Programm

Sonntag, 29. April 2018, 17 Uhr | Kunsthalle Zürich

Freitag, 25. Mai 2018, 20 Uhr | Gare du Nord Basel

Samstag, 26. Mai 2018, 19.30 | Menuhin Forum Bern

Sonntag, 27. Mai 2018, 19 Uhr | Matthäuskirche Luzern

Phantastische Nacht – Adolf Wölfli

Konzertprojekt mit Auftragswerken in Zusammenarbeit mit dem Verein Wölfli & Musik — Gustav Mahler 1860 – 1911 Arr. Clytus Gottwald ‹Um Mitternacht›

Konstantia Gourzi *1962 ‹Der Engel der Eewigkeit› Uraufführung im Auftrag von Wölfli&Musik

Gustav Mahler Arr. Clytus Gottwald ‹Ich bin der Welt abhanden gekommen›

Howard Arman *1954 ‹Über Land und Meer› Uraufführung im Auftrag von Wölfli&Musik

Johannes Brahms 1833 – 1897 ‹Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen?› Op. 74, Nr. 1

Ensemble Corund | Stephen Smith Leitung [visuelle] l’équipe Texte zu den Werken

Mahler Gourzi Mahler Arman

Um Mitternacht ‹Der Engel der Eewigkeit›, Ich bin der Welt abhanden gekommen Über Land und Meer — Sieben Blicke – Hommage à Adolf Wölfli — — Hab' ich gewacht — Ich bin der Welt abhanden gekommen, La terre, sous mes pieds, n’est qu’un Und aufgeblickt zum Himmel; I. Kyrie eleison Mit der ich sonst viele Zeit verdorben, immense journal déplié. Parfois une Kein Stern vom Sterngewimmel Sie hat so lange nichts von mir vernommen,­ photographie passe, c’est une curiosité II. Majestätischer Raum, grenzenlose Hat mir gelacht Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben. quelconque et des fleurs monte uniformé- Ewigkeit, allmächtige, allgewaltige, all- Um Mitternacht. ment l’odeur, la bonne odeur de l’encre barmherzige, allgütige, allgerechte, Es ist mir auch gar nichts daran gelegen, d’imprimerie. Um Mitternacht allwissende, allwaltende Göttin, heilige Ob sie mich für gestorben hält, André Breton, Poisson soluble (1924) Hab’ ich gedacht Santa Maria Ich kann auch gar nichts sagen dagegen, Hinaus in dunkle Schranken. Hohladiridi Aus Wölflis Schriften Denn wirklich bin ich gestorben der Welt. Es hat kein Lichtgedanken ‹Geografisches Heft Nummer 11 – Schriften Wölfli, Fragmente 1912 – 1913› Mir Trost gebracht Ich bin gestorben dem Weltgetümmel, Sequentia Sancti Evangeli secundum Um Mitternacht. III. Maria Und ruh' in einem stillen Gebiet. Matthaeum Um Mitternacht Aus Wölflis Schriften Ich leb' allein in meinem Himmel, ‹Geografisches Heft Nummer 11 – Schriften Intrate per angustam portam, quia lata Nahm ich in acht 1912 – 1913› In meinem Lieben, in meinem Lied. porta et spatiosa via, quae ducit ad Die Schläge meines Herzens; IV. Vokale perditionem, et multi sunt, qui intrant Ein einz’ger Puls des Schmerzes Aus dem Gebet ‹Vater unser›. per eam; quam angusta porta et arta via, War angefacht quae ducit ad vitam, et pauci sunt, qui Um Mitternacht. V. Licht inveniunt eam!** Aus Wölflis Schriften Um Mitternacht Evangelium secundum Matthaeum 7, 13-14* ‹Geografisches Heft Nummer 11 – Schriften Kämpft’ ich die Schlacht, 1912 – 1913› Deo gratias O Menschheit, deiner Leiden; VI. Aeói-ü Nicht konnt’ ich sie entscheiden July the first, 1924. Went ashore VQ Vokale aus der Zusammenstellung seines Namens, Mit meiner Macht Reginald Arman, diary entry for July 1st 1924 seiner Signatur und des Wortes Engel. Um Mitternacht. VII. Geräusche des Ein- und Ausatmens Very quick! We had to be very quick indeed! Um Mitternacht H.A. Hab’ ich die Macht Halleluia, der Herr ist verrükt. In deine Hand gegeben! aus: Adolf Wölfli, Von der Wiege bis zum Graab Herr! Über Tod und Leben Du hältst die Wacht 1. Juli 1924. Der patient sagt, er wolle nun Um Mitternacht! wieder komponieren bis die Ernte da sei. Pflegebericht für Adolf Wölfli, 1. Juli 1924

* Suggested by: “Die Pforte ist Eng und der Weeg ist Schmaal”, Wölfli, Fragment ** Enter ye in at the strait gate: for wide is the gate, and broad is the way, that leadeth to destruction, and many there be which go in thereat: Because strait is the gate, and narrow is the way, which leadeth unto life, and few there be that find it. (transl: The Holy Bible 1611) Texte zu den Werken Über den Verein Wölfli & Musik

Brahms Musik – dem Maul abgeschaut

Adolf Wölfli kennt man als Zeichner und Maler. Weniger bekannt ist, dass dieser Univer- Warum ist das Licht gegeben salkünstler in den 35 Jahren seines Aufenthalts in der psychiatrischen Anstalt Waldau dem Mühseligen in Bern auch tausende von Seiten an Prosatexten verfasst und diese mit dutzenden von — Gedichten und lautmalerischen Epigrammen gespickt hat. «Obiges Lied ist 16 Schläg Warum ist das Licht gegeben dem Marsch und, genau soh, wie der Text anbemerkt» heisst es an diversen Stellen seines Mühseligen, gigantischen Textwerks ‹Von der Wiege bis zum Graab›. Fast immer schreibt er bei die- und das Leben den betrübten Herzen, sen ‹Textsinfonien› Angaben über Taktmass und Rhythmus vor. Dies ganz im Sinne des die des Todes warten und kommt nicht, heutigen Poetry-Slamming. Es gibt aber in allen Wölfli-Werken immer auch Hinweise auf und grüben ihn wohl aus dem Verbor­ konkrete Musik. Er verwendet meist nicht entzifferbare Noten, er benutzt eine eigene genen, Text-Musikschrift. die sich fast freuen und sind fröhlich, Wölfli ist in jeder Hinsicht eine grosse Inspirationsquelle für Musikerinnen und daß sie das Grab bekommen, Musiker. Deshalb fördert der 2012 gegründete Verein Wölfli&Musik die musikalische und dem Manne, deß Weg verborgen ist, Auseinandersetzung mit Wölfli (siehe Kasten). Schon die ersten Wölfli-Kunstausstellun- und Gott vor ihm denselben bedecket? gen ab den 1970er Jahren führten zu musikalischer Beschäftigung mit seinem Material. Hi 3,20 – 26 LUT Im Verlaufe der Jahre ergibt sich ein immer klarerer Fokus auf die direkten musikalischen Aspekte seines «Componierens». Lasset uns unser Herz samt den Händen Wölflis Kopfgeburten aus Text, Musik, Zeichnerei sind bis heute von faszinieren­ aufheben zu Gott im Himmel. der Sprengkraft und werfen mannigfaltige Fragen auf: Ist seine ‹Krankheit› Ursache eines Klgl 3,41 nicht Sozialisierbaren oder Folge des Eingesperrt-Seins? Wo hört in der ‹gesunden› Welt Siehe, wir preisen selig, die erduldet die Wirklichkeit auf, wo beginnt der Wahn? Ist das ‹gestörte Ich› Ausdruck pathologischer haben. Veranlagung oder Projektionsfläche einer verrückt gewordenen Welt, in der auch wir so- Die Geduld Hiob habt ihr gehöret, genannt Normalen weder Antworten finden noch Fragen richtig zu stellen vermögen? und das Ende des Herrn habt ihr gesehen; Gesänge und Chorwerke ergeben sich aus Wölflis Werk fast von selbst. Das war die denn der Herr ist barmherzig und ein Motivation für Wölfli&Musik, 2017 zwei Chorwerke in Auftrag zu geben: Wie reagiert Erbarmer. das zeitgenössische Schaffen auf Wölflis Universum? Wir freuen uns auf die konkreten Jak 5,11 musikalisch-gesanglichen Antworten durch Konstantia Gourzi und Howard Arman.

Mit Fried und Freud ich fahr dahin, Michael Kaufmann, Wölfli&Musik in Gottes Willen, Getrost ist mir mein Herz und Sinn, sanft und stille. Der Verein Wölfli&Musik wurde 2012 in Bern gegründet. Er widmet sich den Musikaspekten des Werks Wie Gott mir verheißen hat: von Adolf Wölfli (1864 – 1930). Spätestens seit der Wiederentdeckung Wölflis in den 1970er Jahren ha- der Tod ist mir Schlaf worden. ben sich unzählige Musiker aller Gattungen mit seinem Werk und seinen kompositorischen Versuchen beschäftigt. U.a. Georges Aphergis, Terry Riley, , Urs Peter Schneider, Per Norgard, Kjell Martin Luther Keller, Peter Streiff. Wölfli&Musik hat seit 2012 verschiedene Kompositionsaufträge über Wölfli finanziert und im 2014 zum 150. Geburtstag in Bern ein dreitägiges Festival veranstaltet. Auf diesem Wege entstanden Werke von Jost Meier, Christian Henking, Roland Moser, Daniel Glaus, Fred Frith, Christoph Blum, Sara Wuest, Benja- min Ryser, Eric Förster sowie Wortbeiträge von ‹Bern ist überall› und die Kammeroper ‹Das Allmachtsrohr› von Helena Winkelman und Meret Matter. 2016 entstanden ‹Im Schaltjahr› drei weitere Wölfli-Kompositionen von Ezko Kikoutchi, Walter Feld- mann und Annette Schmucki für das Berner Ensemble Proton. Im Jahr 2017 wurde an Kostantia Gourzi und Howard Arman je ein Kompositionsauftrag für ein Chorwerk vergeben – die zwei Werke werden 2018 durch das Gesangsensemble Corund aufgeführt. Weitere Projekte sind für 2019/20 in Vorbereitung. Werknotiz der Komponistin

Konstantia Gourzi der ein Wort nicht vollständig aussprechen kann, so als ob er keine Stimme oder Zunge zum Sprechen hätte und dessen Inneres mit Gut und Böse kämpft. Der harmonische Das Stück ‹Der Engel der Eewigkeit› ist eine Hommage à Adolf Wölfli und seinem Leben Modus erinnert ein wenig an altgriechische Elemente. Das fünfte Stück Licht vertont das als Maler, Autor und Musiker gewidmet. Es ist entstanden in der Auseinandersetzung Wort selbst und beschreibt klanglich die Erleuchtung, in dem z.B. die Harmonien inten- mit seinen Bildern und seiner ‹inneren› Welt, seinen Bildthemen, Farben und deren siv und zusammenhängend eine Spannung durch die langen Takte aufbauen. Das sechste Kombinationen. Der Inhalt seiner Bilder verändert sich mit dem Abstand; von Weitem Stück Eewigkeit wird bestimmt durch harmonische und musikalische Leichtigkeit. Die erscheinen sie als konkrete Bilder mit einem klaren Thema und aus der Nähe überra- Gruppen singen wie in einem freien Kanon das Thema und der Dirigent entscheidet schen sie mit einer Miniaturwelt aus vielen kleinen Bildern. Diese Kunstform hat mich über den Zeitpunkt der Einsätze und über das Ende des Satzes. Wichtig ist dabei, den zu dieser Komposition inspiriert. Puls durchzuhalten und die Harmonien zwischen den vier Gruppen zu verflechten. Das Das erste Bild, das mich inspirierte, habe ich im Kunstmuseum Bern gesehen: Thema ist so bearbeitet, dass immer wieder neue Klangzufälle erzeugt werden. Das letz- ‹Geographische Karte der beiden Fürstentümer Sonoritza und Willi=Wand=West› von te Stück Abschied entsteht durch ein- und ausatmende Geräusche. Der rein gesangliche 1911. In Wölflis Schriften, die einen sehr ungewöhnlichen Lebenslauf dokumentieren, Teil ist vorbei und das Ende wird zum Anfang eines inneren, kraftvollen, aber ruhigen tritt auch eine religiöse Figur zutage – in seinen Bildern korrespondiert dies oft mit Abschieds. gemalten Kreuzen. Wölfli schreibt häufig über Maria, er ‹ruft› die Götter. In seinem Alle Miniaturen werden nacheinander gesungen und vom Dirigenten durch Hauptwerk ‹Funeral March› streut er immer wieder Gebete und Bibelzitate ein. Die Spannungspausen verbunden. Das Stück soll der immer näheren Betrachtung eines Bil- Komposition greift dies auf und stellt damit eine große Nähe zu Wölflis Gedankenwelt des von Adolf Wölfli ähneln, in deren Verlauf die Details zunehmend klarer werden. Es her. In zwei der sieben Stücke benutze ich nur die Vokale – als eine Hommage an die gleicht damit auch einem spirituellen Ritual. Wortschöpfungen und Wortspiele Wölflis. So werden zum Beispiel die Vokale des Gebets ‹Der Engel der Eewigkeit› als eine Hommage à Adolf Wölfli habe ich in meine En- ‹Vater unser› vertont. gel-Kompositionsreihe für verschiedene Besetzungen aufgenommen. Diese Komposition Die Komposition enthält in den Stücken II, III und V Texte aus seinen Schriften ist die sechste der Reihe. ‹Geografisches Heft Nummer11 – Schriften 1912 – 1913›, die vertont wurden. In der Auseinandersetzung mit Wölflis Bildern und Schriften drängt sich mir der Gedanke ei- nes ‹gefallenen› Engels auf der Erde auf. Dieser Gedanke des ‹Engelsmenschen Wölfli› Die griechische Komponistin und Dirigentin Konstantia Gourzi ist häufig in dieser Doppelfunktion zu erleben. findet Bestätigung in der immer wieder vorkommenden Formulierung ‹Der Engel der Ihr musikalischer und künstlerischer Wunsch ist es, Ver- Eewigkeit›. Daraus ist auch der Titel der Komposition entstanden. bindungen zu schaffen – als Komponistin zwischen traditionel- Musikalisch wollte ich sieben Stücke, sieben Miniaturen eines Augenblicks kom- len und zeitgenössischen Klängen, als Dirigentin mit neuen konzeptuellen Schwerpunkten. ponieren, die als klangliche Darstellungen dieser Momente dienen. Jedes Stück hat einen Ihre kompositorische Arbeit umfasst neben Opern, Film- eigenen Charakter, aber alle zusammen befinden sich klanglich im gleichen Modus eines musik, Werken für Musiktheater und Orchester auch zahlrei- größeren Stückes. Es handelt sich auch um eine Intensität, die sich durch harmonische che Solostücke und Kammermusik. Die Liste der Auftraggeber umfasst unter anderem die Staats- Spannungen in jedem Stück entfaltet. opern Berlin und München, das Lucerne Festival, das hr-Sin- Zu Beginn des ersten Stücks Ankunft wird das Kyrie Eleison gesungen. Die Mu- fonieorchester, den Bayerischen Rundfunk, Nils Mönkemeyer, sikelemente in diesem Stück erzeugen eine meditative Stimmung und gleichen dem Ein- François Leleux, das Minguet und Signum Quartett. Immer auf der Suche nach neuen Aufführungskonzepten treten in einen neuen Raum, dessen Stimmung uns einnimmt. Das zweite Stück Begeg- für Zeitgenössische Musik, initiierte Konstantia Gourzi neue nung beschreibt Wölflis Bewunderung von Maria. Die Tenöre und Baritone halten einen Konzertreihen, folgte dem Beispiel ihres Mentors Claudio Ab- Unisono-Klang, der einem Orgel-Ostinato gleicht; die Spannung bleibt durchgehend von bado und gründete verschiedene Ensembles wie attacca berlin, Fotografie: Giorgos Mavropoulos Giorgos Fotografie: ensemble echo, ensemble oktopus, opus21musikplus. den beiden Gruppen gehalten. Die Soprane und Altos singen abwechselnd die jeweili- Ihre Alben bei Neos, Sony und ECM finden große inter- gen Phrasen von Wölfli wie mit einer einzigen Stimme von Anfang bis zum Ende. Das nationale Anerkennung. dritte Stück Ruf ist auf einer dynamischen, engen Harmonik aufgebaut und vermittelt Konstantia Gourzi lebt in München und ist seit 2002 Pro- fessorin an der Hochschule für Musik und Theater München. die Intensität eines Rufes an Maria. Das vierte Stück Gebet wird von den Solisten ge- In der Saison 2017/18 ist sie Artist in Residence des Internati- sungen, während die Tutti-Stimmen einen Klangteppich erzeugen. Die Atmungen der onalen Künstlerhauses Villa Concordia in . Tutti-Gruppen sollten zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden, so dass der Klang Mehr Infos unter: www.konstantiagourzi.com durchgehend aktiv bleibt. Der originale Text ist das Gebet ‹Vater unser›, aber hier wer- den nur die Vokale des Gebets gesungen. Es soll die Hilflosigkeit eines Menschen zeigen, Werknotiz des Komponisten

Howard Arman biges Präludium zu einer weitläufigen surrealistischen Traumsequenz. Der Dichter und Schriftsteller André Breton, Mitbegründer und Haupttheoretiker des (literarischen) Sur- Über Land und Meer realismus, sprach Adolf Wölflis Werk eine tiefgründige Bedeutung zu. Und seine Dich- — tung ‹Poisson soluble›, der ich diese Eingangszeilen entnahm, schrieb er im Jahr 1924. Meine Beschäftigung mit Adolf Wölflis umfangreichem Werk bestärkte mich in meiner seit langem gehegten Überzeugung: dass Genauigkeit des Ausdrucks und Ambivalenz Übersetzung: Ute Birgi (Doppelwertigkeit) des Ausdrucks sich keineswegs gegenseitig ausschliessen. Als ich mit der Arbeit an der vorliegenden Komposition begann, beschloss ich, dass dieser Gedanke ihr ‹Leitmotiv› sein sollte. Ich hatte immer schon gewusst, dass meine Arbeit kein Stück Vielseitigkeit gehört zu den wichtigsten musikalischen An- liegen des in London geborenen Dirigenten, Chorleiters und ‹über› Wölfli sein dürfte, keine wie auch immer geartete Beschreibung. Den Grund dafür Komponisten Howard Arman, der seit Herbst 2016 Künstle- lieferte mir in aller Klarheit Wölflis Werk, das mich verwirrte und beeindruckte. Was rischer Leiter des Bayrischen Rundfunkchor ist. So profiliert ich anstrebte, war eine Musik mit lebhaften und präzisen Bildern, welche die Nähe und er sich in allen Epochen, Genres und Darbietungsformen der klassischen Musik: vom historisch informierten Barockkonzert gleichzeitig die Unwirklichkeit (und Wahrheit) eines Traumes evoziert, die dem Zuhörer über Chorsymphonik und Oper bis hin zu Jazzprogrammen jedoch trotzdem erlaubt, sich sein eigenes Narrativ zu erfinden. Entstanden ist auf diese und breitenwirksamen, selbst moderierten Mitsingkonzerten. Weise ein collage-ähnliches Tonbild für Stimmen, dessen vielfältige Bilder und Meta- Außerdem hat Howard Arman seit vielen Jahren die Professur für Orchesterleitung an der Hochschule Luzern – Musik inne. phern ich gelegentlich – auf keinen Fall ausschliesslich – gewissen Themen wie Kindheit, Howard Arman ließ sich am Trinity College of Music in Lon- Religion, Krankheit(en), und Fantasie zuordne, wobei der Zuhörer wiederum zu ganz don ausbilden, bevor er zunächst mit renommierten englischen anderen Eindrücken gelangen kann. Ensembles kooperierte und schon bald seinen Wirkungskreis auf Europa ausweitete. In Deutschland arbeitete er mit den Während solche Ideen in Wölflis Schaffen immer wieder und in gleicher Un- Chören des NDR, des SWR und des RIAS Berlin zusammen. verständlichkeit auftauchen, scheint die Art und Weise, wie er diese zu Papier bringt, Längerfristige künstlerische Bindungen ging er von 1983 bis oft ausserordentlich diszipliniert. Diesem Phänomen wollte ich in meiner Komposition 2000 beim Salzburger Bachchor sowie von 1998 bis 2013 als Künstlerischer Leiter des MDR Rundfunkchores Leipzig ein. nacheifern. So findet zum Beispiel Wölflis Art, Worte und Bilder gegenüberzustellen, in Bereits 1995 trat Howard Arman erstmals bei den Salzburger meinem Stück eine oberflächliche Parallele im Kontrast zwischen gesprochenen Worten Festspielen in Erscheinung. Neben seinem internationalen Wir- und ungetexteten Vokalisen. Und mein gelegentlicher Gebrauch von genau geplanten, ken als Chor- und Orchesterdirigent leitete er viel beachtete Produktionen an Opernhäusern in Deutschland, Österreich, sich allmählich verändernden melodischen Motiven erinnert bewusst an Wölflis Spiel Italien und in der Schweiz. Für die Neuformierung des Hän- mit seinen sich ständig wiederholenden Darstellungen immer gleicher, nur ganz sacht del-Festspielorchesters anlässlich der Inszenierung von Orlan- variierter Figuren. do wurde Howard Arman 1996 mit dem Händel-Preis geehrt. Von 2011 bis Juli 2016 war er Musikdirektor des Luzerner Trotz allem glaube ich aber, dass gewisse Aspekte von ‹Über Land und Meer› Theaters, wo er u. a. Händels Hercules, Mozarts Le nozze di zumindest in Teilen auf einer Art von Geschichte beruhen. Zur gleichen Zeit, in der Figaro, Rossinis La Cenerentola, Bizets Carmen und Richard ich Wölflis fesselnde Berichte über seine fantastischen Seereisen las, entdeckte ich ein Strauss’ Ariadne ebenso wie das Tanztheater Metamorphosen (mit eigenen Kompositionen) und die Uraufführung von Johan- schmales Tagebuch, in dem mein Grossvater alle Anlaufhäfen notiert hatte, welche er nes Maria Stauds Die Antilope leitete. im Jahr 1924 als Seemann der britischen Royal Navy besuchte. Bei meiner Einsicht Komposition war immer ein selbstverständlicher Teil von Ho- auf Wölflis Arztberichte aus dem gleichen Jahr faszinierte mich die Möglichkeit, die ward Armans Leben als praktizierender Musiker. Seine Werke umfassen Oper, Bühnenmusik, Orchesterkompositionen und Lebensphasen an bestimmten Tagen dieser beiden Seemänner, des imaginären und des Chorwerke. In jüngster Vergangenheit wurde sein ‹Cantos di echten, miteinander zu vergleichen. Der Text der vorliegenden Komposition bezieht sich sirena›, ein multimediales Bühnenwerk geschrieben für La Fura kurz auf Einträge für den 1. Juli 1924 in den beiden erwähnten Dokumenten und liefert dels Baus, in Luzern und Köln aufgeführt. ‹Metamorphosen› wurde vom Mitteldeutschen Rundfunk auf CD eingespielt, und so zumindest eine Andeutung für meine Vorstellung von einer möglichen sachlichen ‹The cries of London›, ein Auftragswerk des Bayerischen Rund- und ebenso tragischen Verknüpfung etlicher der nur versteckt angedeuteten Dinge in funks für Chor und Orchester, erfuhr seine Uraufführung in meinem Stück. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund für meine Wahl des Titels für München. Howard Arman arrangiert auch Musik für Chor und Orchester: die inzwischen vierte CD seiner Arrangements er- meine Komposition. ‹Über Land und Meer› war eine Publikation, von der Wölfli sich scheint bei Sony dieses Jahr. sowohl für seine Schriften wie für seine Zeichnungen inspirieren liess. In diesem Zusammenhang schien mir eine Wortfolge von André Breton besonders passend. Sie steht am Anfang des Stückes als einziger ‹konkreter› Moment, als kurzle- Die Ausführenden

Ensemble Corund Engagements mit seinen Ensembles und als Gastdirigent führten ihn nach Spanien, Deutschland, England, Lettland, Rumänien, auf die Bermudas, in die USA, die Slowakei Auch nach 25 Jahren gilt: sein Name verpflichtet — Corund steht für Farbigkeit, Brillanz, und durch die Schweiz. Neben dem Ensemble Corund leitet er als Kantor ein ambitio- Reinheit, Transparenz, Kostbarkeit, Dauerhaftigkeit, Dichte, kristalline Präzision. Der niertes Musikprogramm an der Matthäuskirche Luzern und ist seit 25 Jahren künst- Edel-Korund, besser bekannt als Rubin und Saphir, dient gleichermassen als Vor- und lerischer Leiter einer Konzertreihe für Chormusik in Luzern. Als innovativer Initiant Ebenbild des professionellen Luzerner Vokalensembles. Die geistliche Musik der Renais- von spartenübergreifenden Musikprojekten hat Stephen Smith die Musiklandschaft der sance und des Barock sowie Musik des 20. und 21. Jahrhunderts bilden die Schwerpunk- Schweiz mit vielen ‹Firsts› belebt. te des Repertoires, eine werkgetreue, historisch orientierte, zugleich hoch expressive 2006 war er Initiant und künstlerischer Leiter für ein für die Schweiz einzigar- und lebendige Wiedergabe das Ziel der Arbeit. tiges Festival zum 20. Todesjahr von Maurice Duruflé mit seinem integralen Werk für Die Kerngruppe des Ensemble Corund besteht aus 12 Sängerinnen und Sän- Chor, Orchester und Orgel. 2013 leitete er ein ebenfalls einzigartiges, mehrmonatiges gern, die Besetzung variiert von 4 bis 40 Stimmen. Dazu kommt je nach Programm das Chorfestival zum 100. Geburtsjahr von Benjamin Britten, das ein breites Spektrum von Corund Barockorchester. Die Musiker haben alle einen Namen als Solisten und besitzen Brittens Chorkompositionen präsentierte. auch breite Erfahrung als professionelle Ensemblesänger und Instrumentalisten. Sie eint In den letzten Jahren führten ihn Einladungen als Dirigent u. a. nach Frankfurt das Bestreben nach einem reichen, farbigen, vitalen, doch homogenen Ensembleklang (Oder), Pamplona, Riga, Bratislava, Sibiu, Oradea, Cluj-Napoca, Canterbury und Lincoln. Er im vokalen wie auch im instrumentalen Bereich. Das Ensemble Corund veranstaltet seit arbeitete mit Orchestern und Chören wie Luzerner Sinfonieorchester, Zürcher Kammeror- 25 Jahren eine eigene Konzertreihe in Luzern mit drei bis fünf Konzerten pro Saison. chester, Orquesta Sinfonica de Navarra, Musikkollegium Winterthur, Brandenburgisches Zur Tradition geworden ist das Weihnachtskonzert mit Händels Messiah im KKL Luzern Staatsorchester Frankfurt, Atlanta Baroque Choir & Orchester, Zuger Sinfonietta, Camerata im Wechsel mit anderen großen Chorwerken. Musica, Transylvanian Philharmonic Choir & , Sibiu State Philharmonic Choir & Neben den eigen veranstalteten Konzerten in Luzern geht das Ensemble Corund Orchestra, Oradea State Philharmonic Choir & Orchestra, Magnolia Baroque Festival Choir regelmässig auf Tourneen oder wird von Festivals und Orchestern eingeladen. Zu er- & Orchestra, La banda antix, Cappricio, Putni, Zürcher Singakademie u.a. In den Saisons wähnen sind z.B. die Orchester in Winterthur, Bern, Luzern, das Sinfonieorchester Ba- 2017– 19 stehen Einladungen zum Orchestre Symphonique Trois Rivières, Quebec, zum sel und argovia philharmonic sowie Festivals wie das Menuhin Festival in Gstaad, die Stuttgarter Kammerorchester und zum Musikkollegium Winterthur, sowie erneut zum Bachwochen Thun, das Stimmen-Festival Lörrach oder das Festival Alte Musik Zürich. Oradea State Philharmonic Choir & Orchestra, Sibiu State Philharmonic Choir & Orchestra Die Aufführungen des Ensembles werden von Publikum und Kritikern gelobt für und Timisoara Philharmonic Orchestra an. die durchdachte Programmierung und das risikofreudige Musizieren voller Energie und Stephen Smith studiert regelmässig das Ensemble Corund in verschiedenen Be- Emotion. www.corund.ch setzungen für Dirigenten wie Howard Arman, Douglas Boyd, James Gaffigan, Mario Venzago, Laurence Cummings, Mark Elder oder Douglas Bostock ein. Sopran Gabriela Bürgler, Stephanie Pfeffer, Daniela Portmann, Caroline Reitzel, Anja Scherg, Aline Willi-Jayet Alt Nadia Catania, Annina Haug, Ursina Patzen, Carmen Würsch Zahlreiche CD- und Rundfunkaufnahmen zeugen von seinen breit gefächerten Tenor Ross Buddie, Raphaël Favre, Christophe Gindraux, Sebastian Lipp musikalischen Tätigkeiten und Interessen. www.stephensmith.ch Bass Gerhard Nennemann, Hubert Michael Saladin, Philipp Scherrer, Martin Wistinghausen

Stephen Smith

Stephen Smith ist in Amerika geboren und lebt seit 1982 in der Schweiz. Seine musika- lische Laufbahn begann am Peabody Conservatory in Baltimore. Nach Studienabschlüs- sen in den Fächern Orgel, Kirchenmusik und Dirigieren in den USA und der Schweiz setzte er sich intensiv mit dem geistlichen Repertoire der Renaissance und des Barock auseinander. Insbesondere interessieren ihn die historische Aufführungspraxis sowie die Querverbindungen zur zeitgenössischen Musik. Davon zeugen Hunderte von Konzerten mit seinen 1993 gegründeten professionellen Formationen Ensemble Corund Luzern und Corund Barockorchester. Weitere Konzerte | Partner & Sponsoren

Samstag, 5. Mai 20 Uhr | Münster Bern Sonntag, 6. Mai 17 Uhr | Münster Bern Samstag, 2. Juni 20.15 Uhr | Klosterkirche Einsiedeln Sonntag, 3. Juni 17 Uhr | Laurenzen-Kirche St. Gallen

Biber — Missa Salisburgensis Heinrich Ignaz Franz Biber 1644 – 1704 Missa Salisburgensis à 53 voci Bach Chor St. Gallen | Ensemble Cant’animato Zürich | Konzertchor Pro Bern Solisten Ensemble Corund | Capriccio Barockorchester Christoph Cajöri Leitung Veranstalter: Die beteiligten Chöre an den Orten

Projektpartner Sponsoren Verein Wölfli&Musik

Konzertpartner

Medienpartner

Wir danken Edwin Fischer Stiftung | Gemeinnützige Gesellschaft der Stadt Luzern | Josef Müller Stiftung Muri | Marianne und Curt Dienemann Stiftung | Stiftung Dr. Robert und Lina Thyll-Dürr | Strebi Stiftung | Ida und Albert Flersheim-Stiftung | unseren privaten Gönnerinnen und Gönnern sowie den Mitgliedern des Fördervereins Adolf Wölfli, Geografische Karte der beiden Fürstentümer Sonoritza und Willi=Wand=West, 1911, Bleistift und Farbstift auf Zeichenpapier, 99,7 x 71,2 cm, Kunstmuseum Bern