Quick viewing(Text Mode)

Idee, Entwicklung Und Erfolgsstory Von POPSTARS

Idee, Entwicklung Und Erfolgsstory Von POPSTARS

“Gemachte Stars“ Eine Untersuchung zur Sendung “

Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsprüfung im Fach Musik

an der Universität Bremen

vorgelegt von

Stephan Besl Matrikelnummer: 1216455

Jan Thiele Matrikelnummer: 1223085

Referent: Prof. Thomas Phleps Korreferent: Prof. Florian Poser

Bremen, Oktober 2002 INHALT

0 EINLEITUNG ------4

1 POPMUSIK - ENTWICKLUNG ZUR GELDMASCHINE (?)------6

1.1 Zum Begriff der Popmusik ------6 1.1.1 Ökonomische Musikabgrenzung bei der Bestimmung des Begriffes ’Popmusik’ 6 1.1.2 Musikalische Gattungsdefinition der Popmusik ------7

1.2 Evolutionsprozess der Popmusik------9 1.2.1 Mit Schalltrichter und Schneidstichel (1900 – 1920) ------9 1.2.2 Goldgräberstimmung in der Plattenindustrie (1920 – 1945) ------10 1.2.3 Vinyl, Magnet band, Rock’n Roll, Majors (1945 – 1960)------12 1.2.4 Open System, Elektronik, Beatles (1960 – 1980) ------13

1.2.5 CD, Videoclip, MTV, NEUE DEUTSCHE WELLE (1980 – 1990) ------15 1.2.6 Aktuelle Entwicklung ------16

1.3 GEMA, Das Urheberrecht in Deutschland------19 1.3.1 Zur Geschichte des Urheberrechts ein kurzer geschichtlicher Rückblick ------19 1.3.2 Satzung der GEMA------20 1.3.3 Die GVL ------21

1.4 Kritische Abhandlung über die Popmusik aus musikalischer Sicht.------22

1.5 Zusammenfassung------24

2 POPSTARS - IDEE, ENTWICKLUNG UND ERFOLGSSTORY EINES FERNSEHFORMATS ------26

2.1 Das Casting ------26

2.2 Die Vorreiter ------30

2.3 Die Wurzeln der Sendung POPSTARS ------31 1 2.4 Die Fernsehsendung POPSTARS bei RTL2 ------32

2.5 Drei Staffeln ------34

2.5.1 Die (POPSTARS, Staffel 1)------35 2.5.1.1 Die Jury ------40 2.5.1.2 Erfolge weiterer Workshopteilnehmer (1)------43

2.5.2 BRO’SIS (POPSTARS, STAFFEL 2)------44 2.5.2.1 Die Jury ------49 2.5.2.2 Erfolge weiterer Workshopteilnehmer (2)------51

2.5.3 PIERRE (TEENSTAR, STAFFEL 3) ------53

2.6 Hinter den Kulissen - Berichte eines Jurymitgliedes------57

2.7 Nachfolger und Ableger------61

2.7.1 SUPERSTAR bei RTL------61

2.7.2 POPACT ------64 2.7.3 Sonstige ------65

2.8 POPSTARS in anderen Ländern ------65

3 DIE VERMARKTUNG DER NEUEN (POP-)STARS ------69

3.1 Strategien, Konzept und psychologische “Tricks“------69

3.2 Marketing------72

3.3 Zielgruppe ------74

3.4 Plattenverträge, die verschiedenen Vertragsformen ------77 3.4.1 Der Singlevertrag: ------77 3.4.2 Der Künstlervertrag:------77 3.4.3 Der Bandübernahmevertrag: ------78

3.4.4 Vertragswesen bei der Sendung POPSTARS. ------79

3.5 Gewinnkalkulation anhand eines Beispiels------82

3.6 Die Charts------84

2 4 UNTERSUCHUNGEN------86

4.1 Form der Untersuchung: ------86

4.2 Ziele: ------88

4.3 Ergebnisse: ------88 4.3.1 Quantitative Untersuchung: ------88 4.3.2 Qualitative Untersuchung:------91

4.4 Zusammenfassung------92

5 FAZIT / SCHLUSSBETRACHTUNGEN ------93

5.1 Popstars - warum jetzt? Gesellschaftliche Zusammenhänge?------93

5.2 Schlusswort ------97

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

3 0 Einleitung

„’Popstars’ erheb[t] das öffentliche Casting zum eigenständigen Geschäftsmodell. ‚Popstars’ sind das perfekte Entertainment-Produkt, das nicht mal mehr die Lüge vor- täuscht, Musik könne etwas mit glücklichem Genie oder Musenkuss zu tun haben. ‚Popstars’ schuf die totale Transparenz bis in die Schlafräume der vom vielen Proben geschlauchten Neustars“1

Es scheint, als befänden wir uns momentan in einer Zeit, in der es um nichts anderes geht, als „Popstar“ zu werden. Alle fünf Minuten tönt aus dem Radio: „Werden sie jetzt RADIOSTAR! Ihre Chance, eine Karriere als Popstar zu starten - nur klicken unter www. FFN. de“. (HB1) Der Traum der Karriere im Popbusiness scheint in greifbare

Nähe gerückt zu sein. Über Nacht “vom Tellerwäscher zum Millionär“ – POPSTARS macht es möglich, wenn du nur hart genug an dir arbeitest.

Der Werbemaschinerie rund um die öffentlichen Castings der Sendung POPSTARS, konnte sich fast niemand entziehen. So wurden gerade wir, als aktive Musiker, regelmäßig selbst zur Jury, indem wir uns zwangsläufig ein eigenes Urteil über die Bewerber bildeten. Von Sendung zu Sendung wuchs die Neugierde zu sehen, ob die Idee der Produzenten aufgehen würde. Ist Erfolg wirklich so planbar oder würden die zukünftigen Popstars genau so schnell wieder in der Versenkung verschwinden, wie beispielsweise der “Containerheld“ ZLATKO von BIG BROTHER?

So entwickelte sich die Idee, die Sendung POPSTARS zu unserem Examensthema zu machen und der entscheidende Impuls kam auf einer Autofahrt, als wir den Titel I 2 BELIEVE (HB2) von der zweiten „singenden Geldmaschine“ BRO’SIS zum hundertsten Mal aus dem Radio hören mussten: „You Know Some People Just Don´t Know What I´m Talkin About, but I Know You Understand, cause I Know You Believe.” Gerade dieses HÖREN der Musik ist für die Arbeit unerlässlich. Während des Lesens des Textes, empfehlen wir mit den Hörbeispielen zu arbeiten, um die “POPSTARS- Kultur“ auch auditiv erfahren zu können. Außerdem enthält die CD im Anhang sämtli- che ergänzende Daten, wie Begleitforschungen, Tabellen, Verträge, Videos, Frage- bögen und vor allem unsere Hauptquelle, bestehend aus knapp drei Dutzend Zeitungsartikeln. Somit sind wir beim Thema Quellen angelangt. Die Schwierigkeit bei diesem aktuel- len Thema bestand darin, dass es bisher keine Literatur gibt, die sich ausschließlich

1 , 19.11.01 2 Die Tageszeitung, 16.01.01 4 mit dem Phänomen POPSTARS beschäftigt hat. Damit ergab sich, neben den Zei- tungsartikeln, eine zweite wesentliche Quelle – “das Internet“. Nicht nur auf unzähli- gen Fanseiten, sondern beispielsweise auf der internen Presseseite von RTL2, zu der wir Zugang hatten oder auf der offiziellen Popstars-Seite fanden sich diverse Informationen zum Thema. Eine weitere Fundgrube stellten das aktuelle Tagesge- schehen in und Fernsehen, knapp 11 Stunden DVD-Material und unsere eige- nen Erfahrungen mit dem Thema dar. Als Musiker, die selbst den Traum von einer musikalischen Karriere nie ganz aufgegeben haben, können wir die Wünsche der Kandidaten gut nachvollziehen. Es bedurfte zunächst einer Auseinandersetzung mit dem Begriff der Popmusik und der Entstehungsgeschichte der Plattenindustrie, um sich dem Thema zu nähern, denn bei Popstars war der Plattenvertrag fester Bestandteil des Gesamtkonzepts. Woher die Wurzeln dieses Formats stammen, und wie sie sich entwickelten, schließt sich daran an. Über die Marketingstrategien, eigene Berechnungen und eine von uns durchgeführte Zielgruppenbefragung, wird das Projekt sowohl von der Produzenten-, als auch von der Konsumentenseite beleuchtet. Trotz anfänglicher Zweifel aufgrund der schwierigen Informationslage, konnten wir viele hintergründige Informationen aufdecken, so dass wir am Ende mehr Details verarbeiten konnten, als zuvor erhofft.

Wenn im Folgenden Begriffe benutzt werden, die traditionell beide Geschlechter meinen oder als Berufsbezeichnung gelten, wird aus Gründen der besseren Lesbar- keit, auf die geschlechterspezifische Differenzierung verzichtet. Es werden in der Arbeit, durch das aktuelle, szenenbezogene Thema viele “neudeut- sche“ Wörter, wie “Soap Opera“, “Casting“, “Girlgroup“ oder “special guest“ verwen- det. Diese werden aber jeweils erklärt.

5 1 Popmusik - Entwicklung zur Geldmaschine (?)

1.1 Zum Begriff der Popmusik

Um den Begriff der POPMUSIK zu definieren, muss erst eine Klärung des Begriffes

MUSIK vorgenommen werden. Klänge umgeben uns überall: ein vorbeifahrendes Auto, Vogelgezwitscher, das Rauschen des Windes; diese Geräusche stehen jedoch in keinem Zusammenhang zueinander und sind auch nicht willentlich, künstlich erzeugt worden und genau darum geht es in der Musik. Musik ist Kunst, d.h. künst- lich erzeugt, von einem oder mehreren Menschen erdacht und in einem bestimmten Sinnzusammenhang verwobene Klänge. Musik wird als eine spezielle Organisation eines oder mehrerer Klänge gesehen. Des weiteren „stellt Musik ein nicht physisch manifestiertes, sondern lediglich auditiv existentes Gut dar. Sie kann nicht per se gehandelt werden, erst Notation oder Aufnahme auf Tonträ- ger machen sie zu einem tangiblen Gut“3

Erst durch das Aufnehmen und Speichern von Musik auf einem Tonträger, konnte der industrielle Vermarktungsprozess der Musik beginnen. Live-Veranstaltungen und der Handel mit Noten kann vernachlässigt werden, da in diesem Zusammenhang davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei diesen Aktivitäten letztendlich nur um Verkaufsförderungsmaßnahmen für Tonträger handelt.

1.1.1 Ökonomische Musikabgrenzung bei der Bestimmung des Begriffes ’Popmusik’

In der populären Musik ist es überwiegend so, dass die Musik von Gruppen aus zwei bis zwölf Musikern, im nachstehenden “Band“ genannt, in einem künstlerischen Prozess hergestellt wird. Diese wird im Folgenden von den Tonträgerfirmen indus- triell verwertet. Charakteristisch für den Begriff der Popmusik ist also nach dieser Definition der Zusammenhang der künstlerisch in einem Gruppenprozess hergestellten Musik auf der Grundlage industrieller Produktion und Distribution. Nach dieser Definition fallen die vielen Amateur- und Freizeitgruppen aus dem Ras- ter der so genannten Popmusik, da sie keinen kommerziellen Hintergrund haben und ihre CD-Verkäufe mengenmäßig nicht relevant sind. Sie werden unter dem Begriff

3 Michael Göke, 2002, S.6 6 der “Folk Music“, VOLKSMUSIK zusammengefasst. VOLKSMUSIK kann demnach als Gegenpol zur kommerziell ausgerichteten populären Musik gesehen werden. Sie wird definiert durch „ein im Volk orginär entstandenes, vornehmlich oral tradiertes Musikschaffen, welches ohne kommerziellen Zweck meist über mehrere Generationen hinweg praktiziert wird.“4

Sie ist regional verwurzelt und wird nicht bewusst weitergegeben. Es könnte auch gesagt werden, Popmusik ist “radio played music“, d.h. die Musik die im Radio gespielt wird und demnach auf ökonomischer Grundlage industriell herge- stellt und vertrieben wird.

1.1.2 Musikalische Gattungsdefinition der Popmusik

Eine andere Vorgehensweise in der Bestimmung des Begriffes ist die musikalische Definition der Popmusik. Nach ihr ist Popmusik eine bestimmte musikalische Gat- tung, die innerhalb eines musikalisch bestimmten, gattungsmäßigen Begriffssystems neben Kategorien wie ROCK, TECHNO, HIP-HOP, JAZZ, usw. steht. In dieser Definition fällt die Popmusik unter den Begriff der U-MUSIK (Unterhaltungsmusik), die den

Gegenpol zur sogenannten E-MUSIK (ernste Musik) bildet. Im Zusammenhang mit dem Thema dieser Arbeit wurde sich für die erste, die Defini- tion der Popmusik, nach ökonomischen Prinzipien und gegen die zweite, die musika- lische Gattungsdefinition, aus folgenden Gründen entschieden: • Die Einteilung in verschiedene Gattungsrichtungen kann nicht objektiv, sondern muss immer subjektiver Art sein oder mit einem Zitat von Stratton (1983) gesagt: „to ask (...), Is that popular music? Or, Is that rock music? when referring to a piece of music is to aks a meaningless question. (…) A person knows from experiencing a piece of music whether or not it is “popular music” but only for him/herself.“5

• Dies wird noch unterstrichen durch die wissenschaftlich uneinheitliche Abgren- zung der verschiedenen Gattungen. So wird Rockmusik mal als eigenständige Gattung gesehen oder in einem anderen Zusammenhang mit Popmusik gleichge- setzt. Noch uneinheitlicher ist die Einteilung sobald es in die verschiedenen Un- tergattungen zum Beispiel der Rockmusik geht. Hier stehen unter dem Begriff

ROCK etwa HARD ROCK, HEAVY METAL, DEUTSCHROCK, GOTHIC, COUNTRYROCK,

4 Michael Göke, 2002, S.8 5 Michael Göke, 2002, S.12 7 usw. Weil hier die Grenzen fließend sind, erscheint uns eine Einteilung nach mu- sikalischen Gattungen nicht als sinnvoll, da „definitorische Kriterien zur Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Musik generell nicht intersubjektiv festlegbar und damit potentiell verzerrt sind.“6

• Indem eine Einteilung nach ökonomischen Prinzipien erfolgt, wird vor allem die Einteilung in E-/ und U-Musik aufgebrochen. In dieser Einteilung steckt immer auch eine Wertung, nämlich die Aussage, dass die sogenannte klassische Musik oder E-Musik eine ästhetische Überlegenheit der Popmusik gegenüber besitzt. Durch die produktionstheoretische Sichtweise können solche schon vorab wer- tenden (und damit potentiell verzerrenden) Definitionen vermieden werden.

Darstellung der oben erläuterten musikwissenschaftlichen Gattungsunter- scheidung nach Göke:

Musik Abgrenzung nach musikalischen Kriterien (Form, Inhalt, usw.)

Rock Pop Jazz Techno Hip-Hop ..... Klassische Musik

Heavy Metal Synth Pop Dixiland Jungle Hip-Hop …. Ars Antiqua Hard Rock New Wave BeBob Drum’n Base R ’n B Ars Nova Country Rock …. HardBob Dancefloor .…. Renaissance Deutschrock Swing ..... Klassik …......

Wenn in diesem Text im Folgenden von Popmusik die Rede ist, wird sich allerdings nur auf die nachstehende Definition des Begriffes der Popmusik bezogen – die Ökonomische Musikabgrenzung7. Nach ihr ist alles Popmusik, was kommerziell vertrieben wird. Auch ANDRÉ RIEU, die ZILLERTALER SCHÜRZENJÄGER oder METALLICA machen nach dieser Definition Popmusik. Natürlich existieren trotzdem die musikali-

6 Michael Göke, 2002, S.14 7 Michael Göke, 2002, S. 12

8 schen Abgrenzungen und werden auch benutzt. Allerdings stehen sie nicht im Vor- dergrund. Darstellung der ökonomischen Musikabgrenzung nach Göke:

Musik

Populäre Musik, „Folk Music“, Ökonomische d.h. industriell vertriebene Musik d.h. vorindustrielle Musik, Ebene

Rock, Pop, Jazz, Techno, Hip-Hop … Klassische Volksmusik, Indigene Musik, Volkstänze ... Pragmatische Musik Ebene

1.2 Evolutionsprozess der Popmusik

1.2.1 Mit Schalltrichter und Schneidstichel (1900 – 1920)

Der Grundstein zu der heute bekannten Vermarktung von Musik wurde 1876 gelegt, als THOMAS ALVA EDISON den PHONOGRAPHEN erfand. Mit Hilfe eines Schalltrichters, an dem sich ein Schneidstichel befand, konnten zum ersten Mal Schallereignisse als Gravur auf einer zunächst mit Wachs und später mit Metall überzogenen Walze festgehalten und später wieder abgespielt werden. Im Verlauf der Entwicklung setzte sich die Walzentechnik nicht durch und musste dem von EMILE BERLINER 1895 erfun- denen GRAMMOPHON weichen. Der Vorteil des Grammophons bestand darin, dass die Musik auf Zinkplatten aufgenommen wurde, von denen so genannte “Masterplatten“ hergestellt werden konnten. Damit konnten beinahe unendlich viele Kopien des Originals anfertigen werden. Dies war mit den Walzen Edisons nicht möglich. Durch die Platten und das Grammophon war es das erste Mal möglich, Musik zu verkaufen. Vor dieser Entwicklung wurde der Musikmarkt von Musikverlagen domi- niert. Sie produzierten mit Noten das wichtigste musikalische Produkt jener Zeit. Nur wenige Verlage erkannten die Möglichkeiten, die sich ihnen durch den entstehenden Tonträgermarkt boten.

9 „Schon auf dieser frühen Stufe wurde damit der Grundstein für die Vorherrschaft der heutigen Tonträgerunternehmen gelegt“.8 „Zur Jahrhundertwende bestand der Katalog der lieferbaren Grammophonplatten be- reits aus mehr als 5000 Tonträgern“.9

Ein großes Problem der Musikproduktionen jener Zeit war, dass die Eigentumsrechte an musikalischen Werken nur selten durchsetzbar waren. Deshalb gründeten 1914 neun Komponisten und Verleger die AMERICAN SOCIETY OF COMPOSERS, AUTHORS AND

PUBLISHERS (ASCAP). Ziel dieser Gruppe war es, die Erhebung von Gebühren für die Benutzung von urheberrechtlich geschützten Werken, durch ein privates Unterneh- men durchzusetzen.

„1917 legitimierte der SUPREME COURT der USA das Recht der ASCAP, Aufführungen von Musikstücken zu lizenzieren und Aufführungsentgelte zu erheben. Damit wurde die 10 faktisch monopolistische Stellung der ASCAP richterlich untermauert.“

1.2.2 Goldgräberstimmung in der Plattenindustrie (1920 – 1945)

1920 wurde ein großer Schritt in Richtung der modernen Aufnahmetechnik gemacht.

Das Unternehmen WESTERN ELECTRIC entwickelte das elektrische Mikrophon. Auf- nahmeverfahren wurden durch die Verstärkungsmöglichkeiten des Mikrophons wesentlich verbessert. Die Sänger dieser Zeit konnten sich vom klassischen Gesang lösen, es wurde eine modifizierte Gesangsintonation möglich, welche die Grundlage innovativer musikalischer Gattungen, etwa des BLUES bildete. Vorher mussten die Sänger alleine durch die Kraft ihrer Stimme die Konzertsäle beschallen können. Nun wurde es möglich, auch leisen Gesang so weit zu verstärken, dass er von allen Zuschauern gehört werden konnte. Noch heute besteht die Trennung zwischen “Popgesang“ und “klassischem Gesang“. Aufgrund der aufkommenden Weltwirtschaftskrise sank der mengenmäßige Umsatz von 104 Millionen verkauften Tonträgern im Jahr 1927 auf lediglich 9 Millionen im Jahr 1932. Zum Vergleich eine aktuelle Zahl: „Die Tonträgerindustrie ist ein erheblicher Wirt- schaftsfaktor (...) Weltweit wurden 1997 etwa 4 Mrd. Tonträger insgesamt verkauft.“11

1917 wurden von der VICTOR TALKING MACHINES COMPANY mit der fünfköpfigen ORIGI-

NAL DIXIE LAND JASS BAND der erste erfolgreiche Jazz-Tonträger produziert. Im Laufe

8 Michael Göke, 2002, S.16 9 Michael Göke, 2002, S.17 10 Michael Göke, 2002, S.18 11 http//:home.t-online.de/home/brodbeck/musikwi.htm 10 der zwanziger Jahre entwickelte sich aus diesen Frühformen des Jazz der Swing, aus dem später die Big Bands hervorgingen. Die Big Bands bestanden schon ihrem Namen nach aus vielen Musikern. Deshalb wurde die Mitarbeit von Arrangeuren notwendig, da eine spontane Reaktion auf das Spiel der anderen Bandmitglieder nicht mehr möglich war. Um das Jahr 1930 fallen die Gründungsdaten der großen Tonträgerunternehmen (EMI,1931; CBS, 1927; DECCA, 1929). „Die amerikanische DECCA positionierte sich im Markt primär über eine aggressive Preisstrategie, indem sie nämlich die Preise der Schallplatten (deren Produktion wei- terhin auf dem grundsätzlichen Prinzip Berliners beruhte) um mehr als 50 % von 75 auf 35 Cents senkte. Diesem Preistrend passten sich in der Folgezeit auch die beiden an- deren großen Tonträgerunternehmen an, indem sie Marken (sog. ’Labels’) auflegten, die speziell solchen preisgünstigen Schallplatten vorbehalten waren. Die früher ledig- lich zur Kennzeichnung einer Preisklasse bzw. einer Aufnahmequalität verwendeten Schallplattenetiketten (die Labels) entwickelten sich damit zu eigenen Marken unter dem Dach des Unternehmens.“12

Schon 1931 wurde eine Verwertungsorganisation, die SOCIETY OF EUROPEAN STAGE

AUTHORS AND COMPOSERS (SESAC) gegründet, welche die Urheberrechte europäi- scher Komponisten und Textdichter in den USA vertrat. Aufgrund eines Streits zwi- schen der ASCAP und den Radiostationen über die Gebührenhöhe für Aufführungs- und Senderechte, gründeten die Radiounternehmen 1939 die dritte Verwertungsge- sellschaft: Die BROADCAST MUSIC INCORPORATED (BMI). Da viele der bekannten Interpreten bereits durch die ASCAP vertreten wurden, musste die BMI neue Künstler, die sich außerhalb des bekannten “Mainstreams“ bewegten unter Vertrag nehmen. Das erlaubte den vielen Stilrichtungen, wie dem

RHYTHM & BLUES, COUNTRY und NEW ORLEANS JAZZ, erst bekannt zu werden. Die Tonträgerunternehmen gewannen immer größeren Einfluss. Allerdings fielen den Musikverlegern auch in den dreißiger Jahren noch wichtige Aufgaben bei der Ver- wertung der Urheberrechte der Komponisten zu. Die meisten Komponisten und Textdichter waren bei den Verlagen angestellt und stellten ihre Werke gegen Entgelt dem Verleger zur Verfügung. Die „Musikverleger gewannen die Rechte an fertig komponierten Musikstücken von den angestellten Komponisten und entschieden dann, welcher der vertraglich gebundenen Interpreten das Stück in sein Repertoire aufnehmen könnte.“13

FRANK SINATRA und ELVIS PRESLEY hatten beispielsweise einen festen Stamm an Komponisten, die exklusiv für sie zu schreiben hatten. Die Künstler waren somit an

12 Michael Göke, 2002, S. 20/21 13 Michael Göke, 2002, S.23 11 der Komposition nicht beteiligt, erhielten allerdings die so genannten “Credits“ (engl. credit, to take credit for: Ruhm (Ehre) in Anspruch nehmen; to get credit for: ange- rechnet bekommen) an den Songs.

1941 erzwang die AMERICAN FEDERATION OF MUSICIANS (AFM) in einem Aufnahme- streik von den Schallplattenfirmen Abgaben pro verkauften Tonträger zur Unterstüt- zung der aufführenden Musiker. Damit wurde das erste Mal die Leistung der Interpre- ten als eigenständige künstlerische Leistung anerkannt und der Leistung von Kom- ponisten und Textdichtern gleichgestellt.

1.2.3 Vinyl, Magnet band, Rock’n Roll, Majors (1945 – 1960)

Ganz entscheidend für den Erfolg der populären Musik in den Nachkriegsjahren auf dem Gebiet der technischen Entwicklung, sind: 1. die Ablösung der Schellackplatte durch die VINYLPLATTE und 2. die Einführung der in Deutschland im ZWEITEN WELT-

KRIEG entwickelten MAGNETBANDTECHNOLOGIE. Beide Entwicklungen stellten sowohl Qualitätsverbesserungen als auch Kostenverringerungen dar. Es wurde jetzt auch den kleineren Plattenfirmen, den sogenannten “Independent Labels“, und mit ihnen neuen Interpreten möglich, in den Tonträgermarkt einzusteigen. Eine Folge dieser Entwicklung war, dass die Musikverlage an Bedeutung verloren, da neben dem kommerziellen Bedeutungsverlust von Notendrucken, die Leistungen wie Materialbe- schaffung und Interpretenaufbau von den Independentunternehmen mit übernom- men wurden. 1 1949 setzten sich die Schallplattenformate 33 /3 – rpm (revolutions/rotations per minute / Umdrehungen pro Minute) für Langspielplatten (LPs) und 45 – rpm für die Single durch. Die Zahl der großen Schallplattenfirmen war im Jahr 1948 auf mittler- weile sechs angestiegen (RCA-VICTOR, CBS, DECCA, MERCURY, CAPITOL und die

1945 gegründete METRO-GOLDWYN-MAYER (MGM)). Musikalisch beherrschend auf dem Musikmarkt war zu dieser Zeit der weiße Rhythm

& Blues (R&B), der unter der von dem Radiomoderator ALAN FREED erfundenen

Bezeichnung ROCK’N ROLL berühmt wurde. ROCK’N ROLL wurde im Gegensatz zum ursprünglichen R&B nicht von schwarzen, sondern überwiegend von weißen Musi- kern gespielt. Mit der Weiterentwicklung der Aufnahmetechniken wurde der spezielle “Sound“ eines Interpreten immer wichtiger. Die Musik der Interpreten wurde von den Songstrukturen und den Akkordfolgen her immer ähnlicher. Ein Unterschied konnte eben oftmals nur

12 noch durch den für die jeweilige Band typischen, charakteristischen Sound ausge- macht werden. Atlantic Records war das erste Unternehmen, das diesen Schwierig- keiten einen “Studio Producer“, einen Produzenten entgegenstellte. Dieser hatte für den erwünschten musikalischen Ausdruck zu sorgen, indem er Einfluss auf den musikalischen Aufnahmeprozess nahm. Die Independents stellten sich mit der 1959 aufgedeckten “Payola-Affäre“ selbst ein Bein. “Payola“ bedeutet: ”Pay for Airplay”. Es kam heraus, dass Radiomoderatoren mit Geldzahlungen dazu gebracht wurden, bestimmte Titel öfter aufzuführen. Dies nutzten vor allem die kleinen “Independent Labels“, um ihre Interpreten zu bewerben und um „damit der Marktmacht und der Reputation der Majors ein Gegengewicht entgegenzu- setzen“.14 „Es kam zu Anklagen und Gerichtsverhandlungen gegen die beteiligten Tonträgerun- ternehmen (...) die aus diesem Grund ihre Arbeit teilweise oder ganz einstellen muss- ten“.15

1.2.4 Open System, Elektronik, Beatles (1960 – 1980)

Im Folgenden werden die für den Entwicklungsprozess der Plattenfirmen und der Musikindustrie wichtigsten Eckdaten und Meilensteine in der Zeit von 1960 bis 1980 aufgezeigt. Die oben beschriebene Diskussion um “Payola“ schädigte die gesamte Plattenindust- rie. Die Umsätze sanken von 1959 auf 1960 das erste Mal seit Jahren. Vor allem aber schädigte es die Independents und so „gelang es den Majors [den führenden Plattenfirmen] ab 1962, bei wieder steigenden Umsätzen der Industrie, Marktanteile, die im Laufe der fünfziger Jahre verloren gegan- gen waren, zurück zu gewinnen“.16

Ab 1962 betrieben die Majors eine unternehmerische Strategie mit zwei Zielen.

Erstens übernahmen sie bereits etablierte Künstler wie ELVIS PRESLEY. Zweitens begannen sie selbstständige Unternehmen zu übernehmen und unter dem hohen

Dach der Plattenfirma zu vereinigen. So übernahm PHILIPS 1961 das amerikanische

Unternehmen MERCURY und führte POLYDOR und DEUTSCHE GRAMMOPHON in der

POLYGRAM zusammen. In Amerika erwarb das Schallplattenunternehmen WARNER

RECORDS 1967 das große Independentunternehmen ATLANTIC und fügte 1970 das

Label ELEKTRA RECORDS hinzu. Daraufhin änderte es seinen Namen in WARNER-

14 Michael Göke, 2002, S.28 15 Michael Göke, 2002, S.28 16 Michael Göke, 2002, S.29 13 ELEKTRA-ATLANTIC (WEA). Daneben gab es als führende Plattenfirmen in Amerika noch MCA RECORDS und die EMI. Es begann eine Zeit der Globalisierung der Ton- trägerindustrie. Weltweit wurde der Markt von sechs großen internationalen Unter- nehmen (CBS, RCA, MCA, CAPITOL, WEA und POLYGRAM) beherrscht. Ein wichtiges Schlagwort für diese Zeit ist das sogenannte Open System. Hinter diesem Begriff versteckt sich die Strategie der Plattenfirmen, die künstlerischen Differenzierungen der Tochtergesellschaften, der Labels, die unter ihrem Dach zusammengefügt werden, beizubehalten, da diese in der Regel jeweils eine bestimmte musikalische Gattung repräsentieren. Vorher wurden die Label nur als „Ableger der Mutterunternehmen gehandelt, die lediglich die Tonträger international vermarkteten, ohne gleichzeitig Repertoirearbeit durchzuführen“.17

Die Zahl der Label nahm daraufhin zu, während die Zahl der Plattenfirmen stagnier- te.18 Diese Tendenz setzt sich bis heute fort. Den kleineren Unternehmen wurden somit die, für sie relevanten, Absatz- und Pro- duktionsmärkte der marktbeherrschenden Majors zugängig gemacht. Im Gegenzug konnten die Majors dadurch auf einen Pool von innovativen Künstlern der Indepen- dents zurückgreifen und ihre Führungsposition stärken. Für die Entwicklung des Musikerberufes ist wichtig, dass die Interpreten, die vorher die Musik von Komponisten vorgefertigt bekamen, sich immer mehr davon lösten und eigene Musik machten, dafür natürlich auch einen angemessenen Anteil der Tantie- men verlangten, die mit ihrer Musik verdient wurden.

Hier waren die BEATLES wegweisend. Nachdem sie zunächst auch Aufnahmen fremden musikalischen Materials machten, begannen sie rasch nur noch eigene Kompositionen zu spielen. Sie statteten auch als erste Band den Produzenten

(GEORGE MARTIN) mit weitreichenden Einflussmöglichkeiten auf ihre Musik aus und da dieser ihnen viele Freiheiten ließ, experimentierten sie auf wegweisende Art mit den Möglichkeiten der Studiotechnik. Viele Effekte, wie zum Beispiel der REVERSE

HALL (rückwärts abgespielte Hall), PHASER- oder FLANGEREFFEKTE sind Erfindungen 19 der BEATLES und ihres Produzenten GEORGE MARTIN. Immer mehr Künstler hatten das Ziel, eigene Titel zu verwerten und Urheberrechts- ansprüche zu erwerben, um daraus Einkommen zu beziehen. So begannen Künstler

17 Michael Göke, 2002, S.32 18 vgl. Abb. Michael Göke, 2002, S. 33 19 vgl. Mark Lewisohn - The Complete BEATLES recording sessions 14 schon in den fünfziger Jahren eigene Label zu gründen, die meist unter dem Dach derselben Plattenfirma liefen, unter der sie selbst auch unter Vertrag standen. Natür- lich blieben in diesem Zusammenhang Streitigkeiten über die Urheberrechte nicht aus. Beispiele hierfür sind wiederum die diversen Streitfälle zwischen den BEATLES, vertreten durch das von ihnen gegründete Unternehmen APPLE RECORDS und dem

Unternehmen CAPITOL / EMI. Musikalische Veränderungen gab es vor allem durch den immer stärker werdenden Einfluss der Elektronik und der vielfältigen Veränderungen technischer Produktions- bedingungen. Es gab Synthesizer, die herkömmliche Instrumente imitieren oder aber völlig neue Klänge erzeugen konnten. Rhythmusmaschinen wurden entwickelt. Bald schon kam die Möglichkeit dazu, eine ganze Band zu ersetzen, wodurch sich die Zusammensetzung der Bands natürlich veränderte und bedeutende Produktionskos- teneinsparungen möglich wurden, aber auch gänzlich neue musikalische Gattungen entstanden. Mit DISCO bildete sich eine Musikgattung heraus, die sich mit ihren Ausläufern bis in die achtziger Jahre hineinzog und mit Recht als Vorläufer einer

Vielzahl aktueller musikalischer Trends angesehen werden kann (TECHNO, HOUSE,

DANCEFLOOR, BLACK MUSIC).

1.2.5 CD, Videoclip, MTV, NEUE DEUTSCHE WELLE (1980 – 1990)

In den Jahren ab 1978 sackten die Verkäufe der Tonträgerindustrie von 726 Millio- nen auf 550 Millionen im Jahre 1982 ab. Gründe dafür werden in der generellen schlechten konjunkturellen Lage gesucht. Ein weiteres Problem ist das Generatio- nenproblem. Die Radiosender spielten für ein Publikum, das sich aus Hörern der sechziger und siebziger Jahre zusammensetzte. Musik für ein jugendliches Publikum setzte sich nur schwer durch. Die Rettung für die lahmende Schallplattenindustrie kam aus den Niederlanden. Das

Unternehmen PHILIPS entwickelte die Compact Disc (CD) und vermarktete diese im parallel zu dem japanischen Elektronikunternehmen SONY ab 1983. Ab diesem Zeitpunkt begannen die Umsatzzahlen wieder langsam zu steigen und dieser Trend setzte sich bis 1990 fort. Die CD verdrängte die LP ab 1995 fast vollständig vom

Markt. Die LP hält sich außer bei Plattenliebhabern nur noch im HIP-HOP, da sie dort von den DISC JOCKEYS (DJs) zum “scratchen“ benötigt wird. In allen anderen Markt- segmenten setzte sich die CD aufgrund ihrer leichten Bedienbarkeit und der überra- genden Tonqualität durch.

15 Noch eine zweite Neuerung stabilisierte die Lage der Tonträgerindustrie. 1981 wurde der erste Musikfernsehkanal MUSIC TELEVISION (MTV) gegründet. MTV stellte Sende- zeit zur Verfügung, um kleine Musikfilme, die sogenannten Videoclips, zu senden. Diese Videoclips haben ihren Ursprung in den Musikfilmen, die im Kino liefen aber auch in den TV-Shows der siebziger Jahre (SHINDING, HULLABALLOO, IN CONCERT 20 oder SATURDAY NIGHT LIFE). Sie haben die Aufgabe, die Aussage eines Songs zu visualisieren und dadurch zu intensivieren. Sehr schnell stellte sich heraus, dass gerade die Musik derjenigen Bands ein Verkaufserfolg wurde, die auf MTV zu sehen waren. Der Werbeeffekt war weitaus größer, als durch das Radio. Das hat seine Gründe in den extra an jugendliche Zuschauer gerichteten Inhalten. MTV verstand es von Anfang an, sich als unkonventionelles, den bestehenden Fernsehformaten völlig widersprechendes, Medium der Jugend zu inszenieren. Wichtig für den Verlauf dieser Arbeit ist dabei, dass das Programm des Senders letztendlich von den Plattenfirmen selbst bestimmt wurde. Da MTV Sendezeit gegen Geld zur Verfügung stellte, konnten die finanzstarken Majors ihre Stars natürlich am besten “pushen“ und bestimmten somit indirekt auch das Programm des Senders. Mit diesem neuen Werbemedium hatten die Plattenfirmen nun die Möglichkeit, ge- zielt ihre Interpreten zu vermarkten und so kam es zu folgender Tatsache:

„Neue Stilrichtungen hatten erst dann eine Chance auf ’AIRPLAY’, sobald die Unter- nehmen einen aufkommenden Trend als kommerziell gehaltvoll bewertet hatten und in ihr eigenes Programm übernahmen.“21

Eine speziell deutsche, musikalische Neuerung stellte in den achtziger Jahren die aus dem Punk entstammende NEUE DEUTSCHE WELLE (NDW) dar. Durch sie wurde in Deutschland langfristig ein Markt für populäre Musik aufgebaut und führt dazu, „dass der deutsche nach dem amerikanischen und japanischen den umsatzmäßig drittgrößten Markt für Tonträger bildet.“22

1.2.6 Aktuelle Entwicklung

Seit der Entwicklung der CD feierte die Digitalisierung immer weitere Erfolge. Dies wirkte sich auf die Möglichkeiten der Tonbearbeitung mit dem Computer und damit auf die Möglichkeiten der Sounderzeugung und -kombination aus. Die meisten Möglichkeiten der Klangerzeugung und Klangverfremdung gab es nach Aussage von

20 Vgl. Axel Schmidt in : Klaus Neumann-Braun (Hg.): Viva MTV! Popmusik im Fernsehen 1999, S. 93 21 Michael Göke, 2002, S. 41 22 Michael Göke, 2002, S. 41 16 Hans G. Helms23 zum Beispiel im elektronischen Studio des WDR bereits 1957/58. Die ersten analogen Effektgeräte, wie den Federhall, gab es sogar schon bedeutend früher. Was sich seitdem geändert hat, ist die Qualität, in der die verschiedenen Effekte miteinander kombiniert werden können. In den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde in den Studios mit so genannten Bandmaschinen auf Magnetband aufge- nommen. Jedes Magnetband hat durch die ungerichteten Eisenpartikel, die es auch auf dem teuersten Magnetband gibt, ein mehr oder minder starkes Eigenrauschen. Mit jedem weiteren Kopieren verstärkt sich dieses Rauschen, bis nach mehreren Arbeitsschritten das Eigenrauschen des Bandes lauter ist, als das eigentlich beab- sichtigte Klangresultat. Mit der Digitalisierung der Aufnahmetechnik fällt dieses Rau- schen weg. Das Endergebnis eines noch so vielschichtigen Bearbeitungsprozesses wird sauber vernehmbar auf CD bzw. andere Digitale Medien, wie beispielsweise DVD, gepresst. Die mehrfache Bearbeitung desselben Materials mit diversen Effekt- geräten ohne Qualitätsverlust durch stärkeres Rauschen wurde möglich. Ebenso wurde das Schneiden wesentlich erleichtert. Ein tatsächliches Schneiden (des Ton- bandes) ist heute gar nicht mehr nötig. Die aufgenommenen Teile können im Computer beliebig oft kopiert und an die gewünschten Stellen gesetzt werden. Dies hatte direkten Einfluss auf die Musik der neunziger Jahre. Die Popmusik, speziell

HOUSE, TECHNO, BLACK MUSIC und HIP-HOP erlebten in den neunziger Jahren einen wachsenden Zuspruch. Diese Musikstile leben von der Verwertung bereits bestehenden Materials. Es werden sogenannte Samples angefertigt. Ein Sample kann nur die Aufnahme einer einzelnen Basedrum sein, die mit einem Sample einer Snaredrum zu einem neuen Beat (Rhythmus) zusammengesetzt wird, kann aber auch ein ganzer Takt oder ein noch längerer Teil eines Stückes sein, das in einem anderen Zusammenhang in einen neuen Song eingefügt wird und somit verfremdet wird. „Die Umwälzungen im Bereich der Produktion veränderten das traditionelle Konzept der Live-Performance: Reproduktionstechnologien hielten Einzug in die >Live-Acts< der Popmusik allein schon deshalb, weil sich die technisch aufwendig ausgearbeiteten Songs einer Live-Präsentation im konventionellen Sinne widersetzten. Konzertbesu- cher der frühen achtziger Jahre begannen sich daran zu gewöhnen, dass die bei Büh- nenauftritten erzeugte Musik unterschiedlichsten Quellen entstammte und dass des- halb die Band, die sie live sahen, nicht unbedingt in dem Sinne live spielte, dass Sounds mittels herkömmlicher Musikinstrumente aktuell erzeugt wurden (...) Mehr und mehr bedeutete live aufzutreten weniger aktuelle Musik zu erzeugen als vielmehr eine dem jeweiligen Starimage angemessene Show zu inszenieren.“24

23 Hans G. Helms, 2001, S. 5-10

24 Axel Schmidt, 1999, S. 95/96 17

Durch diese Technik wurde es möglich, die Musiker immer mehr zu ersetzen, so dass der Produzent an Relevanz gewann und als DJ selber immer mehr in den Vordergrund trat. Die Plattenfirmen bauten ihr Open System weiter aus und versuchten neben Firmen-

übernahmen (zum Beispiel die Übernahme von CBS durch SONY und der POLYGRAM durch die ) vor allem möglichst viele unterschiedliche Stile am Markt anzubieten, um das Risiko eines kommerziellen Verlustes zu verringern. So spalteten sich die verschiedenen Oberbegriffe der Gattungen immer weiter auf.

An einem Beispiel wird dies deutlich: Aus HEAVY METAL entwickelte sich SPEED

METAL, DEATH METAL, TRASH METAL, GRUNGE, NU METAL, GOTHIK, POWER METAL...

Diese Entwicklung betrifft auch sämtliche anderen Gattungen wie HIP–HOP, TECHNO, usw. Auch diese spalteten sich immer weiter in Untergattungen auf. Die erhoffte Stabilisierung der Umsatzentwicklung trifft allerdings nicht ein. „War 1990 auf der Basis von Endverbraucherpreisen (inkl. Mehrwertsteuer) noch ein Umsatzzuwachs von 18,7 % gegenüber dem Vorjahr erzielt worden, so sank der Zu- wachs über 3,2 % im Jahre 1994 auf 1,6 % in 1997.“25

1999 ging der Absatz (zusammengefasst für alle Tonträgerarten) sogar um 10 % zurück. Dafür werden die verbesserten Tonträgerkopiermöglichkeiten durch das Brennen von CDs verantwortlich gemacht. Seit es nahezu ohne Qualitätsverlust möglich ist CDs zu kopieren, ging der Umsatz an verkauften Tonträgern drastisch zurück. Ein weiterer Faktor ist das Internet, wo beinahe jede Musik per MP3 (CD- ähnliche Qualität, bei einer wesentlich geringeren Datenmenge) zu bekommen ist. Da die Konsumenten oftmals nur an einem bestimmten Lied eines Interpreten Inte- resse haben, ist es dementsprechend praktisch, sich nur dieses eine aus dem Inter- net herunter zu laden. Es war eine ganze Zeit lang sogar möglich, sich auf illegale aber allseits praktizierte Weise zum Beispiel mit Hilfe von Napster vollständige Alben herunter zu laden. Die Plattenindustrie reagiert darauf mit dem Versuch, Kopierschutzmethoden in die Tonträger zu integrieren und daneben ihre Marktmacht durch zusätzliche Firmenübernahmen weiter auszubauen.

25 Michael Göke, 2002, S. 44 18 1.3 GEMA, Das Urheberrecht in Deutschland

Zwei wichtige Bezeichnungen finden sich immer wieder auf den Schallplattenhüllen oder Inlet-Cards in CDs an. Die eine ist die Abkürzung GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) und die andere ist GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) Darüber hinaus gibt es noch die GVU (Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheber- rechtsverletzung).

1.3.1 Zur Geschichte des Urheberrechts ein kurzer geschichtlicher Rückblick

Die Mäzenaten der letzten 500 Jahre waren die Kirchen, die Fürsten- und Königs- häuser - der Adel. Sie sponserten die Arbeit eines Komponisten, indem sie ihn bei Hof anstellten oder Werke bei ihm in Auftrag gaben und den Künstler dafür mehr oder weniger angemessen entlohnten. „Fiel nun ein Komponist in Ungnade, so stand er meistens mittellos auf der Straße. Selbst wenn seine Werke aufgeführt wurden, erhielt er kein Geld dafür. Die Künstler früherer Zeiten waren somit ihren Mäzenen schutzlos ausgeliefert. Eine erstmalige rechtliche Verankerung des geistigen Eigentums erfolgte 1809 im ba- dischen Landrecht. Die uneinheitliche Rechtslage innerhalb der damaligen deutschen Kleinstaaten und Fürstentümer brachte jedoch noch genügend Möglichkeiten des „Raubdruckes“. Eine feste Regelung fehlte. 1837 ergriff das Königreich Preußen die Initiative und schuf ein entsprechendes Gesetz, welches den Schutz von Werken der Wissenschaft und Kunst garantieren sollte. Der unrechtmäßige Nachdruck wurde ver- boten, ein Aufführungsrecht von dramatischen und musikalischen Werken verankert. Die Schutzfrist wurde auf 30 Jahre nach dem Tode des Autors festgelegt. Richard Strauss ist die Gründung der „Genossenschaft Deutscher Tonsetzer“ (GDT) und der „Anstalt für musikalische Aufführungsrechte“ (AFMA) im Jahre 1903 zu verdanken. 1915 folgte dann die „Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrech- te“ (GEMA), die aber mit der heutigen GEMA nicht identisch ist. Im Jahre 1930 schlos- sen sich GEMA, GDT und die österreichische Gesellschaft AKM im „Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte“ (Musikschutzverband) zusammen. 1933 entstand die STAGMA (Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikali- scher Aufführungsrechte). Ihr wurde 1938 die schon 1909 gegründete „Anstalt für me- chanisch-musikalische Rechte GmbH“ (AMRE) angegliedert. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die STAGMA von den Siegermächten in GEMA umbenannt.“26

Jetzige Grundlage für die GEMA - wie für alle Verwertungsgesellschaften - ist das „Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten“ vom 9. September 1965 (UrhWG). Aufsichtsbehörde für die Verwertungsgesellschaf- ten ist das Bundespatentamt in München. Es folgen einige Auszüge aus der Satzung der GEMA, die deren Auftrag sehr deutlich werden lässt.

26 Peter Allemeier, 1990, S. 44 ff. 19 1.3.2 Satzung der GEMA27

§ 1 Name und Sitz Der wirtschaftliche Verein GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) hat seinen Sitz in . Seine Rechtsfähig- keit gemäß § 22 BGB beruht auf staatlicher Verleihung.

§ 2 Zweck 1. Zweck des Vereins ist der Schutz des Urhebers und die Wahrnehmung seiner Rechte im Rahmen dieser Satzung. Diese Einrichtung ist gemeinnützig und nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet. [Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) beruht auf der Grundlage des Prinzips des geistigen Eigentums und regelt die wirtschaft- lichen Ansprüche, die daraus für die Künstler hervorgehen.] 2. Dem Verein obliegt die treuhänderische Verwaltung der ihm zur Verwertung übertragenen Urheberrechte. Er kann alles tun, was zur Wahrung der ihm übertragenen Rechte erforderlich ist. Der Verein ist berechtigt, denjenigen, die diese Rechte benutzen wollen, die hierzu notwendige Genehmigung zu erteilen. Der Verein ist hierzu verpflichtet, wenn die erforderliche Gegenleistung erfolgt, es sei denn, dass die Erteilung der Genehmigung der Wahrung berechtigter Interessen des Vereins oder des Berechtigten widerspricht. „Die Aufnahmebedingungen sind in §6 der Satzung und auf dem Aufnahmeantragsfor- mular zu finden. (...) Die Aufnahmegebühr liegt bei 100 Mark für Künstler und 200 Mark für Verleger. Der Beitretende verpflichtet sich auch einen jährlichen Unkostenbeitrag von 50 Mark zu zahlen.“28

3. Bei Vergebung der Rechte werden die Bedürfnisse der kulturellen Musikpflege berücksichtigt. 4. Die Tätigkeit des Vereins erstreckt sich auf das Gebiet Deutschlands und auf das Ausland im Rahmen der internationalen Vereinbarungen.

Die letzte Änderung erfuhr die Satzung mit dem 24. 6. 1985. Hier wäre für uns insbe- sondere noch der § 15 interessant, der anschließend abgedruckt ist. § 15 Allgemeines Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu ver- werten; das Recht umfasst insbesondere:

27 Peter Allemeier, 1990, S. 44 ff. 28 Robert Lyng, 1898, S. 104 20 1. Das Vervielfältigungsrecht (§ 16) 2. Das Verbreitungsrecht (§ 17) 3. Das Ausstel- lungsrecht (§ 18) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe); das Recht umfasst insbesondere:

1 . Das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19)

2. Das Senderecht (§ 20) 3. Das Recht der Wiedergabe durch Bild und Tonträger (§ 21) 4. Das Recht von Wiedergabe von Funksendungen (§ 22)

Die Wiedergabe eines Werkes ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Perso- nen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind.

Der gesetzliche Schutz des Urhebers für sein Werk beginnt mit der Schöpfung des Werkes und endet 70 Jahre nach seinem Tode.

1.3.3 Die GVL

Vor etwa 30 Jahren gründete die DEUTSCHE ORCHESTERVEREINIGUNG E.V. und die

Deutsche Landesgruppe der IFPI e.V. (INTERNATIONAL FEDERATION OF PHONOGRAM

AND VIDEOGRAM PRODUCERS) die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutz- rechten mbH (GVL). Inzwischen sind etwa 30.000 ausübende Künstler aller Art sowie 500 Tonträgerhersteller der GVL beigetreten. In Deutschland und einigen anderen Ländern wird das Leistungsschutzrecht als ein dem Urheberrecht verwandtes Schutzrecht anerkannt. Jeder ausübende Künstler und Tonträgerhersteller besitzt Anspruch auf Vergütung seiner Leistung. Das betrifft insbesondere die gecasteten29 Bands, die keine Urheberrechte an den von ihnen vorgetragenen Stücken haben. Als ausübende Künstler steht ihnen zumindest (ne- ben den Vertragsanteilen) die Leistungsvergütung der GVL zu. Die GVL bekommt nur das Geld für die zweite und dritte Auswertung von Aufnah- men. Die Erstauswertung (Abgaben der Plattenfirmen bei der Herstellung einer

29 vgl. Kapitel 2.1 21 Platte, mechanisches Vervielfältigungsrecht, Abgaben der Rundfunkanstalten, Live- Aufnahmen, Direktübertragungen von Veranstaltungen) liegt allein in den Händen der GEMA. Die GVL bekommt für den Komplex “öffentliche Wiedergabe“ pro Jahr 20 % der diesbezüglichen GEMA Einnahmen. Die Einnahmen der GVL setzten sich aus den nachfolgenden Quellen zusammen. Die Einnahme aus dem Bereich Senderecht machen etwa 60% des endgültigen Verteilungstopfes aus. Die GVL teilt sie im Verhältnis 50:50 zwischen Künstlern und Tonträgerherstellern. Von den Einnahmen aus privaten Überspielungen erhält die GVL von der gemeinsam mit GEMA und VG Wort gegründeten Verwertungsgesell- schaft ZPÜ (Zentralstelle für privates Überspielrecht) im Bereich Audio 42%, im Bereich Video 21%. Die GVL teilt dieses Geld im Verhältnis 64:36 zwischen Künst- lern und Tonträgerherstellern auf. Auch die GEMA-Gelder für ’öffentliche Wiederga- be’ gehen im Verhältnis 64:36 an Künstler und Hersteller.30

1.4 Kritische Abhandlung über die Popmusik aus musikalischer Sicht.

Die Entstehung der Plattenfirmen und der damit zusammenhängenden Ökonomie, sowie die damit verknüpfte musikalische Entwicklung der Popmusik, waren Thema der vorigen Kapitel. Dabei wurde auf eine Darstellung der historischen Gegebenhei- ten Wert gelegt und auf bewertende Aussagen völlig verzichtetet. In dem jetzt fol- genden Teil, soll Platz sein für eine kritische Betrachtung der Popmusik und der mit ihr zusammenhängenden Vermarktung aus musikalischer Sicht unter Bezug auf einen Text von HANS G. HELMS mit dem Titel „Musik zwischen Geschäft und Unwahr- heit“. Ab den 50er Jahren begann die Verdrängung der bis dahin noch lebendigen Volks- musiken durch die Musik aus den Radios. In den “westlichen“ Industriegesellschaften war zu diesem Zeitpunkt diese Verdrängung schon wesentlich weiter vorangeschrit- ten. „Die bis dahin noch originäre und sehr lebendige indigene Musik wurde über Transis- torradios mit dem HIV-Virus des US-amerikanischen Mainstream-Pops verseucht.“31

30 Robert Lyng, 1898, S. 108/109 31 Hans G Helms, 2000, S. 5-10 22 Die so verkrüppelte indigene Musik wurde von den Schallplattenkonzernen zur Weltmusik gleichgeschaltet und eignet sich vortrefflich, die “Multi-Kulti“- Industriegesellschaften mit dem Reiz des Exotischen zu pazifisieren. In der Ära der digitalen Informationserzeugung, in der alles immer perfekter wird, macht diese Entwicklung auch nicht vor der Musik halt. „Popmusik ist also gedacht für alle und für überall und für immerzu, und entsprechend muss sie auch gemacht sein. Sie muss immergleich sein, damit sie nicht verwirrt, und immer anders, damit sie den Reiz des Neuen ködern kann.“32 „Die bis zur Perfektion entwickelte digitale Arretierung des einmaligen, unverwechsel- baren historischen Augenblicks einer Aufführung oder Performance zu einem jederzeit abrufbaren immergleichen digitalen Klischee, dem die Intentionen des Komponisten und der Interpreten allenfalls noch schemenhaft anzuhören sind, hat die gesamte Mu- sik zu einem Warenlager modisch gängiger Konsumartikel, zu einem historischen Kos- tümfundus, degradiert.“33

Mit relativ geringen finanziellen Mitteln ist es heute möglich, gute Aufnahmen zu machen. Die Entwicklung der Computer- und Mikroelektronik stellt den Künstlern und Produzenten Mittel zur Verfügung, von denen noch in den 70’er Jahren des 20. Jahrhunderts nur geträumt werden konnte. Durch die Entwicklung der Computer- technik würden sich ungeahnte Möglichkeiten der Klangverfremdung oder Klangverschmelzung bieten. In den seltensten Fällen werden diese jedoch genutzt, um etwas wirklich Neues zu schaffen. Die meisten Anwender experimentieren nicht mit den Programmen, sondern operieren mit dem eng begrenzten Fundus an Klängen und Effekten, die ihnen das fest installierte Programm und die ergänzende Manipulationssoftware bieten. Selten nur wird versucht, einen Effekt durch eine neue oder andere Spielweise zu erzeugen, denn es scheint als gäbe es für alles Geräte, die den benötigten Effekt erzielen können. „Die Computertechnologie hat die Realisierung höchst komplexer Strukturen ermög- licht, Strukturen, die sehr viel mehr mitteilen als lediglich sich selbst. Warum schöpfen Komponisten diese Möglichkeiten nicht aus, mit historischen und gegenwärtigen Mate- rialien Strukturen der Reflexion, des Protestes und des sozial wünschenswerten zu komponieren?“34

Durch das Internet ist es heutzutage möglich, sich Musik aus der ganzen Welt herun- ter zu laden. So weisen immer mehr Kompositionen fremde Einflüsse auf, die dem jeweiligen Komponisten als neu erscheinen, es jedoch nicht sind und so zu einer Angleichung und zu Klischeetransfers führen. Es bildet sich ein Mainstream heraus, der selbst ungewohnte und revolutionäre Musik in einer abgespeckten Version, ohne

32 Tanja Busse, 1996, S. 16 33 Hans G. Helms, 2000 34 Hans G. Helms, 2000 23 Ecken und Kanten, in das gewohnte, von W. ADORNO beklagte „Immergleiche“ um- wandelt. Noch stärker deutlich wird dies in der Sendung POPSTARS und deren Nach- folgern. Die Gewinner der Endausscheidungen müssen sich einem Prozess unter- ziehen, der ihr Aussehen, ihre Tanzfähigkeiten, ihre Kleidung und ihr gesamtes Image umkrempelt. Die Musik und die Tanzperformance gleichen einem Aneinander- reihen bekannter Klischees, erreichen so jedoch ein maximales Zuschauerpotential, weil alles bekannt, ohne Ecken und Kanten, und dennoch neu erscheint. „Alles, was sich irgendwann Künstler der Gattungen HipHop und R&B ausgedacht ha- ben, um einem Zwang zu entgehen oder einem Zwang zu widersprechen, wird jetzt als Zwang verhängt. Jedes locker choreographierte Nein zu Disziplin und Unterwerfung kehrt als fixiertes Element einer Disziplin zurück, der man sich zu unterwerfen hat, um im ständig präsenten Wettkampf zu bestehen. Die Fremdbestimmung ist zum Konzept geworden und wird als interaktive Partizipation des Zuschauers verkauft. Der wählt per Netzabstimmung den Namen aus, und die Band bedankt sich „spontan“ für seine Be- fehle.“35

Bei der Sendung BIG BROTHER mündete die Ideologie in dem Imperativ “sei du selbst, verstell dich nicht“. Bei POPSTARS geht es im Gegensatz dazu darum, ein Kunstwe- sen darzustellen, das aber dem eigenen Typ entspricht. „Das Verhältnis zwischen dieser eigenen Dimension („Typ“) und dem Kunstwesen, das es mit den Vorbildern aufnehmen kann, wird durch die Idee von harter und entbeh- rungsreicher Arbeit geregelt, die man die meiste Zeit zu sehen bekommt. Sexyness? Ja, aber dafür musst Du ackern. Pop-Musik als Disziplin.“36

Nach HANS G HELMS ist Musik weit mehr und hat weit höhere Aufgaben, als lediglich schöne Töne zu fabrizieren. Sein Resümee der Betrachtung der technischen und kommerziellen Prozesse und Rahmenbedingungen für die Musikwirtschaft fällt dem- nach folgendermaßen aus: „Das Musikgeschäft produziert musikalische wie gesellschaftliche Unwahrheiten. Mu- sik, die ihrem Begriff gerecht wird, hat – mit einem Wort Siegfried Kracauers – aus Mo- saiksteinchen die Wirklichkeit unserer Geschichte und Gegenwart zu konstruieren, sie zu kommunizieren und Perspektiven auf eine menschenwürdige Gesellschaft hörbar zu machen.“37

1.5 Zusammenfassung

Das erste Kapitel gibt die Entwicklung der Popmusik und der mit ihr verflochtenen Plattenindustrie wieder. Es wurden sowohl die musikalischen wie auch die techni- schen Neuerungen aufgezeigt. Daneben wurde die Entstehung der Plattenindustrie

35 Der Tagesspiegel, 25.Nov. 2002 36 Der Tagesspiegel, 25.Nov. 2002 37 Hans G. Helms, 2000 24 beschrieben. Als Ergebnis dieser Darstellung konnte gezeigt werden, dass sich neue musikalische Trends und neue technische Innovationen, sowie die Möglichkeiten industrieller Produktion gegenseitig beeinflussen. Ebenso wurde deutlich gemacht, wie die Struktur des heute beinahe unüberschaubaren Marktes der Plattenindustrie entstand und welche gesellschaftlichen Entwicklungen dafür verantwortlich waren, dass er sich so darstellt, wie wir ihn heute kennen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass sich die Bedeutungen der Berufsgruppen innerhalb der Tonträgerindustrie (Komponisten, Interpreten, Musikproduzenten, Tonträgerunternehmen) „im Laufe der historischen Entwicklung der populären Musik, in Abhängigkeit vor allem von den technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bestimmt haben.“38

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist folgende: Ist nicht gerade die Popmusik ein Spiegel der sich uns bietenden Wirklichkeit? „Kultur-Pessimisten klagen, dass Pop zum Geschäft verkomme, weil Bands nicht mehr aus betrunkenen ’Stühle-Zertrümmerern’ bestehen, sondern aus ehrgeizigen Azubis und Facharbeitern, die nach dem PR-Weichspülgang alle gleich aussehen. Ein Stan- dard- und Spießerargument: Nicht nur, weil im Pop spätestens seit den ’Monkees’, der ersten gecasteten Band, vorproduzierte Musiker, Lebensläufe und Gefühle dazugehö- 39 ren. Vielmehr ist eine Sendung wie „POP IDOL“ , so sieht es die feministische Schrift- stellerin Germaine Greer, „nicht das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen. Es ist die Zivilisation, wie wir sie kennen.““40

In einer Welt, in der es sich immer mehr um Gewinne, um Geld, um den reinen Kapitalismus dreht, um die Trennung von arm (Konsument) und reich (Stars und Sternchen), geht die Popmusik konsequent den selben Weg und versucht nicht einmal die Wirklichkeit zu verzerren, sondern weist wie die, dieser Arbeit zugrunde liegende Sendung POPSTARS genau darauf hin, wie hart das so genannte “Show- Business“ ist. Es werden, wie im Titel dieser Arbeit bereits erkennbar, Stars GEMACHT! Sie entwi- ckeln sich nicht aus sich selbst, sondern sind künstlich und versprechen ein Maxi- mum an Profit. Kann behauptet werden, dass die Sendung POPSTARS etwa die konsequente Weiterentwicklung der Plattenindustrie zu einem Minimum an Aufwand bei einem Maximum an Profit und Kontrolle darstellt? Wie und ob dieses Ziel erreicht wurde, werden die folgenden Kapitel aufzeigen.

38 Michael Göke, 2002, S. 45 39 Die neueste ’Pop-Casting-Folge’ von RTL nach TEENSTAR 40 Berliner Zeitung, 31. Aug. 2002 25 2 POPSTARS - Idee, Entwicklung und Erfolgsstory eines Fernsehformats

2.1 Das Casting

Spätestens seit den großen Erfolgen der

RTL2 „Reality-Soaps“ POPSTARS und TEEN-

STAR ist in Deutschland das große Castingfie- ber ausgebrochen. Dabei hätten „noch vor zehn Jahren (..) viele das Wort Casting nicht mal richtig aussprechen können. Mittlerweile kenne den Begriff jedes Kind.“41. So machte es SUSANNA RIEDRICH von einer Kölner Franziska Frank aus Bremen hat es bis zum Workshop nach Mallorca geschafft. Casting-Agentur deutlich. Heute ist das Wort Später bekannt geworden mit FRESH ’N JUICY. Hier zu sehen in der Zeitschrift Casting ein gebräuchliches Wort und wenn POPSTARS. (Abb.1) von gecasteten Bands oder Künstlern gesprochen wird, so weiß fast jeder was damit gemeint ist und stellt automatisch Vermutungen über Zusammenhänge mit Produzenten, Vermarktungsideen oder ähnlichem an. Das Wort „Casting“ bedeutet laut Duden42: DUDEN – Standardwörterbuch Englisch: • Cast – (throw) werfen / (shed) verlieren / (shape, form) gießen / (assign role of) Rolle besetzen • Casting – (Theatre) Rollenbesetzung DUDEN – Die deutsche Rechtschreibung: • Hier ist das Wort nicht vorhanden. DUDEN – Das Fremdwörterbuch: • Cast - (bes. amerik.) der Gesamte Stab von Mitwirkendem an einem Film • Casting (bei Film, Fernsehen) Rollenbesetzung Das Prinzip des „castens“ stellt ein Auswahlverfahren dar, bei dem für ein bestimm- tes Vorhaben eine Person gesucht wird, die am besten den gewünschten Eigen- schaften für das Konzept entspricht. Genau so wird es zum Beispiel im Theater und beim „Film“ schon immer angewendet und ist auch in der Musikbranche nicht neu.

41 Der Spielgel, 19. Nov. 2001 42 Duden Office, 1999 26 Die öffentliche Austragung des Ganzen ist die entscheidende Neuerung, um die es sich hier handelt. Es werden keine Geheimnisse mehr um eine zusammengestellte Band gemacht, sondern ganz im Gegenteil - die Produzenten machen sich das offizielle Auswahlverfahren zu Nutze. Im Fall der Sendung POPSTARS, wird dieses Casting mittels der Medien als eine große „Reality-Show“ für den Zuschauer aufbe- reitet. Er soll teilhaben an Erfolg und Misserfolg und hat später sogar die Möglichkeit, selbst das Casting zu beeinflussen. „Selbst die größten Kritiker müssen zugeben, dass die Idee genial ist: Der Prozess der Künstler-Selektion findet in der Öffentlichkeit statt. So hat die Gruppe schon ein Millio- nenpublikum, einen Plattenvertrag und einen Song, bevor es sie überhaupt gibt. Und die Produzenten machen kein Geheimnis daraus, dass Musik für sie ein Geschäft ist. Eine PR-Strategie mit Interviews und Reportagen in einschlägigen Teenie-Magazinen und in der Presse untermauerten den Eindruck „wir sind ganz normal und können es selbst kaum glauben“ - eine Aussage, die in der jungen Generation ankommt.“43

Im Folgenden wird grob der Ablauf der öffentlichen Castings von POPSTARS und

TEENSTAR dargestellt. Dabei geht es an dieser Stelle noch nicht um Auswahlkriterien, Hintergründe oder Auswirkungen. Die beiden vereinfachten Schaubilder geben eine Übersicht.

TEENSTAR

Bewerberpool POPSTARS Castingbögen & lokalen Terminen Bewerberpool in den Städten Erste Audition (Jury) Erste Castingrunde Televoting (Publ.) Recall Academie (Jury) Flughafenshow Televoting (Publ.) Workshop Final-Show Televoting (Publ.) Band

TEENSTAR

Die Castings zeichneten sich durch eine Art „Stufensystem“ aus, welches verschie- dene Chancen bot, in eine nächste Runde zu kommen. In diesen wurde es von mal

43 Die Welt, 18. Jun. 2002 27 zu mal anspruchsvoller. Ob es nun gerade das Vorcasting, der Recall44 oder die Academie45 war, unterscheidet sich zwar jeweils, ist aber für das Grundverständnis des Ablaufes nicht entscheidend. Bei der ersten Staffel hatte wirklich jeder die Möglichkeit an den Castings teilzuneh- men. Bei den folgenden Staffeln, waren entweder Vorcastings, vorherige Anmelde- bögen oder gar Demos notwendig, um überhaupt eingeladen zu werden. „Man geht einfach hin, gibt seinen Ausweis ab, damit sie sehen, dass du 18 bist. Da- nach wird man in Gruppen eingeteilt, immer so etwa 30 Leute. Jeder bekommt eine Nummer und muss zuerst ein Vorcasting bestehen. Ich durfte fast 40 Sekunden singen und bin weitergekommen.“46

An dieser Stelle wurden sehr schnell Vorentscheidungen getroffen, die notwendig waren, um die wirklich schlechten und untalentierten Bewerber schon im Vorfeld auszusortieren. Dass es davon eine große Menge gab, belegen viele Stunden Videomaterial.47 Anschließend geht es in die 2. Runde: „In München haben es rund 200 Leute von 2000 geschafft. Von da an wurde man auch gefilmt. Ein Kameramann ging in den Reihen umher und pickte sich immer fünf Leute heraus. In dieser Gruppe musste man sich vor die Jury stellen und singen. Sofort da- nach wurde bekannt gegeben wer weiterkommt. Ich bin leider rausgeflogen.“48

Die Jury zögerte nicht lange und verabschiedete sich oft schon nach wenigen Se- kunden charmant mit einem „Dankeschön“. Genauer gesagt wurde gnadenlos aus- gesondert und eine Erklärung gab es dafür nicht. „Sie haben gar nichts gesagt, zu niemandem. Nicht einen einzigen Tipp, was man gut oder schlecht gemacht hat. Das war eine Massenabfertigung.“(ebd.) So mancher Kandidat machte sich nach stundenlangem Warten sogar unverrichteter Dinge davon, weil ihm die Stimme wegblieb oder er die bessere Konkurrenz erkann- te. Wer weiter kam, hatte schon einen guten Schritt getan - er wurde zum so genann- ten Recall eingeladen, welcher meist am nächsten Tag in der jeweiligen Stadt durchgeführt wurde. Die Teilnehmer hatten nun einen knappen Tag Zeit, ein weiteres selbst gewähltes oder manchmal vorgegebenes Stück einzustudieren und nach Möglichkeit eine Choreografie dazu anzufertigen. Nun wurde es ernst, denn wer hier

44 So nannte sich die nächste Runde im Auswahlverfahren – man wurde "wieder gerufen/eingeladen". 45 siehe Kapitel 2.5.3 46 Süddeutsche Zeitung, 19. Sep. 2001 47 Quellen: zum Beispiel Popstars-DVDs, die Fernsehfolgen oder Videotrailer im Internet 48 Süddeutsche Zeitung, 19. Sep. 2001 28 bestand, wurde, wie beispielsweise in der zweiten POPSTARS-Staffel, direkt zum „Castingbattle“ an den Flughafen eingeladen. Dort waren „Vocalcoach“ und Choreo- graphietrainer anwesend und es mussten unterschiedliche Aufgaben, wie Einzel- und Gruppentanz, oder entsprechendes Singen erfüllt werden. Dabei waren die Jury und zahlreiche Kamerateams ständig anwesend. Alle Gewinner aus dem Recall muss- ten/durften mit gepackten Koffern anreisen und einen Tag lang ihr Bestes geben. Etwa die Hälfte von ihnen (rund 30) stieg direkt im Anschluss in den zum Abschlussworkshop (so bei den ersten beiden Staffeln). Dort wurde hart gearbeitet, gelernt und den Teilnehmern Tag für Tag viel abverlangt. Nach dem Abschluss des Workshops fuhren die Kandidaten zurück und wurden dann, begleitet von Kameras, von jeweils einem Abgesandten der Jury besucht. Diese teilten ihnen mit, ob sie es in die Band geschafft hatten oder nicht. Zusätzlich gab es bei fast jeder Station eine so genannte Starbox, in der die Teil- nehmer ihre Gefühle und Gedanken auslassen konnten - „ganz allein“ gegenüber der Kamera. Ein Beispiel des Vorsingens beim Casting zum zukünftigen Teenstar ist im Anhang zu finden (HB3). Zu hören ist der Sieger der 3. Staffel „PIERRE“ bei der Audition in mit den Anmerkungen der Jury. Dies reicht allerdings nicht aus, um sich einen Eindruck von den Castings zu verschaffen. Diverse Videotrailer finden sich beispielsweise auf der Internetseite von RTL2 und ab November wird es im deut- schen Fernsehen wieder ein öffentliches Casting geben, was nach den Plänen und Vorstellungen der Produzenten in einem noch wesentlich größeren Rahmen „aufge- zogen“ werden soll als alles bisherige. (vgl. Kapitel 2.7.1)

Die POPSTARS-Castings waren jedenfalls sehr hart. Viele der bereits in der POPMU-

SIKSZENE etablierten Künstler hätten sie gar nicht überstanden. Kim Frank von der Band Echt: beim Tanzen ein Totalausfall. Der Rapper Sammy Delu- xe: weder diszipliniert noch teamfähig. Jeder halbwegs gefragte deutsche Plattenheld wäre beim Casting von RTL2 glatt durchgefallen.49

Die Castingagenturen erleben derzeit nicht nur in Deutschland einen echten Boom. Auf Seiten wie www.starcasting.de kann sich über alle möglichen anstehenden Castings jeder beliebigen Branche informiert werden. Du glaubst, du hast Rhythmusgefühl und kannst singen? Geh zum Casting, so kommst du an die Plattenfirmen ran. Wenn du an dir arbeitest, sind deine Chancen noch grö- ßer. Blamierst du dich, hat es wenigstens das Publikum unterhalten.50

49 Süddeutsche Zeitung, 15. Nov. 2001 50 Stern, 14. Feb. 2002 29 2.2 Die Vorreiter

Dass die Vorgehensweise, sich eine Band mit Hilfe von Castings nach den eigenen Vorstellungen zusammenzustellen im Musikbusiness nichts Neues war, wurde be- reits erwähnt. Doch welche war nun die erste gecastete Band? Wann ist eine Band gecastet und ab wann gilt sie als „gewachsen“? Um die letztere Frage zu klären ist festzuhalten, dass es in dieser Arbeit ausschließlich um Castings geht, bei denen eine Band völlig neu zusammengestellt wird und nicht nur neue oder zusätzliche Mitglieder für eine bestehende Formation gesucht werden.

Die erste Band, die durch ein Casting zusammengestellt wurde, waren die MONKEYS. Sie „wurden in den sechziger Jahren als US-Antwort auf die Beatles unter Marke- tingaspekten zusammengestellt.“ 51 Von ihnen stammt unter anderem der Hit

DAYDREAM BELIEVER (HB4).

Doch bei dieser Band blieb es lange Zeit, bis Anfang der neunziger Jahre die NEW

KIDS ON THE BLOCK den Beginn einer „Boygroup-Welle“ auslösten. „Als die New Kids On The Block die Charts stürmten, hielt man es noch für ein einmali- ges Phänomen. Fünf hüpfende, leidlich singende Boys mit mühsam zugekleisterter Pubertätsakne, die kreischenden Jungmädchen feuchte Windeln bescherten. Doch plötzlich schossen die männlichen Jungtanzmäuse wie Pilze aus dem Boden: Take That. East 17. Boyzone. Bed & Breakfast ... Wer vermag sie zu zählen, und vor allem, wer hat Lust dazu?“52

Einer der entscheidensten Produzenten, der zu dieser Entwicklung beigetragen hat, ist LOU PEARLMAN, der unter anderem die BACKSTREET BOYS und N’SYNC castete „’Irgendwer musste übersehen haben, dass dieser Kleine-Mädchen-Markt existiert’, sagte PEARLMAN. ‚Und wir haben diese Lücke gefüllt’.“ (ebd.) Er zählt, auch wenn die meisten seiner „Sprösslinge“ ihn nach einigen Jahren ver- klagten, weil er sie finanziell ausbeutete, zu den anerkanntesten „Boygroup- Machern“ weltweit. In seinen Studios hält er immer Nachwuchsstars bereit, die nach ausreichendem Tanz-, Gesangs- und Kameratraining bei Gelegenheit zum Einsatz kommen – wie beispielsweise für die Band O-TOWN (vgl. Kap. 2.8)

Das bei der Trennung von TAKE THAT für tausende (weibliche) Fans eine Welt zu- sammenbrach, ging damals tagelang durch die Presse. Die Produzenten hat das jedoch nicht weiter gestört, denn sie haben wieder neue Lücken auf dem Markt der gecasteten Bands gesehen und auch den geforderten „Nachschub“ geliefert – mit

BOYZONE fand sich in England schnell ein geeigneter Ersatz.

51.www.eurogay.de/artikel/0600/28_ pearlman2.html 52 www.concerto.at/ 30 Die deutschen Vertreter TOUCHÉ (entdeckt und produziert von DIETER BOHLEN) und

BED & BREAKFAST waren zu ihrer Zeit sehr beliebt, aber nicht besonders lange erfolg- reich. Doch darum geht es hier nicht: „gecastete Bands sind gemacht worden, um Geld zu verdienen, nicht, um ein Stück Kulturgut zu schaffen, das lange Jahre bleibt.“53 Mit Popstars haben die Produzenten „nichts anderes getan als öffentlich zu machen, 54 was seit den ‘MONKEYS’ üblich ist.“ , sagt die wichtigste Person, die für Popstars in

Deutschland verantwortlich ist - HOLGER ROOST-MACIAS (vgl. nachfolgendes Kapitel).

2.3 Die Wurzeln der Sendung POPSTARS

Im Herbst 2000 startete die erste Staffel der “Megacasting-Show“ POPSTARS im deutschen Fernsehen mit dem Ziel, eine Girlband ins Leben zu rufen. Es sollte 55 widerlegt werden, „dass POPSTARS-Bands reine One-Hit-Wonder sind“ . Die Idee zur Show ist aber nicht so neu und vor allem nicht einzig- artig, wie sie dem Publikum hier in Deutschland erschien. Denn schon im Dezember 1998 wurden in Neuseeland (Christchurch, Wellington und Auckland) Mädchen zu Castings aufgerufen, aus denen dann eine Girlgroup, zunächst nur als Grundlage für eine

Soap-Opera, hervorgehen sollte. 500 Mädchen haben CD-Cover: Tonigt – Truebliss (Abb.2) daran teilgenommen, es entstand die Band TRUE

BLISS (Erika Takacs, Joe Cotton, Keri Harper, Carly Binding, Megan Cassie) und im April 1999 startete dann die zugehörige Castingshow im neuseeländischen Fernse- hen. Diese ist mit der deutschen POPSTARS Sendung vergleichbar. Ihr Erfolg war so enorm, dass die Debütsingle TONIGHT, sowie das DREAM auf Platz 1 der neuseeländischen Charts „schossen“. POPSTARS wurde von nun an, mit der Mi- schung aus Talentförderung und medialem Ereignis, zu einem internationalen Er- folgskonzept, wobei der Begründer, der Neuseeländer JONATHAN DOWLING, mit sol- chen Ausmaßen niemals gerechnet hat.

53 Süddeutsche Zeitung 31. Aug. 2002 54 Süddeutsche Zeitung 19. Jun. 2002 55 www.nmz.de/nmz2/kiz/Forum5/HTML/000212.html 31 Schon einige Monate später wurde die Idee in Austra- HOLGER Roost-Macias (Abb.3) lien, wohin Dowling sie verkaufte, vom TV-Sender

SEVEN NETWORK aufgegriffen und dabei weiterentwi- ckelt. Das Ergebnis, eine Mischung aus Real-Life- Reportage und Soap-Opera, präsentierte der australi- sche Sender von Februar bis Mai 2000 jeden Sonntag. „Popstars wurde mit 30% Marktanteil innerhalb kürzester Zeit zur erfolgreichsten Fernsehsendung Australiens und verdrängte u.a. den Soap-Klassiker Friends und die Gameshow Wer wird Millionär? von ihren Spitzenplät- zen.“56

- 1960 geb. in Rostock Der TV Produzent und Geschäftsführer der TRESOR - Vater war hoher DDR-Offizier - studierte an der Filmhoch- TV-PRODUKTION GMBH HOLGER ROOST-MACIAS erwarb schule der DDR und wirkte bei Show-Produktionen des auf einer Fernsehmesse in Australien () die Staatsfernsehens mit - reiste 1982 mit Frau und Rechte an dem Format POPSTARS für das gesamte Tochter über Chile nach deutschsprachige Europa. Er setzt mit seiner unab- Madrid aus - arbeitete für Auslandsstudios hängigen Fernsehproduktionsgesellschaft, nach beim ZDF - als TV-Produzent machte er eigener Aussage, Schwerpunkte in der Entwicklung sich 1986 in München selbst- ständig (u.a. TV-60) qualitativ erstklassiger, aber noch nicht etablierter - 1993 gründete er Tresor TV- Produktions GmbH Show-Formate für den deutschsprachigen TV-Markt. Aus selbem Hause stammen beispielsweise auch populäre Unterhaltungsshows wie DARÜBER LACHT DIE WELT, IHR SEID WOHL WAHNSIN-

NIG oder FORT BOYARD. Das Projekt POPSTARS hat sich schnell über die Kontinente verbreitet und die Shows laufen derzeit in mehreren Ländern. (vgl. Kapitel 2.8) mit großem Erfolg.

2.4 Die Fernsehsendung POPSTARS bei RTL2

Die bundesweiten Castings zur deutschen POPSTARS-Band begannen am 25.08.2000 in und dauerten bis zum 24.09.2000 an. RTL2 hatte dafür in Fernsehen, Internet und an verschiedenen Standorten in den Städten geworben, Frauen von jung bis alt (ab 18 Jahren) zu suchen, um eine Girlgroup ins Leben zu rufen. POP-

STARS - DU BIST MEIN STAR hieß die Sendung, in der nach Beispiel der australischen Show die Gruppe in einem langen Auswahlverfahren “entstehen“ sollte. Ab dem 14.11.02 um 21.15 Uhr konnten bei RTL2 die Castings verfolgt und dabei zugesehen

56 RTL2 Pressemiteilung vom 08.09.2000 32 werden, wie sich die Kandidaten von Runde zu Runde kämpften. „Der Werdegang einer Popband wird in 15 Folgen von den Anfängen bis hin zum ersten Plattenvertrag und dem ersten großen Bühnenauftritt gezeigt“ 57 . Die Startsendung wurde „von insgesamt 2,11 Mio. Zuschauern begeistert aufgenommen“58 und schon die zweite Folge machte den Sprung in die Tages-Top-Ten bei den 14-49-jährigen59 (vgl. Abb.4) Am 12.12.00 gab es den „Rekord für die fünfte Folge von POPSTARS – 2,46 Mio. Zuschauer gesamt (8,4 % Marktanteil) (...) besonders die jungen Zuschauergruppen sind vom Werdegang der neuen deutschen Girlgroup begeistert. In der Altersgruppe der 14-49-Jährigen wollten 2,09 Mio. Zuschauer gesamt (16,3 % Marktanteil) die POPSTARS-Bewerberinnen beim Tanz- und Gesangstraining sehen. Bei den Zuschauern zwischen 14 und 29 Jah- re waren es 1,07 Mio. – dies entspricht einem hervorragenden Marktanteil von 31,6 Prozent.60

Auf dem Weg vom “Nobody“ zum Star wurden die Teilnehmer durchgängig von Kameras “beo- bachtet“ und im Fernsehen wurden alle Schritte, und dabei möglichst viele Spannungen und Emotionen, dokumentiert. In der Sendung „geht es darum, Men- schen dabei zuzusehen, wie sie ihre Träume verwirklichen.“61 Alle Abb.4: Top Ten 14-49 Jährige, 21.09.00 Erfolge, wichtiger noch die Miss- erfolge, Spaß sowie Tränen und jede kleine Besonderheit vom Casting der zukünfti- gen deutschen Girlband wurden bis zum großen Durchbruch gezeigt. Dass tatsächlich alles präsentiert werden kann und nach Ende der Castings (2. Staffel ca. 12000 Teilnehmer) selbst Material des ersten Vorsingens aus den ent- sprechenden Städten von den Kandidaten vorhanden ist, die es am Ende in die Band geschafft haben, macht die Firma DIMEDIA möglich. Bei der zweiten Staffel beispiels- weise kamen „in sechs Monaten 1.400 Tapes – über 700 Stunden“62 Videomaterial

57 RTL2 Pressemitteilung vom 17.11.00 58 RTL2 Pressemitteilung vom 24.11.00 59 www.kress.de/tglkress/index.php3?t=22&m=9&y=2000 60 RTL2 Pressemitteilung vom 13.12.2000; s. auch Gesamtübersicht der Einschaltquoten, Anhang A4 61 Der Spiegel, 08. Apr. 2002 62 vgl CD-Anhang A9 (www.avid.de/presse/user_stories/2002/POPSTARS/index.php3?styear=2002) 33 zusammen und brachten ein hohes Maß an organisatorischem Aufwand mit sich (vgl. Anhang A9). Doch die Aufgabe, die jeweils gewünschten Szenen parat zu haben, um die Sendungen, zum Beispiel mit “Gefühlsausbrüchen“ (auch ROOST-MACIAS gesteht ein, dass Situationen geschaffen wurden, „in denen die Leute sich öffnen.“63) mög- lichst spannend zu gestalten, ist dem Team, den hohen Einschaltquoten nach zu Urteilen, sehr gut gelungen. „Dass es so gut laufen würde, hatte niemand erwartet.

Selbst die Drahtzieher im Hintergrund waren vom Hype um die Mädchenband NO 64 ANGELS überrascht.“ Natürlich blieben negative Beurteilungen des Ganzen von allen Seiten (von Musikern wie vom Publikum) nie aus: „Manche haben sich natürlich geärgert. Über die kühle Kalkulation hinter dem Erfolg und über die Kommerzialisierung der Popmusik, was Quatsch ist, weil die Musikindust- rie sich längst vom Traum des kreativen und ständig selbsterneuernden Musikers ver- abschiedet hat.“65

Und ROOST-MACIAS bringt es zur folgenden Frage in einem Interview: „Ist es nicht traurig, wenn Popstars aus der Retorte kommen?“ klar auf den Punkt: „Wir haben ja 66 nichts anderes getan als öffentlich zu machen, was seit den MONKEYS üblich ist.“ Trotz aller Kritik sprechen die Zahlen für sich und so blieb es nicht bei einer Staffel. Denn wer glaubt, dieser Erfolg sei nicht planbar und erst recht nicht wiederholbar, der hat genau das verpasst, was ROOST-MACIAS sagte, nämlich dass „die singende Geldmaschine“67, schon seit vielen Jahren zum Einsatz kommt - und zwar mit profi- tablen Ergebnissen für alle Beteiligten.

2.5 Drei Staffeln

Am 30.06.02 ging die 3. Staffel der Starsuche mit einer von JASMIN WAGNER (“Blüm- chen“) moderierten Livesendung im Bremer Musicaltheater zu Ende, wobei der

TEENSTAR endgültig gewählt wurde. Special Guest waren dort neben den TEARS (vgl.

Kap. 2.8) oder NATURAL, die NO ANGELS, die ihre gerade aktuellste Singleauskopp- lung STILL IN LOVE WITH YOU präsentierten (VB4 aus dem Musicaltheater). Diese “Final-Show“ (offizieller Name des Abschlussvotings) haben wir besucht (als “Pres- se“), um uns einen Eindruck von einer solchen Live-Veranstaltung (“echt live“) zu

63 Süddeutsche Zeitung, 15. Nov. 2001 64 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, München, 23.03.01 65 Berliner Zeitung, 31. Okt. 2001 66 Süddeutsche Zeitung, 19. Jun. 2001 67 TAZ 16. Jan. 2001 34 machen und sie mit der Fernsehausstrahlung im Hinblick auf die Vermarktung der Show zu verglei- chen. Damit liefen innerhalb von (nur) 22 Monaten drei

Staffeln POPSTARS (bzw. TEENSTAR), an deren Castings insgesamt ca. 20.000 Menschen teilge- (Abb.5): nommen haben. Diese haben sich in Ziel, Verlauf, “Wir“ beim Teenstarsfinale Durchführung und Ergebnis unterschieden und werden hier im Detail betrachtet.

Nach sehr erfolgreichem Vorbild aus Australien (die entstandene Band BARDOT – HB5) und anderen Ländern, wurde in der ersten Staffel nach einer Girlband gesucht. Die Produzenten konnten mit durchschnittlichem Teilnehmerandrang und dem Vor- teil, in Deutschland Vorreiter eines solchen Projektes zu sein, relativ unbelastet an die Arbeit gehen und die Zuschauer mit einer völlig neuen Art Real-Life-Soap, wie diese Gattung der Fernsehformate heute genannt wird, “an die Bildschirme fesseln“. Die Zuschauerzahlen wiesen von Anfang an in Richtung Erfolg und die Ergebnisse sprechen erst recht für sich. Darum war es bei einer so gezielten Methode, Künstler zu schaffen, die sich als wahre “Goldesel“ herausstellen – „Mit der Show POPSTARS haben Fernsehsender und Plattenfirmen eine weltweite Lizenz zum Gelddrucken entdeckt“68, - nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Staffel folgen würde. Eine neue

Castingshow Namens DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR läuft im November 2002 an, diesmal bei der “Firmenmutter“ RTL (Vgl. Kapitel 2.7.1). “Jessica” Wahls (Abb. 6)

2.5.1 Die NO ANGELS (POPSTARS, Staffel 1)

Beim ihrem ersten Casting im August 2000 hätte sicher keines der fünf Mädchen gedacht, dass sie heute nicht mehr auf die Straße gehen können, ohne von allen Seiten angesprochen zu werden und tatsächlich auf den großen Bühnen des “Pop- Geb.: 02.02.77, himmels“ Idol für tausende (nicht nur) Teenies sind. Denn fast Frankfurt Beruf: Azubi Reise- 5000 Mädchen nahmen zu jener Zeit an den Castings in acht verkehrskauf-frau Eigenschaften: deutschen Städten (Hamburg, Berlin, , , ruhigste der Gruppe, ausgezeichnete Köln, Frankfurt, und München) teil. Bei den meisten Tänzerin Element: Spirit (!) der jetzigen NO ANGELS war die Castingteilnahme sogar mehr

68 Stern 26. Apr. 2001 35 Zufall, Glück oder Drängen von Freunden. (Hätte zum Beispiel Vanessa damals im Auto vielleicht einen anderen Radiosender gehört und dann nicht gleich einen Park- platz vor dem Hotel gefunden, wäre ganz bestimmt alles anders gekommen.69) Fünf Glückliche haben die oben beschriebenen Castings durchstanden, und wurden von der Jury, sowie von Tanz- und Gesangstrainer, in Absprache Ludmila “Lucy” Diakovska mit verschiedenen Produzenten, ausgewählt, um eben diese (Abb. 7) Popstars zu werden und mit einem Plattenvertrag in der Tasche die Welt (oder zumindest erst ein mal Deutschland) zu “erobern“. „Der Erfolg der Band ist das gemeinsam erreichte Ziel von Zuschauern und Bewerberinnen, und wahrscheinlich sind deshalb auch alle die, die POPSTARS gesehen haben, automatisch zu NO 70 ANGELS -Fans geworden.“ Geb.: 02.04.76, Plevem/ Bulgarien Beruf: Sängerin/ Eine faszinierende Wirklichkeit, deren Grundlage darin Tänzerin besteht, dass ein Mitfiebern und sich identifizieren mit den, an Eigenschaften:sehr aufgeweckt, „Mutter ihren Leistungsgrenzen arbeitenden Kandidaten, durch die der Band“ Element: Feuer “Sandy” Mölling unglaubliche Nähe mittels Kamera, (Abb. 8) besonders in den emotionalsten Momenten möglich wurde. Die zukünftige Girlgroup wurde dem Publikum im Verlaufe der Show so vertraut gemacht, dass es im Grunde keine Geheim- nisse gab. So etwas wie den Bandmythos gibt es nicht. Keine Fragen nach woher?, seit wann?, welche Drogen? etc. Transparenz heißt das Stichwort und die Unerreichbarkeit Geb: 27.04.81, Wuppertal eines Stars ist Geschichte, wie von MODERN Beruf: Einzelhan- delskauffrau TALKING zu diesem Thema in der Welt schrieb: Eigenschaften: immer gute Laune, „Der Weg vom Akne geplagten Schüler zum Mädchenschwarm zauberhaftes einer Boygroup ist nachvollziehbar und erhält gerade dadurch Lächeln seinen Reiz. Er spiegelt den Traum von Hunderttausenden von Element: Eis Jugendlichen wieder. Star sein und Star werden ist erlebbar und erreichbar geworden.“71

So stellte sich das Phänomen ein, dass eine Band schon vor dem ersten Song unglaublich viele Fans hatte, die fast zwangsläufig, in die Plattenläden liefen, um die erste Single zu kaufen. Deshalb auch ließen alle an diesem Projekt Mitwirkenden und damit auch Verdienenden „schon vor Veröffentlichung des Songs die Champag-

69 vgl. Interviews auf der No Angels DVD 70 Berliner Zeitung, 31.Okt. 2001 71 Die Welt, 18. Jun. 2002 36 nerkorken knallen: 130000 Vorbestellungen lagen vor. Bis “Nadja” Benaissa (Abb.9) Anfang März verkauften sie insgesamt 760000 Singles.“ 72

DAYLIGHT IN YOUR EYES (HB6), geschrieben von TONY, BRUNO

UND TOMMY BYRNES und produziert von TORSTEN BRÖTZMANN, war der erste große Hit. Dieser war natürlich kein Hit der Band im eigentlichen Sinne – wie auch, sie kannten sich ja erst ein paar Wochen. Der Song, sowie anschließend auch das ganze Geb.: 26.04.82, Frankfurt/ Main erste Album, an dem viele weitere Produzenten wie u.a. Beruf: Schülerin Eigenschaften: NAUTILLUS, NICK HASSEMANN, TOM JACKSON oder TIM umwerfende BRETTSCHNEIDER beteiligt waren, wurde für die NO ANGELS Ausstrahlung und Stimme “maßgeschneidert“. Denn das Einsingen allein war schon Element: Luft Wartezeit genug für die Fans, die ihre Neugierde und den damit verbunden Kaufreiz befriedigen mussten. Dabei interessierte es kaum, dass der Song gelegentlich als “geklaut“ bezeichnet wurde, denn „Tatsächlich ist „Daylight“ schon alt. Victoria Faiella, einst Hintergrundsängerin bei En- rique Iglesias, hatte den Song bereits vorher gesungen, genau wie die amerikanische Techno-Rockband New Life Crisis - beide Versionen floppten.“73 (vgl. HB7)

In jedem Fall war dies der Beginn einer langen (noch immer andauernden) Erfolgsse- rie:

„Als dann auf den Markt kam und auch noch “Vanessa” Petruo ein außerordentlich brauchbares Pop-Liedchen war, da ging die (Abb.10) Rakete sozusagen engelmäßig los: Platz Eins der Charts in Deutschland, Österreich, Schweiz, Goldene, Platin-, Doppel-Platin- Platten – ein Retortenbaby erwacht zum Leben.“74

Allein mit dieser ersten Single und dem Song ATLANTIS (Musik zum WALT DISNEYS Film ATLANTIS – DAS GEHEIMNIS DER VERLO-

RENEN STADT), haben die NO ANGELS einige der begehrtesten Geb: 23.10.79, Preise gewonnen: den BAMBI, den VIVA-COMETEN, einen Berlin 75 Beruf: Studentin ECHO und einen WORLD MUSIC AWARD. Außerdem erhielten Eigenschaften: Jennifer Lopez Typ, sie den TOTP-AWARD () und einen Preis des Ruhepol der Band Radiosenders EINSLIVE. Damit haben sie (bis dann die 2. Element: Erde

72 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, München, 23. Mär. 2001 73 Stern, 26.Apr. 2001 74 Süddeutsche Zeitung, 01. Nov. 2001 75 Der höchste von der deutschen Schallplattenindustrie zu vergebende Preis. Richtet sich einzig nach der Anzahl verkaufter Platten in der jeweiligen Kategorie 37 Staffel folgte) ein Stück Musikgeschichte geschrieben, „600.000 Scheiben der San- gesnovizinnen verkauften sich in einer Woche - der weltweit größte Single-Erfolg seit Elton Johns Candle In The Wind“76. Keine Band war in den vergangenen Jahren in so kurzer Zeit so erfolgreich. ELLE’MENTS heißt das Debüt-Album, welches am 12.03.01 schnell “hinterher geschoben“ wurde und diese Geschichte weiter schrieb: In vier Wochen rund 600.000 und bis heute über eine Millionen verkaufte Alben. Mit dem Stichwort Elements kommt ein Motiv zum Thema, das sich die Produzenten sehr nett zurechtgelegt hatten. So sollen die NO ANGELS die vier (leicht manipulierten) Elemente Feuer, Erde, Luft und Eis (Wasser) darstellen. Da die Band aber fünfköpfig wurde, “erfanden“ die Marketing-Strategen den “Geist“ noch hinzu und gewannen damit attraktive Gestaltungsmöglichkeiten in jeder Hinsicht auf die Vermarktung der Band. Ob diese Idee nicht vielleicht schon existierte, als die Band noch gar nicht “geboren“ war und sie auf die Idee hin zusammengestellt wurde - es dann aber doch fünf wurden, da die Anzahl der Bandmitglieder vorher nicht zwingend festgelegt war - oder ob die Band als Ergebnis feststand und anschließend die Idee “trotz fünfen übergestülpt wurde“ (und ein Element erfand), lässt sich weder so noch so belegen. Das Konzept der Elemente stand fest und daran wurde auch mit fünf Bandmitglie- dern nicht mehr „gerüttelt“. Auch am folgenden Beispiel der Namensfindung wird deutlich, wie “vorgekaut“ die Existenz der Girlgroup war:

„Seit vergangener Woche heißen die fünf POPSTARS NO ANGELS. Bis zum 2. Januar konnten die Fans per Hotline über den Namen abstimmen. Doch bereits seit Weih- nachten gibt es das fertige Plattencover mit dem neuen Namen. Stand der etwa vorher schon fest, wurden die Fans von RTL II mit einer Pseudoabstimmung getäuscht? “Nein“, sagt Peter Lanz, Sprecher der Produktionsfirma Tresor TV: “Seit Wochen ist die Tendenz der Zuschauer zum Namen NO ANGELS eindeutig abzusehen. Die Polydor hat auf Risiko schon einmal Plattencover mit dem Namen gedruckt - hätte sich in den letz- ten Tagen eine andere Tendenz gezeigt, wäre alles eingestampft worden. Es wäre von unserer Seite doch völlig unsinnig, schon vorher einen Namen zu bestimmen, den die Fans gar nicht wollen.“’77

Jedenfalls heißen sie nun NO ANGELS (Elle’ments und Champaign waren die anderen Auswahlnamen) und das sind sie von ganzem Herzen, wie sie immer wieder selber sagen. Für sie ging ein Traum in Erfüllung, auch wenn sich schlagartig ihr Leben und ihr Alltag völlig veränderte: „Es ist ein Glamourleben mit Betreuern, Bodyguards und einer Stylistin, die ihnen die Kleider besorgt. Mit Auftritten und Partys in London und Monte Carlo (...)“(ebd.)

76 Focus, 19. Feb. 2001 77 Die Bunte, 11. Jan. 2001 38 Auf das auffällige „Ritual“, dass die POPSTARS-Bands hauptsächlich von einem harten und stressigen Leben sprechen und in jedem Interview immer wieder betonen, dass eigentlich nicht viel Zeit fürs Feiern bleibt, wird im dritten Kapitel näher eingegangen.

Das Konzept von ROOST-MACIAS ist offensichtlich ein Erfolg - oder sollte von einem

Experiment gesprochen werden, wie SUSANNE FRÖMEL von der BERLINER ZEITUNG es macht,

„Dass das im Fall der „NO ANGELS“ so reibungslos geklappt hat, damit konnte niemand rechnen. Aus Tausenden von Mädchen wurden öffentlich fünf gecastet und dann via Kamera auf den Weg geschickt, die Musikwelt zu erobern. „POPSTARS“ hätte ein reines Experiment sein können, und wenn die Mädchen keinen Erfolg gehabt hätten, dann wäre das kein Misserfolg gewesen, sondern lediglich der Beweis dafür, dass auch Pro- fis sich bei der Auswahl der zukünftigen Stars mal irren können. Aber das wäre eine langweilige Geschichte gewesen. Und zum Glück war es ja nicht so.“78

Fakt ist, dass im November die Konzerttournee - THE FOUR SEASONS TOUR 2002 - ansteht, auf der auch das neue Album NOW US (“der Name ist Programm“ – eigene Songs, mehr Selbständigkeit und weg vom Retortenimage) präsentiert werden soll. Die Tour startet am 07.11.02 in Bayreuth und wird nach 15 weiteren Etappen am 01.12.02 in Göttingen zu Ende gehen. Auch die Wahrscheinlichkeit für eine Aus- landstournee in nächster Zukunft ist gegeben, denn die Musik der NO ANGELS kommt bisher auch im Ausland gut an und mehr Internationalität ist natürlich das große Ziel. Wie folgendes Beispiel zeigt, wird auch in diese Richtung weiter gearbeitet: Für den amerikanischen Markt wurde speziell eine neue Version des Videos zum Song

DAYLIGHT gedreht, da die deutsche, Gerüchten zu Folge, “zu anrüchig“ war. Zum Vergleich befinden sich beide Videos auf der CD im Anhang: VB1 und VB2. Wie es nun um die Zukunft der ersten öffentlich gecasteten Band Deutschlands steht, bleibt spannend, denn bisher musste sich jeder, der der Band keine Erfolge zutraute oder einen schnellen Absturz á la vorhersagte, eines Besseren belehren lassen. Dass die NO ANGELS keine Eintagsfliegen mit einem “One-Hit- Wonder“ sind und sie eine Zukunft haben, ist gewiss, auch wenn schon bei der ersten öffentlichen Präsentation der Debüt-Single verlautete: „Haltet den Moment fest“, hat Roost-Macias seinen Schützlingen damals im Parkcafé gesagt. „Er wiederholt sich nicht.“ Und er weiß: „Irgendwann werden sich seine Ele- mente entfesseln oder Solo-Karrieren anstreben, aus denen dann wie bei den Spice Girls nicht unbedingt etwas wird. Sie werden Fußballstars heiraten, Anwälte oder Dro- gen nehmen, mehr Geld verlangen oder in aller Öffentlichkeit herumkeifen wie einst Tic Tac Toe.“79

78 Berliner Zeitung, 31. Okt. 2001 79 Der Spiegel, 02. Apr. 2002 39 80 „Aber noch nicht. Die NO ANGELS singen, tanzen und rufen, ’Wir lieben euch’.“ Abschließend bleibt noch als aktuellstes Presse- und

Medienereignis zu nennen, dass die NO ANGELS, wahr- scheinlich inspiriert durch das erfolgreiche Swing-Album von ROBBIE WILLIAMS aus dem letzten Jahr, am 02.10.02 ein exklusives Konzert in Berlin gaben. Hierbei wurden ihre

Hits, begleitet von Musikern des RIAS TANZORCHESTERS, live im Big Band Stil der 40er Jahre gespielt und gesungen. Für diese Veranstaltung konnten Eintrittskarten allerdings Abb. 11 nur gewonnen, oder als “VIP“ erworben werden. Für die 81 Fans gab es dann am nächsten Tag bei T-VISION (und zwar nur dort) die Möglich- keit, das Konzert gegen Bezahlung im Online-Stream anzusehen (DSL empfohlen). Geschickter Weise wird noch rechtzeitig vor Weihnachten eine neue DVD erschei- nen, die neben verschiedenstem NO ANGELS-Material genau dieses Konzert als Video- und Audioversion enthalten soll. Mit ein wenig Computerkenntnis war es möglich, den Stream aufzuzeichnen (leider nur den Ton) und so befinden sich diese Stücke auf der CD im Anhang bei den Hörbeispielen im Unterordner “NoA Swing“. Um weiterhin auf dem Laufenden bleiben zu können, empfiehlt es sich, die auf der ofiziellen NO ANGELS Homepage (www.NO-ANGELS.tv) als beste Fan-Seite bezeichne- te Internetseite: www.NOANGELS-NEWS.com, zu besuchen.

2.5.1.1 Die Jury Bei jeder Staffel gab es eine andere Juryzusammensetzung, wobei die Mitglieder immer im Musikbusiness etablierte Persönlichkeiten waren. Es waren jeweils drei, wobei an den Entscheidungen im Verlaufe einer Staffel wesentlich mehr Personen beteiligt waren. So zum Beispiel die jeweiligen Geschäftsführer, Manager oder Pro- duzenten der drei großen beteiligten Unternehmen (TRESOR TV, RTL2, POLYDOR), des weiteren die Tanz-, und Gesangstrainer auf den Abschlussworkshops und ab der 3. Staffel auch das Publikum in einem (zumindest offiziell so dargestelltem) erheblichen Maße. Die Aufgaben der Jurys waren denkbar schwer, denn anfangs musste inner- halb weniger Sekunden ein Urteil fallen und auch später wurden die Entscheidungen

80 Berliner Zeitung, 31. Okt. 2001 81 vgl. www.t-vision.de 40 den Mitgliedern nicht einfach gemacht, da sich sehr viele wirklich talentierte Kandida- ten “ansammelten“. Über die einzelnen Kriterien, die dabei eine Rolle spielten, wurde überall diskutiert und so werden diesbezüglich im Laufe dieses Kapitels viele unter- schiedliche Ansichten heraus gestellt. Es lässt sich jedoch klar sagen, dass es sich in erster Linie um zwei Hauptmerkmale ging. Das war der Gesang und der Tanz. Da die Bandmitglieder auf der Bühne nur mit der Stimme als Instrument stehen, bekommt das Tanzen eine hohe Gewichtung. Schon seit den ersten Boy- und Girlgroups ist die Bühnenshow, sprich eine Tanzchoreographie zum festen Pflichtbestandteil dieser Gruppen geworden. Verstärkt durch das Aufkommen und die Verbreitung der Sport- art Jazzdance, wird immer mehr Wert auf komplexe Bewegungsabläufe gelegt.

Spätestens seit in den Tanzschulen WHIGFIELD’S Hit SATURDAY NIGHT (HB8) aufgelegt wurde und sich alle in Aufstellung für den Gruppentanz begaben, wird von den Bands mehr und mehr “Bühnentanzaction“ erwartet. Deshalb waren die Erwartungen an die Kandidaten sehr hoch und die Jury begutachtete sie im Hinblick auf ihr tänze- risches Können sehr genau. Hierzu nutzen die Jurymitglieder einen Monitor, der auf dem Tisch vor ihnen stand. Die Kandidaten, festgehalten von einer der vielen Kame- ras vor Ort, wurden damit auf ihre Fernseh- und Kameratauglichkeit geprüft. Der Kandidat wurde oft mehr durch diesen Monitor betrachtet, als in natura, selbst wenn er sich gerade zwei Meter vor dem Tisch befand. Die Bühnenpräsenz ist demnach ein wesentlicher Faktor bei der Beurteilung und so kam es auch oft genug vor, dass Kandidaten auf Grund der äußerlichen Erscheinung aussortiert wurden. Sie mussten ins Konzept passen, was für die Jury eins der größten Probleme darstellte. In wiefern die Jurys alleinige “Entscheidungsmacht“ hatten, oder in welchem Maße die Produzenten ihre Meinungen und Vorstellungen vorgaben, lässt sich zwar vermu- ten, aber schwer im Detail belegen. Anhand eines exemplarischen Vorkommnisses im Verlauf der 2. Staffel, wird jedoch vieles über die Arbeit der Jurys verständlicher und Vermutungen oder vorwurfsvolle Behauptungen werden zum Teil bestätigt. (vgl. Kapitel 2.6) Außerdem machten die Verantwortlichen selten große Geheimnisse daraus, dass Entscheidungen oft auch anhand „vermarktungstechnischer“ Kriterien gefällt wurden, wozu der Spiegel im April dieses Jahres schrieb: „Wichtiger als eine gute Stimme scheint für ein Talent die Biegsamkeit im Sinne der Plattenindustrie zu sein. Man dürfe das ‚Marketingkalkül’ der Sendung nicht vergessen, sagt Produzent Roost-Macias. Am Ende stehe schließlich ein Star, der ‚über vier Plat- ten maximal fünf Jahre an uns gebunden ist’.“82

82Der Spiegel, 08. Apr. 2002 41 In der ersten Staffel hatten vorrangig die folgenden drei Personen die achtbare Aufgabe, über Schicksale zu entscheiden:

• SIMONE ANGEL, die am 25.12.1971 in Woerden/Holland geboren wurde entschied sich bereits mit 12 Jahren, ihre Träume (Leidenschaft für die Show) zu verwirklichen, fuhr per Anhalter zu Proben durch Holland, trat in Werbesen- dungen auf und finanzierte sich so über vier Jahre Tanz-, Abb. 12 Gesangs- und Schauspielkurse. „Ihr Durchbruch im Fern-

sehen kam mit MTV EUROPE im Dezember 1990, wo Simone als jüngster Video- Jockey überhaupt - sie war gerade erst 18 - Musikclips präsentierte.“83 Sie mode- rierte von da an verschiedene Musikshows, Festivals oder Wettbewerbe und ihre Auftritte in deutscher Sprache schockierten zwar zuerst, erhielten jedoch mit der Zeit immer größere positive Resonanz. Heute lebt sie in London und schreibt un-

ter anderem eigene Songs wie WALK ON WATER oder LET THIS FEELING (HB9), die bei A&M erschienen sind.

• Der 1962 in Hamburg geborene RAINER MOSLENER ent- schloss sich, geprägt durch seinen Vater, „kurz vor dem Abitur, eine Lehre als Verlagskaufmann bei den internatio-

nalen Musikverlagen HANS SIKORSKI in Hamburg zu absol- vieren.“(ebd.) Nach verschiedenen Stationen als Konzert- veranstalter und Tourneen mit renommierten Künstlern wie Abb. 13 GEORGE MICHAEL wechselte er in die Tonträgerindustrie 84 und wurde zum Senior A&R Manager bei der Plattenfirma POLYDOR. Damit saß nützlicher Weise auch jemand in der Jury, der die Vorstellungen der Plattenfirma direkt steuern konnte. „Wir als Plattenfirma wollen einen langfristigen Act aus den 85 Mädchen machen, den wir über Jahre hinweg betreuen möchten“ sagt MOSLE-

NER gegenüber der TAZ auf die Frage nach lauteren Absichten, die dem Konzept zugrunde lägen. Seit Mitte dieses Jahres ist er, sowie der langjährige frühere Ge-

schäftsführer von POLYDOR JÖRG HELLWIG, bei der EDEL MUSIC AG tätig.

83 RTL2 Pressemitteilung vom 08.09.2000 84 A&R Manager steht für Artist & Repertoire Manager; er übernimmt das Singing (hört sich Demos an, nimmt Bands unter Vertrag, etc.); der A&R ist die Verbindung zwischen den Künstlern und der Firma 85 TAZ, 16. Jan. 2001 42 • Am 16. Juli 1959 erblickte MARIO M. MENDRZYCKI in Mün- chen das Licht der Welt und genau diese, so hat er sich zum Ziel gesetzt, möchte er in seinem Leben mit Künstler-

größen auszustatten. MENDRZYCKI spricht, nach absolvier-

tem AMERICAN HIGH SCHOOL DIPLOMA an der Internationa- len Schule in Percha am Starnberger See, fließend eng- Abb. 14 lisch und war nach seinen ersten Managementtätigkeiten

für ARIOLA als A&R international unter anderem für TINA TURNER, PINK FLOYD oder

DAVID BOWIE im Hause EMI zuständig. Er war 1986 Mitbegründer des Labels

MSA RECORDS, ist als Tourmanager für verschiedene Künstler ständig in Europa unterwegs und ist seit 1998 Geschäftsführer des Konzertveranstalters MAMA

CONCERTS & RAU in München. Zum Projekt POPSTARS sagt er: „Was wir hier ma- chen, ist traditionelles artist development , weil wir von Anfang an gesagt haben, wir wollen kein Plastikprodukt, right ?”(ebd.) und gegenüber den Stuttgarter Nach- richten spricht er vom „größten Musikcasting[s], das es in Deutschland je gege- ben hat“,86

2.5.1.2 Erfolge weiterer Workshopteilnehmer (1)

Die NO ANGELS waren aber nicht die einzigen, denen das Projekt zu einer Karriere verhalf. Von den elf Teilnehmern des Abschlussworkshops auf Mallorca, haben folgende Künstler ebenfalls mehr oder weniger erfolgreiche Wege in die Musikbran- che gefunden:

• CORINNA alias CURLY, ist mittlerweile in jedem CD Regal zu finden, denn sie hinterließ auf dem Workshop bei dem „erfahrenen Erfolgsproduzenten Leslie Mandoki einen bleibenden Eindruck. Er lädt sie ein in seine Tutzinger Park Studios, in denen neben vielen Weltstars und erfolgreichen Jungstars (...) von Phil Collins bis Jeanette Biedermann - auch das erste NO ANGELS- Album produziert wurde.“87

Er hat den Song DON’T WALK AWAY für sie geschrieben, welcher im Dezember 2001

veröffentlicht und für das Album STARS INSPIRED BY ATLANTIS zum WALT DISNEY

“Feature-Movie“ ATLANTIS ausgewählt wurde. Auf diesem Album befindet sich e-

benfalls der Atlantis Titelsong, der von den NO ANGELS gemeinsam mit

86 www.noa5.com/html/report/onlinestories/stuttgarterstory-000916.html 87 www.curly-music.de/content/curly.asp?lang=DE&content=bio 43 eingespielt wurde. Am 23.09.02 kam CURLYS Debutalbum NATURAL auf dem von

LESLIE MANDOKI neugegründeten Musikerlabel PAROLI RECORDS heraus.

• FRANKA moderiert momentan das Programm BERNIE & CO beim Sender BTV, was zwar keine Musikkarriere im eigentlichen Sinne darstellt, aber die Karrieren so

mancher Viva-Moderatoren sind ja bekannt (zum Beispiel rapt MILKA in dem Song

GIRL 4 A DAY von der BAND OHNE NAMEN, der derzeit in den Top20 der Deutschen

Single Charts steht) und so bestehen für FRANKA die besten Startmöglichkeiten.

• Des weiteren beim Abschlussworkshop dabei gewesen, ist FRANZISKA FRANK, Studentin der Universität Bremen, die gegenüber Telezoom (einem Bremer 88 Newsportal ) ein Interview zum Thema POPSTARS gab, in dem sie kurz über den Ablauf der Castings und den Workshop auf Mallorca berichtet (vgl. HB10). Heute

bildet sie zusammen mit JUANA aus Lörrach das Duo FRESH ’N JUICY. Den Song

LIFE IS WHAT YOU MAKE IT des Berliner Produzenten DAVID BRUNNER (REAL MC-

COY, MOFFATS, E NOMINE), sangen sie schon auf Mallorca und nachdem sie nicht in die Girlband kamen, wurde er doch zu ihrem Schicksal. Die stimmliche Qualität

der beiden Girls ist MOSLENER nicht entgangen und er gab FRANZISKA FRANK seine Visitenkarte: „Er meinte ich dürfe ihn einmal anrufen, vielleicht ergibt sich die Ge- legenheit für Probeaufnahmen im Tonstudio.“89 Nachdem sie ihn mit anrufen lö-

cherte, wurde der Song später tatsächlich gemeinsam mit JUANA unter der Regie

von BRUNNER und seinem Team aufgenommen und seit März 2001 ist die Single (HB11) im Plattenladen erhältlich. „Den Namen haben wir uns ausgedacht, als wir in Berlin über den Markt gingen und die Früchte alle so lecker und frisch und saftig aussahen. Den kann man sich auch leicht merken: „F“ wie Fresh für Franziska und „J“ wie Juicy für Juana.“(ebd.)

2.5.2 BRO’SIS (POPSTARS, STAFFEL 2)

So wie immer und überall, ist es in dieser Branche erst recht - was Erfolg hat wird wiederholt und zwar mindestens einmal. So startete die 2. große Castingrunde am 27. Juli 2001 im Kölner Maritim Hotel mit über 2000 Teilnehmern. Insgesamt nahmen mehr als 11000 Jungen und Mädchen an dem bundesweiten Vorsingen teil. Es wurden vier, fünf oder sechs Leute gesucht, die singen, tanzen und „gut aussehen“ können, mit dem Ziel, diesmal eine gemischte neue Popband auf den Markt zu bringen. Ab Juli 2001 war eine Hotline geschaltet, über welche die genauen Locati-

88 www.n28.de 89 www.polydor.de/pop/acts/natio/art_tmp/fresh-juicy-biografie.html 44 ons90 für die Castings zu erfahren waren. Die erste große Hoffnung für alle war auch hier wieder der Recall, der die Teilnehmer soweit brachte, auszuprobieren ob die Figur schlank und die Stimme geschmeidig genug sei, um auch die Maschen des nächsten Siebes zu passieren. Jeden Dienstag und Sonntag Abend um 20.15 Uhr sollte ab dem 11. September 2001 (wurde aus bekanntem Grund um zwei Tage verschoben) in 28 Folgen erneut gezeigt werden, was fast genau ein Jahr zuvor schon so viele Zuschauer fesselte – diesmal mit doppelt so langer Sendezeit. Wäh- rend gerade die ersten Vorcastings für diese zweite Staffel liefen, stiegen die NO

ANGELS mit ihrem Song THERE MUST BE AN ANGEL (HB11)von null auf eins in die deutschen Single-Charts ein und KATJA HOFEM-BEST, die bei RTL2 als Leiterin im

Bereich Show & Magazine für das Format POPSTARS verantwortlich ist, bringt es noch ein mal auf den Punkt: „POPSTARS ist für RTL II weit mehr als eine erfolgreiche Doku-Soap. Alle Beteiligten haben mit ganzem Herzen etwas Einzigartiges geschaffen. Dafür möchten wir uns bei den fünf Mädchen selbst, unseren Partnern, insbesondere aber allen Fans ganz herz- lich bedanken.“91

Nicht nur diese Erfolge tragen nunmehr zu dem großen Ansturm auf die neuen

Castings bei, denn POPSTARS wird zum Beispiel auch im selben Monat für den Deut- schen Fernsehpreis 2001 in der Kategorie Beste Unterhaltungssendung (neben der

HARALD SCHMIDT SHOW [die ihn später auch erhielt] und der JOHANNES B. KERNER

SHOW) nominiert. Diesbezüglich sagt JOSEF ANDORFER, Geschäftsführer von RTL II: „POPSTARS finden unsere jungen Zuschauer megageil: Der enorme Zuspruch der Castings für die zweite Staffel zeigt, POPSTARS begeistert und zieht die jungen Musik- und Showtalente geradezu magisch an. Wir freuen uns, dass auch die Jury des Deut- schen Fernsehpreises die einmalige Qualität dieses Formats erkannt hat.“92

In der zweiten Staffel lief sonst gewissermaßen alles wie zuvor schon einmal: Casting über Casting, scheidende Kandidaten, Emotionen pur, heiße Diskussionen in allen Fan-Foren, Abschlussworkshop, Mitteilung der Ergebnisse, Tanztraining, Ab- schied von zu Hause, Videos vom ersten Studiotag, Bekanntgabe des neuen Band- namens, Beziehen des gemeinsamen Hauses, neues Styling, erste Pressekonfe- renz, Fotoshootings, vorbestellte CDs, etc. So kam es, dass sich das erste Produkt der zweiten Generation POPSTARS, die Single I BELIEVE, bereits nach einer Woche über 800.000 mal verkaufte, damit sämtliche Charts stürmte und den Traumstart der

90 Location (Jargon) 1. Örtlichkeit, Lokalität. 2. Drehort im Freien (Film), Duden 1999. 91 RTL2 Pressemitteilung vom 23.08. 2001 92 RTL2 Pressemitteilung vom 11.09. 2001 45 93 NO ANGELS noch übertraf. Der Song wurde vom Jurymitglied und Erfolgsproduzent

ALEX CHRISTENSEN (vgl. Kap. 2.5.2.1) genau auf die Band zugeschnitten – VB3. Der

Pressesprecher STEFAN HARTMANN von der Plattenfirma POLYDOR sagte zum Ver- kaufserfolg: „Das hat vorher so noch keiner geschafft. (...) Über diesen Rekord waren wir alle überrascht.“94

BRO’SIS heißt die neue Band, deren Name (abgeleitet von Brother und Sister) - per E-Mail von den Zuschauern “gevotet“ werden konnte. Zur Auswahl standen außer- dem “Nubis“ und “The Gang“. BRO’SIS sind die übrig gebliebenen 0,05 Prozent von allen Bewerbern der 2. Staffel. Alle sechs verfügen, wie ihre Lebensläufe zeigen, über reichlich musikalische Vorerfahrungen und sind durch das Bestehen des Ab- schlusscamps gegen die 33 Mitstreiter auf Ibiza und mit einem starken Majorlabel im Rücken für ein Bestehen auf dem harten Markt der Popbands ausreichend gewapp- net. Dass alle Kandidaten, die bei dem letzten Workshop dabei waren, hohe künstlerische Qualitäten sowie jede Menge Talent besaßen und die Auswahl für die Jurys äußerst qualvoll war, zeigt das folgende Beispiel: Statt, wie geplant, bereits im Verlauf des Workshops die endgültige Besetzung der Band festzulegen, lud die Jury acht Bewer- ber (definitiv mehr als geplant) ins Münchener „Bandloft“ (Gemeinschaftswohnung der Band) ein. Erst nach fünf weiteren Tagen, in denen sie in Wohngemeinschafts- atmosphäre beobachtet wurden, konnte sich die Jury von zwei Kandidaten trennen.

Dazu „DEE!“ aus der Jury: „Das Potential der Bewerber war einfach so groß, dass jede frühere Entscheidung zu Gunsten einer Bandkonstellation, die falsche hätte sein können!“95

BRO’SIS (von links siehe Abb.15, mit den Charakterbeschreibungen aus der SÜD- 96 DEUTSCHEN ZEITUNG zum ersten Presseauftritt der Band ):

93 vgl. www.polydor.de 94 www.hechingen-hohenzollern.de/BroSis/Erfolge/hauptteil_erfolge.html 95 www.emipublishing.de/html/22.html 96 Süddeutsche Zeitung, 15. Nov.2001 46 “Indira“ (Verena) Weiß, 1979 / Groß-Gerau; gecastet in Frankfurt „absurd toupiert, ein Girlie macht den Vamp“ “Ross“ (Anthony), 1977 / Bridgenorth (England); gecastet in Köln „der aussieht wie der Sohn von Wolfgang Joop“ “Faiz“-Kevin Mangat, 1980 / Köln; gecastet in Köln „der Prolo mit Gefühl“ “Hila“ Bronstein, 1983 / Tel Aviv (Israel); gecastet in Frankfurt „die Jüngste, süß, aber auch verrucht“ “Shaham” Joyce, 1978 / Fort Carson (USA); gecastet in Stuttgart „charmant und unverschämt, dem kann niemand böse sein ” “Giovanni” Zarella, 1978 / Hechingen; gecastet in Stuttgart „der sanfte Macho“

„Die sechs Bro’Sis-Mitglieder sind ebenso cool wie gefühlvoll, ebenso professionell wie authentisch und trotz ihres beeindruckenden Durchmarsches in die Band exakt so fest mit beiden Beinen auf dem Boden wie vor Beginn der Castings.“97

Der erste Presseauftritt in München am 13.11.01 war eine perfekte Inszenierung und „auf jeden Fall ein Ereignis von bundesweiter Bedeutung, weshalb sie aus ganz Deutschland hier hergekommen sind, von Zeitungen und Zeitschriften, Radios und Fernsehsendern.“98

In ihrem bisherigen Werdegang konnten BRO’SIS, entgegen allen Kritikern, die NO

ANGELS oft noch übertreffen. I BELIVE hielt sich fünf Wochen lang auf Platz eins der deutschen Single-Charts und wurde innerhalb von drei Wochen 1.000.000 mal verkauft. Das Album NEVER FORGET (WHERE YOU COME FROM), spiegelt wider, dass

BRO’SIS ihre Wurzeln nicht vergessen wollen und hält eine ganzheitliche Linie durch. „Egal ob schmusig oder tanzbar, hiphopig muss es sein und R’n’B-lastig sowieso.“99

Zum Gelingen dieses Werks haben hochkarätige Gäste oder Produzenten wie ALEX

CHRISTENSEN, THORSTEN BRÖTZMANN, DAVID BRUNNER, MIRKO VON SCHLIEFEN, SYNDI- 100 CATE , AVENUE MUSIC und JOHN EATON beigetragen.

Als Bundespräsident JOHANNES RAU die Bandmitglieder am 31.01.02 als Sonderbot- schafter im bundesweiten Wettbewerb zur Integration von Zuwanderern begrüßte,

97 www.polydor.de/pop/link-brosis.html 98 Süddeutsche Zeitung, 15. Nov. 2001 99 www.prosieben.de/filmdb/index.php?cd_id=290 100 www.polydor.de/pop/acts/natio/art_tmp/brosis-album.html 47 sagte er: „Die sympathischen Bandmitglieder seien ein hervorragendes Beispiel für erfolgreiche Integration. Ihre Familien kommen aus sechs verschiedenen Län- dern.“101 Sie sind in Deutschland aufgewachsen, und ihre Musik begeistert die jun-

gen Leute im ganzen Land. BRO’SIS werden mo- Abb.16 mentan immer wieder in unterschiedlichen Zeit- schriften zum Thema gemacht, sie sind auf den verschiedensten Musikveranstaltungen oder bei Fernsehshows vertreten, empfangen Auszeich-

nungen, wie zum Beispiel den VIVA-MEDIENPREISE 102 COMET 2002 als bester nationaler “Newcomer“

oder sie sind auf ihrer NEVER FORGET TOUR 2002 in Deutschland unterwegs. Eins von vielen weiteren außermusikalischen Aktivitäten und Geschehnissen rund um BRO’SIS ist zum Beispiel, dass Indira (gemeinsam mit

Tobi Schlegl) im September 2002 von über 40000 Lesern der Zeitschrift BUNTE zum “Trendsetter des Jahres“103 gewählt wurde.

Der Kreis zwischen ROOST-MACIAS’ POPSTARS-Zöglingen schließt sich nicht nur in den Schlagzeilen um die Liebesbeziehung zwischen GIOVANNI (BRO’SIS) und VANES-

SA (NO ANGELS) - die zur Zeit durch die “Teeniezeitschriften“ kursieren - sondern zum Beispiel auch im ersten gemeinsamen Konzert der beiden Bands in Hannover. Am

15. März 2002 gaben sie anlässlich der Eröffnung des Breitbandportals T-ONLINE-

VISION ein exklusives gemeinsames Konzert, welches die T-Online-User live über das Internet verfolgen konnten. (Karten gab es dafür nicht zu kaufen, da es sich um eine geschlossene Veranstaltung handelte.)104

Nach den NO ANGELS haben es BRO’SIS mit Hilfe vieler engagierter Produzenten und der Kaufkraft der Fans, die nicht nur die Sendung regelmäßig verfolgten (durch- schnittlicher Marktanteil in der Kernzielgruppe der Fernsehzuschauer bei 21,1 %105), sondern in der Konsequenz die CDs in so großen Mengen kauften, geschafft.

„Das vermeintliche Manko von BRO’SIS, der Stempel eine „Retorten-Band“ zu sein, ist ihre eigentliche Stärke. Insbesondere der knallharte Workshop hat die sechs neuen

101 www.rp-online.de/news/journal/2002-0130/brosis.html 102 www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2010817,FF.html 103 Der "new faces award" ist nach Angaben des Burda Verlags der größte Preis für Nachwuchsstars in Deutschland. Er wird seit dem Jahr 1998 vergeben, die Kategorie "Trendsetter" gab es in diesem Jahr zum ersten Mal. (www.burda.de) 104 vgl. www.t-vision.de 105 vgl. Anhang, Datei: "Popstars – Übersicht Einschaltquoten.xls" 48 POPSTARS zu einer Familie zusammengeschweißt. Lagerkoller, Streitereien und Neid – wie sie viele „gewachsene“ Bands auf ihrer ersten gemeinsamen Tour oft leidvoll, manchmal mit tragischem Ausgang erleben – sind bei BRO’SIS ausgeschlossen. Sha- ham, Hila, Giovanni, Ross, Faiz und Indira arbeiten seit Jahren daran einmal auf der Bühne zu stehen und ziehen wie eine Familie an einem Strang: Sie leben ihren Traum, den Traum vom Leben als Popstar!“106

2.5.2.1 Die Jury Auch in der zweiten Staffel waren es wieder drei Persönlichkeiten aus dem Musikbu- siness, die in den verschieden Städten und beim Workshop das Weiterkommen oder die Verabschiedung beschlossen. Doch diesmal verlief nicht alles nach dem „großen Plan“ (wie es die Berliner Zeitung nannte)107, denn ein Jurymitglied legte mitten im Verlauf der Sendereihe seine Arbeit nieder. Doch bevor die Gründe näher erörtert werden, bedarf es einer Vorstellung der Jurymitglieder.

• Mit DETLEV “DEE!“ SOOST (Mitte der Abb., nächste S.) wurde in der zweiten Staffel

ein bekanntes Gesicht aus der ersten eingesetzt. Er ist der Choreograph der NO

ANGELS und hat die Tanztrainings auf beiden Workshops geleitet. „Mit seinen Trainingsanleitungen hat der Tanztrainer einen maßgebenden Anteil am Erfolg

der letztjährigen Popstars-Band. Bereits seit 1996 gehört „DEE!“ zu den führenden 108 Choreografen Deutschlands.“ Der „Workaholic“(ebd.) hat parallel zu POPSTARS sein eigenes Coach & Casting Center in Berlin eröffnet, in dem mittlerweile schon

zahlreiche Künstler (u.a. BAND OHNE NAMEN, , SCOOTER, FRESH’N 109 JUICY, MELANIE THORNTON und natürlich BRO’SIS) ein Training erhielten. Dabei geht es um Videotraining, Kamerapräsenz, Koordination, Performance Fashion, Interviewtraining und vieles mehr. Auf seiner Homepage (www.xxl- eventservice.de) kann sich jeder Interessierte für einen Danceworkshop anmel- den und bei entsprechendem Talent und mit der Absicht, eines Tages auf der Bühne zu stehen in dem Casting Center die richtigen Kontakte knüpfen.

• „DEE!“, am 02.07.1970 in Berlin geboren, begann mit 13 Jahren das Tanzen,

gewann mit seinen bevorzugten Tanzrichtungen von JAZZ- und STREETDANCE bis

zum HIP-HOP zahlreiche Titel bei nationalen und internationalen Wettbewerben und choreographierte bereits mit 17 Jahren kleinere Shows, Events oder getanzte Modenschauen.(ebd.) Seine professionelle und ehrliche Arbeitsweise - „Lieber

106 RTL2 Pressemitteilung vom 12.11. 2001 107 vgl. Berliner Zeitung 31. Okt. 2001 108 www.rtl2.de/POPSTARS/ 109 vgl. www.xxl-eventservice.de 49 werde ich von den Leuten, die ich coache, für meine Härte gehasst, als dass ich sie nicht an ihre Leistungsgrenze bringen kann und sie nicht alles geben“110 – ist, genau wie seine Ergebnisse, sehr sehenswert. Deshalb ist ein Blick auf die DVD

MAKING OF A BAND PART 2, die diese Arbeit (beispielsweise die Vorbereitung von

BRO’SIS auf ihren ersten Pressetermin) ausführlich dokumentiert, sehr loh- nenswert.

, heute einer der „Top Erfolgsprodu- zenten“ Europas, begann mit 16 Jahren als DJ in die Musikszene hineinzu- schnuppern, produzierte Abb. 17 schon vier Jahre später sei-

ne ersten Musikstücke und schaffte als er 24 war, mit (DAS BOOT) seinen Durchbruch: 38 Wochen in den deutschen Charts und in acht Ländern Top-5- Single und etablierte damit den Techno-Sound als Chartmusik.111 Als Produzent

und Komponist bewies er sich unter anderem für MARKY MARK, TOM JONES, ’N

SYNC, und HERBERT GRÖNEMEYER. Er wurde seit 1992 zehn mal für den Echo nominiert. „Seine Verkaufsbilanz bis heute liest sich Schwindel erregend: 19 Millionen Singles, 5 Millionen Alben, 80 Millionen Compilations. Alex Christensen arbeitet nach einem strengen Motto: ‚Immer versuchen, besser zu sein, als der zur Zeit Beste’.“(ebd.)

CHRISTENSEN produzierte die Hitsingle I BELIVE für BRO’SIS und „sieht in der ‚Street Credibility’ die große Stärke der neuen Stars: ‚Das Bro’Sis gecastet wurden stellt doch keinen Gegensatz zu ihrer Glaubwürdigkeit dar - auch Ringo Starr kam durch ein Auswahlverfahren zu den Beatles’.“112

Seine Songs, waren immer für eine hohe Chartposition gut, genau wie die Neu-

auflage des Songs RHYTHM OF THE NIGHT (HB13), den er mit einer Kandidatin des Abschlussworkshops der 2. Staffel produzierte. (vgl. nächstes Kap.)

110 www.berlinonline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/ 2002/0107/ lokales/0043/ 111 vgl. www.alexc-online.de 112 www.welt.de/daten/2001/11/15/1115bg295881.htx 50 • Die am 29.10.1973 geborene NOAH SOW, war in Deutschland bis dato als

Radiomoderatorin bei EINS LIVE bekannt. Schon seit 1990 ist sie ebenfalls als Sängerin und Songwriterin aktiv und genießt Ansehen weit über Deutschland hinaus, da sie mit vielen internationalen Künstlern und Produzenten zusammen

arbeitet. Außerdem hat sie den Verein DER BRAUNE MOB E.V, der den Untertitel “schwarze Deutsche in Medien und Öffentlichkeit“ trägt, ins Leben gerufen und ist vielseitig um eine sozialere Gesellschaft bemüht.113 Als sie ihre Arbeit in der Jury begann, ahnte sie nicht, was sie in den nächsten Wochen auslösen würde und antwortete im RTL2-Chat auf die Frage, „Worauf sollst Du als Jurymitglied bei den Kandidatinnen und Kandidaten besonders achten?“ mit: „’Sollte?’ Ich bin hier nur mir selbst verpflichtet. Ich achte auf Gesang und Sympathie.“114 Doch dies schien

sich als Trugschluss herauszustellen. NOAH SOW verließ die Jury vorzeitig wäh- rend des abschließenden Workshops auf Ibiza und sorgte anschließend für Schlagzeilen, da sie „einige sehr unappetitliche Dinge zu berichten wusste“.115 Sie hatte kurz nach ihrem Ausstieg eine E-Mail an ihre Freunde geschrieben, um das Geschehene zu schildern. „In ihrem aktuellen Newsletter, der im RTL-II-Online-Forum zu den Popstars immer wieder gelöscht wurde, schimpfte Sow, das ganze Auswahlverfahren sei ‚völlig daneben, überflüssig und charakterlos’. Aber Tränen brächten ‚bekanntlich Quote’. Produzent Holger Roost-Macias kündigte inzwischen juristische Schritte gegen die Vorwürfe an.“116

Dieser Text zog schnell seine Kreise und ist, heute unter anderem im Forum 117 von STERN TV (www.stern.de) zu finden. Die Ereignisse rund um diesen Brief werden im Kapitel 2.6 näher untersucht.

2.5.2.2 Erfolge weiterer Workshopteilnehmer (2) In der zweiten Staffel waren die Produzenten erneut sehr aufmerksam und haben sich gegebenenfalls die Talente ausgesucht, die es nicht in die Band schafften aber doch für eine Vermarktung geeignet schienen. Damit bot sich für diese Teilnehmer die Chance, ihren Traum von einer Karriere als Popstar doch noch zu verwirklichen.

113 vgl.www.noahsow.de 114 www.rtl2.de/POPSTARS/ 115 Süddeutsche Zeitung, 15. Nov. 2002 116 Spiegel, 19. Nov. 2001 117 www.stern.de/forum/read.php?f=99&i=9915&loc=0&t=9915 51 • YASMIN KNOCK heißt die junge Sängerin, mit der ALEX CHRISTENSEN den Song

RHYTHM OF THE NIGHT (HB13) neu auflegte. Sie wurde auf der karibischen Insel Santa Lucia geboren und wuchs in Hamburg auf. Dort singt sie schon seit ca.

1997 professionell (unter anderem im Musical BUDDY HOLLY, das bis 2001 in Hamburg lief), hat eine eigene Band und komponiert eigene Stücke an Klavier

und Gitarre. CHRISTENSEN sagt über sie: „Sie hat die bei Weitem beste Stimme, 118 die ich in vergangener Zeit gehört habe.“ Von „YASMIN K.“ wird in Zukunft wahr- scheinlich wieder zu hören sein, denn der Großteil der Künstler, die bisher mit

CHRISTENSEN zusammengearbeitet haben, kann sich heute durchaus als Star be- zeichnen.

• “JHONNY“ und “SENAD“ sind vorerst bei der EPARK MUSIC PRODUCTION GMBH unter- gekommen. Sie unterstützen dort das Projekt L.I.T.M., hinter dem das Konzept steht, „mit verschiedenen, wechselnden Künstlern Songs aus allen Epochen der Musikgeschichte oder auch neue Kompositionen aufzunehmen, die alle ein Sta- tement gegen Gewalt, Rassismus, Unterdrückung etc. zum Inhalt haben.“119 Die Abkürzung L.I.T.M. steht für „Love is the Message“ und ist begründet auf der Re- frainzeile des Soul-Pop-Klassikers, der 1990 weltweit in den Charts vertreten war.

Der Produzent AXEL BREITUNG ist für die neue Single verantwortlich und könnte damit für die beiden Münchener den Startschuss für eine musikalische Karriere gegeben haben.(vgl. ebd.)

• “MEIKO“, der es ebenfalls nicht ganz schaffte, gab in einem Onlinemagazin

(SCHLAGWORT) ein ausführliches Interview und gibt nicht nur Einblicke in die Ar- beit hinter den Kulissen, sondern erzählt auch, dass er verschiedene Angebote

aus der Musikszene erhalten habe - unter anderem ein Filmangebot von TRESOR

TV. Er sagt, dass er im Laufe des Workshops immer unsicherer wurde, ob diese Band tatsächlich das Ziel seiner Träume wäre: „Popstar werden wollte ich schon unbedingt, aber nicht um jeden Preis. Und wenn Popstar werden bedeutet, ich muss meinen Verstand abschalten und die nächsten 2 bis 3 Jahre wie eine Marionette funktionieren, kann ich darauf verzichten.“120

• Als letzte erwähnenswerte Kandidatin bleibt noch SAFIYE. Sie hat mit dem Stück

BANG TO THE BEAT - GROOVECULT FEAT. SAFIYE (HB14) in der Dancefloor-Szene

118 www.alexc-online.de 119 www.art-work-net.de/epark/img_art_bios/epark_bio_l.i.t.m..doc 120 www.schlagwort.net/vip/01.php 52 121 einen markanten Hit gelandet. Hinter GROOVECULT verbirgt sich der Frankfurter

Produzent MARCUS MOHR, der sie als sehr viel versprechendes Gesangstalent

bezeichnet. WESTNETREC (das Label) hat dieses Potential verstanden und sich den Act als Debüt-Release gesichert122. Der Titel ist neben der Single auch auf

dem Sampler JUST THE BEST 4/2000 (Vol. 26) erschienen.

2.5.3 PIERRE (TEENSTAR, STAFFEL 3)

Der „dritte Streich“ - die dritte Staffel und diesmal Teen- statt Popstar. „Wir bauen den Erfolg von Popstars weiter aus. Entscheidend sind die Erfolge, die wir mit Popstars erzielen, aber auch die starke Nachfrage unserer jungen RTL II- Zuschauer nach einem Angebot, das auch auf sie zugeschnitten ist. Mit Teenstar tra- gen wir dem Rechnung!“123,

sagte der RTL2 Geschäftsführer JOSEF ANDORFER. Heute ist bekannt, dass die Quo- ten der dritten Staffel weit hinter denen von Popstars liegen, aber dennoch war der 124 “Trubel“ rund um TEENSTAR enorm. Gesucht wurden jetzt keine Mitglieder für eine ganze Band, sondern ein Einzelkünstler. Zwischen 13 und 19 Jahre alt durften die männlichen oder weiblichen Bewerber sein, denen es aber nicht so leicht gemacht wurde, an einem Casting teilzunehmen, wie jeweils zuvor. Ein ausgefüllter, unterschriebener Bewerbungsbogen (vgl. Anhang A1) und wenn möglich ein Video (sonst mind. Audio) mit einem eingesungenem Song mussten eingeschickt werden. Davon gingen im Bewerbungszeitraum Anfang Febru- ar bis 8. März 02 insgesamt rund 6.200 ein. Zirka ein Drittel inklusive Videobändern, der Rest mit Audiokassetten und selbst gebrannten CDs. Zusätzlich fand eine lokale Bewerbungstour in fünf deutschen Städten statt, bei der das Angebot der Aufnahme einer individuellen Videobewerbung bestand. Dadurch kamen weitere 718 Bewer- bungen zustande. Etwa 2/3 aller Bewerbungen waren Mädchen und 150 kamen aus dem deutschsprachigen Ausland.125 Von nun an hatte das Expertenteam (es hieß jetzt nicht mehr JURY) die Aufgabe, aus allen (knapp 7.000) Bewerbern die 200 besten herauszufiltern, die zu den Auditi-

121 www.nosilence.de/special/westnetrecsz.htm 122 www.poolpromotion.com/interviewdetail.cfm?int_id=44 123 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH 01. Mär. 2002 124 vgl. Pressetexte RTL2 125 vgl. Statistik zu TEENSTAR aus der TEENSTAR Pressemappe 53 ons126 eingeladen wurden. Das Neue und Besondere an dieser Staffel war, dass das Fernsehpublikum per Televoting 127 immer wieder über das Weiterkommen eines Kandidaten aus einer Gruppe entscheiden konnte. Diese Einbindung des Publikums machte die Sendung zu einer interaktiven Show, in der jeder seinen Teil zur Ge- schichte beitragen

konnte. Dieses

Verfahren ist in anderen Ländern Beispiel des Votings der ersten Academie-Folge: Laura, Jennifer schon länger sehr und Sevlana wurden von den Experten zum Televoting empfohlen erfolgreich und sollte und das Publikum hat dann Svetlana (mit 46,7%) als ihren Favori- ten gewählt. Damit war sie bei der Final-Show dabei. (Abb.18) wieder etwas Leben in die Sendung bringen. In fünf Städten fanden die ersten Auditions statt, bei denen jeweils 20 Kandidaten durch die Experten zum Televoting zugelassen wurden. Hier entschied das Publi- kum, wer zur Teenacademie (das was vorher der Abschlussworkshop war) eingela- den wurde. Das waren aus jeder Stadt 8 Kandidaten, also blieben 40, die in der Academie noch einmal gegeneinander antraten. Hier fand wieder das übliche Ge- sangs- und Tanztraining statt. Die Kandidaten präsentierten ihre Ergebnisse in mehreren Sendungen und blieben dabei in den jeweils aus den Städten hervorge- henden Gruppen. Aus jeder Gruppe wurden nach den Academie-Sendungen drei Kandidaten von den Experten ins Televoting gelassen und die Zuschauer konnten hier ihren Favoriten wählen (siehe Ergebnis auf der Abb.18). So entschied sich, wer zu den letzten fünf gehörte, die zur Final-Show nach Bremen eingeladen wurden. (Das Ganze Verfahren ist im Anhang A2 (RTL2 Pressemappe) noch einmal auf einer Übersichtsseite dargestellt.)

Geschafft hat es am Ende der sechzehnjährige PIERRE aus Mainz, der bei der Auditi- on in Frankfurt die Experten mit der Ansage seines zweiten Songs „I WILL ALWAYS 128 LOVE YOU“ von WHITNEY HOUSTON verblüffte (HB3). Mit seinem (besser: mit dem für

126 So wurden die Castings / das Vorsingen in dieser Staffel überwiegend genannt. 127 Die Zuschauer konnten durch das wählen einer gebührenpflichtigen Telefonnummer für ihren Favoriten stimmen. 128 vgl. www.rtl2.de/teenstar 54 ihn geschriebenen) Song SUNSHINE (HB15) überzeugte er das Publikum bei der Final-Show (34% im Voting) und erfüllte sich seinen Traum, der auch diesmal mit einem Plattenvertrag bei POLYDOR verbunden war. Am 22. Juli (also 22 Tage nach dem Finale) kam die Single in den Handel und stieg Anfang August auf Platz 12 in die deutschen Single-Charts ein, was den Höhepunkt darstellte.

Wie die Zielgruppenanalyse zur POPSTARS-Internetseite von IP-MEDIA (CD-Anhang A6), die Einschaltquotenübersicht der Popstarsstaffeln (CD-Anhang A4) oder die Ergebnisse unserer Schülerbefragung (Kapitel 4) verdeutlichen, sind es größtenteils die weiblichen Fans, welche die Shows verfolgten. Sie sind es auch, die sich an den Televotings beteili- gen, was durch das Ergebnis noch bekräftigt wird - hier gilt eben nicht die Regel “sex sells“, sondern “boy sells“ und ein männlicher Sieger kann (zumindest in diesem Alter) auch nur im Interesse der Produzen- "PIERRE", das Expertenteam und JASMIN WAGNER bei der symbolischen Übergabe des Plattenvertra- ten sein. An dieser Stelle muss ges am Ende der Final-Show in Bremen. (Abb.19) davon ausgegangen werden, dass die Televotings tatsächlich sachgemäß durchge- führt wurden, obwohl nie von einer kontrollierenden Instanz berichtet wurde. Der Vorwurf, dass die Anrufe vielleicht in einem Computer erfasst wurden, aber das Ergebnis dann doch von den Produzenten festgelegt wurde (da sie wesentlich bes- ser beurteilen könnten, was sich verkaufen lässt und was nicht), wäre nicht nur nicht haltbar, sondern glatte Verleumdung. Die Vermutung der Manipulation kann aller- dings immer wieder aufkommen, da die Ereignisse aus den vergangen Castings nicht gerade positive Überzeugungsarbeit leisteten.129 Wann ein Kriterium für einen zukunftsfähigen Teenstar erfüllt ist, bleibt, wie auch zuvor, Ermessenssache der Experten und Produzenten. So schreibt der Spiegel beispielsweise zu einer Teenstar-Entscheidung: „Schade nur, dass Musikalität in Düsseldorf nicht entschied. So beging Bewerberin 31 den Fehler, mit tadelloser Stimme aus einem Musical zu singen. Die Jury, anfangs et- was schwerfällig mit stringenten Begründungen (‚Das Feeling kam nicht so rüber vom Gefühl’, so der Produzent Toni Cottura zu einer abgelehnten Bewerberin), war sich so- fort einig und senkte die Daumen. ‚Wie soll man das produzieren?’, fragt Cottura vor- auseilend. ‚Ein Musical-Typ passt hier nicht’.“130

129 vgl. Kap. 2.6 130 Der Spiegel, 08. Apr. 2002 55

Die Entscheidungen des wählenden Publikums geben den Produzenten jedoch eine gute Übersicht über ihre Vorlieben, weshalb es äußerst ungeschickt wäre, dem nicht nachzukommen. Vom Publikum wird schließlich das Geld, worum es hier an erster Stelle geht, im Plattengeschäft ausgegeben. „Um Geld geht es, was sonst. Möglichst viele Platten sollen verkauft werden, um mög- lichst viele Beteiligte reich zu machen. Darum geht es im Musikgeschäft immer, nur gibt es bei diesem Projekt verdammt viele in irgendeiner Form Beteiligte.“131

Moderiert wurde die gesamte Sendung TEENSTAR von JASMIN WAGNER, die noch vor ein paar Jahren selbst ein “Teenstar“ war (als Pop singende BLÜMCHEN brachte sie 17 Singles und 9 Alben heraus und erhielt verschiedene Auszeichnungen). Sie hat sich mittlerweile im Geschäft als beliebte Moderatorin etabliert und „schnuppert“ 132 derzeit in die Branche der Schauspielerei hinein. Sie führte bei TEENSTAR nicht nur durch das Programm und erklärte in welcher Phase des (nicht einfach zu durch- schauenden) Gesamtablaufes sich der Zuschauer gerade befand, sondern betreute die “Kids“ während der ganzen Zeit bei der Academie. Sie sagte in einem Interview (HB16133), dass die jungen angehenden Stars sehr selbstbewusst auftreten und ihre, trotz allem, lockere Herangehensweise, bedingt durch die noch nicht so gefestigte Persönlichkeit, äußerst bewundernswert sei.

Die Experten bei TEENSTAR bildeten mit MOUSSE T., MARCUS SCHULZE und TONI

COTTURA ein harmonisches und dynamisches Team, das den Teenies in der Bewer- tung immer gerecht zu werden versuchte.

• MOUSSE T (gebürtig: MUSTAFA GÜNDOGDU) zählt in der Dancefloorszene internati- onal zu den erfolgreichsten Künstlern. Er gründete 1993 in Hannover das Label

PEPPERMINT JAM RECORDS und etablierte sich in der Szene als Musiker, Produzent

und DJ. Er „remixte“ in den 90er Jahren unter anderem MICHAEL JACKSON, GLORIA 134 ESTEFAN und die BACKSTREET BOYS. Mit seinem Song HORNY (HB17) war er

1998 weltweit erfolgreich und spätestens seit „SEXBOMB“ ist sein Name bekannt. Im Sommer (geschickter Weise nachdem zirka 2/3 der Staffel vorüber waren und

er durch TEENSTAR gerade in aller Munde war), veröffentlichte er sein erstes Al-

bum GURMET DE FUNK (mit einer Swingversion von SEXBOMB HB18).

131 Süddeutsche Zeitung, 21. Mai 2001 132 vgl. www.rtl2.de/Teenstar 133 www.kruger-presskits.de/pages/teen_star.htm 134 vgl. www.concertcooperation.de/archiv/bands/mousset/bio.html 56 • „Als MTV-VJ kennt MARKUS SCHULTZE die Musikszene sehr genau, er weiß aber auch was es heißt, selbst musikalisch kreativ zu sein.“135 Für den gebürtigen Wol- fenbüttler ist der “große Durchbruch“ bisher ausgeblieben. Er orientiert sich selber

musikalisch in Richtung Rock und hat (mit der Band MICH AUF EX) auch schon als

Support Act bei BON JOVI gespielt und arbeitet derzeit neben der MTV-Tätigkeit

mit seiner neuen Band UNDERWATER CIRCUS.(ebd.)

• TONI COTTURA berät und produziert mit großem Erfolg Bands und Solo-Künstler.

Er machte für BOYZ II MEN oder ATC, war künstlerischer Berater von

PUFF DADDY auf seiner letzten Europa Tournee und produzierte unter anderem

die BACKSTREET BOYS, ’N SYNC, MARKY MARC oder NANA. Er landete mit der EU-

RO-DANCE-GRUOPE mehrere Top 20 Hits (zum Beispiel CELEBRATION) und wurde

1997 mit dem ECHO AWARD für das beste Produzenten-Team (mit BÜLENT ARIS 136 und HOLGER STORM gründete er 1996 BOOYA MUSIC) ausgezeichnet. COTTURA

bezeichnet seine Aufgabe bei TEENSTAR zwar als angenehm, aber auf Grund vie- ler vorhandener Talente sehr schwierig (HB19 137).

2.6 Hinter den Kulissen - Berichte eines Jurymitgliedes

Immer wieder wurde über die Entscheidungen, die bei den Castings gefällt wurden, sehr viel diskutiert und spekuliert. Jeder glaubte, plötzlich eine Meinung dazu haben zu müssen und sprach davon, dass er es ja anders und vor allem besser gemacht hätte. Diese Entscheidungen hatten, wie heute bekannt ist, weitreichende Folgen für mindestens fünf Personen der Bewerber und sollten dementsprechend sehr wohl bedacht sein. Letztlich spielt die Subjektivität bei den Entscheidungen eine große Rolle. Das lässt sich schwer vermeiden und gerade auf Grund dieser Subjektivität ergeben sich, trotz aller fachlicher Kompetenz der Jurymitglieder, Probleme. Dies wird am folgenden Beispiel sehr deutlich.

Der ausführliche Brief von NOAH SOW soll näher betrachtet werden, wozu zuerst der bekannteste Satz daraus, zitiert sei:

135 www.rtl2.de/teenstar/E525F5AEB0A4452BBAB22723FFC28C72.htm 136 vgl. musik.freepage.de/cgi-bin/feets/freepage_ext/41030x030A/rewrite/nana-fan- homepage/cottura1.htm 137 www.kruger-presskits.de/pages/teen_star.htm

57 „Ich saß am Jurytisch und mir wurde ein Zettel hingelegt, auf dem stand, wen ich als Jurymitglied nicht mehr gut finde und wen die Jury nicht haben möchte. Verfasst hat diesen Zettel nicht die Jury.“138

So stand es unter anderem in einem Artikel der Welt, in dem es als fast einzige

Reaktion darauf weiter heißt: „MATTHIAS TRENKLE, Sprecher von RTL2, wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern: Es handele sich um „eine Angelegenheit zwischen den Jury-Mitgliedern“.(ebd.) Mit solchen kurzen Statements wurde das Thema von Seiten der Produzenten sorgfältig “unter dem Tisch gehalten“, um das Projekt nicht zu gefährden. Auch BRO’SIS selbst „zeigten sich in echter Popstar-Manier: ‚Dazu wollen wir uns nicht äußern’.“(ebd.) Der Zuschauer hat von dem ganzem Debakel kaum etwas bemerkt. Nur wer sich überhaupt Gedanken machte, was hier nun gespielt oder manipuliert wurde, hat sich vielleicht um die Schlagzeilen gekümmert. Denn schließlich macht sich jeder Fan ja sein eigenes Bild und kann seiner Meinung nach sehr wohl selbst beurteilen, ob die Entscheidungen der Jurys falsch oder richtig waren. Der gesamte Brief befindet sich im Anhang (A8) und wird hier nur auszugsweise wiedergegeben. Er ermöglicht insgesamt einen sehr guten Blick “hinter die Kulissen“ der Juryarbeit. Dabei bietet er ehrliche und detaillierte Informationen, die wegen der bestehenden Schweigepflicht in keinem Interview zu Tage gekommen wären. Diese vertraglich festgelegte Schweigepflicht beweist ein Ausschnitt aus dem Castingbogen von Superstar139: „Alle Informationen im Zusammenhang mit der Produktion und deren Vorbereitung sind streng vertraulich zu behandeln und nicht an Dritte weiterzugeben. Sollte sich die Presse mit mir in Verbindung setzen, verpflichte ich mich diese an die Presseabteilung von RTL, Telefon: 0221 / 456 4205, zu verweisen und keine unabgesprochenen Aussagen gegenüber der Presse zu täti- gen.“140

Über die jeweils ersten Castings in den Städten schreibt SOW: „Bis auf einige wenige äußerst seltsame Vorkommnisse fand ich die meiste Zeit noch spannend; sowas ist ein großes Experiment, bei dem wohl jeder von Euch mal mitge- macht hätte, schon allein um mal hinter die Kulissen zu kucken. Die gröbsten Bevor- mundungen der Jury waren hier noch relativ glimpflich abzuschmettern. Ich schrieb wann immer ich konnte „POPSTARS Tagebuch“ und mußte mich selbst wundern, wie der Putz langsam abbröckelte.“

138 www.welt.de/daten/2001/11/15/1115bg295881.htx 139 vgl. Kapitel 2.7.1 140 vgl. Castingbogen Anhang A5 58 Als sich dann am Flughafen entschied, wer mit zum Workshop fliegt und wer nicht wurde es ernster: „Bei dieser Sendung hatte ich zwar nicht ganz zum erstenmal aber doch zum ersten- mal mehr als nur vage das Gefühl, daß die Emotionen der „Kandidaten“ nicht nur so wie sie auftauchen gefilmt werden sondern extra „gezüchtet“ wurden. Daß man also nicht nur beispielsweise die Kamera drauf hält wenn jemand heult, sondern daß mit Absicht eine Situation geschaffen wird, in der man erwartet daß jemand heult.

Hier liegt der Bruch förmlich auf der Hand, denn dass die Einschaltquoten erzielt werden, wenn es dramatisch zur Sache geht und nicht wenn alle brav “schade, danke und amen“ sagen, ist bekannt und wird akzeptiert. Wird dann aber eins und eins zusammen gezählt, sollte bewusst werden, dass dafür auch nachgeholfen wird, was den entscheidenden Punkt der manipulierten Wahrheit darstellt. „Wenn es hieß „wir wollen Emotionen“ steckte dahinter meiner Auffassung nach immer die Übersetzung „scheiße, die heulen irgendwie nicht“, und nach meinem Gefühl pass- te den Machern nur nicht, daß die Kandidaten dieses Jahr keine nervenzerrüttete Flennsusen-Ansammlung waren sondern erwachsene Profis, die einfach keinen Grund hatten, wegen jedem Scheiß zu heulen.“

Mit Druck lassen sich die scheinbar für die Quote so wichtigen “Heul-Szenen“ schnel- ler erreichen und jemand, der sich seinem Traum so nahe fühlt, lässt dabei einiges

über sich ergehen. SOW schreibt dazu, dass die Kandidaten als MENSCHEN „deswegen noch lange nicht wie der letzte Assi behandelt werden dürfen (dem Assi am Set gings zehnmal besser als den Leuten, die sich täglich bis zu über 20 Stunden gra- tis für TV Aufnahmen zur Verfügung stellten; ersterer bekam nämlich genug zu trinken, regelmäßig Abendessen und wurde nicht vor laufender Kamera geweckt)“

Auch die Vermutung, dass es bei dem Auswahlverfahren immer um das Kriterium der späteren “Vermarktungsfähigkeit“ ging, ist weniger eine solche als eine Tatsache.

Aus Sicht der Produzenten ist das auch verständlich und vielleicht ist NOAH SOW, wie sie selber schreibt, „unprofessionell“ wenn sie diese Art der Auslese nicht unterstützt. „(...) und so kam es auch zustande, daß ich schon nur noch frustriert und zynisch dabei zusehen konnte, als die einzigen beiden Kandidaten, die nachweislich keine Silbe singen konnten, durchgeschleift wurden, weil man bei ihnen ordentlich was zu kucken hat, dafür aber begabte VokalistInnen (die im übrigen nicht minder sexy waren sondern vielleicht bloß ein bißchen weniger kindergartenkompatibel) ausscheiden mußten.“

Doch einfach auszusteigen war auch für sie keine Lösung, denn eine positive Zu- sammenarbeit in einem Team von einflussreichen Produzenten ihres Business’ wäre für die eigene Karriere sicher von Vorteil. So wehrte sie sich zunächst – allerdings erfolglos: „Meine Einwände, das Arbeitspensum sei nicht hart sondern überzogen, der Umgangs- ton sei künftig bitte zumindest politisch korrekt zu halten und das künstliche noch-mehr- Unter-Druck-Setzen bei „Verkündungen“ sei in dieser ohnehin schon endlos stressigen Situation der KandidatInnen nicht mehr nötig sondern eher daneben, wurden abwech- 59 selnd ignoriert oder mit hysterischen Ansagen wie „wir haben jetzt keine Zeit uns über sowas zu unterhalten“ quittiert.“

Ihren Brief hat sie in drei Akte plus Einleitung und Epilog unterteilt und den dritten, der die Höhepunkte und das endgültige Aussteigen dokumentiert, nannte sie „Aus- bruch aus Fort Kotz“. Nachdem ihre Bereitschaft für eine Weiterarbeit kaum noch gegeben war, „erreichte die Sinnlosigkeit meines Jurydaseins ihren Höhepunkt als ich mich weigern wollte, unter lauter talentierten Leuten diejenigen auszusuchen, die der Geschäftsfüh- rer persönlich am anziehendsten fand. (...) und nachdem -bis auf die Zusammenbrüche tagsüber unter Wassermangel beim Tanztraining- immer noch niemand so richtig heu- len wollte, und es mit der Auswahl der „Kandidaten“ gleichzeitig eng wurde, standen die Macher so unter Druck, daß noch mal ganz neue und extrafiese Saiten aufgezogen wurden.“

Es folgte nun die Szene, in der ihr, nachdem ihr Standpunkt schon nur noch gehört wurde, der besagte Zettel mit “ihrer Meinung“ auf den Jurytisch gelegt wurde. Sow sagte, dass sie eine Pause bräuchte und verließ Hals über Kopf den Raum, da sie wusste: „wenn ich jetzt anfange, habe ich 5 Beleidigungsklagen am Hals und tue den Typen den großen Gefallen, vor laufender Kamera quotenträchtig durchzudrehen / zu be- schimpfen / zu heulen.“

Damit war ihre Arbeit als Jurymitglied beendet: Wenig später erfuhr ich von einer Kandidatin, daß auf ihre Anfrage hin, wo ich denn bei der Verkündung geblieben sei, „der Typ, der die Fäden zieht und Zigarre geraucht hat“, gesagt habe, „Noah ist jetzt nicht mehr in der Jury dabei“.

Abschließend schrieb sie weiter, dass sie sich schämt und entschuldigt sich für ihre „abgehobenen ich-bin-die-Jury-und-damit-Barbara-Salesch-Sprüche, für vorschnelle Verurteilungen von einzelnen Kandidaten und fürs zu lange Mitspielen bei einem unnö- tig gemeinen Spiel, das für die Hauptpersonen keines ist, sondern bitterer Ernst“.

Des Weiteren hat sie an die Kandidaten sowie an die Produktion Briefe gesendet, damit beiderseits keine Missverständnisse entstehen und beendet ihre Nachricht mit: „take care! Noah“ Die SZ berichtete ausführlich zu diesem Vorfall und schrieb: „Der Aussteigerin Sow droht jetzt eine Klage. Zumal sie Christensen, weitere Jury- Kollegen und den Band-Choreographen Detlev „Dee” Soost als „Marionetten“ bezeich- nete, die lediglich den Anweisungen der Produktions- und Plattenfirmen gefolgt seien und die ihre vermeintlichen Fachurteile einem vorgefertigten Waschzettel entnommen hätten. Das weisen die Beschuldigten entschieden von sich. Natürlich, sagt Soost, sei es „wichtig, sich mit dem Management und der Plattenfirma abzusprechen, schließlich müssen die später mit der Band leben, nicht wir.“141

141 Süddeutsche Zeitung 15. Nov. 2001 60 2.7 Nachfolger und Ableger

Bekannter Weise wird ein erfolgreiches Konzept immer wieder aufgegriffen und in variierter Form mit jeweils anderen Schwerpunkten oder Zielsetzungen wiederholt.

Schließlich war schon die erste deutsche POPSTARS Staffel eine veränderte Kopie. Wenn Erfolg so kalkulierbar ist wie bei dieser Idee der öffentlichen Starcastings, bedarf es im Grunde nur der richtigen Mitarbeiter und einiger geschickter “Rechner“, die die Gewinnspannen prüfen, ihr OK für die Sendung geben. Im folgenden werden einige “Abbilder“ der Show kurz vorgestellt werden, wobei das schon angelaufene “Superstar“ von RTL ausführlicher dargestellt wird.

2.7.1 SUPERSTAR bei RTL

Das größte, demnächst anstehende, Starcasting in Deutschland heißt mit vollem

Namen DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR und im Gegensatz zu POPSTARS wird keine Band gesucht, sondern eine Person, der eine Solo-Karriere winkt. Pop-Idol

(entwickelt von der Londoner RTL-Tochter FREMANTLE MEDIA) aus England war das direkte Vorbild und demonstriert, wie unter den Augen von 14 Millionen Zuschauern aus dem zuvor völlig unbekannten WILL YOUNG ein Star wurde. Seine erste Single 142 ANYTHING IS POSSIBLE (HB20) hat sich in einer Woche 1,2 Millionen mal verkauft.

Von der Idee her sind POP-IDOL, SUPERSTAR und TEENSTAR sehr ähnlich. Wieder sind die Zuschauer gefragt sich per Televoting zu beteiligen und letztendlich in der Final- show den Gewinner auszuwählen. „Ob diese brutale Basisdemokratie auch in Deutschland funktioniert, wird von Bran- chenexperten bezweifelt. In Großbritannien, so das Argument, sei der Sättigungsgrad für derartige K.o.-Kämpfe noch nicht erreicht, da keine Vorläufer-Shows ausgestrahlt wurden.“143

Der genaue Ablauf der Castingshow ist in der RTL-Pressemappe im Anhang (CD A14) noch einmal detailliert dargestellt. Um überhaupt zu einem Casting eingeladen zu werden, musste diesmal ein Bewer- bungsbogen (der verschiedene „Standardangaben“ fordert und es eigentlich nicht möglich macht, schon eine Vorauswahl zu treffen - vgl. Anhang CD A5) eingeschickt werden. Ein „Hingehen und (irgendwann) Drankommen“ wie bei POPSTARS war nicht möglich, da der Andrang wahrscheinlich viel zu groß geworden wäre, wie die folgen-

142 vgl. www.rtlmusik.de 143 Berliner Zeitung, 31. Aug. 2002: 61 den Zahlen beweisen. „Insgesamt wurden mehr als 60.000 Casting-Fragebögen allein über die Telefon- und Faxhotlines abgerufen und über www.rtlmusik.de herun- tergeladen. Rund 10.000 Bewerber wurden zum Casting eingeladen.“144 Wenn sich alle 60.000 Interessenten beworben hätten (tatsächliche Zahlen sind leider nicht bekannt), wäre das etwa das Fünffache der 2. Staffel und nur 100 werden es sein, die nach den Vorcastings in den Folgeshows gegeneinander antreten wer- den. Das erste Casting in Köln fand schon im August statt, wo sich rund 2500 Bewerber vor den Jurytisch drängten und auf der Presseseite von RTL stehen die ersten 100 Kandidaten, die eine Runde weiter sind, schon namentlich fest. Die Sendung ist nicht live, sondern wird aus endlosem Videomaterial in aufwendiger Arbeit zurecht ge- schnitten. Wie MAIKO (aus der Finalrunde der 2. Staffel) sagte: „Es war sehr interes- sant, zu sehen, wie so eine Fernsehshow hinter den Kulissen abläuft und wie viel Filmmaterial verschwendet wird, um einen 10-Minuten-Beitrag zu senden.“145 RTL plant nach eigenen Angaben, die Show groß “aufzuziehen“ und wird, wenn es ähnlich wie in anderen Ländern läuft, hohe Einschaltquoten erreichen. An finanziel- lem Rückhalt wird es bei dem Projekt nicht mangeln, denn wenn Namen wie GRUNDY

LIGHT ENTERTAINMENT (produziert das Ganze), RTL (strahlt die Sendung aus) oder BMG (wird den Plattenvertrag vergeben) fallen, klingt das schon „mächtig“ genug, doch es sollte zusätzlich auffallen, dass alle drei Unternehmen Bertelsmanntöchter sind. So steht dem Erfolg nichts mehr im Wege und THOMAS MIDDELHOFF ([inzwi- schen entlassener] Chef des BERTELSMANN Konzerns) ist fest davon überzeugt, dass sich dieser Erfolg auch einstellen wird.146 „Der Kölner Sender verspricht ‚hoch emotionales Fernsehen’ und ‚Spannung pur’, dank ‚vieler persönlicher Geschichten und Schicksale’. Pop Idol zeige ‘the good, the bad and the ugly’, erklärt Fremantle-Chefproduzent Simon Jones. Die Guten, die Bösen und die Hässlichen. ‚Genau das wollen die Menschen sehen’, so Jones.147

Auch wenn die Show in Deutschland sehr ähnlich schon in drei Staffeln gelaufen ist – „Bei RTL aber ist man davon überzeugt, ‚dass die Suche nach einem einzigen natio- nalen Popstar viel mehr Menschen ansprechen und begeistern wird’.“

144 www.rtl-presse.de (Anhang CD A14) 145 www.schlagwort.net/vip/01.php 146 Berliner Zeitung, 31. Aug. 2002 147 www.zeit.de/2002/40/Media/200240_medien_pop_ idol.html 62 Die 15 -teilige Show, die am 09. November 2002 um 19.10 Uhr startet und später in die Prime Time wechselt, wird von

CARSTEN SPENGEMANN und MICHELLE HUNZI-

KER (die beide verschiedene Erfahrungen aus Film und Fernsehen mitbringen) moderiert. Für die Auswahl ist neben dem Publikum auch hier in erster Linie wieder eine Jury verantwortlich die aus vier Personen be- steht:148

• DIETER BOHLEN - wurde 1994 für mehr als Abb. 20 100 Millionen verkaufte Tonträger weltweit ausgezeichnnet, 1998 wurde er als er- folgreichster Künstler in Russland geehrt, 398 Edelmetallauszeichnungen

“schmücken seine Wände“, davon mehr als 200 für MODERN TALKING

• THOMAS BUG - vermittelt als Leiter einer eigenen Agentur Radiomoderatoren innerhalb Deutschlands

• SHONA FRASER - war Chefin der Musikredaktion beim größten Studentenradio Englands, arbeitete als Reporterin und Redakteurin in verschiedenen Bereichen und Ländern u.a. für die BBC und MTV, seit Februar 1998 macht sie auch Beiträ- ge und Sendungen für verschiedene deutsche Radiosender in Köln.

• Thomas M. Stein - hat als Vorsitzender der Geschäftsleitung BMG ARIOLA MUSIK GmbH die Verantwortung für alle BMG-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz; übernahm 1997 den Vorsitz der neu gegründeten Division BMG Special Marketing Europe, die europaweite Marketing-Konzepte plant und aus- führt. Dieter Bohlen nahm den “Job“ scheinbar besonders gern an, da er bisher bei der „RTL-Berichterstattung nicht gut genug wegkam. Letzteres habe ihn auch bewogen zu- zustimmen, als RTL-Senderchef Gerhard Zeiler und Informationsdirektor Hans Mahr ihn fragten, ob er mitmachen wolle. „Ich habe gedacht, dass ich das irgendwie hin krieg’, dass die nicht immer so ‘ne Scheiße über mich senden“, sagt der braun ge- brannte Blonde in gewohnter Direktheit und fügt hinzu: „Außerdem war der Scheck so dick, da konnte ich nicht anders.“149

148 www.rtlmusik.de 149 Süddeutsche Zeitung, 12. Sep. 2002 63 Zum Beginn der Show startet RTL NEWMEDIA (die im März 2000 gegründete RTL Tochterfirma befasst sich ausschließlich mit Merchandising Artikeln aller Art) eine eigene Internet-Seite zur Event-Show. Unter der Überschrift „Fans im Blick“ hießt es auf www.rtlnewmedia.de:

„Ob ‚Gute Zeiten, Schlechte Zeiten’, ‚Wer wird Millionär?’ oder ‚POPSTARS’ – Fan-Artikel steigern den Erlebniswert eines TV-Formats und binden die Zuschauer an den Sender. (...) Heute umfasst die Palette längst nicht mehr nur klassische Angebote wie das Buch oder die CD zur Serie. Ob Sonnenbrillen, Kleinmöbel, Schmuck oder Kosmetika – RTL- Merchandising-Produkte erreichen nicht selten Kultstatus und generieren Umsätze in Millionenhöhe.150

2.7.2 POPACT

In der Zeit vom 30. April bis zum 13. Juni 2001 fand die (nicht vom Fernsehen über- tragene) Castingtour zu POPACT 2001 statt. und CINEMAXX waren die großen Veranstalter, die es sich zum Ziel gemacht hatten, fünf junge Menschen ins

Musikbusiness zu bringen. Chefinitiator des Ganzen war PETER DOMBROWSKI von der ebenfalls beteiligten DEUTSCHEN MODEL COMANY (DMC). Die reinen Stimmencastings (es war kein Tanz erforderlich) liefen in vielen Großstädten Deutschlands und wur- den nicht, wie vorher üblich, von der Öffentlichkeit getrennt, sondern zum Beispiel in Einkaufszentren oder Kinovorhallen durchgeführt. Das machte es für den nicht Bühnen-Erfahrenen um einiges schwieriger, da sich um die Bühnen immer große Men- schentrauben sammelten, die dem Spektakel zusahen. Beim Finale in Leipzig waren dann über 300 potentielle Stars, aus den bisherigen Castings einge- laden - ca. 6500 Kadidaten aus 34 Städten. Die Jury, beste- hend aus Aktiven der Musik- Casting im Bremer Roland-Center (Abb.21) szene, wie etwa dem Sänger von TOUCHÉ, MARTIN SCHOLZ, bestand nicht aus so namhaften Produzenten oder

Künstlern wie bei Popstars. Der wichtigste Unterschied an POPACT2001 ist im Ver- gleich zu den bisher vorgestellten Projekten, die fehlende Publikation über das

150 www.rtlnewmedia.de/208.htm 64 Fernsehen. So war auch nicht damit zu rechnen, dass es schon vor Erscheinen der Single Vorbestellungen für diese gäbe. An Talenten schien es jedenfalls nicht zu mangeln und es hat sich eine Band namens NEW LEVEL zusammengefunden, die aus drei Jungs und einer Frau besteht. Ihre erste Single TELL ME (HB21) wurde am 05.11.01 veröffentlicht, konnte sich allerdings in den deutschen Single-Charts nicht behaupten. Die Internetseite www.new-level.de, die immer erwähnt wurde, ist zwar aktiv, aber bis heute nicht mit Inhalt gefüllt. Außerdem ist über die angekündigte Agentur, die aus dem Projekt entstehen sollte (eine Art Künstlerbörse, wo sich je nach Bedarf immer der passende Künstler für den suchenden Produzenten finden sollte), leider nichts heraus zu finden.

2.7.3 Sonstige

Alle anderen deutschen Vorhaben zu erwähnen, in denen vergleichbare Castings durchgeführt werden, an deren Ende eine Band steht, wäre ein aussichtsloses Unter- fangen. Zwei ausgefallenere POPSTARS ähnliche Projekte, die eine Nennung wert sind, gibt es noch. Das ist erstens das Casting zur ersten schwulen Boygroup. Hier- bei hatte auch RAINER MOSLENER seine “Castinghände“ im Spiel – er wollte damit eine Marktlücke füllen. Zur Idee von GAY-GROUP schrieb die HAMBURGER MORGEN-

POST: „Strategie und Kunstprodukt sind also klar, mit den Internetportalen Eurogay und Gayforum sowie der Schwulen-Zeitschrift ‚Queer’ sind gewichtige Medien einge- bunden“151

Zweitens ein Casting, das den Namen FREAKSTARS3000 trug, bei dem nur behinderte

Menschen teilnahmen und welches die Band MUTTER SUCHT SCHRAUBEN hervor brachte. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem FREUNDESKREISES TIELE-

WINCKLER-HAUS und VIVA und möchte auf verschiedene Gesellschaftsprobleme hinweisen. Auf der Seite www.freakstars3000.de finden sich weitere Details, um sich eine eigene Meinung dazu bilden zu können.

2.8 POPSTARS in anderen Ländern

152 „In jedem Land ein Treffer“ heißt es in der Überschrift eines Artikels im STERN.

Gemeint war damit die Sendung POPSTARS. Das POPSTARS-Konzept, welches vor ein

151 http://archiv.mopo.de/archiv/2002/20020724/plan7/ tipps_termine/ events_leute/11643.html 152 Stern, 26.Apr. 2001 65 paar Jahren noch nicht einmal existierte ist nunmehr zum Thema Nummer eins der Musikbranche weltweit geworden. Neben Popstars gab es noch zwei weitere, vergleichbare Formate, die große Erfolge verzeichnen können. Das sind POP-IDOL (FREMANTLE MEDIA) und

MAKING THE BAND (MTB), ausgehend RTL2 war nach Anfrage so freundlich, uns ein von MTV. Während bei Projekten mit Videoband der Sendung Popstars International zu schicken, auf dem Informationen rund um dem Titel “IDOL“ immer ein Einzelkünst- die verschiedensten Popstarsbands anderer Länder zu finden waren. (Abb. Xx) ler das Ergebnis sind, so sind POPSTARS und „MTB“ die Shows, der immer ganze Bands entspringen. Diese lassen sich unter einem Prinzip und zwar dem der „gemachten Stars mit Hilfe öffentlicher Castings“ zusammenfassen - eine Neuheit im Musikbusiness mit Erfolgsgarantie.

Im Folgenden sind die aus der “POPSTARS-Kette“ entstandenen Bands der verschie- denen Länder aufgelistet. Die Sendungen und die anschließenden Erfolge im Aus- land sind mit den deutschen vergleichbar - immer wurde die erste Single und oft auch das Album zum Verkaufsschlager. 153 Deutlich wird hierdurch die enorme Verbreitung des Konzeptes.

Aaria (Neu Seeland) Mambrú (Argentienien)

Bandana (Argentinien) Nonstop (Portugal)

Bardot (Australien) getrennt No Angels (Deutschland)

Bellepop (Spanien) O-town (Amerika)

Brosis (Deutschland) Rouge (Brasilien)

Cape (Norwegen) getrennt Scandal’Us (Australien) getrennt

Eden’s Crush (Amerika) getrennt Scene23 (Amerika)

Escarcha (Columbien) Six (Irland) Excellence (Schweden) Star Academy (Frankreich)

EyeQ (Dänemark) Sugar Jones (Canada)

Follow that dream (Niederland) getrennt Supernatural (Schweden)

Fomular Abierta (Spanien) T´de Tila (Mexiko)

153 Quelle: Video Popstars International 66 Hear’Say (England) getrennt Tears (Schweiz)

Inka Band Bageja (Indien) True Bliss (Neu Seeland) getrennt

K-otic (Niederlande) VandaVanda (Belgien)

Liberty X (England) Velvet Empire (Canada)

Lollipop (Italien)

Aus den Sendungen der “IDOL-Kette” (zu der auch RTL’s SUPERSTAR zählt) „entstan- den“ bisher Einzelkünstler in vier Ländern (Polen, USA, Südafrika, Endland). Hier zwei Beispiele der Erfolge:

• POP-IDOL (England) hatte bei der Finalsendung sagenhafte 14 Millionen Zu- schauer wovon sich etwa 9 Millionen am Televoting beteiligten. Die erste Single

(Anything is possible – HB20) des Castingsiegers WILL YOUNG verkaufte sich in der ersten Woche 1,2 Millionen mal.154

• Das Finale von “AMERICAN-IDOL“ wurde am 04.09.02 von 22,8 Millionen Zuschau-

ern verfolgt und die Siegerin KELLY CLARKSON erreichte mit ihrer erste Single (ei-

ner “doppel-A-Seite“ CD mit A MOMENT LIKE THIS [HB21] und BEFORE YOUR LOVE) nie da Gewesenes, wie der Direktor der Charterstellung für das Branchen-

Magazin BILLBOARD, GEOFF MAYFIELD, gegenüber der BBC sagte: „Es ist die erste Single seit drei Jahren, die in einer Woche mehr als 200.000 Exempla- re verkauft hat (...) A Moment Like This sprang in der vergangenen Woche von Platz 52 auf den ersten Platz der Hitparade, ein Vorgang, den es in der Geschichte der US- Charts noch nicht gegeben hat. Wir befinden uns auf bisher unbekanntem Territori- um“155

Die zweite Staffel AMERICAN-IDOL ist gerade in Arbeit.

Zuletzt bleibt noch das Casting des Musik Senders MTV zu erwähnen.

MAKING THE BAND (MTB) unterschied sich vor allem dadurch von den POPSTARS- und

IDOL-Projekten, dass die entstandene Band am Ende der Sendungen nicht automa- tisch einen Plattenvertrag erhielt. Hinzu kam, dass die Kandidaten Instrumente spielen können mussten. Im Casting, dass ebenfalls durch eine Jury geleitet wurde, sowie in den regelmäßigen Fernsehsendungen unterschied sich “MTB“ nicht von

POPSTARS. Der „Pressewirbel“ um die Show hielt sich immer in Grenzen, was wahr- scheinlich vor allem an ihrem unscheinbaren Start lag. Ende 1999 wurde „von LOU

154 vgl. www.rtlmusik.de 155 www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,215830,00.html 67 156 PEARLMAN, dem ‚Urvater’ der BACKSTREET BOYS und ´N SYNC“ zu einem landeswei- ten Casting aufgerufen. Eine fünfköpfige Boyband sollte das Ziel sein und nach den vorhergegangenen Castings zogen schließlich acht Finalisten in ein gemeinsames Haus, wo das weitere Training statt fand. Hier wurde den Kandidaten erst bewusst, dass sie ständig gefilmt wurden und diese Aufnahmen nicht nur als Dokumentati- onsmaterial für spätere Berichte dienen sollten. (ebd.) Der schwierigste Teil, das Erwerben eines Plattenvertrages, wurde schnell bewältigt, da die Aufmerksamkeit von außen doch sehr stark gegeben war. Die erste Single (LIQUID DREAMS – HB22) der neuen Band, die den Namen O-TOWN erhielt, wurde bei J RECORDS (WHITNEY

HUSTON) produziert und „schrieb Musikgeschichte [..] landete in den USA als erste Single überhaupt gleich auf Platz eins der Billboard-Charts“157

O-TOWN „konnten sich gegen nahezu 2000 Mitbewerber durchsetzen und dabei auch noch die Herzen des amerikanischen und englischen Volkes erobern“. 158 Heute erfreuen sie sich einer großen (überwiegend weiblichen) Fangemeinde und sind auch außerhalb der USA erfolgreich unterwegs. Die Castingshow MAKING THE BAND geht derzeit in die dritte Staffel und kann wieder auf MTV verfolgt werden.

Ob sich ähnliche Erfolge wie die hier beschriebenen mit SUPERSTARS auch in Deutschland erreichen lassen, wird sich Ende dieses Jahres zeigen. Hierzulande lässt sich aber schon jetzt vergleichsweise beobachten, dass die Erfolge beider Popstarsgruppen von hoher Konstanz sind und nicht nur die erste Single ein Hit wurde, im Gegensatz zu anderen Ländern. Denn folgende Aussage trifft für Deutschland definitiv nicht zu: „Es sieht ganz so aus, als funktioniere die Hit-Formel - aber pro Band nur einmal! Bis- her hat keine der Gruppen, die aus dem „POPSTARS“-Format hervorgegangen sind, ei- nen Folgehit landen können. Die Vorläuferbands aus Australien und Neuseeland konn- ten mit ihren zweiten Singles längst nicht an die Erfolge ihrer Debüts anknüpfen. Die Neuseeländerinnen von TrueBliss, die allerersten „POPSTARS“, traf es noch härter: Die dritte Single, eine Coverversion von Wham!s „Freedom“, schaffte es nicht in die Top 50, die vierte brachte die Plattenfirma gar nicht mehr heraus.“159

Da das Popstarsformat, wie sich jetzt beurteilen lässt, in Deutschland sehr erfolgreich verlief, haben entweder die Produzenten in Deutschland mit der Werbung um ihre Veranstaltung ganze Arbeit geleistet oder es besteht derzeit ein allgemein erhöhter Bedarf an Popgruppen dieser Art. In jedem Fall hat es den Anschein, als wäre das

156 www.gymnasium-greiz.de/deutsch/leben/sz/popstars.html 157 www.o-townmusic.de/home.html 158 www..de/making-the-band/o-town.php 159 Stern, 26. Apr. 2001 68 Marketingkonzept der „POPSTARS-Macher“ vollends aufgegangen. Wie die Marke- tingstrategien im Einzelnen aussehen, wird das folgende Kapitel offenbaren.

3 Die Vermarktung der neuen (Pop-)Stars

3.1 Strategien, Konzept und psychologische “Tricks“

„Ich bin fest davon überzeugt“, sagte der inzwischen entlassene Chef des Bertels- mann-Konzerns im Juni, „dass sich das Fernsehen als Promotionmaschine für die Mu- sik gut nutzen lässt.“160

Ihm schwebte sogar ein eigener Musikkanal vor. Diese Idee konnte er allerdings nicht durchsetzen. Der BERTELSMANN-KONZERN hat es geschafft, alle wichtigen Glie- der der Vermarktungskette in seine Hände zu bekommen. Produziert wird der neues- te Ableger aus der Popstarsriege DEUTSCHLAND SUCHT DEN SUPERSTAR von GRUNDY

LIGHT ENTERTAINMENT, einer BERTELSMANN-TOCHTER. Dies ist nach POPSTARS, sowie

TEENSTAR die vierte Staffel, bei der sich Tänzer und Sänger einem Castingverfahren unterwerfen müssen. Interessant ist, dass die Sendung diesmal nicht auf RTL2, sondern vom Sender RTL, ebenfalls einer BERTELSMANN-TOCHTER ausgestrahlt wird.

Der Gewinner erhält einen Plattenvertrag von der BMG - einer BERTELSMANN-

TOCHTER. Somit bleiben die Titelrechte im Haus. Auch das ist neu, denn davor be- kamen die Gewinner der Wettbewerbe einen Plattenvertrag mit der Plattenfirma

POLYDOR. Auch die Produktion von “Ohrwürmern“ ist gesichert, denn nach dem Kauf verschiedener Radio-Beteiligungen ist die RTL-Gruppe inzwischen zum größten deutschen Privatfunkanbieter gewachsen. Für Merchandising wie T-Shirts, Handy- Klingeltöne oder Computer-Spiele, Lizenzvergaben und Kooperationen mit anderen

Medien, wurde wiederum eine eigene Firma gegründet: die RTL ENTERPRISE GMBH, eine Tochter der RTL NEWMEDIA GMBH. RTL hat demnach die zwei wichtigsten Distributionskanäle – Radio und Fernsehen – unter seiner Kontrolle und mit RTL

ENTERPRISE GMBH zusätzlich ein firmeninternes Marketingunternehmen. Genug Werbung für die kommende Band, ist schon durch die “Castingshow“ im Fernsehen gegeben. Dazu werden vor Werbeblöcken kurze Trailer der Bands gesendet und zusätzlich, wie bei allen anderen Bands auch, werden die Videos auf den Musiksen- dern MTV und VIVA gespielt. Durch die Beteiligung des BERTELSMANN KONZERNS an

160 Berliner Zeitung, 31. Aug. 2002 69 Radiostationen wird ein neuer Song der gecasteten Band sofort als DER neue Su- perhit angepriesen und drei bis vier Mal pro Tag gespielt. „RTL II bescherte das ungeahnte Quotenhöhenflüge und elf junge Stars die Mitglieder der Retortenbands No Angels und Bro’Sis. Allerdings kettete das Projekt sie auch für Jahre an Roost-Macias’ Produktionsfirma.“161

Der “große Strippenzieher“ im Hintergrund ist HOLGER ROOST-MACIAS, der Chef der

Münchner Produktionsfirma TRESOR TV.(vgl. Kap.2.3) Er importierte die Idee für das

POPSTARS-Format, wie aus Kapitel 2 zu entnehmen, auf einer Fernsehmesse in Cannes nach Deutschland und entwickelte sie weiter bis zu seiner neuesten Erfin- dung - TEENSTAR. Dabei setzten er und der Unterhaltungssender RTL2 wieder einmal auf eines der „Reality“-Formate, die RTL2 bei Jugendlichen nachhaltig bekannt gemacht haben. „Bereits einen Tag vor der letztjährigen Fernsehmesse in Cannes, auf der sich die Branchengrößen gewöhnlich um internationale TV-Ideen prügeln, hatte er sich die Rechte am australischen „Popstars“-Konzept gesichert. Er holte sich RTL2 als Joint- Venture-Partner für TV-Serie und Lizenzgeschäft, Ex-Mama-Concerts-Manager Mendrzycki für das Konzertbusiness und den Oliver-Bierhoff-Manager Peter Olsson als Werbefachmann ins Boot.“162

Nach dem zuletzt stark schwächelnden “Containerdrama“ BIG BROTHER und den “Casting-Schlachten“ bei Popstars, sollten nun die Sehnsüchte von Kindern und Jugendlichen gute Quoten garantieren. Die Idee hinter dieser Art von Fernsehen ist folgende: Den Zuschauern wird eingere- det, dass jeder ein Star werden kann. Zlatko, der “Container-Held“ aus der BIG BRO-

THER-SHOW, war weder Wunder noch Genie und doch für einige Monate ein Star. „Dementsprechend scheint die Medienindustrie nicht mehr warten zu wollen, bis aus- gereifte Stars an ihre Tür klopfen. Das neue Konzept lautet: Wir machen sie uns selber. ... Im Laufe der letzten zehn Jahre haben die Medien zahlreiche interaktive Konzepte dieser Art entwickelt, die suggerieren, dass jeder ein Star werden kann.“163

Zwischen POPSTARS und BIG BROTHER gibt es jedoch einen entscheidenden Unter- schied. Während die musikalischen Erfolge von ZLATKO, JÜRGEN oder CHRISTIAN (“Es ist geil ein Arschloch zu sein“) nur Nebenprodukte des “Hypes“ um die Sendung BIG

BROTHER waren und deutlich machten, dass auch gesangliche “Nichtskönner“ zu

Stars aufsteigen können, vermittelt POPSTARS eine ganz andere Aussage. Die Bot- schaft, die es uns einreden möchte ist, dass jeder ein Star werden kann, der nur

161 Der Spiegel, 08. Apr. 2002 162 Focus, 19. Febr. 2001 163 Die Welt, 18. Juni 2002 70 immer wieder hart an sich arbeitet. Oder sprichwörtlich gesagt: „Ohne Fleiß kein

Preis!“. Nachdem es gelungen ist, die NO ANGELS und BRO’SIS dauerhaft in der Musiklandschaft einzubetten und damit dem Argument zu widersprechen, dass eine gecastete Band sowieso nur eine Eintagsfliege sei, scheinen sich aber noch funda- mentalere Verschiebungen abzuzeichnen: „Nicht allein die traditionelle Genese einer Band hat sich gewandelt, sondern das Bild vom Popstar selbst. Es geht um eine vollständige Umdeutung dessen, was man die Ökonomie der Affekte nennen könnte. Jahrzehntelang war die Sphäre des Pop un- trennbar verknüpft mit Kategorien wie Ausschweifung, Verschwendung, Überfluss; auf der Bühne und den Partys danach war eine Erfüllung des Begehrens zumindest für den Moment möglich. Pop hieß: sich gehen lassen. Jenes auffällige „Genussverbot“ in den Statements von Sandy und Indira, Jessica und Faiz, die unaufhörliche Beschwörung des Weitermachens und Dranbleibens (die eher an Sportler-Interviews erinnert), ist Teil einer in dieser Konsequenz neuen Präsentationsform.“164

POPSTARS erreicht eine starke Bindung der Zuschauer an die Sendung auf zwei Arten. Erstens durch direkte Mitbestimmung zum Beispiel bei der Auswahl des Na- mens (Die Zuschauer konnten im Internet zwischen drei verschiedenen Namen abstimmen) oder beim “Televoting“ bei TEENSTAR, wo nach Ende aller Castings schließlich die Zuschauer entscheiden durften, wer der neue Star werden soll. Zwei- tens wird bei der Auswahl der im Fernsehen gezeigten Szenen viel Wert darauf gelegt, dass Emotionen zu sehen sind. Der unglaubliche Verkaufserfolg der NO

ANGELS und BRO’SIS CDs entstand dadurch, dass die Menschen am Fernseher mitverfolgen konnten, wie tausende Bewerber bei den Castings Tränen vergossen und Hunderte später in den Zwischenrunden wegen irgendeines Fehlers ausschie- den oder weil andere schlicht besser ins Konzept passten. Die Zuschauer konnten mit eigenen Augen verfolgen, durch welch harte Auswahlverfahren sich die Mädchen und Jungen unter Tränen “durchboxen“ mussten. Das erhöhte am Ende für den TV- Zuschauer die Leistung der verbliebenen Kandidaten und war Kaufanreiz, genau wie die Neugier, den Song endlich hören zu können. „Die Kamera hält natürlich drauf, wenn ein Gefühlsausbruch naht, aber meist hält sie einen Meter Abstand. Solche Distanz ist angenehm für die Mädchen, denen etwas Würde bleibt. Sie ist auch angenehm für den Zuschauer, dem der Abstand zugestan- den wird, den er auch im wahren Leben gegenüber heulenden Fremden halten wür- de.“165

164 Süddeutsche Zeitung, 15. Jan. 2002 165 Süddeutsche Zeitung, 22. Dez. 2000 71 „Das Faszinierende an POPSTARS ist, dass es einen Traum wahr werden lassen kann. Popstar zu sein ist wohl eine universelle Sehnsucht“ 166, sagt der australische

Fernsehmacher DES MONAGHAN zu dem Erfolg dieser Fernsehformate. So viel zu dem Konzept und den psychologischen “Tricks“, die hinter der Sendung stehen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vermarktung, die mit dem Produkt NO

ANGELS, BRO’SIS und deren Nachfolgern betrieben wird.

3.2 Marketing

Um die zwei Popstarsstaffeln und die Teenstarsstaffel wurde von HOLGER ROOST-

MACIAS und RTL2 ein enges feinmaschiges Verwertungsnetz gesponnen. Viele Menschen verdienen an dem Projekt mit. Die Mitarbeiter der Produktionsgesell- schaft, vom Fernsehsender, von der Plattenfirma, Choreograf, Gesangscoach, Haar- Stylistin und so weiter, die Liste ist lang. Zu diesem Verwertungsnetz zählen insbe- sondere die Fanartikel, die so vielfältig sind, dass es unmöglich erscheint, alle aufzu- zählen. Neben den gängigen Artikeln wie CDs, Konzerten, Pullovern und T-Shirts haben die kreativen Köpfe der RTL ENTERPRISE GMBH auch eher ungewöhnliche Fanartikel kreiert, wovon einige im Folgenden aufgelistet sind: • Handyschalen • No Angels Kaffeetassen • Kalender

• Software für MUSICVIDEO MAKER (MAGIX) mit der Fans sich aus vier NO-ANGELS- Titeln ihren eigenen Song mixen können.

• Ein Computerspiel, in dem der Spieler eine der NO ANGELS spielen kann. • Kleine blinkende Bauchnabelstecker mit einem Bild von einer aus der Band. • No Angels Parfum • Brosis Starmünzen • Karaoke CDs (HB23) • DVDs (Komplettes Casting, Interwiews, Tourvideos, Privates)

• NO ANGELS Collection im Otto-Katalog

166 Stern, 26.Apr. 2001 72 Es gibt sogar eine Zeitschrift mit dem Namen Popstars, die als Begleitung zu der

Fernsehsendung aus der Taufe gehoben wurde. Sie wird von einer Tochter des AXEL

SPRINGER VERLAGS, der AS YOUNG MEDIAHOUSE, herausgegeben. Damit steigt der Verlag in den Markt der TV-begleitenden Zeitschriften ein. Die erste Ausgabe er- schien am 14. November 2001 in einer Auflage von 300.000 Exemplaren und war zu einem Preis von 3,90 DM erhältlich. „Sie stehen auf der „Wetten, dass ...?“-Bühne und in der „FAZ“. Sie geben den Lese- rinnen von „InStyle“ Modetipps. Und in der „Bravo“ kann man die Netteste von ihnen wählen. Nadja ist die Nummer 0190/4993074 und kostet 81 Pfennig pro Minute. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, aber es gibt „eines von 100 coolen T-Shirts“ zu gewin- nen mit ihrem Bild vorne drauf.“167

Die Verkaufsstrategen von RTL2 und der RTL ENTERPRISE GMBH verstanden es sehr wohl, die NO ANGELS und später BRO’SIS an der richtigen Stelle zu platzieren.

Der Hamburger POLYDOR-Chef Hellwig möchte die Girlgroup als „hochwertige weibli- che Popgruppe, eigenständig, erfolgreich, mit internationalem Standard“168 positio- nieren.

Während der Casting-Phase für die Mädchenband NO ANGELS kooperierte RTL II mit den Zeitschriften TV MOVIE und WOM-JOURNAL. Zum Sendestart der Serie schaltete der Fernsehsender ganzseitige Anzeigen in Jugendmagazinen wie Bravo oder Bravo

Girl, um auf sie aufmerksam zu machen. Der Hauptsponsor des POPSTARS-Projektes ist das Modeunternehmen NEW YORKER. Dieses sagt: „Immerhin zielen No Angels und New Yorker auf das gleiche Publikum, die 14- bis 29- Jährigen. „Diese jungen Leute definieren sich hauptsächlich über Musik. Was lag also für uns näher, als mit dem Format und der Band in Verbindung gebracht zu wer- den?“169

Um die Werbewirksamkeit der verschiedenen Sponsoren zu überprüfen hat die RTL-

Tochter IP NEW MEDIA eine Untersuchung durchgeführt, welche in Kapitel 3.4 behan- delt wird.

Die im Herbst 2002 startende Staffel von POP IDOL wird von MC DONALDS mit mehr als sechs Millionen Euro gesponsert. Auch die beiden Endsieger der ersten Staffeln erhielten Werbeverträge in Millionenhöhe.170

167 Der Spiegel, 2. Apr. 2001 168Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, 23. Mär. 2001 169 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, 23. Mär. 2001 170 Berliner Zeitung, 31. Aug. 2002 73 3.3 Zielgruppe

Welche Zielgruppe wollen die Produzenten der Sendung POPSTARS erreichen? Welche Zielgruppe erreichen sie wirklich?

Die Manager der Modefirma NEW YORKER, sind der Meinung, dass sie und die NO 171 ANGELS auf das gleiche Publikum, die 14- bis 29-Jährigen, abzielen. „München, 14. November 2001. Von 20:15 bis 21:25 Uhr sahen gestern 23,3 Prozent (MA) der 14- bis 29-Jährigen, wie sich Faiz, Giovanni, Hila, Indira, Ross und Shaham auf ihren ersten Bühnenauftritt vorbereiteten. Damit war RTL II in diesem Zeitraum Marktführer in dieser Zielgruppe. Besonders bei den jungen Zuschauerinnen zwischen 14 bis 29 Jahren war RTL II in dieser Zeit mit 27,8 Prozent führend vor allen anderen TV-Sendern. (...) In der Kernzielgruppe der 14- bis 29-Jährigen beträgt der durch- schnittliche Marktanteil 21,1 Prozent mit Spitzenwerten bis zu 28,5 Prozent.“172

Dagegen sieht RTL2-Marketer HEBERLING die Fans der NO ANGELS nicht nur bei den 14- bis 29-Jährigen. Er behauptet: „Die Neugierde, zu sehen, wie Menschen zu Stars werden, besteht über alle Altersgrenzen hinweg.“173

POLYDOR-Chef HELLWIG sieht als Kernzielgruppe wiederum die weiblichen Teenager im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Durch geschickte Auswahl der Songs und niveauvolle Produktion der Musik strebt er allerdings eine Erweiterung der Zielgruppe auf über 30-Jährige an. HELLWIG hat einiges vor mit den neuen Stars: Die neu ge- schaffene Band soll als Girlgroup mit „hohem inhaltlichen Anspruch“174 unabhängig von der Fernsehserie POPSTARS etabliert werden. Dieses Ziel hat er inzwischen erreicht.

Der Poptheoretiker DIETRICH DIEDRICHSEN wählt eine etwas süffisantere Definition der Zielgruppe: „Man muss sich RTL2 als Jugendkultur vorstellen. Das fällt schwer, weil viele auf den drastisch vulgären Sexismus und den Mantafahrer-Humor vor allem mit Klassendünkel reagieren: ein Proletensender. Ja, schon, aber einer für die dezidiert junge Unter- schicht - Leute, die zwar arm sind, aber immer für Impulskäufe und Spontanverschul- dung zu haben.“175

Des Weiteren gibt es eine Untersuchung176, die statistisch ausgewertet hat, wer die

Internetseite zu POPSTARS (www.rtl2.de/popstars) besucht und welche Gruppe von Benutzern (im Folgenden “User“ genannt) sich regelmäßig dort über die Band infor-

171 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, 23. Mär. 2001 172 RTL2 Pressemitteilung vom 14. Nov. 2001 173 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, 23. Mär. 2001 174 Europa-Fachpresse-Verlag GmbH, 23. Mär. 2001 175 Der Tagesspiegel, 25.Nov. 2002 176 vgl. Datei: Begleitforschung New Media IP.pdf auf der CD im Anhang 74 miert. Ausgangspunkt der Untersuchung war das bestehende Interesse, der auf der Internetseite vertretenen Sponsoren, die Effizienz ihrer Sponsorenengagements zu eruieren.

Dafür wurde von der Firma NEW MEDIA IP (einer Tochtergesellschaft von RTL), in Zusammenarbeit mit den Sponsoren, eine quantitative Onlinebefragung mit folgen- dem Inhalt durchgeführt:

Inhalt: • Studiensteckbrief • Strukturanalyse der User auf Popstars • Werbewirkungsanalyse bei Usergruppen • Werbewirkungsanalyse bei Sehergruppen • Crossmediale Werbewirkungsanalyse • Conclusio

Es wurden Stichproben nach der “Methode des N-ten“ Besuchers gemacht und 1118 Fälle verwertet. Die Probanden mussten einen Fragebogen ausfüllen, der mit Hilfe der Befragungssoftware ROGATOR ausgewertet wurde. Zeitraum der Feldforschung war der 15. – 19. Nov. 2001, begann demnach zwei Tage nach dem ersten Auftritt von BRO’SIS vor der Öffentlichkeit.

(Abb. 22) Nutzung Allg.

In der Untersu- chung wird zwischen Heavy und Light Usern unterschieden. Diese Trennung wird auch im weiteren Verlauf beibehalten.

75

(Abb. 22) Geschlechtervert eilung

Wie hier deutlich zu sehen ist, sind es überwiegend weibliche User, die die Popstars- Internetseite nutzen.

(Abb. 22) Altersverteilung

Diese Grafik schlüsselt die Altersverteilung der User auf. Den größten Anteil stellen die 11-19 Jährigen dar.

Zusammenfassend lässt sich aus den Inhalten der drei Schaubilder erkennen, dass die unter 3.3 angegebene Zielgruppe genau mit der aus den Ergebnissen der Unter- suchung hervorgehenden Zielgruppe übereinstimmt. Außerdem geht aus einer weiteren Quelle, die eine Übersicht über die Einschaltquo- ten177 der Sendung Popstars gibt, hervor, dass fast doppelt so viele weibliche (0,93 Mio.) als männliche (0,55 Mio.) Zuschauer die Sendung Popstars verfolgten. Werden nun diese beiden, voneinander unabhängig durchgeführten, Untersuchun- gen miteinander verknüpft, lässt sich folgende Verallgemeinerung ableiten: Das größte Interesse an dem Fernsehformat Popstars besteht bei den weiblichen 14- bis 19-jährigen Zuschauern. Damit ist die Zielgruppe ausreichend bestimmt.

177 s. CD-Anhang A4; von RTL2 für diese Arbeit zur Verfügung gestellt (vollständig auf der CD im Anhang als Datei “Popstars – Übersicht Einschaltquoten.xls“) 76 3.4 Plattenverträge, die verschiedenen Vertragsformen

3.4.1 Der Singlevertrag:

„Der Künstler verpflichtet sich, für die Firma bei nachstehenden, für die Herstellung, Vervielfältigung und Verwertung von Tonträgern und/oder Bild-Tonträgern bestimmten Aufnahmen (Werken oder Titeln) mitzuwirken und die dazu notwendigen Rechte, die er während der Schallaufnahmen erwirbt, auf die Firma zu übertragen.“178

Gegenstand des Singlevertrages ist die Produktion und Verwertung einer Sin- gle/Maxi, bei genau festgelegten Titeln für die A-und B-Seiten durch die Plattenfirma bei prozentualer Beteiligung des Künstlers an dem Verkaufserlös. Die Plattenfirma verpflichtet sich, die Produktionskosten zu übernehmen und den Tonträger zu ver- treiben. Sie ist also für die Werbung zuständig. Dies gilt nur für in Deutschland abge- schlossene Verträge. In Amerika ist es üblich, die Kosten für die Produktion dem Künstler nur als Vorschuss zu gewähren, die er später zurückzahlen muss. „Der Künstler überträgt der Firma – und unmittelbar ihren Vertragspartnern im Rahmen von Auswertungsverträgen bzw. ihren Rechtsnachfolgern – ohne Einschränkung und für alle Länder der Welt seine sämtlichen Leistungsschutz- und sonstigen Rechte, die er während der Vertragsdauer durch seine Darbietungen an den Aufnahmen er- wirbt.“179

Dies gilt nur für die vertraglich festgelegten Titel. Die Firma hat die Titelausschließ- lichkeit (Rechte an den Titeln für den Zeitraum von 5 bis 10 Jahren). Der Künstler hat die Möglichkeit, andere, von ihm komponierte Titel, auch anderen Plattenfirmen anzubieten. Die Umsatzbeteiligung des Künstlers ist abhängig von der verkauften Menge an Singles und richtet sich nach der Art der Tonträger bzw. deren Verkaufspreis. Die Beteiligung des Künstlers bewegt sich in einem Bereich von 3,5 bis 20 Prozent (Umsatzbeteiligungen von bis zu 20 % sind allerdings den Weltstars vorbehalten), wobei 7 –10 Prozent abzüglich der Steuern der Durchschnittssatz sind.180

3.4.2 Der Künstlervertrag:

Gegenstand des Künstlervertrages ist eine mehrjährige Zusammenarbeit zur Auf- nahme und Verwertung von Tonträgern.

178 Robert Lyng, 1998, S. 179 179 Robert Lyng, 1998, S.180 180 vgl. Robert Lyng 1998, S. 184 77 „Der Künstler überträgt auf die Firma das ausschließliche und übertragbare Recht, sei- ne sämtlichen schutzfähigen Darbietungen während der Dauer dieses Vertrags auf Tonträger aller Art aufzunehmen.“181

Der Unterschied zu einem Single-Vertrag besteht darin, dass mit dem Künstlerver- trag der Künstler mitsamt sämtlicher schon existierender und noch in Zukunft fertig zu stellender Werke sich an eine Firma bindet, während in einem Single-Vertrag nur die Rechte an den im Vertrag festgelegten Titeln auf die Plattenfirma übergehen. Der Künstler kann zur selben Zeit mit anderen Titeln einen Vertrag mit einer anderen Firma eingehen. „Die Firma garantiert die Durchführung und Veröffentlichung von Aufnahmen für min- destens eine Langspielplatte pro Vertragsjahr. Auf Wunsch der Firma wird der Künstler für weitere über die Mindestzahl hinausgehende Aufnahmen zur Verfügung stehen.“182

Die Rechte und das Eigentum an dem Material, der unter einen solchen Vertrag fallenden Schallaufnahmen, gehen mit ihrer Entstehung in den Besitz der Firma über. „Als Vergütung für vom Künstler im Rahmen dieses Vertrages zu erbringende Leistun- gen erhält er eine Umsatzbeteiligung an den unter diesen Vertrag fallenden Aufnah- men. Mit dieser Umsatzbeteiligung sind alle Ansprüche des Künstlers aus diesem Ver- trag abgegolten.“183

Zunächst müssen alle Produktionsnebenkosten gedeckt sein, dann erst bekommt der Künstler für Verkäufe innerhalb der BRD, 14 % des Großhandelspreises im jeweili- gen Verkaufsland.

3.4.3 Der Bandübernahmevertrag:

„Der Inhaber verpachtet das Master[184] - Die zur Zusammenstellung einer LP/CD aus- reichenden und vom Inhaber hergestellten Werke – sowie alle diesbezüglichen Copy- rights für eine Dauer von fünf Jahren ab Vertragsabschluss an die Plattenfirma, wenn in diesem Vertrag nicht ausschließlich etwas anderes bestimmt ist (Pachtdauer).“185

Der Vorteil für den Künstler besteht darin, dass er ganz alleine den Inhalt und die Ausführung seiner Werke bestimmen kann. Er muss nur das fertige Endprodukt vorlegen. Des Weiteren verpachtet er seine Werke nur für einen gewissen Zeitraum. Nach Ablauf dieser Frist gehen diese wieder in seinen Besitz über.

181 Robert Lyng, 1998, S. 195 182 Robert Lyng, 1998, S. 196 183 Robert Lyng, 1998, S. 201 184 Die fertig abgemischten Aufnahmen aller Titel, die auf eine CD oder LP gepresst werden sollen. 185 Robert Lyng, 1998, S. 210 78 Zur Anfertigung der Masterbänder bekommt der Künstler eine Vorleistung / einen Vorschuss in der Höhe einer vertraglich festgelegten Summe. „Die Plattenfirma verpflichtet sich, ... , dem Inhaber eine Grundtantieme in Höhe von 15 % (fünfzehn Prozent) des empfohlenen Verkaufspreises für jeden hergestellten und verkauften Tonträger zu zahlen, es sein denn, der Inhaber befindet sich in Verzug.“186

Die Höhe der Gewinnbeteiligung ist hier nur ein Durchschnittswert. Sie richtet sich nach der Bekanntheit des Künstlers, ist also Verhandlungssache. ROBBIE WILLIAMS 187 soll zum Beispiel laut einem Artikel aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG 118 Millionen Euro für drei Alben bekommen. „Für die Dauer von 5 (fünf) Jahren nach Ablieferung der Masterbänder an die Platten- firma (nachfolgend „Sperrfrist“) verpflichtet sich der Inhaber, keinerlei Arbeiten auf die- sem Masterband zum Zwecke der Verwertung und/oder Herstellung von Masterbän- dern oder Tonträgern für andere Firmen aufzunehmen oder zu bearbeiten.“188

Dies sind in einer sehr gekürzten, gerafften aber dadurch recht übersichtlichen Version die wesentlichen Unterschiede der drei üblichen Plattenverträge. Interessant ist es, jetzt zu schauen, welche Verträge die Gewinner der Sendung POPSTARS erhielten. Wie viele Rechte bekommen sie an den Titeln zugesprochen, obwohl sie doch keinen einzigen Song komponierten.

3.4.4 Vertragswesen bei der Sendung POPSTARS.

Die Wahrheit im Musikbusiness stellt sich, wenn der Sendung POPSTARS Glauben geschenkt werden soll, folgendermaßen dar: “Alles ist möglich, wenn man sich gegen die Konkurrenz durchsetzt“. Deshalb muss der Künstler immer wieder hart und diszipliniert an sich arbeiten, die Ergebnisse seiner Arbeit professionell präsen- tieren und an die Plattenfirmen verkaufen. Trotzdem schaffen das 90% derjenigen, die vom Ruhm und Reichtum träumen, nicht. In vorherigen Kapiteln wurde bereits besprochen, dass die Zuschauer sich mit den

NO ANGELS und deren Nachfolgern identifizieren. Dabei ist wichtig, dass sie mensch- lich wirken. Niemand mag einen Popstar, der abhebt und mit seinen Fans nichts mehr zu tun haben möchte. Aus dem Grunde sollen die NO ANGELS in der Öffentlich- keit anscheinend besser nicht allzu reich erscheinen.

186 Robert Lyng, 1998, S. 215 187 Robert Lyng, 1998, S. 216 188 Robert Lyng, 1998, S. 220 79 Dies ist die einzige Erklärung für die Tatsache, dass sich ROOST MACIAS und seine Partner lediglich in puncto Geld nicht in die Karten sehen lassen, wo sie doch sonst in der Sendung Wert darauf legen, alles unverschönert wiederzugeben und keine

Härte des Musikbusiness auszulassen. Die Gewinnbeteiligung der NO ANGELS ist nämlich die einzige Sache bei der Sendung POPSTARS, die lange Zeit nicht öffentlich gemacht wurde. Das verwundert, da die Sendung ansonsten ja die ungeschönte Wahrheit bei den Auswahlverfahren und den weiteren Vermarktungs-Strategien zeigte. Irgendwann hat jede Offenheit allerdings ein Ende - vor allem, wenn es um die Finanzen geht. So fanden sich in den diversen Zeitungsartikeln, die dieser Arbeit zu Grunde liegen nur wenige, die dieses Thema überhaupt ansprachen hinzu kam, dass in diesen meist nur Vermutungen zu lesen waren.

So hat eine der NO ANGELS in einem Interview aus Versehen einmal “ausgeplaudert“, dass die Fünf pro Kopf von der Plattenfirma nur 5.000 DM im Monat bekämen.189 Dies war zu einer Zeit als ihre Platten bereits europäische Verkaufsrekorde brachen. Als Reaktion darauf schrieben viele Zeitungen etwas von Ausbeutung und Knebelverträgen. „Die bekommen ihr Geld später. Wir möchten nicht, dass sie den Boden unter den Fü- ßen verlieren“, hieß es damals. Und die Mädchen gaben brav zu Protokoll: „Wir ma- chen das doch freiwillig. Wir lieben unseren Beruf.“ Seitdem ist das Thema Geld in der Öffentlichkeit tabu.“190

Im Hintergrund dreht sich das Interesse der Gruppe um HOLGER ROOST MACIAS und RTL2 natürlich nur um Geld. Viele Firmen arbeiten an dieser Sendung mit und alle wollen daran verdienen. Dabei tritt der künstlerische Gedanke in den Hintergrund. Wichtig ist, dass sich das fertige Produkt möglichst gut verkaufen lässt. Die musikali- schen Interessen der NO ANGELS wurden durch die Verträge soweit beschnitten, dass sie bei der ersten CD keine Mitspracherechte in der Gestaltung der auf der CD enthaltenen Musik erhielten. „Der Bertelsmann-Musikchef Thomas Stein hat einmal gesagt: ’Weder Autos noch Jo- ghurt wollen dabei mitreden, wie sie produziert, verpackt oder vermarktet werden.’ Er würde die „No Angels“ lieben.“191

Die Teilnehmer an einem Castings dürfen über die Verträge, die sie unterschreiben, nichts sagen.

189 Focus, 19. Febr. 2001 190 Berliner Zeitung, 31. Okt. 2001 191 Berliner Zeitung, 31. Okt. 2001 80 „Die Protagonisten sind derart jung und dankbar für ihre neue Rolle im Rampenlicht, dass sie sich wie die No Angels erst einmal mit ein paar tausend Mark pro Monat Grundgehalt abspeisen lassen fixiert in „Knebelverträgen“, wie Sow nach ihren Erfah- rungen bei der aktuellen Staffel meint, während der Sender, die Produktionsfirma Tre- sor TV und das Plattenlabel Polydor Rekordumsätze feiern.“192

Der Hauptverdiener bei der Sendung POPSTARS und TEENSTAR ist die Firma von

HOLGER ROOST MACIAS. Bei ihm laufen sämtliche Gewinne zusammen und er zahlt die Beteiligten an der “POPSTARS-Maschinerie“ aus. Den Rest der Gewinne aus dem

Gemeinschaftsprojekt will er sich mit RTL2 “brüderlich“ teilen. Den NO ANGELS

überweist seine Firma TRESOR TV zum Beispiel monatlich die oben genannten 5.000 DM netto im Monat. „An den Plattenerlösen seien die Mädchen, so Roost, mit „etwas mehr als den bran- chenüblichen fünf bis zehn Prozent“ beteiligt. Am Jahresende, schätzt er, werde jeder mindestens eine Viertelmillion steuerfrei überwiesen. Das hält Roost, der „vom Sozia- lismus nicht allzu weit abgerückt“ ist, für ein faires Verteilungssystem: ’Vor ein paar Monaten waren die Mädels noch Verkäuferinnen oder lebten von Sozialhilfe’.“193

Aus dem Bewerbungsbogen für TEENSTAR, der auf der CD im Anhang A11 vollstän- dig dargestellt ist, lässt sich erkennen, dass die Bewerber sämtliche Rechte an ihren Daten, ihren eingeschickten Videos, zukünftigen Produktionen, Namen, usw. auf die

TRESOR TV-PRODUKTION GMBH und RTL2 FERNSEHEN GMBH & CO KG übertragen müssen. Als Beleg ist im Folgenden die Einverständniserklärung aus dem Bewerbungsbogen abgedruckt.

Einverständniserklärung: Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich einverstanden mit der unentgeltlichen Anferti- gung von Ton- und Bildaufnahmen anlässlich der Produktion der TV-Serie „TeenStar“. Gleichzeitig räume ich TRESOR TV-Produktion GmbH und RTL2 Fernsehen GmbH & Co KG an den angefertigten Ton- und/oder Bildaufnahmen und an jeder daraus resul- tierender Fernseh- oder sonstiger Produktion, insbesondere auch Tonträgerproduktio- nen gleich welchen Inhalts und gleich welcher Zweckbestimmung ebenfalls unentgelt- lich alle bei der/dem Unterzeichnenden entstehenden oder entstandenen urheberrecht- lichen Nutzungs-, Leistungsschutz-, Persönlichkeits- oder sonstigen Rechte (z.B. Mer- chandising, Drucknebenrechte, Online-/Internetrechte) einschließlich des Rechts am eigenen Bild sowie des Namensschutzes und allen Nutzungsrechte hieran ausschließ- lich ein. Dies gilt auch für die von mir mitgebrachten Bild- und Tonmaterialien. Der/die Unterzeichnende verzichtet sowohl im Hinblick auf die Erklärung seines/ihres Einver- ständnisses als auch im Bezug auf die bevorstehende Rechteübertragung und eine daraufhin möglicherweise erfolgte Verwertung der übertragenen Rechte auf die Gel- tendmachung von Ansprüchen im Wege der einstweiligen Verfügung oder des Arrestes sowie auf Zahlungsansprüche jeglicher Art.

192 Der Spiegel, 19. Nov. 2001 193 Focus, 19. Febr. 2001 81 Ich gebe mein Einverständnis für die entsprechende Auswertung der Ton-und/oder Bildaufnahmen unbeschränkt und in ausschließlicher Form. Darüber hinaus erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten im Rahmen der „TeenStar“- Produktion einverstanden.194

Aus diesem Bewerbungsbogen für die Sendung TEENSTAR lässt sich durch den Vergleich mit den oben aufgeführten Vertragsformen herauslesen, dass zumindest der Gewinner der TEENSTAR-Staffel, PIERRE, einen Künstlervertrag bekommen hat. Da er der Plattenfirma keine eigenen Songs angeboten hat, wie es bei einem Band- übernahmevertrag üblich wäre, fällt die eben genannte Form des Bandübernahmevertrags weg. Die erste Form, der Singlevertrag, kann auch nicht zutreffen, da die Teilnehmer laut oben abgebildetem Vertrag die Rechte an sich, also auch an ihrer Person, ganz und gar an die Plattenfirma übergeben und nicht nur die Rechte an einigen festgelegten Songs abtreten. Wie genau der Vertrag zwischen dem Gewinner PIERRE und der TRESOR TV-PRODUKTION GMBH und RTL2 FERNSEHEN

GMBH & CO KG aussieht, ist nicht zu erfahren, allerdings ist der Rahmen der Rechtsverteilung dieses Vertrages bereits durch die Unterzeichnung des oben abgedruckten Textes weitestgehend festgelegt. Alles Weitere liegt in den Händen und dem Verhandlungsgeschick des Anwalts, der den Gewinner vertritt. Da PIERRE allerdings nicht eine Note der von ihm vorgetragenen Stücke selbst komponiert hat, wird seine Verhandlungsgrundlage auf der seine Ansprüche basieren, nicht allzu großDie Bewer sein. bungsformulare der beiden anderen POPSTARS-Staffeln liegen leider nicht vor, weil damals, aufgrund des geringeren Bewerberandrangs, noch keine Bewer- bungsbögen notwendig waren. Wie uns eine Teilnehmerin des ersten POPSTARS- Projekts telefonisch mitteilte musste sie einen ähnlichen Vertrag unterschreiben, wie den oben zitierten. Demnach ist zu vermuten, dass auch die beiden Vorgängerbands einen Künstlervertrag erhalten haben. Dazu würden auch die von ROOST MACIAS genannten Zahlen (Monatszahlung + Beteiligung an den Plattenverkäufen von etwas mehr als 5-10 %) passen.

3.5 Gewinnkalkulation anhand eines Beispiels

Zu diesem Thema lag ein passender Artikel in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG vom 15. September 2002 vor, der nicht zusammengefasst wird, weil er viele Zahlen kurz und detailliert nennt:

194 vgl. Teenstar Bewerbungsbogen, Anhang A11 82 „Aus zahlreichen Gesprächen mit Branchenkennern geht hervor, dass die Produktion einer Pop-Platte zwischen 70 000 [47.600 €] und 120 000 [81.600 €] Franken kostet. Dabei sind die Marketingaktivitäten, der Vertrieb und wohl auch noch einige andere Kosten nicht eingerechnet. Die Marketingaktivitäten variieren stark von Fall zu Fall, dürften 50 000 [34.000 €] Franken aber nur in seltenen Fällen übersteigen. Eine Pop- Produktion erreicht demnach die Gewinnschwelle, wenn zwischen 12 000 und 20 000 Platten verkauft werden. Die Lovebugs (eine Schweizer Band) haben bisher von «Transatlantic Flight» etwa 25 000 Stück verkauft, vom Nachfolge-Album «Awaydays» sind es bis anhin 30 000. Das bedeutete je einmal «Gold». In der Schweiz erreicht ein Album mit 20 000 verkauften Alben den Status «Gold». 40 000 Einheiten bedeuten «Platin». In Deutschland müssen dafür 150 000 respektive 300 000 Tonträger abge- setzt werden.“195 „Für den entsprechenden Clip zu «Daylight in Your Eyes» von No Angels ließ die Plat- tenfirma 150 000 Franken [102.000 €] springen. Die Produktion des ersten Tears- schlug mit rund 120 000 Franken [81.600 €] zu Buche, die Platte der No An- gels dürfte laut Informationen aus der Branche zwischen 200 000 [136.546 €] und 250 000 Franken [170.546 €] gekostet haben.“196

Wenn die Zahlen stimmen, haben sich ROOST MACIAS und Partner eine “goldene

Nase verdient“. Auch die NO ANGELS und BRO’SIS haben bei der oben angegebenen Gewinnbeteiligung von „etwas mehr als 5-10 %“197 sehr gut mitverdient. Dazu ein

Rechenbeispiel: Die erste BRO’SIS-Single I BELIEVE verkaufte sich in der ersten Woche 800.000 mal. Bei einem Stückpreis von 6,99 €, ergibt das einen Bruttogewinn von sie 5.592.000 €. 10 % Gewinnbeteiligung davon sind 559.200 €. Dies wäre demnach das Geld, das den Mitgliedern von BRO’SIS bereits eine Woche nach Verkaufsstart zustünde. Geteilt durch sechs bekäme jeder 93200 €. Um die Gewinne der Produzenten abzuschätzen, folgt ebenfalls ein Rechenexempel: 198 Das Album ELLE’MENTS der NO ANGELS verkaufte sich bislang über 1 Mio. mal. Die Kosten für die CD-Produktion belaufen sich, wie oben angegeben, auf rund 150.000 €. Bei einem CD-Preis von 14,45 € pro Stück brachte diese bei einer Verkaufszahl von 1 Mio. Exemplaren 14.450.000 €, wovon 10 % Gewinnbeteiligung abgezogen werden. Das ergibt 13.005.000 €. Davon werden 150.000 € Produktionskosten abgezogen. Werden dazu noch hochgerechnet 2 Mio. € für sonstige Kosten (Pres- sen, Druck, Layout, Verpackung, Logistik) abgezogen, bleiben am Ende 10.855.000 € übrig. Diese knapp 11 Mio. € sind der Reingewinn allein an dem Album.

195 Neue Zürcher Zeitung, 15.Sept. 2002 196 Neue Zürcher Zeitung, 15.Sept. 2002 197 Focus, 19. Febr. 2001 198 vgl. Kapitel 2.5.1 83 3.6 Die Charts

MEDIA CONTROL ermittelt die Top-100 Bestsellerlisten für Singles und Longplays in Deutschland. Diese erfolgt durch wöchentliche, schriftliche Befragung einer Stichpro- be von Einzelhändlern nach den Verkaufszahlen. Jeder Facheinzelhändler kann und sollte an der Bestsellerermittlung teilnehmen.199

„Die Verkaufszahlen von über 1.800 Händlern holt MEDIA CONTROL täglich über Pho- noNet in den Zentralcomputer. Hieraus entstehen die täglichen CD-Verkaufstrends, die wöchentlichen offiziellen Top 100-Musik-Charts, die Repertoirecharts Dance, Klassik, Schlager, etc. Für die Musikindustrie, und für alle, die wissen wollen, was läuft.“200

Die Bestsellerlisten, besser bekannt als Charts, spiegeln das Kaufverhalten des Gesamtmarktes der jeweils vorletzten Woche wieder. Trendgeschäfte ersetzen die bundesweiten Bestsellerlisten zum Teil durch eigene, für ihre Klientel zutreffende Listen. Die Charts sind für Konsumenten ein besonders wichtiges Merkmal der Produktbeurteilung und gelten als Schlüsselinformation zur Kaufentscheidung. Sie werden aus dem Kaufverhalten der Kunden ermittelt und beeinflussen ihrerseits andere Konsumenten in deren Entscheidungsfindung (“Top-10-Hits kann man ohne Risiko verschenken“). Sie geben Entscheidungshilfen beim Kauf (Beratungsfunktion) und können ebenso Impulskäufe auslösen. Außerdem sind die Bestsellerlisten fast identisch mit den aus dem Radio gewohnten Hits, also nur noch eine Bestätigung dafür, dass “die Musik gut sein muss“. Objektive Maßstäbe zur Produktbeurteilung von Musikprogrammen gibt es so wenig, wie Maßstäbe des guten Geschmacks. In diesem \/akuum der Maßstäbe geben Bestsellerlisten für Konsumenten eine wichtige Orientierungshilfe.

Bei Betrachtung der Charts, scheinen “die Macher“ von POPSTARS sehr genau den Willen und Geschmack der Hörer getroffen zu haben. Nicht nur die erste Single der jeweiligen Band, sondern sämtliche aus diesem Projekt hervorgehende CDs (Singles sowie Longplays) haben sich sehr gut verkauft. Vor allem schafften fast alle Neuerscheinungen der Bands den nicht alltäglichen Einstieg in die Charts von null auf Platz eins und konnten sich dort oft mehrere Wochen halten. Eine Ausnahme hierbei stellt der Gewinner der TEENSTAR-Staffel PIERRE dar. Seine Single SUNSHINE

199 vgl. Peter Allemeier, 1990, S. 23 200 www.media-control.de/charts 84 der Gewinner der TEENSTAR-Staffel PIERRE dar. Seine Single SUNSHINE verkaufte sich nur mit mäßigem Erfolg.201 Im Einzelnen stellten sich die Charterfolge der jeweils ersten Singles und Longplays folgendermaßen dar. Als Grundlage der Ermittlungen dienten die Listen der MEDIA 202 CONTROL Charts der Jahre 2001 und 2002.

SINGLE LONGPLAY

NO ANGELS BRO’SIS PIERRE NO ANGELS BRO’SIS (2001) (2001/2002) (2002) (2001/2002) (2002) Daylight Rivers of joy I believe Do you Sunshine Elle’ments Never forget KW. Platz KW. Platz KW. Platz KW. Platz KW. Platz KW. Platz KW. Platz 8 1 51 1 32 12 13 1 7 1 9 1 52 1 33 17 14 1 8 1 10 1 53 34 19 15 1 9 3 11 1 1 1 35 25 16 2 10 3 12 1 2 1 36 41 17 2 11 5 13 1 3 1 37 50 18 3 12 7 14 3 4 1 38 68 19 5 13 5 15 5 5 2 39 85 20 6 14 11 16 8 6 4 40 100 21 5 15 7 17 7 7 11 22 11 16 14 18 14 8 12 23 9 17 18 19 29 9 24 24 9 18 23 20 50 20 7 10 33 25 13 19 26 21 66 21 13 11 50 11 3 26 19 20 35 22 73 22 10 12 58 12 5 27 25 21 36 23 raus 23 16 13 68 13 3 28 22 22 raus 24 17 14 raus 14 5 29 27 23 47 25 20 15 3 30 23 24 raus 26 25 16 7 31 23 27 30 17 12 32 30 28 47 18 17 33 38 29 55 19 25 34 35 30 52 20 34 35 27 31 raus 21 39 36 30 22 52 37 40 23 57 38 46 24 raus 39 62 40 89 Ausge löst durc h die sehr ho hen Einsch altqu oten (bis zu 39, 4 % Marktanteil bei 41 Raus den 14 – 19-J ährigen), bei der Enda ussche idung d er zweiten POPSTARS -Staffel 42 7 43 7 am 15. Okt: 2001 (42. Kalenderwoche), scheint, als Nebenprodukt, das Interesse 44 10 an der CD der “alten“ POPS TARS N O ANGELS (ELLE ’MENTS) nochmals entfacht 45 13 wo rden zu sein. Nachd em das Album in de r 41. KW . des Jahres 200 1 bereits 46 16 47 18 aus den Charts verschwunden war, stieg es mit einem phänomenalen 7. Platz in 48 20 der selben Woche wieder ein und b lieb von da an, über einen langen Zeitraum, 49 16 bis zur 37. KW des Jahres 02 (9.- 15. Sept.) unter de n Top 100. 50 15 51 6

201 vgl. Kapitel 2.5.3 202 www.musicline.de/de/charts/single 85 52 5 53 1 5 2 6 3 9 4 16 5 20 6 23 ...... 36 92 37 raus

Die CD ELLE’MENTS von den NO ANGELS konnte ihren Platz unter den Top 100, wie oben zu sehen, über einen Zeitraum von 77 Wochen (gut 19 Monate) verteidigen und ist somit das bisher erfolgreichste Album aus der POPSTARS-Schmiede. Das unter 3.3 bereits genannte Konzept, das POLYDOR-Chef HELLWIG mit den NO ANGELS verfolgt, ist aufgegangen. Sein Ziel, die neu geschaffene Band als Girlgroup mit „hohem inhaltlichen Anspruch“ unabhängig von der Fernsehserie POPSTARS zu etablieren, hat er erreicht. Die CD ELL’EMENTS muss von einem breiten Publikum gekauft worden sein, da sonst die hohen Platzierungen, in den Charts, über einen so langen Zeit- raum, nicht möglich gewesen wären. Daraus kann abgeleitet werden, dass auch die

Erweiterung der Zielgruppe auf die über 30-Jährigen gelang, denn wie bei TEENSTAR zu erkennen ist, verfügt die dortige Zielgruppe, der 14 – 19-Jährigen, nicht über die

Kaufkraft, wie sie bei den Käufern der NO ANGELS CD feststellbar ist.

4 Untersuchungen

4.1 Form der Untersuchung:

• Das Alter der Hauptzielgruppe, der Sendung POPSTARS, konnte unter Punkt 3.3 mit 12 – 19 Jahren festgelegt werden. Die Untersuchung stellt eine sowohl quantitative als auch qualitative Befragung dieser Altersgruppe dar. • Ort der Befragung, waren vier, exemplarisch ausgesuchte, Bremer Schulen. • Die quantitativen Fragen des Fragebogens wurden mit dem Kalkulationspro-

gramm MS-EXCEL ausgewertet. • Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung wurden in einer Übersicht ge- sammelt und später kommentiert. • Der Zeitraum der Befragung war der 02. - 20. Sept. 2002. • 1.000 Fragebögen wurden verteilt. Davon konnten insgesamt 558 gültige Fragebögen ausgewertet werden.

86 Aufgrund der Altersstruktur in Schulen erwiesen sich diese als geeignete Anlaufpunk- te für die Befragung. Der vollständige Fragebogen, sowie einige ausgefüllte Exemp- lare, befinden sich im Anhang. Die Ergebnisse der, unter Punkt 3.3 vorgestellten quantitativen Onlinebefragung, der

Firma NEW MEDIA IP zeigen deutlich, dass die Gruppe der Schüler die, mit Abstand, größte Usergruppe der Internetseite von POPSTARS darstellen.

(Abb. 22) Berufsgruppen Die Schüler sind mit 61 % die größte Usergruppe der Internetseite www.rtl2.de/popstars

Um eine möglichst gute Mischung zu erhalten wurden im Raum Bremen unterschied- liche Stadtteile, sowie unterschiedliche Schularten ausgewählt.

• SCHULZENTRUM SÜD / Kornstraße - Sekundarstufe I (7. - 10. Klasse), Haupt- schule, Realschule, Gymnasium; Einzugsgebiet: Neustadt

• KIPPENBERG-GYMNASIUM - Sekundarstufe I (7. - 10. Klasse), nur Gymnasium; Einzugsgebiet: Schwachhausen

• FREIE WALDORFSCHULE BREMEN, Touler Straße - Gesamtschule (5. - 13. Klas- se); kein festgelegtes Einzugsgebiet aufgrund der besonderen Schulform

• SCHULZENTRUM RONZELENSTRAßE. - Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium; Einzugsgebiet: Horn-Lehe

• SCHULZENTRUM WALLISER STR. – Sekundarstufe I und II (7. – 13. Klasse), Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Oberstufe. Einzugsgebiet: Tenever / Oyten. (Die an dieser Schule abgegebenen 250 Fragebögen sind leider, “auf ominöse Art und Weise“, bei einem Umzug verloren gegangen.)

87 4.2 Ziele:

In erster Linie soll die Befragung einen Gesamteindruck der tatsächlichen Einstel- lung, der unter Punkt 3.3 benannten Zielgruppe, zur Sendung POPSTARS und TEEN-

STAR liefern.

Folgende Fragen ziehen sich als Leitfaden durch diese Studie: • Wie denken die, als Hauptzielgruppe bezeichneten, Schüler tatsächlich über

die Sendung POPSTARS? Hohe Einschaltquoten müssen schließlich kein Indiz dafür sein, dass die Zuschauer auch von der Vorgehensweise oder dem Er- gebnis der Show überzeugt, bzw. begeistert sind. • Lassen sich Unterschiede in der Bewertung, zwischen den entsprechenden Schulformen ausmachen? • Stimmen die Ergebnisse dieser Untersuchung mit den unter Punkt 3.3 be- nannten Untersuchungen überein? • Beeinflusst eine musikalische Vorbildung die Einstellung zu solchen Projek- ten? • Welche Rolle spielen Geschlecht und Alter bei den Ergebnissen?

4.3 Ergebnisse:

4.3.1 Quantitative Untersuchung:

Nach der Auswertung der quantitativen Fragen des Bogens, stellten sich drei we- sentliche Ergebnisse heraus, die in Bezug auf das Popstars-Projekt Relevanz besit- zen. Durch die Möglichkeit, mit Excel, die verschiedensten Datenfelder miteinander ver- knüpfen zu können, wurden besonders mit Frage 6 (Wie findest du...?) Beziehungen hergestellt. Zum Beispiel wurde geprüft, wie sich diesbezüglich die alters- und ge- schlechterspezifischen Unterschiede darstellen. Ebenso wurden eine Einteilung in Musiker und Nichtmusiker vorgenommen und auf Unterschiede bei der Beantwortung von Frage sechs untersucht. Die Details aller Berechnungen befinden sich in der Datei “Auswertung-Schülerbefragung.xls“ auf der CD im Anhang.

88 Die vier Einzelergebnisse der Schulen unterscheiden sich teilweise sehr stark (vgl. Excel-Datei), was durch die verschiedenen Standorte und Angebote an den Schulen bedingt ist. So spielen zum Beispiel am SZ Süd nur 22% aller Befragten ein Instru- ment, während im Kippenberg-Gymnasium 87 % Musik machen. In einem letzten Schritt, wurden zur Durchschnittsbildung sämtliche Einzelergebnisse der Schulen zusammengeführt und ergeben die nachstehende Gesamtübersicht.

Gesamtergebnis Gewertet: 558 Ungültig: 9

Alter w m Beworben: Gewußt: Was hälst Mitwirken: 14 52% 48% 4% 33% 3,6 19%

Pop HipHop/Rap Rock Wie findest du...? (Notenskala von 1 - 6) 23,8% 20,1% 11,1% Antworten getrennt nach Geschlecht & Musikern Charts / Black R'n'B Geschlecht Musiker Nicht- 7,6% 5,6% 4,7% männlichweiblich Gesamtnote: Musiker Klassik Schl. / Old. / Raggae 4,4 3,6 4,0 3,4 4,0 3,6% 3,3% 3,1% Techno Soul Punk-Rock Noten nach Alter (beschränkt auf die in K. 3.3 definierte 3,1% 3,0% 2,8% 12 13 14 15 16 17 18 19 Heavy Dance Filmmusik 3,1 3,9 4,3 4,6 4,1 5,4 3,3 1,0 1,7% 1,1% 1,1% Jazz Trance Türkisch spielen Instrument: Banderfahrung: 1,0% 0,7% 0,7% 78 das 53% 6% House Latin Arabisch 0,6% 0,5% 0,4% Am intensivten verfolgt: Rock 'n Roll Alternative Russisch No Brosis Teenstar 0,3% 0,1% 0,1% 1016 39% 32% 29%

27 13 18 58

Folgende Tendenzen sind dabei zu beobachten: • Die männlichen Befragten beurteilen die Popstars-Bands (Frage sechs) mit der Note 4,4 (Skala 1-6). Die weiblichen Probanden hingegen bewerten die Bands fast eine ganze Note besser (3,6). • Bei den Musikern sieht es so aus, dass sie die Bands mit der Note 3,4 um 0,6 Punkte besser bewerten, als die Nicht-Musiker. • Außerdem wurde die Notengebung nach der in Kapitel 3.3 bestimmten Ziel- gruppe aufgeschlüsselt, wie die folgende Grafik darstellt.

89

• Insgesamt beurteilten die Schüler die Bands wider Erwarten mit der Note 4. Auf einer Skala von ein bis sechs ist dies relativ schlecht, was den Charterfol- gen der Bands eigentlich wiederspricht. • Das Durchschnittsalter der Probanden betrug 14 Jahre und die Geschlechts- verteilung war, mit 48 (m) zu 52 (w) Prozent, ausgeglichen. • Bei der Erfragung der Lieblingsmusik setzten sich die Popmusik203 (23,8 %) und Hip-Hop/Rap (20,1 %) eindeutig von den anderen Gattungen ab. Die wei- tere Rangfolge der von den Schülern genannten Kategorien folgt in einer Ta- belle.

Pop HipHop/Rap Rock 23,8% 20,1% 11,1% Charts / Radio Black R'n'B 7,6% 5,6% 4,7% Klassik Schl. / Old. / Coun. Raggae 3,6% 3,3% 3,1% Techno Soul Punk-Rock 3,1% 3,0% 2,8% Heavy Metall Dance Filmmusik 1,7% 1,1% 1,1% Jazz Trance Türkisch Pop 1,0% 0,7% 0,7% House Latin Arabisch Pop 0,6% 0,5% 0,4% Rock 'n Roll Alternative Rock Russisch 0,3% 0,1% 0,1%

203 Vgl. die Begriffsbestimmung von Popmusik von den Schülern unter Punkt 4.3.2 90 4.3.2 Qualitative Untersuchung:

Unter diesem Punkt werden im Folgenden ausgewählte Antworten zu den Fragen drei, sechs und sieben eingefügt. Die vollständige Auswertung aller qualitativen Fragen finden sich auf der CD unter dem Ordner “Qualitative Untersuchung“.

Frage 3: Was verstehst du unter Popmusik? • „Lieder nach denen man tanzen kann, und Charts.“ (12, w.) • „Das was so im Radio läuft.“ (14, w.) • „Kommerzielle Musik.“ (14, m.) • „Nichts extremes, nichts leichtes. Eben neutral.“ (14, m.) • „Rosa-rote Musik, die eher an kleine Mädchen gerichtet ist.“ (16, w.) • „Ich verstehe darunter tanzen, singen und Spaß an der Musik.“ (14, w.)

Frage 6:

Was genau findest du gut oder schlecht (an den NO ANGELS oder BRO’SIS)? • „Schlecht: beide kämpfen darum die bessere Gruppe zu sein, spielen alle nur eine Rolle, die Musik find ich hat keine gute Qualität.“ (13, w.) • „Die No Angels ziehen sich nuttig an, können aber einigermaßen singen. Bro`Sis können nicht singen, nicht tanzen und haben ein scheiß Styling.“ (14, w.) • „Die Aufmache, alles ist „unecht“ an ihnen, alles vorgegeben. Man sieht die Persönlichkeit nicht in ihrer Musik, da diese vorgegeben.“ (18, w.) • „Styling ist gut, das Andere ist nicht gut.“ (14, m.) • . • „Musik und tanzen ist sehr wichtig und Styling auch. Aber dieses fin- de ich sehr schlecht.“ (12, w.) • „Bro`Sis macht sehr gute Teamarbeit.“ (11, m.) • „Persönlichkeiten: Ross heult, Faiz prügelt und Shaham behauptet er wäre Gott.“ (14, m.) • „Ich finde, dass viele Popstars zickig sind. Meine Freundin hat die No Angels kennen gelernt und Sandy war total eingebildet. Ich finde die No Angels aber trotzdem gut.“ (13, w.) • „Die Musik geht so, das Styling geht auch so, der Tanz ist ganz gut und ... welche Persönlichkeiten???“ (15, w.)

91

Frage 7: Was hältst du davon, Bands auf diesem Wege ins Leben zu rufen?

• „Nichts, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass sich die Leute untereinander nicht mögen.“ (12, m.) • „Sehr gut, weil so begabte Leute ihr Können zeigen können.“ (12, w.) • „Kommerz. Massenprodukte. Kreativitätslosigkeit, zuviel Druck.“ (14, w.) • „Ich finde es besser, wenn sich die Bands auf „natürlichem“ Weg zusammen finden.“ (16, w.) • „Dann haben junge Menschen eine Chance, dass ihr Talent gefördert • . wird“ (14, m.) • „Sehr gut, sie können dadurch ihren Traum erfüllen.“ (14, w.) • „Dann haben Jugendliche, die nicht aus reichem Hause kommen, auch eine Chance ihr Talent zu zeigen.“ (18, w.) • „Man erkennt die Schattenseiten der Popstars.“ (14, w.) • „Gut, denn dann können sie wenigstens singen - im Gegensatz zu Britney.“ (14, w.) • „Schlecht, weil ich Bands, die sich alleine aufgebaut haben besser finde.“ (14, w.)

4.4 Zusammenfassung

• Es lässt sich feststellen, dass die gecasteten Bands NO ANGELS und BRO’SIS,

vor allem aber BRO’SIS bei der Bewertung durch die Schüler, sehr schlecht wegkommen. Dies stimmt mit der, bei der Quantitativen Untersuchung he- rausgekommenen, Note 4 überein. Die Bands werden als nicht “echt“ oder “künstlich“ beschrieben. • Das Auswahlverfahren hat interessanterweise besser abgeschnitten. Während demnach die aus dem Casting hervorgehenden Bands von den Schülern als nicht authentisch wahrgenommen werden, wird das Casting als ein alltägli- ches etabliertes Ausleseverfahren in der Popmusik anerkannt. • In den Antworten klingt teilweise die Freude durch, dass auch arme und ganz normale Menschen die Möglichkeit bekommen berühmt zu werden. Anschei- 92 nend können die Schüler sich auch mit den Forderungen nach ständigem an sich arbeiten, identifizieren, die eine der Hauptaussagen der Sendung Pop- stars ist. • Ein weiterer wesentlicher Fakt ist, dass viele Schüler die Vermarktungsidee hinter dem Fernsehformat durchschauen. „Das ist bloß ein Weg, um sie bes- ser zu vermarkten. (14, w.)“

Ein Großteil der Bremer Schüler, die an der Befragung teilgenommen haben, finden die Sendung Popstars und die aus ihr hervorgehenden Bands, nicht gut. Dies wie- derspricht den Ergebnissen, die aus der Zielgruppenbestimmung in Punkt 3 abzule- sen sind und nach denen gerade die Berufsgruppe der Schüler die Hauptzielgruppe darstellen.

5 Fazit / Schlussbetrachtungen

5.1 Popstars - warum jetzt? Gesellschaftliche Zusammenhänge?

Viele ökonomische Zusammenhänge konnten bereits in den vorigen Kapiteln deutlich herausgestellt werden. Eine der Fragen die sich in diesem Zusammenhang stellt ist, ob es auch gesellschaftliche Zusammenhänge gibt, die eine in Kapitel 3 festgestellte Vermarktung von Musik überhaupt erst zuließen. Die Einengung der Musik auf ihre ökonomische Verwertbarkeit widerspricht dem Ziel, das der Musik zugrunde liegen sollte, läuft aber kongruent zu der gesellschaftlichen Wirklichkeit in der sich alles scheinbar nur noch um den “schnöden Mammon“ dreht. Musik ist Kunst und dürfte demnach nicht eingeschränkt sein, ansonsten kann sich ein Künstler nicht frei entfal- ten und neue, vorher nie da gewesene, Ideen entwickeln. Wie kommt es also, dass selbst die Kunst, in das Kapitalistische System eingebunden wurde. Die List, die dahinter steht ist so einfach wie wirksam. Die Kunst wurde in den gesellschaftlichen Randbezirk des elitären Genusses abgeschoben. Die Künstler werden so gut bezahlt und bekommen die entsprechende gesellschaftliche Anerkennung, damit sie gar nicht erst auf die Idee kommen zu rebellieren oder um es mit den Worten Hans G Helms aus seinem Essay „Die sistierte Zeit“ zu sagen:

93 „Im Elfenbeinturm mag selbst die unbequeme Kunst es sich wohl sein lassen. Es gilt, sie von dort ins Zentrum gesellschaftlicher Wirklichkeit zurückzuholen, nicht in den Be- trieb, sondern um zu treiben.“ 204

Die Musik einer Zeit beeinflusst die Menschen die in ihr leben, genauso wie die Gesellschaftlichen Verhältnisse die Musik verändern. In vielen Fällen lässt sich diese gegenseitige Beeinflussung erkennen. So waren immer schon die Musikstars Vorrei- ter für neue Modewellen, immer schon orientierten sich die Fans an dem Auftreten ihrer Stars (treten sie cool und lässig oder vornehm und elegant auf). Meistens ist das von den bekanntesten Musikern vertretene Image auch mehr oder minder von einem Großteil der Konsumenten übernommen worden. Andererseits ist Kunst auch immer ein Produkt der Zeit in der sie gemacht wurde. Sie ist untrennbar mit ihr verbunden und kann nicht ohne weiteres aus dem Umfeld gerissen werden in dem sie entstanden ist. „In die Gegenwart eingeholt, bringt sie Vergangenheit mit sich und wird dadurch zu ei- ner anderen Wirklichkeit, die zwar die gegenwärtige durchdringt, nicht aber mit ihr zu- sammenfällt. Beim betrachten, hören, lesen eines Kunstwerkes, werden die Zeiten des Betrachters und Künstlers untrennbar miteinander verwoben und manifestieren sich in dem Erfahrungskomplex des Rezipienten. Beim Lesen eines Essays den ein anderer Betrachter über ein Kunstwerk geschrieben hat, muss auch die Zeit und das Umfeld bedacht werden, in dem der Autor des Textes gelebt hat. So werden schon drei Zeiten und auch drei unterschiedliche Erfahrungskomplexe miteinander verwoben – eine un- glaubliche Bereicherung des Einzelnen.“205

Als drastisches Beispiel für den Einfluss der Gesellschaft auf die Musik sei die Zeit der Nazi-Diktatur genannt. Hier wurde der Gesellschaft die Deutsche Volksmusik aufgezwungen und alles andere wurde als “Negermusik“ abgetan. Ein positives Beispiel stellt die Musik der so genannten „Flower Power-“ Zeit dar. In ihr spiegelt sich das, für die Generation der “Hippis“ typische, Gefühl der Freiheit und Rückbe- sinnung auf das Wesentliche, Ursprüngliche wieder. Unzählige „Lagerfeuergitarren- hits“, die heute noch gespielt werden, entstammen dieser Zeit. Für die weitere Arbeit ist wichtig festzuhalten, dass es definitiv einen Einfluss der Musik auf die sie umgebende Gesellschaft gibt. Dies könnte der Herrschaft irgend- wann einmal gefährlich werden, dann nämlich, wenn die Musik politisch würde. Die Herrschaft hat dies schon viel früher begriffen und hat die Musik schnell in die Bahnen ihrer Politik gelenkt, bevor diese sich gegen sie wenden konnte. Mit der Herrschaft ist im Folgenden ein ungreifbarer gesellschaftlicher Überbau gemeint, der

204 Hans G. Helms, Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit, Januar 2001(S. 11-26) 205 Hans G. Helms, Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit, Januar 2001(S. 11-26)

94 sich aus der Philosophie des Kapitals, der Großverdiener, welche die Geschicke unserer Gesellschaft lenken zusammensetzt. Diese Feststellung lenkt die Aufmerksamkeit auf eine andere Frage. Ist die Kunst nur das Produkt des Künstlers der sie kreiert? „Diese Vorstellung geht auf die rituale Epoche der Kunst zurück. Rituale Arbeit war ein Privileg der Auserwählten – der Priester oder Künstler. Die Gemeinde blieb von der ri- tualen Arbeit ausgeschlossen, sie war gewissermaßen Publikum ( und in welchem Ma- ße sich das gegenwärtige Publikum noch als Gemeinde empfindet und verhält, lehrt so mancher Konzert- oder Museumsbesuch). Auch der Auserwählte war lediglich Sprach- rohr eines höheren Wesens, dem der Ritus gewidmet war. Dieses gab dem Künstler seine Werke ein, und er hatte sie blindlings zu notieren, auszuführen. In rituellen Kunstwerken manifestiert sich demnach nicht künstlerische, gesellschaftliche Erfah- rung, sondern der unangreifbare Wille des hohen Wesens.“206

Diese Darstellung des Auserwählten passt in ganz erstaunlicher Weise auf die Arbeit die die Gewinner der Sendung Popstars zu tun haben. Auch hier gibt es eine Macht (RTL 2) die dem Künstler (No Angels) seine Werke eingibt und die diese blindlings auszuführen haben. Zeichnet sich hier ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten ab? Spätes- tens seit der Aufklärung ist die oben beschriebene Vorstellung der ritualen Epoche der Musik widerlegt. Ungeachtet allen verklärten Glaubens einiger Künstler, wird der Wert eines Kunstwerks in unserer derzeitigen Gesellschaft, nicht über seinen Künst- lerischen Wert, über die Novität oder durch seinen Aufklärungsnutzen, sondern allein durch seinen Marktwert entschieden. In der Kunst kann man sagen, je seltener und begehrter ein Kunstwerk, desto höher sein Preis; auch sein Materialwert spielt eine Rolle. In der Musik kann man diese Wertung beinahe umdrehen. Dort hat das Werk den höchsten Wert, das am meisten gehört, und von dem am meisten Tonträger verkauft werden. Künstlerische Bewertungen werden nur noch von den Musikern vorgenom- men. Da diese jedoch nur eine Minorität in unserer Gesellschaft darstellen, findet eine künstlerische Bewertung de facto nicht statt. Die Herrschaft fördert natürlich nur, was ihren Interessen entspricht und hat dadurch die Möglichkeit, die gesellschaftliche Werteskala zu manipulieren. Bei Betrachtung der derzeitigen Charts und insbesondere der Sendung Popstars auf RTL2 setzt sich die Vermutung fest, dass jetzt der Kapitalismus endgültig den Freifahrtschein be- kommen soll. In den Sendungen wird ganz deutlich sichtbar, mit welchen Tricks in modernen Studios gearbeitet, durch welche Bewegungen, Gesichtsausdrücke und Gesangsübungen das zu verkaufende Werk am besten in Szene gesetzt wird. Vor

206 Hans G. Helms, Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit, Januar 2001 (S. 11-26) 95 allem ist der Zweck des reinen Geldverdienens schon in der Art der Bandzusam- menstellung erkennbar. Es wird nicht nach einer “klassischen“ Bandformation, son- dern nach Sänger gesucht, die zusätzlich auch noch tanzen können und deren einzige Funktion es ist, ein schon fertig vorproduziertes Produkt mit ein wenig Li- vepräsenz bühnentauglich zu machen. Dies ist so ziemlich die ökonomischste Art der Musikproduktion. Die Produzenten müssen sich nicht mit eigenwilligen Musikern herumschlagen, die ihren eigenen Stil in die Musik mit einfließen lassen wollen, sondern lassen das Produkt im Computer und Sampler vorproduzieren. Dadurch fallen zusätzlich noch die teuren Studiomusi- ker weg und die Produktionszeit wird optimal minimiert. Das Endresultat hat einen radiotauglichen Klang und ist trotzdem jederzeit veränderbar. Beim Betrachten dieser Sachverhalte kommt die Frage auf, ob der Begriff der Kunst nicht nur durch pure ökonomische Zufälligkeit bestimmt wird. In der Kulturlandschaft Deutschland im neuen Jahrtausend manifestiert sich immer mehr der so genannte „Fun“-faktor als maßgeblich. Texte – besonders bei Projekten wie Popstars – haben keine politische Aussage mehr, auch beschreiben sie die existenten Probleme unserer Gesellschaft nicht („Daylight in you eyes, sunlight only warmer“, nicht gerade sozialkritisch). Es geht wie zu erkennen lediglich um das Tanzen, sich bewegen, cool sein, von anderen abheben und Spaß haben. Oder um die Aussage mit etwas mehr Biss zu versehen: „Hat die Herrschaft der Kunst also das Geschäft aufgetragen, die Einzelnen zu zer- streuen und von den Geschäften der Herrschaft abzulenken.“207

Was Ende der achtziger Jahre mit Boygroups wie NEW KIDS ON THE BLOCK begonnen hat, entfaltet sich im Konzept der BRO’SIS-Macher in aller Konsequenz: Pop als

Disziplinarmaschine. In einem BRAVO-Sonderheft findet sich die Rubrik „So wirst du Popstar! 10 Gebote für alle Talente“, die Hinweise auflistet wie „Hör nicht auf, an dir zu arbeiten“, „Sei diszipliniert!“ oder „Fehler sind dazu da, um sie mit Ehrgeiz und Training abzustellen“. Vor allem dieser letzte Begriff illustriert besonders genau, welche Veränderungen sich ergeben haben; dass man die Popstar-Existenz „trainie- ren“ könne, ist ein Gedanke, der erst seit kurzer Zeit möglich ist. Leistung statt Aura: Seit die verschlungenen Wege des Ruhmes begradigt und für alle sichtbar gemacht worden sind, hat der Status des Popstars nichts mehr mit Genialität und Auserwählt- heit zu tun, sondern mit einer möglichst schonungslosen Stählung des Körpers.

207 Hans G. Helms, Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit, Januar 2001 (S. 11-26) 96 5.2 Schlusswort

Wir können für uns festhalten, dass die Idee für die Sendung Popstars phänomenal ist. Wir haben es mit einem Fernsehkonzept zu tun, dessen Erfolg, sowohl in finan- zieller als auch in werbewirksamer Hinsicht, alles in den Schatten stellt, was jemals in der Verbindung von Musik und Fernsehen versucht wurde. Das Konzept ist interak- tiv, verbindet also alle wesentlichen Distributionskanäle (Fernsehen, Plattenindustrie, Radio, Marketing, Internet) miteinander und vereinigt sie unter dem Dach des Fern- sehsenders RTL2. Wider aller Voraussagen, konnten sich die beiden Bands aus den ersten POPSTARS-Staffeln am Pop-Himmel, einen Namen machen. Heute sind sie etablierte Künstler, die unabhängig von der Sendung POPSTARS ihren Weg im “Showbiz“ suchen.

Interessant ist für uns die Tatsache, dass es RTL2 gelang, trotz der schonungslos gezeigten Härte, mit der in den Castings ausgelesen wurde, einen dermaßen hohen Zuschaueranteil zu erreichen. Statt einer abschreckenden übte sie im Gegenteil eine anziehende Wirkung auf die Zuschauer aus. Als selber in Bands spielende Musiker, sind wir geteilter Meinung, wie wir die Sen- dung bewerten sollen. Einerseits ist eine Band, die gecastet wurde und somit ein großes Gesangspotential mitbringt, allemal besser, als die davor vom selben Sender zu Stars aufgebauten “BIG BROTHER-Barden“, deren Sanges(un)künste relativ schnell als die Täuschung durchschaut wurden, die sie waren. Jeder Musiker weiß, wie schwer es ist, auf Kommando 100% Leistung bringen zu müssen. Deshalb gebührt den Bands unser großer Respekt vor ihrer Leistung, sich durch die Auswahlverfahren gekämpft zu haben. Was bleibt ist ein fahler Beigeschmack, der sich aus der Tatsache ergibt, dass auch die Musik, die einzig und allein den Sinn haben sollte, denen die sie machen, Freude zu bereiten, sich dem Diktat des Geldes beugen muss, und dass die NO ANGELS mit ihrer “null-acht-fufzehn-ohne-Ecken-und-Kanten-Musik“ Millionen verdienen. Trotz alledem geben wir die Hoffnung nicht auf, dass es vielleicht eines Tage doch noch etwas mit dem Plattenvertrag wird.....

97 Literaturverzeichnis

Bücher

Duden Office: Bibiographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Augsburg 1999 Hans G. Helms: Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit, 2001, Edition text + Kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co. 81605 München Klaus Neumann-Braun (Hg.): Viva MTV! Popmusik im Fernsehen. Frankfurt am Main, Edition Suhrkamp, 1999 Mark Lewisohn: The Complete BEATLES recording sessions, Ham- lyn, 1988. Peter Allemeier: Musik verkaufen, ein Beruf, 1990 Josef Keller GmbH & Co. Verlags-KG, Starnberg und München Robert Lyng: Die Praxis im Musikbusiness, PPV Presse Projekt Verlag, 1998 Tanja Busse: Mythos in Musikvideos: Weltbilder und Inhalte bei MTV und VIVA, Münster 1996

Internet http://archiv.mopo.de/archiv/2002/20020724/plan7/ tipps_termine/ events_leute/11643.html http://home.t-online.de/home/brodbeck/musikwi.htm http://musik.freepage.de/cgi-bin/feets/freepage_ext/41030x030A/rewrite/nana-fan- http://musik.freepage.de/nana-fan-homepage/cottura1.htm http://www.alexc-online.de http://www.art-work-net.de/epark/img_art_bios/epark_bio_l.i.t.m..doc http://www.avid.de/presse/user_stories/2002/Popstars/index.php3?styear=2002 http://www.berlinonline.de/wissen/berliner_zeitung/archiv/ 2002/0107/ lokales/0043/ http://www.burda.de http://www.concertcooperation.de/archiv/bands/mousset/bio.html http://www.concerto.at/ http://www.curly-music.de/content/curly.asp?lang=DE&content=bio http://www.emipublishing.de/html/22.html

98 http://www.eurogay.de/artikel/0600/28_ pearlman2.html http://www.gymnasium-greiz.de/deutsch/leben/sz/popstars.html http://www.hechingen-hohenzollern.de/BroSis/Erfolge/hauptteil_erfolge.html http://www.kress.de/tglkress/index.php3?t=22&m=9&y=2000 http://www.kruger-presskits.de/pages/teen_star.htm http://www.media-control.de/charts http://www.mtv.de/making-the-band/o-town.php http://www.musicline.de/de/charts/single http://www.n28.de http://www.nmz.de/nmz2/kiz/Forum5/HTML/000212.html http://www.noa5.com/html/report/onlinestories/stuttgarterstory-000916.html http://www.noahsow.de http://www.nosilence.de/special/westnetrecsz.htm http://www.o-townmusic.de/home.html http://www.polydor.de http://www.polydor.de/pop/acts/natio/art_tmp/brosis-album.html http://www.polydor.de/pop/acts/natio/art_tmp/fresh-juicy-biografie.html http://www.polydor.de/pop/link-brosis.html http://www.poolpromotion.com/interviewdetail.cfm?int_id=44 http://www.prosieben.de/filmdb/index.php?cd_id=290 http://www.rp-online.de/news/journal/2002-0130/brosis.html http://www.rtl2.de/POPSTARS/ http://www.rtl2.de/presselounge/intern/start2.htm http://www.rtl2.de/Teenstar http://www.rtl2.de/teenstar/E525F5AEB0A4452BBAB22723FFC28C72.htm http://www.rtlmusik.de http://www.rtlnewmedia.de/208.htm http://www.rtl-presse.de http://www.schlagwort.net/vip/01.php http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,215830,00.html http://www.stern.de/forum/read.php?f=99&i=9915&loc=0&t=9915 http://www.t-vision.de http://www.welt.de/daten/2001/11/15/1115bg295881.htx http://www.xxl-eventservice.de http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2010817,FF.html

99 http://www.zeit.de/2002/40/Media/200240_medien_pop_ idol.html

Zeitungen

Berliner Zeitung, G+J Berliner Verlag GmbH & Co., Berlin, 07.01.02 Berliner Zeitung, G+J Berliner Verlag GmbH & Co., Berlin, 31.08.02 Berliner Zeitung, G+J Berliner Verlag GmbH & Co., Berlin, 31.10.01 Der Spiegel, Spiegel-Verlag GmbH, Hamburg, 02.04.01 Der Spiegel, Spiegel-Verlag GmbH, Hamburg, 08.04.02 Der Spiegel, Spiegel-Verlag GmbH, Hamburg, 19.11.01 Der Tagesspiegel, Verlag, Der Tagesspiegel GmbH 25.11.02 Die Bunte, Burda-Verlag, München, 11.01.01 Die Welt, Axel Springer Verlag AG, Hamburg, 18.06.02 Die Welt, Axel Springer Verlag AG, Hamburg, 15.11.01 Focus, Burda-Verlag, München, 19.02.01 Hamburger Morgenpost, Morgenpost Verlag GmbH 24.07.02 Neue Zürcher Zeitung, Zürich 15.09.02 Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart Internet Regional GmbH 16.09.00 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 22.12.00 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 21.05.01 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 19.06.01 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 01.11.01 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 15.11.01 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 15.01.02 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 31.08.02 Süddeutsche Zeitung GmbH, München, 12.09.02 Stern, Gruner + Jahr AG & Co, Hamburg, 14.02.02 Stern, Gruner + Jahr AG & Co, Hamburg, 26.04.01 Stern, Gruner + Jahr AG & Co, Hamburg, 19.06.01 TAZ, Verlags- und Vertriebs GmbH, Berlin, 16.01.01 W&V, Europa-Fachpresse-Verlag GmbH München, 01.03.02 W&V, Europa-Fachpresse-Verlag GmbH München, 23.03.01

100 Abbildungsverzeichnis

1 www.telezoom.dearchivarchiv2001allgemein_01popstars_casting090801pop stars _casting_090801.htm 2 www.geocities.comtrueblissnumber1pictures.html 3 www.tresor.tvinfosix_infos.htm 4 täglich kress vom 22.11.2000 (www.taeglich-kress.de) 5 privates Foto 6 www.polydor.depopactsnatioart_tmpnoangels-biografie.html 7 www.polydor.depopactsnatioart_tmpnoangels-biografie.html 8 www.polydor.depopactsnatioart_tmpnoangels-biografie.html 9 www.polydor.depopactsnatioart_tmpnoangels-biografie.html 10 www.polydor.depopactsnatioart_tmpnoangels-biografie.html 11 httpvision.t-online.devisimusiback18deCPcc-detailseite.html 12 www.ltnb.lu~cbauerlink%205%20.html 13 www.ltnb.lu~cbauerlink%205%20.html 14 mario (httpwww.mjangel.denews1200.html).jpeg 15 www.beepworld3.demembers27starsfactsbrosis.htm 16 httpwww.integrationswettbewerb.de128763_11a.jpg 17 www.telezoom.dearchivarchiv2001allgemein_01popstars_casting090801pop stars _casting_090801.htm 18 www.rtl2.deteenstarAC06AB169DC647C5BB2944FDE545171F.htm 19 www.nordwest.netlifeeventtipps36895_41448.html 20 www.rtl-presse.de 21 www.telezoom.dearchivarchiv2001allgemein_01popact200106.jpg 22 CD-Anhang A6

101 Anhang

A1 Teenstar Bewerbungsbogen A2 Schaublatt Teenstar aus der RTL2-Pressemappe A3 Fragebogen Schüler

Auf der CD

Ordner Hörbeispiele (HB1- HB23)

Ordner Videobeispiele (VB1 - VB3)

Ordner qualitative Untersuchung (Kernaussagen der vier Schulen)

Ordner Daten: A4 Popstars - Übersicht Einschaltquoten.xls A5 Castingbogen-Superstar.pdf A6 Begleitforschung New Media IP.pdf A7 Zeitungsartikel.doc A8 Noah Sow E-Mail.doc A9 Dimedia.doc A10 Brief an RTL2.doc A11 Bewerbungsbogen_Teenstar.doc A12 Quantitative Auswertung.xls A13 Fragebogen Schüler.doc A14 Superstar Pressemappe.doc

102