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/ 2019 AUSSERDEM IN IN AUSSERDEM HEFT DIESEM Forum Bibliothek Forum und Information 5 QM-Audits vor Angst Keine Audit-Methoden Mit kreativen in Fehlerkultur und die Lern- stärken Bibliotheken

»Postmoderne« in Düsseldorf »Postmoderne« Die Kulturzentrum: Geplantes ziehen in ein Stadtbüchereien um Postgebäude ehemaliges

SCHWERPUNKT SCHWERPUNKT BESTAND HISTORISCHEN IM UMBAU

Funktionsanpassungen Funktionsanpassungen schwierigen Nutzungs- und Nutzungs- und schwierigen Bibliotheken und Denkmalschutz Bibliotheken die häufig und Ideen für Tipps BuB

BuB Forum Bibliothek und Information Schwerpunkt: Umbau im historischen Bestand 05 / 2019 Neuheiten_Ausstattung_2019_BuB_210x280_4c_linke_Seite.qxp_Neuheiten_Ausstattung_2019_210x280_4c_BuB_linke_Seite 11.04.19 09:35 Seite 1

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Haben Sie am 15. Juni schon etwas vor? Wenn nicht, dann unter- stützen Sie doch mit Ihrer Bibliothek den Tag der offenen Gesell- schaft. Dadurch schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie setzen sich für eine gute Sache ein und rücken Ihre Bibliothek ins Rampenlicht. Wie das geht? Ganz einfach: Am 15. Juni kommen überall in Deutschland Menschen zusammen, um sich kennenzulernen, ge- meinsam zu essen, zu feiern und darüber zu diskutieren, in was für einer Welt wir leben möchten. Der Tag der offenen Gesellschaft steht für Geselligkeit, Austausch und Begegnung – und gegen Wut, Ausgrenzung und Isolation. Die Grundidee ist, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, die Gesellschaft muss für sie ein- treten. Schön wäre es, wenn dabei möglichst viele Bibliotheken mit von der Partie wären. Der Berufsverband Information Bibliothek (BIB) hat in Koope- ration mit weiteren Bibliotheksverbänden bereits einen ersten Schritt getan: Er ist offizieller Unterstützer der Initiative offene Gesellschaft und damit auch des Tages der offenen Gesellschaft. Gemeinsam werden Info-Materialien und Plakate gestaltet, mit der die Aktion auch in Bibliotheken beworben und durchgeführt werden kann. Darüber hinaus erstellen Studierende der Biblio- thekswissenschaft der TH Köln bis Mitte Mai Handreichungen zu Aktions- und Mitmachformaten, mit denen man Menschen im öf- fentlichen Raum miteinander ins Gespräch bringen kann – abruf- bar unter: https://bideutschland.de/de_DE/tdog2019. Geplant ist außerdem, dass die Studierenden alles dokumentieren, was Bib- liotheken an diesem Tag anbieten und als Best-Practice für 2020 aufbereiten. Denn die Aktion in diesem Jahr soll eine Art Pilotver- anstaltung für 2020 sein. Die Initiative offene Gesellschaft ist ein eingetragener Verein und wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben!« un- terstützt. Die bundesweite Aktion findet bereits zum dritten Mal statt. Im vergangenen Jahr haben rund 25 000 Menschen teilgenom- men. Wie bunt, phantasievoll und basisdemokratisch der Aktionstag war, zeigen Fotos und ausführliche Informationen auf der Webseite https://tdog19.de. Dort ist auch die Anmeldung für den diesjährigen Tag der offenen Gesellschaft möglich. Also: Tische raus – besetzen Sie am 15. Juni mit Ihrer Bibliothek den öffentlichen Raum in der Stadt, in der Gemeinde oder auf dem Uni-Gelände!

Bernd Schleh, Leitender BuB-Redakteur

BuB 71 05/2019 241 Forum Bibliothek und Information BuB 05 / 2019

FOYER

GESCHICHTE PROVENIENZFORSCHUNG

245 Die Niederlande als Heimat für 257 Das Wort des Herrn in der deutsche Literatur nach 1933 neuen Welt Erinnerung an die großen Verleger- Auf den Spuren einer seltenen Aus- persönlichkeiten Emanuel Querido gabe mit interessanter Provenienz- und Fritz Landshoff / 10. Mai: geschichte (Thomas Parschik) SCHWERPUNKT Jahrestag der Bücherverbrennung durch das NS-Regime (Jan-Pieter UMBAU IM Barbian)

HISTORISCHEN BIBLIOTHEKSKONGRESS BESTAND 247 Mit Stroopwafels, Prinzessin und Nutzen Bibliotheken Bau- vielen guten Ideen denkmale, so stehen sie Eindrücke der niederländischen häufig vor dem Problem, dass Delegation vom Bibliotheks- kongress in Leipzig Nutzungs- und Funktions- AM RANDE BEMERKT anpassungen des Gebäudes 258 Grüße von der Vitamin-Bar schwieriger sind als sonst. ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK Ein Praxisblick auf die Deutsche Dies gilt sowohl für Biblio- 249 Gurkenquark und Sonnengruß Bibliotheksstatistik (Torsten Haß) theksgebäude, die Baudenk- Best-Practice-Projekte zur Lese- male sind, als auch für die förderung mit digitalen Medien / Folge 4 (Britta Schmedemann) WISSEN FRAGT ... ? Nachnutzung von Baudenk- 260 Historisch – Kulturell – Aktuell malen durch Bibliotheken. und Blaskapell Welche Probleme, aber auch Auf einen Espresso mit Hartmut Dorgerloh, dem Generalintendant Chancen mit der Umsetzung des Humboldt Forums, zur von Bauprojekten im denk- »Atmosphäre von Bibliotheken« malgeschützten Bestand (Dirk Wissen) verbunden sind, zeigen wir im

Heftschwerpunkt ab Seite 266 DISKUSSION – und zwar anhand von Bei- 263 Leseförderung in Deutschland spielen aus Öffentlichen und 250 Das verschollene Manuskript Ein Live-Escape-Game in der unerwünscht? (Barbara Breuner) Wissenschaftlichen Bibliothe- Stadtbibliothek -Mitte ken. Unter anderem ist ab Seite (Dorothea Müller-Kliemt) 270 zu lesen, wie für die Uni- 264 NACHRICHTEN 252 Zahl der TeilnehmerInnen steigt bibliothek Chemnitz eine alte Webinare im Fortbildungsangebot Spinnerei modernisiert wird. der Büchereizentrale Niedersachsen 264 MARKT (Sarah Vogler) Foto: Jürgen Gocke

SCHULBIBLIOTHEK Foto Titelseite: RKW Architektur + 254 JuLiD, Lesebazillus & Co. Fotos Inhaltsverzeichnis: Stadtbibliothek , Universitäts- und Landesbiblio- Die Schul- und Stadtteilbücherei thek Darmstadt, Jens Andreae Dreieich – Weibelfeldschule feiert ihr Zehnjähriges (Linda Hein)

242 LESESAAL AUS DEM BERUFSVERBAND SCHWERPUNKT: 292 Das KAP1: Eine neue Zentralbib- UMBAU IM HISTORISCHEN liothek für die Landeshauptstadt 310 Quo vadis FaMI-Ausbildung? BESTAND Düsseldorf Modernisierung der Ausbildungs- Stadtbüchereien ziehen in ehe- ordnung nötig (Susanne Taege) 266 Bibliotheken und Denkmalschutz maliges Postgebäude / Kulturzen- Ein Überblick (Olaf Eigenbrodt) trum mit Bibliothek, Museum und 312 Junge KollegInnen gesucht Theater entsteht bis 2021 (Norbert World-Café »Generation Z – Wie verändert sie die Arbeitswelt?« 270 Erst Spinnerei, dann Kamp, Stephan Schwering) (Ulrike Kraß, Karin Langenkamp) Universitätsbibliothek Aus der Alten Aktienspinnerei wird 313 Werkstatt+ die Universitätsbibliothek Chemnitz MANAGEMENT Leipziger Buchmesse 21. - 24. (Angela Malz) 297 Keine Angst vor internen März 2019 (Tom Becker) QM-Audits Stärkung der organisationalen 276 Zentrale Ortslage mit Lern- und Fehlerkultur mit besonderer Atmosphäre kreativen Auditmethoden 241 EDITORIAL Neue Mediathek in der histori- (Katja Bartlakowski) schen Talvogtei Kirchzarten 318 SUMMARY / RESUME wird sehr gut angenommen 320 STELLENANMARKT (Petra Süppel) WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK IMPRESSUM

280 Besucheransturm und höhere 300 »Internationalisation at Home« Verweildauer des nicht-wissenschaftlichen Stadtbibliothek Zwickau: Personals Gelungene Umnutzung eines Das Beispiel der Erasmus+ Staff mittelalterlichen Profanbaus Exchange Week der Friedrich- (Frank Körner) Alexander-Universität Erlangen- AB IN DIE APP! Nürnberg und der integrierten Library Staff Exchange Week der 247 Hiphop in your library 282 Umbau mit Blickwechseln Universitätsbibliothek Erlangen- Im Video bewerten Besucher die Der architektonische Weg der Zen- Nürnberg (Bianca Köndgen, innovative Veranstaltung beim tralbibliothek der Stadtbücherei Markus Putnings) Leipziger Bibliothekskongress Frankfurt am Main (Heinrich Lessing, Birgit Lotz) 278 Altes Gebäude – modernes Design Fotos geben Einblicke in die umgebaute Mediathek Kirchzarten 288 Kopf oder Zahl ... oder beides? 298 Keine Angst vor QM-Audits Die Grundinstandsetzung der MAGAZIN Jede Menge kreative Audit-Metho- Staatsbibliothek zu Berlin in Zahlen FACHLITERATUR den für die bibliothekarische Praxis (Jens Andreae) 306 Nie wieder Geschichte der Öffentlichen Bibliotheken? Ein Blick zurück auf die Volksbib- liothekare im Dritten Reich (Konrad Heyde)

308 Neueste Entwicklungen des Informationsmarketings Praktische Ansätze aus unter- WWW... schiedlichen Perspektiven (Tanja Erdmenger) Nachrichten und Fortbildungen tagesaktuell auf www.b-u-b.de

BuB 71 05/2019 243 ANZEIGE ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK OBERTEURINGEN

Eine Bibliothek mit einer komplett verglasten Front ist immer spannend. Man kann erkennen was in der Bibliothek vor sich geht und ist somit sofort Teil des Geschehens. Gleichzeitig werden die Räume lichtdurchflutet und hell. Besondere Ansprüche werden da natürlich an das Mobiliar gestellt. Wir können hier natürlich mit unseren Produkten diese Ansprüche sowohl qualitativ sowie auch in ästhetischer Hinsicht überzeugen.

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BuB-Heft 5-2019.indd 1 25.03.2019 09:41:06 Uhr FOYER GESCHICHTE

Die Niederlande als Heimat für deutsche Literatur nach 1933

Erinnerung an die großen Verlegerpersönlichkeiten Emanuel Querido und Fritz Landshoff / 10. Mai: Jahrestag der Bücherverbrennungen durch das NS-Regime

Der 10. Mai 1933 war das Fanal der Judentum aus Portugal lagen (wobei der Hermann (1871-1943) brachte Querido Barbarei in Deutschland. Nicht allein ursprüngliche Familienname »Kerído« auf die Idee, für sein Vorhaben Lands- auf dem Opernplatz in Berlin, son- im portugiesischen »Liebling« bedeu- hoff zu gewinnen. So kam es im Frühjahr dern in insgesamt 93 Städten wurden tet), sollte eigentlich die Diamanten- zur Gründung einer eigenen Abteilung Tausende von Büchern verbrannt, für deutsche Literatur im die vom NS-Staat aus politischen, äs- niederländischen Querido thetischen oder rassischen Gründen Verlag. Was die Akteure abgelehnt wurden. Die meisten ih- noch nicht wussten: Zeit- rer Autoren waren bereits nach dem gleich etablierte Gerard de Reichstagsbrand vom 27. Februar aus Lange (1896-1935) in sei- Deutschland geflüchtet, um ihr Leben nem Allert de Lange Ver- vor der Gewaltherrschaft in Sicher- lag in Amsterdam eben- heit zu bringen. Eines der wichtigsten falls eine eigene Abteilung europäischen Exilländer wurden die schleiferei seines Vaters übernehmen. für deutschsprachige Literatur, deren Niederlande, die bis 1940 geschätzt Nach mehreren erfolglosen Versuchen, Auswahl und Lektorierung durch die rund 20 000 Emigranten aus Deutsch- als Schriftsteller, am Theater und im ehemaligen Kiepenheuer-Mitarbeiter land aufnahmen – häufig zwar nur als Buchhandel seinen künstlerischen Nei- Walter Landauer (1902-1944) und Her- Zwischenstation, aber mit der Mög- gungen nachzugehen, gründete er 1915 mann Kesten (1900-1996) erfolgte. lichkeit, sich frei zu entfalten. einen eigenen Verlag: Em. Querido’s Uit- Im Querido Verlag konnte Fritz gevers-Maatschappij mit Sitz an der Kei- Landshoff mit Unterstützung von Alice Einer der Flüchtlinge war Fritz Lands- zersgracht 333. van Nahuys (1894-1967), die seit den hoff (1901-1988), der seit 1926 als Das ambitionierte Programm aus en- 1920er-Jahren als Übersetzerin für den Mitinhaber und Geschäftsführer den gagierter politischer und anspruchsvol- Verlag tätig war und seit 1931 in die Gustav Kiepenheuer Verlag in Berlin zu ler schöngeistiger Literatur verkaufte Verlagsdirektion aufstieg, bereits 1933 einem der angesehensten Publikations- sich so glänzend, dass Emanuel Querido die ersten acht Titel auf den Markt brin- orte für die moderne Literatur der Wei- damit wohlhabend wurde. Einen Teil gen. Es waren Bücher von Alfred Döb- marer Republik gemacht hatte. Im Ap- seines Reichtums war der sozialistisch lin, Lion Feuchtwanger, Heinrich Mann, ril 1933 traf Landshoff an der Centraal eingestellte Verleger bereit, in deutsche Gustav Regler, Anna Seghers, Ernst Station in Amsterdam ein, um sich mit Literatur zu investieren, die nach der Toller und Arnold Zweig. Im Septem- einem der erfolgreichsten Verleger der Machtübernahme der Nationalsozialis- ber 1933 erschien auch die erste Aus- Niederlande über ein bemerkenswertes ten in Deutschland nicht mehr erschei- gabe der von Klaus Mann herausgege- Projekt zu verständigen. nen konnte. Der bereits Ende Februar benen Literarischen Monatsschrift »Die Emanuel Querido (1871-1943), des- 1933 aus Deutschland in die Nieder- Sammlung«, die bis zu ihrer Einstellung sen familiäre Wurzeln im sephardischen lande emigrierte Bestsellerautor Georg im August 1935 ein herausragendes

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worden war, und mit Konrad Merz‘ auto- Güterzug nach Sobibor verschleppt, wo biografischem Roman »Ein Mensch fällt sie kurze Zeit später (am 20. oder 23. aus Deutschland« sogar eine Erstveröf- Juli) ermordet wurden. Gustav Land- fentlichung. Die Verleger hatten auch auer, der bis 1940 die Exilliteratur im Al- den Mut, sich politisch eindeutig gegen lert de Lange Verlag gefördert hat, wird das NS-Regime zu positionieren. Dafür 1943 ebenfalls verhaftet und deportiert. stehen der Roman »Das ist bei uns nicht Er verhungert im Dezember 1944 im KZ möglich« (1936) von Sinclair Lewis, der Bergen-Belsen. eine faschistische Machtübernahme in Fritz Landshoff überlebt im Exil in den USA simuliert, »Moskau 1937. Ein den USA ebenso wie Alice van Nahuys Reisebericht für meine Freunde« von in der Schweiz. 1946 erwecken sie zwar Lion Feuchtwanger ebenso wie die auf- mit dem Roman »Das siebte Kreuz« klärenden Sachbücher von Konrad Hei- von Anna Seghers den Querido Verlag den, Erika Mann und Rudolf Olden. zu neuem Leben und geben bis 1950 noch insgesamt 26 Buchtitel in deut- 1950 endet die Geschichte scher Sprache heraus, darunter auch die der deutschen Abteilung des Erstausgabe der »Dialektik der Aufklä- Querido Verlags mit einem Ge- rung« von Max Horkheimer und Theo- dächtnisbuch für Klaus Mann. dor W. Adorno (1947). Doch nicht nur die Schatten der vielen toten Kollegen und Freunde lasten auf dem Unterneh- Für sein Engagement hat Emanuel men, sondern auch die starke antideut- Querido einen hohen Preis bezahlen sche Stimmung in den Niederlanden Mehrere kenntnisreiche und einfühlsame müssen. Nach einer Denunziation wur- nach dem Ende der fünf brutalen Be- Bücher befassen sich mit dem Querido den der Verleger und seine Frau Jane im satzungsjahre und der erheblich einge- Verlag ... Juli 1943 bei einer Razzia in ihrem Ver- schränkte Absatzmarkt in Europa. 1950 steck festgenommen und in das Sam- endet die Geschichte der deutschen Ab- Publikationsforum für die aus Deutsch- mellager »Joodsche Schouwburg« in teilung des Querido Verlags mit einem land vertriebenen Autoren bot. 1934 Amsterdam verbracht. Vier Tage spä- Gedächtnisbuch für Klaus Mann, der konnten 13 neue Titel erscheinen, 1935 ter wurden die beiden zusammen mit sich am 21. Mai 1949 in Cannes das Le- 26, 1936 21, 1937 18, 1938 14, im zahlreichen anderen Juden über das ben genommen hatte. Kriegsjahr 1939 nur noch 6 und bis zum »Durchgangslager« Drenthe mit einem Umso wichtiger ist es in der Gegen- deutschen Überfall auf die Niederlande wart, die Erinnerung an diese mutigen am 10. Mai 1940 immerhin noch 5 Titel. Menschen und an eine Literatur wach Überblickt man die insgesamt 111 zu halten, die unter extrem schwierigen Titel umfassende Verlagsproduktion, so politischen Rahmenbedingungen und findet man alle namhaften Vertreter der Lebensumständen entstanden ist. Wer deutschsprachigen Literatur, die teil- mehr darüber erfahren möchte, sei auf weise bis heute gelesen werden. Neben drei Bücher hingewiesen, denen auch den bereits erwähnten Autoren seien meine Darstellung wertvolle Einsichten noch Vicki Baum, Bernard von Brentano, verdankt: die kenntnisreiche und ein- Bruno und Leonhard Frank, Oskar Maria fühlsame Studie »Hölle und Paradies. Graf, Alfred Kerr, Emil Ludwig, Thomas Amsterdam, Querido und die deutsche Mann, Erich Maria Remarque, Joseph Exilliteratur« von Bettina Baltschev (Be- Roth und Jakob Wassermann erwähnt. renberg Verlag, Berlin 2016); Fritz H. Von dem mit Landshoff befreundeten Landshoffs »Amsterdam, Keizersgracht Klaus Mann wurden fünf große Exil- 333. Querido Verlag. Erinnerungen ei- romane veröffentlicht, darunter »Me- nes Verlegers. Mit Briefen und Doku- phisto. Roman einer Karriere« (1936). menten« (Aufbau Verlag, Berlin/Weimar Doch nicht nur die damals bereits be- 1991); »Leben mit dem Feind. Amster- kannten Namen waren vertreten, son- dam unter deutscher Besatzung 1940- dern mit Irmgard Keun auch eine junge 1945« von Barbara Beuys (Carl Hanser Schriftstellerin, deren hoffnungsvolle Verlag, München 2012). Karriere am Ende der Weimarer Repu- ... und den beiden großen Verlegerper- blik durch die nationalsozialistische sönlichkeiten Emanuel Querido und Fritz Dr. Jan-Pieter Barbian, Direktor der Machtübernahme schlagartig beendet Landshoff. Stadtbibliothek Duisburg

246 FOYER BIBLIOTHEKSKONGRESS LEIPZIG

Mit Stroopwafels, Prinzessin und vielen guten Ideen  Eindrücke der niederländischen Delegation vom Bibliothekskongress in Leipzig

Die niederländische Delegation ist diesem Zusammenhang erfuhren die nie- Internationale Kontakte geknüpft mit 26 Personen zum Bibliotheks- derländischen Teilnehmenden, dass sol- kongress nach Leipzig gereist. Was che Kooperationen aufgrund der unter- Das Knüpfen internationaler Kontakte ist uns dort vor allem beeindruckte, schiedlichen Strukturen, die hierbei zu eine sehr erfrischende und wertvolle Er- war das überwältigende Angebot an berücksichtigen sind, in Deutschland oft fahrung. In Leipzig ist dies hervorragend Sessions und Vorträgen. Bei der gro- schwieriger zu realisieren sind als in den gelungen durch Gespräche am nieder- ßen Anzahl der Veranstaltungen er- Niederlanden. ländischen Stand und auf den Kongress- wies es sich als hilfreich, dass diese Die Eröffnungsansprache von Prin- fluren, die großartige Kongressparty so- thematisch geclustert waren, denn zessin Laurentien wie auch das Gruß- wie Begegnungen mit Kolleg*innen aus das erleichterte die Auswahl. Darüber Russland, Polen, Frank- hinaus war es erfreulich, dass auch reich, der Schweiz und viele Unternehmen, die Kontakte zu selbstverständlich auch niederländischen Bibliotheken unter- mit vielen deutschen Fach- halten, mit ihren Angeboten und Pro- kolleg*innen. Hier fand dukten vor Ort waren. oft ein spontaner Informa- tionsaustausch statt, von Auf dem Kongress verfügten wir über ei- dem alle Beteiligten auf nen eigenen Infostand, der regelmäßig be- ihre Weise profitierten. So sucht wurde. Dieser Stand bot niederlän- wort des Leipziger Oberbürgermeisters etwas erweitert den Horizont und es gibt dischen wie deutschen Kolleg*innen die enthielten viele sinnvolle Anregungen, uns die Möglichkeit, voneinander zu ler- Gelegenheit, erste Kontakte zu knüpfen die auch für uns in den Niederlanden nen und bestimmte Dinge von einer an- und gemeinsam Fragen des Austauschs eine gute Arbeitsgrundlage bilden. deren Warte aus zu betrachten. Infor- sowie der Zusammenarbeit zu erörtern. Obendrein ergab sich im Rahmen der Er- melle Zusammenkünfte sind in diesem Als Publikumsmagnet wirkten sicherlich öffnungsveranstaltung die Möglichkeit, Kontext immer sehr nützlich. Erfreuli- auch die dort zum Verzehr angebotenen mit der ebenfalls eingeladenen nieder- cherweise gab es dafür ausreichend Ge- Stroopwafels − ein typisch niederländi- ländischen Architektin Francine Hou- legenheit auf dem Kongress. Einige nie- sches Waffelgebäck mit Karamellfüllung. ben ins Gespräch zu kommen über das derländische Kolleg*innen fanden zu- Die Eröffnung des Kongresses durch Projekt »HipHop in je Bieb« (Veranstal- dem auch die Kombination von Themen die niederländische Prinzessin Lauren- tungstitel: »Hiphop in your library − a und Teilnehmer*innen aus Öffentlichen tien war aus unserer Sicht sehr inspirie- taskforce of Dutch & Belgian libraries«), sowie Wissenschaftlichen und Spezialbi- rend. Ihre Ausführungen über die wich- das Probiblio-Mitarbeiterin Karen Ber- bliotheken neu und spannend. tige Rolle der Bibliothek als unabhängiger in Leipzig präsentierte. Die Rück- Interessant ist aus niederländischer Dritter Ort betrachten wir als ein deutli- meldungen zu diesem Projekt werden Perspektive überdies die starke Stellung ches Statement für die Bedeutung von Bi- nun demnächst ausgetauscht mit der bibliothekarischer Ausbildungsgänge in bliotheken als Ort der Begegnung und der New York Public Library, die ebenfalls Deutschland. In den Niederlanden sind sozialen Interaktion. Damit bildet die Bib- sehr aktiv ist auf dem Gebiet der Ju- diese nahezu vollständig verschwun- liothek einen guten Gegenpol zur stets zu- gendbibliotheksarbeit und sich mit ver- den, während sie in Deutschland für be- nehmenden Digitalisierung und Vereinze- schiedenen Strömungen der Jugendkul- stimmte Positionen mehr oder weniger lung der Gesellschaft. Durch Bibliotheken turszene beschäftigt. obligatorisch sind. Bei einer Plenumsdis- bleiben Menschen miteinander verbun- kussion zu diesem Thema wurde jedoch den. Dies kam auch in anderen Kongress- deutlich, dass es offensichtlich auch in veranstaltungen zum Ausdruck. Dabei Deutschland unterschiedliche Meinun- ist es von Vorteil, wenn Bibliotheken eng Wie sich Besucher zu »Hip- gen zur Zukunft der Ausbildung im Bi- mit den Kund*innen – die für sich genom- hop in your library« äußer- bliothekswesen gibt. men wiederum aus verschiedenen Ziel- ten, ist in einem Video in Das Brainstorming mit den deut- gruppen bestehen –, den Stakeholdern der BuB-App zu sehen. schen Kolleg*innen im Rahmen der und Geldgebern zusammenarbeiten. In AG Partnerland haben wir als sehr

BuB 71 05/2019 247 FOYER BIBLIOTHEKSKONGRESS LEIPZIG

produktiv wahrgenommen. Dort wur- den mehrere gute Ideen vorgestellt, so etwa die Möglichkeit eine Interessent*in aus dem niederländischen Bibliotheks- und Informationswesen zur Internatio- nal Summer School an die Hochschule der Medien nach Stuttgart zu entsen- den sowie das Librarian-in-Residen- ce-Projekt zum Thema Personal in Bi- bliotheken, das BI-International in Zu- sammenarbeit mit dem Goethe-Institut Niederlande durchführt. Beides sind in- teressante Initiativen zur Beförderung von Kooperation und Austausch zwi- schen beiden Ländern. BID-Präsident Heinz-Jürgen Lorenzen, Prinzessin Laurentien der Niederlande und IFLA-Prä- Außerdem waren die niederländi- sidentin Glòria Pérez-Salmerón (von links) am Info-Stand der Niederlande. Foto: Schleh schen Teilnehmer*innen mit verschiede- nen Vorträgen präsent auf dem Kongress. angenehme Zusammenarbeit in den Bibliotheek), Annuska Graver (SHB/Breda Es hat uns gut gefallen, dass wir hier nie- kommenden drei Jahren und bedankt University of Applied Sciences; Textkoordi- derländische Perspektiven einfließen las- sich ganz besonders für den herzlichen nation), Marjolein Kranse (Stadsarchief sen und unsere Expertise mit der deut- Empfang in Leipzig. Rotterdam), Barbara Mulzer (Goethe-In- schen Bibliothekswelt teilen konnten. stitut Niederlande), Matthijs van Otegem Die niederländische Delegation Ingrid Balijon (Probiblio), Karen Ber- (FOBID/Erasmus University) / Überset- freut sich auf eine in vielerlei Hinsicht trams (Probilio), Loes van Eijk (Koninklijke zung: Ilona Riek

Hilfreiche Anregungen aus den Niederlanden

Mit seiner üppigen Pflanzendekora- Digitalisierungsprojekt Delpher (www. they buy why you do it.« Damit wollte tion empfing der niederländische In- delpher.nl) geschieht, bei dem mittler- Vos zum Ausdruck bringen, dass wir fostand die Besucher*innen wie ein weile mehr als 100 Millionen Seiten uns fragen sollten, wer wir sind, was grünes Wohnzimmer. Wer interes- aus niederländischen Büchern, Zei- uns ausmacht und was unsere Identi- siert stehenblieb, um sich die ein- tungen und Zeitschriften in digitaler tät als Bibliothek ist. zelnen Schautafeln genauer anzuse- Form zur Verfügung stehen. Darüber Erfrischend locker fanden viele Zu- hen, die als Teaser aufgebaut waren, hinaus kam mit dem Bereich Alphabe- hörer*innen die Art und Weise, wie Vos traf schnell auf niederländische Kol- tisierung und Leseförderung ein Thema die Maslowsche Bedürfnispyramide leg*innen, die gerne bereit waren, Nä- zum Zug, das dem Ehrengast, Prinzes- auf Bibliotheken anwendete, indem heres über die dort abgebildeten Pro- sin Laurentien der Niederlande, sehr er eine improvisierte Freihandskizze jekte zu berichten. So ergab sich fast am Herzen liegt. vom Tablet an die Projektionswand von selbst ein Gespräch über ganz un- Aus der Podiumsdiskussion »Her- warf und dabei erläuterte, dass Biblio- terschiedliche Aspekte des bibliothe- ausforderungen bewältigt?« mit dem theken heutzutage sowohl für das Be- karischen Alltags. niederländischen Architekten und dürfnis des Menschen nach Sicherheit Die Auswahl der am Infostand prä- »Creative Guide« Aat Vos habe ich vor als auch für dessen soziale und Indivi- sentierten Themen ermöglichte den allem zwei Zitate mitgenommen. Das dualbedürfnisse stehen. Mehrere Kol- Blick auf einen repräsentativen Quer- erste ist »Assumption is the mother leg*innen fragten in diesem Zusam- schnitt aktueller Aufgaben der nie- of all mistakes«. Diese Aussage be- menhang interessiert, welches Tool er derländischen Bibliotheks- und In- zog sich darauf, dass wir als Bibliothe- wohl für seine Präsentation verwendet formationslandschaft: Sie zeugte ken herausfinden müssen, wer unsere haben mochte. Diese Frage konnten gleichermaßen von der Bewahrung Nutzer*innen und was deren Bedürf- wir bislang leider noch nicht klären. des Kulturerbes wie auch von dessen nisse sind, sprich: mit wem wir es ganz Überführung in die digitale Welt, wie genau zu tun haben. Das zweite Zitat Ilona Riek, FID Benelux | Bibliothek es etwa im großangelegten nationalen lautete: »People don’t buy what you do, im Haus der Niederlande, Münster

248 FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

Gurkenquark und Sonnengruß

Best-Practice-Projekte zur Leseförderung mit digitalen Medien / Folge 4

Die Stadtbibliothek Bremen hat in Zu- sammenarbeit mit Partnern ein Som- merferienprojekt rund um Körper und Gesundheit für geflüchtete Kin- der und Jugendliche organisiert.

Ziel des Projekts war es, den Kindern und Jugendlichen verschiedene Aspekte gesunden Lebens nahezubringen, weil diese Themen im Kontext von Flucht häufig keine (große) Rolle spielen – die Energien werden an anderer Stelle benö- tigt. Auf lange Sicht lohnt sich aber eine gesunde Lebensweise und macht sogar richtig Spaß! Deshalb haben die Projekt- initiator*innen dieses Thema gerne auf- gegriffen und mit der digitalen Medien- nutzung verknüpft. Sie konnten verschiedene Themen Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen lernten bei einer Exkursion die Bibliothek in miteinander verbinden: Die Teilneh- ihrer Medienvielfalt kennen. Foto: Stadtbibliothek Bremen menden lernten viel über gesunde Er- nährung und richtige Zahnpflege, die sehr Wichtiges gelernt – nämlich wo und online gestellt. Dort kann man auch Bedeutung von Sport und Bewegung für wie sie gewünschte Informationen er- weitere Ergebnisse bewundern: Anhand die Gesundheit und es wurde auch ge- halten. Für viele war es die erste Begeg- kurzer Animationsfilme mit Knetfigu- kocht: Möhren-Apfel-Salat, gefüllte Pa- nung mit der lokalen Bibliothek. ren stellten die Kinder Szenen aus dem prika und Backkartoffeln sind nur drei Den Umgang mit digitalen Medien Sportkurs nach, bauten aus ausgeschnit- Beispiele für die gesunden und leckeren erlernten die Kinder ganz spielerisch: tenen Bildern ihre eigene Ernährungs- Rezepte, die man auch auf der Home- So wurde das Kochen der Gerichte foto- pyramide auf oder berichteten, was sie page des Projekts nachlesen kann. grafiert und anschließend im Blog das im Erste-Hilfe-Kurs gelernt hatten. Die Darüber hinaus lernten die Kinder Rezept zur Verfügung gestellt – die Kin- Kenntnisse, die sie während des Pro- und Jugendlichen bei einer Exkursion der beschreiben darin selbst, wie sie die jekts gewonnen haben, können sie auf die Bibliothek in ihrer Medienvielfalt Gerichte zubereitet haben. Alles wurde diese Weise über digitale Medien an an- kennen. Abgesehen von den Inhalten auf der Homepage des Projekts unter dere weitergeben. Wie viel Spaß sie da- des Projekts haben die Kinder so etwas www.gurkenquark-und-sonnengruss.de bei hatten, sieht man ihnen an. Beteiligte Kooperationspartner wa- ren: AWO Soziale Dienste gemeinnüt- BuB-Serie: Best-Practice zur digitalen Leseförderung zige GmbH sowie Bildungswerk des DHB Landesverbands Bremen. Ein zusätzli- In der aktuellen Serie stellt BuB Best-Practice-Projekte des Förderprogramms cher Dank geht an die Volkshochschule »Total Digital! Lesen und erzählen mit digitalen Medien« des Deutschen Biblio- Bremen und die Landesarbeitsgemein- theksverbands (dbv) vor. Fristen für die Antragsrunden sind immer der 15. Mai schaft zur Förderung der Jugendzahn- und der 30. November eines Jahres. pflege im Lande Bremen.

Informationen zu Fördermöglichkeiten: [email protected]. Kontakt: Britta Schmedemann, Weitere Infos: www.lesen-und-digitale-medien.de britta.schmedemann@stadtbibliothek. bremen.de

BuB 71 05/2019 249 FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

Das verschollene Manuskript  Ein Live-Escape-Game in der Stadtbibliothek Berlin-Mitte

Die Stadtbibliothek Berlin-Mitte hat Bücherverbrennung gibt es auch einen Die Idee für einen Escape-Room ent- das literarische Live-Escape-Game direkten regionalen Bezug. stand bei einem Workshop für das VöBB- »Das verschollene Manuskript« als Der Escape-Room nutzt nicht nur die Fest, in deren Folge sich eine achtköpfige Beitrag für das Berliner Bibliotheks- Abenteuerlust der Spieler, er kombiniert Projektgruppe der Stadtbibliothek Mitte fest 2018 anlässlich des 20-jährigen auch Schrift- und Buchgeschichte der aus Escape-Game-Fans und weiteren in- Bestehens des Verbundes der öffent- Vergangenheit mit der Medientechnolo- teressierten KollegInnen bildete. Ein ge- lichen Bibliotheken (VöBB) gie der Gegenwart. Neben Sütterlin und meinsamer Besuch eines kommerziellen entwickelt. Ziel des Spiels ist es, den Exlibris finden auch für die Handlungs- Exit-Rooms in Berlin legte den Grundstein Code eines Tresors zu knacken, in zeit untypische Elemente wie Tablet mit für die Konzeptentwicklung. Der Auf- dem sich ein verschollenes Manu- Augmented-Reality-App Verwendung wand bei der Vorbereitung war enorm. skript des bekannten Schriftstellers bei der Informationsgewinnung. Mehrere Wochen recherchierte das Team Kurt Tucholsky befindet, der im Zuge Insgesamt soll der Escape-Room die verschiedene Arten von Kombinations- der Bücherverbrennung vor den Nazis Vielfalt an medialen Informationsquel- schlössern, Codierungssystemen, kniffli- ins Exil flüchten musste. len aufzeigen und zu einer kritischen gen Spielelementen und entwarf auf einer Auseinandersetzung mit unterschiedli- Mindmap diverse Handlungsstränge, die Live-Escape-Games, auch Exit-Room ge- chen Informationsquellen anregen. Das Thema und Rätsel miteinander verbinden nannt, entstanden vor zehn Jahren aus Freizeitangebot richtet sich an Jugendli- sollten. Die gesamte Vorbereitungszeit er- den Computer-Adventure-Games. Bei che und Erwachsene, die einen ganz un- streckte sich auf circa ein Jahr. dem Spiel ist eine Gruppe von circa sechs gewohnten und spannenden Zugang zu Die mangelnde Erfahrung im Bereich Personen in einem Raum eingeschlos- einer interessanten Zeit suchen. Game-Design, explizit die Beurteilung sen, den sie erst wieder des Schwierigkeitsgrades verlassen kann, nachdem und des Zeitfaktors, führte eine Reihe von Hinweisen dazu, die Firma ExitVentu- kombiniert und Aufgaben res – einen externen pro- gelöst wurden. Dabei steht Erster Platz beim Best- fessionellen Spieleent- ihnen ein Spielleiter zur wickler – als Kooperati- Seite, der mit Kameras das Practice-Wettbewerb onspartner hinzuzuziehen, Spielgeschehen beobach- der unsere Ideen hervorra- tet und Hilfestellung bei gend verwirklichte. Als be- den kniffligen Rätseln ge- Die Stadtbibliothek Berlin-Mitte hat mit ihrem Escape-Game »Das sonderes Highlight stattete ben kann. verschollene Manuskript« den Best-Practice-Wettbewerb 2019 der ExitVentures einige Möbel- Dieser überaus be- Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und stücke mit versteckten Rät- liebte Trend in der Frei- dbv zum Thema »Gamen, Zocken, Daddeln – Spielerische Wege der selelementen aus. So lässt zeitgestaltung eignet Förderung von Informationskompetenz in Bibliotheken« gewonnen. sich eine Schachkommode sich unseres Erachtens Ziel dieses Wettbewerbs ist es, vorbildliche Konzepte und Umset- erst öffnen, nachdem ein- als spielerischer Einstieg zungen zu fördern, Best-Practice-Beispiele bekannt zu machen und zelne Schachfiguren an- bestens als Methode der zum Erfahrungsaustausch und zur Nachahmung anzuregen. hand der Anweisung auf kulturellen Bildung. So Gesucht wurden innovative Konzepte, die insbesondere die mo- einem Aphorismenpla- lassen sich auch weni- tivationalen und didaktischen Potenziale des Mediums »Spiel« in kat mit Schachzitaten von ger bildungs- oder litera- den Blick nehmen, um Methoden und Instrumente der Recherche Kurt Tucholsky vertauscht turaffine Zielgruppen -er und der Informationsaneignung zu vermitteln. Die eingereichten worden sind. reichen; Geschichte wird Konzepte wurden von einer Fachjury hinsichtlich ihrer Innovations- An zwei Festivaltagen lebendig und erfahrbar. kraft, ihres Vorbildcharakters sowie ihrer Umsetzung und ihres Er- wurde das Format erfolg- Dabei werden die Infor- folges in der Praxis bewertet. reich erprobt. Mit Unter- mationen nie aufdringlich Der literarische Escape-Room konnte sich dabei erfolgreich ge- stützung des Kooperati- kommuniziert, sondern gen 16 Mitbewerber durchsetzen und wurde mit dem ersten Platz onspartners konnten zwölf spielerisch, fast beiläu- ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am 19. März im Rahmen Durchgänge mit circa 75 fig vermittelt. Mit Berlin des 7. Bibliothekskongresses in Leipzig statt. Personen absolviert wer- als Hauptschauplatz der den. Die Resonanz war

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ausschließlich positiv, weshalb die Stadtbibliothek das Konzept in die Pro- grammarbeit übernommen hat. Auch war das Projektteam während der Ent- wicklungs- und Testphase so von der Idee des Exit-Games begeistert, dass eine Nachnutzung des innovativen Kon- zeptes in der Veranstaltungsarbeit im Be- reich Gamification beschlossen wurde. Dafür stellt die Stadtbibliothek seit Ja- nuar 2019 einen Raum in der Bibliothek am Luisenbad dauerhaft zur Verfügung, in dem das neue Veranstaltungsformat Teamwork: Der Weg aus dem Exit-Room muss gemeinsam gefunden werden. Foto: Stadtbib- kostenlos angeboten wird. liothek Berlin-Mitte Bei der Installation des Spielrau- mes musste ein separater Raum im Ver- der Teilnehmer nach unten vorgenom- www.gratis-in-berlin.de oder auf Face- waltungsgebäude gefunden und leer- men werden, sodass nun auch Kinder in book haben erheblich zu diesem viralen geräumt, Technik angeschlossen und Begleitung der Eltern oder Großeltern Erfolg des Veranstaltungsformats beige- Leitungen verlegt werden. Die Möbel am Spiel teilnehmen können. tragen. Das durchweg positive Feedback wurden aufgebaut und der Raum umge- Werbemaßnahmen wurden entwor- und die Begeisterung der Teilnehmer staltet. Die vorgesehene Betreuung der fen, die Terminplanung organisiert und spiegeln sich auch in ihren Kommenta- Gruppe durch den Spielleiter im selben Personal bereitgestellt. ren in unserem Gästebuch, dem Manu- Raum wurde nach der positiven Erfah- Die Stadtbibliothek Mitte wurde seit skript, wider: Top! Das war klasse! Ein rung mit zwei durch Überwachungs- dem regulären Start des Escape-Games großer Spaß! Danke für die spannende technik verbundenen Räumen verwor- regelrecht von ihrem eigenen Erfolg Spurensuche. Super cool! Tolle Idee fen. Zwei Kameras, ein Mikrofon mit überrollt. Die Bewältigung der Nachfra- und ein schönes Abenteuer! Hat voll viel Mischpult sowie Walkie Talkies für die gen, vor allem nach Terminen für den Spaß gemacht! Vielen Dank an das Team Kommunikation wurden erworben. späten Freitagnachmittag, stellte uns vor für das tolle Erlebnis. Anschließend wurden vier Kollegin- einen gewissen Personalaufwand. Aus Da sich mittlerweile Escape-Games nen und Kollegen der Stadtbibliothek ursprünglich einem Termin pro Woche als anregende Teambuilding-Maßnahme für die Durchführung der Veranstaltung wurden vier Termine an zwei Wochen- etabliert haben, wird »Das verschollene qualifiziert. Sie haben sich mit der not- tagen, wobei sämtliche Freitage schon Manuskript« als feste Kennenlern-Veran- wendigen Überwachungstechnik ver- über ein halbes Jahr im Voraus aus- staltung für die neuen Auszubildenden traut gemacht sowie die Spielelemente gebucht sind. Außerdem wurde nach- der Stadtbibliothek Mitte eingeführt. und den Ablauf verinnerlicht. träglich auf der Webseite ein Anmelde- Auch eine Variante auf Englisch oder in Erste Erfahrungen offenbarten den formular implementiert, das mehrmals einer anderen Fremdsprache ist in ei- generationenübergreifenden Aspekt: Äl- angepasst werden musste, um die Anfra- ner internationalen und multilingualen tere können noch Sütterlin lesen und Jün- gen leichter zu steuern. Stadt wie Berlin für uns denkbar. gere sind mit dem Tablet vertraut. Somit Gerade die Werbemaßnahmen im Dorothea Müller-Kliemt, konnte eine Anpassung des Mindestalters Internet auf kostenlosen Seiten wie Stadtbibliothek Berlin-Mitte

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BuB 71 05/2019 251 FOYER ÖFFENTLICHE BIBLIOTHEK

Im aktuellen Programm: ein Webinar zum Thema Autorenlesungen. Fotos: Büchereizentrale Niedersachsen

Zahl der TeilnehmerInnen steigt  Webinare im Fortbildungsangebot der Büchereizentrale Niedersachsen

Die Büchereizentrale Niedersach- in Hildesheim und Weser-Ems in Aurich. von Online-Seminaren neue Wege in sen führt jährlich rund 50 Fortbil- Allerdings sind die Voraussetzungen der Vermittlung von Fortbildungs- dungsveranstaltungen durch, an de- in einem großen Flächenland wie Nie- inhalten zu gehen. Die Vorteile von nen mehr als 1 000 Personen teil- dersachsen mit einer heterogenen Bib- Webinaren liegen auf der Hand: Auf Teil- nehmen. Sie ist damit der größte liothekslandschaft und unterschiedli- nehmerseite entfallen Zeitaufwand und Anbieter beruflicher Fort- und Wei- chen Fortbildungsbedarfen schwierig. Kosten für die Anreise, dadurch erhöht terbildung für Öffentliche Bibliothe- Weite Anfahrtswege zum Fortbildungs- sich die Reichweite der Angebote und ken in Niedersachsen. ort, fehlende Zeit aufgrund hoher Ar- Hemmschwellen zur Teilnahme werden beitsbelastung und mancherorts auch gesenkt. Auf Anbieterseite eröffnen sich Ein fortlaufendes und praxisnahes Fort- mangelnde Unterstützung durch Vorge- Möglichkeiten, kurzfristig und kompakt bildungsangebot ist angesichts der ra- setzte und Träger erschweren vielen in- auf aktuelle Fortbildungsbedarfe reagie- santen technischen und gesellschaft- teressierten Mitarbeiterinnen und Mit- ren zu können und möglichst viele Inter- lichen Veränderungen für alle Biblio- arbeitern die Möglichkeit der berufs- essierte gleichzeitig zu erreichen. theken unerlässlich. Daher gehören die begleitenden Fortbildung. Obwohl alle Zusammen mit einer Studentin Organisation und Durchführung von Fortbildungen der Büchereizentrale für der Hochschule für Angewandte Wis- Fortbildungen zu ÖB-relevanten The- niedersächsische Bibliotheken kosten- senschaften Hamburg wurde im Rah- men seit vielen Jahren zu den wichtigs- frei sind, werden manche Vor-Ort-Ter- men eines Forschungs- und Praxis- ten Dienstleistungen der Büchereizent- mine nicht entsprechend nachgefragt. projekts ein Konzept zum Einsatz von rale Niedersachsen in Lüneburg und ih- Aus diesem Grund wurde bereits Webinaren entwickelt.1 Zunächst er- rer Beratungsstellen Südniedersachsen 2015 entschieden, mit der Einführung folgte im November 2014 eine Befragung

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zur Nutzungsbereitschaft unter den Mit- sahen einige Mitarbeiter der Bücher- Die Zielvorgabe sieht mindestens arbeiterinnen und Mitarbeitern der Öf- eizentrale das neue Angebot zunächst ein Webinar pro Quartal vor. Wurden fentlichen Bibliotheken in Niedersach- kritisch. die ersten Webinare ausschließlich sen. 57 Prozent der Befragten antwor- Nicht unterschätzt werden darf da- von Mitarbeitern der Büchereizentrale teten, sich eine Teilnahme an einem bei auch der zeitliche Aufwand bei der konzipiert und durchgeführt, konnte entsprechenden Angebot der Bücherei- Vorbereitung der zu vermittelnden The- im vierten Quartal 2017 erstmals ein zentrale vorstellen zu können. men. Die Inhalte sollten soweit wie mög- Webinar mit einem extern zugeschal- Diese Rückmeldung gab den Aus- lich vereinfacht werden, um den zeitli- teten Referenten durchgeführt werden. schlag zur Durchführung eines Pilot- chen Rahmen von 90 Minuten nicht zu Dies bietet die Möglichkeit eines er- Webinars, das sich zunächst an einen überschreiten, da die Aufmerksamkeits- weiterten Themenspektrums sowie die ausgewählten Kreis von bibliothekari- spanne der Teilnehmer bei längeren Vor- Senkung der internen Arbeitsbelastung. schen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- trägen rapide sinkt. Auch muss bei der Weitere gute Erfahrungen mit externen tern richtete: die Mitgliedsbibliotheken Bearbeitung der Themen darauf geach- Referenten wurden 2018 gesammelt. des niedersächsischen E-Medien-Ver- tet werden, den Inhalt so prägnant und Insgesamt nahmen bis Ende 2018 bundes »NBib24«. Nach einer intensi- interessant wie möglich zu gestalten. Da rund 380 Personen an 15 Webinaren ven Vorbereitungsphase wurde im Som- den Teilnehmerinnen und Teilnehmern teil.2 Dabei nicht berücksichtigt sind die mer 2015 ein großer Teilnehmerkreis zu bei dieser Form der Fortbildung eine Aufrufe der aufgezeichneten Webinare einem NBib24-Info-Webinar eingeladen. über den BZ-eigenen YouTube-Channel. Als Online-Plattform zur Durchführung Nahmen im ersten Jahr im Schnitt ledig- fiel die Wahl auf das webbasierte System lich 12 Personen pro Webinar teil, waren »edudip«, welches bei einer Kosten-Nut- es im Folgejahr bereits 28 Teilnehmer zen-Analyse und aufgrund seiner einfa- pro Webinar; eine Steigerung um mehr chen Handhabung im Vergleich zu ande- als das Doppelte. Auch hier wiederum ren Anbietern am besten abschnitt. sind spätere Aufrufe über YouTube nicht Im Anschluss an das Pilot-Webi- mit einberechnet. nar erfolgte eine erneute Befragung, Ob die große Steigerung der Teilneh- diesmal unter den Teilnehmern des merzahl durch die erhöhte Bekanntheit NBib24-Webinars. Die durchweg po- des Angebots oder eine interessantere sitiven Rückmeldungen bestätigte Themenauswahl zustande kam, kann die These der Büchereizentrale, dass abschließend nicht eindeutig eruiert Webinare als sinnvolles und notwendi- werden. Jedoch macht die Zahl deut- ges Instrument zur Weiterbildung künf- lich, wie gut das Angebot inzwischen tig ein fester Bestandteil des Fortbil- genutzt wird und wie sinnvoll Webinare dungsangebots werden sollten. Auch das Fortbildungsangebot der Bücherei- der hausinterne Anspruch, nicht nur ein zentrale ergänzen. vielfältiges und professionelles Angebot an Dienstleistungen für Öffentliche Bib- Sarah Vogler, Büchereizentrale liotheken bereitzustellen, sondern auch Niedersachsen mit Vorbildcharakter selbst innovative Wege zu beschreiten, bekräftigte sowohl Geschäftsführung als auch beteiligte Mitarbeiter zu dieser Entscheidung. Bereits seit 2015 bietet die Büchereizentra- le Niedersachsen Online-Seminare an.

Mindestens ein Webinar pro Quartal sehr passive Rolle zukommt, sollten sie 1 Nielsen, Katja: Einsatz von Webinaren mit den zur Verfügung stehenden On- zur Fortbildung von Bibliotheksmit- Die Implementierung des neuen Fort- line-Werkzeugen so oft wie möglich zur arbeitern. Eine begleitende Analyse und Evaluierung eines Pilot-Webinars bildungsangebotes verlief jedoch nicht aktiven Teilnahme aktiviert werden, um der Büchereizentrale Niedersachsen gänzlich ohne Vorbehalte. Da ein ent- dem Vortrag den Vorlesungscharakter zur Erstellung eines Leitfadens zur sprechendes Angebot sowohl die in- zu nehmen. Ein gut ausgearbeiteter Zeit- Konzeption weiterer Webinare, 2016 haltliche Konzipierung, theoretische plan sowie eine interne Schulung konn- – http://edoc.sub.uni-hamburg.de/ Planung und praktische Durchführung ten die Bedenken der Mitarbeiter jedoch haw/volltexte/2016/3543/ [aufgerufen 04.03.2019] als auch die individuelle Bereitschaft weitestgehend ausräumen und seit Ende 2 Übersicht aller aufgezeichneten Webinare sich mit der entsprechenden Technik 2015 sind Webinare fester Bestandteil der Büchereizentrale Niedersachsen: und Handhabung der Online-Platt- des Fortbildungsangebotes der Bücher- www.bz-niedersachsen.de/webinare. form auseinanderzusetzen beinhaltet, eizentrale Niedersachsen. html [aufgerufen: 04.03.2019]

BuB 71 05/2019 253 FOYER SCHULBIBLIOTHEK JuLiD, Lesebazillus & Co.  Die Schul- und Stadtteilbücherei Dreieich – Weibelfeldschule feiert ihr Zehnjähriges

Die Schul- und Stadtteilbücherei Dreieich – Weibelfeldschule: ein »hochinfektiöser Für die Jahrgangsstufen 5 und 6 gibt es Bü- Quarantänebereich«. Fotos: Schul- und Stadtteilbücherei Dreieich – Weibelfeldschule chereinächte und die Lesebazillus-Aktion.

Ein Start ins Berufsleben sollte es Zur Organisation An Schultagen verzeichnet die Bücherei werden, danach wollte ich in eine im Durchschnitt 300 Besucher*innen. »richtige« Bibliothek wechseln. Nun Seit Beginn ist die Bücherei der WFS Das Mahnwesen, den Medientrans- sind zehn Jahre vergangen und ich durch eine enge Kooperation an die port zwischen den sechs Zweigstellen bin noch da, in der Schul- und Stadt- Stadtbücherei Dreieich gekoppelt, wo- der Stadtbücherei Dreieich sowie das teilbücherei Dreieich – Weibelfeld- bei die WFS-Bücherei als reine Jugend- Management der Bibliothekssoftware schule (WFS). Hier hatte ich damals bibliothek konzipiert übernimmt die Stadt- die Chance, eine Bibliothek komplett ist und als Zweigstelle Im Mai 2018 wurde die bücherei Dreieich. Die neu aufzubauen – und es gab die ent- fungiert. Ist die Büche- Stadtbücherei Dreieich WFS profitiert hierbei sprechenden Rahmenbedingungen. rei vormittags für 1 650 für die außergewöhnliche vor allem durch den Keine Selbstverständlichkeit in der Schüler*innen sowie Vernetzung mit dem Hes- Anschluss an den in- Schulbibliothekslandschaft. Im No- 150 Lehrkräfte der nerstädtischen Me- sischen Bibliothekspreis vember 2017 bekam die WFS-Büche- WFS geöffnet, stehen dientransport, der si- rei den Deutschen Lesepreis für eben- das mediale Angebot geehrt. cherstellt, dass alle diese Bibliothek und ihre Projekte. und die Räumlichkei- Themen der jugendli- Die Jury lobte besonders die »Leseba- ten nachmittags allen Kund*innen der chen Kund*innen gut bedient werden zillus-Aktion« und die starke Beteili- Stadtbücherei Dreieich zur Verfügung. können. Auch die Teilnahme am Onleihe- gung der Jugendlichen in verschiede- Dabei gehöre ich als Diplom-Bibliothe- Verbund Hessen wurde durch die Koope- nen Projekten. karin (FH) zum Lehrkörper der Schule – ration mit der Stadtbücherei Dreieich eine eher außergewöhnliche Konstella- möglich. Bereits 2012 wurde über die tion. Vormittags ist zusätzlich je eine eh- Rechte und Pflichten aller Kooperations- renamtliche Mitarbeiterin dabei, damit partner eine Vereinbarung geschlossen. Klassenveranstaltungen und große Be- Im Mai 2018 wurde die Stadtbüche- sucherströme bewältigt werden können. rei Dreieich für die »außergewöhnliche

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Vernetzung und enge bibliothekari- Lesebazillus JuLiD sche Zusammenarbeit der Stadt Drei- eich mit dem Kreis Offenbach und dem Um die Bücherei und das Leseerlebnis Ab etwa 14 Jahren können Jugendli- Land Hessen« mit dem Hessischen Bib- persönlicher zu gestalten, wurde be- che bei JuLiD, der Dreieicher Jugendli- liothekspreis geehrt. Weiter heißt es in reits 2009 der Weibelfelder Lesebazil- teraturjury, mitmachen. In monatlichen der Jurybegründung: »[… Es wird] an- lus als Maskottchen eingeführt. Die Idee Treffen tauschen sich Jugendliche ver- gehende[n] Bibliothekarinnen und Bib- stammt ursprünglich vom Schweizeri- schiedener Schulen über aktuelle Lek- liothekaren ermöglicht, innovative Pro- schen Institut für Kinder- und Jugend- türen aus, bewerten Bücher und ge- jekte zur genderspezifischen Leseförde- medien. Wir haben das Konzept umge- ben Buch-Empfehlungen mit Plakaten rung erproben zu können.[…]« arbeitet, aber der Name blieb. Alljährlich und Postkarten am Schuljahresende. werden nun nach einer »Sicherheitswar- Die Homepage wird unter anderem von nung« der Bibliothekarin die Kinder in den Jugendlichen selbst gepflegt. JuLiD Zum Konzept der Bücherei den »hochinfektiösen« Quarantäne- wurde 2012 mit dem Hessischen Lese- bereich geführt, mit der Aufgabe, min- förderpreis und 2015 vom Kreis Offen- Im Fokus steht für uns die Freude am destens ein Buch auf seine Ansteckungs- bach mit dem Preis »Ist doch Ehrensa- Buch. Dabei versuchen wir, die Ziel- gefahr zu untersuchen. Die Kinder in che!« ausgezeichnet. gruppe der Kinder und Jugendlichen Klassenstufe 5 gehen gut auf diese spie- zwischen 10 und 25 Jahren möglichst lerische Aktion ein und haben das Pro- In enger Zusammenarbeit mit aktiv in die Gestaltung des Angebots jekt bereits mit vielen Basteleien, Bil- den Jugendlichen der Nach- einzubinden. So haben wir die Räum- dern, Videos, Podcasts und anderen kre- bargemeinde organisierten lichkeiten nach den Rückmeldungen ativen Ideen bereichert. Die Ergebnisse die Literanauten bereits zwei aus mehreren Befragungen der Schüler- werden in der Bücherei, aber auch in ei- schaft gestaltet und stets ein Wunsch- ner örtlichen Buchhandlung im Schau- Mal »Dein Wochenende in buch (»Wir haben sie nicht alle?«) an der fenster präsentiert. Hogwarts« auf dem Sportge- Theke bereitliegen, um Medienwünsche Seit Beginn der Aktion haben fast lände des MTV Urberach. hineinschreiben zu lassen. 2 000 Schüler*innen teilgenommen. Wie gut das Projekt nachwirkt, zei- Um die Bücherei und das gen jeweils die Reaktionen der älteren JuLiD initiiert auch Aktionen: Für die Leseerlebnis persönlicher zu Schüler*innen, die sich freudig an ihre Aktion #inside wurden im November gestalten, wurde bereits 2009 eigene Lesebazillus-Aktion erinnern, so- 2018 empfehlenswerte, aber optisch der Weibelfelder Lesebazillus bald wir wieder die nächste Quarantäne weniger ansprechende Bücher anonym dekorieren. verpackt und mit Hashtags versehen als Maskottchen eingeführt.

Dekorative Medientische laden zum Schmökern ein. Schüler*innen können mit Laptops und Tablets arbeiten, je nach Bedarf bekommen sie auch Hilfe beim Erstellen von Bewerbungen oder Präsentationen. Für die Jahrgangsstu- fen 5 und 6 gibt es Büchereinächte und die jährliche Lesebazillus-Aktion lotet spielerisch die aktuellen Lesevorlieben der Förderstufenkinder aus. »Probele- ser*innen« können für gelesene Bücher und Zeitschriften Stempel sammeln und kleine Preise gewinnen. Jugendli- che ab 14 Jahren können sich in der Ju- gendliteraturjury JuLiD1 engagieren. Neben der Leseförderung ist auch das Medienkompetenztraining ein wichti- ger Baustein unseres Konzepts. Die 11. Klassenstufe lernt in Recherche- und Präsentationstrainings die wichtigsten Elemente einer gelungenen Facharbeit Ansteckend: Der Lesebazillus ist das Maskottchen der WFS. Während der alljährlichen und Präsentation. Aktion müssen die Schüler mindestens ein hochansteckendes Buch lesen.

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– für ein Blinddate mit dem entliehenen zu verschiedenen Themen (Superhel- Kompetenznachweis Kultur Buch, ausgewählt von Jugendlichen für den, Star Wars, Magic Girls etc.) ge- Jugendliche. plant und umgesetzt. Nachdem ich erlebt habe, wie engagiert Um Lehrkräfte zu motivieren, im Seit 2017 gibt es eine eher unge- Jugendliche sich einer Aufgabe ver- eigenen Unterricht aktuelle und tolle wöhnliche Kooperation mit dem Ju- schreiben können und wie jede/r Ein- Jugendliteratur einzusetzen, brachte gendausschuss des zelne eigene Stärken in JuLiD 2018 zum zweiten Mal die Bro- MTV Urberach. In en- Nach einer »Sicherheits- die Projekte einbringt, schüre »Klasse(n)Lektüre« heraus. In ger Zusammenarbeit warnung« der Bibliothe- wuchs in mir der der Broschüre werden Bücher für die mit den Jugendlichen karin werden die Kinder Wunsch, diese Leistun- entsprechenden Klassenstufen empfoh- der Nachbargemeinde in den »hochinfektiö- gen auch offiziell wür- len. Hinweise zu Zusatzmaterialien rund organisierten die Li- digen zu können. Da- um den Titel erleichtern Lehrkräften die teranauten bereits zwei sen« Quarantänebereich rum ließ ich mich zur Auswahl. Auf Anregung der Lehrer*in- Mal »Dein Wochen- geführt, mit der Aufgabe, Kompetenznachweis nen wurden auch englischsprachige Ju- ende in Hogwarts« auf mindestens ein Buch auf Kultur-Beraterin aus- gendbücher und Lektüren in einfacher dem Sportgelände des seine Ansteckungsgefahr bilden und kann seit- Sprache aufgenommen. Die Broschüre MTV Urberach. Mit zu untersuchen. her den Jugendlichen wurde regional kostenfrei an Lehr- viel Herzblut planten etwas zurückgeben kräfte verteilt und kann heruntergela- die Jugendlichen magischen Unterricht, und sie so ein Stück auf dem Weg ihrer den werden unter www.julid-online.de/ gestalteten die große Halle und die Ge- Persönlichkeitsbildung begleiten. Ob klassenlektuere/. meinschaftsräume, überlegten sich ein JuLiD, Literanauten oder auch die en- großes Rahmenprogramm und berei- gagierte Mitarbeit in der Schulzeitung, teten alles nahezu ei- die ebenfalls in der Bücherei entsteht – Literanauten Nachdem ich erlebt habe, genständig vor. Eine durch den Prozess, bei dem die Jugend- wie engagiert Jugendli- Veranstaltung von 14 lichen stark eingebunden sind und mit Im Rahmen der ersten che sich einer Aufgabe Jugendlichen für im- mir in regem Austausch stehen, reflek- bundesweiten »Kultur verschreiben können, merhin 65 Kinder in- tieren viele junge Menschen ihre Stärken macht stark«-Runde klusive Übernachtung. und wachsen daran. Und ich wachse mit. wuchs in mir der Wunsch, wurden in Dreieich die Die größte Her- Literanauten etabliert. diese Leistungen auch ausforderung für mich Linda Hein, Auch wenn das Projekt offiziell würdigen zu persönlich war hierbei Schul- und Stadtteilbücherei Dreieich leider nicht mit dem können. die grundverschiedene – Weibelfeldschule Partner Arbeitskreis Auffassung von gutem für Jugendliteratur weitergeführt wer- Zeitmanagement während der Vorbe- 1 Steht für Jugend-Literatur Dreieich, ein den kann, sind die Literanauten in Drei- reitungen. Jugendliche auch mal ma- Name, den sich die Jury selbst gegeben hat. eich nach wie vor aktiv und organisie- chen lassen, ihnen etwas zutrauen und ren regelmäßig Lese-Events für Kinder. sie notfalls stützen – wenn das gelingt, Mit verschiedenen Kooperationspart- zeigt sich oft, welch großes Potenzial in In Zusammenarbeit mit Jugendlichen der nern vor Ort wurden Lesenachmittage jungen Menschen steckt. Nachbargemeinde organisieren die Litera- nauten »Dein Wochenende in Hogwarts«.

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Das Wort des Herrn in der

neuen Welt  Auf den Spuren einer seltenen Ausgabe mit interessanter Provenienzgeschichte

Germantown ist eine Kleinstadt im Drucklettern. Mit diesen US-Bundesstaat Philadelphia. Ge- druckte Saur 1743 eine gründet wurde sie im Jahre 1683 1 272 Druckbogen um- von deutschen Auswanderern, die fassende deutschsprach- unter der Führung von Franz Daniel ige Lutherbibel. Es han- Pastorius (1651-1719) mit der Ga- delte sich um die zweite leone »Concord« ins Land gekom- in Nordamerika ge- men waren. Dort gründete Wilhelm druckte Bibel. (Die erste Rettinghaus (1644-1708) im Jahre war eine von dem Missi- 1690 die erste Papiermühle. Der Be- onar John Eliot (1604- darf an Bibeln in der strenggläubi- 1690) 1663 zu Missi- gen Gemeinde war groß. onszwecken in geringer Auflage gedruckte so- Bibeln waren zwar in großer Zahl vor- genannte Indianerbibel handen, aber im Gegensatz zum Süden in englischer Sprache.). des Kontinents, wo in den Jesuitenre- Dankbar schickte Saur duktionen bereits im 17. Jahrhundert zwölf Belegexemplare die Druckerpressen liefen, handelte es an seinen Frankfurter sich bei den nordamerikanischen Bi- Förderer. beln sämtlich um Importe aus Europa. In Amerika fand das Der im pfälzischen Ladenburg gebo- Druckwerk nicht nur rene Schneider Johann Christoph Saur Zustimmung. Der luthe- (1695-1757) importierte und vertrieb rische Pastor Henry in Germantown zunächst die radikal- Melchior Muhlenberg pietistische Berleburger Bibel. Autodi- (1711-1787) rief dazu daktisch erlernte er die Buchdrucke- auf, nicht Saurs Bi- rei, um selbst Nachdrucke der Can- beln, sondern aus Halle Titelblatt der 1843 in Nordamerika von Christoph Saur steinischen Lutherbibel herstellen zu an der Saale impor- gedruckten Luther-Bibel. können. tierte Cansteinsche Bi- In Frankfurt am Main fungierte zu beln zu kaufen. Saurs diesem Zeitpunkt Heinrich Ehrenfried Sohn Christoph druckte 1763 eine geschickt hatte, kamen erst nach drei Luther (1700-1770) als Rat und Resi- zweite und 1776 eine dritte Auflage. Jahren ans Ziel, weil das Schiff vor dent des württembergischen Herzogs. Da Saur nicht die Lösung der Kolo- Saint Malo von Piraten aufgebracht Luther bekämpfte die Ausbeutung von nie von England propagiert, sondern wurde. Einer dieser Bände mit dem Nordamerika-Auswanderern durch Aufrufe der Quäkergemeinde, den Exlibris Dr. Luthers befindet sich sogenannte Seelenverkäufer-Agentu- Frieden zu wahren, gedruckt hatte, heute im Besitz der Universitäts- und ren. Später pflegte er freundschaftli- konfiszierten Revolutionstruppen Landesbibliothek Darmstadt in der che Beziehungen zu Benjamin Frank- die Druckbögen und stopften mit Sammlung von Closen-Günderrode lin, den er 1768 in seinem Frankfur- dem Papier das Schießpulver in ihre (Signatur Gü 30). ter Haus beherbergte. Im Jahre 1740 Gewehrläufe. erbte er die Egenolffsche Drucke- Die zwölf Belegexemplare der ers- Thomas Parschik, rei und Schriftgießerei. Er schenkte ten Auflage, die Johann Christoph Universitäts- und Landesbibliothek dem Drucker Saur sechs Zentner Saur an Dr. Luther nach Frankfurt Darmstadt

BuB 71 05/2019 257 FOYER AM RANDE BEMERKT

Grüße von der Vitamin-Bar  Ein Praxisblick auf die Deutsche Bibliotheksstatistik

Einst stellte auf einer Fortbildung (was nicht zwingend bei allen Biblio- Hochschul-Abteilung und eher ober- der Dozent eine gewagte Forderung theken der Fall sein wird), ist es nicht flächlich in den Betrachtungen. Glei- an eine Führungskräftegruppe, zu unbedingt öffentlich. Es hieße also: ches geschah der Bibliotheksleitung der auch ich gehörte: Wenn eine Ar- diese Informationen erst mal einho- einer »Schwesterbibliothek« mit na- beit nicht sinnstiftend sei, solle man len. Zum anderen bezweifle ich, dass hezu identischem Profil in einem an- sie nicht machen. allein die gleichen Aufgaben und deren Teil des Bundeslandes. Es dürfte Ziele eine Vergleichbarkeit der Leis- wenige Bibliotheken geben, die besser Ich halte dieses Prinzip schon grund- tungskennzahlen gewährleisten wür- vergleichbar sind hinsichtlich Aufga- sätzlich für gewagt. Vor allem im öf- den. Denn zur Beeinflussung von Leis- ben, Auftrag, Zielen. Der Rechnungs- fentlichen Dienst. Mindestens einmal tungskennzahlen gibt es kleinteilige hof hielt einer der beiden Schwester- im Jahr allerdings denke ich sehr stark Stellschrauben. bibliotheken vor, die Ausleihzahlen daran. Nämlich in der Zeit der Deut- An einem der auf der DBS-Home- seien schlechter als bei der anderen schen Bibliotheksstatistik (DBS). Laut page benannten Bereiche »Ausstat- Schwesterbibliothek. DBS-Homepage sollen die dortigen tung, Bestand, Entleihungen, Ausga- Während der Rechnungshof-Stipp- statistischen Daten einen visite fand sich die Erklä- »Leistungsvergleich […] in rung nicht auf Anhieb (man den Bereichen Ausstattung, ist aus solchen Anlässen ja Bestand, Entleihungen, Aus- gerne etwas nervös), da- gaben, Finanzen und Per- nach aber durchaus: Die Bi- sonal« ermöglichen.1 Der bliothek mit den schlechte- Chef der DBS schränkte aber ren Ausleihzahlen (inklusive schon einmal ein: »Der Blick Verlängerungen; DBS-Feld auf vergleichbare Bibliothe- 167) hatte die Anzahl der ken kann dabei helfen, Defi- maximal möglichen Verlän- zite auszumachen und ver- gerungen niedrig gehalten, borgene Chancen zur Verän- Foto: lola1960 - stock.adobe.com die andere Bibliothek ließ derung zu nutzen.«2 sehr, sehr viele Verlängerun- Dieser Satz stellt inso- gen zu. Nun ist der Mensch, fern eine Einschränkung dar, weil er ben, Finanzen und Personal« lässt sich und nicht zuletzt der/die Studierende, die Frage aufwirft: Welche Bibliothek die Auswirkung kleinteiliger Stell- ein Energiesparmodell. In der Biblio- ist mit welcher Bibliothek vergleich- schrauben besonders gut demonstrie- thek mit den sehr, sehr vielen Verlän- bar? »Hier dürfte es pragmatisch sinn- ren und damit die Fehleinschätzung, gerungen denkt die Studierende eher voll sein, sich auf die Suche nach dem eine vollständige Kenntnis der Ziele, »Ich bin eh im Online-Katalog, also kleinsten gemeinsamen Nenner zu ma- Aufgaben und Aufträge zweier Biblio- verlängere ich gleich die Leihfrist«, chen, also die Aufgaben und Ziele zu theken bedeute Vergleichbarkeit ihrer oder der Studierende denkt eher »Ich bestimmen, die tatsächlich den Bib- Zahlen. Der Bereich, an dem das an- muss nach dem Wochenende erstmal liotheken gemeinsam sind, sodass sie hand eines Praxisbeispiels demonst- meinen Kater ausschlafen, also ver- mit gleichen Leistungskennzahlen und riert wird? Entleihungen. längere ich gleich die Leihfrist«, und gleichen Sollgrößen gemessen werden so weiter. Es gibt sicher zahlreiche können.«3 Theoretisch hört sich das Gründe für Studierende, eine Leihfrist gut an. Aber praktisch? Das Praxisbeispiel zu verlängern, obwohl sie längst noch Zum einen bezweifle ich, dass so nicht abgelaufen ist, und somit mit der einfach ein kleinster gemeinsamer Bei einem meiner alten Arbeitgeber Anzahl möglicher Verlängerungen zu Nenner im Bereich Aufgaben, Auftrag, erhielt ich einst Besuch vom Rech- aasen. Ziele benannt werden kann. Das gilt nungshof, zwei Personen, ausgewählt In einer Bibliothek mit niedrige- insbesondere bei den Zielen: Selbst nach dem Good-Cop-Bad-Cop-Prinzip, rer Anzahl möglicher Verlängerungen wenn es ein explizites Zielsystem gibt hurtig vor Ort, hurtig in der nächsten dagegen muss der/die Studierende

258 FOYER AM RANDE BEMERKT

haushalten, um seine Anzahl mögli- Die Schlussfolgerung Der andere Fall war die Antwort auf cher Verlängerungen nicht unnötig eine parlamentarische Anfrage. In zu verbrennen. Anders ausgedrückt: Was die Deutsche Bibliotheksstatistik beiden Fällen hatte ich nur bedingt Wenn ich die Anzahl möglicher Verlän- also nur zum Scheine bieten kann, ist das Gefühl, dass die Fragesteller die gerungen erhöhe, jazze ich die Kenn- »eine akzeptierte Objektivität, die ei- Ziele, Aufgaben und Aufträge der Bi- zahl Ausleihen (inklusive Verlänge- nen allgemeinen und öffentlichen Ver- bliothek gut kannten. Es war sogar so, rungen) hoch. Und wenn ich das Spiel gleich verschiedener Bibliotheken zu- dass mir der ketzerische Gedanke kam, noch weitertreiben möchte, verkürze lässt«.4 Wer das glaubt, überfrachtet die DBS-Zahlen würden von höheren ich gleichzeitig die Leihfrist: Von 28 sie mit Erwartungen. Zwar ermögli- Instanzen ganz gewiss nicht auf ihre Tage auf 14 Tage halbieren, bei gleich- chen die Zahlen dem eigenen Biblio- Hintergründe abgeklopft oder gar als zeitiger höchstmöglicher Anzahl der theksmanagement (sofern es genug Anlass genommen, in einen Dialog zu Verlängerungen, wird die Kennzahl »Frontkontakt« hat, auch die kleintei- treten. Sondern sie dienten als Basis Ausleihen (inklusive Verlängerungen) ligen Stellschrauben zu kennen) einen für einen Ausflug an die Vitamin-Bar zwar nicht verdoppeln, aber sicherlich ausgewogenen Blick auf die Entwick- höherer Instanzen. Motto: Auf die erhöhen. lung der eigenen Bibliothek. Vielleicht Schnelle Äpfel mit Birnen vergleichen, ist im Dialog (!) sogar ein Vergleich Litschis mit Limetten, und vielleicht 1 https://www.hbz-nrw.de/produkte/ zwischen einzelnen Bibliotheken mög- geht es sogar auf die Nüsse. bibliotheksstatistik, abgerufen am 20. lich. Beim oben genannten Fallbei- Dass anschließend aufgrund der Februar 2019 spiel geschah das durch ein Telefonat. Zahlen jemals gesagt wurde »Oh je, 2 https://www.egms.de/static/en/jour Erspart man sich diesen Dialog, lässt euch geht es finanziell aber schlecht«, nals/mbi/2008-8/mbi000102.shtml, abgerufen am 20. Februar 2019 ein Vergleich der nackten Zahlen nur muss mir entgangen sein. Ich denke, sehr bedingt Schlüsse auf eine größere eher könnten diese Zahlen als Muni- 3 Joachim Kreische: Warum die Leistun- gen von Bibliotheken vergleichen? In: oder geringere Leistungsfähigkeit zu. tion gegen Bibliotheken dienen. Nicht Bibliotheksdienst 49(2015)5, Seite 515 Unter Kolleginnen und Kollegen darf zuletzt deswegen ist meines Erachtens 4 Kreische (Anm. III), Seite 515 somit in Abwandlung des berühmten »auch das unausgesprochene Argu- 5 »democracy is the worst form of gover- Churchill-Zitats gelten: Die DBS ist die ment virulent, dass ein Leistungsver- nment except all those other forms that schlechteste Bibliotheksstatistik, abge- gleich Bibliotheken mehr schadet als have been tried from time to time«, sehen von den anderen, die es gibt.5 nutzt«. Zumindest ein Leistungsver- Rede vor dem Unterhaus am 11. No- Oben erwähnte ich den Besuch des gleich, der nur ein scheinbarer sein vember 1947, Column 207. https://api. parliament.uk/historic-hansard/com Rechnungshofs. Während meines über kann. mons/1947/nov/11/parliament-bill, 20-jährigen Berufslebens war das ei- abgerufen am 20. Februar 2019 ner von zwei Fällen, wo Zahlen aus der Torsten Haß, Leiter der Hochschul- 6 Kreische (Anm. III), Seite 514 DBS tatsächlich gebraucht wurden. bibliothek Ludwigshafen/Rhein

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BuB 71 05/2019 259 FOYER WISSEN FRAGT ...? Wissen? fragt? ...? Historisch – Kulturell – Aktuell ? ? ? und Blaskapell ? ? Auf einen Espresso mit Hartmut Dorgerloh, dem Generalintendant ? des Humboldt Forums, zur »Atmosphäre von Bibliotheken« Staatsbibliothek zu Berlin

Ende 2019 wird Hartmut Dorger- lässt sich fragen, wie das Porzellan Zeit gibt. Deshalb werden wir immer loh das neue Humboldt Forum in Ber- dann nach Europa gekommen ist? Und wieder verschiedene Interpretations- lin eröffnen. Ein historisches und zu- wenn man dazu dann die Kämpfe um möglichkeiten anbieten. Zum Beispiel: gleich ein modernes Gebäude, des- diese „Raubkopie“ des chinesischen Im rekonstruierten Schlüterhof werden sen Akteure die Stiftung Preußischer Porzellans aufzeigen kann, dann lässt originalgetreue Kopien der einst von Kulturbesitz mit dem Ethnologischen sich die heutige Aufregung darüber, Andreas Schlüter für diesen Ort geschaf- Museum, dem Museum für Asiatische dass in Asien gefälschte Produkte her- fenen Kolossalfiguren zu erleben sein, Kunst der Staatlichen Museen zu Ber- gestellt werden, in einen Kontext stel- während wir die noch erhaltenen Origi- lin aber auch das Stadtmuseum Ber- len. Man kann aber auch fragen, wo nale in einem Ausstellungssaal nebenan lin, die Kulturprojekte Berlin sowie die der Kaffee herkommt? Der stammt ur- präsentieren. Das ist erstmal erklärungs- Humboldt-Universität sind. Dorgerloh, sprünglich ja auch nicht aus Mecklen- bedürftig. Und dann gibt es sehr unter- der sich als Kunsthistoriker und Denk- burg-Vorpommern oder Hessen, son- schiedliche Meinungen zur Frage der malpfleger einen Namen machte und dern er stammt aus Afrika. Und was ist Rekonstruktion. Wir werden deutlich unter anderem über die museale Insze- kulturell mit diesem Kaffee alles ver- machen, dass diese Vielfalt der Meinun- nierung der Kunstgeschichte und die bunden? Wird heute genügend Fair gen ein hohes Gut ist, denn es gibt eben Nationalgalerie in Berlin forschte, wird Trade gehandelt? Wie ist das mit den nicht nur eine Position. Dieser Komple- unter Federführung der »Stiftung Hum- Umweltbelastungen bei den Automa- xität wollen wir uns stellen. Das wird boldt Forum im Berliner Schloss« das tenkapseln? Mit dem Material der Tasse eine weitere zentrale Aufgabe des Hum- Forum leiten. Zuletzt war er Generaldi- und dem Kaffee lassen sich ganz große boldt Forums sein. rektor der Stiftung Preußischer Schlös- Linien ziehen, historisch, kulturell und ser und Gärten Berlin-. aktuell in die Gegenwart. Zu solchen Eine weitere Komplexität ist, dass das Themen die passenden Geschichten zu Humboldt Forum ein »Schloss für alle« erzählen, um das einordnen zu können, werden soll. Wie wollen Sie alle Bür- wird eine der Hauptaufgaben des Hum- ger und somit alle Bildungsschichten boldt Forums sein. und Altersgruppen erreichen? Die Gründe, warum man ins Hum- Und wie lassen sich Fakten so in einen boldt Forum will, können ganz unter- Kontext stellen, dass Dinge besser ein- schiedlich sein. Man hat vielleicht Lust, zuordnen sind? auf die Dachterrasse zu gehen, einen Indem wir Orientierung geben. Wir Espresso zu trinken und dort vor dem wollen helfen, Dinge zu verstehen, auch einzigartigen Panorama ein Selfie zu aus einem historischen Blickwinkel. schießen. Oder man möchte abends im Und wir wollen deutlich machen, wie Schlüterhof noch einen Drink nehmen. Auf einen Espresso mit Hartmut Dorgerloh. komplex die Welt ist. Wir erleben heute Oder man geht ins Kino. Oder man inte- noch viel stärker als vor 200 Jahren die ressiert sich für die Stadtgeschichte und geistigen Paten des Humboldt Forums, schaut sich den archäologischen Keller Dirk Wissen: Wie lässt sich aus ei- die Brüder Alexander und Wilhelm von an. Und dann gibt es natürlich die vie- ner Kaffeetasse eine tolle Geschichte Humboldt, dass unser Tun Folgen hat. len Angebote der sehr unterschiedli- machen? Dass Alles mit Allem zusammenhängt chen Sammlungen, Wechsel- und Son- Hartmut Dorgerloh: Bei einer Kaf- und dass wir für diese eine Welt eine ge- derausstellungen sowie im Veranstal- feetasse kann man zum Beispiel fragen, meinsame Verantwortung haben. Und tungsprogramm, die einen dann immer wo das Porzellan der Tasse herkommt? dass es keine einfachen Antworten auf wieder ins Humboldt Forum ziehen Und da es historisch aus China stammt, die großen Herausforderungen unserer werden.

260 FOYER WISSEN FRAGT ...?

Historische, kulturelle und aktuelle Themen einordnen und dazu die passenden Geschichten erzählen, das wird eine der Hauptaufgaben des Humboldt-Forums sein.

Ausstellungen und Veranstaltungen auf Samoa. Vielleicht laden wir eine Landesbibliothek als eine zentrale Bib- sind auch in vielen Stadtbibliothe- solche Band mal ein, dann könnten die liothek an einem Ort zu konzentrieren ken kostenfrei zu erleben. Was unter- sich dieses historische Material anhören und nicht mehr einen Teil in der Mitte scheidet das Angebot des Humboldt und vielleicht kommt noch ein Fanfa- Berlins anzusiedeln. Das ist eine Ent- Forums von diesen Angeboten? renchor oder Spielmannszug aus Berlin scheidung, die wir akzeptieren. Das Land Der generelle Eintritt wird kosten- dazu und wir bringen die Musiker so zu- Berlin wird auf der Fläche, auf der es die frei sein. Nur für Sonderausstellungen sammen. Wir können also einen histori- Bibliothek hätte geben sollen, stattdes- und Veranstaltungen wird man bezah- schen Bestand des Hauses nehmen und sen eine Ausstellung zu Berlin und dem len müssen. Sicher bietet dies zum Bei- schauen, wo und wie das heute aktuell Verhältnis der Stadt zur Welt zeigen, die spiel auch die benachbarte Zentral- und und relevant ist. von der Stiftung Stadtmuseum kuratiert Landesbibliothek an. Aber alleine schon wird. Natürlich haben wir unsere Fach- mit unseren Sammlungen haben wir ein Im Ersten Weltkrieg wurden Soundka- bibliotheken für die internen Zwecke. ganz anderes Profil. Das Humboldt Fo- nonen wie Wasserwerfer eingesetzt, Zum Beispiel die des Lautarchivs oder rum wird zu einem Ort, an dem ganz um Feinde an der Front abzuhalten ... die der Bereiche »Kulturelle Bildung« viele Dinge zusammenkommen werden, Ein solches Thema wäre eher etwas oder »Ethnologie«. Aber eine Öffentli- verschiedene Künste, verschiedene Me- für das Deutsche Historische Museum. che Bibliothek wird es im Humboldt Fo- dien und auch verschiedene Communi- Uns geht es vor allem darum, in der So- rum nicht geben, auch wenn dies die ur- ties und Besuchergruppen. lidargemeinschaft der Kultureinrichtun- sprüngliche Planung so vorsah. Ein zentraler Bestandteil und ein Al- gen ein spezifisches eigenes Profil auszu- leinstellungsmerkmal wird zum Beispiel bilden. Das heißt auch, dass wir manche Die Stiftung Stadtmuseum ist einer das Sound- und Lautarchiv sein, das in Themen nicht behandeln werden, weil von vielen Akteuren des Humboldt die Anfänge des zwanzigsten Jahrhun- andere Einrichtungen da einfach besser Forums. Wird es auch Bibliotheken als derts zurückgeht. Mit den Beständen sind. Bei uns wird man auch keine Bü- Kooperationspartner geben? können wir zum Beispiel Spuren der cher ausleihen können. Wir haben einen Kern von dauerhaf- deutschen Kolonialgeschichte in Poly- ten Partnern im Hause, denen Bibliothe- nesien zeigen – die Blaskapellen, die Sie wissen, dass es den Plan gab, auch ken angebunden sind. Zum Beispiel die preußische Militärgeschichte ist dort eine Öffentliche Bibliothek im wie- Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu bei den Marching Bands bis heute al- dererrichteten Schloss mit einzube- der auch die Forschungsbibliothek der lenthalben spürbar. Wir haben hierzu ziehen ... Ethnologie aus Dahlem oder die Staats- historische und aktuelle Aufnahmen, Das Land Berlin, einer der Part- bibliothek zu Berlin gehört, die Leih- zum Beispiel von öffentlichen Auftritten ner, hat beschlossen, die Zentral- und geber für unseren Ausstellungsbereich

BuB 71 05/2019 261 FOYER WISSEN FRAGT ...?

Ein möglicher internationaler Partner für das Humboldt-Forum? Die dänische Nationalbibliothek in Kopenhagen mit ihrer Verbindung aus Historischem und Modernem bietet sich hierfür an, zum Beispiel bei Ausstellungsvorhaben.

»Geschichte des Ortes« ist und mit ganz Nutzerbereiche gibt, die digitale Tech- Bücherverbrennung im Nationalsozi- spannenden Stücken zum Beispiel aus nologien vermitteln. Oder die National- alismus ist zum Beispiel kein typisches der alten Kunstkammer dabei ist. Inso- bibliothek in Kopenhagen mit der Ver- Humboldt Forum-Thema. Es könnte fern haben wir die Bibliotheken über bindung von historisch und modern, aber indirekt dann eins werden, wenn die bestehenden Partnerschaften mit nicht nur baulich. Es könnte durchaus wir fragen, wann eigentlich welche Bü- dabei. Was sich darüber hinaus in der sein, dass wir etwa bei einem Ausstel- cher aus welchem Grund auf einen In- Zusammenarbeit mit Bibliotheken ent- lungsvorhaben mit einer solchen Biblio- dex gekommen sind? Oder wann ein Bü- wickelt, wird man sehen. Wir sind be- thek kooperieren. Es kann und soll im- cherverbot in bestimmten Kulturen ein reits sehr breit aufgestellt. Sollte sich mer wieder neue Bezugspunkte für Ko- Thema gewesen ist – oder noch immer aber mit einer der Berliner Bibliotheken operationen geben. ist? Oder wenn wir die Macht des Buches oder einer Fachbibliothek irgendwo an- als solches thematisieren. Alles potenti- ders auf der Welt eine Partnerschaft ent- Wird ein Bezugspunkt auch die Veror- elle Humboldt Forum-Themen, auch für wickeln, dann wäre das natürlich schön tung des Forums sein, denn im Umfeld lokale Kooperationen. fürs Haus. des Humboldt Forums gibt es mehrere bedeutende Bibliotheken und auch Herr Dorgerloh, ich danke Ihnen. Welche Bibliotheken in der Welt, kom- den Bebelplatz? men Ihnen da in den Sinn? Das Humboldt Forum wird ja ein Die Bibliotheken erfüllen ja sehr un- Profil im »Humboldtschen Sinne«, ha- Und was glauben Sie, Herr terschiedliche Bedürfnisse und Aufga- ben. Damit meine ich, dass wir uns erst Schwochow, aus welchen ben, abhängig von der jeweiligen kul- mal grundsätzlich für alles interessie- Gründen Bücher auf den turellen Situation der entsprechenden ren. Aber dann müssen wir uns natür- Index kommen? Region. Sehr beeindruckt hat mich un- lich auch fragen, warum uns etwas so längst in Katar die Bibliothek von Rem sehr interessiert und was es mit unseren Koolhaas, die auch ein Museum zur Kul- Partnern oder mit dem, was wir dauer- turgeschichte Katars hat, das es in die- haft im Hause präsentieren, zu tun hat. ser Form so noch nicht gab und wo es Also auch darum, wie wir uns heute als Mensch in der Welt positionieren. Eine Frage, die ja auch Alexander von Hum- Ihre Meinung: Aus welchen Gründen Freuen Sie sich auf die nächste Folge von kommen Bücher auf den Index? boldt sehr bewegt hat. Wie erfasst man »Wissen fragt …?«. Selfies: Dirk Wissen Schreiben Sie an: [email protected] heute die Komplexität der Welt? Die

262 FOYER DISKUSSION

Leseförderung in Deutschland unerwünscht?

Genau acht Jahre ist es her, dass sich in Grundversorgung verfüge ich nur über anbieten. Müssten wir tatsächlich ohne unserer Gemeindebücherei eine Runde einen geringen Etat und bin zudem an- die freundliche Genehmigung der Ver- ehrenamtlicher Vorlesepaten aktiv ge- gehalten, Kosten einzusparen, wo immer lage für jedes vorgelesene Buch an die funden hat. Unser gemeinsames Ziel ist es möglich ist. VG Wort bezahlen, kämen jährlich meh- es, durch zahlreiche Vorleseaktionen rere hundert Euro an zusätzlichen Kos- Kinder an Bücher heranzuführen, fürs So bedeuten Zahlungen an die VG Wort ten auf uns zu und wir könnten uns die Lesen zu begeistern und so letztendlich für uns schlicht: Leseförderung nicht mehr leisten. Leseförderung zu betreiben. Es ist in Deutschland offensichtlich zu Wäre es nicht sinnvoller, zu- Unsere Ehrenamtlichen sind unermüd- teuer, Kinder fürs Lesen zu begeistern mindest für Bibliotheken der lich im Einsatz. Sie lesen regelmäßig und Leseförderung zu betreiben! Grundversorgung einen Pau- bei uns in der Gemeindebücherei und schalbetrag einzuführen? in den örtlichen Kindergärten vor, aber Um trotzdem weiterhin Vorlesestunden auch für Senioren. Sie veranstalten Bil- anbieten zu können, schreiben wir vor derbuchkinos, beteiligen sich an Alten- jeder Vorlesestunde die entsprechenden Wir fragen uns, ob es in Zeiten, in de- nachmittagen, am Ferienprogramm der Verlage mit einer Bitte um Genehmigung nen die Lesekompetenz unserer Schü- Gemeinde und am jährlich stattfinden- für honorarfreies Vorlesen an. Das ist für ler immer mehr abnimmt, sinnvoll oder den bundesweiten Vorlesetag. uns sehr arbeitsintensiv, wird aber zu- gar gewollt ist, dass Öffentliche Biblio- mindest teilweise belohnt – denn es gibt theken sich das Vorlesen aus finanziel- Als Leiterin der Gemeinde- etliche Kinderbuchverlage, die wie wir len Gründen nicht mehr leisten können? bücherei einer Öffentlichen der Meinung sind, dass Lesen eine äu- Wäre es nicht sinnvoller, zumindest Bücherei im Bereich Grund- ßerst wichtige Sozialkompetenz ist und für Bibliotheken der Grundversorgung versorgung verfüge ich nur gefördert werden sollte. einen Pauschalbetrag einzuführen? Leider sehen das offensichtlich nicht Mit diesem Artikel wollen wir an- über einen geringen Etat. alle Verlage so. Einige Verlage dürfen regen, diese Situation, die unzählige auch keine honorarfreie Genehmigung ehrenamtliche Vorleseinitiativen in Wie Sie sich sicher vorstellen kön- zum Vorlesen erteilen, beispielsweise Deutschland betrifft, publik zu machen nen, beinhaltet das Vorlesen nicht nur wenn es sich um Lizenzen handelt und und zu überdenken. den Zeitraum der eigentlichen Leseak- der Originalverlag weiterhin Rechtein- tion, sondern intensive Vorbereitung zu haber ist. Barbara Breuner, Büchereileitung Hause. Für einige Vorlesepaten kommen Gemeindebücherei Ketsch, und die oft mehrere Wochenstunden zusammen, Wir fragen uns, ob es in Vorlesepaten der Gemeinde Ketsch an denen sie unentgeltlich im Einsatz Zeiten, in denen die Lese- sind. Es versteht sich von selbst, dass kompetenz unserer Schüler die Vorlesepaten auch an Fortbildungen abnimmt, gewollt ist, dass zu diversen Themen regelmäßig teilneh- Ihre Meinung men, was durch unsere Verwaltung un- Öffentliche Bibliotheken sich terstützt und finanziert wird. das Vorlesen nicht mehr leis- Wie stehen Sie zu den VG-Wort-Ab- Das Urheberrechtsgesetz besagt ten können? gaben? Haben Sie ähnliche Erfah- nach § 19 Abs. 1, dass zum Vorlesen in rungen wie die Gemeindebücherei der Öffentlichkeit grundsätzlich vorab Ketsch gemacht oder sind Sie viel- die nötigen Lizenzen eingeholt werden Dieser unverhältnismäßige Aufwand – leicht ganz anderer Meinung? müssen. Für die Rechteinhaber nimmt in in der Regel wird für fünf bis acht Kin- der Regel die VG Wort das Recht des öf- der bei freiem Eintritt vorgelesen – ver- Lassen Sie es uns wissen und schrei- fentlichen Vortrags wahr. ärgert unsere sehr engagierten Vor- ben Sie Ihren Leserbrief bzw. Ihren Als Leiterin der Gemeindebücherei lesepaten, die dies, wie bereits oben Kommentar an [email protected] einer Öffentlichen Bücherei im Bereich erwähnt, seit acht Jahren kostenfrei

BuB 71 05/2019 263 FOYER NACHRICHTEN / MARKT

(BIB) und den Verein Deutscher Biblio- Nachrichten thekarinnen und Bibliothekare (VDB) Markt fand am 21. März im Rahmen der Ab- schlussveranstaltung des Bibliotheks- kongresses in Leipzig statt.

Freundeskreis stiftet für 10 000 Axiell Euro neue Bücher Bildung für nachhaltige Axiell wird größter Anbieter von Bi- Entwicklung bliothekslösungen Skandinaviens Heilbronn. Bei der diesjährigen Mit- gliederversammlung des Freundeskrei- Rendsburg. Welche Fragen haben Kin- Pr. – Axiell gibt die Übernahme von ses der Stadtbibliothek Heilbronn über- der an die Welt, wenn sie über Frie- Bibliotekenes IT senter (Bibits) in gab der Freundeskreis eine großzügige den nachdenken oder Dinge in der Na- Norwegen bekannt. Mit der Akquisi- Spende: Für 10 000 Euro konnten neue tur entdecken, wenn sie von ihrem Zu- tion gewinnt Axiell 300 Gemeinden in Bücher gekauft werden. Mit der Spende hause und ihren Familien erzählen – was Norwegen, Schweden und Finnland haben die MitarbeiterInnen der Stadtbi- wollen Kinder wissen? Und was wollen als Kunden hinzu. Sie nutzen die ILS- bliothek stark nachgefragte Titel ergänzt sie verändern? Das Projekt »Das weiße Lösung MikroMarc für Öffentliche Bi- und unansehnliche Ausgaben ersetzt. Im Blatt – Weltbilder und Bilderwelten zum bliotheken und 100 von ihnen zusätz- Rechenschaftsbericht konnten Vertreter Weiterdenken mit Kindern« will Kinder lich das Portal SAGA. des Freundeskreises mit eindrucksvollen dazu anzuregen, ihre Umwelt wahrzu- Zahlen die erfolgreiche Arbeit des Ver- nehmen, eigenen Ideen von einem gu- Axiell ist nun der größte Partner für eins belegen: 99 aktive VorlesepatInnen ten Leben Gestalt zu geben und mit- IT-Lösungen und Services für Öffentli- waren 2018 regelmäßig zum Vorlesen in einander Neues auszuprobieren. Die che Bibliotheken in Skandinavien. Zu- 55 Kitas, 12 Schulen, in der Kinderklinik Büchereizentrale Schleswig-Holstein dem ebnet die Übernahme den weiteren sowie in den Bibliothekszweigstellen ak- entwickelte in Kooperation mit den Lü- Weg für Quria, Axiells cloud basierte Li- tiv. Die Aktion »Mann liest vor« am Vor- becker Bücherpiraten Angebote für Bib- brary Services Platform und für WeLib, lesetag 2018 erzielte mit 176 beteilig- liotheken zur UN-Agenda 2030 für nach- die digitale Schulbibliothek, sowie für ten Männern und 260 Vorleseeinheiten haltige Entwicklung. Gefördert wird das die weitere Integration zusätzlicher Lö- einen vorläufigen Rekord. Vorhaben durch den Fonds für Nachhal- sungen für den Kulturbereich. tigkeitskultur des Rats für nachhaltige Bibits ist bereits das zwanzigste Un- Entwicklung. Der multimediale Charak- ternehmen, das zur Axiell Familie stößt. Publizistenpreis vergeben ter der Materialien erlaubt vielfältige Die Gruppe bedient Kunden in 55 Län- Auseinandersetzungen mit dem Thema dern. 8 000 Öffentliche und Schulbiblio- Leipzg. Der mit 7 500 Euro dotierte Pu- »Nachhaltigkeit«. Bis Mitte März 2019 theken vertrauen auf Axiell Technologie. blizistenpreis der deutschen Bibliothe- konnten bereits mehr als 100 Multipli- Zudem ist Axiell im deutschen Markt ken (Helmut-Sontag-Preis) ging in die- katoren aus Bibliotheken, Grundschulen eine Kooperation mit dem Softwareun- sem Jahr an die freie Autorin Susanne und Kitas im In- und Ausland im Rah- ternehmen Princh eingegangen. Princh Brahms. Ausgezeichnet wurde ihre do- men von Workshops die Begleitmateri- bietet eine innovative Self Service Dru- kumentarische Fernseharbeit »Die Bü- alien kennenlernen und Umsetzungs- ckerlösung, mit der Besucher Biblio- cherjäger. Kampf um das Wissen der ideen ausprobieren. theksdrucker über verschiedene End- Welt«. In dem Arte-Beitrag vom 17. Ok- geräte nutzen können. Die Bibliothe- tober 2017 begleitet Brahms den Bene- ken werden für jeden Auftrag vergütet diktinermönch Columba Stewart aus International Summer School und profitieren davon, neue Nutzer an- Minnesota, USA, der seit über 30 Jahren an der HdM zusprechen und einen neuen Service durch die Krisenregionen der Welt reist. anzubieten. Er sucht alte Manuskripte, zum Beispiel Stuttgart. Die Hochschule der Medien Princh ist der führende Anbieter für im Irak, wo es ihm gelungen ist, eine ur- Stuttgart (HdM) und das Goethe-Insti- Self Service Printing in Skandinavien alte Klosterbibliothek digitalisieren zu tut richten vom 16. bis 21. September und handhabt Millionen von Druckauf- lassen. Im Irak unterstützt er auch den gemeinsam eine International Summer trägen. Die Nutzerinnen und Nutzer fin- Dominikanermönch Najeeb Michael, der School aus. Das Motto 2019 ist Digi- den über die App mit Princh verknüpfte seine Bibliothek bereits zweimal unter tal Transformation. In den interaktiven Drucker in der Nähe. Dort können die dramatischen Umständen vor dem Zu- Seminaren werden Themen wie Lear- Anwender dann drucken, kopieren oder griff radikaler Islamisten gerettet hat. ning Spaces, Places of Commoning, So- scannen und direkt elektronisch oder Die Preisverleihung durch den Deut- cial Innovation und Smart Libraries be- bar bezahlen. Die Bibliothek erhält ein- schen Bibliotheksverband (dbv), den arbeitet. Weitere Informationen: www. mal im Quartal die Einnahmen abzüg- Berufsverband Bibliothek Information hdm-stuttgart.de/iw/summerschool/ lich geringer Gebühren.

264 FOYER MARKT

divibib GmbH oder E-Papers wie gewohnt in ihrer Bib- gebunden. In der Onleihe können Ma- Kooperation mit sharemagazines liothek ausleihen. gazine auch einmal vergriffen sein, bei eingegangen Aufgrund der begrenzten Anzahl sharemagazines ist die Nutzung im- von Lizenzen für digitale Magazine in mer unbegrenzt möglich«, erläutert Pr. – Seit Juni 2018 unterstützt die di- der »Onleihe« können bestimmte Titel Jörg Meyer, Geschäftsführer der divi- vibib GmbH den Vertrieb des digitalen zeitweise vergriffen sein. Durch die Ko- bib GmbH. Lesezirkels sharemagazines. Die Ser- operation mit dem Hamburger Unter- Sharemagazines ist bereits an mehr vices der Kooperationspartner, die nehmen sharemagazines wird die orts- als 1 000 Standorten verfügbar. Ne- »Onleihe« der divibib und der ortsba- unabhängige Onleihe nun durch einen ben Bibliotheken gehören unter an- sierte, digitale Lesezirkel von share- location-based Service für digitales Le- derem auch Hotels oder Cafés zu den magazines, bieten in Kombination sen ergänzt. Über die kostenlose share- Locations. ein optimales Angebot digitaler Me- magazines App können Besucher inner- dien. Deutschlandweit wird dieser halb der teilnehmenden Bibliotheken Service bereits von über 75 Bibliothe- über ihre eigenen Smartphones und Ta- ken genutzt. blets auf 400 nationale und internatio- nale Magazine und Tageszeitungen zu- In der Rubrik »Markt« werden divibib, ein Tochterunternehmen der greifen. Darunter sind auch bekannte Ti- Presse­mitteilungen von Unterneh- ekz.bibliotheksservice GmbH, ist mit der tel wie der Stern, Vanity Fair oder The men und Dienstleistern – ohne »Onleihe« im deutschsprachigen Raum New Yorker. redaktionelle Bearbeitung – ver- führender Dienstleister für die Ausleihe »Beide Services ergänzen einan- öffentlicht. Die Redaktion behält digitaler Medien in Öffentlichen Biblio- der optimal: Während die Onleihe sich vor, Beiträge auszuwählen und theken. Durch den digitalen Service kön- ortsunabhängig genutzt werden kann, zu kürzen. nen Nutzer rund um die Uhr E-Books sind sharemagazines an die Bibliothek

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BuB 71 05/2019 265 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Olaf Eigenbrodt Bibliotheken und Denkmalschutz  Ein Überblick

Bibliotheken sind – sofern sie sich als institutionelle Bewah- Argumentationen folgen. So werden verbreitet auch solche rer schriftlichen Kulturguts verstehen – oftmals schon an Gebäude der Nachkriegsmoderne unter Schutz gestellt, die sich schützenswerte Kulturdenkmäler, zumindest in Hin- aufgrund ihrer Ästhetik mehrheitlich nicht als denkmalwür- blick auf den materiellen Bestand ihrer Sammlungen. Da- dig betrachtet werden, während der Abriss von älteren Ge- bei spielt es aber zunächst keine Rolle, in welcher Hülle bäuden oft als Identitätsverlust wahrgenommen wird. So ist diese Überlieferung stattfindet. Ob eine Bibliothek auch es für den Denkmalschutz nicht immer vermittelbar, warum ein Baudenkmal darstellt, ist wiederum weniger von den ein brutalistisches Verwaltungsgebäude gerade wegen sei- Beständen, sondern vielmehr von der baulichen Hülle ab- nes exemplarischen Wertes für die Epoche in Zusammen- hängig. Wie bei allen Baudenkmalen steht im Hintergrund hang zum Beispiel mit seiner Funktion denkmalwürdig ist, immer eine spezifische Konstruktion von Identität und Ge- während ein Wohngebäude der Gründerzeit zum Beispiel schichte, die mit der Frage der Schutzwürdigkeit des Ge- wegen mehrfacher Umbauten nicht als schützenswert ein- bäudes verbunden ist. Obwohl der gestuft wird, obwohl die Anwohner es Denkmalschutz selber sich für seine als für das Viertel prägend betrachten. Einschätzungen klarer Standards und Schwerpunkt wissenschaftlicher Methoden bedient, Die zweite Herausforderung für die ist genau wegen des Identitätsaspekts Durchsetzung des baulichen Denk- die Frage der Schutzwürdigkeit immer Themenschwerpunkte in BuB malschutzes liegt in der Funktionalität auch subjektiv zu sehen. der Gebäude. Während bei Wohnhäu- Heft 02-03/2019 sern insbesondere bauliche Standards Insbesondere der bauliche Denkmal- Bibliothekskongress Leipzig wie energetische Fragen, Komfort und schutz sieht sich mit zwei Hauptprob- Barrierefreiheit im Vordergrund ste- lemen konfrontiert. Dass die Einschät- Heft 04/2019 hen, sind es bei öffentlichen Gebäuden zung des Denkmalwerts eines Gebäu- Fake News wie auch Bibliotheken sich wandelnde des durchaus nicht unumstritten ist, funktionale Ansprüche. Erfüllt das Ge- zeigt sich in Deutschland insbeson- Heft 05/2019 bäude diese nicht mehr, stellt sich die dere in Bezug auf das bauliche Erbe der Umbau im historischen Bestand Frage, ob und wie eine Anpassung er- zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. folgen kann. Die Ästhetik der Nachkriegsarchitektur Heft 06/2019 sowohl der Bundesrepublik als auch Streitfall rechte Literatur Der Überblicksbeitrag widmet sich der DDR ist für viele Menschen nicht den unterschiedlichen Aspekten des greifbar und oft wird als denkmal- Heft 07/2019 baulichen Denkmalschutzes von Bi- würdig nur erkannt, was auch gefällt. Partizipation bliotheken. Dabei werden die Biblio- Ein Denkmalschutz, der seiner Ver- thek als Baudenkmal, die Bibliothek pflichtung zur Bewahrung schutzwür- Heft 08-09/2019 im Baudenkmal und einleitend kurz diger Objekte nachkommt, kann aber Internationalisierung auch das Baudenkmal ohne seine Bi- nicht den vordergründig ästhetischen bliothek unterschieden.

266 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Das Baudenkmal ohne seine Bibliothek

2017 wurden bei der archäologischen Erkundung eines Bauge- ländes in der Kölner Innenstadt Grundmauern eines römischen Gebäudes entdeckt, die sich einer Zuordnung zunächst entzo- gen. Erst nach genauerer Untersuchung stellte die zuständige Bodendenkmalpflege dann fest, dass man es mit den Überres- ten der ältesten bis dahin bekannten Bibliothek auf deutschem Boden zu tun hatte. So erwartbar der Fund römischer Über- reste bei Bauarbeiten in der Kölner Innenstadt war, so sensati- onell war die Entdeckung einer öffentlichen Bibliothek an zen- traler Stelle der antiken Stadt. Entsprechend wurden auch die Baupläne der evangelischen Kirchengemeinde an den Fund an- gepasst.1 Über die in dieser Bibliothek verfügbaren Schriftrol- len kann allerdings nur spekuliert werden. Noch (restauriert) im Bestand erhalten ist zum Beispiel das Gebäude der Liberei in Braunschweig, der älteste freistehende Bibliotheksbau in Deutschland. Hier, wie auch in anderen ver- gleichbaren ehemaligen Bibliotheken ist der ursprüngliche in- stitutionelle Zusammenhang nicht mehr vorhanden. Erfolgt keine museale Nutzung, zu der ich, wie es bei vielen Klosterbi- Ein prominentes deutsches Beispiel für die denkmalgerechte bliotheken der Fall ist, auch die Aufstellung ursprünglich nicht Sanierung beziehungsweise Restaurierung einer Bibliothek ist die in den Bibliotheksräumen vorhandener Bestände zu Dekorati- Bibliotheca Albertina in Leipzig. Hier ist das Treppenhaus zu sehen. Foto: Eigenbrodt onszwecken zählen würde, ist es oft schwierig, den ursprüng- lichen Zweck des Gebäudes noch nachzuvollziehen. Allgemein ist es wegen der funktionsbestimmten Typolo- Schwierigkeiten und mit allerhand Kompromissen organisier- gie von Bibliotheksgebäuden oft schwierig, ohne wesentliche bar ist, spielte dabei in der öffentlichen Wahrnehmung weni- Umbauten eine Nachnutzung zu finden. So hat das British Mu- ger eine Rolle. seum den berühmten runden Lesesaal nach dem Auszug der Ein Sonderfall ist die Nachnutzung von Bibliotheksgebäu- British Library und der Eröffnung des Grand Court zunächst den durch Bibliotheken, die mit der ursprünglichen Einrich- als Raum für Wechselausstellungen genutzt. Derzeit ist er je- tung institutionell nichts zu tun haben. Dies ist zum Beispiel doch geschlossen und wartet auf ein neues Nutzungskonzept. beim Schloss Hohenheim der Fall, wo die ehemalige herzogli- Ein Beispiel ist hier auch die, noch teilweise von der Bib- che Handbibliothek heute einer der Lesesäle der Bereichsbi- liothek genutzte, »Alte« Universitätsbibliothek in Gießen. Der bliothek im Schloss ist. Abgesehen von restaurierten Einbau- als herausragender Bibliotheksbau der unmittelbaren Nach- schränken und -regalen sowie dem Figurenschmuck ist die ori- kriegszeit unter Schutz stehende Komplex hat unter anderem ginale Ausstattung aber nicht erhalten. einen Magazinturm mit selbsttragender Regalanlage, der aus- Auch die ehemalige Königliche Bibliothek in Berlin wird schließlich seinem ursprünglichen Zweck entsprechend ge- heute teilweise als Bibliothek genutzt. Das Gebäude beher- nutzt werden kann sowie einen Lesesaaltrakt, der sich in sei- bergt mit der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universi- ner ursprünglichen Fassung mit zwei eingesetzten Emporen zu- tät auch die Zweigbibliothek Rechtswissenschaft. Beim Wie- mindest einer unmittelbaren Nachnutzung entzieht. deraufbau des vollständig ausgebrannten Gebäudes nach dem Dass eine enge Verbindung von Bibliothek und zugehöri- Krieg wurde ein Lesesaal eingerichtet, dessen markanteste Aus- gem Gebäude aber nicht nur funktionale Aspekte hat, sondern stattung – ein Buntglasfenster zum Gedenken an Lenin als ehe- unmittelbar auch eine Frage der Identität sein kann, zeigt die maligen Leser der Königlichen Bibliothek – inzwischen selber lebhaft geführte Debatte um den Auszug der Stadtbibliothek wieder ein Denkmal seiner Zeit ist. Diese Bibliotheken in denk- Wolfsburg aus dem von Alva Aalto gebauten Kulturhaus und malgeschützten Gebäuden ehemals anderer Bibliotheken sind dessen potenzielle Nachnutzung. Nicht nur sind Aaltos Biblio- verbunden mit Bibliotheken, die in ihren denkmalgeschützten theken von der Raumfolge bis in die Details der Ausstattung so Gebäuden untergebracht sind. konzipiert, dass eine anderweitige Nachnutzung ohne die Zer- störung des ursprünglichen Gesamtzusammenhangs nahezu ausgeschlossen ist, die Bevölkerung der Stadt hatte Aaltos Idee, Die Bibliothek als Baudenkmal die Bibliothek zum Herz des multifunktional gedachten Kultur- zentrums zu machen, soweit verinnerlicht, dass ein Auszug der Der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek 2004 war unter ande- Bibliothek aus dem Gebäude mehrheitlich abgelehnt wurde. rem deshalb so verheerend, weil hier der als Kulturdenkmal ge- Die Tatsache, dass hier, wie bei anderen Bibliotheken Aaltos schützte einmalige Bestand und das zugehörige Baudenkmal auch, ein zeitgemäßer Bibliotheksbetrieb nur unter größeren in ihrem Zusammenhang getroffen wurden. Diese nur noch

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seltene Einheit von Bestand und Gebäude macht den heraus- Sachbearbeiter kennen. Selbst für kleinere Umbauten und Mo- ragenden Wert dieses Denkmals aus. Anders als der – durch dernisierungen im Alltag ist es wichtig zu wissen, was genau ein modernes Studienzentrum ergänzte und vorwiegend mu- am genutzten Gebäude für schützenswert erachtet wird und seal genutzte – Rokoko-Saal werden viele denkmalgeschützte wie die jeweiligen Genehmigungsverfahren ablaufen. Bezieht Bibliotheksgebäude bis heute intensiv genutzt. Dies führt zu sich der Schutz auf ein Ensemble, das Einzelgebäude oder so- Widersprüchen zwischen der Erhaltung des Baudenkmals – gar nur Teile davon? Was darf man ohne Weiteres verändern, zu dem im Falle von Bibliotheken fast immer auch funktio- was nicht? nale Details wie Regalanlagen und historische Lesesäle gehö- Bei größeren Maßnahmen ist die Einbeziehung des Denk- ren – und der zeitgemäßen räumlichen Weiterentwicklung der malschutzes schon in der Konzeptionsphase entscheidend. Bibliotheken. Es kann durchaus vorkommen, dass sich der Schutz auf Doch auch generelle Anforderungen an zeitgemäße öffent- nahezu alle Teile eines Gebäudes bezieht. Dies ist insbeson- liche Gebäude wie Brandschutz und Barrierefreiheit können dere bei historischen Gebäuden der Fall, aber auch bei Bau- in Widerspruch zu Anforderungen des Denkmalschutzes ste- ten, die, wie etwa die Bibliotheken des bereits genannten Al- hen. So sind die selbsttragenden Regalanlagen des 19. und 20. var Aalto, bis ins Detail der Ausstattung aus einer Hand geplant Jahrhunderts aufgrund ihrer vertikal und horizontal offenen sind. So ist etwa die Universitätsbibliothek der Aalto-Universi- Bauweise aus Sicht des Brandschutzes extrem kritisch zu se- tät in Finnland vom Namensgeber selber entworfen. Die Biblio- hen. Andererseits besitzen aber insbesondere geschlossen er- thek ist hierbei Teil einer gesamtheitlichen Campusgestaltung, haltene Anlagen einen Denkmalwert, da sie exemplarisch den die Aalto als Alumnus der damaligen Technischen Hochschule Stand der zeitgenössischen Magazintechnik und -funktion zei- federführend begleitet hat. Aalto, der in Finnland sowieso gen. Der als Ersatzmaßnahme für bauliche Eingriffe denkbare als nationale architektonische Ikone gilt, ist also in mehrfa- cher Hinsicht mit dem Gebäude und der baulichen Umgebung verbunden. Wie in allen von Aalto entworfenen Bibliotheken finden sich hier über das Haus verteilt unterschiedliche Arbeitsplatz- typen in einer Lernlandschaft. Diese Grundauffassung vom Bibliotheksraum teilte Aalto mit seinem deutschen Kollegen Hans Scharoun, der sie in der Staatsbibliothek an der Potsda- mer Straße in Berlin verwirklichte. Den Anforderungen an zeit- gemäße studentische Lern- und Arbeitsräume genügt die Bib- liothek jedoch nicht mehr. Ein Umbau der Bibliothek schied jedoch wegen der unvermeidlichen deutlichen Eingriffe in das Werk Aaltos aus. Daher entschloss man sich, die Bibliothek als Raumfolge für das konzentrierte Arbeiten weiterhin zu nut- zen, andere Lern- und Arbeitsformen aber in neu erschlosse- nen Campusbereichen unterzubringen. Eine ähnliche Situation der mehrfachen symbolischen Auf- ladung einer denkmalgeschützten Bibliothek liegt bei der Mar- Kompromisse zwischen Brandschutz, Bestandsschutz und tin Luther King Jr. Library in Washington D.C. vor. Sie ist nicht Denkmalschutz: alte Regalanlage in der BNU Straßburg. Foto: nur ein Denkmal für den vier Jahre vor der Eröffnung des Hau- Eigenbrodt ses ermordeten Bürgerrechtler, sondern als Entwurf des drei Jahre vor der Eröffnung verstorbenen deutsch-amerikanischen Einsatz einer Sprinkleranlage zur schnellen Bekämpfung ent- Architekten Mies van der Rohe auch ein Spätwerk eines der stehender Brände bedeutet wiederum ein Risiko für den in den prägenden Architekten der Moderne. Sanierung und Umbau Magazinen verwahrten Bestand. Dieses Dilemma lässt sich müssen also in zwei Richtungen sensibel sein. Einerseits muss nur durch Kompromisse lösen, die immer die Faktoren Denk- das Gebäude dem offenen und demokratischen Geist der Bür- malschutz, Brandschutz und Bestandsschutz in Betracht zie- gerrechtsbewegung verpflichtet bleiben und davon insbeson- hen müssen. Im Umgang mit dem Denkmalschutz ist es hier dere die afroamerikanische Bevölkerung überzeugen, die sich wichtig, die entsprechenden Stellen frühzeitig in die Planung stark mit der Bibliothek und ihrem Namensgeber identifiziert, einzubeziehen. andererseits muss sie die typischen Merkmale des Stils van der Dies gilt auch für funktionale Anpassungen denkmalge- Rohes respektieren und gleichzeitig Räume für moderne Bib- schützter Gebäude. Da der Denkmalschutz in der Bundesre- liotheksarbeit schaffen. Eine der vom niederländischen Büro publik Deutschland Ländersache ist, sind die gesetzlichen Re- Mecanoo angewandten Strategien ist dabei eine Reversibilität gelungen, örtlichen und überörtlichen Zuständigkeiten sowie aller vorgenommenen Einbauten. die Abläufe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Ein prominentes deutsches Beispiel für die denkmalge- Als Nutzer von denkmalgeschützten Gebäuden sollte man rechte Sanierung beziehungsweise Restaurierung einer Bi- seine zuständigen Stellen und idealerweise auch die jeweiligen bliothek ist die Bibliotheca Albertina in Leipzig.2 Seit seiner

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Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war der größte Teil des Ge- bäudes über Jahrzehnte eine Ruine. Erst ab 1992 konnte die Olaf Eigenbrodt ist Leiter der Bibliothek wieder aufgebaut werden. Dabei wurden Teile nach Hauptabteilung Benutzungs- alten Vorbildern rekonstruiert, Teile neu errichtet, wie etwa dienste, Beauftragter für Bau die Lesebereiche in den überdachten Atrien, und stellenweise und Sicherheit sowie Vertre- wurde alter Bestand wiederhergestellt, sodass die für damalige ter der Fachaufsicht an der Verhältnisse moderne Bibliothek deutlich die Identität und Ge- Staats- und Universitätsbib- schichte des Baudenkmals aufgreifen konnte. liothek Hamburg Carl von Os- sietzky. Er forscht zu Fragen von Bibliotheksbau und -technik, Bi- Bibliothek im Baudenkmal bliothekssoziologie, Konvergenz materieller und digitaler Angebote sowie zum Innovations- Die dritte hier zu nennende Kategorie sind Bibliotheken, die management in Bibliotheken. Als Lehrbeauftragter unter- sich in umgenutzten denkmalgeschützten Gebäuden befinden. richtet er an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie an Hierzu gehören Industrie- und Lagergebäude, Kirchen, Feuer- der Bayerischen Bibliotheksakademie in München. Er ist wachen, Kaufhäuser, Verwaltungsgebäude und viele mehr. Ne- Mitglied nationaler und internationaler Beiräte und Kom- ben der generellen Frage der Eignung eines Bestandsgebäudes missionen und ist einer der Herausgeber dieser Zeitschrift. für die Bibliotheksnutzung spielt der Denkmalschutz hier noch einmal eine besondere Rolle.3 In welcher Weise kann zum Bei- spiel der ursprüngliche Charakter eines Baudenkmals, das ja Aufwertung von Bestandsgebäude und Bibliothek jedoch ge- einen wesentlichen Teil seiner Denkmalwürdigkeit ausmacht, lingt, ist wesentlich von der grundsätzlichen Eignung des Bau- erhalten bleiben. So findet man in ehemaligen Industriehallen denkmals und – sollte diese gegeben sein – von einer durch- wie der Bibliothek der Brandenburgischen Technischen Univer- dachten Planung abhängig, die sensibel mit dem Bestand um- sität Wildau oder der Bibliothek der Züricher Hochschule für geht und gleichzeitig die Bedürfnisse der bibliothekarischen Angewandte Wissenschaften in Winterthur noch deutliche Re- Arbeit berücksichtigt. miniszenzen an ihre frühere Funktion als Produktionsort für Die traditionell enge Assoziation von Bibliotheken mit kul- Lokomotiven beziehungsweise Schiffsantriebe. In anderen Fäl- tureller Überlieferung und der Charakter nicht weniger Bib- len, wie der Stadtbibliothek von Annaberg-Buchholz, die in ei- liotheksbestände als bewegliches Kulturdenkmal legt auf den nem als spätmittelalterlichem Bürgerhaus, das später als Gast- ersten Blick eine Verbindung von Bibliothek und Baudenkmal haus genutzt wurde, untergebracht ist, wird deutlich, dass die nahe. Nutzen Bibliotheken jedoch Baudenkmale, so stehen sie geschützte Raumaufteilung des alten Gebäudes für einen zeit- häufig vor dem Problem, dass Nutzungs- und Funktionsanpas- gemäßen Bibliotheksbetrieb zumindest hinderlich ist. sungen des Gebäudes schwieriger sind als herkömmlich. Dies Neben einer genauen Prüfung, ob und wie sich ein denk- gilt sowohl für Bibliotheksgebäude, die Baudenkmale sind, als malgeschütztes Bestandsgebäude für die Wiederverwendung auch für die Nachnutzung von Baudenkmalen durch Bibliothe- als Bibliothek eignet, ist also auch hier eine frühzeitige Abstim- ken. Einerseits ist die Gemengelage denkmalrechtlicher Vor- mung mit dem Denkmalschutz notwendig. Gerade in diesen schriften und individuell auf den Denkmalwert des einzelnen Fällen wird die Umnutzung des Baudenkmals für einen kul- Gebäudes angepasster Auflagen nicht immer einfach zu durch- turellen Zweck jedoch sehr häufig politisch entschieden. Mit schauen, andererseits wirken Baudenkmale vielfach identitäts- der Sanierung und der Unterbringung einer Kultur- und Bil- bildend in die Gesellschaft hinein. Letzteres kann schon in der dungseinrichtung wie der Bibliothek tut man vermeintlich so- Planungsphase eines Umbaus oder einer Modernisierung zu wohl dem Gebäude als auch der einziehenden Einrichtung et- Diskussionen führen, bei denen es weniger um die (geplante) was Gutes. Ob die erhoffte Revitalisierung und gegenseitige Bibliotheksfunktion eines Gebäudes, sondern um seinen Sta- tus als Ort der Identifikation und Projektion geht. Dabei exis- tieren sowohl Beispiele denkmalgerechter und bibliothekarisch 1 Martin Oehlen: Bei Bauarbeiten: Archäologen entdecken in gelungener Projekte als auch Beispiele des Scheiterns. Generell Köln älteste Bibliothek Deutschlands. In: Kölner Stadtanzei- gilt es, das vielfach von Besitzern denkmalgeschützter Gebäude ger 25.07.2018, online abrufbar https://www.ksta.de/kultur/ bei-bauarbeiten-archaeologen-entdecken-in-koeln-aelteste-biblio gepflegte Feindbild des Denkmalschutzes als Verhinderer und thek-deutschlands-31008560. Letzter Aufruf 3.4.2019 Kostentreiber nicht zu übernehmen, sondern den Denkmal- 2 Vgl. hierzu Claudia Leonore Täschner: Die bauliche Entwicklung schutz als Partner in einem Prozess der behutsamen baulichen der Bibliotheca Albertina, ihre Zerstörung und ihr Wiederaufbau. Anpassung zu sehen. In: Ekkehard Henschke (Hrsg.): Die Bibliotheca Albertina in Leip- zig. Festschrift zum Abschluss des Wiederaufbaus 2002, München 2002, S. 53-74 Ein Video in der BuB-App stellt die symbolträch- 3 Zu generellen Fragen der Umnutzung von Bestandsgebäuden und für entsprechende Beispiele siehe Petra Hauke; Klaus Ulrich tige, denkmalgeschützte Martin Luther King Jr. Werner (Hrsg.): Secondhand aber exzellent! Bibliotheken bauen Library in Washington D.C. vor. im Bestand, Bad Honnef 2011

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Eine der frühen Fabrikbauten der Stadt Chemnitz, die Aktienspinnerei, in einer Aufnahme aus dem Jahr 1890. Foto: Stadtarchiv Chemnitz

Angela Malz Erst Spinnerei, dann Universitätsbibliothek  Aus der Alten Aktienspinnerei wird die Universitätsbibliothek Chemnitz

Für die Universitätsbibliothek und das Universitätsarchiv Nutzung benötigen, um nicht zu verfallen. Eines dieser Ge- Chemnitz wird ein alter Industriebau modernisiert – die bäude ist die denkmalgeschützte Alte Aktienspinnerei am Alte Aktienspinnerei. Das Gebäude behält den Charakter Rande des Stadtzentrums. eines Fabrikgebäudes aus dem 19. Jahrhundert und wird Die Alte Aktienspinnerei wurde im Baustil des histori- eine moderne Bibliothek beherbergen, die rund um die Uhr schen Eklektizismus um 1858 erbaut. Der Architekt Fried- geöffnet haben wird. Es entsteht eine sehr besondere Bib- rich Theodor Roschig hatte das Gebäude aufgrund der Brand- liothek, die nicht nur ein Speicher für gedruckte und elek- gefahr ganz aus Eisen und Stein projektiert und auf Holz als tronische Medien ist, sondern vielmehr eine Atmosphäre Baumaterial verzichtet. Das Gebäude zählte damals zu den bietet, in der sich wissenschaftlich interessierte Menschen brandsichersten der Stadt Chemnitz. Mit 60 000 Spindeln treffen, gedruckte und digitale Informationen finden, mit- war sie die größte Spinnerei Sachsens. Anfang des 20. Jahr- einander diskutieren und neue Ideen entwickeln können. hunderts zog die Spinnerei aus dem Gebäude aus, weil es für die Menge des zu produzierenden Garnes zu klein geworden war. Im 2. Weltkrieg wurde das Haus stark beschädigt und verlor Die Geschichte der Alten Aktienspinnerei die oberste Etage. Nach dem Krieg bekam das Gebäude ein Not- dach und erlebte eine vielfältige Nutzung: unter anderem als In Chemnitz gibt es eine Reihe von Industriegebäuden, die Kaufhaus, Puppenbühne, Stadtbibliothek, Bürogebäude und im 19. Jahrhundert gebaut wurden, in denen schon lange nach der Jahrtausendwende auch als Galerie. Dann stand das keine Produktion mehr stattfindet und die dringend eine neue Gebäude leer und verfiel zusehends.

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ANZEIGE Die bauliche Situation der Universitätsbibliothek Chemnitz

Die Universitätsbibliothek (UB) Chemnitz ist aktuell dezentral an drei Standorten untergebracht und keines der Gebäude ist als Bibliotheksgebäude gebaut worden. Das Konzept »Biblio- thek als Lern- und Kommunikationsort« kann nur sehr punk- tuell umgesetzt werden, weil dafür die räumlichen Vorausset- zungen fehlen. Obwohl der Zugang an gedruckten Büchern in den letzten Jahren rapide zurückgegangen ist und der Fokus des Bestandsmanagements auf dem Ausbau der Digitalen Bi- bliothek liegt, fehlt auch der Platz für gedruckte Medien. An einer Änderung der Situation wurde schon sehr lange gearbei- tet. Es gab viele Pläne für einen Bibliotheksneubau oder -um- bau, die letztlich aber alle scheiterten. Das Universitätsarchiv – seit 2014 eine Abteilung der UB – platzt seit Langem aus allen Nähten und nutzt ver- schiedene Flächen der TU Chemnitz an drei verschiedenen Universitätsstandorten.

Die Alte Aktienspinnerei als Universitätsbibliothek

Die Idee, die Alte Aktienspinnerei zur Zentralbibliothek der TU Chemnitz umzubauen, entstand während der Bewer- bungsphase zur »Stadt der Wissenschaft« im Jahr 2010. Ein Thema dieser Bewerbung war die Herausforderung »Denken im Zentrum«. Nicht nur die Universitätsbibliothek ist auf mehrere Stand- orte verteilt, auch die Universität selbst besteht aus mehreren Teilen, die über das Stadtgebiet verstreut sind. Mit der Idee, die Universitätsbibliothek in der Alten Aktienspinnerei unter- zubringen, ist auch der Plan verbunden, studentisches Leben in die Innenstadt zu bringen. So soll der an die Aktienspinnerei angrenzende Stadtteil »Brühl« wieder zum Leben erweckt und studentisches Leben in generationsübergreifendes Wohnen in- tegriert werden. Die Universitätsbibliothek soll der Motor der Stadtentwicklung sein.

Im Jahr 2012 wurde ein europaweiter Wettbe- werb zum Umbau der Alten Aktienspinnerei gestartet. In der Ausschreibung gab es die klare Vorgabe, dem Haus seine alte Kubatur wiederzugeben und den Stil eines Industriege- inklusive bäudes zu belassen. WebOPAC und Bibliotheks-Portal Chemnitz hat den Titel »Stadt der Wissenschaft« nicht bekom- men. Aber die Idee, die Aktienspinnerei in die Universitäts- bibliothek zu verwandeln, hat überlebt. Der erste Schritt zur Tel.: 08 21/44 00 9 -0 Verwirklichung dieser Idee wurde 2011 gemacht. Der Frei- www.datronic.de staat Sachsen erwarb das Gebäude und damit war der Weg info@ datronic.de frei, die Alte Aktienspinnerei zur Universitätsbibliothek um- zubauen. Im Jahr 2012 wurde ein europaweiter Wettbewerb zum Umbau der Alten Aktienspinnerei gestartet. In der Aus- schreibung gab es die klare Vorgabe, dem Haus seine alte

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Der Mittelbau der Alten Aktienspinnerei in Chemnitz wurde vollkommen entkernt. Foto: TU Chemnitz/Müller.

Kubatur wiederzugeben und den Stil eines Industriegebäudes Bauliche Ausstattung zu belassen. Aus den 117 Bewerbern aus mehreren europäischen Län- Im Sommer 2015 konnte mit dem Wiederaufbau und dem Aus- dern, die sich für diese Planungsaufgabe beworben hatten, bau der erhaltenen Gebäudeteile begonnen werden. wurden 30 Büros zur Teilnahme ausgewählt. Davon reichten Wie im Wettbewerb gefordert, entsteht das Haus wieder in 26 ihren Entwurf für den Wettbewerb ein. seiner ursprünglichen Kubatur. Diese besteht aus einem zent- Am 31. Januar 2013 fällte die Jury unter dem Vorsitzen- ralen fünfgeschossigen Mittelbau sowie zwei langgestreckten, den Paul Kahlfeldt die Entscheidung, den Entwurf der Bieter- viergeschossigen Seitenflügeln mit Satteldach und markanten gemeinschaft Lungwitz, Heine, Mildner (Dresden) und Rabe Ecktürmen. (Berlin) auf Platz 1 zu setzen. In der Begründung stand: »Der An den Mittelbau wird der Magazinanbau gesetzt, weil Ma- ehrliche und sensible Umgang mit der historischen Bausubs- gazinräume aufgrund der fehlenden Fläche im ursprünglichen tanz und deren Erweiterung ist sehr gelungen. Die konsequente Gebäude nicht unterzubringen waren. Die Fassade entsteht und zeitlose Formulierung wird sowohl in der Fassade als auch wieder nach historischem Vorbild. Die Magazinerweiterung in den Innenräumen fortgesetzt. Die historische Bausubstanz wird optimal genutzt und erweitert. Es ist eine klare Trennung von individuellen Arbeitsplätzen und Gruppenräumen zu er- kennen. Abgerundet wird die Nutzung durch die zentrale Plat- zierung der Leseräume.« Der Umbau des Gebäudes begann mit Abbruch und Entker- nung. Die verschiedenen Nutzungen hatten Spuren hinterlas- sen und es gab jede Menge Ein- und Anbauten, die entfernt werden mussten. Leider konnten auch nicht alle Gebäudeteile erhalten bleiben. Der Mittelbau sowie die äußeren Giebelfel- der der Seitenflügel wurden vollständig entkernt. Insgesamt wurden mehr als 6 500 Tonnen Bauschutt – zum großen Teil in Gut zu erkennen ist die historische Ausstattung: Säulen, Gewölbe- Handarbeit – geräumt. decke und Tragekonstruktion. Foto: TU Chemnitz/Steinebach.

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des Mittelbaues erhält eine Vorhangfassade aus Betonfertigtei- len, die sich in das Gesamtbild einfügt. Alle Fenster erhalten eine Sprossengliederung – so wie schon 1858. Auch im Inneren des Gebäudes wird der industrielle Cha- rakter des Gebäudes erhalten. Die historische Tragkonstruktion der Seitenflügel mit Gusseisenstützen und -trägern, Spannglie- dern und Gewölbekappen werden wieder instand gesetzt. In den Seitenflügeln werden sich die Freihandbereiche mit integ- rierten Leseplätzen befinden. An den Giebelseiten sind die Bü- ros untergebracht. Im Mittelteil befinden sich in der Reihenfolge der Geschosse Foto: ARGE Aktienspinnerei – beginnend mit dem Untergeschoss – die Garderobe, ein groß- zügiges Foyer, der Ausleih- und Auskunftsbereich, ein Lesesaal Universitätsbibliothek TU Chemnitz mit Empore und Carrels. Im neuen Haus wird es viele »Hingucker« geben. Dazu ge- Anschrift: hören der schon genannte Lesesaal über drei Etagen, der ein Aktuell: 09111 Chemnitz , Straße der Nationen 62 Dach aus Glas haben wird, ein Lesegarten und das Erdgeschoss nach dem Umzug: 09111 Chemnitz , Straße der Nationen 33 des Ostflügels. Dort entsteht ein variabel gestaltbarer Lese- und Kommunikationsbereich. Außerdem wird es vier Gruppenar- Homepage: www.tu-chemnitz.de/ub/ beitsräume geben, die mit verschiebbaren Wänden versehen sind. Bei Bedarf können sie in unterschiedlich große Veranstal- Einwohnerzahl Chemnitz: 246 350 Einwohner (2016) tungsflächen umgewandelt werden, die über einen gesonder- ten Eingang und ein kleines Foyer betreten werden können. Träger: Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) Auch wenn die Hülle des Gebäudes nach altem Vorbild aufgebaut wird, wird es im Inneren eine Fläche: 12 354 m² Hauptnutzfläche moderne technische Ausstattung geben, die davon 8 520 m² Freihand/Lesen den zeitgemäßen Anforderungen an eine davon 732 m² Verwaltung davon 2 779 m² Magazin Bibliothek entspricht. davon 323 m² Sonstige

Nahe am Chemnitzer Hauptbahnhof gelegen und mit dem Cam- Kosten: 49,5 Millionen Euro pus Reichenhainer Straße durch eine Straßenbahn verbunden, die im Zehn-Minuten-Takt fährt, ist die neue Universitätsbiblio- Planung/Architekt/Gestaltung: ARGE Aktienspinnerei thek gut zu erreichen. Der Haupteingang an der Südseite ist der Innenstadt zugewandt und durch die axiale Ausrichtung Rich- Bestand: 1 081 234 gedruckte Bücher und Zeitschriften tung Schillerplatz und Kunstsammlungen ist der Anschluss an (Stand 31.12.2018) das Stadtzentrum gegeben. In der Alten Aktienspinnerei entsteht eine Bibliothek, die Etat: 6,1 Millionen Euro (Stand 31.12.2018) mehrere Aufgaben haben wird. Sie ist der Lernort und Treff- punkt der Studierenden und Mitarbeitenden der TU Chem- Personal: 55,21 Vollzeitäquivalente nitz. Sie hält mehr als 700 Plätze für alle Lerngewohnheiten vor. Der klassische Lesesaal lädt zum stillen und konzentrier- Öffnungszeiten: in der Aktienspinnerei 24/7 ten Arbeiten ein und im Freihandbereich finden sich sowohl Leseplätze zum Anlesen als auch Stehplätze und Leseland- schaften. Gruppenarbeitsräume mit variablen Möbeln und Technische Ausstattung Carrels für konzentrierte Einzelarbeit runden das Arbeits- platzangebot ab. Auch wenn die Hülle des Gebäudes nach altem Vorbild aufge- Als öffentliche Bibliothek will sie aber auch der Anlauf- baut wird, wird es im Inneren eine moderne technische Aus- punkt für den an wissenschaftlicher Information interessierten stattung geben, die den zeitgemäßen Anforderungen an eine Bürger aus Chemnitz und Umgebung sein. Sie ist gleichzeitig Bibliothek entspricht. Der Mittelbau wird voll klimatisiert, die das Informationszentrum für die in Chemnitz und Umgebung Seitenflügel erhalten eine Lüftungsanlage. ansässigen Unternehmen. Damit wird die UB die Öffnung der An der Schnittstelle zwischen Altbau und Magazinanbau Universität nach außen sein. Durch die Koppelung der Univer- befindet sich eine Buchtransportanlage, die als Vertikalsys- sitätsbibliothek mit dem Universitätsarchiv ist die UB auch die tem alle sechs Nutzungsgeschosse der Bibliothek verbindet. Bewahrerin der Geschichte der TU Chemnitz. Diese Buchtransportanlage, die mit zwei Rückgabeautomaten

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Im Mittelbau der Bibliothek in der Aktienspinnerei wird sich ein großzügiges Foyer befinden. Foto: ARGE Aktienspinnerei

gekoppelt ist und sechs Mitarbeiter-Rückgabeplätze haben wird, ist mit 25 Telelift-Fahrzeugen ausgestattet, die jedes Me- dium einzeln und schonend in die jeweilige Etage befördern. Die angewendete Technologie ist so interessant, dass sich Bi- bliotheken weltweit dafür interessieren. Plätze für die Selbst- verbuchung der Medien, leistungsfähige Multifunktionsgeräte, moderne PC-Arbeitsplätze, ein leistungsfähiges WLAN und ein intelligentes Türzugangs- und Raumreservierungssystem kom- plettieren die technische Ausstattung.

In Vorbereitung des Umzuges steht die UB Chemnitz vor der Herausforderung, die Arbeits- abläufe so zu planen, dass die Bibliothek zwölf Stunden pro Tag auch ohne Bibliotheksperso- nal gut funktionieren kann.

Natürlich wird es Aufzüge für die Nutzer geben und zwei Klein- güteraufzüge an den Giebelseiten der Seitenflügel, die die Bü- ros vertikal verbinden. Ein weiterer Kleingüteraufzug befindet sich im Magazinraum des Archives, das mit einem zweigeschos- sigen Regal ausgestattet ist.

24/7

Die Erwartungen an die neue Universitätsbibliothek sind Ein Highlight der neuen Bibliothek wird ein Lesesaal über drei Etagen groß. Deshalb wird die Bibliothek nicht nur ein besonde- sein, der ein Dach aus Glas haben wird. Foto: ARGE Aktienspinnerei res Haus nutzen, sondern auch eine besondere Öffnungszeit

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haben, nämlich 24/7, das heißt sie hat rund um die Uhr die Universitätsbibliothek die Schlüssel für das Gebäude be- geöffnet. kommen. Danach muss die Bibliothek möbliert werden und In Vorbereitung des Umzuges steht die UB Chemnitz des- weit über eine Million Bücher und Zeitschriften, 3,3 Kilometer halb nicht nur vor der Herausforderung, aus drei Bibliothe- Akten des Archives, mehrere Hundert PC, Bildschirme, Dru- ken eine zu machen und die Bestände des Universitätsarchi- cker, Scanner und alle Büromaterialien der Mitarbeiter müs- ves wohlgeordnet in einem Magazin unterzubringen, sondern sen umziehen. auch die Arbeitsabläufe so zu planen, dass die Bibliothek zwölf Wenn alles fertig ist, steht eine Bibliothek zur Verfügung, Stunden pro Tag auch ohne Bibliothekspersonal gut funktio- die nicht nur ein Speicher für gedruckte Bücher ist, sondern nieren kann. Geplant ist, dass die Bibliothek in der Zeit von vielmehr ein Raum, in dem sich an Wissenschaft interes- 20 Uhr bis 8 Uhr als Selbstbedienungsbibliothek genutzt wer- sierte Menschen treffen, diskutieren und lesen können, in den kann. dem neue Ideen entstehen werden und gedruckte und digi- tale Medien aller an der TU Chemnitz vertretenen Fächer zu Wenn alles fertig ist, steht eine Bibliothek benutzen sind – und das in einem Gebäude, das besonders zur Verfügung, die nicht nur ein Speicher für sein wird. gedruckte Bücher ist, sondern vielmehr ein Raum, in dem sich an Wissenschaft interessierte Menschen treffen, diskutieren und lesen können. Angela Malz ist seit 2006 die Direk- torin der UB Chemnitz. Vorher arbei- Ausblick tete sie in verschiedenen Positionen in dieser Bibliothek. Das Thema Bi- Der Bau ist schon weit vorangekommen. Die Fassade erstrahlt bliotheksbau begleitet sie seit ihrer im alten Glanz und die Gerüste sind fast vollständig abgebaut. Amtsübernahme. Der Innenausbau ist auf der Zielgeraden und Ende 2019 soll

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Da ist Musik drin! Das neue Bibliothekssystem Koha macht die tolle Musik- bibliothek der Stadtbücherei Neumünster erst so richtig sichtbar: sb-neumuenster.lmscloud.net [email protected] • www.lmscloud.de

BuB 71 05/2019 275 Im Jahre 2012 beschloss die Gemeinde Kirchzarten den Umbau und die Renovierung der beiden Talvogteischeunen zu einer Mediathek sowie zu einer Verwaltungsscheune mit Bürgersaal. Foto: Willi Loba

Petra Süppel Zentrale Ortslage mit besonderer Atmosphäre

Neue Mediathek in der historischen Talvogtei Kirchzarten wird sehr gut angenommen

In der rund 10 000 Einwohner zählenden Gemeinde Kirchzarten im Her- zen des Dreisamtals, elf Kilometer östlich von Freiburg im Breisgau, wird schon lange keine Landwirtschaft mehr im ursprünglichen Ortskern, der Talvogtei, betrieben. Dennoch sind die Scheunen in diesem Areal erhal- ten geblieben, beherbergten bis zuletzt den jährlich stattfindenden Dorf- hock und stehen seit ihrer Erbauung weitgehend unverändert inmitten der kleinteiligen Siedlungsstruktur (Haufendorf). Als Baudenkmäler bo- ten die beiden Scheunen, errichtet um 1830, reichlich Anschauungsstoff in Sachen »lokaler Baukultur«, doch die fortschreitende Zeit des Leer- standes drängte nach Veränderung.

276 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Idee

Im Jahre 2012 beschloss die Gemeinde Kirchzarten den Um- bau und die Renovierung der beiden Talvogteischeunen zu ei- ner Mediathek sowie zu einer Verwaltungsscheune mit Bürger- saal, mit der gezielten Absicht, die für die Identität des Ortes wichtigen Bauten zu erhalten und den ursprünglichen Dorf- kern wiederzubeleben.

Von Anfang an: Planen und Bauen im Team

Vor dem Hintergrund dieser anspruchsvollen Aufgabenstellung stellte sich von Anfang an die Frage, wie die zukünftigen Nut- Loba Willi Foto: zer/innen, Architekt/-innen, die Verwaltung sowie die kommu- nalen politischen Gremien gemeinsam ein gelungenes Baupro- jekt entwickeln können. Wie lässt sich ein Projekt – welches Mediathek eine Nutzungsdauer von voraussichtlich mehr als 50 Jahren hat – zukunftsorientiert gestalten? In Kirchzarten fiel die Entschei- Kirchzarten dung, hierfür eine Projektlenkungsgruppe mit Vertretern der vorgenannten Akteure einzurichten, mit dem Ziel, die jeweili- gen Perspektiven zu beleuchten und auf das gemeinsame Ziel Anschrift: Talvogteistraße 5, 79199 Kirchzarten hin zusammenzuführen. Einwohnerzahl Kirchzarten: 9 850 Einwohner

Herausforderungen: Bauen im Bestand / Bauen für einen Träger: Gemeinde Kirchzarten öffentlichen Auftraggeber Planungsbeginn: 2013 Der Kommunikationsaufwand für alle Projektbeteiligten steigt beim Bauen im Bestand und verstärkt sich nochmals durch die Baubeginn: 2015 eingebundene Gremienarbeit eines öffentlichen Auftraggebers. Bei Umbauten gilt es, verschiedensten Anforderungen ge- Eröffnung: Mai 2017 recht zu werden. Neben der bestmöglichen Umsetzung des ge- wünschten Raumprogramms spielen unter anderem Denkmal- Fläche: 501 Quadratmeter, auf drei Geschossen schutz, Tragwerksplanung, Brandschutz, Inklusion, Generie- rung von Fördermitteln und zuletzt ökonomische Zwänge eine Planung Gebäude: Büro sutter³KG, Kirchzarten nicht unwesentliche Rolle. Bauen im Bestand ist letztendlich immer ein Stück weit eine Reise ins Ungewisse. Planung Inneneinrichtung: UKW Innenarchitekten, Krefeld Für den Umbau der Talvogteischeunen hat sich die Gemeinde Kirchzarten deshalb ergänzend für die Beauftragung eines Pro- Möbel, Ausstattung: Becherer Möbelwerkstätten, Firma jektsteuerers/Projektcontrollers entschieden. In regelmäßigen Schulz Speyer, Einzelmöbel u.a. von Flötotto, Hay, Wies- Projekt-Jour-fixen wurden die aktuellen Anliegen/Fragestellun- ner-Hager, Fatboy, FrauMaier gen bewertet und diskutiert. Neben einfachen Aufgabenstellun- gen zu Beginn der Baumaßnahme, wie der Umsiedlung von Fle- Baukosten Gebäude: ca. 1 870 000 Euro dermäusen (ehemalige Scheunenbewohner) wurde das Projekt- team, allen voran das beauftragte Planungsbüro sutter³KG, bald Baukosten Einrichtung: ca. 600 000 Euro auch mit komplexeren Themen betraut. Fundamente mussten unterfangen, Gewölbe gesichert, alte Wasserschäden behoben Baukosten Außenanlage: ca. 250 000 Euro und Schädlinge unterschiedlichster Art bekämpft werden. Auch sogenannte »Bauherrenrisiken« traten zutage. So ver- Personal: 1 Diplom-Bibliothekar, 1 FaMI, 1 Mitarbeiter in ursachte die erforderliche Tiefer-Gründung der Fundamente Teilzeit sowie die durch die Prüfstatik geforderte »weitergehende Er- tüchtigung des vorhandenen Bruchsteinmauerwerkes« neben Bestand: 18 000 Medien Zeitverzögerungen auch erhebliche Zusatzkosten. Als beson- ders herausfordernd stellte sich auch die Integration moderns- Homepage: www.mediathek-kirchzarten.de ter (Medien-)Technik in alte Strukturen dar.

BuB 71 05/2019 277 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Blick ins Erdgeschoss der Mediathek mit Hörstation. Foto: Jürgen Gocke

Das Nutzungskonzept der Mediathek im Detail ausprobiert werden. Dafür wurden Hörplätze, eine Jugend- lounge mit Spielkonsolen und viele attraktiv gestaltete Lese- Mit dem geplanten Umzug der Bibliothek, bisher in zwei Klas- plätze geschaffen. Ein Lernkabinett mit PCs, Internetzugang senzimmern im Schulzentrum untergebracht, war auch eine und Arbeitsplätzen ermöglicht jedem Besucher konzentriertes konzeptionelle Neuausrichtung dieser Einrichtung in kommu- Arbeiten – ob allein oder in der Gruppe. WLAN ist im ganzen naler Trägerschaft verbunden. Haus verfügbar. Ausgestattet ist die im Jahr 1831 aus Holz und Stein er- richtete Scheune jetzt mit modernster Bibliothekstechnik. Ein Durch An- und Einbauten in moderner Archi- Selbstverbuchungsterminal, ein automatisches Rückgaberegal tektursprache entstanden helle und großzügige und die Möglichkeit, auch außerhalb der Öffnungszeiten der Räumlichkeiten für die Mediathek, die sich, Mediathek an einem Rückgabeschalter am Gebäude die Me- ausgestattet mit modernster Bibliotheks- und dien zurückzugeben, erleichtern den Kunden die Medienaus- leihe. Die eingesetzte RFID-Technik dient auch der Mediensi- Computertechnik, als sehr funktional erweisen. cherung im Haus. Ein eCircle visualisiert das Online-Angebot der Mediathek mit digitalen Medien wie E-Books und E-Audios. Besonderen Wert legte die Gemeinde auf die barrierefreie Er- Diese digitale Bibliothek wird im Rahmen eines regionalen Bi- reichbarkeit und Nutzung aller Räume und Angebote. Für Men- bliotheksverbundes betreut und finanziert. schen mit eingeschränkter Sehfähigkeit steht ein PC mit spezi- Neben Büchern, Zeitschriften und CDs erweitern nun auch eller Hard- und Software zur Verfügung. DVDs, Gesellschaftsspiele und Konsolenspiele das Medienan- Wie Bürgermeister Andreas Hall beim Festakt zur Eröff- gebot. Alle Medien können auch direkt im Haus genutzt und nung betonte, wurde die Mediathek nicht nur als zentraler Bil- dungsort in der Gemeinde konzipiert, sondern auch als Treff- punkt für alle Bürger und lebendiger Veranstaltungsort. Dem Eine Fotogalerie in der BuB-App gibt weitere Projektteam – bestehend aus Architekten, Innenarchitekten, Einblicke in die neue Mediathek Kirchzarten. Gemeindeverwaltung sowie der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen – war es deshalb ein besonderes Anliegen, in

278 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

ANZEIGE allen Bereichen des Hauses eine hohe Aufenthaltsqualität für alle Altersgruppen zu erreichen. Besonders erkennbar ist dies Prozess der Projektentwicklung im Lesecafé im Erdgeschoss – einem modernen Anbau, in dem in historischem Gebäudebestand auch kleine Veranstaltungen und Lesungen für 20 bis 30 Per- sonen durchgeführt werden können, mit freiem Blick auf den rauschenden Osterbach – oder im Dachgeschoss, das eine Le- ▼ VORHER sehöhle und einen Kreativbereich für die allerkleinsten Besu- cher bereithält.

Resümee

Das Bauen im Bestand hat sich gelohnt! Neben dem Erhalt von historischer, ortsbildprägender Bausubstanz wurden Räume für eine Mediathek in zentraler Ortslage mit einer besonde- ren Atmosphäre geschaffen. Das Zusammenspiel von sichtba- ren Holzbalkendecken, gepaart mit Bruchsteinmauerwerk und Bodenflächen aus Sichtestrich oder Weißtanne verleihen dem Gebäude – durch ihre Einfachheit – einen Ausdruck authenti- Historische Scheune in Kirchzarten. scher Baukultur in unserer Region. ▼ WISSEN WIE* Durch An- und Einbauten in moderner Architekturspra- che entstanden helle und großzügige Räumlichkeiten für die Mediathek, die sich, ausgestattet mit modernster Bibliotheks- und Computertechnik, als sehr funktional erweisen und beste Rahmenbedingungen für innovative Bibliothekskonzepte bieten. Kein Wunder, dass die neue Mediathek in der historischen Talvogtei von den Kirchzartener Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen wird und auch bei den Bewohnern und Feri- engästen des ganzen Dreisamtales großen Anklang findet. Seit der Eröffnung im Mai 2017 nutzen viele Leserinnen und Leser begeistert die neuen Räumlichkeiten und Angebote. Die Aus- leihzahlen stiegen von ehemals 50 000 Medien (Bibliothek im *) Team der sutter³KG, über 100 abgeschlossene Denkmalbauprojekte. Schulzentrum) auf jetzt 64 000 Medien im Jahr 2018. Die Zahl der aktiven Nutzer verdoppelte sich nahezu von 960 Kunden ▼ NACHHER auf heute 1 700.

Petra Süppel schloss ihr Stu- dium 1999 mit dem Diplom der Fachrichtung Architek- tur an der Fachhochschule Coburg ab. Im Anschluss ar- beitete sie für verschiedene Architekturbüros in Luxem-

burg (Stadt) und Freiburg im Die neue Mediathek der Gemeinde Kirchzarten. Breisgau. Seit 2010 ist sie bei der Gemeinde Kirchzar- ten tätig und wurde 2013 zur Fachbereichsleiterin Bau- wesen berufen. Als Projektleiterin begleitete sie den Pla- Projektentwicklung Planung Bauleitung nungs- und Bauprozess des Projektes »Umbau und Sa- nierung der Talvogteischeunen«. – Kontakt:p.sueppel@ kirchzarten.de Freiburgerstr. 6 | 79199 Kirchzarten | www.sutter3kg.de

BuB 71 05/2019 279 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Frank Körner Besucheransturm und höhere Verweildauer  Stadtbibliothek Zwickau: Gelungene Umnutzung eines mittelalterlichen Profanbaus

Das Zwickauer Kornhaus wurde 1480/81 von Martin Rö- vorgenommen. Im letzten Bauabschnitt erfolgte dann der Um- mer erbaut. Er war seit 1474 Amtshauptmann von Zwickau bau zur Bibliothek. und ungewöhnlich reich. Es diente bis ins 19. Jahrhundert Mit der Projektleitung wurde der Ehrenbürger der Stadt als Speicher für Getreide und Salz sowie als Zeughaus. We- Zwickau Siegfried Heinze beauftragt. Er hatte ebenfalls als Pro- gen seines günstigen Standortes direkt hinter dem Zwin- jektleiter das nebenan liegende Schloss Osterstein mit viel per- gergraben und der im Nordosten angebauten Bastei war es sönlichem Engagement saniert. Seine Erfahrungen und Ideen zugleich Teil der Zwickauer Stadtbefestigung. Nach dem waren für den Umbau prägend. Er forderte auch, dass immer Verkauf an den sächsischen Staatsfiscus im Jahr 1782 er- ein Vertreter der Stadtbibliothek bei den Planerberatungen an- folgte um 1835/36 die Zusammenlegung mit der Strafan- wesend sein musste und organisierte Besichtigungen anderer stalt Schloss Osterstein. Dabei wurde das Haus umgebaut. Bibliotheken, um den Beteiligten Einblicke in die Abläufe einer Das gewaltige Kehlbalkendach mit doppelt liegendem Stuhl Öffentlichen Bibliothek zu geben. Das Bauvorhaben wurde bei und Hängesäulen blieb erhalten. Das Haus ist etwa 64 Me- allen zu erwartenden Schwierigkeiten immer als Herausforde- ter lang, 19 Meter breit und erreicht bei einer Traufhöhe rung und Chance begriffen. von 11,5 Metern eine Firsthöhe von 27,5 Metern. Nach Die Bausumme war mit knapp acht Millionen Euro gede- Schließung der Strafanstalt 1962 wurde das Haus unter- ckelt. Es gab keinen Spielraum nach oben. Auch unter dieser schiedlich genutzt und stand nach 1990 leer. 1993 ging die- Voraussetzung hatte das Architekturbüro aT2 unter Architekt ses bedeutende Bauwerk in Privateigentum über, was zum Frank Mehnert und Bauingenieur Dirk Georgi ein stimmiges weiteren Verfall des Gebäudes führte, bis schließlich die Konzept vorgelegt. Neben den Kosten waren Brandschutz, Si- Stadt Zwickau das Haus 2009 erwarb, um darin die Stadt- cherheit, Denkmalschutz und das Funktionieren der Bibliothek bibliothek unterzubringen. zu beachten. Diesbezüglich kam es jedoch zu immer neuen He- rausforderungen: So führte 2013 die Sanierung der 2,20 Me- Der erste Bauabschnitt war zunächst die Notsicherung des Ge- ter dicken Nordmauer im ersten Obergeschoss zur Freilegung bäudes. Dabei wurde das Haus vollständig entkernt, Nord- und einer seltenen Fünffachschießscharte. Daraufhin erfolgte ein Südwand mit Stahlankern verbunden und schließlich mit Stahl- Baustopp durch die Denkmalschutzbehörden mit der Auflage, betondecken gesichert. Danach wurde mit großem Aufwand diese Scharte für die Nachwelt sichtbar zu erhalten. Die dafür Dach und Tragwerk rekonstruiert, in einem weiteren Bauab- notwendigen finanziellen Mittel waren allerdings nicht verfüg- schnitt das Mauerwerk saniert und die ersten Installationen bar. Nur weil der Förderverein Kornhaus e. V. einsprang und

Wohlfühlen in der Bibliothek: Vorhandene architektonische Strukturen wurden geschickt genützt. Fotos: Teresa Buschbeck

280 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

die entsprechende Summe zur Verfügung stellte, konnte wei- tergebaut werden.

Viele Kompromisse notwendig

Insgesamt galt es, alle Phasen der über 500-jährigen Geschichte des Kornhauses abzubilden. Das war nur durch immer neue Kompromisse möglich: Im entkernten Zustand konnte man bei- spielsweise vom Haupteingang bis in den First sehen. Ein im- posanter Einblick, den die Planer gern erhalten hätten. Leider war der Einbau einer großen Glasplatte unter dem ersten Dach- geschoss zu teuer. Architekt Frank Mehnert schlug deshalb vor, durch versetzte Einschnitte in den einzelnen Geschossen einen schrägen Lichthof zu schaffen, durch den man zumindest bis ins zweite Obergeschoss schauen könnte. Dadurch entstand aber auch die Möglichkeit, die unterschiedliche Zahl an Stock- werken in der Zeit als Magazin (4) und in der Zeit als Gefängnis (3) im Nord- und Südteil gleich- zeitig darzustellen. Eine Idee, die bei den Besuchern gut ankommt und letztlich auch die Behörden überzeugen konnte. Dadurch entstand allerdings eine enorme Raumgröße und das Brandschutzkonzept musste überarbeitet werden. Durch eine Brandsimulation wurden zu- nächst die Zeiten bis zum Flash- over und für die Räumung des Enorme Raumgröße mit offenem und hellem Ambiente. Hauses berechnet. Daraus ergab sich die Auflage, den Rauchabzug Dieses Niveau konnte nicht nur gehalten, sondern in den Folge- zu verbessern. Mehr als 40 der jahren noch leicht erhöht werden. Gäste aus aller Welt buchten Doppelfenster wurden mit Moto- Führungen, Architekturbüros aus ganz Deutschland informie- ren ausgestattet, welche die Fens- ren sich über das Haus und der Saal wird oft für die verschie- ter im Brandfall in wenigen Se- densten Veranstaltungen genutzt. Bibliotheksleiter, bei denen Mehr als 40 der Doppel- kunden öffnen. Diese RWA-Anla- selbst ein Neu- oder Umbau ihrer Bibliothek bevorsteht, infor- fenster wurden mit Motoren gen werden jährlich getestet und mierten sich über die Planung und praktische Umsetzung ei- ausgestattet, welche die erhöhen die Sicherheit. Eine zu- nes solchen Baus. Fenster im Brandfall in wenigen Sekunden öffnen. sätzliche alarmgesicherte Flucht- Wegen des offenen und hellen Ambientes fühlen sich Nut- tür in der Bastei und ein Flucht- zer und Besucher aller Generationen wohl und die Verweil- treppenhaus im Westflügel er- dauer in der Bibliothek hat sich deutlich erhöht. Sie sind von möglichen neben dem Haupt- und Personaleingang zusätzliche der gelungenen Umnutzung des mittelalterlichen Profanbaus Fluchtwege. Durch eine direkte Verbindung mit der Leitstelle zu einer modernen Öffentlichen Bibliothek begeistert. der Berufsfeuerwehr ist die Bibliothek auch außerhalb der Öff- nungszeiten abgesichert. Nicht nur die Presse berichtete intensiv über die einzelnen Bauabschnitte, auch die Zwickauer Bürger nahmen regen An- Frank Körner, Bibliothekar teil. Der Förderverein bot jeweils zum Tag des offenen Denk- (FH), seit 1981 in der Stadt- mals im September Führungen durch das Haus an. Der Besu- bibliothek Zwickau, Leiter cheransturm wurde von Jahr zu Jahr größer. Zur Eröffnung der seit 2000. Stadtbibliothek im Jahr 2014 waren es dann fast zehntausend Bürger. Im ersten Berichtsjahr nach der Wiedereröffnung (2015) zählte die Bibliothek rund tausend aktive Benutzer mehr als 2013, wodurch die Zahl der Entleihungen um 80 000 stieg.

BuB 71 05/2019 281 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND Umbau mit Blickwechseln

Der architektonische Weg der Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt am Main

Die Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt am Main Gegebenheiten nicht einfach sein wird. Das Architekturbüro befindet sich seit 2007 in einem ehemaligen Sparkassen- KSP Jürgen Engel, das den Umbau des Hauses von einer Spar- gebäude aus den 1950er-Jahren. Mit dem Umzug in das sa- kasse zur Zentralbibliothek geplant hatte, empfahl uns für die- nierte Haus war der Umbau nicht beendet. Stück für Stück ses Vorhaben Ihr Büro, Herr Lessing. So kamen Sie ins Spiel … wird die Bibliothek seitdem an neue Services, Nutzerwün- In den ersten Gesprächen wurde schnell klar, dass es nicht sche und gesellschaftliche Veränderungen angepasst. Zu nur um den Einbau einer großen Rückgabe- und Sortieranlage Beginn standen eine erweiterte Rückgabeanlage und ein gehen wird, sondern dass auch der gesamte Servicebereich im neu gestalteter Servicebereich. Aktuell stehen ein »Bank- Erdgeschoss neu gedacht werden sollte: Die Theke – ein damals einbruch« und in der nahen Zukunft eine neue Schale für großes geschlossenes U – und die vielen Garderobenschränke, den Kern auf der Agenda. Im Gespräch beleuchten Birgit die einen prominenten Platz einnahmen, standen auf dem Prüf- Lotz (Leiterin der Zentralen Bibliotheken der Stadtbüche- stand. Im Prinzip fing damals also schon das an, was wir an der rei Frankfurt) und Heinrich Lessing (Gesellschafter, Archi- Zusammenarbeit mit Ihnen nach wie vor schätzen: Wir als Bib- tekturbüro Heinrich Lessing Architekten) ihre Zusammen- liothek kommen mit einer Fragestellung auf Sie zu und Sie ma- arbeit am Projekt Zentralbibliothek. chen dazu nicht nur einen architektonischen Vorschlag, son- dern geben uns weiterführende Impulse. Heinrich Lessing: Wie kam das Ganze ins Rollen? Birgit Lotz: 2007 wurde die Zentralbibliothek am neuen Lotz: Herr Lessing, was war Ihre Motivation für die Zusam- Standort in der Hasengasse eröffnet. Es zeigte sich, dass die menarbeit mit der Stadtbücherei? Hatten Sie zuvor schon Rückgabeanlage sehr gut angenommen wurde und mit ih- Erfahrungen im Umbau einer Bibliothek machen können? ren vier Sortiercontainern schnell überlastet war. Und dass Lessing: Nein, eine Bibliothek hatten wir bislang nicht bear- ein Einbau einer größeren Anlage aufgrund der räumlichen beitet. Der Vorschlag von KSP kam durch eine Mitarbeiterin zu- stande und hat uns natürlich gefreut. Den Woh- nungsbau mal ausgenommen hatten wir bisher alle Aufgaben zum ersten Mal gemacht. Ob es um einen neuen Stadtplatz, die Planung einer Rad- und Fußgängerbrücke oder die Neugestaltung ei- ner Kirche ging, immer waren die Aufgaben neu für uns, und wir haben gelernt, Fragen zu stel- len, das Wesentliche der Aufgabe zu ergründen. In allen genannten Fällen waren es Wettbewerbe, die uns zu diesen sehr reizvollen Fragestellungen geführt haben; hier war es, mit einem überschau- baren Auftragsvolumen, ein Direktauftrag. Sich jetzt mit einer Bibliothek, einer Bücherei, zu be- schäftigen, einer ganz anderen Typologie, einem Ort der Gemeinschaft in Verbindung mit einer technischen Aufgabe, der Mediensortieranlage, hat uns sofort interessiert.

Lotz: Was hat Sie an der Aufgabe des Einbaus einer Rückgabeanlage besonders interessiert? Lessing: Ich hatte kurz vorher die Sortieran- lage in der Stadtbibliothek Stuttgart gesehen und Die Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt am Main ist seit 2007 in der war fasziniert von den kleinen Fahrzeugen, die ehemaligen Hauptstelle der Frankfurter Sparkasse untergebracht. Foto: Stadtbüche- im Haus die Medien transportieren und verteilen. rei Frankfurt Dieses System war für Frankfurt eine Nummer zu

282 Der neustrukturierte Servicebereich mit verschlankter und modular aufgebauter Theke. Foto: Achim Reißner groß, aber die Technik sichtbar zu machen, stand als Idee ganz dem LeseCafé in den Bibliotheksraum, damit wurde ein erster am Anfang und ist dann auch, soweit es möglich war, umge- Schritt in Richtung Aufenthaltsqualität gegangen. setzt worden. Wir sind selten Spezialisten, sondern verstehen uns immer als Generalisten, die Kultur mit Technik zu etwas Lessing: Wir stecken ja aktuell in weiteren Prozessen, wie Neuem zusammenzuführen. Da sehen wir auch den Reiz einer ging es nach der Inbetriebnahme der Rückgabeanlage solchen Aufgabe: Neuland zu betreten, nach dem Bewährten, weiter? dem roten Faden zu suchen und diesen mit der Gegenwart zu Lotz: Es waren Überlegungen zur Verlegung des »freestyle«- verbinden. Und dennoch bleibt es etwas Besonderes, wenn wir Jugendangebots, die 2017 ein grundsätzliches Überdenken al- die Chance erhalten, die gleiche Aufgabe an einem anderen Ort ler Bibliotheksflächen und -bereiche der Zentralbibliothek aus- ein zweites, ein drittes Mal lösen und Vergleiche anstellen kön- lösten und in ein Raumkonzept mündeten. Bei dessen Erarbei- nen. Unsere Motivation ist immer die Suche nach Atmosphäre, tung war klar: Es geht um wesentlich mehr als Funktionalität. nach der Angemessenheit und dem richtigen Ton. Es galt, die Zentralbibliothek als das benutzerstärkste und zen- tral in der Stadt gelegene Haus der Stadtbücherei im Hinblick Lessing: Frau Lotz, zunächst ging es um die Lösung einer auf die Erwartungen der Menschen in Frankfurt hin zu über- vornehmlich technischen Aufgabe. Wie hat sich das in der prüfen. Und hier spielte die Frage nach einer Erhöhung der Auf- Folge entwickelt? enthaltsqualität eine zentrale Rolle; sie nahm – in ihren unter- Lotz: Als ich Ende 2012 die Leitung der Zentralen Biblio- schiedlichen Facetten – die Funktion einer Leitfrage ein. theken übernommen habe, stand in der Tat als eines der ers- Was als technische Fragestellung begann, hat sich als eine ten größeren Themen zunächst mit der Erweiterung der Rück- umfassende Beschäftigung mit der Zentralbibliothek und ihrer gabeanlage eine vorwiegend technische Fragestellung auf der Rolle in der Stadtgesellschaft bis hin zu ihrer Zukunftsfähigkeit Agenda. Durch die Verknüpfung zum Service war aber sofort entwickelt. Die 2018 für den Prozess entwickelte Vision für die auch eine weitere Ebene eröffnet: Brauchen wir mit einer gro- Zentralbibliothek bildet dies ab: »Die Zentralbibliothek – im ßen Rückgabeanlage noch eine Servicetheke im ursprüngli- Herzen der Stadt; Frankfurts Zentrale Bibliothek für lebenslan- chen Umfang? Ist die Servicetheke so gestaltet, dass sie uns ges Lernen und Begegnung, für Musik, Medien und Informa- einen kundenfreundlichen Service ermöglicht? Und: Die Be- tion. Ein einladender, nicht-kommerzieller Ort mit hoher Rele- schäftigung mit dem Servicebereich, in dessen Nähe sich auch vanz für die Menschen in Frankfurt; inspirierend und in jeder das LeseCafé befindet, sowie seinerzeit noch ein großer Bereich Hinsicht auf der Höhe der Zeit.« mit Garderobenschränken, lenkte umgehend den Blick auf das Thema Aufenthaltsqualität: Ist das LeseCafé ein Ort, in dem Lotz: Herr Lessing, das von der AG erstellte Raumkonzept man sich gerne aufhält und verweilt? für die Zentralbibliothek mündete in eine Machbarkeitsstu- Diese Fragen leiteten uns dann im Prozess um die Planun- die Ihres Büros. Welche Erfahrungen waren im Prozess da- gen der neuen Rückgabeanlage, die 2016 in Betrieb genommen bei prägend für Sie? wurde. Sie führten auch zu einem neustrukturierten Service- Lessing: Es war zunächst für uns wichtig zu verstehen, wel- bereich mit verschlankter und modular aufgebauter Theke mit che Erfahrungen und Zielsetzungen es bei Ihnen in der Zent- Selbstverbucherstation und Kassenautomat. Und zu einer ver- ralbibliothek gibt. Ihr Vorschlag, gemeinsam andere Bibliothe- ringerten Zahl an Garderobenschränken, die jetzt verstreut im ken in der Region anzuschauen, war für den folgenden Prozess Haus aufgestellt sind. Diese Maßnahmen öffnete den Blick aus ein sehr wichtiger Schritt. Mit dem Besuch der Bibliotheken in

BuB 71 05/2019 283 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Hanau, Bad Vilbel und Wiesbaden war es möglich, mit Ihnen Meilensteine Bau und Umbauten der heutigen und Ihrem Kollegium die Praxis am Beispiel im Maßstab 1:1 Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt zu diskutieren. Das erlaubte uns, Anspruch und Dimension der am Main Aufgabe viel besser ausloten zu können. Auch wenn das dazu geführt hat, dass in manchen Bezügen die Ebene unserer Ant- 1955/56: Grundsteinlegung und Bau der neuen Zentrale worten eine ganz andere war als die, auf der Sie die Frage ge- der Stadtsparkasse (bis 2004 als Hauptstelle der Frankf- stellt hatten. urter Sparkasse genutzt)1 Lotz: Ja, das war und ist in der Tat ein roter Faden, der sich durch unsere Zusammenarbeit zieht und den ich sehr schätze: 2005: Planungsbeginn Umbau des bankenspezifischen Im Dialog mit Ihnen ergeben sich stets neue Perspektiven und Verwaltungsgebäudes der 1950er-Jahre zur Zentralbib- Fragestellungen. Wir sind sehr glücklich mit dieser Art des ge- liothek der Stadtbücherei (Architekturbüro KSP Engel und meinsamen Weiterentwickelns einer Ausgangsfrage in eine Zimmermann)2 neue – und wie wir finden vielversprechendere – Richtung.

2006/2007: In nur zehn Monaten wird das Gebäude sa- Herr Lessing, wir haben uns ja zudem entschieden, parti- niert, umgebaut und komplett eingerichtet3 zipative Elemente, wie eine Benutzerumfrage und einen Workshop mit Nutzer*innen und Kooperationspartnern, 2007: Umzug der Zentralbibliothek mit Musikbibliothek einzufügen. Welche Impulse konnten Sie als Architekt aus von der Zeil in die Hasengasse 4; Neueröffnung für das diesen Prozessen gewinnen? Publikum am 20. September 2007 Lessing: Die Workshops mit den Nutzer*innen und Mitar- beiter*innen der Zentralbibliothek waren sehr gut geeignet, die 2012/13: Vorgespräche zum Einbau einer größeren Bedürfnisse und Ideen kennenzulernen. Die Partizipation hat Rückgabeanlage in dieser Phase ganz wesentlich zum Prozess beigetragen. Inte- ressant war es für uns in diesem Zusammenhang, die Zentralbi- 2014/2016: Planung, Umgestaltung EG-Bereich und Ein- bliothek als dritten Ort kennenzulernen. Die These des ameri- bau einer Rückgabeanlage (Architekturbüro Lessing) kanischen Soziologen Ray Oldenburg bestätigt sich auch hier: 1. Einbau einer Rückgabeanlage unter Einbeziehung des Der Anspruch, eine Bibliothek nicht nur als Ausleihort für Me- 1. UG (inklusive Neuschaffung eines Sortierbereichs im dien zu sehen, hat mit der zunehmenden Kommerzialisierung UG für Medien des büchereiinternen Leihverkehrs) des öffentlichen Raums zunehmend an Bedeutung gewonnen. 2. Umgestaltung zentraler Servicebereich (EG) Der in der Vision der Zentralbibliothek formulierte Anspruch, a) Neuplanung der Theke (Verkleinerung, modularer ein einladender, nicht-kommerzialisierter Ort zu sein, war uns Aufbau) von Anfang an sympathisch und wir begannen über die Funk- b) Lösung für Selbstverbuchungsplätze und Kassen- tion jenseits der eigentlichen Zweckbestimmung nachzuden- automat ken. Die neue Bedeutung der Zentralbibliothek für die Stadt- c) Verlegung der Garderobenschränke (Verringerung, gesellschaft führte uns dann auch dazu, die Lage des Gebäu- dezentrale Aufstellung) des innerhalb der Stadt und die Verknüpfung der Bibliothek mit dem Stadtraum zu thematisieren. Die Wirkung des Ortes 2017: Entwicklung eines Raumkonzepts für alle Publi- analysierend stellten wir fest, dass die Bibliothek aufgrund ih- kumsflächen der Zentralbibliothek, Benutzerumfrage und rer geschlossenen Fassade von Passanten eigentlich nicht als Workshop mit Nutzer*innen und Kooperationspartnern Ort des Buches wahrgenommen werden kann. Der Bookshop gegenüber, im Vergleich zur Zentralbibliothek ein Zwerg, ent- 2018: Machbarkeitsstudie zu neuen Nutzungsanforde- faltet durch sein großes Schaufenster ein Vielfaches der Prä- rungen. Leitbilder: Atmosphäre, Historie/Narrativ, Funk- senz. Themen wie diese wurden intensiv diskutiert, weil Lei- tionalität, Sichtbarkeit und Blickachsen (Architekturbüro tung und Mitarbeiter*innen der Stadtbücherei offen waren für Lessing) diesen Prozess und das Denken über den Tellerrand hinaus be- fördert haben. Gute Konzepte brauchen auch gute Bauherren- 2019ff.: Generalsanierung und Beginn Umsetzung der schaften, sonst bleibt der Prozess im Ansatz stecken. Umbaumaßnahmen Lessing: Wie hat sich durch diesen Prozess das Bild der künftigen Zentralbibliothek verändert? 1 Die neue Zentralbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt. Text Lotz: Die Digitalisierung, die digitale Transformation, und Red.: Björn Wissenbach. Frankfurt: DIC Projektentwick- stellt Bibliotheken und natürlich auch die Zentralbibliothek lung, 2007 vor große Herausforderungen. In vielerlei Hinsicht müssen 2 ebenda wir uns wandeln, um den sich verändernden Erwartungen der 3 ebenda Bürger*innen an ihre Bibliothek gerecht zu werden. Und das betrifft in Frankfurt die Dimension Raum in besonderem Maße.

284 Das Haus erfüllt mit sei- nem großen Marktplatz als attraktiver Veranstal- tungsort die Rolle eines dritten Ortes unter die- sem Aspekt: Jährlich fin- den circa 80 Veranstal- tungen mit bis zu 200 und mehr Besucher*in- nen statt. Die Zentralbi- bliothek als Veranstal- tungsort im Herzen der Stadt ist etabliert. Nach- holbedarf gibt es indes in Sachen Aufenthaltsquali- tät. Das stand Anfang der 2000er Jahre beim Um- bau der Stadtsparkasse zur Bibliothek noch nicht in dem Maße im Fokus Geplanter Umbau mit Durchbrüchen in den ehemaligen Tresorraum. Skizze: Architekturbüro Lessing wie heute. Die Gebäude- atmosphäre und die Ein- richtung sind eher funktional und laden weniger zum gemütli- Die jetzige Struktur der Zentralbibliothek ist eher strikt, Funk- chen Verweilen ein. tion und Lage der Bereiche sowie zum Beispiel die Anordnung der Regale und der Beleuchtung lassen wenig Spielraum zu. In- Lessing: Welche Impulse zum Thema Aufenthaltsqualität wieweit Flexibilität gewonnen werden kann – darauf liegt de- haben Sie aus der Benutzerumfrage gewonnen, die 2017 finitiv ein Fokus bei den weiteren Maßnahmen. Was mir dabei im Zusammenhang mit der Konzepterstellung durchge- auch wichtig ist: Flexibilität nicht nur im Sinne der Raumauf- führt wurde? teilung verstanden, sondern auch und vor allem, was die Nut- Lotz: Die Benutzerumfrage hat eine hohe grundsätzliche zungsmöglichkeiten angeht: Die Frankfurter Bürger*innen sol- Zufriedenheit mit der Zentralbibliothek und ihrer Ausstattung len die Möglichkeit haben, das Haus gemäß ihrer jeweiligen Be- ergeben. Das hat uns sehr gefreut. Sie hat aber auch den starken dürfnisse und Erwartungen zu nutzen. Und klar, das Haus und Wunsch nach Gruppenarbeitsräumen, Lese- beziehungsweise seine Einrichtung müssen das zum Beispiel von der Zonierung Sitzplätzen und Ruhezonen klar aufgezeigt. Wir lesen dies als und Ausstattung her nicht nur können und zulassen, sondern einen deutlichen Auftrag an uns, das Haus in dieser Hinsicht auch dazu einladen. Dann kommen wir unserem in der Vision weiterzuentwickeln und zu verändern. Und was künftige An- formulierten Anspruch nach, dann sind wir zukunftsfähig und forderungen angeht, ist Flexibilität von zentraler Bedeutung. zukunftsstark.

Machbarkeitsstudie für eine transparentere Außenfassade. Skizze: Architekturbüro Lessing

BuB 71 05/2019 285 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Lotz: Herr Lessing, mit welchen Mitteln und architektoni- schen Maßnahmen können diese Ziele erreicht werden? Heinrich Lessing (Foto: privat) hat Lessing: Ein wichtiges Leitbild, das durch die Gespräche mit nach einer Ausbildung zum Zentral- Nutzer*innen und Mitarbeiter*innenn entstand, war die Zent- heizungs- und Lüftungsbauer an der ralbibliothek als Labor. Wie können wir das Haus in Teilberei- Fachhochschule Mainz Architektur chen für Formate nutzbar machen, von denen wir heute noch studiert und 1999 das Architektur- nicht wissen, wie diese morgen aussehen werden? Eine Art Kul- büro Heinrich Lessing Architekt BDA turwerkstatt im weitesten Sinne. Räume, die einladen und an- gegründet. Das Büro beschäftigt sich regen zum »Denken und Machen« wie der Gestalter und Mit- seitdem mit Wohnungsbau, Kinder- begründer der Hochschule für Gestaltung in Ulm, Otl Aicher, tagesstätten, Bauten für Gemein- das nannte. Räume, die außerdem – oder deshalb – für den schaft, Sakralbau, Infrastrukturpro- Diskurs geeignet sind. In denen gemeinsam Dinge entstehen jekten und Bauten für Gesundheit. Seit 2015 ist Heinrich können oder erdacht werden. Eine Art Werkstatt, ein Raum, Lessing Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der auch von dieser Atmosphäre lebt. So wie eine Schreinerei, der Frankfurt University of Applied Sciences in Frankfurt die heute eine ganz bestimmte Atmosphäre hat, ohne dass man und seit 2017 Gesellschafter des Architekturbüros Hein- deshalb weiß, wie die Möbel aussehen, die in zehn Jahren dort rich Lessing Architekten in Mainz. gebaut werden. Die Werkstatt illustriert auch unsere Erfahrun- gen im Prozess. Der spannt jetzt einen Bogen vom Konkreten, dem Einbau der Mediensortieranlage, die am Anfang des Pro- zesses stand, bis zum Unbestimmten, der Werkstatt, dem La- bor. Ich denke, für das Haus wird künftig beides wichtig sein. Birgit Lotz leitet die Zentralen Bib- liotheken der Stadtbücherei Frank- Lotz: Schon früh hat sich die Fassade als ein Schlüsselele- furt am Main: die Zentralbibliothek ment herauskristallisiert. Welche Bedeutung hat Ihrer Mei- mit Musikbibliothek sowie die Zen- nung nach die Fassade für die Bibliothek? trale Kinder- und Jugendbiblio- Lessing: Über die Wahrnehmbarkeit der Bibliothek aus dem thek. Zuvor leitete sie die Dezentra- Stadtraum heraus haben wir den Blick aus dem Innenraum der len Bibliotheken der Stadtbücherei Bibliothek in den Stadtraum hinein thematisiert. Das führte und war in der Stadt- und Univer- uns zu einem weiteren wesentlichen Leitbild, die »Schale« der sitätsbibliothek Frankfurt am Main Bibliothek. Das, was bei Obst und Gemüse das Innere vom Au- (heute: Universitätsbibliothek J. C. ßen trennt und wo sich die meisten Nährstoffe befinden. Wie Senckenberg) tätig. Sie ist Diplom-Bibliothekarin und stu- kann man die Skyline der Stadt oder die Fassade gegenüber aus dierte Romanistik und Sportwissenschaften (MA). unterschiedlichen Blickwinkeln innerhalb der Bibliothek erle- ben und damit diese Orte innerhalb das Hauses zu besonderen Plätzen machen. Orte zur Kontemplation, zum Rückzug, mit Lotz: Das Haus wurde ja in den 50er-Jahren als Sparkas- einem besonderen Bezug zur Stadt. Mal Arbeitstische am Fens- sen-Zentrale und -Verwaltung geplant. Die große Tresor- ter, die auf das Gegenüber ausgerichtet sind, mal Sitzbänke, die tür im Untergeschoss zeugt heute noch von der früheren in die Innenräume der Bibliothek orientiert sind, mal ein ro- Nutzung des Gebäudes. Welche Bedeutung hat der his- tes Sofa, das, abgeschirmt vom Bibliotheksbetrieb, sich in den torische Zusammenhang für Sie aus architektonischer Stadtraum orientiert. Durch die Auseinandersetzung mit der Sicht? Fassade wurde deutlich, dass beides geleistet werden müsste: Lessing: Dass die Zentralbibliothek nicht von allen Besu- Die Wahrnehmung des Inneren aus dem Außen und umge- cher*innen als Ort des Buches, als Lern-, Begegnungs- und kehrt. Die Membran zwischen dem Innen und Außen ist, ener- Arbeitsort wahrgenommen wird, hat uns zur Geschichte des getisch gesehen, kaum existent, da sie noch aus der Bauzeit des Hauses geführt. Es klingt zunächst paradox, aber wir hatten Hauses in den 1950er-Jahren stammt. Wir haben dann vorge- die Idee, dass wir der heute angedachten Bestimmung, Ort schlagen, die Fassade, zu dem zu machen, was eine Gebäude- der Medien als Lern-, Arbeits- und Begegnungshaus am besten hülle, die Schale, eigentlich sein sollte: Schutz und Mantel des dann entsprechen würden, wenn die Geschichte des Hauses, Inneren und seiner Bewohner*innen – respektive Benutzer*in- der ehemaligen Sparkasse, erlebbar sein würde. Wenn man die nen – und gleichzeitig permeable Membran, die es dem Inneren Kassenhalle, den Tresor, die Verwaltungsräume als die Räume erlaubt, dem Außen, der Welt zu begegnen. der ehemaligen Bank im Haus spüren könnte. Das Narrativ war das Thema. Wir haben deshalb vorgeschlagen, den Tresorraum durch Öffnungen mit einem Durchmesser von 50 bis 60 Zenti- Die Entwicklung der Sparkassen-Schalterhalle meter in die 80 Zentimeter starken Betonwände zu schneiden zum modernen Eingangsbereich der Stadtbüche- und die Schnittkanten im Beton sichtbar zu machen, eine Art rei zeigt eine Fotogalerie in der BuB-App. nachträglicher Bankeinbruch, der den authentischen Ort sicht- bar macht und etwas von seiner Geschichte erzählt.

286 ANZEIGE Open Library mit open+ Die Stadtbibliothek Chur öffnet 100 Stunden Die Neueröffnung der Stadtbibliothek 600 Logins erfasst. Tendenz steigend. Chur im ehemaligen Postgebäude, Am Sonntag, durchgehend ohne Personal einem denkmalgeschützten Pracht- geöffnet, ist die Besucherfrequenz im bau im Stadtzentrum, ist ein gelungen- Vergleich zu den anderen Tagen am es Beispiel für die Vereinbarkeit von höchsten. Die Besuche am Samstag modernster Technik, zeitgemäßem haben über die vergangenen Monate Wohlfühlambiente und historischer leicht zugenommen und nähern sich den Bausubstanz. Herausragend ist der Sonntagswerten. Unter der Woche haben Einsatz von bibliothecas open+ sich die frühen und späten Randzeiten Lösung, mit der Chur seine wöchent- als die beliebtesten Eintrittszeiten lichen Öffnungsstunden von 50 auf herauskristallisiert. Die Stunden von 100 erweitert hat. 9-10 Uhr und 19-20 Uhr sind absolute Spitzenreiter. An sieben Tagen in der Woche von 6-22 Uhr ist die Stadtbibliothek nun ge- an sich und dem gesamten Inventar in öffnet. Als erste Bibliothek der Schweiz jeder Hinsicht Respekt zollt: „Während verwandelt sie sich frühmorgens, abends der Open Library Stunden wurde bislang und sonntags in eine Open Library. Die nichts beschädigt oder gestohlen. Sicher Kernzeiten von 10-19 Uhr wochentags trägt die offene Raumstruktur und sowie samstags bis 16 Uhr sind mit die bewusste Innenraumgestaltung Personal besetzt. zur hohen Wertschätzung bei. Unsere Besucher fühlen sich wohl und damit Bibliotheksleiterin Julia Wäger bringt sicher.“ Das Bewusstsein, das lediglich den Erfolg des Open Library Modells auf Bibliothekskunden mit dem Login am den Punkt: „In unserem Alltag sind wir Entry Panel Zutritt zu den personalfreien es gewohnt, Angebote genau dann zu Stunden erhalten, schafft zusätzlich ein nutzen, wenn wir Zeit und Lust dazu sicheres Gefühl. haben. Es ist eine große Chance für Bibliotheken, wenn sie sich der Auch die Bibliotheksausstattung ist mit veränderten Lebensbedingungen der Ge- RFID technologisch auf dem neuesten sellschaft bewusst sind und diese in ihr Stand. Zwei freistehende selfChecks Konzept integrieren. Mit der erweiterten 1000 mit Bezahloptionen, ein in eigenes Öffnung sind wir für ganz neue Mobiliar integrierter Selbstverbucher, Zielgruppen attraktiv geworden und Die zentrale Lage der Bibliothek und der RFID-Gates am Eingang und eine flex haben seit der Neueröffnung viele neue großzügige Raum des Neurenaissance- AMH Rückgabeanlage plus Fünf-Wege- Kund*innen gewonnen.“ Baus mit attraktiven, hohen Fenstern Sortierung sorgen für eine reibungslose sind zweifellos ein Gewinn. „Nicht nur Selbstbedienung und effiziente Abläufe. Ein Vergleich der Besucherzahlen von nachts wirken unsere großflächigen, hell Viele Benutzer schätzen es sehr, ihre November 2018 bis Januar 2019 – explizit erleuchteten Fenster einladend auf die Medien einfach auf dem Weg zum auf die open+ Zeiten beschränkt – nennt Passanten.“ Julia Wäger ist froh, dass Einkaufen noch schnell in den klare Favoriten: Monatlich werden über das Bibliothekspublikum dem Raum Rückgabeschacht werfen zu können. „Die Selbstverbuchung ist äußerst komfortabel und wird von Groß und Klein gern genutzt“, so Julia Wäger. „Die Bibliothek als Ort, als Treffpunkt open ™ an so einem Ort in Chur, hat eine große Bedeutung.“

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Advertorial_BuB 5_2019.indd 1 17.04.2019 17:01:48 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Jens Andreae Kopf oder Zahl ... oder beides?  Die Grundinstandsetzung der Staatsbibliothek zu Berlin in Zahlen

Die Grundinstandsetzung der Staatsbibliothek Unter den weitere Druckwerke, über 1 600 Nachlässe, 321 000 Autogra- Linden wird mit der Schlüsselübergabe Ende 2019 im We- phe, umfangreiche Sondersammlungen, unter anderem 1,1 Mil- sentlichen abgeschlossen sein. Nach vier Jahren Planung lionen Karten, 42 000 orientalische Handschriften und 66 700 und fast 15 Jahren Bauzeit für beide Bauabschnitte wird Musikautographe, darunter 80 Prozent aller Handschriften von damit eines der größten Kulturprojekte des Bundes seiner Johann Sebastian Bach und die weltweit größte Mozart-Samm- endgültigen Bestimmung übergeben. Etwa 470 Millionen lung. Sie ist die größte wissenschaftliche Universalbibliothek Euro sind in dieser Zeit investiert worden. Auf den ersten im deutschsprachigen Raum, sie ist Teil unseres kollektiven Ge- Blick ist das eine enorme Menge Geld. Bei näherem Hinse- dächtnisses, Abbild unserer kulturellen Wurzeln und Identität; hen jedoch entfaltet sich das vielschichtige Bild einer sehr sie ist guten Gewissens jede Investition wert, die wir für ihren komplexen Baumaßnahme, bei laufendem Bibliotheks- Fortbestand aufbringen können. betrieb, in einem Haus, das um einiges größer ist als das Haben wir uns derart entspannt, fällt es sehr viel leichter, die Reichstagsgebäude. Und so lohnt der Blick hinter die ge- unverschämte Summe der Sanierungskosten – die andere Seite waltige Summe, die letztlich vor allem Eines ist: eine loh- der Medaille –, einmal ganz ohne Entrüstung, ohne rhetorische nende Investition für den Erhalt der wunderbaren Samm- Rückzugsgefechte und ohne Schuldzuweisungen zu betrachten. lungen der Staatsbibliothek zu Berlin. Eine verwegene Idee in Zeiten, da nahezu jedes große öffent- liche Bauvorhaben fast ausschließlich danach beurteilt wird, Die Metapher von der anderen Seite der Medaille hat in Bezug ob eine anfangs in der Öffentlichkeit verbreitete Kostenangabe, auf Sanierungskosten einer großen Bibliothek einen ganz beson- meist ein Budget ohne Berücksichtigung von Preissteigerungen deren Reiz, vor allem, wenn man sich besagte Medaille als große und Unvorhergesehenem, eingehalten wurde oder nicht. Münze vorstellt: auf der einen Seite die schwindelerregend Beginnen wir die Betrachtung der großen Zahl mit der große Zahl – 470 Millionen Euro –, und auf der anderen ketzerischen Frage, ob denn das ganze wertvolle Erbe nicht ein Kopf, dessen gewöhnliche Eigenart es ja ist, Hirn und Geist zu beherbergen. Im Falle der Staatsbib- liothek fällt es nicht schwer, sich diesen Kopf als Sinnbild für ihre einzigartigen Be- stände und deren allgemeine Verfüg- barkeit vorzustellen: Über elf Mil- lionen Bände, 2,2 Millionen

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kostengünstiger in einem anderen Gebäude, am besten in ei- Originalsubstanz überwiegend erhalten war, wurde instandge- nem effizienten Neubau, gelagert und gelesen werden könnte. setzt und restauriert. In der Treppenhalle, wie auch in allen re- Die schlichte Antwort ist »Ja«. Sicher hätte man für die gleiche präsentativen Treppenhäusern betrifft das vor allem die für die Summe, oder sogar weniger, einen solchen Neubau errichten Erbauungszeit typischen Steinputzflächen. Das Ausbessern klei- können. Was aber hätte in diesem Fall mit dem Bestandsgebäude nerer Risse oder Fehlstellen klingt zunächst nach Kosmetik, ist geschehen sollen? Dieses Gebäude ist so sehr auf seinen Zweck aber in Wahrheit ein aufwendiges und diffiziles Unterfangen. zugeschnitten, dass es kaum anders genutzt werden kann. Ab- Die richtigen Zuschlagstoffe, um unschöne Verfärbungen durch gesehen davon lässt sich das Bedürfnis nach Erhalt des kulturel- chemische Reaktionen mit angrenzenden Bestandsputzflächen len Erbes nicht einfach auf Gedrucktes oder Geschriebenes be- zu vermeiden, mussten erst ermittelt, das heißt an nicht weni- schränken, sondern betrifft natürlich ebenso das Gebaute. Für gen Musterflächen ausprobiert werden. Und natürlich wurden das eine gibt es klimatisierte Magazine, für das andere den Denk- während der Arbeiten unerkannte Hohlstellen gefunden, sogar malschutz. Und auf dessen Liste steht die Staatsbibliothek Unter Hohlräume in scheinbar massiven Wänden, die dann auch den den Linden ganz oben. Architekten, Brandschutzingenieur und Statiker beschäftigt ha- Es ist einer der letzten wilhelminischen Re- ben. Und so bekommt die abstrakte große Zahl präsentationsbauten überhaupt und markiert Überall dort, wo Original- langsam Substanz. eindrucksvoll das Ende einer Epoche im Bib- substanz überwiegend Wirklich schwierig wurde es dort, wo es liotheksbau: eine opulente Inszenierung von erhalten war, wurde heute niemand mehr sieht: Oberhalb der Trep- sich fortlaufend in ihrer Wirkung steigernden instandgesetzt und res- penhalle, montiert auf acht großen Stahlfach- Monumentalräumen, mit einem zentralen Le- werkträgern, befinden sich vier Etagen Lip- sesaal als Höhepunkt, dessen Kuppel größer tauriert. man-Magazine, denkmalgeschützt und in situ war als die des Berliner Doms. Eine steinerne zu erhalten. Besagte Träger auszutauschen war Demonstration der Verehrung des Wissens und der Macht des- nur möglich, indem die einzelnen Elemente der neuen Träger ein- jenigen, der darüber verfügt. zeln durch eine Öffnung in der Wand eingefädelt und an Ort und Mit der Instandsetzung der Bausubstanz war es nicht getan. Stelle Stück für Stück zu Fachwerkträgern verschraubt wurden. Das erhaltene Gebäude war nur der nach Kriegszerstörung üb- Ein erheblicher Teil der großen Summe ist in technische Anla- rig gebliebene und vielfach geflickte Torso, ein zwar irgendwie gen investiert worden, um aus der baulichen Hülle eine funktio- lebensfähiger, aber eben auch ziemlich reparaturbedürftiger nierende große Forschungsbibliothek werden zu lassen, mit opti- Organismus. Die größte Wunde, die es zu schließen galt, war malen Bedingungen für Bestände und Besucher. Um das Erschei- ausgerechnet das Zentrum des Hauses, der Ort des kriegszer- nungsbild der monumentalen Hallen und Treppenhäuser, der störten und 1975 abgetragenen zentralen Lesesaals. Hier ein acht Lesesäle, und der Veranstaltungssäle nicht zu beeinträchti- neues Herz zu implantieren war Hauptaufgabe des 1999 aus- gen, bleibt die überall im Gebäude installierte Technik weitgehend gelobten Architekturwettbewerbs. Viele und sehr verschiedene unsichtbar. Das bedeutet: Rauchansaugsysteme mit winzigen Öff- Ideen wurden leidenschaftlich diskutiert, bevor sich schließ- nungen anstelle der üblichen Brandmelder, in Holzvertäfelungen lich ein Konzept durchsetzte, das den Respekt vor dem Bestand versteckte Lüftungsöffnungen, Temperaturfühler, Strom- und nicht nur auf den physischen Erhalt von Oberflächen, Orna- Datenleitungen, eine weitverzweigte Gebäudefunkanlage für die menten oder anderen Spuren der Geschichte Feuerwehr und so weiter. beschränkte, sondern auch Funktionalität Originalgetreue Nach- Für hinreichend stabile Temperaturen und Organisationsstruktur des Bestandsge- bauten der riesigen und relative Luftfeuchten wurden in den Lip- bäudes beibehielt. Die monumentale Erschlie- straßenseitigen Fenster man-Magazinen mit einigem Aufwand Klima- ßungsachse erhält ihre alte Funktion zurück erfüllen heute Brand- anlagen installiert. Die lichte Raumhöhe in und architektonischer Höhepunkt des Hauses diesem bis zu siebenstöckigen Hochregalla- ist ein neuer zentraler Lesesaal am Ort des al- schutzfunktionen ger, das neben den Regalböden auch die Ge- ten. Die Verehrung des Wissens wird wieder schossdecken und das Dach trägt, ist mit et- inszeniert, nur derjenige, der darüber verfügt, ist heute offen- was über zwei Meter lediglich an der Erreichbarkeit des obers- sichtlich ein anderer. Die Gestaltung des neuen Lesesaals ist ten Regalbodens orientiert. An Lüftungskanäle hatte man zu folglich eine klare Gegenthese zur früheren Monumentalität. Kaisers Zeiten eher weniger gedacht. Auch die Installation ei- Das Prinzip der klar erkennbaren, sich aber in das archi- ner Buchtransportanlage (Bänder von 1 500 Metern Länge und tektonische Konzept des Bestandsgebäudes einfügenden Er- 17 Aufzüge) war in diesem dichten Regalgerüst alles andere als gänzung, fand Anwendung von der Gestaltung der großen einfach. Originalgetreue Nachbauten der riesigen straßenseiti- Räume bis hin zu Restaurierungen prägender Ornamente. gen Fenster erfüllen heute Brandschutzfunktionen (als automa- Beispielsweise wurde anstelle des verlorenen Tonnengewöl- tische Rauchabzüge). Auch in das größte dieser Fenster – es ist bes der Haupttreppenhalle ein neues ergänzt, in gleicher Geo- über acht Meter hoch – sind motorische Öffnungsmechanismen metrie, aber mit neu gestalteter Oberfläche. Überall dort, wo integriert worden. Es ist heute der ganze Stolz der ausführen- den Tischlerfirma. Linke Seite: Die Staatsbibliothek Unter den Linden im April 2019. All das steht exemplarisch für eine Vielzahl äußerst an- Fotos: Jens Andreae spruchsvoller Tätigkeiten in so ziemlich jedem Winkel des

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Die Haupttreppenhalle kurz vor der Fertigstel- lung, aufgenommen im April 2019.

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Gebäudes und so entsteht hinter der nüchternen Gesamtsumme das diffuse Bild einer ungeheuren Komplexität und einer kaum überschaubaren Anzahl der einzelnen Arbeitsschritte und Maß- nahmen. Nicht wenige davon konnten überhaupt erst während der Baudurchführung als erforderlich erkannt und in das Pro- jekt eingesteuert werden, etwa wenn der Zustand der Bausubs- tanz ein anderer war als dokumentiert oder nach den nur stich- probenhaft möglichen Bestandsuntersuchungen erwartet. Die große Sanierung ist eben kein fertig geschnürtes Paket, das man zum Festpreis im Baumarkt erwerben kann. Sie ist vielmehr die Überschrift für ein vielschichtiges Sys- tem, die Zusammenfassung einer großen Menge einzelner Maß- nahmen, alle voneinander abhängig oder ineinander verwoben. Und so ist auch die große Zahl eine Summe vieler einzelner Be- standteile, die letztlich die Preise unzähliger erbrachter Leis- Kurz vor Fertigstellung erstrahlt auch das Vestibül der Staatsbiblio- tungspositionen in Hunderten von Verträgen sind. Projektsteu- thek unter den Linden in neuem Glanz. erer, Architekten, diverse Fachingenieure, Sachverständige und Gutachter: Bis heute wurden 114 Honorarverträge abgeschlos- komplexen Gewebe der Terminplanung nachträglich unterge- sen. Vom Prüfingenieur für Brandschutz über Sachverständige bracht werden müssen. Und in der Tat liegt in einer verlänger- für Raumakustik und Fachplaner für Leitsysteme bis hin zu ei- ten Bauzeit und der währenddessen gestiegenen Baupreise ein nem Weingutachter zur Überwachung des wilden Weins an der signifikanter Bestandteil unserer großen Zahl begründet. Der zu sanierenden Fassade des Brunnenhofes. Für die Ausführung Anteil der unvorhergesehenen Maßnahmen selbst ist mit 14 des Geplanten sind 405 Bauaufträge (ohne Kleinaufträge) ver- Prozent im zu erwartenden Rahmen. geben worden, unter anderem an 15 Rohbaufirmen, 22 Tisch- Wie unverschämt also ist unsere große Zahl tatsächlich? lereien, 10 Malerbetriebe, 20 Schlosser, 11 Bodenleger und 12 Der simple Vergleich mit einem im Jahre 2003 veröffentlich- Firmen für Putz- und Stuckarbeiten. Dazu kommen 181 Tech- ten Budget, berechnet auf der Basis der damaligen Baupreise nikverträge, beispielsweise zur Installation von Lüftungsanla- und noch ohne Unvorhergesehenes, kann darauf keine befriedi- gen, Elektroanlagen, Brandmeldetechnik, Buchtransportan- gende Antwort geben. Versuchen wir es damit: Die Staatsbiblio- lagen, Küchentechnik, Sicherheitstechnik und vieles mehr. All thek umfasst 107 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Für diese Planer und Firmen zeichnen verantwortlich für zum Teil die Grundinstandsetzung und Erweiterung wurden etwa 4 400 sehr umfangreiche Leistungspakete aus Einzelleistungen, die in Euro pro Quadratmeter (Preise von 2003 bis 2019) investiert. die Tausende gehen. Beispielsweise umfasste die Leistungsbe- Im Verhältnis zu den am ehesten vergleichbaren Bauvorhaben schreibung des größten der 22 Tischleraufträge rund 450 Seiten. der großen Nationalbibliotheken in Paris oder London ist das eher bescheiden. Und auch der Vergleich zu sonstigen Berliner Für die Grundinstandsetzung und Erweiterung Baupreisen zeigt nichts Außergewöhnliches. Wenn aber den- wurden etwa 4 400 Euro pro Quadratmeter noch jemand angesichts der ja unstrittig hohen Gesamtsumme investiert. Im Verhältnis zu den am ehesten Zweifel hegen sollte, dann drehen wir die Medaille wieder um vergleichbaren Bauvorhaben der großen und bewundern das älteste Druckwerk der Welt, die Gutenberg- bibel, den Nachlass Alexander von Humboldts, die Originalpar- Nationalbibliotheken in Paris oder London tituren von vier Beethovensinfonien, die wunderbare Kinder- ist das eher bescheiden. und Jugendbuchsammlung und vieles, vieles mehr ...

All die geplanten Maßnahmen und Arbeitsschritte sind auf Jens Andreae, geboren 1972, vielfältige Weise miteinander verknüpft, sind Voraussetzun- Referendariat im Bundesamt gen für Folgegewerke oder Gemeinschaftswerke verschiede- für Bauwesen und Raumord- ner Beteiligter. Der aktuell gültige Bauablaufplan für den zwei- nung von 2004 bis 2006, dort ten Bauabschnitt beispielsweise umfasst 6135 Vorgänge, wie 2006 bis 2010 Projektleiter etwa die Fliesen- und Abdichtungsarbeiten in einem bestimm- Ersteinrichtung der Staats- ten Gebäudeteil. Einige darunter verweisen auf separate De- bibliothek zu Berlin, Haus tail-Terminpläne mit wiederum 50 oder mehr Einzelschritten. Unter den Linden, seit 2010 Referent und Projektleiter für Beim Betrachten eines solchen Terminplans wird schnell deut- die Grundinstandsetzung und Erweiterung der Staatsbib- lich, welche Auswirkungen es haben kann, wenn etwa einer liothek Unter den Linden, seit 2019 Projektleiter Grundins- der Beteiligten plötzlich ausfällt, wenn unbekannte Schäden tandsetzung des Hauses Potsdamer Straße (Scharounbau) in der Bausubstanz entdeckt werden, wenn unvorhergesehene der Staatsbibliothek zu Berlin. Leistungen erforderlich werden und in dem ohnehin bereits

BuB 71 05/2019 291 SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Norbert Kamp, Stephan Schwering Das KAP1: Eine neue Zentralbibliothek für die Landeshauptstadt Düsseldorf  Stadtbüchereien ziehen in ehemaliges Postgebäude / Kulturzentrum mit Bibliothek, Museum und Theater entsteht bis 2021

Am 18. Mai 2017 hat der Rat der Landeshauptstadt Düssel- Gruppen. Täglich zählt die Zentralbibliothek am Bertha-von- dorf über die Anmietung einer Fläche von insgesamt 23 320 Suttner-Platz rund 2 500 Besucherinnen und Besucher. Kon- Quadratmetern in einem Bestandsgebäude am Vorplatz des tinuierlich angewachsen ist dabei nicht nur die Kundenzahl, Hauptbahnhofs positiv entschieden. Am Konrad-Adenau- sondern auch die Verweildauer in den Bibliotheksräumen. Die er-Platz 1 (KAP1) soll ein neues Kulturzentrum mit einer Folge dieser Entwicklung ist täglich zu beobachten. Insbeson- Bibliothek, einem Theater sowie einem Museum entste- dere in den Nachmittagsstunden sind alle Arbeitstische in der hen. 12 641 Quadratmeter der Mietfläche sind für eine neue Zentralbibliothek belegt. moderne Zentralbibliothek bestimmt. Mit den Bauarbeiten wurde im Frühjahr 2019 begonnen, die Eröffnung des Ge- samtgebäudes ist für Mitte 2021 geplant. Planungen für eine neue Zentralbibliothek

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wurde von den Stadt- büchereien eine detaillierte Bedarfsanalyse erstellt, die sich zu- Die Ausgangssituation nächst auf die Notwendigkeit neuer Bibliotheksflächen bezog. Dabei waren die Anforderungen an einen neuen Standort viel- Im Februar 1986, also vor 33 Jahren, wurde in Düsseldorf am fältig. Im Mittelpunkt standen eine zentrale Lage am Haupt- Bertha-von-Suttner-Platz 1 hinter dem Hauptbahnhof eine neue bahnhof mit guter Erreichbarkeit, großzügige Publikumsflä- Zentralbibliothek eröffnet. Zu Grunde lag das Konzept einer chen auf möglichst wenigen Ebenen, eine Deckenhöhe von reinen Ausleihbibliothek. Entsprechend wurden lediglich 180 mindestens 3,50 Metern Höhe sowie eine hohe Deckentraglast. Kundenarbeitsplätze eingerichtet, auf einen separaten Veran- staltungsraum oder ein Lesecafé wurde verzichtet. Eine Jugend- Eine Herausforderung ist die Beleuchtung der bibliothek für Heranwachsende fehlt ebenfalls bis heute. Bibliotheksflächen, die aufgrund der enormen Beim Einzug in die Räumlichkeiten hatte wohl niemand den Flächenausdehnung in der Größenordnung von stetig wachsenden Kundenansturm auf die neue Zentralbiblio- zwei übereinander liegenden Fußballfeldern thek erwartet, bei der Eröffnung galt sie bundesweit als Vorzei- geobjekt. Verzeichnete die Zentralbibliothek im ersten vollen Be- über wenig Tageslicht verfügen wird. triebsjahr 1987 am Standort Bertha-von-Suttner-Platz 1,17 Mil- lionen Entleihungen mit 349 500 Medien, so waren es 2015 über Am 15. Dezember 2015 wurde dieser Bedarf vom Rat der Stadt 2,4 Millionen Ausleihen bei einem Bestand von 450 000 Medien. grundsätzlich anerkannt. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, nach geeigneten Flächen für die Bibliothek zu su- Die Lage des künftigen Bibliotheksgebäudes chen. Daraufhin prüfte das Planungsamt der Stadt alle Optio- am sehr belebten Konrad-Adenauer-Platz ist nen intensiv, von der Sanierung des vorhandenen Bibliotheks- geradezu ideal, nicht zuletzt auch deshalb, weil gebäudes über verfügbare Mietflächen im Bahnhofsumfeld bis der gesamte Bahnhofsvorplatz in den nächsten hin zu einem Neubau. Als Ergebnis wurde die Anmietung von Flächen in einem Bestandsgebäude unmittelbar am Bahnhofs- Jahren eine deutliche städtebauliche Aufwer- vorplatz empfohlen. Dabei handelte es sich um ein Logistik- tung erfahren soll. gebäude aus den 1980er-Jahren am Konrad-Adenauer-Platz 1 (KAP1), das bisher weitgehend den Zweck eines Verteilzent- rums der Post erfüllte. Die Nutzerstruktur und das Nutzerverhalten der Bibliotheks- Entwickelt wurde schließlich die Idee eines Kulturzentrums besucher sowie die Erwartungen an die Bibliothek als öffentli- am Hauptbahnhof mit einer neuen Zentralbibliothek, einem The- chen Ort haben sich seit der Eröffnung 1986 tiefgreifend ver- ater sowie einem zu integrierenden Museum. Die Anmietung ent- ändert und gewandelt. Die Bibliothek dient heute als lebendi- sprechender Flächen – 12 641 Quadratmeter allein für die Zent- ger Treffpunkt und als Lern- und Arbeitsort für Einzelne und ralbibliothek – wurde daraufhin vom Rat der Stadt beschlossen.

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Animation des geplanten KAP1 in Düsseldorf am Konrad-Adenauer Platz in Bahnhofsnähe. Foto: RKW Architektur +

Realisierung der Bibliotheksflächen: Allerdings sind in dem Bestandsgebäude auch einige Heraus- Herausforderungen und Chancen forderungen zu meistern. So werden sich die Publikumsflächen im zweiten und dritten Obergeschoss befinden. Die erwarteten Die Lage des künftigen Bibliotheksgebäudes am sehr belebten rund 1 Million Besucherinnen und Besucher jährlich müssen also Konrad-Adenauer-Platz ist geradezu ideal, nicht zuletzt auch des- zunächst auf eine Höhe von 11,5 Metern transportiert werden. halb, weil der gesamte Bahnhofsvorplatz in den nächsten Jahren Dies soll über drei Aufzüge sowie ein neues großzügiges Treppen- eine deutliche städtebauliche Aufwertung erfahren soll. Die im haus in einer noch zu errichtenden Kalthalle erfolgen. Eine wei- Gebäude KAP1 zur Verfügung stehende Bibliotheksfläche verteilt tere Herausforderung ist die Beleuchtung der Bibliotheksflächen, sich auf zwei Ebenen, die jeweils fast 4 000 Quadratmeter Publi- die aufgrund der enormen Flächenausdehnung in der Größenord- kumsfläche bieten. Die geforderte Deckenhöhe sowie die notwen- nung von zwei übereinander liegenden Fußballfeldern über we- dige Traglast sind in dem Logistikgebäude ebenfalls gewährleistet. nig Tageslicht verfügen wird. Hier sind die Lichtplaner gefordert.

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Schließlich muss es gelingen, ein typisches Logistikgebäude, das zunächst wie ein riesiger Klotz erscheint, als neues Kulturzentrum auch nach außen erstrahlen zu lassen. Wesentlich größer als die Herausforderungen des Gebäu- des sind allerdings die Chancen, die es für eine zukünftige Bi- bliotheksentwicklung bietet. So spricht schon die Adresse am Bahnhofsvorplatz für sich. Der Düsseldorfer Hauptbahnhof ist das Verkehrszentrum der Stadt. Täglich pendeln mehrere Hun- derttausend Menschen mit dem öffentlichen Personennahver- kehr über diesen zentralen Ort zur Schule, zur Universität, Foto: RKW Architektur + zum Ausbildungsplatz oder zur Arbeitsstätte. Neben den vor- handenen 340 Parkplätzen in den Tiefgeschossen des Gebäu- Zentralbibliothek KAP1 Düsseldorf des wird ein überdachter Fahrradparkplatz entstehen. Die Bibliotheksräume werden als »Open Library« geplant, Einwohnerzahl: 639 400 (Stand Ende 2017) eine hohe Zugänglichkeit muss gewährleistet sein. Vorausset- zung dafür ist eine entsprechende räumliche Transparenz, die Anschrift (ab Mitte 2021): zusätzliche Öffnungsstunden nur mit einem Wachdienst zu- Zentralbibliothek der Stadtbüchereien Düsseldorf lässt. So wird es im Bibliotheksraum keine Regale über 1,50 Konrad-Adenauer-Platz 1, 40210 Düsseldorf Meter Höhe geben. stadtbü[email protected] Die gesamte Bibliotheksplanung ist auf langfristige Flexibilität ausgerichtet. Es ist davon auszugehen, dass sich Aufgaben, Ziele Träger/Bauherr: und Erscheinungsbild vielfach verändern und wandeln werden, Zahnärztekammer Nordrhein, Versorgungswerk, Am See- bis der Mietvertrag für die Bibliothek im Jahr 2050 endet. Wan- stern 8 in 40547 Düsseldorf delbarkeit der Flächen war und ist eine Hauptaufgabenstellung an die beteiligten Architekturbüros bei ihren Planungen. Leitung Stadtbüchereien Düsseldorf: Dr. Norbert Kamp Leitung Zentralbibliothek: Stephan Schwering Die Bibliotheksräume werden als »Open Library« geplant, eine hohe Zugänglichkeit Fläche: 12 641 m² Mietfläche mit einer Publikumsfläche muss gewährleistet sein. von ca. 7 750 m²

Ausstattung: Eine hohe Aufenthaltsqualität muss ebenfalls gewährleistet Neuausstattung auf zwei Etagen mit Lesecafé, Veranstal- sein. Ein Lesecafé im Eingangsbereich, ein Veranstaltungssaal tungssaal, Ausstellungs-, Lern- und Veranstaltungsräu- für 180 Besucher in Theaterqualität und weitere 14 Veranstal- men, Library Lab, einer großen Kinderbücherei (1 000 m²) tungsorte in den Publikumsflächen werden für »Leben« sorgen. und separater Jugendbibliothek, einem begehbaren Dach- Hierzu zählt auch ein 300 Quadratmeter großer Dachgarten, garten, 600 Kundenarbeitsplätzen und einer 24-Stun- der zumindest in den warmen Monaten als Lese- und Veran- den-Rückgabe. Die Bibliothek wird als Open Library mit staltungsbereich zur Verfügung stehen wird. erweiterten Öffnungszeiten betrieben. Die neue Zentralbibliothek wird mit 600 Arbeitsplätzen für Kundinnen und Kunden ihr bisheriges Angebot verdreifachen. Datenverarbeitung: Gleiches gilt für die Kinderbibliothek, die allein 1 000 Quadrat- aDIS/BMS der Firma astec meter bespielen wird. Jugendliche werden ihren eigenen Biblio- theksraum erhalten und ein großes LibraryLab wird zum Auspro- Kosten: Gesamtkosten 66,5 Millionen Euro bieren neuer digitaler Angebote und Entwicklungen einladen.

Planung/Architekt/Gestaltung: RKW Architektur + , Tersteegenstraße 30 in 40474 Düs- Entwicklung einer Bibliotheksvision 2020 seldorf / Schrammel Architekten, Zeuggasse 7, 86150 Augsburg Bereits Mitte 2015 beschäftigten sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralbibliothek parallel zur Standortsuche in Bestand: 350 000 Medieneinheiten einem WorldCafé mit der Frage »Welche konkreten Auswirkun- Etat: Gesamtbudget 11,35 Millionen Euro ohne Gebäude- gen müssen digitale Trends und gesellschaftliche Entwicklun- und EDV-Kosten gen auf die Bibliothek der Zukunft haben?« Personal: 137 Planstellen Es ging darum, eine Vision für eine neue Zentralbiblio- Öffnungszeiten: Stehen noch nicht fest thek zu entwickeln und damit eine Richtung für zielorien- tiertes Arbeiten zu geben. Das Ergebnis ist die »Vision für die

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KAP1: Auf 25 000 Quadratmetern entsteht ein neues kulturelles Zentrum. Die Räume der Zentralbibliothek heute und zukünftig (auf der Animation). Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer

Zentralbibliothek 20201«. Die zentrale Aussage der Vision ist, ANZEIGE dass »Menschen das Wesen der Zentralbibliothek 2020« aus- machen: »In Werkstätten des Lernens und des Wissenstausches werden die Medienbestände und Menschen auf aktive Weise verbunden […] und [die Zentralbibliothek] fördert lokale Ge- meinschaften und schafft Netzwerke von Bürgern.« Mit der Vereinbarung dieser Vision wurde unterstrichen, dass das Ziel eines Umzugs der Zentralbibliothek auch eine wirklich neue Zentralbibliothek mit neuem Konzept bedeutet. Seit dem politischen Beschluss, die neue Zentralbibliothek in Wie bewahren Sie Ihre Schätze auf ? KAP1 unterzubringen, wird ganz konkret in verschiedenen Pro- jektgruppen in einem Zukunftsprozess an der praktischen Um- Mit unseren setzung dieser Vision gearbeitet. Daraus resultierend werden Sortimentsboxen schon jetzt am alten Standort in Formaten wie in dem geschaf- gelingt die Aufbewahrung fenen »LibraryLab« neue Konzepte im Sinne der Vision auspro- sicher, ordentlich biert und eine Bibliothekscommunity aufgebaut. So können und platzsparend. beispielsweise die Kundinnen und Kunden die Angebote im »LibraryLab« selbst mitgestalten. Bürgerpartizipation ist für das Konzept der neuen Zentralbib- liothek ein wesentliches Planungselement, denn nur die Menschen können eine Bibliothek mit Leben füllen. In Workshops unter an- derem mit Zielgruppen wie Jugendlichen, Lehrkräften oder der

Wie KAP1 einmal aussehen soll und wie sich der Konrad-Adenauer-Platz in Düsseldorf heute prä- Erfahren Sie mehr auf www.peter-haase.de sentiert, zeigt eine Fotogalerie in der BuB-App.

Peter Haase e.K. seit Anton-Emmerling-Str. 32 | 90513 Zirndorf 1982 Tel: 0911 - 600 17 33 | Fax: 0911 - 600 18 31 www.peter-haase.de | Mail: [email protected] SCHWERPUNKT UMBAU IM HISTORISCHEN BESTAND

Das 2. Obergeschoss im geplanten KAP1 in Düsseldorf mit Blick in Teile der Zentralbibliothek. Foto: Schrammel Architekten Stadtplaner PartGmbB

digitalen Community wird derzeit ein dynamisches Bibliotheks- Fazit konzept entwickelt, das auch für künftige Entwicklungen flexibel bleiben und in vielen Teilen als Prozess verstanden wird. Für die Stadtbüchereien Düsseldorf und ihre Zentralbibliothek Die zwei großen Publikumsflächen werden daher schon jetzt bietet der für 2021 geplante Umzug in ein Bestandsgebäude vor wie zwei Bibliothekskonzepte gedacht: Die eine Ebene wird als dem Hauptbahnhof eine echte Zukunftsperspektive. Die Vor- »Herz« der Zentralbibliothek konzipiert – hier pulsiert das Le- teile des alten Postgebäudes überwiegen eindeutig die Nach- ben, ist Kommunikation gewünscht. Im »Herz« gibt es Veranstal- teile des Bauens im Bestand. Für einen Neubau standen und tungs- und Ausstellungsräume (unter anderem einen Theater- stehen in Düsseldorf keine entsprechenden Flächen in zent- saal und weitere 15 Orte für Veranstaltungen), die Kinderbiblio- raler Lage zur Verfügung. Nun wird es darauf ankommen, die thek, eine Jugendbibliothek, das LibraryLab und ein Café. Stadtgesellschaft für das neue Bibliotheksgebäude und seine Die zweite Ebene ist als »Hirn« der Zentralbibliothek ge- Räume zu gewinnen und zu begeistern. plant, die eher »klassische Bibliothek«, die eine moderne Lern- umgebung mit Gruppen- und Einzelarbeitsplätzen, separaten Lernboxen und einen Dachgarten zur Entspannung bietet. 1 Die komplette »Vision für die Zentralbibliothek 2020« ist im Inter- Dieses »Heart-&-Brain-Konzept« soll bei hoher Aufenthalts- net abrufbar: https://stadtbuechereienduesseldorf.wordpress. qualität die unterschiedlichen Kundenerwartungen und Be- com/2016/05/31/vision-2020-zentralbibliothek-der-zukunft-be dürfnisse an eine Bibliothek erfüllen. wegen-entdecken-entwickeln/

Stephan Schwering Dr. Norbert Kamp begann seine war nach seinem berufliche Laufbahn nach dem Studium ab 1992 in Bibliotheksreferendariat als leitenden Funktio- wissenschaftlicher Mitarbeiter nen in Mittelstadt- bei einem kommunalen Spit- bibliotheken tätig. zenverband. Nach einem kurzen Seit 2014 ist er als Ausflug in das wissenschaftli- Leiter der Zentralbi- che Bibliothekswesen als Lei- bliothek der Stadt- ter der Universitätsbibliothek büchereien Düsseldorf mitverantwortlich für den internen der privaten Universität Wit- Zukunftsprozess und für die Konzeptionierung der neu ge- ten-Herdecke ist er seit 1991 Direktor der Stadtbüche- planten Zentralbibliothek. reien Düsseldorf.

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Katja Bartlakowski Keine Angst vor internen QM-Audits

Stärkung der organisationalen Lern- und Fehlerkultur mit kreativen Auditmethoden

Das Qualitätsmanagement ist im Bibliothekswesen ange- Aufgabe es ist, die Finanzprozesse sowie die Einhaltung der kommen. Seit mehr als 20 Jahren wird das Thema in der entsprechenden Vorschriften und Gesetze zu überwachen. Community bewegt; zahlreiche Öffentliche und Wissen- Eine vergleichbare Aufgabe kommt dem so genannten Qua- schaftliche Bibliotheken haben die Implementierungs- litätsaudit zu. Es hat zum Ziel, die Wirksamkeit des eingesetz- phase bereits hinter sich gebracht und arbeiten mit ver- ten Qualitätsmanagementsystems zu überprüfen und geht des- schiedenen QM- Modellen – von der ISO 9001 über etwaige halb der Frage nach, ob das, was in der Organisation als ver- Total Quality-Management-Systeme bis hin zur Nutzung einbart gilt, auch tatsächlich so gelebt wird. Genau genommen eigener, bibliotheksspezifischer Qualitätssiegel. Doch mit ist es ein Soll-Ist-Abgleich mit intern vereinbarten Standards, der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems ist es Norm- oder Siegelvorgaben sowie mit relevanten Gesetzesvor- häufig nicht getan. Im Gegenteil: Es muss beständig eva- schriften. Man spricht bei einer derart umfänglichen Überprü- luiert werden. Und wer eine Zertifizierung anstrebt, ist fung auch von Systemaudit. Während das externe Audit in der nach den Vorgaben vieler Systeme sogar verpflichtet, so- Regel von unabhängigen, externen Gutachtern durchgeführt genannte interne Überprüfungen oder Audits durchzu- wird – wie etwa dem TÜV der DQS oder der DEKRA –, handelt führen. Da jedoch »Prüfen« oder »geprüft werden« nach es sich bei dem internen Audit um eine Art Selbstevaluation menschlichem Empfinden nicht selten negativ besetzt ist, durch betriebseigene Mitarbeitende. Die Selbstbewertung- und ja sogar mit Ängsten verknüpft sein kann, werden die Lern- -reflexion in Gestalt von internen QM-Audits ist vielfach Vor- chancen für die Organisation, die das interne Auditieren aussetzung für eine Zertifizierung. bietet, häufig nicht erkannt. Dabei gewähren gerade kre- ative Auditmethoden interessante Möglichkeiten zur För- derung einer entspannteren Lern- und Fehlerkultur in der Rolle des QM-Auditors – damals und heute Organisation. Die Rolle des QM-Auditors, wie wir sie heute noch in vielen Si- tuationen erfahren, ist stark geprägt von der geschichtlichen Entwicklung des modernen Qualitätsmanagements, das seinen Auditwesen, interne und externe Audits Ursprung in der industriellen Fertigung hat. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beherrschten Fließband- und Akkordarbeit die Der Begriff »Audit« ist erst seit Veröffentlichung der ISO 9001 Produktion, die deutlichen qualitativen Schwankungen unter- im Jahre 1987 in vielen Branchen gängig. Ganz anders das lagen. Frederic Taylors entwickelte vor diesem Hintergrund Prüfwesen, das im Ansatz bereits in den mittelalterlichen Be- erstmals Methoden zur Überwachung und Auslese der man- stimmungen zur Qualität in den damaligen Handwerkszünf- gelhaften Erzeugnisse nach ihrer Fertigung und führte die be- ten verankert war und sich in der Folgezeit vornehmlich im triebliche Funktion eines Kontrolleurs ein. Bald erkannte man Finanzwesen wiederfand. Bis heute werden Audits durch ex- jedoch, dass es weniger umständlich und vor allen Dingen kos- terne Wirtschaftsprüfgesellschaften in Gestalt von Revisionen tengünstiger ist, die Sicherung der Qualität nicht erst an das durchgeführt. Im öffentlichen Sektor geben diese Prüfungen Ende des Fertigungsprozesses zu setzen, sondern von vorn- Auskunft über Umgang und Verwendung der öffentlichen Gel- herein in den Produktionsablauf zu integrieren (»Do it right der und zeigen Schwächen beziehungsweise Verbesserungspo- the first time«-Ansatz). Die ersten Verfahren zur statistischen tenziale des Finanzmanagements auf. Zur Früherkennung von Qualitätskontrolle für die industrielle Fertigung wurden ent- Abweichungen sowie zur Prävention und ständigen Verbesse- wickelt, und fortan war es möglich, Störungen im Rahmen des rung haben viele Organisationen Abteilungen für den Bereich Produktionsprozesses frühzeitig zu erkennen und zu beheben. »Interne Revision« oder »Innenrevision« eingerichtet, deren Die Idee der Null-Fehler-Quote entstand.

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In der 1960er-Jahren wurde der industrielle Ansatz zur Und genau hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass Audito- Qualitätssicherung allmählich auf andere Bereiche der Orga- ren ein neues Rollenverständnis entwickeln. Heute wissen wir, nisation ausgeweitet und zu Beginn der 1970er Jahren kam dass für die Qualität jede/r Mitarbeitende verantwortlich ist, die Einbeziehung der umfangreichen Dokumentationspflich- nicht nur der Ingenieur oder der QM-Beauftragte. Wir wissen, ten hinzu. Im Jahre 1979 erfolgte in England sodann die Ver- dass Qualitätsentwicklung ein »Lernen« ist, dass hirnphysio- öffentlichung der für alle Industriezweige geltenden Qualitäts- logisch betrachtet nur in druck- und stressfreien Umgebungen managementnorm BS 5750, die auf der Basis der Normen für möglich ist. Wir wissen auch, dass nach heutigem pädagogi- die Rüstungsindustrie entstanden war. Nach dem Vorbild die- schem Verständnis ein Fehler als Merkmal eines Lernprozesses ser englischen Norm wurde die im Jahre 1987 verabschiedete verstanden wird. Und wir wissen, dass die Methoden, mit de- und fortan weltweit gültige Normenserie ISO 9000 ff. entwi- nen Produktionen geprüft werden, auf menschennahe Dienst- ckelt, die seither verschiedentlich überarbeitet wurde. leistungen, in denen die Kontakt- und Beziehungsgestaltung im Sicherlich konnte man sich Produktionsfehler kaum leis- Mittelpunkt steht, nicht unreflektiert übertragbar sind. ten; traten diese dennoch in einer bestimmten Größenordnung auf, war dies Grund und Anlass, eine schlechte Qualität sowie eine nicht funktionierende Qualitätssicherung zu bescheini- gen. Geprägt von diesem industriellen Qualitätssicherungs- Eine Übersicht mit kreativen Audit-Methoden und Null-Fehlerverständnis hatte der QM-Auditor seit jeher für die bibliothekarische Praxis finden Sie in der die Rolle des Prüfers, der seinen Blick auf Abweichungen und BuB-App. Nichtkonformitäten lenkte und in seinem Auditbericht check- listenartig auf das Abstellen der festgestellten Fehler drängte. Das Auditwesen war lange Zeit fokussiert auf »Beweisbares«, All dies fordert eine zeitgemäße Kultur des Auditierens. Und etwa in Gestalt von Kennzahlen, Mess- oder Prüfwerten, Statis- vermutlich würde es genügen, wenn man zum ursprünglichen tiken und andere für notwendig erachtete Aufzeichnungen und Audit-Verständnis zurückkehrte. Denn der Begriff »Audit« lei- damit reduziert auf eine Überprüfung rein technischer Funkti- tet sich aus dem Lateinischen Wort »audire« ab und bedeutet onen und Dokumente. so viel wie »hören, hinhören, zuhören«. Bereits diese Wort- Noch heute erleben wir selbst im Dienstleistungsbereich deutung impliziert, dass dem Auditieren eine Art Mensch und QM-Audits, die an eine Revision erinnern, im Rahmen derer Organisation begleitender Charakter innewohnt, der über die Abweichungen von intern vereinbarten Handlungsstandards, bloße Fähigkeit, Norm-, Siegel- oder Gesetzesanforderungen von gesetzlichen Vorschriften und sonstigen Vorgaben identi- abzugleichen, weit hinausgeht. Hinhören, Zuhören bedeutet fiziert, Schwachstellen aufgedeckt und auf Fehler hingewie- auch wahrzunehmen, den Wert zu sehen und anzuerkennen sen werden. Traditionell ist der Blick des Auditors immer noch sowie interessierte, offene Fragen zu stellen. Dieses Verständ- sehr auf den Mangel fokussiert, wenngleich man neuerdings nis von Hinhören oder Zuhören erinnert doch sehr an die Her- über »Schwachstellen«, »Schwächen« oder »Fehler« nicht mehr angehensweise eines Moderators oder Coaches, der mit seiner spricht, sondern eher »Lern- oder Verbesserungspotenziale« Arbeit Lern- und Entwicklungsprozesse in einer Organisation hervorhebt. Ungeachtet dessen kommt positives, anerkennen- unterstützt. des Feedback nur selten vor. Der Auditor ist hiervon ausgehend ein organisationaler Ent- Betrachtet man diese geschichtlich stark geprägte, streng wicklungsbegleiter, der mit Offenheit und Transparenz über wertende Audit- oder Prüfkultur, kommt es nicht von unge- sein Tun, Vertrauen schafft und vorurteilsfrei wahrnehmen be- fähr, dass die Ankündigung eines QM-Audits bei Mitarbeiten- ziehungsweise verstehen möchte. Er ist jemand, der einen auf- den mitunter Stress, Ängste oder Sorgen auslöst. Steht ein Au- richtig interessierten Kontakt auf Augenhöhe herzustellen ver- dit an, werden noch rasch die Qualitätsaufzeichnungen aktu- mag und den Dialog mit den Auditbeteiligten wertschätzend alisiert, die Managementbewertung nachgeholt, die Art des und kompetenzorientiert gestaltet, sodass Befürchtungen und Arbeitens an die Vorgaben im QM-Handbuch angepasst oder Ängste, die mit der Auditsituation oder mit der Angst, Fehler bestimmte Abläufe eintrainiert, um vor den Augen des Audi- zu machen, zusammenhängen, gezielt genommen werden kön- tors ja keine Fehler zu machen. Wieder andere Mitarbeitende nen. Der Auditor, der seine Rolle zeitgemäß versteht, könnte entziehen sich dem Auditprozedere gänzlich oder stehen im also jemand sein, der die Organisation mit einfühlsamem Ver- Auditgespräch merklich unter Druck. »Im Audit fühle ich mich stehen und der richtigen Auditmethode aktiv dabei unterstützt, wie in der Schule, wie in einer Prüfung, auf die ich nicht gut eine positive Lern- und Fehlerkultur zu entwickeln. vorbereitet bin«, so ein Mitarbeitender, der annahm, dass seine Kenntnisse, seine Fähigkeiten und Kompetenzen im Au- dit »überprüft« würden. QM-Audits werden vielfach nicht als Fehlerkulturfreundliche Methoden für interne QM-Audits hilfreiche, unterstützende Erfahrung verbucht, sondern als sys- tematische Kritik oder Abwertung. In einer solchen Umgebung, Die Wahl der Auditmethode richtet sich nach der Zielsetzung geprägt von Angst, Druck und Stress, kann kein positives Feh- des Audits. In der Regel wird es im Audit um den Abgleich der lerverständnis entstehen, das ja erst ein Lernen ganz im Sinne Realität mit den Anforderungen des gewählten Qualitätsma- einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung ermöglicht. nagementsystems (Norm- oder Siegelanforderungen), den

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gesetzlichen Vorschriften oder den Kundenerwartungen be- Methodenkoffer für interne Audits ziehungsweise des Umfeldes gehen. Will man jedoch das Audit auch dazu nutzen, gezielt Ängste und Barrieren im Umgang Für gewöhnlich findet im Vorfeld eines Audits eine erste Do- mit Fehlern und Misserfolgen abzubauen sowie die generelle kumentenprüfung statt. Für die Durchführung selbst wird üb- Lern- und Anerkennungskultur zu stärken, so ist es nicht ganz licherweise die Gesprächs- oder Interviewmethode gewählt. unbedeutend, zunächst einmal die Hintergründe unserer feh- Mitunter kommt auch die sogenannte teilnehmende Beob- lerkulturellen Prägung zu verstehen. achtung von bestimmten Handlungssituationen zur Anwen- dung, im Rahmen derer direkte Interaktionen innerhalb einer Gruppe, Verhaltensweisen einzelner oder bestimmte Prozess- Fehlerkultureller Hintergrund beziehungsweise Arbeitsabläufe beobachtet werden können. Auch die abschließende Dokumentensicht nimmt häufig noch- Fehler sind in der Arbeitswelt wie im Leben unausweichlich. mals Raum ein. Wer etwa heranwachsende Kinder beobachtet, wie sie sich in Neben diesen »Klassikern« gibt es zahlreiche Audit-Me- ihrer Welt bewegen, diese erfassen, hinfallen, wieder aufstehen thoden, die einen kreativeren Rahmen bieten als die übli- und es erneut versuchen, kann miterleben, dass »Versuch und che Interviewmethode oder die unter den Auditbeteiligten Irrtum« zu den Kernmethoden des Lernens gehört. Man spricht häufig weniger beliebte Methode der teilnehmenden Beob- auch von initialem Lernen. Kinder wissen das, Menschen in Or- achtung. Einige von ihnen – das Team-Quiz, das Prozess- ganisationen scheinbar nicht (mehr). Im Gegenteil: Viele ha- audit (einmal anders), das Spontanaudit, das hospitative ben ihre Kompetenz, offen, produktiv und in gewisser Weise Audit, das Best-Practice-Audit sowie das Selbstbewertungs- leicht mit Fehlern umzugehen, weitestgehend verlernt. spiel nach ISO 9004 – werden in der BuB-App kursorisch vorgestellt. Für Zertifizierungsaudits gelten klare Vorga- Für Zertifizierungsaudits gelten klare Vorgaben, an die ben, an die man im Rahmen der Durchführung man im Rahmen der Durchführung von internen Audits von internen Audits nicht gebunden ist. Im nicht gebunden ist. Im Gegenteil: Interne Audits bieten Frei- Gegenteil: Interne Audits bieten Freiraum, raum, eigene Auditschwerpunkte zu setzen und kreative Me- thoden auszuprobieren. Dass Audits wertschätzend und kol- eigene Auditschwerpunkte zu setzen und legial durchgeführt werden sollten, ist das eine. Wenn sie kreative Methoden auszuprobieren. zudem entspannt ablaufen, möglicherweise auch Spaß ma- chen und in diesem Kontext das gegenseitige Lernen und Reflektieren fördern, wäre das für die Entwicklung eines Mitursächlich sind da nicht selten die erlebten Schul- und Er- nachhaltigen organisationalen Lern- und Fehlerklimas ein ziehungserfahrungen. Denn in unseren immer noch sehr be- großer Gewinn. havioristisch geprägten Lernumwelten ist die Benotung häu- fig an eine Fehlerquote geknüpft. Je größer die Fehleranzahl, desto schlechter die Note. Fehler werden in diesem Kontext als Makel, Defizit oder Minderwertigkeit angesehen und sind eng an negativen Konsequenzen gekoppelt. Wer dieses Fehler- Dr. Katja Bartlakowski leitet verständnis übernimmt, entwickelt nahezu zwangsläufig auch seit 2009 das Bibliotheks- eine Fehlerangst. Eine bekannte Selbstschutzstrategie ist dann system der Hochschule Os- die Konzentration auf Sicherheit spendende und nach Möglich- nabrück. In der Zeit von 2003 keit fehlervermeidende Routinen. Für Selbstständigkeit und Ei- bis 2005 absolvierte sie ein geninitiative fehlt dann das Zutrauen. Eigenständiges Lernen Bibliotheksreferendariat an kann unter diesen Umständen nicht stattfinden. Aber nicht nur der Universitätsbibliothek das. Mitunter geht in der Konsequenz das Gespür für die eige- Marburg und erhielt zugleich nen Fehler gänzlich verloren und damit das Vermögen, sich zu den Master-Abschluss in Bi- ihnen zu bekennen und sie als Lernchance zu begreifen. bliotheks- und Informati- Die pädagogischen Versäumnisse aus der Erziehungs- und onswissenschaften an der Schulzeit im Arbeitskontext auszugleichen, ist kaum möglich. Humboldt-Universität zu Gleichwohl benötigen Mitarbeitende Unterstützung darin zu Berlin. Zuvor studierte sie lernen, mit ihren Fehlern wieder verantwortungsvoll umzu- Rechtswissenschaft, promovierte und schloss ihre juris- gehen. Voraussetzung dafür ist eine Lernkultur, in der Fehler tische Ausbildung mit dem Rechtsreferendariat ab. Katja nicht als Schwäche, sondern als Lernanlass verstanden wer- Bartlakowski ist ausgebildete QM-Koordinatorin (GAB), den. Hierfür bedarf es einer wohlwollenden und vertrauens- QM-Auditorin (TÜV), Mediatorin (BM) und systemische vollen Lern- und Arbeitsatmosphäre. Und eine solche kann ge- Coach (DGfC). Bis 2017 war sie Mitglied in der gemeinsa- zielt durch die Anwendung spezieller, interner Auditmethoden men Managementkommission von dbv und VDB. gefördert werden.

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Bianca Köndgen, Markus Putnings »Internationalisation at Home« des nicht-wissenschaftlichen Personals  Das Beispiel der Erasmus+ Staff Exchange Week der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der integrierten Library Staff Exchange Week der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg

1. Trend zur Digitalisierung und gegen Nationalismus 2. Ideelle und praktische Ziele der Internationalisierung

Vor den aktuellen technologischen und nationalistisch gepräg- Die Ziele der Internationalisierung sind damit sowohl ideeller ten politischen Hintergründen gewinnen die Internationalisie- als auch praktischer Art und auf verschiedenen Ebenen unter- rungsdebatten und -aktivitäten an Hochschulen und deren För- schiedlich ausgeprägt. derer derzeit wieder an neuer Dynamik. Auf politischer Ebene kann die genannte europäische Idee Hierzu sei das Statement »Zur Internationalisierung der Cur- oder auch das Konzept des »Global citizenship«6 eine Rolle spie- ricula« der Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkon- len, ebenso das Verständnis für die Globalisierung des Arbeits- ferenz (HRK) zitiert, das empfiehlt, »den Studierenden den Wert marktes und der Wissenschaft; oder aber in praktischer Hinsicht internationaler Curricula zu verdeutlichen«, die sich »durch eine der konkrete Wissens- und Technologietransfer zwischen den Pluralität alternativer Sichtweisen und eine generelle Wertschät- Ländern und die Qualifizierung der Wirtschaft und Bürger für zung von Vielfalt« auszeichnen.1 Ein anderes Beispiel ist das für den internationalen Markt. Auf der Hochschulebene strebt man die Bologna-Ministerkonferenz erarbeitete Positionspapier »Bo- nach einem Wissenszuwachs in den spezifischen Forschungsge- logna Digital«, das die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung bieten und nach der Möglichkeit von internationalen Koopera- wie Internationalisation at Home2, etwa durch E-Learning oder tionsabschlüssen, drittmittelgeförderten Projekten sowie Publi- Blended Learning3-Kurse betont, um die Teilnehmenden virtuell kationen mit hoher internationaler Sichtbarkeit. Auch die Zahl auf Auslandsaufenthalte vorzubereiten und den internationalen internationaler Studenten ist oft ein Kriterium wichtiger Hoch- digitalen Austausch zu unterstützen.4 schulrankings. Auf persönlicher Ebene kann die Wertschätzung In beide Richtungen argumentiert auch das Positionspapier für Diversität und Multikulturalität, die Überwindung geogra- der Nationalen Erasmus+ Agentur zur Entwicklung von Eras- fischer und geistiger Schranken und die Möglichkeiten der Ein- mus+ in seiner zweiten Halbzeit und Ausgestaltung der nach- nahme, Analyse und Synthese neuer Blickwinkel genannt wer- folgenden Programmgeneration (2021–2027). Hierin wird ge- den; oder aber auf praktischer Ebene der konkrete Nachweis fordert, die »Wirkung von Erasmus+ durch virtuelle Formate der Befähigung, in einem interdisziplinären und interkulturel- [zu] stärken« und die gesellschaftliche Rolle der Hochschulen len Team arbeiten zu können, flexibel und anpassbar zu sein, auszubauen, darunter mit dem »Auftrag, für die Gesellschaft zu Herausforderungen meistern zu können und/oder sprachliche wirken, konkret mit seiner Internationalität in die Gesellschaft sowie interkulturelle Kompetenzen für bestimmte Länder und hinein- und an der europäischen Idee mitzuwirken«.5 Auslandsaufgaben erworben zu haben.7

1 Hochschulrektorenkonferenz, S. 6-7 2 »Internationalisation at Home« bezeichnet die Gesamtheit aller Möglichkeiten, internationale Erfahrungen an der heimischen Universität zu sammeln. Oftmals wird dies durch internationale Gastdozierende, fremdsprachige Lehrveranstaltungen sowie international ausgerich- tete Studieninhalte realisiert. 3 Blended Learning ist ein Sammelbegriff für verschiedene Kombinationen von Präsenz- und Online-Lehrangeboten, während E-Learning i.d.R. allein auf virtuelle Lehrmethoden und -angebote beschränkt ist. 4 Kiron Open Higher Education, S. 4 5 Nationale Erasmus+ Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit im DAAD, S. 2-3 6 Mit Global citizenship wird das Bewusstsein von Menschen, Organisationen und Unternehmen für eine global vernetzte Welt und für die entsprechende Notwendigkeit einer solidarischen Weltgesellschaft bezeichnet. 7 Vgl. Ilies Nicoleta-Maria, Cristina Campian, Doina Verdes, Laurence Boswell, S. 96, 99, 102; vgl. zudem Karen Bordonaro, Sabine Rauch- mann, S. 678, 681, 683.

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3. Die Rolle der Wissensmanager und der Hochschulbibliotheken zählt die Bereitstellung internationaler Literatur, von Publi- kations- und Archivierungsangeboten (zum Beispiel für Open Damit sowohl top-down die (hochschul-)politischen Ziele an Data, Open Educational Resources, Massive Open Online Cour- die Studierenden und an das Personal in Hochschulen heran- ses/MOOC et cetera), von Publikationsfonds für Open Access getragen werden als auch bottom-up die Ziele der jeweiligen In- Publikationen mit hoher internationaler Sichtbarkeit oder von dividuen erfüllt werden können, etwa in Form des Nachweises Gruppenarbeitsräumen und Lesesälen als Orte der Begegnung der Teilnahme an internationalen Programmen für Bewerbun- mit internationalen Studierenden. gen, bedarf es umfangreicher Personalunterstützung an Hoch- Darüber hinaus gibt es aktuell als Trend in ausländischen schulen. Jänicke und Krüßmann sprechen hier von der primä- Hochschulen – hierzulande noch eher selten – bibliothekssei- ren Bedeutung der Wissenschaftsmanager und aller Ebenen tige Kooperationen mit der Abteilung für Internationale Ange- der Administration. legenheiten an der Hochschule. Diese Kooperationen können zum Beispiel gemeinsam angebotene International Staff Exch- »Die Intensivierung der grenzüberschreitenden Koopera- ange Weeks für einen internationalen Erfahrungsaustausch tionen und die Internationalisierung von Hochschulen betreffen.12 können nur gelingen, wenn sie als Querschnittsaufgaben Die nachfolgenden Kapitel widmen sich einer entsprechen- verstanden werden. [...] Wissenschaftsmanager sind nun den Erasmus+ Staff Exchange Week der Friedrich-Alexan- gefordert, den Austausch zu unterstützen, den Erwerb in- der-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und integrierten Li- ternationaler Kompetenzen zu fördern und dazu anzure- brary Staff Exchange Week der Universitätsbibliothek Erlan- gen, den Blickwinkel auf die internen Prozesse zu erwei- gen-Nürnberg und weisen die Vorteile hierbei im Kontext der tern. Letztlich [muss die administrative Ebene genau das Internationalisierung aus. leisten und unterstützen], wozu die Hochschulen heute auch ihre Absolventen befähigen sollen: Vernetztes Den- ken, Interdisziplinarität, Innovationsfähigkeit und inter- 4. Argumente für eine Erasmus+ Staff Exchange Week und kulturelle Kompetenzen.«8 integrierte Library Staff Exchange Week

Vor dem benannten Hintergrund der Digitalisierung und Kon- Für Hochschulbibliotheken sind diese Kooperationen und Staff zepten wie Internationalisation at Home, Blended Learning Exchange Weeks nötig, da ihre Rolle als Wissensanbieter zwar und Open Educational Resources9 steigt dabei auch die Rolle tradiert ist, jedoch die Rolle als Wissensmanager insbesondere der Hochschulbibliothek als Akteur der Internationalisierung in ihrer Doppelrolle als Wissensanbieter und Wissensmanager. a) im vernetzten Zusammenspiel und Austausch mit anderen So konstatieren etwa Jos Beelen und Elspeth Jones: administrativen Einheiten und b) im Bereich der Internationalisierung »Internationalization at Home is the purposeful integra- tion of international and intercultural dimensions into the erst die letzten Jahre das Profil von Hochschulbibliotheken formal and informal curriculum for all students within wesentlich erweitert hat. Als Hintergründe hierfür zu nennen domestic learning environments.«10 sind unter anderem die Forderungen des Wissenschaftsrates und des Rats für Informationsinfrastrukturen nach einer bes- Der Fokus von lokalen Internationalisierungsimpulsen an der seren Koordinierung der Arbeit der Informationsinfrastruktur- Hochschule liegt demnach nicht mehr nur auf dem Curriculum einrichtungen an Hochschulen angesichts aktueller Heraus- und lehrenden Personal11, sondern auf allen Ebenen, die das forderungen beispielsweise im Bereich Open Science13 sowie Curriculum formell und informell unterstützen und insbeson- die Notwendigkeit der eigenen Internationalisierung und In- dere auf einer Einbindung der Internationalisierungskonzepte novationsfähigkeit angesichts eines zunehmenden global agie- in die virtuellen und physischen Lern- und Fortbildungsumge- renden Geschäftsumfelds. Dieses umfasst die Geschäftsbezie- bungen der Hochschule. Diese werden in weiten Teilen durch hungen mit internationalen Konsortien, Dienstleistern und die Hochschulbibliotheken realisiert und angeboten. Hierzu Verlagen, internationale Standardisierungsbemühungen und

8 Daniela Jänicke, Renate Krüßmann, S. 34 9 Mit Open Educational Resources werden frei im Internet zugängliche Lern- und Lehrmaterialien bezeichnet, deren legale Nachnutzung durch offene (zum Beispiel Creative Commons) Lizenzen ermöglicht werden. 10 Jos Beelen, Elspeth Jones, S. 69 11 Vgl. Jos Beelen, Elspeth Jones, S. 66-67 12 Auf der IMOTION Erasmus Staff Training Homepage wird die Zielgruppe »Libraries and learning centres« aktuell am fünfthäufigsten genannt, noch weit vor zum Beispiel »ICT« oder »Doctoral education«. Für Deutschland gibt es mit der Zielgruppe »Libraries and learning centres« jedoch nur einen Treffer. Vgl. http://staffmobility.eu/staff-week-search (abgerufen am: 8.1.2019). 13 Vgl. Markus Putnings, Sebastian Teichert, S. 137

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-kooperationen zum Beispiel im Bereich Normdaten14, Repo- e) das Programm lässt sich gegebenenfalls in das Rahmenpro- sitorien15 oder grenzüberschreitende Bibliothekspartnerschaf- gramm der Erasmus+ Staff Exchange Week der Hochschule ten und Forschungsprojekte wie zum Beispiel die digitale Lern- integrieren, hieraus resultieren geringe Kosten und Orga- und Arbeitsplattform MOVING16. nisationsaufwände für die Hochschulbibliothek bei einem Ein konkretes Problem bei der eigenen Internationalisie- gleichzeitig hochattraktiven Gesamtprogramm, rung, das heißt sowohl des Profils und der Reputation im Aus- f) die Hochschulbibliothek kann mit der Library Staff land als auch der eigenen Mitarbeiter im Umgang mit auslän- Exchange Week sowohl hochschulintern als auch global ihr dischen Studierenden und Forschenden ist der entsprechende internationales Engagement bewerben, Etat bei Hochschulbibliotheken. Das Profil kann zum Beispiel g) das Kollegium kann sich in einer internationalen Gruppe durch einen international sichtbaren Universitätsverlag17, mit Kolleginnen und Kollegen anderer Bibliotheken durch Publikationsplattformen oder grenzüberschreitend be- austauschen deutsame Forschungsprojekte geschärft werden. h) und dies ohne dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Der Dienstreise- und Fortbildungsetat für die Mitarbeite- zeit- und kostenaufwändig (zum Beispiel das Problem der rinnen und Mitarbeiter der Hochschulbibliothek ist jedoch Stellvertretungen selbst bei Erasmus+ oder BII22 finanzier- zumeist stark beschränkt, sodass die Teilnahme an internati- ten Reisen) ins Ausland entsendet werden müssen.23 onalen Zusammenkünften oft nur möglich ist, wenn die Kos- ten selbst oder durch einen Förderer18 getragen werden oder, Oftmals können hierbei Ressourcen der eigenen Hochschule sollten keine hinreichenden finanziellen Mittel vorhanden sein, zur Unterstützung herangezogen werden. An der FAU über- stattdessen etwaige Möglichkeiten der »Internationalisation at nimmt zum Beispiel das Referat für Internationale Angelegen- Home« genutzt werden19. Eine der besten Optionen20 hierzu ist heiten (RIA) die entsprechende Planung und Durchführung die Veranstaltung einer Library Staff Exchange Week im Rah- von Erasmus+ Staff Exchange Weeks. men einer Erasmus+ Staff Exchange Week der eigenen Hoch- schule. Hierbei können 5. Planung a) die ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst anhand ihrer Kompetenzen oder der ihrer Heimathoch- 5.1. Planung der Erasmus+ Staff Exchange Week schulbibliothek und potenziell möglicher Kooperationspro- jekte ausgewählt werden, Das RIA führt seit 2008 regelmäßig entsprechende Fortbil- b) hierzu kann zudem vorab bereits ein bestimmter Fokus der dungswochen für Angehörige von Partnerhochschulen durch24. Woche festgelegt werden, zum Beispiel auf Open Access21, Mit Einführung des Lifelong Learning Programme (LLP) 2007 um den Kompetenzzuwachs und Austausch für das Biblio- wurde die Möglichkeit geschaffen, in Ergänzung zur Mobilität thekspersonal gezielter zu steuern, von Studierenden und Lehrenden auch das Verwaltungsperso- c) mit diesem Fokus werden gegebenenfalls auch die Kom- nal international fortzubilden. Da zum Teil dienstliche oder pri- petenzen und entsprechenden Kooperationswünsche der vate Gründe gegen den Auslandsaufenthalt sprechen können, Hochschulbibliothek international sichtbar und präsent, ist es ein zentrales Ziel, auch unmittelbar am Arbeitsplatz ei- d) das Bibliothekspersonal kann auf den definierten Termin nen Austausch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen der Library Staff Exchange Week vorbereitet werden, das zu ermöglichen. heißt es können Fragen, Diskussionswünsche, Präsentatio- In diesem Austausch liegt der Fokus auf fachlichen und wis- nen der eigenen Aufgabengebiete und Programme für einen senschaftlichen Diskursen, die in qualitativ hochwertigen Vor- professionellen und sozialen Austausch entwickelt werden, trägen und Workshops dargestellt werden und von denen die

14 Vgl. http://www.dnb.de/DE/Standardisierung/International/rda.html (abgerufen am: 8.1.2019) 15 Vgl. https://www.coar-repositories.org/activities/repository-interoperability/ (abgerufen am: 8.1.2019) 16 Vgl. http://moving-project.eu/ (abgerufen am: 8.1.2019) 17 Vgl. https://blog.bibliothek.kit.edu/ag_univerlage/?page_id=535, http://www.aeup.eu/aeup/membership-application/list-of-members/ (beide abgerufen am: 01.12.2018) 18 Vgl. z.B. https://bi-international.de/de_DE/infos-foerderung (abgerufen am: 8.1.2019) 19 Vgl. Petra Düren, S. 60, 64 20 Weitere mögliche Optionen werden unter »7. Fazit und weitere Möglichkeiten zur ›Internationalisation at Home‹« genannt. 21 Vgl. http://staffmobility.eu/staffweek/universite-de-liege-open-access (abgerufen am: 8.1.2019) 22 Vgl. http://www.bi-international.de/deutsch/foerderprogramme/ (abgerufen am: 8.1.2019) 23 Vgl. Romy Hilbrich, Christopher Landes, S. 603, 605. URL: https://b-u-b.de/wp-content/uploads/2016-10.pdf#page=66 (abgerufen am: 8.1.2019) 24 Vgl. https://www.fau.eu/international/employee-mobility/non-teaching-employee-exchange/ (abgerufen am: 8.1.2019)

302 LESESAAL WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK

internen und externen Teilnehmerinnen und Teilnehmer beruf- 5.2. Planung der integrierten Library Staff Exchange Week lich profitieren können. In der Regel umfasst das Grundgerüst der Planung eine offizielle Begrüßung dieser Teilnehmerinnen Mit der entsprechenden Infrastruktur wie dem RIA vor Ort re- und Teilnehmer durch die Hochschulleitung, eine Einführung duzieren sich auch die Aufwände bei der Planung und Organi- in die Strukturen der Hochschule sowie ein interkulturelles sation einer integrierten Library Staff Exchange Week zur »In- Training und Führungen, um so die Teilnehmerinnen und Teil- ternationalisation at Home« der Wissensmanager. Die Univer- nehmer mit dem Arbeitsumfeld vertraut zu machen. An den sitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg hat mit Unterstützung des Folgetagen können sich Blöcke mit Vorträgen und interaktiven RIA bereits Ende Januar 2015 ihre erste Library Staff Exchange Workshops abwechseln. Das umgebende Rahmenprogramm Week organisiert.25 Die komplementären Planungsaufwände wird an der FAU möglichst dem thematischen Inhalt der Fort- zum Programm des RIA ließen sich damit weiter minimieren.26 bildung angepasst, 2015 etwa mit dem Schwerpunkt Latein- Das spezifische Fachprogramm hat ein sechsköpfiges Biblio- amerika und einem entsprechenden Konzertbesuch, 2016 mit theksteam erstellt. Das Team hat in der Vergangenheit bereits dem Schwerpunkt Naher Osten und einem Ausstellungsbesuch. eigene Erasmus+ Staff Exchange Weeks besucht und besaß 2018 lag der Schwerpunkt auf Franken selbst, etwa mit dem entsprechende Vorerfahrungen, wie die Programme an ande- Besuch der Bergkirchweih und Museumsbesuchen. Die beglei- ren Bibliotheken im Ausland organisiert waren und welche De- tenden interkulturellen Trainings zu den entsprechenden Part- tails dort positiv oder negativ rezipiert wurden. Zudem wurden nerländern runden das Bild ab und bieten die Möglichkeit, die die Austauschwünsche der eigenen Kolleginnen und Kollegen neu erworbenen Kenntnisse unmittelbar im Umgang mit den berücksichtigt. So wurde eine Session »From medieval manu- Kolleginnen und Kollegen erproben zu können. scripts to modern research data management« konzipiert, die Zudem ist es möglich, in individuellen Hospitationen rele- sich mit der Digitalisierung alter Schriften bis hin zum entspre- vante Departments, zentrale Einrichtungen, wie das Sprachen- chenden Forschungsdatenmanagement beschäftigt. Eine wei- zentrum und die Graduiertenschule, und Abteilungen der Zen- tere Session konzentrierte sich auf drittmittelgeförderte Pro- tralen Universitätsverwaltung, wie zum Beispiel die Studien- jekte27 der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg mit der beratung, das Prüfungsamt, Qualitätsmanagement sowie die Absicht, potenzielle Kooperationspartner für weitere Folge- Abteilung Marketing und Kommunikation kennenzulernen. projekte oder neue thematisch passende Drittmittelanträge zu Eine Herausforderung für die Planung sind stets nationale eruieren. Das Bibliotheksprogramm sollte jeweils nachmittags und/oder religiöse Gepflogenheiten; so fiel 2018 die Fortbil- vom Rahmenprogramm der Erasmus+ Staff Exchange Week dung der FAU zeitlich mit dem Beginn des Ramadans zusam- der FAU ergänzt werden, etwa durch einen Besuch des Doku- men. In Zusammenarbeit mit dem Department Islamisch-Re- mentationszentrums Reichsparteitagsgelände in Nürnberg und ligiöse Studien wurde deshalb ein gemeinsames, interreligiö- des Jüdischen Museums Franken in Fürth, um den Gästen Teile ses Fastenbrechen »Iftar« nach Sonnenuntergang organisiert. der deutschen Geschichte zu vermitteln. Zudem muss auf unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten Rücksicht genommen werden, etwa koschere Speisen für die israelischen Gäste. 6. Durchführung und Erfahrungen im Bereich Die Gäste erhalten seitens des RIA im Vorfeld umfassende Internationalisierung logistische Hilfe. Es werden Hotelkontingente reserviert, so- dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer je nach Budget aus- Die Teilnehmerplätze an der Fortbildung wurden zunächst den wählen konnten. Gäste, die in gleichen Hotels untergebracht Hochschulen in den sogenannten Partnerländern angeboten, waren, werden zur gemeinsamen Vernetzung in Verbindung mit denen die FAU vertragliche Vereinbarungen über den Aus- gesetzt. Zudem erhalten alle internationalen Gäste vorab Stadt- tausch von Personal zu Fortbildungszwecken getroffen hatte. pläne sowie per E-Mail Informationen zur Anreise, inklusive La- Ein Kontingent an Plätzen wurde zudem reserviert für Bewer- geplänen von Bahnhöfen und Flughäfen, sowie zum Teil perso- ber aus europäischen Hochschulen in den sogenannten Pro- nalisierte Verbindungen per Bus und Bahn für diejenigen, die grammländern, wobei hier keine Vertragsbindung besteht. Die nicht direkt anreisen. finale Gruppe setzte sich aus Teilnehmerinnen und Teilnehmern

25 Vgl. Regina Schmidt 26 So musste die individuelle Willkommensbroschüre der Universitätsbibliothek für die internationalen Gäste nur teilweise angepasst werden, auch die allgemeinen Teile des Bibliotheksprogramms wie die Begrüßung, die Führung durch die Universitätsbibliothek et cetera wurden beibehalten. 27 Unter anderem die Projekte eHumanities – interdisziplinär (https://www.fdm-bayern.org/ehumanities-interdisziplinaer/), NatHosting (https://www.nathosting.de/display/ND/Home), der Fachinformationsdienst Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung (https://ub. fau.de/bibliotheken-sammlungen/fachinformationsdienst-erziehungswissenschaft/) und DeepGreen (https://deepgreen.kobv.de/, jeweils abgerufen am: 8.1.2019)

BuB 71 05/2019 303 LESESAAL WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK

aus Russland, dem Libanon, Ägypten, Jordanien, Bosnien, Ser- Alle Präsentationen sowohl der Gäste als auch der Kolle- bien, der Ukraine, Israel, Frankreich, Großbritannien, Italien ginnen und Kollegen vor Ort wurden zur Nachnutzung und und Tschechien zusammen. Die breite Länderfächerung bietet für mögliche Nachfolgeprojekte und -kooperationen digital einen multikulturell weitreichenden und vor allem intensiven bereitgestellt. Erfahrungsaustausch. Zudem ergaben sich Synergien durch Kooperationen mit Hochschulen in den Partnerstädten Erlan- gens und Nürnbergs. Die entsprechenden Teilnehmer aus Wla- 7. Fazit und weitere Möglichkeiten zur dimir in Russland und Stoke-on-Trent in England wurden vom »Internationalisation at Home« Partnerschaftsbeauftragten der Stadt Erlangen empfangen und hatten auf der Bergkirchweih die Möglichkeit zum Gespräch Über die Erasmus+ Staff Exchange Week und Library Staff mit dem Oberbürgermeister. Am Rahmenprogramm nahmen Exchange Week können auch ohne ein großes Reisekostenbud- zudem mehre Professoren aus Israel, Marokko und der Ukraine get in einer internationalen Gruppe Ideen und Informationen teil, die sich zu dem Zeitpunkt im Rahmen der Erasmus-Do- ausgetauscht und die interkulturelle Fortbildung gestärkt wer- zentenmobilität für Gastvorlesungen an der FAU befanden. den, etwa durch die Erweiterung des persönlichen und fachli- Mit Blick auf die Wissensmanager kamen die geladenen Bib- chen Horizonts. Als Resultat sind positive Wirkungen auf die liotheksgäste aus der persönliche Entwicklung und Motivation sowie auf das Service- angebot und die Dienstleistungsqualität bezogen auf interna- a) Library of the Faculty of Medicine and Nursing / University tionales Klientel oder (Geschäfts-)Partner in den diversen Ab- of Córdoba (Spanien), teilungen möglich.31 b) Library of the Sarajevo School of Science and Technology Hierzu können ergänzend auch folgende weitere Möglich- (Bosnien und Herzegovina), keiten der »Internationalisation at Home« für Wissensmanager c) Library of the Faculty of Chemistry / University of Belgrade etwa an Hochschulbibliotheken herangezogen werden, die an (Serbien) und der der FAU und der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg in d) Periodicals Central Library / Beit Berl Academic Colleges Teilen bereits umgesetzt sind: (Israel). a) Die Ermöglichung von Hospitationen oder »Job Shado- Interessante Diskussionen gab es etwa über die spezifischen Er- wing« für ausländische Bibliothekare an der eigenen fahrungen mit Current Research Information Systemen (CRIS), Hochschulbibliothek. Resource Discovery Systemen und Open Source Software. Die b) Die Teilnahme des Personals an Sprach- und Begegnungskur- Sarajevo School of Science and Technology war zudem Teil des sen sowie interkulturellen Fortbildungsangeboten. Die FAU Erasmus+ Projekts »Curriculum Development joint European bietet hierzu zum Beispiel das interkulturelle Fortbildungs- Political Science MA (euroPS)«28, was den Fokus wiederum programm »Admins going global« für Mitarbeiterinnen und auf internationale Standards und Benchmarks im Curriculum Mitarbeitern im nicht-wissenschaftlichen Bereich an.32 – hier speziell der Politikwissenschaften – brachte. c) Workshops und Beratungen mit und für ausländische Stu- Die Kollegin vom Beit Berl Academic College in Israel gab dierende. So gab es an der Universitätsbibliothek Erlan- zudem Einblicke in die Herausforderungen der Internationali- gen-Nürnberg beispielsweise neben den üblichen Bibliotheks- sierung, etwa die Mehrsprachigkeit der Informationsangebote einführungen für ausländische Studierende auch betreute (Jüdisch, Arabisch, Englisch) oder die Berücksichtigung der Bibliothekseinführungen für Flüchtlinge. Im Rahmen des Belange verschiedener Glaubensrichtungen. So werden zum Projekts bekommen studierwillige und -fähige Flüchtlinge Beispiel sowohl jüdische als auch arabische Feiertage am Col- ein Orientierungsgespräch, eine allgemeine Studienbera- lege gefeiert.29 tung und können an Vorlesungen teilnehmen.33 Zudem wurde die historische Komponente des internati- d) Die Erarbeitung beziehungsweise Nachnutzung (Open onalen Wissenstransfers in Form des länderübergreifenden Educational Resources, MOOC) und Bereitstellung von inter- Schriftentauschs aufgezeigt. Die Kollegin von der University of nationalem Schulungs-, Informations- und Online-Material, Belgrade hat Teile ihrer ältesten Bestände der Library of the Beschilderungen und mehrsprachiger Vokabelsammlungen Faculty of Chemistry präsentiert, die sich primär aus deutsch- für Bibliotheks- und Universitätsbegriffe, auch in Abstim- sprachiger Literatur zusammensetzt.30 mung mit dem Referat für Internationale Angelegenheiten.

28 Vgl. http://euro-ps.org/ (abgerufen am: 8.1.2019) 29 Vgl. https://www.beitberl.ac.il/english/international/pages/calendar17-18.aspx (abgerufen am: 8.1.2019) 30 Zum Beispiel »Metallurgische Probirkunst zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbststudium« von Bruno Kerl, Erscheinungsjahr 1866 31 Vgl. hierzu auch Sabine Hanke, Theresia Maier-Gilch, Claudia Sand, Astrid Teichert, S. 181 ff. 32 Vgl. https://www.fau.de/intranet/personalentwicklung-an-der-fau/interkulturelles-zertifikatsprogramm/ (abgerufen am: 8.1.2019) 33 Vgl. Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, S. 7-8

304 LESESAAL WISSENSCHAFTLICHE BIBLIOTHEK

e) Die Versorgung oder Beratung von Campussen im Ausland, Bibliotheksbeschäftigte. Internationale Fachaufenthalte etwa der FAU Campus Busan in Korea, oder von Studieren- an der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin. den im Ausland, etwa hinsichtlich dem Literaturzugang.34 In: BuB : Forum Bibliothek und Information 68(2016)10, f) Der Beitritt in internationale Konsortien, Kooperationen S. 602-605. URL: https://b-u-b.de/wp-content/ und Netzwerke, etwa der International Federation of Li- uploads/2016-10.pdf#page=66. brary Associations and Institutions (IFLA) oder Confedera- • Nationale Erasmus+ Agentur für EU-Hochschulzusam- tion of Open Access Repositories (COAR). menarbeit im DAAD: Entwicklung von Erasmus+ in seiner g) Die Schließung von Partnerschaften mit ausländischen Bi- zweiten Halbzeit und Ausgestaltung der nachfolgenden bliotheken mit einem entsprechenden Memorandum of Programmgeneration (2021 – 2027). Positionspapier der Understanding. Nationalen Erasmus+ Agentur für EU-Hochschulzusam- h) Oder auf einer niedrigschwelligeren Ebene die Erneuerung menarbeit im DAAD. 2017. URL: https://eu.daad.de/me von länderübergreifenden Tauschaktivitäten für den Be- dien/eu.daad.de.2016/dokumente/programme-und-hoch standstausch oder das persönliche Engagement in interna- schulpolitik/zukunft-der-eu-hochschulzusammenar tionalen Gremien und bibliothekarischen Blogs.35 beit/2017-05-30_positionspapier_zu_erasmus_final.pdf. • Markus Putnings, Sebastian Teichert: Erfolgreich Forschen durch Kooperation. Verknüpfung hochschuleigener Informa- 8. Literaturverzeichnis tionsstrukturen zu einem zentralen Service für Forschende. In: o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4(2017)4, S. 137-144 • Jos Beelen, Elspeth Jones: Redefining Internationalization • Regina Schmidt: Nord trifft Süd Ost trifft West! Erasmus Staff at Home. In: Adrian Curaj, Liviu Matei, Remus Pricopie, Ja- Week for Librarians an der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürn- mil Salmi, Peter Scott (Hrsg.): The European Higher Educa- berg. In: Bibliotheksforum Bayern 9(2015)3, S. 181-182 tion Area. Cham. Springer, 2015, S. 59-72 • Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg: Universitätsbib- • Karen Bordonaro, Sabine Rauchmann: Internationalization liothek Jahresbericht 2015. 2015. URL: https://opus4.kobv. in German Academic Libraries: Moving beyond North Ame- de/opus4-fau/files/7326/UB-Jahresbericht_2015.pdf. rican Perspectives. In: portal: Libraries and the Academy 15(2015)4, S. 677-697 • Petra Düren: Bibliotheken als lernende Organisationen. Markus Putnings ist Fachreferent für Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, 2015. Informatik und Mathematik, Leiter des • Ellen Hammond: Internationalization in higher education Referats Open Access und in Stellvertre- and global access in a digital age. In: Library Management tung auch des Referats Forschungsda- 30(2009)1/2, S. 88-98 tenmanagement sowie der Abteilung I: • Sabine Hanke, Theresia Maier-Gilch, Claudia Sand, Astrid Tei- Medienbearbeitung, Open Access, chert: Going Global. Internationaler Austausch bereichert die Fachinformationsdienst der Universi- Arbeit. In: Bibliotheksforum Bayern 4(2010)3, S. 180-185 tätsbibliothek Erlangen-Nürnberg. Er • Hochschulrektorenkonferenz: Empfehlung der 22. Mitglieder- ist Mitglied in der Kommission Virtuelle Bibliothek (KVB) im versammlung der HRK am 9. Mai 2017 in Bielefeld. Zur In- Bibliotheksverbund Bayern. Putnings studierte Wirtschafts- ternationalisierung der Curricula. 2017. URL: www.hrk.de/fi informatik (Diplom) an der Universität Regensburg. leadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-01-Beschluesse/ Internationalisierung_Curricula_Empfehlung_09.05.2017. pdf (alle Internetquellen abgerufen am: 8.1.2019). • Ilies Nicoleta-Maria, Cristina Campian, Doina Verdes, Lau- Bianca Köndgen ist seit 2001 stellver- rence Boswell: The Quality Assurance of Studies in the Fra- tretende Leiterin des Akademischen mework of the ERASMUS+ Programme. In: Quality As- Auslandsamtes der Friedrich-Alexan- surance Review for Higher Education 7(2017)2, S. 95-103 der-Universität Erlangen-Nürnberg • Daniela Jänicke, Renate Krüßmann: Wissenschaftsmanager (FAU). Vorher war sie als Study Abroad erfahren Europa. Personalmobilität mit ERASMUS. In: Wis- Adviser im Akademischen Auslands- senschaftsmanagement 19(2013)3, S. 32-34 amt der Georg-Simon-Ohm-Fach- • Kiron Open Higher Education: Position Paper Bologna Di- hochschule Nürnberg tätig sowie als gital (Version 1.2 – May 2nd 2018). 2018. URL: https:// Dozentin und Lektorin für das Fach »Deutsch als Fremd- kiron.ngo/wp-content/uploads/2018/05/2018-05-02_ sprache« in Deutschland und Spanien. Sie studierte Ang- Bologna-Digital_v1.2.pdf. listik und Romanistik (Magistra Artium) in Trier. • Romy Hilbrich, Christopher Landes: Erasmus für

34 Zum Beispiel durch die Nutzung einer Virtual Private Network-Verbindung für den Aufruf lizenzierter Inhalte 35 Vgl. hierzu auch Ellen Hammond, S. 88 ff.

BuB 71 05/2019 305 MAGAZIN FACHLITERATUR

Nie wieder Geschichte der Öffentlichen Bibliotheken?  Ein Blick zurück auf die Volksbibliothekare im Dritten Reich

Volksbibliothekare im Nationalsozia- Drei Biografien reichsweiter Tätigkeit lismus: Handlungsspielräume, Konti- nuitäten, Deutungsmuster / Heraus- Der Band enthält drei Aufsätze über gegeben von Sven Kuttner und Peter Bibliothekare, die während des Drit- Vodosek. Wiesbaden: Harrassowitz ten Reichs durch ihre reichsweite Tätig- 2017 (in Kommission). 324 Seiten: Il- keit im Bibliothekswesen bekannt wur- lustrationen. (Wolfenbütteler Schrif- den. Der Aufsatz über Wilhelm Schus- ten zur Geschichte des Buchwesens; ter (Angela Graf: »Wer ein Deutscher 50) ISBN 978-3-447-10720-4 – Fest- ist, der folgt dem Ruf!« Wilhelm Schus- einband, EUR 74,–. ter, Vorsitzender des Verbandes Deut- scher Volksbibliothekare) beschreibt Unübersehbar ist die Spur der Beschäf- einen stramm national-konservativen, tigung mit der Geschichte der Öffentli- völkisch und militaristisch gesinnten chen Bibliotheken, die Peter Vodosek Menschen, der mit der »Machtergrei- hinter sich herzieht und die mittlerweile fung« (Schuster trat sofort in die Partei vier oder fünf Jahrzehnte zurückreicht. ein) es als Aufgabe des VDV erkannte, Er hat geforscht und die Bibliotheken nach rezensiert und viele 1938 löste sich der Ver- den Anforderungen Texte und Kompilatio- band Deutscher Volks- der NS-Regierung nen veröffentlicht. Er bibliothekare selbst auf auszurichten. 1938 greift immer wieder durch die praktische löste sich der VDV an- neue Themen und As- lässlich der Jahresta- pekte auf und schreibt Angliederung der Bib- gung in Leipzig selbst darüber und stellt so liotheken an die Reichs- auf durch die prakti- die Geschichte als viel- schrifttumskammer. sche Angliederung der fältiges und komplexes Bibliotheken an die Geschehen dar, wobei das nicht nur für Reichsschrifttumskammer. die Geschichte selbst, sondern ebenso Franz Schriewer (Uwe Danker: für ihre Darstellung gilt. Noch prägnan- Franz Schriewer: Volksbibliothekar, ter aber ist ein weiterer Aspekt: Ihm ge- Referatsleiter der Reichsstelle, Grenz- lingt es immer wieder, Geschichtsfor- kämpfer. Biographische Erkundun- schung zusammenzufassen und zu bün- gen 1921-1959) erarbeitete als Grenz- deln, indem er das, was andere tun, landbibliothekar den »Büchereiorga- aufgreift und andere einlädt und ani- nismus« in Schleswig an der Grenze zu miert, die vor ihnen liegenden biblio- Dänemark. Über hundert Dorfbücher- thekshistorischen Besonderheiten zu eien wurden ergänzt durch zehn Klein- eruieren und darüber zu schreiben. Der stadt- und Stützpunktbüchereien und vorliegende Band versammelt die Resul- durch die übergeordnete Zentralbüche-

Anschrift des Rezensenten: tate der Jahrestagung des Wolfenbütte- rei und die Zentrale der »Nordmarkbü- Konrad Heyde, Unterer Mühlenweg 38b, ler Arbeitskreises, die vom 28. bis 30. chereien« in Flensburg. Als »Volkspäda- 79114 Freiburg. September 2015 stattfand.1 goge« genügten ihm nicht quantitative

306 MAGAZIN FACHLITERATUR

Leistungen, er wollte die »Lektüre der nicht möglich war, weil sie unter dem Weitere Beiträge Menschen steuern und sie erziehen«. Schutz des 1933 zwischen dem Vatikan Er wurde 1935 Leiter der »Preußischen und dem Deutschen Reich geschlosse- Weiter werden noch Hans Hugelmann Landesstelle für das volkstümliche nen Konkordats standen. In den im Ver- (Christine Sauer: Hans Hugelmann als Büchereiwesen«, deren Aufgabenstel- gleich dazu verloren wirkenden Pfarr- Volksbibliothekar in Nürnberg), Her- lung gleichzeitig aufs ganze Reich aus- büchereien in der evangelischen Lan- mann Sauter (Hiltrud Häntzschel: gedehnt wurde und die ab 1. Septem- deskirche in Württemberg war jeder »Volksbüchereien – die Arsenale, die ber 1935 »Reichsstelle« hieß. Das war Pfarrer ein Einzelkämpfer für »seine« geistigen Bunker«) und Walter Hoyer, die Stellung, von der aus Schriewer sein Bücherei. (Mandy Schaarschmidt: Die Leipziger Konzept des »Büchereiorganismus« zum Städtischen Bücherhallen unter Walter Büchereiprogramm des Dritten Reichs Hoyer 1937-1945) biografisch beschrie- »bis in alle Einzelheiten hinein« machte. Ein Blick auf Österreich ben. Bemerkenswert ist noch der Aufsatz Aber er stieß bald auf Grenzen. Seine von Ole Harbo: Öffentliche Bibliotheken Rolle im Dritten Reich war ambivalent: Die Biografien von zwei in Österreich und Besatzer in Dänemark, der das Ein- Die herausragende organisatorische verorteten Bibliothekaren werden be- wirken der Besatzungsmacht auf das Le- Leistung war die eine Seite, die selbst- handelt: Der in Salzburg 1907 geborene ben insgesamt, auf das Kulturleben und gewählte ideologische Verstrickung in Hans Ruppe (Helmo Gruber: Leipzig auf die Bibliotheken schildert. der unmenschlichen Gewalttätigkeit – Wien – Salzburg: Stationen der [un] An erster Stelle im Buch steht der des NS-Regimes die andere. gebrochenen bibliothekarischen Karri- Aufsatz von Peter Vodosek »Volksbib- Schriewers Nachfolger in der Reichs- ere Hans Ruppes), dem 1938 in Wien liothekare im Nationalsozialismus in stelle wurde ab 1. Mai 1937 Fritz Heili- »die Leitung des gesamten Büchereiwe- Darstellungen und Selbstzeugnissen«. genstaedt (Ragnhild Rabius: Fritz Hei- sens der Stadt« übertragen wurde. Sein Er trägt alle bisher geleisteten biografi- ligenstaedt, ein begeisterter Förderer Vorhaben, nationalsozialistische Bü- schen Arbeiten zur Geschichte der Öf- der Volksbüchereien und überzeugter chereipläne für Wien umzusetzen, ging fentlichen Bibliotheken in der NS-Zeit Propagandist des NS-Volksbüchereiwe- schief, was nicht nur mit den Mängeln zusammen, ordnet sie systematisch sens). Als er die Reichsstelle übernahm der Kriegswirtschaft zu tun hatte, son- und kommentiert sie knapp. Der Auf- – er hatte sich nicht nur durch seine bis- dern auch mit seiner Befangenheit in der satz bündelt nicht nur bisher Geleiste- herige Arbeit dafür qualifiziert, son- Leipziger Büchereiideologie. Nach dem tes, er sieht vor allem aus wie ein Resü- dern gerade auch durch seine stramme Krieg wurde er 1949 Leiter der Stadtbü- mee. Eine Art Abschlussbericht für eine NS-Tätigkeit – war die Ausrichtung der cherei Salzburg. zu Ende gehende Arbeitsepoche, aber Volksbüchereien auf das Regime abge- auch Anregung für die Zukunft? Vodo- schlossen. Seine Aufgaben waren jetzt Die herausragende organi- seks jahrzehntelange singuläre Leistung Aufbau und Organisation der Büche- satorische Leistung war die wäre besonders hervorzuheben. Nach reistellen im Reich, vor allem aber die eine Seite, die selbstgewählte ihm wird es Ähnliches kaum noch geben. Bekämpfung der katholischen Bor- ideologische Verstrickung in Gerät die Geschichte Öffentlicher Biblio- romäusbüchereien (in katholischen Ge- theken wieder in die lokale Isolation? genden eine ernsthafte Konkurrenz) der unmenschlichen Gewalt- Das Buch berührt, denn es stellt in und der Aufbau von »Grenzlandbücher- tätigkeit des NS-Regimes die allen Teilen den Leser vor die Frage, die eien« zur Unterstützung des deutschen andere. niemand beantworten kann: wie er sich Volkstums. in der NS-Zeit verhalten hätte. Immer wieder wird ihm die moralische Korrum- August Zöhrer (Fritz Mayrhofer: August pierbarkeit durch das Regime vor Augen Die kirchlichen Büchereien Zöhrer und das Büchereiwesen in Linz) geführt. Hochinteressant sind die Passa- war Kulturamtsleiter in Linz, dem di- gen einiger Aufsätze, die über 1945 hin- Die beiden Aufsätze über die Schikane verse Kultur- und Bildungseinrichtun- ausführen und die Bemühungen der Pro- und die Eingriffe des Regimes in die Bü- gen zugeordnet waren. So war er auch tagonisten zeigen, mit ihrer NS-Vergan- chereiarbeit der Kirchen (Andreas Lüt- Leiter der Stadtbücherei, die aber erst genheit umzugehen, mitunter auch eine jen: Die Evangelischen Pfarramtsbüche- noch zu gründen war, bislang gab es in »verständnisvolle« Umgebung, die den reien in Württemberg 1933-1945; Sieg- Linz nur eine Vereinsbücherei und Pfarr- Betroffenen hilfreich entgegenkommt fried Schmidt: Prälat Johannes Braun büchereien. Parteidienststellen attes- Konrad Heyde und die Bonner Zentralstelle des Bor- tierten ihm restlosen Einsatz für den NS- romäusvereins 1933-1945) beschrei- Staat. Er strengte sich bis an die Grenzen 1 Der Rezensent hat diese Besprechung ben, dass die kirchlichen Büchereien seiner Leistungsfähigkeit an, eine pas- sehr viel breiter angelegt als Platz im Heft war. Sie finden eine ungekürzte vom Regime unerwünscht waren und sable Stadtbücherei mit Zweigstellen zu Fassung auf unserer Homepage unter beseitigt werden sollten, was im Falle etablieren und im Gau hunderte kleine www.b-u-b.de/volksbibliothekare/ und der Borromäusbüchereien zunächst Büchereien zu gründen. auf BIB-OPUS.

BuB 71 05/2019 307 MAGAZIN FACHLITERATUR

Neueste Entwicklungen des Informationsmarketings 

Praktische Ansätze aus unterschiedlichen Perspektiven

Praxishandbuch Informationsmarke- bleiben wollen und aktiv neue Wege su- Weiterentwicklung von Informationsin- ting: konvergente Strategien, Metho- chen, ihre Institution erfolgreich voran- frastrukturen ist und nur bewältigt wer- den und Konzepte / herausgegeben zubringen. Flankiert werden alle Bei- den kann, wenn auf nationaler Ebene von Frauke Schade und Ursula Ge- träge mit vielen weiterführenden Litera- die Bereitschaft da ist, internationale orgy. Berlin: De Gruyter Saur, 2019. turhinweisen. Das Buch ist so vielfältig, Projekte und Programme mitzugehen, VIII, 605 Seiten: Illustrationen. ISBN dass in der Folge nur auf eine Auswahl um bestehen zu können. 978-3-11-053696-6 Festeinband: EUR der Beiträge eingegangen werden kann.2 Anschließend beleuchtet Ursula 119,95. Auch als E-Book erhältlich. Georgy den Umgang mit Trends als Vor- aussetzung für systematisches Innovati- Sechs Jahre nach Erscheinen des Ban- Marketinganalyse onsmanagement und nennt dafür rele- des »Praxishandbuch Bibliotheks- und vante Grundlagen und Quellen für eine Informationsmarketing«1 legen die He- Im ersten von drei Großkapiteln, »Mar- umfassende Trendanalyse. Als ebenso rausgeberinnen eine nicht weniger be- ketinganalyse«, wird der Marktbegriff bedeutsam stellt Ragna Seidler-de Al- eindruckende Fortsetzung vor. Unter in Bezug auf biblio- wis die Bewältigung Mitwirkung von 30 Autor/innen – vor thekarische Einrich- Unter Mitwirkung von ständig wachsender allem Lehrende der deutschsprachigen tungen definiert und 30 Autor/innen werden Datenmengen heraus, Bibliotheks-, Informations- und Medien- Notwendigkeit und umfassend und aus ver- die für eine Wettbe- wissenschaftslandschaft – werden um- Funktion einer Marke- schiedensten Blickwin- werbsanalyse erfor- fassend und aus verschiedensten Blick- tinganalyse unter Be- derlich sind. Nicht um- winkeln neueste Entwicklungen präsen- rücksichtigung aktuel- keln neueste Entwicklun- sonst wird der Einsatz tiert. Aktuelle Erfolgsmodelle werden ler Trends und Daten gen präsentiert. von »Data Scientists« vorgestellt, analysiert und liefern Vor- erläutert. Die Menge auch in der Medien- lagen für alle, die im Bereich Marketing dieser Trends ist durch die Digitalisie- und Wissenschaftsmanagementwelt im- und Öffentlichkeitsarbeit in Bibliotheks- rung und neue Medienkanäle enorm ge- mer notwendiger. und Informationseinrichtungen verant- wachsen und muss angemessen berück- Frauke Schade stellt interne und ex- wortlich zeichnen, thematisch am Ball sichtigt werden. terne Daten vor, die zur Erforschung In einem grundsätzlichen Blick auf von Zielkunden in Bibliotheken von Be- die Auswirkungen digitaler Transforma- lang sein können und liefert damit gu- Anschrift der Rezensentin: Tanja Erdmenger, Münchner Stadtbibliothek, tion auf Dienstleistungseinrichtungen tes Handwerkszeug für die Praxis bei der Rosenheimer Str. 5, 81667 München. der Kölner Professorin Haike Meinhardt Wahrnehmungsschärfung einer mögli- E-Mail: [email protected]. wird deutlich, wie herausfordernd die chen Zielgruppenauswahl.

308 MAGAZIN NEUE FACHLITERATUR

Strategisches Management Entwicklungen folgen Inputs und wichtige Aufwand. Die Hamburger Professorin Zusammenstellungen als Erstinformati- Ulrike Spree fokussiert die noch zu we- Im zweiten Großkapitel »Strategisches onen zu aktuell wesentlichen relevanten nig berücksichtigte Evaluation von User Management« findet sich eine gelun- Parametern, die bei der operativen Arbeit Experience und Usability von (digitalen) gene Zusammenstellung verschiedens- berücksichtigt werden sollten. Bibliotheksangeboten. ter Methoden und Ansätze, die je nach Markus Putnings erläutert die Mög- Als ausführlicher Beitrag folgt Scha- Bibliotheksgröße und Möglichkeiten der lichkeiten, die Qualität von Serviceleis- des Handreichung zur Gestaltung eines Ressourcen hilfreich sein können, sich tungen, Informationen und Infrastruk- Bibliotheksportals. An späterer Stelle als Informationsdienstleister oder Bib- turen zertifizieren und indexieren zu bietet Schade einen Überblick über Mög- liothek gut für die Zukunft aufzustellen. lassen und bietet einen Überblick über lichkeiten und Grenzen von Lobbyarbeit Petra Düren richtet ihr Augenmerk die vorhandenen Modelle für die ver- von kommunal bis international. Da- auf notwendige (Kommunikations-) schiedenen Bibliothekssparten, Regi- vor findet sich eine weitere Einheit von Qualitäten seitens der Führungskräfte, onen und spezielle Services. Blumes- Georgy über Sinn und Möglichkeiten lo- um Change-Managementprozesse gelin- berger thematisiert die Bedeutung von kalen Marketings, vor allem für kleinere gen zu lassen. Kristina Hermanns Beitrag Metadaten als Qualitätskriterium zum Institutionen. Sie gibt leicht umsetzbare sollte sich jede/r, die/der neue IT-Pro- Auffinden von Informationen und -Da Anregungen, dieses auszubauen oder zu jekte implementieren möchte, zu Gemüte ten aller Art. Im Beitrag der Biblio- verbessern. Darauf folgt eine kleine eher führen. Er fasst Schritte, Abläufe und metrie-Spezialisten Dirk Tunger und essayistische Ode an den Ort Bibliothek Aufgabeneinheiten unter Berücksichti- Andreas Meier geht es um den aktuellen durch Richard Stang, die sich wohltuend gung einer stimmigen internen Kommu- Forschungsstand, Anwendung aber auch liest und den Berufsstand aufruft, die- nikation während des Prozesses zusam- Grenzen von Altmetrics. sen Ort auch in Zukunft zu erhalten. Es men. Ivonne Preusser stellt die Methode schließen sich mehrere beschreibende des Design Thinking vor, die sich in be- Die Menge der Trends der Beiträge zu Marketingformen, Lernort, reits viel erprobter Weise als gutes Inst- Marketinganalyse ist durch die Storytelling an. rument gezeigt hat, Nutzer/innen in In- Digitalisierung und neue Medi- Das Handbuch wird abgeschlossen novationsprozesse und dem Prototyping enkanäle enorm gewachsen. von Ivo Vogels Best-Practice-Beitrag einer Bibliothek mit einzubinden. über die künftige Bedeutung der Fachin- In weiteren Beiträgen wird der noch formationsdienste (FID) als Fortführung wenig bekannte Begriff der Prozessex- Sabine Stummeyer von der TIB Hanno- der Sondersammelgebiete. Am Beispiel zellenz als ganzheitlichem Ansatz eines ver stellt den Einsatz und die Chancen der Entwicklung der Virtuellen Fachbi- Projektmanagements vorgestellt. Nach der Nachnutzung von Open Educatio- bliothek Recht zeigt er auf, wie wich- diesen Beispielen, die vor allem für nal Resources (OER) in wissenschaft- tig Marketing-Managementprozesse in große Bibliothekssysteme infrage kom- lichen Bibliotheken vor. Durch den Se- Rückkopplung mit der Fachcommunity men, nimmt Georgy auch die kleinen mantic-Web-Spezialisten Günther Neher sind, um den Dienst in seiner Besonder- Bibliotheken in den Fokus. Sie erläutert erfährt der Leser, wie offene Standards heit und seinem Mehrwert in die Zu- die Chancen, durch Open Innovation für den Datenaustausch förderlich sind kunft zu führen. und Crowdsourcing in Zusammenarbeit und Informationen wesentlich brei- Eine äußerst gelungene Fortsetzung mit externen/lokalen Kooperationspart- ter gestreut werden können. Dirk Le- des Bandes von 2012 und ein wertvoller nern Innovationsprozesse anzugehen wandowski liefert ein Kapitel über Per- Fundus an anregenden zukunftsträch- und von Ideen aus anderen Branchen sonalisierung und Kontextualisierung tigen Marketingansätzen für Vertreter zu profitieren. Den zweiten Teil schließt und deren Abwägung beim Einsatz indi- aller Bibliotheks- und Informationsein- Christoph Deeg mit seinem Appell ab, vidueller Services für Nutzer/innen un- richtungssparten, der seinen Preis wert die Relevanz von Gaming und Gamifi- ter den neuen Gegebenheiten durch die ist und eine wichtige Einstiegslektüre in cation in Öffentlichen Bibliotheken als DSGVO. Außerdem gibt er einen Ein- zahlreiche topaktuelle Möglichkeiten dauerhafte Bibliotheksmarketingmaß- blick in die Möglichkeiten, Information und Ansätze des Bibliotheksmarketings nahme ernst zu nehmen und mehr Mög- Services über Suchmaschinen gut auf- darstellt. lichkeiten auszuschöpfen. findbar zu machen. Tanja Erdmenger Frank Seeliger versucht, den allge- genwärtigen Begriff des »Smarten« im 1 Praxishandbuch Bibliotheks- und Infor- Operatives Marketing Kontext von Bibliotheken fassbar zu ma- mationsmarketing / hrsg. von Ursula chen und führt Service-Beispiele auf, die Georgy und Frauke Schade. Red.: Klaus Stelberg. Berlin: De Gruyter Saur, 2012. Das umfangreichste dritte Kapitel widmet zum Teil schon Realität sind. Die Mög- 662 Seiten: Illustrationen, graphische sich neuen Aspekten und aktuellen Bei- lichkeiten für sprachbasierte Dienste Darstellungen. ISBN 978-3-11-026042-7 spielen aus dem operativen Marketing. zeigen Sebastian Sünkler und Friederike – Festeinband: 129,95 Euro Nach dem einleitenden Überblick der He- Hanisch in ihrem spannenden Aufsatz, 2 Eine ungekürzte Fassung der Rezension rausgeberinnen in Begrifflichkeiten und diese erfordern aber einigen Einsatz und ist auf BIB-OPUS zu finden.

BuB 71 05/2019 309 AUS DEM BERUFSVERBAND KOMMISSIONEN

• Welche Sachkompetenzen werden Quo vadis FaMI-Ausbildung? dafür gebraucht?  • Welche weiteren Kompetenzen wä- Modernisierung der Ausbildungsordnung nötig ren wichtig? 2. Änderungsbedarf inhaltlich • Welche Ausbildungsinhalte vermis- sen Sie gänzlich? Ein großer Raum und trotzdem viel zu für FaMIs« durch. 67 Prozent der teilneh- • Welche Inhalte müssten an die mo- wenig Platz. Dem Aufruf »Gemeinsam menden Bibliotheken gaben an, in den dernen Anforderungen (zum Beispiel die Zukunft des FaMI gestalten« sind letzten fünf Jahren neue oder andere Tä- durch Digitalisierung, Partizipation) sehr viele Interessierte gefolgt. 60 Teil- tigkeiten für FaMIs geschaffen zu haben, angepasst werden? nehmende brachten auf dem 7. Biblio- mit zum Teil höher qualifizierten Aufgaben • Welche Ausbildungsinhalte halten thekskongress in Leipzig am 20. März (Öffentliche und Wissenschaftliche Biblio- Sie für überflüssig/nachrangig? 2019 ihre unterschiedlichen Sichtwei- theken in etwa gleich).2 3. Änderungsbedarf strukturell sen unter anderem als Ausbilder, Per- Jetzt nehmen Bestrebungen zur Mo- • Worin sehen Sie Stärken und Schwä- sonalverantwortliche, Lehrkräfte, aus- dernisierung auf der Ebene der Berufsaus- chen des Fachrichtungsmodells? gebildete FaMIs und Auszubildende ein, bildung Fahrt auf. Im Frühjahr 2018 ist der • Halten Sie eine Differenzierung um den Wandel im Berufsbild der Fach- BIB mit einem Schreiben an das Bundes- ÖB-WB für notwendig? angestellten für Medien- und Informati- institut für Berufsbildung (BIBB) herange- • Sollen andere Elemente moderner onsdienste (FaMI) zu beschreiben und treten mit der Bitte, eine Modernisierung Ausbildungsordnungen übernom- dies in den Prozess einer Modernisie- der Ausbildungsordnung zu initiieren. Da- men werden (zum Beispiel gestreckte rung einfließen zu lassen. Eingeladen mit ist ein entsprechendes Verfahren un- Abschlussprüfung, Ausweisung von hatte die Kommission für Ausbildung ter Einbeziehung der Sozialpartner so- Zusatzqualifikationen)? und Berufsbilder (KAuB) im Berufsver- wohl im Bereich der freien Wirtschaft als • Wie soll die Ausbildung künftig struk- band Information Bibliothek (BIB). auch im Bereich des öffentlichen Dienstes turell gestaltet sein (gestuft, modular zunächst zur Auslotung des Bedarfes an- oder wie bisher)? In den einleitenden Worten verwies die gestoßen worden. Wenn sich sowohl ge- In den zur Verfügung stehenden zwei Stun- Moderatorin darauf, dass die Ausbildungs- werbliche Wirtschaft als auch öffentlicher den konnte erwartungsgemäß das große ordnung für den Beruf aus dem Jahr 1998 Dienst der Auffassung des BIB anschließen Thema nur angerissen werden. In der Zu- stammt und damit mehr als 20 Jahre alt ist. und eine Modernisierung des Berufes vor- sammenfassung der Ergebnisse wurde aber Bisher gab es keine Aktualisierungen, die schlagen, wird eine Neuordnung gestar- sehr deutlich, dass alle Beteiligten einen den medialen und digitalen Wandel oder tet. Im BuB-Verbandsteil wurde darüber dringenden Handlungsbedarf bei der Mo- andere gesellschaftliche Prozesse (Stich- bereits berichtet.3 dernisierung der Ausbildungsordnung se- wort Partizipation) berücksichtigen. Vor Auf dem Bibliothekskongress stand der hen. Je nach Bibliothekstyp und -größe fie- dem Hintergrund von demografischem bibliothekarische Blickwinkel im Vorder- len aber die Wünsche nach Schwerpunkten Wandel und Wettbewerb um Fachkräfte grund. Das Verfahren, so es denn in Gang und Vertiefungen unterschiedlich aus. Auch wird der hohe Stellenwert eines attrakti- gesetzt wird, hat aber auch Auswirkungen der FaMI scheint einerseits Allrounder und ven Berufsbildes immer deutlicher. Wie auf auf die anderen Fachrichtungen. Hier soll- andererseits Spezialist sein zu sollen. den anderen beruflichen Hierarchieebenen ten insbesondere die Berufsverbände par- Bei den Tätigkeitsfeldern verschieben muss auch für den FaMI die Frage nach den allel ins Gespräch kommen. sich die Relationen. In der Erwerbung und Anforderungen im Arbeitsumfeld und, da- Ziel der Veranstaltung auf dem Biblio- Erschließung spielen Datenbanken und Li- raus abgeleitet, nach den benötigten Kom- thekskongress war es, konkrete Bedarfe zenzen eine immer größere Rolle. Vor al- petenzen für die Mitarbeitenden in der Bib- zur Modernisierung der Ausbildungsord- lem am physischen Bestand orientierte Ar- liothek der Zukunft gestellt werden. nung aus der Praxis zu ermitteln, auf den beiten gehen zugunsten von nutzerorien- Derzeit beginnen bundesweit jährlich anstehenden Prozess aufmerksam zu ma- tierten Aktivitäten zurück. Der Einzug von circa 600 FaMI-Azubis ihre Ausbildung chen und zum weiteren Diskurs darüber elektronischen Medien und die Verlage- (mehr als drei Viertel in der Fachrichtung anzuregen. Der Anfang ist gelungen. Im rung von Vorgängen auf die Nutzer schafft Bibliothek). Geschätzt gibt es 15 000 FaMI- Rahmen eines World-Cafés wurden sehr Freiraum für die erforderliche intensivere Beschäftigte in den Bibliotheken.1 Für engagiert miteinander nachfolgende Fra- Vermittlung der bibliothekarischen Ange- diesen Kreis haben sich schon seit Länge- gestellungen diskutiert: bote. In den Bereichen Sprach- und Lese- rem zum Beispiel regionale Ausbildergre- 1. Tätigkeitsfelder/Kompetenzen förderung, Vermittlung von Medien- und mien mit der Fragestellung beschäftigt. Im • Welche Tätigkeitsfelder sehen Sie für Informationskompetenz unter Einbezie- Herbst 2015 führte die BIB-Landesgruppe FaMIs in Öffentlichen und Wissen- hung digitaler Medien, E-Learning, Ma- Hamburg eine Online-Befragung unter den schaftlichen Bibliotheken? kerspace, Veranstaltungen sowie Öffent- dbv-Mitgliedern der Sektionen 1 bis 5 und • Sehen Sie eine Verschiebung? Wenn lichkeitsarbeit und Werbung werden FaMIs 8 zum Thema »neue/ andere Tätigkeiten ja, wohin? mittlerweile fest eingesetzt, wenngleich

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klassische Aufgaben wie zum Beispiel in Fachrichtungen könnte gleichzeitig Raum Aus- und Fernleihe, Magazin und Erwer- Protokoll der für neue Inhalte bieten. bung/Erschließung weitergeführt werden. BIB-Mitgliederversammlung Hervorgehoben wurde die Schwie- Diese Verschiebungen haben Auswir- rigkeit der Berufsschulen, entsprechende kungen auf die benötigten Kenntnisse, Fä- Das Protokoll der BIB-Mitglieder- Ressourcen für die notwendige Binnendif- higkeiten und Fertigkeiten. Bei den Sach- versammlung beim diesjährigen ferenzierung (Teilungsstunden, kundige kompetenzen sahen die Teilnehmenden Bibliothekskongress in Leipzig Fachlehrer für geringe Schülerzahlen) zu- vor allem bei folgenden Schwerpunkten die (18. März 2019) finden Sie auf der gesprochen zu bekommen. Die Teilnehmen- Notwendigkeit zu einer deutlichen Verstär- BIB-Webseite (www.bib-info.de) im den sahen für kleine Splitterfachrichtungen kung in der Ausbildung beziehungsweise Intranet sowie in der BuB-App. gegebenenfalls in bundesweiten Fachklas- teilweise auch zu einer Neuaufnahme: sen einen Lösungsansatz. Pflichtpraktika • IT-Kenntnisse (IT-Grundlagen, CMS- in (mindestens einer) anderen Fachrich- Kenntnisse im Zusammenhang mit dem eher wenig Interesse daran, wenngleich tung fanden eine hohe Akzeptanz. Sie wür- Aufbau beziehungsweise der Gestaltung Geschäftsprozesse wie Buchführung/SAP den eine bessere Verknüpfung von Theorie von Websites, Kenntnisse im Umgang mit durchaus gefragt seien. Ebenso sollten die und Praxis ermöglichen und sind nach vor- mobilen Endgeräten sowie zur Erstellung Blöcke Sicherheit/Gesundheits- sowie Um- liegenden Erfahrungen auch für kleine Ein- von Filmen, E-Learning-Tools, Präsenta- weltschutz in die betrieblichen Arbeitszu- richtungen im ländlichen Raum leistbar. tionstechniken im Schulungs- und Ver- sammenhängen integriert vermittelt und Die Frage nach der Notwendigkeit ei- anstaltungsbereich, Datenschutz und so zeitlich an die betriebliche Realität ange- ner Differenzierung zwischen Öffentli- weiter) passt werden. chen und Wissenschaftlichen Bibliothe- • Kenntnisse im Umgang mit Social- In der Diskussion wurde deutlich, dass ken wurde kontrovers diskutiert. Es über- Media-Kanälen die Sozial- und Methodenkompetenz zum wog die Auffassung, dass eine Trennung • Kenntnisse in Lizenzverwaltung, E-Me- Teil für wichtiger erachtet wurde als die weder erforderlich noch wünschenswert dien, Datenmanagement, Langzeitarchi- Sachkompetenz. Herausgestellt wurden sei, gleichwohl schienen gegebenenfalls vierung und Retro-Digitalisierung zum Beispiel: Vertiefungsmodule sinnvoll. • Fachbezogene Fremdsprachenkenntnisse • Kommunikationskompetenz, Durchset- Aus Zeitgründen war bei der Überle- (insbesondere, aber nicht nur Englisch) zungs-, Team-, Konfliktfähigkeit, Belast- gung, ob andere Elemente moderner Aus- • Kenntnisse und Fertigkeiten in Veranstal- barkeit und Aufnahmefähigkeit bildungsordnungen übernommen werden tungsmanagement/Öffentlichkeitsarbeit, • Kenntnisse des wissenschaftlichen Ar- sollen, kein tieferer Einstieg in die Mate- Veranstaltungsorganisation, Marketing beitens, Lernstrategien, Organisations- rie möglich. Hinsichtlich einer gestreck- • Didaktische Kenntnisse (Bibliotheks-, fähigkeit ten Abschlussprüfung, die die bisherige Medienpädagogik, Grundlagen in der • Sicherheit mündlicher und schriftlicher Zwischenprüfung aufwerten würde, wa- Vermittlung von Medien- und Infor- Kommunikation in deutscher Sprache ren die Meinungen uneinheitlich. Vor al- mationskompetenz) • Interkulturelle Kompetenzen lem die Auszubildenden schätzten den • Grundkenntnisse in Verwaltungsorgani- • Führungskompetenz (zum Beispiel für Trainingseffekt der bisherigen Vorge- sation und Projektmanagement Teamleitung) hensweise. Die mögliche Ausweisung von Als nachrangig betrachtet wurden ne- In der Betrachtung des strukturellen Zusatzqualifikationen (zum Beispiel im ben Sport und Lebensgestaltung/Ethik/ Änderungsbedarfes wurde zunächst die IT-Bereich oder in Bibliothekspädagogik) Religion im Berufsschulunterricht bei- Meinung geäußert, dass die Fachrichtun- konnte nicht mehr erörtert werden. Eine spielsweise die analoge Katalogpflege, gen nicht so zusammengewachsen sind, Offenheit dafür klang aber an. sehr spezialisierte Kenntnisse in der Sa- wie ehemals erwartet und dass eine Durch- Die Veranstaltung gab einen Aufschlag cherschließung und Restaurierung. Bezüg- lässigkeit zwischen ihnen nur zum Teil be- zur Diskussion der mit einer Modernisie- lich der insbesondere an den Berufsschu- steht. Andere Teilnehmende betonten den rung der FaMI-Ausbildung verbundenen len vermittelten kaufmännischen Inhalte durchaus vorhandenen befruchtenden Fragen. Diese ersten Ergebnisse müssen wurde der Wunsch geäußert, diese stärker Austausch. Tendenziell konnten sich die geprüft, vertieft, diskutiert und fortge- an die Berufswirklichkeit der FaMIs anzu- Teilnehmenden vorstellen, künftig weni- schrieben werden. In der Erwartung eines passen. Auf allgemeiner Ebene bestand ger Fachrichtungen unter dem Dach des Neuordnungsverfahrens lädt der Berufs- FaMIs zu vereinen. Unstrittig war die Zu- verband alle Interessierten ein, weiter am 1 Holste-Flinspach, Karin: Der FaMI-Beruf: sammenfassung von Archiv und Biblio- Diskurs teilzunehmen, damit der Verband Tätigkeitsfelder und Berufswege – In: Biblio- theksdienst 5(2017)10-11, S. 943-950 thek sowie (etwas weniger deutlich, aber sich möglichst konkret an dem Prozess be- vorhanden) Information und Dokumen- teiligen und so einbringen kann, dass der 2 Lubig, Karina: Anforderungen steigen – Ver- gütung nicht – In: BuB – Forum Bibliothek tation. Vor allem den Anforderungen im Blickwinkel der Praxis ausreichend be- und Information 68(2016)7, S. 386-388 Bereich medizinische Dokumentation (im rücksichtigt wird. 3 Aktualisierung der FaMI-Ausbildung – In: Workshop nicht vertreten) könne in der BuB – Forum Bibliothek und Information jetzigen Struktur wohl nicht genug ent- Susanne Taege, Kommission für 70(2018)12, S. 724 sprochen werden. Eine Reduzierung der Ausbildung und Berufsbilder

BuB 71 05/2019 311 AUS DEM BERUFSVERBAND KOMMISSIONEN

Junge KollegInnen integrieren Impressum  »Aus dem Berufsverband« World-Café: »Generation Z – Wie verändert sie die Arbeitswelt?« Herausgeber: Berufsverband Infor- mation Bibliothek, Postfach 13 24, 72703 Reutlingen, www.bib-info.de Die Vertreter der Generation Z, also Arbeitsplatzes, der Arbeitsorganisation junge Menschen zwischen 20 und 25 und Personalentwicklung besprochen. Verantwortliche Bearbeiterinnen: Jahren, kommen jetzt in den Arbeits- Hier wurde beispielsweise deutlich, Katrin Lück markt und werden in den nächsten dass der Anspruch an die Vorgesetzten Europa-Institut / Jahren als Auszubildende, Praktikan- hoch ist. Da die Generation Z ihre Kon- Bibliothek Universi- ten und Berufseinsteiger zunehmend sequenzen aus negativ empfundenen Si- tät des Saarlandes, die Bibliothekskollegien prägen. Ge- tuationen eher leise zieht, ist es wesent- Postfach 151150, neration Z unterscheidet sich in ihren lich, den Kontakt in der Zusammenar- 66041 Saarbrücken Werten, Prioritäten und ihrer Sicht beit eng zu gestalten und als Vorgesetzte Telefon: 0681 / 302-2543 auf das Leben sowie auf die Arbeit sehr regelmäßig Feedback zu geben und von ihren Vorgängern der Generation einzuholen. Karin Y, obwohl nur wenige Jahre zwischen Dies zeigte sich auch beim letzten Holste-Flinspach ihnen liegen. Tisch, an dem überlegt wurde, ob Per- Stauffenbergschule, sonalentwicklung für die Generation Arnsburger Straße 44, Nach einem analogen Hands on Lab Z anders aussehen müsse und wie ge- 60385 Frankfurt/ auf dem letztjährigen Bibliothekartag meinsame Fortbildungsmaßnahmen Main in Berlin zum Thema Personalgewin- für verschiedene Generationen aus- Telefon: 069 / 21246841 nung lud die BIB-Kommission für Fort- sehen könnten. Einig waren sich die bildung dieses Jahr zu einem World- Kollegen darin, dass die junge Gene- E-Mail: Café ein. Gemeinsam wurde von Kol- ration keine Scheu vor Neuem hat. [email protected] leginnen unterschiedlicher Generatio- Fortbildungen für alle sollten sich nen überlegt, wie sich die Generation durch Methodenmix und Praxisnähe Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen Z charakterisieren lässt und wie sich auszeichnen. BuB Heft 07/2019: 23. Mai im weiteren die Kriterien auf das Ar- In der Abschlussdiskussion wurde beitsumfeld in der Bibliothek übertra- von den teilnehmenden Kollegen deut- gen lassen. lich der Wunsch geäußert, an dem zwischen den unterschiedlichen Gene- An den drei Tischen wurden un- Thema weiterzuarbeiten und sich in ei- rationen zu beschäftigen. terschiedliche Fragestellungen leb- ner Fortsetzung mit den Perspektiven Ulrike Kraß, Karin Langenkamp; haft, zum Teil kontrovers diskutiert. einer erfolgreichen Zusammenarbeit BIB-Kommission für Fortbildung Zunächst wurde über mögliche Zu- schreibungen von Eigenschaften ge- sprochen. Genannt wurde der Wunsch nach einem klaren Rahmen und nach Struktur in der Arbeitsgestaltung, die Beobachtung, dass Karriereorientie- rung weniger Priorität habe als bei der Vorgängergeneration, und die abneh- mende Bereitschaft, Beruf und Privat- leben in einem fließenden Übergang zu begreifen. Während der Gruppenphasen wurde immer wieder betont, dass sich Genera- tion Z natürlich nicht in der Zuschrei- bung von Stereotypen erschöpft, son- dern es durchaus unterschiedliche, zum Teil völlig konträr handelnde Ty- 20 Jahre Innovationsforum und erstmals alle drei Preisträgerinnen von einer Hoch- pen gibt. schule, der Fachhochschule Potsdam: Carmen Krause (Internet der Dinge), Denise Am zweiten Tisch wurden dann die Rudolph (Codingveranstaltungen) und Sophia Paplowski (Beacons in Bibliotheken). Foto: Münch Konsequenzen für die Gestaltung des

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Alle fordern digitale Bildung für Schü- Werkstatt+ ler*innen, in der Werkstatt+ wurde bei-  spielhaft gezeigt, wie nicht nur Biblio- Leipziger Buchmesse theken Kinder und Jugendliche im Um- 21. - 24. März 2019 gang mit Medien bilden: »Vier Tage lang haben wir junge, inspirierte Menschen erlebt, die Lust haben, mit der Vielfalt an Medien ihre Meinung zu unserem demo- Im Alltag von Kindern und Jugend- kratischen Miteinander auszudrücken«, lichen – so die aktuelle Kinder-Medi- so Buchmessedirektor Oliver Zille. en-Studie – gibt es kein »entweder/ oder« sondern ein klares digital und Die Leipziger Buchmesse stellte die Flä- analog. Egal ob bei der Freizeitgestal- che, ELIG trug die konzeptionelle Ver- tung, beim Lernen oder der politischen antwortung und das operative Vorgehen Mitbestimmung wählen sie nicht wurde finanziert von Partnern wie Wes- nur den Weg, der zum Thema passt, termann oder eben auch von uns – von sondern auch die Art des Zugangs – BIB und BID. Gemeinsam haben wir alle und erobern sich damit ihre Welt. das Konstrukt mit Inhalten gefüllt, dabei standen experimentelle Mitmach-For- Bibliotheken wissen das schon lange, mate mit Spaß am Lesen, dem Wecken und nicht nur der 7. Deutsche Biblio- von Kreativität und der Steigerung von thekskongress unter dem Motto »Bib- Medienkompetenz im Fokus. Elmar liotheken verändern« spiegelte das in Husmann und Claudia Didjurgeit von seinem Programm, auch den veranstal- ELIG vertreten diesen Ansatz vehement: tenden Verbänden Bibliothek Informa- »Durch bewusste Einbeziehung der Ju- tion Deutschland (BID) und dem Berufs- gendlichen werden Inhalte mit analogen verband Information Bibliothek (BIB) ist und digitalen Techniken vermittelt. Wäh- das schon lange bewusst. Deshalb ha- rend am Donnerstag und Freitag Schü- ben beide sofort »Ja!« gesagt, als die ler aktiv wurden, sind am Wochenende Leipziger Buchmesse - die bürgernahe alle Besucher eingeladen gewesen, sich Publikumsmesse rund um Literatur, Au- als Medienmacher mit Themen der Zeit toren und (Publikums-)Verlage - und die auseinanderzusetzen.« Bildungsinitiative European Learning In- Viele Partner unterstützten mit ih- dustry Group (ELIG) - mit der wir als BIB rem Engagement die #werkstattplus, bereits in Frankfurt auf der Buchmesse und wir – BIB und BID – gemeinsam mit erfolgreich kooperiert hatten - angefragt »unseren« Medienpartnern BuB und haben, doch zusammen ein neues digi- BITonline haben Rob Bruijnzeels beim tal-analoges Lernformat unter dem Titel Wort genommen, wenn er sagt: »Wir bi- »Werkstatt+« in Halle 2 ins Leben zu ru- bliotheken – bibliotheken ist ein Verb!« fen: »Bibliothekare, Autoren, Buchhan- del und Verleger verbindet das gemein- Und zu »bibliotheken« ist uns gelungen same Interesse nicht nur an der Förde- – wie Sie auf den folgenden Seiten le- rung von Lese- und Sprachfähigkeiten. sen können. Nicht alleine, aber mit un- Daher sind Buchmesse und Bibliotheks- zähligen Partnern, mit denen wir bereits kongress 2019 stärker zusammenge- während des Kongresses erfolgreiche wachsen. Über das interaktive und viel- weitere Bündnisse schließen konnten. fältige Format der #werkstattplus wird für Kinder und Jugendliche auch die Bi- bliothek zu einem multifunktionalen und multimedialen Lern- und Spielort«, so begründete Heinz-Jürgen Lorenzen, BID-Präsident, das bibliothekarische Tom Becker, Vorstand Engagement in diesem Projekt. Berufsverband Information Bibliothek

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Das Thema ›politischer sein‹ als Bi- Schlau genug für Motto der Initiative für mehr Demokra- bliothek stand im Mittelpunkt zahl- Demokratie? tie: »Wenn wir aufhören, die Demokratie reicher Diskussionen: Sowohl auf zu entwickeln, fängt die Demokratie an dem siebten Bibliothekskongress aufzuhören.« wie in der #werkstattplus wurde das Alexander Trennheuser von »Mehr De- Thema vielschichtig bespielt, mit zum mokratie« kämpft für mehr Partizipa- Das ist auch Katja Mitteldorf, kulturpoli- Teil überraschenden Ergebnissen und tion, Julia Freudenberg von der »Hacker tische Sprecherin der Linken im Thürin- klaren Aufträgen an die Verbände BIB School Hamburg« problematisiert die gischen Landtag, wichtig – sie sieht in und dbv. Sicherheit von Wahlcomputern. Bibliotheken geeignete Orte, um Demo- kratiekompetenz zu vermitteln. Sie sind So haben wir die Aussage von Prin- Beide wissen: Demokratie ist voraus- niedrigschwellig und zudem nicht-kom- zessin Laurentien der Niederlande setzungsvoll. Jede*r Wähler*in muss merzielle Orte, in die jeder gehen kann. während der Eröffnungsrede beim Wort bei Wahlen und Abstimmungen zahlrei- Und sie unterstützen Schulen und El- genommen: »Bibliotheken gleichen Un- che Faktoren abwägen, um zur für ihn tern bei Lesemotivation und Lesefähig- terschiede aus, indem sie sich an die oder sie »richtigen« Entscheidung zu keit – Kernkompetenzen der politischen menschliche Neugierde wenden, die uns kommen. Trennhäuser, dessen Initiative Meinungsbildung, aber auch der gesell- gemeinsam ist. [...] Sie alle bauen täglich seit vielen Jahren u.a. für einen Ausbau schaftlichen Weiterentwicklung in Zei- stärkere, inklusivere Gesellschaften auf, der Informationsfreiheit und eine Stär- ten, wo Zuhören – auch in Parlamenten ob Sie Bibliothekar oder Bibliothekarin kung der Bürgerbeteiligung eintritt, dis- – nicht mehr selbstverständlich ist und sind und Menschen selbst dabei helfen, kutierte mit Schüler*innen Möglichkei- das Streiten für Kompromisse oft dem ihre Lese- und Schreibfähigkeiten zu ten, sich in Zeiten des medialen Wandels Skandalisieren zum Opfer fällt. verbessern, oder ob Sie die Bibliotheks- so zu informieren, dass man »schlau ge- arbeit aus Sicht bestimmter Interes- nug für Demokratie« wird. Schlau ge- Mit »Entwickeln« in ganz anderem Sinne sen unterstützen. All das trägt dazu bei, nug meint, demokratische Prozesse setzt sich die »Hacker School« ausein- dass Bibliotheken einen sicheren dritten nicht nur zu verstehen, sondern auch ander, hier geht es um die (technische) Raum bilden, in dem sich Menschen ge- Lust zu bekommen, sich für Politik Sicherheit von Wahlcomputern. Auf den hört und willkommen fühlen.« zu engagieren. Nicht umsonst ist das ersten Blick haben sie viele Vorteile: Man muss keine Wahlzettel drucken, braucht sie nicht händisch auszählen und hat weniger Transportaufwand. Das ist deut- lich bequemer mit Wahlcomputer – aber ist es auch sicherer? Wie funktionieren Wahlcomputer und wo, wie und von wem können sie oder die Daten der Wahl ma- nipuliert werden?

Beide Initiativen sind bereits jetzt in Kontakt mit Bibliotheken und können sich vorstellen, hier noch intensiver in die Zusammenarbeit zu gehen.

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RiffReporter tauchen in die #werkstattplus ein

In Kontakt mit Bibliotheken sind auch die RiffReporter – wie unlängst in BuB berichtet wurde. Während Christian Schwägerl und Tanja Krämer auf dem Bi- bliothekartag noch über Falschmeldun- gen und Lügen in Medien diskutierten – und darüber, was in und mit Bibliotheken dagegen getan werden kann – stehen populärwissenschaftliche Fragen im Fo- kus ihres Auftritts und ihrer Workshops bei #werkstattplus: • Darf man Leben im Labor designen? • Fridays for Future – rettet die Jugend jetzt das Klima? Auf diese Fragen bereiten die Riff­ So muss der Interviewer zum Beispiel • Die Kanzlerin als Lexikon – wie geht Reporter die Schüler*innen vor: In den genau darauf vorbereitet sein, mit wem das denn? Workshops ging es zuerst um die Frage, er es zu tun hat und welche wichtigen was ein gutes Interview ausmacht. Neuigkeiten es zum speziellen Thema gibt. Bei einem guten Interview bringen die ersten Fragen den Gesprächspartner ins Reden. Wichtig ist es, offene Fragen zu stellen, auf die es mehr zu sagen gibt als Ja oder Nein, und zudem so zu spre- chen, dass das Publikum dem Gespräch gut folgen kann.

Mit solchen Techniken beschäftigten sich am Freitag in der Werkstattplus Ju- gendliche vom Erwin-Strittmatter-Gym- nasium in Spremberg und aus Dresden. Passend zum Wochentag ging es um die Bewegung #FridayforFuture und den Klimaschutz. Interviewpartner war Christian Schwägerl, der seit vielen Jah- ren als Umweltjournalist für Medien wie GEO, FAZ und Spiegel Online arbeitet.

Die Schüler Lennard und Lukas wollten von ihm wissen, was er vom Kohleaus- stieg hält, ob der Ausstieg aus der Kern- kraft richtig ist, ob es strengere Umwelt­ auflagen für Kreuzfahrten braucht und wie er die Bewegung Fridays for Future findet. Vor Mitschüler*innen und Besu- cher*innen konnten die beiden bewei- sen, dass sie auch vor Publikum in die Rolle des Interviewers schlüpfen können.

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Diskussions- macher*innen sind sexy!

»Extrem gut diskutieren« war der Titel einer Diskussionsrunde zur Debatten- kultur im öffentlichen Raum, initiiert von BIB, Frankfurter Buchmesse und Börsenverein des Deutschen Buchhan- dels. Eine Diskussionsrunde, die den bi- bliothekarischen Verbänden, dem Buch- handel, aber auch vielen anderen Part- nern Aufgaben mit auf den Weg gegeben hat. Aufgaben, die aufbauen auf The- men, die ohnehin bereits virulent durch Man müsse – darauf konnten sich alle verbänden Allianzen gebildet, um vor Ort Kongress und Bibliotheken waberten, einigen – die analoge Ohnmacht aufbre- direkt in kooperative Formate zu star- Aufgaben, die man als Verband auch chen, und alle würden sich oftmals Nina ten. Da passt es gut, dass der BIB just gerne übernimmt. Souverän moderiert Georges (PEN-Zentrum) Oma Annelie als in dieser Woche über das Projekt mit- von Katja Böhne (Frankfurter Buch- Wächterin im digitalen Raum wünschen, einander-reden.de der Bundeszentrale messe) begann eine Bestandsaufnahme die mahnend ruft: »Nun wollen wir aber für Politische Bildung für eben solche der Gesellschaft: mal nicht ausfallend werden!« – und Maßnahmen Projektgelder in Höhe von alle, alle hören. 12 000 Euro erhalten hat. Böhne registriert eine ›rhetorische Hilf- losigkeit der Bürgerschaft‹. Viele, die im Diese rhetorisch gekonnte Lösung ist • Bibliotheken, Buchhandlungen und zivilen Ungehorsam demonstrierend – nicht in die Praxis umsetzbar, also kon- andere Initiativen werden den von für oder gegen was auch immer – unter- zentriert man sich auf Projekte, die nied- Husemann propagierten »Tag der Offe- wegs seien, fühlen sich nicht ernst ge- rigschwellig und nicht paternalistisch, nen Gesellschaft« am 15. Juni 2019 un- nommen. Karla Kolumnas ehemals be- also nicht »von oben herab«, aktivieren terstützen, BIB und BID wollen zudem lustigend wirkender Ruf »Sensationen, und ansprechen. den Städte- und Gemeindebund und Sensationen…« lasse einen schon lange Was tun? Wir haben einige Ideen ge- den Deutschen Städtetag gewinnen, nicht mehr lächeln, ergänzte Alexan- meinsam generiert: aber auch ver.di anfragen, hier mitzuma- der Skipis (Börsenverein des dt. Buch- chen. »Tische raus« ist ein Motto, dem handels). Verstärkend, so Skipis weiter, • Gemeinsam mit PEN, Deutschem wir uns gerne anschließen. Gemeinsam seien da die Implikationen aus den dys- Schriftstellerverband, Kulturrat und die Straßen und die öffentlichen Plätze funktionalen Demokratien in und außer- Börsenverein initiieren die bibliotheka- besetzen, öffentlichen Raum zurück- halb von Europa – politische Systeme rischen Verbände einen lauten Appell zuerobern, um einander zuzuhören und brennen, die Zivilgesellschaft müsse an die Politik: Die Hamburger Erklärung miteinander ins Gespräch zu kommen - wach werden und sich gegen die stän- wird aufgegriffen, denn »Wer nach der diese Aktion wird gerade zwischen den digen Skandalisierungen von Nichtig- Grundschulzeit nicht sinnentnehmend neu zusammengekommenen Partnern keiten, die Emotionalisierungen und v.a. lesen kann, wird es in den weiterführen- abgestimmt. die Verkürzungen komplexer Inhalte ver- den Schulen nicht lernen.« Das gelte es bunden mit dem immer wieder auftau- wieder und wieder in die Politik auf Lan- chenden Hass wehren. des- und Bundesebene zu tragen.

Philip Husemann (Initiative Offene Ge- • Über den Börsenverein – so Alexan- sellschaft) stimmte dem zu, er würde der Skipis – werden zur Zeit Initiati- auch oft bei seinem diskursiven Leit- ven erarbeitet, in Buchhandlungen ver- medium Twitter die Türe kurz nach dem stärkt Diskussionsformate anzubieten Öffnen wieder zuschlagen – so heftig – auch mit Autor*innen. Hier werden und so laut schalle es ihm da entgegen. zwischen Börsenverein und Bibliotheks-

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Wir möchten, dass Sie Auf dem Bibliothekartag wurden basie- schöner streiten! rend auf all diesen Ideen in einem World Café gemeinsam Überlegungen ange- stellt, wie solche und ähnliche Events Miteinander ins Gespräch kommen, mit- von (kommunalen) Bibliotheken um- einander kommunizieren und zuhören gesetzt werden können: Welche Part- war auch Thema des Hands-on-Lab mit ner*innen, welche Formate, welche In- Mandy Fischer, Redakteurin der Chem- halte und Themen biete ich als »Demo- nitzer Freien Presse. Ziel des Work- kratie-Café« an, wen lade ich ein, wie shops, der von der Lektoratskooperation bekomme ich heterogene Diskutant*in- und vom BIB initiiert wurde, ist es, ge- nen und welche Spielregeln gelten? meinsame Formate mit Praktiker*innen aus Bibliotheken zu entwickeln. Nach In- puts zu ›Deutschland spricht‹ – der Ak- Was bleibt? tion von tagesschau.de und vielen wei- teren nationalen und regionalen Medien Zurück zur Podiumsdiskussion, zurück wie Spiegel und Zeit, zu ›Werkstatt De- zu den Tischen, die wir auf die Straßen mokratie‹ der Süddeutschen Zeitung und und in die Parks stellen, zurück zum Tag zu der Initiative ›Miteinander reden‹ von der offenen Gesellschaft: »Diskussi- der Bundeszentrale für Politische Bil- onsmacher*innen sind sexy!«, so Nina dung – berichtete Mandy Fischer an- George. schaulich von dem Format der Chemnit- zer Freien Presse. »Chemnitz diskutiert« Wir finden das auch. Wir machen die Dis- wurde nach den Vorfällen im Herbst 2018 kussionen und wir unterstützen Biblio- initiiert, als die Stadtgesellschaft »wie theken und Buchhandlungen vor Ort. Die parallelisiert, bewegungslos und still« Inputs aus dem Hands-on-Lab fließen in reagierte, und sich Wut, Frust und Hilf- Moderationshandreichungen und For- losigkeit in Demonstrationen und Ausei- matbeschreibungen ein, die praktische nandersetzungen entluden. Tipps zur Realisierung in der Kommune bilden. Eine Studierendengruppe der TH Mit »Chemnitz diskutiert« wurde ein For- Köln wird hier gemeinsam mit dem BIB bis mat gegründet, in dem unterschiedliche Ende Mai konkrete Vorschläge erarbeiten. Menschen (Leserbriefschreiber aber auch Mehr Infos dazu im Juni-Heft von BuB, sich für eine Teilnahme bewerbende Per- wenn wir genauer wissen, was wir mit den sonen) zusammengebracht worden sind. erwähnten Projektgeldern so anfangen…

Weitere Informationen zur Werkstatt+ sind in der BuB-App und bei b.i.t-On- line zu finden.

BuB 71 05/2019 317 SUMMARY Summary

Libraries and Heritage Preservation / An No Need to Fear Internal Quality Manage- W»Internationalisation at Home« for Overview (Olaf Eigenbrodt) ment Auditing / Strengthening the Organi- Non-Academic Staff Members / The Eras- (pp. 266 – 269) sational Culture of Learning and Error Tole- mus+ Staff Exchange Week at the University rance with Creative Auditing Methods (Katja of Erlangen-Nuremberg and the Integrated Bartlakowski) Library Staff Exchange Week of the Library (pp. 297 – 299) of the University of Erlangen-Nueremberg (Markus Putnings, Bianca Köndgen) (pp. 300 – 305)

Libraries -- in as far as they see themselves Quality management has become a part of li- In light of current technological develop- as the institutional guardians of written cul- brarianship. For more than 20 years the to- ments and political trends toward nationa- tural heritage -- are often in themselves he- pic has been a preoccupation of the library lism, debates and activities focussed around ritage sites deserving protection, at least in community; numerous public and academic internationalisation are again acquiring a regard to their physical stock. And the ques- libraries have already completed the imple- new dynamic at universities and their sup- tion of the outer forms of packaging is initi- mentation phase and are working with vari- porting institutions. For example, in a reso- ally irrelevant to that intention. Whether a li- ous models of quality management, ranging lution titled »Toward the Internationalisation brary is also an architectural heritage site de- from ISO 9001, to total quality management of Curricula« issued by the General Assembly pends, in contrast, less upon the collections (TQM), to the use of their own tailor-made of the German Rectors‘ Conference, it is re- than upon the outer shell. As with all archi- certifications of quality. But the introduction commended that universities make clear to tectural heritage sites, the construction of of quality management is often not sufficient. their students „the value of international cur- its identity and history plays a background On the contrary, continual re-evaluation is re- ricula“ which »are distinguished by a plura- role in connection with decisions about its quired. And if certification is the goal, many lity of alternative points of view and a general worthiness for protection. Although cultural methods even require that internal studies appreciation of diversity.« The goals of inter- heritage management makes use of certain or audits be conducted. But since it is only nationalisation are thereby both of an imma- standards and scientific methods in its de- human to associate „evaluations“ and „being terial and a practical nature and take diffe- cision-making, the question of worthiness is evaluated“ with negative feelings, or even rent forms at different levels. always a subjective one, precisely because of a sense of anxiety, the benefits of learning Through the Erasmus+ Staff Exchange the matter of identity. from an internally conducted audit are less Week and the Library Staff Exchange Week The preservation of architectural monu- often recognized. Creative auditing methods, it is possible to exchange ideas and informa- ments, in particular, is faced with two main in particular, can indeed provide interesting tion, strengthen intercultural education and problems. On the one hand, assessing a buil- possibilities for encouraging a more relaxed expand horizons both professionally and per- ding‘s heritage value may well be controver- organisational culture of learning from and sonally within an international group but wi- sial. The second challenge to establishing its correcting mistakes. thout a large travel budget. As a result there status lies in the functionality of the building. There are numerous auditing methods have been positive effects on personal de- While for private residences building stan- that offer a more creative framework than velopment and motivation as well as on the dards such as energy consumption, conve- the usual interview techniques or often less kinds and quality of services offered to inter- nience and barrier-free access are forefront popular method of participant observation. national clientele or (business) partners in considerations, publicly used buildings, such Some of these -- the team quiz, process au- many different departments, at least as seen as libraries, have functional needs and consi- diting, spontaneous auditing, work shado- from the point of view of the library of the Uni- derations that are subject to change. Should wing, best practice auditing and self-evalua- versity of Erlangen-Nuremberg. a building no longer meet these needs, it tion games based on ISO 9004 -- are given a must be determined whether and how ad- cursory presentation in this article. justments can be implemented. This survey article is devoted to the vari- ous aspects of architectural heritage preser- vation for libraries. A distinction is made bet- ween the library as a heritage site, the library within an architectural heritage site and also, in a brief introduction, the architectural heri- tage site without its library.

Translated by Martha Baker

318 RÉSUMÉ Résumé

Bibliothèques et protection des monuments Ne pas craindre les audits qualité internes sur »L‘international à domicile« pour les agents historiques / Un aperçu (Olaf Eigenbrodt) l‘encadrement / Renforcement de la culture de corps non scientifiques / Exemple de la (pp. 266 – 269) organisationnelle autour de l‘apprentissage Semaine Erasmus+ en faveur des échanges et de l‘erreur au moyen de méthodes d‘audit de professionnels1 développée par l‘Université Dans la mesure où elles se considèrent el- créatif (Katja Bartlakowski) de Erlangen-Nuremberg et de la Semaine en les-mêmes comme les gardiennes instituti- (pp. 297 – 299) faveur des échanges de professionnels en bi- onnelles du patrimoine écrit, les bibliothè- bliothèque proposée par la Bibliothèque uni- ques sont généralement et par nature des L‘encadrement qualitatif est parvenu jus- versitaire de Erlangen-Nuremberg. (Markus espaces patrimoniaux conservant des bi- qu‘au cœur de la bibliothéconomie. Depuis Putnings, Bianca Köndgen) ens culturels de valeur, pour le moins au re- plus de vingt ans, le sujet agite la commun- (pp. 300 – 305) gard des supports matériels que réunissent auté professionnelle. De nombreuses biblio- leurs collections. Néanmoins, cette appro- thèques, qu‘elles soient de lecture publique Dans les universités, les grandes écoles et che traditionnelle c‘est-à-dire au prisme des ou universitaires, ont d‘ores et déjà franchi parmi ceux qui les soutiennent, les débats et fonds documentaires ne s‘applique pas véri- l‘étape d‘intégration de l‘encadrement qua- les activités autour des aspects de l‘interna- tablement à la notion de monument histo- litatif et avancent sur la base de divers mo- tionalisation gagnent à nouveau en vigueur rique. Lorsqu‘une bibliothèque se voit clas- dèles allant de la norme ISO 9001 en passant sur fond politique nourri de nationalisme et sée parmi les monuments historiques, c‘est par les éventuels systèmes d‘encadrement de technologie. La déclaration en faveur de beaucoup moins au titre des fonds patrimoni- qualitatif global et jusqu‘à l‘usage de labels l‘internationalisation des parcours portée par aux qu‘à celui de l‘enveloppe architectonique. qualité propres au monde des bibliothèques. l‘assemblée générale de la conférence des A l‘instar de tout autre monument historique, Cependant, l‘introduction d‘un modèle d‘en- présidents d‘université et de grande école la singularité de la construction et l‘identité cadrement qualitatif ne constitue pas la fin (Hochschulrektorenkonferenz / HRK) recom- comme l‘histoire du bâtiment constituent la de la démarche. Bien au contraire : l‘évalua- mande à cet effet : »d‘amplifier chez les étu- base de ce classement. Quoique la démarche tion doit être régulièrement conduite. Et cel- diants le sens et la valeur des parcours inter- de protection au titre des monuments histo- les et ceux qui escomptent une certification nationaux« lesquelles »se distinguent par la riques répondent à une méthode scientifique ou une labellisation doivent nécessairement pluralité des opinions alternatives et l‘atten- élaborée à partir de normes, la question de se plier au remplissage de questionnaires, tion générale portée à la diversité«. La finalité l‘éligibilité à cette protection demeure une c‘est-à-dire à l‘enquête ou à l‘audit internes. de l‘approche internationale se comprend dès question subjective en raison des aspects Étant donné le fait que l‘évaluation ou la po- lors d‘une manière tant philosophique que relevant de l‘identité du bâtiment. sition d‘ »évalué« sont souvent appréhendées pratique et se déploie à différents niveaux. En particulier, la protection d‘un monument de manière négative, voire de manière angois- A l‘occasion de la Semaine Erasmus+ en historique bâti se trouve confrontée à deux sée, par les individus, l‘occasion d‘un appren- faveur des échanges professionnels et de la principaux problèmes. D‘une part, l‘évalua- tissage pour l‘organisation qui propose l‘au- Semaine en faveur des échanges professi- tion de la valeur patrimoniale d‘un bâtiment dit interne est habituellement mésestimé. onnels en bibliothèque, des idées et des in- suscite rarement l‘unanimité. D‘autre part, la Toutefois, de nombreuses méthodes d‘audit formations peuvent être échangées au sein fonctionnalité du bâtiment représente un se- créatif représentent de réelles opportunités de groupes internationaux et la formation cond écueil sur le chemin de l‘attribution de la pour encourager une culture de l‘apprentis- continue interculturelle peut être consolidée protection au titre des monuments historiques. sage mais aussi de l‘erreur au sein de l‘orga- – sans pour autant dépenser d‘importants Alors que pour les immeubles d‘habitation pré- nisation. budgets de déplacement. Il s‘agit là de l‘élar- valent les normes de construction comme les Il existe de nombreuses méthodes d‘au- gissement d‘un horizon tant professionnel aspects énergétiques, le confort et l‘accessi- dit, qui offre un cadre créatif comme, par ex- que personnel. Parmi les résultats évidents bilité, les exigences fonctionnelles pour ce qui emple, la méthode courante de l‘interview ou obtenus au sein des divers départements concerne les bâtiments publics comme les bib- bien la méthode souvent moins appréciées par d‘une structure, nous relèverons l‘influence liothèques s‘avèrent fluctuantes. Dans le cas où les participants de l‘observation participation. bénéfique, outre sur le développement per- le bâtiment ne les remplit plus, se pose dès lors La contribution de l‘auteur fait rapidement le sonnel et la motivation, sur l‘offre de services la question de la manière et de la possibilité de point sur quelques-unes de ces méthodes – et la qualité de ceux-ci par la prise en compte conduire les adaptations nécessaires. le quiz d‘équipe, l‘audit de processus, l‘audit de partenaires – pourquoi pas commerciaux La présente contribution donne un aperçu spontané, l‘audit charitable, l‘audit de meilleu- – et un cercle international d‘usagers. C‘est, des différents aspects d‘un classement au titre res pratiques ainsi que le jeu d‘auto-évaluation pour le moins, l‘expérience qu‘en a fait la Bi- des monuments historiques pour un bâtiment selon la norme ISO 9004. bliothèque universitaire de Erlangen-Nurem- de bibliothèque. Il était d‘ailleurs nécessaire de berg par la réalisation de projets internatio- différencier les cas de figure : la bibliothèque naux. comme monument historique, la bibliothèque dans le monument historique mais aussi, briè- 1 NdT: l‘intitulé anglophone est Erasmus+ Staff vement, le monument historique sans sa bib- Exchange Week que nous traduisons ici avec liothèque. le souci d‘éviter autant que faire se peut les Traduit par David-Georges Picard anglicismes en français.

BuB 71 05/2019 319 KLEINANZEIGEN

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