Dr. Rainer Rothfuß

Wege aus der Migrationskrise

1 Dr. Rainer Rothfuß Wege aus der Migrationskrise Leitlinien für ein exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept und eine Remigrationsagenda für Europa

Studie online: www.id-afd.eu/unsere-arbeit-im-ep/wege-aus-der-migrationskrise

1. Aulage 2020 © Copyright dieser Ausgabe by ID-Fraktion 2020 Dr. Rainer Rothfuß, Rothfuss Consult D-88131 Lindau (Bodensee) [email protected] Printed in Europe

2 Dr. Rainer Rothfuß

Wege aus der Migrationskrise

Leitlinien für ein exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept und eine Remigrationsagenda für Europa

Bearbeitungszeitraum: 18. Oktkober 2019 bis 9. September 2020

ID-Fraktion Identität und Demokratie des Euopäischen Parlaments

3 4 Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ...... 9 Vorwort ...... 11 Zusammenfassung: Wege aus der Migrationskrise ...... 15

1. Einleitung und Problemabriss: Die europäische Asyl- und Migrationspolitik in der Sackgasse ...25

2. Die europäische Dimension der Asyl- und Migrationspolitik ....33 Entwicklung der EU-Asyl- und Migrationspolitik ...... 37 Analyse der politischen Motivlage für die EU-Migrationsagenda ...... 41 Die inhaltliche Konzeption und unerfüllte Ansprüche der EU-Migrationsagenda ...... 45 Kritik der migrationsoptimistischen Grundkonzeption der EU-Migrationsagenda ...... 56 Der festgefahrene Reformprozess der europäischen Asyl- und Migrationspolitik ...... 64

3. Freiräume im Völkerrecht für eine Neuausrichtung der Asyl- und Migrationspolitik nach dem Proximitätsprinzip ...... 70 Die Genfer Flüchtlingskonvention ...... 71 Der UN-Flüchtlingspakt ...... 78 Der UN-Migrationspakt ...... 87 Die Europäische Menschenrechtskonvention, EU-Grundrechtecharta und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ...... 95

5 4. Die Herausforderung des steigenden Migrationsdrucks auf Europa im 21. Jahrhundert ...... 103 Modelle, Motive und Prozesse der Migration ...... 103 Geopolitische Aspekte der Migration als Instrument zur Erweiterung politischer, kultureller und ökonomischer Einlusssphären ...... 108 Steigender Migrationsdruck auf Europa im Laufe des 21. Jahrhunderts ...... 113

5. Exterritorialer Schutz, Migrationssteuerung und Entwicklungsförderung nach dem Humanitäts- und Proximitätsprinzip ...... 123 Selektive Ineizienz konventioneller Abschiebepolitik als Hinweis auf den regionalen Standortbedarf für exterritoriale Schutz- und Entwicklungspole ...... 132 Selektive Ineizienz konventioneller Abschiebepolitik und Rückkehrförderung in Deutschland ...... 138 Vorhandene Programme und Einrichtungen in Herkunfts- und Transitregionen zur Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten ...... 145 Versuch der Fluchtvermeidung durch „Regionale Schutzprogramme“ der EU ...... 149 Versuch der Fluchtvermeidung durch den „Europäischen Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika“ ...... 152 Versuch der Fluchtvermeidung durch das „EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen“ ...... 154 Nicht-Einmischung, Stabilisierung, Wiederaufbau und Entwicklung der Herkunftsländer als Schlüssel für ein exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept .....159

6 Regionale Sicherheitslage und gruppenspeziische Vulnerabilität als bestimmende Faktoren für Standortwahl und Struktur der Schutz- und Entwicklungspole ...... 162 Eritrea als möglicher Pilot-Standort für eine modellhafte Umsetzung der exterritorialen Schutz- und Entwicklungszonen ...... 170 Ablaufschritte zur Umsetzung des exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts ...... 176 Funktionale und institutionelle Ausstattung der exterritorialen Schutz- und Entwicklungspole zur Erfüllung der völkerrechtlichen Schutzverplichtung .....182 Schutz und Entwicklungspole als regionale Wirtschafts- und Innovationsmotoren durch Remigration, Investition und Bildung ...... 189

6. Geopolitische Stärkung Deutschlands und Europas durch Kooperation mit stabilisierten Nachbarn im Globalen Süden ...... 199

Zum Autor der Studie ...... 203 Liste der Expertengespräche ...... 205 Liste der Forschungsreisen ...... 209 Abkürzungsverzeichnis ...... 211 Literaturverzeichnis ...... 213 Medien- und Kurzberichte ...... 243

7 8 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Anzahl der Asylbewerber in der Europäischen Union (EU-27), 2008-2019 ...... 46 Abb. 2: Sekundärmigrationsquoten bis April 2019 in ausgewählten EU-Staaten in Prozent der Umgesiedelten ....53 Abb. 3: Anzahl von Asylanträgen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 2018 und 2019...... 55 Abb. 4: Altersstruktur 2019 der EU-Bürger und ausländischen Bevölkerung in der Europäischen Union (EU-27) ...... 57 Abb. 5: Asylanerkennungsquoten ausgewählter Herkunftsländer in Europa 2015 ...... 65 Abb. 6: Signatarstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention ...... 72 Abb. 7: Bevölkerungsentwicklung nach Weltregionen 1950-2100 nach verschiedenen UN-Prognoseverfahren ...... 114 Abb. 8: Kaufkraftbereinigtes BIP pro Kopf 2015 in ausgewählten Zielländern und den zehn größten Herkunftsländern ...... 118 Abb. 9: Gesamtzahl des Migrantenbestands nach, innerhalb und aus Afrika in Millionen Personen 1990-2019 ...... 121 Abb. 10: Illegale, ausreiseplichtige, abgewiesene und abgeschobene Nicht-EU-Bürger in der Europäischen Union 2008-2018 ...... 132 Abb. 11: Asylbewerber (Erstanträge in Tausend) 2018/2019 nach Herkunftsstaaten in der Europäischen Union (EU-27) ....133 Abb. 12: Top 20 Staaten 2017/2018, für die Nicht-EU-Bürger eine Ausreiseanordnung erhielten (EU-28) ...... 135

9 Abb. 13: Top 20 Staaten 2017/2018, in die Nicht-EU-Bürger abgeschoben wurden (EU-28) ...... 136 Abb. 14: Schutzsuchende nach Schutzstatus in Deutschland 2007 bis 2019 ...... 138 Abb. 15: Abschiebungen aus Deutschland 2014 bis 2019 in absoluten Zahlen ...... 139 Abb. 16: Veränderung des Schutzstatus bei 2014 bis 2016 nach Deutschland Eingereisten bis 2019 (in Tausend) .....140 Abb. 17: Überblickskarte der Flüchtlingseinrichtungen in Südeuropa, dem Nahen Osten und Afrika nördlich des Äquators ...... 146 Abb. 18: Illegale Grenzübertritte pro Monat 2014-2019 auf den Hauptrouten im Mittelmeer ...... 157 Abb. 19: Kontrolle über Gebiete in Syrien im März 2020 ...... 166 Abb. 20: Anstieg der Anzahl der Sonderwirtschaftszonen weltweit von 1975 bis 2018 ...... 190 Abb. 21: Top 10 Investorenländer in Afrika nach Bestand an ausländischen Direktinvestitionen 2013/17 in Billionen US-Dollar ...... 194

10 Vorwort

Emotionale Auladung, Desinformation und ideologische Instrumen- talisierung haben das hema Migration und Flucht zu einer der schwie- rigsten politischen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit werden lassen. Migration ist nicht nur ein demographischer Prozess, bei dem ein rein numerischer Bevölkerungsbestand verändert oder gleich ge- halten wird („Bestandserhaltungsmigration“; UNO 2000 bzw. „repla- cement migration“; UNO 2001). Migration bringt ab einer gewissen Größenordnung auch qualitative Veränderungsprozesse durch die „Einwanderung“ konliktiver Wertesysteme bzw. ofener interkulturel- ler Spannungen und National-, wie Clankonlikte mit sich, die von der aufnehmenden Gesellschaft nur begrenzt steuerbar sind. Schlaglicht- artig zeigen diese Problematik die bürgerkriegsähnlichen Ausschrei- tungen von Dijon zwischen tschetschenischen und nordafrikanischen Migranten oder die mit der Androhung des Einsatzes von 2.000 Kriegs- wafen verkündete Durchsetzung der „Scharia-No Go Area“ Duisburg Marxloh1 im Juni 2020. Polizei und Justizbehörden sind für solche lächendeckenden Gewaltausbrüche nicht gewappnet und kapitulieren immer häuiger vor dem Entstehen gefährlicher rechtsfreier Räume mit informell, aber unaufhaltsam etablierter Scharia-Paralleljustiz.

1 Der Bonner General-Anzeiger berichtete am 13.06.2020: „Am 22. Mai, so steht es in der Akte, erhält das Polizeipräsidium Duisburg eine E-Mail mit ei- ner Anschlagsdrohung und Warnung, sich aus Marxloh zurückzuziehen. ‚Be- tref Allahu Akbar, Duisburg-Marxloh ist unser Stadtteil. (…) Wir verbieten allen Ungläubigen, unseren Stadtteil zu betreten. Alle Polizisten, Journalisten und auch andere Ungläubige werden wir mit Wafengewalt vertreiben oder töten. Bei uns gilt nur die radikale Scharia‘, heißt es in dem Schreiben. ‚Wir haben uns 2000 Stück AK-47 Sturmgewehre mit genügend Munition aus der Türkei und Russland beschaft. Allahu Akbar, tötet alle Ungläubigen‘.“

11 Die europäischen Gesellschaften stehen vor der Herausforderung diese Gefahren zu erkennen und zu bestimmen, welchem Entwicklungsleit- bild sie folgen und wie sie entsprechend Migration steuern wollen. Vie- le einlussreiche Wissenschaftler und Medienschafende scheinen sich parteiisch auf die Seite der Migrationseuphoriker gestellt zu haben. So lobte der deutsch-amerikanische Politikwissenschaftler Yascha Mounk in den ARD Tagesthemen vom 20.02.2018 die massiven Migrations- prozesse der vergangenen Jahre als „historisch einzigartiges Experi- ment, [...] eine monoethnische, monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln“ und „dabei kommt es natürlich auch zu vielen Verwerfungen“. Der Spiegel-Verleger Jakob Augstein versuchte in einem Kommentar vom 09.07.2018 das nötige Verständnis für die- ses „Experiment“ zu fördern: „Durch Einwanderung könnte Deutsch- land zum neuen, besseren Amerika werden. Wir müssten uns nur von lieben Gewohnheiten verabschieden – zum Beispiel vom Sozialstaat, wie wir ihn kennen.“ Im Gegensatz dazu sollten die nationalen Regierungen und insbeson- dere die Europäische Union diesen wichtigen gesellschaftlichen Aus- handlungs- und Orientierungsprozess in der für die Zukunft Europas entscheidenden Migrationsfrage nicht ideologisch steuern, medial ma- nipulieren oder anderweitig behindern, sondern gezielt demokratische Debattenräume dafür schafen und jegliche bottom-up entstehenden Ergebnisse respektieren. Schließlich steht gemäß Völkerrecht dem Volk als Souverän (vgl. Murswiek 2016, S. 137) die Aufgabe und Verantwor- tung zu, diese essenziellen Fragen im Sinne der „Selbstbestimmung“ (UN-Charta, Art. 1) zu erörtern und seine zukünftige Entwicklung zu deinieren (UN-Sozialpakt, Art. 1): „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“

Auch im Vertrag von Maastricht („Vertrag über die Europäische Uni- on“; Europäische Gemeinschaft 1992, S. 3f) verplichten sich die

12 Mitgliedstaaten bereits in der Präambel auf einen Entwicklungsweg, der die vielfältigen Traditionen und Kulturen der europäischen Völker und die Interessen der Bürger achtet und für die Zukunft bewahrt: „IN DEM WUNSCH, die Solidarität zwischen ihren Völkern unter Ach- tung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Traditionen zu stärken, […] ENTSCHLOSSEN, den Prozess der Schafung einer immer en- geren Union der Völker Europas, in der die Entscheidungen entspre- chend dem Subsidiaritätsprinzip möglichst bürgernah getrofen werden, weiterzuführen“.

Die Migrationspolitik der Europäischen Union und die „Europäische Migrationsagenda“ (Europäische Kommission 2015a) stehen jedoch mit ihren Leitsätzen teilweise diametral in Konlikt mit dem Recht der von den Bürgern als Souverän ausgehenden Selbstbestimmung über den anzustrebenden langfristigen Entwicklungsweg. Das „Gemeinsa- me Europäische Asylsystem“ (GEAS) läuft Gefahr die auf intrinsischer Motivation basieren sollende „Solidarität“ zwischen den europäischen Völkern mittels obligatorischer Umsiedlungsquoten „top-down“ zu in- terpretieren und die Verweigerung verstärkt zu sanktionieren. Zugleich droht sie, das Instrument der Außenzuwanderung über die EU-Bin- nenmigration zur Lösung arbeitsmarktbezogener Engpässe zu priorisie- ren. Dies widerspricht jedoch den Zielen der innergemeinschaftlichen Kohäsion – der eigentlich grundlegenden Zielperspektive innereuro- päischer Solidarität – und ist der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU abträglich. Da Weichenstellungen in der EU-Migrationspolitik alle Mitgliedstaa- ten binden und zugleich langfristig unumkehrbare Realitäten für Euro- pas einzigartiges kulturelles Erbe und gesellschaftliche wie politische Verfasstheit schafen, sollte dieser Politikbereich dringend einer kriti- schen Überprüfung unterzogen werden. Nur in einem ergebnisofenen gesamtgesellschaftlichen, europaweiten Diskurs und in einer – zumin- dest in Deutschland laut Grundgesetz Art. 79, Abs. 3 auf nationaler

13 Ebene zwingend vorgeschriebenen – „verfassungsgebende[n] Volks- entscheidung über die Ersetzung des Nationalstaats durch einen Viel- völkerstaat oder eine multikulturelle Gesellschaft“ (Murswiek 2016, S. 136) können solch weitreichende Entscheidungen verfassungskonform getrofen werden. Die vorliegende Studie soll einen Startpunkt auf diesem Weg setzen. Ihre Aufgabe ist es, zunächst die aktuelle EU-Migrationspolitik kri- tisch zu analysieren. Vor dem Hintergrund abgestellter völkerrechts- widriger Militärinterventionen und destruktiver Wirtschaftseinlüsse soll eine exterritoriale Schutzkonzeption entwickelt werden, die dem Humanitätsprinzip sowie dem Proximitätsprinzip in der Schutzgewäh- rung Geltung verleiht. Darüber hinaus sollen eine Strategie und ein umfassendes Maßnahmenbündel entwickelt werden um zukünftig in Europa ankommende und bereits in Europa beindliche Schutzsuchen- de und Migranten wirksamer bei Rückkehr und (Wieder-)Aufbau ihrer Heimatländer zu unterstützen. Problemlösung sowie Entwicklungsför- derung nach dem „Proximitätsprinzip“, das den Faktor „Nähe“ priori- siert, ist der Schlüssel für dauerhaft tragfähige, faire, stabile und zudem wahrhaft gleichberechtigte, sprich faktisch entkolonialisierte Beziehun- gen zwischen Europa und seinen Nachbarn.

14 Zusammenfassung: Wege aus der Migrationskrise

Die Fragen von Migration und Asyl gehören angesichts des langfristig wachsenden Migrationsdrucks aus Afrika und Asien zu den wichtigs- ten Politikfeldern, die für die Zukunft und Gestalt Europas bis zum Ende des 21. Jahrhunderts entscheidend sein werden. Die 2020 initi- ierte „Corona-Lockdown-Krise“ wird in den kommenden Jahren eine grundlegende Neubewertung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Globalisierungsprozesse sowie des Migrationsparadig- mas verlangen. Die Welt steht an einer Wegscheide der Maximierung globaler Verlechtungen bzw. ihrer maßvollen Rückführung in dezent- rale, stärker regional fokussierte Beziehungsgelechte. Ofene Grenzen auf globaler Ebene für Kapitalströme, Lieferketten und Migration er- weisen sich zunehmend als Risikofaktor für die notwendige Stabili- tät hochkomplexer Systeme. Die Priorisierung des Faktors „Nähe“ er- scheint essenziell gerade in jenen Bereichen, in denen überregionale oder gar globale Fernverlechtungen nicht zwingend notwendig sind und die Risikoanfälligkeit der Systeme gefährlich erhöhen. Dieser Para- digmenwechsel weg von der Priorisierung des „Globalismus“ und hin zur „intelligenten Nähe“ als Leitbild wird auch in der Migration seinen Niederschlag inden.

Entwicklung und Hilfe nach dem Proximitätsprinzip

Der Migrationsproblematik liegen primär wirtschaftliche Fragestel- lungen zugrunde, der Asylfrage in erster Linie humanitäre. Die vorlie- gende Studie bestätigt diese beiden Bewertungsrahmen grundsätzlich, empiehlt aber in der Ausgestaltung der jeweiligen politischen Hand- lungsfelder einen grundlegenden Paradigmenwechsel nach dem „Leit- bild der Nähe“ bzw. dem „Proximitätsprinzip“:

15 1. Weg von der Lösung von Problemen des „Fachkräftemangels“ und des „demographischen Wandels“ durch die Priorisierung außer- europäischer Zuwanderung hin zur konsequenten Nutzung inner- europäischer Humanressourcen zur Förderung eines verstärkten innereuropäischen Zusammenhalts; 2. Weg vom territorialen Schutzgedanken in und der Förderung von Fernmigration nach Europa – hin zum Konzept tragfähigen Schut- zes in und einer am Remigrationsziel orientierten Entwicklungs- förderung für Herkunfts- und Aufnahmeregionen.

Da die Auslöser von Migration und Flucht rein deinitorisch zwar un- terschiedlicher Natur sind, in der Praxis aber die Motivlage meist lie- ßend übergeht zwischen wirtschaftlichen und politischen Treibern für die individuelle Wanderungsbewegung, werden in dieser Studie beide Kategorien in der Regel gemeinsam abgehandelt. Zur historischen Ein- ordnung bleibt festzuhalten, dass die erschütternden Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs mit vielen Millionen Toten und Vertriebenen die internationale Staatengemeinschaft bewogen hatten, die Rechte von Flüchtlingen 1951 in der Genfer Flüchtlingskonvention festzuschrei- ben. Seither haben sich die Rahmenbedingungen für Mobilität und Kommunikation über größere räumliche, ja sogar globale Distanzen hinweg durch eine technologische Revolution massiv verändert. Spätestens seit der Jahrtausendwende ist demnach eine Neubewertung der Frage, wie Menschen in Krisensituationen angemessen humani- täre Hilfe zu leisten und Schutz zu gewähren ist, überfällig geworden. Schließlich sind massenhafte Flucht- und irreguläre Migrationsbewe- gungen der überwiegend ökonomisch und physisch besser Gestellten einer Krisengesellschaft über große und gefährliche Distanzen hinweg und folglich die Hilfe ausschließlich für die „Erfolgreichen“ in den Ziel- ländern Europas nicht die rationalste und humanitärste Lösung für das eigentliche Grundproblem. Die Studie empiehlt daher zukünftige Hilfe strikt nach dem Proximitätsprinzip zu strukturieren: Schutz und Hilfe mit maximaler Kosteneizienz und zugleich humanitärer Wirksamkeit

16 vor Ort im Herkunfts- oder Nachbarland vor dauerhafter Umsiedlung in ferne Zielländer mit integrationserschwerenden, da völlig unterschied- lichen sozioökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen.

Europas Mitverantwortung für Fluchtursachen ernstnehmen

Nicht länger ausgeklammert werden darf die Frage, welche Rolle bei der Entstehung ernsthafter Krisensituationen und massiver Flucht- bzw. Migrationsbewegungen die teilweise völkerrechtswidrigen Militärin- terventionen der westlichen Staaten und anhaltende Wirtschaftssank- tionen gespielt haben. Politische und mediale Kommunikationsmus- ter sind zu hinterfragen, wenn direkt mitverantwortete massenhafte Flucht- und Migrationsbewegungen fälschlicherweise als unveränder- bar dargestellt und die Aufnahme in Europa als alternativloser huma- nitärer Akt der „Solidarität“ bzw. als einzige Lösungsmöglichkeit der Öfentlichkeit präsentiert wird. Statt durch die Aufnahme eines Teils der mitverursachten Flüchtlings- ströme nachträglich Abhilfe leisten zu wollen, muss die Ursache der De- stabilisierung von Herkunftsstaaten einschließlich interner und externer Faktoren angegangen werden. Geschädigte Staaten können aufgrund ihrer ohnmächtigen Position gegenüber intervenierenden Staaten wie den USA oder ihren europäischen und Nato-Verbündeten keine Re- parationen durchsetzen. Leider wird von den intervenierenden Staaten aber auch kaum je der Wiederaufbau der Herkunftsländer wirksam ge- fördert (aktuelle Beispiele wären Libyen und Syrien). Teilweise werden Eigenanstrengungen der notleidenden Staaten darüber hinaus mittels Wirtschaftssanktionen langfristig behindert wie im Falle Syriens durch die USA und die EU. Weite Teile des Landes sind seit 2018 befriedet und syrische Flüchtlinge, die in Deutschland und anderen Ländern Europas Asyl bzw. subsidiären Schutz genießen, könnten sich bereits in ihrer Heimat in Wiederaufbauprogrammen engagieren, statt in den Zuluchtsstaaten auf Familienzusammenführung zu warten.

17 Die EU-Institutionen sollten zudem das generelle Prinzip verfolgen, dass außenwirtschaftliche Partnerschaftsabkommen und Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit nicht dem Primat der Vermeidung von Fluchtursachen widersprechen dürfen. Dies gilt auch für privat- wirtschaftliche Aktivitäten europäischer Firmen, die vielmehr als Part- ner für Remigration und Reintegration einzubeziehen sowie im Aufbau beidseitig vorteilhafter Austauschbeziehungen zu stärken sind.

Weitung des Migrationsdiskurses

Die Suche nach Lösungen in den Politikbereichen Migration und Asyl wurde bislang zu stark auf das migrationsfreundliche Leitbild eines im- mer dichter werdenden nationalen, EU- und UNO-Regelgelechts ein- geengt, das Fernmigration – sei es durch Flucht bzw. illegalen Grenz- übertritt oder neuerdings verstärkt Neuansiedlung – als alternativlos hinzunehmende Entwicklung darstellt. Eine seit Jahrzehnten domi- nante Schule der Interpretation der Fernmigration als quasi „natür- liche“ Form der humanitären Hilfeleistung hat die wissenschaftliche Debatte, die politischen Lösungsmodelle und die öfentliche Meinung massiv gelenkt und die Suche nach Alternativlösungen beschränkt. Die vorliegende Studie will einen Beitrag zur sachlichen Weitung des Migrationsdiskurses leisten, um in einer ergebnisofenen gesamtgesell- schaftlichen Debatte zu neuen, langfristig tragfähigen und ganzheit- lich gesehen humanitäreren Lösungskonzepten zu kommen. Sachlich fundierte Kritik an einer dysfunktionalen, in weiten Teilen den eigent- lichen Sinn verfehlenden Migrations- und Asylpolitik darf nicht länger mit den wohlfeilen Attributen und ideologisierten Kampfbegrifen der „Fremdenfeindlichkeit“ verunglimpft und delegitimiert werden. Ein herrschaftsbefreiter, ergebnisofener gesellschaftlicher, wissenschaftli- cher und politischer Diskurs ist in dieser Kernfrage allein zielführend.

18 Globale Lobby für Fernmigration

Ein solcher diskursiver Öfnungsprozess und die mögliche Etablierung eines neuen Leitbilds des Proximitätsprinzips in Migrations- und Asyl- fragen wird auf den entschlossenen Widerstand jener Akteure stoßen, die – aus unterschiedlichsten politischen, wirtschaftlichen und ideo- logischen Interessen und Motiven – an der aktuell vorherrschenden Priorisierung von Fernmigration über Nahlösungen festhalten wollen. Ein Paradigmenwechsel in der EU-Migrations- und Flüchtlingspolitik ist aufgrund bisheriger Prioritätensetzungen, wie sie in der EU-Mig- rationsagenda seit Jahren zum Ausdruck kommen und aufgrund der Schwerfälligkeit politischer Aushandlungsprozesse im EU-Politiksys- tem in den kommenden zehn Jahren nur bedingt zu erwarten. Die aktuell laufende Überarbeitung der EU-Migrationsagenda folgt dem Leitbild des UN-Migrations- und Flüchtlingspakts, die lediglich illega- le Migration eindämmen, aber zugleich legale Fernmigration fördern und als prioritär anzustrebendes Lösungskonzept auf globaler Ebene für alle Staaten verplichtend verankern wollen.

Internationale Agentur für Remigration

Daher empiehlt die Studie für die Umsetzung eines exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts einschließlich einer „Remigra- tionsagenda“ (Rothfuß 2018 und 2019) einen diferenzierten Ansatz unterschiedlicher Geschwindigkeiten durch die Bildung einer „Koali- tion der Willigen“. Kleinere Einzelstaaten werden ohne einen Koope- rationsverbund kaum in der Lage sein, die komplexen Anforderungen eines ganzheitlichen Vorortschutz- und Remigrationskonzepts zu be- wältigen. Dies zeigen die Beispiele Australien und Israel (Rang 14 und 33 der größten Volkswirtschaften) mit ihren unilateral initiierten, noch stark deizitären Ansätzen (vgl. Jungehülsing 2016, S. 245f und Knaul 2016, S. 282f), wenngleich die Schweiz (Rang 20) bereits ermutigende

19 Ergebnisse mit Rückkehrförderung und Aufbauhilfe in der Heimat von immerhin 40.000 kosovarischen Flüchtlinge erzielt hat (vgl. SRF, 09.02.2018). Im Kern einer Remigrationsallianz sollten sich Staaten aus aller Welt beinden, die massivem Migrationsdruck ausgesetzt sind. Vorausset- zung ist die Bereitschaft der Regierungen das Proximitätsprinzip der Hilfe und des Schutzes vor Ort anzustreben und dieses unter Einsatz angemessener Mittel und unter Wahrung humanitärer Grundsätze wirksam umzusetzen. Ziel ist die geordnete und assistierte Remigrati- on und Reintegration vorübergehend aufgenommener Migranten bzw. Flüchtlinge zu planen und umzusetzen. Diese schrittweise auf- und ausgebaute Remigrations-Allianz sollte eine internationale Organisa- tion mit eigenem Budget und robusten Handlungskompetenzen unter Kontrolle der souveränen Mitgliedstaaten im Sinne einer „Agentur für Remigration“ bilden. Organisatorisch sollte die Agentur weder der Eu- ropäischen Union noch den Vereinten Nationen unterstellt, aber – bei demokratiekonformer Wahrung der Souveränitätsinteressen der betei- ligten Staaten – den Vorgaben des humanitären Völkerrechts folgen. Die Erfahrungen dieser Allianz können den Lernprozess der Europäi- schen Union in der Migrations- und Asylpolitik befruchten und einen Paradigmenwechsel einleiten helfen.

Prozessschritte für ein Schutzsystem und Entwicklungsmodell nach dem Proximitätsprinzip

Kondensiert lassen sich die interdependenten Maßnahmen und einzu- leitenden Prozesse für die Umkehr des bisher dominanten Migrations- paradigmas wie folgt zusammenfassen: 1. Aufbau einer wirksamen gesamteuropäischen Grenzsicherung in primär nationaler Verantwortung, die nicht nur den Schengenraum vor illegaler Zuwanderung schützt, sondern auch die vorgelagerten

20 EU-Nachbarstaaten insbesondere auf dem Balkan, die unter der an den Schengengrenzen gestoppten Etappenmigration leiden; 2. Konzertierter gesamteuropäischer Abbau der Pull-Efekte für il- legale Migration, die sich insbesondere durch relativ hohe soziale Transferleistungen und die Möglichkeit der Legalisierung des Auf- enthaltsstatus mittels Beschäftigungsduldung ergeben; 3. Stopp aller völkerrechtswidrigen Militärinterventionen und Re- gime Change-Operationen westlicher Staaten, die Herkunftsländer destabilisieren und massenhafte Fluchtbewegungen durch Push- Efekte in Gang setzen bzw. Nachbarstaaten Europas in „Failed States“ verwandeln und damit zu Einfallstoren für illegale Migra- tion machen; 4. Beendigung aller gegen ärmere Herkunftsstaaten gerichteten völ- kerrechtswidrigen Wirtschaftssanktionen als Teil von Regime Change-Operationen, die durch das Zerstören der Volkswirtschaft weite Bevölkerungsteile empindlich trefen und somit Massenmig- ration provozieren bzw. die Rückkehr faktisch unmöglich machen; 5. Verhandlung und nötigenfalls Durchsetzung mittels angemessener Druckmittel von Abkommen zwischen Ziel- und Herkunftsstaa- ten, die beiderseits faire Bedingungen für die Hauptziele Wieder- aufbau und Wirtschaftsförderung sowie die – teilweise sogar de- zidiert erbetene – Rücknahme von Flüchtlingen und Migranten festschreiben; 6. Aufbau ofener Schutzsiedlungen und dynamischer Entwicklungs- pole außerhalb Europas in Herkunftsländern bzw. Nachbarregio- nen als Alternative zur Gewährung von Schutz innerhalb der terri- torialen Grenzen Europas, in welchen sichergestellt ist, dass 1) die Menschenrechte von Migranten und Schutzsuchenden ge- wahrt werden; 2) ggf. militärisch abgesicherte Schutzgarantien für dauerhafte Sicherheit sorgen;

21 3) besonders verfolgte Gruppen separiert und angemessen ge- schützt werden; 4) eine große Anzahl von Menschen gefördert und integriert wer- den; 5) bedarfsorientierte Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten ange- boten werden; 6) wirtschaftliche, auch agrarische und industrielle Aktivitäten entfaltet werden; 7) eine angemessene Behandlung von Erkrankungen vor Ort möglich ist; 8) die Rückkehr in die ursprüngliche Heimat soweit möglich ge- fördert wird; 9) die beherbergenden Staaten von den Entwicklungspolen pro- itieren; 10) die koinanzierenden Staaten durch Wirtschaftsaustausch pro- itieren;

7. Ergänzende Ausbildungsprogramme für geduldete Ausreiseplich- tige und anerkannte Schutzsuchende, die für eine verantwortungs- volle beruliche Tätigkeit im Aufbau der Schutzsiedlungen und Entwicklungspole unter Anleitung von Entwicklungsexperten und für die zukünftige wirtschaftliche Zusammenarbeit maßgeschnei- dert sind; 8. Rückführung und durch ganzheitliche Hilfe unterstützte Reinte- gration der bereits in Europa und im Schengenraum beindlichen illegalen Migranten und nicht anerkannten Asylsuchenden in jene außereuropäischen Schutz- und Entwicklungspole, die ihrer jewei- ligen Herkunftsregion am nächsten liegen bzw. wahlweise in ihren Heimatort; 9. Etablierung eines neuen Geopolitik-Leitbilds des stabilen Gleich- gewichts für Europa und seine Nachbarn durch europäische

22 „Kontraktion“ hinsichtlich destruktiver militärischer, ökono- mischer und politischer Fremdeinmischung bei gleichzeitiger europäischer „Expansion“ zur Etablierung fairer wirtschaftlicher Austauschprozesse, Bildungs- und Entwicklungsimpulse sowie rechtsstaatlicher Rahmenbedingungen; 10. Die steuernde Begleitung aller Prozessschritte vom bisherigen Mi- grationschaos hin zu einem stabilen und fairen Gleichgewicht zwi- schen Europa und seinen Nachbarn sollte anhand kooperierender Pionierstaaten in Pilotvorhaben methodisch erprobt und schritt- weise auf weitere Partnerstaaten und die EU ausgedehnt werden.

Langfristziel einer stabilen Friedensordnung zwischen Europa und seinen Nachbarn

Am Ende der Prozesskette der Umwandlung des aktuellen, auf Fern- migration beruhenden Schutzsystems in ein Hilfemodell nach dem Proximitätsprinzip steht eine stabile Ordnung einer fairen und auf Ei- genverantwortlichkeit beruhenden Partnerschaft zwischen Europa und seinen Nachbarn in Afrika und Asien. Jede dieser drei Großregionen übernimmt verstärkt Verantwortung für die Lösung der eigenen Pro- bleme und interveniert nicht mehr auf (verdeckte) illegitime Weise in der Sphäre des Nachbarn. Die Nachbarregionen in Afrika und Asien werden gefordert, aber auch gefördert in der Schafung stabiler, attrak- tiver Rahmenbedingungen für interne Entwicklung und externe Wirt- schaftskooperation. Dies schließt die gesellschaftliche Entwicklung, beruliche Qualiizierung und Vorsorge gegen überbordendes, nicht nachhaltiges Bevölkerungswachstum jenseits der intraregionalen Trag- fähigkeit mit ein. Sowohl Europa als auch die benachbarten Räume in Afrika und Asien werden in der Wahrung ihrer kulturellen Einzigartig- keit bei gleichzeitiger Achtung der Menschenrechte im Innern bestärkt. Im erzielten stabilen und partnerschaftlichen Beziehungsgelecht soll die Einmischung von Mächten, die um die geopolitische Vorherrschaft

23 in der europäischen Nachbarschaft ringen, sprich die USA und China, weniger Raum inden, sofern sie europäischen Interessen widerspricht. Das Stabilitäts- und Wohlstandsinteresse Europas und seiner Nachbarn rückt in den Vordergrund und delegitimiert die Durchsetzung wider- streitender Interessen ferner Hegemonialmächte. Intraregional muss es sowohl Europa als auch den Nachbarregionen in Afrika und Asien gelingen, die internen Entwicklungsprobleme mit eigenen Mitteln zu lösen. Dies betrift in Europa den – durch die Co- rona-Lockdown-Krise stark relativierten – Fachkräftemangel in einzel- nen Branchen sowie die jahrzehntealte Herausforderung zu niedriger Geburtenraten. In den asiatischen und afrikanischen Nachbarräumen betrift es insbesondere die Schafung stabiler und vertrauenswürdiger Systeme politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ordnung, die Bildung, Entwicklung, interkulturelle Koexistenz und eine Ein- dämmung des Bevölkerungswachstums in allen Staaten ermöglichen. Für Europa werden völkerrechtswidrige Interventionen in den Nach- barregionen tabu und für diese die Instrumentalisierung Europas als Überlaufbecken für Bevölkerungswachstum und Quelle für Rücküber- weisungen.

24 1. Einleitung und Problemabriss: Die europäische Asyl- und Migrationspolitik in der Sackgasse

Die Migrationswelle von 2015 hat das Scheitern des angesichts stoß- artigen Migrationsdrucks einfältigen EU-Konzepts des Schengenraums ofenbart, man könne das „Strukturproblem weit auseinanderstreben- der regionaler und sozialer Verhältnisse administrativ und bürokratisch lösen“ (Hofbauer 2018, S. 238). Selbst die seit 2010 unterhaltene europäische afrikanische Geheimdienstkooperation AFIC2 unter der Ägide der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache Frontex (vgl. Frontex 2018) konnte die mit dem „arabischen Frühling“ und der Zerstörung der staatlichen Ordnung in Libyen 2011 anschwellen- den Migrationsströme nicht angemessen prognostizieren, geschweige denn kontrollieren. Wie Staatsrechtler Professor Horn (2016, S. 141) im Hinblick auf den Herbst 2015 urteilte, ist der „Grenzübertritt als solches […] zum Tatbestand ohne Voraussetzung und Rechtsfolge ge- worden“. So kam es zu einem starken unkontrollierten Zustrom unter- durchschnittlich qualiizierter Flüchtlinge bzw. Migranten in die EU. Durch „massenhafte und unkontrollierte Sekundärmigration“ (Horn 2016, S. 142) richteten sich die Migrationsströme insbesondere nach Deutschland, rechtswidrig durch die Bundesregierung gestützt mittels pauschaler Anwendung des allein für Härtefälle vorbehaltenen „Aus- nahmetatbestand[s]“ (Sodan 2016, S. 179) des Art. 17 der Dublin- III-Verordnung. Stumpf (2016, S. 367) kritisierte infolge der Migra- tionswelle 2015, dass „‚Dublin-III‘ faktisch außer Kraft gesetzt wurde, sodass derzeit die Asylbewerber entscheiden, wo sie in Europa um Schutz nachsuchen“. Beschleunigt wurde die Dynamik der gegen Eu- roparecht und das Grundgesetz Art. 16 a verstoßenden massenhaften Sekundärmigration innerhalb der EU seitens der Erstaufnahme- und einzelner Transitstaaten durch die gezielte Durchleitung von Migranten

2 AFIC steht für Africa-Frontex Intelligence Community.

25 ohne Registrierung mittels Fingerabdrücken im Eurodac-System (vgl. Kasparek & Schmidt-Sembdner 2019, S. 30).3 Der Leiter des Referats Ausländerrecht des Bundesministeriums des Innern, Christian Klos (zit. in Sodan 2016, S. 181) beurteilte diese Situation im Herbst 2015 als „komplettes Systemversagen“ und gab an, dass die Bundesrepublik nach geltendem nationalen und EU-Recht für 98% der nach Deutsch- land strömenden Flüchtlinge „eigentlich gar nicht zuständig“ sei. Die iskalische Nachhaltigkeit des Staatshaushalts sowie das Justizsystem wurden durch die unkontrollierte Migrationswelle auf Dauer massiv be- lastet. Eine Berechnung nach der Methode der Generationenbilanzie- rung ergab, dass unter dem Vorzeichen einer ungesteuerten Zuwande- rung die langfristigen Kosten 450.000 Euro pro zugewanderter Person betragen werden (vgl. Rafelhüschen & Moog 2016). Etwa drei Viertel der syrischen Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter leben trotz Arbeits- erlaubnis auch nach Jahren versuchter Integration noch ganz oder teil- weise von Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (Hartz IV; vgl. Welt, 12.07.2020). Die Arbeitslosenquote unter Staatsangehöri- gen aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien mit Arbeitserlaubnis in Deutschland lag Ende 2019 bei 39,8% (vgl. Stern, 09.08.2020). Durch eine „negative Selbstselektion“ bez. des Bildungsgrads „bei männlichen irregulären Migranten“ (Poutvaara 2019, S. 14) und steigende Belastungen für die sozialversicherungs- plichtig Beschäftigten aufgrund erhöhten Umverteilungsbedarfs wird die globale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der EU gegenüber aufstrebenden Großmächten wie China langfristig gefährdet und die Abwanderung hoch qualiizierter Leistungsträger beschleunigt. Eine rechnerische Alternative wäre in inanzpolitischer Hinsicht nur der Ab- bau des Sozialstaats, was auf den verständlichen Widerstand der diesen bereits seit Jahrzehnten inanzierenden Bevölkerung stoßen würde (vgl.

3 Auch Sodan (2016, S. 180) berichtet, dass EU-Mitgliedstaaten entlang der Hauptmigrationsroute „Massen von Flüchtlingen nicht registrier[t]en und einfach in Richtung Deutschland ‚weiterschick[t]en‘ oder gar mit Bussen selbst an die Grenze beförder[te]n“.

26 Sieferle 2016, S. 26). Durch die tiefgreifende Corona-Lockdown-Kri- se hat sich die Situation der staatlichen Haushalte, des Arbeitsmarkts und der allgemeinen Integrationskapazitäten der europäischen Staaten deutlich verschlechtert. Ein Schlaglicht auf diese Problematik werfen aus Spanien per Schlepper nach Marokko zurückkehrende Migranten, die aufgrund der aussichtslosen Lage am Arbeitsmarkt laut Medienbe- richten für die Rückkehr sogar ein Mehrfaches des Preises aufbringen als für die ursprüngliche illegale Überfahrt nach Spanien (vgl. El País, 24.04.2020). Ein angeblicher Fachkräftemangel (vgl. Sachverständigenrat für Mig- ration 2020a, S. 11), der nicht mittels Erschließung eigener bzw. in- nereuropäischer Humanressourcen gedeckt werden könnte, existiert nicht mehr, wenn es ihn angesichts einer Jugendarbeitslosigkeit in einigen Teilen Südeuropas von deprimierenden 50% und darüber so- wie in Anbetracht einer notorischen Unterbezahlung als Ursache für die Unattraktivität etwa der Plegeberufe4 jemals gegeben hatte. Eine intensive Nachfrage nach neu Zugewanderten besteht in der freien Wirtschaft überwiegend im Niedriglohnsektor (36% der Ausländer in Deutschland arbeiteten 2015 für einen Bruttolohn von unter 10 Euro pro Stunde; vgl. Neumann 2019, S. 36) und in unbeliebten Berufs- feldern (vgl. Schwenken & Neuhauser 2019, S. 20f.), was Migration eher in Zusammenhang setzt mit der Ausbeutung „prekarisierte[r] mi- grantische[r] Arbeitskräfte“ (Rosa-Luxemburg-Stiftung 2019, S. 27) als mit humanitärer Hilfe, wie es der migrationseuphorische politi- sche und mediale Diskurs gebetsmühlenartig suggeriert. Am 1. März 2020 trat direkt vor Beginn der massiven Lockdown-Rezession das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (vgl. Deutscher 2019a) in Deutschland in Kraft, das – ergänzend zum EU-Blue-Card-System für die Zuwanderung hochqualiizierter Fachkräfte – die außereuro-

4 Schätzungen zufolge arbeiten in deutschen Privathaushalten zwischen 150.000 und 300.000 undokumentierte und untertarilich bezahlte Plege- kräfte als illegale „Live-Ins“ (vgl. Neumann 2019, S. 36).

27 päische Zuwanderung zum Zwecke der Arbeitsaufnahme erleichtert und die Anstellung ausländischen Personals ohne Vorrangprüfung zum Schutze deutscher oder EU-Arbeitsnehmer ermöglicht (vgl. Ta- gesschau, 19.12.2018). Zudem wurde die Begrenzung der Zuwande- rung auf Mangelberufe5 aufgehoben (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2020a, S. 9 und Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 2020), so dass sich der Wettbewerb zwischen einhei- mischen und zugewanderten Fachkräften verschärfen wird. Mit die- ser Maßnahme hat die Bundesregierung zentrale Verplichtungen aus dem UN-Migrationspakt binnen kürzester Frist nach der Annahme Ende 2018 in Marrakesch musterschülerhaft, aber gegen die Interes- sen der eigenen Erwerbsbevölkerung, umgesetzt. Im Zuge der seit 2016 stockenden und nun für das dritte Quartal 2020 geplanten Reform der EU-Migrationsagenda (vgl. Europäische Kommission 2020d) soll die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ent- sprechend den Vorstellungen von Innenminister Seehofer durchsetzen, dass bereits an den EU-Außengrenzen vorgeprüft wird, ob ein Migrant asylberechtigt sein könnte. Die EU-weite Umverteilung der Flücht- linge soll dann nach verplichtenden Quoten geschehen, aus denen sich Staaten allerdings mittels Ersatzleistungen (z.B. durch verstärkte Unterstützung von Frontex) bedingt „freikaufen“ können (Grundsatz der „lexiblen Solidarität“). Denn sieben osteuropäische Staaten hatten vorsorglich in einem Brief an die Kommissionpräsidentin klargemacht: „Wir wiederholen unseren heftigen Widerspruch gegen jede Form und Art der verplichtenden Verteilung von Asylbewerbern und Migran- ten“ (Süddeutsche Zeitung, 13.06.2020). Im Zuge der vereinbarten personellen Stärkung soll Frontex nach der erfolgten Vorprüfung auch die Rückführungen der als „ofensichtlich unbegründet“ abgelehnten Fälle übernehmen (vgl. Tagesschau, 07.06.2020). Die Souveränität

5 Deutschland führt eine Liste mit rund 50 Mangelberufen in Handwerk, In- dustrie und Plegebereich, an der sich das Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht mehr orientiert (vgl. Rosa-Luxemburg-Stiftung 2019, S. 26).

28 über die Entscheidung in Asylfragen und die Umsiedlung nach einem verbindlichen Umverteilungsschlüssel anstelle der Dublin-III-Regelung würde damit in wachsendem Umfang an die EU abgegeben. Aus polit- strategischer Perspektive erscheint diese mit einer Europäisierung der Asylkompetenzen verknüpfte Verschärfung des „Politik-Narrativs“ im Sinne einer „language of ‚control‘“ (Mercator Dialogue on Asylum and Migration 2019, S. 19) als taktisches PR-Manöver in einer Zeit, in der die Bürger einen wiederholten Kontrollverlust über die Zuwanderungs- steuerung im Rahmen des EU-Systems befürchten. Das Problem eines langfristig steigenden Migrationsdrucks würde damit jedoch nicht be- hoben. Die Forderung, das „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ (GEAS) müsse die Einreise wirklich Schutzbedürftiger erleichtern und zugleich die „unerlaubte Einreise“ in die EU nahezu beenden, trift zwar mit 59% Zuspruch und 30% Ablehnung auf hohe Zustimmungs- werte (vgl. Welt, 13.07.2020). Die Annahme, dass legale Zutrittswege für Schutzberechtigte das Eindringen von inanziell und physisch be- sonders durchsetzungsfähigen illegalen Migranten verhindern könne, ist jedoch eine unbelegte und nicht plausible hese. Die bislang nicht ausreichend erkannten bzw. aktiv ausgeklammer- ten Faktoren in der Migrationsfrage, die in dieser Studie nähere Be- rücksichtigung inden sollen, verteilen sich auf die vier maßgeblichen Wirkkomplexe im Migrationsgeschehen von der Auslösung von Flucht bzw. (illegaler)6 Migration bis hin zur Remigration nach Wegfallen der Fluchtursache: 1. Auslösung von Flucht und Migration in Herkunftsländern: a. Die wichtigsten Flucht-und Migrationsbewegungen der ver- gangenen Jahre wurden allesamt durch westliche Militär-

6 Die Terminologie „illegale Einwanderung“ bzw. „illegaler Aufenthalt“ ent- spricht der Formulierung in Art. 79, Abs. 2c des Vertrags über die Arbeitswei- se der Europäischen Union (AEUV). Häuiger wird in diesem Kontext mitt- lerweile jedoch der etwas beschönigende Begrif der „irregulären Migration“ verwendet (vgl. Sachverständigenrat für Migration 2020a, S. 5).

29 interventionen bzw. Regime-Change-Operationen ausgelöst bzw. zumindest substanziell verschärft; b. Hilfeleistung vor Ort bzw. die Unterstützung der betrefenden Nachbarstaaten von Herkunftsländern wurde trotz evidenter humanitärer Notlagen und eines deutlich geringeren Kosten- aufwands vernachlässigt; c. Wirtschaftliche Interessen und entsprechende Wirtschafts- und Außenhandelsabkommen der Europäischen Union haben in verschiedenen Fällen die Erwerbsgrundlage gewisser Bevölke- rungsteile in Herkunftsländern erodiert; d. Durch eine laxe Handhabung des Grenzschutzes sowie der Auf- enthalts- und Asylgesetze wurde jahrelang das als Pull-Efekt wirkende Signal ausgesendet, dass der Migrationswillige selbst entscheiden kann, ob er Zutritt zur EU erhält.

2. Ablauf von Migration und Flucht in die Zielregion: a. Mit nur sehr wenigen Ausnahmen liehen bzw. migrieren nicht die ärmsten und am stärksten von gewissen Notlagen betrof- fenen Menschen aus ihren Herkunftsländern, sondern Mit- telschichtangehörige, die ausreichend Finanzmittel für meist mehrstuige, teure Schlepperdienste aufbringen können; b. Erfolgsgeschichten des illegalen Zutritts zum Schengenraum werden über Social Media an den jeweiligen Familien- und Freundeskreis zurück gemeldet und verstärken die Pull-Efekte bzw. Sogkraft, sich auch auf eine gefährliche Reise, z.B. in Form einer Schlauchbootfahrt über das Mittelmeer einzulassen; c. Flucht und (illegale) Migration laufen in Etappen ab und lassen sich nicht allein durch Grenzschutz erst an der Schengengrenze unterbinden, da sich der Druck in vorgelagerten Staaten bis zur humanitären Untragbarkeit steigern kann; d. Umverteilungsquoten zwischen den EU-Staaten und Maßnah- men zur Unterbindung der Sekundärmigration ignorieren den

30 naturgemäßen Charakter von Migration als sozial gesteuerter Kettenmigration zwischen Verwandten und Bekannten dersel- ben Familie oder zumindest der gleichen Volksgruppe.

3. Flucht und Migration zwischen temporärem Schutz- und dau- erhafter Umsiedlung: a. Das humanitäre Völkerrecht bzw. Europarecht verplichtet zum (temporären) Schutz, aber nicht zur dauerhaften Neuan- siedlung, auch wenn das UNHCR und UN-Migrations- und Flüchtlingspakt dies seit 2018 begünstigen wollen; b. Der temporäre Charakter des Flüchtlingen zu gewährenden Schutzes, der eine spätere Rückkehr in die Heimat impliziert, wird in den meisten politischen Programmen und medialen Debatten gelissentlich ignoriert; c. Diskursiv dominiert eine logisch inkonsistente Vermengung humanitärer, demographischer und arbeitsmarkpolitischer Ar- gumente um der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Migration als einzigem Lösungskonzept auszuweichen; d. In der Integrationsdebatte wird vermieden, zwischen leichter und schwerer integrierbaren Kulturkreisen zu unterscheiden und das legitime Ziel des langfristigen Erhalts der autochtho- nen europäischen Kulturvielfalt tabuisiert.

4. Schutz nach dem Näheprinzip bzw. Remigration in die Her- kunftsländer: a. Die Potenziale exterritorialer Schutzkonzepte als Alternative zur Aufnahme Schutzbedürftiger in das Territorium der EU wurden bislang kaum öfentlich diskutiert und die Debatte da- mit auf die Reformierung eines grundlegend dysfunktionalen Systems mit nicht beherrschbaren Pull-Efekten reduziert; b. Die europäischen Regierungen sind nicht auf gezielte Rück- kehrprogramme für befriedete Herkunftsstaaten vorbereitet,

31 sondern agieren ad hoc und selektiv bei Abschiebungen nach starren Regeln und häuig politischem Kalkül; c. Rückführungen in die Heimat werden aus einer neokolonialen, eurozentrischen Sichtweise in der öfentlichen Debatte grund- sätzlich negativ beurteilt, da aus einer unbewusst überheblichen quasi-kolonialen Denkhaltung heraus nur ein Leben in Europa als wünschenswert für alle Menschen angenommen wird; d. Die existierenden Potenziale, durch Remigration sowohl die Herkunftsstaaten als auch die Gewährleister temporären Schut- zes durch die Nutzung neuer wirtschaftlicher Verlechtungspo- tenziale zu stärken, werden bislang ignoriert.

Angesichts der enormen Komplexität und der kaum absehbaren Trag- weite der langfristigen Konsequenzen der Migrationsfrage hat sich die vorliegende Studie zur Aufgabe gemacht, eine multiperspektivische La- gebestimmung vorzunehmen und ein zukunftsweisendes Strategiemo- dell zu entwickeln, das europäische Staaten nicht zu passiven Verwal- tern des Migrationsdrucks degradiert, sondern zu aktiven Gestaltern eines stabilen Gleichgewichts in einer massiven Veränderungsprozessen unterworfenen Welt des 21. Jahrhunderts.

32 2. Die Europäische Dimension der Asyl- und Migrationspolitik

Die Bereiche der Asyl- und Migrationspolitik lassen sich politisch im Spannungsfeld verorten zwischen dem Anspruch der Wahrung natio- naler Souveränität und dem Ansinnen, auf der supranationalen Ebene der Europäischen Union die regulatorische Rahmensetzung schrittwei- se zu bündeln und zu vereinheitlichen. Überlagert werden alle Ent- scheidungen in diesen beiden Politikfeldern zudem durch einen immer dichteren Regelungsrahmen auf globaler Ebene im Rahmen der Ver- einten Nationen. Kontroverse gesamtgesellschaftliche Debatten über zukünftige Orientierungslinien für die Asyl- und Migrationspolitik in- den aufgrund sprachlicher Barrieren und unterschiedlicher Interessen- konstellationen kaum im gesamteuropäischen Kontext statt, sondern fast ausschließlich auf nationaler Ebene. Die globale Rahmensetzung erfolgt weitgehend losgelöst von bürgernaher Debatte und wird über- wiegend autark gesteuert durch Beamte und Regierungsvertreter in den betrefenden EU-oder UN-Behörden und -Gremien. Je großräumiger der Zuständigkeitsbereich der supranationalen bzw. internationalen Organisationen, desto dominanter wird die Problematik, dass die Inte- ressen der nationalen Bürger als die eigentlichen Träger von Souveräni- tät nicht mehr ausreichend gehört und beteiligt werden. Im Gegenzug dazu steigt die Empfänglichkeit der Entscheider für die Einlussnahme seitens mächtiger Interessenverbände und Lobbyorganisationen. Für eine zielführende Debatte ist eine fundierte und wertungsfreie Infor- mationsgrundlage von essenzieller Bedeutung. In der Öfentlichkeit vor allem der westeuropäischen Staaten ist die politisch und medial erzeugte Überzeugung bislang dominant, dass nur bzw. am wirksamsten über die Aufnahme von Flüchtlingen und Armutsmigranten eine Verbesserung der humanitären Lage in der Welt jenseits der Grenzen Europas erzielt werden könne und dass durch Anstrengungen zur Integration seitens

33 der Aufnahmegesellschaft jegliche kulturellen und wirtschaftlichen Negativwirkungen überwunden und sogar in ihr Gegenteil verwan- delt werden könnten. Dies erklärt unter anderem die seit 2015 enorme Beteiligung von mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland in rund 15.000 Projekten für Flüchtlingshilfe und Integration bis Mitte 2016 (vgl. Stierl 2019, S. 46). Zudem erklärt es den enorm hohen Zu- spruch zur Flüchtlingsaufnahme laut einer Umfrage des Meinungsfor- schungsinstituts GlobeScan von 96% (vgl. Engelhardt & Bonse 2016, S. 137) und auch 2020 von noch 76% gemäß Ipsos-Umfrage (nach nur 57% im Jahr 2019; vgl. Ipsos, 19.06.2020). Ohne fundierte Forschung und breitenwirksame Bewusstseinsbildung zu deutlich zielführenderen und konsequenter humanitär geprägten Alternativen wie dem in der vorliegenden Studie dargelegten exterritorialen Schutz- und Entwick- lungskonzept, wird die Durchsetzung einer solchen Lösung im demo- kratischen politischen Diskurs nicht erreicht werden können. Der auch von der EU zu achtende „Internationale[] Pakt über wirt- schaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ (UN-Sozialpakt, Art. 1, Abs. 1; UNO 1966) garantiert als weltweiter völkerrechtlicher Vertrag das Recht auf „Selbstbestimmung der Völker“7 (UN-Charta, Art. 1, Abs. 2; UNO 1945): „(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“ In Absatz 2 und 3 wird dieses Selbstbestimmungsrecht näher speziiziert: „(2) Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen […]. In kei- nem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden. (3) Die Vertragsstaaten […] haben […] die Verwirklichung des Rechts

7 Für Deutschland stellt Dieter Murswiek (2016, S. 137), Professor für Öf- fentliches Recht an der Universität Freiburg, fest: „Völkerrechtlich steht dem deutschen Volk das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu. Dieses im- pliziert das Recht der sprachlich-kulturell-historisch geprägten, auf einem bestimmten Territorium ansässigen Nation, sich in ihrem eigenen Staat zu organisieren.“

34 auf Selbstbestimmung zu fördern und dieses Recht zu achten.“ Da die Leitlinien und grundlegenden Weichenstellungen der Asyl- und Mig- rationspolitik eine direkte Auswirkung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker haben, dürfen sich weder die supranationale Ebene der EU, noch die globale der Vereinten Nationen der Verplichtung entziehen, diese der ofenen, ggf. auch kontroversen Debatte und schließlich de- mokratischen Entscheidung in den von ihrem Einlussbereich betrof- fenen Staatsvölkern auszusetzen. Dieses Selbstbestimmungsrecht gilt selbstverständlich auch für afrikanische Völker, die Collier (2016, S. 261) zufolge „starke Vorbehalte gegen eine unbeschränkte Einwande- rung“ haben, weil sie in ihrer Geschichte erfahren mussten, „wie es ist, von anderen Gesellschaften eingenommen zu werden“. Die EU hat ihre Weichenstellungen in der Asyl- und Migrationspolitik der vergangenen Jahre und Jahrzehnte keinem angemessenen öfentli- chen Diskurs, geschweige denn einer tragfähigen demokratischen Legi- timierung durch die europäischen Völker, ausgesetzt. Vielmehr wurden richtungsweisende Entscheidungen in verschiedenen – hinsichtlich der langfristigen Konsequenzen für den Bürger kaum durchschaubaren – Paketen getrofen. Nach dem Schafen von Fakten durch EU-Verträge auftauchende migrationskritische Parteien und Bewegungen wurden meist als „nationalistische Relexe“ bzw. „Rechtspopulismus“ abgetan. Damit wurde ein äußerst fragwürdiges Demokratieverständnis der EU- Eliten und ihrer meinungsbildenden Unterstützer in Politik, Wirtschaft und insbesondere den Medien ofenbar. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gehören – angesichts besorgniserregender Konlikte und Bevölkerungs- trends historischer Tragweite in unserer afrikanischen und asiatischen Nachbarschaft – aktuell vorherrschende Narrative und Konzepte in der Asyl- und Migrationspolitik dringend auf den Prüfstand: 1. Welche Probleme liegen der Asyl- und Migrationspolitik ursächlich zugrunde? 2. Was sind die langfristigen Folgewirkungen der vorherrschenden Lösungskonzepte?

35 3. Welche alternativen Lösungsansätze könnten entwickelt und an- gewendet werden? 4. Wie ließen sich alternative Konzepte national, europäisch und glo- bal umsetzen?

Die Entscheidung über die grundsätzliche Ausrichtung der Migrati- onspolitik darf in ihrer Tragweite bezüglich der Auswirkungen auf die Entwicklung der staatlichen Verfasstheit Europas nicht unterschätzt werden. Die im Vertrag über die Europäische Union (Europäische Ge- meinschaft 1992, S. 3f) angekündigte „Schafung einer immer engeren Union der Völker Europas“ mit einer „gemeinsame[n] Unionsbürger- schaft für die Staatsangehörigen ihrer Länder“ setzt voraus, dass sich die „Unionsbürger“ zunehmend mit der politischen Steuerungseinheit „Europäische Union“ identiizieren können. Spiegelbildlich wäre anzu- nehmen, dass es im Interesse der EU liegt, die Identiikation der Bürger mit ihrer jeweiligen Nation aufzulösen bzw. in den Hintergrund treten zu lassen (vgl. Hamer 2016, S. 52). Europaweite Umfragen deuten aber auf eine nahezu ungebrochene Selbstidentiikation der Menschen mit ihrem jeweiligen Heimatstaat. Der europäische Nationalstaat als viel- fältiges und durch zahlreiche Speziika geprägtes Produkt jahrhunder- tealter Geschichte und Kulturgenese scheint für den Bürger ein nach wie vor wichtiger Identiikationsanker zu sein. Die Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr 2018 (EB89) untersuchte die „Meinungen der europäischen Bürger zur europäischen Identität und zur europäischen Bürgerschaft“ (Europäische Kommission 2018a, S. 3). Unter anderem analysierte sie die „Verbundenheit mit der Euro- päischen Union, insbesondere im Vergleich zur Verbundenheit mit […] dem Land der Befragten“ (ebd.). Hierbei wurde deutlich, dass die na- tionale Identiikation (57%) die mit der „Europäischen Union“ (14%) um ein Vierfaches übersteigt und jene mit dem Kulturraum „Euro- pa“ auch nur ein Niveau von 18% erreicht (vgl. ebd., S. 5). Diesen europaweit durchgeführten Umfragen zufolge entbehrt die Europäi- sche Union demnach für die Konstituierung tragfähiger Staatlichkeit

36 nach der klassischen Drei-Elemente-Lehre des Staatsrechtlers Georg Jellinek insbesondere das Element des „Staatsvolks“ (neben „Staats- gebiet“ und „Staatsgewalt“), das sich mit diesem auf EU-Ebene ent- sprechend stark identiizieren müsste. Vielmehr bleibt die Dominanz des Referenzrahmens „Nationalstaat“ für die Selbstidentiikation der Staatsbürger Europas ungebrochen.8 Aus der oben angeführten völker- rechtlichen Perspektive des Selbstbestimmungsrechts der Völker wäre es illegitim diesen nationalen Identiikationsrahmen, der sich aus der subjektiv wahrgenommenen Speziizität kultureller, sprachlicher und auch ethnologischer Charakteristika speist dadurch zu sprengen, dass eine top-down gesteuerte EU-Migrationspolitik mit verplichtenden Verteilungsschlüsseln die aufnehmenden Gesellschaften unwieder- bringlich in Richtung multikultureller Gesellschaften oder von Viel- völkerstaaten verändert und ihre speziischen Charakteristika durch anhaltende Zuwanderung von außen nivelliert (vgl. Murswiek 2016, S. 125f. und 135).

Entwicklung der EU-Asyl- und Migrationspolitik

Mit dem am 7.2.1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrag über die Europäische Union wurde die vorher lediglich zwischenstaatlich ab- gestimmte Zusammenarbeit in Asylfragen in den institutionellen Rah- men der EU aufgenommen (vgl. Europäisches Parlament 2020a, S. 1). In Art. K.1, Abs. 1 EUV (Europäische Gemeinschaften 1992) wurde die „Asylpolitik“ und in Abs. 3 die „Einwanderungspolitik“ einschließ- lich „Familienzusammenführung“, „Zugang[] zur Beschäftigung“ und

8 Etwas unpassend zur hervorstechenden nationalen Identität in Umfragen erscheint die 2015 vom TIME-Magazin formulierte Begründung für die Ernennung A. Merkels zur „Person des Jahres“, weil sie mit ihrer Grenzöf- nungspolitik helfe, „eine alte und quälende nationale Identität abzulegen“ (Murswiek 2016, S. 133).

37 die „Bekämpfung der illegalen Einwanderung“ als „Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse“ zur „Verwirklichung der Ziele der Uni- on“ deiniert. Der am 17.7.1997 in Amsterdam angenommene und am 1.5.1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam als Erweiterung des Maas- tricht-Vertrags zur Gründung der Europäischen Union kann als „Be- ginn einer speziischen Migrations-, Asyl- und Zuwanderungspolitik der EU“ (Klimaitis 2020) gewertet werden. Den Organen der EU wurden neue Befugnisse übertragen, so dass diese erstmals Rechtsvor- schriften im Bereich Asyl ausarbeiten konnten (vgl. Europäisches Parla- ment 2020a, S. 1). Die Migrations- und Asylpolitik war der damaligen „Dritten Säule“ zugeordnet und wurde nun der „Ersten Säule“ zuge- führt: Die nationalen Politiken der EU-Mitgliedstaaten im Asyl- und Migrationsbereich sollten trotz nach wie vor geteilter Zuständigkeiten zwischen nationaler und supranationaler EU-Ebene schrittweise har- monisiert und vergemeinschaftet werden und im angestrebten „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ der Europäischen Union aufgehen. Der in Amsterdam erweiterte „Vertrag über die Europäische Union“ steckte den Rahmen für die Souveränitätsabtretung wie folgt (Art. 3 Abs. 2 EUV; Europäische Gemeinschaft 1997): „Die Union setzt sich folgende Ziele: […] die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in bezug auf die Kon- trollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenver- kehr gewährleistet ist“. Nach einer „ersten Phase“ des „Gemeinsamen Europäischen Asylsys- tems“ (GEAS) wurde in der „zweiten Phase“ ab 2005 das Mitentschei- dungsverfahren, das heutige „ordentliche Gesetzgebungsverfahren“, auf den Bereich der Asylpolitik angewendet. Das heißt, dass Beschlüsse vom Rat nicht mehr einstimmig gefasst werden müssen, sondern eine qualiizierte Mehrheit ausreicht (vgl. Europäisches Parlament 2020a,

38 S. 2 und Rath 2020, S. 3). Nachdem der EU-Verfassungsvertrag 2005 an einem Referendum in Frankreich gescheitert war, legte der am 13.12.2007 in Lissabon unterzeichnete und wegen eines ablehnenden Referendums in Irland verzögert erst am 1.12.2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon fest, dass bei Asylpolitiken nicht mehr nur Min- deststandards festgeschrieben werden sollten, sondern ein „gemein- sames System mit einheitlichem Status und einheitlichen Verfahren“ (Rath 2020, S. 3) geschafen werden solle. Das durch „Übertragung weiterer Hoheitsrechte“ (Sodan 2016, S. 177) angestrebte „Gemeinsame Europäische Asylsystem“ sollte Re- gelungen zu einem einheitlichen Asylstatus und zum „subsidiären Schutz“ vor Gewalt durch bewafnete internationale oder innerstaatli- che Konlikte umfassen sowie zum „vorübergehenden Schutz“. Zudem sollten gemeinsame Verfahren für Gewährung bzw. Entzug des Schutz- status sowie zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, geschafen werden. Außerdem wurde die EU beauftragt, die Aufnahmebedingungen zu regeln und die Zusam- menarbeit mit Herkunfts- und Transitländern zu stärken, um illegale Migration zu verhindern und Rückführungen zu erleichtern. Die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Überprüfung der natio- nalen Regelungen zur Asylpolitik wurde erheblich gestärkt (vgl. Rath 2020, S. 2f.). Im Hinblick auf die Frage der Entwicklungsförderung durch Migra- tion aufseiten der Herkunftsstaaten, der Migranten und der Ziellän- der in der Europäischen Union verabschiedete der Europäische Rat bereits 2005 den „Gesamtansatz zur Migrationsfrage“ als „politischen Rahmen für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten“ (Kipp 2018, S. 8). Das Konzept einer „Migrationsgovernance“ (Europäische Kommission 2011, S. 29) wurde 2011 erweitert und überführt in den „Gesamtan- satz für Migration und Mobilität“ (GAMM), der dezidiert „migranten- orientiert“ (ebd., S. 8) sein solle. Die EU-Migrationspolitik soll sich demnach auf vier Ziele konzentrieren (Angenendt 2012, S. 13):

39 • „Erleichterung von legaler Migration und Mobilität • Reduzierung bzw. Verhinderung von illegaler Migration und Men- schenhandel • Förderung des internationalen Schutzes und der externen Dimen- sion der Asylpolitik • bessere Nutzung von Migration und Mobilität für Entwicklung“.

Der Kooperationsrahmen verfolgt in erster Linie das Ziel der För- derung von Arbeitsmigration und Mobilität um „die EU wettbe- werbsfähiger und dynamischer“ (Europäische Kommission 2011, S. 4) zu machen. Es wird argumentiert, dass die bisherigen Maßnah- men zur „Steuerung der Arbeitsmigration nicht ausreichen würden, um den in der EU wachsenden Mangel an qualiiziertem Personal und die steigende Diskrepanz zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage zu bewältigen. Angesichts des demographischen Wandels müsse die EU die Zuwanderung lexibler und hinreichend qualiizier- ter Arbeitskräfte fördern und eine wirksamere Integrationspolitik ver- folgen“ (Angenendt 2012, S. 14). Im Rahmen des GAMM wurde mit fünf Pilotländern (Niger, Nigeria, Senegal, Mali und Äthiopien) eine engere Migrationskooperation ausgehandelt (vgl. Auswärtiges Amt, 25.07.2019). So genannte „Mobilitätspartnerschaften“ wurden mit den drei afrikanischen Ländern Kap Verde, Marokko und Tunesien ver- einbart, mit Senegal, Ghana und Ägypten stockten die Verhandlungen bzw. sie wurden abgebrochen. Die EU wollte „kooperatives Verhalten der Partnerländer bei der Rückübernahme abgelehnter Asylbewerber oder irregulärer Migranten belohnen, indem sie den betrefenden Län- dern bei Visaliberalisierung und legaler Zuwanderung entgegenkam. Dieses Instrument gilt indes als wenig erfolgreich“ resümiert das Deut- sche Institut für Internationale Politik und Sicherheit (Kipp 2018, S. 8f.). Initiativen zur Förderung zirkulärer Migration im universitären Bildungsbereich, wie sie seit 2014 das Programm Erasmus+ ermöglicht (2018: 16.000 afrikanische Studenten und Forscher gefördert, 2019: 26.427 und 2020: 35.000; vgl. African Union, 19.09.2019), können

40 durchaus positive Efekte für die Herkunftsländer der Bildungsmigran- ten haben und auch zugunsten Europas die zukünftigen Kooperations- und Wirtschaftsbeziehungen auf eine qualitativ höhere Ebene heben.

Analyse der politischen Motivlage für die EU-Migrationsagenda

Als Antwort auf den im Zuge des Libyen- und Syrienkriegs seit 2014 deutlich gestiegenen Migrationsdruck auf die Südostgrenze des Schen- genraums verkündete die Europäische Kommission am 13.5.2015 die „Europäische Migrationsagenda“ (vgl. Europäische Kommission 2015a). Die im Folgenden ausgeführte dokumentenbasierte Analyse der Motivationstreiber weisen auf eine langfristige Konzipierung der Migrationslenkung im Sinne einer als quasinatürlich angenommenen dauerhaften Zuführung von Migranten in die Europäische Union hin: „Zu allen Zeiten hat es Menschen gegeben, die ihre Heimat verlassen und sich auf den Weg zu neuen Orten gemacht haben (ebd., S. 2)“ Eine Bezugnahme auf mögliche Anliegen bzw. den Schutz der Interessen der autochthonen Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten im Kontext von Migration erfolgt nicht. Das Dokument beschränkt sich hingegen auf eine Mahnung, dass „[f]alsche und stereotype Darstellungen […] von Migrationsströmen“ der „inhärenten Vielschichtigkeit des Phänomens, das sich in vielerlei Hinsicht auf die Gesellschaft auswirkt […], nicht Rechnung“ tragen. (ebd.). Mit der einleitenden Aussage, die „Aufnahme schutzbedürftiger Men- schen ist unsere oberste Plicht“ engt die Europäische Kommission bereits zu Beginn einseitig die Optionen ein, auf welche Weise Hilfe und Schutz prioritär zu gewährleisten seien: durch die physische Dis- lozierung der Schutzbedürftigen in das geographische Territorium der EU hinein. Dieses Paradigma bestimmt die EU-Asyl- und Migrations- politik weitestgehend und beschränkt somit ofensichtlich den Such- fokus nach denkbaren Lösungsansätzen für die zweifellos vorhandenen

41 humanitären Herausforderungen im hemenbereich Flucht und Mig- ration elementar. Relativ einseitig und dichotomisierend setzt die EU- Kommission im Grundlagendokument der Migrationsagenda weitere normative Wertungen als Druckmittel zur Akzeptanz ihres techno- kratischen Verständnisses von Migration ein: Die „Integration [von] Migranten, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU aufhalten, […] sollte als Kern der Werte begrifen werden, auf die Europa mit Stolz auch gegenüber seinen Partnern in der Welt ver- weisen sollte“ (ebd., S. 9). Dass die trennscharfe Deinition der „Rechtmäßigkeit“ eines Aufent- halts häuig gar nicht möglich ist und vielfach fragwürdigen Statusent- scheidungen staatlicher Behörden in den Mitgliedstaaten gegenüber steht, verschweigt die EU-Kommission. Sie macht aber nur wenige Sät- ze später die Kategorisierung der „Migranten, die sich dauerhaft illegal in der EU aufhalten“ selbst auf und warnt, dass diese ein „ernstes Prob- lem“ darstellten, das „das Vertrauen in das System unterminiert und das allen, die die Migration zu kritisieren oder zu denunzieren [sic!] suchen, ein schlagkräftiges Argument liefert“ (Europäische Kommission 2015a, S. 9). Schließlich problematisiert die Kommission selbst einige Seiten später genau diese juristische Beliebigkeit und beklagt, dass es „infolge des nach wie vor uneinheitlichen Asylsystems“ Asylsuchende gebe, die innereuropäisches „‘Asylshopping‘ betreiben“ (ebd., S. 15). Damit ver- wendet sie selbst einen Begrif, den die EU aufseiten der zuvor beklagten Migrationskritiker wohl eher als „denunzierend“ bewerten würde. Dass die Europäische Kommission bei der strategischen Ausrichtung ihrer Migrationsagenda nicht in erster Linie die Interessen der autoch- thonen europäischen Bevölkerung im Sinn hatte, ofenbart das Grund- lagendokument im Kapitel über die „neue Politik für legale Migration“ (ebd. S. 17): „Obwohl es in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und sozialen Wandels immer schwierig sein wird, für legale Migration einzutreten, ist es daher wichtig, über ein klares, solides gemeinsames System zu verfügen, das das Interesse der EU widerspiegelt, und zwar auch das

42 Interesse daran, Europa als attraktives Ziel für Migranten zu erhalten.“ Es stellt sich die Frage, inwiefern die EU-Kommission selbst in „Zeiten hoher Arbeitslosigkeit“ ein Interesse an Zuwanderung aus der übrigen Welt haben kann, im diametralen Gegensatz zur eigenen arbeitssuchen- den und Sozialbeiträge abführenden Bevölkerung? Dieses „Interesse der EU“ scheint – ofensichtlich im Widerspruch zum vordergründig dominanten humanitären Diskurs – eher im wirtschaftlichen Bereich zu liegen, vermutlich um das Lohnniveau durch Zuwanderung zu drü- cken und – unter zweifelhaften mathematischen und statistischen An- nahmen – die vom demographischen Wandel bedrohten Sozialsysteme zu stützen: „Migration wird immer wichtiger, um die Tragfähigkeit unseres Sozialsystems zu stärken und ein nachhaltiges Wachstum der Wirtschaft der EU sicherzustellen“ (ebd.). Obwohl die Bevölkerungsentwicklung für das Wachstum moderner Volkswirtschaften wie die der meisten EU-Staaten neben den Faktoren Innovation und Produktivität nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, will die EU verstärkt auf „legale Migration“ aus Afrika und Asien setzen, da die europäische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter Bevölkerungs- prognosen zufolge allein zwischen 2015 und 2025 um insgesamt 17,5 Millionen schrumpfen wird (vgl. Europäische Kommission 2015a, S. 17). Zur Mobilisierung externer Migranten als angeblich dringend be- nötigtem Humankapital sieht die Europäische Migrationsagenda vor, einen „‘EU-weite[n] Pool‘ qualiizierter Migranten“ zu schafen, aus dem die Arbeitgeber „diejenigen Personen aus[]wählen, denen sie den Vorrang geben würden. Migration fände erst statt, nachdem der betref- fenden Person eine Stelle angeboten wurde.“ (ebd., S. 22). Vergleichbare Konzepte wären aus innereuropäischen Konvergenz- gründen angebracht um bislang nicht gewürdigtes Humankapital und nicht ausgeschöpfte Qualiizierungspotenziale junger Europäer in Ländern und Regionen hoher und über Jahrzehnte nicht gelöster Ju- gendarbeitslosigkeit zu mobilisieren. In diesem Zusammenhang stellt sich zudem die Frage, inwiefern die außengesteuerte Dislozierung von

43 Arbeitskräften als Eingrif in die Souveränität und Funktionsfähigkeit souveräner Staaten gewertet werden muss. Die Entwicklung einiger Staaten und Regionen Osteuropas nach der Aufnahme in die Euro- päische Union und der Gewährung der Personenfreizügigkeit zeigte, wie durch anhaltende Abwanderungsprozesse und Brain Drain ganze Großräume in eine sozioökonomische Abwärtsspirale hinein geraten können (vgl. Klimaitis 2020, S. 202). Es war nicht gelungen die Kon- vergenzziele einer gleichwertigen Entwicklung der Lebensbedingungen innerhalb der EU für strukturschwächere Regionen zu erreichen. Statt- dessen förderten die mobilisierten Arbeitskräfte den bereits strukturell vorgegebenen wirtschaftlichen Konzentrationsprozess zugunsten eini- ger zentraler, besonders wettbewerbsfähiger Industrieregionen West- europas (vgl. Hofbauer 2018, S. 205f). Eine „EU-weite Regelung für hochqualiizierte Drittstaatsangehörige“ wie die „Blue-Card-Richtlinie“ (ebd., S. 18) baut auf die Prognose, dass eine starke Zunahme des Anteils von Arbeitsplätzen mit der Erfor- dernis eines höheren Bildungsabschlusses bis 2025 zu verzeichnen sein wird (vgl. Descy 2014). Allerdings schien dieser Bedarf an hochquali- izierter Zuwanderung fast ausschließlich in Deutschland zu bestehen (zumindest vor der Corona-Lockdown-Krise). Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verzeichnete 2018 mit 27.241 Aufent- haltstiteln über 83% der ausgegebenen Blue-Card-Visa aller 24 betei- ligten EU-Mitgliedstaaten allein für Deutschland (vgl. BAMF 2019). Auch im Bereich der Zuwanderung hochqualiizierter Fachkräfte stellt sich die Frage, warum nicht verstärkt auf die Qualiizierung unions- interner Fachkräfte und deren innereuropäische Mobilität gesetzt wird. Stattdessen plant die EU-Kommission seit Juni 2016, die Inanspruch- nahme der „Blauen Karte EU“ dadurch auszuweiten, dass unter ande- rem „weniger strenge Einlasskriterien“, ein „niedrigeres Mindestgehalt“ und „bessere Regelungen für Familienzusammenführung“ (Europäi- sches Parlament 2019a, S. 4) vorgesehen werden. Damit würden sich jedoch auch der Konkurrenzdruck und das Lohndumping auf weitere Bereiche des innereuropäischen Arbeitsmarktes ausweiten.

44 Die inhaltliche Konzeption und unerfüllte Ansprüche der EU-Migrationsagenda

Der ehemalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in seiner Rede zur Lage der Union 2017 die strategische Ausrichtung der EU-Migrationspolitik mit folgender hese umrissen: „Irreguläre Mi- gration wird erst aufhören, wenn es eine echte Alternative zu lebens- gefährlichen Reisen gibt“ (Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments 2019, S. 4). Die Europäische Migrationsagenda gründet ihre angestrebten Maßnahmen auf dieselbe unbewiesene hese, dass „[k]lare, gut umgesetzte Regeln für die legale Einreise in die EU […] die Push-Faktoren für irreguläre Einreise und Aufenthalt abschwächen und damit zu sichereren europäischen Grenzen und zu einer siche- reren Migration beitragen“ (Europäische Kommission 2015a, S. 8). Für die von den „Regeln“ begünstigten Migrationswilligen mag dies zutrefen, doch es ist zu erwarten, dass bei anhaltend starkem Bevöl- kerungswachstum und weiterhin krisenhaften Entwicklungen in der außereuropäischen Nachbarschaft im Laufe des 21. Jahrhunderts der Migrationsdruck der für eine legale Einreise nicht ausreichend quali- izierten Migrationswilligen bzw. zur Flucht gezwungenen Menschen kaum geringer, sondern deutlich höher werden wird. Wenngleich die Europäische Kommission feststellt, dass die Migrati- onskrise im Mittelmeerraum bereits vor ihrer Kulmination die „struk- turellen Grenzen der europäischen Migrationspolitik“ (ebd.) aufgezeigt hat, so legte sie in ihrer Migrationsagenda vom Mai 2015 doch vier sehr weitreichende, teilweise kaum umsetzbare, teilweise in die natio- nale Souveränität empindlich eingreifende Handlungsschwerpunkte fest (vgl. ebd., S. 9f): 1. Anreize für „irreguläre“ Migration reduzieren; 2. „Grenzmanagement“ verbessern; 3. Umsetzung des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS); 4. „Legale“ Migration fördern.

45 Des Weiteren sieht die seit 2016 in einer politisch hart umkämpften Überarbeitung beindliche EU-Migrationsagenda sechs „Sofortmaß- nahmen“ als „Blaupause für die Reaktion der EU auf künftige Krisen“ (ebd. S. 4) vor: 1. Seenotrettung; 2. Schleuserbekämpfung; 3. EU-weite Umsiedlung von Flüchtlingen und Migranten; 4. EU-weite Neuansiedlung von direkt eingelogenen UNHCR- Flüchtlingen; 5. Fluchtursachenbekämpfung (vgl. EU-Programme in Kap. 5); 6. Unterstützung der Staaten an Außengrenzen bei Grenzschutz und Asylerfassung.

Quelle: Eurostat 2020c, S. 2 Abb. 1: Anzahl der Asylbewerber in der Europäischen Union (EU-27), 2008-2019

46 In der bereits kurz nach der Veröfentlichung der Migrationsagenda im Sommer und Herbst 2015 erfolgten Migrationswelle (s. Abb. 1) zeig- ten diese „Sofortmaßnahmen“ jedoch kaum Wirkung. Zur Debatte stehen damit nicht nur die Maßnahmen selbst, sondern auch generell die Eignung der Europäischen Union – als nur eingeschränkt selbstän- dig handlungsfähigem supranationalem Gebilde – in der Funktion als federführende Instanz zur Regelung solch hochkomplexer und in die Souveränität der Mitgliedstaaten sowie in die Selbstbestimmung der aufnehmenden Gesellschaften massiv einwirkender Herausforderun- gen wie der umfangreicher Migrationsbewegungen. Bereits beim Punkt „Seenotrettung“ wird die Unausgereiftheit der EU- Migrationsagenda ofensichtlich. Die Entschlossenheit, dem „Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zu[zu]sehen“ (ebd.) ist dringend gebo- ten. In der Todesfalle Mittelmeer kamen seit 2014 fast 20.000 und damit mehr als die Hälfte aller Migranten auf allen Migrationsrou- ten weltweit ums Leben (International Organization for Migration, 01.03.2020 und German-Foreign-Policy.com, 20.12.2019). Bezogen auf knapp zwei Millionen Ankünfte an der europäischen Küste ende- ten Rund 1% (in gefährlichen Regionen und Zeiten bis zu 5%)9 aller Überfahrten tödlich für die Migranten (vgl. IOM‘s Missing Migrants Project 2020). Doch eine ergebnisofene faktenbasierte Analyse, wie das Sterben im Mittelmeer drastisch verringert, wenn nicht gar ganz abgestellt werden könnte, indet nicht statt (vgl. das australische Mo- dell „No Way“ der „ausgelagerten Internierung“; Jungehülsing 2016, S. 252; mit einer bereits 2015 auf Null reduzierten Anzahl von Ver- unglückten; vgl. Gammeltoft-Hansen & Tan 2017, S. 45). Aus der Perspektive der Migrationswissenschaften wäre prioritär die Frage zu stellen, warum sich Menschen freiwillig und unter Zahlung hoher Geldsummen an kriminelle Schlepper auf hoher See in Lebens-

9 Auf der zentralen Mittelmeeroute verunglückten 2017 rund 2% und 2018 fast 3% der Personen tödlich, die eine Überfahrt versuchten (vgl. Medien- dienst Integration, 01.02.2019).

47 gefahr begeben, um die Grenze in den EU-Schengenraum hinein il- legal zu überwinden. Die armuts- und krisenbedingten Push-Faktoren im Herkunftsland sind nur teilweise von den Zielländern beeinlussbar. Es bestehen aber wohl aus Sicht der Migrationswilligen auch äußerst attraktive, von Krisen im Herkunftsland völlig unabhängige Pull-Fak- toren, die ungeachtet aller Bemühungen zur Seenotrettung weiter wir- ken und Menschen auf die potenziell tödliche Reise locken werden, solange sie nicht seitens der Zielländer aktiv verringert oder gar ganz abgestellt werden. Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Par- laments (2019, S. 1) beschreibt diese Pull-Faktoren, also die dauerhafte Anziehungskraft Europas als Zielort für (illegale) Migration aus Afrika und Asien wie folgt: „Europa wird aufgrund seiner geograischen Lage und seines beispielhaften Rufs bezüglich Stabilität, Großzügigkeit und Ofenheit […] wahrscheinlich auch künftig einen idealen Zuluchtsort für Asylsuchende und Migranten darstellen.“ Diese Grundproblematik löst die EU-Migrationsagenda auch nicht durch die Einrichtung eines neuen Fonds für integriertes Grenzmanage- ment mit 9,3 Mrd. Euro Finanzvolumen. Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache („Frontex“) und „dezentrale[] Agenturen, die die Mitgliedstaaten beim Schutz der EU-Außengrenzen unterstüt- zen,“ sollten im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 zu- nächst von einem erheblichen Mittelzuwachs um 12 Mrd. Euro pro- itieren (vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments 2019, S. 13). Doch in den jüngsten Budgetverhandlungen nach der Verabschiedung eines über 1,8 Billionen Euro schweren „Corona-Ret- tungspakets“ durch die EU wurde das Frontex-Budget im MFR 2021- 2027 von bereits reduzierten 10,3 Mrd. nochmals um 43% auf knapp 5,9 Mrd. Euro gekürzt (vgl. Neue Zürcher Zeitung, 28.07.2020). Ob der im Zuge der Europawahl noch „ofensiv kommuniziert[e]“ (Boss- ong 2019, S, 1) Ausbau des Frontex-Personals von 1.500 auf 10.000 (vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 20) damit auch reduziert werden wird, ist noch unklar. Der Zeithorizont für die personelle Auf- stockung war bereits Ende 2018 vom ursprünglichen Zieljahr 2020

48 – wegen angeblicher Personalengpässe in den Mitgliedstaaten – um ganze sieben Jahre auf 2027 verschoben worden (vgl. Bossong 2019, S. 5 und Neue Zürcher Zeitung, 24.12.2018). Die neue Kommissi- onspräsidentin von der Leyen gab in ihrem Konzeptionspapier für die neue EU-Kommission nun wieder die Zielmarke 2024 aus (vgl. Von der Leyen 2019, S. 18). Deutschland schafte es als einzelnes Land, innerhalb von weniger als drei Jahren bis zum 1. September 2018 den Bestand an Vollzeitkräften des Bundesamts für Migration und Flücht- linge (BAMF) um 3.778, sprich um 123% zu erhöhen (RP Online, 25.10.2018). Angesichts des stark verzögerten Frontex-Ausbaus stellt sich demnach die Frage nach den politischen Prioritäten. Doch auch bei der bis 2027 geplanten Personalaufstockung um fast das Sechsfache bleibt die grundsätzliche Einschränkung bestehen, dass die Europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache nur koordi- nierend und auf Anfrage bzw. Weisung nationaler Regierungen tätig werden kann. Bossong (2019, S. 6) zufolge „darf man eine verstärkte Frontex-Präsenz an europäischen Außengrenzen nicht gleichsetzen mit einer Reduzierung der irregulären Zuwanderung.“ Außengrenzschutz in Bezug auf den Schengenraum erweise sich „buchstäblich als Lücke“ (Horn 2016, S. 141) in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik (vgl. hierzu auch Dreyer-Plum 2020, S. 93). Trift Frontex auf Boote, die ofensichtlich allein zur Ermöglichung des illegalen Grenzübertritts auf hohe See geschickt wurden, so können die Grenzschutzbeamten – ebenso wie ihre Kollegen der nationalen Marine der europäischen Mit- telmeeranrainerstaaten – nach geltender Rechtslage (vgl. Europäische Kommission 2014) die Personen faktisch nur an Bord nehmen, die Personalien registrieren und sie auf europäischer Seite an Land brin- gen, wo diesen das Recht gewährt werden muss, einen Asylantrag zu stellen.10 Somit erfolgte fast die gesamte staatlich organisierte Seenot-

10 Expertengespräch mit Dr. David Reizensein, Leiter des Frontex-Verbin- dungsbüros der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, am 14.11.2019 in Brüssel

49 rettung zulasten Italiens (Zeit Online, 17.07.2017): „Allein die deut- sche Marine rettete bereits mehr als 21.000 Migranten, die dann nach Italien gebracht wurden.“ Aus diesem Grund blockierte die italieni- sche Regierung bereits vor der Amtszeit des ehemaligen Innenministers Salvini die Verhandlungen zur Verlängerung der EUNAVFOR MED- Operation Sophia, die 2015 noch als „Beweis europäischer Handlungs- fähigkeit“ im Kampf gegen das Schlepperwesen (Neue Zürcher Zei- tung, 27.03.2019) propagiert worden war. Das Ziel der EU-Migrationsagenda „Schleuserschife systematisch auf- zuspüren, aufzubringen und zu vernichten“ (Europäische Kommission 2015a, S. 5) ist angesichts der realen Situation eine weitgehend unrea- listische und wirkungslose Maßnahme zur Bekämpfung der illegalen Migration über den Seeweg. Während in der Frühphase bis 2015 noch häuig große und robust gebaute Fischerkähne zur Überfahrt genutzt wurden, haben die Schlepper ihr Geschäftsmodell seither komplett umgestellt. Als Schlepperboote werden fast nur noch billige und weit- gehend hochseeuntaugliche Schlauchboote eingesetzt, deren Verlust samt Außenbordmotor von vornherein im Geschäftsmodell der krimi- nellen Schlepper-Netzwerke einkalkuliert ist (vgl. Gammeltoft-Hansen & Tan 2017, S. 38 u. 43). Somit relativiert sich auch die Erfolgsbilanz der EU-Mission Sophia bis zum durch Italien erzwungenen Ende des Einsatzes von Marineschifen Anfang 2019 bereits 561 Schlepperboote zerstört zu haben (vgl. Neue Zürcher Zeitung, 27.03.2019). Die Mi- grationswilligen verlassen die Küste entweder gleich im Schlauchboot ohne einen zusätzlichen Schlepperkapitän an Bord, den Frontex er- greifen könnte oder sie werden von Fischerbooten auf ofene See ge- schleppt, dort erst bestiegen und dann der fest einkalkulierten „Seenot- rettung“ durch NGOs, kommerzielle Schife oder nationale Marine bzw. bislang der Frontex-Küstenwache überlassen. Etwas unbeholfen klingt angesichts dieses von außen kaum kontrol- lierbaren Kettenmodells des in einem Failed State wie Libyen organi- sierten kriminellen Schlepperwesens (vgl. Luminae Group 2019) und

50 mobil direkt vor dem Einsatz aufblasbarer Schlauchboote der Plan der EU-Migrationsagenda (ebd.): „Frontex und Europol werden Proile der von Schleusern einsetzbaren Schife erstellen, um auf der Grundlage bestimmter Muster potenzielle Schleuserschife identiizieren und ihre Bewegungen überwachen zu können.“ Das Zerschlagen der Schlep- perindustrie und ihrer logistischen Infrastruktur, die gerade in Libyen stark mit den Al-Qaida zuzuordnenden islamistischen Terrorgruppen kooperiert, die seit der Bombardierung Libyens durch die NATO 2011 zum Sturz Gaddais sich im Land fest etabliert haben, lässt sich nur in den Staaten realisieren, wo die Migranten abfahren. Aus die- ser Perspektive ist auch zu begrüßen, dass die Operation Sophia nach der Beendigung des Einsatzes von Schifen zumindest die Ausbildung der libyschen Küstenwache fortsetzt. Die Schife der libyschen Marine waren 2011 durch das „NATO Dauerbombardement“ (Handelsblatt 24.05.2011) – angeblich „zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung“ (Deutsche Welle, 20.05.2011) – zerstört und damit die Küstenwache für mehrere Jahre einsatzunfähig gemacht geworden, was die Zahl der illegalen Überfahrten in die Höhe schnellen ließ. Mitte 2017 beschlossen die EU-Außenminister zwar als Maßnahme zur Bekämpfung des Schlepperwesens die Beschränkung der Aus- fuhr von Schlauchbooten und Außenbordmotoren aus der EU nach Libyen (Zeit Online, 17.07.2017). Doch rasch etablierten sich alter- native Lieferketten aus China für die nach einmaliger Nutzung nicht nur amortisierten, sondern in Anbetracht hoher Schleppergebühren einen vielfachen Proit im Verhältnis zur Investitionssumme abwerfen- den Schlauchboote. Noch weniger wirksam und noch realitätsfremder dürfte jedoch die in der EU-Migrationsagenda propagierte Maßnahme sein, den Einsatz des Internets bei der Kundenwerbung der illegalen Schlepper in Afrika und Asien zu unterbinden (die unter Migranten und Schleppern seit vielen Jahren viel dominantere Nutzung von Soci- al Media als Kommunikationsmittel wird nicht erwähnt; Europäische Kommission 2015a, S. 5): „Europol wird […] nach illegalen Inter- net-Inhalten suchen, die Schleuser zur Anwerbung von Migranten und

51 Flüchtlingen einsetzen, und die Beseitigung dieser Inhalte fordern.“ Insgesamt, so kann mit Bossong (2017, S. 3) resümiert werden, „führt die Vorstellung einer den Mittelmeerraum abriegelnden EU-Küsten- wache in die Irre.“ Die EU-Migrationsagenda vom Mai 2015 sah für die Entlastung der am stärksten betrofenen Grenzstaaten des Schengenraums die rein nachsorgende, statt ursächlich problemlösende „Sofortmaßnahme“ der „Umsiedlung als Reaktion auf die große Zahl der in der EU ankom- menden Flüchtlinge“ vor (Europäische Kommission 2015a, S. 5; 25). Der obligatorische „Verteilungsschlüssel“ sollte entgegen dem Dublin- III-Abkommen (vgl. Europäische Union 2013) und dem Grundgesetz Art. 16a ixe Zuweisungsquoten für Flüchtlinge und Migranten auf der Grundlage der Kriterien BIP, Bevölkerungszahl, Arbeitslosenquote, der bisherigen Zahl von Asylbewerbern und „neu angesiedelten“ Flücht- lingen (UNHCR-Kontingent) berechnet werden (vgl. Europäische Kommission 2015a. S. 5). Für Deutschland wurde ein Schlüssel von 18,42% festgelegt während das ehemalige EU-Mitglied Großbritanni- en sowie Irland und Dänemark vom „Europäische[n] Umsiedlungssys- tem“ ausgenommen blieben (vgl. ebd., S. 25). Da Flüchtlinge und Mi- granten in der Regel jedoch im Sinne von Kettenmigration aufgrund persönlicher Präferenzen in jene Staaten streben, in denen schon Ver- wandte und weitere Mitglieder der Herkunftsgesellschaft konzentriert sind sowie attraktive Sozialleistungen und Arbeitsmarktperspektiven bestehen, würde ein Umverteilungssystem starke Prozesse der Sekun- därmigration innerhalb der EU auslösen (vgl. Gammeltoft-Hansen & Tan 2017, S. 46 und Sachverständigenrat für Migration 2020a, S. 8). Deutschland hat seit der Flüchtlingswelle 2015 bei einem EU-Bevöl- kerungsanteil von 16% mit 40% einen deutlich überproportionalen Anteil aller Migranten innerhalb der EU aufgenommen. Da die Fami- lienzusammenführung gem. Art. 8 bis 15 der Dublin-III-Verordnung ein „maßgebliches Kriterium“ (Sodan 2016, S. 178) für die Bestim- mung des für die Antragsprüfung zuständigen EU-Mitgliedstaates ist, wird auch in Zukunft ein überproportionaler Anteil der Flüchtlinge

52 nach Deutschland streben. Laut dem Auswärtigen Amt wurden 2017 für 117.992 Personen Visa zum Zweck der Familienzusammenführung erteilt und 2018 für 107.354 Personen (vgl. Mediendienst Integration, 01.02.2019).

Quelle: Europäischer Rechnungshof 2019, S. 29 Abb. 2: Sekundärmigrationsquoten bis April 2019 in ausgewählten EU- Staaten in Prozent der Umgesiedelten

Schon die aus dem European Refugee Fund inanzierte Machbarkeits- studie von Ramboll Management Consulting and Eurasylum Ltd. zur Entwicklung eines Verteilungsschlüssels für die Zuweisung von Zuwan- derern auf die EU-Mitgliedstaaten wurde vielfach kritisiert. Die Studie hatte als Bemessungsgrundlage für den Schlüssel beim gewichteten Faktor „Bevölkerungszahl“ in einer der beiden Berechnungsvarianten die absurd hohe Zahl von 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer als potenzielle Einwohnerdichte11 pauschal für alle EU-Mitgliedstaa- ten – unabhängig von den physisch-geographischen Gegebenheiten –

11 Für Deutschland beispielsweise ergab sich durch die Rechenmethode „Ad- justed: positive capacities only“ aufgrund der Landesläche der rechnerische Wert einer potenziellen zusätzlichen Einwohnerzahl von 274 Mio. Einwoh- nern (vgl. Ramboll & Eurasylum 2010, S. 112).

53 angenommen (vgl. Ramboll & Eurasylum 2010, S. 48 u. 112). Diese liegt in der EU bislang bei 118, in Deutschland bei 235 und in der Her- kunftsregion Afrika beispielsweise bei nur 45 Einwohnern pro Quad- ratkilometer.12 Im Praxistest scheiterte die Flüchtlingsumverteilung be- reits im September 2015, also nur vier Monate nach der Verkündung der EU-Migrationsagenda. Der EU-Ministerrat hatte beschlossen zur Entlastung von Griechenland und Italien binnen zwei Jahren 160.000 Flüchtlinge (von rund 481.000 aufgrund ihrer Herkunft potenziell in Frage kommenden; vgl. Europäischer Rechnungshof 2019, S. 24) auf die übrigen EU-Staaten umzuverteilen. Schließlich gelang die Umver- teilung von 34.705 bzw. knapp 22% der geplanten Personen, darunter ca. 9.000 bzw. 27% allein auf Deutschland. Ungarn und Polen hin- gegen machten ihre nationale Souveränität in Asyl- und Migrations- fragen geltend und verweigerten die Aufnahme von Umgesiedelten vollständig. Tschechien, Slowakei, Österreich und Bulgarien stemmten sich bis auf wenige Aufgenommene ebenfalls gegen diesen EU-Mehr- heitsbeschluss. Das Ende 2017 gegen Ungarn, Polen und Tschechien eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren führte zwar am 02.04.2020 zu einem Urteil mit dem politischen Signal, dass sich alle Staaten hät- ten beteiligen müssen. Da das Umverteilungsprogramm von 2015 aber nicht mehr in Kraft war, ergaben sich daraus keine nachträglich zu er- füllenden Aufnahmeplichten mehr (vgl. Rath 2020). Zur Sofortmaßnahme „Neuansiedlung“ berichtet die Europäische Kom- mission (vgl. 2019a, S. 21) seit Beginn der EU-Förderung 2015, also be- reits vor der im Juli 2016 vorgeschlagenen und bislang nicht angenom- menen, für die EU-Mitgliedstaaten direkt verbindlichen Verordnung für einen „Neuansiedlungsrahmen der Union“ (Europäische Kommissi- on 2016b und 2018e), von Neuansiedlungen für Kontingentlüchtlinge

12 Bevölkerungsdichte in den EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2018 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74693/umfragebevoelkerungs- dichte-in-den-laendern-der-eu) und Bevölkerungsdichte nach Kontinenten 2020 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1721/umfrage/bevoelke- rungsdichte-nach-kontinenten).

54 im Umfang von 63.000 Personen und von Zusagen für weitere 30.000 Flüchtlinge allein 2020. Die Zahl der Neuansiedlungen in der EU lag 2017/18 mit 48.970 Kontingentlüchtlingen schon fast 400% über dem Wert von 2012/13 (vgl. Europäische Kommission 2019b, S. 1). Bereits 2014 hatte das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) das Ziel ausgegeben im Rahmen eines „gemeinsamen EU-Neu- ansiedlungsprogramms“ die „Rolle der EU im Bereich der Neuansied- lung […] von Flüchtlingen“ zu stärken (European Asylum Support Of- ice 2014, S. 6). Dominierende Herkunftsländer der neuangesiedelten UNHCR-Flüchtlinge sind die Türkei, der Libanon und Jordanien, aber auch Ägypten, Niger, Libyen und der Tschad.

Quelle: Eurostat 2020c, S. 4 Abb. 3: Anzahl von Asylanträgen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union 2018 und 2019

55 Kritik der migrationsoptimistischen Grundkonzeption der EU-Migrationsagenda

Die Ansprüche und Gesamtkonzeption der EU-Migrationsagenda be- ruhen implizit auf der Grundannahme, die EU-Mitgliedstaaten seien nach einer zeitlich unbestimmten Übergangsphase bereit ihre Souve- ränität in Fragen der Grenzsicherung und Asylgewährung weitgehend europäischen Interessen bzw. Institutionen unterzuordnen. Dies würde aber voraussetzen, dass die Steuerung dieses sensiblen Politikbereichs weitestgehend aus dem Zuständigkeitsbereich der Nationalstaaten herausgelöst und damit faktisch der Steuerung und demokratischen Kontrolle auf nationaler Ebene entzogen würde. Solange die demokra- tischen Kontrollmechanismen auf der EU-Ebene aber nicht den demo- kratischen Mindeststandards auf nationaler Ebene entsprechen, sollte diese Übertragung von Kompetenzen mit der Folge der Einschränkung nationaler Souveränität zum Schutze der demokratischen Mitbestim- mungsrechte der Bürger nicht weiter erfolgen. Die Europäische Union ist faktisch kein Bundesstaat mit Gewaltmonopol, sondern ein Staa- tenbund, der auf das freiwillig abgestimmte und möglichst harmoni- sche Zusammenwirken der Mitgliedstaaten angewiesen ist. Alleinige Träger des Gewaltmonopols unter direkter demokratischer Kontrolle der Bürger sind die Mitgliedstaaten, so dass nur diese zur efektiven Durchsetzung von Grenzsicherung und Aufenthaltsrecht befugt und befähigt sind. Für eine umfassende Analyse und Bewertung der seit 2015 propagierten EU-Migrationsagenda muss jedoch noch ein Schritt weiter zurückge- treten und jenseits der staatspolitischen und demokratietheoretischen Frage die inhaltliche Grundsatzfrage der strategischen Orientierung der EU-Migrationspolitik gestellt werden. Die migrationspolitische EU- Agenda basiert auf der Grundannahme, dass Zuwanderung von außen ein dringend und dauerhaft gebotener, unsere Sozialsysteme und das Wirtschaftswachstum absichernder Prozess und einzig gangbarer Lö- sungsweg für die Herausforderung des demographischen Wandels in

56 Europa ist. Die Alterspyramide in Abb. 4 zeigt bei den EU-Bürgern den demographischen Wandel als Überhang von Alterskohorten um 50 Jahre sowie das stetige Schrumpfen der jüngeren Geburtenjahrgän- ge (Medianalter 45 Jahre). Die Bevölkerungsteile ohne EU-Staatsbür- gerschaft hingegen weißen eine ausgeprägte Dominanz der Altersko- horte 20 bis 50 Jahre auf. Diese drückt sich in einem – sich allerdings bereits abschwächenden – Anwachsen der jüngsten Altersgruppen in der Alterspyramide der ausländischen Bevölkerung aus (Medianalter 36 Jahre; vgl. Eurostat 2020e, S. 14f.).

Quelle: Eurostat 2020e, S. 15 Abb. 4: Altersstruktur 2019 der EU-Bürger und ausländischen Bevölkerung in der Europäischen Union (EU-27)

57 Die UNO-Abteilung für Bevölkerungsfragen hatte das Konzept der dauerhaften Zuführung jüngerer Bevölkerung durch Zuwanderung von außen zum Ausgleich eines natürlichen Bevölkerungsrückgangs durch sinkende Geburtenraten als „Bestandserhaltungsmigration“ (UNO 2000, S. 1) oder „Replacement Migration“ (UNO 2001, S. 1; wörtlich übersetzt: „Ersatzmigration“ bzw. „Austauschmigration“) bezeichnet und empfohlen. Die United Nations Population Division (UNPOP) rät in ihrer Studie: „Deutschland bräuchte jährlich 6000 Zuwanderer pro 1 Million Einwohner um den Anteil von Personen im arbeitsfähigen Alter an der Bevölkerung zu halten“ (ebd.). Dies würde allein für Deutsch- land eine Zuwanderung in Höhe von rund 500.000 Personen pro Jahr bedeuten. Der demographisch errechnete „Nettozuwanderungsbedarf“ kann aber die „benötigte Cognitive Ability niemals quantiizieren“ (Heinsohn 2019, S. 113) und ist daher wertlos für die Einschätzung des tatsächlichen Humankapitalbedarfs einer postindustriellen Gesell- schaft in Europa. Fakt ist, dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung in allen Teilen Europas mit gewissen Nuancierungen negativ ist. So lag die Fertilitätsrate 2018 für die EU-27 bei 1,55 Geburten je Frau und mit einer Bandbreite zwischen 1,23 (Malta) und 1,88 (Frankreich) in al- len Ländern deutlich unter dem Bestandserhaltungsniveau von 2,1 (vgl. Eurostat 2020b, S. 4). Für Deutschland hat das Statistische Bundes- amt (2019, S. 17) berechnet: „Ohne Nettozuwanderung und bei einer moderaten Entwicklung der Geburtenhäuigkeit und der Lebenserwar- tung würde das Geburtendeizit zwischen 2018 und 2054 von 167.000 auf 530.000 zunehmen.“ Auch ist verlässlich prognostizierbar, dass der Altenquotient13 in der EU von derzeit 30% bis 2050 auf rund 50% ansteigen wird (vgl. Eurostat 2020a, S. 7), was eine deutlich erhöhte Belastung der sozialen Sicherungssysteme bedeutet. Weder wissenschaftlich noch politisch ist es jedoch vertretbar zur Lö- sung dieser durch den demographischen Wandel erzeugten Heraus-

13 Verhältnis der Personen im Rentenalter (65 Jahre und älter) zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre)

58 forderungen ausschließlich die Variante „Bestandserhaltungsmigra- tion“ mittels Zuführung tendenziell jüngerer Menschen von außen zu propagieren. Zum einen ist es entwürdigend migrierende Menschen aus Afrika und Asien in erster Linie als „Füllmaterial“ für die europäi- sche Alterspyramide zu instrumentalisieren, zum anderen funktioniert dies ohne eine Geburtensteigerung bei der einheimischen Bevölkerung wegen auch bei Zuwandererfamilien langfristig abnehmender Gebur- tenraten nur vorübergehend (vgl. Kaufmann 2005, S. 177). Jenseits der ethischen Fragwürdigkeit der so genannten „Bestandserhaltungs- migration“, die eine komplette Austauschbarkeit („replacement“) von Menschen ungeachtet ihrer kulturellen Diversität suggeriert, stellt sich die sehr komplexe Frage nach der wirtschaftlichen und gesellschaftli- chen Integrationsfähigkeit14 im großen Maßstab und über lange Zeit- räume hinweg dauerhaft zuwandernder Menschen. Es ist realitätsfern davon auszugehen, dass Menschen in ihrer globalen kulturellen Viel- falt untereinander komplett austauschbar wären und in einem System kommunizierender Röhren einfachen physikalischen Gesetzen folgend geographisch verschoben werden könnten. Alter und Geschlecht mö- gen aus der technokratischen Perspektive von Demographen die aus- schlaggebenden Merkmale eines Menschen sein, für hochkomplexe Gesellschaftssysteme aufseiten von Herkunfts- wie Zielländern sind je- doch einige weitere Faktoren von essenzieller Bedeutung. So argumen- tiert Söllner (2019, S. 69), dass „Zielländer selbstverständlich Einwan- derer“ entgegen der aktuellen migrationspolitischen Leitlinien „nicht nur nach deren berulicher Qualiikation oder deren Bildungsniveau auswählen dürfen, sondern auch nach deren ethnischen, sprachlichen oder religiösen Charakteristika“. Es stellt sich demnach etwa die Frage nach der qualifaktorischen, sprach- lichen und kulturellen Kompatibilität und damit den Integrations-

14 Professor Murswiek (2016, S. 129) gibt aus staatsrechtlicher Sicht zu beden- ken: „Die Integrationskapazität hängt zu einem großen Teil auch von der Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit der Einwanderer ab.“

59 bedingungen in der aufnehmenden Wirtschaft und Gesellschaft. Wie der Soziologe Professor Franz-Xaver Kaufmann (2005, S. 177) betont, kommt es „für die Zukunft eines Landes nicht auf die Menschenzahl an, sondern auf deren Motive und Fähigkeiten, also auf das oder die Humanvermögen“. Es stellt sich zudem die Frage nach den Auswir- kungen der Abwanderung gewisser Gesellschaftsgruppen aus dem je- weiligen Herkunftsland. Die Abwanderung von Minderheitenvertre- tern kann zum unwiderrulichen Kollaps alter Kulturen wie etwa der Jesiden im Irak oder der syrisch-orthodoxen Christen in Syrien führen, wie dies seit 2003 und nochmals verstärkt seit 2011 zu konstatieren ist (vgl. Hildmann & Müller 2019).15 Durch Abwanderung können der Volkswirtschaft des Herkunftslands zudem wertvolle Humanres- sourcen und damit Entwicklungspotenziale entzogen werden, was in der Entwicklungsforschung als „Brain Drain“ (vgl. Docquier 2014 und World Bank 2019) und Hindernis für den Wiederaufbau kriegs- zerstörter Länder (vgl. Angenendt & Koch 2017, S. 13 und Collier 2018, S. 7) problematisiert wird. Gamlen (2014, S. 581) spricht in der Entwicklungsforschung von einem „new migration-and-development pessimism“. Unzutrefend ist die Annahme, dass Migranten durch die Umsiedelung nach Europa grundsätzlich ihren relativen, also auf die jeweilige Gesellschaft bezogenen sozialen Status verbessern. Die UNDP-Studie „Scaling Fences“ weist in einer Umfrage selbst für il- legale Migranten aus Afrika eine tendenzielle migrationsbedingte Ver- schlechterung ihrer ursprünglichen relativen berulichen und damit gesellschaftlichen Position verglichen mit dem relativen Status im euro- päischen Zielland empirisch nach (vgl. UNDP 2019, S. 58).

15 Sowohl das geistliche Oberhaupt der Jesiden, Baba Scheich Khurto Hajji Ismail aus Shekhan, als auch der Bischof der katholischen Diözese Alqosh, Mikha Pola Maqdassi, riefen bei einer Forschungsreise des Autors in den kur- dischen Teil des Irak im März 2018 zur Rückkehr gerade der jungen Vertre- ter ihrer Religion in ihre angestammte Heimat auf, um den Niedergang der mehrtausendjährigen Kulturgeschichte ihrer Völker im Nahen Osten abzu- wenden.

60 Gerade für einige der verwundbarsten Gruppen der Migranten bedeu- tet das Überwinden des Mittelmeers in Richtung Europa nicht nur einen relativen gesellschaftlichen und berulichen Abstieg im neuen gegenüber ihrem heimischen Referenzrahmen. Als „Deskilling“ be- zeichnet wird der relative Abstiegsprozess, wenn Migranten im Auf- nahmeland eine Beschäftigung unterhalb ihres Qualiikationsniveaus und ihrer berulichen Position im Herkunftsland annehmen müssen (vgl. Schwenken & Neuhauser 2019, S. 20). Ruben, van Houte & Davids (vgl. 2009, S. 958) berichten zudem von einer „severe degra- dation in professional status compared to the pre-migration situation“ (vgl. hierzu auch die Studie „Scaling Fences“ des UNDP 2019, S. 5). Bei Spezialisten betrift dies zwischen zwei Dritteln und drei Vierteln der Flüchtlinge im Vergleich zwischen der Beschäftigungssituation vor und nach dem Zuzug nach Deutschland (vgl. Neumann 2019, S. 37). Die internationalen Organisationen OECD, IOM und UNHCR (vgl. 2019, S. 29) geben an, dass in Europa mehr als 40% der im Ausland geborenen Arbeiter in Sparten beschäftigt sind, die durch einfache Routine-Arbeiten geprägt sind. Diese Arbeitsplätze sind im Zuge des wachsenden Trends der Automatisierung und Roboterisierung in den relativ wohlhabenden OECD- bzw. Industrieländern zunehmend be- droht (vgl. ebd., S. 28), so dass die Konkurrenz um immer weniger ein- fache Beschäftigungsmöglichkeiten bei einer migrationsbedingt immer größeren Anzahl von Jobsuchenden steigt bzw. in der Folge die Arbeits- losigkeit langfristig stark zunehmen wird. Dass Migration nicht einmal in absoluten Maßstäben eine automati- sche Verbesserung der Lebenssituation bedeuten muss, sondern auf der Grundlage falscher Hofnungen migrierte Menschen sogar nahezu zer- stören kann, zeigt sich besonders deutlich im Bereich der (häuig illegal praktizierten) Prostitution (zu 96% sind Frauen betrofen; vgl. Hess & Elle 2019, S. 25). So wird davon ausgegangen, dass 55% der in Italien tätigen 120.000 Prostituierten Migrantinnen sind, die sich ohne gültige Papiere im Land aufhalten (vgl. Der Standard, 03.04.2020). Betts & Collier (vgl. 2015, S. 1) berichten auch für regionale Aufnahmeländer

61 wie Jordanien von zur Prostitution gezwungenen Mädchen, weil die Flüchtlingsfamilien keine Arbeitsgenehmigung bzw. ausreichende Un- terstützung erhalten. Der Migrationssoziologe Petrus Han (2016, S. 119) sieht solche illegal eingereisten Menschen in den Zielländern in einer kaum aulösbaren, grausamen Zwickmühle: „Zur Illegalität bleibt ihnen […] keine Alternative. So werden sie zu menschlichem Treibgut.“ Der Deutschlandfunk (28.10.2017) wirft ein sehr kritisches Licht auf den humanitären Glanz der Migration, gerade bezüglich junger Frauen aus Schwarzafrika: „2016 sind rund 11.000 Frauen aus Nige- ria in Italien angekommen. Fachleute schätzen, dass 80 Prozent von ihnen in der Prostitution landen.“ Dies ist häuig dadurch bedingt, dass sie sich – wie oft bei ärmeren illegalen Migranten der Fall – mit- tels Schuldknechtschaft („debt-bondage“) in die Abhängigkeit von Menschenhändlern und Schleppern begeben (vgl. Milborn 2009, S. 134), für deren kriminelle Netzwerke sie anschließend in Europa Ge- winne „erwirtschaften“ müssen (vgl. hierzu auch Global Migration Group 2010, S. 94f. und Smith 2018, S. 221). Sie beinden sich wehr- los unter Kontrolle der Maia, zunehmend auch der nigerianischen („Schwarze Axt“). Diese wird auch in Deutschland immer aktiver im illegalen Prostitutionsgeschäft (Anstieg der Zahl nigerianischer Tatver- dächtiger laut BKA um 41,4% von 2017 bis 2018; vgl. Deutschland- funk, 23.11.2019). Sie macht in Italien vermehrt durch alarmierende Gewaltanwendung (vgl. he Times, 24.11.2016) Schlagzeilen sowie durch die Beherrschung ganzer Migrantenstädte wie Castel Volturno (vgl. ABC News, 16.03.2020). Durch ihre Ausbeutung tragen die zur Prostitution gezwungenen Migrantinnen notgedrungen zum geschätz- ten Jahresumsatz im Rahmen illegaler Prostitution in Italien in Höhe von vier Milliarden Euro bei. Durch den Corona-Lockdown Anfang 2020 gerieten gerade diese Frauen aufgrund ausbleibender Einnahmen in eine existenzielle, lebensbedrohliche Notlage. Viele wurden obdach- los und erlitten eine regelrechte Hungersnot mitten in Europa (vgl. Der Standard, 03.04.2020). In Deutschland ist zwar der Anteil afri- kanischer Frauen im ebenso hart vom Corona-Lockdown getrofenen

62 Prostitutionsgewerbe deutlich geringer, aber insgesamt wird davon aus- gegangen, dass auch hierzulande rund 80% der bis zu 200.000 Prosti- tuierten Migrantinnen sind (vgl. Reuters, 03.04.2020). Für diese be- sonders verwundbaren weiblichen Opfer des Migrationsbusiness klingt das im UN-Migrationspakt unter „Geschlechtersensibilität“ formu- lierte „Ziel, davon wegzukommen, dass Migrantinnen primär aus der Perspektive der Viktimisierung betrachtet werden“ (UNO 2018b, S. 7) wie eine wohlmeinende, aber unsensible Verhöhnung ihres Schicksals. Nachdem Europol Anfang 2016 meldete, dass 10.000 Flüchtlings- kinder nach der Ankunft in Europa verschwunden seien, warnte auch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) vor den alar- mierenden Gefahren des Missbrauchs und der Ausbeutung von Kin- dern im unsicheren und oft bedrohlichen Kontext von Migration (vgl. UNICEF, 02.02.2016). Dies zeigt, dass Migration nach Europa gera- de für verwundbare Gruppen gefährliche Schattenseiten menschen- unwürdiger sowie lebensgefährlicher Ausbeutung und Erniedrigung birgt. Diese Fakten erfordern eine diferenzierte und problemorientierte Sicht statt einer unkritisch migrationseuphorischen Grundhaltung wie die der EU-Einwanderungspolitik, deren Ziel es sein soll „Europa als attraktives Ziel für Migranten zu erhalten“ (Europäische Kommission 2015a, S. 17). Migration erweist sich hiermit gerade für viele dieser weitgehend unsichtbar bleibenden Frauen und Kinder als menschenge- machte Tragödie und humanitäre Katastrophe. Migration ist für sie kei- nesfalls – wie politisch und medial oft propagiert wird – durchweg eine humanitäre Segnung, sondern das Erreichen der Europäischen Union bedeutet für manche Betrofenen die Zerstörung ihres Lebens. Für diese illegal in der EU beindlichen verwundbarsten Migranten ist das Appel- lieren der EU-Kommission zur „Integration in die Gesellschaft“ aller „rechtmäßig[en]“ Migranten, „auf die Europa mit Stolz auch gegenüber seinen Partnern in der Welt verweisen sollte“ keine realistische Hof- nung (Europäische Kommission 2015a, S. 9). Der EU-Migrationsop- timismus gehört somit angesichts bedeutender systemimmanenter Un- gerechtigkeiten und Dysfunktionalitäten insgesamt auf den Prüfstand.

63 Der festgefahrene Reformprozess der europäischen Asyl- und Migrationspolitik

Seit 2016 stocken die Verhandlungen über eine Reform des „Gemein- samen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) und die dazu eingeleiteten sieben parallelen EU-Gesetzgebungsverfahren (vgl. Mercator Dialogue on Asylum and Migration 2019, S. 13 u. 2020, S. 16 und Sachverstän- digenrat für Migration 2018, S. 1). Auch die Überführung des Europäi- schen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) in eine eigenständig entscheidungsbefugte Asylagentur der Europäischen Union (EUAA)16 mit bis 2020 geplanten 500 permanenten Einsatzkräften (gegenüber 220 in 2018) zur Unterstützung überlasteter Mitgliedstaaten im Abwi- ckeln von Asylanträgen konnte bislang aufgrund mangelnder Einigkeit im Rat nicht umgesetzt werden (vgl. Europäische Kommission 2018d, S. 2). Die „Zukunftsvision der EU“17 eines gemeinsamen Asylgerichts- hofs zur Harmonisierung des Rechtswegs dürfte angesichts der damit einhergehenden noch weiteren Souveränitätsabgabe seitens der EU- Mitgliedstaaten auf noch größeren Widerstand stoßen. Bei den Ge- setzgebungsverfahren stehen neben der Dublin-Reform unter anderem die Eurodac-Verordnung zur Identiizierung von Asylsuchenden, die Asyl-Verfahrens und die Aufnahmerichtlinie für gemeinsame Stan- dards für die Anerkennung und Aufnahme von Flüchtlingen sowie die Qualiikationsverordnung, die unter anderem die Sekundärmigration zwischen EU-Ländern trotz obligatorischer Umverteilung von Flücht- lingen erschweren soll, zur Verabschiedung aus.

16 Laut dem Sachverständigenrat für Migration (vgl. 2020a, S. 9) kann auch die EUAA bis auf weiteres nur auf Anfrage nationaler Regierungen unterstützend und nicht initiativ wirken. 17 Äußerung von Dr. Fabian Lutz, Leiter der Abteilung für juristische Angele- genheiten in Migrationsfragen der Generaldirektion Migration und Innere Sicherheit, in einem Experteninterview am 15.11.2019 in Brüssel.

64 Quelle: Eurostat, Zeit Online, 29.04.2016

Abb. 5: Asylanerkennungsquoten ausgewählter Herkunftsländer in Europa 2015

65 Eine zentrale Zielsetzung ist die Angleichung der innereuropäischen Anerkennungsquoten für Asylbewerber aus denselben Herkunftslän- dern. Hier bestehen bisher erhebliche Unterschiede zwischen verschie- denen EU-Mitgliedstaaten, in denen der Antrag gestellt wurde: So wurden laut Eurostat-Daten von 2015 beispielsweise Syrer in Deutsch- land zu 98% anerkannt, in Italien aber nur zu 52% und Pakistaner in Spanien zu 52%, aber in Frankreich nur zu 6% (s. Abb. 5). Der Sach- verständigenrat für Migration (vgl. 2020a, S. 8) kritisiert diese fachlich nicht begründbaren Diskrepanzen als „Asyllotterie“ und Smith (2018, S. 219) als „Glücksspiel“, das eine kaum zu unterbindende innereuro- päische Sekundärmigration von Asylbewerbern in Staaten mit höherer Anerkennungsquote auslöst. Unter anderem dieser Faktor hat laut Eu- ropäischer Kommission (2015a, S. 15) zur Folge, dass Schutzsuchende „Asylshopping“ betreiben. Eine weitere große Zielrichtung der diskutierten Reformen verfolgt die Ablösung des Dublin-III-Abkommens, das den Staaten an den süd- lichen Außengrenzen die Hauptbürde der Asylprüfung auferlegt. Es soll den Forderungen von Innenminister Seehofer zufolge entgegen der Regelung des Art. 16a Grundgesetz ersetzt werden durch ein System der verbindlichen Umverteilung von Schutzsuchenden nach einer am „Hotspot-Ansatz“ von 2015 (vgl. Europäisches Parlament 2020a, S. 4) angelehnten raschen Vorprüfung auf Asylberechtigung an den Außen- grenzen und direkten Rückschiebung18 bzw. weiteren Umverteilung für ein vollständiges Asylverfahren im gemäß Quote zuständigen EU- Mitgliedstaat (vgl. Bossong 2019, S. 6 und Tagesschau, 07.06.2020). EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber fordert plakativ „‘Euro- pa‘ müsse an den EU-Außengrenzen ‚die Fahne hochziehen, Büros

18 Jüngste massenhafte Ausbrüche aus sizilianischen Aufanglagern mit anschlie- ßendem Untertauchen, häuig von nicht asylberechtigten Tunesiern (2020 mit 41% bereits die größte Gruppe der Ankommenden), zeigen wie schwierig die Lösung einer Vorprüfung und umgehenden Rückführung bzw. Umver- teilung gegen den Willen der jungen, durchsetzungsfähigen Migranten zu realisieren ist (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.07.2020).

66 eröfnen‘ und dort unmittelbar ‚den Schutzanspruch prüfen‘ [;…] die nötigen Maßnahmen müssten ‚die europäische Asylbehörde und die Grenzschutzbehörde Frontex‘ an Ort und Stelle ‚gemeinsam durch- setzen‘“ (German-Foreign-Policy.com, 03.07.2020). Doch eine eigen- ständige Kompetenz europäischer Agenturen, Asylentscheidungen zu trefen und Rückführungen durchzuführen, ist bislang nicht gegeben und wäre zudem im Hinblick auf die Souveränität der Mitgliedstaaten kritisch zu bewerten. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass die geplante vorgesehene Schnellprüfung an den Außengrenzen sich an dem reformierten Asylgesetz Griechenlands orientieren und zulasten einer zuverlässigen Prüfung des Schutzstatus gehen sowie zu ungerecht- fertigten Abschiebungen führen könnte (vgl. Oxfam & Greek Refugee Council 2020, S. 12f). Dass laut der ersten Reisewegbefragung des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration (BAMF) bereits mehr als ein Drittel der in Deutschland angekommenen Asylbewerber mit dem Flugzeug einreist (vgl. Welt, 07.06.2020), zeigt zudem, dass die Fokus- sierung des Außengrenzschutzes allein auf die geographischen Außen- grenzen des Schengenraums viel zu kurz greift. Bislang hatte sich keine qualiizierte Mehrheit zwischen den EU-Mit- gliedstaaten für die Ablösung der Dublin-III-Regelung durch einen nun wieder ins Feld geführten verbindlichen Umverteilungsschlüssel für an den Außengrenzen ankommende Flüchtlinge erzielen lassen. Den Um- verteilungsmechanismus von 2015 hatten die Viségrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei nach ablehnenden Referenden (vgl. Klimaitis 2020, S. 204) durch ihre Weigerung Flüchtlinge aufzu- nehmen zum Platzen gebracht. Auch wenn der Europäische Gerichts- hof (EuGH) in seinem Urteil vom 02.04.2020 das politische Signal setzte, dass sich alle Staaten hätten beteiligen müssen (vgl. Rath 2020), weichen die aktuellen Reformvorschläge den Mechanismus schon vorsorglich auf. Sieben osteuropäische Staaten sowie Österreich und Dänemark hatten schon ihren Standpunkt klargemacht und legten „heftigen Widerspruch gegen jede Form und Art der verplichtenden Verteilung von Asylbewerbern und Migranten“ (Süddeutsche Zeitung,

67 13.06.2020) ein. Die mittlerweile favorisierte Lösung sieht vor, dass ge- meinsame Verplichtungen auch im Sinne einer „lexiblen Solidarität“ abgeleistet werden können. So solle etwa die Aufnahme von Flücht- lingen durch zusätzliche Beiträge etwa zum Grenzschutz über Frontex erbracht werden können. Doch auch der verschärfte, nie wirklich „abriegelnde[]“ (Bossong 2017, S. 3) EU-Grenzschutz ist aus humanitärer Perspektive als höchst prob- lematisch einzuschätzen, solange der eigentliche Migrationsmagnet der prinzipiellen Chance auf Schutz und Wohlfahrt bzw. Wohlstand in der EU weiter wirkt. Im Frühjahr 2020 geriet die griechische Regierung – trotz erstaunlich breiter europäischer Unterstützung – wegen harscher Grenzschutzmaßnahmen in die internationale Medienkritik als die Tür- kei bewusst 75.000 Flüchtlinge und Migranten an die Grenze trans- portierte bzw. ziehen ließ und diese in Richtung Griechenland öfnete (vgl. Zeit Online, 01.03.2020). Einmal mehr wurde „Massenmigration als Wafe“19 (Greenhill 2016) bzw. als diplomatisches Erpressungsinst- rument (vgl. Luminae Group 2019) eingesetzt um ganz andere Forde- rungen, hier etwa geoökonomische und geopolitische im zypriotischen Gasstreit mit der EU, durchzusetzen. Im Frühsommer 2020 geriet die griechische Regierung erneut in die Kritik, weil sie laut Filmaufnahmen mit dem Boot ankommende Flüchtlinge und Migranten auf aufblasba- ren Schwimminseln auf ofenem Meer aussetzen ließ bis diese von der türkischen Küstenwache aufgegrifen und in die Türkei zurückgebracht wurden. Zudem begann die Küstenwache schwimmende Barrieren vor Lesbos zu erproben, um Schlauchboote an der Überfahrt zu hindern (vgl. German-Foreign-Policy.com, 03.07.2020, S. 1f.).

19 Das jüngste Beispiel eines Erpressungsversuchs mittels Androhung von Mas- senmigration gegenüber Europa ist der seit Jahren mit Flüchtlingen aus Syri- en überlastete, seit Monaten von einer Hyperinlation heimgesuchte und am 04.08.2020 zusätzlich von einer Explosionskatastrophe getrofene Libanon: „Falls die Europäer kein Geld überweisen, drohte […] ein Parlamentarier der Hisbollah, Mohammad Raed, würde sein Land Europa mit den syrischen Flüchtlingen ‚überschwemmen‘, die derzeit im Libanon sind“ (vgl. Handels- blatt, 07.07.2020).

68 Die Grundproblematik bleibt aber auch bei einem im Sinne der deut- schen EU-Ratspräsidentschaft reformierten „Gemeinsamen Europäi- schen Asylsystems“ (GEAS) bestehen, dass die Ursachen, die zu einem steigenden Migrationsdruck führen, nicht wirklich gelöst werden. Ein reformiertes GEAS mit Vorprüfung der Flüchtlinge und Migranten an der Außengrenze könnte unter der Voraussetzung geringer Belastung durch Migrationsdruck, erschwert jedoch durch den ungelösten EU- internen Streitigkeiten um Umverteilungsquoten, leidlich funktionie- ren. Einem erneuten Ansturm wie 2015, der in den kommenden Jah- ren jederzeit möglich ist und der durch die sich anbahnende weltweite Corona-Lockdown-Rezession immer wahrscheinlicher wird, würde es sicher nicht standhalten. Daher ist es dringend geboten, dass nicht nur Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020, sondern vor allem durch den Migrantenzustrom besonders belastete Staaten in Südeuropa und stärker opponierende Länder wie Dänemark und Ös- terreich sowie die osteuropäischen, einschließlich der Viségrad-Staaten das Heft in die Hand nehmen und einen grundlegenden Paradigmen- wechsel im europäischen Schutz- und Migrationssystem anstreben: Schutz und Hilfe muss an der Wurzel des Problems ansetzen, nach dem Näheprinzip möglichst innerhalb der betrefenden Regionen geleistet werden. Darüber hinaus sollte Europa den internen demographischen Problemen mit eigenen, intern zu steuernden Mitteln begegnen. Die Frage des punktuellen Fachkräftemangels wurde durch die mittels Co- rona-Lockdown ausgelöste ernste und voraussichtlich für mehrere Jah- re andauernde Rezession bereits weitgehend obsolet. Ein schlüssiges Strategiekonzept vorausgesetzt, könnten ausreichend interne Human- ressourcen mobilisiert werden, wenn die „europäische Solidarität“ sich in Zukunft verstärkt auch auf die von besonders hoher Jugendarbeits- losigkeit geplagten Regionen Südeuropas und auf das bislang nicht ausreichend mobilisierte Potenzial an Langzeitarbeitslosen und alters- bedingt arbeitslosen Fachkräften erstrecken würde.

69 3. Freiräume im Völkerrecht für eine Neuausrich- tung der Asyl- und Migrationspolitik nach dem Proximitätsprinzip

Die vorliegende Studie berücksichtigt eine möglichst große Breite der fachlichen Aspekte, die für eine Neuausrichtung der Asyl- und Migra- tionspolitik nach dem Näheprinzip von Bedeutung sind. Wenngleich die Arbeit nicht den Anspruch eines völkerrechtlichen Rechtsgutach- tens besitzt, so ist ein Blick auf die zugrundeliegenden historischen Ab- kommen und die Ende 2018 geschlossenen UN-Pakte für Migration und für Flüchtlinge sowie auf den europäischen Rechtsrahmen und die europäische Rechtsprechung geboten um rechtliche Freiräume für eine Neuorientierung der Asyl- und Migrationspolitik auf der Grund- lage des Näheprinzips auszuloten. Staatsrechtler Horn (2016, S. 143) beklagt aus juristischer Perspektive die Komplexität des „weithin aus- diferenzierten und in vielzählige Rechtsakte zersplitterten europäi- schen und internationalen Rechts zum Asyl- und Flüchtlingsschutz, zur subsidiären und vorübergehenden Schutzgewährung, zu Einwan- derungs- und Aufenthaltsvoraussetzungen“. Die im Folgenden analy- sierten völkerrechtlichen Abkommen und Verträge spannen den Bogen vom Flüchtlingsschutz bis hin zu einer globalen Migrationsförderung, die schon Züge einer „globalen Freizügigkeit“ in Migrationsfragen an- nimmt. Diese Frage ist von zentraler Bedeutung, da sie „in jedem Fall mit einem Kompetenz- und Bedeutungsverlust des Nationalstaats ein- hergehen“ und auch „dessen Funktionsfähigkeit beeinträchtigen […] würde“ (Söllner 2019, S. 225).

70 Die Genfer Flüchtlingskonvention

Während und nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs mussten viele Millionen Menschen ihre Heimat als Flüchtlinge und Vertriebene ver- lassen, allein 14 Millionen Deutsche nach 1944 vor allem aus den ehe- maligen Ostgebieten. Die internationale Staatengemeinschaft einigte sich sechs Jahre nach Gründung der „Vereinten Nationen“ (UNO) und drei Jahre nach Annahme der „Allgemeinen Erklärung der Menschen- rechte“ am 28. Juli 1951 in Genf auf das „Abkommen über die Rechts- stellung der Flüchtlinge“. Dieses wurde 1967 ergänzt durch das „Proto- koll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, welches den Schutzstatus von Flüchtlingen auch auf zeitgenössische und zukünftige Konlikte sowie auf außereuropäische Herkunftsregionen ausweitete (vgl. UNO 1951). Die sogenannte „Genfer Flüchtlingskonvention“ (GFK) ist an- erkannt als das zentrale völkerrechtliche, allerdings nur von 147 Staa- ten20 weltweit (s. Abb. 6) ratiizierte Abkommen zur Regelung grund- legender Fragen der Flucht und des Asyls. In Artikel 1, Abschnitt A., Absatz 2 deiniert die GFK einen „Flücht- ling“ als eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeu- gung sich außerhalb des Landes beindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“ (UNO 1951, S. 2). In der GFK werden grundlegende Rechte und Plichten der Flüchtlinge im Zusammenhang ihres Aufenthalts in Schutz gewährenden Staaten festgesetzt. Meist orientieren sich die zu- gesprochenen Rechte an der Rechtsstellung, die ausländische Staats- bürger regulär in dem aufnehmenden Land genießen, teilweise aber auch an jener der einheimischen Staatsbürger.

20 143 Signatarstaaten haben sowohl das Abkommen als auch das Protokoll unterzeichnet.

71 Quelle: Wikipedia 2020

Abb. 6: Signatarstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention

So fordert Art. 16, Abs. 1 für Flüchtlinge, ungeachtet ihres Anerken- nungsstatus und ob sie legal oder illegal ins Land gelangten, einen „freien und ungehinderten Zugang zu den Gerichten“ und legt in Abs. 2 fest: „In dem vertragschließenden Staat, in dem ein Flüchtling sei- nen gewöhnlichen Aufenthalt hat, genießt er hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten einschließlich des Armenrechts und der Befreiung von Sicherheitsleistung für Prozesskosten dieselbe Behandlung wie ein eigener Staatsangehöriger“ (ebd. S. 8). In Art. 4 zur „Religion“ fordert die GFK sogar „mindestens“ eine rechtliche Gleichstellung mit den Bürgern des aufnehmenden Staates (ebd., S. 4): „Die vertragschließen- den Staaten werden den in ihrem Gebiet beindlichen Flüchtlingen in Bezug auf die Freiheit der Religionsausübung und die Freiheit des Religionsunterrichts ihrer Kinder eine mindestens ebenso günstige Be- handlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen gewähren.“

72 Die Genfer Flüchtlingskonvention geht noch von der nicht mehr zeit- gemäßen Grundannahme aus, dass Flüchtlinge ihr Herkunftsland verlassen und das sichere Territorium eines Aufnahmelandes aufsuchen, wo ihnen der Staat Schutz vor Verfolgung gewährt. Allerdings loh eine Mehrzahl (43,5 Mio. bzw. rund 55%) der weltweit fast 80 Millionen Flüchtlinge innerhalb des eigenen Landes vor Krieg oder Verfolgung (vgl. UNHCR 2020, S. 28). Seit 2005 wuchs die Anzahl der von der Weltlüchtlingsorganisation UNHCR registrierten Binnenlüchtlinge um das Siebenfache an (vgl. ebd.), so dass dieses Phänomen keinesfalls aus dem Fokus der Flüchtlingshilfe herausfallen darf und auch aus hu- manitärer Perspektive in Relation zu dem Aufwand zu setzen ist, den die Gewährung von Schutz für eine viel geringere Anzahl Bedürftiger in den wohlhabenden Aufnahmestaaten Europas verursacht. Für Flüchtlinge, die ihr Herkunftsland verlassen (müssen), steckt die GFK enge Grenzen für die Anerkennung eines vertretbaren Grenz- übertritts aus Gründen der Flucht vor Verfolgung oder Krieg. So dei- niert Art. 31 die Kategorie der „Flüchtlinge, die sich nicht rechtmäßig im Aufnahmeland aufhalten“ per Ausschlusskriterium wie folgt in Abs. 1 (UNO 1951, S. 15): „Die vertragschließenden Staaten werden wegen unrechtmäßiger Einreise oder Aufenthalts keine Strafen gegen Flücht- linge verhängen, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit […] bedroht waren und die ohne Erlaub- nis in das Gebiet der vertragschließenden Staaten einreisen oder sich dort aufhalten“. Auch die als „Dublin III“ bezeichnete EU-Verordnung „zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mit- gliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf inter- nationalen Schutz zuständig ist“ (vgl. Europäische Union 2013) basiert grundsätzlich auf dieser GFK-Regel der Anerkennung von Flucht nur in den ersten sicheren Aufnahmestaat hinein. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland folgt eben- falls diesem grundlegenden, geographisch eingeschränkten Schutz-

73 zugeständnis der Genfer Flüchtlingskonvention für international Schutz suchende Personen. So wird die in Art. 16a, Abs. 1 dargelegte Zusicherung „[p]olitisch Verfolgte genießen Asylrecht“ in Abs. 2 in- sofern eingeschränkt, dass sich darauf nicht berufen kann, „wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung [der GFK] und der [Europäischen Menschenrechtskonvention] sichergestellt ist.“ Als „si- chere Drittstaaten“ gelten Norwegen und die Schweiz. Darüber hinaus werden in einem Gesetzgebungsverfahren, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ bestimmt, aus dem Asylanträge als „ofensichtlich unbegründet“ abgelehnt wer- den können (§29a, Abs. 1 Asylgesetz). Entsprechend kategorisiert wurden bislang aber nur Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien (vgl. Sodan 2016, S 176). Gemäß Art. 32, Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention dürfen an- erkannte Flüchtlinge nur „aus Gründen der öfentlichen Sicherheit oder Ordnung“ ausgewiesen werden. Unberührt von dieser Schutz- garantie bleibt der Umstand, dass aufgrund des Wegfallens des Ver- folgungsgrundes im Herkunftsland der Schutzstatus entzogen und die Rückführung der betrefenden Flüchtlinge betrieben werden kann. Sichergestellt sein muss gemäß Art. 33 der GFK aber, dass kein Flücht- ling „über die Grenze von Gebieten“ (also nicht unbedingt Staaten als Ganzes) ausgewiesen wird, „in denen sein Leben oder seine Freiheit we- gen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde“ (UNO 1951, S. 15). Diese Bedingung gilt auch für den „Grundsatz der Nichtzurückwei- sung“ von Flüchtlingen (Non-Refoulement-Prinzip), die versuchen die Grenze in das erste sichere Zuluchtsland hinein zu überqueren. Für Wirtschaftsmigranten gilt diese Schutzklausel nicht. Ob allerdings eine Person nach den Kriterien der GFK über die nötige Voraussetzung zur

74 Anerkennung als Flüchtling verfügt, kann im Augenblick des Grenz- übertritts nicht ausreichend geprüft werden. Daher beinden sich die attraktiveren Zielstaaten von Flucht und Migration, die sich an die Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention halten, tendenziell in ei- ner schwachen Position. Bei einzelnen illegalen Grenzübertritten kann diese Situation durch das anschließende Asylverfahren korrigiert und eine Ausweisung bei nicht vorliegendem Schutzanspruch durchgeführt werden. Doch die Praxis zeigt, dass diese nachträgliche Durchsetzung der Interessen des Aufnahmelandes dem Missbrauch seines Asylsystems zu begegnen aufgrund vielfältiger Deizite in der Rechtsdurchsetzung kaum noch möglich ist. Ferner bleibt kritisch festzuhalten, dass die Genfer Flüchtlingskon- vention bereits 1951 Flucht als endgültigen Vorgang des Wegzugs aus einem Herkunftsland mit Verfolgungssituation und als endgültige Zu- wanderung in ein Aufnahmeland konzipierte. Denn anzunehmen wäre prinzipiell, dass eine Verfolgungssituation nur über einen begrenzten Zeitraum hinweg für den Flüchtling und Schutzsuchenden bestehen bleibt. Wenn der Flüchtling – etwa zwecks Verwandtenbesuch oder Urlaub – „freiwillig in das Land, das [er] aus Furcht vor Verfolgung verlassen hat […], zurückgekehrt ist“, reicht dies jedoch nicht aus, um das Wegfallen der Notwendigkeit des Schutzstatus anzunehmen. Somit setzt Art. 1, Abschn. C, Abs. 4 die Rückkehrschwelle so hoch, dass der Flüchtling sich erst „dort niedergelassen“ haben muss, um sei- ne Freiwilligkeit der dauerhaften Rückkehr zu dokumentieren. Zwar sieht Abs. 5 vor, dass eine Person mit Schutzstatus „nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt“. Das legitime Interesse des über einen gewissen Zeitraum hinweg Schutz gewährenden Staates, nicht mehr dringend schutzbedürftige Personen wieder zurückzufüh- ren, wird jedoch im gleichen Absatz dadurch eingeschränkt, dass die Rückführung ablehnen kann, wer sich „auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann“ (UNO 1951, S. 3).

75 Eine Rückkehr sollte jedoch selbst aus humanitären Erwägungen der anzustrebende Normalfall sein, um die Schutzkapazitäten aufnehmen- der Staaten nicht zuungunsten akut Schutzbedürftiger dauerhaft zu blockieren. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Ver- einten Nationen von 1948 gesteht jedem Menschen das Recht zu „in sein Land zurückzukehren“ (Art. 13 AEMR; UNO 1948, S. 3) und macht damit deutlich, dass Rückkehr prinzipiell sogar grundlegen- den Menschenrechtsschutz genießt. Doch für die Urheber der Genfer Flüchtlingskonvention hatten ofensichtlich nicht die Bekämpfung der Fluchtursachen und die Beendigung der Verfolgungssituation zuguns- ten der Flüchtlinge Priorität, sondern der dauerhafte Verbleib der Men- schen, die ihre Heimat verloren hatten, im Aufnahmeland. Dies ist verständlich vor dem Hintergrund des sich auf längere Sicht abzeich- nenden Ost-West-Konlikts, der zur Flucht vieler Menschen aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg bis nach Mittel- und Osteuropa hinein erweiterten Herrschaftsbereich des Kommunismus führte. Vor diesem historischen Hintergrund gibt der Art. 34 GFK auch heute noch die „Einbürgerung“ als prioritäres und quasinatürliches, aber keinesfalls unstrittiges Ziel der Schutzgewährung vor (UNO 1951, S. 16): „Die vertragschließenden Staaten werden so weit wie möglich die Einglie- derung und Einbürgerung der Flüchtlinge erleichtern. Sie werden ins- besondere bestrebt sein, Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und die Kosten dieses Verfahrens so weit wie möglich herabzusetzen.“ Der wissenschaftliche Dienst des australischen Parlaments arbeitete in einer Studie die Deizite der Genfer Flüchtlingskonvention zusammen- fassend auf und wies auf die dringende Notwendigkeit der Überarbei- tung der zentralen Rechtsgrundlage des weltweiten Flüchtlingsschutzes hin, um der stark veränderten weltpolitischen Lage und Verschiebun- gen im Flucht- und Migrationsgeschehen Rechnung zu tragen. Neben einer grundlegenden Reform wurde angesichts der nicht mehr zeit- gemäßen Ausgestaltung des Schutzsystems sogar die Kündigung des Abkommens binnen Jahresfrist gemäß Art. 44 GFK als Option in Be- tracht gezogen (Millbank 2000, S. 21f.). Zusammenfassend kritisiert

76 der wissenschaftliche Dienst des australischen Parlaments folgende As- pekte der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. ebd.): • Nutzung eines veralteten Flüchtlingsbegrifs aus der Nachkriegs- zeit; • Stilisierung eines Lebens im Exil als Ideallösung für alle Flücht- lingsprobleme; • In Verletzung des Humanitätsgrundsatzes haben Flüchtlinge for- mal kein Recht auf Unterstützung, solange sie keinen Unterzeich- nerstaat erreicht haben; • Begünstigung von Flüchtlingen, die mobil und solvent genug sind, um Vertragsstaaten zu erreichen, statt einer Priorisierung nach Grad der Notlage; • Keine Sanktionierung von Staaten, die ihre eigenen Bürger vertrei- ben oder verfolgen; • Keine Berücksichtigung der sozialen, wirtschaftlichen und poli- tischen Auswirkungen der Aufnahme einer großen Anzahl an Schutzsuchenden für die Aufnahmestaaten; • Ungleich höhere Kosten der wohlhabenden Aufnahmestaaten ver- glichen mit einer viel schlechteren Mittelausstattung des für ein Vielfaches an Flüchtlingen zuständigen UN-Flüchtlingshilfswerks; • Vereinfachende Einteilung von Flüchtlingen als „politisch Verfolg- te“ oder alternativ als Wirtschaftslüchtlinge auf der Grundlage kaum überprüfbarer Selbstauskünfte.

Aufgrund der ofensichtlichen Schwächen der vor rund 70 Jahren unter völlig unterschiedlichen weltpolitischen Vorzeichen und nicht vergleichbaren demographischen und migratorischen Rahmenbe- dingungen verfassten Genfer Flüchtlingskonvention erscheint eine Überarbeitung des Abkommens dringend geboten. Dabei müsste der temporäre Schutzgedanke, die Schutzgewährung in größtmöglicher Nähe zum Herkunfts- und Konliktgebiet, die allseitige Verplich- tung zur Vermeidung von Fluchtursachen sowie die Verplichtung

77 zur solidarischen Lastenteilung bei maximal eizientem Mitteleinsatz zur Hilfe entsprechend der Priorität gemäß Verwundbarkeit der be- trefenden Gruppen festgeschrieben werden. Staaten, die ihre souve- ränen Handlungsspielräume für eine sinnvolle Wahrnehmung ihrer Verantwortung zur Schutzgewährung unter der nicht mehr zeitgemä- ßen Fassung der GFK gefährdet sehen, sollten sich als Reformlobby zusammenschließen. Erstrebenswert wäre es zudem jene rund ein Vier- tel der Weltbevölkerung umfassenden Staaten in die Bemühungen zur Ausarbeitung einer zeitgemäßen Flüchtlingskonvention für das 21. Jahrhundert miteinzuschließen, die bislang einen großen Anteil an der Last der weltweiten Flucht und Vertreibung tragen, aber nie die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet haben. Dies betrift u.a. Syrien, Irak und Jordanien, die Golfstaaten, Indien und Pakistan sowie Indo- nesien und weite Teile Südostasiens.

Der UN-Flüchtlingspakt

Am 19. September 2016 einigten sich die Regierungschefs und Staats- oberhäupter in der UNO-Generalversammlung auf die „New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten“. Unter dem Eindruck der europäischen Flüchtlingskrise 2015, in deren Mittelpunkt Deutschland als Hauptmagnet stand, übernahm 2017 bis 2018 die Bundesregierung neben Marokko die Rolle als Ko-Vorsitzende des „Globalen Forums für Migration und Entwicklung“ (Auswärtiges Amt 09.01.2017). Sie übernahm damit als treibende Kraft die Aufgabe, die New Yorker Ziel- setzung der Ausarbeitung eines „Globale[n] Vertrag[s] für sichere, ge- ordnete und geregelte Migration“ als „Beitrag zu globaler Governance […] internationaler Migration“ (Wissenschaftliche Dienste des Deut- schen Bundestages 2018a, S. 2f.) zu koordinieren.21 Die für Tausende

21 Das UNHCR übernahm die Aufgabe der parallelen Ausarbeitung des „Glo- balen Pakts für Flüchtlinge“ (UNO 2018a).

78 Menschen tödliche geendete Flüchtlingskrise 2015 interpretierte die Bundesregierung geradezu euphorisch und zugleich euphemistisch: „Die symbolische Überbrückung des Mittelmeerraumes und die enge Verbindung zwischen Europa und Afrika senden ein starkes Signal für die Weiterentwicklung globaler Migrationsziele“ (Auswärtiges Amt 09.01.2017). Die Bundesregierung, ähnlich wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die UN-Sonderorganisation für Migration IOM22, führte über den UN-Migrations- sowie den UN-Flüchtlingspakt ei- nen aufallend zurückhaltenden öfentlichen Diskurs möglichst lange unterhalb des Radars der öfentlichen Wahrnehmung (vgl. Deutsche Welle, 06.11.2018). Mindestens 20 Petitionen gegen den Migrations- pakt ließ der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags nicht zu, obwohl inhaltlich keine fundierten Gründe dagegen sprachen (Welt, 19.11.2018). Die Petition 8556523 wurde schließlich stellvertretend für alle anderen Petitionen zum hema zur Mitzeichnung mit so viel Verzögerung am 21.11.2018 veröfentlicht, dass eine Behandlung und Beschlussfassung erst am 14.01.2019, also gut einen Monat nach der Annahme des Migrationspaktes durch die Bundesregierung in Mar- rakesch möglich war. Eine kontroverse politische Debatte entbrannte aber spätestens Mitte 2018 in verschiedenen Teilen der Welt über die Inhalte und rechtlichen sowie politischen Folgen der Annahme der „Pakte“ bzw. „Verträge“. Befeuert wurde diese durch den Entzug der Unterstützung seitens einlussreicher Staaten wie die USA und sogar das Zerbrechen von Regierungskoalitionen an der Streitfrage wie in

22 Die Medien berichteten bis Mitte 2018 nur sehr zögerlich über die in Arbeit beindlichen bahnbrechenden völkerrechtlichen Rahmenvereinbarungen. Die YouTube-Werbevideos der IOM und des UNHCR für die UN-Pakte erzielten nur sehr geringe Reichweiten (https://youtu.be/Jd443I-fmGI) und bis zu über 99% negative Nutzerbewertungen (https://youtu.be/aH5uhN- HcOgs). 23 Petent Dr. Ludwig Englmeier: „Vereinte Nationen (UNO) - Global Compact for Migration“ (Deutscher Bundestag, 01.11.2018).

79 Belgien (Neue Zürcher Zeitung, 10.12.2018). Die Bundesregierung strebte vor Annahme der Pakte stets die öfentliche Vermittlung der Position an, dass es sich um ein „politisch, nicht jedoch rechtlich ver- bindliches Abkommen“ (Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 2018a, S. 3) handle. Auch wenn diese Aufassung durch eine Bundestagsmehrheit bestätigt wurde (vgl. Deutscher Bundestag, 29.11.2018), ändert sich nichts an der Tatsache, dass ein internatio- naler Pakt die zukünftige politische Entscheidungsindung lenkt, der Rechtsprechung einen Orientierungsrahmen setzt und die Regelungen über das Völkergewohnheitsrecht faktische Rechtsbindung entfalten. Obwohl an insgesamt über 200 Stellen auf „Plicht“, „Gewährleistung“ und „Sicherstellung“ aufseiten der Vertragsstaaten hingewiesen wird, sind die Vertragsdokumente der beiden Pakte bemüht zu betonen: „Der Globale Pakt ist rechtlich nicht bindend“ (UNO 2018a, S. 1) bzw. „Dieser Globale Pakt stellt einen rechtlich nicht bindenden Koopera- tionsrahmen dar“ (UNO 2018b, S. 4). Dass sich Betrofene vor Gericht nicht direkt auf den Migrations- oder Flüchtlingspakt beziehen können, hält der Hamburger Rechtsphilosoph Professor Merkel aber nicht für entscheidend: „Völkerrecht als Gewohnheitsrecht entsteht immer über politische Bindungen der Staaten. Das heißt: Wenn wir uns in fünf Jah- ren noch mal über diesen Pakt unterhalten, werden wir eine ganze Men- ge von Entscheidungen haben, auf internationaler wie auf nationaler Ebene, in denen er herangezogen worden ist zur Auslegung von Rechts- normen“ (Deutschlandfunk, 10.12.2018). Auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bestätigt mit Blick auf die „erste glo- bale, zwischen Regierungen unter der Ägide der Vereinten Nationen (VN) ausgehandelte Übereinkunft zur Abdeckung aller Aspekte inter- nationaler Migration“ (2018a, S. 2): „‘Soft law‘ kann zur Entstehung von rechtlich verbindlichem Völkerrecht (sog. ‚hard law‘) beitragen, in- dem es in völkerrechtliche Verträge aufgenommen wird oder sich im Laufe der Zeit zu Völkergewohnheitsrecht entwickelt“ (2018b, S. 19). Bindungswirkung entsteht zudem dadurch, dass der UN-Flüchtlings- pakt Mechanismen zur Überprüfung der Umsetzung unter Aufsicht

80 des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vorsieht (vgl. UNO 2018a, S. 23) und der Migrationspakt ein ab 2022 alle vier Jahre stattindendes „Überprüfungsforum Internationale Migration“ unter Koordination der UNO-Organisation für Migration IOM (vgl. UNO 2018b, S. 41). Während der unter der Leitung Deutschlands und Marokkos bei einer gesonderten zwischenstaatlichen Konferenz am 10.12.2018 in Marrakesch angenommene Migrationspakt24 (vgl. UNO 2018b) für die Fragen der Wirtschaftsmigration einen global verbindlichen Re- gelungsrahmen setzen soll, übernimmt der weniger im Fokus der Öf- fentlichkeit stehende Flüchtlingspakt (vgl. UNO2018a) diese Funk- tion für die Belange von Schutzbedürftigen. Es ist jedoch festzustellen, dass nicht nur die Kategorisierungen „Migrant“ bzw. „Flüchtling“ in der Praxis schwer trennscharf zu deinieren sind (vgl. Braunsdorf 2019, S. 7 und Klingholz 2018, S. 3), sondern dass die beiden Dokumente zum weiteren Verwischen der deinitorischen Abgrenzung beitragen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die einseitig migra- tionsbejahende Haltung der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. UNO 1951) als priorisierte Problemlösungsstrategie beibehalten und die Ver- plichtungen der wohlhabenderen Aufnahmestaaten zur Förderung der Migration näher deiniert, diferenziert und konkretisiert werden. Die beiden Pakte decken sich zudem weitgehend mit den Prioritäten der 2015 lancierten EU-Migrationsagenda (vgl. Europäische Kommission 2015a. Die historische Chance, nach fast 70 Jahren eine Neuausrich- tung der Migrations- und Flüchtlingspolitik im Sinne einer ursäch- lichen Problemlösung zu betreiben, wurde damit vertan. (Fern-)Mi- gration bleibt – entgegen der naheliegenden Logik der ursächlichen Problemlösung und Hilfe – die in der internationalen Politik favori- sierte Antwort auf Herausforderungen wie autoritäre bzw. schlechte Regierungsführung, (Bürger-) Kriege oder Armut durch ungerechte Verteilung, Missmanagement oder Ressourcenknappheit.

24 Der Autor der Studie nahm an der UNO-Konferenz in Marrakesch (www. un.org/en/conf/migration) als Beobachter teil.

81 Neu in den beiden UN-Pakten ist die ausdrückliche Aufwertung nichtstaatlicher Akteure und Lobbyorganisationen als „relevante In- teressenträger“ (UNO 2018a, S. 1 und UNO 2018b, S. 7), die die internationale Staatengemeinschaft quasi auf Augenhöhe in einem „[a] lle Teile der Gesellschaft umfassende[n] Ansatz […] in die Steuerung der Migration einbinden“ soll. Während nationale Regierungen bei den „harte“ ökonomische und sicherheitsmäßige Interessen berüh- renden Aspekten internationaler Politik zivilgesellschaftliche Akteure strikt ausgegrenzt bleiben, sollen bei der „soften“ Migrationsförderung „eine berechenbare und ausgewogene Lasten- und Verantwortungstei- lung zwischen allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und ge- gebenenfalls anderen relevanten Interessenträgern“ (UNO 2018a, S. 1) angestrebt werden. Deiniert werden diese sogenannten „relevanten Interessenträger“ im UN-Flüchtlingspakt als „internationale Organi- sationen inner- und außerhalb des Systems der Vereinten Nationen, einschließlich der Organisationen der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, andere Akteure im Bereich der humanitären Hilfe und der Entwicklung, internationale und regionale Finanzins- titutionen, Regionalorganisationen, lokale Behörden, die Zivilgesell- schaft, einschließlich religiöser Organisationen und wissenschaftlicher und anderer Sachverständiger, der Privatsektor, Medien, Mitglieder der Aufnahmegemeinschaften sowie die Flüchtlinge selbst“ (ebd.). Analog hierzu will der UN-Migrationspakt „Migranten, die Diaspora, lokale Gemeinwesen, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft, den Privatsek- tor, Parlamentsabgeordnete, Gewerkschaften, nationale Menschen- rechtsinstitutionen, die Medien und andere relevante Interessenträger in die Steuerung der Migration einbinden“ (UNO 2018b, S. 7). Dies könnte langfristig zur Folge haben, dass die Souveränität der Natio- nalstaaten in Migrationsfragen im Zuge der Etablierung dieser weiten deinitorischen Aufassung „relevanter Interessenträger“ als Bestandteil des „Völkergewohnheitsrecht[s]“ (Wissenschaftliche Dienste des Deut- schen Bundestages 2018c, S. 19) zugunsten nichtstaatlicher Akteure schleichend ausgehöhlt wird.

82 Mit zahlreichen Redundanzen behandelt der Grundlagentext des „Glo- balen Pakts für Flüchtlinge“ auf 23 Seiten insbesondere die hemen Lastenverteilung, Neuansiedlung, alternative Wege und Partnerschaf- ten zur Aufnahme und dauerhaften Integration und Einbürgerung von Flüchtlingen. Wie die „robusten und gut funktionierenden Re- gelungen zur Lasten- und Verantwortungsteilung“ einschließlich der „Verplichtung der internationalen Gemeinschaft als Ganzes, konkrete Beiträge zu leisten“ (UNO 2018a, S. 11) gegen nicht (mehr) koope- rationswillige Regierungen durchgesetzt werden sollen, bleibt trotz mehrfacher Erwähnung (vgl. ebd., S. 1; 2; 4; 5; 7; 10; 11; 21; 23; 24) des Anspruchs unklar. Mit der Lasten- und Verantwortungsteilung sind neben inanziellen Unterstützungsbeiträgen in erster Linie kon- krete Neuansiedlungen von Flüchtlingen in relativ gesehen weniger belasteten Drittstaaten – unabhängig von ihrer räumlichen, wirtschaft- lichen oder kulturellen Distanz – angesprochen. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages (2018a, S. 1) gibt an, dass 17,2 Mil- lionen UNHCR-Flüchtlinge 2016 für eine Neuansiedlung („Resettle- ment“) registriert waren, aber weniger als 1% tatsächlich umgesiedelt wurden. Im Flüchtlingspakt verplichten sich die Vertragsstaaten Ende 2018 jedoch zur Einhaltung des Ziels, dass „mindestens 25 Prozent der jährlichen Neuansiedlungsanträge innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Weiterleitung durch das UNHCR erfüllt werden“ (UNO 2018a, S. 21). Das UN-Flüchtlingswerk gab 2019 das Ziel aus, bis 2028 eine Millionen Kontingentlüchtlinge über Neuansiedlungsplätze in 50 teilnehmenden Aufnahmestaaten und weitere zwei Millionen über ergänzende Zuwanderungswege wie Familienzusammenführung, hu- manitäre Visa private oder kommunale Förderungen, Bildungs- oder Arbeitsaufenthalte umzusiedeln (vgl. UNHCR 2019, S. 10f). Sehr lapidar abgehandelt werden die „legitimen Sicherheitsanliegen der Aufnahmestaaten“, die angeblich „voll anerkannt“ (ebd. S. 12) wer- den. Denn unter Flüchtlingsströme mischen sich erfahrungsgemäß auch vielfach gefährliche Justizlüchtlinge, lüchtige Terroristen sowie schwere Kriegsverbrecher. Wie angesichts dieser massiven Sicherheits-

83 herausforderung für die Aufnahmegesellschaft die „Ermittlung und Aussonderung von Kämpfern und Kombattanten an Grenzübergän- gen oder so bald wie möglich nach der Ankunft im Einklang mit ent- sprechenden Schutzgarantien“ (ebd.) faktisch durchgesetzt werden soll, bleibt ofen. Die Erfahrung zeigt, dass auch schwerstkriminelle Täter und Terroristen, welche selbstverständlich ohne Pass reisen, die freien Dienste der Seenotretter-NGOs nutzen (vgl. Zeit Online, 26.09.2019) und selbst islamistische Terroristen und Kriegsverbrecher nur in sel- tenen Fällen endgültig abgeschoben werden (vgl. Meining 2019, S. 74f). Für Deutschland stellt das Bundesinnenministerium die Heraus- forderung so dar, dass seit 2015 „in insgesamt neun Fällen islamistisch motivierte Anschläge durchgeführt oder verhindert [wurden], in denen mindestens einer der Täter zuvor als Asylbewerber in das Bundesge- biet eingereist war“ (Stern, 20.07.2020). Für die Überprüfung der ins- besondere 2015 und 2016 überwiegend ohne Ausweispapiere einge- reisten Asylbewerber ist in Deutschland das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Es ist zwar in diesen Fragen eine „unverzichtbare Säule der deutschen Sicherheitsarchitektur“ (Meining 2019, S. 25), aber gerade bei vereinfachten Verfahren wie etwa bei syrischen bzw. sich als Syrer ausgebenden Antragstellern25 – also so- genannten „Pseudosyrer[n]“ (Günther 2017, S. 217) – völlig überfor- dert, solche verdeckten Hintergründe wie die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation im Herkunftsland zu klären. Trotzdem empiehlt der Globale Pakt für Flüchtlinge im „Kontext großer Fluchtbewegun- gen“ – faktisch unter Preisgabe der Sicherheit des Aufnahmelandes – die Hürden für die Prüfung der „Schutzbedürftigkeit“ herabzuset- zen durch die erfahrungsgemäß häuig auf unüberprüfbaren Angaben

25 Günther (vgl. 2017, S. 217) kritisiert, dass 2014-2016 das Asylverfahrens- recht (§ 24, Abs. 1 AsylVfG) im Rahmen eines beschleunigten Asylverfah- rens (vgl. Stumpf 2016, S. 367) missachtet wurde mit der „Folge zahlloser Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus von Syrern und Pseudosyrern ohne substanzielle Sachprüfung“ auf der Grundlage von „Selbsteinschätzung“ und „Fragebogenankreuzen ‚Syrer‘“ als „alleinige[r] Entscheidungsgrundlage“ ohne mündliche Anhörung mit vereidigten Dolmetschern durch das BAMF.

84 beruhende „Gewährung von Schutz aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe“ (UNO 2018a, S. 13). Aufallend proiliert, aber trotzdem unkonkret formuliert bleiben ge- forderte Maßnahmen wie „Investitionen in robuste Aufnahme- und Integrationsdienste für neu angesiedelte Flüchtlinge“ (ebd., S. 21). „Die Notwendigkeit, ein positives Klima für Neuansiedlungen zu för- dern und […] den Bestand an Neuansiedlungsmöglichkeiten zu erwei- tern, kann nicht genug betont werden“ (ebd.) und soll nach Maßgabe des Flüchtlingspakts auch „Organisationen der Zivilgesellschaft, Bür- gergruppen, religiöse Organisationen, akademische Institutionen, Ein- zelpersonen und de[n] Privatsektor“ unterstützend mobilisieren. Die Zivilgesellschaft soll auch durch „private oder von einer Gemeinschaft getragene Sponsorenprogramme“ eingespannt werden, um „wirksame Verfahren und klare Wege der […] Familienzusammenführung zu för- dern“ (ebd., S. 22), nachdem „Flüchtlingsjungen und -mädchen de[r] Zugang zu Neuansiedlungsmöglichkeiten“ (ebd., S. 17) besonders er- leichtert wurde. Als selbstverständlich gefordert wird darüber hinaus die „Bereitschaft seitens der Aufnahmegemeinschaften […], Flüchtlin- ge aufzunehmen und den Bedürfnissen einer diversen Bevölkerung zu entsprechen“ (ebd.). Zwei hemenbereiche, die beim Problemkomplex Flucht und Vertrei- bung, besonderer Aufmerksamkeit und Konkretisierung bedürften, werden im UN-Flüchtlingspakt nur sehr nachlässig gestreift bzw. be- wusst relativierend und lasch ausgeführt. So ruft das Kapitel „Präven- tion und Bekämpfung der tieferen Fluchtursachen“ lediglich zu „enga- gierten Anstrengungen zur Bekämpfung der tieferen Fluchtursachen“ in puncto „Klima, Umweltzerstörung und Naturkatastrophen“ (ebd., S. 3) auf. Die lapidare Feststellung „[z]unächst sind die Länder, in de- nen Fluchtbewegungen ihren Ausgang nehmen, für die Bekämpfung der tieferen Ursachen verantwortlich“ wird auch nicht konkreter durch die Ergänzung, „[a]lle Staaten und relevanten Interessenträger“ seien aufgefordert die „tieferen Ursachen großer Flüchtlingssituationen zu

85 bekämpfen“ und „verstärkte internationale Anstrengungen, Konlikte zu verhüten und beizulegen“ vorzunehmen. Ein konkretes Benennen und Sanktionieren einlussreicher Staaten, die durch völkerrechtswidri- ge Militärinterventionen und hybride Kriegsführung mit dem Ziel des Sturzes unliebsamer Regierungen, durch massive Wafenlieferungen in Krisengebiete oder auch durch unfaire Handelsbeziehungen26 massiv und sehr konkret messbar zur Verschärfung von Fluchtursachen und zur faktischen Mobilisierung von vielen Millionen von Flüchtlingen (vgl. Braunsdorf 2019, S. 8) allein in der nahöstlichen Nachbarschaft Europas beigetragen haben, bleibt aus und somit der Pakt in dieser Hinsicht bedauerlich konturlos. Aufallend zurückhaltend bzw. bewusst einhegend formuliert ist der UN-Flüchtlingspakt, wenn es um die Frage der Rückkehr bzw. Repat- riierung nach erfolgreicher Behebung der Fluchtursache geht. Der Be- grif „Repatriierung“ taucht fast ausschließlich in Verbindung mit dem Attribut „freiwillig“ auf (UNO 2018a, S. 5; 8; 10; 19; 20; 22). Mit der Annahme des Flüchtlingspakts haben die Aufnahmestaaten letztendlich ihre eigene Souveränität abgegeben, autonom über die Rückführung ganzer Flüchtlingsgruppen in ihre befriedete Heimat zu entscheiden und diese Entscheidungshoheit in die Hände des einzelnen Flüchtlings gelegt (ebd. S. 20): „Es wird anerkannt, dass die Herbeiführung einer politischen Lösung im Herkunftsland nicht zwangsläuig die Bedin- gung für eine freiwillige Repatriierung ist“. Im gleichen Kapitel „Lö- sungen“ wird zwar darauf verwiesen, dass „die Integration vor Ort die souveräne Entscheidung eines Staates“ (ebd.) – sprich Aufnahmelandes – sei, doch im direkten Widerspruch dazu die Freiwilligkeit der Re- patriierung priorisiert: „Höchste Priorität ist es, unter voller Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung förderliche Bedingungen für

26 Asserate (2016), Petersen (2019) und Rudlof & Schmieg (2016) kritisieren überhöhte EU-Subventionen im Agrar- und Nahrungsmittelbereich, die zur Zerstörung heimischer Marktstrukturen in Afrika führen und damit Arbeits- plätze und landwirtschaftliche sowie unternehmerische Verdienstpotenziale vernichten.

86 eine freiwillige Repatriierung zu schafen, zu gewährleisten, dass die Ausübung dieser Option auf einer freien und aufgeklärten Entschei- dung [des Flüchtlings; Anmerk. d. Verf.] beruht“ (ebd.). Fraglich ist, warum die Aufnahmeländer selbst bei jeglicher Unterstüt- zung der befriedeten Herkunftsstaaten zur leichteren Rücknahme und Reintegration ihrer gelüchteten Staatsbürger keine Hilfe aktiv anbieten sollen (ebd.): „Ressourcen und Sachverstand“ dürfen sie nur bereitstel- len, „um die Herkunftsländer auf Ersuchen [!] dabei zu unterstützen, sich in sozialer, politischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht in die Lage zu versetzen, zurückkehrende Flüchtlinge […] aufzunehmen und wiedereinzugliedern.“ Wohlhabende Geberländer haben sich laut UN-Flüchtlingspakt weitgehend bedingungslos den Interessen des zu unterstützenden Aufnahmelandes in der Region – für die EU also bei- spielsweise die Türkei – unterzuordnen und müssen „sicherstellen, dass […] die Vorrangstellung der Eigen- und Führungsverantwortung des betrefenden Landes“ (ebd., S. 8) gewahrt bleibt und die „Beachtung der […] nationalen Politiken und Prioritäten“ (ebd., S. 11) gesichert ist. Ein tendenziell positiver Ansatz zu erkennen ist immerhin in der verlangten Priorisierung, die „Entwicklungshilfe zugunsten der Her- kunftsländer Vorrang ein[]räumt, um Bedingungen für eine freiwillige Repatriierung zu ermöglichen“ (ebd., S. 8).

Der UN-Migrationspakt

Der von der Europäischen Kommission „nachdrücklich[]“ (Europäi- sche Kommission, 14.11.2018) unterstützte „Globale Pakt für eine si- chere, geordnete und reguläre Migration“ (UNO 2018b) will für die Gruppe der „Migranten“ einen verplichtenden „internationale[n] Ko- operationsrahmen“ (ebd., S. 3) zur Steuerung der Migration in allen ihren Dimensionen vorgeben. Er verfolgt dabei das euphorische Ziel, „geordnete und reguläre Migration zum Wohle aller zu erleichtern und

87 zu gewährleisten“ (ebd., S. 5), um „alle unsere Länder zu Herkunfts-, Transit- und Zielländern“ (ebd., S. 4) zu machen. Mit dem „globale[n] Vertrag“ (Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 2018a, S. 2) solle eine Lücke im Völkerrecht geschlossen werden, denn „[l] ediglich Flüchtlinge haben ein Anrecht auf den speziischen internatio- nalen Schutz, den das internationale Flüchtlingsrecht vorsieht“ (ebd., S. 3). Wie es die für die Ausarbeitung des Paktes maßgeblich verant- wortliche deutsche Regierungschein , die als hochran- gigste Regierungsvertreterin zur feierlichen Annahme am 10.12.2018 nach Marrakesch27 gereist war, formulierte, richtet sich dieser „gegen illegale Migration“ und etabliert „legale Wege der Kooperation“ durch „Fachkräftezuwanderung oder aber durch humanitäre Verplichtun- gen.“ Sie betonte „er ist rechtlich nicht bindend –, und deshalb steht Deutschland dazu“ (Bundeskanzlerin Merkel, 02.11.2018). Ob das im Migrationspakt zu indende „Leitprinzip“ 15. a) „Der Mensch im Mittelpunkt“ (UNO 2018b, S. 6) die Handschrift Merkels zeigt und das entsprechende Motto aus der Verfassung der DDR wiedergibt (vgl. Rosa-Luxemburg-Stiftung, 10.12.2008), bleibt unbestätigt. Während aber Merkel bei ihrer Rede28 in Marrakesch versicherte „[w]ir haben eine umfassende Diskussion in unserem Parlament geführt“, stellte die Deutsche Welle (06.11.2018) fest, dass die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, die Alternative für Deutschland, erst eine parlamentarische Debatte über den Migrationspakt erzwingen musste. Zu kritisieren am letztlich von 164 der insgesamt 193 UNO-Mitglied- staaten angenommenen Migrationspakt (vgl. Zeit Online, 10.12.2018) ist in erster Linie, dass er die Grenzen zwischen der humanitär ausge- richteten Flüchtlings- und der eindeutig wirtschaftlich konnotierten Migrationsthematik verwischt. Einerseits wird festgestellt, dass „Ver- zweilung“ Menschen veranlassen könne „durch irreguläre Migration

27 Die Annahme erfolgte per Akklamation statt einer Unterschrift: https:// youtu.be/UP1_QyZmiWI. 28 Die Rede der Bundeskanzlerin als Führungsigur des Migrationspakts: https:// youtu.be/WfpQpKCkIg0.

88 anderswo eine Existenzgrundlage zu suchen“ (UNO 2018b, S. 19), andererseits wird Migration gloriiziert als „schon immer Teil der Menschheitsgeschichte“ und „in unserer globalisierten Welt eine Quel- le des Wohlstands, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung“ (ebd., S. 4). An acht unterschiedlichen Stellen nimmt der UN-Migra- tionspakt auf „Klima“ und „Klimawandel“ als Auslöser für Migration Bezug (ebd., S. 3; 11; 12; 16; 39). Er etabliert damit erstmals recht- fertigend den empirisch nicht stichhaltig nachweisbaren „Klimalücht- ling“ bzw. „Klimamigranten“29 in einem globalen völkerrechtlichen Vertrag im Sinne von „Migrationsbewegungen, die etwa durch […] nachteilige[] Auswirkungen des Klimawandels […] ausgelöst werden können“ (ebd., S. 12). Eindeutig verwischt wird zudem die durch nationale Gesetze aller Ver- tragsstaaten festgesetzte Unterscheidung zwischen legalen und illega- len Einwanderern. Schon terminologisch vermeidet der UN-Pakt den Begrif des Grenzschutzes und spricht im Hinblick auf die nationalen Grenzen nur noch von „Grenzmanagement“, das die „Menschenrechte aller Migranten ungeachtet ihres Migrationsstatus achtet und nicht- diskriminierend, geschlechtersensibel und kindergerecht ist“ (ebd., S. 24).30 Kernbereiche nationalstaatlicher Souveränität der Kontrolle über den Zutritt zum Staatsgebiet und in der Folge der Zugang zu

29 Vor regionalen Dürren liehende Menschen sind ein bekanntes, aber von rela- tiv kurzzeitigen Prozessen ausgelöstes Phänomen (der Begrif „Klima“ bezieht sich auf meteorologische Messreihen von 30 Jahren). „Klimalucht“ kann zu- dem nie kausal abgesondert werden von anderen relevanten Prozessen wie Bevölkerungswachstum, ungerechte Ressourcenverteilung oder die anthropo- gene, also direkt vom Menschen verursachte Natur- und Umweltzerstörung in den betrefenden Herkunftsländern. 30 Wie eine Staatsgrenze – wie etwa die der spanischen Enklave Ceuta auf dem afrikanischen Kontinent – vor akutem Migrationsdruck „nichtdiskriminie- rend, geschlechtersensibel und kindergerecht“ in der Praxis geschützt werden könnte, wusste ein anlässlich einer Forschungsreise des Autors am 12.12.2020 vor Ort befragter spanischer Grenzoizier der Guardia Civil nicht zu beant- worten.

89 den eigentlich den Staatsbürgern und allenfalls legalen Zuwanderern vorbehaltenen Sozialsystemen werden im UN-Migrationspakt emp- indlich erodiert. So wird in puncto Zugrif der Migranten auf die na- tionalen Sicherungssysteme des Aufnahmelandes (ebd., S. 28): „Wir verplichten uns, sicherzustellen, dass alle Migranten ungeachtet ihres Migrationsstatus ihre Menschenrechte durch einen sicheren Zugang zu Grundleistungen wahrnehmen können.“ Im Hinblick auf die Bestrafung illegaler Einreise sollen die Vertrags- staaten ihre „einschlägigen Gesetze und Vorschriften überprüfen und revidieren, um festzustellen, ob Sanktionen eine geeignete Antwort auf irreguläre Einreise oder irregulären Aufenthalt sind“ (ebd., S. 25). Als Lösung sieht man die nachträgliche Erteilung legaler Aufenthaltstitel, was faktisch als Anreiz für weitere illegale Migration wirken würde. Die Aufnahmestaaten „verplichten“ sich, „[w]ir werden“ (ebd., S. 18) „Mi- granten mit irregulärem Status […] den Zugang zu einer individuellen Prüfung, die zu einem regulären Status führen kann, erleichtern, insbe- sondere in Fällen, in denen Kinder, Jugendliche und Familien betrofen sind“ (ebd., S. 19) – also bei einem Großteil der illegal Eingereisten. Ergänzend wird gefordert „im Hoheitsgebiet eines anderen Staates ge- borenen Kindern die Staatsangehörigkeit zu[zu]erkennen, insbeson- dere in Fällen, in denen das Kind sonst staatenlos wäre, unter voller Achtung des Menschenrechts auf eine Staatsangehörigkeit“ (ebd., S. 14). Wie hierbei dem weit verbreiteten Problem vor illegaler Einreise vernichteter Passdokumente und mangelnder Kooperationsbereitschaft einiger Herkunftsstaaten bei der Identitätsfeststellung begegnet werden soll, lässt der UN-Pakt ofen. Eine goldene Brücke zum „vorübergehende[n] oder dauerhafte[n] Bleiberecht im Zielland“ und zu „Unterstützung […] in Form von Maßnahmen zur körperlichen, seelischen und sozialen Genesung […] einschließlich Wiedergutmachung und Entschädigung“ (ebd., S. 23) baut der UN-Migrationspakt „Opfern von Menschenhandel und Mi- granten, die im Kontext von Migrantenschleusung Ausbeutung und

90 Missbrauch ausgesetzt sind“ (ebd., S. 18f.). Die bloße, da kaum über- prüfbare Behauptung „unter erschwerenden Umständen geschleust“ (ebd., S. 21) worden zu sein genügt, um als „Opfer einen angemes- senen Schutz und eine angemessene Unterstützung“ zu erhalten, an die „nicht die Bedingung einer Kooperation mit den Behörden gegen mutmaßliche Menschenhändler geknüpft ist“ (ebd., S. 23). Als dezidierte Einladung, sich auch ohne Vorliegen eines akuten, an- erkannten Fluchtgrundes gemäß Genfer Flüchtlingskonvention bei ausreichend vorhandenen inanziellen Ressourcen als Migrant krimi- nellen und teilweise terroristischen Netzwerken angehörenden Men- schenschleppern anzuvertrauen, darf die Selbstverplichtung der Ver- tragsstaaten gewertet werden, „zu gewährleisten, dass Migranten nicht strafrechtlich dafür verfolgt werden können, dass sie Gegenstand der Schleusung waren“ (ebd., S. 21). Völlig unglaubwürdig wird durch die- se staatliche Garantie der Strafreiheit, ja sogar Anstiftung zur Straftat des illegalen Grenzübertritts via Menschenschmuggel, schließlich das vorgegebene Ziel „die Schleusung von Migranten zu verhüten“ (ebd., S. 22) bzw. das „Verbrechen“ bzw. die „Straftatbestände[]“ der „Schleu- sung von Migranten und des Menschenhandels“ (ebd.) zu bekämpfen. Zudem stellt sich die Frage, wie unter solch rechtszersetzenden Um- ständen die „Verplichtung“ erreicht werden soll das „Vertrauen der Öfentlichkeit in die Migrationspolitik und die mit Migration befass- ten Institutionen [zu] stärken (ebd., S. 29). Jenseits des humanitär argumentierten Anspruchs der Förderung (il) legaler Migration stehen beim UN-Migrationspakt ofensichtlich die Erwartungen der „relevante[n] Interessenträger“, des „Privatsektors“ (ebd., S. 7) und „philanthropischer Stiftungen“ (ebd., S. 40) im Vor- dergrund der Erwägungen. Im Abschnitt „Ziele und Verplichtungen“ (ebd., S. 9f) verfolgen die Vertragsstaaten die widersprüchliche Ziel- setzung, „in die Erschließung von Humanressourcen [zu] investieren, […] entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und […] mit dem Ziel, […] die Abwanderung hochqualiizierter Arbeitskräfte

91 („brain drain“) zu vermeiden und die Zuwanderung hochqualiizierter Arbeitskräfte („brain gain“) in den Herkunftsländern zu optimieren sowie die demograische Dividende bestmöglich zu nutzen“ (ebd., S. 11). Neben dieser sehr ökonomisch fokussierten Sicht auf den Men- schen ist kaum zu erwarten, dass genau diese angeblich vermeidbaren Konsequenzen des „brain drain“ sich eben nicht doch zum gravieren- den Nachteil der Herkunftsländer entwickeln, wie dies vielfach etwa in Osteuropa und Afrika insbesondere für kleinere und ärmere Staaten festgestellt wurde (vgl. Collier 2016, S. 266 und Klimaitis 2020, S. 202). Lopes (vgl. 2019, S. 22) konkretisiert die Problematik anhand des Fallbeispiels von Ärzten, die in Afrika im Kostenumfang von 2 Mrd. US-Dollar ausgebildet wurden und anschließend mit ihren ange- sichts einer problematisch geringen Ärztedichte von nur 1 bis 8 Ärzten je 100.000 Einwohner (vgl. Statista, 26.06.2020) mit ihren dringend benötigten Kompetenzen emigriert sind. Seitz (vgl. 2018, S. 137) gibt an, dass Afrika in weniger als zwei Jahrzehnten durch Emigration ein Drittel seiner Wissenschaftler verloren habe. In den Aufnahmeländern kann es durch starke Migrationsprozesse zu sozialen Verwerfungen vor allem im Niedriglohnsektor kommen. So ist anzunehmen, dass in ers- ter Linie die Arbeitgeber in den Hochlohn-Aufnahmeländern von der angestrebten „marktorientierte[n] Mobilität“ (ebd., S. 15) durch das vom Marktgesetz von Angebot und Nachfrage induzierte Lohndum- ping durch Zuwanderung (vgl. Van Suntum & Schultewolter 2016, S, 35 und Groll & Kooths 2016, S. 39) proitieren werden. Auch die Forderung „gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit“ (UNO 2018b, S. 17) wird daran grundsätzlich nichts ändern können. Die vergleichsweise hohe Kaufkraft des in einem wohlhabenden Auf- nahmeland erzielten Gehalts bzw. der sozialstaatlichen Transferleis- tungen macht Heimatüberweisungen bzw. Remissen sehr lukrativ für die Migranten und ihre zurückgebliebenen Familien. So wurden 2019 in die Entwicklungsländer 554 Mrd. US-Dollar – laut Interna- tional Organization for Migration (vgl. 2019, S. 10) waren es sogar 689 Mrd. Dollar – an Rücküberweisungen (auch als „Remissen“ oder

92 „remittances“ bezeichnet) getätigt (vgl. World Bank, 22.04.2020), was bereits 2018 dem dreifachen der geleisteten Entwicklungshilfe in- klusive der ausländischen Direktinvestitionen in diesen Ländern ent- sprach (vgl. Angenendt et al. 2019, Braunsdorf 2019, S. 7 und UNO, 17.06.2019). Laut einer gemeinsamen Studie von OECD, IOM und UNHCR (vgl. 2019, S. 22f) haben sich die Rücküberweisungen in Entwicklungsländer in den vergangenen drei Jahrzehnten fast vervier- facht. Außer Acht gelassen wird häuig, dass „informal remittances“, die zusätzlich rund 35-75% aller Überweisungen in die Heimat von Flüchtlingen und Migranten ausmachen, gar nicht in den oiziellen Statistiken auftauchen. Allein Afrikanische Migranten transferierten 2017 auf oiziellem Wege 69,5 Mrd. Dollar in ihre Heimatländer, was dem Siebenfachen des Wer- tes aus dem Jahr 2000 entsprach und in einem Viertel der afrikanischen Staaten mehr als 5% der jährlichen nationalen Wirtschaftsleistung aus- machte (vgl. Lopes 2019, S. 22). Bei den Rücküberweisungen illegaler Migranten aus Afrika ergaben Befragungen des UNDP (vgl. 2019, S. 83), dass deren Familien auf diesem Wege 90% ihres verfügbaren Ein- kommens beziehen. Der UN-Migrationspakt legt großen Wert darauf, Rücküberweisungen noch weiter zu fördern und die Höhe der Über- weisungsgebühren entsprechend den Millennium-Entwicklungszielen weltweit auf maximal 3% abzusenken (vgl. OECD, IOM und UNHCR 2019, S. 23).31 Der UN-Pakt verweist dabei auf den von der UNO ver- kündeten „Internationalen Tag der Heimatüberweisungen an Familien- angehörige“ und das eigens eingerichtete „Globale Forum für Rücküber- weisungen“ (UNO 2018b, S. 35). Betont wird die Selbstverplichtung der Vertragsstaaten sogar „Steuerbefreiungen oder -anreize in Bezug auf Rücküberweisungen an[zu]wenden“. Somit sollen die Aufnahmestaaten den durch Migration und Rücküberweisungen erzeugten dauerhaften

31 Kritisch ist in der Tat, dass Geldtransfer-Dienstleister sich an Überweisungen insbesondere nach Afrika enorm bereichern, wenn fast 9% Gebühren erho- ben werden, nach Lateinamerika 6% (vgl. Lopes 2019, S. 22f.).

93 Kaufkraftabluss aus ihren Volkswirtschaften sogar steuerlich subventio- nieren und somit versteckt weitere inanzielle Lasten informeller „Ent- wicklungshilfe“ auf die steuerzahlende Bevölkerung umlegen. Aufallend ist die starke Betonung und ausführliche Behandlung der Selbstverplichtung der Vertragsstaaten, eine positive Sicht auf die Mi- gration in ihren Gesellschaften zu formen, um „irreführende Narrative, die zu einer negativen Wahrnehmung von Migranten führen, auszu- räumen“ (ebd., S. 5). Anstelle einer glaubwürdigen, ofenen Ausein- andersetzung mit den teilweise großen Problemen, die umfangreiche Migrationsströme insbesondere aus konliktbeladenen Herkunftsre- gionen für die Aufnahmegesellschaften hervorrufen können, wird eine künstliche und übersimpliizierende Dichotomisierung geschafen zwi- schen den durch „Aufklärungskampagnen“ (ebd. S. 31) zu promoten- den „Vorteilen der Migration sowie […] den Beiträgen von Migranten und der Diaspora zur nachhaltigen Entwicklung“ (ebd., S. 9) einerseits und „Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die Stigmatisierung aller Migranten“ (ebd., S. 31) auf der anderen Seite. Die Vertragsstaaten ver- plichten sich nicht nur zur „Sensibilisierung und Aufklärung von Me- dienschafenden hinsichtlich Migrationsfragen“ (ebd.), sie verplichten sich sogar entsprechende „Wahlkampagnen“ (ebd.) zu unterstützen. Damit wird faktisch empfohlen, in die freie demokratische Willens- bildung in Nationalstaaten manipulativ pro Migration einzugreifen. Denn angesichts der migrationseuphorischen Tendenz des UN-Pakts kann den Attributen „aufgeklärt[]“ (ebd., S. 9), „faktengestützt[] (ebd., S. 13; 30) „nachweisbare[] Fakten“ (ebd., S. 7; 40; 42) „auf nachweis- baren Fakten beruhend[]“ (ebd., S. 30f.) im Hinblick auf die Gestal- tung von „Lehrpläne[n]“ (ebd., S. 30) und „Informationskampagnen“ (ebd., S. 13) sowie „Aufklärungskampagnen“ (ebd., S. 31) zur Erzie- lung einer „konstruktiveren Wahrnehmung von Migration und Mig- ranten“ (ebd.) keine Neutralität und Objektivität zugetraut werden. Neutralität wahrt der UN-Migrationspakt auch nicht, was die Posi- tionierung im Hinblick auf die Rückkehr bzw. Rückführung von

94 (il)legalen Migranten betrift. Vom Völkerrecht gedeckt ist die Selbst- verplichtung der Vertragsstaaten auf ein „Verbot der kollektiven Aus- weisung und der Rückführung von Migranten […], wenn eine reale und vorhersehbare Gefahr von Tod, Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe“ (ebd., S. 36) besteht. Zu begrüßen ist auch die „Verplichtung der Staaten, ihre eigenen Staatsangehörigen wiederaufzunehmen“ (ebd.). Aber, dass die Rückkehr von (il)legalen Migranten nur „auf der Grundlage der frei- en, vorherigen und aufgeklärten Einwilligung der Betrofenen“ (ebd.) erfolgen darf, schränkt die Souveränitätsrechte der Aufnahmestaaten ungebührlich ein. Schließlich kann durch eine massive Überlastung der Aufnahmeländer und etwaige zusätzliche Krisen die Belastung der Aufnahmegesellschaft unverhältnismäßig hoch werden im Vergleich zur Bürde der Rückkehr von Migranten in ihr Heimatland, für dessen Entwicklung sie auch anteilig Verantwortung tragen. Denn bei einer vom Aufnahmeland ggf. ohne „Einwilligung der Betrofenen“ (ebd.) verfügten Rückkehr, könnte dessen Regierung trotzdem gewährleis- ten, dass „zurückkehrende Migranten bei ihrem Reintegrationsprozess durch wirksame Partnerschaften unterstützt werden, auch um zu ver- hindern, dass sie nach der Rückkehr im Herkunftsland zu Vertriebenen werden“ (ebd.). Damit wäre das Primat der souveränen Entscheidung eines Staates über die Regelung des Aufenthaltsrechts auf seinem Terri- torium gewahrt und zugleich dem humanitären Anspruch einer demo- kratischen Gesellschaft Genüge getan.

Die Europäische Menschenrechtskonvention, EU-Grundrechtecharta und Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Von grundlegender Bedeutung, da mit direkt rechtlich bindender Wirkung für die europäische und damit auch als Orientierung für die nationale Rechtsprechung, sind die „Europäische Konvention zum

95 Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (EMRK) und die „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“. Alle 47 Mitglied- staaten des Europarats bewegen sich im juristischen Referenzrahmen der EMRK und alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu- dem in dem der EU-Grundrechtecharta, wenn sie eine Reform ihres Schutz- und Migrationssystems anstreben sollten. Beide Dokumente sind in ihren Grundzügen wertvoll als ethische Leitplanken für ein zu- kunftsweisendes Modell. Zugleich wird die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auf der Grundlage der EMRK am Ende des Kapitels zeigen, dass die Interpre- tation der Konvention durchaus Freiräume für eine Stärkung der bis- lang sehr schwachen Rechte der Staaten zum Schutz gegenüber illegal eindringenden Migranten bietet. Immer bedacht werden sollte, dass auch die EMRK aus dem Jahr 1950 ein zeitgeschichtlich geprägter Re- ferenzrahmen ist, der allenfalls durch Protokolle ergänzt und aktuali- siert wurde (vgl. Europarat 2010, S. 36f). Er enthält aber auch erschre- ckend unzeitgemäße und die Menschenrechte der europäischen Bürger sogar gefährdende Regelungen wie etwa die Aussetzung des „Recht[s] auf Leben“ (Art. 2; vgl. ebd., S. 6), wenn „jemand[] rechtmäßig fest- zunehmen“ oder „an der Flucht zu hindern“ ist (Art. 2, Abs. 2 b) bzw. bei „Aufruhr oder Aufstand“ (Art. 2, Abs. 2 c) sowie die Aussetzung des „Recht[s] auf Freiheit“ (Art. 5), etwa wenn die „rechtmäßige Freiheits- entziehung […] bei […] Landstreichern“ (Art. 5, Abs. 1 e) autorisiert wird. Auch grundlegende Menschenrechtsabkommen sind daher nicht sakrosankt und bedürfen über die Jahrzehnte hinweg einer verantwor- tungsvollen Überprüfung im Sinne tragfähiger Normen und Werte. Der auch aus der EMRK abgeleitete Grundsatz der Nichtzurückwei- sung für Schutz- bzw. Asylsuchende bezieht sich auf Art. 3 „Verbot der Folter“ (vgl. ebd.): „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“ Die Rede ist hier nicht vom territorialen Schutzprinzip innerhalb des Hoheitsgebiets der EMRK-Vertragsstaaten, sondern von einer räum- lich unabhängig, also potenziell auch in einem Drittstaat oder sogar

96 in einem sicheren Teilgebiet des Herkunftslandes zu gewährleistenden Schutzgarantie. Art. 13 sieht das „Recht auf wirksame Beschwerde“ vor und bezieht sich auf grundsätzlich „[j]ede Person, die in ihren in die- ser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist“ und das Recht haben soll, „bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben“ (vgl. ebd., S. 13). Wenn der aus Art. 3 abzuleitende Schutz und ggf. Rechtsweg extraterritorial gewähr- leistet werden kann, wäre das Schutzziel erreicht, ohne dass in einzel- nen Mitgliedstaaten mit besonderer Magnetfunktion für (angeblich) Schutzsuchende das Justizsystem einer dauernden Überbeanspruchung ausgesetzt ist. Der im Protokoll Nr. 4 von 1963 hinzugefügte Art. 2 zur „Freizügig- keit“ bestimmt: „Jeder Person steht es frei, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen“ (ebd., S. 37). Ein Anrecht, bestimmte Länder zu betreten bzw. sich in diesen dauerhaft niederzulassen, lässt sich dar- aus nicht ableiten. Art. 4 schreibt das „Verbot der Kollektivausweisung ausländischer Personen“ (ebd., S. 38) fest. Dies lässt jedoch Freiraum für eine Rückführung von Schutzsuchenden nach Einzelfallprüfung vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Einschätzung der Sicherheits- lage in „sicheren Herkunftsstaaten“, bei denen schon heute Asylanträge als „ofensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden können (§29a Abs. 1 Asylgesetz). Das Protokoll Nr. 7 von 1984 ergänzt in Art. 1 über „[v] erfahrensrechtliche Schutzvorschriften in Bezug auf die Ausweisung von Ausländern“ sogar, dass eine „ausländische Person“ ausgewiesen werden kann, bevor ihre Einwände rechtlich überprüft wurden, „wenn eine sol- che Ausweisung im Interesse der öfentlichen Ordnung erforderlich ist oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erfolgt“ (ebd., S. 44). Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert in Art. 18 das „Asylrecht“ und beruft sich dabei dezidiert auf die Genfer Flücht- lingskonvention: „Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens […] sowie nach Maßgabe des Vertrags über die Europäi- sche Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen

97 Union […] gewährleistet“ (vgl. Europäische Union 2016, S. 9). Ent- sprechend der EMRK wird in Art. 19, Abs. 1 garantiert: „Kollektiv- ausweisungen sind nicht zulässig“. Sichergestellt werden muss auch bei Einzelfallprüfung vor der Rückführung, dass kein „ernsthafte[s] Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht“ (ebd.). Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen- rechte (EGMR) wird als Orientierungsrahmen für die nationale Recht- sprechung und Auslegung der EMRK anerkannt. In den vergangenen Jahren tendierten EGMR-Urteile häuig entsprechend den Forderun- gen migrationsfreundlicher NGOs zur Stärkung der Rechte zuguns- ten von Schutzsuchenden und limitierten die Rechte der europäischen Staaten zum Schutz ihrer Grenzen. Interessanterweise stellte die im Bereich Menschenrechte und Transparenz engagierte NGO „European Centre for Law and Justice“ (vgl. 2020, S. 8) in einer Lobbyismus-Stu- die zur Überprüfung der Hintergründe der Richter am EGMR fest, dass mindestens 12 von 100 seit 2009 tätigen Richtern eine enge Ver- lechtung zu den als stark migrationsförderlich proilierten Institutio- nen der Open Society Foundation von George Soros unterhielten (vgl. hierzu auch Beck 2016, S. 159f). Im Grundsatzurteil „Hirsi Jamaa gegen Italien“32 sprach sich der EGMR am 23.02.2012 dafür aus, dass im Mittelmeer aufgegrifene Migranten nicht mehr ohne Einzelfallprüfung und Rechtsbehelf in Drittländer, in diesem Falle Libyen, quasi in Kollektivausweisung zu- rückgeschoben werden dürften (vgl. Pabel 2016, S. 200), auch wenn dies der nächstgelegene Hafen zur Rettung aus Seenot wäre. Stattdes- sen sollte Schutzsuchenden der Zugang zum europäischen Asylsystem einschließlich der Ofenhaltung des Rechtswegs garantiert werden. Entsprechend dem Urteil musste die italienische Regierung den 24 Klägern eine Entschädigung von insgesamt 330.000 Euro zahlen (vgl.

32 Vgl. hierzu auch das EGMR-Urteil: https://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001- 109231#{%22itemid%22:[%22001-109231%22]}

98 Bundeszentrale für politische Bildung, 01.03.2012). Ein Team von An- wälten und NGOs bereitete 2018 eine erneute Klage vor dem EGMR gegen Italien vor. Eine amerikanische Journalistin hatte im September 201733 geilmt, wie ein italienisches Marineschif ein mit Migranten überfülltes Schlauchboot an der Weiterfahrt gehindert hatte, bis die herbeigerufene libysche Küstenwache die Insassen aufnahm um sie nach Libyen zurückzuführen. Kritiker sehen darin ein „refoulement by proxy“ bzw. ein „Push-Back“ in Arbeitsteilung oder ein „Pull-Back“ (Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 2020, S. 1) sei- tens der libyschen Küstenwache, bei dem ausgenutzt würde, dass Liby- en kein Vertragsstaat der EMRK sei (vgl. Sehl 2018, S. 1f). Als Trendwende in der Beurteilung der Rechte europäischer Staaten auf den Schutz ihrer Außengrenzen kann jedoch das Urteil des Euro- päischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 13.02.2020 gesehen werden. Die Große Kammer des EGMR revidierte damit ein Urteil vom Oktober 2017, in dem zwei Migranten aus Mali und der Elfen- beinküste je 5.000 Euro Schadensersatzzahlung durch die spanische Regierung zugesprochen worden war, wegen Verstoß gegen Art. 4 „Verbot von Kollektivausweisungen“ des 4. Zusatzprotokolls der Euro- päischen Menschenrechtskonvention durch „Push-Backs“ (vgl. Legal Tribune Online, 13.02.2020). Die Migranten hatten am 13.08.2018 den Grenzzaun von Marokko zur spanischen Exklave Melilla über- wunden und waren von der Polizei ohne Aufnahme von Personalien und Prüfung der individuellen Schutzbedürftigkeit durch eine Türe im Zaun den marokkanischen Grenzbeamten rücküberstellt worden (vgl. Rath 2018, S. 1). Die beiden Migranten, die später doch noch Spa- nien erreicht hatten34, hatten mithilfe der NGO European Center for

33 Matteo Salvini von der Lega Nord mit seiner verschärften Grenzschutzpolitik kam erst 9 Monate später als Innenminister in die Regierung. 34 Der Mann aus Mali stellte einen Asylantrag, der abgelehnt wurde, worauf er in sein Herkunftsland zurückkehrte. Der Mann aus der Elfenbeinküste stellte keinen Asylantrag, sondern fand Arbeit in der Landwirtschaft und konnte dadurch seinen Status in Spanien legalisieren (vgl. Rath 2018, S. 2).

99 Constitutional and Human Rights (ECCHR) Beschwerde gegen Spa- nien beim EGMR eingelegt. Im Revisionsverfahren urteilte die Gro- ße Kammer des EGMR, dass die beiden Migranten im Schutz einer Gruppe von 70 bis 80 weiteren Afrikanern und unter Anwendung von Gewalt die drei gestafelten Zäune überwunden hatten, obwohl das spanische Konsulat nur 13,5 km entfernt gelegen hatte, bei dem Asyl- anträge oder ein Antrag auf eine Arbeitserlaubnis hätten gestellt wer- den können. Die Push-Backs hätten demnach nicht gegen die EMRK verstoßen, da die beiden Migranten sich selbst in eine rechtswidrige Situation gebracht hätten (vgl. Legal Tribune Online, 13.02.2020). Beobachter sehen im EGMR-Urteil vom Februar 2020 die „Grundlage für einen vernünftigen Grenzschutz“ (vgl. Welt, 17.02.2020) und wer- fen angesichts rund 90% Wirtschaftslüchtlingen unter den beispiels- weise in Italien auf dem Seeweg ankommenden Migranten die Frage auf, ob der EGMR zukünftig auch sein Grundsatzurteil bezüglich dem Rückführungsverbot nach Libyen bei Seenotrettung in internationalen Gewässern revidieren könnte. Im Mittelpunkt steht bei dieser Beurtei- lung aber die Frage, welcher Gefahrensituation die zurückgeschobenen Migranten im Land des Abfahrtsortes ausgesetzt wären. Nach deut- schem Recht beurteilt sieht Art. 25 des Grundgesetzes den Vorrang des Völkergewohnheitsrechts vor einfachem nationalem Recht vor. Das heißt, dass das Refoulement-Verbot Bestand hätte und auch zu befolgen wäre durch deutsche Handels- oder NGO-Schife, die auf ein Migrantenboot (auch in selbstverschuldeter) Seenot träfen (vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 2020, S. 20f). Ausschlaggebend ist demnach die Frage, ob und wie für eine siche- re Unterbringung der aus Seenot Geretteten im Abfahrtsland gesorgt werden könnte. Der Europäische Rat hatte im Juni 2018 sogenannte „Ausschifungs- plattformen (disembarkation points) in afrikanischen Staaten“ (Cre- mer & Kämpf 2018, S. 1) vorgeschlagen, die dazu führen sollten, dass Asylanträge von aus Seenot Geretteten nicht mehr auf dem Territorium

100 von EU-Staaten gestellt werden können. Der österreichische Bundes- kanzler Kurz und der ehemalige EU-Ratspräsident Tusk hatten diese Idee für wenige Monate in Anlehnung an das australische „Modell der ausgelagerten Internierung“ (Jungehülsing 2016, S. 252) vorangetrie- ben. Sie scheiterte unter anderem an der mangelnden Bereitschaft der nordafrikanischen Staaten Tunesien, Algerien bzw. Marokko, die im Suchfokus für einen geeigneten Standort lagen, aber auch am Wider- stand der Afrikanischen Union (vgl. Bossong 2019, S. 8 und Frankfur- ter Allgemeine Zeitung, 20.09.2018). Das Konzept war unvollständig und bot weder einen attraktiven Nutzen für die angefragten Standort- staaten noch Perspektiven für die dorthin zu verbringenden Flüchtlin- ge und Migranten. Die Behauptung von Menschenrechts-NGOs, es sei „grundsätzlich unzulässig, wenn die EU Frontex-Schifen oder anderen Schifen die Befugnis einräumen würde, Schutz suchende Menschen auf dem Mittelmeer daran zu hindern, auf dem Territorium der EU einen Antrag auf Schutz zu stellen“ (Cremer & Kämpf 2018, S. 2) ist nicht nachzuvollziehen. Auch die Behauptung es sei „Vertragsstaaten der EMRK untersagt […] Schutzsuchenden den Zutritt zu ihrem Ho- heitsgebiet zu verweigern“ lässt sich nicht aus dem Konventionstext ableiten, denn eine „internationalrechtliche Freizügigkeit gibt es nicht“ (Horn 2016, S. 147). Auch ein „Recht von Nichtstaatsangehörigen auf Einreise oder auf Aufenthalt in einem ‚Wunsch‘-Staat gibt es nach der Menschenrechtskonvention nicht“ (Pabel 2016, S. 199). Protokoll Nr. 4, Art. 3, Abs. 2 regelt lediglich: „Niemandem darf das Recht entzogen werden, in das Hoheitsgebiet des Staates einzureisen, dessen Angehöri- ger er ist“ (Europarat 2010, S. 37). Die Grundvoraussetzung für die Machbarkeit von Ausschifungsplatt- formen scheint letztlich auch für Cremer & Kämpf (2018, S. 3) in erster Linie darin zu bestehen, dass es sich um einen „sicheren Ort“ handle, was voraussetze, dass „an einem solchen Ort die Grundbe- dürfnisse der Geretteten wie Nahrung oder medizinische Versorgung gedeckt werden.“ Entsprechend „[f]inanziell oder logistisch fördern dürfte [die EU] solche Ausschifungsplattformen nur, wenn diese

101 tatsächlich menschenrechtlichen Anforderungen genügen“ sowie bei Garantie eines „menschenrechtskonforme[n] Umgang[s] mit den- jenigen […], deren Schutzgesuch nicht anerkannt wurde“ (ebd.), so die Experteneinschätzung. Die Kernproblematik lag demnach in der konzeptionell nicht ausgereiften Ausgestaltung der Ausschifungs- bzw. „Anlandeplattformen“ (Neue Zürcher Zeitung, 24.12.2018) im Sin- ne von auch für die Standortstaaten attraktiven Schutz- und Entwick- lungspolen. Dass zumindest die 2018 diskutierten Ausschifungsplatt- formen „rechtlich kein Äquivalent zum Zugang zum Territorium der EU“ (ebd., S. 2) gewesen wären, mag bedingt stimmen. Aber es bleibt zu erinnern, dass sich die Vertragsstaaten der EMRK, der EU-Grund- rechte-Charta sowie der Genfer Flüchtlingskonvention dezidiert dazu verplichtet haben, verfolgte Menschen zu schützen bzw. nicht in Ge- biete auszuweisen, in denen sie nicht ausreichend vor Tod, Folter oder unmenschlicher Bestrafung geschützt sind. Ein ausschließlich im Ho- heitsgebiet der Vertragsstaaten zu gewährendes Schutzrecht und eine freie Wahl des Wunschaufnahmelandes sind daraus nicht abzuleiten.

102 4. Die Herausforderung des steigenden Migrationsdrucks auf Europa im 21. Jahrhundert

Für die Entwicklung eines dauerhaft tragfähigen Schutz- und Migra- tionskonzepts der europäischen Staaten sowie der Europäischen Union ist es von essenzieller Bedeutung, die Rahmenbedingungen möglichst exakt zu analysieren und zu prognostizieren, unter denen das zu entwi- ckelnde System die kommenden Jahrzehnte funktionieren muss. Wie die Erfahrungen mit der Flüchtlingskrise 2015 gezeigt haben, ist der akute Migrationsdruck ausschlaggebend dafür, ob bestehende Systeme der Grenzsicherung, der Schutzgewährung bzw. der Migrationssteue- rung funktionieren oder schlicht überrollt werden. Durch verschiedene Entwicklungen und auch Maßnahmen wie die Schließung der Gren- zen entlang der Balkanroute und das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei hat der akute Migrationsdruck auf die Europäische Union in den Jahren seit 2016 deutlich nachgelassen. Doch diese kurzfristige Entwicklung darf nicht als langfristig gültige Entwarnung fehlinterpre- tiert werden. Der latente Migrationsdruck steigt aufgrund unterschied- licher Faktoren langfristig und relativ sicher prognostizierbar weiter. Die Entladung desselben erfolgt – ähnlich wie bei durch langsam auf- gebaute plattentektonische Spannungen ausgelösten Erdbeben – durch Auslösungsimpulse unkontrollierbar heftig. Ein Auslöser für eine zu- künftige massive Migrationswelle könnte die durch den WHO-seitig empfohlenen Corona-Lockdown angebahnte massive Wirtschaftskrise und Nahrungsmittelknappheit in vielen Ländern der Welt werden.

Modelle, Motive und Prozesse der Migration

Für die Entstehung des langfristigen latenten bzw. kurzfristigen akuten Migrationsdrucks sind unterschiedliche Faktorengruppen ausschlag-

103 gebend, die sich im Abwanderungs- und im Zuwanderungsgebiet zu einem gewissen Ausmaß unterscheiden und mit einer speziischen Dy- namik – teilweise auch wechselseitig bedingend bzw. verstärkend – ent- wickeln können: 1. Natürliches Bevölkerungswachstum bzw. -rückgang; 2. Politische und gesellschaftliche Stabilität bzw. (gewaltsame) Kon- likte; 3. Absorptionsfähigkeit bzw. Perspektivlosigkeit auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt; 4. Versorgungsangebot mit sozialen und Sicherungs- und Bildungs- leistungen; 5. Räumliche, informationsmäßige, ökonomische und faktische Er- reichbarkeit.

Ein tieferes Verständnis der Beweggründe, die Menschen zur Flucht oder (illegalen) Migration nach Europa motivieren ist von zentraler Be- deutung, um notwendige Gegenmaßnahmen auf realistische Annah- men zu gründen und erfolgreiche Alternativlösungen zu entwickeln. Generell unterscheiden lassen sich aufseiten des Migranten bzw. Mi- grationswilligen persönliche, immaterielle und materielle Motive (vgl. Heineberg 2004, S. 83f.). Häuig sind nicht einzelne, klar umrissene Gründe ausschlaggebend für die individuelle und stets subjektive Mig- rationsentscheidung, sondern es lassen sich empirisch schwer erfassbare „Mehrfachmotivationen“ (ebd., S. 84) feststellen. Unabhängig von der „individuellen Motivbildung zur Migration“ ist jedoch festzuhalten, dass „niemand die Migration für sich anstrebt, wenn sie nicht als er- folgversprechend eingestuft wird“ (Han 2016, S. 200). In der Bevölkerungsgeographie und den Migrationswissenschaften wurden unterschiedliche Modelle entwickelt, um das Zusammen- wirken der vielfältigen Faktoren für den Migrationsprozess erklären und bewerten zu können. Die im Folgenden vorgestellten zwei ten- denziell deterministischen und die beiden verhaltens- bzw. handlungs-

104 orientierten Migrationsmodelle tragen mit ihrer jeweiligen Perspektive zum tieferen Verständnis des Migrationsgeschehens bei, stoßen aber bei ausschließlicher Berücksichtigung jeweils an ihre Grenzen in der Abbildung der faktisch ablaufenden hybriden Prozesse (vgl. Bär 2004, S. 260f): 1. Gravitations- oder Distanzmodelle: In Übertragung des Newton’schen Gravitationsgesetzes auf Migra- tionsprozesse wird davon ausgegangen, dass mit der Abnahme der Entfernung zwischen Abwanderungs- und Zielgebiet die Intensi- tät von Wanderungsströmen zunimmt. Der Distanzbegrif wird bei der Betrachtung über die rein räumliche Dimension hinaus er- weitert auf die Perspektiven sozialer oder psychologischer Distanz bzw. Informationsdistanz. Nimmt die Informationsdichte über ein mögliches Zielgebiet zu und nehmen die technologischen und ökonomischen Barrieren zur Überwindung der Distanz zwischen Herkunfts- und Zielgebiet ab, so intensiviert sich das Migrations- geschehen. 2. Modelle auf der Grundlage von Push-Pull-heorien: Berücksichtigt werden in erster Linie Faktoren im Herkunftsgebiet und im Zielgebiet, die durch den individuellen Informationsstand und die subjektive persönliche Interpretation des Migrationswil- ligen geprägt werden. Die meist sozio-ökonomisch gefassten „ab- stoßenden Kräfte“ (Bär 2004., S. 261) des Herkunfts-, aber auch des Zielgebiets (Push- oder Druckfaktoren)35 und die „Attraktivi- tät“ (ebd.) des Wanderungsziels, aber auch der Herkunftsregion (Pull- oder Sogfaktoren)36 können nicht frei wirken, da so genann- te „intervenierende Hindernisse“ (ebd., S. 264) wie z.B. physische

35 Beispielsweise politische oder religiöse Verfolgung, wirtschaftliche Krisen, Krieg, Umwelt- oder Naturkatastrophen (vgl. Han 2016, S. 13). 36 Z.B. politische Stabilität, demokratische Gesellschaftsstruktur, Religionsfrei- heit, Wohlstand, bessere Ausbildungs- und Verdienstmöglichkeiten, Gesund- heits- und Sozialsystem (vgl. Han 2016, S. 13).

105 und inanzielle Erfordernisse des Migrationsgeschehens bzw. die Gefährlichkeit der Reise sowie Grenzschutz, Einwanderungs- und Aufenthaltsgesetze im Wege stehen können (vgl. ebd. und De Lange 1991, S. 65f.). In einem Kosten-Nutzen-Modell wägt der Migrationswillige für sich die persönlichen Kosten und den er- warteten Nutzen der Migration ab und trift so seine individuelle Entscheidung. 3. Verhaltensorientierte Modelle: Sie hinterfragen die in quantitativen Kennzahlen und „objektiven“ Merkmalen von Herkunfts- und Zielgebieten zu erfassenden Fak- toren und die darauf fußenden Erklärungsansätze der beiden vor- genannten deterministischen Modelle und rücken die Individuali- tät des Migrationswilligen in den Vordergrund. Ausschlaggebend, so die Annahme, sei die individuelle Verfügbarkeit und selektive Wahrnehmung sowie die subjektive Interpretation und Bewertung von Informationen über das gewünschte Zielgebiet. Die getrofe- nen Entscheidungen seien daher kaum prognostizierbar. 4. Handlungsorientierte Constraints-Modelle: Sie versuchen objektive Informationen über die sozio-ökonomi- schen Rahmenbedingungen des Handelnden bzw. Migrationswilli- gen mit subjektiv wahrgenommenen Zwängen („constraints“) und Beschränkungen in einem Erklärungsmodell zu verschränken. Als äußere Zwänge für den Migrationswilligen können die (mangeln- de) Verfügbarkeit von Geld, physischer Gesundheit, sozialem und kulturellem Zugang in der gewünschten Zielregion sowie Umwelt- faktoren wie Krieg, aber auch Gefährlichkeit der Reise wirken.

Insgesamt betont Han (2016, S. 12), dass der Migrationsvorgang ein komplexer Prozess ist, der im gesamten Ablauf „multikausal und multifaktorial bestimmt“ wird. Daher ist es unmöglich eine „exakte Trennungslinie zwischen den freiwilligen und unfreiwilligen Migratio- nen zu ziehen“ (ebd.), die klassiikatorisch entscheidend wäre, ob eine

106 Person im Völkerrecht als „Migrant“ bzw. als „Flüchtling“ zu betrach- ten und folglich aufenthaltsrechtlich entsprechend zu behandeln wäre. Zusätzlich erschwert wird diese für die gesamte Migrations- und Asyl- politik Europas und generell aller Zielländer essenzielle Grenzziehung dadurch, dass die Betrofenen ihre Beweggründe tendenziell so darstel- len werden, dass der für ihre jeweiligen Ziele günstigere bzw. leichter zu erlangende Status erlangt werden kann. Die genaue Überprüfung der gemachten Angaben ist in vielen Fällen aufgrund der gegebenen räumlichen, sprachlichen und kulturellen Distanz kaum oder nur mit größtem Aufwand möglich. Unter Rückgrif auf Verfahrensvereinfa- chungen und politisch bzw. gesetzlich vorgegebene Pauschalisierungen im Asylverfahren werden daher häuig Fehlentscheidungen getrofen (vgl. Günther 2017, S. 217 und Stumpf 2016, S. 367), die sowohl zu- lasten authentischer, als auch zugunsten ingierender Schutzsuchender ausgehen können. Der Migrationssoziologe Petrus Han weist darauf hin, dass die so ge- nannte „Kettenmigration“ bzw. „Migrationsnetzwerke“ im evolutori- schen Verlauf des Migrationsgeschehens eine stärkere Erklärungskraft entfalten können (vgl. Han 2016, S. 14f). Dem Modell der Kettenmi- gration zufolge lösen frühe „Pioniermigranten“ spätere Migrationsströ- me nach dem „Akzelerationsprinzip“ (Collier 2016, S. 265) aus. Die Pioniere stammen meist aus der Mittelschicht und sie müssen noch höhere Hürden überwinden, um das Zielland zu erreichen. Die ersten Individualmigranten unternehmen in der Regel auch deutlich größere Anstrengungen, um sich im Gastland zu integrieren. Kettenmigration hingegen verleitet zu reduzierten Integrationsbemühungen aufgrund der Möglichkeit, sich im gewohnten kulturellen Rahmen und entspre- chenden sozialen Netzwerken des Herkunftslandes weiter bewegen zu können (vgl. Luft 2016, S. 111). Durch interpersonelle Bindungen zwischen den Pioniermigranten und deren Familien sowie Bekannten im Herkunftsland entstehen über räumliche und zeitliche Distanzen hinweg so genannte „Migrations-

107 netzwerke“, die nachfolgenden Migranten den Nachzug erleichtern. Durch die (gefühlte) Sicherheit der bereits im Zielland beindlichen Vertrauensperson erhöhen sich die (erwarteten) Migrationsgewinne und senken sich zugleich einige der zu tragenden Migrationskosten: Reisekosten für Transport und Unterkunft, Informations- und Such- kosten für Behördenleistungen und Arbeitssuche sowie die psychischen Kosten, die durch Unsicherheiten, Umgewöhnung und unerwartete Probleme auftreten können. Han schlussfolgert (ebd., S. 15): „Jeder Migrant senkt die Kosten der nachfolgenden Migration für die Ver- wandten bzw. Freunde. Die progressiv zunehmenden Migrationsnetz- werke setzen daher einen sozialen Mechanismus der kumulativen Ver- ursachung (cumulative causation) der Migration in Gang und lassen von einer bestimmten Schwelle an die Migration zu einem selbster- haltenden (self-sustaining) Prozess werden“, der sich unabhängig vom ursprünglich auslösenden Migrationsfaktor fortsetzt.

Geopolitische Aspekte der Migration als Instrument zur Erweiterung politischer, kultureller und ökonomischer Einlusssphären

Migration, Religion, Geopolitik sind drei nicht voneinander zu tren- nende Faktoren in einer „Welt, die von kultureller Fragmentation […] gekennzeichnet ist“ (Tibi 2001, S. 179). In den in Europa dominan- ten asyl- und migrationspolitischen Konzepten fanden ihre Wechsel- wirkungen bisher jedoch keine angemessene Berücksichtigung. Auch die gängigen wissenschaftlichen Modelle zur theoretischen wie empi- rischen Erklärung des Migrationsgeschehens fokussieren sich vor al- lem auf die Frage der persönlichen Motivation für die beobachteten Wanderungsbewegungen und nicht auf ihre langfristigen kumulativen Folgewirkungen hinsichtlich der Verschiebung geopolitischer Einluss- sphären und kulturräumlicher Strukturen.

108 Diverse migrationssoziologische heorien beschäftigen sich mit der Frage der Dissoziation von Migranten von ihrer Herkunftsgesellschaft und der Integration bis hin zur Assimilation im Zielland (vgl. Han 2018, S. 8f). In der Regel wurde von einem „linear-progressiv ver- laufenden Eingliederungsprozess der Migranten in die Aufnahmege- sellschaft“ (ebd., S. 149) ausgegangen. Der Forschungsfokus erweiterte sich seit den 1990er Jahren in den USA, wo ein neuer Immigranten- typus identiiziert wurde: So genannte „Transmigranten“ entwickelten zunehmend multilokale Beziehungen und Aktivitäten über national- staatliche Grenzen hinweg zwischen Herkunftsland und Zielland.37 Damit überprägen sie zunehmend die territorialstaatlichen Ordnungs- schemata im Sinne einer „postwestfälisch-globale[n] Welt“ (Albert, Reuber & Wolkersdorfer 2003, S. 524) und brechen über Jahrzehnte gewachsene „Kultur-Raum-Identitätskonstruktionen“ (Reuber 2012, S. 233) als Ordnungsprinzip der für die Selbstidentiikation der Bürger nach wie vor grundlegend bedeutsamen Nationalstaaten (vgl. Euro- barometer 89; Europäische Kommission 2018a, S. 3) langfristig und unwiederbringlich auf. Unter dem Vorzeichen der Globalisierung und digitaler Kommunika- tion migrierende Transmigranten leben – je nach Integrationswilligkeit stark abgestuft – in entterritorialisierten Nationen, die sich über ver- schiedene Nationalstaaten hinweg erstrecken können und deren tradi- tionelle Kultur- und Wertesysteme sich ortsunabhängig erhalten und in ihrer Abgrenzung zur Mehrheitsgesellschaft sogar weiter vertiefen

37 Solch multilokale Beziehungen können sogar nach bereits erfolgter völliger Assimilation und Abtrennung von den familiären und kulturellen Wurzeln nach Generationen für Personen mit Migrationshintergrund wieder emo- tional bedeutsam werden. So rief die Regierung von Ghana 2019 anlässlich der Kampagne „Year of Return“ (www.yearofreturn.com) ghanaischstämmige Afroamerikaner zur Rückkehr ins Land ihrer Vorfahren auf, zumindest als Touristen. Einige remigrierten jedoch bereits endgültig und sprechen von deutlich besseren unternehmerischen Chancen und vom Gefühl des Heim- kommens anstelle sonst in den USA oft erlebten, meist unterschwelligen Ras- sismus (BBC News Africa, 31.10.2019): https://youtu.be/IqoqhruujN4.

109 können. Einher mit dem Bruch des Verständnisses von Migration als endgültiger Aufgabe der Heimat, ihrer Traditionen und Werte bei an- gestrebter Integration bis hin zur Assimilation im Aufnahmeland geht die Formierung mehr oder weniger scharf abgesetzter, parallel existie- render Transnationen, die sich als „Parallelgesellschaften“ (vgl. Meyer 2002) innerhalb des Einwanderungslandes etablieren. Die global ver- teilte Diversität der Kulturen und Wertesysteme manifestiert sich so- mit zunehmend parallel und weitgehend unverbunden innerhalb eines nationalen territorialen Bezugsrahmens. Dank guter Flugverbindun- gen, moderner Kommunikationstechnologien und Social Media kön- nen die Bindungen der Transmigranten an die diversen Quellen und Akteure heimischer Kultur, Information und Politik entfernungsun- abhängig mühelos aufrechterhalten werden. Doch Kindern aus den be- trefenden Migrantenfamilien ist es oft nahezu unmöglich das in Paral- lelgesellschaften „vorgegebene Sozialgelecht zu durchbrechen“ (Schott et al. 2016, S. 334): „Das Frustpotenzial ist hoch, die Kriminalitätsrate ebenso“ (ebd.). Inwiefern stehen vor diesem Hintergrund Flüchtlings- und Migrati- onsströme in Zusammenhang mit Geopolitik38? Ashutosh & Mountz (2012, S. 337) stellen in ihren Studien einen Nexus her zwischen Flüchtlingsströmen und den vorherrschenden geopolitischen Interes- senkonstellationen und räumlichen Strukturen der Macht: „Geogra- phies of refugee movement and resettlement relect the politicized re- alm of geopolitics“. Hyndman (2012, S. 243) bestätigt die Relevanz

38 Unter Geopolitik zu verstehen ist in einer weiterreichenden Deinition ein umfassendes geostrategisches Bündel raumgreifender Maßnahmen von Staa- ten (-bünden) bzw. transnationalen Akteursnetzwerken insbesondere in den Bereichen Militär-, Außen-, Wirtschafts- und Kulturpolitik, die das strate- gische Ziel verfolgen, die Einlussnahme auf bestimmte Staaten – auch auf und durch einzelne Volksgruppen – teilweise sogar auf ganze Weltregionen zu intensivieren. Interessen sind die Treiber der Geopolitik. Sie können im wirtschaftlichen, aber auch ideologischen und sogar religiösen Bereich liegen. Die Macht eines Akteurs bedingt die Reichweite und Durchsetzungsfähigkeit seiner Geostrategie.

110 und Koinzidenz von Migrationsströmen mit vorherrschenden geo- politischen Interessenlagen: „Migration has long been a barometer of geopolitics, from human displacement generated by war to contain- ment practices in particular territories or camps.“ Speziell in Bezug auf Flüchtlingsströme wies Kelly Greenhill (vgl. 2016, S. 12 f.) in mindestens 56 Falluntersuchungen internationaler Konlikte seit der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention 1951 nach, dass diese häuig als geopolitische Wafe instrumentalisiert wurden. In rund 80% der Fälle wurden die „Weapons of Mass Migration“ (Greenhill 2010) seitens militärisch weniger mächtiger, meist autoritär regierter Staaten gegen „freiheitliche Demokratien“ (Greenhill 2016, S. 13) ein- gesetzt. Ihre Forschung ergab, dass die Erpresser in rund drei Vierteln aller historisch belegten Anwendungsfälle zumindest einen Teil ihrer Forderungen erreicht haben, in gut der Hälfte der Fälle sogar (fast) alle Ziele. Damit ist der Missbrauch von Flüchtlingen als Wafe zu einer zwar unethischen, aber beliebten, da relativ sicheren und kostengüns- tigen (geo-)politischen Wafe geworden, die auch oder gerade ärmeren, bevölkerungsreichen Staaten zur Verfügung steht (vgl. ebd., S. 331f). Hinzu kommt, dass sowohl Flüchtlinge als auch reguläre wie illegale Migranten stets Transporteure kultureller Werte und Loyalitätsbindun- gen in fremde Territorien hinein sind, die für exterritoriale Kräfte Ein- lussmöglichkeiten auf wohlhabende Zielstaaten erlauben und zugleich durch Rücküberweisungen in die Heimat milliardenschwere Finanz- ströme dauerhaft etablieren (vgl. UNO, 17.06.2019). Eine ofen expansionistische und herrschaftsorientierte georeligiö- se Außenpolitikagenda (vgl. Mandaville & Hamid 2018) mit im- perialistischem Potenzial39 ist in der Außen-, Militär-, Kultur- und

39 „Imperialismus“ wird hier – unabhängig von der bereits errungenen relativen Machtposition im internationalen System – im Sinne von Heinrich (2003, S. 279) als „Politik eines Staates verstanden, die auf Machtausdehnung und Einluß jenseits seiner Grenzen abzielt“. Bassam Tibi sah in diesem Kontext schon 2001 (S. 200) den islamischen Fundamentalismus als „Kern einer isla- mischen Weltordnung“.

111 Religionspolitik verschiedener Regionalmächte vor allem im Nahen und Mittleren Osten (besonders Türkei, Iran und Saudi Arabien) zwar deutlich zu erkennen, doch problematisiert werden entsprechende Einlussnahmeversuche in und auf Europa in Politik und Medien sel- ten. Besonders deutlich zutage tritt die religions- bzw. kulturbezogene Agenda zur geopolitischen Inwertsetzung von Migrationsprozessen, wenn beispielsweise der türkische Präsident Erdogan in Deutschland auf die dauerhafte kulturelle Bindung der türkischstämmigen Ein- wanderer an die Türkei pocht und in der deutsch-türkischen Diaspora Wahlkampf führt (vgl. Zeit Online, 21.05.2018). Oder wenn Saudi Arabien auf dem Höhepunkt der Migrationskrise 2015/16 vorschlägt zur besseren Integration muslimischer – eigentlich nur temporärer – Schutzbedürftiger 200 Moscheeneubauten in Deutschland zu inanzie- ren (vgl. Focus, 06.04.2016), anstatt sich selbst als räumlich, sprachlich und kulturell näherliegender Golfstaat mit enormem Arbeitskräftebe- darf an der Flüchtlingsaufnahme40 substanziell zu beteiligen (vgl. Time, 08.09.2015). Eine georeligiöse Agenda verfolgen jedoch nicht nur Staaten in ofener institutionell basierter Einlussnahme, sondern auch durch Mittler- bzw. Tarnorganisationen wie die von der staatlichen tür- kischen Religionsbehörde gesteuerte „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.“ (DITIB) in Deutschland (vgl. Deutschland- funk, 11.01.2017). Aufallend desinteressiert bzw. verschwiegen zei- gen sich die Medien, wenn die staatliche bzw. EU-Förderung in Höhe von 43,2 Mio. Euro zugunsten einer seit Jahren im Sinne des verfas- sungsfeindlichen politischen Islam mit expansionistisch-georeligiöser Agenda agierenden Muslimbruderschaft und ihrer vielen Partner- bzw. Tarnorganisationen im Europaparlament aufgedeckt wird (vgl. Jihad Watch, 08.08.2020).

40 Vgl. hierzu auch www.worlddata.info/asia/saudi-arabia/asylum.php.

112 Steigender Migrationsdruck auf Europa im Laufe des 21. Jahrhunderts

Der National Intelligence Council (2018, S. 186; vgl. hierzu auch Ley 2017) der USA erarbeitete für die Europäische Union eine beunruhi- gende Mittelfristprognose, für die Migration ein entscheidender Fak- tor ist: „In den nächsten fünf Jahren wird Europa sich mit der Mög- lichkeit auseinandersetzen müssen, dass sich das europäische Projekt aulöst, während die Nachkriegsordnung durch Zuwanderungsströme aus der instabilen, oft bedrohlichen Peripherie und durch die Zwän- ge einer globalisierten Wirtschaft, die die ökonomische Ungleichheit verstärken, zunehmend unter Druck gerät.“ Wie viele Migranten in den kommenden Jahrzehnten tatsächlich nach Europa drängen und den lächenmäßig sehr kleinen, aber relativ wohlhabenden, zur EU ge- hörenden Westzipfel der immensen eurasischen Landmasse mit seinen 7,5% Flächen- und 10% Einwohneranteil erreichen werden, ist schwer vorherzusagen. Denn wie das Beispiel 2015 lehrt, entlädt sich angestau- ter Migrationsdruck in dammbruchartigen Wellen, die zwar tenden- ziell prognostiziert, aber kaum wirksam kontrolliert werden können. Migration ist in jedem Fall ein langfristig zunehmendes Geschehen, das die Lebensrealität einer regional ungleichgewichtig stark wachsen- den Weltbevölkerung unter Bedingungen extremer sozialer Ungleich- heit prägt. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) der UNO registrierte 2015 weltweit 244 Mio. Migranten, fast 100 Mio. mehr als im Jahr 2000 (vgl. International Organization for Migration 2017, S. 13). Im Weltmigrationsbericht 2020 stieg ihre Zahl weiter auf 272 Mio. Menschen, die außerhalb ihres Geburtslandes leben. Dies entspricht einem Migrantenanteil von 3,5% an der Weltbevölkerung gegenüber 2,8% im Jahr 2000 (vgl. International Organization for Mi- gration 2019, S. 10). 90% aller Menschen, die nicht im Land ihrer Geburt leben, sind Wirtschaftsmigranten (vgl. Klingholz 2019, S. 3).

113 Auch wenn es „keinen eindeutigen oder gar linearen Zusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum und Auswanderung gibt“ (Sachver- ständigenrat für Migration 2020b, S. 10), so ist doch eine Analyse der Bevölkerungsentwicklung in den afrikanischen und asiatischen Nach- barregionen Europas wichtig, um den zu erwartenden Anstieg des Mi- grationsdrucks im Laufe des 21. Jahrhunderts einschätzen zu können. Der UNO-Weltbevölkerungsbericht 2019 prognostiziert nahezu eine Verdoppelung der afrikanischen Bevölkerung von 1,3 auf 2,5 Mrd. Menschen bis 2050, also innerhalb von nur 31 Jahren (vgl. Deutsche Stiftung Weltbevölkerung 2019, S. 6). Bis zum Ende des 21. Jahrhun- derts geht die UN-Bevölkerungsprognose von rund 4 Mrd. Einwoh- nern allein auf dem in der südlichen Nachbarschaft Europas gelegenen afrikanischen Kontinent aus (s. Abb. 7).

Quelle: UNO 2019, S. 2

Abb. 7: Bevölkerungsentwicklung nach Weltregionen 1950-2100 nach ver- schiedenen UN-Prognoseverfahren

Neuere Szenarien der Bevölkerungsentwicklung gehen von einem etwas früheren Absinken der Geburtenraten auch in den weniger entwickelten Teilen der Welt aus und sehen das globale Bevölkerungsmaximum statt wie die UNO im Jahr 2100 bei 10,88 Mrd. Menschen bereits 2064 bei

114 9,73 Mrd. Bewohnern (vgl. UNO 2019, S. 13 und Vollset et al. 2020, S. 3 u. 16f.). Die aktuelle UNO-Bevölkerungsprognose für Subsahara- Afrika von 3,78 Mrd. Einwohnern bis zum Ende des 21. Jahrhunderts (vgl. UNO 2019, S. 13 und Abb. 7) korrigiert die Forschergruppe um Vollset (vgl. S. 15) ebenfalls leicht nach unten mit Geburtenraten unter dem Bestandserhaltungsniveau auch für Afrika südlich der Sahara ab 2063. In Summe prognostizieren sie für den an Europa im Südosten und Süden angrenzenden Raum des Nahen und Mittleren Ostens so- wie Nord- und Subsahara-Afrikas eine Gesamtbevölkerung von 4,048 Mrd. Menschen. Bei einem zeitgleichen Rückgang der Bevölkerung Westeuropas bis zum Jahr 2100 um rund 13,5% (vgl. ebd., S. 7) wird die Bevölkerung allein des dann weltweit zweitbevölkerungsreichsten Staates Nigeria mit 790 Mio. Einwohnern (vgl. ebd., S. 11) die west- europäische Einwohnerzahl um den Faktor 2,1 übertrefen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup (10.12.2018) wür- den schon heute 48% aller Erwachsenen Nigerianer, also fast 60 Mio. Menschen, emigrieren, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Nach den Ergebnissen des Global Attitudes Survey 2017 sind sogar 74% der Ni- gerianer auswanderungswillig, wenn sie die Mittel und Möglichkeiten dazu hätten (vgl. Pew Research Center 2018, S. 8). Dieser Anteil wird sich mit wachsender Bevölkerung und zunehmenden Konlikten um schwindende natürliche Ressourcen und die religiöse Vorherrschaft zwi- schen Islam und Christentum (vgl. Joseph & Rothfuß 2012; Rothfuß & Joseph 2012 und 2013) kaum verringern, die absolute Anzahl ent- sprechend dem Bevölkerungswachstum massiv steigen. Da sich die politische Stabilität angesichts sich – zumindest pro Kopf gerechnet, aber durch Degenerierung von Acker- und Weideland wohl auch in absoluten Zahlen – stark verknappender Ressourcen in Afrika bis 2035 weiter verschlechtern wird, geht der US-amerikanische Natio- nal Intelligence Council (vgl. 2018, S. 173) von einem auch für Europa sehr gefährlichen Szenario aus: „Rund 75 bis 250 Millionen Afrikaner werden extremen Wasserstress zu spüren bekommen – die wahrschein- liche Folge sind Massenmigrationen“. Laut einer Studie der Weltbank

115 wird diese Entwicklung in den kommenden drei Jahrzehnten bis 2050 rund 86 Millionen „Klimalüchtlinge“ allein aus Subsahara-Afrika in Be- wegung setzen (vgl. World Bank 2018, S. XV). Global gesehen hatten schon 2010 laut IOM-Angaben 45% aller weltweit stattindenden Mig- rationsbewegungen Süd-Nord-Richtung, 35% verliefen Süd-Süd gegen- über nur 3% Nord-Süd-gerichteter und 17% Nord-Nord-Bewegungen (vgl. Smith 2018, S. 131). Die Suche nach besseren Lebensbedingungen scheint demnach schon bisher der wichtigste Treiber internationaler Mig- ration zu sein. Mangels geographischer Alternativen ist für die Zukunft zu erwarten, dass sich größere afrikanische Migrationsströme, die ohne an- gemessene Unterstützung von außen nicht mehr in Nachbarregionen ab- sorbiert werden können, verstärkt in Richtung Europa bewegen werden. Angesichts der sich abzeichnenden demographischen und migrations- relevanten Entwicklungen wäre ein Ignorieren der künftigen Heraus- forderungen und ein Limitieren der Suche nach Lösungskonzepten auf bisherige Ansätze einer eher passiv-reaktiven Migrationssteuerung bei Gewährleistung leicht zugänglicher zusätzlicher Wege legaler Zu- wanderung und Schutzgewährung innerhalb Europas unverantwort- lich. Afrika-Kennern zufolge ist „die neue Völkerwanderung“ (Asserate 2016) ein Szenario, das prägende Realität für Europa werden wird, so- fern nicht angemessene Vorsorgemaßnahmen getrofen werden: „Sonst droht tatsächlich, was Afrikaner seit Jahren ankündigen: ein Massen- ansturm auf den reichen Norden“ (Milborn 2009, S. 207). Maureen Achieng, die sicher nicht unter dem Verdacht der „Afrophobie“41 ste- hende afrikanischstämmige Leiterin des Büros der International Orga- nization for Migration (IOM) in Äthiopien vertritt sogar die Meinung, es könne ohnehin niemand die massenhafte Emigration aus Afrika stoppen: „Aus meiner Sicht ist es keine Frage, ob wir eine weitere Welle irregulärer Migration sehen werden, sondern wann“ (Frankfurter

41 Äußerung von Nils Muižnieks, dem ehemaligen Menschenrechtskommissar des Europarats in einer Rede vom 25.07.2017 mit dem Titel „Afrophobia: Europe should confront this legacy of colonialism and the slave trade“, zit. in Europäisches Parlament 2019, S. 2.

116 Allgemeine Zeitung, 17.03.2020). Eine erneute Migrationswelle wie 2015 sei langfristig „unausweichlich“ mit dem Unterschied, dass dann nicht überwiegend Migranten aus dem Nahen Osten kämen, sondern vor allem junge Afrikaner (vgl. ebd.). Heinsohn (2019, S. 70) warnt davor, bei Migrationsprognosen allein auf die Entwicklung der Gesamtbevölkerungszahl zu blicken, „obwohl der Nachwuchs die Dynamik bestimmt“. Asseburg (2018, S. 59) konkreti- siert am Beispiel des Nahen und Mittleren Ostens, welche Richtung die- se Dynamik angesichts der problematischen Rahmenbedingungen einer ärmeren Region nehmen kann: „Mangelnde Bildungschancen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und hohe Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen und Heranwachsenden […] bergen ein hohes Risiko, politisch desta- bilisierend zu wirken.“ Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (vgl. 2018, S. 4) weist für Afrika mit 41% einen 2,5-fach höheren Anteil der unter 15-Jährigen an der Gesamtbevölkerung aus als in Europa. Wäh- rend der prozentuale Anteil der Jugendlichen durch sinkende Gebur- tenraten bis 2050 auch in Afrika zurückgehen wird (32%), erhöht sich ihre Gesamtzahl auf rund 800 Millionen und damit auf das 6-7-fache der Gesamtzahl der Jugendlichen in Europa. Dieser „Youth Bulge“, die Akkumulierung Jugendlicher im Prozess des demographischen Über- gangs von Gesellschaften, führt – aus historischer Perspektive bewertet – zu vermehrten internen Verteilungskämpfen und Konlikten und damit in der Regel auch zu verstärktem Migrationsdruck. Für die gesamten Entwicklungsländer errechnet Heinsohn (vgl. 2019, S. 69) aktuell 850 Mio. Menschen, die „durch Übersiedlung in die Erste Welt ihrer Heimat entkommen“ wollen und für das Jahr 2050 bereits 1,3 Mrd. Menschen.42 Gallup (10.12.2018) errechnete, dass 33% der Bevöl- kerung Afrikas, also derzeit rund 400 Mio. Menschen, aus ihrem Heimat- land emigrieren würden, sofern sie ihren Wunsch realisieren könnten. Da die meisten entwickelteren Staaten der Welt wie China, Japan, Südkorea,

42 In seinem optimistischen Szenario geht Heinsohn (vgl. 2019, S. 69) von 250 Mio. in die entwickelte Welt drängenden jungen Männern zwischen 15 und 29 Jahren im Jahr 2020 aus und von 360 Mio. im Jahr 2050.

117 Australien und Neuseeland im Osten sowie USA, Kanada und neuerdings Großbritannien im Westen bereits restriktive Einreisebestimmungen zur Selektion von Hochqualiizierten erlassen haben, drängt das Gros der mi- grationswilligen, „meist bildungsfernen Übersiedler“ (Heinsohn 2019, S. 70) in Zukunft in die Europäische Union. Warum viele der Migranten nach Europa streben, lässt sich zu einem wichtigen Anteil durch die gro- ßen Einkommensunterschiede erklären (vgl. Klingholz 2019, S. 3), die Abb. 8 für ausgewählte Zielländer und die zehn wichtigsten Herkunfts- länder von Migranten aufzeigt. Doch tatsächliche Armut, die aus huma- nitärer Perspektive oft als Rechtfertigungsgrund für Migration nach Euro- pa ins Feld geführt wird, hindert die Menschen eher an Migration als dass sie diese fördern würde, wie die Global Migration Group (2010, S. 94) ausführt: „[A] lack of economic resources can impede poor people from leaving their countries of origin. he poorest, and especially those from vulnerable groups (such as the elderly and female-headed households), tend to migrate less for these reasons”.

Quelle: Giray Aksoy & Poutvaara 2019, S. 38

Abb. 8: Kaufkraftbereinigtes BIP pro Kopf 2015 in ausgewählten Zielländern und den zehn größten Herkunftsländern

118 Dass ökonomische Gründe tatsächlich für eine Mehrzahl der Migranten aus Afrika eine ausschlaggebende Rolle spielen, zeigte eine IOM-Befra- gung von 2018 unter 5.400 Migranten an Verkehrsknotenpunkten in Westafrika, bei der 80% diesen Faktor als Treiber ihrer Migration be- nannten (vgl. Lenz & Maheswaran 2019, S. 14). Die Studie „Scaling Fences“ des United Nations Development Programme (vgl. UNDP 2019, S. 82) fand auch bei der gezielten Befragung illegaler Migranten eine deutliche Dominanz der Migrationsmotivation „Arbeit / Geld nach Hause senden“ in Höhe von 81% aller Befragten. Um dieses Ziel zu erreichen nahmen 93% der Befragten konkrete Gefahrensituationen während der Reise auf sich, aber nur 2% gaben an, dass sie bei vorhe- riger Kenntnis dieser Gefahren von der illegalen Migration abgesehen hätten (vgl. ebd.). Die Dominanz ökonomischer Beweggründe für die Migration bestätigte sich in einer vom Center for Immigration Studies 2018 in Honduras durchgeführten Befragung unter Migranten mit dem Ziel USA: Auch in dieser Weltregion nannten 82,9% Arbeitslosigkeit im Herkunftsland bzw. bessere Verdienstmöglichkeiten in Nordamerika als Migrationsgrund (vgl. Lenz & Maheswaran 2019, S. 14). Es ist aber ein Irrtum davon auszugehen, dass eine Steigerung des Wohlstandsniveaus zu einem automatischen Rückgang der Migration aus Afrika oder anderen Entwicklungs- und Schwellenländern führen würde. Migrationsforscher sprechen beim Phänomen zunehmender Migration im Kontext voran- schreitender Entwicklung und Verfügbarkeit eines Mittelschichteinkom- mens für eine breitere Bevölkerungsschickt vom so genannten „Migra- tion Hump“ (Angenendt & Koch 2017, S. 10; vgl. hierzu auch De Haas 2007). Neun der 20 Staaten mit dem weltweit höchsten BIP-Wachstum 2019 liegen in Afrika (vgl. Statista, 22.05.2020) bei einem durchschnitt- lichen BIP-Wachstum von 2,4% (vgl. World Bank, 23.04.2020). Wohl- standsbedingt ist somit in den kommenden Jahrzehnten mit der Mobili- sierung zusätzlicher Migrationspotenziale zu rechnen. Andere Autoren deuten zudem ein hohes „sozialstaatliches und rechtsstaatliches Niveau“ verglichen mit den Herkunftsländern von Migranten als einen den Migrationsdruck verstärkenden Faktor

119 (vgl. Grabenwarter 2016, S. 92 und Poutvaara 2019, S. 15) und sehen generell im aktuellen „europäische[n] […] Asyl- und Flüchtlingsrecht […] ein einziges Anreizsystem, […] ein[en] Pull-Faktor“ (Horn 2016, S. 150). Agersnap, Jensen & Kleven (2020) wiesen für Dänemark nach, dass die Beschneidung des sozialen Sicherungssystems für Asylsuchende, die zeitweilig ausgesetzte und erneute Strafung der ausbezahlten Leis- tungen jeweils einen signiikanten Efekt auf die Anzahl der Asylsuchen- den im Land hatte. Nikolka (zit. in Deutschland Kurier, 20.11.2019) hatte ähnliche Steuerungsefekte auf Flüchtlingsströme auch im Kontext der verschärften Regeln für Familienzusammenführung nachgewiesen. Diese Erkenntnisse dürfen aber nicht zur Annahme verleiten, dass ledig- lich Sozialleistungen gekürzt und sich die illegalen Migranten dann erst gar nicht mehr auf den Weg machen würden. Denn jenseits der sozialen Sicherungssysteme wächst sukzessive die durch vorab migrierte Fami- lienmitglieder und Bekannte „garantierte“ Aussicht auf (notfalls auch informelle) Beschäftigungsverhältnisse bis hin zu Verdienstmöglichkei- ten im Drogenhandel und in der organisierten Kriminalität. Immerhin 38% der illegalen Migranten, die einer Arbeit in Europa nachgehen, sind heute bereits illegal beschäftigt (vgl. UNDP 2019, S. 83). In Europa leben bereits 15 Mio. Menschen afrikanischer Abstammung einschließlich Nordafrika (vgl. Europäisches Parlament 2019, S. 3). Mindestens 1 Mio. Menschen allein aus Subsahara-Afrika migrierten zwischen 2010 und 2017 nach Europa (vgl. Pew Research Center 2018 und Abb. 9). Dort konzentrierten sich 72% der 4,15 Mio. schwarz- afrikanischen Migranten bzw. der „schwarze[n] Europäer“ bzw. „Af- ro-Europäer“ – entsprechend der vom Europäischen Parlament (2019, S. 3) vorgeschlagenen politisch korrekten Terminologie – in nur vier Staaten: Großbritannien 1,27 Mio., Frankreich 980.000, Italien 370.000 und Portugal 360.000 Personen (vgl. Pew Research Center 2018, S. 8). Der in Umfragen geäußerte Wunsch zu emigrieren kann als Indikator für die Höhe des zukünftigen Migrationsdrucks betrach- tet werden. Gallup (10.12.2018) erhebt in seinem „World Poll“ den Wunsch, dauerhaft aus seinem Land auszuwandern. Für die Region

120 Subsahara-Afrika bejahten diese Frage 33% der Gesamtbevölkerung in den Umfragen zwischen 2015 bis 2017 gegenüber 30% zwischen 2010 und 2012. Bei einer Gesamtbevölkerung von 1,026 Mrd. Menschen im Jahr 2017 hegten demnach 339 Mio. Menschen allein aus der Re- gion Afrikas südlich der Sahara den Wunsch auszuwandern. Die reale Option Mobilität und Migration rückt mit dem fortschreitenden öko- nomischen Wachstum in inanzielle Reichweite immer weiterer Teile nicht nur Asiens, sondern auch der alle 14 Tage um eine Million Ein- wohner wachsenden Bevölkerung Afrikas.

Quelle: IOM 2019, S. 55

Abb. 9: Gesamtzahl des Migrantenbestands nach, innerhalb und aus Afrika in Millionen Personen 1990-2019

121 Das Pew Research Center wählt als Indikator für den Migrationswillen die Anzahl der Bewerber für das Immigrationsprogramm „U.S. diver- sity lottery“, über das 50.000 Personen weltweit 2015 das Recht auf legale Einwanderung in die USA zugesprochen bekamen. Erstaunli- cherweise bewarben sich im gleichen Jahr 10% der Gesamtbevölke- rung des Kongo, 8% Liberias und Sierra Leones sowie 6% der Ein- wohner Ghanas allein für dieses US-Programm. Bei Ghana waren es in absoluten Zahlen 1,7 Mio. Bewerber (vgl. Pew Research Center 2018, S. 9). Gallup (10.12.2018) ermittelte in seinen Umfragen 42 Mio. Menschen aus aller Welt, die als meistgewünschtes Migrationsziel Deutschland angaben. Gefolgt wird die europäische Top-Destination von Frankreich (36 Mio.), Großbritannien (34 Mio.), Spanien (21 Mio.), Italien (15 Mio.) und Schweiz (14 Mio. bei aktuell 8 Mio. Ein- wohnern). Von den Personen, die tatsächlich migriert sind, wollen laut einer am 17.12.2019 veröfentlichten Gallup-Umfrage nur 7% in ihr Herkunftsland heimkehren und durchschnittlich 77% wollen in ihrem Zielland bleiben. Den stärksten Rückkehrwunsch unter Migranten aus nahöstlichen Staaten hegen Saudis (30%) und Türken (20%), während nur 1% der Iraker oder Kasachen heimkehren wollen. Fakt ist, dass Mi- grationsprozesse, auch wenn sie anfänglich temporär intendiert sind, sich meist als dauerhaft herausstellen. Die unter den aktuellen poli- tischen Rahmenbedingungen in Europa und seiner Nachbarschaft zu erwartenden Migrationsbewegungen werden „alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen Europas schon bis 2050 dramatisch verändern“ (Hamer 2016, S. 62). Es ist an der Zeit diese schicksalhaften Szenarien ernst zu nehmen, sie europa- weit zu debattieren und Lösungskonzepte zu entwickeln.

122 5. Exterritorialer Schutz, Migrationssteuerung und Entwicklungsförderung nach dem Humanitäts- und Proximitätsprinzip

Entsprechend einer in der Überzeugung der europäischen Völker tief verankerten humanitären Grundhaltung und geltender völkerrechtli- cher Abkommen ist es die Aufgabe der europäischen Staaten ihrer Ver- antwortung bezüglich des Schutzes für politisch Verfolgte und durch Krieg Vertriebene gerecht zu werden. Die Schutzgewährung sollte in Zukunft jedoch unter Vermeidung massenhafter Migration, die erfah- rungsgemäß nach einem inhumanen darwinistischen Selektionsprin- zip abläuft, grundsätzlich exterritorial erfolgen. Das heißt, dass Schutz außerhalb des Hoheitsgebiets der EU-Mitgliedstaaten bzw. Europas in größtmöglicher Nähe zu den jeweiligen außereuropäischen Herkunfts- regionen gewährleistet wird. Als Grundvoraussetzung hierfür sind gera- de vom Westen selbst verschuldete Fluchtursachen endlich konsequent zu bekämpfen und in den wichtigsten Herkunfts-, Transit- und regio- nalen Aufnahmeländern ofene und die lokalen Ökonomien stärkende Schutz- und Entwicklungspole mit öfentlichen Mitteln und privaten Investitionen auf- und auszubauen. Alternativ sollte wahlweise die in- dividuelle und dezentrale Rückkehr von Migranten in ihren Heimatort unterstützt und gezielt mittels entwicklungspolitischer Maßnahmen gefördert werden. Existierende Rückkehrprogramme wie „Perspektive Heimat“ (Bundes- ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2019) mit bereits existierenden Beratungszentren und Qualiizie- rungs- und Mikrokreditprogrammen vor Ort bieten erste ausbaufä- hige Ansatzpunkte. Ihre quantitative Wirksamkeit wurde aber durch die bisher für Ausreiseunwillige faktisch verfügbaren Optionen der Abschiebeverhinderung und auch des Untertauchens stark begrenzt. Um ein Remigrationsprogramm nach temporärer Schutzgewährung

123 zu ermöglichen müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen im euro- päischen Aufenthaltsrecht angepasst werden. Denn nach mindestens fünf Jahren Aufenthalt mit legalem Status (Duldung reicht hierfür nicht aus), erlangen Nicht-EU-Bürger eine Niederlassungserlaubnis als unbefristeten Aufenthaltstitel. Der Mehrzahl der im Zuge der Mig- rationswelle 2015/16 in einem vereinfachten Asylverfahren pauschal mit dem höchsten Schutzstatus versehenen „Syrer“ (gemäß Selbstaus- kunft43; vgl. Günther 2017, S. 217) wird dieser Status folglich ab 2021 – entgegen dem Gedanken des eigentlich angemessenen temporären subsidiären Schutzes – zugesprochen werden.44 Dass über die Hälfte der 21,2 Mio. in Deutschland lebenden Menschen mit Migrations- hintergrund (vgl. Statistisches Bundesamt, 28.07.2020) mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft hat (vgl. Foroutan 2018, S. 306) ist im Falle erfolgreicher Integration unproblematisch. Collier (2016, S. 268) warnt jedoch generell vor einem „Korrosionsefekt der Vielfalt […] wenn die Migranten aus Ländern mit dysfunktionalen Sozialmodellen stammen und an ihnen festhalten“. Der Direktor des Zentrums für afrikanische Ökonomien an der Universität Oxford gibt zu bedenken, dass „manche Kulturen […] weiter von derjenigen der einheimischen

43 Günther (2017, S. 217) kritisiert, dass Asylentscheidungen während der Migrationswelle 2015 über ein Jahr bis 2016 allein aufgrund der Selbstaus- kunft in einem Fragebogen und „ohne substanzielle Sachprüfung“ durch das BAMF stattfanden. Somit wurde auch die Staatsangehörigkeit nicht verii- ziert. Stumpf (vgl. 2016, S. 367) kritisiert, dass für Bürgerkriegslüchtlinge pauschal nur der eigentlich unzutrefende höherwertige Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention verliehen wurde und nichtsubsidiärer Schutz. Damit verstieß das BAMF „gegen geltendes Völker-, Europa und deutsches Flüchtlingsrecht“ (ebd.). 44 Da ab mindestens einjähriger Abwesenheit aus dem Schengenraum dieser nach fünf Jahren gewährte dauerhafte Aufenthaltstitel wieder verloren geht, sieht Dr. Fabian Lutz, der Leiter für juristische Angelegenheiten in Migra- tionsfragen der Generaldirektion Migration und Innere Sicherheit, in dieser bisherigen Regelung ein fast unüberwindbares Hindernis für die Rückfüh- rung längerfristig in der EU aufhältiger Flüchtlinge und Migranten (Exper- tengespräch vom 15.11.2019).

124 Bevölkerung entfernt“ (ebd., S. 277) sind als andere: „Je weiter der kulturelle Abstand ist, desto kleiner werden die Absorptionsrate der Auslandsgemeinde und infolgedessen auch die verträgliche Migrations- rate sein.“ Eine zu laxe Einbürgerungspolitik beschneidet zukünftige Handlungsoptionen in puncto Rückführungsoption. In Bezug auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen des Flücht- lingsschutzes wird das vorgeschlagene exterritoriale Schutzkonzept nach dem Proximitätsprinzip dem „interne[n] Schutz“ in Artikel 8 des Vorschlags der Europäischen Kommission (vgl. 2016c, S. 36) für eine in den EU-Mitgliedstaaten direkt Rechtsgültigkeit entfaltende Ver- ordnung „über Normen für die Anerkennung von […] Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz“ gerecht. Demzufolge kann eine Asylbehörde bei der Prüfung eines Schutzbegehrens feststellen, „dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern er si- cher und legal in einen Teil des Herkunftslandes reisen und dort zu- gelassen werden kann und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er […] Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder einem ernsthaf- te[n] Schaden hat“ (ebd.). Der „Nachweis für die Verfügbarkeit in- ternen Schutzes“, den entsprechend dem Verordnungsentwurf „die Asylbehörde zu erbringen“ hat45 könnte in Zukunft durch die in allen wichtigen Herkunfts- und Transitregionen zu etablierenden exterrito- rialen Schutz- und Entwicklungszonen erbracht werden, so dass ein Schutz auf dem Territorium der EU im Regelfall nicht mehr notwen- dig sein wird. Es ist lediglich die „Zugänglichkeit, Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit dieses Schutzes“ (ebd.) im Herkunfts- bzw. regionalen Nachbarländern zu gewährleisten, um den völker- und EU-rechtlichen Verplichtungen künftig auch mittels exterritorialem Schutz gerecht zu werden.

45 Die EU-Kommission schlägt hier eine sehr problematische Beweislastumkehr vor. Denn gemäß § 3e AsylG hat in Deutschland bislang der Asylbewerber nachzuweisen, dass er in keinem anderen Gebiet seines Herkunftslandes hätte Schutz vor Verfolgung oder Bürgerkrieg in Anspruch nehmen können (vgl. Stumpf 2016, S. 367).

125 Die exterritorialen Schutz- und Entwicklungspole sollten auch den beherbergenden Staaten authentische und damit akzeptanzsteigern- de Entwicklungsvorteile sichern (vgl. Collier 2018, S. 4f. und Gam- meltoft-Hansen & Tan 2017, S. 47). Indem die europäischen Staaten ihre völkerrechtliche Schutzverantwortung in den Herkunfts- bzw. Transitregionen außerhalb Europas wahrnehmen, können statt der zahlungskräftigsten und physisch ittesten, überwiegend jungen und männlichen Migranten (vgl. Global Migration Group 2010, S. 94, Lenz & Maheswaran 2019, S. 14 und Sachverständigenrat für Migra- tion 2020a, S. 10) die tatsächlich bedürftigsten Menschen mit Schutz und Hilfe deutlich kosteneizienter und somit umfassender erreicht werden. Zudem ermöglich das Konzept das Abstellen des mächtigen Pull-Efekts der illegalen und meist lebensgefährlichen Einreise nach Europa. Ein vergleichbarer Efekt der Eindämmung illegaler Migration könn- te allein mit dem Instrument der Entwicklungshilfe zur Verringerung von Fluchtursachen (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung 2019 und Schneiderheinze & hiele 2019, S. 22) nicht erreicht werden (vgl. hierzu auch De Haas 2007, Klingholz 2019, S. 5 und Mercator Dialogue on Asylum and Migration 2019, S. 12). Mit einer vielfachen Eizienz und Efektivität des Mit- teleinsatzes aus entsprechend zu fokussierenden Budgets der Entwick- lungszusammenarbeit europäischer Staaten, verglichen mit den vielfach höheren Flüchtlingskosten bei Schutzgewährung bzw. Duldung inner- halb der EU, kann den verwundbarsten Menschengruppen vor Ort gezielt und umfassender sowie nachhaltiger zum Nutzen der gesamten Gesellschaft geholfen werden. Nur wenige, besonders öfentlich ex- ponierte und politisch verfolgte Einzelpersonen sollen in begründeten Ausnahmefällen mittels Asylantrag bei der örtlichen Vertretung eines EU-Mitgliedstaats noch eine geregelte Aufnahme und konventionelle Asylgewährung innerhalb der Europäischen Union erreichen können. Kollektiver subsidiärer Schutz für größere Bevölkerungskontingente im Falle eines Bürgerkriegs soll temporär und in größtmöglicher Nähe

126 zur Herkunftsregion gewährt und mit wirtschaftlichen Entwicklungs- impulsen verbunden werden, die in öfentlich-privater Partnerschaft umgesetzt werden. Dieser Ansatz würde den Bedürfnissen der Gelüch- teten umfassender gerecht als das rein auf Basisversorgung ausgerichte- te UNHCR-System, das von 90% der Flüchtlinge weltweit nicht an- genommen wird (vgl. Collier 2018, S. 3). Ohne Abschalten des zentralen Pull-Faktors, nämlich der erhoften Wohlstandsgewinne bei erfolgreicher, ggf. auch illegaler Einreise, wird sich der Zustrom von Migranten im weiteren Verlauf des 21. Jahrhun- derts allein mit Mitteln des klassischen Grenzschutzes und vereinzelter Abschiebungen nicht eindämmen lassen. Die konventionelle, gegen den mächtigen Pull-Efekt ankämpfende, durch die EU inanzierte Ko- operation mit autoritären Staaten wie etwa der Sahelzone46 mit dem Ziel der Migrationsabwehr (vgl. Frontex 2018, S. 34f) ist bezüglich der eingesetzten Methoden47 teilweise ethisch fragwürdig (vgl. Braunsdorf 2019, S. 8 und German-Foreign-Policy.com, 20.12.2019). Europäi- sche Regierungen, die im Kampf gegen den europäischen Pull-Efekt beim Schutz der Schengen-Außengrenze härter durchgreifen, wie seit der Grenzöfnung durch die Türkei im März 2020 etwa Griechenland, geraten in der europäischen Öfentlichkeit massiv unter Druck (vgl. German-Foreign-Policy.com, 09.03.2020 und 03.07.2020) und erhal- ten allenfalls zögerlich politische Unterstützung von ihren europäischen Partnern, in deren gemeinsamem Interesse sie eigentlich handeln.

46 So berichtete etwa der WELT Nachrichtensender am 25.06.2018 anhand von durch AP veröfentlichtem Handy-Filmmaterial, dass Algerien – auf Druck der EU hin Migration zu bekämpfen – ofenbar vermehrt Migranten in der Wüste aussetzt, damit sie nach Mali zurücklaufen. Laut IOM soll die Zahl der Betrofenen seit Mai 2017 um das Zwanzigfache gestiegen sein: https:// youtu.be/VbUzEX5-lww 47 Diese erwiesen sich allenfalls punktuell als wirksam: Die nigrische Regierung hat durch die Verhaftung von Schleppern und die Koniszierung von Fahr- zeugen die Anzahl der durchreisenden Migranten kurzfristig um 95% gesenkt (vgl. Lambert 2019, S. 33), wodurch aber illegale Ersatzaktivitäten wie der Drogenhandel zunahmen.

127 Solange das europäische Modell der Asyl- und Migrationspolitik – selbst bei Vorprüfung der Asylberechtigung an der Außengrenze – wei- terhin vorsieht, dass auf EU-Territorium Schutz- und Wohlstandsper- spektiven geboten werden, wird die Attraktion für Migrationswillige nicht nachlassen, die kostspielige und gefährliche (für 2 bis 5% tödli- che; vgl. Lambert 2019, S. 32) Reise mittels Schleppern für ein illegales Eindringen über die Seegrenze in den Schengenraum hinein anzuge- hen (vgl. hierzu auch Horn 2016, S. 150). Der Pull-Faktor des Wohl- standsgewinns bzw. einer teilweise unzutrefenden Wohlstandsillusion in Europa wird erst dann als Magnet wegfallen, wenn unmissverständ- lich geregelt ist und auch in den Herkunftsregionen entsprechend klar und breitenwirksam kommuniziert wird, dass jeder illegale Grenzüber- tritt die sofortige Rückführung in die dezentral außerhalb Europas eta- blierten Schutzzonen bzw. wahlweise direkt in das Herkunftsland zur Folge hat. Nur auf diesem Wege, nicht mit rein reaktiven Ansätzen, lässt sich das kriminelle Multimilliarden-Geschäftsmodell48 der Schlep- per und Menschenhändler (vgl. Gammeltoft-Hansen & Tan 2017, S. 37) wirksam unterbinden. Der Paradigmenwechsel hin zur ausschließ- lich exterritorialen Schutzgarantie eliminiert den zentralen Pull-Efekt für illegale Migration nach Europa bei zugleich gesichertem völker- rechtskonformem Schutzangebot für Flüchtlinge. Das Sterben von laut IOM-Daten rund zwölf Mal mehr Migranten im Mittelmeer 2018 als zeitgleich in ganz Asien auf der Flucht (hinzugerechnet werden müss- ten laut UNHCR mindestens ebenso viele Todesopfer bei der Durch- querung der Sahara; vgl. Lambert 2019, S. 32) könnte dadurch weit- gehend – wenn nicht gar vollständig, wie das Beispiel Australiens zeigt – verhindert werden.

48 Am Beispiel Jemens zeigt Kaspar (vgl. 2016, S. 128), dass trotz großer Not im jemenitischen Bürgerkrieg Schlepperbanden mit ihrem Geschäftsmodell kaum aktiv sind, da a) attraktive westliche Zielländer kaum erreichbar sind und b) die Zahlungskraft der Flüchtlinge aufgrund grassierender Not und Armut sehr gering ist.

128 Durch die Rückführung in sichere und durch das Monitoring institu- tioneller Vertretungen europäischer Staaten bzw. der EU vor Ort be- gleitete Schutzzonen bzw. wahlweise in die individuelle Heimat wird das im Völkerrecht verankerte Refoulement-Verbot nicht verletzt. Laut Staatsrechtler Professor Sodan (2016, S. 173) von der Freien Univer- sität Berlin bezieht sich der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung aus- schließlich auf das Verbot der „Aus- oder Zurückweisung von Flücht- lingen über die Grenze von Gebieten, in denen das Leben oder die Freiheit der Flüchtlinge wegen der Rasse, Religion, Staatsangehörig- keit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder poli- tischen Überzeugung bedroht“ wäre. „Einen positiven Aufenthaltsan- spruch für Flüchtlinge kennt das Völkerrecht hingegen nicht“ (ebd.). So stellt das Bundesverfassungsgericht entsprechend § 3e AsylG und Art. 16a Grundgesetz klar, dass „der Asylsuchende sich den Zuluchts- ort nicht aussuchen kann und keinen Schutzanspruch hat, wenn er auf der Flucht hätte anderweitig Schutz erhalten können“ (ebd.). Dem- nach ist der zwingende Verweis von Schutzsuchenden auf eine extrater- ritoriale Schutzgewährung möglich, sofern internationale Abkommen und staatliche Garantien in den regionalen Schutz- und Entwicklungs- zonen einen angemessenen Schutz vor der speziischen Verfolgung bie- ten, vor der der Flüchtling angibt gelohen zu sein. Für eine erfolgreiche Umsetzung des in der vorliegenden Studie skiz- zierten exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts ist eine Berücksichtigung der speziischen regionalen Rahmenbedingungen der infrage kommenden Standortländer sowie der unterschiedlichen Schutzanforderungen der begünstigten Zielgruppen von fundamen- taler Bedeutung. Je nach länderspeziischer Sicherheitssituation, der Verwundbarkeit der dort geschützten Gruppen sowie den wirtschaft- lichen Rahmenbedingungen des Standortlandes liegt der Schwerpunkt der Schutz- und Entwicklungspole auf der ggf. von außen zu unter- stützenden Sicherheits- bzw. stärker auf der wirtschaftlichen Entwick- lungskomponente. Welche Standorte für die vorgeschlagenen Schutz- und Entwicklungspole in Frage kommen und wie die zur Umsetzung

129 notwendigen Maßnahmenpakete und infrastrukturellen sowie organi- satorischen Vorkehrungen gestaltet sein müssen, liegt insbesondere an den folgenden Faktoren: 1. Außereuropäisches Flucht- bzw. Migrationsaufkommen nach Vul- nerabilitätskriterien und ausstehende Rückführungen nicht Auf- enthaltsberechtigter aus Europa; 2. Ausbaufähigkeit vorhandener regionaler Programme und Einrich- tungen zur Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten außerhalb Europas; 3. Sicherheitslage und daraus resultierende Schutzanforderungen im Land bzw. in der Region der einzurichtenden Schutz- und Ent- wicklungspole; 4. Örtliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten zur Nutzung regionaler Ressourcen sowie internationaler Investiti- ons- und Innovationspotenziale; 5. Kooperationsbereitschaft der geeigneten Standortländer bei drin- gend zu steigernder außenpolitischer Durchsetzungsfähigkeit na- tionaler und europäischer Interessen.

Das Konzept der exterritorialen Schutz- und Entwicklungspole weist auch aus humanitärer Perspektive bedeutende komparative Vorteile gegenüber dem äußerst kostenintensiven konventionellen Asyl- und Migrationssystem auf. Um die zur Verfügung stehenden Mittel für Flüchtlings- und Entwicklungshilfe verantwortungsvoll nach den hu- manitären Prioritäten des speziischen Schutzerfordernisses sowie nach dem Kriterium der Wirksamkeit der geleisteten Hilfe einzusetzen be- darf es eines rationalen Ansatzes, der die vielschichtige Wirklichkeit der Herkunfts-, Transit- und Zielländer berücksichtigt. Schutz und Hilfe sollten demzufolge nur bei faktischer Bedürftigkeit nach Vulne- rabilitätskriterien (Humanitätsprinzip) und gemäß dem Nähe- bzw. „Proximitätsprinzip“ erbracht werden: Hilfe für Menschen in Not soll- te nur dann aufwändiger und kostenintensiver in größerer „Distanz“

130 zur Herkunftsregion geleistet werden, wenn sie in direkterer „Nähe“ zum Krisenherd nicht realisierbar ist. Relevant hierfür ist die räum- liche, sprachliche, kulturelle, wirtschaftliche, aber auch zeitliche Nähe (letztere im Sinne einer raschen Gewährung des Schutzes) bei der Um- setzung maßgeschneiderter und nachhaltiger Hilfelösungen. Zugang zu Schutz und Hilfe sollte in konsequenter Beachtung des Hu- manitäts- und Proximitätsprinzips nicht weiter nach dem bisherigen darwinistischen Selektionsprinzip der Fernmigration nach Europa ge- währt werden, demzufolge nur physisch itte und inanziell solvente Migranten, die den illegalen Grenzübertritt schafen, in den Genuss kostenintensiver, aber ineizienter Sozial- und Hilfeleistungen inner- halb des EU-Raums mit seinem hohen Lebenshaltungskostenniveau kommen. Denn es ist aus ethischer und humanitärer Perspektive nicht tolerierbar, dass die meist unter viel schlimmeren Bedingungen in den Lagern von Herkunfts- und Transitländern außerhalb Europas aushar- renden, deutlich verwundbareren Gruppen aufgrund fehlender media- ler Präsenz und politischen Interesses ignoriert werden. Eine solche, seitens durchsetzungsfähiger Flüchtlings- und Migrantengruppen ge- genüber den weitgehend passiven europäischen Staaten aufoktroyier- te Flüchtlings- und Migrationspolitik soll durch den vorgeschlagenen Paradigmenwechsel eines exterritorialen Schutzkonzepts grundlegend umgeformt werden. Das ethisch fundierte Prinzip der Optimierung des Mitteleinsatzes zur Erzielung der bestmöglichen humanitären und zugleich wirtschaftlichen Ergebnisse für alle Beteiligten muss an erster Stelle stehen.

131 Selektive Ineizienz konventioneller Abschiebepolitik als Hinweis auf den regionalen Standortbedarf für exterritoriale Schutz- und Entwicklungspole

Bezüglich der in der EU-Migrationsagenda empfohlenen Maßnahme der verstärkten Abschiebung nicht Schutzberechtigter, um die Glaub- würdigkeit der europäischen Asyl- und Migrationspolitik in den Augen der EU-Bürger nicht weiter zu beschädigen (vgl. Europäische Kommis- sion 2015a, S. 9), gibt es bislang weder auf nationaler, noch auf EU-Ebe- ne überzeugende Erfolge vorzuweisen. Die EU-Mitgliedstaaten (EU-28) hatten 2018 insgesamt 478.200 abgelehnten Asylbewerbern eine Ausrei- seanordnung erteilt (rote Linie in Abb. 10). Im gleichen Zeitraum konn- ten aber nur 198.400 Personen abgeschoben werden und davon nur 157.900 bzw. ca. 30% in ihre Herkunftsländer außerhalb der EU (grüne bzw. grün gestrichelte Linie in Abb. 10; vgl. Eurostat 2020d, S. 2f).

Quelle: Eurostat 2020d, S. 2

Abb. 10: Illegale, ausreiseplichtige, abgewiesene und abgeschobene Nicht- EU-Bürger in der Europäischen Union 2008-2018

132 Wie Abb. 11 entnommen werden kann, standen an erster Stelle bei den Asylantragstellern in der Europäischen Union in den Jahren 2018 und 2019 der Nahe und Mittlere Osten mit den Herkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak, Türkei, Georgien, Iran und Palästina (insgesamt ca. 440.000 Erstantragsteller in der EU-27; vgl. Eurostat 2020c, S. 3). Das zweitwichtigste Herkunftsgebiet 2018/2019 bildeten die Staaten Sub- sahara-Afrikas, an führender Stelle Nigeria, Somalia, Guinea, Eritrea, DR Kongo, Elfenbeinküste, Mali und Sudan. Insgesamt rund 170.000 Asylanträge aus diesen Ländern wurden gestellt.

Quelle: Eurostat 2020c, S. 3

Abb. 11: Asylbewerber (Erstanträge in Tausend) 2018 / 2019 nach Her- kunftsstaaten in der Europäischen Union (EU-27

An dritte Stelle im betrefenden Zeitraum rückte Lateinamerika mit knapp 150.000 Asylbewerbern insbesondere aus Venezuela und Ko- lumbien sowie aus weiteren zentralamerikanischen Staaten. Aus den Regionen (Süd-) Osteuropa (insbesondere Albanien, Russland und

133 Ukraine) sowie aus Südasien (vor allem Pakistan und Bangladesch) ka- men jeweils knapp 70.000 Erstantragsteller im untersuchten Zweijah- reszeitraum. Nur noch etwa 30.000 Asylanträge wurden 2018 bis 2019 von Personen mit nordafrikanischer Staatsbürgerschaft, insbesonde- re aus Marokko und Algerien, gestellt (vgl. ebd.), wobei Tunesien in jüngsten Entwicklungen aufgrund der Corona-Lockdown-Rezession wieder stark steigende Zahlen zu verzeichnen hat (vgl. Frankfurter All- gemeine Zeitung, 28.07.2020). Einen wichtigen Hinweis auf prioritären Bedarf an exterritorialen Schutz- und Entwicklungspolen ergeben die nach Herkunftsländern ka- tegorisierten Zahlen der in den Jahren 2017 und 2018 verhängten Aus- reiseanordnungen gegenüber Personen, die nicht schutzberechtigt sind und auch keinen anderen regulären Aufenthaltsstatus für Arbeits- oder Bildungszwecke bzw. aus familiären Gründen vorweisen können. Für Personen aus dem Nahen und Mittleren Osten wurden rund 190.000 Ausreisebefehle erteilt, für Osteuropa und Nicht-EU-Staaten auf dem Westbalkan ca. 165.000, für die Maghrebstaaten in Nordafrika etwas über 140.000, für Südasien knapp 100.000 und für die in Abb. 12 ge- nannten Staaten in Subsahara-Afrika fast 70.000 (vgl. Eurostat 2020d, S. 8). „Aussagekräftig wird“, wie Professor Kempen (2016, S. 218) vom Institut für Völkerrecht der Universität Köln betont, „die Zahl der Ab- schiebungen erst in der Relation zur Zahl der ausreiseplichtigen Perso- nen“. Vergleicht man die Anzahl der oiziell Ausreiseplichtigen mit den tatsächlich abgeschobenen Personen, so ergibt sich für 2018 eine durch- schnittliche Rückführungsquote von 36% gegenüber 37% im Jahr 2017 (vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 17) und noch 46% in 2016 (vgl. Europäische Kommission 2018f, S. 1). Rund die Hälfte der erfolg- ten Rückkehrvorgänge erfolgt in der EU ohne polizeiliche Zwangsmaß- nahmen auf freiwilliger Basis (vgl. Mercator Dialogue on Asylum and Migration 2020, S. 27). In Griechenland stehen wegen Verwaltungseng- pässen aber nur 26% der freiwilligen Rückkehrer auch tatsächlich Re- integrationshilfen im Rahmen des IOM-Rückkehrprogramms zur Ver- fügung, wie der Europäische Rechnungshof (vgl. 2019, S. 73) kritisiert.

134 Quelle: Eurostat 2020d, S. 8

Abb. 12: Top 20 Staaten 2017 / 2018, für die Nicht-EU-Bürger eine Aus- reiseanordnung erhielten (EU-28)

Beim Vergleich der Rückkehrquoten für einzelne Länder (s. Abb. 13) bzw. Regionen tritt eine aufällige Tendenz zutage: Während die Rück- führung nach Osteuropa (Russland, Ukraine) und auf den Westbalkan (Albanien, Serbien) im Vergleichszeitraum 2017-2018 im Umfang von rund 77% der ausgesprochenen Ausreiseanordnungen gelang, ielen die übrigen Regionen Naher und Mittlerer Osten (25%), Maghreb (26%), Südasien (25%) und Subsahara-Afrika (22%) mit sehr niedrigen Er- folgsquoten auf (vgl. Eurostat 2020d, S. 8f.). In einzelnen afrikanischen Staaten wie Guinea und Mali erreichten die Rückführungsquoten Tiefstwerte von 2,8 bzw. 1,7% (vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 17 und Mercator Dialogue on Asylum and Migration 2020, S. 23).

135 Quelle: Eurostat 2020d, S. 9

Abb. 13: Top 20 Staaten 2017 / 2018, in die Nicht-EU-Bürger abgeschoben wurden (EU-28)

Diese ausgeprägte regionale Diskrepanz zwischen den Rückführungs- quoten für Osteuropa einerseits und Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten andererseits verlangt nach einer Ursachenklärung. Professor Kempen (2016, S. 219) macht hier ein „kombiniertes Ver- sagen von Legislative, Exekutive und Judikative“ aus. Ihm zufolge hat „Aufenthalt trotz Ausreiseplicht […] Methode, weil die staatlichen Gewalten widersprüchlich kommunizieren und agieren“ (ebd.). Auf- grund der regionalspeziischen Diskrepanzen ergeben sich aber wei- terführende Frage: Können bzw. wollen sich die für Abschiebungen verantwortlichen staatlichen Behörden bei gewissen regionalen Ziel- gruppen unter den Abzuschiebenden nicht wirksam durchsetzen oder genießen gewisse Gruppen mehr zivilgesellschaftliche Unterstützung im Kampf gegen die Abschiebung als andere? Wie ist zu erklären, dass „die Ergebnisse nach wie vor enttäuschend“ auch im Falle vieler der von der EU-Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten mit 24 Her- kunftsländern gezielt ausgehandelten „Rückübernahmeabkommen“

136 sind, „was die Zahl der rückgeführten Personen anbelangt“ (Europäi- sche Kommission 2019a, S. 18)? Regionen mit aufallend niedriger Abschiebequote bedürfen folglich einer besonderen Aufmerksamkeit, um ausreiseplichtige Personen zu- künftig gemäß Lösungskonzept der vorliegenden Studie in regionale Schutz- und Entwicklungspole überzusiedeln, sofern eine Rückfüh- rung in ihre Herkunftsländer nicht möglich ist. Ein dauerhaftes Ak- zeptieren sehr niedriger regionalspeziischer Rückführungsquoten hin- gegen würde – wie die Europäische Kommission (2015a, S. 9) in der EU-Migrationsagenda selbst feststellt – das „Vertrauen“ der Bürger in das europäische Asyl- und Migrationssystem weiter „unterminieren“. Zudem würde es das Signal an unrechtmäßig in der EU beindliche Migranten aus Afrika und Teilen Asiens aussenden, dass eine Auswei- sung mit hoher Wahrscheinlichkeit umgangen werden kann. Für die zukünftigen Migrationswilligen aus den betrefenden Regionen wäre es ein Zeichen, dass das europäische Asyl- und Rechtssystem kein robus- tes Hindernis für eine illegale Einreise und ein dauerhaftes Verbleiben in der Europäischen Union ohne wirklichen Schutzbedarf darstellt. Insgesamt ergeben sich auf der Grundlage dieser einfachen Analyse der Zahlen der Asylbewerber, der Ausreiseplichtigen bzw. in Länder außer- halb der EU Abgeschobenen eine notwendige regionale Fokussierung des exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts auf den Nahen und Mittleren Osten, Nordafrika sowie Subsahara-Afrika. Die Rück- kehr in die übrigen Regionen Osteuropa, Westbalkan, Südasien und Lateinamerika sollte mittels persönlicher Rückkehrhilfen unterstützt werden. Nach aktuellem Stand bedarf es dort aber keiner konzertierten Großprogramme im Sinne von Schutz- und Entwicklungspolen.

137 Selektive Ineizienz konventioneller Abschiebepolitik und Rückkehrförderung in Deutschland

Im Jahr 2017 gab es in Deutschland mit knapp 1,7 Millionen fast vier Mal so viele Schutzsuchende wie 2007 mit 457.000 Fällen (vgl. Brück- ner 2019, S. 65). Bis Ende 2019 stieg ihre Anzahl weiter auf 1.839.115, darunter 1.360.070 mit einem humanitären Aufenthaltstitel bzw. an- erkanntem Schutzstatus (Anstieg um 6% gegenüber dem Vorjahr) und 266.470 Personen mit ofenem Schutzstatus (s. Abb. 14). Die Anzahl der Personen mit abgelehntem Schutzstatus stieg 2019 um 10% auf 212.575 Personen, unter anderem durch eine weitere Abarbeitung an- hängiger Asylverfahren die sich seit der Migrationswelle 2015 akkumu- liert hatten. Die stärkste Gruppe der Abgelehnten stellten Ende 2019 Afghanen (12%), Iraker (10%) und russische Staatsbürger (5%). Bei 84% aller Abgelehnten war aber eine „Duldung“ im Ausländerzentral- register eingetragen, das heißt die Abschiebung wurde vorübergehend ausgesetzt (vgl. Statistisches Bundesamt, 23.07.2020). Von den insge- samt 249.922 ausreiseplichtigen Ausländern in Deutschland hatten 202.387 eine Duldung, fast 12% mehr als 2018 (vgl. Pichl 2019, S. 34 und Statista, 14.07.2020).

Quelle: Statistisches Bundesamt, 23.07.2020

Abb. 14: Schutzsuchende nach Schutzstatus in Deutschland 2007 bis 2019

138 In Bezug auf die Migrationskrise in Deutschland hatte der ehemalige Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung Anfang 2017 noch ambitionierte Rückführungsziele angekündigt: „2016 wur- den etwa 700.000 Asylanträge entschieden und davon fast 300.000 abgelehnt. Diese Personen wollen wir zügig zurückführen, sonst leidet die Glaubwürdigkeit unseres Rechtsstaates“ (Welt, 14.08.2018). Die jüngsten Zahlen zeigen jedoch, dass die Tendenz faktisch erfolgter Ab- schiebungen – wie in der gesamten EU, so auch in Deutschland – seit 2016 kontinuierlich rückläuig ist: 2016: 25.375; 2017: 23.966; 2018: 23.617 und 2019: 22.097 Personen (s. Abb. 15; vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 09.06.2020a). Von den 2019 Abgeschobenen wurden 8.423 bzw. 38% lediglich gemäß Dublin-Verordnung in ande- re EU-Staaten im ofenen Schengenraum überstellt, die meisten davon nach Italien und Frankreich (vgl. ebd.). Bedingt durch den Corona- Lockdown sanken die Abschiebungen aus Deutschland in den ersten fünf Monaten 2020 auf unter die Hälfte des Vorjahreszeitraums. Da- durch erhöhte sich die Anzahl der insgesamt Ausreiseplichtigen auf einen neuen Höchststand von 266.605 zum 31.05.2020 (vgl. Frank- furter Allgemeine Zeitung, 14.07.2020).

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, 09.06.2020a

Abb. 15: Abschiebungen aus Deutschland 2014 bis 2019 in absoluten Zahlen

139 Quelle: Statistisches Bundesamt, 23.07.2020

Abb. 16: Veränderung des Schutzstatus bei 2014 bis 2016 nach Deutschland Eingereisten bis 2019 (in Tausend)

Exemplarisch lässt sich die selektive Ineizienz der deutschen Abschie- bepolitik anhand der Herkunftsregion Afrika aufzeigen: Im ersten Halbjahr 2018 wurden in Deutschland 36.089 Asylanträge von Afri- kanern entschieden, wovon etwas über 75% abgelehnt wurden. Durch- schnittlich rund 75% aller abgelehnten Asylbewerber klagen gegen ihre Ablehnung und überlasten das deutsche Justizsystem mit zeitweise bis zu 250.000 zeitgleich laufenden Verfahren. Ca. 15% sind auf dem Klageweg erfolgreich (vgl. BAMF 30.03.2020). Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2018 nur 3.164 abgelehnte afrikanische Antragstel- ler abgeschoben. Dies entspricht knapp 9% der im gleichen Zeitraum entschiedenen Anträge bzw. knapp 12% der abgelehnten. Mit 2.015 Personen wurden die meisten Abgeschobenen aber nicht in ihre Hei- mat zurückgeführt, sondern lediglich nach dem Dublin-Abkommen innerhalb des für Sekundärmigration weitgehend ofenen Schengen-

140 raums per Rückübernahmegesuch überstellt. In ihre Herkunftsländer wurden im ersten Halbjahr 2018 nur 1.149 Afrikaner bzw. rund 4% in Relation zu den abgelehnten Asylanträgen abgeschoben. Von die- ser Gesamtzahl wurden 864 bzw. 75% allein in die Maghrebstaaten Marokko, Tunesien und Algerien verbracht. In die übrigen 50 afrika- nischen Staaten wurden lediglich 285 Personen bzw. 25% aller Rück- geführten abgeschoben (vgl. Welt, 14.08.2018). Insgesamt zeigen die Vergleichszahlen des Schutzstatus zwischen 2016 und 2019, dass nur 13% innerhalb des Dreijahreszeitraums Deutschland wieder verlassen hatten (s. Abb. 16). Seit 2014, als beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die „Bund-Länder-Koordinierungsstelle Integriertes Rückkehrmanage- ment (BLK-IRM)“ eingerichtet und die Anzahl der Abschiebungen von einem niedrigen Niveau von knapp 11.000 ausgehend gesteigert wurden (vgl. Kempen, 2016, S. 217), führten durchweg diverse Bal- kanstaaten, Russland und Georgien die wichtigsten fünf Zielstaaten der deutschen Abschiebestatistik an. Lediglich 2019 rückte mit Nigeria erstmals ein Staat außerhalb (Süd-)Osteuropas auf Platz zwei der Rang- liste vor (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 09.06.2020a). Kein außereuropäisches, überwiegend islamisch geprägtes Herkunfts- land nahm im Zeitraum 2014-2019 jemals eine Spitzenposition unter den ersten fünf Rückführungsstaaten ein, obwohl die überwiegende Mehrzahl der Schutzsuchenden und Migranten im Vergleichszeitraum diesem Kulturraum entstammt hatte: Muslimischen Glaubens waren 2016 in Deutschland 75,9% aller Asylantragsteller (männlich 66%) und 2019 noch 62% (männlich 57%; vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlingen 2017, S. 25 und 2020b, S. 24 und Bundeszentrale für politische Bildung, 09.06.2020b). Meinungsumfragen in Deutschland ergaben 2016 eine überwältigende Mehrheit von 85% für eine schnellere Abschiebung ausreiseplichti- ger Personen (vgl. Welt, 19.08.2016). Als größte nationale Bedrohung sahen die Deutschen in einer repräsentativen Befragung Mitte 2020

141 die Migration mit 24% gegenüber dem Klimawandelmit mit nur 16% (vgl. Welt, 12.08.2020). Die niedrigen Rückführungsquoten bei af- rikanischen und nah- bzw. mittelöstlichen Staaten inden demnach keine Unterstützung in der Bevölkerung. Jedoch wird in der – frei- lich medial beeinlussten – öfentlichen Wahrnehmung häuig mit Unverständnis quittiert, dass gerade gesetzestreue, gut integrierte und am Arbeitsmarkt vermittelbare abgelehnte Asylbewerber verstärkt ab- geschoben werden, weil sie nicht den Weg des illegalen Untertauchens gewählt hatten. Die Abschiebung schwer strafällig gewordener Asylbe- werber hingegen wurde sogar durch Urteile des Europäischen Gerichts- hofs (EuGH) auf der Grundlage des EU-Asylrechts in diversen äußerst problematischen Fällen untersagt (vgl. Welt, 14.05.2019). Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 16.07.2020 die Rechte des Aufnahmestaates zugunsten der Schutzsuchenden weiter geschwächt. Der Bundesregie- rung wurde untersagt, einen Eritreer, der nachweislich in Italien bereits Schutz erhalten hatte, ohne Einzelanhörung seiner persönlichen Sicht, warum er in Italien unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein könnte, gemäß Dublin-Verordnung rückzuüberstellen (vgl. Juris, 16.07.2020). Ein bedeutendes Abschiebehindernis jenseits juristischer Hürden stellt häuig die mangelnde Kooperationsbereitschaft sowohl der Betrofenen als auch der diplomatischen Vertretungen ihrer Herkunftsstaaten (vgl. Bossong 2017, S. 2 und Sachverständigenrat für Migration 2020b, S. 11) bei der Beschafung von Passdokumenten dar.49 Die für die Ab- schiebungen nach einem negativen BAMF-Asylentscheid zuständigen kommunalen Ausländerämter und Bundesländer sind bei fehlenden Passpapieren weitgehend hillos. Kempen (2016, S. 226) kritisiert in diesem Kontext, dass selbst die „Rechtsprechung das Fehlen eines Rei- sepasses oder Ausweispapiers weitgehend undiferenziert als Duldungs-

49 Teilweise verlangen die diplomatischen Vertretungen der Herkunftsstaaten zudem exorbitant hohe Gebühren für das Ausstellen von Passersatzpapieren, die dann in der Regel von der für den rückzuschiebenden Migranten zustän- digen kommunalen Ausländerbehörde übernommen werden müssen.

142 grund anerkennt“. Generell fordert der Präsident des Bundespolizei- präsidiums, Dr. Dieter Romann, dass in Zukunft die Verantwortung für Abschiebungen von den rund 600 Ausländerbehörden auf Kom- munal- und Länderebene auf den Bund übertragen werden sollte (vgl. Welt, 22.01.2017). Dies könnte auch weiterer behördlicher Willkür einen Riegel vorschieben, wie sie durch sich mit illegalen Migranten gegenüber dem Gesetzgeber solidarisierenden Städten unter links ten- dierenden Kommunalregierungen unter dem Label „Sanctuary Ci- ties“ (Nordamerika) oder „Solidarity Cities“ bildet, um rechtmäßige Abschiebungen zu verschleppen (vgl. Kron 2019, S. 44f.). Kempen (vgl. 2016, S. 222f) kritisiert ebenfalls das föderale Kompetenzwirr- warr, wenn 16 Länderinnenminister aus eigenem Ermessen ermächtigt sind, Abschiebungen auszusetzen: „Aus der Duldungs-Ausnahme wird eine Bleibe-Regel“ (ebd., S. 223). Der Bund habe, wie Bundespolizei- präsident Romann betont, theoretisch die Möglichkeit, bei fehlenden Ausweisdokumenten sogenannte „Laissez-Passer“-Papiere für eine um- gehende Abschiebung auszustellen, was völkerrechtlich nicht zu bean- standen wäre, aber im Gegensatz zu früher kaum noch praktiziert wird (vgl. Welt, 22.01.2017). In vielen Fällen wird die Abschiebung seitens der Ausreiseplichtigen mittels Untertauchen50, Krankheit (vgl. Kempen 2016, S. 225) und sogar Selbstverletzung oder auch per (teilweise ingierter) Selbstan- klage als angebliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Herkunftsland verhindert (vgl. Focus, 25.06.2019).51 Unter großem juristischem und polizeilichem Aufwand gemäß Dublin-Verordnung in andere Schengenstaaten Abgeschobene kehren zudem häuig in ihr

50 Wie der Europäische Rechnungshof (vgl. 2019, S. 70) anhand des Fallbei- spiels Italien nachweist, wird dem Untertauchen Ausreiseplichtiger aber auch seitens der Regierungen Vorschub geleistet, in dem diese oft nur eine sehr unzureichende Anzahl von Abschiebehaftplätzen vorhalten. 51 Liste der aktuellen Terrorverfahren der Generalbundesanwaltschaft: www. generalbundesanwalt.de/DE/Presse/Aktuelle_Pressemitteilungen/Aktuelle_ Pressemitteilungen_node.html

143 selbst gewähltes Zielland innerhalb des Schengenraums zurück: Exper- ten aus Sicherheitskreisen in Baden-Württemberg schätzten diese Quo- te auf zwischen einem Drittel und der Hälfte aller Abgeschobenen (vgl. Welt, 17.02.2019). Bei in ihre Herkunftsländer Abgeschobenen liege die Quote Expertenschätzungen zufolge bei 5-10% (vgl. ebd.). Exakte Statistiken werden zu dieser wichtigen Problematik weder auf Landes-, noch auf Bundes- oder EU-Ebene geführt. Neben dem Instrument erzwungener Abschiebungen bietet die Bun- desregierung ein Förderprogramm für die freiwillige Ausreise ausreise- plichtiger, da abgelehnter Asylbewerber an. In der Europäischen Union insgesamt machen die freiwilligen Ausreisen ca. 50% aller Rückkehr- vorgänge aus (vgl. Marcator Dialogue on Asylum and Migration 2020, S. 27). Das Finanzvolumen der deutschen Rückkehrhilfe lag 2018 bei 9,5 Mio. Euro. Hinzu kommt das Programm „Starthilfe Plus“ im Um- fang von 19,75 Mio. Euro, das freiwilligen Rückkehrern in einigen Ländern zusätzliche Starthilfe gewährt. Laut Daten der Bundesregie- rung kehrten von den 102.761 Ausreiseplichtigen, deren Rückkehr seit 2014 gefördert worden war, bisher 2.506 bzw. 2,4% wieder zu- rück nach Deutschland und stellten zwischen 2017 und 2019 erneut einen Asylantrag (vgl. Hamburger Abendblatt, 06.06.2019). Geförder- te freiwillige Ausreisen verursachen trotzdem bei deutlich geringerer Rückkehrquote erheblich niedrigere Kosten als Abschiebehaft und eine anschließende begleitete Abschiebung (vgl. Whyte & Hirslund 2013, S. 1). Diese werden in Länder mit geringen Abschiebezahlen bzw. bei besonders gefährlichen Ausreiseplichtigen teilweise sogar mittels Pri- vatjet durchgeführt, was die Kosten je Abgeschobenem in skandalöse Höhen von oft mehreren Zehntausend Euro (vgl. Pichl 2019, S. 35) treiben kann. Beispielhaft sei hier die Abschiebung zweier schwer straf- fällig gewordener Kenianer im Jahr 2019 erwähnt, für die ein Privatjet für 137.000 Euro gechartert werden musste. Zur Absicherung der Ab- schiebung entstanden zudem Kosten für ein 14-köpiges Begleitteam bestehend aus Bundespolizei, Medizinpersonal und Frontex, welches mit nach Nairobi reiste (vgl. Bayerischer Rundfunk, 01.10.2019).

144 Vorhandene Programme und Einrichtungen In Herkunfts- und Transitregionen zur Aufnahme und Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten

Für die operative Umsetzung des exterritorialen Schutz- und Entwick- lungskonzepts bedarf es einer detaillierten Analyse der und einer ent- sprechenden Abstimmung auf die im potenziellen Standortland bereits etablierten Schutzeinrichtungen und Förderprogramme für Flüchtlinge und Migranten seitens IOM, UNHCR, der Europäischen Union und nationaler Programme sowie internationaler wie lokaler Nicht-Regie- rungs-Organisationen (NGOs). Wie die Karte in Abb. 17 zeigt (Camps für Binnenlüchtlinge in grünen und für internationale Schutzsuchen- de in roten Signaturen), unterhalten das UNHCR und nationale Ins- titutionen eine große Anzahl an Flüchtlingscamps in den Herkunfts- und Transitregionen in Europas Nachbarschaft. Das UNHCR beklagt anhaltende gravierende Finanzierunglücken, was eine menschenwürdi- ge Versorgung der Flüchtlinge und Migranten vor Ort sehr erschwert. So hat das UNHCR in Bezug auf Libyen „die Europäische Union mit Nachdruck zur Mithilfe aufgerufen, die Situation in den libyschen Haftlagern zu verbessern“, zumal die EU „seit Februar 2017 die liby- sche Küstenwache dabei [unterstützt], Migranten auf dem Mittelmeer abzufangen und sie anschließend nach Libyen zurückzubringen“ (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.05.2019). Doch laut UNHCR wird eine mit relativ geringen Mitteln zu behebende äußerst schlechte Versorgungssituation seitens der EU und ihren Mitgliedstaaten in der unmittelbaren mediterranen Nachbarschaft weitgehend ignoriert: „Die humanitäre Situation der Menschen in den Lagern ist verheerend. Es fehlen Nahrung, Wasser, und viele brauchen dringend medizinische Hilfe“ (ebd.).

145 Quelle: UNHCR 2020 https://reporting.unhcr.org/node/36; 18.07.2020]

Abb. 17: Überblickskarte der Flüchtlingseinrichtungen in Südeuropa, dem Nahen Osten und Afrika nördlich des Äquators

Auch investigativ arbeitende journalistische Rechercheteams bestätigen seit Jahren inakzeptable Lebensbedingungen für oft schutzlose, teil- weise sklavenartiger Ausbeutung, ja sogar Verkauf (CNN, 13.11.2017) und Folter durch Geldeintreiber der Schleppermaia ausgesetzter Mi- granten in Libyen.52 Die in unmittelbarer südlicher Nachbarschaft zur EU ignorierten schlimmen Schicksale vieler der zwischen 400.000 und 1 Mio. auf eine Gelegenheit zur Überfahrt nach Europa wartenden Migranten allein in Libyen (vgl. Pew Research Center 2018, S. 9) er- zeugen einen immensen Motivationsdruck, mittels teurer und lebens- gefährlicher Schlepperboote sowie mithilfe mit diesen kooperierenden NGO-Seenotrettungsdiensten die EU zu erreichen.53 Der UNHCR-

52 Deutsche Welle News, 26.09.2019: htps://youtu.be/V4-0P8roSi4 53 FrAance 24 English, 13.11.2019: htps://youtu.be/VPzme78JyCg

146 Sondergesandte für das zentrale Mittelmeergebiet Vincent Cochetel gibt an, dass Flüchtlinge und Migranten sich aufgrund ihrer Notlage und der Hofnung über das UNHCR einen der wenigen Plätze für eine Neuansiedlung als Kontingentlüchtling in einem westlichen Auf- nahmeland zu erhalten, sogar Bestechungsgelder zahlen, um in das stark unterinanzierte und überbelegte Sammel- und Transitzentrum des UNHCR in Tripolis zu gelangen.54 Andere Befragte wiederum geben an, sich im UNHCR-Camp wie im Gefängnis zu fühlen und das Sicherheitspersonal berichtet von Selbstmorden aus Verzweilung nach Ablehnung des Flüchtlingsstatus. Von Insassen wurden Vorwürfe über einen informellen Lagerbereich geäußert, aus dem man sich gegen Zahlung eines Bestechungsgeldes freikaufen könne. Die islamistischen Bürgerkriegsmilizen zur Stützung der von der EU und der UNO an- erkannten sowie von den Muslimbrüdern und der Türkei unterstütz- ten Einheitsregierung in Tripolis sollen im Lager systematisch Kämpfer rekrutieren.55 Noch schlimmer als in UNHCR-Camps können – je nach Finanzie- rungslage – die Bedingungen in den stark von Flüchtlings- und Mi- grationsströmen betrofenen Regionen in nationalen Einrichtungen, besonders aber in informellen Lagern und Unterkünften sein. Oft le- ben nicht staatlich versorgte Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in informell aus Planen und Blechen zusammengefügten Behausungen oder in ofenen Rohbauten und müssen ohne reguläre Einkommensquelle oder Hilfsgelder überleben (im Libanon betraf die- se Situation bis zu 40% der 1,1 Mio. syrischen Flüchtlinge, die 2015 in dem nur 6 Mio. Einwohner umfassenden Land Zulucht gefunden haben; vgl. Time, 08.09.2015).56 Hier könnten die für Flüchtlinge

54 AfricaNews, 18.10.2019: htps://youtu.be/GxH1f88ed64 55 EuroNews, 03.10.2019: htps://youtu.be/c0kNZHhmR8s und htps:// youtu.be/c0kNZHhmR8s 56 Dies belegen auch eigene Beobachtungen bei Forschungsreisen 2015 und 2018 in die Türkei und den Nordirak in Gebieten mit einer hohen Anzahl informell in prekärer Situation untergebrachter Flüchtlinge.

147 und illegale Migranten innerhalb Europas aufgewendeten Gelder mit deutlich höherer Kosteneizienz und Reichweite unter den verwund- barsten Personengruppen einen vielfach größeren humanitären Nutzen erzielen. Unter Beachtung des Näheprinzips könnten durch Hilfe vor Ort die unterprivilegiertesten Vertreter einer viele Millionen Menschen umfassenden transnationalen Flüchtlingscommunity erreicht werden, die bislang weitgehend ausgegrenzt bleibt vom eurozentrischen Fokus der EU-Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie der Berichterstattung der Massenmedien und der Wahrnehmung der breiten Öfentlichkeit in Europa. Die deutsche Bundesregierung hat zwar ihre Beiträge an das Flücht- lingshilfswerk der Vereinten Nationen zwischen 2009 und 2019 von 55 auf 390 Mio. Dollar gesteigert (vgl. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen 2016 und UNHCR, 14.07.2020). Doch je Ein- wohner gerechnet leistete Deutschland 2017 nur rund ein Viertel der Zahlungen Norwegens an das UNHCR zur Unterstützung der Flüchtlinge in regionalen Aufnahmeländern und Transitregionen (vgl. Statista, 18.09.2017). Als ein prominenter Auslöser der Migrations- welle ab 2014 aus Syrien und den umliegenden Aufnahmestaaten gilt die Kürzung der freiwilligen Zuwendungen einiger Staaten der EU für Lebensmittelhilfen durch das World Food Programme der UNO (vgl. Stock 2019, S. 17). Zugleich versorgte Deutschland mit vielfach höherem Kostenaufwand pro Flüchtling eine vergleichsweise kleine Anzahl von Personen auf dem eigenen Territorium: So schlugen im Bundeshaushalt 2018 direkt zuzuordnende Flüchtlingskosten in Höhe von 23 Mrd. Euro zu Buche und in den Länderhaushalten weitere 4,9 Mrd.; vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 15.10.2019). Für die Versorgung anerkannter Flüchtlinge im Hartz-IV-System wandte der Bund 2018 rund 4 Mrd. Euro auf für 400.000 Haushalte, in denen rund eine Million Personen lebten (vgl. Frankfurter Allgemeine Zei- tung, 20.05.2019). Für 2017 hatte das Kieler Institut für Wirtschafts- forschung sogar einen Höchstbetrag von 55 Mrd. Euro pro Jahr für die gesamten Flüchtlingskosten kalkuliert (vgl. Neue Zürcher Zeitung,

148 15.09.2017). Für die Bundesregierung wie für andere EU-Staaten wäre es daher wichtig die Entscheidungs- und Gestaltungshoheit über die Asyl- und Migrationspolitik wieder zu erlangen statt sich die Hand- lungsoptionen von außen beschneiden zu lassen.

Versuch der Fluchtvermeidung durch „Regionale Schutzprogramme“ der EU

Bereits 2005 erkannte der Rat der Europäischen Union angesichts ei- nes langfristig wachsenden Migrationsdrucks grundsätzlich, „dass die EU im Geist gemeinsamer Verantwortung zu einem leichter zugäng- lichen, gerechteren und wirksameren internationalen Schutzsystem in Partnerschaft mit Drittländern beitragen und zum frühest möglichen Zeitpunkt Zugang zu Schutz und zu dauerhaften Lösungen gewäh- ren muss“ (vgl. Europäische Kommission 2005, S. 2). Entsprechend den Vorgaben des Haager Programms sollten die Maßnahmen darauf fokussieren, „Schutz in den [Herkunfts- bzw. Transit-] Regionen zu ge- währen als komplementärer Politikansatz zum Zugang zu Asyl in Euro- pa“ (European Council on Refugees and Exiles 2015, S. 6). Umgesetzt wurden die Regionalen Schutzprogramme in Osteuropa, Tansania, am Horn von Afrika, in Nordafrika und im Nahen Osten. In Nordafrika starteten die Programmaktivitäten 2011, aber in Liby- en musste der Start um ein halbes Jahr auf 2012 verschoben werden, „wegen der instabilen Situation infolge der Aufstände“ (European Council on Refugees and Exiles 2015, S. 13). Dass nicht allein die Aufstände, sondern eher das „NATO Dauerbombardement“ (Handels- blatt, 24.05.2011) den Projektstart verhindert und das Land mit dem zuvor wohl besten Sozialsystem Afrikas in einen Regierungsumsturz und damit in ein bereits fast zehn Jahre währendes Bürger- und Stell- vertreterkriegschaos sowie eine schwere humanitäre und ökonomische Krise gestürzt und Jahrzehnte in der Entwicklung zurückgeworfen

149 hatte (vgl. Asseburg 2018, S. 60), bleibt in der Evaluierungsstudie der Migrations-NGO unerwähnt. Die tatsächlich in Libyen durchgeführ- ten Aktivitäten lassen jedoch auf keine dem Anspruch des „Regional Protection Programme“ entsprechenden Schutz vor Ort schließen: So wurde in Kooperation mit dem UNHCR und zwei NGOs etwa die Schutzumgebung überwacht, Flüchtlinge registriert, eine Bestimmung des Flüchtlingsstatus vorgenommen und Beratungsdienste geleistet. Während der Projektimplementierung wurden Probleme identiiziert wie willkürliche Festnahmen und fehlende Ausweisdokumente bei Asylsuchenden. Schließlich stellen die Evaluatoren fest, dass der Zu- gang zu Asylbewerbern in libyscher Haft schwierig war (vgl. European Council on Refugees and Exiles 2015, S. 13). Eine der sechs vorgesehenen „Kernaktivitäten“ des Regionalen Schutz- programms in Libyen zeigte konkretere Resultate: „Eine Neuansied- lungszusage, indem sich die EU-Mitgliedstaaten freiwillig verplichten, dauerhafte Lösungen bereitzustellen und Flüchtlingen die Neuansied- lung in ihren Ländern anzubieten“ (Europäische Kommission 2005, S. 4). So unterstützte das EU-Programm das UNHCR bei der Neu- ansiedlung von 4.227 Flüchtlingen aus Libyen (vgl. European Coun- cil on Refugees and Exiles 2015, S. 13). Der von der Open Society Foundation koinanzierte European Council on Refugees and Exiles57 (S. 4) fordert in Bezug auf die Regionalen Schutzprogramme der EU, dass diese “auch ein substanzielles Angebot an Neuansiedlungen [von Flüchtlingen] seitens Europa“ beinhalten solle, so dass diese „zu einer ihrer Hauptkomponenten würden“. Gerade beim Fallbeispiel Liby- ens, wo ein völkerrechtswidriger Angrifskrieg europäischer Staaten – wenngleich unter humanitärem Vorwand – vorausgegangen war, ist das Vertrauen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem betrof- fenen Land bereits gründlich zerstört und damit die Glaubwürdigkeit

57 Finanzierungsquellen des European Council on Refugees and Exiles sind neben EU und UNHCR eine Reihe „philanthropischer Stiftungen“: www.ecre.org/inance

150 und Sinnhaftigkeit folgender politische Zielsetzung fraglich: „Die Neuansiedlung von Flüchtlingen in den EU-Mitgliedstaaten wird ein wichtiger Faktor sein, der gegenüber Drittländern die partnerschaft- liche Komponente der regionalen Schutzprogramme unterstreicht“ (Europäische Kommission 2005, S. 4f.). Auf Initiative der EU-Ratspräsidentschaft Dänemarks im ersten Halb- jahr 2012 wurde im Kontext des Syrienkonlikts für die besonders stark von Fluchtbewegungen betrofenen Länder Jordanien, Libanon und die Kurdische Republik des Irak das „neue Modell“ eines „Regio- nalen Schutz- und Entwicklungsprogramms“ (vgl. European Council on Refugees and Exiles 2015, S. 14) entwickelt. Die Mitte 2014 ge- startete Initiative sieht vor, dass zur Förderung von Flüchtlingen vor Ort Programm-Komponenten wie die sozioökonomische Entwick- lung, wirtschaftliche Perspektiven und die Fähigkeit ein Einkommen zu erzielen durch Arbeitsplatzschafung und die Förderung von Unter- nehmensgründungen gestärkt werden (68% der Budgetmittel in der ersten Programmphase 2014-2017; vgl. Ministry of Foreign Afairs Denmark 2018, S. 28). Flankiert werden diese Maßnahmen durch Berufsausbildung, Infrastrukturentwicklung, und marktkonforme För- derung für sowohl Flüchtlinge als auch Mitglieder der aufnehmenden Gesellschaften der drei Nachbarstaaten Syriens. Bei den öfentlich aus- geschriebenen Förderrunden58 sollen multiperspektive Partnerschaften mit kommunalen und nationalen Behörden, mit internationalen und örtlichen NGOs (70% der Projekte wurden von NGOs umgesetzt; vgl. ebd.), mit dem UNHCR, der Weltbank und wissenschaftlichen Insti- tutionen aufgebaut werden (vgl. ebd., S. 15). Ergänzend stellte die EU zwischen 2014 und 2019 humanitäre Hilfe für Syrien und die Region in Höhe von 1,6 Mrd. Euro zur Verfügung (vgl. Europäische Kommis- sion 2019a, S. 8).

58 Oizielle Programm-Webseite: htp://rdpp-me.org/index

151 Versuch der Fluchtvermeidung durch den „Europäischen Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika“

Erstaunlich schwach ausgeprägt war Ende 2015 die Unterstützungs- bereitschaft Deutschlands für das neu gestartete EU-Programm „Emer- gency Trust Fund for stability and addressing root causes of irregular migration and displaced persons in Africa“ (EUTF – Nothilfe-Treu- handfonds für Afrika; vgl. Europäische Kommission 2015c). Das beim EU-Migrationsgipfel am 11.11.2015 aufgelegte Programm für „rasche und lexible Antworten auf migrationsbezogene Herausforderungen“ (Europäische Kommission, 2018c, S. 4) wurde in seiner Startphase sei- tens der EU mit einem Budget von 1,8 Mrd. Euro ausgestattet. Es soll- te dem Ziel der regionalen Stabilität, der Verhinderung illegaler Mig- ration und der Förderung von Wirtschaft, Sicherheit und Entwicklung in den wichtigsten Herkunfts- und Transitregionen dienen. Deutsch- land sagte einen zusätzlichen nationalen Finanzbeitrag in Höhe von le- diglich 3 Mio. Euro zu – das Minimum um in den Steuerungsgremien des EUTF vertreten zu sein. Das sieben Mal kleinere Belgien hingegen unterstützte das Programm ab 2015 mit 10 Mio. Euro, was pro Ein- wohner gerechnet einen fast 25 Mal so hohen Beitrag ausmachte (vgl. Europäische Kommission, 2015c, S. 3). Bis 2018 war das Finanzvolumen des EUTF auf 3,4 Mrd. Euro an- gewachsen und die zusätzlichen Beiträge der EU-Mitgliedstaaten von 4 auf immerhin 12% gestiegen (vgl. Europäische Kommission, 2018c, S. 1). Vom Gesamtbudget lossen bis Mitte 2018 insgesamt 72% in die weit und damit recht unscharf gefassten Bereiche „Migrationsursa- chenbekämpfung“ sowie „Schutz und humanitäre Hilfe“, während nur 9% in die „Rückführung“ lossen (vgl. Bartels 2019, S. 17). Bis 2019 konnten in 210 Projekten in der Sahelregion, dem Horn von Afrika so- wie in Nordafrika in den Schwerpunktbereichen Wirtschaftsförderung, Ernährungssicherung, Migrationssteuerung und Grenzschutz sowie Bekämpfung der organisierten Schlepperkriminalität fünf Millionen

152 Menschen erreicht werden.59 Aus Libyen wurde zwischen 2017 und 2020 mit EUTF-Förderung die freiwillige Rückkehr von über 50.000 Migranten in ihre Heimatländer unterstützt. Die Stärkung der liby- schen Küstenwache durch Ausbildung und Ausstattung trug dazu bei, dass die illegalen Grenzübertritte auf der zentralen Mittelmeerroute ab Mitte 2017 deutlich rückläuig waren (s. Abb. 18; vgl. Europäische Kommission 2019, S. 2f. und Europäische Union 2020, S. 1). Von den zwischen 2014 und 2020 rund 700 Mio. Euro, die Libyen von der EU zur Verfügung gestellt wurden, dienten 435 Mio. seit Ende 2015 der Finanzierung der EUTF-Projekte (vgl. Europäische Union 2020, S. 1). Seit September 2017 transferierte die EU 4.000 besonders verwundba- re Personen aus Libyen, 3.000 davon über den „Emergency Transit Me- chanism“ (ETM) des UNHCR nach Niger, von denen bereits 1.856 in zwölf westlichen Staaten „neuangesiedelt“ wurden. Zusätzlich gab es 808 direkte „Evakuierungen“ aus Libyen nach Italien und 303 nach Rumänien (vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 11), was die Sog- wirkung für Migranten nach Libyen eher noch verstärken dürfte. Die- se Maßnahmen und weitere Programme zur Bekämpfung von Flucht- ursachen in Afrika kosten die EU und ihre Mitgliedstaaten insgesamt die erhebliche Summe von 20 Mrd. Euro pro Jahr (vgl. Europäische Kommission, 2018c, S. 4). Solange diesen nur teilweise migrationsver- mindernden und kaum ursächlich problemlösenden Programmen die Option einer illegalen Überfahrt über das Mittelmeer, verbunden mit der attraktiven „Belohnung“ einer dauerhaften Bleibeaussicht gegen- übersteht, werden weiterhin Menschen versuchen, unter Inkaufnahme hoher Kosten und großer Gefahren die Seegrenze des Schengenraums mithilfe instrumentalisierter „Seenotrettung“ zu überwinden.

59 Für nähere Informationen zu den geförderten Projekten: htps://ec.europa. eu/trusfundforafrica/region_en

153 Versuch der Fluchtvermeidung durch das „EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen“

Als wichtigste ofene Flanke für umfangreiche Flucht- und Migrations- bewegungen nach Europa erwies sich 2015 die östliche Mittelmeerroute (s. Abb. 18). Im März 2016 einigten sich die EU-Mitgliedstaaten mit der Türkei auf ein Flüchtlingsabkommen, das ein striktes Kontern der illegalen Einreise mittels Schleppern vorsah: „Alle neuen irregulären Mi- granten, die ab dem 20. März 2016 von der Türkei auf die griechischen Inseln gelangen, werden in die Türkei rückgeführt“ (Europäischer Rat, 18.03.2016). Die EU plädierte am 09.09.2015 dafür, den EU-Beitritts- kandidaten Türkei auf eine vorgeschlagene gemeinsame EU-Liste siche- rer Herkunftsstaaten zu setzen (vgl. Europäische Kommission 2016a, S. 1 und Sodan 2016, S. 180f.). Folglich erachtet sie die pauschale Rück- führung illegal auf dem Seeweg Eingereister als völkerrechtskonform im Hinblick auf das Non-Refoulement-Prinzip und das Verbot von Kol- lektivausweisungen: „Hierbei wird das EU-Recht und das Völkerrecht uneingeschränkt gewahrt, so dass jegliche Art von Kollektivausweisung ausgeschlossen ist“ (Europäischer Rat, 18.03.2016). Das Prinzip der un- mittelbaren Rückführung nach illegaler Einreise entspricht im Nachhi- nein betrachtet der Aufassung des Europäischen Gerichtshofs für Men- schenrechte, die im Urteil vom 13.02.2020 zur Geltung kam: Darin wurde Spanien das Recht zugesprochen, Migranten nach dem illegalen Übersteigen des Grenzzauns zur Enklave Melilla ohne Aufnahme von Per- sonalien und Einzelfallprüfung nach Marokko zurückzuschieben. Vom Europarat wird das EU-Türkei-Abkommen allerdings dahingehend kriti- siert, dass die Türkei nicht als „sicherer Drittstaat“60 gesehen werden kön- ne, da das Land die Genfer Flüchtlingskonvention nur unter Ausschluss

60 Der Begrif „sicherer Drittstaat“ bezieht sich auf den Einreiseweg des Schutz- suchenden über einen Staat, bei dem eine Schutzgewährung nach interna- tionalem Flüchtlingsrecht bereits gewährleistet ist. „Sicheres Herkunftsland“ charakterisiert die „Situation der Verfolgung in dem Land der Herkunft“ (Sodan 2016, S. 176).

154 der Gültigkeit für außereuropäische Flüchtlinge61 unterzeichnet hat (vgl. Council of Europe Parliamentary Assembly 2016, S. 3 und Eksi 2016). Der Anspruch des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens, alle illegal Ein- gereisten in die Türkei zurückzuschieben und von dort eine entsprechen- de Anzahl durch die Türkei vorgeprüfter syrischer Flüchtlinge im Sinne einer „Neuansiedlung“ in den EU-Mitgliedstaaten aufzunehmen und umzuverteilen, ist EU-seitig weitgehend gescheitert. So wurden trotz 2019 über 50% abgelehnter in Griechenland gestellter Asylanträge seit Inkrafttreten des Abkommens nur 1.908 illegale Migranten in die Türkei zurückgeschoben (2019 bis im Oktober des Jahres sogar nur 100 davon; vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 7 und Tagesschau, 05.03.2020). Im Zeitraum bis 16.03.2020 wurden aber im Rahmen des Abkommens 26.835 Flüchtlinge aus der Türkei aufgenommen, fast 10.000 davon allein durch Deutschland. Statt des in der EU-Migrationsagenda fest- gelegten Umverteilungsschlüssels für Deutschland von 18,42% (vgl. Europäische Kommission 2015a, S. 25) entspricht dies einem Anteil von 37,14%. Im Gegensatz hierzu haben mit Zypern, Tschechien, Grie- chenland, Ungarn, Irland, Polen, Rumänien und der Slowakei acht EU- Mitgliedstaaten überhaupt keine Flüchtlinge aus dem Abkommen über- nommen (vgl. Handelsblatt, 08.07.2020). Die „greifbaren Ergebnisse“ (Europäische Kommission 2019c, S. 10) der „Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei“ sind im hemenbereich des „Migrationsmanagements“ in der mit immerhin 1,6 Mrd. Euro geförderten Kategorie „Entwicklungs- hilfe“ (allein im Rahmen der ersten Fördertranche von 3 Mrd. Euro) besonders mager: So wurde von insgesamt 3,6 Mio. in der Türkei be- indlichen syrischen Flüchtlingen nur die Rückkehr von 212 Personen und weiteren 1.076 Nicht-Syrern inanziert (vgl. ebd. S. 15). Das Ungleichgewicht von nur etwas über 7% an Rückschiebungen il- legaler Migranten von griechischen Inseln in die Türkei im Vergleich zu den von dort auf legalem Wege Aufgenommenen ist auch eine Bilanz

61 www.luechtlingskonvenion.de/vertragsstaaten-der-genfer-luechtlings- konvenion-3274/#footnote_9_274

155 des Scheiterns der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küsten- wache. Denn Frontex kommt neben der Unterstützung in Grenzschutz- fragen die Aufgabe zu, die EU-Mitgliedstaaten mithilfe eines Pools von 690 Rückführungsexperten (vgl. Pichl 2019, S. 35) bei der Rückführung nicht aufenthaltsberechtigter Personen zu unterstützen.62 Dieser Bei- stand wäre insbesondere dann geboten, wenn ein EU-Abkommen um- zusetzen ist, dessen Verplichtungen nicht einem zufällig geographisch betrofenen EU-Staat alleine aufgebürdet werden können. Die EU hat aber auch gegenüber der Türkei als direkt vorgelagertem Transitland für Flüchtlinge und Migranten, die von dem Migrationsmagneten Europa angezogen werden, eine Verplichtung zur Eindämmung der Sogwir- kung auf zukünftige Migranten. Der wieder zunehmende Migrations- druck sorgte dafür, dass türkische Behörden 2019 fast 270.000 irreguläre Migranten registrierten bei einem stark steigenden Anteil afghanischer Staatsangehöriger. Für 2019 plante die Türkei rund 100.000 Afghanen in ihre Heimat abzuschieben63 (vgl. Europäische Kommission 2019a, S. 6). Gemäß von BAMF und Bundesinnenministerium weder bestätig- ten, noch dementierten Medienberichten entledigt sich die Türkei seit 01.02.2020 auch afghanischer Migranten, indem diesen im Zuge von EU-Visaerleichterungen im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens eine Aufenthaltsgenehmigung für die Türkei ausgestellt wird, mit der dann ein Visum für eine reguläre Einreise in den Schengenraum bei den Bot- schaften der EU-Mitgliedstaaten beantragt und anschließend in der EU Asyl beantragt werden kann (vgl. Tichys Einblick, 22.04.2020). Das wirksamste Mittel für die abrupte Unterbindung illegaler Ein- reisen über den gefährlichen Seeweg direkt nach Inkrafttreten des

62 Expertengespräch mit Dr. David Reizensein, Leiter des Frontex-Verbindungs- büros der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, am 14.11.2019 in Brüssel; vgl. hierzu auch Europäische Kommission 2019a, S. 18. 63 TRT World berichtete am 19.08.2019, dass die Türkei 2018 insgesamt 56.000 illegale Migranten abschob. In Afghanistan wurden Reintegrations- hilfen des Roten Halbmonds zur Gründung von 29 Betrieben mit rund 300 Arbeitsplätzen geleistet. Die Aktivitäten sollen weiter ausgebaut werden: htps://youtu.be/YET3rCAEUX4.

156 Abkommens am 20.03.2016 (s. Verringerung der Höhe des grauen Balkens ab März bzw. April 2016 in Abb. 18) war demnach nicht die Abschreckung der Migranten vor einer – faktisch kaum je umgesetzten – unmittelbaren Zurückschiebung seitens Griechenlands oder Frontex, sondern die vereinbarten türkischen Maßnahmen des Grenzschutzes. Diese einseitige Wirksamkeit und Abhängigkeit birgt die Gefahr der Erpressbarkeit mittels Flüchtlingsströmen. So ließ die Türkei erst Ende Februar 2020 bewusst 75.000 Flüchtlinge und Migranten an die Gren- ze ziehen und öfnete sie in Richtung Griechenland (vgl. Zeit Online, 01.03.2020). Vorgeschoben wurden in dem zugrunde liegenden Streit seitens der türkischen Regierung ein angeblicher Zahlungsverzug der EU bezüglich der 6 Mrd. Euro, die zur Unterstützung der Aufnahme und Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei aufgebracht werden sollten (4,7 Mrd. Euro waren zu dem Zeitpunkt aber schon vertraglich vergeben und 3,2 Mrd. Euro bereits an Projekte und Hilfsorganisatio- nen ausbezahlt; vgl. Tagesschau, 05.03.2020).

Quelle: Europäische Kommission 2019, S. 4

Abb. 18: Illegale Grenzübertritte pro Monat 2014-2019 auf den Hauptrou- ten im Mittelmeer

157 Zudem wurde eine angeblich ausbleibende freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen seitens der EU aus der Türkei kritisiert. Moniert wurde ferner die ausbleibende Unterstützung für die seit dem 09.10.2019 mit einer Militärofensive im kurdischen Teil Nordsyriens vorbereitete Ein- richtung einer „Schutzzone“ für die Umsiedlung von über einer Mil- lion Flüchtlingen (vgl. ebd.). Diese dient aber vorrangig als geopolitisch motivierte Blockade einer territorialen Unabhängigkeit der Kurden im benachbarten Nordsyrien (vgl. Luminae Group 2019). Letzterer Punkt weist auf die Vermischung von Interessen in Flüchtlings- und Geopolitik hin, die latent nie auszuschließen ist und im Falle akuter Interessenkon- likte jederzeit virulent werden kann. Entsprechend ist die das EU-Tür- kei-Abkommen verletzende Grenzöfnung für Migranten Ende Februar 2020 auch vor dem Hintergrund des türkisch-zypriotischen Gasstreits und des Konlikts um das die Türkei umgehende Pipeline-Projekt East- Med zu sehen: Die Türkei hält das Gebiet Nordzyperns seit der Invasion 1974 (vgl. Richter 2009, S. 6) völkerrechtswidrig besetzt und fordert nun im Sinne des international nicht anerkannten Satellitenstaats „Türkische Republik Nordzypern“ ihre Beteiligung an den im östlichen Mittelmeer beindlichen Erdgasreserven. Wegen blockierter zypriotischer und seitens der Türkei bereits erfolgter Prospektionsbohrungen hatte die EU im Juli 2019 Wirtschaftssanktionen gegen beteiligte Unternehmen und Einzel- personen aus der Türkei verhängt. Der Konlikt drohte im Juli 2020 we- gen weiterer Grenzstreitigkeiten in der östlichen Ägäis bereits militärisch zwischen Griechenland und der Türkei zu eskalieren (vgl. German-Fo- reign-Policy.com, 23.07.2020 und Zeit Online, 16.07.2019). Auch die im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens in Aussicht gestellte Visumfrei- heit für türkische Staatsbürger für die EU64 sowie die Verhandlung einer Zollunion und die Fortsetzung der EU-Beitrittsverhandlungen belasten als weiterhin umstrittene und nicht umgesetzte Punkte die Beziehungen.

64 Die Europäische Kommission (vgl. 2019a, S. 7) bestärkt die Türkei in ihren im September 2019 erneut intensivierten Anstrengungen voranzukommen, die letzten 6 von 72 Kriterien rasch zu erfüllen, die für die versprochene Visalibera- lisierung zugunsten türkischer Staatsbürger ausgehandelt worden waren.

158 Nicht-Einmischung, Stabilisierung, Wiederaufbau und Entwicklung der Herkunftsländer als Schlüssel für ein exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept

Die Umsetzung eines tragfähigen Konzepts der Asyl- und Migrations- politik nach dem Näheprinzip setzt voraus, dass auch die Verantwor- tung des Westens für politische und wirtschaftliche Destabilisierungs- prozesse in den Herkunfts- und Transitregionen kritisch überprüft wird. Diverse Formen der Fremdeinmischung und Destabilisierung sind in einigen zentralen Herkunfts- bzw. Transitländern als Haupt- ursache der verschärften Flüchtlingskrise der vergangenen Jahre auszu- machen. Soweit es im Einlussbereich und in der Verantwortung der westlichen Zielländer von Flucht und Migration liegt, muss das Leiden der Menschen in ihren Heimatländern beendet und der Wiederaufbau derselben sowie eine zukunftsfähige Wirtschaftsentwicklung gefördert werden. Mit einer vielfachen Eizienz und Efektivität des Mittelein- satzes gegenüber den in Deutschland und Europa aufzuwendenden Flüchtlingskosten kann den bedürftigsten und verwundbarsten Ziel- gruppen ohne Zugang zur kostenintensiven (illegalen) Migrations- option (vgl. Global Migration Group 2010, S. 94) vor Ort deutlich umfassender und nachhaltiger geholfen werden. Selbst Entwicklungs- hilfeminister Gerd Müller bestätigt: „Für eine Million Flüchtlinge ge- ben Bund, Länder und Gemeinden 30 Milliarden Euro im Jahr aus. Das Geld wäre in den Herkunftsländern besser angelegt“ (Neue Zür- cher Zeitung, 15.09.2017). Wollen europäische Staaten ein glaubwürdiges und langfristig tragfähi- ges exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept umsetzen, so ist die erste Grundvoraussetzung, dass sie und ihre Verbündeten sich in Konlikten dazu verplichten, keine direkte militärische oder über ko- operierende Milizen vermittelte Gewalt mehr einzusetzen, um Regie- rungsumstürze oder sonstige verdeckte geopolitische Interessen völker- rechtswidrig durchzusetzen. Die jüngere Geschichte der vergangenen

159 20 Jahre zeigt, dass allen größeren Fluchtbewegungen in die EU und insbesondere nach Deutschland solche Interventionen vorausgegangen waren (vgl. hierzu auch Braunsdorf 2019, S. 8). Während die Irak-In- tervention der NATO 2003 die Grundlagen für den 2012 von der De- fence Intelligence Agency (2012, S. 5) in einem Geheimdokument be- reits angekündigten und 2014 gegründeten Islamischen Staat in Syrien und im Irak legte (vgl. Lüders 2015 und 2019), sorgte das völkerrechts- widrige „NATO Dauerbombardement“ (Handelsblatt, 24.05.2011) in Libyen 2011 für das Öfnen der wichtigsten Migrationsschleuse aus Afrika im bis heute zerrütteten und von Bürgerkrieg bzw. von geopoli- tischem Stellvertreterkrieg geplagten Mittelmeerstaat. Die außen- und militärpolitischen Verfehlungen des Westens führten durch „Regime Change Operations“ zur Entstehung eines „nahezu permanenten Kri- senbogen[s]“ (Efenberger 2016, S. 303) in der europäischen Nachbar- schaft. Grundvoraussetzung für den nachhaltigen Erfolg eines exterri- torialen Schutzkonzepts ist demzufolge der dauerhafte Stopp jeglicher völkerrechtswidriger Umsturzversuche und Militärinterventionen. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf zudem die kritische Überprüfung des außen- und handelspolitischen Instruments der Wirtschaftssank- tionen, das wegen der Alleinzuständigkeit in Fragen des Außenhandels im Kompetenzbereich der EU liegt. Die Bundesregierung hat in ihrem Programm für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halb- jahr 2020 angekündigt, die „Kapazitäten“ der EU „zur Verhängung und Umsetzung von Sanktionen zu erweitern“ (German-Foreign-Po- licy.com, 16.07.2020). Wirtschaftssanktionen, oft unter dem Deck- mantel der „Menschenrechte“, zielen als außenpolitisches Machtins- trument erfahrungsgemäß überwiegend auf den Sturz unliebsamer Regierungen (vgl. ebd.), wirken aber faktisch vor allem zulasten der ärmsten Bevölkerungsschichten der betrofenen Staaten. Hervorzuhe- ben sind aus asyl- und migrationspolitischer Sicht die von der EU seit 2011 gegen das vom Bürgerkrieg mit über 500.000 Toten stark be- lastete Syrien verhängten Sanktionen, die auch private Unternehmen, humanitäre Organisationen und die Versorgungslage der Bevölkerung

160 stark belastet und zu einem massiven Investitionseinbruch und Kapi- talverlust geführt haben (vgl. Asseburg 2020 S. 20f.). Die Sanktionen unterbinden den internationalen Zahlungsverkehr syrischer Banken und trefen damit äußerst efektiv alle Wirtschaftsbereiche, einschließ- lich der Nahrungsmittelproduktion und medizinischen Versorgung. Die in den 1990er Jahren gegen den Irak unter Saddam Hussein ver- hängten UN-Sanktionen verursachten einem UN-Bericht zufolge den Tod von 576.000 Kindern (vgl. New York Times, 01.12.1995) und zeigen damit die gewaltigen zivilen Kosten dieses Erzwingungsins- truments bei zugleich äußerst zweifelhafter politischer Wirksamkeit. Empindlich fortgesetzt wurde die „weitgehende Zerschlagung staat- licher Strukturen“ (Asseburg 2018, S. 61) durch die US-geführte Inter- vention und den Sturz Saddam Huseins 2003 (vgl. Lüders 2015). Im Falle Syriens wurden seitens der EU im Juni 2020 trotz eines UNO- Appells wegen der besonders prekären Versorgungslage aufgrund des weltweiten Corona-Lockdowns die Wirtschaftssanktionen verlängert (vgl. German-Foreign-Policy.com, 16.06.2020). Diese Form des Wirt- schaftskriegs der EU und der USA hat die Ernährung der Einwohner des kriegsgeplagten Syriens zusätzlich erschwert, so dass aktuell 11,5 Mio. Menschen bzw. weit über die Hälfte der verbliebenen 18 Mio. Einwohner des Landes unter mangelnder Nahrungsmittelversorgung leidet (vgl. World Food Programme 2020, S. 1). Besonders hart werden die ärmeren Bevölkerungsschichten getrofen, was gemäß dem Kalkül der westlichen geopolitischen Akteure zu einer Hungerrevolte und schließlich zum Sturz der Regierung Assad führen soll (vgl. German-Foreign-Policy.com, 16.06.2020). Der Wiederauf- bau und damit die Rückkehr von Millionen von Flüchtlingen aus den Flüchtlingslagern der umliegenden Staaten und der EU in ihre Heimat wird empindlich behindert. Während somit die Eigenversorgungska- pazitäten Syriens durch Wirtschaftskrieg zerrüttet werden, lossen von 2014 bis 2019 insgesamt 1,6 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe der EU (vgl. Europäische Kommission 2019, S. 8) in die nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiete. Der katholische Bischof

161 von Aleppo, Georges Abou Khazen kritisiert diese Sanktionspolitik aus Sicht der Betrofenen wie folgt: „Bei uns verhungern die Leute. Es gibt keine Medikamente. Es gibt keine Arbeit. Wir sind sehr enttäuscht von der Europäischen Union“ (ebd., S. 3). Aus ethischer wie inanzieller Sicht ebenso kritisch zu hinterfragen ist angesichts der die syrische Bevölkerung schwer belastenden, von der Bundesregierung mitgetragenen EU-Sanktionen, warum das Außen- ministerium im Mai 2018 für den Zeitraum bis 2020 zwar insge- samt 1,8 Milliarden Euro Wiederaufbauhilfe für die notleidende Be- völkerung Syriens versprach, diese jedoch ausschließlich auf die von islamistischen Kräften besetzten Gebiete im Nordwesten des Landes beschränkte (vgl. Deutsche Welle, 25.04.2018). Der „europäische An- satz: Kein Wiederaufbau ohne politische Öfnung“ (Asseburg 2020, S. 25) führt Syrien weiter in die Einlusssphäre Russlands und Chinas hinein, welches das Land in sein eurasisches Infrastrukturprogramm „Neue Seidenstraße“ einbinden will (vgl. ebd., S. 16). Deutschlands Haltung bleibt trotz des geopolitischen Wettbewerbs starr: Solange keine „politische Lösung“ (Außenminister ; ebd.) im Sin- ne des Sturzes der seitens der UNO anerkannten aktuellen Regierung Syriens erzielt sei, wolle man den Wiederaufbau des Landes und damit die Rückkehrperspektiven für jene 789.465 „Syrer“ (2019; vgl. Statista, 01.04.2020), deren Familienzusammenführung die Bundesregierung seit August 2018 in Deutschland betreibt, nicht unterstützen.

Regionale Sicherheitslage und gruppenspeziische Vulnerabilität als bestimmende Faktoren für Standortwahl und Struktur der Schutz- und Entwicklungspole

Zentrales Kriterium für die Standortsuche für Schutzzonen sind relativ stabile politische Rahmenbedingungen, gute kulturelle und wirtschaft- liche Integrationsmöglichkeiten für die Flüchtlinge und Migranten

162 am (temporären) Zuluchtsort sowie relativ leicht realisierbare Rück- kehrperspektiven, sobald der Problemherd als ursprüngliche Flucht- ursache bewältigt werden konnte. Als staatlicher Vertreter eines der am stärksten von der syrischen Flüchtlingskrise betrofenen Nachbar- länder betont Imad Fakhoury, Jordaniens Minister für Planung und internationale Zusammenarbeit: „Wir sind sehr interessiert daran, dass die Syrer in der Nähe ihres Heimatlandes bleiben, dass sie die Chance haben zurückzugehen und es wiederaufzubauen“.65 Das knapp 11 Mio. Einwohner umfassende Jordanien gehört nicht zu den in Deutschland per Gesetz deinierten „sicheren Herkunftsstaaten“, bietet aber trotz- dem über 650.000 Syrern und fast 100.000 weiteren Flüchtlingen aus 55 Staaten der Welt seit Jahren wirksamen subsidiären Schutz (vgl. UNHCR, 31.12.2019). Außerhalb der EU und den „sicheren Dritt- staaten“ Norwegen und Schweiz wurden seitens der Bundesregierung klassiiziert als „sichere Herkunftsstaaten“ die sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, der Kosovo, Mazedonien, Montene- gro, Serbien und die afrikanischen Staaten Ghana und Senegal (vgl. So- dan 2016, S 176). Im Bundesrat durch Grünen-Koalitionen abgelehnt wurde die Ausweitung der Anwendung dieser verfahrensvereinfachen- den Kategorie auf die Maghrebstaaten Tunesien (Asylanerkennungs- quote 2,7%), Algerien (2,0%), Marokko (4,1%) sowie auf Georgien (0,6%; vgl. Tagesschau, 21.09.2018). Die EU-Kommission schlug nach der Migrationswelle 2015 die Auf- stellung einer „EU-Liste der ‚sicheren Herkunftsländer‘“ (Europäische Kommission 2016, S. 1) mit dem Hinweis auf die bereits existieren- den Listen von zwölf EU-Mitgliedstaaten vor. Angesichts laufender EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weist die Kommission auf die weitgehende Erfüllung der „Kopenhagen-Kriterien“ wie „Demo- kratie, eine rechtsstaatliche Ordnung, Menschenrechte sowie Respekt und Schutz für Minderheiten“ (ebd.) hin. Damit würde eine mögliche EU-Liste gegenüber der deutschen um einen wichtigen Staat erweitert.

65 PBS New Hour, 18.06.2016: htps://youtu.be/Dzp8pvc1r1c

163 Weitere 36 Herkunftsländer in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ost- europa, die laut zumindest eines der zwölft listenführenden EU-Mit- gliedstaaten (in Klammern ergänzt) als „sicher“ klassiiziert wurden, sind folgende (vgl. ebd. S. 2): Algerien (Bulgarien), Armenien (Bulga- rien, Frankreich), Äthiopien (Bulgarien), Bangladesch (Bulgarien), Be- nin (Frankreich, Luxemburg, Malta), Bolivien (UK), Botswana (Mal- ta), Brasilien (Malta, UK), Kap Verde (Frankreich, Luxemburg, Malta), Chile (Malta), China (Bulgarien), Costa Rica (Malta), Ecuador (UK), Gabun (Malta), Gambia (UK), Georgien (Bulgarien, Frankreich), Indien (Belgien, Bulgarien, Frankreich, Malta, UK), Jamaica (Malta, UK), Kenia (Slowakei, UK), Liberia (UK), Malawi (UK), Mali (UK), Mauritius (Frankreich, Slowakei, UK), Moldawien (Dänemark, Frank- reich, UK), Mongolei (Dänemark, Frankreich, Tschechien, UK), Ni- geria (Bulgarien, UK), Peru (UK), Russland (Dänemark), Seychellen (Slowakei), Sierra Leone (UK), Südafrika (Irland, Slowakei, UK), Süd- korea (UK), Tansania (Bulgarien, Frankreich), Türkei (Bulgarien), Uk- raine (Bulgarien, Luxemburg, UK) und Uruguay (Malta). Auf dieser Grundlage kann argumentiert werden, dass zumindest die genannten 17 Staaten in Afrika, 8 in Asien, 3 in Osteuropa und 8 in Lateiname- rika einen gewissen Grad an Sicherheit aufweisen, der sie für einzelne EU-Mitgliedstaaten als „sichere Herkunftsstaaten“ qualiizierte. Vor diesem Hintergrund erscheint die nur acht Staaten umfassende deut- sche und im Zuge der Harmonisierung des europäischen Asylrechts auch die um die Türkei ergänzte angestrebte EU-Liste dringend er- weiterungsbedürftig. Die von EU-Mitgliedstaaten als „sichere Herkunftsstaaten“ eingeschätz- ten Länder bieten sich für einen ersten Suchfokus für Schutz- und Ent- wicklungszonen zur Realisierung eines exterritorialen Schutzkonzepts an. Allerdings zeigt die Analyse der Listen aller zwölf EU-Mitgliedstaa- ten, dass das Konzept zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten nicht einheitlich angewendet und ofensichtlich durch politische Bewer- tungsprozesse verzerrt wird. Vergleichbare wissenschaftliche Kriterien müssten der Klassiizierung zugrunde gelegt werden. Fluchtursachen

164 eliminierende Befriedungsprozesse wie etwa der Friedensvertrag zwi- schen Äthiopien und Eritrea Mitte 2018 (vgl. Deutschlandfunk Kul- tur, 22.10.2018) müssten zeitnah in der Bewertung berücksichtigt werden und zu einer Reklassiizierung führen. Zu hinterfragen ist auch das strikt nationalstaatlich angewandte und nicht innerstaatlich dife- renzierte Klassiizierungsschema. Denn nach deutschem Asylrecht (§ 3e AsylG) darf internationaler Schutz nur gewährt werden, wenn der Schutzsuchende nachweisen kann, dass er in keinem Teil seines Lan- des Schutz vor Verfolgung oder Bürgerkrieg hätte inden können (vgl. Stumpf 2016, S. 367). Eine interne räumliche Diferenzierung von Herkunftsstaaten sieht auch Artikel 8 des Vorschlags der Europäischen Kommission (vgl. 2016c, S. 36) für eine Verordnung „über Normen für die Anerkennung von […] Personen mit Anspruch auf internatio- nalen Schutz“ vor. Danach kann eine Asylbehörde feststellen, „dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern er sicher und legal in einen Teil des Herkunftslandes reisen und dort zugelassen werden kann und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er […] Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder einem ernsthafte[n] Schaden hat“ (ebd.). Sowohl bei der Achtung der Menschenrechte, wie bei Ausbreitung von Bürgerkriegen kann es durchaus relativ stabile Diferenzierungen be- züglich der Sicherheitslage auf regionaler Ebene innerhalb eines Her- kunftslandes geben. So gilt etwa die besonders christliche Minderheiten benachteiligende Schariagesetzgebung in Nigeria nur in den nördli- chen zwölf Bundesstaaten des einwohnerreichsten Landes Afrikas. Im größtenteils befriedeten Syrien hingegen beweisen über 6 Mio. Bin- nenlüchtlinge, Hunderttausende Rückkehrer und ein Beginn des Wie- deraufbaus in vielen Teilen des Landes seit 2017, dass Sicherheit und Unterstützung auch in weiten Teilen des Landes gewährt werden könn- ten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR unterstützte allein 2019 die Rückkehr von 311.700 Binnenlüchtlingen und die UNO-Orga- nisation für Migration meldete bereits für die erste Jahreshälfte 2017 ganze 600.000 Binnenrückkehrer (vgl. International Organization for

165 Migration, 08.11.2017 und UNHCR, 28.07.2020). Lediglich die von dschihadistischen Terrorgruppen66 besetzte und weiterhin intensiv um- kämpfte, weniger als 5% der Landesläche umfassende Region Idlib im Nordwesten Syriens sorgte im Juli 2019 noch für 74% der 6.146.994 Binnenvertriebenen (vgl. BBC, 18.02.2020 und OCHA, 02.06.2020).

Quelle: Asseburg 2020, S. 37

Abb. 19: Kontrolle über Gebiete in Syrien im März 2020

66 Die mit Al-Qaida verbundene dschihadistische Allianz Hayat Tahrir al-Sham (HTS; von der UNO als Terrororganisation gelistet) führt die Kämpfe gegen die syrische Regierungsarmee an und wird unterstützt von einem neuen Al- Qaida-Partner aus islamistischen Uyguren aus China und von verschiedenen Islamistenmilizen, die unter dem Banner der von der Türkei unterstützten „Syrian National Army“ kämpfen (vgl. BBC, 18.02.2020).

166 Das für Europa wichtigste Fallbeispiel Syrien zeigt, dass seit der Been- digung der westlichen Unterstützung islamistischer Milizen, z.B. durch ein 500 Mio. Dollar Programm des Pentagon der Regierung Obama (vgl. Foreign Policy, 18.03.2016) sowie seit der Bekämpfung des IS- Ölschmuggels über die Türkei durch russische (später auch amerikani- sche) Luftschläge gegen die Flotte verdeckt operierender Tanklastzüge ab Ende 2015 (vgl. Independent, 04.12.2015) selbst ein schwer vom (Stellvertreter-)Krieg zerrüttetes Land innerhalb weniger Jahre wieder stabilisiert werden kann. Um die Rückkehr der insgesamt fast 13 Mio. syrischen Flüchtlinge, von denen rund 1 Mio. Europa erreicht hat (vgl. Pew Research Center, 29.01.2018) in ihre Heimat zu ermöglichen, ist nach der Beendigung der gewaltsamen, völkerrechtswidrigen Fremd- einmischung von außen nun im Interesse der Bevölkerung die Wie- derherstellung diplomatischer Beziehungen zur amtierenden und zu- gleich bei den Vereinten Nationen anerkannten syrischen Regierung67 zu realisieren. Ein vertrauensbildender Zwischenschritt kann der Ein- satz deutscher bzw. europäischer Organisationen mit Kompetenzen im technischen und humanitären Hilfebereich wie das Technische Hilfs- werk und diverse NGOs sein. Essenziell ist aber, dass die Wirtschafts- sanktionen vor allem der EU und der USA, die den Wiederaufbau und die Versorgung der syrischen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und Medizin unterbinden, entsprechend den Forderungen der UN ange- sichts der weltweiten Corona-Lockdown-Krise (vgl. German-Foreign- Policy.com, 16.06.2020) umgehend aufgehoben werden. Das Inter- esse an einem von außen geförderten Regierungsumsturz darf nicht vor die humanitäre Verplichtung rücken, die Grundbedürfnisse der einfachen syrischen Bevölkerung, ob innerhalb des Landes, über die

67 Somit ließe sich in Zusammenarbeit mit syrischen Behörden auch zweifelsfrei veriizieren, wie viele der in Deutschland Asyl genießenden „Syrer“ gar nicht die Staatsbürgerschaft besitzen, weil das BAMF während der Migrationswelle 2015 die Asylentscheidungen lediglich auf der Grundlage von Selbstauskunft der Antragsteller durch Fragebogenankreuzen getrofen hatte (vgl. Günther 2017, S. 217 und Stumpf 2016, S. 367).

167 Landesgrenzen hinweg oder nach Europa gelüchtet oder vor Ort ver- blieben, zu befriedigen. UNO- und EU-Hilfsprogramme allein reichen hier nicht aus. Vielmehr sind die Selbsthilfekompetenzen der syrischen Bevölkerung und Wirtschaft in unpolitischer Mission zu stärken. Nur so, und nicht über die selektive, völlig unterdimensionierte humanitäre Hilfeleistung, kann dem humanitären Anspruch in den internationa- len Syrienbeziehungen wieder glaubhafte Substanz verliehen werden. In Kooperation mit syrischen Einwohnermeldeämtern, Passbehörden und diplomatischen Vertretungen ist die eindeutige Identitätsklärung für als Syrer registrierte Asylanten umgehend durchzuführen.68 In der Pilotphase eines in mehreren Etappen zu konzipierenden Remigrations- programms sollten zunächst die rückkehrwilligen Syrer beim Wieder- aufbau ihrer Existenz in sicheren Regionen fachlich beraten und mittels Mikrokreditvergabe unterstützt werden. Bis zum Stand 02.04.2019 förderte die Bundesregierung die Rückkehr von 742 Syrern inanziell, aber mangels Auslandsvertretungen weder diplomatisch noch entwick- lungspolitisch vor Ort (vgl. Deutscher Bundestag 2019b, S. 2f.). Die Zahl der informell mittels Schleppern über den Grenzluss Evros in die Türkei und anschließend nach Syrien zurückgekehrten Flüchtlinge ist nicht bekannt, deutet aber auf einen grundsätzlichen Rückkehrwil- len Einiger selbst ohne staatliche Anreize hin.69 In Zukunft sollten in Syrien tätige Entwicklungsexperten durch Monitoring und Evaluation systematisch Erfahrungen mit der Rückkehrförderung aufbereiten und ein stringentes Rückkehrmodell entwickelt und schrittweise optimiert werden (vgl. Sachverständigenrat für Migration 2020b, S. 11).

68 In einem Interview mit einem pakistanischen Asylbewerber wurden glaub- würdige Hinweise auf in Istanbul für rund 1.000 Dollar käulich zu erwer- bende gefälschte syrische Passdokumente gemacht. Deutsche Medien berich- teten wiederholt über Tausende syrische Pässe in Händen des IS, die für die Einreise und Asylantragstellung in Europa genutzt worden sein konnten (vgl. taz, 20.12.2015 und Deutsche Welle, 10.09.2017). 69 Unter anderem berichtete ARD/NDR am 16.04.2018 über informelle Sy- rienrückkehrer aus Deutschland: „Flucht aus Deutschland: Syrer gehen zu- rück“: htps://youtu.be/afvIuiCAlOU

168 Es ist angesichts aktueller Befriedungsprozesse in weiten Teilen Syriens für die Zukunft inakzeptabel, dass die EU-Kommission mit ihren welt- weiten Auslandsdelegationen und die deutsche Bundesregierung als Hauptaufnehmer syrischer Flüchtlinge in Europa „keine Zusammen- arbeit mit Stellen vor Ort“ (Deutscher Bundestag 2019b, S. 6) plegt. Jedoch nicht nur in Syrien, auch in Jemen, Libyen und Eritrea gibt die Bundesregierung an, dass „in Anbetracht der aktuellen Situation […] nur inanzielle Hilfen und keine Unterstützung vor Ort selbst ge- währt werden“ (ebd.). Jemen ist in puncto Sicherheit sicherlich einer der aktuell gefährlichsten Staaten in der weiter gefassten Nachbarschaft Europas. Nur wenige Bürgerkriegslüchtlinge schafen es aufgrund der grassierenden Armut und Hungersnot nach Europa, weswegen ihr Leid in Politik, Medien und Öfentlichkeit weitgehend ausgeblendet wird. Zu kritisieren ist, warum Deutschland seinen geostrategischen Partner, Öllieferanten und langjährigen Abnehmer umfangreicher Rüstungs- lieferungen, Saudi Arabien, nicht beeinlussen konnte, im seit 2009 währenden und 2015 eskalierten Kampf gegen die schiitischen Huthi- Milizen zumindest grundlegende Menschenrechte und den Anspruch auf Grundversorgung der Zivilbevölkerung zu wahren. Stattdessen ver- dienten die deutsche Rüstungsindustrie und Werften an der Lieferung von Patrouillenbooten, die Saudi Arabien halfen, die Hungerblockade auf See gegen die notleidende, zu 90% von Nahrungsmittelimporten abhängige jemenitische Bevölkerung durchzusetzen (vgl. German-Fo- reign-Policy.com, 24.07.2017 und Kaspar 2016, S. 129). In Libyen vermittelte die Bundesregierung (bislang erfolglos) einen Friedenspro- zess zwischen der von der EU und der UNO unterstützten Einheits- regierung in Tripolis (vgl. German-Foreign-Policy.com, 24.06.2020). Trotzdem wurde keine Kooperation mit nationalen Stellen aufgebaut und bislang keine Rückkehrer vor Ort mit Beratung und Reintegra- tionshilfe unterstützt. Der für einen wirksamen exterritorialen Schutz besonders bedeutsame Sicherheitsaspekt bezieht sich nicht nur auf die Sicherheitsumgebung im Land und der Region im Hinblick auf bewafnete internationale

169 Konlikte und Bürgerkrieg. Von essenzieller Bedeutung ist auch die Berücksichtigung nationaler, politischer, ethnischer und insbesondere religiöser Spannungen. In der Regel werden solche Konliktpotenzia- le, die bereits vor der Flucht bzw. Migration bestanden oder diese so- gar ausgelöst haben, durch Migrationsströme in die Aufnahmeländer transferiert. Ein exterritoriales Schutz- und Remigrationskonzept sollte diese Gefahren bereits in der grundlegenden Planungsphase berück- sichtigen. Dabei sollten negative Erfahrungen bei der gemischten Un- terbringung von Asylbewerbern in Deutschland in den ersten Monaten nach der Migrationswelle 2015, als zu religiösen Minderheiten zählen- de Flüchtlinge häuig Opfer gewaltsamer Angrife in Asylunterkünften (vgl. Meining 2019, S. 246) durch muslimische Flüchtlinge, aber auch durch Sicherheitspersonal mit Migrationshintergrund wurden, berück- sichtigt werden (vgl. Open Doors 2016).

Eritrea als möglicher Pilot-Standort für eine modellhafte Umsetzung der exterritorialen Schutz- und Entwicklungszonen

Aufallend ist das programmatische Vakuum und die institutionelle Abwesenheit der Bundesregierung in Bezug auf zu leistende Rück- kehrhilfe in Eritrea (vgl. Deutscher Bundestag 2019b, S. 6). Schließ- lich wurde der Jahrzehnte währende Konlikt mit Äthiopien – in der letzten, 18 Jahre währenden Phase bezeichnet als „Kalter Frieden“ (Hirt 2019, S. 1) – mittels eines oiziellen Friedensvertrags im Sep- tember 2018 beendet und der äthiopische Präsident Abiy Ahmed für sein Engagement sogar mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Im Zeit- raum 2008 bis 2017 wurden in Deutschland 37.613 Asylanträge aus Eritrea anerkannt, was – trotz der neben Afghanistan und Iran lang- wierigsten Asylverfahren – einer Anerkennungsquote von 95,5% ent- sprach (vgl. Brückner 2019, S. 63 und 65). Eritrea kämpft weiterhin mit der Emigration junger Leute, die Informationsminister Yemane

170 Ghebremeskel überwiegend als Wirtschaftslüchtlinge klassiiziert. Der Friedensschluss erzeugte trotzdem bereits eine weitverbreitete Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung und einen deutlichen wirt- schaftlichen Entwicklungsimpuls. Stellvertretend für diesen neuen Optimismus lässt Deutschlandfunk Kultur (22.10.2018) die 20-jährige Mesiam Kibrom zu Wort kom- men, die Eritrea auf keinen Fall verlassen will, obwohl einige ihrer Verwandten schon im Ausland leben: „Niemand hat gedacht, dass es diesen Frieden geben würde, aber jetzt hat er den Leuten Hofnung gegeben. Das ist doch die Veränderung, die wir alle wollten. Die Eri- treer, die überall verstreut sind – ich wünsche mir, dass sie in ihr Land zurückkehren und ein neues Leben aufbauen mit ihren Verwandten, ihren Schwestern und Brüdern.“ Dieser Rückkehroptimismus deckt sich mit Umfrageergebnissen, denen zufolge 90% der befragten afri- kanischen Doktoranden, die in anderen Weltregionen promovieren, ernsthaft darüber nachdenken ihre Karriere in Afrika fortzusetzen, wenn es geeignete Stellen für sie gäbe (vgl. Lopes 2019, S. 22). Von den rund 25.000 Eritreern, die bereits während des Unabhängig- keitskrieges von Äthiopien (1961 – 1991) nach Deutschland kamen, haben schon viele die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Die Rückkehr in die aufstrebende Heimat ist daher eher bei den aktuell in Deutschland lebenden rund 70.000 eritreischen Staatsbürgern (vgl. Auswärtiges Amt, 08.04.2020) eine realistische Option. Gut integ- rierte und hochqualiizierte Eritreer mit deutscher Staatsbürgerschaft bieten aber mittels entwicklungsförderndem „Diaspora-Engagement“ (Angenendt & Koch 2017, S. 12) ein ideales Kooperationspotenzial für die Unterstützung eines Rückführungsprogramms und begleiten- der privatwirtschaftlicher Investitionen in Eritrea (vgl. auch OECD, IOM & UNHCR 2019, S. 24). Aufgrund seiner jahrzehntelangen Isolation trotz der geostrategisch günstigen Lage mit direktem Zugang zum Roten Meer, der relativen Nähe zu wirtschaftlich aufstrebenden Staaten und Europa ist Eritrea

171 geopolitisch, außer neuen Partnern aus den Golfstaaten, relativ ein- seitig an China gebunden. Eritrea wäre unter den aktuell sich wan- delnden Rahmenbedingungen ein geeigneter Staat, um ein Pilotmodell eines exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts aufzubauen und praktische Erfahrungen für weitere Standortländer zu sammeln. Die EU hat 2015 ein neues „nationales Richtprogramm“ mit einem Finanzvolumen von 200 Mio. Euro für Wirtschaftsförderung, Arbeits- platzschafung Berufsausbildung und gute Regierungsführung für Eri- trea aufgelegt (vgl. Europäische Kommission 2015b, S. 10), in dessen Rahmen bereits neun EUTF-Projekte mit einem Finanzvolumen von 151,3 Mio. Euro durchgeführt wurden.70 Die politischen und öko- nomischen Entwicklungsbedingungen für Eritrea haben sich trotz zeitweise wieder aulackernder Spannungen mit Äthiopien seit Ende 2018 deutlich verbessert. Dies zeigte sich auch in Deutschland ganz konkret durch um 36,8% gesunkene Asylerstanträge von Eritreern im Jahr 2019 (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2020b, S. 16). Trotzdem hielt sich Eritrea in den vorläuigen Zahlen der Asylerst- anträge bis April 2020 in der Top 10-Liste. Eritreer lagen 2019 noch auf Platz 8, 2017 auf Rang 4 und 2014 sogar an 3. Stelle der wich- tigsten Herkunftsstaaten (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 09.06.2020b). Die Küstenbereiche bieten ein kaum erschlossenes Tourismuspotenzial, das angesichts erhöhter politischer Spannungen und verschlechterter Sicherheitslage in verschiedenen klassischen Tourismusdestinationen in Nordafrika zeitnah erschlossen werden könnte. Das Hochland bietet mit Lagen um 2.000 Meter Höhe attraktive klimatische Bedingungen: In Dekemhare, südlich der Hauptstadt Asmara, hat sich in Ergänzung des seit italienischen Kolonialzeiten aufgebauten Nahrungsmittelsek- tors ein Industriecluster um das eritreische Unternehmen Tesimadas

70 Siehe Projektdatenbank des European Union Emergency Trust Fund for Af- rica (EUTF; 11.08.2020): https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/region/ horn-africa/eritrea_en.

172 zur Produktion von Bussen, Transport-, Reinigungs- und Müllwagen gebildet. Die geographische Nähe zum sich dynamisch entwickelnden Äthiopien, Hauptsitz der Afrikanischen Union und Standort verschie- dener Sonderwirtschafts- und Exportproduktionszonen sowie die Ver- fügbarkeit von Häfen qualiiziert das relativ kleine, ohne ausgeprägte interreligiöse Spannungen existierende, muslimisch und eritreisch-or- thodox geprägte nordostafrikanische Land für einen positiven Ent- wicklungsweg in den kommenden Jahren. Die Menschenrechtslage in Eritrea und insbesondere der zu Kriegs- zeiten oft willkürlich lange und äußerst harte Militärdienst waren in den vergangenen Jahrzehnten neben dem seit den 1960er Jahren fast ununterbrochen schwelenden Krieg mit Äthiopien neben der hohen Armutsquote von rund 50% die Hauptursachen für die kontinuier- liche Flucht vor allem junger und besser ausgebildeter Menschen (vgl. Europäische Kommission, 2015b, S. 9). Eine in den Medien selten erwähnte Hauptursache für den Exodus vor allem junger und gut aus- gebildeter Eritreer aus ihrem erst seit 1993 unabhängigen Heimatland hebt der Eritrea-Experte und Dokumentarilmer Fulvio Grimaldi (vgl. Duschner 2018, S. 32f.) hervor: Die 2009 von der UNO verhängten und erst Ende 2018 aufgehobenen UN-Sanktionen. Diese gründeten auf dem von Eritrea stets bestrittenen Vorwurf, dass das Land die isla- mistischen Al-Shabab-Milizen in Somalia unterstütze. Grimaldi (zit. in Duschner 2018, S. 33) zufolge blockierten die Sanktionen für fast zehn entscheidende Jahre mit hohen Flüchtlingszahlen und selbst im Ver- gleich zu Afghanistan extrem hohen Anerkennungsquoten in Deutsch- land die internationale Wirtschaftskooperation des Landes. Dies ver- hinderte, „dass der Arbeitsmarkt der jungen Generation ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung stellen“ konnte. Die Abkapselung des Landes war jedoch auch seitens Eritrea betrie- ben worden: 2001 wurde die Pressefreiheit massiv beschnitten, 2005 die Entwicklungshilfe der USA als unerwünschte Einlussnahme ge- brandmarkt (vgl. Seitz 2018, S. 137) und beendet worden, so wie 2007

173 auch die staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Deutschland71. Deutsche NGOs wie ArcheMed, Medcare, Pro Eritrea, Hammer Fo- rum, Eritrea Hilfswerk waren jedoch permanent in Eritrea aktiv und bieten sich als Partner an (vgl. Auswärtiges Amt, 08.04.2020). Nun, nach dem Friedensschluss, plant Eritrea laut Informationsminister Ghebremeskel die bereits im Dezember 2014 beschlossene Rückkehr zum gesetzlich für Friedenszeiten auf 18 Monate beschränkten Wehr- dienst (vgl. Deutschlandfunk Kultur, 22.10.2018 und Europäische Kommission, 2015b, S. 9). Die Lage der Religionsfreiheit ist unter der autoritären, aber „säkulare[n] Regierung“ (Duschner 2018, S. 31) zwar gerade für die protestantische Minderheit sehr kritisch, doch durch den Friedensschluss wird eine allgemeine Entspannung der Menschen- rechtssituation erwartet (vgl. Open Doors 2020, S. 79f.). Dann wäre auch ein noch weiteres Absinken des Migrationsdrucks aus Eritrea auf Deutschland zu erwarten, wo 2019 noch 74,3% der Asylerstantrags- teller eine christliche Glaubenszugehörigkeit angegeben hatten (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2020b, S. 24). Eritrea hatte zwar jahrzehntelang eine relative autonome Position gegenüber jegli- chen internationalen Einlussnahmeversuchen eingenommen und als einziges afrikanisches Land neben Simbabwe jegliche Militärpräsenz der USA abgelehnt (vgl. Duschner 2018, S. 32). Doch neben dem be- reits im Unabhängigkeitskrieg als Wafenlieferant für Eritrea wichtigen China72 hat sich der ostafrikanische Küstenstaat zunehmend dem Ein- luss der Golfmonarchien geöfnet, die ihre Militärpräsenz am Roten Meer gegenüber dem Jemen ausbauten (vgl. Hirt 2019, S. 1). Ein relativ kleines Land mit rund 6 Mio. Einwohnern und einem sehr hohen Anteil an Diaspora-Bevölkerung (ca. 20%) würde sich künftig

71 2015 äußerte Eritreas Präsident Isaias Afewerki wieder Interesse an der Zu- sammenarbeit mit Deutschland (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, 14.12.2015). 72 China nimmt auch im eritreischen Bau-, Telekommunikations-, Gesund- heits- und Bergbausektor eine „herausgehobene Stellung“ (Duschner 2018, S. 34) ein.

174 in Friedenszeiten einem konzertierten westlichen Druck auf die Regie- rung zur Verbesserung der Menschenrechtslage kaum entziehen kön- nen. Ganz besonders sollte sich Europa im geopolitischen Wettbewerb mit dem im eritreischen Außenhandel absolut dominanten China (vgl. Statista, 11.06.2020) und den Golfmonarchien „schon aus eigenem In- teresse viel stärker als bisher für interne Reformen in Eritrea einsetzen“ (Duschner 2018, S. 9). Schließlich ist das kleine Land sehr einseitig von Außenbeziehungen abhängig, was vom mächtigen Nachbarn Äthi- opien auch über lange Zeiträume als Blockadedruckmittel ausgenutzt wurde (vgl. ebd., S. 3). Im Zuge einer partnerschaftlichen Öfnung des Landes böten sich enorme Potenziale für die wirtschaftliche Entwick- lung des Landes, von der auch die investierenden Partner proitieren könnten. Konzertiert mobilisiert werden sollten diese Entwicklungs- potenziale im Zuge eines Rückkehrabkommens für zehntausende von Eritreern aus Deutschland73 und der EU, denen im Rahmen des Auf- baus ihrer nationalen Ökonomie attraktive Selbstverwirklichungschan- cen in der Heimat geboten werden könnten. Grundlegend für eine angemessene Standortwahl für die exterritoriale Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten ist neben dem ersten Kriterium der größtmöglichen Nähe zur Herkunftsregion die Gewähr- leistung der Sicherheit der verwundbarsten Gruppen durch separate Unterbringung innerhalb derselben Schutzeinrichtung bzw. in beson- ders sensiblen Situationen auch die Schafung funktional und räumlich vollständig separierter Einrichtungen. Um beim Fallbeispiel Eritrea zu bleiben, wäre es von Bedeutung die gewachsenen ethnoreligiösen Sied- lungsstrukturen zu berücksichtigen. Während etwa das Küstengebiet am Roten Meer mit zu entwickelndem Tourismus-Potenzial über- wiegend muslimisch geprägt ist, dominieren im Hochland die eritre- isch-orthodoxen Christen. Zu beachten ist zudem, dass die Aufnahme

73 Laut Daten des Ausländerzentralregisters lebten zum 31.12.2019 in Deutschland 62.400 Schutzsuchende aus Eritrea (vgl. htps://www-gene- sis.destais.de).

175 zusätzlicher Flüchtlinge in herkunftsnahen Schutz- und Entwicklungs- zonen nicht die ethnokulturelle Zusammensetzung der autochthonen Bevölkerung empindlich stören darf und dadurch neue Konlikte hervorgerufen werden. Die Schutzgewährung und wirtschaftliche Entwicklungsförderung zugunsten ethnischer oder religiöser Min- derheiten kann bei der Mehrheitsbevölkerung Neidefekte und somit unerwünschte politische Spannungen, je nach sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen auch mit der Gefahr von Gewaltausbrüchen, hervorrufen (vgl. Whyte & Hirslund 2013, S. 3).

Ablaufschritte zur Umsetzung des exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts

Um die Umsetzbarkeit eines exterritorialen Schutz- und Entwick- lungskonzepts schon in der Konzeptualisierungsphase abzusichern, ist neben einer klaren Deinition und konsequenten außenpolitischen Durchsetzung eigener europäischer und nationaler Interessen eine Be- rücksichtigung der Bedürfnisse der Herkunfts-, Transit und regiona- len Aufnahmeländer unabdingbar. Ein exterritoriales Schutzkonzept, das ein „grundlegendes Niveau an Sicherheit“ als „primären Faktor“ (Whyte & Hirslund 2013, S. 2) für Flüchtlinge und Migranten außer- halb Europas in größtmöglicher Näher zum Herkunftsgebiet gewähr- leistet, muss zugleich messbare wirtschaftliche Vorteile und langfristige Entwicklungs- und Wettbewerbsperspektiven für die kooperierenden Länder eröfnen, die als Standorte für die aufzubauenden Schutz- und Entwicklungspole geeignet sind (vgl. Betts & Collier 2015). Denn, wie die Forschergruppe vom Mercator Dialogue on Asylum and Migration (vgl. 2019, S. 12) an der Universität Kiel zu bedenken gibt, sind bei Rückkehrprogrammen oft erst politische Hürden im Herkunftsland zu überwinden: „[M]any countries of origin ind it politically diicult to suport the involuntary return of their citizens“.

176 Es gibt aber auch Regierungen und zivilgesellschaftliche Vertreter74 von besonders massiv von Abwanderung betrofenen Herkunftsländern, die an westliche Aufnahmestaaten appellieren, ihre meist durchsetzungs- fähigsten und unter den Bedingungen des Heimatlandes innovations- stärksten jungen Menschen im Interesse der heimischen Wirtschaft und Gesellschaft zurückzuführen (z.B. Irak, Syrien und Afghanistan; vgl. Col- lier 2016, S. 278 und he Washington Post, 02.06.2019). Sollten sich Herkunfts- und Transitstaaten – insbesondere aus Sorge vor Widerstand in der eigenen Bevölkerung und wegfallenden Finanzströmen durch Rücküberweisungen von Migranten in das Herkunftsland (vgl. Merca- tor Dialogue on Asylum and Migration 2020, S. 27 u. 39) – koopera- tionsunwillig zeigen, müssen nötigenfalls außenpolitische Druckmittel eingesetzt werden, die die verantwortliche politische Elite gezielt trefen. Kooperationswillige Staaten, die hingegen bereit sind, auch Drittstaats- angehörige aufzunehmen, die nicht in ihre Herkunftsländer rückgeführt werden können, sollten in ihren wirtschaftlichen Entwicklungsbemü- hungen besonders unterstützt werden. Beispielhaft zu erwähnen ist Ma- rokko, das auch Migranten aus Drittstaaten aus der EU aufnimmt (vgl. Jakob 2019, S. 29) und in einer Legalisierungskampagne 2013 bereits 14.000 illegalen Migranten einen Aufenthaltstitel verlieh, sofern diese nicht durch den Pull-Efekt Europas zur Fortsetzung ihrer Etappenmi- gration verleitet wurden (vgl. Rosa-Luxemburg-Stiftung 2019, S. 27). Imad Fakhoury, jordanischer Minister für Planung und internatio- nale Zusammenarbeit appelliert stellvertretend für verschiedene stark überlastete Aufnahmestaaten75 nahe den Hauptherkunftsregionen von

74 Sowohl das geistliche Oberhaupt der Jesiden, Baba Scheich Khurto Hajji Ismail aus Shekhan, als auch der Bischof der katholischen Diözese Alqosh, Mikha Pola Maqdassi, riefen bei einer Forschungsreise des Autors in den kur- dischen Teil des Irak im März 2018 zur Rückkehr gerade der jungen Vertreter ihrer Religion in ihre angestammte und nun befriedete Heimat auf. 75 Bezogen auf die Einwohnerzahl sind die Staaten Libanon (164 Flüchtlinge je 1.000 Einwohner), Jordanien (74) und Türkei (43) am stärksten belastet und bezogen auf die Wirtschaftskraft ärmere afrikanische Staaten wie Südsudan, Uganda, Tschad und Niger (vgl. Stock 2019, S. 17).

177 Flüchtlingen: „Die internationale Gemeinschaft muss viel mehr tun. Ihr könnt nicht warten. Es kostet zehn Mal mehr, wenn die Flücht- linge nach Europa gelangen. Also warum nicht mehr tun aus der Perspektive der Aufnahmeländer?“76 Bei der Umsetzung eines exter- ritorialen Schutzkonzepts kann teilweise auf bereits existierende Maß- nahmen und Infrastrukturen des UNHCR und der IOM aufgebaut werden bzw. Erfahrungen wie aus dem Türkei-Flüchtlingsabkommen (vgl. Europäischer Rat, 18.03.2016) bzw. mit den „Regional Protection Programmes“ (vgl. European Council on Refugees and Exiles 2015) oder dem „Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika“ (vgl. Angenendt et al. 2019; Bartels 2018 und Europäische Kommission 2015c) der EU ge- nutzt werden. Für einen vollständigen Paradigmenwechsel im inter- nationalen Flüchtlingsschutz sind jedoch die bisherigen Programme nicht konzipiert. Sollte die Europäische Union als idealer Rahmen für die Umkehr des bisherigen Systems der Zuwanderung und des territo- rialen Schutzes in Europa nicht zu gewinnen sein, so wäre der strategi- sche Weg der Umsetzung auf nationaler Ebene unter Hinzugewinnung handlungswilliger bilateraler Partner mit dem Langfristziel einer inter- nationalen Agentur für exterritorialen Schutz und Remigration sein. Der gesetzliche Regelungsrahmen auf nationaler und ggf. europäischer Ebene ist zunächst zu überprüfen und entsprechend anzupassen, damit die exterritoriale Schutzgewährung und Asylprüfung, eine erleichterte Rückführung und Reintegrationsförderung sowie – im Falle notorisch bzw. schwer strafälliger Personen – die erleichterte Abschiebung in Herkunfts- bzw. Aufnahmestaaten zum rechtmäßigen Standard erho- ben werden kann, sobald entsprechende exterritoriale Schutzeinrich- tungen operabel sind. Von ebenso zentraler Bedeutung ist die vorberei- tende und begleitende öfentliche Kommunikation für die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts: Der rationale und humanitäre Mehrwert gegenüber dem bisherigen territorialen Schutzkonzept sollte ein- leuchtend kommuniziert und den Rückgeführten das „stigma of failed

76 PBS New Hour, 18.06.2016, ab Minute 8:00: https://youtu.be/Dzp8pvc1r1c

178 migration“77 (Whyte & Hirslund 2013, S. 4) genommen werden, in- dem – anders als bei Abschiebungen – für eine das Selbstwertgefühl und die Selbständigkeit fördernde Wiedereingliederung und Existenz- aufbau gesorgt wird. Folgende Schritte sollten zur Planung, Umsetzung und Replizierung des exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts eingeleitet werden: 1. Auswahl verschiedener möglicher Standortländer für ein Pilotvor- haben zur Sammlung erster Erfahrungswerte (z.B. Eritrea, Tune- sien, Marokko und Nordirak); 2. Aufnahme von Regierungsgesprächen über eine beidseitig nutz- bringende Umsetzung des Konzepts inklusive der Zusicherung der Arbeitserlaubnis für Schutzsuchende in Aufnahmestaaten unter Berücksichtigung der örtlichen Rahmenbedingungen; 3. Erfassen der für eine Rückführung primär geeigneten nationalen Zielgruppen von Personen mit bzw. ohne Schutzstatus; 4. Erstellen einer Kompetenzdatenbank zur Erfassung sprachlicher und berulicher Qualiikationen nebst weiteren soziodemographi- schen Merkmalen und persönlichen Zielvorstellungen für eine er- folgreiche Remigration und Reintegration; 5. An die Erfordernisse der Zielgruppen und zukünftigen Wirt- schaftsaktivitäten angepasste Schulung und Weiterqualiizierung der rückzuführenden Personen; 6. Aufbau eines Expertenstabs bei den entsprechenden Auslandsver- tretungen und staatlichen Trägern der Entwicklungszusammen- arbeit zur Planung und Umsetzung des exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts;

77 In einem Expertengespräch am 12.10.2015 mit dem nigerianischen Sozio- logen Dr. Yakubu Joseph wurde die Scham vor Familienangehörigen und Be- kannten, als Migrant versagt zu haben, als größtes psychologisches Rückkehr- hindernis genannt, das zur konstruktiveren Mitwirkung der Remigranten angegangen werden sollte.

179 7. Erstellen wissenschaftlicher Gutachten zur Sicherheitssituation und den wirtschaftlichen Potenzialen des Standortlandes; 8. Suche und Vernetzung kompetenter internationaler und örtlicher NGOs zur Unterstützung der wirtschaftlichen und gesellschaftli- chen Reintegration Im Herkunftsland bzw. zur vorübergehenden Integration im Aufnahmeland; 9. Suche und Einbindung privatwirtschaftlicher Investoren aus Euro- pa und weltweit sowie aus dem Standortland der Schutz- und Ent- wicklungspole; 10. Gemeinsame Planung und Vereinbarung verlässlicher Konditionen und funktionierender Infrastrukturen für die Realisierung von Son- derwirtschaftszonen als ökonomischem Kern und Motor zur För- derung der (Re-)Integration der Schutzsuchenden und Rückkehrer sowie zur Stärkung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen; 11. Rückführung der für zentrale Steuerungs- und Verwaltungsfunk- tionen am besten qualiizierten Personen aus der Kompetenzdaten- bank und Anstellung mit Verträgen als Ortskräfte durch (staatli- che) Träger der Entwicklungszusammenarbeit um den Aufbau der Schutz- und Entwicklungspole in Kooperation mit nationalen Stel- len des Standortlandes und investierenden Firmen durchzuführen; 12. Planmäßige Rückführung der Schutzsuchenden und Einbindung in den etappenweisen Ausbau der Strukturen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Schutzzone in den angesiedelten Betrieben bzw. in eigeninitiativ durch Remigranten gegründeten und mittels Mikro- krediten geförderten Kleinunternehmen; 13. Wahlweise alternative Förderung der dezentralen Rückkehr in die Heimatregion jenseits der Schutzzonen mit der Möglichkeit der In- anspruchnahme von Beratung und Mikrokrediten zur Unterneh- mensgründung; 14. Schafung einer geeigneten Infrastruktur und Managementstruktu- ren für den Start industrieller und kleinunternehmerischer Aktivi- täten in Sektoren mit speziischem Potenzial im Standortland;

180 15. Schafung geeigneter Unterkünfte, Bildungs- und Gemeinschafts- einrichtungen für den Grundbedarf mit Option auf Erweiterung der Siedlungsentwicklung in Eigeninitiative seitens der Remigran- ten; 16. Ansiedlung in der Sonderwirtschaftszone von Industriebetrieben und sonstigen Unternehmen im primären oder sekundären Sektor; 17. Kommunikationsofensive in den Herkunftsländern, dass Flücht- linge und Migranten in den am exterritorialen Schutzkonzept be- teiligten Zielstaaten keinen Schutzstatus auf ihrem Territorium mehr gewähren werden, sondern bei Einreise ohne sonstige Auf- enthaltsberechtigung eine sofortige Rückführung in eine Schutz- zone erfolgt; 18. Aufnahme des Betriebs angemessen dimensionierter BAMF-Asyl- prüfungsstellen in den Auslandsvertretungen der das exterritoriale Schutzkonzept tragenden Staaten; 19. Sicherer Transfer einzelner Asylberechtigter, die aufgrund beson- ders herausragender politischer Funktion und eines besonderen Gefährdungsgrades nicht in der exterritorialen Schutzzone ange- messen geschützt werden können; 20. Wissenschaftliche, evaluatorische und mediale Begleitung des Kon- zepts zur ständigen Verbesserung und breitenwirksamen Bewusst- seinsförderung für einen humanitären und heimatnahen Flücht- lingsschutz anstelle eines darwinistischen Migrationsmodells, das wirkliche Not vor Ort ignoriert und die Aufnahmeländer überlastet.

Für die schrittweise zu steigernde Umsetzungsdynamik eines umfas- senden Remigrationsprogramms sind die vorangehenden Prozesse der politischen Willensbildung, der gesetzlichen Rahmensetzung, der Mo- bilisierung inanzieller und personeller Ressourcen sowie der Aufbau weitverzweigter Umsetzungspartnerschaften von ausschlaggebender Bedeutung.

181 Funktionale und institutionelle Ausstattung der exterritorialen Schutz- und Entwicklungspole zur Erfüllung der völkerrechtlichen Schutzverplichtung

Gemäß völkerrechtlichen Verplichtungen ist Flüchtlingen angemesse- ner Schutz zu gewähren. Ein Anspruch auf eine Einreise in einen Staat seiner Wahl hat der Schutzsuchende aber nicht. Die völkerrechtliche Schutzverplichtung stellt folglich die obligatorische Kernkomponente eines exterritorialen Schutzkonzepts dar. Damit wird es zur vollwertigen Alternative zum bisherigen Modell der illegalen Einreise mit anschlie- ßender Schutzprüfung und Schutzgewährung im Hoheitsgebiet der Eu- ropäischen Union. Es substituiert zudem das Konzept der von der EU und dem UNHCR massiv propagierten dauerhaften „Neuansiedlung“ (Europäische Kommission 2016b) bzw. „Resettlement“ (UNHCR 2019) von vorgeprüften und dann direkt eingelogenen Kontingent- lüchtlingen in europäischen Aufnahmestaaten. Die über den Schutz- charakter hinausreichende ökonomische und soziale Komponente des weiter gefassten exterritorialen Schutz- und Entwicklungskonzepts wird im nachfolgenden Kapitel ausführlicher behandelt. Je nach sicherheits- politischen Rahmenbedingungen im Standortstaat und dem räumlich weiter gefassten geopolitischen Setting der umgebenden Region wird die nötige Robustheit der Maßnahmen zur Absicherung des Schutzcha- rakters variieren müssen. Im Rahmen der seit 2010 bestehenden euro- päisch-afrikanischen Geheimdienstkooperation AFIC unter der Ägide von Frontex (vgl. 2018) kann eine wirklichkeitsnahe Situationseinschät- zung und Konzeptentwicklung im Sicherheitsbereich erfolgen. Auch die Vulnerabilität der Zielgruppe der Schutzsuchenden ist ein bestimmender Faktor bezüglich der Ausgestaltung der Schutzpole und ihrer etwaigen Diferenzierung bis hin zur Separierung der räum- lichen Schutzinfrastruktur je nach Gefährdungslage. In Betracht ge- zogen werden muss, dass bei geringer tatsächlicher Bedrohungslage einiger Schutzsuchender möglicherweise nur ein gewisser Anteil der

182 Rückzuführenden das Angebot der Schutz- und Entwicklungszonen in Anspruch nehmen wird. Wenn alternativ eine dezentrale Rückkehr, verbunden mit der Chance auf mittels Beratung, Qualiizierung, Job- vermittlung und ggf. mit Mikrokrediten unterstützte Reintegration im jeweiligen Herkunftsland bzw. Heimatort im gewohnten wirtschaft- lichen und sozialen Umfeld zur Wahl steht, könnte auch diese Option Zuspruch inden, wenn eine obligatorische Rückführung aus Europa ansteht. Im Folgenden sollen die wichtigsten grundlegenden und teilweise op- tionalen Bausteine eines tragfähigen Schutzkonzepts beschrieben wer- den, die je nach Rahmenbedingungen zum Tragen kommen und an die speziische Situation im Standortsland angepasst werden sollten: • Asylprüfung: Die Auslandsvertretungen der am exterritorialen Schutzkonzept beteiligten Staaten sollten eine zentrale Anlaufstelle zur Asylprü- fung einschließlich des völkerrechtlich verplichtenden Rechtsbe- helfs bieten, möglicherweise mit dezentralen Anlaufstellen im Falle verschiedener, in größeren Distanzen über das Aufnahmeland ver- teilter Schutzzonen. Nur besonders exponierte politisch Verfolgte und bedrohte Einzelfälle sollen auf diesem Wege einen sicheren Zugang zu Schutz innerhalb der EU erhalten. In der EU bezüglich beteiligten Staaten anhängige Asylverfahren können an die regional zuständigen Stellen der Auslandsvertretung delegiert und die Asyl- bewerber dorthin transferiert werden, ohne gegen das Verbot von Kollektivausweisungen zu verstoßen. • Bewohnerzahl: Schutzpole sollten für eine Größenordnung von in der Regel bis zu 10.000 Bewohnern geplant werden, um einerseits eine angemes- sene Auslastung der zu schafenden administrativen Institutionen und physischen Infrastruktur für eine Großsiedlung zu gewähr- leisten ohne auf der anderen Seite durch eine zu große Bevölke- rungsanzahl (möglicherweise kulturell diferenter) Remigranten

183 neue Quellen für Spannungen und Konlikte im Aufnahmeland zu schafen. • Grundversorgung: Die Schutzeinrichtungen sollten so konzipiert sein, dass ohne er- werbsmäßige Eigenanstrengung der Schutzsuchenden nur für eine einfache Basisversorgung mittels Sachleistungen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse Essen, Wohnen, Bildung und medizinische Versorgung gewährleistet wird. Jeder Bezieher von Sachleistungen sollte im Gegenzug entsprechend seiner Qualiikation obligatorisch in Dienste der Schutzzone einbezogen werden. Dadurch wird ver- mieden, dass die Schutz- und Entwicklungspole selbst zu unkon- trollierten Migrationsmagneten mutieren und zugleich die Eigen- anstrengung und Qualiikation der Schutzsuchenden gefördert. • Institutionen: Die wichtigsten Institutionen zur Verwaltung der Schutzzone, für schulische und beruliche Grundbildung, zur Gewährleistung von Sicherheit durch private Sicherheitsdienste in Partnerschaft mit der örtlichen Polizei und Sicherheitsbehörden78, zur medizinischen und psychologischen Betreuung sowie zur Beratung und Gewährung von Mikrokrediten sollten in jeder Schutzzone vorgesehen werden. • Gemeinschaftseinrichtungen: Entsprechend der kulturellen Zusammensetzung der Bewohner sollten Räume und Flächen für gemeinschaftliche kulturelle, reli- giöse und Vereinsaktivitäten vorgesehen werden, die in Eigenini- tiative und inanzieller Eigenverantwortung ausgebaut und genutzt werden können, um die kulturellen Wurzeln und Identitäten der

78 Möglicherweise könnte die Sicherheit auch mit der Unterstützung von Front- ex-Personal gewährleistet werden (vgl. Bossong 2019, S. 8). Denn die neue Verordnung EU 2019/1896 ermöglicht der Agentur die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, was zuvor auf Staaten in unmittelbarer Nachbarschaft der EU begrenzt war (vgl. Sachverständigenrat für Migration 2020a, S. 9).

184 Flüchtlinge während des schutzbedingten Aufenthalts in der Frem- de nicht zu gefährden. • Zentraleinrichtungen: Sofern in einem Land mehrere Schutzzonen aufgebaut werden, sollten in zentraler Lage Einrichtungen spezielleren und anspruchs- volleren Bedarfs wie Krankenhäuser, berufsqualiizierende Fach- und Hochschulen in Kooperation und zum wechselseitigen Nutzen gemeinsam mit dem Standortland aufgebaut werden. • Schutzbedarf: Bei besonderer Vulnerabilität speziischer ethnokultureller Grup- pen unter den Schutzsuchenden sollte eine gruppenspeziische se- parate Unterbringung innerhalb der Schutzzone bzw. in räumlich separierten Schutzpolen gewährleistet werden, um eine diskrimi- nierungsfreie Entfaltung des autochthonen kulturellen und religiö- sen Lebens sowie der wirtschaftlichen Aktivitäten zu gewährleisten. • Familienzusammenführung: Entsprechend den schutzrechtlichen Verplichtungen sollten spe- zielle Betreuungsangebote für unbegleitete Minderjährige vorge- sehen werden, so dass das im Flüchtlingsrecht priorisierte Recht auf Familienzusammenführung auch in der Schutzzone bzw. auf Wunsch der Familie alternativ in der ursprünglichen Heimat ge- währt werden kann.79 Der Missbrauch der Bestimmungen des

79 Auch die EU-Kommission (2017, S. 44) bestätigt in ihrem Entwurf eines „Rückführungs-Handbuchs“: „Return is one of the options to be examined when identifying a durable solution for unaccompanied minors“. Wichtig sei eine Bewertung zum Wohle des Kindes der „situation and reception conditi- ons in the country of return“. In einem Richtlinienvorschlag für „gemeinsame Normen und Verfahren […] zur Rückführung“ (Europäische Kommission 2018g) haben die nationalen Behörden bei der „Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger“ (ebd. S. 33) darauf zu achten dass „die Minderjährigen ei- nem Mitglied ihrer Familie, einem oiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Rückkehrstaat übergeben werden“ (ebd., S. 34).

185 Kinderschutzes im Flüchtlingsrecht durch Vorausschicken über die Schengengrenze meist männlicher Minderjähriger – oft ohne Al- tersnachweis – mithilfe krimineller Schlepper um anschließend die ganze Familie nach Europa zu holen, soll dadurch unterbunden werden. • Raumordnung: Eine raumordnerische und stadtplanerische Einbettung der zu schafenden Siedlungen und Industrie- sowie Gewerbelächen soll- te in Kooperation mit den nationalen Planungsinstitutionen des Standortlandes in der Form erfolgen, dass gemäß dem Konzept der dezentralen Konzentration neue Entwicklungspole geschafen wer- den und einer weiteren Überlastung schnell wachsender Metropo- len vorgebeugt wird. • Sonderwirtschaftszone: In langfristigen Verträgen sollte mit dem Standortland die Einrich- tung und rechtliche Absicherung einer Industrieproduktionszone für nationale und internationale Investoren vereinbart werden, um Arbeitsplätze für Schutzsuchende, zu vereinbarten Anteilen aber auch für die umgebende Bevölkerung zu schafen. • Kleinunternehmerförderung: Um die Eigenständigkeit und das Selbstwertgefühl der Schutzsu- chenden zu stärken, sollten individuelle privatwirtschaftliche Ini- tiativen mittels Beratungsleistungen und Mikrokrediten gefördert werden für eine selbsttätige und bedürfnisorientierte wirtschaftli- che Entwicklung und Versorgung der Schutzzone. Die Möglich- keit zur Erweiterung der Schutzzone um Einzelhandel, Dienstleis- tungsbetriebe, Kleingewerbegebiete, individuelle Wohnsiedlungen, Kleingärten und Flächen für Gärtnereien sollte für unternehme- risch initiativstarke Schutzsuchende vorgesehen werden.

186 • Nahrungsmittelerzeugung: Da die Schutz- und Entwicklungszonen in der Regel in Gebieten hohen Bevölkerungswachstums und noch nicht voll entfalteter landwirtschaftlicher Produktionspotenziale liegen werden, sollte eine ganzheitliche Planung der Steigerung der Nahrungsmittel- produktion integraler Bestandteil des jeweiligen Standortkonzepts sein. Nicht nur die Eigenversorgung der Schutzzone ist möglichst weitreichend zu gewährleisten. Es sollten auch Versorgungsengpäs- se der umgebenden Bevölkerung berücksichtigt werden. Bei den Anbaumethoden sollten arbeitsintensive, ökologisch angepasste Produktionsformen priorisiert werden. Kapazitätsaufbau und Inno- vationspotenziale in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft des Stand- ortlandes sollten gezielt gefördert werden, allerdings unter Vermei- dung von Arbeitsplatzvernichtung durch Übermechanisierung. • Nachnutzung: Die Schutz- und Entwicklungspole sind dergestalt zu planen, dass eine nahtlose Weiterverwendung der Infrastruktur durch die Auf- nahmegesellschaft möglich ist, sobald der Schutzbedarf in der Hei- matregion bzw. im Herkunftsland weggefallen ist und möglicher- weise eine starke Rückkehrbewegung einsetzt.

Die weit überwiegende Mehrzahl der in Europa tatsächlich Schutz- suchenden hält sich im Aufnahmeland an Regeln und Gesetze um ihre freie Selbstverwirklichung und möglichst auch das wirtschaftliche Auskommen ihrer Familien zu sichern. Ihre Umsiedlung in regiona- le Schutz- und Entwicklungszonen wird bei einem klar vorgegebe- nen Remigrationskonzept und einer ausreichenden Berücksichtigung grundlegender Bedürfnisse – ein entsprechender politischer Wille und gesetzlicher wie inanzieller Programmrahmen vorausgesetzt – sowohl durchsetzbar als auch der Bevölkerungsmehrheit in den europäischen Staaten vermittelbar sein. Die größte Herausforderung für das kon- ventionelle Asylsystem und das Sicherheits- und Justizwesen der euro- päischen Mitgliedstaaten einerseits sowie für das exterritoriale Schutz-

187 und Entwicklungskonzept andererseits sind jedoch gewaltaine, bereits mehrfach strafällig gewordene Asylbewerber bzw. illegale Migranten, die teilweise sogar Kampferfahrung in terroristischen Bürgerkriegsmi- lizen mitbringen. Insbesondere in letzterem Fall fehlt ordentlichen Ge- richten in europäischen Staaten in der Regel der ausreichende Zugang zu örtlichen Informationen aus den Herkunftsländern bzw. Kampf- gebieten, zu Zeugen und zu kultur- und regionalspeziischem Hinter- grundwissen um eine angemessene Beurteilung und Bestrafung der Delikte sicherzustellen. Das Schweizer Außenministerium etwa strebt aus diesem Grunde an, „dass Anklagen und Strafvollzug nach inter- nationalen Standards in den Staaten stattinden, in denen die Delikte begangen wurden“ (Herzog 2020, S. 20). Ab einer gewissen Schwelle der im Strafregister nachweisbaren Neigung zu Straf- und Gewalttaten ist eine Rückführung und Reintegration der betrefenden Personen über das reguläre exterritoriale Schutzkonzept zu riskant und die Sicherheit der übrigen Schutzsuchenden und Mig- ranten gefährdend. Problematische Rückkehrer, die während ihres Auf- enthalts in Europa häuiger oder sogar schwer strafällig geworden sind, sollten bei herabgesetzter Schwelle gegenüber bisherigen regulären polizeilichen Abschiebungen aufgrund Überschreitung eines gewissen Strafmaßes rascher und wirksamer abgeschoben werden können. Da- mit bei ausstehender Bestrafung in das Justizsystem des jeweiligen Her- kunftslandes abgeschoben werden kann, sollten verbindliche diploma- tische Zusicherungen bzw. zwischenstaatliche Verträge und Garantien für faire Verfahren nach internationalen Standards und grundsätzlich eine die Menschenrechte achtende Bestrafung (Ausschluss von Folter und Todesstrafe) auf zwischenstaatlicher bzw. EU-Ebene mit den Her- kunftsstaaten vertraglich vereinbart werden. Durch in den jeweiligen Auslandsvertretungen anzustellende Justizbeobachter werden die Ver- fahren und der Strafvollzug gegen die aus europäischen Staaten ab- geschobenen Straftäter überwacht. Damit wird dem vorübergehenden Zielland von Flüchtlingen bzw. illegalen Migranten in der EU die gro- ße administrative und inanzielle Last des Strafvollzugs abgenommen.

188 Schutz und Entwicklungspole als regionale Wirtschafts- und Innovationsmotoren durch Remigration, Investition und Bildung

In der Migrations- und Entwicklungsforschung gibt es einen umfang- reichen Fundus an Arbeiten zur Konzeption der „refugee self-reliance“ bzw. der ökonomischen Eigenständigkeit von Flüchtlingen.80 Collier (vgl. 2018, S. 3) zufolge ist der zu 90% klar dominierende Wunsch von Flüchtlingen, ihre inanzielle und gesellschaftliche Autonomie möglichst rasch wieder herzustellen, statt sich in die Abhängigkeit und Chancenlimitierung eines Schutzsystems nach dem Modell des UNHCR zu begeben. Verschiedene Migrationsforscher geben zu be- denken, dass Flüchtlinge und illegale Migranten, die für längere Zeit nicht ihrem vorherigen berulichen Status im Heimatland entspre- chend beschäftigt waren oder längere Zeit in Passivität durch Abhän- gigkeit von Sozialhilfe und Asylsystem verharrt sind, zumindest vorü- bergehend deutlich an Selbstvertrauen und Eigenständigkeit einbüßen (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 958f. u. 967 und Whyte & Hirslund 2013, S. 3). Betts & Collier (vgl. 2015, S. 92) kritisieren angesichts der strukturellen Herausforderung der Massenmigration die heutige Flüchtlingspolitik als „gescheitertes Überbleibsel des inter- nationalen Nachkriegssystems“. Sie appellieren, Flüchtlinge nicht nur aus der Perspektive der humanitären Hilfe zu sehen, sondern in einem „stärker entwicklungsorientierten Fokus“ (Whyte & Hirslund 2013, S. 1) räumlich näher an der Herkunftsregion ihr Potenzial für die Ent- wicklungsförderung in den regionalen Aufnahmestaaten oder auch in ihrer Heimat selbst gezielt zu nutzen. Die Realisierbarkeit dieses Kon- zepts sehen Betts & Collier (2015, S. 89f.) in verschiedenen regionalen und historischen Kontexten anhand des Beispiels landwirtschaftlicher

80 Vgl. hierzu die Sonderausgabe Nr. 1, 2020 des „Journal of Refugee Studies“ der Universität Oxford zum hema „Rethinking Refugee Self-Reliance“: htps://academic.oup.com/jrs/issue/33/1.

189 Erschließungs- und ländlicher Entwicklungsprogramme als belegt: Aus der Türkei vertriebene Griechen in Griechenland in den 1920er Jahren, ruandische Flüchtlinge in Uganda in den 1960ern und Guatemalte- ken auf Mexikos Yucatán-Halbinsel gegen Ende des Kalten Krieges ge- nossen jeweils nicht nur Schutz, sondern trugen unter Voraussetzung eizienter Planung und kulturell bedingter Integrationsfähigkeit auch substanziell zur Entwicklung ihrer Aufnahmeregionen bei.

Quelle: Henn 2020, S. 8

Abb. 20: Anstieg der Anzahl der Sonderwirtschaftszonen weltweit von 1975 bis 2018

Entsprechend plädieren Betts & Collier (vgl. 2015, S. 85) für eine Übertragung des Ansatzes auf die Beschäftigungs- und Unternehmer- förderung in existierenden und ggf. zu erweiternden bzw. gezielt an- zulegenden Sonderwirtschaftszonen zur Schafung heimatnaher Er- werbsperspektiven für Flüchtlinge und Migranten (vgl. hierzu auch Seitz 2018, S. 213f). Das in vielen Entwicklungsregionen bereits weit

190 verbreitete Modell der industriellen „Special Economic Zones“ (zur wachsenden Anzahl vgl. Abb. 20) bietet in der Regel eine moderne Inf- rastrukturausstattung, Sonderkonditionen für ausländische Investoren in puncto Steuern81 und Zollabgaben sowie erhöhte Rechts- und In- vestitionssicherheit. Sie können durch Siedlungsstrukturen, verbunden mit Service- und Bildungseinrichtungen ergänzt werden.82 Sonderwirtschaftszonen werden meist in Form von Industrieparks in infrastrukturell günstiger Lage angelegt. Oft dienen sie der Exportpro- duktion, erfüllen aber in der Regel auch entwicklungsfördernde Funk- tionen wie Forschungs- und Entwicklungskooperation, Innovations- förderung, Technologietransfer sowie Unternehmensausgründungen. Internationale Investoren inden gerade für arbeitsintensive Branchen attraktive Investitionsbedingungen vor. Für Einheimische wie Rück- kehrer können durch „selbsttragende Produktionsnetzwerke“ (Müller 2019, S. 11) attraktive Arbeitsplätze geschafen werden. „Make globa- lisation work for people“ nennt Collier (2018, S, 6) dieses Prinzip, das er lediglich durch europäische Flüchtlingshilfe-NGOs bedroht sieht,

81 Henn (vgl. 2020, S. 14f) fordert im Sinne der Steigerung der positiven Ent- wicklungsefekte für das Standortland einer Sonderwirtschaftszone einen Steuerdumping-Wettbewerb zwischen den Staaten zu vermeiden. 82 Der Wirtschaftsnobelpreisträger 2018 Paul Romer (vgl. 2010) begrün- dete ein vergleichbares, aber bezüglich der Souveränitätsabtretung um- strittenes Konzept der „Charter Cities“ (häuig übersetzt in Anlehnung an das Beispiel Hongkong als „Sonderverwaltungszone“). Modernisie- rungstheoretisch argumentierte er mit der Notwendigkeit, Exklaven mit einem Entwicklungsimpulse begünstigenden, von außen gesteuerten Re- gelungsrahmen zu etablieren, so dass eine unter geschützten Bedingungen lorierende Wirtschaftstätigkeit konstruktive Ausstrahlungsefekte auf das unterentwickelte Umland entfalten könne. Woolf (vgl. 2019) kritisiert das Konzept der Charter Cities anhand zweier geplanter und wegen in- nenpolitischer Schwierigkeiten abgebrochener Umsetzungsversuche als gescheitert. Er ignoriert aber, dass zumindest im Ansatz vergleichbare Sonderwirtschaftszonen als Modell in Afrika und anderen Entwicklungs- ländern bereits hundertfach erfolgreich umgesetzt wurden und auch deut- liche Entwicklungsimpulse verzeichnet werden konnten.

191 deren ideologische und ökonomische Eigeninteressen durch das An- bieten von Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Herkunftsregionen untergraben werden.83 Je nach regionalen Rahmenbedingungen und Entwicklungsniveau des Standortlandes können sich die das exterritoriale Schutzkonzept stützenden Sonderwirtschaftszonen stärker auf Hightech-Branchen, arbeitsintensive Produktionsbetriebe, Dienstleistungen wie etwa Call-Center oder in einkommensschwächeren Staaten auch auf Roh- stof- oder Nahrungsmittelverarbeitung fokussieren (vgl. UNCTAD 2019, S. 141). In einigen Staaten bislang vor allem Asiens gibt es in landschaftlich reizvollen Regionen auch erste Tourismus-Sonderwirt- schaftszonen (vgl. ebd., S. 152). Damit ließen sich auch peripher ge- legene Bereiche von Aufnahmestaaten entwickeln, die ein attraktives Tourismuspotenzial, etwa in Küstenregionen, bieten. In Betracht zu ziehen wäre angesichts der in vielen Herkunfts- und Transitländern angespannten Ernährungslage und der krisensicheren wirtschaftlichen Potenziale des Nahrungsmittelsektors auch die Schafung von Sonder- landwirtschaftszonen. Diese hätten als Grundbedingung traditionel- le Bodenrechte und das Prinzip der arbeitsplatzintensiven, möglichst ökologischen Produktion zu berücksichtigen. Wie China in seinem seit über 30 Jahren etablierten und auf vielen Tausend Quadratkilometern erfolgreichen Programm der landwirtschaftlichen Urbarmachung von Wüsten und Steppengebieten (vgl. Wang et al. 2013), könnten auch in Afrika aktive Strategien dem sonst von internationalen Organisationen lediglich passiv-fatalistisch beobachteten regionalen Klimawandel und Ressourcenschwund entgegen gesetzt werden.

83 Collier (2018, S. 6) analysiert die Problematik nach bisherigen Beratungen mit möglichen industriellen Kooperationspartnern wie folgt: „he irms feared that, if they went in and employed refugees, the European NGOs would accuse them of running sweatshop labour, exploiting refugees. he NGOs that claimed to be the big defenders of refugees were actually the big problem. Again, it’s ethically disgraceful, and these NGOs need to be shamed so that their behaviour is actually called out.“

192 In Afrika waren 2019 von den insgesamt 237 Sonderwirtschaftszonen die meisten in Kenia etabliert (61), gefolgt von Nigeria (38), Äthiopien (18), Ägypten (10) und Kamerun (9), neben weiteren 33 Staaten wie Ghana, Liberia, Senegal und Marokko (vgl. UNCTAD 2019, S. 149). Marokko zeigt durch die Ausrichtung einiger seiner Sonderwirtschafts- zonen auf Hightech-Unternehmen und die Automobilindustrie, dass auch in Afrika anspruchsvolle Investitionen getätigt werden können. Afrika beherbergt zusätzlich zu den 237 Sonderwirtschaftszonen noch rund 200 Einzelunternehmenszonen („Free Points“; ebd.). Wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung des exterritoriale Schutzpole begleitenden Konzepts der Entwicklungszonen ist, dass weder neue Ausbeutungs- strukturen durch völlige Steuerbefreiung privatwirtschaftlicher Investi- tionen geschafen noch kontraproduktive Zugeständnisse an korrupte politische Eliten (vgl. Seitz 2018, S. 98) in den Standortländern ge- macht werden, die sich an den investierten Geldern bereichern könn- ten. Der dem äthiopischen Kaiserhaus entstammende Unternehmens- berater für Afrika Prinz Asfa-Wossen Asserate (2016. S. 185) rät in klaren Worten: „Europa muss endlich Schluss machen mit der falschen Appeasement-Politik gegenüber Afrikas Potentaten“ und die „Afrika- ner müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen“ (ebd., S. 194). Je nach regionalen Rahmenbedingungen sollten für die in dieser Studie vorgeschlagenen Schutz- und Entwicklungszonen kooperationsbereite Investitionspartner aus der internationalen, europäischen, aber auch – bezogen auf das Standortland – aus der nationalen bzw. regionalen Pri- vatwirtschaft eingebunden werden um Arbeitsplätze für Remigranten und Einheimische zu schafen und für Entwicklungsimpulse zu sorgen. Wichtig ist bei der Investorensuche ein Blick auf die bisherigen Haupt- herkunftsstaaten für ausländische Direktinvestitionen in den betrefen- den Regionen. Häuig setzen sich dabei, wie auch bei konventionellen Migrationsströmen (vgl. Schwenken & Neuhauser 2019, S. 20) Be- ziehungen fort, die seit der Kolonialzeit bestehende, engere sprachliche und politische Verbindungen erzeugt haben. Am Beispiel Afrikas ist

193 zu sehen, dass sich seit einigen Jahren aber auch verstärkt China84 und weitere asiatische Investorenländer, zudem Südafrika, als neben Nigeria führende afrikanische Wirtschafts- und G20-Nation, nicht jedoch die führende europäische Exportnation Deutschland unter den „Top 10“ inden (vgl. Abb. 21).

Quelle: UNCTAD 2019, 34

Abb. 21: Top 10 Investorenländer in Afrika nach Bestand an ausländischen Direktinvestitionen 2013/17 in Billionen US-Dollar

Die Bundesregierung startete 2017 während der deutschen G20-Prä- sidentschaft die von Migrationsforscher Collier (vgl. 2018, S. 5f.) unterstützte Initiative „Compact with Africa“85, damit zusätzliche Pri- vatinvestitionen in afrikanische Staaten ließen. Collier argumentiert

84 China ist Äthiopiens wichtigste Quelle ausländischer Direktinvestitionen und konnte das United Nations Development Programme (UNDP) als globalen Partner für die Umsetzung der „One Belt One Road“-Initiative gewinnen wie das China Global Television Network berichtet (04.07.2019): htps://youtu. be/0JCu01ZcFPs. 85 Nähere Informationen zum G20-Programm „Compact with Africa“: www. compactwithafrica.org.

194 in diesem Zuge indirekt den Ansatz der exterritorialen Schutz- und Entwicklungszonen: „he humane form of globalisation is bring jobs to people, not lure people across the sea to jobs which very often don’t exist“ (ebd., S. 6). Bislang sind in Afrika rund 1.000 deutsche Unternehmen aktiv. Ein Fonds über eine Milliarde Euro soll weiteres Kapital in die Region lenken, um Arbeitsplätze und Bleibeperspek- tiven zu stärken (vgl. Deutsche Welle, 18.11.2019). Das Programm kann trotz gehemmter Umsetzungsdynamik (vgl. Wirtschaftswoche, 22.11.2019) als erster Ansatzpunkt für eine verstärkte Entwicklungs- komponente im vorgeschlagenen exterritorialen Schutzkonzept gese- hen werden. Im Rahmen des regionalen Fallbeispiels Jordanien führen Betts & Col- lier (vgl. S. 88) die Sonderwirtschaftszone „King Hussein Bin Talal Development Area“ an, die für eine Kapazität von 100.000 Arbeits- nehmern konzipiert ist, aber bislang nur 10.000 Mitarbeiter beher- bergt. Im Interesse der Stabilisierung der Flüchtlingsströme und der Schafung zusätzlicher Arbeitsplätze auch zugunsten der regionalen Aufnahmeländer sollte die Europäische Union die Ansiedlung von Unternehmen und den Import von Waren in speziell für die örtliche Integration von Flüchtlingen einzurichtenden Sonderwirtschaftszonen fördern bzw. begünstigen. Einerseits könnte internationales Kapital angezogen werden und andererseits syrische Unternehmen vorüberge- hend im Exil ihre Aktivitäten fortsetzen.86 Mittels Start-Up-Förderung könnten Firmen in „industrial incubator zones“ (ebd., S. 86) neu ge- gründet und nach abgeschlossener Befriedung Syriens in die Heimat transferiert werden zur Unterstützung des Wiederaufbauprozesses (vgl. ebd., S. 90). Grundlegend für den Erfolg eines entwicklungsorientier- ten exterritorialen Schutz- bzw. Rückkehrkonzepts ist die ortsspezi- ische Kenntnis und angemessene Berücksichtigung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der regionalspeziischen

86 Gemäß heutiger Sicherheitslage allenfalls für Firmen aus der noch um- kämpften Provinz Idlib relevant.

195 Wirtschaftspotenziale und des generellen „Rückkehr-Kontexts“ sowie der „Rückkehrer-Bevölkerung“ (Whyte & Hirslund 2013, S. 1). Um das Potenzial des „Refugee Entrepreneur“ und die „Refugee Self- reliance“ (vgl. Skran & Easton-Calabria 2020) wirksam zu mobilisie- ren, müssen die zu repatriierenden Flüchtlinge und Migranten in ihrer Selbständigkeit, Eigenverantwortung, Eigenwirksamkeit im Sinne des Gefühls von „Ownership“ im Reintegrationsprozess sowie in ihren per- sönlichen Fähigkeiten und berulichen Kompetenzen gefördert werden (vgl. Angenendt & Koch 2017, S. 14 und Whyte & Hirslund 2013, S. 2). Auch der Sachverständigenrat für Migration (vgl. 2020b, S. 11) stellt fest, dass fachliche Beratung so wichtig wie inanzielle Unterstüt- zung für eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration ist. Durch die Inanspruchnahme fachspeziischer sowie betriebswirtschaftlicher Be- ratung sollen Remigranten in die Lage versetzt werden, eigene mikro- unternehmerische Konzepte zu entwickeln und möglichst rasch in Ei- genverantwortung ein attraktives Einkommen zu erzielen. Seit Jahren bestätigt die Forschung zur Rückkehrförderung, dass vor allem lokale NGOs am Rückkehrort aufgrund ihrer speziischen Fach- und Orts- kenntnisse, der lexiblen Reaktionsfähigkeit und zugleich günstigen Kostenstruktur bessere Ergebnisse erzielen als vergleichsweise teure, schematische und oft zielgruppenferne staatliche oder internationale Programme (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 954 u. 963 und Whyte & Hirslund 2013, S. 2). Trotzdem sind insbesondere auf übergeordneter Ebene die Kompetenzen, Erfahrungen und bereits aus- gebauten Kapazitäten der wichtigsten internationalen Organisationen im Bereich der Rückkehr- und Reintegrationshilfe zu nutzen wie die der IOM und des UNHCR. Letzteres ist jedoch eher fokussiert auf die Rückkehr aus regionalen Aufnahmeländern als aus europäischen Staa- ten (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 954). Als besonders wirksam erwiesen sich Hilfen zur Unternehmensgrün- dung im Vergleich zu rein inanzieller Hilfe, die oft Mitnahmeefekte erzeugt (vgl. Angenendt & Koch 2017, S. 14) oder rein informations-

196 bezogener Unterstützung (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 963). Wichtig für die Akzeptanz und damit den Erfolg der Rückfüh- rung ist die frühe Einbindung und maßgeschneiderte Unterstützung für rückkehrende Flüchtlinge und Migranten. Während des Aufent- halts in Europa hinzugewonnene sprachliche und beruliche Kompe- tenzen sollten gezielt ausgeschöpft und neben Kleinunternehmen auch für Großinvestoren genutzt werden, die in größerem Umfang Arbeits- plätze schafen. Erst dadurch werden die in der jüngeren Migrations- forschung der zirkulären, sprich rückkehrenden Migration zugeschrie- benen positiven Entwicklungsefekte im Sinne von „Brain Gain“ für das Herkunftsland mobilisiert (vgl. Angenendt & Koch 2017, S. 12). Der Zugang zu Beratungsleistungen, Aus- und Fortbildung sowie zu fairen Mikrokrediten zur Realisierung eigener Geschäftsideen in den Schutz- und Entwicklungspolen sollte eng mit der besonders wichtigen vorbereitenden Förderung vor Ausreise verzahnt werden (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 966 und Whyte & Hirslund 2013, S. 1). Es ist aber aufgrund sprachlicher und fachlicher Faktoren durchaus sinnvoll und aus Gründen der Kostenersparnis dringend geboten, den Hauptteil vorbereitender wie auch begleitender Qualiizierungsmaß- nahmen direkt vor Ort in der Schutz- und Entwicklungszone durchzu- führen (vgl. Angenendt & Koch 2017, S. 13). Örtliche Schulungsange- bote sollten, wo immer möglich, durch die proitierenden Arbeitgeber, ergänzend aber auch durch Entwicklungsagenturen und qualiizierte NGOs angeboten werden. Besonders kompetente Remigranten sollten zu diesem Zweck sowie für weitere Beratungs- und Verwaltungsdienst- leistungen eine Anstellung bei diesen Institutionen nach dem in der Entwicklungszusammenarbeit bewährten und – gegenüber der Entsen- dung europäischer Fachkräfte – massiv Kosten sparenden Modell der Ortskräfte erhalten. Die Rückkehrförderung sollte jedoch nicht die Rückkehr in zentra- le Schutz- und Entwicklungspole deutlich attraktiver gestalten als die wahlweise dezentrale Rückkehr in die angestammte Heimat, sofern der

197 Rückkehrer die Situation dort in Eigenverantwortung als sicher genug einschätzt. Entsprechend sollten Beratung und Mikrokreditvergabe zur Unterstützung kleinunternehmerischer Business-Konzepte von Remi- granten nicht nur räumlich konzentriert in den Schutz- und Entwick- lungspolen angeboten werden, sondern auch dezentral in jeglichen Herkunftsregionen und -orten, ggf. auch in anderen Staaten. Für diese etwas niedrigschwelligere dezentrale Remigrationsunterstützung ohne Gewährleistung einer umfassenderen Schutzfunktion sollten bei den entsprechenden Auslandsvertretungen und durch die vor Ort vertrete- nen Entwicklungsagenturen jene Grundleistungen angeboten werden, die für eine wirtschaftliche Reintegration in der Startphase notwendig sind, wie Beratungsleistungen und Mikrokreditvergabe. Die Leistungs- erbringung kann kapazitäts- und kostensparend an fach- und ortskom- petente NGOs delegiert werden. Wichtig ist aber auch bei dezentraler Rückkehrförderung zur völker- rechtlichen Absicherung des exterritorialen Schutzkonzepts, dass in Regierungsabkommen vereinbart und durch Monitoring sichergestellt wird, dass Rückkehrer nicht allein für die Tatsache temporärer Flucht unangemessen bestraft werden (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 951). Insbesondere bei der Rückkehr in ehemalige (Bürger-) Kriegsgebiete sollte die Möglichkeit juristischer Unterstützung bei Pro- blemen mit aberkannten Landtiteln vorgesehen werden (vgl. Ruben, van Houte & Davids 2009, S. 947). Diese Herausforderung verhindert häuig gerade bei verfolgten ethnoreligiösen Minderheiten die Rück- kehr in die angestammte Heimat.87

87 Ergebnis eigener Befragungen unter jesidischen Flüchtlingen und Rückkeh- rern im Nordirak im März 2018.

198 6. Geopolitische Stärkung Deutschlands und Europas durch Kooperation mit stabilisierten Nachbarn im Globalen Süden

Schon 2019, also vor der Corona-Lockdown-Krise, lag Deutsch- land als bis 2009 weltweit führende Exportnation (vgl. ZeitOnline, 08001.2010) bezüglich des Exportvolumens 40% hinter China (vgl. Statista, 25.04.2020). Während China entsprechend der klassischen geopolitischen Herzland-hese (vgl. Mackinder 1904) durch die „One Belt One Road“ bzw. „Neue Seidenstraßen“-Initiative sukzessive sei- ne Dominanz auf dem eurasischen Kontinent und darüber hinaus in Südamerika und insbesondere in der südlichen europäischen Nach- barschaft Afrikas ausbaut, verlieren Deutschland und Europa, zusätz- lich verschärft durch die Migrationskrise seit 2015, in gegenläuigem Trend Wettbewerbsfähigkeit und damit Einluss in der Welt. Um ent- gegen der Hofnung auf eine multipolare Welt – nach Ablösung des bislang militärisch dominanten globalen Hegemons USA – nicht in ein Zeitalter der langfristigen Dominanz des autoritär, zentralistisch und kommunistisch regierten Chinas hineinzugleiten, ist Deutschland als Führungsmacht Europas dringend gerufen die eigene Interessenlage neu zu bewerten. Die im 21. Jahrhundert voraussichtlich weiter anschwellenden, unter dem gegebenen Asyl- und Migrationsregime kaum efektiv kontrollier- baren und daher tendenziell die globale Wettbewerbsfähigkeit belas- tenden Migrationsströme aus Afrika und der asiatischen Nachbarschaft nach Europa müssen durch einen Paradigmenwechsel im Zuge eines konsequent durchgesetzten exterritorialen Schutz- und Entwicklungs- konzepts gestoppt werden. Sie müssen sogar selektiv da umgekehrt werden, wo bisherige illegale Zuwanderung bzw. temporäre Schutz- gewährung zu einer inkonsequenten, da unvollständigen und verdeckt lediglich postkoloniale Denk- und Ausbeutungsstrukturen festigenden

199 Pseudointegration nicht wettbewerbsfähiger und kulturell schwer in- tegrierbarer Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen mit bereits in jungen Jahren vorprogrammierter Altersarmut geführt hat. Durch ein exterritoriales Schutz- und Entwicklungskonzept, in Ver- bindung mit einem umfassenden Remigrationsprogramm, kann eine Triple-Win-Situation für Herkunftsländer, Migranten und Europa er- zielt werden: 1. Die Herkunftsländer erhalten ihre durchsetzungsfähigsten und relativ gesehen am besten ausgebildeten und durch ihren Euro- pa-Aufenthalt weiterqualiizierten Mitglieder der Gesellschaft im Sinne von „Brain Gain“ erzeugender zirkulärer Migration für Wie- deraufbau und eigenverantwortliche Entwicklungsanstrengungen zurück. Durch ausländische Investments und Know-how-Transfer wird die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften gestärkt. 2. Die Remigranten erhalten persönliche und beruliche Entwi- cklungs- und Selbstverwirklichungsperspektiven, die ihnen im Rahmen eines von Automatisierung und Roboterisierung bedroh- ten Arbeitsmarkts und eines vergleichsweise völlig überregulierten und überbesteuerten Unternehmensgründungsumfeldes in den europäischen Industrienationen verwehrt bleiben müssten. 3. Deutschland und Europa als Innovations- und Wirtschaftsraum sowie als geopolitische Akteure werden in ihrer Wettbewerbsfähig- keit in ihrem allein die Konkurrenzfähigkeit sichernden bildungs- intensiven Wirtschaftssegment gestärkt. Günstige Produktionsbe- dingungen und neue Marktzugänge in sich rasch entwickelnden Regionen werden nutzbar gemacht. Durch die Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen mit den Herkunfts-, Transit und Stand- ortländern der Schutz- und Entwicklungspole wird die geopoli- tisch sensible unmittelbare und weitere Nachbarschaft Europas sta- bilisiert und der Einluss auf zunehmend China überlassene Räume gesichert.

200 Damit sich Deutschland nicht weiterhin strategielos und fatalistisch im Paragraphendschungel des UN-, EU- und nationalen Asyl- und Migrationssystems verliert, bedarf es für die gesamtpolitische Abstim- mung dieses über Sicherheit, Freiheit, Wohlstand und damit unsere langfristige Zukunft als bedeutende Kultur- und Wirtschaftsnation entscheidende exterritoriale Schutzkonzept und das damit verbunde- ne Remigrationsprogramm der Gründung eines nationalen, die Re- gierung beratenden Remigrationsrats. Er sollte sich nicht allein aus den Vordenkern und Nutznießern des bislang verteidigten Weges der Außen- Sicherheits- und Migrationspolitik zusammensetzen, sondern vor allem jene Gruppen in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft repräsentieren, deren Beiträge für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts essenziell sind. Außen- und Entwicklungspolitik sollten in einem Ressort vereint werden. Das in der vorliegenden Studie vorgeschlagene Konzept ist zu komplex als dass es – zumindest kleinere – Einzelstaaten alleine vollumfänglich umsetzen könnten. Deutschland ist in der schwierigen Lage, dass es trotz massiver Aufnahme von Migranten seit 2015 in den wichtigsten Herkunftsregionen durch kaum vorhandene postkoloniale Verbindun- gen und nur geringe ausländische Investitionstätigkeit nur über ein vergleichsweise geringes Einlusspotenzial verfügt. Mögliche frühe Ver- bündete in der Umsetzung des Konzepts wie die migrationskritischen Staaten Osteuropas verfügen aufgrund ihrer Geschichte ebenso wenig über die nötigen Zugänge. Daher ist es von essenzieller Bedeutung, dass weitere europäische Staaten mit starken politischen Strömungen zur Begrenzung der unkontrollierten illegalen Migration wie Däne- mark, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande und Öster- reich sowie das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien frühzeitig in die Formierung eines gemeinsam deutlich handlungsfähigeren Inter- essenbundes mit dem Ziel der Gründung einer internationalen Or- ganisation im Sinne einer Remigrationsagentur einbezogen werden. Eine solche Kooperationsallianz könnte möglicherweise langfristig das „Fundament einer neuen europäischen Föderation“ (Ley 2017, S. 81)

201 bilden, die die innereuropäische Völkervielfalt wertschätzt, entspre- chend nationale Souveränitätsinteressen als Ausdruck von Demokratie achtet und durch zielführende Kooperation dauerhaft nach innen und außen verteidigt. Eine Zusammenarbeit mit Chinas „Belt and Road Initiative“ in der Umsetzung der Schutz- und Entwicklungszonen ist vor dem Hinter- grund abzuwägen, dass die enorme Dynamik, das angesichts wach- sender Investitionen hohe Stabilitätsinteresse (vgl. Seitz 2018, S. 194) und die faktische Handlungsfähigkeit Chinas im schwierigen Umfeld Afrikas idealerweise auch für das Rückführungskonzept in Wert gesetzt werden könnten. Russland könnte zudem als Partner in Sicherheits- fragen einbezogen werden. Denn das primäre geopolitische Interesse Russlands liegt aus realpolitischen, geostrategischen Gründen nicht in einer Schwächung Europas, sondern in seiner Stabilisierung als wich- tigster Abnehmer von russischem Erdgas, was eine essenzielle Grundla- ge für die seit der Jahrtausendwende sukzessive zurückgewonnene Stär- ke Russlands ist. In jedem Fall müssen einzelne EU-Mitgliedstaaten vorausgehen, wollen sie die Europäische Union als Ganzes unter Druck setzen ihre bislang für Europa schädliche und den Zukunftsherausfor- derungen des 21. Jahrhunderts kaum gewachsene Asyl- und Migra- tionspolitik dem dringend notwendigen vorgeschlagenen Paradigmen- wechsel zu unterziehen. Denn nur auf diesem Wege kann Europa eine langfristige Friedens- und Wohlstandsdividende durch eine stabile, aber auch faire und partnerschaftliche Ordnung mit seinen Nachbarn in Afrika und Asien erzielen.

202 Zum Autor der Studie

Dr. Rainer Rothfuß wurde 1971 in Freudenstadt geboren. Er ist verheiratet und Vater zweier Töchter. An den Universitäten von Tü- bingen, Stuttgart und Mérida (Venezuela) studierte er mit Förde- rung der Studienstiftung des deutschen Volkes Geographie der Ent- wicklungsländer (Diplom), Politikwissenschaft sowie Raumordnung und Entwicklungsplanung. Rothfuß promovierte an der Geowissen- schaftlichen Fakultät der Universität Tübingen über kommunale Ent- wicklungszusammenarbeit in transnationalen Städtenetzwerken zwi- schen Europa und Lateinamerika. Beruliche Stationen führten ihn vom Außenwirtschaftsbereich eines global tätigen mittelständischen Industrieunternehmens über die Verwaltung europäischer Förderpro- gramme in kommunaler Entwicklungszusammenarbeit (URB-AL II) und innereuropäischer regionaler Zusammenarbeit (INTERREG III B) bis hin zur selbständigen Beratertätigkeit seit 2004. Zwischen 2009 und 2015 hatte Rothfuß eine Professur für Politische Geographie und Entwicklungsforschung an der Universität Tübingen inne. Forschungs- schwerpunkte bildeten nachhaltige Entwicklung, innovative Verkehrs- konzepte, partizipative Raumplanung, Geopolitik und interreligiöse Konlikte im Kontext von Flucht, Vertreibung, Migration und Ent- wicklung. Forschungsreisen führten Rothfuß in Konliktregionen und Flüchtlingslager in Nigeria, Südsudan, Marokko, Türkei, Irak, Timor Leste, hailand, Brasilien, Kolumbien und Venezuela. Als Geopoli- tikanalyst ist Rothfuß regelmäßiger Gast in internationalen TV-Sen- dungen zu Konlikten weltweit. Als selbständiger Berater hat er unter anderem innovative Hilfsprojekte für verfolgte religiöse Minderheiten entwickelt und geleitet, die einen Ansatz der Hilfe vor Ort bzw. in Nachbarregionen verfolgen. Aufgrund seines ehrenamtlichen Engage- ments für die Völkerverständigung zwischen Europa und Russland er- hielt Rothfuß 2018 zum 1000-jährigen Jubiläum des Friedensvertrags von Bautzen den Bautzener Friedenspreis.

203 204 Liste der Expertengespräche

Name: Dr. Joseph Ykubu Datum: 12.10.2015 Organistation: Universität Tübingen Schwerpunkt: Hindernisse für die Rückführung illegaler Migranten

Name: Multidiziplinäre Expertengruppe Datum: 05.10.2019 Organistation: DES, Desideruis Erasmus Stiftung, Joachimsthal Schwerpunkt: Analyse, Diskussion und Verbesserungsvorschläge zum Konzeptentwurf einer europäischen Re-Migrations- Agenada

Name: Dr. Gunnar Beck, MEP Datum: 13.11.2019 Organistation: Mitglied des Europäischen Parlaments, Fraktion Iden- tität und Demokratie, Alternative für Deutschland Schwerpunkt: Europäisches und nationales Asylrecht, Anwendungs- deizite und Reformmöglichkeiten

205 Name: Dr. David Reizensein Datum: 14.11.2019 Organistation: Frontex, Europäische Agentur für Grenz- und Küsten- wache, Leiter des Verbindungsbüros Brüssel Schwerpunkt: Probleme des Außengrenz- und Küstenschutzes so- wie Handlungsmöglichkeiten auf nationaler und EU-Ebene

Name: Dr. Fabian Lutz Datum: 15.11.2019 Organistation: DG Migration, Brüssel Generaldirektion Migration und Innere Sicherheit, Leiter juristische Angelegen- heiten in Migrationsfragen Schwerpunkt: Rechtliche Rahmenbedingungen für Umsetzung eines Remigrations-Regimes auf EU-Ebene; Neuverhand- lung der Dublin-Verordnung

Name: , MdB Datum: 30.11.2019 Organistation: Deutscher Bundestag, Berlin, Ausschüsse Tourismus / Verteidigung Schwerpunkt: Aktuelle Situation beim Grenzschutz und in Flücht- lingslagern in Bosnien und an der kroatischen Grenze entlang der Balkanroute

206 Name: Martin Hebner, MdB Datum: 30.11.2019 Organistation: Deutscher Bundestag, Berlin, Ausschüsse Angelegen- heiten der EU / Arbeit und Soziales / Petitionsausschuss Schwerpunkt: Aktuelle Situation beim Grenzschutz und in Flücht- lingslagern in Bosnien und an der kroatischen Grenze entlang der Balkanroute

Name: Dr. Michael Ley Datum: 18.12.2019 Organistation: Experte für Islamismus und Antisemitismus Schwerpunkt: Perspektivrahmen für weiterführende Forschung für eine umfassende Remigrationsagenda

Name: , MdB Datum: 23.07.20 Organistation: Deutscher Bundestag, Berlin, Ausschüsse für Entwick- lung / Menschenrechte und humanitäre Hilfe Schwerpunkt: Erste Abstimmung migrations- und entwicklungspoli- tische Verzahnung des exterritorialen Schutzkonzepts

207 208 Liste der Forschungsreisen

Land Jahr Inhaltliche Schwerpunkte

(Nord-)Zypern 2010 Spätfolgen der türkischen Annexion, ethno- religiöser Vertreibung und territorialer Teilung

Nigeria 2010 Fluchtursache ethnoreligiöse Verfolgung durch islamistische Terrorgruppen

Südsudan 2011 Fluchtursache ethnoreligiöser Bürger krieg; Unabhängigkeit, State Building; Rückkehr- und Re-Integrationshindernisse

Irak, Türkei 2015 Formelle und informelle Flüchtlingslager und -unterkünfte; Interviews mit IS-Flüchtlingen; Kampf gegen den Islamischen Staat hailand 2015 Verfolgte Christen aus Pakistan; infor- melle Flüchtlingsunterkünfte; Menschen- rechte bei Abschiebehaft; mangelnde UNHCR-Betreuung

Timor Leste 2017 Explorationsreise regionale Flüchtlingsneuan- siedlung und wirtschaftlicher Existenzaufbau

Irak, Türkei 2018 Formelle Flüchtlingslager, Wiederaufbau, Rückkehr und Re-Integrationshindernisse

Marokko 2018 Verabschiedung UN-Migrationspakt; Grenz- zaun der spanischen Enklave Ceuta

Venezuela 2019 Wirtschaftskrise und -sanktionen als interne und externe Fluchtursachen

209 210 Abkürzungsverzeichnis

AFIC Africa-Frontex Intelligence Community BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BIP Bruttoinlandsprodukt EASO Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EU Europäische Union EUAA Asylagentur der Europäischen Union EuGH Europäischer Gerichtshof EUNAVFOR MED European Union Naval Force – Mediterranean Eurodac European Dactyloscopy (Fingerab druck-Identiizierungssystem) EUV Vertrag über die Europäische Union bzw. Maastricht- oder EU-Vertrag Frontex Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache GAMM Gesamtansatz für Migration und Mobilität GEAS Gemeinsames Europäisches Asylsystem IOM Internationale Organisation für Migration (UNO-Organisation) MFR Mehrjähriger Finanzrahmen (2021-2027) NATO North Atlantic Treaty Organisation NGO Non-Governmental Organisation UN / UNO Vereinte Nationen UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development UNICEF Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen

211 212 Literaturverzeichnis

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Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung (15.07.2020): Bundesminister Heil und Müller: „Jetzt greift der Ko- alitionsvertrag für ein Lieferketten-Gesetz. Ziel ist ein Abschluss noch in dieser Legislaturperiode“ [http://www.bmz.de/20200714-1; 15.07.2020]

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244 Bundeszentrale für politische Bildung (09.06.2020a): Abschiebungen in Deutschland: Infograiken zu Abschiebungen nach Herkunftslän- dern, Zielstaaten und Bundesländern [www.bpb.de/gesellschaft/mi- gration/flucht/zahlen-zu-asyl/265765/abschiebungen-in-deutschland; 13.07.2020]

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Deutsche Welle (25.04.2018): Syrien-Konferenz erreicht Spendenziel noch nicht. Riegert, Bernd [https://www.dw.com/de/syrien-konferenz-erreicht- spendenziel-noch-nicht/a-43528572; 13.07.2020]

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Welt (14.05.2019): EuGH urteilt: Selbst schwer strafällige Flüchtlinge können Abschiebung entgehen [www.welt.de/politik/deutschland/article193465395/

256 EuGH-urteilt-Selbst-schwer-straffaellige-Fluechtlinge-koennen-Abschie- bung-entgehen.html; 14.07.2020]

Welt (17.02.2020): Endlich gibt es die Chance, Europas Grenzen zu schützen. Geiger, Klaus [https://www.welt.de/debatte/kommentare/article205907941/ Migrationspolitik-Endlich-gibt-es-die-Chance-Europas-Grenzen-zu-schuet- zen.html; 05.07.2020]

Welt (07.06.2020): Mehr als jeder dritte Asylbewerber reiste per Flugzeug ein. Leubecher, Marcel [www.welt.de/politik/deutschland/plus209083321/Mi- gration-per-Visum-Mehr-als-jeder-dritte-Asylbewerber-reiste-per-Flugzeug- ein.html; 09.09.2020]

Welt (12.07.2020): Asylpolitik: Zeit für einen Wandel in der Asylpolitik. Haubrich, Rainer [www.welt.de/debatte/kommentare/article211507785/ Asylpolitik-Zeit-fuer-einen-Wandel-in-der-Asylpolitik.html; 13.07.2020]

Welt (13.07.2020): Umfrage von Welt am Sonntag: Mehrheit der Deutschen will mehr Flüchtlinge aus Krisenregionen einliegen. Leubecher, Marcel [www. welt.de/politik/deutschland/article211469111/Deutschland-Mehrheit-will- mehr-Fluechtlinge-aus-Krisenregionen-einliegen.html; 13.07.2020]

Welt (12.08.2020): Migration wird in europaweiter Umfrage am häuigsten als Bedrohung genannt [www.welt.de/politik/deutschland/article213359458/ YouGov-Befragung-Migration-wird-in-europaweiter-Umfrage-am-haeu- igsten-als-Bedrohung-genannt.html; 09.09.2020]

Wirtschaftswoche (22.11.2019): Wird „Compact with Africa“ ein Erfolg? Freytag, Andreas [www.wiwo.de/politik/ausland/freytags-frage-wird-com- pact-with-africa-ein-erfolg/25256902.html; 08.09.2020]

World Bank (22.04.2020): World Bank Predicts Sharpest Decline of Remit- tances in Recent History. Press Release [www.worldbank.org/en/news/ press-release/2020/04/22/world-bank-predicts-sharpest-decline-of-remit- tances-in-recent-history; 03.07.2020]

World Bank (23.04.2020): he World Bank in Africa: he COVID-19 (coro- navirus) outbreak has set of the irst recession in the Sub-Saharan Africa re- gion in 25 years [www.worldbank.org/en/region/afr/overview; 16.08.2020]

257 Zeit Online (08.01.2010): Weltwirtschaft: China ist neuer Exportweltmeister [www.zeit.de/wirtschaft/2010-01/export-china-deutschland; 06.08.2020]

Zeit Online (29.04.2016): Flüchtlinge: Wenn Asyl Glückssache ist. Maisch, Andreas [www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/luechtlinge-anerkennung- unterschiede-europa; 20.07.2020]

Zeit Online (17.07.2017): Flüchtlinge: EU schränkt Export von Schlauch- booten nach Libyen ein [www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-07/ luechtlinge-libyen-mittelmeer-schlauchboote-eu-export; 11.06.2020]

Zeit Online (21.05.2018): Recep Tayyip Erdoğan: Türkei drängt auf Wahl- kampfauftritte in Deutschland [www.zeit.de/politik/ausland/2018-05/ recep-tayyip-erdogan-tuerkei-wahlkampf-auftrittsverbot; 09.08.2020]

Zeit Online (10.12.2018): Marrakesch: UN-Migrationspakt oiziell ange nommen. [www.zeit.de/politik/ausland/2018-12/marrakesch-marro- ko-migrationspakt-un-gipfel-verabschiedung; 02.07.2020]

Zeit Online (16.07.2019): Zypern und Türkei: Wer ist im Streit ums Gas im Recht? [www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/zypern-gasstreit-tuerkei-gas- bohrungen-eu-sanktionen-faq; 20.07.2020]

Zeit Online (26.09.2019): „Sea-Watch 3“: Deutsches Schif könnte libysche Folterer nach Italien gebracht haben [www.zeit.de/gesellschaft/zeitge- schehen/2019-09/sea-watch-3-libyen-folter-luechtlinge-carola-rackete; 21.07.2020]

Zeit Online (01.03.2020): Türkei: UN melden mehr als 13.000 Migranten an der Grenze zu Griechenland [www.zeit.de/politik/ausland/2020-03/ tuerkei-griechenland-grenze-europaeische-union-migranten; 09.07.202

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