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Leicht-Athlet 80 Jahre Blitz

ls der Opel Blitz vor acht Jahr- Azehnten seine erfolgreiche Laufbahn antrat, waren Nutzfahrzeu- ge von Opel alles andere als etwas neues. Schon 1899 hatte Opel die ersten Lieferwagen auf der Basis des Patentmotorwagens „System Lutz- mann“ gebaut, und fortan wurden immer wieder von den Personenwa- gen abgeleitete Nutzfahrzeuge lan- ciert, die sich teils gut verkauften. Im ersten Weltkrieg fertigte Opel den „Regel-Lastwagen“ nach Vorgaben des Militärs und behielt ihn auch später im Programm, ohne bei der Reichswehr zum Zuge zu kommen. Die Stückzahlen blieben daher ge- ring, was sich aber auch daraus erklärt, dass Opel sich in diesen Opel Blitz 1,5 Tonner Schnell-Lastwagen, 1930 Jahren auf den erfolgreichen 4 PS konzentrierte und die Entwicklung anderer Modelle nicht mit der glei- chen Priorität behandelte. Nutzfahr- zeugkunden bekamen in den Zwanzi- gern den lauten, anfälligen Kettenan- trieb, und der Verbrauch des Dreiton- ners soll bei 35 bis 40 Litern gelegen haben, was vor allem auf das immen- se Eigengewicht der Fahrzeuge zurückzuführen war. Mit der Übernahme durch GM 1929 gab es zunächst eine organisatorische Änderung: Anfang 1930 wurde das Nutzfahrzeuggeschäft in einer eige- nen Abteilung zusammengefasst, und dann ein leichter, wirtschaftlicher Lastwagen mit einem deutlich ver- Name von Welt: Die Modellbezeichnung der neuen Nutzfahrzeug-Generation hat besserten Verhältnis von Fahrgestell- das Unter-nehmen per Preisausschreiben gesucht. Die Wahl fällt auf „Blitz“ – ein gewicht und Nutzlast konstruiert. Als Name, der zum Synonym für die nächsten 45 Jahre Nutzfahrzeugbau bei Opel wird. Vorbild diente der -Lastwa- gen, und zusammen mit dem Buick- lassen. „Blitz“ war streng genommen Vierzylinder aus eigener Fertigung -Motor kamen die Produk- nicht einmal eine neue Idee, Opel stemmte 40 PS auf die Kupplung, der tionsanlagen aus den USA. hatte den Namen bereits 1890 für ein 3,5 Liter messende Marquette-Sechs- Den einprägsamen Namen mit fünf Fahrrad verwendet. zylinder war mit 55 PS für damalige Buchstaben sollten die Opel-Mitar- Schnell wie der Blitz, diese Assozia- Verhältnisse üppig motorisiert und beiter finden, als Hauptgewinn im tion mag heute für einen Lastwagen machte den Zweitonner zu einem Preisausschreiben war immerhin eine ein wenig befremdlich wirken. Doch lebhaften Laster. 4/20 PS Limousine vorgesehen, für verglichen mit dem behäbigen Vor- Drei unterschiedliche Radstände gab die Plätze zwei bis fünf gab es vier gängern war der Blitz wirklich es von Anfang an, unter den Aufbau- Motoclub-Motorräder, deren Produk- schnell. Schon der für den 1,5-Tonner ten bestach vor allem der formschöne tion GM gerade hatte einstellen vorgesehene „kleine“ 2,6-Liter- Bus für 24 Fahrgäste. Der Riesener-

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folg der neuen Nutzfahrzeugbaureihe Sprung an die Spitze der europäi- zeichnete sich schon bei der Präsen- schen Hersteller, woran die 21.756 in tation im November 1930 ab, und er Rüsselsheim und Brandenburg gebau- sollte bald die Kapazitäten der Ferti- ten Blitze einen erheblichen Anteil gung in Rüsselsheim sprengen. 1931 hatten. wurde das Programm um den 2,5- Ab 1937 wurde im Blitz der moderne Tonner erweitert, Opel hielt ein ohv-Motor verbaut, den auch der großes Programm an unterschiedli- Admiral ´38 erhalten sollte. Mit 75 chen Aufbauten für spezielle Einsatz- PS aus 3,6 Litern erreichte der Blitz zwecke bereit. Auch als Chassis mit Gut im Gelände – der Blitz Dreitonner 90 km/h. Zum Vergleich: Damalige und ohne Führerhaus war der Blitz zu Kleinwagen liefen etwa 80 km/h. Die haben, und die Karosseriebauer der Blitz als 1,5-Tonner mit dem 37 beeilten sich, die Lücken im Werks- PS starken Hängeventilmotor des angebot mit eigenen Entwürfen zu Olympia auch erreichte. füllen. Opel avancierte mit dem Blitz Doch was den Blitz erfolgreich zum größten deutschen Nutzfahr- werden ließ, sollte bald dafür sorgen, zeughersteller – und das ohne Aufträ- dass es heute kaum noch welche gibt, ge der Reichswehr! denn: Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Im April 1935 begann der Bau der Wirtschaftlichkeit und reparatur- neuen LKW-Fertigungsstätte in freundliche Auslegung machten ihn Brandenburg an der Havel, 850.000 Opel Blitz Fahrgestelle in einer Monta- auch für den Kriegseinsatz interes- m² groß und einzig gedacht, den Blitz gehalle des Werkes Brandenburg, 1936. sant. Die wenigsten Blitze kehrten in noch größeren Stückzahlen zu zurück. Ab 1939 erreichte die Pro- bauen. Schon am 18.10.1935, keine duktion in Brandenburg fast monat- 200 Tage nach der Grundsteinlegung, lich neue Rekordmarken – bis das wurde dort der erste Blitz fertig Werk am 08.08.1944 von britischen gestellt. Das Werk Brandenburg trug Bombern so stark beschädigt wurde, maßgeblich dazu bei, dass Opel als dass die Produktion zum Erliegen erster deutscher Hersteller mehr als kam. Opel hatte ab 1940 auch den 100.000 Fahrzeuge im Jahr herstellen Blitz A mit Allradantrieb und sogar konnte. Opel Dreitonner Blitz mit ein Maultier genanntes Modell mit Im Folgejahr gelang Opel sogar der Kettenantrieb aus dem Jahr 1943 Ketten anstelle der Hinterräder. Weiter ging die Fertigung in einem Werk, das gar nicht zu Opel gehörte: der in beheimateten LKW-Fertigung von Daimler-Benz. Zwar hatten die Stuttgarter selbst einen Dreitonner im Programm, aber der Dieselmotor konnte den Haupt- nachteil des Modells nicht ausglei- chen: 3,1 Tonnen Nutzlast zu 6,7 Tonnen Gesamtgewicht, während der Blitz mit 3,3 zu 5,8 Tonnen eine weitaus bessere Quote hatte. Oder, pragmatisch betrachtet in Zeiten knapper Rohstoffe: Aus dem Material für zwei Daimler-Benz Dreitonner ließen sich drei (!) Blitz Dreitonner bauen. Folgerichtig verordnete Rü- stungsminister Speer den Bau des Blitz als „Einheitsmodell“, und beinahe wäre auch Borgward noch in Neubeginn: „Am Montag, den 15. Juli 1946 fand im Rahmen einer schlichten den Genuss gekommen, ein Modell Feierstunde der Ablauf des ersten wieder serienmäßigen hergestellte Opel Blitz 1,5 Tonner Sechszylinder 2,5 Liter Schnelllastwagens statt, der das Signal zur der Konkurrenz bauen zu müssen. Wiederaufnahme der Serienerzeugung von Kraftfahrzeugen bei der Nach dem Krieg wurde der erste AG gegeben hat“, lautete die damalige Pressemeldung. Opel im kaum beschädigten Mann-

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heimer Werk von Daimler-Benz gefertigt, es konnte schon im Mai 1945 den Betrieb wieder aufnehmen und beendete die Produktion des L701 genannten „Kuckuckseis“ erst im Juni 1949 nach insgesamt 10.300 Einheiten. Dem auf der Exportmesse Hannover 1949 vorgestellten Nach- folger L3250 war der Einfluss des Opel Blitz deutlich anzumerken, geriet er och erheblich leichter als die bisherigen Daimler-Entwicklungen. Er sollte aber auch zum sich noch lange nicht abzeichnenden Nieder- gang des Blitz beitragen, denn er hatte einen Dieselmotor, dessen Kurz: der Blitz-Bus von Clubmitglied Helmut Zurkaulen, und... Literleistung schon in die Nähe von Benzinern kam und der sich sparsam betreiben ließ. Opel verzichtete sowohl auf einen Diesel als auch auf einen Nachfolger für den Dreitonner. Der erste bei Opel gefertigte Nachkriegs-Opel war ein Blitz 1,5-Tonner, gebaut in Rüs- Dieser Blitz war bei der Feuerwehr selsheim. Das teils wieder instandge- Brilon im Einsatz, aufgenommen 1939, setzte Werk Brandenburg wurde ...lang: ein Cabriobus, hier mit geschlos- und wird bald darauf für den Krieg ebenso von den Sowjets demontiert senem Verdeck requiriert worden sein... wie die Kadett-Fertigung in Rüssels- heim. Letztere reüssierte bald als Produktionsstätte des Moskwitsch, einen Blitz aus sowjetischer Ferti- gung sollte es aber nie geben. Der Anderthalbtonner erhielt eine nochmals höhere Nutzlast, die den aus dem Kapitän bekannten Sechszy- linder vor keinerlei Probleme stellte, und noch im ersten (halben) Jahr wurden 839 Blitze produziert. Erst 1952 wurde der 1,75-Tonner offiziell zum 1,75-Tonner, mit moder- nem, rundem Gesicht, wieder einer Vielzahl an Aufbauten und als Beson- derheit dem laufruhigen Sechszylin- ...wie beinahe alle Blitze der Vorkriegsproduktion der-Benziner. Erst 1969, eine Modell- generation später, bringt Opel den englischer Fertigung nicht sonderlich. von vielen Kunden verlangten Diesel, Insgesamt hat Opel bis 1975 in „Indenor“ genannt, damit die Peu- Rüsselsheim und Brandenburg geot-Herkunft nicht so auffällt. Zu 442.312 Lastwagen mit dem Namen spät, um die alte Marktposition des Blitz hergestellt. Geblieben ist das Blitz wiederherzustellen, er zuletzt Logo, das gerade wieder modernisiert einen halbherzig vermarkteten Nach- wurde. folger namens Bedford Blitz erhält und von 1973 bis 1987 im Programm Text: Stefan Heins *1662 bleibt. Zum Schluss weitgehend unter Fotos: Archiv Opel Classic, Ausschluss der Öffentlichkeit; die Archiv Alt-Opel IG, Was bleibt – modernisiertes Blitz-Logo Händler mögen den Hybriden aus Olaf Trapp *136 am Insignia

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