Im Blickpunkt: Die Stadt Freudenstadt
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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2019 Land, Kommunen Im Blickpunkt: Die Stadt Freudenstadt Reinhard Güll In der Serie „Im Blickpunkt“ steht dieses Mal der von Stuttgart über Herrenberg und Eutingen die Stadt Freudenstadt im gleichnamigen im Gäu nach Freudenstadt führte, die soge- Kreis. Aus dem Landesinformationssystem nannte Gäubahn. Der Hauptbahnhof im Süd- Baden-Württemberg (LIS) lassen sich für Freu- osten liegt relativ weit vom Zentrum entfernt. denstadt wie für jede andere Gemeinde des 1901 wurde der württembergische Teil der Landes interessante Erkenntnisse zur Struk- Murgtal bahn nach Klosterreichenbach gebaut, tur und Entwicklung gewinnen. Besonders he- dafür entstand der 60 m höher gelegene Stadt- rausgehoben werden an dieser Stelle die Be- bahnhof nördlich des Zentrums. Eine durch- völkerungsentwicklung, die Wohn- und die gehende Verbindung nach Rastatt wurde 1928 Reinhard Güll war Büroleiter Beschäftigtensituation. eingerichtet. Die Murgtal bahn wird heute von der Abteilung „Informations- der Stadtbahn Karlsru he befahren. Die Linien dienste, sozial- und regional- wissenschaftliche Analysen“ S41 und S31 der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft im Statistischen Landesamt Freudenstadt liegt im nordöstlichen Schwarz- verbinden Freudenstadt über Rastatt mit Karls- Baden-Würt temberg. wald. Die Stadt liegt 66 Kilometer (km) südwest- ruhe. Die Stationen innerhalb Freudenstadts lich von Stuttgart und 61 km südlich von Karls- sind der Hauptbahnhof, der Stadtbahnhof so- ruhe auf einem Hochplateau am Ostrand des wie die Haltepunkte Schulzentrum-Panorama- Nordschwarzwalds auf 591 bis 968 Metern (m) bad und Industriegebiet. Die Verbindung nach Höhe in der Region Nordschwarzwald. Das Hoch- Offenburg erfolgt über die Kinzigtalbahn. Der plateau liegt am Rande einer nach Osten flach Zentrale Omnibusbahnhof Freudenstadts mit abfallenden schiefen Ebene. Westlich des Stadt- über 40 Buslinien ist einer der Hauptverkehrs- zentrums fällt das Gelände steil zum tief einge- knotenpunkte im Schwarzwald. schnittenen Tal des Forbachs ab, der zur Murg fließt. Das größtenteils waldbedeckte westliche Stadtgebiet steigt zur Passhöhe am Kniebis an und von dort weiter bis auf 968 m Höhe bei der S Lage der Stadt Freudenstadt Alexanderschanze. Südlich des Ortsteils Kniebis entspringt der Fluss Wolf. Für die umliegenden Gemeinden bildet Freudenstadt ein Mittelzen- Rastatt trum im Bereich des Oberzentrums Pforzheim. Calw Mit den Gemeinden Bad Rippoldsau-Schapbach und Seewald besteht eine vereinbarte Verwal- Seewald Mu Böblingen r tungsgemeinschaft. Im Zuge der Kommunal- g Grömbach Wörnersberg reform in den 1970er-Jahren wurden die Orte Baiersbronn Igelsberg, Grüntal, Dietersweiler, Untermusbach, Pfalzgrafenweiler Wittlensweiler sowie die zuvor zu Baiersbronn Freudenstadt und Bad Rippoldsau gehörenden Teile des Weilers Kniebis, der bereits überwiegend zu Waldachtal Dornstetten Eutingen im Gäu Freudenstadt gehörte, eingemeindet. Seit 1988 Freudenstadt r ist Freudenstadt Große Kreisstadt. Necka Glatten Horb am Neckar 81 Bad Rippoldsau- Schopfloch Bedingt durch die zentrale Lage im Schwarz- Schapbach Loßburg wald führen vier Bundesstraßen durch Freuden- Empfingen stadt. Am Marktplatz treffen sich die B 28 (Kehl– Ulm) und die B 462 (Rastatt–Rottweil), zusätzlich Alpirsbach endet hier die gegen Ende deckungsgleich mit Rottweil der B 28 verlaufende B 500 (Baden-Baden– Ortenaukreis Zollernalb- Freuden stadt). Die in Nord-Süd-Richtung ver- kreis laufende B 294 (Bretten–Gundelfingen), als Kinzig Ortsumgehung, führt östlich an Freudenstadt Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 88-43-18-02M vorbei. Im Jahr 1879 erhielt die Stadt einen Landesinformationssystem © Kartengrundlage GfK GeoMarketing GmbH heute noch bestehenden Eisenbahnanschluss, Karte erstellt mit RegioGraph 2017 47 Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2019 Der Marktplatz von Freudenstadt © Stadtverwaltung Freudenstadt Der heutige Stadtteil Freudenstadts Grüntal- hoben. Das Oberamt Freudenstadt war eines Frutenhof wurde erstmals 1100 urkundlich er- der kleinsten Ämter Württembergs. 1807 ge- wähnt. Im heutigen Kniebis stand um 1250 eine wann der Freudenstädter Amtsbezirk jedoch Kapelle eines Herrenalber Mönchs, die 1278 zu deutlich an Umfang. 1876 gab der damalige einem Franziskanerkloster umgebaut wurde, Stadtschultheiß Hartranft die Absicht bekannt, das 1320 zu Württemberg kam. Bereits Anfang Freudenstadt mit seiner reinen Luft zum Kurort des 16. Jahrhunderts wurde auf dem Gebiet des zu machen. Das Vorhaben gelang, und gegen heutigen Freudenstadt Bergbau betrieben und Ende des 19. Jahrhunderts setzte ein stetig hauptsächlich nach Silber und Kupfer gegraben. wachsen der Kurbetrieb ein. Insgesamt gab es Der Bergbau wurde erst 1784 mit der Schließung um 1930 bereits 20 Hotels in der Stadt, davon des Stollens Dorothea im Christophstal einge- fünf der höchsten Kategorie. Freudenstadt stellt. Herzog Friedrich I. von Württemberg be- wurde als Kurort weltweit bekannt. 1938 wurde trieb eine aktive Macht- und Wirtschaftspolitik. aus dem Oberamt der Landkreis Freudenstadt. Unter seiner Herrschaft wurden die bestehen- Im Zweiten Weltkrieg entstand auf dem fast den Landesfestungen ausgebaut und an der 1 000 m hoch gelegenen Kniebis, unweit der Westflanke, nahe dem strategisch wichtigen Alexanderschanze, eine Befehlszentrale der Kniebis-Pass, sollte mit Freudenstadt eine neue Wehrmacht zur Verteidigung der Westfront. Am befestigte Residenz weitere geplante Territori- 16. April 1945 wurde die Stadt unerwartet von alerwerbungen im Westen als Brückenschluss Truppen der 1. französischen Armee angegrif- zu den westrheinischen Besitzungen sichern. fen, wobei es durch Bombenabwurf und Artil- Der Baumeister Heinrich Schickhardt entwarf leriebeschuss zu großflächigen Zerstörungen Freudenstadt auf Geheiß Friedrichs I. am Reiß- kam. Es gab einige Dutzend zivile Opfer. Etwa brett. Der 22. März 1599, als die ersten Häuser 600 Gebäude, 95 % der gesamten Innenstadt, und Straßen von Schickhardt in Anwesenheit wurden in der Nacht vom 16. auf den 17. April des Herzogs abgesteckt wurden, gilt als Grün- direkt oder indirekt zerstört und 1 400 Familien dungsdatum der Stadt. Nur wenige Jahre nach obdachlos. Beim Einmarsch der französischen der Gründung, als Freudenstadt schon fast Truppen und in den folgenden drei Tagen kam 3 000 Einwohner hatte, brach in den Jahren es zu vielzähligen, heftigen Übergriffen durch 1610/11 die Pest aus. 800 Menschen starben marokkanische Einheiten auf die weibliche Zi- und weitere 900 wanderten ab. Nach der ver- vilbevölkerung. In den Nachkriegsjahren ent- lorenen Schlacht bei Nördlingen 1634 wurden stand Freudenstadt innerhalb von nur 5 Jahren durch kaiserlich-habsburgische Truppen erneut neu als Planstadt. Dieser Wiederaufbau wurde Gebäude Freudenstadts in Brand gesetzt und als „das Wunder von Freudenstadt“ bezeichnet. viele der verbliebenen Einwohner ermordet. Bei der Kreisreform zum 1. Januar 1973 erhielt Zudem brach die Pest 1635 erneut aus und ver- der Landkreis Freudenstadt seine heutige Aus- nichtete wiederum nahezu jegliches Leben. dehnung. Freudenstadt blieb Amtssitz des ver- Freuden stadt blieb über Jahre weitgehend ver- größerten Kreises. ödet. 1652 ist in Aufzeichnungen von nur etwa 300 Einwohnern die Rede. 1737 wurde Freuden- Freudenstadt hat eine Gemarkungsfläche von stadt Standort einer kleinen Garnison. 1759 8 754 Hektar. Davon werden gut 19 % landwirt- wurde das Amt Freudenstadt zum Oberamt er- schaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächen- 48 Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2019 Land, Kommunen Ausgewählte Daten zur Stadt Freudenstadt, zum Landkreis Freudenstadt T und zu Baden-Württemberg Stadt Landkreis Merkmal/Indikator Einheit Land Freudenstadt Freudenstadt Fläche1) Fläche insgesamt am 31. Dezember 2017 ha 8 754 87 039 3 574 830 Siedlungs- und Verkehrsfläche am 31. Dezember 2017 % 12,6 9,8 14,6 Waldfläche am 31. Dezember 2017 % 66,7 62,2 37,8 Landwirtschaftsfläche am 31. Dezember 2017 % 19,3 26,1 45,2 Bevölkerung Bevölkerung am 31. Dezember 2017 Anzahl 23 150 117 456 11 023 425 Ausländeranteil am 31. Dezember 2017 % 15,2 11,3 15,1 Durchschnittsalter Ende 2017 Jahre 44,7 44,0 43,4 Geburtenüberschuss/-defizit je 1 000 Einwohner 2007 – 2017 Anzahl – 2,4 – 1,7 – 0,6 Bevölkerungsdichte am 31. Dezember 2017 Einwohner/km² 264 135 309 Weiterführende Schulen Übergänge auf Werkreal-/Hauptschulen 2017/18 % 14,1 10,3 5,7 Übergänge auf Realschulen 2017/18 % 31,3 38,3 34,2 Übergänge auf Gymnasien 2017/18 % 45,5 40,7 44,2 Übergänge auf Gemeinschaftsschulen 2017/18 % 4,0 8,1 12,5 Beschäftigte am Arbeitsort Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte2) je 1 000 Einwohner 2017 Anzahl 460 394 416 Beschäftigte im Produzierenden Gewerbe 20172) % 23,5 46,0 35,7 Beschäftigte im Handel, Verkehr und Gastgewerbe 20172) % 23,0 21,9 20,1 Beschäftigte im sonstigen Dienstleistungsbereich 20172) % 53,4 31,8 43,7 Verkehr Pkw je 1 000 Einwohner 2018 Anzahl 565 631 592 Pkw-Anteil am Kfz-Bestand 2018 % 83,6 79,3 81,8 Tourismus Ankünfte von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2017 Anzahl 5 960 4 376 1 975 Ankünfte von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2017 Anzahl 1 146 847 464 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2017 Anzahl 16 712 14 533 4 833 Übernachtungen von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2017 Anzahl 3 514 2 688 1 023 Wohnen Anteil Einfamilienhäuser an Wohngebäuden 2017 % 53,0 60,4 61,2 Wohnfläche je Einwohner 2017 m² 47 49 46 Wasserwirtschaft Trinkwasserverbrauch je Einwohner 2016 Liter/Tag 103 114 119 Tinkwasserpreis 2018 EUR/m³ 2,09 2,54 2,15