Tim Zosel, Bürgerinitiative ProSchiene Hagenow—Neustrelitz eine Einbindung von vorsahen und die Potenziale der Südbahn berücksich- tigten. Doch nicht nur das: Sie haben den Massiver Widerstand gegen Verkehrspolitik Dialog mit den betroffenen Kommunen und den Bürgern einseitig aufgekündigt. Sie sind in -Vorpommern taub für Kritik an ihren folgenschweren Ent- scheidungen und lassen nun die Landkreise Wie gewohnt kommen aus Mecklenburg-Vorpommern keine innovativen Signale - (LUP) und Mecklen- im Nahverkehr. Die Folgen der Konzeptlosigkeit des Infrastrukturministeriums und burgische Seenplatte (MSE) das „flexible“ der landeseigenen Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV) zeigen Busersatzkonzept planen. Das sieht so aus: sich deutlicher denn je: Tarifverbünde scheitern, zuletzt der WestMecklenburgTa- Während die R 3-Züge von Parchim nach rif (WMT), Busse und Bahnen werden nicht aufeinander abgestimmt und service- Malchow derzeit 55 Minuten benötigen, orientierte und barrierefreie Bahnunternehmen wie die OLA werden von der VMV soll die Busverbindung doppelt so lange be- rausgeworfen. Nun sollen zum Dezember 2014 der Warnemünde-Express (Berlin— nötigen, für Fahrgäste in Plau am See einen Warnemünde) gestrichen und die Mecklenburgische Südbahn R 3 Hagenow Stadt— Umstieg sowie eine Wartezeit von 20 bis 40 Neustrelitz direkt in der Mitte zwischen Parchim und Inselstadt Malchow abbestellt Minuten auf den Anschlussbus (je nach Rich- werden. Doch neu ist: Gegen die Pläne regt sich massiver Widerstand. tung) bereit halten. Dabei ist diese Lösung vor allem für zwei Busgesellschaften „flexibel“, die sich ein Stückchen vom Kuchen sichern: Die vom MSE-Kreis beauftragte Personenverkehr GmbH Müritz soll die Linie 22 von Malchow nach Plau am See betreiben und die LUP- kreiseigene Verkehrsgesellschaft Ludwigs- lust-Parchim mbH die Linie 77 von Plau am See nach Parchim. Anschlüsse zum be- stehenden Busersatzverkehr 735 Krakow— Meyenburg werden in Plau ganz „flexibel“ um wenige Minuten verpasst. Trotz dieser enormen Verschlechterung und der massi- ven Proteste für die Südbahn halten die Her- ren Pegel und Kosmider unbeirrt an ihren Plänen fest. Vermutlich zum ersten Mal in Deutschland hat nun am 22. August 2014 ein betroffener Landkreis gegen den SPNV-Aufgabenträger, also die Landesregierung, Klage eingereicht. Durch den Beschluss seines Kreistages ver- sucht der Landkreis MSE beim Schweriner Demonstration in Inselstadt Malchow am 24. August 2014: Mit einer Menschenkette zwi- Verwaltungsgericht zu erzwingen, dass die schen Bahnhof und Altstadt-Drehbrücke machen etwa 300 Menschen auf die drohende bisherigen Zugleistungen der Südbahn wei- Schließung der Südbahn aufmerksam. Sie fordern den Erhalt der Bahnlinie R 3 als Land- terbestellt werden. Der Landkreis LUP hat brücke der Kreise Ludwigslust-Parchim und Mecklenburgische Seenplatte mit schnellem sich am 2. September 2014 mit einer eige- Anschluss an die Oberzentren und Rostock sowie an die Metropolen Berlin und nen Klage angeschlossen. Auch die beiden Hamburg. Gerade in Südmecklenburg brauchen Menschen für die grundgesetzlich veran- regionalen Planungsverbände haben die kerten gleichwertigen Lebensverhältnisse verlässliche und nicht „flexible“ Mobilität. Absicht, Klage einzureichen. Ferner werden Foto: Florian Müller ProBahn Mecklenburg-Vorpommern und die BI Individualklagen gegen die Landesre- Der Terminkalender der Bürgerinitiative Pro- staltet (suedbahn-camp.de) und eine Men- gierung unterstützen. Schiene Hagenow—Neustrelitz (BI) ist seit schenkette vom Malchower Bahnhof bis zur Die Südbahn ist aber nicht der einzige eineinhalb Jahren gut gefüllt: Jeden letzten Drehbrücke organisiert, um damit abermals Patzer. Die wiederholten Kürzungen zeigen, Freitag im Monat findet die Rote Laterne ihre Forderung nach einer schnellen, ver- wie das Ministerium und die VMV überall im statt. Allein beim ersten Aufruf im Novem- netzten und barrierefreien Anbindung Süd- Land den Nahverkehr grundlegend unter- ber 2013 hielten etwa 300 Bürger Mahnwa- zu untermauern. graben. Ende 2012 wurden die Bahnlinien che an den Bahnhöfen der Südbahn und for- Die Zerschlagung der Südbahn bedeutet S 3 Rostock Hbf—Seehafen Nord und RB 11 derten damit die Landesregierung auf, die nicht nur die Abkoppelung der Tourismus- Schwerin—Hagenow Stadt eingestellt, auf Abbestellung der Züge zwischen Parchim region Mecklenburgische Seenplatte. Sie den Bahnstrecken Rehna—Parchim und R 3 und Malchow zurückzunehmen. widerspricht auch der Daseinsvorsorge Hagenow Stadt—Neustrelitz wurden Fahr- Bereits viermal wurde vor dem Landtag und Aufrechterhaltung gleichwertiger Le- ten gestrichen. Ende 2013 wurde das ser- in Schwerin für den Erhalt der Südbahn bensbedingungen sowie dem Regionalen viceorientierte Bahnunternehmen OLA vom demonstriert. Zuletzt gab es gut besuchte Raumentwicklungsplan Westmecklenburg, Land daran gehindert, die Linie Bützow— Informationsveranstaltungen und Podi- in dem sogar eine Sanierung der Strecke Ueckermünde Stadthafen mit barrierefrei- umsdiskussionen zur Zukunft des regiona- vorgesehen ist. en Talent-Zügen weiter zu betreiben. Das len Nahverkehrs in Lübz und Plau am See. Den von der BI angemeldeten Zweifeln Ergebnis: massive Behinderungen beim Ein- Bürgermeister demonstrieren und machen an den offiziellen Begründungen haben und Ausstieg vor allem für Rollstuhl- und deutlich, wie wichtig die SPNV-Anbindung Infrastrukturminister Christian Pegel und Radfahrer. ihrer Kommunen ist. sein Abteilungsleiter Rainer Kosmider eine Ende 2013 kollabierten darüber hinaus Zuletzt hat die BI am Bahnhof Lübz ein Absage erteilt. Sie weigerten sich sogar, al- die Tarifverbünde Westmecklenburg (WMT) Protestcamp mit 350 Teilnehmenden veran- ternative Konzepte ernsthaft zu prüfen, die und Müritz-Oderhaff (VMO), in denen sich aus: verkehrspolitische Zeitschrift SIGNAL 5/2014 (2. Okt. 2014) 26 • www.signal-zeitschrift.de Oktober/November • SIGNAL 5/2014 Berliner Fahrgastverband IGEB www.igeb.org • [email protected] • Tel. (030) 78 70 55 11 Bus- und Bahnunternehmen zusammenge- schlossen hatten, um gemeinsame Tickets anzubieten. Das Ministerium unternimmt keinen Versuch der Rettung oder des Aus- gleichs. Auf einen Schlag verliert der ÖPNV in den Kreisen Ludwigslust-Parchim, Nord- westmecklenburg, Schwerin sowie Meck- lenburgische Seenplatte und Vorpommern- Greifswald (und damit fast im gesamten Land) an Attraktivität. Für viele Menschen wird ÖPNV umständlicher und teurer. Beim Umstieg von der Bahn auf den Bus muss stets ein neues Ticket gekauft werden. Ur- lauber, Tagestouristen und Tagungsgesell- schaften suchen sich andere Regionen aus, die Nahverkehr als Standortfaktor begreifen, während in Mecklenburg-Vorpommern die Fahrgastzahlen weiter sinken. Selbst auf Hauptstrecken wie Berlin— Seit November 2013 findet jeden letzten Freitag im Monat die Aktion „Rote Laterne“ an allen Rostock wird gekürzt: Der Warnemünde- Bahnhöfen der Südbahnlinie R 3 zwischen Hagenow Stadt und Neustrelitz statt. Auch hier Express soll ab Dezember 2014 eingestellt am Malchower Bahnsteig sagen Bürger „NEIN“ zur Politik des Infrastrukturministeriums werden. Dabei haben sich Berliner, Bran- und zum Ende der Bahn nach Parchim. Foto: Tim Zosel denburger und Mecklenburger nach Ab- schluss des 850 Millionen Euro teuren Ausbaus auf Fahrzeitverkürzungen an die Ostsee und in die Hauptstadt gefreut. Jah- relang hatte das mecklenburgische Minis- terium sich für diesen Ausbau eingesetzt. Jetzt maßt sich die VMV an, auf dem RE 5 Lutherstadt Wittenberg—Rostock gar kei- ne Fahrtzeitverkürzungen vorzunehmen. Dabei könnten Verbindungen von Berlin und Waren (Müritz) nach Bad Doberan oder Ribnitz-Damgarten bis zu einer Stun- de schneller sein. Doch Ministerium und VMV wollen nur langsamen Nahverkehr bestellen. Sie argu- mentieren, dass schneller Nahverkehr als Fernverkehr zu verstehen sei und damit nicht in ihre, sondern in die Zuständigkeit des Bundes falle. Anders hingegen die Verkehrsminister Hier drückt der Schuh (!): Warnemünde-Express und Südbahn (R 3) zwischen Parchim und Mal- Winfried Hermann in Baden-Württemberg chow sowie Waren und Neustrelitz sollen eingestellt werden, in Langhagen fehlt jegliche Ver- und Olaf Lies in Niedersachsen: Sie haben knüpfung zwischen Bahn und Bus und in Neubrandenburg drohen die Bahnsteige eingekürzt zu erkannt, dass die Mobilitätsbedürfnisse werden. Hintergrundbild: RE 5 und R 3 im Bahnhof Waren (Müritz). Zeichnung und Foto: Tim Zosel durch ein mangelhaftes Fernverkehrsange- bot nicht hinreichend gestillt werden und • Fahrtzeitverkürzungen zwischen Berlin Weit mehr als 1000 Unterzeichner sprechen finanzieren durch ein sogenanntes Koope- und Rostock an die Fahrgäste weiterzu- sich bereits für einen besseren Nahverkehr rationsmodell den Fernverkehr mit. Die in- geben und ein tragfähiges Konzept zur aus, indem sie die Petition unterstützen. Es zwischen bekannt gewordene bedrohliche Anbindung von Güstrow zu entwickeln dürften noch viel mehr werden. Die BI und Lage des privaten Fernzuges InterConnex • ein Bahn-Bus-Landesnetz wie in Sachsen- ihre Partner laden darüber hinaus Ende Ok- Rostock—Leipzig) zeigt, wie wichtig die Anhalt zu errichten, bei dem Bahn und tober/Anfang November zum Bahnhofsfest Unterstützung des Landes in solchen Ko- Bus intelligent miteinander verknüpft nach Lübz ein und empfehlen ausdrücklich operationsmodellen wäre. sind und Verknüpfungsstellen gefördert die Anreise mit der Südbahn R 3. Neben der Begleitung des Klageverfah- werden – brandaktuell ist das am neuen rens hat die BI zusammen mit ihren Partnern RE 5-Bahnhof Langhagen nötig Unterstützen Sie die BI im Ringen um einen eine Petition auf change.org gestartet, in • Bahnsteigverkürzungen in Neubranden- besseren Nahverkehr in Mecklenburg-Vor- der sie das Infrastrukturministerium und die burg zu verhindern, um auch für Fernzüge pommern. Gerade für Berlin/Brandenburg VMV auffordert, die Arbeit endlich gewissen- möglicher Zwischenhalt zu bleiben und den Hamburger Raum ist die Erreichbar- haft wahrzunehmen und die desaströse und • einen landesweiten Nahverkehrsta- keit von Ostsee und Seenplatte akut gefähr- ideenlose Politik des Infrastrukturabbaus zu rif für Bus und Bahn mit großzügigen det. Zeichnen Sie deshalb bei der Petition mit: beenden. Konkret wird darin u. a. gefordert: Übergangsregelungen zum Hamburger www.change.org/p/christian-pegel- • den Warnemünde-Express sowie die Verkehrsverbund (HVV), zum Schles- verbessern-sie-den-nahverkehr-in- Mecklenburgische Südbahn auf ganzer wig-Holstein-Tarif und zum Verkehrs- mecklenburg-vorpommern Linie zu erhalten verbund Berlin-Brandenburg (VBB) zu Die Bürgerinitiative ProSchiene Hagenow— • ein Kooperationsmodell im Fernverkehr entwickeln Neustrelitz ist erreichbar über zu entwickeln und so für bessere Verbin- • die politische Arbeit von VMV und Mi- www.proschiene-hagenow-neustrelitz.de dungen nach Mecklenburg-Vorpommern nisterium kreativ und partizipativ zu und zusätzlich auf Facebook vertreten. Spre- zu sorgen gestalten. cher sind Monika Göpper und Clemens Russell. aus: verkehrspolitische Zeitschrift SIGNAL 5/2014 (2. Okt. 2014) SIGNAL 5/2014 • Oktober/November Berliner Fahrgastverband IGEB www.signal-zeitschrift.de • 27 www.igeb.org • [email protected] • Tel. (030) 78 70 55 11