BAD 78 ALCHEMY Time Sets Around Us in Killing Frames, Black Border Round Our Names
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BAD 78 ALCHEMY Time sets around us in killing frames, black border round our names. Our fingers lose their grip and the torch slips Peter Hammill Im Andenken an Reinhold Brunner 1956 - 2013 Reiß jeden meiner Sätze, die ich je gedacht, gesagt, geschrieben habe, aus dem Kontext: Du wirst Dummheiten finden, Brutalitäten, doch nie eine derart kaltherzige Lumperei, daß das, was ist, vernünftig sei. Wolf Klaußner Der Bücherwurm nagte derweil an: Peter Ackroyd - Die Clerkenwell-Erzählungen Claude Auclair + Alain Riondet - Nomaden A. L. Barker - The Gooseboy Josef Bierbichler - Mittelreich J. L. Carr - A Month In The Country Erwin Einzinger - Aus der Geschichte der Unterhaltungsmusik Lars Fiske - Kurt Schwitters: Jetzt nenne ich mich selbst Merz Herr Merz Ford Madox Ford - Parade's End Matthias Gnehm + Francis Rivolta - Paul Corks Geschmack Milo Manara - ...Zu schaun die Sterne Tom McCarthy - K Henry Green - Die Gesellschaftsreise Pawel Huelle - Weiser Dawidek Wolf Klaußner - Klüspies auf Blaiberg Brigitte Kronauer - Teufelsbrück; Zwei schwarze Jäger Gert Loschütz - Dunkle Gesellschaft. Roman in zehn Regennächten Ulli Lust + Marcel Beyer - Flughunde Eva Menasse - Vienna Michael Moorcock - Mother London José Munoz + Carlos Sampayo - Carlos Gardel. Die Stimme Argentiniens Robert von Ranke-Graves - Strich drunter! Eric-Emmanuel Schmitt - Die Schule der Egoisten Will Self - Umbrella Muriel Spark - Mädchen mit begrenzten Möglichkeiten; Vorsätzlich herumlungern Andrzej Stasiuk - Die Welt hinter Dukla Robert Stone - Das Jerusalem-Syndrom Tardi + Malet - 120, Rue de la Gare Rex Warner - The Wild Goose Chase P.G. Wodehouse - Joy in the Morning FREAKSHOW: BROKEN.HEART.COLLECTOR Was für ein Drama. Und dabei hatte ich meine Erwartung doch extra gedämpft, um ja nicht enttäuscht zu sein, wenn es nur 'gut' würde, bei dieser endlich realisierten Heimsuchung durch das herzensbreche- rische österreichische Quintett am 26.06. 2013 im IMMERHIN. Und nun doch diese Flut von knurrigen Brauntönen. So wie da gebrochene Herzen gegrillt werden, sind getrocknete Blutflecken unvermeidlich. Das Rotbraun tropft und spritzt von Maja Osojniks Altstimme, ihren braunen Stiefe- letten, ihren Kniestrümpfen, die bei ihrem temperamentvollen Wippen gelegentlich die bloßen Knie unter dem schwingenden Rock aufscheinen lassen. Es strahlt aus von Susanne Gartmayers rosigen Backen und dem herbstbraunen Röhren ihrer Bass- und, noch uriger dann, ihrer Kontra- altklarinette. Osojnik verstärkt diese Braun- töne noch, wenn sie ihre Bassblockflöte flötet, ein Kasten, groß genug für eine ganze Pelztierfamilie. Dazu lässt am linken Flügel Derhunt seinen Bass grummeln, als würde gleich die Phalanx brauner Lang- ohren auf seiner T-Shirt-Brust abheben. 3 Daneben trommelt sein Bulbul-Partner Didi Kern zwar kernig, aber ganz unstur. Die Feinarbeit dieser Rhythmsection steht im faszinierenden Widerspruch zu ihren kompakten Gestalten. Dafür ist Manfred Engelmayr, bebrill und quergestreift, sowohl optisch als auch praktisch, das demonstrative Gegenbild eines Rockgitarristen. Und wer von denen würde auch mit einem winzigen Blechgießkännchen slide spielen, wer eine Perle auf den Saiten rollen lassen, so dass sich für das rockige Herz- stück dieser Musik ein neuer wilder Kontext ergibt? Denn die Herzensammler erweisen sich als Biest mit drei Gesichtern, besser, drei Aspekten, die changierend einen dramatischen Spannungsverlauf gestalten. Aus dem die Momente, die pa- thetischen Gesten herausragen, bei denen Osojnik einem ans Herz greift oder an die Gurgel geht. Mit Love-Songs, auf de- nen düstere Wolken oder schon schwerer Regen lasten - 'Another Heart Bites the Dust', 'Boatwischmusik' ... cry your- self to sleep now. Wobei diese Trübsal desertrockig swingt oder als Tango daher kommt und einem Seligkeit verspricht, nicht trotz, sondern wegen alledem. Darum ist 'Eisenwalzer' ein so prächtiger Titel. Als ein Tanz mit eisernen Gliedern und Heulbojenalarm, bei dem jede Drehung einen Blutfleck an die Wand klatscht. Doch zwischen solchen Aufschwüngen dämp- fen sich die fünf zu zwielichtigem Herzflimmern, improvisa- torischer Klanggestaltung mit spitzen Fingern, bei der auch Bass und Schlagzeug nur noch blinken und zirpen und Osojnik an Effekten schraubt. Aber man muss darauf gefasst sein, dass Engelmayrs beständig unorthodoxes Gefinger mit den schon angesprochenen Finessen, dass das kollektive Flirren, Ticken und Schaben oder Osojniks gedankenversunkenes Räsonieren abrupt eskalieren zum zornig schroffen oder lust- vollen Aufschrei, wobei sogar die scheinbar aller Tollerei abholde Klarinettistin kirrt und wie ein Känguru hopst. 'Get the Dog' ist so ein krachiger Tempo- und Muntermacher. Und auch 'Wolves' mit seinem This is how their hearts beat, this is how they sound. Mir geht diese totale und glorreiche Musik rein wie sonst kaum etwas. 4 Dead Can Dance: Live in Berlin Hätte mir vor einigen Jahren jemand gesagt, dass ich in der Zukunft die Gelegenheit haben würde, meine musikalischen Helden Dead Can Dance zweimal innerhalb von nur neun Mo- naten live zu erleben, so hätte ich diese Person für verrückt erklärt. Doch genau so sollte es kommen. Nach ihrer Wiedervereinigung und Veröffentlichung des Albums „Anastasis“ erfüllte ich mir mit dem Besuch des Konzerts in der Alten Oper zu Frankfurt am Main im Oktober 2012 einen Lebenstraum (Reviews siehe BA 75). Ihre von den Fans grandios aufgenommene Welttour verlängerten Brendan Perry, Lisa Gerrard & Co einfach um ein paar Monate und kehrten im Juni 2013 auch nach Deutschland zurück. Open Air in der Zitadelle Spandau und das bei Tageslicht! Für mich war das zweite DCD- Konzert eine interessante Abwechslung, wobei das unruhige Platzverhalten einiger ande- rer Konzertbesucher sicherlich eine weniger lohnenswerte Erfahrung ist. Kaum verändert hat sich der Aufbau. David Kuckhermann streichelt und klöppelt als Sup- port Act wieder die Hang(hang), diesmal ist sein Weggefährte Nadishana (Flöte und Maul- trommel) kurz mit dabei. Und die Hauptveranstaltung beginnt wie erwartet mit 'Children Of The Sun'. Irgendwie hat man ein wenig das Gefühl, die Band hätte es etwas eilig gehabt. Lisa hämmert auf ihrem Yang Chin während der ersten paar Songs als gäbe es kein Mor- gen und die Saiten müssten hinterher ohnehin ausgetauscht werden. Ihre Stimme befindet sich erst stärker in den höheren Lagen, bis ihre emotionale Hymne 'Sanvean' die Reichwei- te ihres einzigartigen Organs wieder in Erinnerung ruft. Während die hehre Lady Gerrard mit ihrem erhabenen Auftreten nicht von dieser Welt zu kommen scheint, gibt sich Meister Perry etwas bodenständiger. Wenn er gerade die Hände frei hat, schwingt er den rechten Arm als Taktstock, fast wie James Last. Beim griechischen Rembetiko-Klassiker 'Ime Prezakias' lässt sich Brendan zu einem poli- tischen Seitenhieb hinreißen. Dieser Song handele von einem Mann, der mit bewusstseins- erweiterenden Drogen versuche der Realität zu entkommen, der Finanzkrise, den Schul- den an Deutschland. Ansonsten wird kaum gesprochen. Brendan meint zwischenzeitlich nur: “Ihr seid wunderbar!” Aus der perfekt aufeinander eingespielten Band ragt erneut Astrid Williamson hervor. Die klassisch ausgebildete Pianistin glänzt nicht nur am Keyboard, sondern begeistert auch mit ihrem etwas stärker in den Vordergrund gerückten Backgroundgesang, sowohl beim düster-leidenschaftlichen 'The Host Of Seraphim”, als auch beim Live-Klassiker 'Rakim' oder der musikalischen Wiedervereinigung 'Return Of The She-King' ganz am Ende. Da hätte sicher keiner etwas dagegen, wenn Astrid beim nächsten Studioalbum auch mit- mischen würde. Zu meiner großen Freude gab es neben den üblichen Verdächtigen in der Setlist auch zwei Stücke, die auf der ersten Tour-Runde nicht gespielt wurden. Das flotte 'Black Sun' vom Album “The Serpent's Egg” begeistert einige Konzertbesucher derart, dass sie plötzlich das Tanzbein schwingen, was beim Konzert in der ehrwürdigen Alten Oper in Frankfurt undenkbar gewesen wäre. Und auch ich komme nochmal besonders auf meine Kosten. Denn das schier Unglaubliche passiert: Dead Can Dance performen 'Cantara', einen mei- ner absoluten Lieblingstracks. Eigentlich hieß es immer, Lisa wolle sich aus Rücksichtnah- me auf ihre Stimme diesen musikalisch exzormismusgleichen Parforce-Ritt nicht mehr an- tun. Nach dem langen und komplexen Instrumentalintro inklusive fingerfertigem Gezimbel ihrerseits beginnt Gerrard doch diese beim Live-Album/Konzertfilm “Towards The Within” noch so hohe und schräge Mischung aus Bollywood-Kinderstimmensingsang und Dämo- nenzunge zu singen, allerdings viel weniger schrill, dafür tiefer und bodenständiger. Am Ende verlassen alle Konzertbesucher gut unterhalten die Zitadelle und machen sich auf den kurzen oder langen Heimweg. Ich freue mich besonders, denn zuhause wartet 'In Concert' (PIASR 331CDX), das Live-Doppelalbum zur großen Tournee. Marius Joa 5 over rock under pop {Ø} COPERNICUS Worthless (Nevermore, Inc., NCD 2093): Wenn Joseph Smal- kowski in der Church of Nothingness 'n Worthlessness predigt, ange- peitscht und umgospelt von einem wilden, von Roger Turner geleiteten Orchester und mit Sari Schorrs Shouts und Responses zu seinen Calls und Tiraden als Preacherman, können nur Ignoranten abwinken. Copernicus schwadroniert schließlich weder mythopoetischen Kokolores noch dogmatischen Mumpitz, er kon- frontiert mit fundamentalen Tatsa- chen. Erste Lektion: 'Quantum Me- chanics'. Reality is in the unseeable, the untouchable, the unsmellable, the untasteable, the unhearable. Reality is in the subatomic. Zweite Erkennt- nis: 'You are nor your body'.