo machen wir immer!) haben Sie das denn her?) Sie haben sich dabei auf den Sachverständigenrat bezo- Nein, die Kanzlerin hat sich natürlich nicht kritisch zu gen. Der Sachverständigenrat – man höre und staune – Herrn Juncker geäußert. Dafür hat sie stellvertretend den überschreibt sein aktuelles Gutachten mit dem Spruch: Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer „Mehr Vertrauen in Marktprozesse“. scharf kritisiert, obwohl der gar nichts Illegales gemacht hat. Er hat nur das Streikrecht wahrgenommen. Die (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Guter Slo- Kanzlerin meinte, sich in einen Streik einmischen zu gan!) müssen. Sie sagte: „Aber es gibt eine Gesamtverantwor- Da frage ich mich: Leben diese Professoren eigentlich in tung.“ Ich frage mich und Sie: Warum gibt es keine ver- einer anderen Welt? gleichbare Aussage der Kanzlerin zu den Steuersparmo- dellen von Herrn Juncker? (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: In der Reali- tät!) (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Wir erleben doch fast täglich, wie die Märkte versagen. GRÜNEN]) Wir haben uns immer noch nicht von der Finanzkrise 2008 erholt, und schon kommen die Marktradikalen wie- Der müsste doch auf den Titelseiten angeprangert wer- der aus ihren Verstecken und predigen Theorien, die die den, nicht ein Gewerkschaftsfunktionär. Wirklichkeit bereits bitter widerlegt hat. Damit sollte doch endlich Schluss sein. Meine Damen und Herren, wie will diese Bundes- regierung den ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuer- (Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald zahlern eigentlich noch erklären, dass sie weiter Steuern [DIE LINKE]: Piketty lesen!) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6771

Dr. Gesine Lötzsch (A) Die OECD hat das für Deutschland prognostizierte In den 53 Stunden der Haushaltsberatungen wurden (C) Wachstum halbiert und hat festgestellt, dass die Euro- 777 Anträge beraten und über 1 000 Abstimmungen Zone „in gewisser Weise ein Schwachpunkt für die Welt- durchgeführt. Es wurden etliche Liter alkoholfreien wirtschaft“ ist. Die OECD empfiehlt, die Ausgaben für In- Glühweins getrunken, und darum ist dieser Haushalt frastruktur, Kinderbetreuung und Bildung zu erhöhen. fehlerfrei zustande gekommen. Ich glaube, wir sollten nicht nur auf die Bundesrepu- Man muss wissen, welche großen Leistungen die Mit- blik Deutschland schauen, sondern auch auf Europa. Wir arbeiterinnen und Mitarbeiter vollbringen, sowohl was haben eine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Kri- die Anzahl der Anträge als auch was die Anzahl der senländer nicht weiter in der Krise bleiben. Wenn wir Menschen, die sich während der Ausschusssitzungen im nach Griechenland schauen, dann sehen wir, dass dort Raum aufhalten, angeht. Manchmal ist der Raum wäh- die Bruttoinvestitionen im Vergleich zu 2007 in ihrer rend der Beratung voller als die Berliner S-Bahn im Be- absoluten Höhe um die Hälfte reduziert wurden. Die rufsverkehr. Dass Sie dabei nicht den Überblick verlie- griechische Wirtschaftsleistung ist eingebrochen. Die ren, das kann man nicht genügend würdigen, meine Arbeitslosigkeit ist dramatisch hoch. Die Staatsschul- Damen und Herren. denquote ist jenseits von Gut und Böse. (Beifall im ganzen Hause) ( [CDU/CSU]: Darum brauchen die noch mehr Schulden, oder was?) Ich möchte mich natürlich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen und allen Mitgliedern des Haushaltsaus- Wir brauchen eine Kurskorrektur; denn Deutschland hat schusses bedanken, die in fleißiger, engagierter, manch- als die stärkste Volkswirtschaft innerhalb der Europäi- mal etwas rauflustiger, aber am Ende doch immer fried- schen Union eine Verantwortung, die über unser Land licher Art versucht haben, gemeinsam zu Lösungen zu hinausgeht. kommen. Ich bedanke mich auch bei den Mitarbeiterin- (Beifall bei der LINKEN) nen und Mitarbeitern der Abgeordneten, der Arbeits- gruppen und bei den Haushaltsreferaten der Ministerien. Es geht aber nicht nur um die vielen Krisen in Europa. Es geht auch um die menschlichen Tragödien vor den Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir haben in Toren unseres Kontinents. Wenn Sie schon nicht auf die diesem Jahr zwei Haushalte beraten. Es ist fast ein biss- Linke hören wollen, dann hören Sie doch wenigstens auf chen schade, dass es im nächsten Jahr wahrscheinlich den Papst. nur eine Haushaltsberatung geben wird. (Johannes Kahrs [SPD]: So weit ist es schon Vielen Dank. mit Ihnen gekommen, dass Sie den Papst zitie- (B) ren! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Die (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie (D) Linke und der Papst! – Dr. h. c. Hans bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- Michelbach [CDU/CSU]: Wenn Atheisten den NISSES 90/DIE GRÜNEN) Papst zitieren!) Der Papst sagte kürzlich vor dem EU-Parlament: Vizepräsidentin : Als nächster Redner hat der Kollege Ralph Brinkhaus Man kann nicht hinnehmen, dass das Mittelmeer zu das Wort. einem großen Friedhof wird! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Mit „man“ ist auch die Bundesregierung, mit „man“ ist auch Deutschland gemeint. Hier müssen wir unsere Ver- antwortung wahrnehmen. Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten man sich die Reden der Linken in den letzten Tagen und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) jetzt die Rede von Frau Lötzsch angehört hat, Nein, wir als Linke können uns mit dem Selbstlob der (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Die waren Bundesregierung, von dem wir in dieser Woche reichlich gut! – Johannes Kahrs [SPD]: Das hast du echt gehört haben, nicht anfreunden. Dieser Bundeshaushalt gemacht?) wird den großen Herausforderungen, die vor Deutsch- land, Europa und der Welt liegen, nicht gerecht. Er ist stellt sich die Frage: Können Sie von der Linken mir ein weder sozial noch ökologisch nachhaltig. Darum lehnen Land auf dieser Welt nennen, in dem das ganze Paket wir ihn ab. aus Sozialleistungen, Fürsorge für Schwache der Gesell- schaft, medizinischer Versorgung und allem, was dazu (Beifall bei der LINKEN) gehört, besser ist als in Deutschland? Wenn Sie mir diese Zu Beginn meiner Rede habe ich den ehrlichen Steu- Frage nicht beantworten können, dann frage ich Sie: Wo erzahlerinnen und Steuerzahlern gedankt. Jetzt möchte möchten Sie denn dann lieber leben? ich als Vorsitzende des Haushaltsausschusses vor allen (Dr. [DIE LINKE]: Wir blei- Dingen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Aus- ben hier! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: schusssekretariats, die hier im Saal Platz genommen ha- Keine Hoffnung! Wir bleiben hier! – Sven- ben, sehr herzlich danken. Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall im ganzen Hause) NEN]: In den skandinavischen Ländern!) 6772 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Ralph Brinkhaus (A) Es ist total okay, wenn Sie als Opposition Kritik üben. Stelle möchte ich unserem Koalitionspartner, der SPD, (C) Aber die Skandalisierung, die Sie dauernd betreiben, mit dem wir dieses Projekt durchgezogen haben, Danke diese Übertreibung, diese Maßlosigkeit in der Argumen- sagen; denn das war nicht ganz selbstverständlich. Wir tation, das ist auf Dauer unerträglich. Das können wir wissen genau, dass es viele in Ihren Reihen gibt, für die nicht dulden. der ausgeglichene Haushalt nicht das Lieblingsprojekt Nummer eins ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!) Eines muss man Ihnen ins Stammbuch schreiben: Alle Versuche, einen sozialistischen oder kommunisti- Wir wissen auch – das möchte ich auch überhaupt nicht schen Weg einzuschlagen und so das Paradies auf Erden schlecht bewerten –, dass es den einen oder anderen gibt, zu schaffen, sind bisher in einer großen Tragödie geen- der gern mehr Geld ausgegeben oder es an anderer Stelle det. An Ihrer Stelle wäre ich als Partei, deren Namen un- eingesetzt hätte. Insofern ist es nicht hoch genug einzu- ter einer dieser großen Tragödien steht, ganz vorsichtig, schätzen, dass Sie sich an den Koalitionsvertrag gehalten ein Urteil über andere zu fällen. haben, an das, was wir gemeinsam vereinbart haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge- (Beifall bei der CDU/CSU) ordneten der SPD – Widerspruch bei der LIN- Im Gegenzug können Sie von uns auch erwarten, dass KEN – Sven-Christian Kindler [BÜND- wir uns an den Koalitionsvertrag halten, auch wenn da- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja Kalter- rin das eine oder andere Projekt steht, welches nicht un- Krieg-Rhetorik!) ser Lieblingsprojekt ist; auch das muss man an dieser Nichtsdestotrotz ist heute ein großer Tag der Freude. Stelle sagen. Ich war gestern auf einer Veranstaltung. Dort sagte je- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist es!) mand zu mir: Mensch, das ist doch ein großer Tag für euch alle. Ich möchte mich aber auch bei den Kollegen von der FDP, die nicht mehr hier sind, bedanken, die in der letz- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE ten Legislaturperiode diesen Weg der Haushaltskonsoli- GRÜNEN]: Wenn man so einen Haushalt ver- dierung mit uns eingeschlagen haben. Das war gut und teidigen muss, das ist doch peinlich!) wichtig. Im Laufe dieser Woche ist in der Mühseligkeit der ein- An eines möchte ich noch einmal erinnern: Wo stan- zelnen Debatten etwas untergegangen: dass heute wirk- den wir denn am Beginn der letzten Legislaturperiode, lich ein großer historischer Tag ist. Generationen von (B) 2009? Wir waren in einer Situation, in der wir gerade (D) Abgeordneten, sowohl hier als auch in Bonn, haben ver- eine der schwersten Bankenkrisen seit den 1930er-Jah- sucht, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen, ren überstanden hatten, in einer Situation, in der wir den aber es ist ihnen nicht gelungen. Zwölf Finanzminister schwersten Wirtschaftseinbruch in der Zeit der Bundes- haben hier vor Wolfgang Schäuble gesessen und ver- republik erlebt hatten. Wir waren in einer Situation, in sucht, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. der wir in einer Staatsschuldenkrise gestanden haben, Auch ihnen ist es nicht gelungen, aber heute stehen wir die im Übrigen immer noch nicht überwunden ist. Wir hier und haben es geschafft. stehen heute in einer Situation, in der wir Krisen im (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Mittleren und Nahen Osten sowie in der Ukraine erle- Bettina Hagedorn [SPD]) ben, die uns das Leben – auch wirtschaftlich – sehr, sehr schwer machen. Wenn ich sage „wir“, dann meine ich nicht nur die Politik, sondern vor allem die Bürgerinnen und Bürger Trotzdem haben wir es geschafft, die Nettoneuver- sowie die Unternehmerinnen und Unternehmer, die da- schuldung in Höhe von 50 Milliarden Euro auf null her- für gesorgt haben, dass wir die Einnahmen bekommen, unterzubringen. Das ist gar nicht hoch genug anzuerken- um diesen Haushalt aufstellen zu können. nen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. (Beifall bei der CDU/CSU) Bettina Hagedorn [SPD]) Nun können Sie sagen, dies sei nicht das Verdienst Wenn ich aber feststelle, dass es die Unternehmerin- christdemokratischer Finanzminister oder einer christde- nen und Unternehmer sowie die Bürgerinnen und Bürger mokratischen Bundeskanzlerin. sind, die es geschafft haben, diesen Haushalt hinzube- (Johannes Kahrs [SPD]: Immerhin ist das kommen, dann muss ich auch sagen, dass wir ihnen auch schon eine Erkenntnis!) eine Perspektive aufzeigen müssen, wie es mit diesem Haushalt weitergeht, und ich denke, in diesem Haushalt Nein, ich sage Ihnen: Das ist ihr Verdienst; denn es ist sind viele solcher Perspektiven angelegt. Wir haben auch kein Zufall, dass es ein christdemokratischer Finanz- sehr viel für die Zukunft getan. Ich werde gleich darauf minister ist, der diesen Haushalt so vorlegt; denn ausge- zu sprechen kommen, was wir in diesem Haushalt für glichene Haushalte und eine solide Haushaltsführung die Zukunft getan haben. sind der Markenkern der Union, meine Damen und Her- ren. Die Aussage, wir haben es geschafft, bedeutet auch, dass wir es hier in der Politik geschafft haben. An dieser (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6773

Ralph Brinkhaus (A) Nun kann der eine oder andere sagen: Ihr habt Glück Es ist daher wichtig für uns, dass wir diesen ausgegli- (C) gehabt, ihr habt niedrige Zinsen und hohe Steuereinnah- chenen Haushalt zukunftsfest machen. Das heißt, dass men. – Dann lassen Sie uns den Blick einmal woanders wir uns nicht darauf ausruhen, was wir bisher erreicht hinwenden, wo die Zinsen ebenfalls niedrig und die haben, sondern nach vorne schauen. Wenn ich sage, dass Steuereinnahmen hoch sind: in mein Heimatbundesland wir nach vorne schauen, dann heißt das, dass wir zwei Nordrhein-Westfalen. Dort wird unter gleichen Bedin- Dinge im Blick behalten müssen – ganz einfach –: die gungen der Haushalt gegen die Wand gefahren. Auch Ausgaben und die Einnahmen. Bei den Ausgaben müs- das gehört zur Wahrheit. Es ist nicht selbstverständlich, sen wir darauf achten – und das machen unsere Haushäl- dass man in dieser Situation einen ausgeglichenen Haus- ter –, dass wir nicht der Versuchung erliegen, hier und da halt hinbekommt. Nein, im Gegenteil: Es ist eine große noch etwas zu draufzulegen oder hier und da noch eine Leistung, die wir hier vollbracht haben. Stelle aufzubauen. (Beifall bei der CDU/CSU) ( [CDU/CSU]: Genau so ist es!) Jetzt gibt es den einen oder anderen, der versucht, uns diesen Tag madig zu reden, indem er sagt: Ein ausgegli- Wir müssen weiter darauf achten, dass wir das Geld, chener Haushalt, die schwarze Null, das ist ein Fetisch. das wir ausgeben, auch effizient ausgeben. Wir müssen Meine Damen und Herren, es ist kein Fetisch. Es ist eine schauen, welche Gegenleistung wir dafür bekommen. Frage unseres Selbstverständnisses und der Generatio- Ich möchte heute gar nicht so sehr über die Ausga- nengerechtigkeit, und zwar deshalb, weil wir uns schon benseite reden, sondern mehr über die Einnahmenseite. überlegen müssen, was wir hinterlassen. Bei der Einnahmenseite ist eines richtig: All das, was Wir haben im Bereich der Sozialversicherungssys- wir ausgeben, muss vorher eingenommen werden. Wir teme – auch dies gehört zur Ehrlichkeit – nicht unbe- haben in den letzten Monaten aus gutem Grund sehr viel dingt immer nur – zumindest aus der Perspektive der verteilt und ausgegeben. Angesichts der Tatsache, dass Entlastung der kommenden Generationen – sehr gute wir einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, ist es heute Entscheidungen getroffen. Umso wichtiger ist es, dass und hier an der Zeit, dass wir uns wieder einmal mehr unsere Haushälter dafür sorgen, dass der Kernhaushalt über das Einnehmen und Erwirtschaften unterhalten. sauber bleibt, dass wir ausgeglichene Haushalte haben Wenn ich eben gesagt habe, dass alles von Bürgerin- und keine zusätzlichen Schulden für die Zukunft ma- nen und Bürgern und von Unternehmerinnen und Unter- chen. nehmern erwirtschaftet wird, dann bedeutet das auch, (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. dass wir ihnen den Freiraum geben müssen, dies zu er- Bettina Hagedorn [SPD] – Sven-Christian wirtschaften. Da müssen wir uns – in der Sprache der (B) (D) Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ver- Grünen ausgedrückt – ehrlich machen: In den letzten steckte Schulden!) Monaten haben wir, aus gutem Grund, an der einen oder anderen Stelle sehr viel Last und Bürokratie auf die Un- Aber ein ausgeglichener Haushalt ist kein Dogma, das ternehmen abgewälzt. Deswegen gilt für uns die Devise: sage ich als Haushaltspolitiker der Union. Es wird im- Wir halten uns natürlich an das, was im Koalitionsver- mer wieder Situationen geben – und wir hatten eine sol- trag steht. Auf der anderen Seite muss es dann aber auch che Situation im Jahr 2009 –, in denen der Staat in die genug sein mit der Belastung der Wirtschaft und der Speichen greifen muss, wo wir stützen und helfen müs- Menschen, die arbeiten. sen. Wir müssen uns auch ehrlich in die Augen schauen. Es kann auch die eine oder andere geopolitische Situa- (Johannes Kahrs [SPD]: Luftverkehrsteuer, tion geben, in der wir darüber nachdenken müssen, was sage ich da nur!) wir machen. Nichtsdestotrotz bedeutet das, dass wir in Wenn wir uns über das Erwirtschaften unterhalten, der heutigen Zeit, wo dies möglich ist, darauf achten dann müssen wir uns Gedanken darüber machen, wer müssen, den Haushalt auszugleichen. Das haben wir bei denn den Haushalt in 30 oder 40 Jahren erwirtschaftet. diesem Haushalt gemacht. Mit 43 Millionen Menschen, die in Lohn und Arbeit ste- Heute ist ein Tag der Freude und des Feierns. Blicken hen, haben wir eine Rekordzahl erreicht. Egal was wir wir einmal 45 Jahre zurück, als irgendwann Ende der machen: In 30 Jahren werden es nur noch rund 30 bis 60er-Jahre im Plenarsaal in Bonn am Ende einer Haus- 32 Millionen Menschen sein. Das bedeutet, dass die vier haltswoche Kollegen von uns gesessen haben. Sie haben Schultern, die die Last heute tragen und dafür sorgen, zwar keinen Haushaltsentwurf mit einer Null einge- dass der Staat rundläuft, zu drei Schultern werden. Das bracht, aber eigentlich einen ganz guten Entwurf vorge- müssen wir im Hinterkopf behalten. Das werden wir legt. Sie sind samstags in ihre Wahlkreise zurückgefah- durch Familienpolitik auch nicht wettmachen können. ren und haben gedacht: Mensch, jetzt haben wir etwas Wir müssen uns über unsere demografische Entwick- Tolles gemacht. Wir können glücklich und zufrieden lung unterhalten. Wir müssen die Potenziale heben, die sein. – Dann kamen die 70er- und die 80er-Jahre, und wir in unserem Land haben. Ich nenne da die Erwerbstä- der Schulden-Tsunami brach über uns herein. tigkeit von Frauen und Migranten sowie eine gute Zu- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE wanderung. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass GRÜNEN]: Was ist das für eine Rede? Was ist Jugendliche ohne Schul- und Berufsabschluss ins Leben das für eine harte Kritik an Helmut Kohl ge- gehen. Ich erwähne auch, dass wir die Erwerbstätigkeit rade?) von Älteren steigern müssen. Die Rente mit 63 war dies- 6774 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Ralph Brinkhaus (A) bezüglich nicht unbedingt nur hilfreich. Es sollte uns (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (C) umso mehr Verpflichtung sein, an anderen Stellen dafür neten der SPD) zu sorgen, dass auch ältere Menschen in Lohn und Ar- beit stehen. Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (Beifall bei der CDU/CSU) Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Anja Hajduk das Wort. Nichtsdestotrotz: Was vier Schultern getragen haben, müssen bald drei Schultern tragen. Deshalb müssen wir Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): produktiver und innovativer werden. Auch dazu finden Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und sich im Haushalt einige Ansätze. Wir sind in diesem Herren! Ich möchte aus aktuellem Anlass als ersten Land gar nicht schlecht aufgestellt. Wir haben eine tolle Punkt die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ansprechen. Forschungs- und Bildungspolitik. Wir haben tolle Spit- Sie, Herr Schäuble, und die Große Koalition haben sich zenforschungsinstitute. Wir sind nicht nur Fußballwelt- dafür entschieden, das Ganze in einer Hinterzimmerver- meister, sondern auch Patentweltmeister. Wir haben anstaltung auszukungeln. Ich muss Ihnen ganz ehrlich mittlerweile eine erwähnenswerte Start-up-Szene, die sagen: Die Berichterstattung der letzten Tage hat ge- wir fördern müssen. Wir haben tolle Familienunterneh- zeigt, dass man die Zukunft unseres Föderalismus so men. Wir haben gute Großunternehmen. Wir haben dank nicht gut diskutieren kann. der dualen Berufsausbildung eine gut ausgebildete Ar- beitnehmerschaft; auch daran sollten wir ein bisschen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mehr arbeiten. Wir haben, auch wenn das an der einen sowie bei Abgeordneten der LINKEN) oder anderen Stelle hier bestritten wird, immer noch eine Statt unseren Föderalismus vor dem Hintergrund der He- der besten Infrastrukturen der Welt; wir müssen daran rausforderungen, die auf uns zukommen, zu betrachten arbeiten, dass auch das fortgeschrieben wird. Wir haben – Megatrend Europa, demografische Veränderung, so- also sehr gute Ausgangsbedingungen. zialräumlicher Wandel mit Weg- und Hinzug innerhalb Wir haben viel über die digitale Welt gesprochen. Es Deutschlands –, wird über diese Herausforderungen wird immer gesagt, Deutschland sei schlecht aufgestellt. überhaupt nicht gesprochen. Sie reduzieren die Neuord- Nein, wir haben die Industrie 4.0. Was bei den Amerika- nung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen darauf, um nern Facebook, Amazon und Google ist, das ist unsere den Soli zu schachern, und das dann auch noch völlig in- Fertigungsautomatisierung und Prozesstechnologie. In transparent, wie gesagt, im Hinterzimmer. Dafür werden diesem Bereich sind wir gut. Im Übrigen, Frau Lötzsch, Sie keine Akzeptanz finden. (B) haben Sie ja gesagt, dass wir einen guten Glühwein ha- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (D) ben, den wir Haushälter an der einen oder anderen Stelle und bei der LINKEN) leeren. Wenn man den Soli erhalten will – dafür kann es gute (Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Gründe geben; dem verschließen wir Grüne uns nicht –, Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei dann bedarf es einer ehrlichen und guten Neubegrün- dem Haushalt kann das teuer werden!) dung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die die- sen Soli seit Jahren zahlen und die im Moment erwarten, Meine Damen und Herren, wir sind in Deutschland dass er ausläuft. Und wenn er nicht ausläuft, dann kön- sehr gut aufgestellt. Wir haben sehr gute Perspektiven nen die Einnahmen nicht einfach nur zwischen Bund und für die Zukunft, und es hängt davon ab, was wir daraus Ländern verschoben werden, sondern dann muss man machen. Trotzdem glaube ich, dass viele Menschen in auch sagen, wofür man sie verwenden will: Was ist die diesem Land beunruhigt in die Zukunft blicken. Sie se- Begründung, die nachhaltig und langfristig einen sol- hen die Zukunft nicht unbedingt als Chance, sondern als chen Zuschlag rechtfertigt? Bedrohung. Unsere Aufgabe als Politik ist es, diesen Trend umzukehren, indem wir den Menschen zeigen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dass Deutschland nicht nur ein Land ist, das wirtschaft- Zweiter Punkt. Kommen wir zum Haushalt 2015. Wir lich gut aufgestellt ist, sondern auch ein Land, in dem Grünen kritisieren nicht, dass dieser Haushalt ausgegli- man sehr gut leben kann. Wenn wir daraus etwas Ver- chen ist. Das ist gut. Das ist ein richtiges Ziel. Das ist vor nünftiges machen, dann haben wir auch eine gute Zu- dem Hintergrund unserer Gesamtverschuldung, aber kunft. Wenn wir uns einmal in der Welt umschauen, auch unserer demografischen Perspektiven eine richtige müssen wir ganz ehrlich sagen: Wer, wenn nicht wir, soll Zielsetzung, und es ist gut, dass Sie daran festhalten. denn optimistisch in die Zukunft blicken und zuversicht- lich sein? (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, der Haushalt, den wir hier Aber Sie müssen sich doch auch die Frage stellen – das vorlegen und den wir heute verabschieden, ist ein zuver- muss doch wirklich erlaubt sein, sich das zu fragen –: sichtliches Zeichen für die Zukunft, ist ein optimisti- Wie haben wir eigentlich diesen ausgeglichenen Haus- sches Zeichen für die Zukunft, aus dem wir viel machen halt hinbekommen, auf wessen Kosten? Insgesamt muss können. Insofern ist heute ein guter Tag für unser Land. man feststellen, dass Sie milliardenschwere Kosten in die Zukunft verschieben. Wenn Sie die Ausgaben in der Danke schön. Rentenpolitik sauber finanziert hätten, zum Beispiel für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6775

Anja Hajduk (A) die Mütterrente, dann ständen jetzt minus 6,7 Milliarden werden. Wir stellen das dar, und zwar ohne neue Schul- (C) im Haushaltsplan. den. Damit kein Zweifel aufkommt: Das geht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Minister Gabriel hat gestern in Paris verkündet, dass Diese Ausgaben wälzen Sie auf die Rentenkasse ab und er dieses Gutachten nicht ins Regal stellen wird. Das ist wissen genau, dass die Zeche in der nächsten Legislatur- gut so. Ich denke, wir können heute einen ersten Schritt periode, das heißt in der Zukunft, gezahlt werden muss. machen, indem Sie unserem Entschließungsantrag zu- Die Rente mit 63 ist arbeitsmarktpolitisch und demogra- stimmen. Dazu fordere ich Sie auf. Es geht um Zukunfts- fisch unsinnig. Das haben zum Glück viele Leute aufge- investitionen. Es geht um den Energiesparfonds, die di- schrieben. Das Trauerspiel ist, dass Sie es sich nicht ein- gitale Infrastruktur und einen besseren Kitaausbau. gestehen wollen. Außerdem brauchen wir die Perspektive, dass es in Deutschland mehr Beschäftigungsanreize gibt, damit wir Auf wessen Kosten ist dieser Haushalt ausgeglichen? nicht in einen Fachkräftemangel hineinlaufen. Es gibt Der Haushalt ist natürlich nur ausgeglichen, wenn man sehr viel zu tun. nicht auf die Vermögensbilanz schaut. Aber wenn wir einmal schauen, wie wir eigentlich mit dem öffentlichen Deswegen kann ich zum Schluss nur sagen – darüber Vermögen umgehen, dann stellen wir fest, dass nicht ge- hilft auch kein Glas Glühwein hinweg –: Dieser Haus- sichert ist, dass wir es erhalten. Mit einer mangelhaften halt ist zwar ausgeglichen. Wenn man ihn aber genauer Investitionstätigkeit wird die Vermögensbilanz in den betrachtet, stellt man fest, dass er dennoch zukunftsver- nächsten Jahren weiter negativ bleiben, statt dass Sie gessen ist, und das darf er nicht bleiben. diese Entwicklung jetzt endlich umkehren. Schönen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das einzig Gute an diesen Haushaltsberatungen ist, sowie bei Abgeordneten der LINKEN – bezogen auf diesen Punkt, dass Sie diesen Mangel jetzt Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Demnächst peu à peu eingestehen. Minister Schäuble, Sie handeln in können wir Glühwein da vorne hinstellen!) meinen Augen immer sehr planvoll. Ich meine daher, dass ich ebenso wie die Bevölkerung einfach einmal kri- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: tisch darüber nachdenken darf, wie es kommt, dass ein Vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Johannes so planvoll handelnder Finanzminister mit so viel Erfah- Kahrs. rung am Ende der Haushaltsberatungen ganz hektisch so (B) ein 10-Milliarden-Investitionsprogramm aus dem Ärmel (Beifall bei der SPD) (D) schüttelt? Dieses Programm wurde nicht nur kurzfristig vorgelegt, es ist auch unausgearbeitet, es ist noch nicht Johannes Kahrs (SPD): einmal gegenfinanziert, es steht einfach so als Verpflich- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und tungsermächtigung im Finanzplan. Daran sieht man Kollegen! Wir haben in dieser Woche häufig gehört, doch: Das ist ein Eingeständnis Ihrer falschen finanz- dass das ein historischer Haushalt ist. In diesem Haus- politischen Strategie. Und ich sage Ihnen jetzt schon: halt werden keine neuen Schulden gemacht. Ich glaube, Die 10 Milliarden Euro werden nicht reichen. dass das etwas ist, was man gar nicht hoch genug bewer- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ten kann. Das Wort „historisch“ ist, wie gesagt, häufig sowie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE genug gefallen. Der alte Goethe hat einmal geschrieben: LINKE]) … ich erscheine mir selbst immer mehr und mehr Wir Grüne fühlen uns in unserer Kritik, dass es an In- geschichtlich. vestitionen in die Zukunft mangelt, durch viele Ökono- Man kann über die Historie reden, aber das ist, glaube men bestätigt. Ganz aktuell fühlen wir uns bestätigt ich, nicht der entscheidende Punkt. Das eigentlich Wich- durch das Gutachten, dass Minister Gabriel in Auftrag tige ist – und nur dadurch wird es vielleicht historisch –, gegeben hat. In der Studie, die Herr Enderlein und Herr dass das der Anfang einer langen Geschichte sein muss Pisani-Ferry vorgelegt haben, geht es um ein deutsch- und nicht der Schlusspunkt. Wichtig ist, dass wir auch in französisches Reformpaket. Was steht da zum Beispiel den nächsten Jahren, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, drin? Mit sehr guten Argumenten wird ganz klar gesagt keine neuen Schulden machen, trotz der Risiken, die – dass es einen höheren Bedarf an öffentlichen Investi- auch dieser Haushalt birgt. tionen gibt, dass aus gesamtgesellschaftlicher Sicht na- türlich auch Anreize für private Investitionen gesetzt (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten werden müssen, das wissen wir –, dass die öffentlichen der CDU/CSU) Investitionen steigen müssen. In der Studie wird vorge- Für uns ist wesentlich, dass man durchhält. Wir müs- schlagen, in den nächsten Jahren rund 24 Milliarden sen diesen Vorsatz durchziehen, in der Gegenwart wie in Euro zu investieren. Wir Grüne legen Ihnen heute ein In- der Zukunft. Das muss in den Etats aller Ministerien do- vestitionsprogramm vor, nach dem 2015 5 Milliarden minieren. Man muss aber trotzdem investieren. Wir ha- Euro mehr investiert werden sollen. In den nächsten vier ben als Sozialdemokraten immer dafür gekämpft, dass bis fünf Jahren sollen – damit sind wir genau auf Linie man – jawohl – keine neuen Schulden macht, aber auch der Studie – 20 bis 25 Milliarden Euro mehr investiert schaut, wie man das Geld für ein Investitionsprogramm 6776 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Johannes Kahrs (A) zusammenbekommt. Wir freuen uns, dass das geklappt Wir haben auf der Arbeitsebene ein hervorragendes Mit- (C) hat, dass wir uns da durchsetzen konnten. Im Kern ist einander. Aber es geht mir zunehmend auf den Zeiger das die richtige Mischung: auf der einen Seite sparen und es ist zunehmend unerträglich, dass sich Redner der und keine neuen Schulden machen und auf der anderen Union – ich mache das jetzt einmal an ihm als stellver- Seite in die Infrastruktur in diesem Land investieren. tretendem Fraktionsvorsitzenden fest – hier hinstellen, Das hat etwas mit Zukunft zu tun. Keine Schulden ma- bei jeder Gelegenheit der SPD eine mitgeben und bei chen und in die Zukunft investieren, das hat auch etwas jeder Gelegenheit das Land Nordrhein-Westfalen angrei- mit Generationengerechtigkeit zu tun, liebe Kolleginnen fen. So, Herr Kollege Brinkhaus, ist eine gute Zusam- und Kollegen. menarbeit in der Koalition nicht möglich. So funktio- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) niert das nicht. So findet das auch in der Arbeitsgruppe gemeinsam mit der CDU/CSU nicht statt. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen von der Union im Haus- (Beifall bei der SPD – Dr. Tobias Lindner haltsausschuss bedanken. Der Kollege Norbert Barthle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – und alle, die da mitgetan haben, haben das sehr solida- Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- risch, sehr vernünftig und in einem angenehmen Um- NEN): Oh, wie schön! Jetzt streiten sie sich! – gang miteinander gemacht. Ich habe mich immer sehr Los! Weiter so!) darüber gefreut. Es ist wichtig, dass man auf der Arbeits- ebene hervorragend zusammenarbeitet. Deswegen: Mein Ihr vergiftetes Lob von oben herab nach dem Motto: ganz herzlicher Dank an die Arbeitsgruppe der CDU/ „Na ja, es ist schön, dass Sie Kurs gehalten haben; aber CSU und an das Finanzministerium! Herr Schäuble, das wir wissen, dass Sie eigentlich etwas ganz anderes wol- war eine erfolgreiche, gute und sehr zuverlässige Zu- len“ entspricht eigentlich nicht der Art und Weise, in der sammenarbeit. wir zusammenarbeiten. Außerdem kam von Ihnen die Aussage, man habe auch viel Glück gehabt, und deswe- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) gen seien der Haushalt und die wirtschaftliche Lage jetzt Sehen wir uns die Opposition an. Wir haben ja in den so gut und die Steuereinnahmen so hoch. Herr letzten Tagen gehört: All das, was von den Grünen kam, Brinkhaus, weil wir gerade dabei sind, uns gegenseitig war etwas freudlos. Ich kann ja verstehen, dass Sie nicht die Wahrheit zu sagen: gerne in der Opposition sind. Dass man natürlich immer (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Besser zuhö- etwas kritisieren kann und dass nicht alle Wünsche er- ren!) füllt werden, ist klar. Das ist so, wenn man einen Haus- halt ohne neue Schulden auf den Weg bringt. Ich kann Mit Glück hat das gar nichts zu tun. (B) das alles nachvollziehen. Im Kern ist das, was Sie sagen, (D) allerdings nicht wirklich überzeugend. (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Was habe ich denn gesagt?) Was die Linken angeht, muss ich sagen: Frau Lötzsch hat ganz darauf verzichtet, auf Inhalte einzugehen, son- Das war die gute Arbeit von Rot-Grün. Das war Gerhard dern allen Beteiligten gedankt; ich finde, auch das ist in Schröder. Das war die Agenda. Das war die damalige Ordnung. Wirtschaftspolitik. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ha, ha, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ ha!) DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten Das zeigt allerdings, wie das, was von den Linken ge- der CDU/CSU – Axel E. Fischer [Karlsruhe- kommen ist, zu bewerten ist. Ein reines Wünsch-dir- Land] [CDU/CSU]: Das ist ja eine tolle Mär- was-Paket bringt eben nichts. chenstunde!) (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Realis- Das waren die Reformen, von denen wir noch heute zeh- mus! Purer Realismus!) ren. Sie haben dazu geführt, dass die Steuereinnahmen jetzt so hoch sind. Nur deshalb ist es dem Finanzminister Deswegen, glaube ich, ist das alles halbe Höhe und nicht überhaupt möglich, einen solchen Haushalt vorzulegen. so wild. (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Hallo?) Der Kollege Brinkhaus, der als stellvertretender Frak- tionsvorsitzender der Union vor mir geredet hat, hat Ihre Politik unter Schwarz-Gelb hat sich darin er- dann den kommunistischen Weg der Linken kritisiert. schöpft, Steuererhöhungen zu beschließen. Ehrlich gesagt, Kollege Brinkhaus: Das ist eine etwas große Keule. Angesichts dessen, was da abgeliefert wor- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des den ist, geht es auch gerne ein bisschen kleiner. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) Hallo? – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: An dieser Stelle möchte ich sagen – das ist in einer Jetzt ist es aber langsam genug!) Haushaltsrede eigentlich nicht üblich –: Ich finde, dass Ihre Steuererhöhungen unter Schwarz-Gelb – denken Sie der Kollege Brinkhaus vor solchen Sitzungen deutlich nur an die Luftverkehrsteuer – haben dazu geführt, dass weniger Glühwein zu sich nehmen sollte. die deutsche Luftfahrtindustrie in eine Krise gekommen (Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU) ist. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6777

Johannes Kahrs (A) (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Aber Willy Brandt und Helmut Schmidt gar nicht erwähnt. (C) Sie wissen schon noch, mit wem Sie in der Ko- Das finde ich nicht zureichend. Wenn schon, dann alle! alition sind, oder?) (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Vielleicht sollten Sie an dieser Stelle einmal einen Gang Jetzt sollten wir aber ernst werden. – Liebe Kollegin- herunterschalten. nen und Kollegen, heute geht es um mehr als nur um ein (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Schalten mehr oder minder bedeutsames Ereignis; es geht um eine Sie mal besser runter! – Matthias W. Birkwald Verpflichtung, eine Benchmark, eine Selbstverpflichtung [DIE LINKE]: Wollen Sie nicht mal etwas zu für die Zukunft. Wir sollten uns überhaupt keine Illusio- Inhalten sagen, Herr Kollege?) nen machen: Was wir heute beschließen, der Erfolg, den wir heute erzielen, ist die Verpflichtung für morgen. Da- Es kann nicht angehen, dass solche kleinen Nickeleien ran werden wir alle und auch unsere Nachfolger gemes- immer wieder das Klima vergiften. Deswegen: Herr sen werden. Das ist gut so und gewollt. Ein entscheiden- Brinkhaus, es wäre gut, wenn Sie Ihrer Verantwortung der Anker ist, dass wir das Vertrauen in unsere als stellvertretender Fraktionsvorsitzender gerecht wer- wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten. den Der Kollege Brinkhaus hat, wie ich finde, ganz zu (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Recht darauf hingewiesen, dass eine unserer großen He- NEN]: Los! Zeig’s ihm!) rausforderungen die Veränderungen sind, die sich und nicht in jeder Debatte Nordrhein-Westfalen erwäh- schneller, als viele glauben, durch die demografische nen würden – da scheinen Sie persönlich etwas ja noch Entwicklung ergeben – global wie auch in unserem eige- nicht verwunden zu haben – und zu dem zurückkehren nen Land. Es ist wichtig, dass wir uns darauf einstellen, würden, was in Ihrer Arbeitsgruppe vorzüglich gemacht und darum ist es so entscheidend, dass wir keine neuen wird: zu einer guten Zusammenarbeit in der Koalition, Schulden machen; denn wenn wir unsere Verantwortung die diesen Haushalt erst ermöglicht hat. für künftige Generationen ernst nehmen, dann müssen wir damit anfangen, nicht immer weitere Schulden zu- Vielen Dank. lasten der nächsten Generationen aufzubauen. Das ist ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Übrigens, Frau Kollegin Hajduk: Wenn wir, wie Sie GRÜNEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: gesagt haben, so furchtbar in die Sozialkassen gegriffen Das ist ja ein tolles Klima in der Koalition!) hätten, dann wäre es schwer, zu erklären, dass wir ent- sprechend der gesetzlichen Formel zur Rentenberech- (B) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: nung die Rentenversicherungsbeiträge zum 1. Januar (D) Als nächster Redner spricht der Bundesminister der 2015 absenken können Finanzen, Dr. Schäuble. (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Rich- (Beifall bei der CDU/CSU) tig!) und die Renten im Durchschnitt gleichzeitig stärker stei- Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- gen als in den letzten zehn Jahren. zen: (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Manfred Zöllmer [SPD]) Herren! Herr Kollege Kahrs, ich bin gerade von Frau Kollegin Zypries belehrt worden, dass Sie keinen Glüh- Wenn Sie die Finanzen des Bundes, der Länder, der wein trinken. Jetzt wundert mich nichts mehr. Wahr- Kommunen und der gesetzlichen Sozialversicherungen scheinlich haben Sie ein bisschen gefroren. zusammen betrachten, dann sehen Sie, dass wir gesamt- staatlich einen Überschuss haben, auch weil die gesetzli- (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD) chen Sozialversicherungen über deutliche Reserven ver- Meine Damen und Herren, gegen Ende dieser Haus- fügen. Auch das kann man nicht völlig ignorieren. haltsdebatte möchte ich mich zunächst bei allen Kolle- Zudem haben Sie in den letzten Tagen den Eindruck ginnen und Kollegen der Koalition und der Opposition erweckt – Sie wissen das aber besser –, die Investitions- für die intensive Debatte und für die Arbeit am Haushalt ausgaben im Bundeshaushalt 2015 würden gegenüber bedanken. An diesem Ergebnis haben viele ihren Anteil. 2014 und 2013 in absoluten Beträgen sinken. Ich ver- Ich will mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitar- weise jetzt gar nicht auf die neue Volkswirtschaftliche beitern im Haushaltsausschuss, in den Fraktionen und Gesamtrechnung, sondern möchte nur darum bitten, dass auch im Finanzministerium herzlich bedanken. Es war so sachkundige Kolleginnen und Kollegen wie Sie viel Arbeit. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- GRÜNEN]: Finanzplan, Herr Schäuble!) neten der SPD, der LINKEN und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN) – Herr Kollege Kindler, Sie fallen vielleicht nicht darun- ter; aber Frau Hajduk fällt darunter – Es ist kein schlechter Tag. – Herr Kollege Kahrs, Sie sind auf die Vergangenheit eingegangen und haben bei (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Ihrem Dank an den früheren Bundeskanzler Schröder GRÜNEN]: Ach, Herr Schäuble!) 6778 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) nichts Falsches sagen. Frau Hajduk, Sie wissen, dass das Ausgleichs innerhalb der Generationen ist: Diejenigen, (C) Absinken der nominalen Investitionsausgaben aus- die keine Kinder großgezogen haben, haben im Zweifel schließlich damit zu tun hat, dass wir in den Jahren 2012 höhere Rentenansprüche als diejenigen, die Kinder groß- und 2013 jeweils 8,5 Milliarden Euro und im Jahre 2014 gezogen haben. Es ist daher richtig, dass diese Rente aus 4,25 Milliarden Euro in den ESM eingestellt haben. dem System finanziert wird und nicht ausschließlich aus Diese Zahlungen gelten als Investitionen. Wenn Sie Mitteln des Bundeszuschusses. Zweitens. In der Finanz- diese Zahlen herausrechnen, dann sehen Sie, dass wir planung, die Sie gerade, am Ende der zweiten Lesung, keinen Rückgang, sondern eine leichte Zunahme der In- einstimmig zur Kenntnis genommen haben, ist eine Er- vestitionen zu verzeichnen haben. Da aber die Ausgaben höhung des Bundeszuschusses zur gesetzlichen Renten- insgesamt nicht steigen, ist das auch angemessen. Des- versicherung im Jahre 2018 bereits enthalten. Insofern wegen erfolgt diese öffentliche Darstellung wider besse- ist dem, was Sie sagen, Rechnung getragen worden. – res Wissen, und das sollte man nicht tun. Nehmen Sie doch Platz, wenn Sie mögen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Ich möchte gerne noch auf zwei Bemerkungen, die Sie gemacht haben, eingehen. Es ist richtig – darüber Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: streiten wir gar nicht –: Wir müssen im Rahmen der Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kol- finanzpolitischen Möglichkeiten nachhaltiges Wachstum legin Hajduk zu? erzielen. Wir glauben, dass wir das besser ohne Steuer- erhöhungen erreichen, weil Steuererhöhungen das Wachstum dämpfen würden. Wenn wir aber darin über- Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- einstimmen, dass wir dieses Wachstum ohne neue Schul- zen: den finanzieren wollen, dann ist der Spielraum ein be- Ja, gerne. grenzter. In diesem begrenzten Spielraum wollen wir alles, was irgend möglich ist, zur Verstärkung der Inves- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: titionen tun. Deswegen habe ich – das habe ich im Haus- Frau Hajduk. haltsausschuss auch so erläutert – die Präsentation der Ergebnisse der Steuerschätzung, in der keine schwache Entwicklung vorausgesagt wurde – dennoch sind die Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zahlen ein bisschen schlechter als vor einem halben Herr Minister, mir geht es bei dieser Auseinanderset- Jahr; daraus wäre wieder eine schlechte Nachricht ge- zung mit Sicherheit nicht um statistische Tricksereien. worden, was zu einer wirtschaftspolitisch komplizierten Das, was Sie zum ESM-Anteil gesagt haben, auch die Situation geführt hätte –, mit der Botschaft verbunden: (B) Begründung, warum die Investitionen sinken oder eben Wir können, wenn wir uns anstrengen und diese Finanz- (D) nicht, ist richtig; das will ich gar nicht leugnen. Wir be- politik fortsetzen, auch bei einer leicht revidierten Steu- ziehen uns aber – ich glaube, das ist erlaubt – auf die erschätzung mehr für Investitionen tun. Zahlen des BMF. Unser Hauptanliegen ist, dass die In- vestitionstätigkeit, auch die im Bereich der öffentlichen Darüber müssen wir übrigens auch mit den Ländern Investitionen, noch weiter gesteigert werden muss, und reden. Natürlich unterstütze ich sehr, dass wir über die in dieser Überzeugung fühlen wir uns durch den Verlauf Bund-Länder-Finanzbeziehungen in einem größeren und der Debatte bestätigt. aufgabenbezogenen Zusammenhang intensiv diskutie- ren. Bis jetzt ist die Diskussion im Wesentlichen von den Weil Sie mich mit Blick auf unser Argument, was den Ministerpräsidenten der Länder geführt worden. Die Griff in die Sozialkassen angeht, angesprochen haben, Vertreter der Länder – das letzte Treffen war am Vortag – möchte ich einen weiteren Punkt anführen. Uns ist be- sind sich immer nur in einem einig – normalerweise kön- wusst, dass die finanzielle Situation der Sozialkassen im nen sie sich auf nichts einigen; beim Thema Länder- Moment gut ist, auch die der Rentenkasse. Aber Sie und finanzausgleich klagen immer einige in Karlsruhe –, ich wissen auch, dass das daran liegt, dass Ursache dafür nämlich dass der Bund bezahlen soll. Das können sie mit die unglaublich hohe Zahl der Beschäftigten aufgrund 16 : 0 Stimmen beschließen. Das ist aber ein bisschen der aktuellen demografischen Lage ist. Wir wissen aber einfach. Auch Herr Kretschmann ist da nicht besser. genau, dass sich das noch in diesem Jahrzehnt ändern wird. Deswegen möchte ich, dass Sie anerkennen, dass (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU so- die von Ihnen vorgeschlagene Finanzierung der Mütter- wie bei Abgeordneten der SPD) rente auf lange Sicht nicht tragfähig ist, schon gar nicht Diese Debatte müssen wir vertiefen. Deswegen haben vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, wir den Vorschlag gemacht, darüber nachzudenken: Wie und deswegen die Sozialkassen noch vor Ende des Jahr- können wir den Föderalismus stärken? Als die Bundes- zehnts unter Druck setzen wird. bank vorgeschlagen hat, die Länder könnten ein Zu- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schlagsrecht erhalten, um ihre Steuereinnahmen selber sowie bei Abgeordneten der LINKEN) zu gestalten, machte sich sofort Entsetzen breit. So viel Verantwortung wollten sie nicht. Den Ländern ist es lie- ber, mehr Geld vom Bund zu fordern, als selber für sol- Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan- zen: che Entscheidungen Verantwortung zu übernehmen. Frau Kollegin Hajduk, zunächst einmal bin ich der Wir müssen auch über die Zuordnung von Aufgaben Meinung, dass die Mütterrente eigentlich Aufgabe des vernünftiger reden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6779

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble (A) (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sind in den Ausgaben für Forschungsinvestitionen (C) Beziehen Sie uns doch mal in die Diskussion spitze. Wir tun mehr für die Bildung, als es in früheren ein, und geben Sie die Hinterzimmerveranstal- Legislaturperioden je der Fall war. Wir haben die Länder tungen auf!) durch die Übernahme des BAföG von diesen Kosten ent- lastet, damit sie mehr für die Schulen und Hochschulen – Wir machen gar keine Hinterzimmerveranstaltungen. tun können. Das ist der Weg, den wir Schritt für Schritt Die Ministerpräsidenten tagen unter sich. Unter den gehen. Das bringt uns voran, und das wird uns auch in 16 Ministerpräsidenten sind zu wenige von der Union; Europa gelingen. das haben die Wähler bei den Landtagswahlen so ent- schieden. Aber gut. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in keiner einfachen Zeit. Die geopolitischen Risiken sind anders, Diese Diskussionen werden wir intensiver und offen- als wir es vor diesem Gedenkjahr 2014 erwartet haben. siver führen müssen, weil es von zentraler Bedeutung ist, Die Herausforderungen sind groß. Wir sind in Deutsch- dass unser gesamtstaatliches System trotz begrenzter land in keiner schlechten Lage. Das ist wahr; das lässt finanzieller Mittel auch in der Zukunft funktionsfähig sich nicht bestreiten, und das ist gut. Wir haben in bleibt. Insgesamt haben wir im weltweiten Vergleich ein Europa die Chance – wenn wir uns alle zu Solidarität, Steuersystem, das die Wettbewerbsfähigkeit unserer Disziplin und zum Einhalten dessen, was wir uns gegen- Wirtschaft ermöglicht. In diesem Rahmen müssen wir seitig versprochen haben, verpflichten –, dass wir auch für nachhaltiges Wachstum sorgen. Zu diesem Zweck Europa voranbringen und dass Europa seinen Beitrag müssen wir darauf achten, dass wir Vertrauen nicht zer- leistet, in einer Welt, die nicht einfacher wird, in der die stören; wir müssen es immer wieder aufbauen. Das tun Zusammenhänge durch die Globalisierung komplizierter wir mit diesem Haushalt in Deutschland. werden, unserer Verantwortung gerecht zu werden, für Das tun wir auch in Europa, indem wir die Initiative unsere Werte von Freiheit, Demokratie, Menschenrechte des neuen Präsidenten der Europäischen Union für mehr und soziale und ökologische Nachhaltigkeit einzutreten. Investitionen in Europa unterstützen. Das, was jetzt an- Das ist unsere Herausforderung. Dazu leistet dieser gekündigt worden ist, muss aber um die von uns in Auf- Haushalt einen wichtigen Beitrag. Deswegen bitte ich trag gegebene Liste der Projekte, in die investiert werden Sie um Ihre Zustimmung. kann, ergänzt werden. Ich habe es satt, dass wir in Eu- Herzlichen Dank. ropa immer Schaufensterdiskussionen über große Sum- men führen, und wenn man später nachfragt, was von (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- den Vorhaben verwirklicht worden ist, dann ist das Er- neten der SPD) gebnis immer beklagenswert. Entscheidend ist, dass das (B) auch umgesetzt wird. Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (D) Als nächster Redner spricht Roland Claus. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD) (Beifall bei der LINKEN) Noch entscheidender ist: Wenn wir in Europa die Di- gitale Agenda und die Energieunion als zentrale Anlie- Roland Claus (DIE LINKE): gen wollen, dann muss auch in Europa die entspre- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn chende Regulierung vorgenommen werden, damit beides man Bundesminister Schäuble zuhört, wie ich es eben verwirklicht werden kann. Das sind die Voraussetzun- interessiert getan habe, kann ich gelegentlich ein gewis- gen, und ich hoffe, dass im Dezember mit der Abrun- ses Verständnis für die Kabinettskollegen aufbringen, dung der Initiative der große Schwung auch in die euro- die – ob mit oder ohne Glühwein –, wenn sie Wolfgang päische Politik kommt. Das werden mein Kollege Schäuble begegnen, an den Faust’schen Prolog denken. Gabriel und ich übrigens nächsten Dienstag mit unseren Sie alle kennen den Text: französischen Kollegen im Deutsch-Französischen Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern und hüte Finanz- und Wirtschaftsrat intensiv besprechen. mich, mit ihm zu brechen. Man sollte übrigens wissenschaftliche Gutachten zu- Vereidigt sind Sie, liebe Kabinettsmitglieder, aber nicht nächst einmal ernst nehmen, und die höchste Instanz, die auf Kabinettsdisziplin, sondern auf das Wohl dieser Re- wir in Deutschland haben, ist der Sachverständigenrat publik. Mit diesem Haushalt haben Sie dem Wohl der zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwick- Republik aber nicht genutzt, sondern geschadet. lung. Frau Kollegin Lötzsch, Sie haben früher im Sozia- lismus immerhin noch versucht, wissenschaftliche Er- (Beifall bei der LINKEN) kenntnisse in Ihre Diskussionen einzubeziehen. Wie Sie Ein Gespenst ging in dieser Haushaltswoche im Ple- sich aber heute verhalten haben, war unter jedem Ni- narsaal um. Ich meine das Gespenst der schwarzen Null. veau. Es hätte nur noch gefehlt, dass Sie uns vorschlagen, den (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gesine Bundesadler abzumontieren und die schwarze Null auf- Lötzsch [DIE LINKE]: Das war jetzt unter Ih- zuziehen. rem Niveau, Herr Minister!) (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN) Wir müssen das doch ernst nehmen. Wir haben in Ich glaube, das hatten einige von Ihnen ernsthaft vor. Deutschland nicht die behauptete Investitionslücke. Wir Aber Sie haben sich nicht getraut, das dem Bundestags- 6780 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Roland Claus (A) präsidenten anzutragen. Denn ihm gelingt es meistens, Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (C) Schaden vom Hohen Hause abzuwenden. Als nächste Rednerin spricht Bettina Hagedorn. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Meistens, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der ja! Nicht immer!) CDU/CSU) Dennoch merkt man Ihnen bei aller Beschwörung der schwarzen Null das schlechte Gewissen an. Auch Sie Bettina Hagedorn (SPD): merken, dass notwendige Investitionen in die Zukunft Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- dem Spardiktat zum Opfer fallen. Beleg für Ihr schlech- gen! Da hier sowohl von Frau Hajduk als auch vom tes Gewissen ist das aus dem Ärmel gezauberte 10-Mil- Bundesfinanzminister die Bund-Länder-Finanzbezie- liarden-Euro-Investitionsprogramm. Es ist vor seiner hungen angesprochen wurden, obwohl sie nicht wirklich Verkündung nicht einmal Gegenstand im Kabinett gewe- Kern des Haushalts 2015 sind, möchte ich, Herr sen. Es gibt keine Deckung dafür. Null Inhalte sind bis- Schäuble, mit Verlaub nur auf eine Kleinigkeit hinwei- her benannt worden. Das kann man Ihnen so nicht sen. Sie haben gesagt, dass sich die Länder in der Regel durchgehen lassen. 16 : 0 einig sind, wenn es gegen den Bund geht, nach dem Motto: Wenn wir mehr bekommen, ist alles gut. – (Beifall bei der LINKEN) Da haben Sie recht. Wir alle wissen, dass dem so ist, un- Wir kritisieren diesen Etat auch als einen Haushalt der abhängig davon, wie die Mehrheitsverhältnisse im Bun- sozialen Spaltung. Sie haben nicht an einer einzigen desrat oder im Bundestag sind und wer gerade Finanz- Stelle die Mehreinnahmen thematisiert. Das haben nur minister ist. Indes ist mir eines wichtig: Die Länder, die wir von der Fraktion Die Linke getan. Wir haben aber in den Vorschlag in die Diskussion eingebracht haben, den diesem Land enorm gewachsene private Reichtümer; das Solidaritätszuschlag in die Steuern zu integrieren, haben kann doch niemand bestreiten. Jetzt warnt die Europäi- in Wahrheit, Herr Schäuble, einen Vorschlag aufgegrif- sche Zentralbank vor der unseligen Entwicklung der fen, den Sie selber gemacht haben. Insofern müsste in- Schattenbanken. Wir sagen Ihnen: Geld, das als Ein- nerhalb Ihrer Reihen erst einmal geklärt werden, ob die- nahme aus der Vermögensteuer in den Landeshaushalten jenigen in Ihrer Fraktion, die nun den Vorschlag der ankommt, kann nicht zum Zocken bei Hedgefonds ver- Ministerpräsidenten als angebliche Steuererhöhung vom wendet werden. So einfach ist das manchmal. Tisch wischen, in Wahrheit Ihren Vorschlag infrage stel- len. Wir sind gespannt auf das Ergebnis dieses Prozes- (Beifall bei der LINKEN) ses. Enttäuschend ist der Etat auch für Ostdeutschland. Sie (Beifall bei der SPD sowie des Abg. (B) hätten mit dem Haushalt die Rentenlücke zwischen Ost Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (D) und West bei der sogenannten Mütterrente schließen NEN]) können; das wäre möglich gewesen. Nun zum Haushalt 2015, über den wir abschließend (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Absolut!) beraten. Zu Recht ist die ganze Woche darauf hingewie- sen worden, dass es ein großer Erfolg des Parlaments Die Linke hat einen entsprechenden Antrag gestellt. und insbesondere des Haushaltsausschusses mit Blick 25 Jahre nach der friedlichen Revolution noch immer auf die nächsten Generationen ist, dass wir keine neuen eine Spaltung zwischen Ost und West bei den Erzie- Schulden machen. Das ist die eine Seite der Medaille, hungsleistungen zuzulassen, passt nicht in die Zeit. Das die sehr wichtig ist. Noch wichtiger ist mir, dass diese wollen wir nicht hinnehmen. Große Koalition wie schon die letzte Große Koalition ih- (Beifall bei der LINKEN) ren gemeinsamen Kerninhalt nicht vergessen hat, näm- lich dass es ein sinnvolles Ziel ist, keine neuen Schulden Neben den Beschwörungen der guten Zusammenar- zu machen, aber dass wir auch die Investitionen in die beit in der Koalition mit Ausnahme des Kollegen Kahrs Infrastruktur unseres Landes nicht zu kurz kommen las- – aber seine Platte kennen wir schon – wurde gelegent- sen dürfen. Auch das wollen wir in den nächsten drei lich gesagt, es gebe eine uneingeschränkte Unterstüt- Jahren auf den Weg bringen. zung in der Koalition. Aus Erfahrung weiß ich: Immer wenn solche enormen, gewaltigen Begriffe bemüht wer- (Beifall des Abg. [] den, um eine Zusammenarbeit beschwörend schönzure- [SPD]) den, steht es in der Wirklichkeit um diese Zusammen- Damit, Herr Schäuble, spreche ich die 7 Milliarden arbeit nicht gut. Euro an, die wir ab 2016 investieren wollen. Ich möchte (Beifall bei der LINKEN) nicht nur unterstreichen, dass dieses gemeinsame Ziel richtig für unser Land ist, sondern will auch darauf hin- Wider besseres Wissen ist der Fraktion Die Linke im- weisen, dass allein mit der Bereitstellung dieser zusätzli- mer wieder unterstellt worden, sie wolle neue Schulden chen Milliarden das Ziel, das wir verfolgen, natürlich machen. Deshalb muss ich zum Schluss wiederholen: noch nicht erreicht ist. Es gilt, ein paar Bedingungen zu Das Markenzeichen linker Haushaltspolitik gegenüber erfüllen. Dabei ist immer ein Blick in unseren Koali- der schwarzen Null sind nicht neue Schulden, sondern tionsvertrag hilfreich. sozial gerechte Steuern. Dafür treten wir ein. Herr Lange, Ihr Verkehrsfachmann, weist in seinen (Beifall bei der LINKEN) Presseerklärungen immer darauf hin, dass es in erster Li- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6781

Bettina Hagedorn (A) nie um Investitionen in den Straßenbau und Ortsumge- arbeiten, also Ingenieure, Techniker, Planer – auch Juris- (C) hungen gehen soll; er hat es vorhin wieder erwähnt. Wir ten sind da erforderlich –, in die Verwaltung des Bundes als Sozialdemokraten möchten deswegen unterstreichen: holen. Ja, das auch, aber wir haben dazu eine feste Verabre- dung, nämlich dass 40 Prozent der neuen Investitionen Wichtig ist mir natürlich auch, Herr Minister, dass grundsätzlich in die Schiene und die Wasserwege zu er- wir, wenn wir den Menschen zusätzliches Geld für die folgen haben. Die Straße ist eine sehr wichtige Infra- nächsten Jahre im Infrastrukturbereich zusagen, uns ehr- struktur in unserem Land; aber nur die Verknüpfung von lich machen und einräumen, dass damit nicht alle Wün- sinnvollen Logistikketten zwischen Schiene, Häfen und sche erfüllt werden können. Straßen führt letzten Endes dazu, dass wir im Sinne der Im kommenden Jahr haben wir gemeinsam den Bun- Energiewende emissionsärmere Verkehre organisieren desverkehrswegeplan vor der Brust. Das Ministerium können. Darum müssen wir in alle drei Verkehrssysteme leistet dazu wichtige Vorarbeiten. Dabei wird die Kos- gleichzeitig investieren, und das wollen wir gemeinsam tenkalkulation noch einmal kritisch überprüft. Das ist tun. auch dringend erforderlich, weil wir immer wieder von Kostenexplosionen insbesondere bei Großprojekten hö- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ren. Die Akzeptanz der Menschen für Investitionen wird Vergessen wollen wir ebenfalls nicht, dass auch die nicht gestärkt, wenn diese den Eindruck haben, dass der Investitionen in den Erhalt – Erhalt vor Neubau – in un- Staat nicht anständig und preiswert bauen kann. serem Koalitionsvertrag fest verabredet sind, weil nur An dieser Stelle müssen wir uns gemeinsam ehrlich dadurch die Nachhaltigkeit und der pflegliche Umgang machen getreu dem Motto: Der Euro kann nur einmal mit der Infrastruktur, die schon jetzt massiv gefährdet ausgegeben werden. Darum ist es wichtig, dass wir ge- ist, garantiert werden können. Wir alle wissen, dass ge- meinsam die national erforderlichen Infrastrukturpro- rade zentrale Systeme wie Brücken massiv gefährdet jekte definieren, eine Rangfolge festlegen und diese sind. Sie, Herr Dobrindt, haben schon ein Brückenpro- dann gemeinsam erfolgreich umsetzen. gramm angekündigt; allerdings gemessen an dem, was wir tatsächlich investieren müssen, muss noch eine kräf- Vielen Dank. tige Schippe draufgelegt werden. Das muss ein Schwer- punkt der Investitionsausgaben in der Zukunft sein. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Hört! Hört! Dazu gehört aber auch, dass wir die Voraussetzungen Vergessen, Bettina!) für die geplanten Ausgaben schaffen müssen. Woran (B) hakt es denn bisher, dass wir gar nicht so viel ausgeben, Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (D) wie wir uns eigentlich vorgenommen haben? Fakt ist Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Tobias nämlich, dass nicht immer mit mehr Geld der richtige Lindner das Wort. Weg beschritten werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD) Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir müssen leider feststellen, dass viele Investitionen Geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten deshalb nicht vorankommen – obwohl das Geld zur Ver- Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In fügung steht –, weil es schlicht an den personellen Kapa- etwa 45 Minuten haben es die Kollegen von CDU/CSU zitäten an den entscheidenden Stellen fehlt, um das Geld und SPD hinter sich. Die Haushaltsberatungen, die die auszugeben. Große Koalition in den vergangenen vier Tagen fast als Da zeigen Sie von der Union gern auf die Länder, und Nullverschuldungsfestspiele in diesem Haus zelebriert auch ich sage, dass in den Ländern in den letzten Jahren hat, kommen an ein Ende. Es bleibt aber die Frage: Was massiv Planungskapazitäten in den Straßenbauverwal- folgt danach? tungen abgebaut worden sind. Das war kein Sparen, son- Manche Kollegen – Herr Brinkhaus, Sie haben es dern ein Kürzen am verkehrten Ende. Aber richtig ist heute auch getan – sprechen ja schon fast vom Beginn auch, dass der Bund ebenfalls über enorme Planungska- einer neuen Ära oder Epoche. Herr Schäuble, Sie haben pazitäten verfügt. Diese haben übrigens in den letzten am Dienstag in der allgemeinen Finanzdebatte davon ge- Jahren unter der Vorgängerregierung leider einen massi- sprochen, dass dieser Haushalt wenig wert sei, wenn wir ven Kahlschlag erlitten. Da müssen wir umsteuern. Wir es nicht in Zukunft schaffen würden, Einnahmen und können nur mehr Geld im Bereich der Wasserwege, aber Ausgaben in der Waage zu halten. Verlässlichkeit und auch im Bereich der Schiene ausgeben, wenn wir eine Vertrauen waren die von Ihnen gewählten Worte. Fachkräfteoffensive bei der Wasser- und Schifffahrtsver- waltung und beim Eisenbahn-Bundesamt starten. Wir Ich will Ihnen an diesem Punkt gar nicht widerspre- tun das schon, aber wir müssen uns noch mehr anstren- chen. Natürlich wäre dieser Haushalt eine Eintagsfliege, gen als bisher. Das muss nachhaltig sein. Die Botschaft wenn man es nicht schaffen würde, Einnahmen und Aus- muss angesichts des Fachkräftemangels sein: In diesen gaben in der Waage zu halten. Dass wir das im kommen- staatlichen Institutionen gibt es nachhaltig gute, qualita- den Jahr schaffen, liegt vor allem an der guten konjunk- tiv hochwertige Arbeitsplätze, die auch sicher sind. Wir turellen Lage und an den Steuereinnahmen. Dies müsste wollen gerade die Menschen, die im technischen Bereich aber auch in Zukunft gegeben sein. 6782 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Dr. Tobias Lindner (A) An dieser Stelle, meine Damen und Herren von der mit 63 und die Mütterrente schlecht und falsch finanziert (C) Großen Koalition, versagt Ihr eigener Haushaltsentwurf haben. für das Jahr 2015 kläglich; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es wird noch eine weitere Rechnung kommen. Diese denn Sie setzen gerade nicht die Schwerpunkte, die Sie Rechnung wird vermutlich, Herr Schäuble – ich glaube, setzen müssten, damit es den Menschen in Deutschland da trete ich Ihnen nicht zu nahe –, nicht mehr bei Ihrer in 5, in 10 oder in 15 Jahren noch so gut geht, dass sich Generation ankommen, aber bei meiner: Es wird die Ge- Einnahmen und Ausgaben die Waage halten können. Ihr neration der heute 30- bis 40-Jährigen sein. Sie werden Haushalt ist eben nicht die Grundlage für eine schulden- in Zukunft ein Vielfaches dessen aufwenden müssen, freie Zukunft in Deutschland. Im Gegenteil: Er ver- was heute notwendig gewesen wäre, um Straßen, Schie- schiebt Schulden in die Zukunft. Er ist ein Widerspruch nen, Brücken oder Schulen zu sanieren. Das ist die zu dem Ziel, das Sie selbst ausgegeben haben. Rechnung Ihres Haushaltes, und der Absender auf der Rechnung ist „Große Koalition“. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Null in Ihrem Haushalt – ich kann es nur noch- mals sagen – steht für null Fortschritt bei Investitionen. Wir Grüne haben in diesen Haushaltsberatungen ge- Sie steht für null Breitbandausbau. Sie steht auch für null zeigt, dass man am Ende eben nicht nur ohne neue Anstrengungen bei der Energiewende. Liebe Kollegin- Schulden auskommen kann, sondern dass es vor allem nen und Kollegen, das sind die Nullen in diesem Haus- auch möglich ist, Haushaltspolitik in Richtung Zukunft halt. auszurichten. Wir priorisieren, was Ausgaben betrifft. Wir kämpfen gegen Verschwendung. Wir sparen, und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wir streichen bei umweltschädlichen Subventionen. Wir sowie bei Abgeordneten der LINKEN) nutzen die entstehenden Spielräume und investieren in Hochjauchzend und frohlockend, fast schon wie eine die Bereiche, die Deutschland zukunftsfähig, nachhaltig Monstranz haben Sie von der Großen Koalition diese und gerecht machen. Wir brauchen endlich wieder Null in den letzten Tagen vor sich hergetragen. Meine Schwung bei der Energiewende. Deshalb steht Bünd- Damen und Herren, der Kater nach der Feier wird aber nis 90/Die Grünen für einen Energiesparfonds in diesem kommen. Es ist nun einmal so: Wenn man abends zu viel Haushalt. Glühwein trinkt und es einem schmeckt und wenn man (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nicht wahrhaben will, was am nächsten Morgen passiert, (B) (D) dann wird man eben doch eines Besseren belehrt. Auch Damit Infrastruktur eben nicht auf Beton beschränkt für Sie von CDU/CSU und SPD wird der Tag kommen, bleibt, ist es nötig, viel weiter zu denken. Daher nehmen an dem Sie begreifen werden, dass Haushaltspolitik aus wir es ernst mit dem „Internet für alle“. Wir machen mehr besteht als dem Summenstrich unter der Rechnung Ernst mit dem Breitbandausbau und haben vorgeschla- und der Null. Wichtig sind vor allem die Zahlen und die gen, in diesem Haushalt dafür 1 Milliarde Euro bereitzu- Inhalte dazwischen. Das haben Sie eben nicht beachtet. stellen. Sie haben an dieser Stelle nichts getan. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) An dieser Stelle begehen Sie Arbeitsverweigerung, Es braucht in Deutschland eine sichere Rohstoffver- liebe Kolleginnen und Kollegen. An einer Stelle haben sorgung mit dem wichtigsten Rohstoff unserer Gesell- Sie hier einen völlig falschen Eindruck verbreitet. Es schaft: Das sind Bildung und Betreuung. Auch an dieser wird oft so getan, als sei jetzt alles gut, als würde der Stelle haben Sie nichts getan, Haushalt 2015 den Menschen keine Rechnung schicken. Das ist mitnichten so. Es wird vielleicht keine Rechnung (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: aus dem Jahr 2015 von den zukünftigen Generationen Quatsch! Unsinn!) bei den Banken ankommen. Die Rechnung für diesen Haushalt wird aber schneller kommen als Sie denken. während wir Grüne Vorschläge gemacht haben, wie man Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im kommenden dieses Land zukunftsfähig macht. Jahr wird die erste Rechnung in Form von Zusatzbeiträ- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gen bei den Versicherten der gesetzlichen Krankenversi- cherung ankommen, weil Sie in den Gesundheitsfonds Meine Damen und Herren, das wäre ein Haushalt greifen. Das ist eine der Rechnungen, die aus Ihrem ohne neue Schulden, aber mit Zukunft. Ihr Etatentwurf Haushalt folgt. für 2015 ist das Gegenteil dessen, und deshalb werden wir ihn nachher ablehnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thomas Jurk [SPD]: Das stimmt doch gar (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist nicht! Quatsch!) eine Fehlentscheidung!) In wenigen Jahren wird die nächste Rechnung bei den Ich danke Ihnen. Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern der gesetzli- chen Rentenversicherung ankommen, weil Sie die Rente (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6783

(A) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: können wir nicht gebrauchen. Den sollten wir hiermit für (C) Vielen Dank. – Als nächster Redner hat der Kollege die Zukunft abgeschafft haben. Dr. Hans Michelbach das Wort. Ein Schuldenberg vernichtet Gestaltungsmöglichkei- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ten. Sie können das in den europäischen Ländern sehen, die über ihre Verhältnisse leben. Jene, die auf Wachstum Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): durch Schulden setzen, verlieren zunehmend Wettbe- Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! werbsfähigkeit und Wachstumsdynamik. Die von der Deutschland kann heute auf eine starke Erfolgsbilanz EU-Kommission jetzt wieder angedachte Aufweichung blicken. In Europa steht kein anderes großes Land so gut des Stabilitäts- und Wachstumspakts – für zwei große da. Das ist ein wesentliches Verdienst dieser Bundesre- Volkswirtschaften, für Frankreich und Italien – halte ich gierung und unserer Regierungskoalition. Was wahr ist, für einen falschen Weg. Das kann nicht die Zukunft sein. muss wahr bleiben. Das Erfolgsrezept sind Nachhaltigkeit und Strukturrefor- men. Das ist der Weg, der letzten Endes auch diese Län- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) der aus ihrem Leistungsbilanzdefizit herauskommen Den Kurs einer nachhaltigen, zukunftsfähigen und lässt. Deswegen muss dieser Weg gegangen werden, verlässlichen Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik meine Damen und Herren. werden wir konsequent weiterführen. Dieser Haushalt ist (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. die Vertrauensbasis für die Zukunft. Der Haushalt 2015 Sonja Steffen [SPD]) gibt die richtigen Antworten auf die Herausforderungen in Deutschland. Er ist die Grundlage für Vertrauen, Zu- Er erfordert natürlich Anstrengungen und manch un- kunftssicherung und weiteren Erfolg. populäre Maßnahme. Deutliche Beweise dafür gibt es genügend: die abneh- Wir haben den richtigen Weg beschritten. Deswegen mende Staatsquote und die Priorität der Privatwirtschaft, verzeichnen wir Rekordbeschäftigung und steigende Re- die steigenden Investitionen in Infrastruktur, Forschung aleinkommen. Das muss man einmal deutlich sagen: Wir und Entwicklung, keine Steuererhöhungen, Stärkung der haben Steuermehreinnahmen, weil wir Lohnsteigerun- Kommunalfinanzen, Sicherung des Finanzmarktes und gen in Deutschland haben. Wir müssen unseren Arbeit- – historisch herausragend – der Verschuldungsstopp zur geberinnen und Arbeitgebern sowie unseren fleißigen Förderung von Nachhaltigkeit der Finanz- und Haus- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dafür danken, haltspolitik in Deutschland. Das ist ein Meilenstein in dass wir letzten Endes einen Beschäftigungsrekord ha- der deutschen Finanzgeschichte. Dafür gebühren dem ben. Das ist ein großer Erfolg, auch für den Haushalt. (B) Bundesfinanzminister, Dr. Wolfgang Schäuble, Re- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. (D) spekt, Anerkennung und Dank und keine Dämonisie- Thomas Jurk [SPD]) rung. Herr Claus, es ist doch nur peinlich, was Sie hier vollzogen haben. Wir werden auch die Investitionsmaßnahmen weiter voranbringen. 10 Milliarden Euro werden für zusätzliche (Beifall bei der CDU/CSU) Investitionen freigemacht. Da gibt es natürlich einen en- Ich wiederhole unser Grundprinzip. Der Haushalt 2015 gen Zusammenhang. Nur wer ordentlich wirtschaftet, steht für den einfachen Zusammenhang: Solide Finanz- schafft neue Spielräume für Investitionen, die wir zu un- politik schafft Vertrauen, und Vertrauen schafft wiede- serer Zukunftssicherung dringend benötigen. Das Fazit rum Wachstum. dieses Haushalts ist, dass er dem Bundesfinanzminister überhaupt die Chance gibt, ein solches Investitionspro- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gramm von 10 Milliarden Euro hier vorzuschlagen. Das Doch gibt es in diesem Hause leider immer noch alles hat einen Hintergrund, und den muss man sehen. Leute, die der vermehrten Schuldenaufnahme das Wort Wir müssen und wir werden uns ins Zeug legen, um die reden, die glauben, dass Schuldenmachen zu Wachstum Wachstumsdynamik zu stabilisieren, um weiter Wachs- führt und dass noch mehr Schulden noch mehr Wachs- tumsdynamik zu erzeugen. Das ist der Weg. tum bedeuten. Meine Damen und Herren, wir brauchen dazu An- (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Wer reize. Wir brauchen private Investitionen, und für diese denn?) privaten Investitionen braucht es natürlich insbesondere Vertrauen. Hierzu müssen wir entstandene Verunsiche- Meine Damen und Herren Keynesianer und Schuldenba- rungen ausräumen. Hierzu müssen wir in der internatio- rone hier in der Opposition oder in den rot-rot-grünen nalen und nationalen Steuerpolitik weiter vorangehen. Bundesländern oder in Europa, Sie sind auf dem Holz- Gemeinsam mit der OECD werden mit den BEPS-Pro- weg. Ein Investitionsprogramm auf Pump und Steuer- jekten die Trockenlegung von Steueroasen sowie die erhöhungen sind einfach kontraproduktiv. umgehende Beseitigung von Steuerdumping und Wett- bewerbsverzerrungen in Europa angegangen. Wir for- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) dern das, was gerade auch von den G 20 beschlossen Damit lassen sich auch keine Leistungsbilanzdefizite in wurde: mehr Transparenz bei den Rulings. Wir können Frankreich und Italien ausgleichen. Das Einzige, was keinen schädlichen Steuerwettbewerb in der Europäi- durch mehr Schulden wächst, ist – das ist die Erfahrung – schen Union gebrauchen und hinnehmen. Deswegen ist der Schuldenberg, meine Damen und Herren, und den das, was wir beschlossen haben, nämlich der automati- 6784 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Dr. h. c. Hans Michelbach (A) sche Austausch von Steuerdaten – über 50 Länder haben Meine Damen und Herren, nachdem ich nunmehr seit (C) sich dazu verabredet –, ein Meilenstein in der Steuer- 20 Jahren dem Finanzausschuss bzw. dem Haushaltsaus- politik. Hierdurch entstehen Steuertransparenz und Steu- schuss angehören darf, werde ich mir für diesen Erfolg ergerechtigkeit. Dieser automatische Austausch ist der heute einen Frankenwein gönnen, natürlich auch einen richtige Weg, um letzten Endes Steuerhinterziehung zu Glühwein. bekämpfen. (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ah!) Manfred Zöllmer [SPD]) Für den Frankenwein möchte ich absolut werben. Er ist etwas zu schade, um daraus Glühwein zu machen; Ich glaube, wir sind uns darüber einig: Der Staat muss die Steuern erhalten, die ihm zustehen. Deshalb muss (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) uneingeschränkt der Grundsatz gelten: Die Gewinne werden dort versteuert, wo sie erwirtschaftet werden. Glühwein und Frankenwein passen nicht zusammen. – Ich glaube, wir alle können darauf anstoßen, dass heute ( [CDU/CSU]: Ja!) ein guter Tag ist. Ich stoße auf die Frau Bundeskanzlerin, auf den Bundesfinanzminister und alle Kolleginnen und Deswegen ist es wichtig, dass wir neben den internatio- Kollegen an. nalen steuerpolitischen Herausforderungen auch die na- tionalen steuerpolitischen Herausforderungen angehen. Herzlichen Dank. Dazu gehören natürlich die Erweiterung von Spielräu- (Beifall bei der CDU/CSU) men und Wachstumspolitik. Wir sollten nicht zuerst fra- gen, wie wir das Geld weiter verwenden können, zum Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Beispiel den Soli – darüber ist ja ein trefflicher Streit Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles gerne – nur entstanden –, sondern wir sollten zuerst fragen, wie wir nicht im Plenarsaal. es schaffen, durch eine Wachstumspolitik Spielräume zu erreichen, um in den 20er-Jahren den Soli schrittweise (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der abbauen zu können. Das ist die richtige Politik für SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNIS- Wachstum und für Leistungsgerechtigkeit. Denn Leis- SES 90/DIE GRÜNEN) tung muss sich in diesem Land lohnen, meine Damen Ich erteile jetzt als nächstem Redner Herrn Kollegen und Herren. Thomas Jurk das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) (B) (D) Wir werden, wenn es weitere Spielräume gibt, bei den Fragen der Gebäudeinvestitionen zur energetischen Sa- Thomas Jurk (SPD): nierung, der Forschung und Entwicklung und des Ri- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten siko- und Wagniskapitals natürlich die richtige Antwort Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! geben. Über die schwarze Null wurde hier schon ausführlich de- battiert. Ich will deshalb nur ganz kurz anmerken: Wir Die Generationenbrücke bei der Erbschaftsteuer muss setzen mit diesem Haushalt den Koalitionsvertrag um, für die Betriebe erhalten bleiben. der vor ziemlich genau einem Jahr zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart wurde. Dies und nichts anderes er- Wir müssen natürlich auch die heimlichen Steuer- warten die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes von erhöhungen in den Blick nehmen. Denn wenn bei Lohn- einer Regierung und den sie tragenden Fraktionen. steigerungen ungünstige Steuertarife und Preisentwick- lungen zusammentreffen, führt dies oft dazu, dass nicht Nun eine längere Anmerkung, die nicht jedem hier mehr Geld in der Tasche des Arbeitnehmers landet. Inso- gefallen wird. In dieser Woche und auch heute wurde fern kann eine Steuerbremse wachstums- und leistungs- von zahlreichen Oppositionspolitikern die Investitions- fördernd wirken und den Konsum im Inland stärken. Da- quote im Bundeshaushalt angesprochen – zugegebener- mit werden wir uns ganz konstruktiv auseinandersetzen maßen ein durchaus sehr wichtiger Indikator. Dabei gab und werden entsprechend handeln, wenn es die notwen- es allerdings die abenteuerlichsten Behauptungen. Bei- digen Spielräume dafür gibt. spielsweise hielten uns die Grünen vor – sie haben die- sen Unsinn sogar in ihren Entschließungsantrag ge- Zum Abschluss, meine Damen und Herren. Um eine schrieben, welchen wir deshalb nachher ablehnen positive Haushaltsentwicklung zu erreichen, ist es not- werden –, dass die Investitionsquote von über 10 Prozent wendig, dass wir immer wieder eine Basis für Vertrauen auf 9,3 Prozent in 2018 sinken würde. in die internationalen Finanzmärkte schaffen. Ein stabi- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE les Finanzsystem ist entscheidend für Wachstum und In- GRÜNEN]: Auf 8,3 Prozent im Finanzplan! vestitionen. Deswegen haben wir die Bankenunion auf Schauen Sie sich doch den Finanzplan an!) den Weg gebracht, mit der wir einen großen Schritt vor- angekommen sind. Überwachungs- und Abwicklungs- Die Linke behauptet sogar, die Investitionsquote sinke konzeptionen, Schonung der Steuerzahler – die Banken- auf 8,3 Prozent. Da hat Ihnen wohl jemand einen alten union ist der große Wurf; das ist eine Regulierung für Fünfjahresplan der Staatlichen Plankommission der den Finanzmarkt, mit der wir uns sehen lassen können. DDR untergejubelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6785

Thomas Jurk (A) (Lachen und Beifall bei Abgeordneten der sehen Sie mal, das ist doch positiv, es beginnt 2013 und (C) CDU/CSU – Dr. Dietmar Bartsch [DIE setzt sich fort –: LINKE]: Ach nee!) (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- – Herr Bartsch, Sie fühlen sich gerade getroffen. Sie NEN]: Ich kann auch etwas hochhalten!) nahmen das Wort „blamabel“ in den Mund. 2014 25,6 Milliarden Euro, 2015 26,5 Milliarden Euro, (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!) 2016 30,3 Milliarden Euro und 2017 31,3 Milliarden Euro. Damit stelle ich fest: Der Bund investiert so viel Blamabel, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist wie zuletzt vor 20 Jahren. Ich finde, es ist eine beachtli- in diesem Zusammenhang allerdings nur die Ahnungslo- che Leistung dieser Koalition, dass wir diese Investitio- sigkeit der Opposition. nen tätigen, ohne neue Schulden zu machen. Darin un- terscheidet sich die jetzige Situation auch entscheidend (Beifall der Abg. Johannes Kahrs [SPD] und von der von vor 20 Jahren; denn damals – daran will ich Helmut Heiderich [CDU/CSU] – Dr. Tobias gerne erinnern – wurden die Investitionen fast vollstän- Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ho- dig durch neue Schulden finanziert, len Sie doch die Schulnoten wieder hervor!) (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sieh an!) Denn bei der Berechnung der Investitionsquote im Bun- die wir heute noch teuer zurückzahlen müssen. Jetzt da- deshaushalt werden gemäß unserer Haushaltssystematik gegen können wir die notwendigen Investitionen endlich die 7er- und 8er-Titel addiert und ins Verhältnis zu den ohne neue Schulden finanzieren. Gesamtausgaben gesetzt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ich will Ihnen noch einmal verdeutlichen, worauf der CDU/CSU) Bundesfinanzminister Schäuble bereits kurz eingegan- gen ist. Auch die Mittel für die Beteiligung Deutsch- Die Regierungskoalition investiert mehr, und sie lands am Grundkapital des Europäischen Stabilitätsme- finanziert das nicht mit neuen Schulden. Wir halten uns chanismus, ESM, stehen in einem 8er-Titel. Konkret also nicht nur bei der schwarzen Null, sondern auch bei geht es um den Titel 836 24 im Kapitel 6002, der 2014 der Steigerung der öffentlichen Investitionen an das, was immerhin einen Ansatz von 4,3 Milliarden Euro hat. Das wir im Koalitionsvertrag miteinander vereinbart haben. ist ziemlich bedeutsam; denn nur deshalb liegt die Inves- Erlauben Sie mir eine weitere Anmerkung, die nicht titionsquote im Bundeshaushalt in diesem Jahr, also jedem gefallen wird. In dieser Woche hat die Opposition 2014, bei gut 10 Prozent. Spätestens jetzt sollte Ihnen hier mehrfach gefordert, dass die Koalition den Zu- aufgefallen sein, dass Ihr Jahresvergleich der Investi- schuss für den Gesundheitsfonds anheben soll. Herr (B) tionsquoten völlig irreführend ist. Wenn nach Ihrer fa- Kindler sprach in diesem Zusammenhang von der „Plün- (D) mosen Rechnung die Investitionsquote im kommenden derung des Gesundheitsfonds“, sein Kollege Lindner hat Jahr, also 2015, im Vergleich zu diesem Jahr, 2014, das eben noch einmal bekräftigt. Das zeigt: Die Opposi- sinkt, so ist das ausschließlich darauf zurückzuführen, tion hat null Ahnung. dass Deutschland im nächsten Jahr nicht mehr in den (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – ESM einzahlen muss, und nicht etwa darauf, dass weni- Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE ger Geld für Investitionen in Deutschland zur Verfügung GRÜNEN]: Die Versicherten zahlen die Zeche steht. dafür!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Sie schlagen ernsthaft vor, dass wir die Liquiditätsre- der CDU/CSU) serve des Gesundheitsfonds durch neue Schulden auffül- len sollen. Noch einmal zum Mitschreiben: Mit unserem 10-Mil- liarden-Euro-Paket steigt die Investitionsquote von (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE 8,6 Prozent in diesem Jahr auf 8,9 Prozent im kommen- GRÜNEN]: Nein, mal die Anträge lesen! den Jahr, auf 9,7 Prozent im Jahr 2016 und auf 9,8 Pro- Ganz solide gegenfinanziert!) zent im Jahr 2017. Das ist die Realität. Aber mit dieser Das ist mehr als absurd. Realität wollen Sie von der Opposition nichts zu tun ha- ben. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Realitätsver- Kommen wir doch einmal auf die Realitäten zu spre- weigerer. Sie täuschen und tricksen und versuchen, uns chen, Kollege Kindler. Eine Erhöhung des Bundeszu- als Investitionsbremser zu diffamieren; erfolglos, wie ich schusses in den Gesundheitsfonds sorgt lediglich dafür, dass die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, die anmerken möchte. schon jetzt bei rund 13 Milliarden Euro liegt, weiter an- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE wächst. GRÜNEN]: Das legen Sie fest?) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Da ich vermute, dass die Opposition die Realität im- GRÜNEN]: Null Ahnung!) mer noch nicht verstanden hat, will ich Ihnen die Investi- Von den Reserven der Krankenkassen, die Ende des Jah- tionen im Bundeshaushalt in absoluten Zahlen nennen – res bei 16 Milliarden Euro liegen werden, will ich erst wir haben das so schön dargestellt, als Säulendiagramm, gar nicht reden. (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Auch das ist GRÜNEN]: Wow!) wahr!) 6786 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Thomas Jurk (A) Für Ihren Vorschlag sollen wir auf die schwarze Null Carsten Körber (CDU/CSU): (C) verzichten, also Schulden machen, und künftig noch Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundeskanzlerin! Zinsen für die im Gesundheitsfonds gebunkerten Geld- Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten berge zahlen? Damen und Herren auf den Besuchertribünen! (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist unredlich!) GRÜNEN]: Und an den Rundfunkempfangs- geräten!) – Aber das steht doch in Ihrem Antrag. – Mit Verlaub: Dieser Vorschlag ist Unfug, auch wenn Sie es jetzt nicht Die Beratungen zum Bundeshaushalt 2015 sind beendet. wahrhaben wollen. Lesen Sie es nach. Sie dürfen sich Es war ein langer, zum Teil auch mühsamer Weg. Dieser nicht wundern, dass wir diesen Vorschlag ablehnen. hat sich jedoch gelohnt. Das Ergebnis all unserer Mühe ist die schwarze Null, die nun im Haushaltsgesetz steht – (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler erstmals seit 45 Jahren. Dieser Haushalt ist deshalb [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie wahrhaft historisch. doch auf, die Unwahrheit zu verbreiten! Das Das Ergebnis unserer Beratungen zeigt, dass die ist doch nicht nötig! Ist das arrogant!) schwarz-rote Koalition ihr Wort gehalten hat, das sie vor Falls Sie das nicht verstehen, dann können Sie gerne der Sommerpause beim Beschluss des Haushalts von eine Nachhilfevorlesung über die Finanzierung unseres 2014 gegeben hat: Wir haben eine Nettokreditaufnahme Gesundheitssystems bei meinem geschätzten Fraktions- von null gehalten. Mehr noch, wir haben den Regie- kollegen Professor Lauterbach buchen. rungsentwurf sogar um 400 Millionen Euro abgesenkt. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Zugleich haben wir bei den wichtigen Kernthemen GRÜNEN]: Große Koalition, große Arroganz! – – ich nenne hier Verkehrsinfrastruktur, Bildung, innere Johannes Kahrs [SPD], an das BÜNDNIS 90/ Sicherheit, aber auch Kultur und Hochwasserschutz – DIE GRÜNEN gewandt: Ich vermittle! – mehr investiert, als im Regierungsentwurf ursprünglich [SPD]: Aber nur gegen vorgesehen war. Wir haben also aus einem ohnehin Provision!) schon sehr guten Regierungsentwurf einen noch besse- ren gemacht. Ich komme zum Schluss. Wir geben im Bundeshaus- halt künftig mehr Geld für Investitionen aus, sowohl (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – absolut als auch relativ gesehen. Wir investieren mehr Bettina Hagedorn [SPD]: Das stimmt!) Mittel in Bildung und Forschung. Wir entlasten die – Richtig, liebe Bettina Hagedorn. – Das ist ein Erfolg, (B) (D) Kommunen und stärken so deren Finanzkraft. Wir stär- auf den wir stolz sein können, und ich sage Ihnen: Wir ken die Innovationsförderung. Gerade bei privaten In- sind es auch. vestitionen in neuartige Technologien hat dies eine enorme Hebelwirkung. Damit stärken wir Wachstum Liebe Kollegen von der Opposition, wir wissen natür- und Beschäftigung in Deutschland, und das ist gut. lich alle, dass Sie jetzt murren und schimpfen müssen; und natürlich tun Sie das auch, das ist Ihr Job – alles Ich möchte noch ein Stichwort aufgreifen, das Frau okay. Aber ich behaupte, Sie tun dies wider besseres Kollegin Hagedorn in ihrer Rede gerade nicht unterbrin- Wissen. gen konnte: das Thema Glühwein. (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Niemals!) (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜND- – Ach, doch. – Aber das nur am Rande. NIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor der Rede habt ihr (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE viel Glühwein getrunken!) GRÜNEN]: Das ist ein Haushalt wider besse- Angesichts der bevorstehenden Temperaturen – daran res Wissen!) können die Grünen auch nichts ändern – können wir an Es ist wie es ist: Die schwarze Null steht, und so wird diesem Wochenende gerne mit einem Glühwein ansto- es auch bleiben – ein klarer Beweis, dass wir als Regie- ßen. rungskoalition in der Lage waren, deutliche Prioritäten (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zu setzen. Wir setzen das solide Haushalten fort, das wir, der CDU/CSU) die Union, schon 2005 begonnen haben. Das ist gut für unser Land, für unsere Bürgerinnen und Bürger sowie Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: für unsere Wirtschaft, für Wachstum und Beschäftigung. Langsam sehe ich mich zur Klarstellung genötigt: Im Besonders gut für uns alle in diesem Land ist es, dass Deutschen Bundestag wird nicht ständig Glühwein ge- Sie, liebe Opposition, nicht regieren. trunken. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Tobias (Heiterkeit) Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir regieren in sieben Bundesländern!) Als nächster Redner hat der Kollege Carsten Körber das Wort. Der an langeweilegetränkter Verzagtheit und Bedeu- tungslosigkeit kaum zu unterbietende Bundesparteitag (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) der Grünen am vergangenen Wochenende Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6787

Carsten Körber (A) (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE (C) GRÜNEN]: Waren Sie dort?) GRÜNEN]: Jetzt beschimpfen Sie aber gerade Ihren Koalitionspartner!) hat eindrucksvoll gezeigt, dass in Hannover niemand ge- tagt hat, der ernsthaft den Anspruch haben kann, Regie- Das allerdings ist nicht die Politik der Union. Das ist der rungspartei zu sein. Versuch der Politik von Leuten, die besser nicht regieren sollten. (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war übrigens in Hamburg, Deutschland hat eine besondere Verantwortung für nicht in Hannover!) das Gelingen Europas. Deshalb gehen wir mit unserer Haushaltspolitik mit gutem Beispiel voran. Nur so kann Vielleicht, meine lieben Freunde von den Grünen, hätte nachhaltiges Wachstum in Europa entstehen. Deshalb ist da ja eine Runde Glühwein geholfen, um die Stimmung es gut und richtig, den Reformdruck aufrechtzuerhalten, ein wenig zu heben. und zwar nicht nur bei uns in Deutschland, sondern auch in Europa. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Allen Unkenrufen zum Trotz haben wir Handlungsfä- Allerdings stoßen in das gleiche, leider sehr traurig higkeit bewiesen. Das ist wichtig für die Glaubwürdig- klingende Horn parallel die hanebüchenen Versuche ei- keit unseres Staates. Denn nur ein Staat, der in guten ner deutsch-deutschen Geschichtsklitterung, mit denen Zeiten Vorsorge für schlechte Zeiten trifft, wird auch jetzt ein linker Möchtegernministerpräsident in Thürin- langfristig ein starker und handlungsfähiger Staat sein. gen sein wahres Gesicht gezeigt hat. Da sage doch noch Und dass unser Staat handlungsfähig bleibt, wollen wir ein beleidigter Linker, Biermann hätte neulich im Deut- doch wohl alle. schen Bundestag nicht recht gehabt. Lassen Sie es mich an dieser Stelle einmal ganz klar (Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE und deutlich sagen: Langfristig wird nur die Politik er- GRÜNEN]: Fahren Sie mal in den Bundesrat folgreich sein, die nicht jedem alle Wünsche erfüllt, son- rüber!) dern die Politik, die das Nötige tut. Dabei müssen wir die Bürger mitnehmen. Deshalb müssen wir immer wie- Liebe Opposition, es ist ein Segen für dieses Land, dass der erklären, warum wir dieses und jenes tun, dafür an- Sie im Bund nichts zu melden haben, und die Menschen deres aber lassen. in diesem Land wissen das auch. Exakt das haben wir in der nun zu Ende gehenden (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. André Hahn Haushaltswoche getan. (B) (D) [DIE LINKE]: Schlechter als Sie können wir ( [DIE LINKE]: Bravo!) es gar nicht machen!) Ich freue mich, dass wir nun einen zukunftsträchtigen, Aber wir dürfen bei unserer Haushalts- und Finanz- solide durchfinanzierten und in seinen Zahlen sinnvollen politik nicht nur ins Inland schauen, wenn es darum geht, und klugen Haushalt verabschieden werden. Wirkung und Erfolg zu beziffern. Der Blick über unsere Grenze hinaus, der Blick nach Europa ist von entschei- Vielen Dank. dender Bedeutung. Unsere Politik zeigt seit Jahren, dass (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- es richtig und notwendig ist, zuerst die Systeme in Ord- neten der SPD) nung zu bringen und sie wieder in die richtige Richtung zu trimmen, anstatt einfach nur viel Geld in die Hand zu Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: nehmen, ansonsten aber alles falsch weiterlaufen zu las- sen. Als nächste Rednerin hat die Kollegin Sonja Steffen das Wort. Schlechtem Geld wirft man kein gutes hinterher. Es (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ist gerade nicht der richtige, sondern der absolut falsche der CDU/CSU) Weg – so wollen es einige andere Staaten aber –, die of- fensichtlichen Probleme unter Bergen von geliehenem Geld zu verstecken und darauf zu hoffen, dass es schon Sonja Steffen (SPD): irgendwann irgendwie wieder gut werden wird. All das Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und geschieht dann unter dem Siegel staatlicher Konjunktur- Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle hilfe. Das aber ist in Wahrheit keine Konjunkturhilfe, am Ende dieser Haushaltswoche bewusst, dass dies vor allem keine besonnene und schon gar keine kluge. keine Haushaltswoche wie jede andere war. Das sagt Nein, das ist Schuldenpolitik unterster Schublade. man wahrscheinlich nach jeder Haushaltswoche, aber ich finde schon, dass diese Haushaltswoche einige be- Eine solche Politik, die auch in diesem Hause von der sondere Aspekte gezeigt hat. Opposition in den letzten Jahren immer wieder gefordert (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Finde wurde, ist keine kluge Politik, sondern lediglich der zum ich auch!) Himmel schreiende Versuch, vor der Wirklichkeit zu flüchten und jedermann zu zeigen, dass einem die Kraft Ich möchte an dieser Stelle an die gestrige Debatte er- für die nötigen und dringend erforderlichen Reformen innern, als der Wirtschaftsminister mit seinem Etat an fehlt. der Reihe war. Ich glaube, alle, die hier waren – das wa- 6788 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Sonja Steffen (A) ren viele –, konnten sich vergewissern, dass Parlament Dank auszusprechen. Er gilt unserer Ausschussvorsit- (C) sehr lebendig sein kann. zenden, Frau Lötzsch. Wahrscheinlich wird Herr Barthle darauf auch noch eingehen. Ich will ihm nicht vorgrei- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten fen. Dennoch möchte ich mich an dieser Stelle für die der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE wirklich hervorragende und souveräne Leitung, vor al- GRÜNEN) lem der Bereinigungssitzung, bedanken. So wünscht man sich das für die Zukunft. Ich glaube, (Beifall im ganzen Hause) unserem Präsidenten Lammert hat das auch besonders gut gefallen. Ich finde es übrigens nicht sehr schade, dass es im (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der kommenden Jahr nur eine Bereinigungssitzung geben CDU/CSU) wird und dass wir nur einen Haushalt verabschieden müssen. Ich denke, das alles wird dennoch viel Arbeit Wir haben auch heute eine lebendige Debatte erlebt. sein. Darauf freuen wir uns alle schon. Wir haben gesehen, dass es auch innerhalb einer Koali- tion Kontroversen geben kann. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei schlechte Haushalte rei- (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was?) chen!) Letztendlich stehen wir hier aber alle zusammen und Meine Damen und Herren, wahrscheinlich werden werden gleich einen tatsächlich historischen Haushalt Sie alle in dieser Woche davon gehört haben – man liest verabschieden. Das Wort „historisch“ ist in dieser Wo- es auch überall –: Deutschland ist eines der lebenswer- che so oft gefallen, dass es einem fast wie Goethe ergeht, testen Länder der Welt. der kurz vor seinem Tod an Wilhelm von Humboldt schrieb – ich zitiere –: „… ich erscheine mir selbst im- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) mer mehr und mehr geschichtlich …“ – Dafür fühle ich Das ergibt sich aus vielen Studien, unter anderem aus mich erstens noch ein wenig zu jung, und zweitens soll- dem Better Life Index der OECD. Ich finde, das zeichnet ten wir diesen Haushalt 2015 nicht als Ende eines Pro- sich auch ein Stück weit in diesem Haushalt ab. Deshalb zesses betrachten, sondern vielmehr als Anfang. Es ist mag ich die Schwarzmalerei der Opposition nicht so be- natürlich nicht verkehrt, zurückzublicken und zu sagen: sonders gern; denn ich glaube schon, dass man Probleme So etwas gab es in der Geschichte dieses Landes noch an der einen oder anderen Stelle auch herbeireden kann. nie, und deswegen ist es eine beachtliche Leistung. Viel wichtiger aber ist es, nach vorne zu blicken und zu sa- Herr Barthle, mir ist aus der gesamten Zeit, die wir gen: Das ist erst der Anfang, der Konsequenzen haben miteinander verbracht haben, eine Situation besonders (B) (D) muss. Das Haushalten ohne Schuldenmachen sollte eine im Gedächtnis geblieben – jetzt greife ich Ihnen schon historische Wendemarke sein. wieder vor; wahrscheinlich werden Sie gleich noch kurz darüber reden wollen –: Als wir in der Bereinigungssit- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten zung mitten in der Nacht noch einmal die Rechnung auf- der CDU/CSU) gemacht haben und tatsächlich schwarz auf weiß gelesen Dann haben wir wirklich etwas geleistet. haben, dass es keine Nettokreditaufnahme mehr gibt, dass da nur noch drei Striche stehen, da hat Herr Barthle Ich bin seit 2013 Mitglied des Haushaltsausschusses. kurz die Geschichte erzählt, dass es, als er in den Bun- Ich muss sagen – ich denke, ich spreche für alle Kolle- destag kam, damals sein Ziel war, dass es irgendwann ginnen und Kollegen –: Wir haben tatsächlich ein hartes einmal tatsächlich keine Neuverschuldung mehr gibt. Jahr hinter uns. Wir haben zwei Haushalte verabschie- Das haben wir jetzt erreicht. Diese Geschichte hat mich det. Unsere Ausschussvorsitzende, Frau Lötzsch, hat sehr beeindruckt. vorhin schon eine Statistik aufgemacht. Sie hat gesagt – das gilt jetzt, glaube ich, nur für einen Haushalt –, dass (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Freut mich!) wir 777 Anträge und über 1 000 Abstimmungen zu be- Ist der Haushalt zukunftsvergessen? Das wurde heute wältigen hatten. Wenn man diese Zahlen verdoppelt, auch geäußert. Meiner Meinung nach ist er es nicht. Ich dann kann man sich, glaube ich, ein Bild davon machen, denke, ich vertrete hier die große Mehrheit dieses Hau- wie viel wir in diesem Jahr gearbeitet haben. ses. Ich will jetzt nicht noch einmal alle Punkte auflisten, (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – die in diesem Haushalt enthalten sind und die richtungs- Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die an- weisend und zukunftsorientiert sind. Ich gebe nur ein deren aber auch!) paar Stichworte: die Entlastung der Länder und Kommu- nen ab 2015 für Bildungsaufgaben, für Krippen, für Ki- – Ja, alle anderen natürlich auch, auch die Fachpolitike- tas, die alleinige Finanzierung des BAföG ab 2015 durch rinnen und Fachpolitiker, die hervorragende Vorarbeit den Bund, Investitionen für die Verkehrsinfrastruktur geleistet haben, selbstverständlich auch die Mitarbeite- und den Städtebau. Ich will es dabei bewenden lassen; rinnen und Mitarbeiter aus den Ministerien. das alles haben wir heute schon gehört. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist Eines will ich noch ansprechen – das betrifft meinen jetzt gerade nochmal gutgegangen!) Etat –: die Entwicklungszusammenarbeit. Wir haben er- Es ist in dieser Woche schon so viel gedankt worden. reicht, dass wir 7 Milliarden Euro für Investitionen in Gestatten Sie mir aber an dieser Stelle, einen besonderen den kommenden Jahren quasi parken konnten. Mir ist es Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6789

Sonja Steffen (A) an dieser Stelle ein persönliches Anliegen, darauf hinzu- denn wenn ich mir vor Augen führe, dass Sie alleine für (C) weisen, dass wir angesichts der Krisen in der Welt, die das kommende Jahr 54 Milliarden Euro Mehrausgaben wir im Moment erleben, die Entwicklungszusammenar- beantragt haben, beit nicht vergessen sollten; denn man kann auch in die- sem Bereich sehr sinnvolle Investitionen tätigen. (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aber ohne neue Schulden!) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten kann ich leicht hochrechnen, was das für die vergange- der CDU/CSU und der Abg. Dr. Gesine nen Jahre bedeutet hätte. Der Schuldenberg wäre wahr- Lötzsch [DIE LINKE]) scheinlich doppelt so hoch. Es ist gut, dass wir damit Ganz zum Schluss will ich noch sagen: Ich finde, wir jetzt endlich Schluss machen. sollten alle unsere Ausschussmitarbeiter, die dort hinten Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Signal, das sitzen und denen allen schon gedankt worden ist, irgend- wir aussenden, kommt in Europa und in der Welt an. Ich wann in der nächsten Zeit zum Glühwein einladen. kann das daran ablesen, dass ich in dieser Woche so (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie viele Anfragen von Journalisten, von Investoren, von In- bei Abgeordneten der LINKEN) teressierten aus aller Welt bekommen habe wie noch nie. Bei mir waren Journalisten aus Japan, aus Frankreich, Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: aus Italien, aus England, aus Belgien war der Finanz- minister da usw. usf. Alle fragen mich: Wie habt ihr das Vielen Dank. – Als letzter Redner in dieser Debatte eigentlich hingekriegt? Dann erkläre ich in aller Ruhe, hat Norbert Barthle das Wort. dass man dazu einen langen Atem braucht, (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE neten der SPD) GRÜNEN]: Die Sozialkassen plündert!)

Norbert Barthle (CDU/CSU): dass man eine langfristige solide Politikstrategie verfol- gen muss, dass man keine Politik von heute auf morgen Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle- machen darf und bei den Ausgaben Disziplin wahren ginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wer in muss. Das verstehen alle. Deshalb verstehe ich nicht, einer langen Haushaltsdebattenwoche als letzter Redner warum unsere Opposition das nicht versteht. an das Rednerpult tritt, der weiß: Alles ist gesagt, nur noch nicht von mir. Ich will nicht alles wiederholen, was (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- schon gesagt worden ist; aber jedem, der es noch nicht neten der SPD – Michael Grosse-Brömer (B) mitbekommen hat, will ich sagen: Erstmals in der Ge- [CDU/CSU]: Die wollen das nicht!) (D) schichte der Bundesrepublik Deutschland steht im Haus- haltsgesetz der Satz: Irgendwie wollen die das nicht kapieren. Die reden im- mer noch von Tricksereien und von Schattenhaushalten, Im Haushaltsjahr 2015 nimmt der Bund zur De- ckung seiner Ausgaben keine Kredite auf. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der SPD – Dr. André Hahn [DIE wo keine sind. Unterhalten Sie sich vielleicht einmal mit LINKE]: Tatsächlich?) ausländischen Journalisten. Die erklären Ihnen, wie das geht. Dann müssen wir das nicht tun. Vielleicht begrei- Mit dieser gesetzlichen Verpflichtung erreichen wir erst- fen Sie es dann. mals seit 1969 einen ausgeglichenen Haushalt. Wenn man sich auf internationaler Ebene umhört, stellt man fest, dass immer wieder gesagt wird, Deutsch- Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: land müsse in Sachen Investitionen mehr tun. Ich bin Der Kollege ich offensichtlich schlecht zu hören. Ich froh, dass Herr Draghi, der Präsident der EZB, in seiner bitte die Kolleginnen und Kollegen, etwas leiser zu sein, Rede in Helsinki noch einmal klar zum Ausdruck ge- und ich bitte darum, das Mikro aufzudrehen. bracht hat, dass eine expansive Fiskalpolitik in Deutsch- land falsch wäre. Er hat klipp und klar gesagt: Auch Norbert Barthle (CDU/CSU): wenn Deutschland jetzt 10 oder 20 Milliarden Euro Danke. – Zur Erinnerung: Seit 1969 haben wir knapp mehr Schulden machen würde, dann würde das den an- 900 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Das gilt deren 350 Millionen Mitbewohnern in der Europäischen für alle, die in diesem Hohen Haus vertreten sind, inklu- Union nicht helfen, keinen Deut. Deshalb ist die Art, wie sive derer, die nicht mehr da sind – ich meine die FDP –, wir unsere Politik gestalten und in Zukunft gestalten mit Ausnahme der Linken, die nie daran beteiligt waren. wollen, richtig. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Dietmar (Beifall bei der CDU/CSU) Bartsch [DIE LINKE]: Genau!) Zur Frage der Investitionsquote haben meine Vorred- Das allerdings betrachte ich als Glücksfall für dieses ner mit Blick auf den ESM das Notwendige gesagt. Ich Land, lieber Kollege Bartsch; will aber noch einen Aspekt hinzufügen: Wenn wir be- trachten, was diese Koalition und die Koalition der vo- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) rangegangenen Legislaturperiode an Entlastungen für 6790 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Norbert Barthle (A) Länder und Kommunen beschlossen hat und beschließt, Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: (C) stellen wir fest, dass das eine Entlastung in Höhe von Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe jetzt 70 Milliarden Euro ist. Bei großzügiger Berechnung al- die Aussprache. ler Mischfinanzierungstatbestände ist es sogar eine Ent- lastung in Höhe von annähernd 100 Milliarden Euro für Auch wenn schon viel Dank ausgesprochen worden Länder und für Kommunen, vor allem für Kommunen. ist, will auch ich den Haushältern – allen Haushältern – Das schafft Spielraum für Investitionen vor Ort. Ich ausdrücklich danken. Sie haben zwei große Haushalte kann nur an die Länder und die Kommunen appellieren – beraten müssen. Chapeau! Ohne Ihre Arbeit könnten wir leider ist das nicht überall gleich –, dass sie diesen Spiel- all das, was wir umsetzen wollen, nicht umsetzen. Auch raum für Investitionen vor Ort nutzen und die Mittel im Namen des Hauses sage ich vielen Dank. nicht unter konsumtiven Ausgaben verschwinden lassen. (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Wir kommen zur Schlussabstimmung über das Haus- neten der SPD) haltsgesetz 2015. Es ist namentliche Abstimmung ver- langt. Ich erinnere daran, dass nach dieser namentlichen Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Abstimmung eine weitere namentliche Abstimmung er- Debatte um den Soli. Der Finanzminister hat das Rich- folgen wird, und dann gibt es noch mehrere einfache Ab- tige gesagt. Ich will hinzufügen: Soli kommt von Solida- stimmungen über Entschließungsanträge. rität. Solidarität bedeutet eigentlich, dass diejenigen, die helfen können, denjenigen helfen, die Hilfe brauchen. Bevor wir zu der ersten namentlichen Abstimmung, Mich wundert, dass die Länder Solidarität ganz anders der Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2015, definieren, nämlich so: Keiner soll weniger bekommen, kommen, bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftfüh- jeder will mehr, und ein anderer soll es bezahlen. Das ist rer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind alle ein eigenartiges Verständnis von Solidarität, das wir Plätze an den Urnen besetzt? – Die Plätze sind besetzt. nicht nachempfinden können. Darüber muss man noch Dann eröffne ich die Abstimmung. ernsthaft reden. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der neten der SPD) Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift- führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu Meine Damen und Herren, es wurde bereits gedankt. beginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung Gedankt wurde insbesondere der Haushaltsausschuss- wird Ihnen später bekannt gegeben.1) vorsitzenden Gesine Lötzsch. Sie macht wirklich einen (B) klasse Job. Ich weise noch darauf hin, dass zu dieser namentli- (D) chen Abstimmung drei persönliche Erklärungen vorlie- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- gen.2) neten der CDU/CSU, der SPD und des BÜND- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen jetzt die NISSES 90/DIE GRÜNEN) Abstimmungen fort und kommen zu den Entschlie- Wenn da drüben alle so wären, dann sähe es anders aus. ßungsanträgen. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Zunächst stimmen wir über den Entschließungsantrag CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNIS- der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/ SES 90/DIE GRÜNEN – Dr. André Hahn 3278 ab, zu dem namentliche Abstimmung verlangt [DIE LINKE]: Wir sind alle so!) wird. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer wiederum, ihre Plätze an den Urnen einzunehmen. Sind Herzlichen Dank für Ihre Arbeit auch Ihnen, Herr die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich Majewski, und all Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbei- eröffne die namentliche Abstimmung über den Ent- tern. Ich schließe mich dem Dank meiner Vorredner um- schließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fassend an. Da wurde eine klasse Arbeit geleistet. Ein auf Drucksache 18/3278. herzliches Dankeschön! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere Sie da- Wir haben eine historische Woche erlebt. Wir been- ran, dass jetzt gleich noch sehr viele einfache Abstim- den diese historische Woche mit einer historischen Ab- mungen folgen werden. Von daher sollten nicht alle jetzt stimmung, die gleich im Anschluss erfolgen wird. Ich schon das Plenum verlassen. darf an dieser Stelle noch daran erinnern, dass der heu- Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine tige Tag noch aus einem zweiten Grund ein historischer Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Tag ist. Denn genau heute vor 25 Jahren hat Helmut Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Kohl seinen Zehnpunkteplan zur Wiederherstellung der Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh- deutschen Einheit vorgestellt. Auch daran sollten wir lung zu beginnen. Das Ergebnis dieser Abstimmung denken. wird Ihnen ebenfalls später bekannt gegeben.3) Danke. 1) Ergebnis Seite 6792 A (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- 2) Anlage 2 neten der SPD) 3) Ergebnis Seite 6794 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6791

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Damit kommen wir jetzt zur Abstimmung über meh- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über sieben Ent- (C) rere Anträge, die uns vorliegen. Wir kommen zunächst – schließungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- ich möchte die Kolleginnen und Kollegen bitten, sich für nen. die Abstimmungen zu setzen – zur Abstimmung über ei- Zunächst lasse ich über den Entschließungsantrag auf nen gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen Drucksache 18/3285 abstimmen. Wer stimmt dafür? – Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen auf der Druck- Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen gibt es keine. Da- sache 18/3287. Wer stimmt für diesen Entschließungs- mit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der antrag? – Das ist die Opposition. Wer stimmt dagegen? – Koalition und den Stimmen der Linken abgelehnt wor- Das ist die Koalition. Gibt es Enthaltungen? – Das ist den gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen. nicht der Fall. Dann ist der Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposi- Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- tion abgelehnt worden. sache 18/3309. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- gen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Entschlie- Wir stimmen jetzt nacheinander über sieben Ent- ßungsantrag ebenfalls abgelehnt worden mit den Stimmen schließungsanträge der Fraktion Die Linke ab, zunächst der Koalition gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke über den Entschließungsantrag auf Drucksache 18/3276. und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Die Koalition. Wer ent- Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- hält sich? – Bündnis 90/Die Grünen. Dann ist der Ent- sache 18/3310. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- schließungsantrag mit den Stimmen der Koalition gegen gen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag eben- die Stimmen der Linken bei Enthaltung von Bündnis 90/ falls abgelehnt worden mit den Stimmen der Koalition Die Grünen abgelehnt worden. gegen Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung der Fraktion Die Linke. Ich komme zum Entschließungsantrag auf Drucksa- Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag che 18/3286. Wer stimmt für diesen Entschließungsan- auf Drucksache 18/3311. Wer stimmt für diesen Antrag? – trag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da- Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Das ist mit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der nicht der Fall. Damit ist auch dieser Entschließungs- Koalition gegen die Stimmen vonseiten der Linken und antrag abgelehnt worden mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt gegen die Stimmen der Opposition. worden. Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- auf Drucksache 18/3325. Wer stimmt für diesen Ent- sache 18/3322. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es (B) (D) gen? – Gibt es jemanden, der sich enthält? – Das ist nicht Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch der Fall. Dann ist auch dieser Entschließungsantrag mit dieser Entschließungsantrag abgelehnt worden mit den den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Op- Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposi- position abgelehnt worden. tion. Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- sache 18/3323. Wer stimmt für diesen Entschließungs- ßungsantrag auf Drucksache 18/3326. Wer stimmt da- antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – für? – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Keine. Dann ist auch dieser Entschließungsantrag mit Damit ist dieser Entschließungsantrag ebenfalls abge- den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Op- lehnt worden mit den Stimmen der Koalition gegen die position abgelehnt worden. Stimmen der Opposition. Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- Wir kommen zur letzten Abstimmung über einen Ent- schließungsantrag. Das ist der Entschließungsantrag auf sache 18/3324. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer der Drucksache 18/3331. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Der Ent- stimmt dagegen? – Enthält sich jemand? – Auch nicht. schließungsantrag ist mit den Stimmen der Koalition ge- Damit ist dieser Entschließungsantrag ebenfalls abge- gen die Stimmen der Opposition abgelehnt worden. lehnt worden mit den Stimmen der Koalition und den Entschließungsantrag auf Drucksache 18/3328. Wer Stimmen der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen von stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt Bündnis 90/Die Grünen. dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch dieser Liebe Kolleginnen und Kollegen, bis zum Vorliegen Entschließungsantrag auf der Drucksache 18/3328 mit der Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen unter- den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Lin- breche ich jetzt die Sitzung. Die unterbrochene Sitzung ken bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen abge- wird wiedereröffnet, wenn die Abstimmungsergebnisse lehnt worden. vorliegen. Ich hoffe, die Präsidentin und die Schriftfüh- rer sind nicht die Einzigen, die dann noch hier sind. Von Ich komme zum Entschließungsantrag auf Druck- daher wäre es nett, wenn einige Kolleginnen und Kolle- sache 18/3330. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage- gen noch bleiben würden. Ansonsten wünsche ich denje- gen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit nigen Kollegen, die jetzt gehen, ein hoffentlich erholsa- den Stimmen der Koalition und den Stimmen von Bünd- mes Wochenende. nis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der Linken eben- falls abgelehnt worden. (Unterbrechung von 13.03 bis 13.04 Uhr) 6792 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

(A) Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn: Zunächst die namentliche Abstimmung über die Fest- (C) Liebe Kolleginnen und Kollegen, die von den Schrift- stellung des Bundeshaushaltsplanes für das Haushalts- führerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse jahr 2015: Abgegeben wurden 588 Stimmen. Mit Ja ha- der namentlichen Abstimmungen liegen vor. Ich gebe ben gestimmt 474, mit Nein haben gestimmt 113, und sie Ihnen jetzt zur Kenntnis. 1 Kollege hat sich enthalten. Damit ist der Gesetzent- wurf angenommen.

Endgültiges Ergebnis Dr. Reiner Meier Abgegebene Stimmen: 588; Klaus-Peter Flosbach Sylvia Jörrißen Dr. davon Dr. Dr. Dr. ja: 474 Dr. Hans-Peter Friedrich nein: 113 (Hof) Bartholomäus Kalb Dr. h. c. Hans Michelbach enthalten: 1 Hans-Werner Kammer Dr. Dr. Michael Fuchs Steffen Kampeter Philipp Mißfelder Ja Alexander Funk Steffen Kanitz Ingo Gädechens Karsten Möring CDU/CSU Dr. Dr. Bernhard Kaster Dr. Stefan Kaufmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller Dr. (Braunschweig) Josef Göppel Stefan Müller (Erlangen) Dorothee Bär Ursula Groden-Kranich Dr. Thomas Bareiß Hermann Gröhe Dr. Norbert Barthle Klaus-Dieter Gröhler Julia Bartz Michael Grosse-Brömer Carsten Körber Helmut Nowak Günter Baumann Astrid Grotelüschen Dr. Georg Nüßlein Markus Grübel (Börde) Rüdiger Kruse Florian Oßner Dr. Monika Grütters Dr. Roy Kühne (B) Dr. André Berghegger Dr. Günter Lach (D) Dr. Fritz Güntzler Uwe Lagosky Dr. Karl A. Lamers Andreas G. Lämmel Dr. Martin Pätzold Dr. Norbert Lammert Ulrich Petzold Dr. Dr. Jürgen Hardt Ulrich Lange Sibylle Pfeiffer Dr. Maria Böhmer Barbara Lanzinger Dr. Klaus Brähmig Dr. Stefan Heck Dr. Michael Brand Helmut Heiderich Dr. Dr. Dr. Alois Rainer (Chemnitz) Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Dr. Mark Helfrich Dr. Eckhardt Rehberg Dr. Uda Heller Jörg Hellmuth Ralph Brinkhaus Matthias Lietz Dr. Cajus Caesar Johannes Röring Dr. Dr. Norbert Röttgen Alexandra Dinges-Dierig Erwin Rüddel Alexander Dobrindt Wilfried Lorenz Dr. Dr. Claudia Lücking-Michel Anita Schäfer (Saalstadt) Thomas Dörflinger Robert Hochbaum Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Wolfgang Schäuble Marie-Luise Dött Alexander Hoffmann Hansjörg Durz Karl Schiewerling Jutta Eckenbach Franz-Josef Holzenkamp Hermann Färber Dr. Thomas Mahlberg Norbert Schindler Dr. Margaret Horb Dr. Thomas de Maizière Bettina Hornhues Heiko Schmelzle Ingrid Fischbach Charles M. Huber Christian Schmidt (Fürth) Dirk Fischer (Hamburg) Anette Hübinger Hans-Georg von der Marwitz Gabriele Schmidt (Ühlingen) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Hubert Hüppe Andreas Mattfeldt Land) (Altötting) Dr. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6793

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Dr. Ole Schröder Elisabeth Winkelmeier- Sebastian Hartmann Dr. Carola Reimann (C) Dr. Kristina Schröder Becker Michael Hartmann (Wiesbaden) (Wackernheim) Sönke Rix Bernhard Schulte-Drüggelte Dagmar G. Wöhrl Dr. Klaus-Peter Schulze Barbara Woltmann (Peine) Dr. Heinrich Zertik René Röspel (Weil am Dr. Rhein) Dr. Michael Roth (Heringen) Christina Schwarzer Gudrun Zollner Dr. Barbara Hendricks Susann Rüthrich Heidtrud Henn Bernd Rützel SPD Annette Sawade Reinhold Sendker Gabriele Hiller-Ohm Dr. (Essen) Dr. Hans-Joachim Ingrid Arndt-Brauer Schabedoth Bernd Siebert Matthias Ilgen Axel Schäfer (Bochum) Dr. Christina Jantz Heinz-Joachim Barchmann Dr. Carola Stauche Thomas Jurk Dr. Dorothee Schlegel (Aachen) Dr. Dr. Hans-Peter Bartels Dr. Johannes Kahrs Matthias Schmidt (Berlin) (Wetzlar) Dr. Christina Kampmann (Erfurt) Sören Bartol Bärbel Bas (Spandau) Lothar Binding (Heidelberg) Christian Freiherr von Stetten Rita Stockhofe Dr. Bärbel Kofler Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Karl-Heinz Brunner Dr. Edelgard Bulmahn Birgit Kömpel Marco Bülow Norbert Spinrath Max Straubinger Martin Burkert Dr. Hans-Ulrich Krüger Matthäus Strebl Helga Kühn-Mengel Dr. Martina Stamm-Fibich Petra Crone Christine Lambrecht (Heilbronn) Christian Lange (Backnang) Sonja Steffen (B) Peer Steinbrück (D) Lena Strothmann Dr. Dr. Christoph Strässer Michael Stübgen Steffen-Claudio Lemme Dr. Dr. Sabine Sütterlin-Waack Gabriele Lösekrug-Möller Martin Dörmann Astrid Timmermann-Fechter Elvira Drobinski-Weiß Franz Thönnes Dr. Hans-Peter Uhl Kirsten Lühmann Siegmund Ehrmann Dr. Volker Ullrich Michaela Engelmeier Carsten Träger Petra Ernstberger Rüdiger Veit Karin Evers-Meyer Dr. Dirk Vöpel Michael Vietz Dr. Gabi Weber (Kleinsaara) Dr. Sven Volmering Elke Ferner Bettina Müller Christel Voßbeck-Kayser Dr. Ute Finckh-Krämer Michelle Müntefering Waltraud Wolff Christian Flisek Dr. Rolf Mützenich (Wolmirstedt) Dr. Gülistan Yüksel Dr. Mahmut Özdemir (Duisburg) Sigmar Gabriel Aydan Özoğuz Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer (Hamburg) Dr. Iris Gleicke Jeannine Pflugradt Peter Weiß (Emmendingen) Angelika Glöckner Sabine Weiss (Wesel I) Nein DIE LINKE Karl-Georg Wellmann Gabriele Groneberg (Minden) Michael Groß Dr. Wilhelm Priesmeier Jan van Aken Waldemar Westermayer Uli Grötsch Dr. Dietmar Bartsch Wolfgang Gunkel Dr. Simone Raatz Herbert Behrens Peter Wichtel Bettina Hagedorn Annette Widmann-Mauz Rita Hagl-Kehl Matthias W. Birkwald Heinz Wiese (Ehingen) Stefan Rebmann Klaus-Peter Willsch Ulrich Hampel Gerold Reichenbach 6794 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Eva Bulling-Schröter (Havelland) Katharina Dröge Dr. (C) Roland Claus Richard Pitterle Dr. Dr. Thomas Gambke Cem Özdemir Dr. Petra Sitte Matthias Gastel Wolfgang Gehrcke Brigitte Pothmer Dr. André Hahn Katrin Göring-Eckardt Dr. Tabea Rößner Heike Hänsel Anja Hajduk Azize Tank (Augsburg) Dr. Dr. Britta Haßelmann Corinna Rüffer Inge Höger Dr. Bärbel Höhn Sigrid Hupach Dr. Elisabeth Scharfenberg Susanna Karawanskij Dr. Sven-Christian Kindler Dr. Maria Klein-Schmeink Kordula Schulz-Asche Sabine Zimmermann Tom Koenigs Dr. Wolfgang Strengmann- (Zwickau) Sylvia Kotting-Uhl Kuhn Katrin Kunert Hans-Christian Ströbele Stephan Kühn (Dresden) BÜNDNIS 90/ Dr. Harald Terpe Sabine Leidig DIE GRÜNEN Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Jürgen Trittin Stefan Liebich Doris Wagner Dr. Gesine Lötzsch Dr. Valerie Wilms (Bremen) Dr. Tobias Lindner Cornelia Möhring (Köln) Nicole Maisch Enthalten Norbert Müller (Potsdam) Dr. Peter Meiwald Dr. Alexander S. Neu SPD Ekin Deligöz Beate Müller-Gemmeke Katja Dörner Özcan Mutlu Dr. Sascha Raabe

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – nis 90/Die Grünen zur dritten Beratung des Gesetz- (B) Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist kein entwurfes der Bundesregierung vor: Hier wurden (D) Grund zum Klatschen, kein Grund!) 588 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben gestimmt 114, mit Nein haben gestimmt 473, und es gab wiederum Jetzt trage ich das Ergebnis der namentlichen Abstim- 1 Enthaltung. Damit ist dieser Entschließungsantrag ab- mung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bünd- gelehnt worden.

Endgültiges Ergebnis Klaus Ernst Thomas Nord Marieluise Beck (Bremen) Abgegebene Stimmen: 589; Wolfgang Gehrcke Petra Pau Volker Beck (Köln) davon Dr. André Hahn Harald Petzold (Havelland) Dr. Franziska Brantner Heike Hänsel Richard Pitterle Agnieszka Brugger ja: 114 Dr. Rosemarie Hein Martina Renner Ekin Deligöz nein: 474 Inge Höger Dr. Petra Sitte Katja Dörner enthalten: 1 Andrej Hunko Kersten Steinke Katharina Dröge Sigrid Hupach Dr. Kirsten Tackmann Harald Ebner Ja Ulla Jelpke Azize Tank Dr. Thomas Gambke Susanna Karawanskij Dr. Axel Troost Matthias Gastel SPD Kerstin Kassner Alexander Ulrich Kai Gehring Katja Kipping Kathrin Vogler Katrin Göring-Eckardt Rüdiger Veit Jan Korte Dr. Sahra Wagenknecht Anja Hajduk Jutta Krellmann Halina Wawzyniak Britta Haßelmann DIE LINKE Katrin Kunert Katrin Werner Dr. Anton Hofreiter Jan van Aken Caren Lay Hubertus Zdebel Bärbel Höhn Dr. Dietmar Bartsch Sabine Leidig Pia Zimmermann Dieter Janecek Herbert Behrens Ralph Lenkert Sabine Zimmermann Uwe Kekeritz Karin Binder Michael Leutert (Zwickau) Katja Keul Matthias W. Birkwald Stefan Liebich Sven-Christian Kindler Heidrun Bluhm Dr. Gesine Lötzsch BÜNDNIS 90/ Maria Klein-Schmeink DIE GRÜNEN Christine Buchholz Thomas Lutze Tom Koenigs Eva Bulling-Schröter Cornelia Möhring Luise Amtsberg Sylvia Kotting-Uhl Roland Claus Norbert Müller (Potsdam) Kerstin Andreae Oliver Krischer Dr. Diether Dehm Dr. Alexander S. Neu Annalena Baerbock Stephan Kühn (Dresden) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6795

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Christian Kühn (Tübingen) Cajus Caesar Dr. Hendrik Hoppenstedt Dr. Angela Merkel (C) Renate Künast Gitta Connemann Margaret Horb Jan Metzler Markus Kurth Alexandra Dinges-Dierig Bettina Hornhues Maria Michalk Monika Lazar Alexander Dobrindt Charles M. Huber Dr. h. c. Hans Michelbach Steffi Lemke Michael Donth Anette Hübinger Dr. Mathias Middelberg Dr. Tobias Lindner Thomas Dörflinger Hubert Hüppe Philipp Mißfelder Nicole Maisch Marie-Luise Dött Erich Irlstorfer Dietrich Monstadt Peter Meiwald Hansjörg Durz Thomas Jarzombek Karsten Möring Irene Mihalic Jutta Eckenbach Sylvia Jörrißen Marlene Mortler Beate Müller-Gemmeke Hermann Färber Andreas Jung Elisabeth Motschmann Özcan Mutlu Dr. Thomas Feist Dr. Franz Josef Jung Dr. Gerd Müller Dr. Konstantin von Notz Enak Ferlemann Xaver Jung Carsten Müller Friedrich Ostendorff Ingrid Fischbach Bartholomäus Kalb (Braunschweig) Cem Özdemir Dirk Fischer (Hamburg) Hans-Werner Kammer Stefan Müller (Erlangen) Lisa Paus Axel E. Fischer (Karlsruhe- Steffen Kampeter Dr. Philipp Murmann Brigitte Pothmer Land) Steffen Kanitz Dr. Andreas Nick Tabea Rößner Dr. Maria Flachsbarth Alois Karl Michaela Noll Claudia Roth (Augsburg) Klaus-Peter Flosbach Anja Karliczek Helmut Nowak Corinna Rüffer Thorsten Frei Bernhard Kaster Dr. Georg Nüßlein Manuel Sarrazin Dr. Astrid Freudenstein Dr. Stefan Kaufmann Wilfried Oellers Elisabeth Scharfenberg Dr. Hans-Peter Friedrich Roderich Kiesewetter Florian Oßner Ulle Schauws (Hof) Dr. Georg Kippels Dr. Tim Ostermann Dr. Gerhard Schick Michael Frieser Volkmar Klein Henning Otte Dr. Frithjof Schmidt Dr. Michael Fuchs Axel Knoerig Ingrid Pahlmann Kordula Schulz-Asche Alexander Funk Jens Koeppen Sylvia Pantel Dr. Wolfgang Strengmann- Ingo Gädechens Markus Koob Martin Patzelt Kuhn Dr. Peter Gauweiler Carsten Körber Dr. Martin Pätzold Hans-Christian Ströbele Dr. Thomas Gebhart Kordula Kovac Ulrich Petzold Dr. Harald Terpe Alois Gerig Gunther Krichbaum Dr. Joachim Pfeiffer Markus Tressel Eberhard Gienger Rüdiger Kruse Sibylle Pfeiffer Jürgen Trittin Cemile Giousouf Bettina Kudla Ronald Pofalla Doris Wagner Josef Göppel Dr. Roy Kühne Eckhard Pols Dr. Valerie Wilms Ursula Groden-Kranich Günter Lach Thomas Rachel Hermann Gröhe Uwe Lagosky Kerstin Radomski (B) Nein Klaus-Dieter Gröhler Dr. Karl A. Lamers Alexander Radwan (D) Michael Grosse-Brömer Andreas G. Lämmel Alois Rainer CDU/CSU Astrid Grotelüschen Dr. Norbert Lammert Dr. Peter Ramsauer Stephan Albani Markus Grübel Katharina Landgraf Eckhardt Rehberg Katrin Albsteiger Manfred Grund Ulrich Lange Lothar Riebsamen Peter Altmaier Oliver Grundmann Barbara Lanzinger Josef Rief Artur Auernhammer Monika Grütters Dr. Silke Launert Dr. Heinz Riesenhuber Dorothee Bär Dr. Herlind Gundelach Paul Lehrieder Johannes Röring Thomas Bareiß Fritz Güntzler Dr. Katja Leikert Dr. Norbert Röttgen Norbert Barthle Olav Gutting Dr. Philipp Lengsfeld Erwin Rüddel Julia Bartz Christian Haase Dr. Andreas Lenz Albert Rupprecht Günter Baumann Florian Hahn Philipp Graf Lerchenfeld Anita Schäfer (Saalstadt) Maik Beermann Dr. Stephan Harbarth Dr. Ursula von der Leyen Dr. Wolfgang Schäuble Manfred Behrens (Börde) Jürgen Hardt Antje Lezius Andreas Scheuer Veronika Bellmann Gerda Hasselfeldt Ingbert Liebing Karl Schiewerling Sybille Benning Matthias Hauer Matthias Lietz Jana Schimke Dr. André Berghegger Mark Hauptmann Andrea Lindholz Norbert Schindler Dr. Christoph Bergner Dr. Stefan Heck Dr. Carsten Linnemann Tankred Schipanski Ute Bertram Helmut Heiderich Patricia Lips Heiko Schmelzle Peter Beyer Mechthild Heil Wilfried Lorenz Christian Schmidt (Fürth) Steffen Bilger Frank Heinrich (Chemnitz) Dr. Claudia Lücking-Michel Gabriele Schmidt (Ühlingen) Clemens Binninger Mark Helfrich Dr. Jan-Marco Luczak Patrick Schnieder Peter Bleser Uda Heller Daniela Ludwig Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Maria Böhmer Jörg Hellmuth Karin Maag Dr. Ole Schröder Wolfgang Bosbach Rudolf Henke Yvonne Magwas Dr. Kristina Schröder Norbert Brackmann Michael Hennrich Thomas Mahlberg (Wiesbaden) Klaus Brähmig Ansgar Heveling Dr. Thomas de Maizière Bernhard Schulte-Drüggelte Michael Brand Peter Hintze Gisela Manderla Dr. Klaus-Peter Schulze Dr. Reinhard Brandl Christian Hirte Matern von Marschall Uwe Schummer Helmut Brandt Dr. Heribert Hirte Hans-Georg von der Marwitz Armin Schuster (Weil am Dr. Ralf Brauksiepe Robert Hochbaum Andreas Mattfeldt Rhein) Dr. Helge Braun Alexander Hoffmann Stephan Mayer (Altötting) Christina Schwarzer Heike Brehmer Karl Holmeier Reiner Meier Detlef Seif Ralph Brinkhaus Franz-Josef Holzenkamp Dr. Michael Meister Johannes Selle 6796 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Reinhold Sendker Dr. Matthias Zimmer Dirk Heidenblut Dr. Carola Reimann (C) Dr. Patrick Sensburg Gudrun Zollner Hubertus Heil (Peine) Andreas Rimkus Bernd Siebert Gabriela Heinrich Sönke Rix Thomas Silberhorn SPD Marcus Held Dennis Rohde Johannes Singhammer Wolfgang Hellmich Niels Annen Dr. Martin Rosemann Tino Sorge Dr. Barbara Hendricks Ingrid Arndt-Brauer René Röspel Jens Spahn Heidtrud Henn Rainer Arnold Dr. Ernst Dieter Rossmann Carola Stauche Gustav Herzog Heike Baehrens Michael Roth (Heringen) Dr. Frank Steffel Gabriele Hiller-Ohm Ulrike Bahr Susann Rüthrich Dr. Wolfgang Stefinger Petra Hinz (Essen) Bernd Rützel Albert Stegemann Heinz-Joachim Barchmann Thomas Hitschler Peter Stein Dr. Katarina Barley Matthias Ilgen Johann Saathoff Erika Steinbach Doris Barnett Christina Jantz Annette Sawade Sebastian Steineke Dr. Hans-Peter Bartels Frank Junge Dr. Hans-Joachim Johannes Steiniger Klaus Barthel Josip Juratovic Schabedoth Christian Freiherr von Stetten Dr. Matthias Bartke Thomas Jurk Axel Schäfer (Bochum) Dieter Stier Sören Bartol Oliver Kaczmarek Dr. Nina Scheer Rita Stockhofe Bärbel Bas Johannes Kahrs Marianne Schieder Gero Storjohann Uwe Beckmeyer Christina Kampmann Udo Schiefner Stephan Stracke Lothar Binding (Heidelberg) Ralf Kapschack Dr. Dorothee Schlegel Max Straubinger Burkhard Blienert Gabriele Katzmarek Ulla Schmidt (Aachen) Matthäus Strebl Willi Brase Ulrich Kelber Matthias Schmidt (Berlin) Dr. Karl-Heinz Brunner Karin Strenz Cansel Kiziltepe Dagmar Schmidt (Wetzlar) Edelgard Bulmahn Thomas Strobl (Heilbronn) Arno Klare Carsten Schneider (Erfurt) Marco Bülow Lena Strothmann Lars Klingbeil Ursula Schulte Martin Burkert Michael Stübgen Dr. Bärbel Kofler Swen Schulz (Spandau) Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Lars Castellucci Birgit Kömpel Petra Crone Frank Schwabe Dr. Dr. Hans-Ulrich Krüger Stefan Schwartze Antje Tillmann Bernhard Daldrup Helga Kühn-Mengel Andreas Schwarz Astrid Timmermann-Fechter Dr. Daniela De Ridder Christine Lambrecht Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Karamba Diaby Christian Lange (Backnang) Dr. Volker Ullrich Sabine Dittmar Dr. Karl Lauterbach Dr. Carsten Sieling Arnold Vaatz Martin Dörmann Steffen-Claudio Lemme Rainer Spiering Oswin Veith Elvira Drobinski-Weiß Burkhard Lischka Norbert Spinrath Siegmund Ehrmann Svenja Stadler (B) Thomas Viesehon Gabriele Lösekrug-Möller (D) Michael Vietz Michaela Engelmeier Hiltrud Lotze Martina Stamm-Fibich Volkmar Vogel (Kleinsaara) Petra Ernstberger Kirsten Lühmann Sonja Steffen Sven Volmering Saskia Esken Caren Marks Peer Steinbrück Christel Voßbeck-Kayser Karin Evers-Meyer Katja Mast Christoph Strässer Kees de Vries Dr. Johannes Fechner Hilde Mattheis Kerstin Tack Dr. Johann Wadephul Dr. Fritz Felgentreu Dr. Matthias Miersch Claudia Tausend Marco Wanderwitz Elke Ferner Klaus Mindrup Michael Thews Nina Warken Dr. Ute Finckh-Krämer Susanne Mittag Franz Thönnes Kai Wegner Christian Flisek Bettina Müller Wolfgang Tiefensee Gabriele Fograscher Albert Weiler Michelle Müntefering Carsten Träger Dr. Edgar Franke Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Rolf Mützenich Ute Vogt Ulrich Freese Dr. Anja Weisgerber Ulli Nissen Dirk Vöpel Peter Weiß (Emmendingen) Sigmar Gabriel Thomas Oppermann Gabi Weber Sabine Weiss (Wesel I) Michael Gerdes Mahmut Özdemir (Duisburg) Bernd Westphal Ingo Wellenreuther Martin Gerster Aydan Özoğuz Karl-Georg Wellmann Iris Gleicke Markus Paschke Dirk Wiese Marian Wendt Angelika Glöckner Christian Petry Waltraud Wolff Waldemar Westermayer Ulrike Gottschalck Jeannine Pflugradt (Wolmirstedt) Kai Whittaker Kerstin Griese Detlev Pilger Gülistan Yüksel Peter Wichtel Gabriele Groneberg Sabine Poschmann Dagmar Ziegler Annette Widmann-Mauz Michael Groß Florian Post Stefan Zierke Heinz Wiese (Ehingen) Uli Grötsch Achim Post (Minden) Dr. Jens Zimmermann Klaus-Peter Willsch Wolfgang Gunkel Dr. Wilhelm Priesmeier Manfred Zöllmer Elisabeth Winkelmeier- Bettina Hagedorn Florian Pronold Brigitte Zypries Becker Rita Hagl-Kehl Dr. Sascha Raabe Oliver Wittke Metin Hakverdi Dr. Simone Raatz Enthalten Dagmar G. Wöhrl Ulrich Hampel Martin Rabanus Barbara Woltmann Sebastian Hartmann Mechthild Rawert SPD Heinrich Zertik Michael Hartmann Stefan Rebmann Emmi Zeulner (Wackernheim) Gerold Reichenbach Daniela Kolbe Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6797

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn (A) Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- Ein schönes Wochenende! Die Sitzung ist geschlos- (C) ordnung. sen. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes- (Schluss: 13.04 Uhr) tages auf Mittwoch, den 3. Dezember 2014, 13 Uhr, ein.

(B) (D)

Anlagen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6799

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten

entschuldigt bis entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Abgeordnete(r) einschließlich

Alpers, Agnes DIE LINKE 28.11.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 28.11.2014

Becker, Dirk SPD 28.11.2014 Wicklein, Andrea SPD 28.11.2014

Bellmann, Veronika CDU/CSU 28.11.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 28.11.2014

Dağdelen, Sevim DIE LINKE 28.11.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 28.11.2014

Feiler, Uwe CDU/CSU 28.11.2014 Anlage 2 Gohlke, Nicole DIE LINKE 28.11.2014 Erklärungen nach § 31 GO Grindel, Reinhard CDU/CSU 28.11.2014 zur namentlichen Abstimmung über den von Groth, Annette DIE LINKE 28.11.2014 der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- Dr. Högl, Eva SPD 28.11.2014 deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) (Tagesordnungspunkt I.a) Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 28.11.2014

Kermer, Marina SPD 28.11.2014 Dr. Sascha Raabe (SPD): Meine Enthaltung zum Gesamthaushalt 2015 liegt darin begründet, dass ich ei- (B) Kretschmer, Michael CDU/CSU 28.11.2014 nerseits dem Einzelplan 23 aufgrund seiner deutlich zu (D) geringen Aufwüchse aus Gewissengründen nicht zustim- Dr. Malecha-Nissen, SPD 28.11.2014 men kann. Andererseits bejahe ich ausdrücklich die an- Birgit deren Einzelpläne, in denen wichtige sozialdemokrati- sche Anliegen verwirklicht werden. Deshalb kann ich Movassat, Niema DIE LINKE 28.11.2014 dem Gesamthaushalt weder zustimmen noch ablehnen und werde mich enthalten. Nahles, Andrea SPD 28.11.2014 Das Jahr 2015 ist für die Entwicklungspolitik und vor Nietan, Dietmar SPD 28.11.2014 allem für die ärmsten Menschen dieser Erde ein beson- deres Jahr. Zum einen ist es das Zieljahr der sogenannten Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ 28.11.2014 Millenniumsentwicklungsziele – MDGs. Zum anderen DIE GRÜNEN ist es auch das Zieljahr der verbindlichen Selbstver- Poß, Joachim SPD 28.11.2014 pflichtung der europäischen Mitgliedstaaten aus dem Jahre 2005, in dem diese zugesagt hatten, ihren Anteil der Schlecht, Michael DIE LINKE 28.11.2014 öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit am Brutto- nationaleinkommen bis 2015 auf 0,7 Prozent – ODA- Schön (St. Wendel), CDU/CSU 28.11.2014 Quote – zu steigern. Auch Deutschland hat sich 2005 Nadine ausdrücklich unter der damaligen rot-grünen Regierung zu diesem Ziel verpflichtet. Von 2005 bis 2009 gab es Dr. Steinmeier, Frank- SPD 28.11.2014 deutliche Aufwüchse im Entwicklungshaushalt – Einzel- Walter plan 23 –, um diesem Ziel näherzukommen. Nach Über- nahme der schwarz-gelben Regierung wurden diese Tempel, Frank DIE LINKE 28.11.2014 Aufwüchse leider nicht fortgeschrieben. Die SPD-Bun- destagsfraktion hatte deshalb stets in ihren Haushaltsan- Dr. Verlinden, Julia BÜNDNIS 90/ 28.11.2014 trägen einen Aufwuchs von einer Milliarde Euro pro DIE GRÜNEN Jahr gefordert, um das 0,7-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2015 doch noch erreichen zu können. Walter-Rosenheimer, BÜNDNIS 90/ 28.11.2014 Beate DIE GRÜNEN Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD für die lau- fende 18. Wahlperiode steht: 6800 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

(A) Wir halten an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Brutto- Stefan Rebmann (SPD): Ich bejahe den Gesamt- (C) nationaleinkommens für öffentliche Entwicklungs- haushalt 2015 sowie die daran enthaltenen Einzelpläne zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Wir wer- ausdrücklich, dies gilt jedoch nicht für den Einzelplan 23 den uns diesem Ziel durch jährliche Steigerungen für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Meine Vorbehalte gegenüber dem Einzelplan 23 be- Rahmen des Bundeshaushaltes annähern. Wir wol- gründe ich wie folgt. len Deutschland weiter auf einen Finanzierungs- Das Jahr 2015 ist für die Entwicklungspolitik und vor pfad zum 0,7-ODA-Ziel führen. allem für die ärmsten Menschen dieser Erde ein beson- Leider sind diese finanziellen Vereinbarungen des deres Jahr. Zum einen ist es das Zieljahr der sogenannten Koalitionsvertrages im Einzelplan 23 für das Jahr 2015 Millenniumsentwicklungsziele – MDGs. Zum anderen mit seinem geringen Aufwuchs von rund 65 Millionen ist es auch das Zieljahr der verbindlichen Selbstver- Euro nicht annähernd umgesetzt, um dieses Ziel zu er- pflichtung der europäischen Mitgliedstaaten aus dem füllen. Jahre 2005, in dem diese zugesagt hatten, ihren Anteil der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit am Brutto- Gegenwärtig hat Deutschland eine ODA-Quote von nationaleinkommen bis 2015 auf 0,7 Prozent – ODA- nur rund 0,38 Prozent. Quote – zu steigern. Auch Deutschland hat sich 2005 ausdrücklich unter der damaligen rot-grünen Regierung Alleine um die Quote von 0,38 Prozent zu halten, zu diesem Ziel verpflichtet. Von 2005 bis 2009 gab es müssten aufgrund des jährlichen Wirtschaftswachstums, deutliche Aufwüchse im Entwicklungshaushalt – Einzel- der jährlichen Inflation und des dadurch jährlich steigen- plan 23 –, um diesem Ziel näherzukommen. Nach der den Bruttonationaleinkommens die ODA-anrechnungs- Übernahme der schwarz-gelben Regierung wurden diese fähigen Ausgaben um etwa 300 Millionen Euro pro Jahr Aufwüchse leider nicht fortgeschrieben. Die SPD-Bun- steigen. Mit dem Haushalt 2015 wird aufgrund der ge- destagsfraktion hatte deshalb stets in ihren Haushaltsan- ringen Aufwüchse im Einzelplan 23 die ODA-Quote im trägen einen Aufwuchs von einer Milliarde Euro pro Jahr 2015 hingegen voraussichtlich sogar noch sinken. Jahr gefordert, um das 0,7-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2015 doch noch erreichen zu können. Angesichts über 2 Milliarden armer Menschen, 1,2 Mil- liarden extrem armer Menschen und über 800 Millionen Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD für die lau- hungernder Menschen, die zu Tausenden täglich an den fende 18. Wahlperiode steht: Folgen von extremer Armut sterben, kann ich es mit Wir halten an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Brutto- meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass Deutschland nationaleinkommens für öffentliche Entwicklungs- sich hier seiner Verantwortung und seinem selbst gege- (B) zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Wir wer- (D) benen Versprechen gegenüber den Ärmsten der Armen den uns diesem Ziel durch jährliche Steigerungen entzieht. Wenn man bedenkt, wie viele Menschenleben der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im beispielsweise gerade in den durch Ebola betroffenen Rahmen des Bundeshaushaltes annähern. Wir wol- Ländern, in denen das Gesundheitssystem größtenteils len Deutschland weiter auf einen Finanzierungs- zusammengebrochen ist, durch mehr Mittel für Entwick- pfad zum 0,7-ODA-Ziel führen. lungszusammenarbeit gerettet werden könnten, ist das Gesamtvolumen des Einzelplans 23 beschämend. Dies Leider sind diese finanziellen Vereinbarungen des zeigt auch die Absenkung des GAFTM auf nunmehr le- Koalitionsvertrages im Einzelplan 23 für das Jahr 2015 diglich 210 Millionen Euro. De facto kommt dies einer mit seinem geringen Aufwuchs von rund 62 Millionen Kürzung um 35 Millionen Euro im Vergleich zum Vor- Euro nicht annähernd umgesetzt, um dieses Ziel zu er- jahr gleich. Und dies vor dem Hintergrund der enormen füllen. Herausforderungen, die HIV/Aids, Malaria und vor al- Gegenwärtig hat Deutschland eine ODA-Quote von lem Tuberkulose nach wie vor darstellen. Mehr Investi- nur rund 0,38 Prozent. tionen in Diagnosemöglichkeiten und Behandlungen würden helfen, die gefährliche Lungenkrankheit zu ver- Alleine um die Quote von 0,38 Prozent zu halten, drängen – aber dazu wäre eine großzügigere Finanzie- müssten aufgrund des jährlichen Wirtschaftswachstums, rung notwendig. der jährlichen Inflation und dem dadurch jährlich stei- genden Bruttonationaleinkommen die ODA-anrech- Andere europäische Länder wie Großbritannien ha- nungsfähigen Ausgaben um etwa 300 Millionen Euro ben das 0,7-Prozent-Ziel längst erreicht, obwohl sie grö- pro Jahr steigen. Mit dem Haushalt 2015 wird aufgrund ßere wirtschaftliche und finanzielle Gesamtprobleme zu der geringen Aufwüchse im Einzelplan 23 die ODA- stemmen haben als Deutschland. Deshalb geht von die- Quote im Jahr 2015 hingegen voraussichtlich sogar noch sem Entwicklungshaushalt auch ein fatales Signal an sinken. diejenigen europäischen Länder aus, die wie Deutsch- land ihre Verpflichtungen bisher nicht erfüllt haben. Angesichts über 2 Milliarden armer Menschen, 1,2 Mil- Denn andere Länder werden sich auf das schlechte Bei- liarden extrem armer Menschen und über 800 Millionen spiel Deutschlands berufen und auf ihre vergleichsweise hungernder Menschen, die zu Tausenden täglich an den schwierigere wirtschaftliche Lage verweisen. Folgen von extremer Armut sterben, kann ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass Deutschland Aus all diesen vorgenannten Gründen ist mir eine Zu- sich hier seiner Verantwortung und seinem selbst gege- stimmung zum Haushalt 2015 nicht möglich. benen Versprechen gegenüber den Ärmsten der Armen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014 6801

(A) entzieht. Wenn man bedenkt, wie viele Menschenleben zusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Wir wer- (C) beispielsweise gerade in den durch Ebola betroffenen den uns diesem Ziel durch jährliche Steigerungen Ländern, in denen das Gesundheitssystem größtenteils der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im zusammengebrochen ist, durch mehr Mittel für Entwick- Rahmen des Bundeshaushaltes annähern. Wir wol- lungszusammenarbeit gerettet werden könnten, ist das len Deutschland weiter auf einen Finanzierungs- Gesamtvolumen des Einzelplans 23 beschämend. Dies pfad zum 0,7-ODA-Ziel führen. zeigt auch die Absenkung des GAFTM auf nunmehr le- diglich 210 Millionen Euro. De facto kommt dies einer Leider sind diese finanziellen Vereinbarungen des Kürzung um 35 Millionen Euro im Vergleich zum Vor- Koalitionsvertrages im Einzelplan 23 für das Jahr 2015 jahr gleich. Und dies vor dem Hintergrund der enormen mit seinem geringen Aufwuchs von rund 65 Millionen Herausforderungen, die HIV/Aids, Malaria und vor al- Euro nicht annähernd umgesetzt, um dieses Ziel zu er- lem Tuberkulose nach wie vor mit sich bringen. Mehr füllen. Investitionen in Diagnosemöglichkeiten und Behandlun- gen würden helfen, die gefährliche Lungenkrankheit zu Gegenwärtig hat Deutschland eine ODA-Quote von verdrängen – aber dazu wäre eine großzügigere Finan- nur rund 0,38 Prozent. zierung notwendig. Alleine um die Quote von 0,38 Prozent zu halten, Andere europäische Länder wie Großbritannien ha- müssten aufgrund des jährlichen Wirtschaftswachstums, ben das 0,7-Prozent-Ziel längst erreicht, obwohl sie grö- der jährlichen Inflation und des dadurch jährlich steigen- ßere wirtschaftliche und finanzielle Gesamtprobleme zu den Bruttonationaleinkommens die ODA-anrechnungs- stemmen haben als Deutschland. Deshalb geht von die- fähigen Ausgaben um etwa 300 Millionen Euro pro Jahr sem Entwicklungshaushalt auch ein fatales Signal an steigen. Mit dem Haushalt 2015 wird aufgrund der ge- diejenigen europäischen Länder aus, die wie Deutsch- ringen Aufwüchse im Einzelplan 23 die ODA-Quote im land ihre Verpflichtungen bisher nicht erfüllt haben. Jahr 2015 hingegen voraussichtlich sogar noch sinken. Denn andere Länder werden sich auf das schlechte Bei- Angesichts über 2 Milliarden armer Menschen, 1,2 Mil- spiel Deutschlands berufen und auf ihre vergleichsweise liarden extrem armer Menschen und über 800 Millionen schwierigere wirtschaftliche Lage verweisen. hungernder Menschen, die zu Tausenden täglich an den Ich stimme dem Gesamthaushalt zwar zu, ich lehne Folgen von extremer Armut sterben, kann ich es mit den Einzelplan 23 aber dennoch ab. meinem Gewissen nicht vereinbaren, dass Deutschland sich hier seiner Verantwortung und seinem selbst gege- benen Versprechen gegenüber den Ärmsten der Armen Gabi Weber (SPD): Ich bejahe den Gesamthaushalt entzieht. Wenn man bedenkt, wie viele Menschenleben (B) (D) 2015 sowie die daran enthaltenen Einzelpläne ausdrück- beispielsweise gerade in den durch Ebola betroffenen lich, dies gilt jedoch nicht für den Einzelplan 23 für Ländern, in denen das Gesundheitssystem größtenteils Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. zusammengebrochen ist, durch mehr Mittel für Entwick- Meine Vorbehalte gegenüber dem Einzelplan 23 be- lungszusammenarbeit gerettet werden könnten, ist das gründe ich wie folgt. Gesamtvolumen des Einzelplans 23 beschämend. Dies Das Jahr 2015 ist für die Entwicklungspolitik und vor zeigt auch die Absenkung des GAFTM auf nunmehr le- allem für die ärmsten Menschen dieser Erde ein beson- diglich 210 Millionen Euro. De facto kommt dies einer deres Jahr. Zum einen ist es das Zieljahr der sogenannten Kürzung um 35 Millionen Euro im Vergleich zum Vor- Millenniumsentwicklungsziele – MDGs. Zum anderen jahr gleich. Und dies vor dem Hintergrund der enormen ist es auch das Zieljahr der verbindlichen Selbstver- Herausforderungen, die HIV/Aids, Malaria und vor al- pflichtung der europäischen Mitgliedstaaten aus dem lem Tuberkulose nach wie vor darstellen. Mehr Investi- Jahre 2005, in dem diese zugesagt hatten, ihren Anteil der tionen in Diagnosemöglichkeiten und Behandlungen öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit am Brutto- würden helfen, die gefährliche Lungenkrankheit zu ver- nationaleinkommen bis 2015 auf 0,7 Prozent – ODA- drängen – aber dazu wäre eine großzügigere Finanzie- Quote – zu steigern. Auch Deutschland hat sich 2005 rung notwendig. ausdrücklich unter der damaligen rot-grünen Regierung Andere europäische Länder wie Großbritannien ha- zu diesem Ziel verpflichtet. Von 2005 bis 2009 gab es ben das 0,7-Prozent-Ziel längst erreicht, obwohl sie grö- deutliche Aufwüchse im Entwicklungshaushalt – Einzel- ßere wirtschaftliche und finanzielle Gesamtprobleme zu plan 23 –, um diesem Ziel näherzukommen. Nach der stemmen haben als Deutschland. Deshalb geht von die- Regierungsübernahme durch die schwarz-gelbe Koali- sem Entwicklungshaushalt auch ein fatales Signal an tion wurden diese Aufwüchse leider nicht fortgeschrie- diejenigen europäischen Länder aus, die wie Deutsch- ben. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte deshalb stets in land ihre Verpflichtungen bisher nicht erfüllt haben. ihren Haushaltsanträgen einen Aufwuchs von einer Mil- Denn andere Länder werden sich auf das schlechte Bei- liarde Euro pro Jahr gefordert, um das 0,7-Prozent-Ziel spiel Deutschlands berufen und auf ihre vergleichsweise bis zum Jahr 2015 doch noch erreichen zu können. schwierigere wirtschaftliche Lage verweisen. Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD für die lau- fende 18. Wahlperiode steht: Ich stimme trotz meiner grundsätzlichen Kritik am Einzelplan 23 dem Gesamthaushalt 2015 wegen seiner Wir halten an dem Ziel fest, 0,7 Prozent des Brutto- in vielen anderen Bereichen richtigen und notwendigen nationaleinkommens für öffentliche Entwicklungs- Schwerpunktsetzung aber dennoch zu. 6802 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71. Sitzung. Berlin, Freitag, den 28. November 2014

(A) Anlage 3 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur (C) Drucksache 18/2845 Nr. A.9 Amtliche Mitteilung Ratsdokument 12873/14 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben Drucksache 18/2845 Nr. A.10 Ratsdokument 13188/14 mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat.

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/642 Nr. A.2 Ratsdokument 5784/14 Drucksache 18/897 Nr. A.3 Ratsdokument 6943/14

(B) (D)

Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-7980