ARCHEOLOGIE 356 Durch Eine Intensive Nutzung Und
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355 BOEKBESPREKINGEN — ARCHEOLOGIE 356 durch eine intensive Nutzung und Siedlungstätigkeit aus- zeichnet (vor allem die befestigte byzantinsche Siedlung im Bereich des Korha Dag). B. Özgut und A. Schachner stellen auf S. 87-171 die Kera- mikfunde sowie Kleinfunde vor. Im Falle der Keramik reicht das Spektrum der Funde von spätneolithischer Hassuna- Keramik über Keramik des Chalkolitikums und der Eisenzeit bis hin zur Keramik byzantinscher und islamischer Nut- zungsphasen der Höhlen von Bırkleyn. B. Özgut (S. 87-91) analysiert die technischen Aspekte („Aufbauware“, „Schei- benware“, Oberflächenbehandlung, Farbe des Tons) sowie die Waren und ihre Zusammensetzung (Magerung mit Zusatzstoffen). Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist das Feh- len „markanter Keramikgruppen des späten 4. und vor allem des 3. Jahrtausends v. Chr.“, was möglicherweise auf eine Lücke in der Siedlungsgeschichte dieses Bereiches hindeuten könnte. A. Schachner zufolge könnte dies mit der in diesem Zeitraum gestiegenen Bedeutung von Kupferlagerstätten zu erklären sein, zu denen die Umgebung von Bırkleyn nicht zu rechnen ist. Die übrigen Kleinfunde entsprechen im Wesentlichen dem chronologischen Spektrum, das anhand der Keramikfunde definiert werden konnte. Es sind vor allem lithische Funde aus Obsidian, die in Verbindung mit der bemalten Hassuna-Keramik in das spätkeramische Neolithi- ARCHEOLOGIE kum zu datieren sind und sehr wahrscheinlich aus ortsnah gewonnenem Material hergestellt wurden (S. 163-166). Der SCHACHNER, A. — Assyriens Könige an einer der Quellen Fund eines bronzenen Armringes könnte aufgrund von Paral- des Tigris. Archäologische Forschungen im Höhlensys- ellstücken auf eine urartäische Bestattung hindeuten (S. 166- tem von Birkleyn und am sogenannten Tigris-Tunnel. 167). Zu nennen ist hier auch eine eisenzeitliche Geschoss- (Istanbuler Forschungen, Band 51). Ernst Wasmuth Ver- spitze, die mit der assyrischen Präsenz zusammenhängen lag, Tübingen, 2009. (30 cm, X, 287). ISBN 978-3- könnte (S. 168-169). 8030-1772-7. ISSN 0723-4333. / 35,- Die assyrischen Königsinschriften Tiglatpilesars I. und In dem hier zu besprechenden Band werden die Ergebnisse Salmanassers III. werden von K. Radner in philologischer der Untersuchungen des Höhlensystems von Bırkleyn und Bearbeitung vorgelegt sowie mit Autographien und Photo- dem „Tigristunnel“ vorgestellt, die unter der Leitung von A. graphien illustriert (S. 172-197 s. dazu unten). In diesem Schachner 2004 durchgeführt wurden. Neben dem Herausge- Zusammenhang sind auch die Beiträge von Y. Helmholz (S. ber A. Schachner haben U. Dogan, Y. Helmholz, B. Özgut 262-266) und K. Radner (S. 267-270) im Anhang von Inter- und K. Radner zu dieser Veröffentlichung beigetragen. esse, in denen beide Autorinnen die Technik und die In der Einleitung (S. 1-19) bietet A. Schachner eine Einfüh- Arbeitschritte zur Gewinnung von Abformungen der Reliefs rung in geographische Aspekte (Lage, Einbindung in die beziehungsweise von Papierabklatschen vorstellen. Einge- Landschaft usw.) sowie einen Überblick über die Forschungs- hend diskutiert K. Radner zudem die Datierung der Inschrif- geschichte, der durch die Veröffentlichung von Faksimiles ten und ihr zeitliches Verhältnis zueinander (S. 197-199, vgl. osmanischer Dokumente ergänzt wird (S. 257-261). Diesen dazu auch die Ausführungen A. Schachners auf S. 219-223, Quellen zufolge wurden Forschungsreisende im osmanischen s. dazu unten sub 1). Reich wie beispielsweise C.F. Lehmann-Haupt und W. Belck Im Anschluss daran bespricht A. Schachner auf S. 203- durch Vertreter der osmanischen Behörden begleitet. 223 die drei mit den Inschriften verbundenen Königsreliefs U. Dogan analysiert die Geomorphologie des Höhlensys- Tiglatpilesars I. (Höhle 1, Inschrift Tigris 1) und Salmanas- tems unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte sers III. (Höhle 1, Inschrift Tigris 2; Höhle 2 Inschrift Tigris und beschreibt die einzelnen Höhlen (S. 20-31). 4), wobei er u.a. den rezenten Erhaltungszustand beschreibt In dem darauf folgenden Abschnitt diskutiert A. Schach- und zugleich die Erhaltungsgeschichte der Reliefs im Blick ner die insgesamt fünf Höhlen als archäologische Stätte. hat. Im Zentrum steht hier natürlich die Darstellung des Dabei weist er auf spätere Nutzungphasen ebenso wie auf heute noch Erkennbaren und dessen kulturgeschichtliche und Anzeichen für Raubgrabungen (insbesondere in den Höhlen in Zusammenhang mit den Ergebinssen K. Radners histori- 2 und 3) hin. Weiterhin geht es um die Lage der assyrischen sche Einordnung. A. Schachner hebt dabei zum einen auf das Felsreliefs und Inschriften in Höhle 1 („Tigristunnel“) und Verhältnis der Darstellung der beiden etwas mehr als 200 um deren Erreichbarkeit. Interessant sind hier die Ausführun- Jahre auseinanderliegenden Könige ab, die bemerkenswerte gen zur Anbringungshöhe, die von den Assyrern offensicht- Parallelen in der Ikonographie aufweisen und sich nur hin- lich im Hinblick auf die zum Teil stark schwankenden Was- sichtlich ihrer „stilistischen und technischen Ausführung“ serstände bewusst gewählt wurde (S. 38-41). Die voneinander unterscheiden (S. 210 mit Tabelle 53). Zum Untersuchungen zeigen zudem, dass sich nicht nur der anderen setzt er die Reliefs Salmanassers III. mit dem Bild- Bereich der Höhlen selbst, sondern auch deren Umgebung streifen X seines Bildzyklus auf dem Balawat-Tor (Imgur- insbesondere in der byzantinischen und islamischen Zeit Enlil) in Beziehung, der bildlich und inschriftlich auf einen Zug des Herrschers zum „Tigristunnel“ verweist (S. 213-217 995569_Bior_2012_3-4_04_Boekbesp.indd5569_Bior_2012_3-4_04_Boekbesp.indd 333333 117/09/127/09/12 113:563:56 357 BIBLIOTHECA ORIENTALIS LXIX N° 3-4, mei-augustus 2012 358 mit Abb. 234). Unter den hier von A. Schachner angestellten den, die zum Teil explizit auf den Alten Palast beziehungs- Beobachtungen ist nicht zuletzt die Szene am Ende des unte- weise auf einzelne seiner Bereiche Bezug nehmen.4) Zu ren Registers bemerkenswert, die einen Steinmetz und einen nennen sind hier der ekal ereni „Zedern-Palast“ (als Bezeich- ihm assistierenden Schreiber bei der Anbringung einer Fels- nung des Alten Palastes) und das bit taskarinni „Buchsbaum- inschrift (S. 214 Abb. 234: Figuren 48-49) zeigt. Auf S. 217- Haus“ sowie das bit ereni „Zedern-Haus“.5) Ausgehend von 218 setzt sich A. Schachner mit der Deutung der Felsreliefs K. Radners zeitlicher Einordnung der Felsinschrift Tiglatpile- und -inschriften von Bırkleyn auseinander und wendet sich sars I. („Tigristunnel“, Höhle 1 s. S. 197) lassen sich einige gegen die Auffassung, wonach die Reliefs primär die Macht Orthostatenserien und damit zumindest ein Teil der Baumaß- und den Herrschaftsbereich Assyriens darstellen sollten. nahmen des Herrschers am Alten Palast sehr wahrscheinlich Ausgehend von der Überlegung, dass Bırkleyn (als Teil des in die Zeit nach dessen 20.-21. Regierungsjahr ansetzen. Dies in assyrischen Quellen benannten Subria) zu Zeiten Tiglatpi- ergibt sich aus der Erwähnung der Stadt Babylon und Akka- lesars I. und Salmanassers III. dazu nicht zählte, schlägt er des in der Inschrift dieser Orthosten, die der Herrscher von hingegen vor, in den Höhlen von Bırkleyn ein Felsheiligtum dieser Zeit an seinem Einflussbereich zurechnete.6) zu sehen, das möglicherweise in einer älteren altanatolischen 1 Tradition stand. ) 2. Anmerkungen zur Paläographie der Steininschriften S. 224-230 (A. Schachner) sind der schriftlichen Überlie- Tiglatpilesars I. und Salmanassers III. ferung Bırkleyn in der klassischen Antike sowie in der byzantinischen und islamischen Zeit gewidmet. Eine Zusam- Die Autographien sind hinsichtlich des Zeichenbestandes menfassung der Ergebnisse bietet A. Schachner auf S. 231- und -anordnung absolut korrekt. Doch lassen sich anhand der 241. guten Überblicks- und Detailphotographien der Inschriften Es schließen sich das Literaturverzeichnis (S. 243-256), die und einzelner Zeichen(gruppen) sowohl für die Inschriften bereits oben genannten Anhänge zu den auf die Begleitung Tiglatpilesars I. als auch für die Salmanassers III. einige der Forschungsreisenden C. F. Lehmann-Haupt und W. Belck „von der Norm“ der „begradigten“ Formen unserer moder- bezogenenen Dokumente der osmanischen Behörden (S. 257- nen Zeichenlisten abweichende Zeichenformen nachweisen, 261, A. Schachner) und die Ausführungen zur Herstellung die jedoch weder in den Autographien berücksichtigt noch in von Abgüssen beziehungsweise Abklatschen der Reliefs und den Kommentaren besprochen werden. Es wäre jedoch für Inschriften an (S. 262-266, Y. Helmholz; S. 267-270, K. Rad- zukünftige Forschungen wünschenswert, solchen Abwei- ner). Außerdem werden die Ergebnisse nochmals in türki- chungen Rechung zu tragen und diese nicht durch standardi- scher Sprache zusammengefasst (S. 271-285, A. Schachner). sierte Formen zu ersetzen (s. Punkt 3). Auf S. 286-287 finden sich Abbildungsnachweise sowie die Anschriften der am Band beteiligten Autoren. 2.1 Die Inschrift Tiglatpilesars I. („Tigristunnel“, Tigris 1) Mit seinen durchweg hervorragenden Beiträgen stellt der In ihrer Beabeitung (S. 173-178 mit den Abb. 173-188) vorliegende Band eine vorbildhafte Untersuchung einer his- weist K. Radner teils im Kommentar teils durch Detailphoto- torischen Stätte dar, die sowohl in ihren geographischen und graphien auf einzelne Zeichenformen hin, ohne näher auf geomorphologischen Aspekten als auch mit ihren archäolo- deren Besonderheiten einzugehen. Bemerkenswert ist hier bei- gischen und historischen Befunden behandelt wird. Zu spielsweise die Form des SID in Z. 7, das hinter