Kritisches Verzeichnis Und Aktuelle Checkliste Der Wildbienen Deutschlands (Hymenoptera, Anthophila) Sowie Anmerkungen Zur Gefährdung
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© Entomologischer Verein Stuttgart e.V.;download www.zobodat.at 3 KRITISCHES VERZEICHNIS UND AKTUELLE CHECKLISTE DER WILDBIENEN DEUTSCHLANDS (HYMENOPTERA, ANTHOPHILA) SOWIE ANMERKUNGEN ZUR GEFÄHRDUNG Critical Inventory and Checklist of the Wild Bees of Germany (Hymenoptera, Anthophila) with Remarks on their Threat Erwin Scheuchl & Hans Richard Schwenninger Zusammenfassung Ein aktuelles Verzeichnis aller jemals aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den heutigen Grenzen gemeldeten Wildbienenarten wird vorgelegt. Neben den 582 aktuell oder ehemals bodenständigen Arten werden auch irrtümlich oder nur in Einzelfunden gemeldete Spezies aufgelistet. Die Nachweise seltener, in Deutschland nicht überall ver- breiteter Arten sowie neue und bisher nicht berücksichtigte historische Meldungen werden aufgeführt und ggf. kommentiert. Die Gefährdungskategorien der Arten in den aktuellen Roten Listen Deutschlands sowie der einzelnen Bundesländer werden im Verzeichnis und in einer Gesamttabelle synoptisch dargestellt. Für alle bodenständigen Arten werden deutsche Namen vorgeschlagen, und die Etymologie der wissenschaftlichen und deut- schen Bezeichnungen erläutert. Die Ursachen des alarmierenden Rückgangs der meisten Wildbienenarten werden darge- legt und diskutiert. Aus Sicht des Wildbienenartenschutzes werden als Konsequenzen insbesondere ein Verbot von Neonicotinoiden, die Einführung von Hygienemaßnahmen bei Zucht und kommerzieller Vermarktung von Bienen, eine Optimierung des Nahrungs- und Nistangebots für Wildbienen sowie eine Verbesserung des gesetzlichen Schutzes für hochgradig gefährdete Arten in Deutschland und der EU gefordert. Anhand von Beispielen aus der Praxis werden Schutzmaßnahmen vorgestellt und der Forschungsbedarf aufge- zeigt. Abstract An updated inventory of all species of wild bees ever reported from the Federal Republic of Germany in the present boundaries is presented. In total 582 currently or formerly rec- orded indigenous species are listed. Additionally, erroneously reported species or single finds are discussed. The distribution of rare species is documented, and historical but previously not considered records are provided and commented. The current Red List categories for Germany and for each German federal state are displayed synoptically in the inventory and in a checklist. For all indigenous species German names are proposed, and the etymology of scientific and German names is explained. The causes of the alarming decline in most wild bee species are stated. Consequently the following measures are required: ban on Neonicotinoids, introduction of hygienic measures in breeding and commercial marketing of bees, improvement of food and nest- ing resources for wild bees as well as enhancement of the protection by law for highly endangered bee species in Germany and the EU. Practical examples of wild bee conser- vation are presented and the need for further research is highlighted. Mitt. Ent. Ver. Stuttgart, Jg. 50, Heft 1, 2015 © Entomologischer Verein Stuttgart e.V.;download www.zobodat.at 4 1 Einleitung Das letzte Verzeichnis der Wildbienen Deutschlands wurde im Rahmen der Neufassung der Roten Liste für Deutschland von WESTRICH et al. im Jahr 2012 publiziert. Hierbei wurden für die Faunenliste Deutschlands insgesamt 561 Bienenarten als etabliert aufge- führt. Diese Faunenliste basiert im Wesentlichen auf das Verzeichnis der Hymenopteren Deutschlands aus dem Jahr 2001, bei welchem DATHE die Bienen bearbeitet hat, und dem umfassenderen kritischen Verzeichnis von WESTRICH & DATHE aus dem Jahr 1997 inklusive der Nachträge (WESTRICH & DATHE 1998, WESTRICH 1999, DATHE 2001). Im Gegensatz zu den bisherigen Verzeichnissen werden in dem vorliegenden sämtliche Bienentaxa, für welche es jemals Meldungen aus Deutschland gab, aufgeführt und deren Status kritisch beurteilt. Dabei werden neuere Arbeiten z. B. von SCHMID-EGGER (2005) oder SCHWENNINGER (2009, 2013a) zugrunde gelegt, die die Differenzierung schwieriger Artenkomplexe aus den Untergattungen Proxiandrena, Micrandrena und Notandrena ermöglichen. Für jede Art wurde ein deutscher Name vergeben. Die deutschen Bezeichnungen der Bienenarten genießen im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Artnamen, welche den Regeln der „International Commission on Zoological Nomenclature“ (ICZN 2000) entspre- chen müssen, keinen nomenklatorischen Schutz. Deshalb werden den deutschen Bie- nennamen auch keine Autorennamen beigefügt. Bereits vor 15 Jahren wurden in der Roten Liste der Wildbienen Baden-Württembergs die Namen der Bienenfamilien sowie einzelner Arten publiziert (WESTRICH et al. 2000). Für die Datenbank „Wildbienen- Kataster“ begann der Zweitautor, deutsche Namen in die Arttabellen zu integrieren und kontinuierlich zu aktualisieren, wobei Namensvorschläge u. a. von Rainer NEUMEYER (Zürich) und Mike HERRMANN (Konstanz) aufgenommen wurden. Diese Namen werden im Erfassungsprogramm „Entomon“ von Rainer PROSI verwendet und sind auf der Homepa- ge www.wildbienen-kataster.de unter der Rubrik „Arten-Info“ abrufbar. Im Arbeitskreis Wildbienen-Kataster wurde unter der Leitung von Martin KLATT (Bühl) ein Gremium mit den Mitgliedern Heiko BELLMANN (†), Mike HERRMANN (Konstanz), Lars KROGMANN (SMNS), Arno SCHANOWSKI (Sasbach) und dem Zweitautor gebildet, das sich bis Anfang 2012 mit der Vergabe deutscher Bienennamen beschäftigte. Zusätzlich auf der bis dahin vorliegenden umfassenden, jedoch noch nicht alle Arten betreffenden Namensliste, wur- den nun weitere Namen vergeben, so dass für sämtliche, jemals für Deutschland gemel- dete Bienentaxa deutsche Namen vorliegen. Die deutschen Namen sollen vor allem dazu beitragen, dass die Popularität der Wildbie- nen in der Öffentlichkeit gefördert wird. Bei der Namensgebung wurden daher soweit möglich charakteristische Lebensweisen, wie bevorzugter Blütenbesuch (z. B. Spargel- Sandbiene für Andrena chrysopus) oder Besiedlung bestimmter Landschaftselemente (z. B. Lehmwand-Schmalbiene für Lasioglossum marginellum), morphologische Eigenheiten (z. B. Rotbeinige Körbchensandbiene für Andrena dorsata), oder aber die Übersetzung des wissenschaftlichen Namens (z. B. Schwarze Blutbiene für Sphecodes niger) verwen- det. Um bei besonders umfangreichen Gattungen einen besseren Überblick zu schaffen, wurden für Untergattungen eigene deutsche Namen kreiert. So werden beispielsweise die Untergattungen Chlorandrena als Dörnchensandbienen, Micrandrena als Zwergsandbie- nen, Simandrena als Körbchensandbienen oder Zonandrena als Bindensandbienen be- zeichnet. Mitt. Ent. Ver. Stuttgart, Jg. 50, Heft 1, 2015 © Entomologischer Verein Stuttgart e.V.;download www.zobodat.at 5 Die Einteilung der Gattungen folgt, mit Ausnahme von Rhophitoides, das als eigenes Genus betrachtet wird, MICHENER (2007) und dementsprechend wurden für die meisten neuen Gattungen auch neue deutsche Namen vergeben. Vor allem die Osmiini, für wel- che bislang überwiegend der Name „Mauerbienen“ in Verwendung war, werden nun ent- sprechend ihrer vielfältigen Lebensweise, der bevorzugten Nistweise oder Nahrungspflan- zenspezialisierung, umbenannt. Der Name „Mauerbiene“ steht noch für die meisten Ver- treter der Gattung Osmia, mit Ausnahme der in verlassenen Schneckenhäusern nistenden Arten, die als „Schneckenhausbienen“ bezeichnet werden. Die Gattung Hoplitis umfasst „Stängel- und Felsenbienen“ sowie „Natterkopfbienen“ oder die „Mohnbiene“. Auch die ehemalige Großgattung Anthidium wurde aufgespalten und der Name „Wollbiene“ wird nun für die Gattung Anthidium, „Zwergwollbiene“ für Pseudoanthidium, „Harzbiene“ für Trachusa und „Zwergharzbiene“ für Anthidiellum verwendet. Bei den Pelzbienen (Antho- phora spp.) erhielt die abgespaltete Gattung Amegilla den deutschen Namen „Binden- pelzbiene“. Obwohl die Blattschneiderbienen, bevor keine Gattungsrevision erfolgt ist, noch als Großgattung (Megachile) betrachtet werden, werden bei den deutschen Namen die Vertreter der Untergattung Chalicodoma bereits als „Mörtelbienen“ abgetrennt. Ledig- lich der Name „Langhornbiene“ wird noch gemeinsam für die Gattungen Eucera, Tetralo- nia und Tetraloniella sowie „Filzbienen“ für Epeolus und Triepeolus verwendet. Die deutschen Namen für alle Bienenarten Deutschlands sollen dazu beitragen, dass in der Öffentlichkeit neben der Honigbienen und Hummeln auch die übrigen Bienenarten wahrgenommen werden. Nur wenn man die Arten kennt und beginnt sich mit ihrer faszi- nierenden Biologie zu beschäftigen, besteht die Hoffnung, dass fachlich begründete Maß- nahmen zum ihrem Schutz in der Öffentlichkeit vermehrt Unterstützung erfahren und viele dieser, auch für die Ernährungssicherung nützlichen Insekten, eine Überlebenschance haben. Auch wenn bei der Erstellung des neuen Verzeichnisses noch keine umfassende Überprü- fung aller Belegtiere bzw. Daten möglich war, so soll dennoch der aktuelle Kenntnisstand dokumentiert und eine Grundlage für künftige zusammenfassende Darstellung der Ver- breitung der Bienen Deutschlands geliefert werden. Meldungen, bei welchen bislang noch keine Überprüfung von Belegtieren etc. möglich war, sind im Verzeichnis besonders ge- kennzeichnet und werden hinsichtlich der Plausibilität ihres Vorkommens diskutiert. Nicht alle kritischen Fälle konnten abschließend geklärt werden, hier zeigt sich der weitere Forschungsbedarf. Mitt. Ent. Ver. Stuttgart, Jg. 50, Heft 1, 2015 © Entomologischer Verein Stuttgart e.V.;download www.zobodat.at 6 2 Verzeichnis der Bienen Deutschlands Im Folgenden werden alle bislang für Deutschland gemeldeten Bienenarten in alphabeti- scher Folge der wissenschaftlichen Namen aufgeführt.