Quick viewing(Text Mode)

Polizeibericht 2008 2 Inhalt

Polizeibericht 2008 2 Inhalt

POLIZEIBERICHT2008 POLIZEIBERICHT2008 Impressum Herausgeber: Polizei Bruno-Georges-Platz 1 22297 Hamburg Telefon: 040 4286-56233 Telefax: 040 4286-56219 E-Mail: [email protected] Internet: www.polizei.hamburg.de V.i.S.d.P.: Polizeipräsident Werner Jantosch Redaktionsleitung: Ralf Meyer Koordination: Marco Herr Redaktionsteam: Katja Lettau, Joachim Ferk, Ralf Meyer, Berndt Wagner und Marco Herr Grafik/Layout: Ulrich Bußmann Fotos: Für die Bildmotivunterstützung bedanken wir uns bei Marco Zitzow (BILD Hamburg), der KTU der Polizei Ham burg, Rüdiger Gärtner (Rüga Medienservice), Hafen Hamburg/ Sperber, dem ZDF und Boris Laewen, der Hamburg Marketing GmbH sowie Maynard Case, CraterValley Photo, Wolfgang Jargstorff, Superfiles, Franz Pfluegl, seen, higyou, pmphoto und idrutu (alle Fotolia.com) Druck: V.I.G. Druck & Media GmbH Auflage: 4 000 Erschienen: Mai 2009 POLIZEIBERICHT 2008 2 INHALT

5 Polizei Hamburg Ihr Garant für Sicherheit 50 Brandserie geklärt Vorwort des Polizeipräsidenten Videoüberwachung überführte Brandstifter 6 Eskalation am 1. Mai 2008 54 Von Hamburg an den Hindukusch Zusammentreffen linker und rechter Demonstranten verhindert Arbeit der Polizeimission EUPOL Afghanistan 8 Vor dem „Tag der Arbeit“ … und plötzlich fliegen Steine! 57 Hamburger Polizeibeamte in Afghanistan 12 Erfahrungsbericht der LBP 44 Erfahrungen eines Personenschützers Ausschreitungen am 1. Mai 2008 60 Falsche Liebe 14 „Catch me if you can“ – Yes, we can! Der Weg junger Frauen in ausländische Haftanstalten Flüchtiger Millionen-Betrüger gefasst 64 Jahresbilanz der Wasserschutzpolizei 2008 17 Polizeiliche Kriminalstatistik 2008 Mehr Kontrollen – Weniger Beanstandungen Niedrigste Fallzahlen seit 1983 25 „Seid Ihr alle da …?“ 69 Internetkriminalität 60 Jahre Polizeiverkehrskasper 99,90 Euro für die Vermittlung eines Neuwagens?

27 Achtung, wir drehen … 73 Einsatz auf 2 Rädern Wie realistisch sind Großstadtrevier und Co.? Die neuen ProVida-Motorräder 30 Für die Seele sorgen Die Arbeit der evangelischen und katholischen Polizeiseelsorge 75 Gelungene Einheitsfeier Flexibles Polizeikonzept hielt Störer fern 32 Über Kimme und Korn Neue Waffen für die Hamburger Polizei 77 Fußball-EM 2008 35 Landespolizeischule Das Konzept ging auf Keine Ausbildung wie jede andere! 81 Öffentliche Ehrung 39 Fahrrad-Codierung für die Hamburger Polizei und ihre Stadtteilpolizisten Der „Fingerabdruck“ für Ihr Fahrrad 84 Die Wasserschutzpolizei 42 Verkehrsunfallstatistik 2008 Weniger verunglückte Kinder – Mehr Unfälle mit Sachschäden im Zeichen der Hafenentwicklung 46 Jahreskalender 86 Polizei Hamburg in Zahlen POLIZEIBERICHT 2008 3 2 POLIZEIBERICHT 2008 4 2 Polizei Hamburg Ihr Garant für Sicherheit

genauer lesen, werden Ihnen zwei tern, die mit ihrem weit über- Dinge besonders auff allen: durchschnittlichem Engagement Zum einen, dass die Polizei und ihrer sichtbaren und nicht Hamburg wieder einmal auf ein sichtbaren Präsenz für die Men- Werner Jantosch, Polizeipräsident sehr einsatzreiches Jahr zurück- schen in dieser Stadt einstehen und blickt und zum anderen, dass die- Ihnen damit das gute Gefühl von se Einsatzanlässe und die vielen Sicherheit geben. anderen Ereignisse, Ermittlungen Gerade in Zeiten allgemeiner und Aktionen sehr erfolgreich be- Unsicherheit ist die Polizei Ham- as Jahr 2008 steht welt- wältigt werden konnten. burg ein Garant für Sicherheit. weit für den Beginn ei- Vor ein paar Wochen hat die Während in den Medien zuneh- Dner globalen Finanz- und Polizei Hamburg die Zahlen der mend von Rezession, Finanzkrise Wirtschaft skrise. Steigende Arbeits- polizeilichen Kriminalstatistik für oder Rettungspaketen gesprochen losenzahlen, Kursstürze an den das Jahr 2008 vorgestellt. Diese wird, ist es wichtig zu wissen, dass Börsen, Bankenpleiten in Serie und Statistik und mehr als 80 000 man sich auf seine Polizei verlassen staatliche Hilfspakete für Groß- Straft aten weniger als noch im kann. unternehmen. Verständlicherweise Jahr 2001 sind der Beweis für eine Denn eins ist sicher: Wir werden herrscht dadurch bei vielen Men- unverändert konsequente Polizei- uns nicht auf dem beschriebenen schen eine allgemeine Unsicherheit. arbeit und erfolgreiche Verbrech- Ergebnis ausruhen, wir werden Da ist es doch schön zu hören, ensbekämpfung zugleich. Wie- auch weiterhin alle Anstrengungen dass die Polizei Hamburg etwas der einmal ist Hamburg ein Stück unternehmen, um den Menschen in Positives berichten kann, denn für sicherer geworden. Hamburg das Gefühl der Sicherheit die Polizei Hamburg war das Jahr Doch so etwas geschieht nicht zu geben. 2008 kein Krisenjahr. zufällig. Hier greifen alle die Maß- Die Polizei Hamburg bleibt Ihr nahmen positiv ineinander, die vor Garant für Sicherheit – darauf kön- Ganz im Gegenteil! Ort zielgerichtet durch Prävention nen Sie sich verlassen! Wenn Sie sich diesen Polizeibericht und Repression alltäglich durch- ansehen und die Artikel über die geführt werden. Und zwar von Polizeiarbeit im Jahr 2008 etwas Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Werner Jantosch POLIZEIBERICHT 2008 5 Eskalation am 1. Mai 2008 Die Polizei verhinderte Zusammentreffen rechter und linker Demonstranten

der Studierenden in der GEW (Ge- Kräftelage werkschaft Erziehung und Wissen- Die zur Verfügung stehenden Ham- schaft). Der Aufzug sollte sich räum- burger Polizeikräfte reichten für die Dirk Claussen, FLD 21, lich und zeitlich mit dem Aufzug Einsatzbewältigung nicht aus. Ein- Führungs- und Lagedienst der Rechten überschneiden. Das satzkräfte der Bundespolizei und Ziel des Aufzuges lautete: „Heraus aus anderen Bundesländern wurden zum antifaschistischen 1. Mai – Den angefordert, konnten aber aufgrund Nazis keinen Meter“. Die Teilneh- von Einsatzgeschehnissen am selben merzahl war mit 5 000 Personen an- Tag in den eigenen Ländern nicht im rößere Polizeieinsätze am gegeben. nötigen Umfang gestellt werden. 1. Mai sind für die Groß- Gstadt Hamburg nichts Unerwartete Rechtssituation Einsatzentwicklung Ungewöhnliches. Die Gewaltbereit- Die rechtlichen Voraussetzungen Drei Phasen prägten den Einsatz: schaft am 1. Mai 2008 übertraf für ein Verbot des rechten Aufzu- Anreise, Demonstrationen und Ab- aber das bisher Dagewesene. Die ges lagen nicht vor. Damit blieb reise. Schon während der Anreise am traurige Bilanz lautete 30 verletzte der Polizei die Möglichkeit, mit Morgen versuchten Störergruppen Polizeibeamtinnen und Polizei- beschränkenden Auflagen Gefah- aus der linken Szene die Sammlung beamte, 56 vorläufige Festnahmen ren für die öffentliche Sicherheit der rechten Demonstrationsteilneh- und 227 Ingewahrsamnahmen. und Ordnung abzuwehren. Die mer zu verhindern. Dazu schreck- Wie kam es dazu? Versammlungsbehörde bei der Po- lizei versuchte in Kooperations- Zur Vorgeschichte gesprächen mit den Anmeldern Eine Hauptaktivistin der rechtsex- die räumliche und zeitliche Über- tremen „Freien Kameradschaften“ schneidung so gering wie möglich meldete einen Aufzug durch den zu gestalten. Dieses gelang jedoch Stadtteil Barmbek an. Der Tenor nicht, sodass jeweils beschränkende lautete: „Arbeit und soziale Gerech- Auflagen verfügt werden mussten. tigkeit für alle Deutschen – gemein- Zur Überraschung der Polizei be- sam gegen Globalisierung“. Erwar- schloss das Oberverwaltungsgericht tet wurden vom Veranstalter 700 Hamburg, dass der Aufzug der lin- Teilnehmer. Nach bekannt werden ken Gegendemonstranten in unmit- dieser Anmeldung folgte eine Viel- telbarer räumlicher und zeitlicher zahl von Gegendemonstrationsan- Nähe zum Aufzug der Rechten statt- meldungen. Polizeilich besonders finden durfte. Dieser Umstand führ- relevant war die Anmeldung eines te im Hinblick auf die Einsatzlage zu Aufzuges des Bundesauschusses erheblichen Schwierigkeiten. POLIZEIBERICHT 2008 6 ten sie auch nicht vor Straftaten zu ermöglichen. Die Polizei setzte an aus dem norddeutschen Raum. An zurück. Die gewählte Strategie mit dieser Stelle ein großes Kräfteaufge- diesem Tag kamen fast 1 500 Perso- Barrikadenbau, Sachbeschädigun- bot ein, denn der Aufzug wies in der nen aus der rechtsextremen Szene gen und Brandlegungen an vielen Spitze 6 600 Teilnehmer auf, davon der gesamten Bundesrepublik. Ver- unterschiedlichen Örtlichkeiten zur rund 1 500 gewaltbereite Autonome. hielten sich die rechten Demonstra- selben Zeit forderte frühzeitig einen Parallel agierten rund 500 Störer im tionsteilnehmer in der Vergangen- Großteil der Polizeikräfte. Umfeld mit Störaktionen weiter. heit überwiegend rechtskonform, Die Gewaltausübung steigerte Die Polizei musste erhebliche so hatte die Polizei es diesmal mit sich mit zunehmender Nähe des De- Kräfte einsetzen, um ihre gefahren- mehrheitlich aggressiven und ge- monstrationsbeginns. Der S-Bahn- abwehrenden Aufgaben im Zusam- waltbereiten Rechten, darunter rund und Busverkehr zum Sammlungs- menhang mit 400 „Autonome Nationalisten“ zu ort der Rechten am Bahnhof Alte ■ dem Aufzug der Gegendemonst- tun. Wöhr musste wegen der Störakti- ranten, Diese waren sowohl äußerlich, onen eingestellt werden. Rund um ■ Störaktionen im Umfeld, wie auch im Verhalten, kaum von den Sammlungsort befanden sich ■ dem Sammlungsort und Aufzug den autonomen Linken zu unter- gewalttätige linke Störergruppen, der Rechten und scheiden. Sie traten schwarz geklei- immer auf der Suche nach rechten ■ dem Schutz der rechten Demons- det und geschlossen auf. Demonstrationsteilnehmern. Die trationsteilnehmer auf der An- Während der Abreise der Rech- Feuerwehr konnte nur unter Polizei- reise ten am Abend trat noch keine Ent- schutz an die Brandherde gelangen. zu bewältigen. spannung ein. Linke Störergruppen Die Aggressivität und Gewaltbereit- Im weiteren Verlauf zeigte sich versuchten weiter vehement und mit schaft der Störer nahm ständig zu. immer deutlicher, dass jetzt trotz Gewalt an rechte Gruppen zu gelan- Sachbeschädigungen am Eigentum tatkräftiger Unterstützung durch gen. Unbeteiligter wurden immer mehr die Bundespolizei die Anzahl der Die Polizei war während des ge- Mittel zum Zweck. Der Beginn des Polizeikräfte nicht ausreichte. Der samten Einsatzes gezwungen, im- Aufzuges der Gegendemonstran- Polizeieinsatz musste sich verstärkt mer wieder den Schlagstock und ten verzögerte sich immer wieder, darauf konzentrieren, ein Aufein- Wasserwerfer einzusetzen und zwar offensichtlich um eine direkte Kon- andertreffen von rechten und lin- zur Trennung der Störergruppen frontation mit dem rechten Aufzug ken Demonstrationsteilnehmern zu und um Angriffe (massiver Stein-, verhindern. Dieses führte allerdings Flaschen- und Böllerbewurf) auf dazu, dass weniger Polizeikräfte sich selbst abzuwehren. Störaktionen im Umfeld verhin- dern konnten. Linke Störergruppen Fazit versuchten immer wieder an den Rund 1 500 rechte Demonstrati- Aufzug der Rechten zu gelangen. Sie onsteilnehmer sahen sich rund griffen Reisebusse und U-Bahnzüge, 7 000 Gegendemonstranten gegen- mit denen Rechte anreisten, mit über. Die Anzahl der Gewaltaus- Steinen an und zündeten mit Hilfe übenden in beiden Lagern war un- von Brandbeschleunigern Pkw an. erwartet hoch. Die Polizei wurde an Überraschend war die große An- diesem Tag an ihre Belastungsgren- zahl der Störer kombiniert mit dem zen geführt, konnte aber unter Auf- hohen Maß an Gewaltausübung. bietung aller Ressourcen das oberste Besonders die Gewaltbereitschaft gesteckte Ziel erreichen: Eine direkte rechter Teilnehmer war neu. Bisher und massive Konfrontation rechter zeigten sich bei solchen Anlässen in und linker Demonstrationsteilneh- Hamburg maximal 500 Teilnehmer mer wurde verhindert.❚ POLIZEIBERICHT 2008 7 Vor dem „Tag der Arbeit“ ... und plötzlich fliegen Steine!

etwa 1 100 Polizisten – vor, neben Absperren. Und als sich nach zwei und hinter mir stehen überall Kol- Stunden die Lage beruhigt hat, ha- legen. Viele von ihnen sind erfah- ben wir einige Stunden Feierabend, Jana Frauen, LBP 11, ren im Hinblick auf solch eine De- bevor uns ein sehr ereignisreicher Landesbereitschaftspolizei monstration. Aber trotzdem habe Tag erwartet: der 1. Mai. ich im Hinterkopf die Frage: Was wäre, wenn die dieses mal doch et- Der 1. Mai was geplant haben, worauf wir nicht Schon nach wenigen Stunden Schlaf Für die Bereitschaftspolizei begann vorbereitet sind? Was, wenn Steine haben wir um 05:30 Uhr Dienstbe- der „Tag der Arbeit“ bereits einen fliegen, bevor ich den Helm aufset- ginn. Auf dem gesamten Gelände Tag früher … ze? Doch der Aufzug hat erst einige der Polizei stehen Gruppenwagen, Meter hinter sich gebracht, da heißt Wasserwerfer und weitere Polizei- Am 30. April es „Helm auf!“, woraufhin ich mich fahrzeuge aus Hamburg und ande- Menschen, überall Menschen – gleich sicherer fühle. ren Bundesländern. Nachdem die schwarz gekleidet. Mit Tüchern und An dem Aufzug nehmen zwar Fahrzeuge mit unserer Schutzbe- Mützen verdecken sie ihre Gesich- deutlich mehr Menschen teil, doch kleidung, Feuerlöschern, Verpfle- ter und halten riesige selbst kreierte die gewalttätigen Aktionen von gung usw. aufgerüstet sind, begeben Plakate in die Luft. „Haut ab! Haut linken Teilnehmern beginnen erst wir uns gegen neun Uhr zum Bahn- ab!“ rufen sie. Und das gilt uns. Ob- im Anschluss an die Demo: Nach hof Barmbek, von wo aus der Aufzug wohl doch eigentlich der Tenor der friedlichem Aufzugsverlauf befindet mit dem Tenor „Heraus zum antifa- am 30. April stattfindenden Auf- sich eine Vielzahl von Teilnehmern schistischen 1. Mai – Den Nazis kei- takt-Demonstration „Kapitalismus im Schanzenviertel, der Großteil der nen Meter“ beginnen soll. abschaffen! Für den Sozialismus – Polizei zieht sich zunächst zurück Nach und nach sammelt sich dort solidarisch und herrschaftsfrei! Für und wir warten auf den Fahrzeu- eine Vielzahl von Menschen, später die soziale Revolution! Heraus zum gen auf den nächsten Auftrag. Ein- steigt die Teilnehmerzahl auf über 1. Mai“ lautet. Aber anscheinend mal kurz durchatmen und plötzlich 6 000 Personen! Unter diesen sollen richtet sich die Unzufriedenheit, müssen wir wieder losstürmen. sich 3 500 des gewaltbereiten links- der Missmut und die Aggression In Marschordnung rennen wir in extremistischen Spektrums befin- nur gegen die Polizei. Ein seltsames das Schulterblatt, um auf dem Vor- den. Nachdem es am Tag zuvor kaum Gefühl, Hunderten von Menschen platz der „Alten Flora“ eine in Flam- Auseinandersetzungen gegeben hat, gegenüber zu stehen, die dich an- men gesetzte Barrikade zu räumen – sind heute in jedem Fall gewalttätige scheinend hassen, weil sie in dir die ein bekanntes Vorgehen, das jedoch Aktionen zu erwarten. Die Anspan- Verkörperung des Staates sehen. für mich immer noch spannend nung auf unserer Seite steigt – und Aber trotzdem fühle ich mich si- ist. Doch nachdem wir mit unserer wie erwartet verzögert sich der Be- cher. Denn ich bin nicht allein: Den Hundertschaft den Platz geräumt ginn des Protestmarsches um etwa heutigen Aufzug begleiten wir mit haben, lautet unser nächster Auftrag: eine Stunde. In dieser Zeit stellen POLIZEIBERICHT 2008 8 sich Demonstranten vor, hinter und um die Straße abzusperren und die dass ein Streifenwagen sowie mehre- neben uns auf. Das verursacht bei Störer aufzuhalten, kommen kurze re private Pkw angezündet wurden mir ein mulmiges Gefühl. Norma- Zeit später zur Unterstützung zwei und völlig ausgebrannt sind. lerweise stehen sie nur vor uns. Wasserwerfer, die sich hinter uns An der Saarlandstraße angekom- Um 12:00 Uhr setzt sich die De- aufstellen und bei Angriffen durch men, bietet sich ein erschrecken- monstration schließlich in Bewe- die Störer Wasser auf diese abgeben. des Bild: ausgebrannte Fahrzeuge, gung, doch schon nach wenigen Ich selbst hätte schon aufgrund der entglaste Busse, Kollegen, die sich Metern hält der Aufzug und über enormen Größe dieses Fahrzeuges kaum vor den unzähligen Angriffen Funk werden erste kleine Auseinan- Angst, aber viele Störer geben ihre schützen können und einige Beamte, dersetzungen gemeldet. Es werden Versuche, unsere Polizeikette zu deren Gesichter und Kleidung voll- Feuerwerkskörper gezündet und durchbrechen erst auf, nachdem sie ständig mit roter Farbe verschmiert aus der Menschenmenge heraus auf auch die Kraft dieses Einsatzmittels sind. Da die Störer weiterhin ver- Kollegen geworfen. Als Clowns ver- zu spüren bekommen. suchen, uns Polizeibeamten gegen- kleidete Demonstrationsteilnehmer Nachdem sich die Lage bei uns über Gewalt auszuüben, setzten wir hüpfen und tanzen provokativ vor nach einiger Zeit beruhigt und der unseren Schlagstock ein – für mich der Polizeikette umher, verschiede- Großteil der Störer sich entfernt mein erster Schlagstockeinsatz. In ne Kleingruppen versuchen sich aus hat, kommt über Funk die Meldung, dem Moment jedoch denke ich gar der Versammlung zu entfernen, um dass im Stadtpark Kollegen massiv nicht darüber nach, sondern mache sich in Richtung der Demonstration mit Steinen, Flaschen und Farbbeu- es einfach so, wie wir es schon un- der NPD zu bewegen, und im hinte- teln beworfen werden und dringend zählige Male geübt haben. ren Teil des Aufzuges werden bereits Unterstützung benötigen. Während Auf einmal steigen über Barmbek Polizeikräfte von Personen aus dem der Fahrt mit dem Gruppenkraft- Rauchschwaden auf, es wirkt, als sogenannten „Schwarzen Block“ an- wagen dorthin hören wir über Funk, würde der gesamte Stadtteil brennen gegriffen. – ein Reifenlager wurde angezündet Plötzlich löst sich aus dem vorde- und steht in Flammen. ren Teil der Demo, wo wir stehen, Dann plötzlich werden in der eine Gruppe von etwa 50 Personen Hellbrookstraße von einer größe- und läuft gezielt in eine Nebenstraße ren Personengruppe Barrikaden – offensichtlich mit Zielrichtung der gebaut und angezündet. Wir laufen rechten Demo. Sofort erhalten wir mit unserer Hundertschaft dorthin, den Auftrag, diesen zu folgen und bilden eine Polizeikette und räu- die Aktion zu unterbinden. Mit zwei men mithilfe der Wasserwerfer die Zügen rennen wir hinter der Gruppe Barrikade: Wir gehen gemeinsam in her, versuchen uns vor sie zu stellen, einer Kette nebeneinander vor, der sodass sie nicht weiter in die Rich- Wasserwerfer löscht die brennenden tung gehen können. Als ich dabei Gegenstände, die wir anschließend nach links schaue, sehe ich plötzlich, an den Fahrbahnrand räumen. Als wie ein Demonstrationsteilnehmer wir die Störer erreicht haben, neh- einer Kollegin den Helm vom Kopf men wir anschließend erneut eine reißt und sie sich nur mit Hilfe ih- Absperrung ein, um zu verhindern, rer Kollegen vor einem weiteren dass die Personen wieder in Rich- Angriff schützen kann. Es bleibt tung Stadtpark gelangen. aber keine Zeit, um die Situation in Währenddessen erreicht uns die Ruhe zu klären, da wir sofort eine nächste Funkmeldung über einen Polizeikette einnehmen müssen. Da brutalen Angriff: Störer haben ver- wir deutlich in der Unterzahl sind, Sammelplatz der rechten Demonstranten sucht, einen Streifenwagen mitsamt POLIZEIBERICHT 2008 9 Fahrerin, die für Verkehrsmaß- nahmen zuständig war, umzukip- pen. Schon hier wird deutlich, dass am heutigen Tage ein viel höheres und hemmungsloseres Gewaltpo- tential vorherrscht, bei dem sonst vorhandene Grenzen überschritten werden. Da mittlerweile die rechte Demo mit etwa 1 500 Teilnehmern begon- nen hat und ein Aufeinandertref- fen dieser mit dem linken Klientel im Bereich Rübenkamp verhindert werden soll, werden wir mit unseren Gruppenfahrzeugen abgeholt und dorthin gefahren. Da wir schon seit einigen Stunden den Helm tragen und keine Möglichkeiten zu einer kurzen Pause hatten, nutzen wir alle die kurze Fahrt, um den Helm abzu- nehmen und uns mit Getränken zu versorgen. Die Anstrengung und Er- schöpfung ist meiner ganzen Grup- pe anzusehen – jedoch ist auch deut- Brennende Fahrzeuge in der Saarlandstraße lich zu spüren, dass alle vollkommen In Ohlsdorf angekommen, stellt motiviert und bereit für den nächs- rechtigkeit für alle Deutschen – ge- sich die Lage zunächst sehr ruhig ten Auftrag sind. Für Angstgefühle meinsam gegen Globalisierung“ – dar. Da weitere Auseinandersetzun- oder Sorgen hat man keine Zeit. zieht ohne große Zwischenfälle an gen jedoch in Kürze erwartet werden, Nach dieser kurzen Pause geht die uns vorbei. Doch auch hier wird eine versuchen wir mittels Absperrung Arbeit auch schon weiter. Am Rü- Veränderung an den Demonstrati- die unbeteiligten Spaziergänger und benkamp hat sich schon eine große onsteilnehmern deutlich. Erstmalig Friedhofsbesucher fernzuhalten und Gruppe linker Störer gesammelt, befindet sich auch in diesem Aufzug zu schützen. die offenbar zu dem rechten Aufzug ein sogenannter „Schwarzer Block“, Nach der Schlusskundgebung der gelangen wollen. Daher bilden wir der von der äußeren Erscheinung rechten Demo begaben sich deren eine Polizeikette, was bei unserem her kaum von dem der Linken zu Teilnehmer auf den Heimweg. Gegenüber für Unverständnis und unterscheiden ist. Zunächst denke ich, dass die An- weitere Aggression sorgt. Trotz der Anschließend entfernen sich die griffe und gewalttätigen Aktionen Polizeipräsenz versuchen einige Stö- eigentlichen Teilnehmer der linken ein Ende haben, doch dann befinden rer, über das Gelände des dortigen Gegendemonstration in Richtung sich plötzlich hunderte Vermummte Kleingartenvereins und auch des Norden. Da die Demo der NPD in vor uns in der Fuhlsbüttler Straße, Krankenhauses die andere Seite un- Ohlsdorf enden soll, rennen wir die laut schreien, auf uns zulaufen serer Absperrung zu erreichen, was zunächst einige hundert Meter zu und uns mit Flaschen und Pflas- wir jedoch größtenteils verhindern unseren Fahrzeugen – und bei die- tersteinen bewerfen. Nachdem wir können. sem Sprint spüre ich plötzlich die Verstärkung durch weitere Kolle- Der von der NPD angemeldete Erschöpfung, die schon kurz darauf gen und Wasserwerfer erhalten ha- Aufzug – „Arbeit und soziale Ge- wieder der Aufregung weicht. ben, verbleibt die Personengruppe POLIZEIBERICHT 2008 10 und mich wieder auf den Weg zur Unterkunft mache, bin ich wieder mittendrin. Auf der Dienststelle angekom- men herrscht große Aufregung und Zeitdruck: Wir ziehen uns in Windeseile wieder um, beladen die Fahrzeuge und schon sind wir auf dem Weg in die Schanze, da es dort zu einem Barrikadenbau vor der „Flora“, der Entglasung einer Spar- kassenfiliale sowie zu Angriffen und Bewürfen auf Polizeibeamte gekommen ist. Am Neuen Pfer- demarkt sitzen wir von den Fahr- zeugen ab und laufen in Richtung Flora. Unter andauerndem Bewurf mit Steinen, Flaschen und Feuer- werkskörpern räumen wir mit Ein- satz des Schlagstockes und Verstär- kung durch die Wasserwerfer das Schulterblatt, woraufhin sich die Störer schließlich in die umliegen- den Straßen entfernen. Während in einem Abstand von etwa fünfzig raschend gegen 21:00 Uhr aus dem wir das geräumte Gebiet absperren, Meter von uns, einige setzen sich auf Einsatz entlassen und machen uns werden in den umliegenden Straßen die Straße und werden ruhiger. An- auf den Heimweg. neue Barrikaden gebaut. Beamte dere hingegen bereiten sich auf ein Zuhause angekommen, schalte ich werden beworfen und angegriffen, erneutes Angreifen vor: Sie sammeln den Fernseher ein und schaue mir diverse Müllcontainer und ein Pkw Flaschen, reißen Steine aus dem Geh- die Berichterstattung über den Tag angezündet sowie Scheiben eines weg und deponieren sie griffbereit. an, wobei ich bei den Aufnahmen Supermarktes und einer Bank ein- Doch nach geraumer Zeit scheint zum Teil Kollegen meiner Hundert- geworfen. Die Aktionen dauern es, als verginge den Störern die Lust, schaft und mich selber sehe. Als ich einige Stunden an, bis sich gegen und die Gruppe löst sich auf. Um die soeben erlebten Ereignisse im 03:00 Uhr der Großteil der Störer einer erneuten Auseinandersetzung Fernsehen beobachte, kommt es mir entfernt und die Lage sich deutlich entgegen zu wirken, verbleiben wir vor, als wäre es noch viel schlim- beruhigt hat. Daraufhin werden so lange vor Ort, bis sich die Störer mer, als ich es selber erlebt habe. Es wir letztendlich entlassen und vollkommen entfernt haben. entsteht eine gewisse Distanz – ich können ein zweites Mal – dieses Gegen 18:00 Uhr fahren wir habe das Gefühl, dass ich gar nicht Mal endgültig für diesen Tag – die schließlich zur Polizeiunterkunft, dabei gewesen bin, so unwirklich Heimreise antreten und uns aus- um endlich etwas zu essen und die erscheint es. ruhen.❚ Schutzkleidung für kurze Zeit abzu- Doch als ich etwa zwanzig Mi- Zur Person legen. nuten später einen Bericht über Jana Frauen ist 24 Jahre alt und ar- Da es in den nächsten Stunden aktuelle Auseinandersetzungen in beitet nach Abschluss ihrer Ausbil- keine Erkenntnisse über neue Stö- der Schanze sehe, kurz darauf mein dung seit anderthalb Jahren in der reraktionen gibt, werden wir über- Handy klingelt, ich alarmiert werde Bereitschaftspolizei. POLIZEIBERICHT 2008 11 Erfahrungsbericht der LBP 44 Ausschreitungen am 1. Mai 2008

u. a. zerkleinerte Gehwegplatten, dort entstandenen Linien binden zu Pflastersteine und Zwillen für ihre können. In diesem Zusammenhang Angriffe gegen Polizeibeamte. Wie wurden Fahrzeuge sowie Müllcon- Jörn Diete, LBP 440, bereits bei anderen Einsatzanlässen tainer in Brand gesetzt, Barrikaden Landesbereitschaftspolizei in der jüngeren Vergangenheit war errichtet, Kleinfeuer entzündet und auch am 1. Mai ein gruppendyna- diverse Sachbeschädigungen durch m Zuge der gewalttätigen De- mischer Effekt besonders bei den Ju- Einwerfen von Scheiben an Fahrzeu- monstrationen am 1. Mai 2008 gendlichen zu beobachten. Scheinbar gen und Geschäften begangen. Iim Stadtteil Barmbek und an- unbeteiligte und passive Zuschauer Im Anschluss formierten sie sich schließend im Schanzenviertel wur- wechselten die Seite und griffen ak- zu größeren Gruppen (bis zu 2 000 de die Hamburger Polizei mit einem tiv in das Geschehen ein, indem sie Störer in dem Bereich Lauenstein- der schwierigsten und komplexesten Flaschen und Steine in Richtung der straße), die gezielt Absperrungen der Einsatzabläufe der jüngsten Vergan- Polizisten warfen. Polizei angriffen. genheit konfrontiert. Das Störerverhalten ließ sowohl Phasenweise gingen bis zu 3 000 Der Einsatz der Technik der hierarchische als auch taktische gewaltbereite Personen konzentriert Landesbereitschaftspolizei hatte Grundzüge erkennen. Als Kommu- und zielgerichtet gegen die Polizei- aufgrund der Tatsache, dass nicht nikationsmedien wurden Handys kräfte vor, indem sie massiv Pflaster- der geforderte Kräfteansatz zur und verschiedenfarbige Fahnen ver- steine sowie Flaschen und Knallkör- Verfügung stand, der aus Sicht der wendet, mit denen Befehle in Form per auf Polizeibeamte warfen. Die Hamburger Polizei dem Anlass an- von Zeichen umgesetzt wurden. Angriffe konnten nur durch perma- gemessen gewesen wäre, eine ganz So traten die Gewalttäter zunächst nenten Wassereinsatz abgewendet besondere Bedeutung. in Kleingruppen auf, um an un- werden. Die LBP 44 war mit vier Wasser- terschiedlichen Orten gleichzeitig werfer-Staffeln, bestehend aus einem operieren und Polizeikräfte an den Wasserwerfereinsatz gegen Störer Werfer der Bundespolizei aus Ratze- burg, drei Bremer und fünf Hambur- ger Wasserwerfern in dem Einsatz- abschnitt Aufzug „Links“ eingesetzt. Unsere Aufgabe bestand vorerst darin, den Aufzug „Links“ parallel und in Form eines überschlagenden Einsatzes zu begleiten. Die Störer agierten strukturiert bzw. planmäßig. Ihr Handeln war durch äußerste Brutalität und Rück- sichtslosigkeit geprägt. Sie nutzten POLIZEIBERICHT 2008 12 Eine rund 2 000 Personen starke gebunden und die Wasservorrä- Abend des 1. Mai deutlich, als es im Menschenmenge griff die im Bereich te nahezu ausgeschöpft, sodass die Schanzenviertel zu gewalttätigen Lauensteinstraße/Rübenkamp ein- Wasserabgabe trotz der unablässi- Ausschreitungen kam. gesetzten Kräfte der Bereitschafts- gen Angriffe auf die eingesetzten Dabei wurden Steine und Fla- polizei mit einem derart schweren Polizisten erheblich eingeschränkt schen auf Polizeibeamte geworfen Steinbewurf an, dass selbst der werden musste, um den Schutz und Straßen blockiert. Zum Teil kontinuierliche, beharrliche Einsatz der eingesetzten Polizeikräfte über- wurden Müllcontainer und Bau- von Wasser durch die dort einge- haupt noch gewährleisten zu kön- schutt in Brand gesetzt, sowie die setzte Werferstaffel gerade eben aus- nen. Aus der Harzlohstraße heraus Glasfront der HASPA Schulterblatt reichte, die Linie zu halten sowie die beschossen bewaffnete Störer Po- eingeworfen. Daran beteiligt waren Polizeibeamten vor schwerwiegen- lizeibeamte gezielt mit Zwillen, wo- 400 Personen des autonomen links- den Verletzungen zu schützen. bei die Angreifer Stahlmuttern ver- extremistischen Spektrums. Zu diesem Zeitpunkt waren alle wendeten. Die Räumung des Schulterblat- anderen Staffeln in vergleichbar Der Anschlussauftrag, die tes mit Wasserwerfen, Kräften der brenzligen Situationen bzw. Lagen Marschstrecke „Rechts“ in Form des Alarmabteilung Hamburg (Einsatz- überschlagenden Einsatzes an neu- hundertschaften, die aus Polizei- ralgischen Punkten und Kreuz- beamten der Polizeikommissariate ungen zu sichern, konnte aufgrund gebildet werden) und den nach der der bereits erläuterten knappen Alarmierung schnell eintreffenden materiellen Ressourcen im Wasser- Kollegen der Bereitschaftspolizei werferbereich nur durch viel Impro- verlief routiniert und eingespielt. visationsvermögen und mit einem Dieser Einsatz hat den immens erheblichen Restrisiko in anderen hohen taktischen Wert des Wasser- Teilbereichen der Strecke gewähr- werfers unter Beweis gestellt. Das leistet werden. konsequente Abgeben von Wasser Von Störern in Brand gesetzte Fahrzeuge Das Verlegen der Wasserwerfer hat unter den beschriebenen Rah- im Einsatzraum war, bedingt menbedingungen schwerwiegen- durch die baulichen Gegebenhei- de gesundheitliche Folgen von den ten, äußerst schwierig. Zudem Versammlungsteilnehmern und den mussten zwei Werfer aufgrund eingesetzten Polizeibeamten abwen- eines Reifenschadens und eines den können. defekten Strahlrohres mitten im Die aus einer Vielzahl von Ein- Einsatz durch den Instandsetzungs- satzanlässen erlangte Erfahrung, trupp der 4. Hundertschaft repa- ständige Aus- und Fortbildungs- riert und die daraus resultierenden maßnahmen auch mit auswärtigen Lücken ausgeglichen werden. technischen Einheiten sowie das da- Störer errichteten Barrikaden Das Zusammenspiel zwischen raus resultierende Grundvertrauen den Einsatzkräften und der Tech- zwischen den zusammenwirkenden nik war sehr professionell. Sowohl Kräften haben den positiven Verlauf die Entschlossenheit im Vorgehen des Einsatzes maßgeblich mitbe- gegen das extrem gewaltbereite stimmt. Störerpotenzial als auch die enorme Der Einsatz der Technik kann physische Ausdauer der Kollegen sowohl die Bevölkerung als auch sind in diesem Zusammenhang be- alle eingesetzten Polizeibeamten sonders hervorzuheben. wirksam vor gravierenden Schäden Dieser Gesichtspunkt wurde am schützen.❚ POLIZEIBERICHT 2008 13 Catch me if you can – Yes, we can! Flüchtiger Millionen-Betrüger gefasst

war doch ein wenig besorgt ge- Betrügers, der da mit großen Wor- wesen. Eigentlich hätte ihn jeder er- ten „Catch me if you can“ die Po- kennen müssen. Drei Tage hatte er lizei verhöhnte. Er bezeichnete sich Jörn Blicke, LKA 23, das Hotelzimmer nicht verlassen. selbst als „König der Betrüger“. Die Landeskriminalamt Ein wenig stolz war er allerdings Aufforderung „Catch me if you can“ auch. Immerhin kam nicht jeder ins war einem amerikanischen Spiel- eld, viel Geld würden ihm Fernsehen. film entlehnt, in dem Leonardo diese kleinen bunten Plas- Er würde es der Polizei schon zei- DiCaprio einen Betrüger spielt – Gtikkärtchen bringen. Mit gen. Er wusste auch schon wie … einer wahren Geschichte folgend. leuchtenden Augen betrachtete Rei- Mit schmunzelnden Gesichtern „Kennt den jemand?“ war die ner B. die Scheck- und Kreditkarten, sahen die Zielfahnder des LKA 23 bei den Zielfahndern in den Raum die ihm von einem Mittelsmann zu- auf den Computerbildschirm. Sie gestellte Frage. Allgemeines Kopf- geschickt worden waren. betrachteten die Homepage eines schütteln erfolgte. Jede dieser Karten war bares Geld für ihn. Man musste nur wissen, wie man die Banken zu überlisten hatte. Er war einer, der es genau wusste. Er war der Kopf dieser Bande. Eine halbe Million Euro hatte ihm seine Masche bereits eingebracht. Allerdings waren ihm die Ermitt- ler des Landeskriminalamtes Ham- burg bereits auf die Schliche gekom- men. Sie hatten ihn schon einmal erwischt. Aber er hatte Glück ge- habt. Er war vor seiner Verurteilung wieder auf freien Fuß gekommen. Einen Wermutstropfen gab es al- lerdings. Eine gute Freundin war in Nürnberg erwischt worden, als sie mit den neuen Karten Geld abheben wollte. Aber ihn würden sie nicht erwi- schen. Ihn nicht! Er hatte sich selbst neulich im Fernsehen gesehen. Bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“. Er POLIZEIBERICHT 2008 14 Nähere Aufklärung erfolgte durch bereit haben, ihre Bekannten und der auf diesem Kasten verzeich- die Kollegen des Dezernates für Kre- Verwandten anlügen und diese Ge- net war, kannte niemand. Dies war ditkartenkriminalität. Reiner B. galt schichten teilweise auch so ausleben, auch kein Wunder. Erstens wohn- als Kopf einer Bande, die Banken dass sogar ein Lügendetektor diese te er auch nicht hier im Hause und um hohe Summen betrog. Ein Ende Geschichten akzeptieren würde. Sie zweitens war der Name falsch. Aber dieser Serie war nicht abzusehen. fallen also nicht auf, blicken sich die Post wurde regelmäßig abgeholt. Mit diesen Informationen war nicht gehetzt um, sondern spielen Dieses Mal warteten allerdings Ziel- den Zielfahndern klar, dass sie die- ihre Rolle, als wäre es das echte Le- fahnder auf den Kurier, der hier Post sen Betrüger doch beim Wort neh- ben. abholte. men würden. So begann die Fahndung mit ak- Michael S. blickte sich mehrfach „Catch me if you can – Fangt ribischer Kleinarbeit. Die Taten des um, als er das Haus betrat. Niemand mich, wenn ihr könnt“ Reiner B. wurden penibel ausgewer- war in der Nähe. Wenige Schritte Nun bringt es die Fahndung nach tet. Wie hatte er seine Taten began- zum Briefkasten und den Schlüssel einem Betrüger immer mit sich, dass gen, wo hatte er seine Taten began- im Schloss gedreht. Bevor er die Post sich die Fahndungsmaßnahmen gen und wie war er in den Besitz der entnehmen konnte, legten sich stäh- sehr schwierig gestalten. So war die Karten gelangt? In Zusammenarbeit lerne Armbänder um seine Handge- Frage eines Fahnders „Können wir mit den Ermittlern des zuständigen lenke. Freundliche Stimmen teilten nicht lieber einen Mörder suchen?“ Dezernates bestand hier bald mehr ihm mit, dass er festgenommen sei. verständlich. Betrüger der Kategorie Klarheit. Reiner B. würde diese Sendung Reiner B. sind nicht wirklich auf der Anders sah es allerdings bei den nicht erhalten. Flucht. Vielmehr ist es so, dass sie Ermittlungen zu seinem persönli- Wenig später meldete sich per Te- ständig falsche Personalien angeben, chen Umfeld aus. Er hatte alle Kon- lefon ein Timo F. bei den Zielfahn- für alles eine erfundene Geschichte takte abgebrochen und schien sich dern, der seine Hilfe anbot. Er habe sowohl in Deutschland als auch in früher mit Reiner B. zusammenge- anderen europäischen Ländern auf- arbeitet und sei selbst von ihm be- zuhalten. Wo also anfangen? trogen worden. Nun wolle er helfen, Da man keinen Anhaltspunkt ihn dingfest zu machen. für den Aufenthaltsort von Reiner Mit aufkeimendem Verdacht im B. fand, wurde der andere Weg ge- Hinterkopf entschloss man sich, die- wählt. Man würde einfach den klei- se „Hilfe“ anzunehmen. Bald gab es nen bunten Plastikkärtchen folgen, einen ersten konkreten Hinweis auf die irgendwann vielleicht bei Reiner ein Hotel in Frankreich. Die Ziel- B. ankämen … fahnder baten ihre französischen Und es dauerte auch gar nicht Kollegen um Unterstützung. Tat- lange, bis die Zielfahnder auf einen sächlich wurden in dem genannten Briefkasten stießen, der das Ziel der Hotel falsche Papiere und eine Rei- Karten darstellte. Jetzt hieß es, Ge- he von Kreditkarten gefunden. Von duld zu haben und abzuwarten. Eine Reiner B. jedoch keine Spur. Fähigkeit, die jeder Fahnder bis zur Wieder wurde ein Briefkasten ent- Perfektion beherrscht. Und die häu- deckt. Diesmal in Wiesbaden. Auch fig zum Erfolg führt. So auch hier. hier sollte der Kurier die Bekannt- Keiner der Hausbewohner eines schaft einiger freundlicher Beamten unscheinbaren Mehrfamilienhauses machen, die ihm eine feste Unter- in der Hamburger Innenstadt hatte kunft im Untersuchungsgefängnis sich Gedanken über einen neuen in Aussicht stellten. Briefkasten gemacht. Den Namen, Von Reiner B. immer noch keine POLIZEIBERICHT 2008 15 Spur. Allerdings wurde das Miss- trauen gegenüber Timo F. größer. Seine Hinweise auf angebliche Auf- enthaltsorte von Reiner B. lagen fast immer sehr weit entfernt. Der letzte Hinweis bezog sich schon auf Indien. Sollte die Polizei von näher liegenden Zielen abgelenkt werden? Man beschloss, sich eingehender mit ihm zu beschäftigen. Und bald war klar, dass Timo F. durchaus kein Menschenfreund, sondern immer noch ein Mittäter des Reiner B. war. Beide schienen sogar gleichberech- tigt an der Spitze der Organisation zu arbeiten. Wie jeder Kriminelle, vor allem derjenige, der überheblich wird, wurden auch von Reiner B. und Timo F. Fehler gemacht, bei de- nen sich die Zielfahnder die Hände Aufforderung und heute können wir wieder seine Taten vor. Er mietete rieben. Timo F., der die Polizei auf sagen: „Yes, we can“. Wohnungen an, ließ Briefkästen be- falsche Spuren setzen wollte, stand Reiner B. hätte den Film zu Ende schriften und bestellte Kreditkarten deshalb jetzt auf der Prioritätenliste sehen sollen. Sowohl Leonardo bei verschiedenen Banken. Aber mit der Fahnder ganz oben. DiCaprio als auch die reale Person, jeder seiner Aktionen kamen ihm Bald wussten die Zielfahnder, die hinter diesem Film stand, waren die Beamten einen kleinen Schritt welche Geldautomaten aufgesucht von der Polizei festgenommen wor- näher, bis sie bei ihm in Berlin- wurden, um Scheck- und Kreditkar- den. Wedding vor dem Haus standen. ten zu Geld zu machen. So warteten Aber Timo F. schien misstrauisch die Fahnder in bekannter Geduld Und wie ging die Fahndung nach geworden zu sein. Er hatte seine vor Geldautomaten, um auf Timo F. Timo F. weiter? wichtigsten Dinge zusammenge- zu warten. Und er kam. In Italien konnten die Fahnder seine packt und ein Taxi bestellt. Vor den Großes Erstaunen bei den Ziel- Spur wieder aufnehmen. F. gelang in Augen der Polizei stieg er ein und fahndern, als sie sahen, dass ihnen letzter Minute die Flucht. Er musste fuhr davon. jedoch nicht Timo F., sondern der wieder Papiere und Geräte zurück- Allerdings nicht weit. Ein Sonder- seit viel längerer Zeit gesuchte Reiner lassen, die er brauchte, um seine Be- einsatzkommando der Berliner Po- B. ins Netz gegangen war. In seinem trügereien zu begehen. lizei stoppte die Fahrt. Seine Worte, Hotelzimmer wurden eine Vielzahl In akribischer Kleinarbeit konn- er sei nicht der Gesuchte, fand kei- von Kredit- und Scheckkarten und te man seine Spur nach Polen und nen rechten Glauben bei den einge- auch eine riesige Menge falscher von dort zurück nach Deutschland setzten Beamten. Personalausweise gefunden. Auch verfolgen. Letztlich landete man in Sowohl Reiner B. als auch Timo F. Reiner B. sitzt jetzt im Hamburger Berlin. haben nunmehr ein umfangreiches Untersuchungsgefängnis. Letztlich Ungläubiges Staunen bei den Geständnis abgelegt. hatte er rund zwei Millionen Euro Fahndern: Timo F. schien nicht Sie können jetzt gemeinsam darü- Schaden angerichtet. wirklich auf der Flucht zu sein. ber nachdenken, ob es sich lohnt, die „Catch me if you can“ war die Vielmehr bereitete er in aller Ruhe Polizei herauszufordern.❚ POLIZEIBERICHT 2008 16 Polizeiliche Kriminalstatistik 2008 Niedrigste Fallzahlen seit 1983

Für die im Langzeitvergleich feststellbaren Fallzahl- schwankungen sind statistische Erfassungsbesonder- heiten, Änderungen von Bearbeitungsverfahren der Martin Claussen, LKA SP, Strategische Polizei, die Kontrollintensität der Polizei und/oder Planung der Verbrechensbekämpfung privater Sicherheitsunternehmen sowie z. B. Strafrechts- änderungen ursächlich (siehe Abbildung 1). Die Häufi gkeitszahl, d. h. die Anzahl der registrierten Delikte pro 100 000 Einwohner, stellt sich für die ver- gangenen zehn Jahre wie in Abbildung 2 auf Seite 18 ge- ür das Jahr 2008 bilanziert die Polizeiliche Kri- zeigt dar. minalstatistik (PKS) für die Freie und Hansestadt Die Deliktsstruktur für das Jahr 2008 gibt die Ab- FHamburg nach dem leichten Anstieg der Fallzahlen bildung 3 auf Seite 19 wieder: Die Diebstahlsdelikte im Vorjahr einen Rückgang um 604 (-0,3 %) auf 236 444 insgesamt machen nach wie vor etwa die Hälft e Fälle. Das ist der niedrigste Stand seit 1983. (45,8 %) aller registrierten Straft aten aus (Vorjahr: Die Aufk lärungsquote (AQ) ging leicht um 0,4 Pro- 46,4 %). Straft aten gegen das Leben, Straft aten gegen die zentpunkte auf 45,5 % zurück. Sie liegt jedoch um 0,3 sexuelle Selbstbestimmung und Rohheitsdelikte (u. a. Prozentpunkte über dem durchschnittlichen Wert der Raub- und Körperverletzungsdelikte) haben einen Anteil letzten zehn Jahre. von 13,9 % (Vorjahr: 13,4 %). Die Anteile der Gewalt-,

[Abb. 1] Kriminalitätsentwicklung in Hamburg POLIZEIBERICHT 2008 17 Rauschgift - und Vermögensdelikte blieben nahezu un- ■ sonstige Sachbeschädigungen auf Straßen, Wegen verändert. oder Plätzen um 809 (16,1 %) auf 5 837 Fälle Im Detail stellt sich die Fallzahlentwicklung wie folgt bilanziert. dar: Es werden im Wesentlichen Rückgänge für Tatverdächtige ■ Diebstahl in/aus Kraft fahrzeugen insgesamt um Im Jahr 2008 wurden von der Polizei insgesamt 70 133 2 577 (-12,0 %) auf 18 954 Fälle, Tatverdächtige (TV) registriert, das entspricht einer Ab- ■ Ladendiebstahl insgesamt um 828 (-5,2 %) auf 15 032 nahme um 3 026 (-4,2 %) gegenüber dem Vorjahr. Fälle, Bei den Tatverdächtigen sind, wie bereits in den letzten ■ Diebstahl in/aus Boden-, Kellerräumen und Wasch- Jahren, heranwachsende und jugendliche Tatverdächtige küchen um 833 (-15,0 %) auf 4 725 Fälle, im Vergleich zu ihrem konstant gebliebenen Anteil an ■ Betrug mit rechtswidrig erlangten unbaren Zah- der Wohnbevölkerung überrepräsentiert. lungsmitteln um 1 802 (-32,0 %) auf 3 835 Fälle, Prinzipiell muss bei Bezügen von Tatverdächtigenzah- ■ Erschleichen von Leistungen um 1 661 (-13,3 %) auf len zur Wohnbevölkerung immer beachtet werden, dass 10 825 Fälle bei Zuständigkeiten nach dem Tatortprinzip auch jene verzeichnet. TV in der PKS subsumiert werden, die nicht in Ham- burg wohnen oder für die der Wohnort Hamburg nicht Zunahmen werden dagegen im Wesentlichen für: eindeutig feststellbar ist. Dies trifft auf insgesamt 17 762 ■ die (vorsätzliche leichte) Körperverletzung um 1 053 TV zu. Der Anteil dieser nicht zwingend der Hamburger (7,1 %) auf 15 925 Fälle, Wohnbevölkerung zuzurechnenden TV beträgt ca. 25 %. ■ Diebstahl/unbefugtes Benutzen von Fahrrädern ins- Dieser hohe Anteil ist bei jedem Bezug von PKS-Zahlen gesamt um 574 Fälle (4,9 %) auf 12 322 Fälle, zu Wohnbevölkerungszahlen für die Interpretation zu ■ Wohnungseinbruchdiebstahl um 1 099 (19,2 %) auf berücksichtigen. 6 811 Fälle, Das Land Hamburg hat im Bundesvergleich den höchs- ■ Taschendiebstahl insgesamt um 554 (5,9 %) auf 9 937 ten Anteil von Nichtdeutschen an der Wohnbevölkerung. Fälle, Aktuell beträgt ihr Anteil in Hamburg 14,3 %. Im Jahr ■ Waren- und Warenkreditbetrug um 3 555 (75,0 %) 2008 wurden insgesamt 19 412 nichtdeutsche Tatver- auf 8 293 Fälle, dächtige registriert, was einer Abnahme um 9,7 % bzw.

[Abb. 2] Anzahl registrierter Delikte pro 100 000 Einwohner POLIZEIBERICHT 2008 18 2 085 Tatverdächtigen entspricht. Der Anteil der Nicht- 25 088 Fälle gesunken. Kontroll- und Eigentumsdelikte deutschen an allen ermittelten Tatverdächtigen ist gegen- bilden auch im Jahr 2008 bei den jungen Tatverdächtigen über dem Vorjahresvergleichszeitraum leicht rückläufi g den deliktischen Schwerpunkt (siehe Abbildung 5 auf und liegt bei 27,7 % (siehe Abbildung 4 auf Seite 20). Seite 21). Das Sicherheitsgefühl der Bürger wird durch diese Delikte (wie z. B. Leistungserschleichungen und La- Jugendkriminalität dendiebstahl) nur in geringem Maße beeinträchtigt. Im Jahr 2008 wurden mit insgesamt 17 038 TV unter 21 Erkenntnisse aus Dunkelfeldstudien lassen den Jahren (TVu21) 1 343 bzw. 7,3 % weniger registriert als im Schluss zu, dass der Anstieg der polizeilich registrierten Vorjahr, damit ist im Zehnjahresvergleich die Anzahl um Jugendkriminalität in den vergangenen Jahren auf eine 10,2 % gesunken. zunehmende öff entliche Gewaltmissbilligung (häufi gere Der Anteil der unter 21-Jährigen an allen Tatverdächti- Anzeigenerstattung) zurückzuführen ist. Mitursächlich gen im Jahr 2008 beträgt 24,3 %, ihr Anteil an der Wohn- für diese Dunkelfeldaufh ellung sind u. a. polizeiliche bevölkerung liegt dagegen nur bei 18,5 %. Demnach Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, treten die unter 21-Jährigen überproportional als TV in wie norm- und hilfeverdeutlichende Gespräche, Einsatz Erscheinung. Der Anteil der TVu21 an allen TV im Be- von Cop4U und aktuell die Einführung des behörden- reich der Gewaltkriminalität beträgt für das Berichtsjahr übergreifenden Handlungskonzeptes „Handeln gegen 39,8 % und ist damit gegenüber dem Vorjahr um 3 Pro- Jugendgewalt“. zentpunkte gesunken. Der Jugendbegriff lässt sich nicht mehr ausschließlich Eine Erklärung für das häufi gere Auft reten von jugend- auf unter 21-Jährige begrenzen. Die Lebensphase Jugend lichen TV ist, dass jugendtypische Delikte oft bagatellhaf- hat sich verlängert. Neben Aspekten wie längere Schul- ter Natur sind. Darüber hinaus sind die Taten aufgrund und Ausbildungszeiten und dementsprechender ökono- ihrer oft unprofessionellen, gelegenheitsgesteuerten und mischer Abhängigkeit vom Elternhaus unterscheidet sich wenig planvollen Handlungsweisen leichter aufzuklären. das Freizeitverhalten von unter 30-Jährigen heutzutage Besonders der häufi ge Aufenthalt Jugendlicher im öff ent- kaum von dem der Jugendlichen und Heranwachsenden. lichen Raum kann dazu führen, dass viele Normverstöße Somit geraten auch über 21-Jährige vermehrt in jugend- zu Konfl ikten mit Erwachsenen und der Polizei führen. typische Konfl iktsituationen. Die Anzahl der Straft aten, die durch diese Altersgrup- Die Abbildung 6 auf Seite 22 zeigt, dass die Krimi- pe insgesamt verübt wurden, ist um 680 Fälle (-2,4 %) auf nalitätsbelastung der Heranwachsenden (18 bis unter 21

[Abb. 3] Struktur der Delikte POLIZEIBERICHT 2008 19 Jahre) der Jungerwachsenen (21 bis unter 25 Jahre) sowie agiert. Neben der Intensivierung der Aus- und Fort- der jungen Erwachsenen (25 bis unter 30 Jahre) deutlich bildung und der Spurensicherung erfolgte darüber höher als die der Gesamtbevölkerung (TBVZ: 4 246) ist. hinaus eine Optimierung von Verfahrensabläufen und Bekämpfungsstrategien, z. B. durch den verstärkten Ausgewählte Kriminalitätsbereiche Einsatz von Zivilfahndern. Ergänzend wurde zum Wie bereits eingangs erwähnt machen die Diebstahls- 20. Januar 2009 die „Besondere Aufb auorganisation delikte insgesamt etwa die Hälft e (45,8 %) aller registrier- Haus- und Wohnungseinbruch“ (BAO HWE) mit dem ten Straft aten aus. Ziel eingerichtet, frühzeitig Täterstrukturen und Tatse- Nach einem leichten Anstieg von 1 % im Jahr 2007 setzt rien zu erkennen und zu bekämpfen. sich der seit 2002 festgestellte rückläufi ge Trend bei den Diebstähle rund um das Kraft fahrzeug haben einen Diebstahlsdelikten insgesamt weiter fort. Im Jahr 2008 Anteil von etwa einem Viertel an allen Diebstahlsdelik- ist ein Rückgang um 1 663 (-1,5 %) auf 108 296 Taten (Vor- ten. Sie verzeichnen einen Rückgang von 2 699 (-9,4 %) jahr: 109 959) festzustellen. Die AQ lag bei 20,5 %. auf 25 867 Taten. Im Detail bedeutet dies, dass der Dieb- Während bei den Einbruchsdiebstählen in Gaststät- stahl von Kfz stagniert (2 047 Taten), der Diebstahl in/aus ten, Büros und Wohnungen Steigerungen zu verzeichnen Kfz um 12,0 % auf 18 954 Taten und der Diebstahl an Kfz sind, konnten bei den Geschäft s- und Kellereinbrüchen um 2,6 % auf 4 866 Taten zurückgegangen ist. sowie bei den Diebstählen rund um das Kfz Rückgänge Im Bereich des Diebstahls rund ums Kraft fahrzeug festgestellt werden. zeigen die gezielten Schwerpunkteinsätze der örtlichen Von 1990 bis 2006 wurde beim Wohnungseinbruch ein Polizeikommissariate, der verbesserte Diebstahlsschutz Rückgang der Fallzahlen um mehr als zwei Drittel ver- der Autohersteller und die Anwendung der lageabhän- zeichnet. Diese positive Entwicklung setzte sich sowohl gigen Kontrollmöglichkeiten nach dem novellierten Po- 2007 als auch 2008 nicht weiter fort. Für das Jahr 2008 lizeirecht ihre Wirkung. wurde erneut eine deutliche Steigerung um 1 099 (19,2 %) In der PKS wurde im Bereich der Wirtschaft skrimina- auf 6 811 Taten registriert. Der Versuchsanteil liegt mit lität im Jahresvergleich ein Anstieg um 269 (27,0 %) auf 36,2 % auf dem Niveau der Vorjahre. Die Aufk lärungs- 1 264 Fälle registriert. quote beträgt 8,0 %. Die Veränderungen der Fallzahlen im Bereich der Wirt- Die Polizei Hamburg hat auf das Phänomen stei- schaft skriminalität sind abhängig von Anzahl und Um- gender Fallzahlen im Deliktsbereich bereits re- fang großer Ermittlungsverfahren. Verfahren dieser Art

[Abb. 4] Entwicklung und Anzahl Tatverdächtiger (Deutscher/Nichtdeutscher) POLIZEIBERICHT 2008 20 hatten 2008 keinen gravierenden Einfl uss auf die PKS. Gewaltkriminalität veränderte sich in den letzten Jahren Beim Waren- und Warenkreditbetrug verzeichnet die deutlich. Im Zehnjahresvergleich ist zu beobachten, dass PKS einen Zuwachs um 3 555 (75,0 %) auf 8 293 Fälle. die Fallzahlen für Raubdelikte sinken (-2 394 Fälle bzw. Dabei stieg im Vergleich zum Jahre 2007 der Waren- -44,3 %), die Fallzahlen für die gefährliche und schwere betrug im Berichtsjahr um 482 (22,0 %) auf 2 675 Fälle Körperverletzung hingegen auf vergleichbarem Niveau und der sonstige Warenkreditbetrug um 3 087 (123,7 %) steigen (2 119 Fälle bzw. 62,5 %). Fälle. Die Anzahl der registrierten Raubstraft aten sank ge- Ein Warenbetrug wird u. a. dadurch begangen, dass der genüber dem Vorjahreszeitraum um 88 (-2,8 %) auf 3 005 Täter Artikel im Internet zum Verkauf anbietet, die Ware Taten. Die AQ liegt mit 41,5 % auf Vorjahresniveau. aber bei Erhalt des Geldes nicht ausliefert. Beim sonsti- Raubüberfälle auf Geschäft e sind um 48 (34,5 %) auf gen Warenkreditbetrug besteht die Tatausführung häufi g 187 Taten gestiegen. Die Aufk lärungsquote liegt mit 38,0 darin, dass der Tatverdächtige die Geschädigten täuscht, % (Vorjahr: 32,4 %) 5,6 Prozentpunkte über der des Vor- indem er unter Verschleierung seiner wahren Identität jahres. Waren bestellt, diese aber nach Erhalt nicht bezahlt. In den Deliktsbereichen Handtaschenraub und sons- Obwohl Anbieter von Internet-Auktions- und Han- tige Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen delsplattformen Sicherheitsvorkehrungen wie den Treu- wurden die Maßnahmen der vergangenen Jahre fortge- handservice anbieten, verzichten viele Nutzer darauf und führt. liefern ihre Ware ohne die angebotene Absicherung. Ein Diesen Deliktsbereichen begegnet die Polizei durch: Fallrückgang wird daher für diesen Deliktsbereich nicht ■ tatzeitnahe kriminalpolizeiliche Reaktion unter Aus- erwartet. schöpfung der strafprozessualen Möglichkeiten (ED- Die Gewaltkriminalität – mit einem Anteil von 3,7 % Behandlung1, DNA-Probenentnahme) auch zum Zwe- an den insgesamt registrierten Straft aten – war auch im cke der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, Jahr 2008 weiterhin zentrales Th ema polizeilicher Arbeit ■ Ausschreibung von Intensivtätern sowie und der öff entlichen Diskussion. Die Fallzahlen bewe- ■ verstärkte uniformierte und zivile Präsenz in Tathäu- gen sich mit 8 846 Taten auf Vorjahresniveau. Die AQ fungsgebieten. lag bei 64,7 %. Die Deliktsfelder Raub und gefährliche Die Fallzahlen beim Handtaschenraub stiegen gegen- und schwere Körperverletzung haben mit zusammen

8 515 Fällen einen Anteil von 96,3 %. Die Struktur der 1 Erkennungsdienstliche Behandlung

[Abb. 5] Delikte, die von unter 21-Jährigen begangen wurden POLIZEIBERICHT 2008 21 über dem Vorjahr um 22 auf 194 Taten. Es wurden 27,8 % Der Anstieg bei den Körperverletzungsdelikten (Vorjahr: 23,8 %) der Taten aufgeklärt. Wie im Vorjahr insgesamt ist vornehmlich auf den Anstieg der (vor- sind die Opfer in rund der Hälft e aller Fälle 60 Jahre und sätzlichen leichten) Körperverletzung um 1 053 (7,1 älter. %) auf 15 925 Fälle zurückzuführen. Die AQ stieg um Die Zahl der registrierten Fälle der sonstigen Raub- 0,4 Prozentpunkte auf 84,2 %. Die Fallzahlen der ge- überfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen ging gegen- fährlichen und schweren Körperverletzung stagnie- über dem Vorjahreszeitraum um 138 (-7,1 %) auf 1 799 ren hingegen bei einem minimalen Rückgang um 19 Taten zurück. Seit acht Jahren sind die Fallzahlen in (-0,3 %) auf 5 510 Fälle. Die AQ stieg um 1,3 Prozent- diesem Deliktsbereich rückläufi g. Die Aufk lärungsquote punkte auf 76,4 %. liegt mit 32,7 % etwa auf Vorjahresniveau. Die sonstigen Auff ällig ist, dass die gefährliche und schwere Kör- Raubüberfälle auf Straßen, Wegen oder Plätzen machen perverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen (im Fol- 59,9 % der Raubstraft aten insgesamt aus. genden mit KV SWP abgekürzt) um 6,6 % (225 Fälle) auf Deutschlandweit sank die Häufi gkeit der Tötungsde- 3 652 Fälle zugenommen hat, während die gefährlichen likte seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich. Bei den und schweren Körperverletzungen, die nicht im öff ent- vorsätzlichen Tötungsdelikten ist in Hamburg nach der lichen Raum verübt wurden, um 244 (-11,6 %) auf 1 858 niedrigen Fallzahl im Vorjahr (44 Taten) für das Jahr Fälle zurückgegangen sind. Demnach werden zwei Drittel 2008 eine Zunahme um 33 auf 77 Taten festzustellen. der polizeilich registrierten gefährlichen und schweren Trotz der Steigerung der Fallzahl im Vergleich zum Körperverletzungen im öff entlichen Raum begangen. Vorjahr liegen diese für das Berichtsjahr um 8 Taten un- Im Bezirk Mitte wurden mit 8 965 Straft aten (40,5 % al- ter dem Durchschnitt (85 Taten) der Jahre 1999 bis 2007. ler in Hamburg registrierten Körperverletzungen) mit wei- Vollendet waren 22 Taten. Mit 55 Fällen betrug der tem Abstand die meisten Fälle festgestellt. Mit 3 385 Fällen Versuchsanteil an den vorsätzlichen Tötungsdelikten sind die Ortsteile 110, 111 und 112 (entspricht dem Gebiet 71,4 %. Die AQ beträgt für das Berichtsjahr 97,4 %. um die Reeperbahn) sehr stark belastete Örtlichkeiten. Die Körperverletzung insgesamt ist im Vergleich zum Körperverletzungsdelikte im Gebiet um die Reeper- Vorjahr um 1 058 (5,0 %) auf 22 111 Fälle gestiegen. Da- bahn sind im Vergleich zum restlichen Stadtgebiet ge- mit setzte sich auch im Jahr 2008 der beobachtete Anstieg prägt durch: der letzten zehn Jahre fort. Die AQ stieg um 0,6 Prozent- ■ häufi geren Alkoholeinfl uss bei der Tatbegehung (55,3 punkte auf 82,2 %. %, restliches Stadtgebiet: 29,3 %),

[Abb. 6] TVBZ nach ausgewählten Altersgruppen POLIZEIBERICHT 2008 22 ■ Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung primär unbekannt, weist ein deutlich jüngeres Profi l auf: Ein Viertel der d. h. resultiert aus zufälligen Begegnungen, Tatverdächtigen ist unter 18 Jahre, knapp die Hälft e der ■ höherer Anteil der TV mit Wohnsitz außerhalb Ham- Tatverdächtigen sind 18- bis unter 30-jährig und nur ein burgs (19,6 %, restliches Stadtgebiet: 9,3 %). Viertel ist 30 Jahre und älter. Die Polizei reagiert auf die Fallzahlsteigerungen Die PKS zeigt des Weiteren Unterschiede in der Alters- im Gebiet um die Reeperbahn mit einem Präventi- struktur der Tatverdächtigen im Hinblick auf die Tatört- onskonzept (verstärkte uniformierte Präsenz von lichkeit (siehe Abbildung 7). Donnerstagabend bis Sonntagmittag). Dazu zählen So wurden im Jahr 2008 im Gebiet um die Reeper- Schwerpunkteinsätze zur Bekämpfung der Gewaltkrimi- bahn mehr als zwei Drittel aller Delikte von 18- bis unter nalität zur Haupttatzeit (Wochenendnächte). Mit der Ein- 30-jährigen TV begangen, minderjährige TV traten fast führung der Waff enverbotsverordnung am 13. Dezember gar nicht in Erscheinung. Im restlichen Stadtgebiet hin- 2007 wird im Rahmen dieser Einsätze die Durchsetzung gegen begingen minderjährige TV 30,1 % aller Taten. Der gewährleistet. Anteil der 18- bis unter 30-jährigen TV liegt bei 42,4 %. Die festgestellte Fallzahlsteigerung kann als eine Auf- Die Anzahl der registrierten Fälle von Vergewalti- hellung des Dunkelfeldes für die registrierten Körper- gungen und besonders schweren sexuellen Nötigungen verletzungsdelikte bewertet werden. Eine interne Akten- nahm nach den deutlichen Rückgängen im vergangenen analyse des LKA ergab, dass der Anteil der bei KV SWP Jahr im Berichtszeitraum um 54 (27,7 %) auf 249 Taten durch polizeiliche Präsenz bekannt gewordenen Taten zu. Es wurden 190 Fälle aufgeklärt, die AQ liegt bei 76,3 von 20,0 % im Jahr 2002 auf 42,0 % im Jahr 2006 ange- % (Vorjahr: 73,8 %). Der DNA-Beweis hat in den letzten stiegen ist. Jahren an Bedeutung gewonnen und wesentlich zur Stei- Für das Jahr 2008 wurden in Hamburg insgesamt gerung der Aufk lärungsquoten geführt. 17 552 TV mit Körperverletzungsdelikten registriert (Zu- Zusätzlich greifen Standards in der kriminalpolizei- nahme um 3,3 %). Bei 14,8 % der Tatverdächtigen handel- lichen Sachbearbeitung von Sexualdelikten wie z. B. so- te es sich um Minderjährige. Die Altersgruppe der 18- bis fortige Ermittlungsübernahme, tatzeitnahe Tatortarbeit unter 30-Jährigen macht 36,3 % der Tatverdächtigen aus. unter sofortiger Einbindung der Spurensicherungsdienst- Knapp die Hälft e der Tatverdächtigen ist 30 Jahre und stelle, Recherchen nach weiteren möglichen Sexualstraf- älter. taten vor und nach Ermittlung eines Tatverdächtigen (Se- Die Altersstruktur der Tatverdächtigen bei KV SWP rienerkennung), DNA-Erfassung von Tatverdächtigen,

[Abb. 7] Altersstruktur der Tatverdächtigen bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen POLIZEIBERICHT 2008 23 Gefährderansprachen und präventive Maßnahmen im Innensenator Christoph Ahlhaus, Polizeipräsident Werner Jantosch und der Leiter des LKA Reinhard Chedor bei der Präsentation der Kriminal- vordeliktischen Bereich sowie die Zusammenarbeit mit statistik 2008 im Hamburger Polizeipräsidium den Opferschutzeinrichtungen. Die Anzahl der insgesamt registrierten Rauschgift- delikte sank im Vergleich zum Vorjahr um 323 (-3,0 %) auf 10 467 Fälle. Damit setzt sich der Trend sinkender giftdelikte hängt in starkem Maße von Kontrollstrate- Fallzahlen der letzten Jahre weiter fort. gien und -intensität der Behörden ab. Die konsequente Die Fallzahlen für die allgemeinen Verstöße gegen Durchführung der präventiven und repressiven Maß § 29 BtMG (sogenannte Konsumentendelikte) gingen von nahmen auf Basis der bereits im Oktober 2004 eingeführ- 8 589 auf 8 231 Taten (-4,2 %) zurück, Fälle des illegalen ten „Handlungsanweisung zur Bekämpfung öffentlich Handels und Schmuggels von BtM reduzierten sich von wahrnehmbarer Drogenkriminalität“ hat inzwischen 2 027 auf 1 879 Fälle (-7,3 %). dazu geführt, dass die mit diesem Kriminalitätsphäno- Das polizeiliche Handeln im Bereich der Bekämpfung men verbundenen Erscheinungsformen in der Öffent- der Drogenkriminalität hat sich auch im Jahr 2008 – un- lichkeit weitestgehend nicht mehr festzustellen sind. ter Berücksichtigung der gesamtpolizeilichen Prioritäten Die im Straßenhandel tätigen Dealer – häufig selbst – gegen die in der Öffentlichkeit wahrnehmbare Drogen- abhängige Konsumenten – agieren wegen des polizei- kriminalität als auch gegen den bandenmäßigen und or- lichen Drucks zunehmend konspirativ oder verlegen ganisierten Handel und Schmuggel von Betäubungsmit- ihre Tätigkeiten in Objekte. Diese Veränderungen in der teln (BtM) gerichtet. Grundsätzlich ist bei der Bewertung Wahrnehmung der öffentlichen Drogenszene wirken sich der statistischen Daten zu berücksichtigen, dass es sich konsequenterweise auch auf die polizeiliche Ausweisung bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) von Gefahrenorten/-gebieten aus. Im Laufe des Jahres – sowohl beim Handel und Schmuggel wie auch bei den 2008 wurde die Ausweisung der drei noch in 2007 beste- sogenannten Konsumentendelikten – um Kontrolldelik- henden Gefahrenorte sowie eines Gefahrengebietes auf- te handelt. Die Entwicklung der registrierten Rausch- gehoben.❚ POLIZEIBERICHT 2008 24 „Seid Ihr alle da …?“ 60 Jahre Polizei- verkehrskasper Zunächst waren nur zwei steiner Handpuppen Kollegen und eine Kolle- geschnitzt wurden gin als Handpuppenspieler und immer noch Holger Pohlmann, VD 60, eingesetzt und fi ngen an, in werden. Max Jacob zog Verkehrsdirektion Grundschulen und Kinder- es 1945 nach Hamburg. gärten Verkehrserziehung „der al- Hier entwickelte sich ein „Spontan, begeisterungsfähig, ten Art“ durchzuführen. Der Ver- Kontakt zu dem Polizeibe- wild und laut war unser kehrskasper, die Oma, der Seppel amten Heinz Krause, der bei Publikum schon immer und und der Verkehrsteufel waren Max Jacob das klassische Pup- wird es hoff entlich bleiben.“ fester Bestandteil des Hand- penspiel von der Pike auf puppenspiels. Bratpfanne und erlernte und der wesentlich iese Aussage stammt Holzhammer zur Bestrafung dazu beitrug, dass der „Jahr- nicht von einer berühm- der Bösewichte waren selbstver- marktkasper“ immer mehr Dten Rockband oder ei- ständlich und erinnerten stark an verblasste und der „Polizeiverkehrs- nem Fußballprofi , sondern ist die den Jahrmarktkasper vergangener kasper“ immer stärkere Konturen Erkenntnis eines erfahrenen Hand- Tage. Auf den Rat von Schulleitern bekam – doch dazu später mehr. puppenspielers der Polizei Ham- und Lehrern wurden die Stücke nach Bereits am 31. Januar 1951 feierte burg, der seit vielen Jahren dieser pädagogischen Gesichtspunkten der Verkehrskasper seine eintau- Aufgabe nachgeht. umgestaltet. Damit einher gingen sendste Vorstellung in der Schule Fortbildungen und viele Gespräche Kirchenhang in Hamburg-Harburg. Wie alles anfi ng mit Fachleuten des „normalen“ klas- Es wurde daraufh in erstmalig bun- Seit nunmehr 60 Jahren sind die sischen Handpuppenspiels. So wur- desweit von dem Hamburger Polizei- Handpuppenspieler der Polizei in de der Polizeibeamte Hans Wolpert verkehrskasper berichtet. 1952 wur- Schulen und Kindergärten unter- im Jahr 1950 bei der „Hohensteiner de ein zweiter Kaspertrupp gebildet wegs. Es handelt sich übrigens um Puppenbühne“ im Puppenspiel aus- und das Tempo-Werk stift ete den „richtige“ Polizeibeamte mit Erfah- gebildet. Fortan gab er sein Wissen ersten „Kasperwagen“ mit mobiler rungen in anderen Dienstbereichen. an alle neuen Kollegen weiter. Für die Bühne, der es den Handpuppenspie- Es begann 1948, als der damalige Qualität des Handpuppenspiels der lern ermöglichte, auch außerhalb Polizeipräsident Bruno Georges Hamburger Polizei von Bedeutung geschlossener Räume aufzutreten. die Idee umsetzte, Polizeibeamte war auch eine langjährige Beziehung Der Kasperwagen fuhr damals mit als Handpuppenspieler in der Ver- zu dem „Urvater der deutschen Kas- Lautsprecherdurchsagen durch die kehrserziehung einzusetzen. Dieses perfi gur“ Max Jacob. Dieser hatte Straßen und sammelte die Kinder zu geschah in enger Abstimmung mit in Hohenstein nicht nur seine über seinen Vorstellungen ein. So wurde der damaligen Schulverwaltung und die Landesgrenzen hinaus berühm- u. a. auf dem Rathausmarkt, auf der wurde von dort zunächst auch kri- te Puppenbühne, sondern auch eine Stadtparkwiese und in Hagenbecks tisch beäugt. eigene Werkstatt, in der die Hohen- Tierpark gespielt. POLIZEIBERICHT 2008 25 Einmal den Kasper berühren und begrüßen Nach dem Vorbild der Hamburger Kindern: Sie antworten, fragen, sind Polizeiverkehrskasperbühne grün- erbost oder brüllen vor Begeiste- deten die Polizeien anderer Bundes- rung. Spaß sollen die Kinder haben, länder ebenfalls Puppenbühnen und aber ihr Verstand soll auch gefordert orientierten sich hierbei an ihren und gefördert werden. Interaktives Hamburger Kollegen. nicht isoliert zu betrachten. Die Po- Lernen – keine Berieselung lautet Seit März 2002 hat der Verkehrs- lizeiverkehrslehrer der Polizeikom- das Motto. Im spielerischen Dialog kasper sein eigenes Theater! In der missariate leisten hier die „Kern- sollen die Kinder erfahren, wie die Glacischaussee wurde ein Vorführ- arbeit“ und bereiten die Kinder auf Welt um sie herum funktioniert, wo raum für rund 60 Kinder mit einer den „Höhepunkt“ vor, wenn es wie- sie auf sich acht geben müssen, wem festen Bühne eingerichtet. Regelmä- der heißt: “Seid ihr alle da?“ sie vertrauen können. Der erhobene ßig finden hier für Kinder ab fünf Dazu kommen Sonderveranstal- Zeigefinger, der den Kasper drohend Jahren Vorführungen statt. Dieses tungen zu besonderen Anlässen verkünden lässt: „Wenn du nicht ar- Angebot gilt für Kinder aus Kin- und die Vorführungen im eigenen tig bist, dann hole ich die Polizei“ dergärten und Kindertagesheimen, Theater. Mittlerweile traditionell ist ist längst aus allen Drehbüchern die nach vorheriger Anmeldung den auch das Weihnachtsmärchen für verschwunden. Ihm gegenüber steht Kasper in der Kasperstadt besuchen Polizeiangehörige und deren Kin- ein anderes Polizeibild, das den können. der, welches seit 1998 jedes Jahr zur Kindern vermittelt wird, nämlich Adventszeit im Polizeipräsidium das des Freund und Helfers. Dieses Wo stehen wir heute? aufgeführt wird. prägt die Kinder und impliziert ein Mittlerweile haben wir seit vielen Der Polizeiverkehrskasper lebt Grundvertrauen in die Polizei. Jahren drei „Kaspertrupps“ mit je und entwickelt sich ständig weiter! Nach jetzt bereits 60 Jahren hat drei Polizeibeamten, die nahezu täg- Dazu gehören Fortbildungen in Sa- das traditionelle Handpuppenspiel lich mit ihren „Kasperwagen“ durch chen „Stimmbildung“ und pädago- immer noch seine Berechtigung. In die Stadt fahren, um vornehmlich in gischem Handpuppenspiel genauso der heutigen Zeit – Playstation und den Grundschulen bis Klasse zwei wie Kontakte zu anderen Polizei- Computerspiele haben Hochkon- Verkehrsunterricht der „besonde- puppenbühnen und die Teilnahme junktur – ist es immer noch zeit- ren Art“ zu geben. Dabei ist der an Puppenspielfestivals. Das Wesen gemäß und begeistert jung und alt Einsatz des „Verkehrskaspers“ Teil des Puppenspiels ist die Interaktion gleichermaßen. der gesamtpolizeilichen Verkehrser- zwischen den Polizeiverkehrslehrern Der Polizeiverkehrskasper – eine ziehung an den Grundschulen und als Handpuppenspielern und den Erfolgsgeschichte ohne Ende!❚ POLIZEIBERICHT 2008 26 Achtung, wir drehen … Wie realistisch sind Großstadtrevier und Co.? Filmbetreuung durch die Hamburger Polizei

sächlich wahr ist oder zumindest genauso stattfinden könnte. Um das Szenario so authentisch wie mög- Holger Vehren, PÖA 1, lich darzustellen, zeigen die Filme Presse- und Öffentlichkeitsarbeit viele charakteristische Bilder aus der jeweiligen Stadt. Neben den be- Tatzeit: beliebig. kannten Objekten der jeweiligen Tatort: Wohnzimmer. Drehorte setzen die Filmemacher die Hauptdarsteller und Komparsen n den ersten 30 Minuten eines gezielt ein, um die Handlung realis- Krimis werden zwei Menschen tisch zu gestalten. Es gibt allerdings Iermordet, in den restlichen 60 viele Szenen in Krimis, die wirklich- Minuten löst der Kommissar den keitsfremd sind. Fall fast im Alleingang. Bei den Zum Beispiel den Drogenfahnder, immer mehr in Mode kommenden der bei einem Verdächtigen oder in Fernsehsendungen wie „CSI“ nimmt einer Wohnung Betäubungsmittel der Ermittler nicht nur die Finger- findet, den Beutel mit einem Mes- abdrücke – er wertet sie auch gleich ser aufschneidet, mit einem Finger selber aus. Nebenbei führt der Agent eine Geschmacksprobe nimmt und des „CSI“ in einem halben Tag eine Szenen aus der ZDF-Serie „Notruf Hafenkante“ feststellt, um welche Droge es sich DNA-Analyse durch, kommt in zwischen diesen beiden widerstrei- handelt. Vernehmungen blitzschnell auf den tenden Polen bedient das menschli- Oder fast schon ein klassischer Täter und nimmt als Mitglied eines che Grundbedürfnis nach Gerech- Fehler in Filmen ist der Kommissar, Sondereinsatzkommandos den Tä- tigkeit. Und wenn am Ende der Fall der eine Wohnung ohne richterli- ter selber fest. gelöst wird, hat sich wieder gezeigt, chen Durchsuchungsbeschluss bzw. Krimis sind beliebt. Kaum ein dass sich Verbrechen nicht lohnen. ohne Gefahr im Verzug betritt oder Genre erfreut sich solch hoher Ein- Das macht dieses Genre so beliebt. im schlimmsten Fall sogar sein eige- schaltquoten, bestenfalls Sportüber- nes Dietrichset aus der Tasche zieht, tragungen schaffen die Quote eines Aber was haben diese Fernsehpo- um in der Wohnung nach Beweis- Sonntagabend-Tatorts. lizisten eigentlich mit der echten mitteln zu schauen. Das hätte zur Polizei in Hamburg gemeinsam? Folge, dass die Erkenntnisse, die der Warum ist das so? Wie realistisch sind Fernsehfilme, Kommissar auf diese unrechtmä- Es sind zwei zentrale Elemente, die in denen Polizisten die Haupt- und ßige Weise bekommt, in einem Ge- den Krimi so faszinierend machen, auch Nebenrollen spielen? richtsverfahren nicht verwertet wer- denn diese geraten in Widerstreit: Krimis wollen dem Zuschauer den dürften. Ein echter Kommissar das Gute und das Böse. Der Kampf suggerieren, dass die Handlung tat- würde sich seine Arbeit durch solche POLIZEIBERICHT 2008 27 Fehler nicht kaputt machen. Von den weiteren Konsequenzen einmal ganz abgesehen. Oder man sieht immer wieder, dass die persönlichen Kontakte des Fernsehkommissars ausschlagge- bend für die Lösung des Falles sind oder der Ermittler es mit Recht und Ordnung selber nicht so genau nimmt. Immer wieder verlieben sich Er- mittler und Zeuge oder vielleicht sogar Täter ineinander. Das kommt in der Praxis etwa so häufig vor wie ein Sechser im Lotto und würde we- gen der daraus entstehenden Befan- genheit regelmäßig zur Abgabe der Ermittlungen an andere Kriminal- beamte führen. Besuch am Drehort des Großstadtreviers: Der Schauspieler Jan Fedder und Polizeipräsident Werner Jantosch Bisweilen gibt es den Kommis- sar, der eine Zeugin mit nach Hause te Polizeiarbeit ist gekennzeichnet Wahrscheinlichkeit, dass er mit dem nimmt, weil sie bedroht wird und in durch Teamarbeit. Wenn die Ermitt- Fall gar nicht erst betraut wird und Gefahr ist (natürlich lassen sich die lungen aufwändig werden, wird der der Vorgang an einen unbelasteten Geschlechter in den Rollen belie- Fachverstand vieler Spezialisten be- Beamten übergeben wird. big tauschen). Solch eine Form der nötigt, um den Fall zu lösen. Daher Und wenn – wie in einem Kölner Rundumbetreuung ist im wahren arbeiten die Beamten unterschied- Tatort – der Fernsehermittler die Polizeialltag absolut unvorstellbar. licher Dienststellen miteinander an Tatwaffe vernichtet, um die Mörde- Abstrus wird das Ganze, wenn der der Lösung. Und wenn der Täter er- rin eines Mannes zu schützen, ist Kommissar bei einem mutmaßli- mittelt ist, gibt es wieder Beamte, die das Strafvereitelung und bringt den chen Täter (Täterin) so verfährt. darauf spezialisiert sind, die Straftä- Kommissar selbst ins Gefängnis, zu- Bei Fällen, in denen Zeugen gefähr- ter aufzuspüren und festzunehmen. mindest bedeutet es das Ende seiner det sind, gibt es in Hamburg das Diese Polizisten heißen Personen- Karriere. Sachgebiet Zeugenschutz. Die rund fahnder oder Zielfahnder und sind Ebenso wie bei der niedersäch- um die Uhr erreichbaren Beamten in Krimis eher selten zu sehen. sischen Tatortkommissarin, die zu kümmern sich um Zeugenschutz Häufig ist auch ein Familienmit- „Ermittlungszwecken“ einen Joint und operativen Opferschutz und glied des Ermittlers Teil der Hand- raucht. Solche Beispiele gib es zu- übernehmen die Betreuung dieser lung, um die Geschichte spannender hauf und jeder Fachmann sieht so- Personen. Wenn diese Polizisten mit und facettenreicher zu machen. Der fort, wo die Fehler sind. ihren Rollen noch in den Film einge- Kommissar recherchiert mit beson- Auch der neue „Tatort“-Kom- arbeitet werden müssten, würde das derem Engagement, weil der mut- missar, der verdeckt ermittelnde nur für Verwirrung beim Fernseh- maßliche Täter in der Geschichte Hamburger Cenk Batu (gespielt von zuschauer sorgen. Da macht es der zum Beispiel Jahre zuvor seine Frau Mehmet Kurtulus) spielt eine Rolle, Kommissar lieber selber, bevor es zu getötet hatte. Solche Konstruktionen bei der vieles mit der Realität nicht komplex wird. gibt es jedoch nur im Film. Je größer übereinstimmt. Überhaupt ist Polizeiarbeit nicht im echten Leben die Betroffenheit Aber gerade aus persönlichen das Werk einzelner Helden. Ech- des Beamten ist, desto größer die Geschichten werden die Storys ge- POLIZEIBERICHT 2008 28 macht, die einen Zuschauer faszinie- sind in der Regel Polizisten, die als zu sehen, das Polizisten nach einer ren. Diese persönlichen Bezüge sind Komparsen in den Fernsehfilmen Festnahme erst einmal wichtige es, die dem Krimi und den Ermitt- auftauchen. Auch der echte Polizei- Schreibarbeit zu erledigen haben. Im lern ihren eigenen, unverwechselba- präsident hat schon mal als Kom- Fernsehen muss es immer schnell ren Charakter verleihen. parse im Fernsehen mitgespielt als gehen, für die echten Polizisten steht Nichts desto trotz ist unverkenn- das was er ist – als Polizeipräsident. aber in erster Linie die Genauigkeit bar, dass immer mehr Fernsehpro- Dadurch, dass die Fernsehpolizisten der Ermittlungen im Vordergrund. duktionen Wert darauf legen, die keine Laien sind, werden sie als das Im Fernsehen werden Extreme Polizei so authentisch wie möglich wahrgenommen, was sie sind – als gezeigt. Durch das Überzeichnen darzustellen. Was in einem Krimi ist Polizisten bei ihrer Arbeit. von Personen oder Situationen ent- also nah an der Wahrheit dran und Autoren nehmen regelmäßig die wickeln sich die Charaktere, die was ist weit weg? Möglichkeit wahr, ihre Drehbücher für Spannung sorgen. Ob das der Die Storys beispielsweise werden von echten Polizisten lesen zu lassen Staatsanwalt oder der Kriminaldi- von den Drehbuchautoren immer und verarbeiten die Anmerkungen rektor ist, die immer sofort vor Ort gründlicher recherchiert und auch auch. Mal mehr, mal weniger. Das ist erscheinen und mehr oder weniger der Einsatz von echten Polizisten regelmäßig dem Umstand der Dra- schlaue Anweisungen erteilen. Oder und von echtem Polizei-Equipment maturgie geschuldet. die Spannungen zwischen den ein- nimmt zu. Grenzen gibt es dabei aber für bei- zelnen Darstellern – sei es zwischen Die Polizei Hamburg hilft Film- de Seiten. Die Polizei kann beispiels- Staatsanwalt und Ermittler oder und Fernsehproduktionen bei der weise nicht im Detail aufzeigen, Vorgesetztem und Untergebenem Umsetzung zahlreicher Formate. wie man auf die Spur von Tätern oder Kripobeamten und Schutzpo- Natürlich ist das nicht selbstlos – die kommt. Auch Hinweise zu geben, lizisten (Stichwort: „Abführen!“). Hamburger Polizei möchte sich auch wie Straftaten begangen oder kri- Auch die in der Wirklichkeit für im Fernsehen darstellen, wie sie ist minelle Organisationen aufgebaut die Aufklärung von Straftaten un- – möglichst professionell. Die Mit- werden, kommt für die Hamburger abdingbare akribische Teamarbeit wirkungsmöglichkeiten der Polizei Polizei nicht in Betracht. Das käme und „Manpower“ wird nur selten bei der Produktion von Serien und einer Täterschulung gleich. realistisch dargestellt. Meist ist es Fernsehspielen bietet die Gelegen- Drehbuchautoren wie auch spannender, einen Einzelkämpfer zu heit, das Image der Polizei positiv Schriftsteller profitieren jedoch da- zeigen, der alles kann und macht. zu beeinflussen. Die Darstellung der von, dass ihre Werke von einem Auch die Frage, ob es in dem Kri- Polizei in diesen Filmproduktionen Mitarbeiter der Polizeipressestelle mi von Hightech-Equipment nur prägt in der Bevölkerung das Bild gelesen werden, der ständiger An- so wimmelt oder die Beamten über der Polizei in nicht zu unterschät- sprechpartner für sie ist. Durch den fehlende Arbeitsmittel wie nicht zendem Maße mit. „kurzen Draht“ werden grundle- vorhandene Computer klagen, der So sind viele der Streifenwagen in gende Fehler häufig schon bei der Polizeibeamte mit seinem privaten Produktionen wie „Tatort“, „Einsatz Entstehung von Drehbüchern ver- Fahrzeug zum Tatort fährt oder mal in Hamburg“, „Notruf Hafenkante“ mieden. Hinzu kommt, dass die eben im Ausland ermittelt, ist fast oder „Großstadtrevier“ echte Po- Polizeikomparsen an einem Drehort immer eine Frage der filmischen In- lizeifahrzeuge und werden von ech- als Fachberater fungieren und wert- szenierung. ten Polizisten gefahren. Und nicht volle Tipps geben können. Daraus lassen sich eben am bes- nur das zur Verfügung stellen von Auf filmischer Seite sind ebenfalls ten die Geschichten stricken, die für Material dient dazu, die Polizei einige Schranken vorhanden, die uns Zuschauer den Krimi zu dem Hamburg realistisch darzustellen eine Umsetzung des Wissens um machen, was er ist und immer blei- und dem Film ein höheres Maß an echte Vorgänge und Abläufe in der ben soll: spannende und kurzweilige Authentizität zu verleihen. Polizei in die Filmfassung nicht zu- Unterhaltung.❚ Die uniformierten Beamten lassen. Es ist nur bedingt spannend POLIZEIBERICHT 2008 29 Für die Seele sorgen Die Arbeit der evangelischen und katholischen Polizeiseelsorge

ist, wird der Menge an Negativem Pater Bernhard Kuhnert ist seit nicht standhalten. Hier die Balance September 2008 als Nachfolger zu halten, gehört zu den Künsten, von Diakon Peter Meinke mit den Frank Rutkowsky, die der Polizeiberuf verlangt. Aufgaben des katholischen Polizei- evangelischer Seelsorger Auch der Besitz von Macht und seelsorgers betraut. Pastor Frank die Befugnis, notfalls Gewalt an- Rutkowsky ist seit gut zwölf Jahren zuwenden, stellen eine Herausfor- evangelischer Polizeiseelsorger. Wir derung dar. Polizistinnen und Po- werden beide von unseren Kirchen lizisten müssen beherzt eingreifen bezahlt. Für die evangelische Bernhard Kuhnert, können und zugleich – außer guten Seelsorge gibt es zudem katholischer Seelsorger Rechtskenntnissen – ein sicheres seit einigen Jahren einen Gespür für das rechte Maß und die Förderverein, der die Ar- Würde ihres Gegenübers beweisen, beit finanziell unterstützt. auch dort, wo das vielleicht schwer Dass die Seelsorger mit fällt. dem Arbeitsfeld Polizei Und schließlich kann das Privat- vertraut und zugleich leben von Polizistinnen und Po- von der Institution un- lizisten ebenso wie das anderer abhängig sind, ermutigt Menschen aus der Bahn geraten. Für viele Ratsuchende, den ihren verantwortungsvollen und Kontakt aufzunehmen. mitunter gefährlichen Beruf bedeu- So manches Gespräch beginnt mit tet dieses unter Umständen eine Be- ungefähr folgendem Satz: „Ich brau- er Polizeiberuf stellt lastung oder sogar Gefahr, die vom che mal jemanden, der den Laden – zwar nicht an jeder Dienstherrn aufmerksame Fürsorge kennt, aber nicht dazugehört.“ DDienststelle in gleichem und für die Betroffenen nach einer Maße, aber doch in weiten Berei- Möglichkeit verlangt, sich auch ver- Seelsorge chen – beträchtliche Anforderungen traulich Hilfe zu holen. Seelsorge umfasst ein breites an die Psyche und Moral derer, die An die Polizeiseelsorger können Spektrum. Neben dem klassi- ihn ausüben. sich alle Mitarbeiterinnen und Mit- schen Seelsorgegespräch unter So kann der tägliche Umgang arbeiter wenden, die in solchen oder vier Augen und der Beichte mit Lüge, Gewalt, Gefahr, Tod, Ver- ähnlichen Fragen ein Gespräch zur zählen dazu Gespräche „zwi- wahrlosung, Misstrauen usw. im Klärung, Orientierung oder Entlas- schen Tür und Angel“ z. B. Laufe der Jahre zu einer seelischen tung suchen. Diese Gespräche sind beim Besuch einer Dienst- Verpanzerung führen, die das gan- durch das Seelsorgegeheimnis und stelle, die Vermittlung ze Lebensgefühl beeinträchtigt. Wer das Zeugnisverweigerungsrecht ge- in dienstlichen umgekehrt allzu offen und sensibel schützt. Konflik- POLIZEIBERICHT 2008 30 ten, Seminare mit seelsorglichem tung, in manchen Fällen auch die Religion Schwerpunkt, Begleitung bei heik- Vermittlung externer Therapien. Polizeiseelsorge ist auf einem sä- len Großeinsätzen und Kriseninter- Eine besonders umfangreiche kularen Arbeitsfeld tätig. Hier ver- vention nach extremen Einsatzbe- Betreuung mehrerer Beamtinnen bietet sich (wie genau genommen lastungen. In Ausnahmefällen (denn und Beamten war 2008 nach einem überall) jede religiöse Vereinnah- dafür gibt es seit einigen Jahren tödlichen Schusswaffengebrauch in mung. Andererseits muss der Seel- die ökumenische Notfallseelsorge) Notwehr gefordert. Sie wurde von sorger seine geistliche Herkunft auch kümmern sich die Polizeiseelsorger einem der Psychologen und einem nicht verleugnen. Manche christ- auch um Bürgerinnen und Bürger der Seelsorger aufeinander abge- lich orientierten Beamtinnen und nach tragischen Vorkommnissen. stimmt durchgeführt. Beamten (davon gibt es mehr, als Pastor Rutkowsky führt zudem tie- man denkt) fühlen sich durch den fenpsychologisch fundierte Lang- Ethik Seelsorger in ihrer täglichen Arbeit zeitberatungen durch. An der Landespolizeischule sind bestärkt und natürlich erst recht, die Seelsorger für die berufsethi- wenn sie sich mit einem Problem an Betreuung nach sche Ausbildung zuständig. An der ihn wenden. Auch glaubens- oder extremen Einsatzbelastungen Hochschule der Polizei werden sie kirchenferne Polizistinnen und Po- Nach extremen Einsätzen, die in der von den dafür Beauftragen mit hin- lizisten sprechen nach überstan- Seele auch hartgesottener Polizisten zugezogen. Neben allgemeinen Fra- dener Gefahr mitunter von ihrem Wunden hinterlassen können, ste- gen der Ethik erörtern sie beispiels- Schutzengel, und während der Semi- hen der Psychologische Dienst und weise die Bedeutung des Eides, den nare gehören die Andachten zu den die Seelsorger mit einer gemeinsam Umgang mit trauernden Menschen besonders geschätzten „Programm“- organisierten Rufbereitschaft rund beim Überbringen einer Todesnach- Punkten. um die Uhr zur Verfügung, um den richt oder die inneren und äußeren Der Gottesdienst für die Hambur- Betroffenen sofort Unterstützung Konflikte z. B. bei Übergriffen von ger Polizei, der jedes Jahr am zweiten zu geben. Dieses Angebot muss nur Kollegen. Advent in der Hauptkirche St. Jacobi wenige Male im Jahr in Anspruch Auf jährlichen Fortbildungsse- unter Mitwirkung des Polizeior- genommen werden, hat aber natur- minaren werden neben ethischen chesters stattfindet, wird außeror- gemäß besondere Bedeutung und und seelsorglichen Themen auch dentlich gut besucht. Und wenn der wird von den Beteiligten fast stets andere Fragen von beruflicher Re- Seelsorger bei Großeinsätzen her- als wertvolle Hilfe empfunden. levanz bearbeitet. So ging es in umgeht und die Beamtinnen und Die Betreuung ist je nach Fall den letzten Jahren um den „Um- Beamten mit Handschlag begrüßt, verschieden umfangreich. Sie kann gang mit Aggression“, „Menschen- ist dieses als normale freundliche neben der unmittelbaren Krisenin- rechte und polizeiliche Praxis“, Geste und zugleich als eine diskrete tervention und einem Zweitgespräch „Islam“, „Abschied, Tod und Trau- Art des Segens gemeint. einige Tage danach auch er“, „Okkultismus und Satanis- Dass dies von vielen Polizistin- eine Reihe wei- mus“. 2008 lauteten die Themen nen und Polizisten auch so verstan- terer Gesprä- „Das Zusammenleben der Kul- den und geschätzt wird, lässt sich che umfassen, turen“ und „Das gute Gespräch“. gelegentlichen Bemerkungen ent- die Beratung Ein weiteres Seminar diente dem nehmen wie „Jetzt kann uns nichts von Vorgesetz- Erfahrungsaustausch von Bezie- mehr passieren“. Sie sind scherzhaft ten, Gesprä- hungsgewalt-Sachbearbeiterinnen und spürbar zugleich ein bisschen che mit der und -bearbeitern, deren Tätigkeit in ernst gemeint.❚ Dienstgruppe, besonderem Maße ein nicht immer Nachberei- leicht zu wahrendes Gleichgewicht Nähere Informationen unter tungsseminare, zwischen Einfühlung und professi- www.polizeiseelsorge.de und Prozessbeglei- oneller Distanz verlangt. www.glaubendenken.de POLIZEIBERICHT 2008 31 Über Kimme und Korn Neue Waffen für die Hamburger Polizei

PP für Schutz- und Wasserschutz- polizei waren bis zu ihrer Ablösung in den 1970er Jahren allgemeiner Rolf Ziesemer, VT 23, Standard bei der Polizei. Dieses auch Verwaltung und Technik über 30 Jahre und lange nicht nur in Hamburg. Der Spitzname Waltherchen kam allerdings nicht von ungefähr: Be- reits um 1930 herum entwickelt, wa- ren PP und PPK von vergleichsweise eine be- kleinem Kaliber (7,65 x 17 mm) und kannteste angesichts stark zunehmender Be- SDienstwaffe waffnung auf der anderen Seite des war die handlich kleine „Polizei- Gesetzes (z. B. die Rote Armee Frak- Pistole-Kriminalmodell“, besser be- tion) Anfang der 1970er Jahre nicht kannt als PPK. Ihr hielt er immerhin mehr zeitgemäß. über 30 Jahre und 17 Kinofilme lang Erst die nachfolgenden Pistolen- die Treue, bis er von „Q“ endlich modelle im „Groß-Kaliber“ 9 x 19 eine neue Begleiterin zugewiesen mm, darunter auch unsere P6, be- Walther PPK bekam. Der prominente Waffenträ- gründeten die erste Generation ger ist James Bond und die attraktive streng nach polizeilichen Vorgaben Neue an seiner Seite das Modell P99 konstruierter Dienstwaffen. aus dem selben Haus wie das aus- Wieder 30 Jahre später ist auch gemusterte „Waltherchen“, nämlich diese Waffengeneration abgeschrie- dem Werk der Firma Carl Walther ben: Wirtschaftlich, weil altersbe- aus . Und jetzt zieht Hamburg dingte Abnutzung und Materialer- nach, stellt ihre „Alte“ ebenfalls dells ist nicht die einzige Gemein- müdung zunehmend höhere Kosten kurzer Hand außer Dienst und ih- samkeit mit dem Spion ihrer Ma- verursachen. Taktisch, weil sich die ren Polizisten eine jugendfrische jestät: Auch die Hamburger Polizei polizeilichen Anforderungen in den P99 zur Seite, ganz dem Bond‘schen erhielt nämlich die Lizenz zum Tau- vergangenen 30 Jahren weiter ver- Vorbild folgend … Wenn Sie es et- schen ihrer mehr als 8 500 Dienstpis- ändert haben. Und nicht zuletzt hat was seriöser mögen, führen wir Sie tolen erst 30 Jahre nach Einführung der technische Fortschritt natürlich gern hinter die Kulissen unseres ak- des letzten Modells, der P6 von SIG auch vor den Polizeipistolen nicht tuellen Programms „Waffentausch Sauer. Und selbst „Waltherchen“ gab halt gemacht. in Hamburg“. es einmal in Hamburg. Die PPK für In Deutschland werden viele po- Die Wahl des neuen Pistolenmo- die Kriminal- und die etwas größere lizeiliche Einsatzmittel über mehr POLIZEIBERICHT 2008 32 oder weniger amtliche Normen be- Deutschlands ansässigen Hersteller die beiden natürlich regelmäßig schrieben. Auch für die Dienstpis- haben ihre Pistolen entweder dem am Dienstsport teilnehmen, muss tolen gibt es eine solche Norm, die deutschen „Dienstwaffen-TÜV“ das zusätzliche Gewicht an anderer Technische Richtlinie. Und wer als nicht vorstellen wollen oder konnten Stelle wieder abgespeckt werden. Waffenhersteller mit den Polizeibe- für diese kein Zertifikat erhalten. Die Antwort der Industrie: Leichte, hörden von Bund und Ländern ins Also bleiben die Einkäufer aber ultraharte glasfaserverstärkte Geschäft kommen möchte, muss zwangsläufig im Lande, blicken Polymergriffstücke und -. seine Pistolenmodelle einer aufwän- weiter nach Eckernförde (Sauer & Viel hat sich auch bei der Ergonomie digen technischen Zulassungsprü- Sohn), nach Oberndorf (Heckler & getan: Durch beidseitig gespiegelte fung unterziehen. Koch) und nach Ulm (Walther) und Bedienelemente können Links- wie Nur ein Modell, das den gesam- wir halten fest, dass der Markt für Rechtshänder die Pistole endlich ten Katalog spezieller konstruktiver neue Polizeipistolen eher übersicht- gleichermaßen gut bedienen. Auch und funktionaler Mindestanforde- lich ist. Beamten mit sehr großen oder klei- rungen erfüllt, erhält ein Zertifikat Was macht eine Pistole zur mo- nen Händen wird geholfen. Wech- und damit die Chance, in größeren dernen Standard-Dienstwaffe des selbare Griffschalen in mehreren Stückzahlen erfolgreich auf dem Be- Polizisten? Die moderne Dienstpis- Größen machen es möglich. Und hördenmarkt platziert zu werden. tole zeichnet sich schon durch ihre selbstverständlich ist die neueste Pistolengeneration auch optimal auf die ballistischen Eigenschaften moderner Behördenmunition abge- stimmt. Weit verbreitet sind außer- dem Abzug-Systeme mit einem stets gleich bleibenden Abzugsgewicht vom ersten bis zum letzten Schuss (double--only). Das „klicken- de“ Vorspannen der Waffe entfällt völlig. Ergänzt wird das Ganze noch durch eine Reihe weiterer techni-

Walther P99 Q scher Neuerungen, wie optische

Auf der anderen Seite orientieren sich auch die behördlichen Einkäu- fer an dieser Richtlinie, bevor sie in Sachen Polizeiwaffe „einkaufen“ gehen. Ihre Reisepässe können sie allerdings zu Hause lassen. Bei aller Globalisierung: Ein Produkt bei- deutlich erhöhte Feuerkraft aus: Mit spielsweise aus Österreich, Italien, 15 Patronen pro Magazin werden Tschechien oder den USA wird man Frau und Herr Kommissar nämlich vergebens im Holster unserer Uni- künftig etwa den doppelten Muni- formträger suchen. Die außerhalb tionsvorrat mitführen. Und obwohl POLIZEIBERICHT 2008 33 Ladestandsanzeige, nachleuchtende Visiereinrichtung, Zubehörschiene und und und ... Wie erwartet, hatten alle drei deutschen Hersteller für die im Som- mer 2008 europaweit veröffentlichte Ausschreibung der Polizei Hamburg ihre zertifizierten Pistolenmodelle nominiert. Keine der vier angebo- tenen Pistolen konnte bereits bei der Vorauswahl die Rolle eines Favoriten übernehmen. Der Preis spielte sicher eine wichtige Rolle, aber keinesfalls die Hauptrolle. Der Einsatzwert und die Hand- habung standen ganz oben auf Auswechselbare Griffschalen der Walther P99 Q Und auch dann werden noch der Besetzungsliste. Denn was nützt nicht alle Kolleginnen und Kolle- ein vermeintlich günstiges Ange- gen gleichzeitig umgerüstet. Aus bot, wenn die Leistung nicht Kostengründen ist das Austausch- stimmt? Als erstes kamen also die programm auf fünf Jahre angelegt. Polizeitechniker, die das Konzept Wohlgemerkt: Die vorhandene P6 der Waffe und deren technische kann weiterhin benutzt werden, Umsetzung genau studierten, ver- es ist lediglich an der Zeit, nach 30 maßen und bewerteten. Danach Jahren eine Modernisierung durch- blieb es, trotz unterschiedlicher zuführen. Konzepte, zunächst bei einem Kopf- Polizei ist im wesentlichen Län- an-Kopf-Rennen. dersache. Und genauso unterschied- Aber würden Sie sich ein neues lich wie die Bundesländer sind oft Auto ohne ausgiebige Probefahrt Unsere Praktiker haben ihren Fa- Organisation und Ausstattung der kaufen? Sicher nicht. Anschließend voriten bestimmt. Ihr Votum hatte Polizeibehörden. Selbst Auswahl wurden also auch die Polizeibe- Gewicht und gab den Ausschlag für und Beschaffung polizeilicher Ein- amten intensiv beteiligt. Sie sollen das Modell P99 Q der Firma Wal- satzmittel liegen traditionell allein in schließlich ungeachtet aller tech- ther. den Händen der einzelnen Länder. nischen Finessen und persönlicher Natürlich wird auch unsere neue Die Polizeieinkäufer und -techniker Schießleistung absolutes Vertrauen Dienstpistole nicht locker im Ho- der norddeutschen Küstenländer al- in „ihre“ Waffe haben. Dafür stan- senbund geführt, sondern in spezi- lerdings arbeiten bereits seit Jahren den uns sechs Wochen Zeit und ell für dieses Modell vorgesehenen und auf vielen Gebieten eng und ar- 100 Kolleginnen und Kollegen aus Pistolen-Holstern. Ähnlich verhält beitsteilig zusammen. Auch für das allen Bereichen der Hamburger Po- es sich mit passenden Tragevorrich- Waffenaustauschprogramm fanden lizei zur Verfügung. Unter Aufsicht tungen für das Ersatzmagazin. Auch sich mit und Schleswig- erfahrener Schießausbilder und wenn die erforderlichen weiteren Holstein schnell erfahrene Koope- vielfältigen Bedingungen konnten Ausschreibungen bereits laufen: Das rationspartner. Vorteil: Gemeinsam sie die Alltagstauglichkeit der an- Auswahlverfahren wird ähnlich auf- werden so über 17 000 neue Pistolen gebotenen Pistolenmodelle auf dem wändig werden. Bis zum Tausch der gleichen Typs beschafft. Dies senkt Schießstand vergleichen und bewer- ersten Pistolen werden also noch ein den Preis und schont die öffentli- ten. Ohne weiter ins Detail zu gehen: paar Monate ins Land gehen. chen Haushalte.❚ POLIZEIBERICHT 2008 34 Landespolizeischule Keine Ausbildung wie jede andere!

Wochen und Monate stehen noch Theorie. Der Körper wird auf Hoch- aus. Ich schreibe mir ständig neue touren gebracht. Ob Hindernisspar- Termine auf. Seminare, Lehrgänge, cour oder Stadtparklauf. Daniel Ravlić, Veranstaltungen und Übungen, die Als weitere Abwechslung zur The- Landespolizeischule auf uns warten. Der Beginn einer orie gibt es auch einen einwöchigen spannenden Zeit. Ab und zu blicke Einführungskurs zur Schießausbil- ich auf und schaue in die Runde. dung. Eine der vielen Höhepunkte Überall sehe ich nur gespannte und außerhalb des alltäglichen Lehr- erwartungsvolle Gesichter meiner plans. Besonders für diejenigen Dennis Rickert, neuen Kollegen. unter uns, die noch nie zuvor eine Landespolizeischule So vergingen die ersten Tage sehr Schusswaffe in der Hand gehalten schnell. Noch immer muss ich mich haben. Irgendwie sieht das in den daran gewöhnen, tatsächlich ein Po- Hollywood-Filmen aber gelasse- lizeibeamter zu sein. Zumindest auf ner aus. Und jeder, der dies einmal dem Papier. Erste Vorstellungsrun- ausprobiert hat, kann das bestäti- ine Ausbildung bei der Lan- den spulte man nach einigen Tagen gen. Ich konzentriere mich auf den despolizeischule Hamburg! wie vom Band ab. Dann endlich be- Schuss und auf mein Ziel. Und dann EWas bedeutet das eigentlich? ginnt die Theorie. der Knall. Der erste Blick auf das Ziel Immer derselbe Tagesablauf wie bei Dabei darf natürlich der Rechts- verrät mir erst einmal eins: Übung dem Hollywood-Film „Und täglich kundeunterricht nicht fehlen. Ich macht den Meister. Eins steht dabei grüßt das Murmeltier“? sage nur: Diebstahl! Oder wie heißt aber klar im Vordergrund: Der kor- Eine Frage, die ich definitiv ver- dieses Wort mit den tausend Defi- rekte und sichere Umgang mit der neinen kann. Bereits der erste Tag nitionen? Unglaublich, aber wahr. Dienstwaffe. lässt einen kurzen Blick auf die Hier findet auch die Definition einer Kein Tag ist wie der andere. Zu- nächsten zweieinhalb Jahre zu. Die beweglichen Sache einen Platz auf mindest fast kein Tag. So vergeht Begrüßung der neuen Lehrgruppe einer Karteikarte. Und wie war das das erste Jahr wie im Fluge. Und 8/06/1 fällt knapp aus. Aber ganz noch mit der Wegnahme und dem plötzlich heißt es: Zwischenprüfung. ohne offizielle Reden geht es bei der Gewahrsamsbruch? Fragen über Die Lehrgruppenleitung hat es nicht Polizei nicht. Plötzlich halte ich mei- Fragen. versäumt, uns regelmäßig darauf ne Ernennungsurkunde in der Hand. Ist das der normale Ausbildungs- hinzuweisen. Aber ich habe dies – Der offizielle Teil der Begrüßung ist tag? Eher nicht. Rechtskunde ist so lange wie möglich – verdrängt. vorüber und ich trotte mit meinen wichtig, aber nicht alles. Ein Blick Da kommt es nicht selten vor, dass neuen Kollegen unserer Lehrgrup- auf den Lehrplan zeigt: Deutsch, die Kaffeemaschine auf Hochtou- penleitung hinterher. Eine kurze Politik, Einsatzlehre, Kriminalistik ren läuft. Zumal Augenringe immer Führung über das Gelände und ein und Englisch bieten Abwechslung. größer und Nächte zu Tagen werden. Ausblick auf die nächsten Tage, Vor allem Sport. Ein Ausgleich zur Doch keiner will als Verlierer aus POLIZEIBERICHT 2008 35 dem Ring gehen. Ein Kampf, der aus des brühend heißen Kaffees schlürfe fünf Runden besteht. Fünf Prüfun- und mir dabei meinen Gaumen ver- gen in fünf Tagen. Dagegen ist die brenne. mündliche Prüfung als Abschluss Doch die Müdigkeit und die das reinste Kinderspiel. Und dann, Schmerzen sind wie weggeblasen, nach einem Jahr, ist es endlich so- als wir die Wache verlassen. Eine ge- weit – URLAUB! Umso mehr freue wisse Anspannung macht sich breit. ich mich auf das Praktikum. End- Man weiß nicht, was uns erwartet lich im Einsatz auf der Straße. Dafür und wie sich ein Einsatz entwickelt. haben sich die Anstrengungen und So kann aus einer Ruhestörung Mühen im ersten Jahr gelohnt. auch schnell ein schwieriger Ein- Und nun heißt es: Tagesdienst ade! satz mit Widerstand werden. Aus Der Schichtdienst kann kommen. diesem Grunde gehe ich auf dem Bereits an der Wache erwartet mich Weg zum Einsatz noch einmal alles mein Praxisanleiter. Dieser wird mir im Kopf durch, was ich so gelernt in den nächsten sechs Monaten mit habe. Schließlich will ich mich nicht Rat und Tat zur Seite stehen und mir blamieren – weder vor dem Bürger, den Polizeiberuf praktisch näher noch vor meinem Praxisanleiter. bringen. Und nach der Kür kommt die Nach den ersten drei Wochen Pflicht – die Berichtsfertigung. der Spät- und Nachtschichten ist Nicht immer gern gesehen, aber es soweit – die Frühwoche ruft! So eben notwendig. Den einen Bericht klingelt der Wecker in der Regel um habe ich noch nicht einmal beendet, 04:00 Uhr morgens und es dröhnt in da kommt auch schon der nächste meinem Kopf! Einsatz. Andere Bedürfnisse müssen An der Wache angekommen, da mitunter schon mal hinten anste- schaut man nur in müde Gesichter. hen. So lässt Einsatz um Einsatz den Diejenigen aus der Nacht- und der Arbeitstag wie im Fluge vergehen. Frühschicht. Man ist froh zu sehen Und während ich denke, der Fei- und zu wissen, dass man nicht al- erabend ist zum Greifen nahe, höre leine ist. Neidvoll wandern meine ich den Wachraumdienst durch die Blicke denen hinterher, die jetzt Lautsprechanlage sagen: “Alle Wa- nach Hause fahren. Denn in mei- gen auf Funk, Kfz-Aufbrecher am nem Kopf spielt seit dem Erwachen Werk“. immer noch dieselbe Melodie: Das Ich merke, wie in mir das Adre- Bett ruft! Ein Blick zu meinem Pra- nalin ansteigt und ich, ohne nach- xisanleiter sagt mir, dass er genau- zudenken, nach meiner Jacke und so wie ich erst einmal einen Kaffee Mütze greife. Es geschieht alles sehr braucht. schnell, aber Hektik kommt dabei Wäre sonst auch nicht ein ganz trotzdem nicht auf. Ein Automatis- normaler Ausbildungstag. Doch lan- mus hat sich eingestellt. Auch dass ge Zeit zum Nachdenken habe ich mein Streifenpartner mir immer nicht. Denn schon fragt mich mein zuruft: „Wo bleibst du denn, wir Praxisanleiter, ob ich startklar sei. müssen los!“ Dabei bin ich nur eini- Ich nicke ab, während ich noch has- ge Meter hinter ihm. Zusammen mit tig zumindest einen kleinen Schluck anderen Einsatzkräften verlassen Übung einer Geschwindigkeitsmessung POLIZEIBERICHT 2008 36 wir mit Blaulicht und Martinshorn Arm aus, packe ihn am Kragen und die Wache Richtung Einsatzziel. wir reißen ihn gemeinsam zu Bo- Unterwegs werden ständig neue den. Details des Einsatzes wie Beschrei- Ich merke, wie wir beide nach Luft bungen der Täter über Funk ausge- ringen. Während ich den Täter mit tauscht. Ich bespreche mit meinem Griffen fixiere, legt mein Kollege die Praxisanleiter mögliche Vorgehens- Handfesseln an. weisen und ziehe mir meine Hand- Mein Kollege klopft mir auf die schuhe an. Man kann nie wissen, Schulter und nickt mir zufrieden was passiert. Denn es läuft nie so wie zu. Ich komme langsam wieder zur geplant. Kurz vor Erreichen des Ein- Ruhe. Die Atmung wird langsa- satzziels sehen wir die vermeintli- mer und die Anspannung löst sich. chen Täter in einen Bus steigen. Wir Nach Belehrung und Durchsuchung wenden den Wagen und stoppen fahren wir zurück zur Wache. Dort den Bus. Alles geht sehr schnell. Wir wartet die neue Schicht bereits seit stellen die Täter und bringen sie aus einer halben Stunde. Genauso wie dem Bus. Plötzlich flieht einer der jede Menge Arbeit. Der Feierabend Täter. Eine zweite Streifenwagenbe- muss noch warten. Berichtsferti- setzung trifft in diesem Moment ein gung ist notwendig. Während der und übernimmt die anderen Täter. Einsatznachbesprechung der Anruf Ich suche Blickkontakt mit mei- des Geschädigten: “Vielen Dank nem Praxisanleiter. Ohne auch nur für die schnelle Hilfe!“ Genugtuung ein Wort zu verlieren, wissen wir, und Zufriedenheit macht sich in was der andere denkt und nehmen mir breit. Auf dem Heimweg frage sofort die Verfolgung auf. Irgendwie ich mich, was der morgige Tag so laufe ich schneller als mein Kollege. mit sich bringt. Eine Ruhestörung? Ab und zu drehe ich mich zu ihm Möglicherweise einen Verkehrsun- um, um den Kontakt nicht zu ver- fall? Oder sogar einen Raub? Ver- lieren. Mit jedem Meter mehr spüre mutlich aber wieder kein Tag wie ich, wie schwer meine Schutzweste jeder andere! und meine Einsatzausrüstung sind. Nach einem halben Jahr findet Aufgeben kommt aber nicht in das Praktikum ein viel zu schnelles Frage. Und langsam holen wir den Ende und ich lasse den Schichtdienst Täter ein. Ich schreie ständig, er solle hinter mir. Der Tagesdienst ruft er- stehen bleiben. Mir schießen tausend neut. Zumindest für die nächsten Gedanken durch den Kopf. Schaffen zwölf Monate. Nun heißt es einmal wir es, ihn einzuholen? Was ma- mehr: Theorie, Klausuren und viele che ich, wenn ich ihn zuerst einge- Abende, an denen ich lernen muss, holt habe? Hat der Täter eine Waffe wie einst vor dem Praktikum. bei sich? Wieder der Blick nach hin- Zunächst verbringen wir ein Wo- ten. Mein Kollege ist immer noch chenende mit der Lehrgruppe, um hinter mir. Der Täter läuft in einen uns über die Erfahrungen im Prak- S-Bahnhof. Wir holen mehr und tikum auszutauschen. mehr auf. Dabei falle ich fast die Ich schreibe mir wieder Termine Treppen runter. Bevor er in die Bahn auf. Viele Seminare im vierten Se- einsteigen kann, strecke ich meinen mester stehen auf dem Plan. Neben POLIZEIBERICHT 2008 37 dem Konflikt- und Ethikseminar wird deutlich, wie viel Planung hin- sätze, die uns nach der Ausbildung und der Politikwoche ist mir be- ter so einem Einsatz steckt. Natür- in der Landesbereitschaftspolizei sonders das Fahrsicherheitstraining lich freu ich mich, erneut mit den erwarten können. Spezielle takti- in guter Erinnerung geblieben. Das Kollegen der Polizeikommissariate sche Übungen und lange Märsche Training im Grenzbereich mit Funk- Hand in Hand zu arbeiten. Die im mit voller Einsatzausrüstung bieten streifenwagen, eine tolle Erfahrung. Praktikum gesammelten Erfahrun- einen kleinen Einblick und Vorge- Das Erlernte konnten wir bei echten gen helfen mir hier nur bedingt. Eine schmack auf das, was auf uns zu- Einsätzen anwenden und umsetzen. Demonstration dieses Ausmaßes ist kommen kann. Auch Nachteinsätze, Ab dem vierten Semester werden wir eben doch ein anderes Erlebnis. Ver- bei denen wir aus dem Schlaf zu ei- auch immer wieder zu Einsätzen he- kehrschaos ist vorprogrammiert. ner Vermisstensuche in den Einsatz ran gezogen. In der Folge hatten wir Über Funk werden wir von einem gerufen werden, müssen bewältigt auch viele Gelegenheiten dazu: zum Ort zum anderen dirigiert. Riesige werden. Gleichzeitig ist dies eine Beispiel der Einsatz bei Demonstra- Menschenmengen bewegen sich auf Möglichkeit, das Gemeinschafts- tionen i.Z.m. dem Klimacamp und den Straßen. Die Anspannung ist gefühl zu stärken. Müdigkeit und den Feierlichkeiten zum 3. Oktober. nicht nur bei uns zu spüren. physische Anstrengung zehren an Als besondere Herausforderung Belastungsübungen dienen als meinem Körper. Doch ich weiß, ich war der Einsatz unserer Lehrgruppe Vorbereitungen für derartige Ein- bin nicht alleine! Diese Einsätze und als Gefangenentransport am 1. Mai Übungen sind dabei ein guter Aus- 2008 hervorzuheben. gleich zu den vielen Klausuren und In der Ausbildung werden verschiedenste Si- Bereits in der Vorbesprechung tuationen bei einer Verkehrskontrolle geübt Referaten. Bereits in den Vorwochen zur Abschlussprüfung sehe ich die Vor- bereitungen meinem Spiegelbild an. Neben großen Augenringen entde- cke ich die eine oder andere Sorgen- falte in meinem Gesicht. Jetzt heißt es noch einmal: Alles geben und die Zähne zusammen beißen. Der Endspurt. Ein weiterer Ringkampf aus fünf Runden. Doch diesmal in der Schwergewichtsklasse. Aber am Ende hat es sich gelohnt. Die mündliche Prüfung ist da nur noch eine Formalität. Gedan- ken über den Abschied machen sich langsam in mir breit. Doch Tränen sind schnell vergessen – wir werden uns bei Einsätzen wieder sehen. Der Start in die Landesbereitschaftspo- lizei mit neuen Kollegen und neuen Aufgaben wartet bereits auf mich.❚

Zu den Personen Dennis Rickert und Daniel Ravlic´ haben mittlerweile ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und sind in der Bereitschaftspolizei tätig. POLIZEIBERICHT 2008 38 Fahrrad-Codierung Der „Fingerabdruck“ für Ihr Fahrrad

dar. Seit Beginn der Fahrradsaison Um Verfälschungen zu vermeiden, im Frühjahr 2008 wird diese ver- gibt es zwischen den Buchstaben- stärkt beworben. und Zifferblöcken keine Leerstellen. Martin Kobusynski, LKA 121, Landeskriminalamt Codierung – Was ist das? Beispiel: Bei der Fahrradcodierung wird eine Der Eigentümer des Fahrrades Zahlen- und Buchstabenkombinati- wohnt in Hamburg unter der Ad- on, die sogenannte E.I.N. (= Eigen- resse Bruno-Georges-Platz, Haus- ie Zahl der Fahrraddieb- tümer-Identifizierungs-Nummer), nummer 1 und heißt Heinz Muster- stähle lag im Jahr 2007 gut sichtbar in den Rahmen einge- mann. Dmit 11 748 Fällen um 7,4 fräst. Dieses geschieht möglichst auf Der entsprechende Code lautet: Prozent höher als 2006. Schätzun- der Kettenseite (rechts) am oberen HHB876001HM gen gehen davon aus, dass etwa jedes Ende des Sitzrohres oder am Ober- Dieses Codierungssystem ist fünfte Fahrrad, das entwendet wird, rohr. Die Codierung wird anschlie- grundsätzlich bundeseinheitlich. In überhaupt nicht gesichert ist. Ein ßend zur besseren Auffälligkeit mit den Flächenländern wird allerdings weiterer nicht unerheblicher Anteil einem Aufkleber mit Sichtfenster zwischen der Stadt- bzw. Kreisken- kann nur gestohlen werden, weil die überklebt. nung und dem Straßenschlüssel verwendeten Schlösser keinen aus- Der Code setzt sich aus folgenden zusätzlich noch die Gemeindekenn- reichenden Diebstahlsschutz bieten. Daten des Fahrradeigentümers zu- ziffer (in der Regel zweistellig) hin- Dieses veranlasste die Polizei dazu, sammen: zugefügt. Einige Gemeinden gravie- neben den bekannten Sicherheits- ■ Kennbuchstaben des Wohnortes ren auch die zweistellige Jahreszahl hinweisen (analog zum Kfz-Kennzeichen) der Codierung an das Ende. Insge- ■ Straßenschlüssel (findet sich in samt kann so die Gesamtlänge der ■ Sichern Sie ihr Fahrrad mit ei- dem der Polizei und den Einwoh- Codierung zwischen 11 und 16 Stel- nem Schloss! nermeldeämtern zugänglichen len variieren. ■ Schließen Sie Ihr Fahrrad an „Straßen- und Gebietsverzeich- Eine Erfassung der Codiernum- (z. B. an einen Fahrradbügel)! nis“) mern in einer Kartei oder Datei ist ■ Benutzen Sie stabile (Bügel- ■ Hausnummer (dreistellig, ggf. nicht notwendig, da der Code selbst- oder Panzerkabel-) Schlösser! mit Nullen ergänzt) erklärend ist. Mit Kenntnis des Stra- ■ Initialen ßenschlüssels kann der gravierte über geeignete ergänzende Präven- tionsmaßnahmen im Bereich Fahr- raddiebstahl nachzudenken. Eine Möglichkeit stellt die individuelle Kennzeichnung, besonders die „Co- dierung“ persönlichen Eigentums POLIZEIBERICHT 2008 39 Code problemlos entziffert und das die Auftaktveranstaltung für die Fahrrad dem Eigentümer zugeord- Aktionstage statt. Vor Ort wurden net werden. Nur im Falle eines Dieb- Dienstfahrräder der Fahrradstaf- stahls wird die Codierung in die fel der Polizei codiert. Beamte der bundesweite polizeiliche Sachfahn- Fahrradstaffel, des örtlichen Po- dungsdatei eingegeben. Auch wenn lizeikommissariats 17 (Sedanstra- der rechtmäßige Eigentümer sich ße) und des Landeskriminalamtes nicht an seine Codiernummer er- (Fachkommissariat Prävention und innert, ist diese – im Gegensatz zur Opferschutz) beantworteten Fragen Fahrradrahmennummer – anhand der anwesenden Journalisten. der Personalien und der Anschrift Am Folgetag gab es umfangreiche problemlos zu ermitteln. Berichterstattungen sowohl in den Printmedien als auch im Fernsehen. Was nützt die Codierung? Diese informierten die Hambur- Die Codierung kann andere Maß- ger Bevölkerung, sodass Bürgerin- nahmen (besonders eine zuverlässige nen und Bürger umfassend von der Sicherung des Fahrrades durch ein Möglichkeit der Codierung und den hochwertiges Schloss) nicht erset- Aktionstagen Kenntnis erhielten. zen, aber ergänzen. Einen potentiel- Vom 2. bis zum 7. Juni 2008 co- len Fahrraddieb stellt die Codierung dierten mobile oder ortsansässige vor Probleme. Erstens kommt er in Codierer (Fahrradgeschäfte) in ver- Erklärungsnot, wenn er selbst (z. B. schiedenen Stadtteilen. Der Verein wegen eines Verkehrsverstoßes) mit zur Verhütung von Diebstahl, ein der Polizei in Kontakt kommt und Zusammenschluss der Hamburger zweitens wird er Schwierigkeiten Sachversicherer, der die Polizei seit bei einem möglichen Weiterverkauf vielen Jahren bei verschiedensten Werkzeug zur Fahrradcodierung des Fahrrades bekommen. Denn: Er Präventionsprojekten unterstützt, wird immer erklären müssen, wa- sponserte die Aktionstage. So war rum seine Personendaten nicht mit es möglich, die Codierungen eine der Codierung übereinstimmen. Woche lang für nur fünf Euro anzu- Ein weiterer positiver Effekt der bieten. Die Einzelveranstaltungen in Codierung ist die unkomplizier- den verschiedenen Stadtteilen wur- te Zuordnung. Sehr häufig werden den teilweise auf dem Gelände der Fahrräder von den Dieben nur kurz- Polizeikommissariate, teilweise auch fristig benutzt und anschließend zu- an anderen Plätzen, wie z. B. Schulen rückgelassen. Diese aufgefundenen oder Wochenmärkten durchgeführt. Fahrräder können – wenn sie co- Der Andrang der Interessierten war diert sind – durch die Polizei schnell – aufgrund der „Werbung“ durch die und unkompliziert dem Eigentümer Polizeibeamten in den Stadtteilen zugeordnet und wieder an ihn aus- sowie der ausgeprägten Resonanz gehändigt werden. in den Medien – sehr groß. Das gute Wetter tat ein Übriges und brachte Die Aktionstage viele Menschen auf die Fahrräder. zur Fahrradcodierung Die interessierten Bürger wurden Am 28. Mai 2008 fand an der „Fahr- durch die Polizeibeamten umfas- radstation“ in der Schlüterstraße send und kompetent beraten und POLIZEIBERICHT 2008 40 mit Informationsmaterial zum Th e- ma Diebstahlsschutz versorgt. Ins- gesamt wurden im Rahmen der Ak- tion rund 1 000 Fahrräder codiert.

Wie ging es weiter? Aufgrund des großen Erfolges der Aktionstage boten verschiedene Polizeikommissariate bis Ende des Jahres 2008 weitere Codierveran- staltungen an. Die Termine waren entsprechend im Internet sowie teilweise in der Tagespresse und den Wochenblättern veröff entlicht. Auch einige Polizeikommissariate, die bei den Aktionstagen zunächst nicht teilgenommen hatten, orga- nisierten Veranstaltungen in ihren Stadtteilen. So hatten Bürgerinnen und Bürger aus allen Bezirken Ham- burgs die Möglichkeit, in ihrer Nähe Fahrräder codieren zu lassen.

Ausblick Die große Resonanz an den Codier- tagen und die telefonischen Nach- fragen nach Terminen bis in den No- vember 2008 hinein sind für uns ein Signal: Sie zeigen uns, wie stark sich die Hamburger Bevölkerung für das Th ema „Sicherheit“ interessiert und wie bereitwillig und engagiert die Menschen angebotene Möglichkei- ten zur Sicherung ihres Eigentums wahrnehmen. Die (Diebstahls-)Prävention ist ein wichtiges Th ema, das nicht nur von einem alleine umgesetzt und be- wegt werden kann. Wir werden uns bemühen, Sie auch künft ig als Partner in Sachen „Prävention“ zu gewinnen, um ge- meinsam im Gespräch Ihre Fragen zum Th ema „Sicherheit“ zu klären. Sprechen Sie uns an – wir sind für Sie da!❚ POLIZEIBERICHT 2008 41 Verkehrsunfallstatistik 2008 Weniger verunglückte Kinder Mehr Unfälle mit Sachschäden

Sachschadensunfälle Die Erhöhung der Unfallzahlen (+ 2 288) ist im Wesent- lichen durch einen Anstieg der Sachschadensunfälle um Holger Mohr, VD 010, 2 106 Unfälle verursacht worden. Davon hatten die LKW- Verkehrsdirektion Sachschadensunfälle einen Anteil von 1 309 Unfällen und die Seniorensachschadensunfälle erhöhten sich um 622. nnensenator Christoph Ahlhaus stellte am 6. April Mit einem Anteil von 91,7 % sind diese beiden Gruppen 2009 gemeinsam mit Polizeipräsident Werner für die Steigerung der Sachschadensunfälle verantwort- IJantosch und dem Leiter der Verkehrsdirektion lich (siehe Abbildung 4, Seite 43)! Dietmar Kneupper die Verkehrsunfallstatistik 2008 vor. Unfälle mit Kindern Die zentralen Aussagen der Unfallstatistik 2008: Die Anzahl der Kinder, die bei Verkehrsunfällen verun- glückten, ist im Jahr 2008 um 8 zurückgegangen. Dies ■ Weniger verunglückte Kinder. sind so wenig verunglückte Kinder wie noch nie seit ■ Anstieg der Unfallzahlen insgesamt. (Wesentlich durch Sachschadens-Unfälle bedingt!) Führung der Unfallstatistik in Hamburg. Die Anzahl ■ Mehr Unfalltote und Verletzte. von Unfällen, bei denen Kinder aktiv als Verkehrsteil- ■ Mehr verunglückte Radfahrer. nehmer beteiligt waren, hat jedoch um 24 auf 676 zuge- nommen (siehe Abbildung 5, Seite 43). Im direkten Vergleich des Jahres 2008 zum Vorjahr stel- Insgesamt verunglückten auf Hamburgs Straßen 792 len sich die Zahlen wie in Abbildung 1 zu sehen dar: Kinder (- 8), davon 295 als Radfahrer (2007: 282), 238 ■ Insgesamt ein Anstieg um 2 288 Unfälle (+ 3,7 %) als Fußgänger (2007: 222); weitere 259 Kinder verletzten ■ Anstieg um 139 Verunglückte (+ 1,3 %) sich bei Unfällen als Mitfahrer in Fahrzeugen (2007: 296). ■ Anstieg der Zahl der Verkehrstoten um 10 auf 40 Erfreulicherweise verunglückte im Jahr 2008 kein Kind (Insbsondere durch eine Steigerung bei getöteten Krad- und Radfahrern) tödlich. Die Gesamtzahl von insgesamt 10 890 Verunglückten stellt in der Langzeitbetrachtung (siehe Abbildung 2, Unfälle im Vergleich zum Vorjahr Seite 43) den drittniedrigsten Wert seit Beginn der Un- fallstatistik dar.

Hauptunfallursachen im Jahr 2008 Die häufi gsten Ursachen für Verkehrsunfälle mit Per- sonenschäden sind Fehler beim Einfahren, Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren (siehe Abbildung 3, Seite 43). Die Rückgänge bei den Unfallursachen „Geschwin- digkeit“ und „Rotlicht“ sind auf die verstärkten Überwa- Abbildung 1 chungsmaßnahmen der Polizei zurückzuführen. POLIZEIBERICHT 2008 42 Langzeitbetrachtung aller Unfälle von 1980 bis 2008 Der erneute Rückgang der verunglückten Kinder ist sehr positiv und verläuft parallel zu der im Jahre 2002 be- gonnenen Verkehrssicherheitsaktion „Rücksicht auf Kin- der … kommt an“. Diese Aktion (aktuell wieder vom 4. bis 29. Mai 2009) wird jährlich durchgeführt und hat es zum Ziel, die Verkehrssicherheit für Kinder nachhaltig zu er- höhen. Sie bündelt eine Vielfalt präventiver Maßnahmen der Verkehrssicherheitsberatung und Überwachungs- maßnahmen besonders im Bereich von Örtlichkeiten, an denen sich viele Kinder aufh alten. Eingebunden ist die Abbildung 2 Aktion u. a. in das ganzjährige umfassende Programm der polizeilichen Verkehrserziehung, das von 72 haupt- Häufi gkeit in absoluten Zahlen amtlichen Polizeiverkehrslehrern in enger Kooperation mit der Behörde für Schule und Berufsbildung in den Schulen durchgeführt wird.

Unfälle mit Jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) erneut gestiegen Im Jahr 2008 stiegen die Unfälle mit Jungen Erwachse- nen wiederum an: Abbildung 3 ■ Anstieg um 161 (+ 1,5 %) auf 10 851 Unfälle ■ Anstieg um 99 (+ 6,5 %) auf 1 628 Verunglückte Besonders bei den Verunglückten ist der prozentuale Unfälle mit Sachschäden Anstieg des Jahres 2008 gegenüber dem Vorjahr deutlich höher. Die Entwicklung über die Jahre 2004 bis 2008 stellt sich wie folgt dar (siehe Abbildung 6, Seite 44): „Junge Er- wachsene“ bleiben auch weiterhin eine Risikogruppe, weil sie bei einem Anteil von 8,2 % an der Gesamtbevölkerung an 16,7 % aller Unfälle und sogar 23,4 % der Unfälle mit Personenschaden überproportional häufi g beteiligt sind. Zu rund 65 % sind sie selbst Hauptverursacher. Die Abbildung 4 Unfallursachen sind dabei überhöhte Geschwindigkeit, ungenügender Sicherheitsabstand sowie Wenden und Rückwärtsfahren. „Junge Erwachsene“ unterliegen wei- Unfälle mit Kindern terhin einem erhöhten Unfallrisiko.

Unfälle mit Senioren Der langjährige Trend steigender Unfallzahlen hat sich auch im Jahr 2008 fortgesetzt, allerdings mit stagnieren- den Verunglücktenzahlen. Er geht einher mit der demo- grafi schen Entwicklung und zunehmender Mobilität von Senioren (siehe Abbildung 7, Seite 44). Bei diesen Unfäl- len handelte es sich zu 84,4 % um Sachschadensunfälle. Die Häufi gkeit der Unfallursachen unterscheidet sich Abbildung 5 deutlich von Unfällen anderer Verkehrsteilnehmergrup- POLIZEIBERICHT 2008 43 Unfälle mit jungen Erwachsenen pen, weil bei Seniorenunfällen verstärkt Ursachen i. Z. m. komplexen Verkehrsabläufen wie z. B. Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren registriert werden. Geschwindig- keitsbezogene Unfälle fi nden vergleichsweise seltener statt. Die Polizei hat sich mit derzeit 88 Bürgernahen Be- amten, die speziell für das Aufgabenfeld „Senioren- beratung“ geschult wurden, auf die Zielgruppe Senio- ren eingestellt. In Vortragsveranstaltungen und per- sönlichen Beratungsgesprächen werden den Senioren Hinweise zur Verminderung von Verkehrsunfallrisiken gegeben. Abbildung 6

Verkehrstote Im Jahr 2008 hat es insgesamt 40 Verkehrstote (10 Ver- kehrstote mehr ggü. 2007) gegeben (siehe Abbildung 8). 19 Getötete haben die Ursache für den Unfall selbst ge- Unfälle mit Senioren setzt. Von den 40 Unfalltoten starben 13 als Fußgänger, 11 Personen als Fahrer eines Motorrades sowie 9 Perso- nen als Radfahrer. Der Anstieg bei den Unfalltoten ist vor allem auf eine Steigerung von + 7 getöteten Motorradfah- rern und + 3 getöteten Radfahrern zurückzuführen. Bei den Motorradfahrern führten hohe Geschwindigkeit und hohes Fahrrisiko zum Unfall; von den getöteten Motor- radfahrern fuhren 10 mit nicht angepasster Geschwin- digkeit! Von den 9 tödlich verunglückten Radfahrern trug keiner einen Helm! Allein in 17 Fällen waren überhöhte Geschwindigkeit bzw. Trunkenheit im Straßenverkehr die Unfallursachen Abbildung 7 bei Getöteten. Schon diese Zahlen machen deutlich, dass vor allem Geschwindigkeit und Alkohol als besonders risikoträchtige Unfallursachen auch künft ig konsequent zu bekämpfen sind. Weitere Ursachen waren fehlerhaft es Verkehrstote Überschreiten der Fahrbahn sowie falsches Verhalten ge- genüber Fußgängern.

Unfälle unter Alkoholeinfl uss Im Jahr 2008 wurden mit 1 025 Unfällen unter Alko- holeinfl uss 64 Unfälle mehr (+ 6,7 %) registriert als im Vorjahr. Die Zahl der bei diesen Unfällen Verunglückten stieg um 33 (+ 7,7 %) auf 462. Von alkoholisierten Verkehrsteilnehmern geht immer noch ein hohes Unfallrisiko aus. So kam es in fast 36 % der Unfälle unter Alkoholeinfl uss zu Personenschäden. Abbildung 8 Bei vier Getöteten war Trunkenheit mit unfallursächlich. POLIZEIBERICHT 2008 44 Ergebnisse der polizeilichen Überwachungsmaßnahmen Neben den ganzjährigen Kontrollen der Polizei im täg- lichen Dienst wurden im Jahr 2008 insgesamt 67 Ver- kehrs-Großkontrollen (24 Kontrollen mehr als im Jahr 2007) durchgeführt. Im Mittelpunkt standen dabei u. a. die Hauptunfallursachen überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol- und Drogenkonsum im Straßenverkehr sowie Rotlichtmissachtung, aber auch die Gurtanlegepflicht zur Minderung von Unfallfolgen. Wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen wurden insgesamt 487 370 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefer- tigt; der Anteil der geschwindigkeitsbezogenen Ursachen bei Unfällen mit Personenschaden ist im Jahr 2008 rück- gängig. Gegen Rotlichtsünder wurde in insgesamt 21 067 Fällen eingeschritten.

Polizeipräsident Werner Jantosch stellte bei der Pressekonferenz zur Verkehrslage in Hamburg fest: „Die Verkehrsmoral muss sich ändern! Verkehrsunfälle werden durch rücksichtsloses Fehl- verhalten der Verkehrsteilnehmer verursacht!

Drogen im Straßenverkehr Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften sind keine Kavaliersdelikte – sie gefährden und zerstören Leben! Im Jahr 2008 wurde bei 119 Unfällen Drogenein- fluss als Ursache festgestellt; dabei verunglückten 65 Nur regelkonformes Verhalten kann Unfälle vermeiden! Menschen. Bei 3 Unfällen mit tödlichem Ausgang war Wenn Verkehrsteilnehmer weiterhin persönlichen – kurzfristigen – Vorteil im Blick haben, wird es auch Drogenkonsum zumindest mitursächlich. Wegen des 2009 viel Leid und volkswirtschaftlichen Schaden besonderen Risikos der Verkehrsteilnahme unter Dro- durch Verkehrsunfälle geben!“ geneinfluss setzt die Polizei hier seit mehreren Jahren einen besonderen Kontrollschwerpunkt. Im Rahmen der Ausblick für 2009 Verkehrskontrollen brachte die Polizei im Jahr 2008 ins- Die im vergangenen Jahr gestiegenen Unfallzahlen und gesamt 574 Straftaten und 1 006 Ordnungswidrigkeiten die höhere Anzahl von Verunglückten erfordern auch im wegen der Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss zur Jahr 2009, dass sich die Schwerpunkte polizeilicher Ver- Anzeige. Die Verkehrsüberwachung wird flankiert u. a. kehrssicherheitsarbeit weiterhin auf die Reduzierung der von der Präventionsaktion „Drug-Stop“, an der sich Po- Unfallzahlen besonders mit Verunglückten sowie einer lizei und weitere Träger der Verkehrssicherheitsarbeit, Verringerung der Unfälle mit Kindern beziehen. aber auch Fahrschulen beteiligen. Die Kampagne verfolgt Dazu wird das bewährte polizeiliche Konzept einer das Ziel, junge Menschen über die Gefahren des Drogen- Fokussierung auf Unfallursachen mit hohem Risiko- konsums auch in Verbindung mit dem Autofahren zu in- potential – durch konsequente Repression in Verbin- formieren. dung mit Prävention und intensiver Öffentlichkeits- Sowohl der hohe Kontrolldruck der Polizei als auch die arbeit – fortgeführt. Hierzu gehören die Überwachung verschiedenen Präventionsaktionen werden fortgeführt von Geschwindigkeits- und Rotlichtverstößen sowie das und sollen zu einem erhöhten Problem- und Gefahrenbe- Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss. wusstsein der Zielgruppe führen. Gleichwohl belegen die Weitere Informationen finden Sie im Internet Unfallzahlen und Kontrollergebnisse die Notwendigkeit unter www.polizei.hamburg.de im Bereich „Daten und zur Fortsetzung der intensiven Kontrollen. Fakten“.❚ POLIZEIBERICHT 2008 45 JAN JAHRESKALENDER 2008 FEBJAHRESKALENDER 2008 MÄR

Fast ein Jahr lang werden im Mithilfe der Videoüberwa- 1. Altonaer Lamp`lweg immer 6.chung kann das Landeskri- wieder die Reifen von geparkten minalamt 42 (Sexualstraftaten) Fahrzeugen zerstochen. Zivil- eine Vergewaltigung aufklären fahndern des PK 21 gelingt es und den 23-jährigen Tatverdäch- schließlich, einen 38-Jährigen tigen dem Haftrichter vorführen. auf frischer Tat festzunehmen. Der Täter hatte das 16-jährige Die Ermittler werfen dem Be- leicht behinderte Opfer in einem schuldigten insgesamt rund 100 Linienbus angesprochen und Taten vor. Der 38-Jährige legt ein später in einer Grünanlage ver- Geständnis ab. gewaltigt. Einen Tag nach Ver- öffentlichung der Bilder aus der Beamte der Wasserschutz- Drei Hamburger Taxifah- Videoüberwachungsanlage des polizei haben im Hambur- 22.rer werden überfallen und 21. Busses stellt sich der Täter an ger Hafen zwei Männer vorläu- ausgeraubt. Die Täter schlagen einem Hamburger Polizeikom- fig festgenommen. Die Männer ihre Opfer und setzen Reizgas missariat. Freunde hatten ihn hatten einen 40 Fuß Container ein. Nach umfangreichen Ermitt- mit den Fotos konfrontiert und aufgebrochen und daraus 98 lungen im Raubdezernat kön- er hielt dem Fahndungsdruck Kartons mit insgesamt 980 000 nen die Kriminalbeamten zwei nicht länger stand. Zigaretten entwendet. Die Tat- 17-jährige sowie einen 19-jähri- verdächtigen kommen vor einen gen Tatverdächtigen ermitteln Wasserschutzpolizisten Haftrichter. und vorläufig festnehmen. 17. treffen bei ihrer Streifen- fahrt auf der Unterelbe auf einen Beamte des PK 34 in Schlauchbootfahrer, der offen- 30.Langenhorn erhalten den sichtlich ein technisches Prob- Einsatz, einen psychisch er- lem hat. Eine Überprüfung des krankten Mann nach der Be- 38-jährigen Bootsführers ergibt, gehung mehrerer Gewalttaten dass er erheblich unter Alkoho- in Gewahrsam zu nehmen und leinfluss (2,45 Promille) steht und einem Amtsarzt vorzuführen. das Schlauchboot im Schulauer Der 38-Jährige leistet heftigen Jachthafen (Wedel) gestohlen Widerstand und bringt sich in hat. Es folgt eine Blutprobenent- Die Mordkommission den Besitz einer Dienstpistole nahme und ein Strafverfahren 24.klärt das Tötungsdelikt der eingesetzten Beamten. Als wird eingeleitet. an Kirk M. (17) auf. Die Krimi- die Situation daraufhin eskaliert, nalbeamten ermitteln drei Tat- muss eine Polizeibeamtin von verdächtige. Sie stehen im Ver- ihrer Waffe Gebrauch machen. dacht, Kirk in seiner Wohnung Der 38-jährige erleidet eine töd- getötet und ihn anschließend im liche Schussverletzung. Die Dweerlandweg abgelegt und an- Mordkommission nimmt die gezündet zu haben. Ermittlungen auf. POLIZEIBERICHT 2008 46 APR JAHRESKALENDER 2008 MAIJAHRESKALENDER 2008 JUN

Polizisten des PK 24 neh- Beamte der Staatsschutzab- Nach einer versuchten 13. men drei Jugendliche fest, 5.teilung (LKA 7) vollstrecken 30.Vergewaltigung eines 16- die verdächtigt werden, am Neu- einen Durchsuchungsbeschluss jährigen Mädchens in Hamburg- jahrsmorgen einen 55-jährigen gegen einen 49-jährigen Deut- Neu Allermöhe gelingt es dem Mann am U-Bahnhof Niendorf schen, der im Verdacht steht, LKA, aufgrund der gesicherten niedergeschlagen, getreten und Stellschilder mit Wahlplakaten Tatortspuren ein DNA-Muster dabei lebensgefährlich verletzt zu für die bevorstehende Bürger- des Täters zu erstellen. Ein Ab- haben. Umfangreiche Ermittlun- schaftswahl entwendet zu haben. gleich mit der bundesweiten Da- gen der Mordkommission führen Bei der Durchsuchungsaktion tenbank führt auf die Spur eines auf die Spur der drei Deutschen. stellen die Beamten insgesamt 24-jährigen Ägypters. Der Tat- Sie werden wegen des Verdachts rund 170 Stellschilder sicher. verdächtige kann bereits sechs des versuchten Totschlags einem Gegen den 49-Jährigen wird ein Tage nach der Tat festgenommen Haftrichter zugeführt. Strafverfahren eingeleitet. und einem Haftrichter zugeführt werden. Ermittler des Landeskri- 23.minalamtes 63 (Organi- Das Hamburger Landes- sierte Kriminalität) zerschla- 31. kriminalamt klärt eine gen in Zusammenarbeit mit der Serie von Raubüberfällen auf. Hamburger Staatsanwaltschaft Der Tatverdächtige, ein 40-jäh- eine mutmaßlich kriminelle riger Deutscher, hatte seit Mitte Vereinigung. Sie vollstrecken 2006 bundesweit insgesamt 53 10 Haftbefehle und 38 Durch- Filialen einer Drogeriemarkt- suchungsbeschlüsse. Den Tat- kette überfallen und dabei rund verdächtigen werden u.a. räube- 30 000 Euro erbeutet. Der 40- rische Erpressung, Drogenhan- Jährige trägt bei den Taten stets del, Bandendiebstahl und Ver- eine Perücke und bedroht die stöße gegen das Waffengesetz Geschädigten zumeist mit einer Ermittlern der Zentraldirek- vorgeworfen. Es werden dabei Schusswaffe. Das Mobile Einsatz- tion 63 gelingt die Festnahme unter anderem zwei hochwertige 6. kommando Hamburg observiert eines 30-jährigen Serienbetrü- Fahrzeuge, wertvoller Schmuck, daraufhin den Verdächtigen und gers. Der Mann wird verdächtigt, große Mengen Zigaretten und kann ihn schließlich nach einem in mindestens 14 Fällen überwie- mehrere Tausend Euro Bargeld Raubüberfall auf eine Drogerie gend ältere Menschen um ihr sichergestellt. in Bottrop vorläufig festnehmen. Hab und Gut gebracht zu haben. Als angeblicher Mitarbeiter der HEW bzw. von Kabel Deutsch- land verschaffte er sich Zutritt zu den Wohnungen der Geschä- digten und entwendete in einem unbeobachteten Moment Geld und andere Wertsachen. POLIZEIBERICHT 2008 47 JUL JAHRESKALENDER 2008 AUGJAHRESKALENDER 2008 SEP

Polizisten nehmen in bis 24. In Hamburg findet Siebzig Polizeibeamte und 13.Hamburg-Bergedorf einen 15.das sogenannte Antiras- 23.zwei Staatsanwälte voll- 47-jährigen Mann fest, der im sismus- und Klimacamp statt. strecken im Hamburger Stadt- Verdacht steht, seinen 42-jähri- Die Hamburger Polizei hat eine gebiet sieben Durchsuchungs- gen Freund durch Messerstiche Vielzahl zum Teil gewalttätiger beschlüsse und stellen dabei getötet zu haben. Die Mordkom- demonstrativer Aktionen, Ver- Computer, hochwertige Elektro- mission führt den Beschuldigten sammlungen und Aufzüge zu be- nikartikel und Kleidungsstücke einem Haftrichter zu. wältigen. Insgesamt werden 109 sicher. Es handelt sich um die Teilnehmer in Gewahrsam und Beute mutmaßlicher Compu- Nachdem es im März 2008 55 Personen vorläufig festgenom- terbetrüger. Den insgesamt acht 16. auf einer Tankstelle in men. 14 Polizeibeamte werden Beschuldigten wird vorgeworfen, Hamburg-Hammerbrook zu ei- verletzt. mit „gephishten“ Kreditkarten- ner Schießerei zwischen Milieu- Beamte des Mobilen Ein- daten zahlreiche Bestellungen im angehörigen gekommen war, bei satzkommandos nehmen Internet vorgenommen und die dem ein 28-Jähriger zwei Schuss- 19. fünf Tatverdächtige im Alter zwi- Artikel anschließend versteigert verletzungen erlitten hatte, wird schen 14 und 23 Jahren fest. Sie zu haben. Der Gesamtschaden die Sonderkommission Rotlicht werden beschuldigt, sich zu einem wird auf rund 60 000 Euro ge- gegründet. Sie erwirkt mehrere bewaffneten Raubüberfall auf ein schätzt. Durchsuchungsbeschlüsse für ein Wettbüro in Hamburg-Billstedt Bordell, eine sog. Modellwohnung verabredet zu haben. Bei den und andere Räume. Am 16. Juli Festnahmen stellen die Beamten 2008 vollstrecken insgesamt 130 eine Gaswaffe und Maskierungs- Polizeibeamte diese Beschlüsse mittel sicher. Vier der fünf jungen und stellen eine Handgranate, Männer kommen in Haft. eine Schusswaffe und zahlreiche Munition sicher. Ein 30-jähriger Die Polizei wendet sich im Mann kann verhaftet werden. 27.Rahmen einer Öffentlich- keitsfahndung mit dem Foto eines Drogenfahnder des Fach- jungen Mannes aus einer Über- Ermittler des Raubdezer- 17. kommissariates Straßen- wachungskamera an die Ham- 26.nates klären eine Raub- deal nehmen in Hamburg-Jen- burger Bürger. Der Tatverdächti- serie zum Nachteil mehrerer feld einen Schwarzafrikaner vor- ge hatte einer 17-Jährigen in der Taxifahrer auf und nehmen ei- läufig fest und stellen bei ihm U-Bahn völlig grundlos mit einer nen 20-jährigen Libanesen so- insgesamt 1,2 Kilogramm Koka- Reizstoffwaffe in das Gesicht ge- wie seine 19-jährige Freundin in, über 100 Gramm Crack und schossen. Nachdem das Foto am fest. Das Pärchen und ein dritter 685 Euro mutmaßliches Dealgeld nächsten Tag in allen Medien ge- noch flüchtiger Mann sind drin- sicher. Die Identität des Mannes zeigt wird, stellt sich der 24-jähri- gend verdächtig, im Hamburger bleibt zunächst ungeklärt, da er ge Tatverdächtige noch am selben Osten diverse Taxifahrer über- sich mit einem gefälschten ni- Abend bei der Polizei. Zum Motiv fallen und ausgeraubt zu haben. gerianischen Pass ausweist. Der macht der Beschuldigte keine An- Die Tatwaffe, ein Messer, kann Mann kommt in Haft. gaben. sichergestellt werden. POLIZEIBERICHT 2008 48 OKT JAHRESKALENDER 2008 NOVJAHRESKALENDER 2008 DEZ

Polizisten des PK 23 neh- Zielfahnder des Landes- Innensenator Christoph 13.men nach einem Überfall 4.kriminalamtes nehmen in 4.Ahlhaus stellt die neue Kam- auf ein Tabakgeschäft in Ham- Essen einen 38-jährigen Deut- pagne „Graffi ti ist gefährlicher burg-Winterhude einen 34-jähri- schen fest. Gegen den Mann be- als Du denkst“ vor. Kinder und gen Mann fest. Der Tatverdächti- steht ein internationaler Haft - Jugendliche sollen damit über die ge hatte die Angestellte mit einer befehl wegen gewerbsmäßigen zumeist unterschätzten Gefahren Spritze bedroht und Bargeld ge- Kontoeröff nungs- und Kredit- des illegalen Sprayens aufgeklärt fordert. Das Raubdezernat setzt betruges sowie Urkundenfäl- werden. Vor allem in Hinblick die Ermittlungen fort und stellt schung. In dem Hotelzimmer des auf zivilrechtliche Folgen bzw. dabei fest, dass der 34-Jährige Beschuldigten fi nden die Fahn- hohe Schadensersatzansprüche. bereits an beiden Tagen zuvor der 86 Kredit-/Debitkarten und jeweils ein Tabakwarengeschäft 86 gefälschte Ausweispapiere. und einen Drogeriemarkt über- fallen hat. Er wird dem Haft rich- ter zugeführt.

Ein 33-jähriger Polizei- 30.beamter wird bei einem Verkehrsunfall auf der B5 in Hamburg-Bergedorf schwer ver- letzt, als ein Falschfahrer fron- tal in seinen Pkw fährt. Der Beamte wird lebensgefährlich verletzt in ein Krankenhaus Beamte der Landesbereit- eingeliefert. Der 27-jährige Ver- 26.schaft spolizei nehmen ursacher wird vorläufi g festge- nach einer kurzen Verfolgungs- nommen. Ein Alcotest ergibt fahrt in Hamburg-Lokstedt zwei 1,9 Promille. Sein Führerschein Moldawier wegen eines versuch- und Pkw werden sicherge- ten Einbruchdiebstahls fest. Die Die Mordkommission klärt stellt. Dem Beamten geht es in- Polizisten stellen fest, dass das 5.nach 15 Jahren ein Tötungs- zwischen wieder besser. Fluchtfahrzeug gestohlen gemel- delikt zum Nachteil eines 78-jäh- det ist. In dem Pkw fi nden sie u. a. rigen Rentners auf. Trotz um- Schmuck, Laptops, Fotoapparate fangreicher Ermittlungen kann und Bargeld. Kripobeamte des der Täter zunächst nicht ge- PK 23 ermitteln, dass die beiden fasst werden. Bei einem erneut 31-Jährigen und ein dritter, fl üch- durchgeführten Abgleich der ge- tiger Komplize für eine Serie von sicherten Spuren mit der Finger- Einbrüchen in Hamburg, Bran- abdruckdatei gibt es eine Treff er- denburg und Schleswig Holstein meldung. Gegen einen 42-jäh- verantwortlich sind. Sie kommen rigen Aserbaidschaner wird ein in Haft . Haft befehl erwirkt. POLIZEIBERICHT 2008 49 Brandserie geklärt Videoaufnahmen und erfahrene Brandermittler legten dem Täter das Handwerk

Mittwoch, 28. Mai 2008 Adenauerallee (St. Georg) an zwei In einem katholischen Gemeinde- Stellen Feuer gelegt. Bereits neun zentrum im Öjendorfer Weg (Bill- Minuten später brennt es in einem Jürgen Erd, PK 11, stedt) wird um 14:38 Uhr an drei Bürogebäude in unmittelbarer Nähe. Polizeikommissariat St. Georg Stellen Feuer gelegt. Schon kurze Der Täter zündet vorgefundenes Pa- Zeit später brennt es um 17:20 Uhr pier und Gegenstände an. Tatzeugen m Mittwoch, dem 28. Mai an zwei Stellen in einer Kinderta- gibt es nicht. 2008, begann im Hambur- gesstätte in der Kapellenstraße (Bill- Um 18:30 Uhr brennt es im Hotel Ager Stadtteil Billstedt eine stedt). Zuvor hatte sich ein Mann „Europäischer Hof“ in der Kirchen- Brandserie mit 12 Taten, die die Po- Zugang zum Gebäude verschafft. allee (St. Georg). Der Täter zündet lizei tagelang in Atem hielt. Hotels, Die Person wurde durch eine Reini- im Frühstücksraum des Oberge- Bürogebäude und sogar ein großer gungskraft in das Gebäude gelassen. schosses an drei Stellen Servietten, Supermarkt waren die Ziele des Sie beschrieb den Täter als „Guildo- Teppiche und Tische an. Es kommt Feuerteufels und er war verdammt Horn-Typ“. Diese Beschreibung soll- in dem Raum zu einem ausgedehn- schnell. Einen Teil der Brände legte te eine lange Zeit der einzige Hin- ten Brand mit starker Rauchent- er im Abstand von nur wenigen Mi- weis auf den Täter bleiben. wicklung, der sich schnell über den nuten und potenzierte damit die Ge- Um 18:13 Uhr wird im Treppen- Flur dieser Etage ausbreitet. fährdung von Menschenleben Denn haus des Hotels „Alte Wache“ in der Die eintreffende Feuerwehr betritt während die örtlichen Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr an den bestehenden Brände gebunden wa- ren, mussten immer weiter entfernt gelegene Einsatzzüge zu den neuen Feuerbrünsten hinzugezogen wer- den. Feuer bedeutet in dem dicht besie- delten Gebiet der Hansestadt immer, dass auch Menschenleben in Gefahr sein können. Umso höher ist die An- spannung bei jedem Polizeibeamten, der mit Blaulicht und Martinshorn zum Einsatz fährt. Nach der Größe der Gebäude und der gefährdeten Menschen richtet sich auch die Zahl der Funkstreifenwagen, die zum Einsatzort fahren. POLIZEIBERICHT 2008 50 den Brandbereich unter Atemschutz Einsatz in der Kirchenallee mit einer durch das nachfolgende Geschehen und entscheidet sofort, das Hotel zu großen Anzahl von Streifenwagen noch mehr Brisanz. evakuieren. Zu diesem Zeitpunkt und Rettungskräften der Feuerwehr Um 09:05 Uhr wird ein Feuer in sind dort 329 Personen eingebucht. läuft, kommt es zu einem weiteren einem Bürogebäude in der Spal- Durch die Rauchentwickelung im Feuer in einem Bürogebäude am dingstraße (City Süd) gemeldet. Ein ersten Stock ist den Hotelgästen in Besenbinderhof. Hier entzündet der Zusammenhang mit der Brandserie den höher gelegenen Stockwerken Täter im siebten Stock in einer Tee- erscheint wahrscheinlich, ist aber bereits der Fluchtweg nach unten küche an vier Stellen Papiertücher. noch nicht ganz sicher. abgeschnitten. Es besteht für die Glücklicherweise entdeckt der Haus- Als um 09:33 Uhr, noch bevor die eingeschlossenen Hotelgäste akute meister den Brand rechtzeitig und weiteren Umstände der Tat bekannt Lebensgefahr. löscht ihn, bevor er richtig aus- sind, ein weiteres Feuer in einem Als die Polizei eintrifft, winken an bricht. Bürogebäude in unmittelbarer Nähe den Fenstern hilflose Hotelgäste und Der Eingangsbereich des Gebäu- zum ersten Brandort des Tages ge- versuchen so die Einsatzkräfte auf des ist Video überwacht und die Ein- meldet wird, ist klar: Die Serie geht sich aufmerksam zu machen. Die satzkräfte veranlassen die Sicherung weiter! Feuerwehr, die mittlerweile mit drei der Aufnahmen, welche aber erst Sofort werden in ganz Hamburg Zügen vor Ort ist, muss die Einge- am nächsten Tag eingesehen werden Funkstreifenwagen und Zivilfahn- schlossenen mit Drehleitern aus den können. Auf diesen ist ein Mann zu der alarmiert und in Richtung St. Zimmern retten. Andere werden un- erkennen, der zur Tatzeit das Büro- Georg entsandt. Sie erhalten kurze ter dem Schutz von Sauerstoffhauben gebäude durch den Haupteingang Informationen zur Brandserie und durch das verqualmte Treppenhaus betritt und durch den Notausgang darauf, dass der Täter von einer gerettet. verlässt. Zeugin als „Guildo-Horn-Typ“ be- Eine Katastrophe kann in letzter Mittlerweile hat die alarmierte schrieben wurde. Minute durch Polizei und Feuerwehr Fachdienststelle für Brandermitt- Noch während die meisten Ein- verhindert werden. Das niemand lungen im Landeskriminalamt satzkräfte auf der Anfahrt sind, legt verletzt wird, ist auch ein wenig dem (LKA 45) ihre Arbeit aufgenommen der Täter bereits das nächste Feuer. Glück zu verdanken. und noch am Abend die ersten Tat- Um 09:35 Uhr brennt es im Keller Einer Hotelangestellten war kurz ortuntersuchungen und Zeugenver- einer Diskothek in der Spaldingstra- vor der Brandentdeckung ein Mann nehmungen durchgeführt. ße. An mehreren Stellen eines dort aufgefallen, der aus dem Frühstücks- befindlichen Tresens zündet der raum lief. Trotz aller Bemühungen Donnerstag, 29. Mai 2008 Täter Papierzettel und Plastikgegen- kann die Zeugin die Person auf Bil- Am Polizeikommissariat 11 beginnt stände an. dern nicht wieder erkennen. die Nachbereitung der Feuer-Ein- Auch hier wird das Gebäude Da bereits jetzt der Schluss nahe sätze vom vorherigen Tag. In der durch Videokameras überwacht. Die liegt, dass zumindest die drei Feuer Einsatzabteilung werden die Fragen Aufnahmen werden sichergestellt. in St. Georg im Zusammenhang ste- nach dem Täter, seinem Motiv und Bei der Auswertung ist ein Mann zu hen, setzt der Einsatzführer der Po- erforderlichen Maßnahmen bei den sehen, der zur Tatzeit das Gebäude lizei Zivilfahnder ein, die den Auf- Betroffenen erörtert. Immer wieder betritt. trag erhalten, nach Tatverdächtigen wird der enge zeitliche und örtliche Noch vor der Auswertung der Bil- zu suchen. Weiterhin wird der vom Zusammenhang dieser offensichtli- der wird von ihm bereits das nächste Täter vermutlich zurückgelegte Weg chen Brandserie beleuchtet. Wo gibt Feuer gelegt. von zahlreichen Polizeibeamten ab- es Parallelen? Wer macht so etwas? Kurz nach zehn Uhr legt der Tä- gesucht, um Spuren und Videoüber- Dieselben Fragen werden natür- ter in einem Bürogebäude des Real- wachungen, die den Täter zeigen lich auch schon seit den frühen Mor- Marktes in der Straße Beim Stroh- könnten, zu finden. genstunden bei den Brandermittlern hause an fünf Stellen Feuer. Dazu Um 19:56 Uhr, noch während der im LKA bewegt und bekommen zündet er in einem Aufenthalts- POLIZEIBERICHT 2008 51 raum Spinde und eine Registrier- legt. Das führt in kurzer Zeit dazu, gab. Bei jedem einzelnen neuen Feu- kasse aus Kunststoff an. Auch hier dass das Treppenhaus komplett er wird die Frage gestellt: Geht es kommt es zu starker Rauchentwick- verqualmt und somit auch nicht doch wieder weiter? Aber es stellt lung. Um die Rettungsmaßnahmen als Fluchtweg genutzt werden sich jeweils schnell heraus, dass die- bewältigen zu können, muss zur kann. Die Feuerwehr muss wieder se Kleinfeuer nicht mit der Brandse- Unterstützung der Feuerwehr die Drehleitern einsetzen, um Men- rie der vergangenen beiden Tage im Bereitschaftspolizei eingesetztschen aus den oberen Stockwerken Zusammenhang stehen. werden, da alle verfügbaren Funk- zu retten. streifenwagen bereits im Einsatz War dieses der letzte Brand- Freitag, 30. Mai 2008 sind. ort? Das gespannte Warten auf die Die Fahndungsmaßnahmen in St. Die Einsatzkräfte halten zwei Per- nächste Feuermeldung dauert an. Georg und dem näherem Umfeld sonen an, auf die die Beschreibung Anhand der Zeitabstände, Entfer- werden fortgesetzt. In der Nacht hat der Zeugin aus Billstedt zutrifft. Bei- nungen und sonstigen Erkenntnisse es immerhin kein Feuer gegeben, de werden zum Polizeikommissariat aus den bisherigen Brandlegungen, welches der Serie zuzurechnen wäre. 11 gebracht, um dort den Tatver- versucht die Polizei gemeinsam mit Dennoch: Auch heute verstreicht dacht überprüfen zu können. der Feuerwehr fieberhaft den nächs- keine Minute in der nicht alle einge- Nach zahlreichen Feuern mit er- ten möglichen Tatort vorherzusagen. setzte Polizeikräfte mit der nächsten heblichen Sachschäden und erheb- Die verschiedensten Theorien wer- lichen Gefahren für viele Bürger den durchgesprochen, um dem Tä- scheint es endlich vorbei zu sein, ter beim nächsten Feuer möglichst wurden doch zwei Personen in un- dicht auf den Fersen zu sein. mittelbarer Nähe zum Tatort in Mittlerweile sind rund 120 Po- typischer Weise angetroffen. Alle lizisten in Zivil und Uniform im Beteiligten atmen durch. Das war es Bereich St. Georg sowie im näheren wohl endgültig, hoffen viele der ein- Umfeld des Stadtteils im Einsatz um gesetzten Polizisten! den Täter festzunehmen. Aber noch während der soforti- Nach zwei Stunden ohne erneu- gen Vernehmung der Tatverdäch- te Brandlegung lässt die enorme tigen durch die Kriminalbeamten Anspannung bei allen am Einsatz des LKA 45 wird erneut ein Feuer Beteiligten etwas nach. Sollte die gemeldet. Serie endlich beendet ein? Alle hof- Um 13:14 Uhr brennt es in der fen es. Mit jedem Feuer stieg auch Straße Beim Strohhause 24. Die die Furcht, dass irgendwann ein Ausführung und die Umstände las- Brandort zu spät entdeckt wird und sen den Schluss zu, dass auch dieses Menschen zu Schaden kommen. Der Feuer der bisherigen Brandserie zu- bisherige wirtschaftliche Schaden ist zuordnen ist. Damit steht fest, dass hoch, aber Personen sind bisher nur die vorläufig Festgenommenen nicht in einem Fall durch Rauchgas leicht für die Tat in Frage kommen kön- verletzt worden. nen. Die beiden Personen werden Parallel wird die Einsatzplanung unverzüglich aus dem polizeilichen für die bevorstehende Nacht vorbe- Gewahrsam entlassen. Die Serie reitet. Zivilfahnder und uniformier- scheint noch immer nicht zu Ende te Streifen werden in der Innenstadt zu sein … postiert, um nach dem Täter zu Bei dieser jüngsten Tat wird das fahnden. Der Zufall will es, dass es Feuer im Keller des Gebäudes ge- einige kleine Feuer in örtlicher Nähe POLIZEIBERICHT 2008 52 Feuermeldung rechnen. Doch an- erinnert, die deutliche Parallelen zu Beim LKA 45 dauert die Verneh- statt eines Feuers kommt aus dem der jetzigen Serie hatte. Bei der Sich- mung des Festgenommenen bis weit LKA 45 der ganz konkrete Hinweis tung des Videomaterials konnte der nach Mitternacht an. Nach anfäng- auf einen dringend Tatverdächtigen, Täter der damaligen Serie in unmit- lichem Leugnen gibt er zunächst der Bezug zum Stadtteil St. Georg telbarem zeitlichen Zusammenhang nur einige der Taten zu. Schließlich hat. zu den Brandstiftungen an vier ver- bricht er aber unter der Last der Die Ermittler hatten in den ver- schiedenen Orten auf den Filmen er- gegen ihn sprechenden Beweise zu- gangenen 24 Stunden Unmengen kannt werden, obwohl er sich äußer- sammen und legt ein umfassendes von Videomaterial aus den Überwa- lich in den letzten neun Jahren stark Geständnis ab. Hierbei kommt auch chungskameras der verschiedenen verändert hatte. heraus, dass der Täter bereits einige betroffenen Örtlichkeiten gesichtet, Im Laufe dieses Freitagvormitta- Tage vor der Serie ein Feuer im Ge- Zeugenvernehmungen durchge- ges werden schließlich die Hinweise bäude des Rundfunksenders RADIO führt und weiteres Beweismaterial soweit konkretisiert, dass sich die HAMBURG gelegt hatte. gesichert. Darüber hinaus hatten Fahndung nur noch auf diese eine, Als Motiv für die Brandstiftun- sich die erfahrenen langjährigen namentlich bekannte Person, rich- gen gibt der Täter an, dass er zur Brandermittler an eine Serie von tet. Befriedigung seiner Spielsucht viel Brandstiftungen aus dem Jahr 1999 An alle Einsatzkräfte werden Geld benötigte. Dieses besorgte er schnellstmöglich Lichtbilder des sich durch Diebstähle aus Büros, in Mannes verteilt. Spezialkräfte be- die er sich einschlich oder teilweise obachten mittlerweile den Wohnort unerkannt einschließen ließ. Wenn des Tatverdächtigen. Zu den bereits er dabei nicht genügend Geld fand, im Einsatz befindlichen Polizeibe- legte er aus Frust die Feuer. Über die amten werden darüber hinaus alle Gefahr für Menschen hatte er nicht weiteren in Hamburg noch verfüg- weiter nachgedacht! baren Beamten für die Fahndung Dem 30-jährigen Täter, der bis- eingesetzt. In der Innenstadt werden her schon elf Jahre seines Lebens alle Straßenzüge und Kreuzungen wegen verschiedener Delikte in zwischen dem Steindamm und der Strafhaft verbracht hatte, war klar, Nordkanalstraße mit Polizeibeam- dass ihm nunmehr eine empfind- ten in Zivil besetzt. Am Polizeikom- liche Freiheitsstrafe mit eventuell missariat 11 befinden sich Polizisten anschließender Sicherungsverwah- der Bereitschaftspolizei, um sofort rung droht. Rettungs- und/oder Fahndungs- Im November 2008 begann die maßnahmen einleiten zu können. Gerichtsverhandlung gegen ihn, Stunde um Stunde verstreicht ohne bei der er sein Geständnis bezüg- nennenswerten Erfolg. lich der vorgenannten Brandstif- Um 14:30 Uhr schließlich wird der tungstaten wiederholte und darüber Tatverdächtige von einem aufmerk- hinaus noch weitere 21 Bürodieb- samen Polizeibeamten der Sicher- stähle ohne Brandlegung zugab. heitswache am Hauptbahnhof an- Am 16. Februar 2009 wurde er hand der verteilten Bilder erkannt, rechtskräftig zu 6 Jahren und 6 als er über den Hachmannplatz geht. Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, Der Polizist stürmt aus der Wache mit anschließender Unterbringung hinaus und kann den völlig über- in einer psychiatrischen Klinik.❚ raschten Mann widerstandslos fest- nehmen. Die Gefahr ist gebannt! POLIZEIBERICHT 2008 53 Von Hamburg an den Hindukusch Arbeit in der Polizeimission EUPOL Afghanistan (European Union Police Mission to Afghanistan)

Informationen zu internationalen Polizeimissionen/-projekten Deutschland engagiert sich beim Polizeiaufbau in Afghanistan im Rahmen der Europäischen Polizeimission EUPOL AFG und dem deutschen bilatera- Jan Hieber, LKA 701, len Polizei-Projektteam. Darüber hinaus sind Polizeibeamte des Bundes und Landeskriminalamt der Länder auch als Personenschützer des deutschen Botschafters in Kabul/ Afghanistan eingesetzt. Die Polizei Hamburg hatte 2008 je einen Beamten in der EUPOL AFG und als Personenschützer des deutschen Botschafters eingesetzt. Die Vorbereitung auf Afghanistan Meine Vorbereitung auf das fremde Die Beteiligung von Hamburger Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten an Land und meine dortigen Aufgaben internationalen Polizeimissionen/-projekten begründet sich aus dem Be- kenntnis Hamburgs zur solidarischen Aufgabenbewältigung im Rahmen der begann im September 2007 mit den deutschen und europäischen Sicherheitspolitik sowie einer humanitäreren Basisseminar Auslandsmissionen Verpfl ichtung heraus. Die Wirkung von instabilen Verhältnissen in Krisenge- im Ausbildungszentrum der Bun- bieten ist in der heutigen globalen Welt besonders durch terroristische/ despolizei in Lübeck. Im Januar extremistische Aktivität, internationale organisierte Kriminalität und Flücht- 2008 schloss sich das Vorbereitungs- lingsströme – auch in Hamburg – zu spüren. Vor diesem Hintergrund werden durch die internationalen Polizeimissionen/-projekte nicht zuletzt auch vitale seminar Afghanistan in Lübeck an, Interessen Hamburgs vertreten. bei dem mir unter anderem bei der Ausbildung mit dem Sturmgewehr G36 deutlich wurde, wie untypisch das Einsatzgebiet Afghanistan für einen Hamburger Polizisten ist. Eine solche Waff e ist uns in Hamburg völ- lig fremd. Die zweite Seminarwoche wurde von einem traurigen Ereignis überschattet: Mehrere Selbstmord- attentäter hatten im EUPOL-Hotel „Serena” in Kabul ein Blutbad ange- richtet.

Ankunft in Kabul Am 7. Februar 2008 fl og ich nach Kabul. Die ersten Eindrücke waren vor allem von der massiven militä- rischen Präsenz schwer bewaff neter Soldaten mit Panzerfahrzeugen und festungsartig ausgebauten Stellun- Ein Hirtenjunge begegnet einem Hilfskonvoi des Roten Kreuzes POLIZEIBERICHT 2008 54 gen geprägt. Als stärkster Gegensatz einer halben Million Einwohnern ist Polizeiführung im Norden, ausge- dieser ersten Zeit bleiben mir die in der islamischen Welt wegen ihrer zeichnete Unterstützung. Armut des größten Teils der Bevöl- wunderschönen blauen Moschee be- Die Präsenz von EUPOL konnte kerung und der fast schon surreale rühmt. von drei Provinzen in wenigen Mo- Gegensatz der Ausstattung unseres Die Ausgangssituation war naten auf acht der neun Provinzen Hotels Serena im Gedächtnis. schwierig: EUPOL hatte die Missi- im Norden ausgedehnt werden. Für Erstaunlich schnell wird der af- on zwar acht Monate zuvor offiziell jeden neuen Standort mussten Ver- ghanische Alltag eines EUPOL- gestartet, das Hauptquartier in Ka- träge geschlossen werden, damit die Polizisten Routine. In der Nacht vor bul befand sich aber noch in einer Sicherheits- und Lebensbedingun- meinem Abflug nach Nordafgha- Anfangsphase. Die Sicherheitslage gen einem gewissen Mindeststan- nistan wurde ich erstmals in einem verschlechterte sich, was an einem dard entsprachen und gepanzerte Ernstfall gefordert. Auf Weisung des verheerenden Anschlag auf die Geländefahrzeuge zur Verfügung Head of Mission evakuierten wir Deutschen Kollegen im August 2007 standen. das gesamte Personal von EUPOL deutlich wurde. Ein weiteres, nach Die operative Einsatzfähigkeit aus dem Serena Hotel aufgrund ei- wie vor aktuelles Problem für den von EUPOL im Norden war herge- ner Anschlagswarnung. Am nächs- Wiederaufbau von Afghanistan ist stellt. Jetzt konnten die inhaltlichen ten Tag ging die Reise von Kabul in die Vielzahl der beteiligten Natio- Ziele angegangen werden. Der tägli- Richtung Norden. nen und Organisationen sowie die che Kontakt zu den Polizeiführern schwierige Koordination aller Akti- in den Provinzen und die Stärkung Aufbau von polizeilichen Struktu- vitäten. der “Joint Coordination Centers”, ren bei schwieriger Ausgangslage Zum Glück fand ich in meinem einer Art gemeinsamer Lagezentren Als sogenannter „Senior Police Ad- Team, der Bundeswehr und allen auf regionaler und Provinzebene, viser North“ war ich verantwortlich anderen internationalen Partnern, standen dabei im Vordergrund. für das Personal und die Aktivität vor allem aber der afghanischen Deutsche Polizisten haben bei von EUPOL in Nordafghanistan. der afghanischen Polizei besonders Dieses riesige Gebiet weist nicht im Norden einen ausgezeichneten nur viele unzugängliche Regionen Ruf. Aufgrund unseres polizeilichen auf, sondern misst auch die Hälf- Hintergrundes haben alle Mentoren te der Fläche der Bundesrepublik. von EUPOL schnell ein sehr gutes Hier sind etwa 14 000 Polizisten Vertrauensverhältnis aufbauen kön- tätig, in Hamburg rund 10 000 Po- nen. lizisten. Der östlichste Teil grenzt Der polizeiliche Hintergrund an China und den Himalaja heran. kam uns besonders in der Beratung Die Grenze nach Pakistan ist schon bei gemeinsamen Sicherheitsope- wegen der Höhe und Unzugänglich- rationen der Polizei mit dem keit der Bergpässe unkontrollierbar. Afghanischen Militär und der Im Süden liegt der Hindukusch, im ISAF zu Gute. Nordwesten die Ausläufer der zent- ralasiatischen Wüsten und im Nord- Unsere Projekte osten der Amur Darya (früher Oxus Neben direkter und punktueller genannte) Fluss als Grenze nach Us- Unterstützung wie Ausrüstungs- bekistan und Tadschikistan. hilfe, dem Aus- oder Neubau völlig Das regionale Hauptquartier von unzureichender Checkpoints oder EUPOL befindet sich im Feldlager Polizeistationen wurden besonders

Camp Marmal unweit der Stadt Ma- Auf Posten gegen den Vormarsch der Taliban; auch strategische Projekte für ganz zar-e-Sharif. Diese Stadt mit etwa Grenzpolizei innerhalb der Region Nord in der Nordafghanistan gefördert. Provinz Faryab POLIZEIBERICHT 2008 55 Wir führten ein einheitliches Be- ganisation oder einen Tatverdächti- nicht aus. Nur die Hälfte der über richtswesen für die Region Nord ein. gen. EUPOL-Mentoren beraten und 70 Planstellen für EUPOL-Beamte Auf verschiedenen Ebenen führte begleiten das Gremium bei allen im Norden sind derzeit besetzt. EUPOL Ausbildungen zur Hand- operativen Arbeitsschritten. Deutschland bemüht sich intensiv habung von drei neuen Vordrucken Ziel dieser Einheiten ist es eine um eine Verbesserung der Bewer- durch: Flächendeckende Alphabe- transparente und erfolgreiche Straf- bersituation . tisierungskurse für den einfachen verfolgung gemäß den afghanischen Grundsätzlich ist die Situation in Dienst mit dem Ziel einfache Be- Gesetzen zu gewährleisten und da- den einzelnen Regionen Afghanis- richte verfassen zu können, Trai- mit das militärische Vorgehen von tans so unterschiedlich, dass man ning der “Wachhabenden” in den ISAF zu ergänzen und auf lange gar nicht von “einem” Afghanistan Lagezentren und Ausbildung des Sicht überflüssig zu machen. Die lan- sprechen kann. Während im Süden Kriminaldienstes mit dem Ziel der desweite Umsetzung ist jetzt als eine und Osten bestenfalls ein militä- Erfassung von Fahndungsdaten und Kooperation von EUPOL und dem risches Unentschieden herrscht, Lagebildern. amerikanischen Militär geplant. kann in vielen Teilen des Nordens Eine weitere Aufgabe war der Auf- Aber diese hier nur kurz umris- sehr wohl zivile Aufbauarbeit ge- bau einer “Organized Crime Task senen Beispiele Erfolg versprechen- leistet werden. Es steht aber zu be- Force – OCTF”. Die OCTF besteht der Projekte dürfen nicht darüber fürchten, dass viele auch für die aus afghanischen Staatsanwälten hinwegtäuschen, dass die Lage für Polizei bedeutsame Entwicklungen und Polizisten. Ein Gremium aller den Polizeiaufbau in Afghanistan aus Kabul heraus von der Kriegssi- für die Sicherheit in einer bestimm- insgesamt schwierig ist. Während tuation geprägt sind. Schon jetzt ist ten Provinz zuständigen Organisati- die afghanische Armee mit giganti- eine immer weitere Dominanz des onsleiter der Staatsanwaltschaften, schen Ressourcen recht erfolgreich Militärs im Bereich der inneren Si- von Polizei und Militär wählt als aufgebaut wird, reicht für die Polizei cherheit auch im Norden zu beob- Ziel eine bestimmte kriminelle Or- das Ausbildungspersonal bei weitem achten. Es bleibt abzuwarten, in wie weit sich neue Ansätze gerade in der amerikanischen Afghanistanpolitik Eine freundliche Geste beim zufälligen Zusammentreffen in der Steppe; über sauberes Wasser freuen sich alle Kinder in Afghanistan auf den Polizeiaufbau auswirken werden. So fuhr ich am Ende meiner Mission nach vierzehn Monaten mit dem Gefühl nach Hause, dass Vieles erreicht werden konnte, aber die Zukunft von Afghanistan und damit auch das Erreichen der Ziele der internationalen Staatengemein- schaft immer noch ungewiss ist. Sicher ist nur, dass es noch eine lan- ge Zeit dauern wird, bis Afghanis- tan seine Probleme alleine lösen kann. Das wichtigste Ziel für mich per- sönlich habe ich allerdings erreicht: Dass mein Team und ich gesund wieder nach Hause gekommen sind. Nach zwei Anschlägen ist das nicht selbstverständlich gewesen.❚ POLIZEIBERICHT 2008 56 Hamburger Polizeibeamte in Afghanistan Erfahrungen eines Personenschützers

Thomas Ohlmeyer, PK 11, Polizeikommissariat St. Georg

er 15. August 2007 wird Rolf Gumpert und allen DKollegen, die ihn kennen und mit ihm arbeiten in besonderer Erinnerung bleiben: Auf dem Weg zum Schießstand im Osten Kabuls zerriss eine ferngezündete Panzer- mine eines der Fahrzeuge in einem Personenschutzkonvoi – drei Po- lizeibeamte starben und alles sah nach einem gezielten Anschlag auf die Deutschen aus. Schnell zeichne- te sich durch die Berichterstattung in den Medien und interne Infor- mationen ab, dass ein Hamburger Polizeibeamter, Rolf Gumpert, ei- ner der beteiligten Personenschüt- zer war. Eine Zeit der Ungewissheit begann. War er einer der getöteten Kollegen? Nach einigen Stunden zwischen Hoffen und Bangen gab es zum Glück Entwarnung: Rolf Gum- pert hatte den Anschlag unverletzt überlebt. Doch was treibt einen Hamburger Polizeibeamten dazu, sich derarti- persönlichen Gespräche und der Rolf hatte im Hamburger Landes- gen Gefahren auszusetzen? Welche E-Mails, die ich von Rolf aus Afgha- kriminalamt bereits als Personen- Erfahrungen macht man in diesem, nistan in regelmäßigen Abständen schützer gearbeitet. Er wurde zum uns sehr fremden Land? bekommen habe, versuchen, hierzu Schutz unseres Ersten Bürgermeis- Ich möchte aufgrund unserer ein paar Antworten zu geben. ters eingesetzt. Er konnte also auf POLIZEIBERICHT 2008 57 reichlich Erfahrung zurückgreifen. Ein paar Jahre arbeitete er an unse- rem Polizeikommissariat (PK 11) als engagierter Fahnder zur Bekämp- fung der öffentlich wahrnehmbaren Drogenkriminalität auf den Stra- ßen St. Georgs. Dennoch verspürte er den Drang, sich im Jahr 2006 auf eine Ausschreibung des Bundeskri- minalamtes (BKA) für einen befris- teten Einsatz als Personenschützer des deutschen Botschafters in Af- ghanistan zu bewerben. Das hierfür zu absolvierende Auswahlverfahren Empfang zum Tag der Deutschen Einheit in der Deutschen Botschaft bestand Rolf ohne Probleme, klar! Fragt man Rolf, was ihn motivier- te, so wird sehr schnell deutlich: Er ist kein risikobereiter Rambo-Typ, denn solche Charaktere kann man bei diesem Auftrag nicht gebrauchen. Mit Sicherheit ist es eine nicht zu be- streitende Abenteuerlust. In erster Linie ist es aber die Bereitschaft, sich besonderen Herausforderungen stel- len zu wollen und hierbei sein eige- nes, persönliches Wohlergehen dem Gesamtziel unterzuordnen. Darüber hinaus verfügt Rolf über ein sehr hohes Verantwortungsbewusstsein

Mit dem deutschen Botschafter in der Stadt Faysabad und ein großes Interesse an fremden Kulturen. Diese persönlichen Eigen- schaften und die Tatsache, dass er in seinem Privatleben relativ unge- bunden ist, führten ab April 2007 zu seinem ersten einjährigen Einsatz im Personenschutz für den deutschen Botschafter in Kabul. Dieses Kom- mando setzt sich aus BKA-Beamten sowie an das BKA abgeordnete Lan- desbeamte zusammen. Es ist deutlich zu unterscheiden von den internati- onalen Polizeimissionen der Verein- ten Nationen und der Europäischen Union, an denen sich die deutsche Polizei in Afghanistan und anderen Winter in Kabul: Ausblick aus der Unterkunft Regionen dieser Erde beteiligt. POLIZEIBERICHT 2008 58 Bereits die erste 24-stündige An- satz naturgemäß auch zu einer sehr ses ist für europäische Ohren zum reise via Berlin-München-Dubai hohen physischen Belastung. Teil mit erheblichen Lärm verbun- nach Kabul gestaltete sich für Rolf Die besondere Gefährdungslage den und indirekt ist die Botschaft sehr abenteuerlich: für Vertreter ausländischer Regie- klar: Die Nacht ist vorbei – und das Schon als er in Dubai das Ter- rungen macht im Vergleich zur Ar- gegen fünf Uhr morgens! minal zum Weiterflug nach Kabul beit in Deutschland einen besonders Faktisch gibt es keine Freizeit- wechseln musste, tat sich für ihn hohen Aufwand im Personenschutz möglichkeiten und keinen rich- eine ganz andere Welt auf. Auf den erforderlich. Dienstreisen außerhalb tigen Feierabend. Besuche von Anzeigetafeln (Abflug) erschienen Kabuls finden ausschließlich mit Restaurants oder Lokalitäten – in nur Reiseziele wie Bagdad, Basar, militärischen Lufttransportmitteln Hamburg völlig selbstverständlich Kabul, Peschawar usw. Unter den statt, da die Gefahr von Anschlä- – sind aufgrund der Sicherheitslage Fluggästen waren bereits keine Tou- gen und Überfällen zu groß ist. unmöglich. Außerhalb des Perso- risten und Geschäftsleute mehr. Die Die Zusammenarbeit mit afghani- nenschutzauftrages beschränkt sich meisten der Mitreisenden gehörten schen Dienststellen bzw. Behörden deshalb der Aufenthalt von Rolf internationalen Hilfsorganisationen ist aufgrund von Sprach- und Ver- Gumpert auf das Botschaftsgelände. oder auch privaten Sicherheitsun- ständnisschwierigkeiten häufig sehr Somit reduziert sich auch der Kon- ternehmen an. Auch die Flugzeuge schwierig, sodass man im Regelfall takt zur afghanischen Bevölkerung schienen sich, was ihren äußerlichen auf sich allein gestellt ist. grundsätzlich auf den Dienst. Zustand betraf, den Reisezielen an- Besonders „interessant“ stellt sich Nach einjährigem Aufenthalt in gepasst zu haben. Da Kabul von sehr nach Angaben von Rolf auch der Afghanistan kehrte Rolf im April hohen Bergen (Ausläufer des Hin- Straßenverkehr in Kabul dar. Hier 2008 wohlbehalten nach Deutsch- dukusch) umgeben ist und der An- ist offensichtlich ein Höchstmaß an land zurück. Er hat den Einsatz er- flug als schwierig gilt, ähnelten die „Eigeninitiative“ gefragt, um das folgreich beendet und für die Polizei Flugmanöver während der Landung Ziel mit dem Auto sicher und zeitge- Hamburg seinen Beitrag in diesem schon eher einem Notfall. Offen- recht zu erreichen. Die Verkehrspo- soweit entfernten Land geleistet. sichtlich war dieses aber für die dor- lizei, welche zwar überall präsent ist, tigen Verhältnisse völlig normal. scheint dabei nicht immer Herr der Damit könnte diese Geschichte zu Die weiteren Eindrücke ließen Lage zu sein. Der Straßenverkehr Ende sein. vieles, was man als Hamburger Po- hat für europäische Verhältnisse Inzwischen ist Rolf jedoch, nach- lizeibeamter gesehen und erlebt ohnehin eine teilweise gefährliche dem er von Mai bis September hatte, als relativ erscheinen. Der Eigendynamik, die das Fahren, be- 2008 wieder in St. Georg gearbeitet europäische (Sicherheits-) Standard sonders im Personenschutzkonvoi, hatte, erneut in Kabul tätig. Auf ist mit den dortigen Gegebenhei- zu einer echten Herausforderung besondere Anforderung des BKA ten nicht zu vergleichen. Besonders macht. Im Gegensatz zum Hambur- kam es zu einer weiteren Verwen- auffallend ist die hohe Präsenz von ger Straßenverkehr spielen „Zeichen dung im Personenschutz. Aufgrund schwer bewaffneten afghanischen und Weisungen“ eines Polizeibeam- der angespannten Sicherheitslage Polizisten und Militär in der ganzen ten nur eine eher untergeordnete greift das BKA auf auslandserfahre- Stadt. Und auch die eigene Ausrüs- Rolle. ne Personenschützer zurück. tung und Bewaffnung (Gewicht bis Da Afghanistan ein sehr religiös Vorerst rechne ich mit einem zu 35 kg) entspricht natürlich nicht geprägtes Land ist, ergeben sich auch Ende seiner Mission im Januar der, die dem normalen Hamburger im normalen Tagesablauf „besonde- 2009. Und so werde ich mich auch „Schutzmann“ zur Verfügung ge- re Anforderungen“ an einen Ham- noch weiterhin darauf freuen kön- stellt wird. Dieses Gewicht bei Tem- burger Polizeibeamten. Das Wecken nen, am Morgen zu Dienstbeginn peraturen von bis zu 45 Grad Celsius übernimmt hier der Muezzin einer E-Mails von Rolf aus Afghanistan zu transportieren, führt neben der benachbarten Moschee, welcher die in meinem Postfach vorfinden zu psychischen Anstrengung im Ein- Menschen zum Gebebt aufruft. Die- können.❚ POLIZEIBERICHT 2008 59 Falsche Liebe Der Weg junger Frauen in ausländische Haftanstalten

Der Anfang Zum Glück kam am 22. Mai So kam es, dass sich am 22. Mai 2007 die Freundin ins Polizeiprä- 2007 in der Empfangshalle des Po- sidium und gab mir bereitwillig Ralf Dornekott, LKA 622, Spe- lizeipräsidiums Hamburg eine junge zu Protokoll, dass sie mit ihrer zielle Rauschgiftkriminalität Frau meldete, die Angaben über die Freundin nach dem Abitur im Jahr Hintergründe der Verhaftung ihrer 2007 eine Modefachschule besuch- besten Freundin im Ausland machen te und Lara sich dieses auf Dauer wollte. In einem ersten Gespräch war finanziell nicht leisten konnte. ich erstaunt, da in Hamburg zu dem Lara verschuldete sich im Freun- „NOS FUGIT NEMO“ Zeitpunkt nichts über die Verhaf- deskreis und aß in ihrer kleinen (Uns entkommt keiner) lautet der tung einer Hamburgerin im Ausland Wohnung zuletzt nur noch Obst Leitspruch des Landeskriminal- bekannt war. und Jogurt. Das bemerkte natür- amtes 62, des Fachkommissariats Recherchen über das Bundeskri- lich auch ihre Studienkollegin für speziellen Rauschgifthandel minalamt führten zur Deutschen Mandy und kam eines Tages mit und synthetische Drogen. Botschaft in Madrid, von wo aus die der Frage, ob Lara „für Geld wirk- Verhaftung einer jungen Deutschen, lich alles machen würde.“ Nach- Kriminalbeamtinnen von einer Fähre auf Teneriffa kom- dem sie das bejahte, zog diese und -beamte ermit- mend, bestätigt werden konnte. Studienkollegin sie zur Seite und 26 teln am LKA 62 gegen Ich bekam schnell Kontakt zu besprach alles Weitere nur noch Rauschgifthändler oberhalb des dem dortigen Verbindungsbeamten unter vier Augen. Das war für Straßenhandels. Über eine Rufbe- des Bundeskriminalamtes, welcher Laras Freundin neu, waren sie reitschaft sind sie rund um die Uhr selbst jahrelang Rauschgiftermittler doch seit Jahren fest befreundet und erreichbar, denn in einer Metropole war. Die Wellenlänge untereinander teilten alle Sorgen und Nöte. Ge- wie Hamburg besteht immer wieder stimmte und sollte sich in der fol- heimnisse gab es unter den beiden der Bedarf, sich auch außerhalb der genden Arbeit noch als erfolgreich Freundinnen nicht. Das sollte sich allgemeinen Dienstzeit sofort um erweisen. ändern. Erst von Spanien aus mel- Hinweise, Festnahmen oder Sicher- Ich erhielt die Bestätigung, dass dete sich Lara telefonisch bei ihrer stellungen zu kümmern. Die ersten, die 20-jährige Lara1 auf einer Fähre überraschten Freundin und ver- oftmals als „Sofortsache“ übernom- von Gran Canaria kommend am An- sprach, kurzfristig nach Hamburg menen Ermittlungen sind häufig ent- leger auf Teneriffa mit einer Menge zurück zu kommen. scheidend dafür, ob es in der Folge von 5,5 Kilogramm Kokain in einer Diese Zusage konnte Lara nicht auch gelingt, die Hintermänner oder Reisetasche festgenommen wur- mehr einhalten. Der nächste Anruf Organisatoren eines Rauschgifthan- de. Weitere Angaben wurden nicht erreichte nach der Verhaftung die dels beweissicher zu überführen. Da- übermittelt. Mutter, die nicht an den tatsäch- bei war der folgende Fall auch für das lichen Aufenthaltsort ihrer Tochter LKA 62 nicht alltäglich. 1 Alle nachfolgenden Namen glauben wollte. sind frei erfunden. POLIZEIBERICHT 2008 60 Laras Freundin hatte mich auf die Verfahrensübersicht: Darstellung der europa- nung der Mandy wurden viele Hin- weiten Festnahmen inklusive der Zusammen- Spur eines international tätigen Dro- hänge weise auf den regen Reiseverkehr genringes gebracht und wie in vielen gefunden und eine Visitenkarte mit derartigen Fällen vermehrten sich der Telefonnummer einer Michelle. die Spuren im Schneeballsystem. Sollte diese Visitenkarte die Verbin- dung zu den anderen Fällen sein? Der nächste Fall Bereits am 24. Mai 2007 wurde Nur Einzelfälle? Mandy selbst bei der Einreise aus Bei einer Koordinierungsstelle des Dakar/Senegal kommend am Pa- Bundeskriminalamtes fragte ich riser Flughafen Roissy Charles de nach in den letzten Monaten im Gaulle mit einer Menge von 2,140 Ausland verhaft eten Personen, die Kilogramm Kokain im Reisegepäck mit Kokain im Gepäck angetrof- verhaft et. Sie, die wenige Tage zu- fen wurden. Die Kollegen meiner vor Lara zu einem Kuriertransport Dienststelle suchten in den ihnen überredete, machte gleich nach der vorliegenden Hinweisen nach In- Festnahme Angaben zu den Hinter- formationen auf mögliche Fälle von gründen, welche allerdings aus dem Auslandsstraft aten von in Hamburg Ausland stark gefi ltert übermittelt gemeldeten oder tatsächlich aufh ält- wurden. So entstanden neue Spuren, lichen Personen. die von der tatsächlichen Spur ab- So bekam ich den Fall der 21-jäh- lenkten. rigen Levke vorgelegt, welche bereits Bei der Durchsuchung der in am 27. März 2007 aus Cayenne/

Hamburg-Barmbek liegenden Woh- Internationale Zusammenarbeit Französisch-Guayana kommend POLIZEIBERICHT 2008 61 Menge von 8,155 Kilogramm Kokain ten aus dem Milieu des Hamburger in zwei Koffern angehalten. In ihrer Hauptbahnhofs und gaben sich in ersten Vernehmung machte sie An- der Vergangenheit zuvor gegenseitig gaben zu einer Auftraggeberin na- Wohnraum oder hielten sich zeit- mens Jessika U., die aufgrund eines gleich in der gleichen sozialen Ein- Schreibfehlers in der Übertragung richtung auf. nicht sofort identifiziert werden Beliebte Treffpunkte waren neben konnte. einem Internet-Cafe ein Imbiss am Mittlerweile rief die Sachbearbei- Hansaplatz und eine Disco in Ham- Kokain mit einem „Hauch“ von Schokolade terin des Bundeskriminalamtes di- burg-Barmbek. Dort trafen die vom auf dem Pariser Flughafen Orly mit rekt bei mir an und fragte nach, ob Leben bis dahin enttäuschten jun- einer Menge von 2,280 Kilogramm die eine oder andere festgenommene gen Frauen ihre neuen Freunde und Kokain im Gepäck verhaftet wurde. Person ins Bild passe. knüpften weitere Kontakte. Nach erfolgter Mitteilung der Pari- So kam auch der Hinweis, dass die ser Behörden über das Bundeskrimi- 22-jährige Vera von den spanischen Die Verbindung nalamt wurde die Hamburger Woh- Behörden am 20. Mai 2007 auf dem Jessika U. konnte durch die Anein- nung aufgesucht, welche am Tag der Flughafen Santa Cruz de Tenerife/ anderreihung von Details aus den bevorstehenden Durchsuchung al- Spanien mit einer Menge von 6,2 Angaben der im Ausland verhafteten lerdings bereits neu vermietet war. Kilogramm Kokain im doppelten Kurierinnen identifiziert werden. Boden eines Koffers verhaftet wor- Jessika U. lebte zeitweilig in Ham- Eine Serie zeichnet sich ab den war. burg und war bei einer Freundin Die weitere Festnahme der 32-jähri- Die von der in Lissabon einsitzen- angemeldet, die zufällig auch Jessika gen Anke wurde an unsere Dienst- den Anke benannte Jessika U. sollte hieß. stelle zur Information weitergeleitet, der Dreh- und Angelpunkt der Er- Die Ermittlungen konzentrierten da sie eigentlich ihren Wohnsitz in mittlungen werden. Bei Recherchen sich auf diese Jessika U., welche re- Wedel/Schleswig-Holstein hatte und kristallisierte sich deutlich heraus, gelmäßig mit Reisebus und Flugzeug einmal in Hamburg gewohnt hatte. das bis auf die Lara und Mandy die zwischen Hamburg und Spanien hin Anke wurde in Lissabon/ im Ausland einsitzenden Mädchen und her pendelte. aus Brasilien kommend mit einer eines gemeinsam hatten: Sie stamm- Die in Hamburg bis dahin be- POLIZEIBERICHT 2008 62 kannten Informationen wurden erfuhren wir von dem Umfeld der ela über Lissabon nach Madrid ein- zusammen geschrieben und den in Jessika U., welche im großen Stil mit schmuggeln wollen. den jeweiligen Botschaften der Deut- Bargeld unter den Frauen rund um In Spanien konnten durch die schen Auslandsvertretungen sitzen- den Hauptbahnhof prahlte und Aus- Unterstützung der ertappten und den Verbindungsbeamten des BKA schau nach neuen Freundinnen für reuigen Kurierinnen inzwischen zur Verfügung gestellt. den Freundeskreis ihres in Spanien die Aufenthaltsorte der schwarz- Durch diese Ermittlungsbeamten weilenden Lebengefährten Prince afrikanischen Hintermänner be- des Bundes- sowie des Zollkriminal- suchte. kannt gemacht und den dortigen Po- amtes vor Ort fanden Anhörungen Die mittlerweile laufenden und lizeibehörden mitgeteilt werden. der inhaftierten jungen Frauen auf vielfältigen kriminalpolizeilichen Teneriffa, in Lissabon und in Paris Maßnahmen führten zur Verhaf- Die Urteile statt. Jetzt musste der aufwendige tung der Jessika U., welche aufgrund Jessika U. wurde nach dem Ab- und mühevolle Weg der internatio- des belastenden Materials sich im schluss der gegen sie gerichteten nalen Rechtshilfe beschritten wer- Frühjahr 2008 entschloss, umfang- Ermittlungen im April 2008 vom den. reich auszusagen und die bis dahin Amtsgericht Hamburg zu einer Frei- Als Ergebnis durfte ich zusammen getätigten Ermittlungsergebnisse heitsstrafe von sechs Jahren verur- mit einem Kollegen auf Teneriffa die bestätigte. teilt. Ihre Freundinnen sind zumin- richterlichen und in Frankreich die Nachdem in diesem Ermittlungs- dest in Spanien mit ihren bezahlten polizeilichen Vernehmungen beglei- komplex deutschland- und europa- Freundschaftsdiensten schlechter ten. Die gewonnenen Erkenntnisse weit Vernehmungen durchgeführt weggekommen. Sie sitzen nach dem rundeten unser Bild ab. wurden, konnten weitere Ermitt- Abschluss der Beweisaufnahmen Offensichtlich saßen in Spani- lungsverfahren eingeleitet werden, und Verurteilung im Jahr 2008 jede en schwarzafrikanische Täter, die die letztendlich zur Bekanntma- für sich eine Freiheitsstrafe von neun sich mit guten Worten und netten chung von weiteren Kurierinnen Jahren und einem Tag ab, die Min- Kleinigkeiten das Vertrauen junger führten, die nach erfolgten Rausch- deststrafe für derart große Mengen Frauen erschlichen und diese zuerst gifttransporten von den Hinterleuten Betäubungsmittel. über das Internet ansprachen und ihren Lohn erhielten und sich wieder später zu einem gut bezahlten und unbehelligt in Hamburg aufhielten. Deutsche in vermeintlichen Liebesdienst auf die ausländischen Gefängnissen Reise schickten. Das Ermittlungsergebnis Nach den vorläufigen Zahlen des Im Herbst 2007 waren wir mit den Auswärtigen Amtes in Berlin be- Weitere Hinweise Ermittlungen so weit voran ge- fanden sich zum Stichtag 1. Novem- Wertvolle Tipps auf weitere junge schritten, dass wir die Einreise der ber 2008 insgesamt 1 160 deutsche Frauen erhielt ich von dem Verbin- bereits bekannten Michelle von Staatsbürger im Ausland in Haft. dungsbeamten des Bundeskrimi- Lima/Peru nach Madrid voraus- Die Länder mit der höchsten An- nalamtes, der sich auf einer Veran- sagen konnten. Die spanischen Er- zahl deutscher Häftlinge sind Spani- staltung der Deutschen Botschaft in mittlungsbehörden konnten diese en (146) und die Vereinigten Staaten Madrid mit einer Mitarbeiterin der Kurierin am 16. November 2007 am von Amerika (114), dicht gefolgt von dortigen Visa-Stelle über diesen Er- Madrider Flughafen mit einer Menge Großbritannien (91) sowie Italien mittlungsfall unterhielt. Sie konnte von 4 Kilogramm Kokain verhaften. (89). An der Spitze der vorgeworfenen sich noch deutlich an junge Frauen Am 24. Dezember 2007 wurde Straftaten stehen Betäubungsmittel- aus Hamburg und deren Namen er- die Freundin und Begleiterin der delikte oder Vermögensdelikte. Wie innern, die wegen einer bevorste- Jessika U., die 22-jährige Neele, am in dem hier vorgestellten Ermitt- henden Brasilienreise einen neuen Madrider Flughafen verhaftet. Auch lungsfall ist davon auszugehen, dass Reisepass beantragten. sie hatte 5,4 Kilogramm Kokain in kein Häftling die Liebe oder den Durch eine Telefonüberwachung einem Koffer aus Caracas/Venezu- Reichtum gefunden hat.❚ POLIZEIBERICHT 2008 63 Jahresbilanz der Wasserschutzpolizei 2008 Mehr Kontrollen – weniger Beanstandungen

Mario Strunk, WSP 021.4, Wasserschutzpolizeikommissariat

m vergangenen Jahr sorgten die etwa 22 300 im Hamburger Hafen ankommenden See- und I 1 Binnenschiffe für eine unvermin- dert hohe Verkehrsdichte und sta- bile Umschlagszahlen. Schwerpunkt der hafenwirtschaftlichen Aktivität bildete weiterhin der Container- umschlag. Die Wasserschutzpolizei Schiffsverkehr Kontrolle der Schiffspapiere führte etwa 1 400 Schiffskontrollen und Schiffssicherheit mehr durch als 2007 und verstärkte Zunächst sah alles nach Routine aus. die Verkehrsüberwachung auf dem Zwei Funkstreifenboote der WSP Wasser. Nahezu 545 000 Personen Hamburg sicherten am Nachmittag PERE“, Schiff befindet sich auf der wurden grenzpolizeilich bei Ein- des 7. März 2008 das Ausdocken Elbe in Höhe Pagensand, eine Per- und Ausreise überprüft. Vor diesem des unter der Flagge Singapurs fah- son verletzt“. Sofort eilte das Funk- Hintergrund kann festgestellt wer- renden MS “TAMPERE“ aus dem streifenboot “Bürgermeister Weich- den: Langfristig sinkende Beanstan- Dock “Elbe 17“ ab. Umfangreiche mann“ mit vier Mann Besatzung dungsquoten bei Kontrollen in der Reparaturen an der Hauptmaschine zum Einsatzort. MS “TAMPERE“ Schifffahrt sowie die reibungslose machten einen Werftaufenthalt in hatte inzwischen eine Notankerung grenzpolizeiliche Abfertigung der Hamburg erforderlich. Nachdem die durchgeführt und war wenig später Passagiere und Schiffsbesatzungen Beamten das Fahrwasser gesperrt mit dem Vorschiff am Grund festge- im Hamburger Hafen belegen die hatten, lief das 228 Meter lange Schiff kommen. Eine schwierige Situation erfolgreiche Arbeit der Wasser- aus dem Dock auf die Norderelbe. für die Besatzung und die herbeige- schutzpolizei. Ein hohes Sicherheits- Alle Manöver gelangen reibungslos, eilten Hilfskräfte. Dennoch gelang es niveau im Hafen und auf der Elbe ist sodass die “TAMPERE“ den Ham- der Besatzung ein Feuer im Maschi- gewährleistet. burger Hafen am frühen Abend nenraum zu löschen. Ein alarmier- Richtung See verlassen konnte. Ge- ter Rettungshubschrauber nahm 1 Quelle: Statistisches Amt für HH und gen 19:00 Uhr erhielten die Beam- den schwer verletzten Seemann von SH, Statistische Berichte, Seeverkehr und Binnenschifffahrt des Ham- ten des WSPK 1 in Waltershof den Bord und brachte ihn mit Verdacht burger Hafens Januar bis Dezember Einsatz: „Feuer an Bord MS “TAM- auf eine Lendenwirbelfraktur in das 2008. POLIZEIBERICHT 2008 64 AK Barmbek. Später ermittelten die chen ermittelte die Wasserschutzpo- im Schiffsverkehr fest. Das sind rund Beamten, dass der Brand durch eine lizei menschliches Versagen in Form 100 Verstöße mehr als 2007. Schwer- Explosion im Maschinenraum aus- von Leichtsinn, Unkenntnis und punkte waren die Nichteinhaltung gelöst wurde. Erfahrungsmangel, Nichtbeachtung der Ausweich- und Fahrregeln, die Auch am frühen Morgen des 16. von Verkehrsvorschriften sowie der nicht vorschriftsmäßige Führung Juli 2008 schien es, als hätten die Fehleinschätzung meteorologischer von Lichtern und Signalkörpern acht Kollegen der Nachtschicht des bzw. hydrometeorologischer Ein- sowie die Missachtung von Gebots- WSPK 3 am Harburger Hauptdeich flüsse. Technische Mängel spielten und Verbotszeichen. einen eher unspektakulären Dienst. bei Schiffsunfällen eine untergeord- Die Kontrolle der Einhaltung Gegen 03:40 Uhr hieß es jedoch nete Rolle. Bei einem Arbeitsunfall der internationalen und nationalen „Leinen los!“ und voll voraus. Auf kamen zwei Werftarbeiter im Dock schifffahrtsrechtlichen Bestimmun- der Elbe bei Altengamme sollten “ELBE 17“ auf dem Gelände der gen war auch 2008 ein Schwerpunkt kurz zuvor zwei Binnenmotorschif- Werft Blohm & Voss ums Leben. Ein wasserschutzpolizeilicher Tätig- fe zusammengestoßen sein. Eines Dritter wurde dabei schwer verletzt. keit. Die Beamten überprüften auf der Schiffe sei schwer beschädigt, Weitere 27 Personen erlitten nach Wasserfahrzeugen bei insgesamt Dieselkraftstoff würde auslaufen. Schiffsunfällen ebenfalls schwere 9 980 Kontrollen die erforderlichen Zeitgleich eilten mehrere Hambur- Verletzungen. Sicherheitszeugnisse, Tagebücher, ger Streifenwagen zum Einsatzort, Im Rahmen der verstärkten Ver- Ladungspapiere und Befähigungs- um erste Sicherungsmaßnahmen an kehrsüberwachung auf dem Wasser, nachweise der Besatzungen. In 1 290 Land einzuleiten. In den darauf fol- stellten die Beamten der Wasser- Fällen stellten die Beamten Mängel genden Stunden war die Hamburger schutzpolizei in 712 Fällen fehler- fest. Damit ist die Beanstandungs- Wasserschutzpolizei Teil der Ein- haftes, glücklicherweise meist fol- quote weiterhin rückläufig (siehe satzorganisation zur Bekämpfung genloses Verhalten von Teilnehmern Grafiken). einer der größten Ölverschmutzun- gen der jüngeren Vergangenheit auf der Elbe. Zwei Schiffsunfälle, die neben den sofortigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr umfangreiche und langwierige Ermittlungen zur Un- fallursache erforderlich machten – aber auch zwei Schiffsunfälle, die im Hinblick auf ihre Auswirkungen Einzelfälle darstellten. Die meisten der 320 durch die Wasserschutzpo- lizei ermittelten Unfälle im Schiffs- verkehr auf der Elbe zwischen Cux- haven und Schnackenburg sowie im Hafen- und Schifffahrtsbetrieb blieben ohne ernsthafte Folgen. So wurden bei 33 überwiegend leichten Kollisionen im fließenden Schiffs- verkehr insgesamt sechs Personen verletzt. In 34 Fällen kamen Schiffe, Hafenfahrzeuge und Sportboote am Grund fest. Als Hauptunfallursa- POLIZEIBERICHT 2008 65 Verstärkte Anstrengungen bei rechtlichen Beanstandungen waren der häufig in den Geräten enthalte- Umwelt- und Klimaschutz in ihrer Gesamtheit so gravierend, nen schwach gebundenen Asbest- Mit 1 520 Kontrollen entfiel ein ho- dass die Seeberufsgenossenschaft fasern und damit einhergehend die her Anteil auf die Überprüfung der über das Schiff ein Auslaufverbot Gefährdung der eigenen Mitarbeiter Einhaltung umweltrechtlicher Be- verhängte. Die Wasserschutzpolizei und Unbeteiligter billigend in Kauf stimmungen in der Seeschifffahrt leitete gegen die verantwortlichen genommen. Ein Großteil der zur (MARPOL-Übereinkommen2). Die Besatzungsmitglieder ein Strafver- Entsorgung angenommenen Abfälle Wasserschutzpolizei führte etwa fahren wegen des unerlaubten Um- wurde regelmäßig in den jeweiligen ein Fünftel dieser Kontrollen mit gangs mit gefährlichen Abfällen ein. Mietobjekten zurückgelassen. dem Ziel durch, die Anwendung Erst nach Leistung einer Sicherheit Bei erneutem Rückgang auf 531 der Regeln zum Schutz der Umwelt in Höhe von rund 36 000 Euro, der Taten bildeten wie auch in den ver- vor Schiffsemissionen (Luftverun- ordnungsgemäßen Entsorgung der gangenen Jahren diese klassischen reinigung) in der internationalen ölhaltigen Rückstände und der Be- Umweltstraftaten den Schwerpunkt Seeschifffahrt sicherzustellen. Bei seitigung aller Mängel wurde das der wasserschutzpolizeilichen Er- gleichzeitiger Erhöhung der Kon- Auslaufverbot gegen das Schiff auf- mittlungstätigkeit auf dem Um- trollrate um etwa 75 Prozent verrin- gehoben. weltsektor. Neben den Ermittlun- gerte sich dabei die Beanstandungs- gen zum unerlaubten Umgang mit quote auf 14,9 Prozent. Somit trägt Aufklärungsquote bei Bekämp- gefährlichen Abfällen wurden bei die Wasserschutzpolizei im Zusam- fung der Umweltkriminalität 295 Gewässerverunreinigungen3 in menwirken mit den Schiffssicher- verbessert Hamburg und auf der Elbe von Cux- heitsbehörden dazu bei, dass lang- Von den insgesamt im Jahr 2008 in haven bis Schnackenburg Maßnah- fristig alle den Hamburger Hafen Hamburg registrierten 949 Umwelt- men zu deren Aufklärung getroffen. anlaufenden See- und Binnenschiffe straftaten wurden 211 Fälle von un- Leider registrierten die Beamten den nationalen bzw. internationa- erlaubtem Umgang mit gefährlichen auch 124 Straftaten gegen das Na- len Sicherheits- und Umweltstan- Abfällen ermittelt. Der überwie- tur-/Tier-/Pflanzen- und Bundes- dards entsprechen. Wie wichtig die gende Teil dieser Fälle wurde durch jagdschutzgesetz. Das sind 14 Fälle Wahrnehmung dieser Kontrolltä- die Mitarbeiter der Dienststelle mehr als 2007. Dabei ermittelten sie tigkeit ist, zeigt der Fall des Tankers Umweltdelikte WSP 21 im Umfeld 81 Tatverdächtige, gegen die über- “CHEM POLLUX“. von Gewerbebetrieben und Privat- wiegend wegen des Verdachtes der Am 19. November 2008 führten haushalten im gesamten Stadtgebiet Begehung von Tierschutzdelikten Beamte des WSPK 1 an Bord des im ermittelt. So konnten die Beamten Strafverfahren eingeleitet wurden. Petroleumhafen liegenden Tank- im Jahr 2008 u. a. ein Strafverfahren So berichtete im März 2009 eine schiffes eine MARPOL-Kontrolle wegen des unerlaubten Umgangs große Hamburger Boulevardzeitung durch. Dabei stellten sie fest, dass mit gefährlichen Abfällen in einem über die Verhandlung gegen einen Teile der gefährlichen Ladung in da- besonders schweren Fall gegen sie- 56-jährigen, der nach Ermittlungen für nicht zugelassenen Tanks trans- ben Verantwortliche eines Entsor- der Wasserschutzpolizei in einer portiert und gegen Anmeldepflichten gungsunternehmens abschließen Nacht im Februar 2008 drei Kanin- verstoßen wurde. Auch die Behand- und zur Vorbereitung der Anklage chen und ein Meerschweinchen aus lung und Entsorgung ölhaltiger an die Staatsanwaltschaft überge- dem Tierhaus eines Bildungszent- Rückstände aus dem Maschinenbe- ben. Das Geschäftsmodell der Firma rums in Steilshoop entwendet und trieb entsprach nicht den Vorschrif- bestand darin, in Hamburg und im anschließend erschlagen hatte. ten. Die gefahrgut- und umwelt- Umland ausgediente Elektronacht- Die Mitarbeiter der Wasserschutz- speichergeräte unter Umgehung al- polizei bearbeiteten 2008 rund 85 2 Internationales Übereinkommen ler einschlägigen Rechtsvorschriften Prozent aller in Hamburg regist- 1973 zur Verhütung der Meeres- verschmutzung durch Schiffe und illegal zu demontieren und zu ent- Protokoll von 1978 zu diesem Über- sorgen. Dabei wurde die Freisetzung 3 davon gemäß PKS 2008 für Hamburg einkommen. 263 Fälle registriert. POLIZEIBERICHT 2008 66 rierten Umweltstraft aten. Damit der Einhaltung der Stau- und Trenn- Mangelnde Sicherung der Ladung erbrachten sie einen wesentlichen vorschrift en für Gefahrgut an Bord, in den Containern und deren un- Anteil an der Verbesserung der Auf- der Anmeldung und Kennzeichnung zureichende Kennzeichnung, aber klärungsquote in diesem Deliktsbe- von Gefahrgut sowie dem Mitführen auch Beschädigungen an den Ver- reich um drei auf 52,8 Prozent (siehe der erforderlichen Beförderungs- sandstücken und fehlende Beschrif- Grafi k). papiere fest. Da Beförderung die tungen gaben regelmäßig Anlass zu Beanstandungen. Die Weiterbeför- derung dieser Container wurde bis zur vollständigen Beseitigung der Mängel untersagt. Im Rahmen von Verkehrskontrol- len hielten die Mitarbeiter der WSPK und der Dienststelle für Gefährliche Güter WSP 213 im vergangenen Jahr rund 2 800 Lkw auf Hamburgs Straßen an, um die Ausrüstung, La- dungssicherung, Kennzeichnung und das Mitführen der erforderli- chen Dokumente bei Gefahrgut- transporten zu überprüfen. Dabei stellten die Beamten im Verhältnis deutlich weniger Mängel fest, als in Weniger Beanstandungen bei Teilprozesse Umschlag und Bereit- den vergangenen Jahren. Gefahrguttransporten stellung einschließt, überprüft en die Das beste Gesetz ist ohne Kontrolle Beamten auch das auf den Terminals Mehr Besatzungsmitglieder grenz- wirkungslos. Daher unterliegt be- zur Verschiff ung bereit gestellte Ge- polizeilich überprüft sonders der Umgang mit Gefahrgü- fahrgut. Neben der Kontrolle des als Ein großer Anteil der durch die tern in Hamburg der Aufsicht der Massengut zu verschiff enden Ge- Wasserschutzpolizei wahrgenom- zuständigen Behörden. Für Kont- fahrgutes wurde dem als Stückgut in menen Einsätze entfi el wie auch rollen im Bereich der Beförderung Containern transportierten Gefahr- schon in den vergangenen Jahren von Gefahrgut auf dem Wasser, gut die besondere Aufmerksamkeit auf die grenzpolizeiliche Kontrolle der Straße und dem landeseigenen der Hafensicherheitsbeamten zuteil. des Personenverkehrs im Hambur- Schienennetz ist dies eine Aufgabe Auf der Basis der im Rahmen der ger Hafen. Auch wenn die Anzahl der Wasserschutzpolizei. Die Ha- Gefahrgutanmeldung übermittelten der ankommenden Seeschiff e mit fensicherheitsbeamten der WSPK Daten wie Herkunft , Absender und rund 12 0001 im Vergleich zum Vor- kontrollierten 2008 rund 3 800 See- Inhalt wählten sie überwiegend die jahr mit rund 12 3004 leicht rückläu- und Binnenschiff e sowie Hafen- Container für eine Kontrolle aus, fi g war, wurden insgesamt 432 530 fahrzeuge auf die Einhaltung der die erfahrungsgemäß mit Mängeln Überprüfungen durchgeführt, d. h. gefahrgutrechtlichen Beförderungs- behaft et sind. Im vergangenen Jahr 1,8 Prozent mehr Besatzungsmit- vorschrift en. Dabei sank die Bean- wurden 2 542 Container mit Gefahr- glieder grenzpolizeilich ein- und standungsquote mit 13,3 Prozent gut auf den Bereitstellungsfl ächen ausgehend kontrolliert als im Vor- auf den niedrigsten Wert der ver- der Terminalbetreiber in Augen- jahr. Auch 2008 bestätigte sich der gangenen 6 Jahre. Überprüft wur- schein genommen und überprüft . den überwiegend Container- und Die gezielte Auswahl begründet die 4 Quelle: Statistisches Amt für HH und Tankschiff e. Die Beamten stellten traditionell hohe Beanstandungs- SH, Statistische Berichte, Seeverkehr besonders Mängel und Verstöße bei quote zwischen 80 und 90 Prozent. des Hamburger Hafens Januar bis Dezember 2007. POLIZEIBERICHT 2008 67 Trend der Reedereien, Teile der Be- satzungen ihrer Schiffe bis hin zu kompletten Besatzungen in Ham- burg auszutauschen. In diesem Zu- sammenhang stellten die Beamten der Wasserschutzpolizei nach er- folgter Prüfung der Einreisevoraus- setzungen 5 527 Ausnahmevisa für abmusternde Besatzungsmitglieder aus. Trotz gestiegener Anzahl der Anläufe, wurden auf den in Ham- burg ankommenden 70 Kreuzfahrt- schiffen deutlich weniger Fahrgäste grenzpolizeilich überprüft. Der Rückgang der Personenkontrollen von 11 Prozent auf 112 167 ist darauf zurückzuführen, dass die Passagier- kapazitäten der Hamburg anlaufen- den Kreuzfahrtschiffe im vergange- nen Jahr deutlich geringer waren als 2007.

Veranstaltungen und Einsätze im und am Hafen Die Wasserschutzpolizei war 2008 bei 284 Veranstaltungen auf dem Wasser sowie am Hafenrand präsent Einlaufen in den Hamburger Hafen und traf Maßnahmen zu deren si- ihren Hamburger Nebenflüssen cherer Durchführung. wahr. Nur etwa 8 Prozent dieser Eine besondere Herausforderung Einsätze wurden über die Polizei- stellte im vergangenen Jahr die rausragenden Ereignissen im Hafen. einsatzzentrale, ausgelöst durch Planung und Einsatzbewältigung Diesen Einsatz bewältigte die Polizei den Notruf 110, an die Wasser- anlässlich des 819. Hafengeburts- Hamburg unter wechselseitiger Füh- schutzpolizei weitergeleitet. Da tages unter Führung der Wasser- rung der Wasserschutz- und Schutz- sich die im Hafen arbeitenden und schutzpolizei dar. Der Einsatz von polizei ebenfalls ohne nennenswerte lebenden Menschen mit ihren An- nahezu 1 000 Polizeibeamten wurde Vorkommnisse. liegen überwiegend direkt an das für einen Zeitraum von vier Tagen Aber auch ohne öffentlichkeits- örtlich zuständige WSPK wenden, vorbereitet und koordiniert, um die wirksame Ereignisse kann sich die waren neben den selbst veranlass- Sicherheit der insgesamt rund 1,6 von der leicht rückläufigen wirt- ten Einsätzen der Funkstreifen rund Millionen Besucher der Hafenmeile schaftlichen Entwicklung des Ha- 79 Prozent das Ergebnis eines un- zu gewährleisten. Ebenso zählten die fens wenig beeinflusste Einsatzbi- mittelbaren Bürgerkontaktes. Die “Hamburg Cruise Days“ im Sommer lanz der Wasserschutzpolizei sehen Mitarbeiter der WSP Hamburg des vergangenen Jahres, mit dem lassen. Die Beamten der WSPK nah- erwiesen sich dabei als jederzeit teilweise gleichzeitigen Aufenthalt men mit ihren Funkstreifenbooten erreichbare Ansprechpartner und von sechs Kreuzfahrtschiffen und und -wagen etwa 30 000 Einsätze Dienstleister in Sachen Sicherheit rund 500 000 Besuchern, zu den he- im Hafengebiet, auf der Elbe und im Hafen und auf der Elbe.❚ POLIZEIBERICHT 2008 68 Das Internet – auch ein Marktplatz für Kriminalität 99,90 Euro für die Vermittlung eines (fast kostenlosen) Neuwagens?

Detlev Rohwedder, PK 41, Polizeikommissariat

und um die Uhr verfügbar und relativ erschwinglich, R∙erobert das Internet unauf- fällig immer größere Teile unseres Lebens. Die bedeutendste techni- sche Umwälzung seit der Erfindung benachrichtigungen fügen dem Tatort Internet des Fernsehens. Information, Kom- leichtgläubigen Nutzer des Internets Ein spektakulärer Fall, der als an- munikation und Unterhaltung in finanziellen Schaden zu. schauliches Beispiel für eine Viel- bisher nicht da gewesener Vielfalt. Leichtsinn, Gier, Gutgläubig- zahl solcher Verfahren steht, wurde Aber das anfangs so friedliche und keit, aber auch Verzweiflung trei- im Frühjahr 2008 aufgeklärt. beschauliche Internet wandelt sich ben unbedarfte Internetnutzer und Die Firma CMD International zunehmend zu einem rechtlich nur Schnäppchenjäger immer wieder in Ltd. aus Hamburg-Hammerbrook schwer zu kontrollierenden Medi- die Fallen von angeblichen Gratis- bot interessierten Privatpersonen um. Die Internetkriminalität nimmt angeboten, Abonnements und kos- über zwei verschiedene Internetad- drastisch zu. tenpflichtigen Serviceangeboten. ressen die Möglichkeit, einen Neu- Kreditkarten- und Kontomiss- Oft sind es die Grenzbereiche und wagen nach Wunsch über einen brauch, Ausspähen von Benutzer- Grauzonen zwischen gesetzeswidri- Zeitraum von zwei Jahren für nur namen und Passwörtern (Phishing), gem Verhalten, verpflichtenden Ver- 199,90 Euro kostenfrei und ohne Datendiebstahl, eBay-Betrug, Wirt- trägen, unlauterem Wettbewerb und Kilometerbegrenzung zu nutzen. schaftsspionage und Attacken auf Abzocke, die Verbraucherzentralen, Demnach sollten Leasingraten, Computerprogramme oder Firmen- Rechtsanwälte, Polizei und Justiz Steuern, Versicherung und Inspek- netzwerke eines Konkurrenten sind beschäftigen. tion des Wunschfahrzeugs komplett längst auch in organisierter Form zu Dabei versuchen die anbieten- durch ein Unternehmen finanziert finden. Viele Internetnutzer kennen den Firmen ihren Internetauftritt werden, wenn das Fahrzeug als diese Gefahren. auf der Homepage so geschickt und Werbefläche diene. Aber nicht nur massive Straftaten, seriös zu gestalten, dass der interes- Erforderlich sei lediglich die An- sondern auch dubiose Lock- und sierte Kunde bindende Verträge und meldung in den Internetportalen Werbeangebote, versteckte Kosten Kosten nicht gleich erkennt und die und die Zahlung von 99,90 Euro und Mitgliedschaften, falsche Rech- Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Vermittlung des Interessen- nungen, Mahnungen und Gewinn- (AGB) leichtfertig akzeptiert. ten an einen Werbepartner. Weitere POLIZEIBERICHT 2008 69 100 Euro seien erst bei Lieferung des Wunschfahrzeuges zu zahlen. Für den Fall, dass kein Fahrzeug vermittelt werden könne, versprach CMD die komplette fi nanzielle Rückerstattung. Zur Unterstreichung der Glaub- würdigkeit des schier unglaublichen Angebots waren auf der Internet- seite unterschiedliche Fahrzeuge mit entsprechender Werbebeschrif- tung abgebildet. Die letzten Zweifel zerstreuten abgedruckte Kommen- tare begeisterter Vertragspartner, die sich bei CMD angeblich für die Vermittlung eines kostenlosen Neuwagens bedankten. Bei einem Blick in die AGB wurde deutlich, dass die Firma CMD sich nur die Dienstleistung bezahlen ließ, um den Interessen- ten in eine eigene Kundendatei aufzunehmen. Eine Gewähr für die Vermittlung eines kostenlosen Neu- wagens wurde natürlich nicht ge- geben. Allerdings wollte sich die Firma CMD bemühen, die Kunden- Internetauftritt der Firma CMD daten an interessierte Drittfi rmen auf. Auch in diesen Verfahren hatte weiterzuleiten. er Kunden über das Internet gewor- Leider sind die Praktiken solcher ben und ihnen mit falschen Verspre- Eintragsdienste rechtlich nur selten chen gegen Zahlung einer Gebühr zu beanstanden. Es wird an kei- die kostenfreie Nutzung eines Fahr- ner Stelle ein Gratis-Fahrzeug ver- zeugs zugesagt. Im Hinblick auf eine sprochen, sondern es wird immer Verurteilung wegen einer anderen nur die Weitergabe der Kunden- schweren Straft at wurden dieses daten an mögliche Sponsoren versi- Verfahren jedoch eingestellt. chert. Durch die kriminalpolizeilichen Wie war Thomas K. diesmal vorge- Ermittlungen konnte jedoch be- gangen? züglich der Geschäft spraktiken der Zunächst meldete er im Dezember Firma CMD der Tatverdacht des 2007 den Betrieb einer Werbeagen- gewerbsmäßigen Betruges beweis- tur mit allen damit zusammenhän- erheblich konkretisiert werden. genden Tätigkeiten im Gewerbe- Der Beschuldigte Th omas K. fi el register an. Anschließend mietete er bereits seit 2004 immer wieder mit zwei kleine komplett ausgestattete Betrugshandlungen ähnlicher Art Büroräume und gestaltete im Inter- POLIZEIBERICHT 2008 70 Frei erfundene Kundenmeinungen net das beschriebene Fahrzeugange- Außendienstmitarbeiter gerade un- bot. Als Geschäft sführer der Firma terwegs zu entsprechenden Vertrags- lieh er sich bei einer Autovermie- abschlüssen mit Werbepartnern sei. tung einen Mercedes. Im Kundenkontakt verschwieg er Für die büromäßige Abwicklung, seine Identität und nannte einen fal- Rechnungslegung und telefonische schen Namen. Rückfragen interessierter Kunden Unterstützt wurde Th omas K. stellte er gegen eine geringe Auf- von seinem Bruder Marcus gegen wandsentschädigung drei Prak- den wegen nahezu identischer Ta- tikantinnen ein. Diese wies er an, ten beim Amtsgericht Eckernförde was sie bei kritischen Rückfragen ein Verfahren zum Nachteil von der Kunden zu sagen hätten und rund 8 000 Geschädigten mit einem mit welchen Ausreden sie warten- Schadensvolumen von rund 400 000 de Kunden, denen wahrheitswidrig Euro anhängig ist. ein Fahrzeug zusagt worden war, Während der Geschäft stätigkeit vertrösten sollten. Bei hartnäckigen von Anfang Januar bis Mitte Febru- Nachfragen verwies Th omas K. auf ar 2008 meldeten sich mehrere tau- eine mehrmonatige Lieferfrist oder send Kunden über das Internetpor- behauptete, dass einer seiner vielen tal an. Alle Interessenten erhielten POLIZEIBERICHT 2008 71 anschließend eine Rechnung über wie von insgesamt rund 7 500 Euro weckten den Eindruck einer erfolg- 99,90 Euro. Diese war mit dem Hin- Bargeld. reichen Vermittlung. Es stellte sich weis versehen, dass für die Region Bei ihrer Festnahme trugen die allerdings heraus, dass keines der des Interessenten ein Werbepart- Brüder unter ihrer Oberbekleidung Unternehmen mit der Firma CMD ner gefunden worden sei und die jeweils eine kugelsichere Schutzwes- zusammenarbeitete oder diese für Kundendaten zur Vermittlung frei te, die sie eine Woche zuvor für rund die Veröffentlichung der eigenen geschaltet werden, wenn der Rech- 2 000 Euro gekauft hatten. Thomas Firmenfahrzeuge autorisiert hatte. nungsbetrag beglichen ist. Der In- K. führte im Hosenbund eine gela- Die angeblich vermittelten und zu- halt dieser Mitteilung spiegelte den dene und entsicherte halbautomati- friedenen Kunden waren frei erfun- Interessenten fälschlicherweise vor, sche Pistole der Marke Beretta mit den. dass für sie tatsächlich ein kosten- sich. Die Gründe, warum die Brüder Eine seriöse gewerbliche Fahr- loses Werbefahrzeug zur Verfügung Schutzkleidung trugen und bewaff- zeugaußenwerbung erlöst eine stehen würde. net waren, blieben auch bis zum Ab- marktübliche Erstattung von etwa Mehr als tausend Kunden über- schluss der Ermittlungen unklar. hundert Euro monatlich. Die Finan- wiesen den Rechnungsbetrag sofort Die umfangreichen kriminal- zierung eines Neuwagens inklusive oder nach nochmaliger telefonischer polizeilichen Ermittlungen gestal- aller Nebenkosten für die Dauer Rückfrage und Bestätigung durch teten sich auch als eine Fleißarbeit. von zwei Jahren ist für diesen Betrag die Firma CMD. Da sich zwar viele Interessenten nicht zu realisieren. Auf dem Privat- und Geschäfts- über das Internetportal anmel- Beide Beschuldigten ließen sich konto gingen in sechs Wochen rund deten, jedoch nach Erhalt der Rech- anwaltlich vertreten und verweiger- 100 000 Euro an Kundengeldern nung Zweifel bekamen und nicht ten die Aussage zum Sachverhalt. ein. bezahlten, mussten zur sicheren Der Verbleib und die Verwendung Erst als ein Mitarbeiter der konto- Identifizierung der Geschädigten von über 90 000 Euro des ertroge- führenden Bank eine „Geldwäsche- über 500 Banken angeschrieben nen Bargeldes konnten nicht geklärt verdachtsanzeige“ gegen Thomas K. werden, um die Adressdaten der werden. erstattete, weil dieser die auf seinen überweisenden Kunden zu erhal- Die Täter verbrachten nach ih- persönlichen und dem Firmenkonto ten. Anschließend erhielten rund rer Festnahme mehrere Monate in eingegangenen Kundengelder um- tausend festgestellte Betrugsopfer Untersuchungshaft und erwarten gehend mit EC-Karte abhob, wur- einen speziell entwickelten Frage- nach Anklageerhebung die Haupt- den die polizeilichen Ermittlungen bogen mit detaillierten Fragen zur verhandlung vor dem Landgericht aufgenommen. weiteren Sachverhaltsaufklärung. Hamburg.❚ Keiner der auf ein Fahrzeug war- Die Auswertung der Beweismit- tenden Kunden hatte bis zu diesem tel ergab zweifelsfrei, dass es in der Fazit: Zeitpunkt eine Strafanzeige erstat- Firma CMD, außer der Gewinnung Seien Sie bei Vertragsabschlüssen im tet. neuer Kunden, keinerlei Geschäfts- Internet skeptisch und akzeptieren Sie Die Verdachtsmomente gegen tätigkeit gab. Vor allem waren kei- die AGB erst, wenn sie die Klauseln und Thomas K. und seinen Bruder waren ne kaufmännischen Tätigkeiten zur Vereinbarungen aufmerksam gelesen so gravierend, dass für beide vom Gewinnung von Werbepartnern haben. Prüfen Sie die Offerten auf Se- Amtsgericht Hamburg Haftbefehle oder der Beschaffung von Fahr- riosität durch eigene Recherchen im und für ihre Wohn- und Geschäfts- zeugen unternommen worden. Die Internet und nehmen Sie Kontakt zu räume Durchsuchungsbeschlüsse gegenüber den Kunden erwähnten Verbraucherzentralen auf. ausgestellt wurden. Die Durchsu- Außendienstmitarbeiter existierten chungen und Kontobeschlagnah- nicht. Bedenken Sie: Auch im Internet hat men führten zur Auffindung und Die im Internetauftritt abgebilde- niemand etwas zu verschenken und Sicherstellung diverser schriftlicher ten Fahrzeuge mit Werbeaufklebern Gratisversprechen sind nicht immer Unterlagen und PC-Festplatten so- von verschiedenen Unternehmen er- kostenlos! POLIZEIBERICHT 2008 72 Einsatz auf 2 Rädern Die neuen ProVida-Motorräder

Ramon Müller, VD 2010, Verkehrsdirektion

„Mit Hightech-Bikes auf Raser- jagd“ oder: „Die Tarnkappen- Cops“. So lauteten die Schlag- zeilen, als Polizeipräsident Werner Jantosch den Medien im Mai 2008 das neue ProVida-Krad1 vorstellte.

uf modernsten Motorrä- dern mit Videoausstat- Atung verfolgt die Polizei auffällige Verkehrsteilnehmer und dokumentiert deren Verhalten als Beweis. Während der Fahrer des Das neue ProVida-Krad mit kompletter Video- ProVida-Krads das Fehlverhalten anlage im Seitenkoffer und Rotlichtsünder sind heute im- filmt, sichert sein Kollege, ebenfalls mer öfter dafür verantwortlich, dass mit dem Motorrad unterwegs, die- die Unfallzahlen steigen und Men- sen Vorgang ab und hält das verfolg- an, sich die Aufzeichnung anzuse- schen verletzt oder getötet werden. te Fahrzeug nach kurzer, interner hen. Darauf reagieren die Betroffe- Hierbei handelt es sich um so- Funk-Absprache an. Auch hierbei nen sehr unterschiedlich. So sind genannte Aggressionsdelikte, die bedient sich der Polizist modernster einige über ihr Fahrverhalten er- bereits seit langem im Fokus po- Technik: Mithilfe der zunächst ver- schrocken und zeigen sich einsich- lizeilicher Verkehrssicherheitsar- deckten akustischen und optischen tig. Andere wiederum sehen diesen beit stehen. Geschwindigkeits- und Vorrichtungen am Motorrad wer- Vorgang eher „sportlich“ und äu- Abstandsverstöße, Straftaten wie den dem betroffenen Fahrzeugfüh- ßern, dass diesmal eben die Polizei Nötigung und Straßenverkehrsge- rer deutlich das Folgen und Halten gewonnen hätte. Und wenngleich fährdung werden gezielt verfolgt. signalisiert. dem Fahrzeugführer eindeutige Für diese Aufgaben stehen der Po- Unmittelbar am Anhalteort bietet Beweise vor Augen geführt werden, lizei seit vielen Jahren zivile Funk- die Polizei dem „Verkehrssünder“ gibt es schließlich diejenigen, die ihr streifenwagen mit einer speziellen Fehlverhalten bestreiten. Technik der Videoaufzeichnung zur 1 Bezeichnung Videoaufzeichnungs- Rücksichtslose Raser, Drängler Verfügung. system/„Proof Video Data System“. POLIZEIBERICHT 2008 73 Diese Fahrzeuge werden jedoch tion eine Vielzahl von erfahrenen vorausfahrende Fahrzeuge dient, überwiegend auf Bundesautobah- Kradfahrern ihren Dienst versehen. relevant. Beim ProVida-Krad han- nen und Schnellstraßen eingesetzt, Die Eskortierung von Staatsgästen, delt es sich nicht um ein Sport- und da sie im Innenstadtverkehr oft Verkehrslenkungsmaßnahmen bei Freizeitfahrzeug, sondern um einen nicht beweglich genug sind. Die zur Demonstrationen oder die Streifen- „Arbeitsplatz“, der viele Komponen- Verfügung stehenden Motorräder fahrt mit dem Krad gehören zum ten vereinen muss. So muss sich der mit gleicher Technik schließen diese Aufgabenspektrum jeder der drei Fahrer einerseits schnell und wendig Lücke, da sie aufgrund ihrer Wen- Verkehrsstaffeln der Polizei Ham- bewegen können und andererseits digkeit und Schnelligkeit überall burg. Viele Kollegen verfügen auch muss ein gewisser Komfort vorhan- einsetzbar sind. privat über jahrelange, fundierte den sein, da er sich oftmals über Diese sehr spezielle Form des Fahrpraxis mit dem Motorrad. mehrere Stunden auf dem Motorrad Ahndens von Verkehrssünden mit- Vor dem ersten Einsatz standen aufhalten muss. tels ProVida-Krad ist von Erfolg dennoch weitere Speziallehrgän- An schwierigen Situationen man- gekrönt, nicht zuletzt, weil der Vi- ge, wie beispielsweise Motorradsi- gelt es den Polizisten auf den Video- deobeweis die Gerichte überzeugt. cherheitstrainings im Extrem- und Krädern nicht, wenn sich beispiels- Denn Geschwindigkeit und Ab- Hochleistungsbereich, ein Zwei- weise zwei Kurierfahrer ein Rennen stand zum vorausfahrenden Fahr- radtechniklehrgang und Verkehrs- mit bis zu 100 Stundenkilometern in zeug werden exakt berechnet, To- rechtsfortbildung mit anschließen- der Hamburger Innenstadt liefern. leranzen mit eingerechnet. Zur dem Auswertungsmodul für die Oder beim Filmen und Messen eines Genauigkeit derartiger Beweise ist technische Beweissicherung. Motorradfahrers, der bei erlaubten die Polizei verpflichtet. Denn die Bei der Auswahl der Motorrä- 50 Stundenkilometern mit 136 km/h strafrechtlichen Folgen können gra- der wurde auf die Technik der Fir- verfolgt und gestoppt wurde. vierend sein. So werden nicht selten ma BMW zurückgegriffen. Neben Die Polizei verfolgt einen Ver- Haftstrafen verhängt, die günstigs- Geschwindigkeiten von mehr als kehrssünder jedoch nicht um jeden tenfalls zur Bewährung ausgesetzt 200 Stundenkilometern sind ABS Preis. Sowohl die Sicherheit unbetei- werden, es droht Führerscheinent- und ein hohes Drehmoment, wel- ligter Verkehrsteilnehmer und der zug, mindestens aber ein Eintrag in ches dem schnellen Herannahen an eingesetzten Polizisten als auch des die Flensburger Verkehrssünderkar- Flüchtigen muss bei dieser besonde- tei. ren Form der polizeilichen Verfol- Bevor diese Motorradeinheit ein- gung stets gewahrt sein. gesetzt werden konnte, vergingen Wird eine Verfolgung aus Sicher- annähernd zwei Jahre. Motorräder heitsgründen abgebrochen, werden mussten beschafft und konzeptio- intensive Ermittlungen geführt, um niert, eine Einsatztaktik geplant, den Fahrer namhaft zu machen und die Polizisten ausgebildet und aus- das Delikt zu ahnden. Festzuhalten gestattet werden. Es wurden mit ist, dass mit diesem neuen Einsatz- hohem Aufwand und Engagement mittel in den vergangenen Monaten Sonderanfertigungen für die Funk-, eine Vielzahl von Verkehrsverstößen Signal- und Aufzeichnungstechnik geahndet werden konnte. entwickelt, die dem täglichen Ein- Die ProVida-Kräder dienen der satz gerecht werden müssen und die Reduzierung von Verkehrsunfällen, nicht auf dem ersten Blick erkenn- besonders von schweren Unfällen bar sind. mit Motorrädern. Sie stellen einen Adäquate Polizisten für diese weiteren Mosaikstein für mehr Ver- Einheit zu finden, war das geringste kehrsicherheit auf Hamburgs Stra- Problem, da in der Verkehrsdirek- Rückansicht für Verkehrssünder ßen dar.❚ POLIZEIBERICHT 2008 74 Gelungene Einheitsfeier Flexibles Polizeikonzept hielt Störer fern

Die Polizei Hamburg als Als Besonderheit unter den vielen Garant für Sicherheit Darbietungen auf dem Bürgerfest Die protokollarischen Teile mit dem präsentierten sich die Bundesländer Dirk Claussen, FLD 21, ökumenischen Gottesdienst am Vor- in sogenannten „Länderzelten“. Der Führungs- und Lagedienst mittag im Hamburger Michel und Erfolg des Festes wurde durch die dem Festakt im Th eater im Hafen, Teilnahme von rund 200 000 Besu- „Einheitsfeier, Hamburg wird zur mit insgesamt bis zu 1 600 geladenen chern allein am Freitag dokumen- Festung. Weil die Chaoten randa- Teilnehmern, forderten die Polizei tiert. Die Polizei zeigte an allen drei lieren wollen, rüstet die Polizei besonders durch die Wahrnehmung Tagen starke Präsenz und gewähr- auf.“, lautete die Schlagzeile einer des Personen- und Objektschut- leistete so einen störungsfreien Ver- Hamburger Zeitung. „Bürgerfest zes durch Bundeskriminalamt und lauf des Bürgerfestes. oder Polizeifest?“, die Frage sollte Landeskriminalamt Hamburg sowie bald beantwortet werden. durch Lotsung der großen Anzahl Die Gegendemonstration von Fahrzeugkolonnen durch die Die Polizei Hamburg sah sich am Beamten der Verkehrsdirektion. Tag der Deutschen Einheit einem Die Stadt Hamburg als Gastgeber Das große Bürgerfest fand auf- relativ hohen Potential von Gegen- Die zentralen Feierlichkeiten zur grund des Wochenendes nicht nur demonstranten gegenüber. In der Deutschen Einheit bestehen aus am Freitag, den 3. Oktober, sondern Linken Szene hatte sich ein Bünd- einem protokollarischen Teil (Got- auch am Samstag und Sonntag statt. nis, mit dem Motto „Hart Backbord tesdienst, Festakt mit Empfang des Bundespräsidenten) und einem großen Fest für die Bürger. Am 3. Oktober 2008 fanden die zentra- len Feierlichkeiten zum 18. Tag der Deutschen Einheit in Hamburg statt, da der Erste Bürgermeister auch der amtierende Präsident des Bundesrates war. An der Veranstal- tung nahmen der Bundespräsident, die Bundeskanzlerin sowie viele internationale Repräsentanten aus Politik und Wirtschaft teil. Weiterer Bestandteil war die Teilnahme von Bürgerdelegationen sowie ein hohes Besucheraufk ommen auf dem Bür- gerfest. POLIZEIBERICHT 2008 75 200 000 Besucher konnten friedlich und un- – Tag der Deutschen Einheit – kein besorgt den Tag der Deutschen Einheit in der ein einschlägiger Radiosender den Tag zum Feiern”, gebildet. Der Tenor Hafencity feiern Aufruf, dass möglichst Einzelperso- machte die Haltung der linken Szene nen in bürgerlicher Kleidung zum klar. Ein Aufzug mit 1 500 Teilneh- rigen Einsatz am 1. Mai 2008, auf Bürgerfest kommen sollten. Grup- mern von der St. Pauli Hafenstraße eine kräfteintensive Aufgabe mit pen hätten keine Chance. Mehrfach zum Rödingsmarkt wurde angemel- geschlossenen Einheiten zum Schutz versuchten daraufhin Kleingruppen det. Die Mobilisierungsaufrufe im der Veranstaltungen ein. So waren unter Mitführung von gefährlichen Internet und per Flugblatt sprachen auch viele auswärtige Kräfte anderer Gegenständen (u. a. Schlagwerkzeu- eine noch deutlichere Sprache. Dort Bundesländer und der Bundespolizei ge, Knallkörper) in das Bürgerfest hieß es „Deutschland in den Rü- erforderlich. einzusickern. Sie wurden aber im- cken fallen! Kämpft mit uns gegen mer wieder durch polizeiliche Sperr- Staat, Nation und Kapital!“ oder „In Ein schöner Festtag oder Raumschutzkräfte erkannt, an- den Abendstunden des Tages der Der Tag der Deutschen Einheit war gehalten und überprüft. Die Bilanz deutschen Einheit soll in Hamburg aus polizeilicher Sicht ein voller Er- am Ende des Tages: 2 verletzte Poli- – dem Herzen der Bestie sozusagen folg. Die offiziellen Veranstaltungen zeibeamte, 2 Festnahmen und 34 In- – Unerhörtes laut durch die Straßen konnten ohne größere Störungen gewahrsamnahmen und viele Platz- schallen.“ durchgeführt werden. Der Aufzug verweise gegen potentielle Störer. Das Landeskriminalamt prog- der Gegendemonstranten umfasste Die Frage „Bürgerfest oder Po- nostizierte eine Teilnehmerzahl von 1 650 Teilnehmer, darunter befan- lizeifest?“ lässt sich eindeutig beant- 1 500 bis 2 000, davon der größte Teil den sich rund 1 000 gewaltbereite worten: Ein tolles Bürgerfest ohne aus dem autonomen und linksext- Personen. Störungen aus dem Auf- Störungen. So sah es auch Hamburgs rem-aktionistisch orientierten Be- zug heraus wurden umgehend durch Innensenator Christoph Ahlhaus in reich sowie aus Kreisen gewaltberei- die starke polizeiliche Begleitung einer Pressemitteilung: „Unser Kon- ter Jugendlicher. unterbunden. Der Versuch von grö- zept der Deeskalation durch Stärke Die Polizei Hamburg stellte sich, ßeren Gruppen nach Aufzugsende ist voll aufgegangen. Die Polizei war besonders auch unter Berücksichti- zum Bürgerfest zu gelangen wur- gut aufgestellt, auf alles vorbereitet gung der Eindrücke aus dem schwie- de verhindert. Daraufhin sendete und agierte taktisch klug.“❚ POLIZEIBERICHT 2008 76 Fußball-EM 2008 Das Konzept ging auf

Michael Allers, ZD 012.2, Zentraldirektion

ubelfeiern, Autocorsos und Hupkonzerte. Deutschlandfah- Jnen an zahlreichen Autos und Balkonen. Familienausflüge zum Fußball. Nationenübergreifende Partystimmung. Überwältigende Fußballatmosphäre, ob in Gaststät- Die hohen Besucherzahlen auf dem Fan-Fest ten und Vereinshäusern, in privater machten die Anwesenheit der Polizei erfor- FIFA-Fan-Festes WM 2006 ideale Runde oder beim Public-Viewing derlich Voraussetzungen und sollte für bis auf dem Heiligengeistfeld. Die Fan- zu 40 000 Besucher ausgelegt sein. Feste anlässlich der Fußball-EM Veranstaltungsareal zu finden, auf Neben einer überdimensionalen 2008 gewannen nicht zuletzt durch dem Fußballfans die Spiele live ver- Leinwand wurde in Anlehnung an den sportlichen Erfolg der Deut- folgen konnten. Dabei sollte die Ver- die Gastgeberländer Schweiz und schen Mannschaft zunehmend an anstaltungsfläche für die Besucher Österreich auf dem Veranstaltungs- Attraktivität. Die Besucherzahlen möglichst attraktiv gestaltet und die areal u. a. ein Alpenland errich- übertrafen selbst die kühnsten Er- Fachbehörden frühzeitig eingebun- tet, das Einblicke in Tradition und wartungen. Nicht zuletzt ist dieses den werden, um Genehmigungs- Lebensweisen beider Länder bot. auch ein Verdienst des Veranstalters oder Sicherheitsfragen zu erörtern. Zudem wurde dem Veranstaltungs- und der Polizei, die bereits neun An den monatlich anberaumten areal durch das angrenzende Ver- Monate vor Beginn der EM mit der Sitzungen nahmen u. a. Vertreter des gnügungsviertel St. Pauli zusätzliche Entwicklung eines Präventionskon- Sportamtes, der Polizei, der Feuer- Attraktivität verliehen. zeptes begannen. wehr, der Hamburg Marketing, des Zur Gewährleistung eines hohen Hamburger Verkehrsverbundes und Sicherheitsstandards war es früh- Arbeitskreis Fan-Fest Euro 2008 des Fanprojektes teil. zeitig erforderlich, in Absprache mit Im September 2007 wurde unter Die auszuwählende Eventfläche dem Veranstalter ein Bündel an Si- Federführung der Behörde für Bil- sollte citynah gelegen und mit öf- cherheitsmaßnahmen abzustimmen dung und Sport ein behördenüber- fentlichen Verkehrsmitteln gut zu und später in die Praxis umzuset- greifender Arbeitskreis „Fan-Fest erreichen sein. Das Heiligengeistfeld zen. Euro 2008“ eingerichtet. Ziel des bot aufgrund der überwiegend po- Die Fußball-WM 2006 in Deutsch- Arbeitskreises war es, ein geeignetes sitiven Erfahrungen anlässlich des land hatte nicht nur in Hamburg POLIZEIBERICHT 2008 77 deutlich gemacht, dass Fußballfans die Installation von Video- und gruppen in Erfahrung zu bringen. weniger im Umfeld eines Fußball- Lautsprecheranlagen, die Einteilung Die Verkehrsbeeinträchtigungen stadions Gefahrensituationen ver- des Areals in Sektoren mit erkenn- sollten aufgrund der Vielzahl der ursachen, sondern vielmehr auf den barer Beschilderung für die Besu- Besucher durch ein Verkehrskon- großen Public-Viewing-Veranstal- cher, das Vorhalten ausreichender zept so weit wie möglich reduziert tungen. Die meisten Fußballstadien Rettungswege, die Errichtung so- werden. Nicht zuletzt musste sich bieten schon lange hohe Sicherheits- genannter Wellenbrecher sowie das die Polizei Hamburg auf mögliche standards. Das Fan-Fest Euro 2008 Verbot des Ausschanks von Geträn- Siegesfeiern besonders in St. Pauli stellte die Hamburger Polizei vor ken in Flaschen oder Glasgefäßen. oder in Form von hamburgweiten besondere Herausforderungen, da Zudem hatte der Veranstalter einen Autocorsos taktisch und personell Standards und Konzeption an die professionellen Ordnungsdienst ein- einstellen. geplante Veranstaltung anzupassen zusetzen, dessen Anzahl eingesetz- Dafür war es erforderlich, in en- bzw. zu entwickeln waren. ter Mitarbeiter je nach polizeilicher ger Abstimmung mit Vertretern der Drei wesentliche Fragen galt es bei Lageeinschätzung variierte. Hamburger Verkehrsbetriebe ein den Planungen zu berücksichtigen: Vordringlichste Aufgabe des Ord- Konzept für die An- und Abreise Würde die Resonanz der Fußball- nungsdienstes war es, bereits durch zum/vom Fan-Fest zu entwickeln. fans ähnlich groß sein wie bei der Zugangskontrollen an den Eingän- Besonders nach Ende solcher Groß- WM 2006 im eigenen Land? Wie gen zum Fanfest sicherzustellen, würden sich die Anhänger anderer dass Besucher keine Feuerwerks- Nicht weniger Fans auf dem Fan-Fest als im Fußballnationen verhalten, beson- körper, Schlagwerkzeuge, Waffen Fußballstadion ders die russischen, polnischen oder oder andere gefährliche Gegenstän- die zahlreichen türkischen Mitbür- de auf dem Veranstaltungsgelände ger? Welche Aufgaben kommen auf mit sich führten. Außerdem durften die Polizei Hamburg zu, sollte es zu Besucher mit sperrigen Gegenstän- einer möglichen Halbfinalbegeg- den oder mit Gegenständen, die als nung Deutschland – Türkei kom- Wurfgeschosse hätten Verwendung men? finden können, mit Getränkefla- schen, Dosen oder ähnlichen Be- „Pflichtenheft Sicherheit“ hältern nicht eingelassen werden. Basierend auf einem Beschluss der Selbiges galt auch für erheblich alko- Innenministerkonferenz zur WM holisierte Personen. 2006 wurde seitens der Polizei deutschlandweit allen Veranstaltern Einsatzvorbereitung Polizei von großen Public-Viewing-Veran- Parallel zum behördenübergreifen- staltungen auch zur Euro 2008 ein den Arbeitskreis der Behörde für „Pflichtenheft Sicherheit“ an die Bildung und Sport als Veranstalter Hand gegeben. bereitete sich die Polizei Hamburg Dieses Pflichtenheft umfasste auch intern auf diesen Großeinsatz einen weit reichenden Katalog an vor. Während sich die Aufgaben des Sicherheitsmaßnahmen in Zusam- Veranstalters ausschließlich auf die menhang mit Public-Viewing-Ver- Sicherheit im Veranstaltungsareal anstaltungen und hatte sich wäh- erstreckten, hatte die Polizei wei- rend der WM 2006 ausdrücklich tergehende Sicherheitsüberlegungen bewährt. anzustellen. Hier galt es vor allem Hierzu zählten u. a. die Umzäu- die mögliche Anzahl und die Anrei- nung des Veranstaltungsbereichs, sewege der unterschiedlichen Fan- POLIZEIBERICHT 2008 78 veranstaltungen kommt es aufgrund Haupttag bis zu 350 000 Besucher in Anhängern anderer Sportarten, tausender gleichzeitig abwandern- ihren Bann zog. Nach zahlreichen stärker emotionalisiert und alko- der Besucher an den Ausgängen Ortsterminen und Abstimmungs- holisiert sind und es nicht zuletzt oder an Bahnhöfen immer wieder gesprächen zwischen den beiden aufgrund dieser Umstände schon zu erheblichen Gefahrenmomenten. Veranstaltern und der Polizei gelang aus vermeintlichen Nichtigkeiten zu Um diese Gefahren für die Besucher es schließlich, einen für alle Betei- Streitigkeiten oder handfesten Aus- zu reduzieren, wurden zusätzlich ligten tragfähigen Kompromiss zu einandersetzungen kommen kann. Sonderzüge eingesetzt, die An- erzielen. Das polizeiliche Konzept Dieses gilt vor allem für Fan-Feste zahl der Waggons erhöht und eine gewährleistete, dass Fan-Fest und mit mehreren zehntausend Besu- 5-Minuten-Taktung der U-Bahnen Harley Days auf einer Fläche neben- chern, wo sich aufgrund gruppendy- festgelegt. einander stattfinden konnten und es namischer Prozesse die aufgezeigten Zudem galt es aus polizeilicher nur zu kleineren Störungen durch Verhaltensweisen noch potenzieren. Sicht zu berücksichtigen, dass zeit- an- bzw. abfahrende Cruiser und Dabei spielt der Umstand, ob die weise neben dem Fanfest noch drei Fußballfans kam. eigene Mannschaft gewonnen oder weitere Großveranstaltungen auf Darüber hinaus wurden mögliche verloren hat, keine Rolle. dem Heiligengeistfeld stattfanden. Auseinandersetzungen rivalisieren- Nicht zuletzt war es für die Polizei Hier sind die über ein Wochenen- der Fußballfans in die polizeiliche von besonderem Interesse zu erfah- de verlaufenden Harley-Days zu Beurteilung einbezogen. ren, ob sich gewalttätige Fußballan- nennen, eine in Hamburg schon Polizeiliche Erfahrungen zeigen, hänger auf das Fanfest begeben traditionelle Veranstaltung, die am dass Fußballfans, im Gegensatz zu würden, um dort bzw. im näheren Umfeld gezielt die körperliche Aus- einandersetzung mit anderen Fuß- ballfans zu suchen. Bei diesem Personenkreis handelt es sich überwiegend um Jugendliche und Heranwachsende. Ihre Freizeit widmen sie nach Schule oder Beruf fast ausschließlich ihrem Fußball- verein bzw. dem jeweiligen Fanclub. Während der größte Teil der orga- nisierten Fußballfans seinen Club bei Heim- oder Auswärtsspielen „supportet“, ohne dass es zu gewalt- tätigen Auseinandersetzungen mit gegnerischen Fans kommt, hat sich in Hamburg seit vielen Jahren auch eine Problemfanszene gebildet. So- fern keine Fanfreundschaften be- stehen, suchen Teile dieser Szene im Rahmen von Fußballspielen regel- haft die Konfrontation mit gegne- rischen Fans oder auch der Polizei. Klar, dass solche „Fans“ in entspre- chender Größenordnung auf einem Fan-Fest für die Polizei ein großes Risiko darstellen. Um ihr Verhal- POLIZEIBERICHT 2008 79 ten, ihre Anzahl und mögliche durch diese Alternative etwas redu- kehr gesperrt werden. In Hamburg- Absichten zu erkennen, setzt die zieren, zugleich würden aber noch Harburg führten deutsche Fans mit Polizei Hamburg szenekundige mehr Menschen in den Veranstal- rund 200 Fahrzeugen einen Auto- Beamte ein. Diese Mitarbeiter ver- tungsraum strömen. corso und eine Jubelfeier mit rund fügen seit Jahren über Einblicke in Bereits 45 Minuten vor Anpfiff 2 000 Teilnehmern auf der Fahrbahn die Hamburger Fußball-Problem- um 21:00 Uhr war das Areal des durch. Durch Einsatzkräfte musste fanszene und können daher mög- Fanfestes mit 40 000 Besuchern der Harburger Ring für etwa zwei liche Absichten und Verhaltens- restlos ausgelastet. Unter den Be- Stunden gesperrt werden. weisen der Problemfans prognos- suchern befanden sich rund 10 000 Dass es „nur“ bei gut 100 Ein- tizieren. türkische Anhänger. Die Eingänge griffsmaßnahmen gegen Fußball- So wurden im Vorfeld des Fan- mussten geschlossen und noch an- fans blieb, ist gewiss auch das Re- Festes der Hamburger Polizei be- stehende Besucher auf den Spielbu- sultat polizeilicher Arbeit. Tausende kannte Problemfans aufgesucht und denplatz verwiesen werden. Dort von Besuchern konnten aufregende „Gefährderansprachen“ durchge- fanden sich noch einmal rund 3 000 Fußballspiele verfolgen, ohne dass führt. Diesen Personen wurde deut- Fußballinteressierte ein. Auf dem es zu größeren Störungen kam. lich gemacht, dass sie unter besonde- Fanfest blieb es, abgesehen von meh- rer polizeilicher Beobachtung stehen reren kleinen Auseinandersetzun- Zahlen des Spieltages und sie über mögliche rechtliche gen und dem mehrfachen Entzün- Die polizeiliche Statistik des Spiel- Konsequenzen bei fußballtypischen den von bengalischem Feuer und tages bei rund 1 000 eingesetzten Straftaten zu informieren. Rauchpulver, weitestgehend ruhig. Polizeibeamten: Gegen 39 Personen Durch die taktische Postierung von wurden Platzverweise ausgespro- Halbfinale Deutschland – Türkei Polizeikräften an möglichen Brenn- chen, 55 Personen in Gewahrsam Die WM 2006 hat gezeigt, dass die punkten konnten weitere Störungen genommen und weitere 10 Personen Spiele der Deutschen Mannschaft verhindert bzw. zügig beseitigt wer- vorläufig festgenommen. Insgesamt die weit aus größte Resonanz bei den. registrierte die Polizei Hamburg den Fans hervorriefen. Ganz ent- Das Spiel bot viel Spannung und bei diesem Spiel 21 Straftaten. Bei scheidend für die polizeiliche Ein- endete mit einem glücklichen 3:2 knapp der Hälfte aller Delikte han- satzkonzeption war das sportliche Sieg für die Deutsche National- delte es sich um Körperverletzun- Abschneiden der deutschen Natio- mannschaft. gen. Unter den Tätern befanden nalmannschaft. Nach Beendigung Im Anschluss des Spiels fuhren sich auch zwei Personen, die der der Viertelfinalspiele war klar: Es fast alle türkischen Fans wieder nach Polizei Hamburg als „Gewalttä- kommt zum Halbfinale Deutsch- Hause. Sie hatten sich damit nicht ter Sport“ bekannt sind. Gegen sie land – Türkei. nur auf dem Platz trotz des turbu- wurden nach dem Spiel Aufent- Aufgrund der hohen Besucher- lenten Spielverlaufes als faire Ver- haltsverbote bis zum Ende der EM zahlen bei Deutschland-Spielen auf lierer erwiesen. Stattdessen waren für das Fan-Fest und den Bereich dem Heiligengeistfeld hatte sich es überwiegend alkoholisierte Fans St. Pauli ausgesprochen. die Betreibergesellschaft Spielbu- der deutschen Mannschaft, die trotz denplatz zum Ende der EM hin des Sieges ihrer Mannschaft nach Ausblick entschlossen, dieses Fußballspiel dem Spiel Sicherheitsstörungen, Derzeit werden bereits die Vorbe- live von der Leinwand des Operet- besonders im Vergnügungsviertel reitungen für das WM-Jahr 2010 tenhauses auf dem Spielbudenplatz St. Pauli, verursachten. Darüber hi- getroffen. Sollte sich die deutsche zu übertragen. Dieses gestaltete die naus mussten aufgrund von Jubel- Mannschaft für das Turnier qualifi- Einsatzplanungen der Polizei noch feiern neben den Straßen rund um zieren, ist das nächste große Public- komplexer und schwieriger: Zwar das Veranstaltungsgelände auch der Viewing in Hamburg gewiss. Auch konnte man den Besucherdruck auf Gänsemarkt und große Teile des Ka- hier wird die Polizei für (Ihre) Si- das Gelände des Heiligengeistfelds rolinenviertels für den Fahrzeugver- cherheit sorgen.❚ POLIZEIBERICHT 2008 80 Öffentliche Ehrung für die Hamburger Polizei und ihre Stadtteilpolizisten

Michael Mock, PK 11, Besonderer Fußstreifendienst

as Aufgabengebiet eines Stadtteilpolizisten, Bür- Dgernahen Beamten, Be- amten im besonderen Fußstreifen- dienst (BFS) oder wie immer man ihn auch nennen will, ist vielfältig. Dass aber die Bürger eines Stadtteils die Arbeit als etwas Besonderes an- sehen und einen Stadtteilpolizisten für eine Auszeichnung vorschlagen und auch seinen Kollegen einen be- sonderen Dank zukommen lassen, das ist ungewöhnlich. Mein Name ist Michael Mock, ich bin Bürgernaher Beamter im Stadt- teil St. Georg. Der Portugaleser Der 21. April 2008 sollte für mich und alle anderen Beamten im Be- Der Portugaleser ist eine Ehrenmedaille der Hansestadt Hamburg, die an Personen sonderen Fußstreifendienst ein be- verliehen wird, die sich um das Wohl der Hamburger Bürger in besonderer Weise sonderes Tag werden. Der Tag der verdient gemacht haben. Einladung für eine öff entliche Eh- Die Münze hat ein portugiesisches Vorbild und wurde 1553 erstmalig in Hamburg rung für die Hamburger Polizei geprägt. Seit 1623 gab es den Portugaleser als Gedenkmünze, zunächst wurde und ihre Stadtteilpolizisten. Ich hatte wie jeden Morgen auf er als Admiralitäts-Portugaleser geprägt, um an die Geburtsstunde der hambur- der Wache in die Post geschaut. Da gischen Admiralität zu erinnern. Gäste Hamburgs erhalten auch heute noch den war ein großer Brief für mich. Nun Admiralitäts-Portugaleser für ihren Verdienst um die Hansestadt. ja, das ist nichts Besonderes, denn Der Portugaleser „Bürger danken“ in Silber und Bronze wird seit 1986 vom Zentral- große Briefe erhalte ich schon ab ausschuss Hamburgischer Bürgervereine von 1886 r. V. gestiftet und einmal im Jahr und zu. Ich öff nete den Brief. Es war nicht nur ein einfaches Schreiben, am Bürgertag an ausgewählte Persönlichkeiten verliehen. POLIZEIBERICHT 2008 81 sondern ein kleiner Ordner. Der Brief kam vom „Zentralausschuss der Hamburger Bürgervereine von 1886 e. V.“ und dabei war ein Infor- mationsschreiben dieses Vereins. Ich überflog die ersten Absätze: „Herrn Polizeihauptkommissar Michael Mock … 6. Mai ... Hambur- ger Bürgertag … Zentralausschuss der Hamburger Bürgervereine … BÜRGER DANKEN … Informa- tionsschrift … Stiftung … Portugale- ser … Silber und Bronze.“ Den folgenden Abschnitt habe ich

ausführlich und langsam gelesen. Der Intendant des Ohnsorg-Theaters Christi- an Seeler, die Zweite Bürgermeisterin Birgit Da stand doch wirklich, dass ich Schnieber-Jastram, der damalige Senator für KEN in Silber und Bronze werden eine ganz besondere Ehrung erhal- Inneres Udo Nagel und Michael Mock (v.l.n.r.) nach strengen Kriterien durch den ten sollte: Präses des Zentralausschusses der „Präsidium und Hauptausschuss des Hamburger Bürgervereine mit einer Zentralausschuss Hamburger Bür- Urkunde vergeben. gervereine haben beschlossen, Ihnen, Einen Portugaleser BÜRGER sehr geehrter Herr Mock, für Ihre Ar- DANKEN in Silber erhalten Perso- beit in St. Georg, beispielhaft für alle nen, die sich im Bereich von öffentli- Stadtteilpolizisten, den Portugaleser chem Wirken, Wissenschaft, Kunst, BÜRGER DANKEN in Silber zu ge- Wirtschaft oder Medien um das ben. vom Ohnsorg-Theater Christian Wohl der Hamburger Bürger beson- Wir hoffen, dass Sie die Einladung Seeler ausgezeichnet werden sollte, ders verdient gemacht haben. Der zum Hamburger Bürgertag am 6. war ich schon sehr stolz. silberne Portugaleser wird als sym- Mai wahrnehmen können und unse- Der Hamburger Bürgertag ist eine bolischer Dank gegeben. Er soll die re Auszeichnung an diesem Tag ent- der wichtigsten Veranstaltungen genannten Bereiche auch erinnern, gegennehmen mögen.“ für die Hamburger Bürger-, Hei- die Bedürfnisse der Bürger nicht zu Ich sollte für meine Arbeit und mat- und Kommunalvereine. Der vergessen. beispielhaft für die Arbeit aller Zentralausschuss Hamburgischer Soweit so gut, aber wie kommt Stadtteilpolizisten ausgezeichnet Bürgervereine vergibt seit 1986 an- denn der Bürgerverein zu St. Georg werden. Ich freute mich riesig! Das lässlich dieser Veranstaltung den auf die Idee, mich als Stadtteilpo- musste ich erst einmal meiner Frau zum 100-jährigen Vereinsbestehen lizisten für diesen Bürgerpreis vor- erzählen und beim Zentralausschuss gestifteten Portugaleser BÜRGER zuschlagen? Inge Foerster-Baldenius zurückrufen. DANKEN, die höchste Auszeich- ist Mitglied im Bürgerverein zu Dort erfuhr ich, dass sechs Beam- nung der Hamburger Bürgerverei- St. Georg und sie habe ich gefragt, te von anderen Wachen stellvertre- ne. was den Verein veranlasst hätte tend für alle Stadtteilpolizisten an Er ist die einzige Auszeichnung, mich für so eine Auszeichnung vor- der Feier teilnehmen sollten. Als ich die sozusagen „von unten nach zuschlagen. Sie hat mir in einem noch hörte, dass ich mit der Zweiten oben“ vergeben wird, also von den Brief Folgendes mitgeteilt: Bürgermeisterin Birgit Schnieber- Bürgern der Stadt an Personen aus „Gerne habe ich Sie vor einem Jahr Jastram, dem Senator für Inneres Wirtschaft, Kultur, Verwaltung. dem Bürgerverein empfohlen, Ihnen Udo Nagel und dem Intendanten Die Portugaleser BÜRGER DAN- für Ihre Arbeit als BünaBe in St. Ge- POLIZEIBERICHT 2008 82 org einen Portugaleser zu verleihen. einem persönlichen Betreuer emp- Silber, die höchste Auszeichnung der Der Vorstand des Bürgervereins hat fangen, der die Aufgabe hatte, meine Hamburger Bürgervereine als Dank zugestimmt. Wir schätzen Ihre Be- Frau und mich bis hin zum großen für seine Arbeit in St. Georg, beispiel- mühungen um das Wohl unserer Festsaal zu begleiten. Die anderen haft für den Einsatz aller Stadtteil- Bürgerinnen und Bürger und ihrer Preisträger erschienen ebenfalls polizisten unserer Stadt. Bürgernahe Kinder in St. Georg sehr. Aber natür- und der Innensenator begrüßte uns Polizeiarbeit hat in den Beamten des lich schätzen wir auch genauso die Polizeibeamte alle persönlich. Ich Besonderen Fußstreifendienstes ein Arbeit Ihrer Kolleginnen und Kol- muss sagen, ich war ziemlich aufge- Aushängeschild, deren Erfolg vor al- legen. Aber nur einer Person kann regt. Dann erschien der Präses des lem vom persönlichen Engagement der Portugaleser verliehen werden, Zentralausschusses der Hamburger jedes einzelnen Stadtteilpolizisten, deshalb haben Sie ihn für ihre gute Bürgervereine, der die Preisträger seiner Kenntnis des Stadtteils und Arbeit beispielhaft für die Arbeit al- alle vorstellte. Nach der Vorstellung der Bewohner abhängt. Für die Bür- ler Stadtteilpolizisten erhalten. Der ging es in den Innenhof des Rathau- gervereine ist diese Präsenz vor Ort Portugaleser gehört Ihnen, es steht ja ses, wo Pressevertreter und Begleiter unverzichtbar und ihr Ausbau erstre- Ihr Name drauf. Das ist etwa so wie Fotos machten. benswert.“ mit einer Goldmedaille. Der Sport- Bei dem Festsaal handelte es sich Ich war stolz und hatte nasse Hän- ler bekommt sie, aber er gewinnt sie um den Kaisersaal, wo wir in Rich- de. Die musste ich schnell trocken für sein Land. Deshalb wird auch die tung Senatsloge begleitet wurden. bekommen, da ich nach vorn muss- Nationalhymne bei der Verleihung Dort hat uns der Zeremonienmeis- te, um die Auszeichnung und die gespielt. Im Hamburger Rathaus er- ter empfangen und uns wurden un- dazu gehörende Urkunde entgegen- klingt bei der Verleihung des Portu- sere Plätze zugewiesen. zunehmen. Ich bekam mein Grinsen galesers die Hamburg-Hymne „Ham- Rund 800 geladene Gäste aus nicht mehr aus dem Gesicht. burg an der Elbe Auen“. Ich finde, da Bürger- und Heimatvereinen sowie Beifall und Fotos, die Urkunde es ein Hamburger Preis ist, ist diese Vertreter weiterer gesellschaftlich in der einen Hand und den Portu- Hymne auch angemessen. Wie ich relevanter Hamburger Institutionen galeser in einer Samtschatulle in Sie kenne, fällt es Ihnen leicht Ihren versammelten sich in stimmungs- der anderen Hand, ein Händedruck Kolleginnen und Kollegen etwas von voller Atmosphäre zum traditionel- vom Präses, noch ein paar Fotos, Ihrem Ruhm abzugeben.“ len Stehempfang im Großen Festsaal dann konnte ich mich wieder setzen. Der Tag der Verleihung rückte des Rathauses. Nachdem alle ihre Urkunde und den unaufhaltsam näher. Heute sollte es Der Erste Bürgermeister Ole von Portugaleser erhalten hatten, folg- soweit sein, der 6. Mai 2008, der Tag Beust und der Präses des Zentral- ten schöne, von den Klängen zweier der großen Feier. ausschusses der Hamburger Bürger- Schifferklaviere untermalte Gesänge Ich hatte wie an jeden anderen vereine Michael Weidmann hielten des Seemannschors, wobei den Ab- Tag meinen Dienst aufgenommen, ihre Reden, bevor die Portugaleser schluss das gemeinsame Singen der um mich rechtzeitig umzuziehen. BÜRGER DANKEN verliehen wur- Hamburg-Hymne bildete. Natürlich habe ich die „Ausgeh- den. Ich musste noch etliche Hände Uniform“ angezogen. Meine Frau er- Ich glaubte, jeder im Saal wür- schütteln und mehrfaches Fotogra- schien an der Wache und zusammen de meine Aufgeregtheit und meine fieren über mich ergehen lassen, be- mit meinem Dienststellenleiter, Ulf Freude sehen. Der Präses verlas den vor ich zusammen mit meiner Frau Schröder, sind wir von einem Kolle- Grund, warum mir dieser Preis ver- den Heimweg antreten konnte. gen zum Rathaus gefahren worden. liehen wurde, er sagte Folgendes: Es war ein toller Tag und ein ganz Um 16:45 Uhr war für die Perso- „Der Zentralausschuss der Hambur- besonderer Tag für mich, alle Ham- nen, die einen Preis erhalten soll- ger Bürgervereine dankt hiermit für burger Stadtteilpolizisten, aber auch ten, ihre Begleiter und die Presse Verdienste um das Wohl Hamburger für die Hamburger Polizei. Und es eine Pressekonferenz im Remter Bürger und überreicht Michael Mock zeigt, dass unsere Arbeit für die Bür- anberaumt. Dort wurden wir von als Anerkennung den Portugaleser in ger dieser Stadt sehr wichtig ist!❚ POLIZEIBERICHT 2008 83 Die Wasserschutzpolizei im Zeichen der Hafenentwicklung

nes zweiten Funkstreifenwagens des anzupassen. Das ist kein neues Phä- WSPK 1 die grenzpolizeiliche Abfer- nomen. Schon seit langem arbeitet tigung weiterer angemeldeter Schiffe der Hamburger Senat beständig an Björn Achenbach-Klitsch, WPSK 011, im Waltershofer Hafen übernommen der Steigerung der Attraktivität des Wasserschutzpolizeikommissariat hat, entschließen sich die Beamten Hamburger Hafens. Dieses Bestre- an Bord des Containerschiffes, neben ben mündete vor rund 15 Jahren in der Gültigkeit der Schiffszeugnisse der Leitlinie „one face to the custo- auch die Einhaltung der Regeln zur mer“ (ein Ansprechpartner für den Verhütung der Luftverunreinigung Kunden). Dahinter verbirgt sich das Mario Strunk, WSP 021.4, zu überprüfen. erfolgreiche Bemühen der hambur- Wasserschutzpolizeikommissariat Nicht allen der jährlich rund gischen Verwaltung vor allem einen 12 500 den Hamburger Hafen errei- Ansprechpartner für die am Seehan- „Elbe 51/2 für Elbe 51, kommen!“ chenden Seeschiffe bringen die Po- del Beteiligten zu positionieren: die lizeibeamten eine solche Aufmerk- Hamburger Wasserschutzpolizei. Ob achdem die im Streifen- samkeit entgegen. Es gilt: Nicht so bei einer Gewässerverunreinigung, dienst eingesetzten Kolle- viel wie möglich, aber so viel wie nö- einem Unfall im Straßenverkehr oder Ngen des WSPK 1 den Funk- tig, um die Sicherheit im Hafen und einem Bootsdiebstahl, alle Zustän- spruch entgegengenommen haben, auf der Elbe zu gewährleisten. Dies ist digkeiten sind der WSP Hamburg erhalten Sie von ihrem Wachhaben- Teil der Strategie der Wasserschutz- übertragen und dies nicht nur im den den Auftrag, ein Containerschiff polizei Hamburg mit dem Ziel, sich Hamburger Hafen, sondern auch auf am Containerterminal Altenwerder den ständig ändernden Herausfor- der Elbe von Cuxhaven bis Schna- grenzpolizeilich einkommend abzu- derungen eines wachsenden Hafens ckenburg. Im täglichen Umgang mit fertigen und bei dieser Gelegenheit unseren „Kunden“ erweist sich die- die Gültigkeit verschiedener Schiffs- Küstenstreifenboot WS 2 „BÜRGERMEISTER ses Konzept als außerordentlich er- WEICHMANN“ zeugnisse zu überprüfen. Noch kurz zuvor sicherten Beamte mit zwei Funkstreifenbooten das Passieren des über 300 Meter langen Schiffes im Köhlbrand sowie das anschließende Drehmanöver auf der Süderelbe ab. Auch die Hafensicherheitsbeamten sind auf dem Weg zum Liegeplatz. Sie wollen einen auffälligen, für den Import bestimmten Gefahrgutcon- tainer kontrollieren, sobald dieser von Bord geht. Da die Besatzung ei- POLIZEIBERICHT 2008 84 folgreich. Die Kapitäne begrüßen es, polizei mit dem Afrikahöft einen werden in der Zukunft Fragen des dass es in Hamburg möglich ist, die zentralen Standort für den Neubau Umwelt- und Klimaschutzes an Be- notwendigen Kontrollen vor allem des WSPK 2 im Hafen sichern kön- deutung gewinnen. Mit dem Inkraft- durch einen Ansprechpartner durch- nen, da diese Dienststelle den neuen treten der Regeln zur Verhütung der zuführen und das auf einem hohen Containerumschlagsflächen weichen Luftverunreinigung durch Schiffe Niveau in relativ geringer Kontroll- muss. gemäß Anlage VI des MARPOL- zeit. Da dieses Konzept auch für die Auch der 2006 in Kraft getretene Übereinkommens1 im Jahre 2005, Hafenwirtschaft gilt, wurden einige “Schengener Grenzkodex“, der die nahm die WSP die Überprüfung der Organisationsreformen notwendig, wesentlichen Anforderungen an die Einhaltung dieser internationalen die in die jetzige Struktur von drei Grenzkontrollen im Schengenraum Klimaschutzstandards im Rahmen Hamburger Wasserschutzpolizei- formuliert, zieht umfangreiche per- der MARPOL-Kontrollen an Bord kommissariaten, einem Cuxhavener sonelle und materielle Aufwendun- von Seeschiffen auf. Die Anzahl der Wasserschutzpolizeirevier und fünf gen nach sich. So wurden vor dem Kontrollen wurde seitdem kontinu- Fachdienststellen (sowie deren Sach- Hintergrund der zunehmenden Be- ierlich erhöht. gebieten) mündeten. deutung Hamburgs als Basis- und Inzwischen hat die weltweite Ab- Die sich verändernden Schwer- Anlaufhafen für Passagierschiffe schwächung der Wirtschaft auch punkte im Umschlagsgeschehen des am Kreuzfahrtterminal Chicagokai den Hamburger Hafen erreicht. Das Hamburger Hafens bedingen einen die baulichen und technischen Vo- Schiffsaufkommen wird geringer und überlegten und flexiblen Umgang mit raussetzungen geschaffen, um die- die Lagerplätze für Leercontainer unserem Personal und unseren Orga- sen Anforderungen zu genügen. Die sind gefüllt. Die Zukunftsmärkte in nisationsstrukturen. Ein Beispiel: Die grenzpolizeiliche Kontrolle der Be- Osteuropa, Südamerika und Asien durch das mit Abstand größte See- satzungen und der Fahrgäste, 2008 bleiben jedoch bestehen. Daher haben schiffsaufkommen am WSPK 1 ver- kamen rund 50 000 Passagiere nach die Betreiber der großen Container- ursachte zunehmende Einsatzver- Hamburg, wird durch den grenzpo- terminals im Hamburger Hafen be- dichtung erfordert die Anpassung lizeilichen Fachdienst mit personeller reits umfangreiche Ausbaumaßnah- der örtlichen Zuständigkeiten zwi- Unterstützung durch die Wasser- men eingeleitet. Die Betriebe werden schen dem WSPK 1 und dem WSPK 3. schutzpolizeikommissariate sowie ihre Umschlagskapazitäten von aktu- Das Containerterminal Altenwerder dem Fortbildungs- und Einsatzzug ell rund 11 Millionen Standardcon- liegt künftig im Gebiet des WSPK 3. durchgeführt. Ab Mitte August 2009 tainern (TEU2), in den nächsten Jah- Alle polizeilichen Aufgaben im Be- wird das zweite Hamburger Kreuz- ren auf 15 Millionen TEU steigern. reich Altenwerder werden durch die fahrtterminal in Altona seinen Be- Der nächste Aufschwung kommt Harburger Kollegen wahrgenom- trieb aufnehmen. Auch dort wird die bestimmt. men. Mit der Bereitstellung von vier Wasserschutzpolizei im Rahmen der Auch die Hamburger Wasser- zusätzlichen Stellen für den Bereich geplanten Anläufe während der ge- schutzpolizei wird diese Zeit nutzen, Maritime Sicherheit, die u. a. für den samten Liegezeiten präsent und für um sich abermals für die kommen- Aufbau einer weiteren Container- ihre „Kunden“ ansprechbar sein. den neuen Herausforderungen gut kontrollgruppe genutzt werden, wird Nicht nur die Veränderungen im organisiert aufzustellen, denn auch diese Strukturmaßnahme auch per- Hafen, auch die Entwicklungen in in Zukunft soll es dabei bleiben: sonell unterstützt. der Schifffahrt selbst machen es er- “Der Hamburger Hafen – schnell und Der Ausbau und die Moderni- forderlich, dass sich die WSP kon- sicher!“❚ sierung des mittleren Freihafens ist tinuierlich positioniert. Nachdem eines der größten hafenwirtschaft- aufgrund entsprechender internatio- 1 Internationales Übereinkommen 1973 zur Verhütung der Meeres- lichen Projekte Hamburgs. Zukünf- naler Vorschriften sowie des dichten verschmutzung durch Schiffe und tig sollen dort Liegeplätze für große weltweiten Kontrollnetzes das Si- Protokoll von 1978 zu diesem Über- einkommen. Containerschiffe entstehen. Schon cherheitsniveau in der Seeschifffahrt 2 TEU = Twenty-foot Equivalent Unit jetzt hat sich die Wasserschutz- ständig verbessert werden konnte, (einem 20-Fuß-ISO-Container ent- sprechend). POLIZEIBERICHT 2008 85 Polizei Hamburg in Zahlen

Personal 9 748 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon: t 6 174 bei der Schutzpolizei, davon 1 402 Frauen t 1 521 bei der Kriminalpolizei, davon 394 Frauen t 498 bei der Wasserschutzpolizei, davon 16 Frauen t 1 555 der allgemeinen Verwaltung, davon 709 Frauen In der Polizei Hamburg arbeiten 28 Vollzugsbeamtinnen und -beamte, 12 Arbeitnehmer (Beschäftigte nach TV-L) im Polizeidienst sowie 23 Arbeitnehmer der allgemeinen Verwaltung mit ausländischer Staatsangehörigkeit.

Ausrüstung t 7 176 ballistische Unterziehschutzwesten t 9 400 Reizstoffsprühgeräte t 8 236 Pistolen SIG Sauer P 6 t 34 Pistolen Walther P 5 t 575 Pistolen Heckler und Koch P 2000 V 2 t 482 Maschinenpistolen Heckler und Koch MP 5

Einsatzkommunikation t'VOLHFSÊUF   t.PCJMGVOLUFMFGPOF

Computer t 6 350 PC, davon 5 621 vernetzt

Fuhrpark t 236 Funkstreifenwagen t 114 Mannschaftswagen und Kleinbusse t 493 zivile PKW t 44 Motorräder t 27 Nutzfahrzeuge und Anhänger t 136 Sonder- und Spezialfahrzeuge Gesamtjahresfahrleistung: 18,3 Millionen Kilometer

Dienstboote t 2 Küstenstreifenboote mit Tochterboot t 8 Hafenstreifenboote t 1 Alsterstreifenboot t 6 Hilfseinsatzboote t 6 Mehrzweckboote (LBP) t 14 Katastrophenschutzboote t 4 Schlauchboote mit Außenborder (LBP)

Einsatzzahlen 2008 t 500 335 Einsätze, d. h. 1 367 pro Tag POLIZEIBERICHT 2008 Stand: 31.12.2008 86 POLIZEIBERICHT 2008 87 POLIZEIBERICHT 2008 88