Aus dem Angebot Ministerium des Innern

Landesvermessung und Geobasisinformation ermessung Brandenburg

Auf dem Weg zur ALKIS®-Einführung

Einführung von Gebietstopographen in Brandenburg

Erfahrungen mit der Durchführung von Umlegungen nach dem Baugesetz- buch im Landkreis Oder-Spree

FRIEDRICH WILHELM CARL Überlegungen zum rechtlichen VON SCHMETTAU (1743-1806) Charakter der Grenzfeststellung

Pionier der modernen Kartographie, Geoinformatikausbildung an der Militärschriftsteller, Hochschule Neubrandenburg Gestalter von Parks und Gärten Als Vermessungstechniker-Lehrling in der Mark Brandenburg 1940 - 1943

Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg

Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Die Arbeit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Zu der im April 2008 veranstalteten Tagung mit dem Titel Friedrich Wilhelm Carl von Schmettau und anschließender Ausstellung im Kleist-Museum ist eine Dokumentation erschienen. Mit dem Tagungsband, der auf 212 Seiten 13 Beiträge und 44 meist farbige Abbildungen enthält, soll das Leben und das Werk Schmettaus betrachtet werden. Sie erhalten das Buch im Kartenvertrieb der LGB für 18,00 €.

1 - 2009 1 ISSN 1430-7650 2009 gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Inhaltsverzeichnis

Auf dem Weg zur ALKIS®-Einführung 3 Einführung von Gebietstopographen in Brandenburg 11 Erfahrungen mit der Durchführung von Umlegungen nach dem Baugesetzbuch im Landkreis Oder-Spree 16 Überlegungen zum rechtlichen Charakter der Grenzfeststellung 26 Geoinformatikausbildung an der Hochschule Neubrandenburg 36 Als Vermessungstechniker-Lehrling in der Mark Brandenburg 1940 - 1943 44 Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg 51

Die Arbeit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin 62 MITTEILUNGEN 75 Abschlusserklärung zum Vermessungs- und Geoinformationswesen • Bericht der AdV • Masterplan für den Aufbau der Geodateninfrastruktur Berlin/ Brandenburg • Deutsch-polnische Zusammenarbeit im Geoinformationswesen besiegelt • Demografi sche Entwicklung des Landes Brandenburg in Gegenwart und Zukunft • Raumordnungsbericht 2008 für die Hauptstadtregion Berlin- Brandenburg • Erfahrung und Fachkompetenz für die Gutachterausschüsse • Berliner Irrwege • Einführung der XPlanung in Brandenburg • DVW- Veranstaltungen 2009 • Zehn Jahre IMAGI • Mittel und Wege zur Mitte • Neue Maßstäbe für die Arbeit der Gutachterausschüsse • • Mit der Federzeichnung fi ng alles an • Neue Umlegungsausschussverordnung in Kraft getreten • De-Mail − So einfach wie E-Mail, so sicher wie Papierpost • Plan der Umgebung Potsdams 1680 • 777 Jahre Spandau XII. Hallenfußballturnier der Vermessungsstellen 2009 "Sind Geodaten perso- • • Impressum nenbezogene Daten?"

ermessung Schriftleitung: Redaktionsschluss: Heinrich Tilly 15.03.2009 BUCHBESPRECHUNGEN 129 Brandenburg E-Mail: [email protected] Redaktion: Herstellung und Vertrieb: Dr. Lisa Keddo: Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur, Beate Ehlers (Bodenordnung, Grundstücksbewertung) Landesvermessung und Stellung und Funktion im Rechtssystem Nr. 1/2009 Manfred Oswald (Liegenschaftskataster) Geobasisinformation Brandenburg Bernd Sorge (Landesvermessung) Betriebsstelle 14. Jahrgang Heinrich-Mann-Allee 103 Lektorat: 14473 Potsdam Michaela Gora click ins web 130 Ministerium des Innern Service-Tel.: (03 31) 88 44 - 1 23 des Landes Brandenburg Layout: Henning-von-Tresckow-Str. 9 - 13 Landesvermessung und Service-Fax.: (03 31) 96 49 18 14467 Potsdam Geobasisinformation Brandenburg (LGB) E-Mail: [email protected] aufgespießt 132 Vermessung Brandenburg erscheint zweimal jährlich und ist zum Abonnementspreis von € 2,50 (+ Porto und Verpackung) bei der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg zu beziehen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. ISSN 1430-7650 Digitale Grundversorgung

Es ist eine Nebenwirkung der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise, eine die Nachdenklichkeit bewirkt: Die Rolle des Staates wird derzeit neu defi niert. Unlängst wurde in einer öffentlichen Expertenanhörung die falsche Annahme suggeriert, dass der Staat ein Monopol bei der Erfassung und Bereitstellung von geotopographischen Daten ausübt. Die darauf begründete Frage, ob die fl ächendeckende Herausgabe von kleinmaßstäbigen Karten heute noch eine öffentliche Aufgabe darstellt, ist dann mehr als bedenklich. Es ist darüber zu befi nden, welche Anforderungen an die öffentliche Daseins- vorsorge in der Informationsgesellschaft gestellt werden, in der die Geodaten sichtbar oder unsichtbar die wesentliche Kernkompetenz und den Motor bilden. Eine Forderung, auch aus der Wirtschaft, lautet: Entscheidungen über öffentliche Geo-IT-Infrastrukturen sind vor allem am Gemeinwohl auszurichten. Diese helfen, eine Spaltung in der digitalen Grundversorgung zu verhindern und die demokratische Teilhabe zu fördern. Weitere zentrale Voraussetzungen für E-Government ist die Verfahrenstrans- parenz beim öffentlichen Einsatz von Geo-IT und die Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen. Öffentliche Verwaltungsprozesse sowie die inhaltlich verantwortlichen Betreiber müssen klar erkennbar und kontrollierbar sein. Unabhängigkeit ist zu wahren, das heißt auch, dass die öffentliche Hand selbst über technische Kompetenz und damit über ausreichendes und gut qualifi ziertes Personal verfügen muss.

Heinrich Tilly

9 ermessung Brandenburg - 1 - - 2 - Nr. 1/2009 Andre Schönitz Auf dem Weg zur ALKIS®-Einführung

Das Land Brandenburg ist auf dem Weg, bis zum Jahr 2010 das AFIS®-ALKIS®-ATKIS®-Modell (AAA-Modell) einzuführen. Das AAA-Projekt ist zentrales Element der technologischen Erneuerung der Vermessungsverwaltung, welche in den Jahren 2008 bis 2011 vollzogen werden soll und die Umstellung der Führung der Geobasisdaten auf eine wirtschaftliche und redundanzarme Führung in dem neuen, gemeinsamen Datenmodell ermöglicht. Das AAA-Projekt steht für eine homogene Gesamtsicht auf alle Daten der Vermessungsverwaltung – vom Raum- bezug über das Liegenschaftskataster bis zur Landschaft.

Mit dem AAA-Projekt werden die Geoba- keine einheitliche Struktur auf. Die An- sisdaten, die Werkzeuge zur Führung der wendungen unterscheiden sich auch in Geobasisdaten und zur Bereitstellung der den ihnen zugrunde liegenden Kerntech- Geobasisinformationen als Bestandteile nologien voneinander. Strategisches Ziel des Geobasisinformationssystems umfas- der Vermessungsverwaltung ist deshalb, send erneuert. Die in unterschiedlichen Da- eine Verringerung der eingesetzten Portale tenmodellen vorliegenden Geobasisdaten durch Integration der Anwendungen zu er- des Raumbezugs, des Liegenschaftskatas- reichen und hierzu die AAA-Komponenten ters und der Landschaft sind zu migrieren und die eGovernment-Basiskomponenten und in das einheitliche AAA-Datenmodell des Landes von service.brandenburg.de zu zu überführen. Die Fülle von zentralen nutzen. Im Ergebnis soll ein Vermessungs- und dezentralen Datenbanken sowie die portal entstehen, welches unter Einbezie- Datenbanken der Sekundärdatenhaltung hung von nutzerorientierten Bereichen und werden konsolidiert und in eine moderne Verwendung von Elementen der Usabi- Datenhaltung an zentraler Stelle zusam- lity den gesamten Bestand der Produkte mengeführt. Um die Datenübertragungs- und Dienste der Vermessungsverwaltung raten zu optimieren, die Performance den Nutzern (Privatkunden, öffentliche zu verbessern und um eine einheitliche Verwaltung, gewerbliche Kunden und Administration sicherzustellen, wird die Vermessungsstellen) zur Verfügung stellt. zentrale Datenhaltung um die Einführung Über dieses Portal werden neben Auszügen zentraler Applikationen ergänzt. und Daten vermehrt Viewing-Dienste und Die in der Vergangenheit schrittwei- webservices zur Präsentation der XML- se und je nach Entwicklungsstand der Daten mittels Browser angeboten. Mit IT-Technik eingeführten Informations- dem AAA-Projekt verbunden sind die kon- systeme sind nur teilweise aufeinander sequente Ausrichtung auf elektronische abgestimmt und weisen sowohl system- Geschäftsprozesse, die Bereitstellung der technisch wie auch von der Bedienung Geobasisdaten für die Geodateninfrastruk-

9 ermessung Brandenburg - 3 - Abb. 1: Elemente der Erneuerung des Geobasisinformationssystems tur (GDI-BE/BB) und die Einführung sind insbesondere Kooperationen mit an- des bundesweiten Standards der AdV für deren Bundesländern und Public Private die Geobasisinformationen des amtlichen Partnership (PPP) zu nutzen, um die An- Vermessungswesens unter Verwendung forderungen aus dem Aufgabenprofi l mit internationaler Normen und Standards den zukünftigen Personalressourcen in (ISO, OGC). Mit der Umsetzung werden Einklang zu bringen. Medienbrüche vermieden und es können die Geobasisdaten schneller und aktueller AAA-Projekt: Warum und Wie? bereitgestellt werden. Dies ist notwendig, Der personelle und fi nanzielle Aufwand für da die Geobasisdaten die Grundlage zum das AAA-Projekt ist enorm, jedoch unver- Aufbau einer GDI und zur Visualisierung meidbar, um ein modernes Geobasisinfor- der Fachdaten des Landes, der Kommunen mationssystem zu schaffen. Die einfache und der Wirtschaft bilden. und effi ziente Bereitstellung amtlicher Die gesamte IT-Landschaft wird in die- Geoinformationen ist eine Verpfl ichtung sem Prozess konsolidiert. Sonderlösungen der öffentlichen Verwaltung. Die bisher für Brandenburg werden durch moderne eingesetzten unterschiedlichen Daten- Lösungen ersetzt, die Realisierung der modelle von ALB und ALK sind nicht Software erfolgt durch die GIS-Hersteller mehr zeitgemäß, die Datenformate längst unter Einbeziehung externer IT-Fachleute. überholt. Die Trennung des Liegenschafts- Bei der Erprobung neuer Technologien buches (ALB) und der Liegenschaftskarte und Verfahren stehen die Koordination, (ALK) führte zu Doppelarbeiten und die Nachnutzung und die Beschaffung inkonsistenten Datenbeständen. Hinzu neuer, bewährter oder standardisierter GIS kommt ein steigender Aufwand für die und IT-Verfahren im Vordergrund. Hierbei Pfl ege und Wartung der historischen ALB-

- 4 - Nr. 1/2009 Abb. 2: Systematik der GeoInfoDok und ALK-Lösungen, mit welchen weder und beinhaltet ein neues AAA-Fachsche- eine Bundeseinheitlichkeit noch die Erfül- ma und neue Objektarten. Im Land Bran- lung der zukünftigen Anforderungen der denburg wird die Umstellung auf Basis der INSPIRE-Richtlinie (GDI-Konformität) von der AdV festgelegten Referenzversion erreicht werden kann. 6.0 der GeoInfoDok vorgenommen. Abhilfe wird durch die Einführung der Durch die AdV wurden Objektarten- Normbasierten Austausch-Schnittstelle kataloge erstellt, Signaturenkataloge (NAS) erreicht, einem XML-basierten und abgestimmt und Standardauszüge defi - unter Berücksichtigung internationaler niert. Maßgebend für den zukünftigen Standards entwickelten Datenaustausch- Inhalt von AFIS®, ALKIS® und ATKIS® format. Mit dieser Standardisierung der ist der AdV-Grunddatenbestand mit Er- Schnittstelle erleichtert sich der Datenaus- weiterung um den jeweiligen landesspe- tausch erheblich. Das Datenmodell wird in zifi schen Grunddatenbestand. Im Zuge der Dokumentation zur Modellierung der der Vorbereitungsarbeiten wurden die Geoinformationen des amtlichen Vermes- Dateninhalte von ALKIS® und ATKIS® sungswesens (GeoInfoDok) beschrieben aufeinander angestimmt, so dass ein har-

Abb. 3: Verknüpfungen zum Grunddatenbestand

9 ermessung Brandenburg - 5 - monisierter Brandenburger Grunddaten- für die Führung (Katasterbehörden), die bestand festgelegt wurde, welcher über Grundsätze der Fortführung und den Da- den AdV-Grunddatenbestand hinausgeht. tenaustausch mit dem Grundbuch. Auch Er gewährleistet eine landeseinheitliche die Systematik der analogen Auszüge aus Führung der Geobasisdaten des amtlichen dem Liegenschaftskataster ändert sich Vermessungswesens in Brandenburg. In nicht. Es wird auch aus ALKIS® einen Bezug auf die Gebäude wurde festgelegt, Kartenauszug und einen Flurstücksnach- den ATKIS®-Gebäudedatenbestand in das weis geben. Auch die Buchfl äche des Liegenschaftskataster zu überführen und einzelnen Flurstücks bleibt bestehen. die Gebäudedaten für die Aufgaben der Die Änderungen für die Mitarbeiter Geotopographie aus dem Liegenschafts- und Nutzer ergeben sich vorwiegend aus kataster abzuleiten (ALKIS®-ATKIS®- der Einführung des neuen Datenmodells Harmonisierung). Die Gebäude werden und der damit verbunden Beschaffung somit grundsätzlich in ALKIS® geführt. neuer Hard- und Softwarekomponenten. Obwohl die GeoInfoDok der AdV eine Dies hat zuerst Auswirkungen auf neue Komponentensicht nicht vorsieht, hat sich Softwareprodukte und damit auch auf diese Sichtweise bei den Vermessungs- die Bedienung. Durch das neue AAA- verwaltungen und den AAA-Herstellern Datenmodell wird die Trennung zwischen herausgebildet. In Brandenburg werden dem ALB, dem ALK-Grundrissnachweis unterschieden: und dem ALK-Punktnachweis aufge- • Migrationskomponente: Datenüberfüh- hoben. Dadurch sowie durch die ge- rung in das AAA-Modell meinsame zentrale Datenhaltung und • Datenhaltungkomponente (DHK): Da- Administration wird der Datenbestand tenbank (Geo daten, Prozesse, Nutzer) vereinheitlicht, wodurch eine bessere • Erhebungs- und Qualifi zierungskom- Akzeptanz bei den Nutzern erreicht wird. ponente (EQK): Bearbeitungssoftware Die Standardschnittstelle EDBS und • Auskunfts- und Präsentationskompo- der Beziehersekundärnachweis (BZSN) nente (APK): Datenansicht, Auszüge werden durch die NAS und die Nutzer- In Brandenburg soll die Zusammenfüh- bezogene Bestandsdaten-aktualisierung rung der verschiedenen APK´s und einer (NBA) abgelöst, moderne und seitens der e-Shop-Komponente in dem genannten GIS-Industrie entwickelte und geforderte integrierten Präsentations-, Auskunfts- und Austauschformate. Die geänderte Mo- Shopportal (Vermessungsportal) erfolgen. dellsicht erfordert schließlich auch eine neue Modellierung der einzelnen Fort- ® ALKIS – Was bleibt gleich und führungsanlässe zu Geschäftsprozessen was ändert sich? zur Fortführung des Liegenschaftskatas- Auch wenn in den vorangegangenen ters. Dies bedingt zwangsläufi g orga- Abschnitten von umfassenden Verände- nisatorische Veränderungen bis hin zur rungen gesprochen wurde, bleiben viele Anpassung der Aufgabenprofi le und der Aspekte des Liegenschaftskatasters be- Qualifi kation der Mitarbeiter. Mit der stehen. Dies betrifft in erster Linie die Umstellung auf standardisierte Prozesse Aufgaben und die fachliche Sicht des im Liegenschaftskataster werden Daten- Liegenschaftskatasters, die Zuständigkeit abgaben und die Bereitstellung von Ver-

- 6 - Nr. 1/2009 messungsunterlagen vereinheitlicht. Dies wie z. B. zur Person, zur Anschrift oder bedeutet aber auch, dass die Unterlagen zur Lagebezeichnung angewendet wird. der Vermessungsstellen zur Fortführung Seit der Festlegung des Grunddaten- des Liegenschaftskatasters defi nierten bestands Brandenburg bestehen konkrete Anforderungen genügen müssen. In Vorgaben zum Dateninhalt von ALKIS®, Zukunft werden digitale Vermessungs- welcher zwingend zu führen ist. Hieraus unterlagen und Vermessungsschriften abgeleitet wurde der Migrationsdatenbe- eingesetzt. stand Brandenburg, der für das ALB und Das neue Datenmodell hat auch Aus- die ALK seit Januar 2008 in den VALK- wirkungen auf die Erfassung und Fort- Richtlinien beschrieben ist. führung der Geobasisdaten. Die bisher Die ALB- und die ALK-Daten wer- streng fl urstücksbezogene Erfassung der den im Zuge der Migration teilweise tatsächlichen Nutzung weicht einer fl ä- 1:1 in das neue Datenmodell überführt, chenbezogenen Sicht, d.h. das Nutzungs- zum Teil aber auch in Kombination mit artenobjekt wird über Flurstücksgrenzen anderen Datenelementen zu neuen oder hinweg gebildet. Die Berechnung der geänderten Objekten migriert. Dadurch Nutzungsartenfl äche bezogen auf ein ist keine 1:1 Rückmigration möglich. Flurstück erfolgt dann jeweils im Mo- Die zukünftige Abgabe von Daten in ment der Abfrage aus der Datenbank. EDBS, abgeleitet aus der NAS, wird Hintergrund ist die Philosophie einer damit nicht zum gleichen Ergebnis wie weitgehend redundanzfreien Speicherung heute führen. Nicht zuletzt deshalb wird von Daten, welche auch für die Sachdaten seitens der Vermessungsverwaltung ein

Abb. 4: ALKIS®-Darstellung der Liegenschaftskarte schwarz/weiß

9 ermessung Brandenburg - 7 - Abb. 5: ALKIS®-Kartendarstellung farbig Wechsel der Nutzer auf die NAS emp- wird die Übersichtlichkeit verbes- fohlen, auch wenn durch gewerbliche sert, Inhalte werden verständlicher Anbieter Konverter für EDBS, DXF wiedergegeben. Die verschiedenen oder andere Datenformate angeboten Ausprägungen der Darstellung können werden. sein: Im Land Brandenburg wird für • farbig oder schwarz-weiß ALKIS® die Vollhistorie geführt. Jedes • gerasterte Flächen Objekt erhält bei der Eintragung in der • mit oder ohne Grenzzeichen Datenbank und beim Untergang einen • mit oder ohne Bodenschätzung Zeitstempel, wodurch ein Lebenszeitin- tervall entsteht. Das Objekt wird auch Zwischenstand: Wo stehen wir? beim Untergang nicht gelöscht, sondern Mit der Ausschreibung, Zuschlagser- erhält lediglich einen entsprechenden teilung und Lieferung der Migrations- Status. Damit kann der Stand des software im letzten Jahr konnte nach Liegenschaftskatasters zu jedem belie- erfolgreichem Softwaretest die Soft- bigen Zeitpunkt auch historisch abge- ware in die Produktionsumgebung bildet werden. übernommen werden. Damit steht die Die Kartenauszüge werden zu- Migrationssoftware den Katasterbehör- künftig auch farbig erstellt. Dadurch den seit Mitte Januar zur Verfügung. Mit

- 8 - Nr. 1/2009 den zwischenzeitlich erfolgten Schu- einer Projektstudie bis 2010 umzuset- lungen zur Migration und den ergän- zen ist. zenden Arbeitsbesprechungen konnte Nach den einführenden Informations- die Durchführung der Probemigration veranstaltungen zum AAA-Projekt in durch die Katasterbehörden beginnen. Brandenburg für die Mitarbeiter in den Nach Zuschlag im Dezember 2008 Katasterbehörden und die Kunden der wird die Software zur Datenhaltung LGB muss der gesamte Zeitraum der (DHK) und zur Erfassung und Qualifi - AAA-Einführung durch Schulungen zierung (EQK) im Laufe des Jahres 2009 begleitet werden. Hierzu werden neben geliefert, getestet und in die endgültige allgemeinen Schulungen auch Einfüh- Produktionsumgebung übernommen. rungs- und Administrationsschulungen Entsprechend der vorliegenden Kon- sowie Anwenderschulungen angeboten. zeption der LGB soll die endgültige Ein Großteil der Schulungen wurde Produktionsumgebung durch einen ex- mit der Beschaffung der AAA-Soft- ternen Dienstleister bereitgestellt wer- warekomponenten ausgeschrieben und den. Vorgesehen ist hierzu der zentrale wird so durch den Einsatz externer Do- Brandenburger IT-Dienstleister (ZIT zenten gewährleistet. Während von den BB). Die Abstimmungen dafür sind in Schulungen für AFIS® und zunächst für vollem Gange. ATKIS® nur die LGB betroffen ist, ergibt Zur Erstellung des integrierten Prä- sich für ALKIS® ein Teilnehmerkreis von sentations-, Auskunfts- und Shopportals ca. 400 Personen. Die Schulungen sind (Vermessungsportal) liegt ein Grobkon- abgestimmt auf den Einführungszeitplan zept vor, welches nach Evaluierung in durchzuführen.

Abb. 6: Zeitplan zur Einführung von ALKIS®

9 ermessung Brandenburg - 9 - Ausblick der Datenqualifi zierung (Vormigration) ist Die bekannten gewerblichen Anbieter von die Umstellung auf ALKIS® (Migration) Geoinformationen haben ein sehr großes ab Mitte 2010 auf der Basis der GeoIn- Interesse an schnell verfügbaren Daten im foDok 6.0 vorgesehen. Nach der AAA- Internet geweckt. Die vorhandene breite Einführung wird dann die Durchführung und qualitativ hochwertige Produktpalet- der Objektbildung für ALKIS® im Felde te an analogen und digitalen Daten der nach dem MEA-Konzept (Mobiles Elek- Vermessungsverwaltung muss sich an tronisches Antrags- und Ablaufverfahren den schnell verfügbaren Angeboten der im Liegenschaftskataster) in Angriff ge- gewerblichen Anbieter messen lassen. nommen. Zukünftig wird neben den Faktoren Ak- tualität und Genauigkeit – Merkmale der Andre Schönitz Geobasisinformationen – insbesondere Ministerium des Innern die schnelle Verfügbarkeit den Erfolg der des Landes Brandenburg Produkte bestimmen. Deshalb ist eine kon- [email protected] sequente Ausrichtung der Aufgabenwahr- ; nehmung auf elektronische Geschäftspro- zesse, der umfassende Qualitätsansatz für die Produkte und die kundenorientierte Bereitstellung der Daten ein „Muss“ für die Vermessungsverwaltung. Um dies zu unterstützen, werden zeitge- mäße Produkte zur Führung des Liegen- schaftskatasters beschafft, um auf Basis internationaler Standards (normbasiert, GDI-, INSPIRE- und WEB-konform) den Datenaustausch und die Nutzung der Geo- basisdaten der Vermessungsverwaltung sicherstellen zu können. Die landesweite Datenharmonisierung auf der Grundlage bundesweiter Vorgaben ermöglicht die integrierte Nutzung der AAA-Geobasis- daten, eine Investition in die Zukunft. Die Katasterbehörden haben die vor- dringliche Aufgabe, die Qualifi zierung der ALB- und der ALK-Daten bis zum Juni 2010 abzuschließen. Grundlage hierfür bildet der Migrationsdatenbestand der VALK-Richtlinien. Neben den bekannten Altverfahren stehen den Katasterbehörden die Software IPL sowie die Migrations- software zur Verfügung. Nach Abschluss

- 10 - Nr. 1/2009 Dirk Grapengießer, Andre Schönitz Einführung von Gebietstopographen in Brandenburg

Mit dem In-Kraft-Treten des Geotopographieerlasses am 12. Februar 2009 wurden die formalen Regelungen zur Einführung der Gebietstopo- graphen im Land Brandenburg geschaffen. Die Gebietstopographen haben die Aufgabe, die regionalen Veränderungen der Landschaft der Landkreise und kreisfreien Städte zu erfassen. Die dadurch gewonnenen Informationen fl ießen in das „Digitale Landschaftsmodell“ (DLM) des „Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystems“ (ATKIS®) ein, welches die Grundlage für viele topographische Produkte, wie z. B. die analogen topographischen Karten oder digitale Dienste, bildet. Die Gebietstopographen gewinnen ihre Informationen durch Kontakte zu regionalen Veränderungsverursachern und durch die eigene Inaugenscheinnahme und Erfasssung der Örtlichkeit.

Die laufende Fortführung der topogra- unter stärkerer Beteiligung der Kataster- phischen Informationssysteme ist eine der behörden notwendig. Bisher waren die aufwendigsten Aufgaben der Landesver- Katasterbehörden auf Grundlage der messung. Die besondere Schwierigkeit „Richtlinie über den topographischen In- dieser Aufgabe ergibt sich daraus, dass zu formationsdienst im Land Brandenburg“ ihrer Erfüllung nicht nur die sprichwört- (Top-Info-Richtlinien) vom 30. Januar liche Stecknadel im Heuhaufen gefunden 2003 an der Fortführung der topogra- werden muss, sondern möglichst alle. phischen Basisdaten beteiligt. Der Geoto- Im Idealfall wird also jede Veränderung pographieerlass ersetzt nun die Top-Info- der Landschaft zeitnah registriert, erfasst Richtlinien und optimiert die Beteiligung und in den digitalen Datenbestand über- der Katasterbehörden an der Fortführung nommen. Da die Landschaft dauernden der Landschaftsbasisdaten. Veränderungen unterworfen ist, bleibt die Erfassung dieser Veränderungen eine Die Ziele dieser Neuregelung sind: ständige Aufgabe der Vermessungsverwal- tung. In jedem Jahr werden ca. 1 Million Verbesserung der Aktualität der Daten ® dieser Veränderungen erfasst, vom Trafo- des ATKIS -Basis-DLM: häuschen bis zur neuen Umgehungsstraße. Entsprechend den Anforderungen an Um diese Aufgabe künftig noch zeitna- das Geobasisinformationssystem müssen her wahrnehmen zu können, sind grund- Veränderungen an ATKIS®-Objekten, die legende Änderungen in der Organisation der Spitzenaktualität unterliegen, zeitnah der Fortführung des ATKIS®-Basis-DLM im digitalen Landschaftsmodell nach-

9 ermessung Brandenburg - 11 - gewiesen werden. Die Verbesserung der ist die Zusammenarbeit mit den zahlreichen Aktualität der Daten ist außerdem einer lokalen Veränderungsverursachern zu ver- der wesentlichen Kundenwünsche an alle bessern. topographischen Produkte.

Einsparung von Ressourcen durch Ver- Katasterbehörden als Erfasser meidung von Doppelerfassungen: der lokalen Veränderungen der Landschaft Die zunehmend angespannte Personalsi- tuation zwingt die Landesvermessung, ihre Die wesentlichste Änderung zum Errei- Mitarbeiter optimal einzusetzen. Redun- chen dieser Ziele ist die Neuformulierung dante Arbeiten in der LGB und den Katas- der Aufgabenwahrnehmung der Kataster- terbehörden müssen vermieden werden. behörden im Geotopographieerlass. In Nr. 3.1 heißt es dazu: „Die Kataster- Verbesserung der Qualität des ATKIS®- behörden erfassen die lokalen Verände- Basis-DLM: rungen der Landschaft und dokumentie- Durch die inhaltliche Verbesserung wird ren diese entsprechend den Regelungen die Verlässlichkeit des ATKIS®-Basis-DLM des ATKIS®-Objektartenkatalogs, den erhöht. Bearbeitungshinweisen zum ATKIS®- Objektartenkatalog und den Technischen Lokale Erfassung lokaler Verände- Regelungen. Die Erfassung erfolgt vor- rungen, landesweite Erfassung von rangig durch Abfrage bei den lokalen übergeordneten Veränderungen: Veränderungsverursachern oder durch Die Erfassung von Veränderungen soll örtliche Arbeiten.“ möglichst immer ortsnah erledigt wer- Damit übernehmen die Katasterbehör- den. Lokale Veränderungen sollen deshalb den ergänzend zur Führung des Liegen- auch lokal bearbeitet werden. Lediglich schaftskatasters auch die Erfassung aller raum übergreifende Arbeiten sind durch die lokalen Veränderungen der Landschaft landesweit arbeitende LGB zu erledigen. inkl. der Betreuung aller lokalen Verän- derungsverursacher in den Landkreisen, Bessere Zusammenarbeit mit Verände- kreisfreien Städten und Gemeinden. Auf- rungsverursachern: grund der Nähe der Katasterbehörden Bei vielen Stellen liegen aufgrund einer zu lokalen Veränderungsverursachern ist fachlichen Zuständigkeit Informationen eine engere und bessere Zusammenarbeit über Veränderungen vor, sei es aufgrund zu erwarten. von Genehmigungsverfahren oder durch Die LGB zieht sich aus diesem Aufga- eigene Tätigkeiten. Zur Realisierung bengebiet zurück, sie ist aber weiterhin der schnellen Erfassung von Verände- noch im Rahmen der Organisation, der rungen der Landschaft ist es erforder- Unterlagenbereitstellung, der Koordi- lich, dass diese Stellen die Änderungen nation, der Schaffung der technischen melden. Nur eine optimale Zusammen- Voraussetzungen und der Qualitätskon- arbeit mit Veränderungsverursachern trolle im Bereich der lokalen Verände- garantiert eine aktuelle und vollständige rungserfassung tätig. Die Erhebung aller Übernahme aller Veränderungen. Hierzu überregionalen Veränderungen verbleibt

- 12 - Nr. 1/2009 beim Topographischen Informationsdienst Umsetzung (TID) der LGB, um überregionalen Verän- Die grundlegende organisatorische und derungsverursachern einen einzigen An- technische Umsetzung wurde ab 2006 im sprechpartner zur Verfügung zu stellen und „Konzept zur Einführung von Gebiets- landesweite Erfassungskampagnen zentral topographen“ erarbeitet und anschließend durchzuführen. in einem Pilotprojekt unter Beteiligung Durch diese neue Aufgabenaufteilung der Katasterämter Barnim, Brandenburg wird die Zusammenarbeit von Liegen- a.d.H. und konkretisiert. Auf- schaftskataster und Landesvermessung auf grund der in Kürze anstehenden AAA- personeller und organisatorischer Ebene Einführung wurde dabei auf die Ein- gefördert. Die Katasterbehörden werden in führung einer neuen Erfassungssoftware ihrer Ausrichtung als kommunaler Dienst- verzichtet. Die Katasterbehörden werden leister gestärkt und die Zusammenführung zunächst weiter mit dem Programm Merca- von Landschafts- und Liegenschaftserfas- tor 5.0 ProView arbeiten. Mit Einführung sung wird initiiert. Die LGB wird in ihrer von ALKIS® und der Überführung von Kernkompetenz gefestigt. Sie konzentriert ATKIS® in das neue Datenmodell werden sich künftig auf die landesweiten Aufga- die Ka tasterbehörden auch mit neuer Soft- ben, die Organisation der Erfassungsar- ware zur topographischen Erfassung aus- beiten, die Qualitätskontrolle und -ver- gestattet. Diese Herangehensweise hat den besserung der ATKIS®-Daten sowie auf Vorteil, dass die erst kürzlich bei den Ka- Dienstleistungen für die Katasterbehörden. tasterbehörden eingeführte Arbeitsweise

Abb. 1: Mercator mit Grauplot und überlagerter Markupdatei

9 ermessung Brandenburg - 13 - Abb. 2: Feldrechner der Meldung von Veränderungen mittels Wetterbedingungen möglich sind. Ein Markupdateien, die über einen Grauplot winziger, per Bluetooth mit dem Feldrech- mit den topographischen Bestandsdaten ner kommunizierender GPS-Empfänger, gelegt werden, beibehalten wird. Dadurch erleichtert außerdem die Orientierung im müssen die Gebietstopographen die Model- Feldeinsatz. lierungs- und Bildungsregeln des aktuellen ATKIS®-Basis-DLM zunächst nicht in Ausblick vollem Umfang erlernen. Dies wäre an- Mit dem In-Kraft-Treten des Geotopo- gesichts der in Kürze bevorstehenden graphieerlasses und dem Abschluss des Einführung des neuen Datenmodells auch begleitenden Projektes zur Einführung nicht sinnvoll gewesen. der Gebietstopographen wurden die recht- Zur technischen Unterstützung wurden lichen und organisatorischen Vorrausset- die Gebietstopographen mit Feldrech- zungen zur Landschaftserfassung in den nern ausgestattet. Mit den Feldrechnern Katasterbehörden auf Basis der bestehen- ist eine medienbruchfreie Erfassung im den Technologien geschaffen. Darauf auf- Außendienst möglich. Die Akkuleistung bauend haben die Gebietstopographen der der Rechner reicht in der Regel aus, um Katasterbehörden bei der Einführung der einen gesamten Arbeitstag mit einem Akku neuen ATKIS®-Technologien die gleichen auszukommen. Ein Zweitakku sowie La- Voraussetzungen wie die LGB. degeräte zum Laden der Akkus am Netz Im Rahmen der AAA-Einführung wer- oder vom Bordnetz eines Kraftfahrzeuges den die Katasterbehörden mit der neuen stellen die unabhängige Mobilität sicher. „ATKIS®-Erhebungs- und Qualifi zie- Zur Ausstattung der Feldrechner gehört rungskomponente“ (EQK) ausgestattet außerdem eine Schutztasche, womit die und voll in den neuen Workfl ow zur Daten- Erfassungsarbeiten bei so gut wie allen bereitstellung und Datenabgabe integriert.

- 14 - Nr. 1/2009 Auch die Beteiligung an den Schulungs- von Liegenschaftskataster und Landes- und Fortbildungsmaßnahmen im Rahmen vermessung weitestgehend ausgeschöpft. der AAA-Einführung wurde bereits bei Langfristig wird sich Brandenburg daher der Ausschreibung der EQK berücksich- weiterhin für eine Harmonisierung der tigt. Die sich verändernden technischen AAA-Datenbestände einsetzen. Ziel der und technologischen Verfahrensweisen Vermessungsverwaltung sollte die Schaf- in der Zusammenarbeit der LGB mit den fung eines einzigen übergeordneten Geo- Gebietstopographen der Katasterbehörden basisinformationssystems sein, welches werden Mitte des Jahres auch auf die die immer noch bestehenden semantischen Neuorganisation des Fachbereichs 2 der Unterschiede zwischen ALKIS® und LGB „Geo dätischer Raumbezug, Geoto- ATKIS® aufhebt. Langfristiges Ziel könnte pographie“ Auswirkungen haben. ein einheitliches Amtliches Geobasis- Parallel dazu erfolgt seit Anfang dieses daten-Informationssystem (AGIS) sein, Jahres die Konzeption zur Ausstattung das in allen Teilen den Ansprüchen der der Katasterbehörden mit der Hardware Vermessungsverwaltung und der Nutzer zur mobilen ATKIS®-Erfassung im neuen gerecht wird, dessen Modellierung und Datenmodell unter Berücksichtigung der Semantik einheitlich geregelt ist und das neuen Software und der Arbeitsabläufe. gemeinsam fortgeführt werden kann. Mit der Einführung des AFIS®-ALKIS®- ATKIS®-Datenmodells im Land Bran- Literatur: denburg im Jahr 2010 soll die Erfassung - Geotopographieerlass vom 12.02.2009 der Veränderungen der Landschaft durch mobile Erfassungskomponenten unter - Konzept zur Einführung von Realisierung eines durchgängigen medi- Gebietstopographen enbruchfreien Datenfl usses vorgenommen (http://www.brandenburg.de/sixcms/ werden. Mit Ablösung der bisher einge- media.php/1069/Konzept_Gebiet- setzten Technik soll die Aktualisierung stopograph_19_02_07.pdf) der Objekte und Attribute von ATKIS® mit einem mobilen satellitengestützten GIS Dirk Grapengießer und die Betreuung der Veränderungsver- Landesvermessung und ursacher vor Ort mit dem „mobilen Büro“ Geobasisinformation Brandenburg erfolgen können. [email protected] Mit Abschluss der AAA-Einführung werden die Gebietstopographen der Ka- Andre Schönitz tasterbehörden daher mit der gleichen Ministerium des Innern Software wie die ATKIS®-Mitarbeiter des Landes Brandenburg der LGB arbeiten und darüber hinaus [email protected] die gleiche Systemumgebung zur Da- tenbereitstellung, Datenabgabe und der Prozesssteuerung nutzen. Ab diesem Zeitpunkt sind die allein durch Brandenburg realisierbaren Mög- lichkeiten einer engeren Zusammenarbeit ;

9 ermessung Brandenburg - 15 - Michael Schreiber Erfahrungen mit der Durchführung von Umlegungen nach dem Baugesetzbuch im Landkreis Oder-Spree Ziel dieses Beitrags soll keine Praxishilfe für die konkrete Durchführung von Umlegungsverfahren sein. Anhand der bisherigen Erfahrungen möch- te der Autor vielmehr dazu ermutigen, ein bewährtes Bodenordnungsin- strument, welches im Land Brandenburg noch nicht so stark verbreitet ist, in das Blickfeld des Berufsstandes zu rücken. Die Orientierung allein an den theoretischen Grundlagen dieses Verfahrens könnte eine derart abschreckende Wirkung haben, dass die Umsetzung von vorne herein zum Scheitern verurteilt wäre.

„Das ist mit Geld gar nicht aufzuwiegen“ den in Monaten und Jahren gemessen, war die Schlagzeile im örtlichen Nach- Antragsmappen wurden gekennzeichnet richtenblatt, nachdem der Umlegungsaus- mit „DI“ für die glücklichen Inhaber schuss eine vorzeitige Besitzeinweisung sog. Investitionsvorrangbescheinigungen, gemäß § 77 BauGB, selbstverständlich „DA“ bei allgemeinen Dringlichkeiten zum Wohl der Allgemeinheit, angeordnet und ein „N“ für die Nörgler. Landräte und und durchgeführt hat. Unterlegt war der Ministeriale interessierten sich noch für Artikel mit einem Bild, auf dem zu sehen Einzelfälle und schnell verfügbare ÖbVI war, wie ein größerer Bagger, Typenbe- nahmen eine gottgleiche Stellung ein. Völ- zeichnung „TEREX“, eine Gartenlau- lig unerwartet erschien in dieser Situation be dem Erdboden gleichmacht. Dieser ein Mitarbeiter der Dt. BauGrund AG im Zeitungsartikel und die Umstände des Kataster- und Vermessungsamt, der drin- zugrunde liegenden Umlegungsverfahrens gend ein Umlegungsverfahren eingeleitet verdeutlichen die Schwierigkeiten bei der haben wollte. Auf der Suche nach Fachmit- Etablierung dieses Bodenordnungsinstru- gliedern für einen Umlegungsausschuss mentes in der Region. Andererseits sind fragte er auch, ob das Katasteramt denn sie ein schönes Beispiel dafür, wie ein Ins- seiner Verpfl ichtung nach § 6 der Umle- trument zur Durchsetzung städtebaulicher gungsausschussverordnung entsprechen Planung, gerade in bereits vorhandener und als Geschäftsstelle tätig werden würde. Siedlungsstruktur, eingesetzt werden kann. Als erforderlichen Volljuristen hatte er bereits den Amtgerichtsdirektor für die Bildung eines Umlegungsaus- Mitgliedschaft im Ausschuss gewonnen. schusses und der Aufbau seiner Äußerst renitente Bürger weigerten sich Geschäftsstelle an der Umsetzung eines Bebauungsplanes Mitte 1996: die Bearbeitungszeiten des mitzuwirken, obwohl die erheblichen Kataster- und Vermessungsamtes wur- Fördermittel für Infrastruktur und Er-

- 16 - Nr. 1/2009 schließung nur noch kurze Zeit verfügbar lerdings verdichtete sich mit der Zeit mein seien. Spätestens in einem dreiviertel Jahr Eindruck, dass die politischen Verantwor- sollten Stadt oder Erschließungsträger in tungsträger, wenn überhaupt, nur eine gro- den Besitz der künftigen Verkehrsfl ächen be Vorstellung von dem Konfl iktpotential eingewiesen sein. Es galt, ein Gebiet von solcher Großverfahren hatten. knapp 70 ha und schätzungsweise 400 bis So wurden sämtliche Bedenken ver- 500 Beteiligten durch eine Baulandumle- drängt, die Zusage zur Übernahme des Vor- gung neu zu ordnen. Also ein Großverfah- sitzes im Umlegungsausschuss gegeben ren, jedoch nicht auf dem „platten Land“, und die Vorbereitung der Entscheidungen sondern auf einem ruderalen Trockenrasen erfolgte wie bei jedem anderen Antrag in zentraler Lage. Es sollten alle Register auch. Es wurde also keine Geschäftsstelle der zur Verfügung stehenden Beschleuni- als Organisationseinheit gebildet, sondern gungsinstrumente gezogen werden. die Aufgabe durch das Kataster- und Ver- Hätte ich damals an die Dinge gedacht, messungsamt als Ganzes wahrgenommen. die ich angesichts der Investitionssummen Sofern Leistungen nach dem VermLiegG im öffentlichen und privaten Bereich hätte zu erbringen waren, wurden entsprechende bedenken können, so hätte ich den Antrag- Kostenbescheide erteilt, im Übrigen wur- steller, trotz bestehender Verpfl ichtung den die Arbeitstunden, Materialien, Te- nach der Umlegungsausschussverordnung, lefon- und Portokosten etc. erfasst und abwimmeln müssen. Woher sollte qualifi - mit dem tatsächlichen Aufwand und den ziertes Personal kommen, welches, falls tatsächlichen Kosten in Rechnung gestellt. überhaupt vorhanden, auch dringend bei Es wurde eine Mitarbeiterin auserkoren, den Arbeiten im Liegenschaftskataster dieses Verfahren federführend zu betreu- benötigt worden wäre? Wie hoch sind en. Bedenken wegen der noch fehlenden die Kosten, die aus der Wahrnehmung Qualifi kation wurden ausgeräumt, indem dieser Aufgabe entstehen? Wer trägt die- Qualifi zierungsmaßnahmen und jegliche se? Zunächst wurde die These vertreten, Unterstützung zugesagt wurden. Ferner dass die Wahrnehmung der Aufgabe durch wurde der BauGB-Kommentar von Ernst/ den Landkreis mit der sog. Kreisumlage Zinkahn/Bielenberg in fünf Bänden be- abgedeckt sei. Gibt es nach Abschluss schafft. Dessen Lektüre wirkt gerade in der Arbeiten einen Kostenbescheid oder der Aufbauphase ungemein beruhigend, braucht man eine Satzung durch den Kreis- da deutlich wird, dass mehrere Lösungs- tag? Was wird mindestens benötigt, um varianten für die kommenden Probleme ein Verfahren dieser Größenordnung zu angeboten werden, und alle, die sich mit bearbeiten? Neben diesen noch gänzlich der Materie auseinander setzen, offensicht- unbeantworteten Fragen wurde von den lich auch nur mit Wasser kochen, d. h. im treibenden Kräften eindringlich betont, Einzelfall situationsgerecht entscheiden. dass das Verfahren aufgrund geschei- Ich betone diesen Umstand deshalb, weil terter Verhandlungen mit den privaten die Aura eines Kataster- und Vermessungs- Grundstückseigentümern als klassisches amtes doch mehr durch Tugenden wie Prä- Durchsetzungsinstrument eingesetzt wer- zision und Vorschriftentreue geprägt wird, den müsse. Dies war, sieben Jahre nach sehr zu schätzen, aber in der Bodenordnung der Wende, als mutig zu bezeichnen. Al- manchmal unbrauchbar und kontrapro-

9 ermessung Brandenburg - 17 - duktiv. Auf Durchführungsverordnungen, einzutragen. Trotz eigens angefertigten Ausführungserlasse und Richtlinien kann Siegels des Umlegungsausschusses hätte getrost verzichtet werden: das BauGB man nicht „bitten“ dürfen, sondern „ersu- und die Umlegungsausschussverordnung chen“ müssen. Also musste dieser Vorgang sind völlig ausreichend. Dies führe ich formvollendet wiederholt werden; so ist auf den Umstand zurück, dass sich die das in Deutschland. Grundsätze der Baulandumlegung teilwei- Zwischenzeitlich gingen jede Menge se widersprechen und in ihrer Gesamtheit Widersprüche ein und nachdem dem Bür- den Betroffenen auch nicht vermittelbar germeister dargelegt wurde, dass ein durch- sind. Die Aufgabe besteht in einer auf den schnittlicher Beteiligter für die Umwand- Einzelfall bezogenen Optimierung, die in lung seines Gartens in Bauland einen Um- jedem Verfahren unter dessen ganz spezi- legungsvorteil in Höhe von ca. 3 000 DM fi schen Rahmenbedingungen zu lösen ist. an die Stadt abzuführen habe, ergriff die Nach der Wahl des Umlegungsaus- politisch Verantwortlichen die Angst. Es schusses durch die Stadtverordnetenver- wurde Tempo raus genommen und die sammlung, übrigens in Abwesenheit der Planung mit dem Ziel überarbeitet, es nun- Fachmitglieder, wurde zur Bürgerver- mehr allen Beteiligten Recht zu machen. sammlung geladen. Diese glich zunächst Nebenbei haben wir dann auch vergegen- einem Tumult und die ersten Beschimp- wärtigt, dass für die geplante vorzeitige fungen wurden zum Teil höchst aggressiv Besitzeinweisung damals ein unanfecht- vorgetragen. Erst nach dem Hinweis, dass barer Umlegungsbeschluss hätte vorliegen in den Gärten des Bebauungsplangebietes müssen, worauf nicht im Entferntesten zu eine planungsbedingte Bodenwertstei- hoffen war. Trotz allem war das Verfahren gerung von schätzungsweise insgesamt eingeleitet und aufgrund vieler Umstände 6 Mio. DM stecke, welche die Eigentümer war die Sache unumkehrbar. Durch den nur durch eine Bodenordnung, sprich Bau- Zeitgewinn bestand nun die Möglichkeit, landumlegung, fl üssig machen könnten, die Schulungen zu intensivieren, Erfah- trat klösterliche Stille ein und die ersten rungen zu sammeln und mit dem nötigen Termine zum Vieraugengespräch wurden Selbstvertrauen auch in anderen Gemein- vereinbart. Leider nur mit geringer Ak- den Umlegungsausschüsse zu bilden und zeptanz für das Verfahren wurde damit Verfahren einzuleiten. Schlimmer als bei die Veranstaltung beendet. Anschließend diesem Verfahren hätte es kaum kommen hat sich eine Bürgerinitiative gegen das können. Verfahren gegründet, die beim Bürger- Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten meister vorsprach, die einen Reisebus konnte in 2008 nach zahlreichen „Vor- gechartert und den damaligen Bauminister wegnahmen der Entscheidung“ die Neu- aufgesucht und auch sonst alle Hebel in ordnung des wesentlichen Bereichs dieses Bewegung gesetzt hat, um die Maßnahme Verfahrens mit 54 Bauplätzen durch einen zu stoppen. Trotzdem wurde der Umle- Teilumlegungsplan abgeschlossen wer- gungsbeschluss gefasst. Das zuständige den. Ein Widerspruch ist noch anhängig Grundbuchamt hat dann mehrfach die und es verbleibt die Neuordnung einer Bitten zurückgewiesen, in den jeweiligen Kleingartenanlage im Verfahrensgebiet. Grundbüchern einen Umlegungsvermerk Obwohl im Vollzug des Teilumlegungs-

- 18 - Nr. 1/2009 planes durch die Stadt teilweise Altlasten bauungsplanes den Wünschen, zumindest zu beseitigen sind und für den Ausbau der der meisten Widerspruchsführer, entspro- Erschließungsanlagen auch keine Förder- chen. Bei aufgeheizten Stimmungen ist es mittel mehr zur Verfügung standen, kann weder örtlichen Umlegungsausschüssen, dennoch eine positive Gesamtbilanz für ihren Geschäftsstellen oder Gemeinde- die Beteiligten aufgestellt werden. mitarbeitern möglich, die Feinheiten des Umlegungsrechtes, die Bedeutung von Die Bedeutung des Oberen Sollanspruch und Spitzenausgleich oder Umlegungsausschusses für die die fi nanziellen Folgen einer erschlie- Verfahren im Kreisgebiet ßungsbeitragsfreien, jedoch ausbaukos- Nicht erst seit den Überlegungen zur tenpfl ichtigen Zuteilung zu vermitteln. Strukturreform wurde das Für und Wider Durch die Bescheide und Informationen eines Oberen Umlegungsausschusses und des Oberen Umlegungsausschusses wurde seiner konkreten Aufgaben kontrovers den Betroffenen verdeutlicht, über welche diskutiert. Neben den praktischen Befi nd- sinnvollen Möglichkeiten sie verfügen und lichkeiten, wie zum Beispiel die Dauer welche Rechtsmittel das Verfahren (zur der Widerspruchsbearbeitung und der je- Freude der Rechtsanwälte) lediglich in weiligen Betroffenheit im Ergebnis der destruktiver Weise verlängern. Durch die Entscheidung gab auch das Selbstverständ- Übereinstimmung von Worten und Taten nis des Ausschusses Anlass zur Kritik. einschließlich der angekündigten Folgen, Dabei geht es um den von mancher Seite d. h. in gewisser Weise einer positiven geforderten aber unerfüllten Anspruch, Moderation durch den Oberen Umlegungs- über die bloße Widerspruchsbescheidung ausschuss, konnte eine Akzeptanz geschaf- hinaus auch beratend tätig zu sein, d. h. fen werden, welche das Verfahren über- losgelöst vom Einzelfall einen Beitrag haupt erst „bearbeitungsfähig“ gemacht zur Verbreitung und Unterstützung der hat. Baulandumlegung zu leisten. Wenngleich Auf diesen Erfahrungen aufbauend, dies wünschenswert erscheint, halte ich es konnte sich später die Geschäftstelle als persönlich für nicht ratsam, gleichzeitig Organisationseinheit herausbilden, die Beratungsgremium und Widerspruchsbe- regionale Informationsveranstaltungen hörde zu sein. Gerade die Unabhängigkeit für einschlägige Verwaltungen organi- des Oberen Umlegungsausschusses war sierte, als kompetenter Ansprechpartner in den von uns betreuten Verfahren von für Fragen der Bodenordnung diente und herausragender Bedeutung für die wach- so die Verbindung zu den Trägern der sende Akzeptanz der Entscheidungen in Umlegungsverfahren, den Städten und strittigen Fragen. Beispielsweise wurde Gemeinden, herstellte. in dem eingangs beschriebenen Verfah- Als beratende Institution wäre die Un- ren den Beteiligten deutlich gemacht, abhängigkeit des Oberen Umlegungsaus- dass die Ursache des Übels nicht die schusses nicht mehr gegeben gewesen, Umlegung selbst, sondern der in einem welche nach meiner Auffassung seine Bebauungsplan manifestierte Wille der wesentliche Eigenschaft sein sollte. An- Gemeindevertretung ist. So wurde dann gesichts der positiven Effekte für die durch umfangreiche Änderungen des Be- im Landkreis Oder-Spree durchgeführten

9 ermessung Brandenburg - 19 - Verfahren bedauere ich die Abschaffung gehalten werden, dass dieses weder per- des Oberen Umlegungsausschusses in sonell noch fi nanziell durch den Oberen Brandenburg im Zuge der Novellierung Umlegungsausschuss, also das Land Bran- der Umlegungsausschussverordnung. denburg, zu leisten ist. Es müsste derart Ein Anlass zu berechtigter Kritik be- tief in die Verfahren eingestiegen werden, steht in dem Umstand, dass der Obere dass es einer parallelen Bearbeitung ne- Umlegungsausschuss als unabhängiges ben der Arbeit der örtlichen Ausschüsse Gremium mit selbstständiger Entschei- gleichkommt. Aufgrund der jeweiligen dungsbefugnis von dieser nur selten Ge- örtlichen Gegebenheiten und der vielen brauch macht. D. h., die Entscheidungen verschiedenen Möglichkeiten, die das der örtlichen Umlegungsausschüsse wer- Umlegungsrecht bietet, sollten doch die den formell und materiell auf Recht- und ursprünglichen gemeindlichen Entschei- Zweckmäßigkeit geprüft. Kommt der dungen Vorrang haben und der Obere Obere Umlegungsausschuss zu entspre- Umlegungsausschuss davon absehen, im chenden Beanstandungen, so werden die Rahmen seiner Widerspruchsbescheidung ursprünglichen Entscheidungen ganz oder „Oberumlegungspläne“ aufzustellen. Es teilweise aufgehoben und zur erneuten Be- gibt nur bestandskräftige und nicht be- schlussfassung an den örtlichen Ausschuss standkräftige Umlegungspläne, bei deren zurückgegeben. In der Sache entschieden Aufstellung künftig wohl die Kammern für ist hiermit aber noch nicht, was besonders Baulandsachen ohne die Zwischeninstanz ärgerlich ist, wenn den Widersprüchen aus des Oberen Umlegungsausschusses mit- Gründen stattgegeben werden musste, die wirken werden. Mal sehen, ob es dadurch gar nicht im Interesse der Widerspruchs- insgesamt etwas schneller gehen wird. führer liegen. Nicht selten kommt es zu Zusammenfassend lässt sich feststellen, Verschlechterungen, wenn z. B. gegen den dass wir bei unseren Widerspruchsverfah- Gleichbehandlungsgrundsatz in unvertret- ren den Oberen Umlegungsausschuss als barer Weise verstoßen wurde. Alternativ kostengünstige Rechtsberatung „miss- kann der Obere Umlegungsausschuss statt braucht“ haben und uns künftig leider der Zurückweisung zur Neubescheidung an Rechtsanwälte wenden müssen. Vor auch selbst konkrete Entscheidungen den Kammern für Baulandsachen besteht treffen, die nach Antrag auf gerichtliche Anwaltszwang, sofern man beabsichtigt, Entscheidung durch die Kammer für Bau- Anträge zu stellen. Das zum Richteramt landsachen überprüfbar sind. Dem liegt der befähigte Mitglied des Umlegungsaus- nachvollziehbare Gedanke zu Grunde, dass schusses kann hier auch nicht weiter- der Obere Umlegungsausschuss wissen helfen. Erschwerend kommt hinzu, dass müsste, was richtig wäre, wenn er schon kaum Rechtsanwälte zu fi nden sind, die weiß, warum das Ursprüngliche falsch ist. zumindest den Eindruck erwecken, sich Diese nahe liegende Vorgehensweise dient erfolgreich der Materie widmen zu können. der Verfahrensbeschleunigung, käme auch Damit sage ich nicht, dass es diese nicht den Kammern für Baulandsachen entgegen gäbe. Dem geneigten Leser sei dazu als und könnte unter Umständen örtlichen weiterführende Literatur die Fachanwalts- Umlegungsausschüssen aus verfahrenen ordnung empfohlen. Es wird sehr deutlich, Situationen helfen. Dem muss entgegen dass die Materie kaum einem Fachgebiet

- 20 - Nr. 1/2009 zugeordnet werden kann. Ferner dürften Die Zukunft wird zeigen, ob mit dem die Aufträge relativ selten sein, so dass Wegfall des Oberen Umlegungsaus- sich die eingehende Beschäftigung mit schusses der Umlegung in Brandenburg dem Umlegungsrecht in Brandenburg wirt- eine stärkere Verbreitung und folglich schaftlich noch nicht rechnet. Trotzdem eine gefestigte Rechtsprechung beschie- besteht kein sachlicher Grund dafür, dass den sein wird. das Land in Gestalt des Oberen Umle- gungsausschusses für seine Kommunen Die vereinfachte Bauland- eine kostenlose Rechtsberatung im Um- umlegung und ihre besondere legungsrecht vorhält. Bedeutung für das Obwohl die Umlegung ein sehr elegantes Liegenschaftskataster Instrument ist, welches im gegenseitigen Mit in Kraft treten des Europarechts- Einvernehmen ein großes Potenzial zur anpassungsgesetzes Bau in 2004 wurde Kosten- und Zeitersparnis bietet, so ist insbesondere zum Zweck der erweiterten sie doch ein Durchsetzungsinstrument. Es Anwendung der bisherigen Grenzregelung liegt in der Natur der Sache, dass mit Kon- diese in ein so genanntes vereinfachtes Um- fl ikten gerechnet werden muss, die letztlich legungsverfahren überführt (§ 80 BauGB gerichtliche Auseinandersetzungen nach ff). Unter den gleichen Voraussetzungen sich ziehen werden. Genauso wie das der Umlegung (§ 45 BauGB ff) kann auf Widerspruchsverfahren ist dieses für die zahlreiche, sehr aufwändige Verfahrens- unterlegene Partei zum Teil mit erheb- schritte verzichtet werden, wenn „unmit- lichen Kosten verbunden. Über einschlä- telbar aneinander grenzende oder in enger gige, d. h. einheitliche Rechtsprechung Nachbarschaft liegende Grundstücke oder in Brandenburg liegen derzeit keine aus- Teile von Grundstücken untereinander sagekräftigen Erkenntnisse vor. Die Zahl getauscht oder Grundstücke, insbeson- der Entscheidungen und der anhängigen dere Splittergrundstücke oder Teile von Gerichtsverfahren ist, entsprechend der Grundstücken, einseitig zugeteilt werden. geringen Anzahl an Umlegungsverfahren Auszutauschende oder einseitig zuzutei- im Land Brandenburg, überschaubar. Das lende Grundstücke oder Grundstücksteile Bemühen der Kammern um einvernehm- dürfen nicht selbstständig bebaubar sein. liche Vergleiche, auch unter Missachtung Die einseitige Zuteilung muss im öffent- feierlich vorgetragener Grundsätze der lichen Interesse geboten sein.“ Umlegung ist überdeutlich. Gleichzeitig Zeitgleich wurden im Zuge der Aufstel- legen die Kammern nachvollziehbar dar, lung der automatisierten Liegenschaftskar- warum schon allein aus formalen Gründen te in Verbindung mit der Vervollständigung kaum eine Chance auf Erfolg für eine der des Gebäudebestandes erhebliche Abwei- streitenden Parteien besteht. So hat man chungen zwischen der vermeintlichen als Vertreter des Oberen Umlegungsaus- Lage der Gebäude und dem Karten- und/ schusses stets das Gefühl, dass man für oder dem Zahlennachweis festgestellt. die Existenz des Oberen Umlegungsaus- Teilweise sind ganze Ortslagen, insbe- schusses nicht undankbar ist, wenn Eini- sondere im ländlichen Raum, fl ächen- gungen unter seiner Mitwirkung zustande deckend betroffen. In einem Fall wurden kommen. sogar grundsätzlich keine Genehmigungen

9 ermessung Brandenburg - 21 - Abb. 1: Vereinfachtes Umlegungsverfahren – Alter Bestand durch die untere Bauaufsichtbehörde mehr amtlichen Lageplans zum Bauvorhaben, erteilt, weil belegt war, dass die darge- entstanden sind. Die Gründe dafür sol- stellten „Überbausituationen“ nicht auf len hier nicht weiter vertieft werden; sie Unzulänglichkeiten der geometrischen sind so offensichtlich und den Fachleuten Grundlagen zurückzuführen waren. In- genauso wie auch einigen betroffenen vestitionen in den Gebäudebestand wa- Eigentümern bekannt. Ausdrücklich ren mit dieser Entdeckung nicht mehr nicht gemeint sind die Abweichungen, genehmigungsfähig. Auswertungen des die auf tatsächlichen Unzulänglichkeiten Katasternachweises und seiner Entste- der geometrischen Grundlagen basieren. hung, teilweise bis zu den Separations- Die erforderliche Analyse der jeweiligen unterlagen (Karte und Rezess), belegten Situation bedeutet allerdings hohen tatsächliche Überbauten, die in sämtlichen Aufwand und ihre Bereinigung nicht we- Epochen, d. h. auch nach Einführung des niger.

- 22 - Nr. 1/2009 Abb. 2: Vereinfachtes Umlegungsverfahren – Neuer Bestand Wider den Erwartungen an die Qualität Gebäudeteile ganz oder teilweise über des Katasternachweises lässt sich nicht die Eigentumsgrenzen hinaus errichtet feststellen, dass die tatsächliche Überbau- worden sind. situation die Ausnahme sei. So schlecht, Eine beliebte Lösungsvariante bestand wie der Katasternachweis aus der Not in der Bemühung von einschlägigen, mög- heraus und aus vielen übergeordneten lichst wirren und umfangreichen For- Gründen gemacht wurde und wird, war mulierungen in der Grenzniederschrift. er weder in der Vergangenheit noch heute. Ganz wichtig war es, dass auch sehr Sicher ist dringender Handlungsbedarf zur viele Widersprüche benannt wurden, die fl ächendeckenden Verbesserung gegeben, sehr kompliziert und gar nicht aufl ösbar trotzdem ist es in den allermeisten Fällen seien. Dann konnte das Werk mit den möglich, eine sachgerechte und objektive Zauberworten „Versagen des Kataster- Entscheidung zu fällen, ob Gebäude oder nachweises“ gekrönt und den Beteiligten

9 ermessung Brandenburg - 23 - gesagt werden, dass sie nun zum vorge- Dieser strengen Auslegung folge ich legten Ergebnis mit Überzeugung sagen nicht. Sollte der Gesetzgeber tatsächlich sollen, dass es schon immer so war und diese Intention verfolgt haben, hätte er rechtsunwirksame Änderungen der Grenze nicht die Möglichkeiten der freiwilligen nicht vorlägen. Waren die Grenzen nicht Wahl des Verteilungsmaßstabs und, wenn festgestellt, ging es etwas zackiger. die Betroffenen einverstanden sind, von Diese Vorgehensweise, von Kataster- Abweichungen von bestimmten Zutei- behörde und Freiberufl ern gleichermaßen lungsgrundsätzen zugelassen. praktiziert, ist keine Lösung und bietet Auch durch den Beschluss des Bun- keine Rechtssicherheit. Gemäß § 311b desverfassungsgerichtes vom 22. Mai BGB bedürfte diese Vorgehensweise in 2001 wird die Anwendung des Verfah- den allermeisten Fällen der notariellen rens für entsprechende Situationen be- Beurkundung. Zieht man sich auf rein gründet. Oberstes Ziel der Umlegung ist öffentlich-rechtliche Konstruktionen wie es, nach Lage, Form und Größe für die Grenzfeststellung usw. zurück, gibt man bauliche und sonstige Nutzung zweck- den Bezug zum privatrechtlich geregelten mäßig gestaltete Grundstücke zu bilden. Eigentum und damit letztendlich seine Das Bundesverfassungsgericht betont die Daseinsberechtigung als hoheitlich tätige Privatnützigkeit des Verfahrens und führt Vermessungsstelle auf. Bei der nächsten diesbezüglich aus, dass die Befugnis Deregulierungsrunde wäre man weg vom des Eigentümers, sein Grundstück im Fenster (die sichere Variante der Zerle- Rahmen der Gesetze baulich zu nutzen, gungsvermessung, der grundbuchlichen einen Freiheitsraum im vermögensrecht- Teilung und Abschreibung konnte im Üb- lichen Bereich verschafft und damit eine rigen vor dem 2. Weltkrieg im Verhältnis eigenverantwortliche Lebensgestaltung zur Nachkriegs- und Neuzeit häufi ger ermöglicht. Dies trifft in den genannten festgestellt werden). Fällen zu, wie das Beispiel (Abb. 1 und 2) Warum kann nun die Umlegung oder dokumentiert. die vereinfachte Umlegung eine Lösung Mit der teilweise vollständigen Über- sein? Kein hoheitlich geregeltes Boden- bauung der zur Erschließung vorgesehenen ordnungsverfahren, ausgenommen das Flächen, Teil- und Komplettüberbauungen, nach dem Bodensonderungsgesetz zur die nur unter Einbeziehung der näheren Feststellung der Reichweite unvermes- Umgebung zu beseitigen wären (deren senen Eigentums, darf nur zur Berei- Regelung nach den Vorschriften des BGB nigung kataster- und vermessungstech- nicht zwingend „auf Dauer“ ausgelegt sind) nischer Unzulänglichkeiten eingesetzt und der Möglichkeit, weitere städtebauliche werden. Des Weiteren besagt eine strenge Maßnahmen verwirklichen und die ver- Rechtsauslegung, dass die Umlegung ein schiedensten rechtlichen Regelungen tref- hoheitliches Durchsetzungsinstrument fen zu können, sind die Vorrausetzungen zur ist, welches überhaupt erst nach dem Anwendung der vereinfachten Umlegung Scheitern privatrechtlicher Bemühungen sogar in besonders ausdrucksstarker Weise erwogen werden dürfte. Im Übrigen sei gegeben. Die sachgerechte Beurteilung der die Überbausituation umfassend im BGB Eigentumsstruktur im Bestand ist dabei geregelt. selbstverständlich.

- 24 - Nr. 1/2009 Ausblick Fälle weisen unterschiedliche und sehr Zwischenzeitlich haben sich im Land- komplexe Problemstellungen auf, wel- kreis Oder-Spree zehn Umlegungsaus- che erst durch die Umlegung umfassend schüsse gebildet, die mehr oder weniger gelöst werden können. Eine Tatsache, die aktiv sind. Das Kataster- und Vermes- Hoffnung und Freude auf die Weiterent- sungsamt betreut als Geschäftsstelle wicklung der Bodenordnung im Landkreis derzeit 32 Umlegungsverfahren, die das bereitet. gesamte Spektrum vom Regelverfah- ren, Regelverfahren im Sanierungsge- Michael Schreiber biet bis zum vereinfachten Umlegungs- Leiter Kataster- und Vermessungsamt verfahren abdecken. Weitere Anträge lie- Landkreis Oder-Spree gen vor. michael.schreiber@landkreis-oder- Sicher besteht heute kein nennenswerter spree.de Bedarf mehr an der Ausweisung neuer Baugebiete an Ortsrandlagen, eine der klassischen Anwendungen dieses Bo- denordnungsinstrumentes. Aber alle 32 ;

9 ermessung Brandenburg - 25 - Peter Hartmann, Frank Reichert Überlegungen zum rechtlichen Charakter der Grenzfeststellung

Die Diskussion über den besonderen rechtlichen Charakter der Grenz- anerkennung bzw. Grenzfeststellung, die in Heft 2/2008 begonnen wurde, wird im folgenden Artikel aufgegriffen und fortgeführt. Die beiden Autoren beleuchten dabei die historische Entwicklung der Grenz- feststellung und die Rechtsprechung hierzu, insbesondere für das Land Brandenburg. Auf dieser Basis und den langjährigen Erfahrungen in der Praxis werden Aspekte für die Weiterentwicklung des Katasterrechts in Brandenburg aufgezeigt.

Das Kataster- und Abmarkungsrecht ist immer wieder geführt. Zuletzt hat sich in ein Verwaltungsrechtsgebiet mit Son- der vorigen Ausgabe von „Vermessung dercharakter. Als amtliches Verzeich- Brandenburg“ Heinz-Werner Kahlen- nis i.S.d. § 2 Abs. 2 GBO kommt dem berg ausführlich damit beschäftigt und Liegenschaftskataster eine zumindest dabei in den für die Feststellung von mittelbare privatrechtliche Bedeutung Grundstücksgrenzen notwendigen Aner- zu. So ist es auch nicht verwunderlich, kennungserklärungen einen privatrecht- dass im Vermessungsrecht ursprünglich lichen Grenzfeststellungsvertrag erkannt. aus der Privatrechtsordnung entlehnte Ele- Diese Auffassung kann nicht unwiderspro- mente nunmehr in verwaltungsrechtliche chen bleiben. Wenn auch das branden- Formen gekleidet, fortleben. Markantes burgische Vermessungsrecht nach wie Beispiel für ein solches gewandeltes vor mit privatrechtlichen Rudimenten Instrument des besonderen Verwaltungs- verflochten ist, sind Zweifel ange- rechts ist die (nur noch) in den drei Ländern bracht, ob hier wirklich noch von einem Brandenburg, Bayern und Nordrhein- „privatrechtlichen Grenzfeststellungs- Westfalen bekannte Grenzanerkennung vertrag“ i.S.v. § 920 BGB gesprochen als wesentlicher Bestandteil der Grenz- werden kann. Bei der Auseinander- feststellung. setzung mit dem Charakter der Grenz- Nach § 18 Abs. 1 VermLiegG ist eine feststellung sollten neben der vollstän- Grenze festgestellt (Grenzfeststellung), digen Würdigung der hierzu ergangenen wenn ihre Lage ermittelt (Grenzermitt- Rechtsprechung auch die historische lung) und von den Beteiligten anerkannt Entwicklung der Grenzfeststellung so- ist (Grenzanerkennung). Die Diskus- wie einige Gedanken, die sich aus der sion über den besonderen rechtlichen praktischen Vorgehensweise bei ei- Charakter der Grenzfeststellung bzw. ner Grenzfeststellung ergeben, un- speziell der Grenzanerkennung, wie sie voreingenommen in die Diskussion in Brandenburg praktiziert wird, wird einfl ießen.

- 26 - Nr. 1/2009 Historischer Überblick § 387 Seit Jahrhunderten sind Regelungen Nur bei Grenzscheidungen, nicht aber zur Anerkennung des Grenzverlaufes bei der bloßen Erneuerung unstreitiger durch die Nachbarn bekannt, so entneh- Grenzen, ist die Zuziehung der §§ 323 - men wir dem „Allgemeinen Landrecht 332 bemerkten Interessenten nothwendig. für die Preußischen Staaten“ (ALR) § 388 von 1794, „Erster Theil. Siebzehnter Dagegen soll sowohl die Erneuerung alter, Titel. Vom getheilten Eigenthume.“ im als die Bestimmung neuer Grenzen, allemal mit Zuziehung einer Gerichtsperson vorge- Fünften Abschnitt: nommen, und ein Protokoll darüber bei den Gerichten aufbewahrt werden. ALR Von Grenzscheidungen Die Regelungen im ALR enthalten be- § 362 reits zahlreiche Komponenten, die uns Sowohl bei Gemeinheitstheilungen, als in heute noch bekannt sind. Genannt wer- allen anderen Fällen, wo eine Bestimmung der Grenzen erforderlich ist, müssen diesel- den sollen nur die Bestimmungen zur ben deutlich bezeichnet werden. örtlichen Kennzeichnung der Grenze und die Vorschrift, dass „alle Nachbarn“ § 372 hinzuzuziehen sind. Die gesetzliche Ver- Auf Wiederherstellung verdunkelter und ungewiß gewordener Grenzen ist jeder pfl ichtung, bei „verdunkelten Grenzen“ benachbarte Besitzer anzutragen wohl auf Urkunden oder glaubwürdige Zeugen befugt. zurückzugreifen, unterstreicht, dass der damalige Gesetzgeber davon ausging, Von Grenzerneuerungen dass es zwischen zwei Nachbarn nur eine Grenze geben kann, die durch sach- § 383 Um die Verdunkelung der Grenzen zu ver- verständige Beurteilung in der Örtlich- hüten, ist jeder Besitzer seine Nachbarn keit rekonstruiert werden kann. Eine zu deren Erneuerung aufzufordern wohl gerichtliche Verhandlung war nach den befugt. Vorschriften des ALR im Streitfall nur § 384 dann erforderlich, wenn die Interessenten Die Kosten einer solchen Grenzerneuerung (heute würden wir sie als Beteiligte be- müssen von sämmtlichen Nachbarn, nach zeichnen) nicht teilnahmen. Die freiwillige Verhältniß der Länge ihres Antheils an der Einigung durch Vertrag war gültig; die Grenzlinie, getragen werden. Form eines solchen Vertrages richtete § 385 sich nach den Vorschriften des ALR, er Bei einer dergleichen Grenzerneuerung ist musste schriftlich abgefasst sein (vgl. z. B. die Zuziehung aller Nachbarn, mit deren [Rehbein/Reincke, 1894]). Die „unter- Gründen die neu aufzunehmende Grenz- linie in Verbindung steht, erforderlich. bliebene Zuziehung einer Gerichtsperson bei Erneuerung alter, oder Bestimmung § 386 neuer Grenzen“ war kein Verfahrensman- Gegen die Nichtzugezogenen kann eine gel oder Formfehler, wie wir heute sagen solche Grenzerneuerung auch in der Folge nicht angeführt werden. würden, wenn „ein von den Interessenten unterschriebenes Protokoll, aus welchem

9 ermessung Brandenburg - 27 - der Grenzdukt ersichtlich, aufgenommen verändert geblieben sind. Die für die worden ist“ (vgl. z. B. [Koch, 1862]). katasterliche Praxis wichtigste Regelung Die Bestimmungen im ALR zur Vor- ist die Ermächtigung aus § 919 Abs. 2, gehensweise bei streitigen Grenzen sind die für das Verfahren der Abmarkung bei Einführung des Bürgerlichen Gesetz- auf die jeweiligen Landesgesetze ver- buches inhaltlich fortgeschrieben worden. weist. Im Königreich (ab 1918 Freistaat) Das gilt auch für die Befugnis, den Nach- Preußen blieben bis 1934 (Kataster wird barn zur Mitwirkung an der Abmarkung reichsweit einheitlich geregelt) für das aufzufordern. Verfahren der Abmarkung diejenigen Re- Erwähnenswert ist, dass die Formulie- gelungen des ALR gültig, die nicht durch rungen der §§ 919, 920 BGB (abgesehen Bestimmungen des BGB ersetzt wurden. von der sich ändernden Rechtschreibung) Mit der Anweisung II vom 17. Juni 1920 seit Einführung des BGB bis heute un- wurde die Bedeutung der noch heute bekannten Grenzverhandlung betont, die bei Unklarheiten über den Grenzverlauf BGB eine Grenzanerkennung durch die Grenz- § 919 Grenzabmarkung nachbarn vorsieht. (1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Seit Gründung der Bundesrepublik liegt von dem Eigentümer eines Nachbargrund- stücks verlangen, dass dieser zur Errichtung die Gesetzgebungskompetenz für das Ab- fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenz- markungsverfahren wieder bei den Län- zeichen verrückt oder unkenntlich geworden dern, die mit der Einführung und Weiter- ist, zur Wiederherstellung mitwirkt. entwicklung der entsprechenden Gesetze (2) Die Art der Abmarkung und das Verfah- ren bestimmen sich nach den Landesge- sehr unterschiedliche Wege beschritten setzen; enthalten diese keine Vorschriften, haben. In Nordrhein-Westfalen (und später so entscheidet die Ortsüblichkeit. in Brandenburg) hat man bekanntermaßen (3) Die Kosten der Abmarkung sind von den eine Variante der Grenzfeststellung ge- Beteiligten zu gleichen Teilen zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen wählt, die den Beteiligten bei bisher nicht bestehenden Rechtsverhältnis sich ein festgestellten Grenzen durch die erforder- anderes ergibt. liche Grenzanerkennung eine sehr starke § 920 Grenzverwirrung Position zubilligt. Ohne die Zustimmung (1) Lässt sich im Falle einer Grenzverwirrung der Beteiligten kommt es nicht zur Grenz- die richtige Grenze nicht ermitteln, so ist für feststellung; Gründe für die Verweigerung die Abgrenzung der Besitzstand maßge- der Zustimmung müssen nicht benannt bend. Kann der Besitzstand nicht festgestellt werden, so ist jedem der Grundstücke ein werden. Eine ähnliche Rechtsposition der gleich großes Stück der streitigen Fläche Beteiligten kennt sonst nur noch das Bun- zuzuteilen. desland Bayern. Die übrigen Bundesländer (2) Soweit eine diesen Vorschriften entspre- haben im Rahmen ihrer Gesetzgebungs- chende Bestimmung der Grenze zu einem Ergebnis führt, das mit den ermittelten kompetenz dagegen Verfahren bei der Umständen, insbesondere mit der fest- Grenzfeststellung gewählt, die konsequent stehenden Größe der Grundstücke, nicht verwaltungsrechtlichen Charakter haben übereinstimmt, ist die Grenze so zu ziehen, und frei von privatrechtlichen Elementen wie es unter Berücksichtigung dieser Um- stände der Billigkeit entspricht. sind. Der Grenztermin dient dort lediglich der auch im Verwaltungsverfahrensgesetz

- 28 - Nr. 1/2009 (VwVfG) vorgesehenen Anhörung der rechtmäßigen Grenze bezeichnen“ Beteiligten. Dazu wird eine Niederschrift (VVLiegVerm 6.1.4). aufgenommen, die aber keinerlei Anerken- • „Die rechtmäßige Grenze ist die Grund- nungserklärungen enthält. stücksgrenze, wie sie durch die materi- elle Rechtslage gegeben ist“ (VVLieg- Vorbereitende Arbeiten zur Verm 6.1.6). Grenzfeststellung • „Die Grenzermittlung ist eine Sachver- Die der Grenzfeststellung vorangehende haltsermittlung mit dem Ziel der Grenz- Tätigkeit wird in § 18 Abs. 1 VermLiegG feststellung“ (VVLiegVerm 6.1.9). als Grenzermittlung bezeichnet. Die Lie- • In den Fällen, in denen der Kataster- genschaftsvermessungsverordnung legt nachweis für die Grenzuntersuchung dazu in § 1 Abs. 1 fest: „Soll eine be- „unzureichend“ ist, „ist der von den stehende Grenze festgestellt werden, so Beteiligten angezeigte Grenzverlauf ist für die Ermittlung ihrer Lage von der Grenzermittlung zugrunde zu le- ihrem Nachweis im Liegenschaftskataster gen, wenn nach sachverständigem Er- auszugehen.“ Näheres zum Begriff der messen anzunehmen ist, dass er dem Grenzermittlung enthält die Verwaltungs- rechtmäßigen Grenzverlauf entspricht“ vorschrift (VVLiegVerm), die unter Punkt (VVLiegVerm 6.1.10). 6.1 („Grenzuntersuchung“) genauere Hin- Dass nur die Grenzwiederherstellung als weise zur Durchführung der örtlichen „vermessungstechnischer Vorgang“ be- Vermessungsarbeiten gibt: schrieben wird, mag irreführend sein. • Bei der „Grenzuntersuchung“ wird Auch die Grenzermittlung kommt ohne „der Katasternachweis in die Örtlich- vermessungstechnische Methoden nicht keit übertragen und mit dem örtlichen aus, sei es, dass nur Kartenmaterial mit Grenzverlauf verglichen“ (VVLieg- der entsprechenden „geringen“ Genauig- Verm 6.1.3). keit zur Verfügung steht und ausgewertet • Bei der Grenzuntersuchung unter- wird oder dass auch Zahlennachweise scheidet die VVLiegVerm zwischen vorhanden sind, die Rückschlüsse auf den Grenzwiederherstellung (bei bereits Verlauf einer bisher nicht festgestellten festgestellten Grenzen) und Grenz- Grenze gestatten. Die Folgerungen, die ermittlung (bei bisher nicht festge- aus den vorstehend aufgeführten Rechts- stellten Flurstücksgrenzen), die Grenz- vorschriften für die praktische Arbeit an wiederherstellung wird dabei als ein bisher nicht festgestellten Grenzen gezo- „vermessungstechnischer Vorgang“, gen werden können, sind eindeutig: der „in die Abmarkung münden“ kann, • Es gibt nur EINEN rechtmäßigen beschrieben (VVLiegVerm 6.1.7 und Grenzverlauf zwischen zwei Flurstü- 6.1.8). cken, der immer sachgemäß ermittelt • „Bei noch nicht festgestellten Gren- werden muss. Eine sachlich nach- zen kann der örtliche Grenzverlauf vollziehbare Untersuchung aller Hin- auch durch den örtlichen Besitzstand weise, die Rückschlüsse auf den Grenz- erkennbar sein, soweit beide Grenz- verlauf liefern, ist auch im Hinblick nachbarn diesen übereinstimmend als auf mögliche Rechtsstreitigkeiten ge- maßgebend für den Verlauf ihrer boten.

9 ermessung Brandenburg - 29 - • Der Katasternachweis gibt heutzutage richt, sollte das Ergebnis der Grenzer- nur in wenigen Ausnahmefällen keine mittlung genauso plausibel sein, wie eindeutigen Hinweise mehr auf den das Resümee eines Sachverständigen- Grenzverlauf. Entscheidender ist die gutachtens im Rechtsstreit. Frage, wie genau die Grenze unter Bei Berücksichtigung der vorgenannten geometrischen Gesichtspunkten im Punkte sollte das Ergebnis der Grenzer- Kataster nachgewiesen ist. Während mittlung die Zustimmung der Beteiligten festgestellte Grenzen in der Regel mit fi nden und durch die Anerkennung in die Zentimetergenauigkeit nachgewiesen Grenzfeststellung münden. In der Praxis werden, lassen sich nicht festgestellte sind es schließlich nicht die Beteiligten, die Grenzen teilweise nur innerhalb eines dem Verhandlungsleiter die Grenze „vor- Toleranzbandes, das mehrere Meter schreiben“ wollen. Aufgrund mangelnder „breit“ sein kann, in die Örtlichkeit Vorstellungen und Vorkenntnisse über die übertragen. Grenze des örtlichen Besitzes und die rich- • Dem örtlichen Besitzstand kommt, vor tige Interpretation des Katasternachweises allem wenn er sich „historisch gewach- sind sie in den meisten Fällen dankbar, sen“ präsentiert, erhebliche Beweiskraft wenn der Fachmann ihnen plausible und zu. Liegen die Besitzstandsgrenzen nachvollziehbare Argumente für einen innerhalb des vorerwähnten Toleranz- bestimmten Grenzverlauf präsentiert. bandes, so kommt dem eine erhebliche sachliche Beweiskraft zu. Der rechtliche Charakter der • Andere Unterlagen können ebenfalls Grenzfeststellung wertvolle Hinweise zum Grenzverlauf Eine sachgemäße Grenzermittlung führt enthalten. In Ortslagen wurden gute Er- in der Praxis in den meisten Fällen pro- fahrungen mit alten Bauakten gemacht, blemlos zu festgestellten Grenzen. Für außerhalb von Ortschaften konnten ne- den Verhandlungsleiter kann es ein „Er- ben Kartenwerken, die nicht im Katas- folgserlebnis“ sein, wenn die Beteiligten ter geführt werden, auch „historische“ ihre unterschiedlichen Meinungen zum Luftbilder aus älteren Befl iegungen in- Grenzverlauf aufgeben, und bei der Grenz- teressante Rückschlüsse ermöglichen. feststellung seinen (besseren) Argumenten Grenzniederschriften aus früheren folgen. Die Frage, ob und inwieweit die Grenzfeststellungen in der Nachbar- dazu abgegebene Grenzanerkennung pri- schaft können wichtige Hinweise auf vatrechtliche und verwaltungsrechtliche besondere lokale Gegebenheiten (z.B. Elemente enthält, stellt sich im (vermeint- ortsübliche Grenzeinrichtungen oder lichen) Erfolgsfall nicht. Dennoch ist das Baulinien) enthalten. Interesse daran nicht nur theoretischer • Den Aussagen der Beteiligten zum Natur. Grenzverlauf ist mit äußerster Vorsicht In seinem Aufsatz rückt Kahlenberg die zu begegnen, wenn sie vom Kataster- Grenzfeststellung und -anerkennung in nachweis bzw. vom örtlichen Besitz- die Nähe der Eheschließung, bei der der stand abweichen. Standesbeamte nach erfolgtem familien- • Im Hinblick auf eine mögliche Grenz- rechtlichen Vertrag die Erklärungen der feststellungsklage vor einem Zivilge- Ehepartner aufnimmt und beurkundet.

- 30 - Nr. 1/2009 Auf den ÖbVI übertragen hieße das, dass Verwaltungsgerichtsbarkeit regelmäßig dieser lediglich eine individuelle Verein- die Entscheidung über die Rechtsnatur barung der Grundstücksnachbarn über der Grenzanerkennung mangels Not- die Reichweite ihres Eigentums bestätigt. wendigkeit offen lässt. So differenziert Weder dieser wenig treffsichere Vergleich z. B. das Urteil des VG Potsdam vom noch die bereits überwunden geglaubte 31.05.2001 nicht zwischen der öffentlich- Theorie vom Grenzanerkennungsvertrag rechtlichen Erklärung gegenüber der Ver- wird der Rechtsnatur der Grenzfeststellung messungsstelle und der privatrechtlichen bzw. der Anerkennung des Ergebnisses der Willenserklärung gegenüber den betrof- Grenzermittlung gerecht. Vielmehr ist in fenen Nachbarn. Noch leichter macht der unterschriftlichen Grenzanerkennung es sich das Verwaltungsgericht Cottbus nach § 18 VermLiegG primär kein Vertrag, in seinem Urteil vom 5.10.2006, indem sondern ein qualifi zierter verfahrensrecht- es hinsichtlich der Grenzanerkennung licher Mitwirkungsakt in Form einer ein- eine ältere Entscheidung des Bayerischen seitigen öffentlich-rechtlichen Erklärung Verwaltungsgerichtshofs nahezu wörtlich zu sehen [Zachert, 2005]. Das schließt zwar übernimmt. Bereits in diesem Urteil vom nicht von vornherein aus, dass dem Aner- 20.12.1972 (BayVGH 155 IV 69) ist kenntnis im Einzelfall eine zivilrechtliche deutlich zum Ausdruck gekommen, dass Bedeutung beiliegen und konkludent ein die Verwaltungsgerichtsbarkeit für ihre privatrechtlicher Grenzfeststellungsver- Würdigung der Rechts- und Beweiskraft trag entstehen kann, dieser ist aber besten- im Grunde genommen überhaupt kein falls nur Nebenprodukt. Zuallererst bleibt begründetes Interesse an der rechtssyste- die Grenzanerkennung ein Gegenstand des matischen Einordnung der Grenzanerken- öffentlichen Rechts! Dafür spricht bereits nung hat: „Was die rechtliche Natur der die Anerkennungsfi ktion nach § 20 Abs. 5 Anerkennungserklärung der beteiligten VermLiegG als eine Einrichtung, die den Grundstückseigentümer betrifft, so kann Grundsätzen des bürgerlich-rechtlichen dahinstehen, ob darin ein Anerkennungs- Vertragsrechts fremd ist. So sieht es z. B. vertrag (Grenzfeststellungsvertrag) oder auch das OVG Brandenburg in seinem nur die einseitige rechtsgeschäftliche Er- Beschluss vom 3.05.2004 (3 A 699/01.Z) klärung des Anerkennungswillens oder sowie dem Urteil vom 20.12.2005, wo es gar nur die Äußerung einer Vorstellung, stets nur von „öffentlich-rechtlichen Er- d.h. die auf keinen Rechtserfolg gerich- klärungen“ spricht. Im Übrigen hätte der tete bloße Einräumung der Wahrheit von Landesgesetzgeber auch nicht einmal die Rechtsverhältnissen, liegt.“ Möglichkeit, der Grenzanerkennung eine Während die Verwaltungsrechtspre- über die öffentlich-rechtliche Erklärung chung sich zu der das bürgerliche Recht hinausgehende zivilrechtliche Wirkung berührenden Materie offensichtlich nicht beizumessen. Dazu fehlt ihm schlicht eindeutig festlegen will, ist die Rechtsauf- und einfach die entsprechende Gesetzge- fassung der ordentlichen Gerichtsbarkeit bungskompetenz. eindeutig niedergelegt. Die Rechtspre- An der von Kahlenberg im Anhang chung geht davon aus, dass die Grenzaner- seines Aufsatzes zitierten Rechtsprechung kennung allenfalls zusätzlich und neben [Kahlenberg, S. 46 ff.] fällt auf, dass die ihrer grundlegenden öffentlich-rechtlichen

9 ermessung Brandenburg - 31 - Funktion privatrechtliche Wirkungen ent- rechtliche Wirkungen aus der Unterschrift falten kann. So heißt es im Urteil des Bran- nicht hergeleitet werden dürfen.“ Dem denburgischen OLG vom 15.12.2004 - 4 U könnte entgegen gehalten werden, dass das 207/00: „Eine über das bloße Anerkenntnis VermLiegG in § 18 Abs. 2 im Zusammen- des festgestellten Grenzverlaufs hinaus- hang mit streitigen Grenzen selbst davon gehende... rechtsgeschäftliche Erklärung spricht, dass sich Grundstückseigentümer ... ist in dem abgegebenen Anerkenntnis nicht einigen können. Hier ist jedoch zu indes nicht enthalten. Eine derartige Be- beachten, dass es sich dabei nicht um deutung könnte dem Anerkenntnis allen- die für die Grenzfeststellung von beiden falls dann beizumessen sein, wenn die Grenznachbarn notwendige Anerkennung Grenzfeststellung zur Beilegung eines handelt. Vielmehr zielt die Wortwahl auf Streits der Grundstücksnachbarn um den einen Grenzfeststellungsvertrag ab, der Grenzverlauf erfolgt wäre, denn dann hätte jedoch nur dann zum Tragen kommt, wenn der am Grenztermin beteiligte Nachbar das Liegenschaftskataster die rechtmäßige diese Erklärung nach Treu und Glauben Grenze nicht dokumentiert und keine Par- so verstehen können, dass die Grenze auch tei die richtige Grenze nachweisen kann! ihm gegenüber „anerkannt“ werde. Hier [Bengel/Simmerding § 22 Rz. 77] erfolgte die Vermessung ... jedoch unstrei- tig allein zum Zwecke der Teilung ...; dem Nachteilige Auswirkungen der Anerkenntnis kommt in diesem Fall ... über Grenzanerkennung die für die Grenzfeststellung nach § 18 Die Nachteile zwingend erforderlicher Abs. 1 VermLiegG erforderliche Erklärung Anerkennungen werden schnell offen- kein hinausgehender Erklärungswert zu.“ sichtlich, wenn man die Fälle betrachtet, Dass es sich dabei keineswegs um eine in denen es wegen verweigerter Grenzaner- isolierte Rechtsauffassung handelt, zeigt kennung nicht zu einer Grenzfeststellung das OLG Nürnberg in seinem Urteil vom kommt bzw. in denen nachträglich eine frü- 20.01.1965 (4 U 60/64), das inhaltlich her erzielte Grenzfeststellung angefochten vergleichbar den Kern der Sache tref- oder sogar aufgehoben wird. Hierzu sei fend beschreibt: „Die unterschriftliche grundsätzlich angemerkt: Anerkennung eines Abmarkungsproto- • Die starke Position der Beteiligten, kolls braucht nicht in jedem Fall die Be- die ohne Angabe von Gründen, Ein- deutung einer privatrechtlich wirksamen wendungen gegen das Ergebnis einer Willenserklärung zu haben, denn mit der Grenzermittlung erheben können, führt Unterzeichnung können die beteiligten in den Fällen, in denen Einwendungen Grundeigentümer unter Umständen nur erhoben werden, zu bemerkenswerten der ihnen verwaltungsrechtlich ... aufer- Ergebnissen: In den meisten dieser Fälle legten Pfl icht zur Unterschriftsleistung beantragt ein Beteiligter eine Grenzver- nachgekommen sein.“ Das Gericht folgert messung, um Klarheit über den Verlauf daraus: „Gerade weil das öffentliche Recht einer Grenze zu erhalten. Kommt es hier eine Protokollunterschrift fordert, nicht zu einer Grenzfeststellung, so ist kann sich der Erklärungsgehalt auf die das in der Regel nicht auf das Ergebnis geometrische Richtigkeit der Vermessung der Grenzermittlung zurückzuführen. beschränken mit der Folge, dass privat- Hauptursache sind vielmehr Streitig-

- 32 - Nr. 1/2009 keiten und Meinungsverschiedenheiten privatrechtlichen Vertrag sehen, so würde zwischen den Nachbarn, die keinerlei sich die Anzahl der im Liegenschafts- Bezug zur katasterrechtlichen Proble- kataster nachgewiesenen rechtswirksam matik haben. Die Grenzfeststellung anerkannten Grenzen ständig verringern. mutiert hier vom qualifi zierten Ergeb- Einen besonderen Grenzanerkennungs- nis einer Sachverhaltsermittlung zur bzw. Grenzfeststellungsvertrag kennt das Verhandlungsmasse zwischen Streit- BGB nämlich nicht. Maßgebend sind hähnen. also die allgemeinen Vorschriften über • Die Tatsache, dass den Beteiligten bei Verträge. Solche Verträge wirken nicht einer gescheiterten Grenzfeststellung dinglich gegen jedermann, sondern nur der Rechtsweg nach § 920 BGB offen obligatorisch, d. h. nur zwischen den steht, ergibt sich daraus, dass die ka- Vertragsparteien und deren Erben. Bei der tasterrechtlichen Möglichkeiten nach rechtsgeschäftlichen Veräußerung geht die erhobenen Einwendungen erschöpft Unterlassungspfl icht/Verpfl ichtung nicht sind. Die sachliche Beurteilung des auf die Nachfolger über. Grenzverlaufs wird dabei aus der Hand Diesen Mangel der „Lehre vom An- der Katasterbehörde in die Hände der erkennungsvertrage“ hat bereits 1927 ordentlichen Gerichte gegeben, die den Dr. Wilhelm Dessin in der Zeitschrift für Sachverhalt in der Regel in Kombinati- Vermessungswesen formuliert und die on mit anderen Streitpunkten zwischen Konsequenzen zutreffend eingeschätzt: den Parteien klären müssen und zur „Die Katasterverwaltung würde sich also Beurteilung des Sachverhalts Sach- von dem ihr vorschwebenden Ziele der an- verständige nach eigenem Ermessen erkannten und beweiskräftigen Grundkarte hinzuziehen. immer mehr entfernen. Man tröstet sich Hier schliesst sich der Kreis zu den damit, daß der Eigentumsnachfolger, der §§ 919 und 920 BGB. So räumt die bereits eine früher anerkannte Grenze angreifen von Kahlenberg zitierte Entscheidung des will, im Prozeß eine sehr schwache Stel- OVG 3 A 699/01 vom 3.05.2004 den Be- lung haben wird.“ [Dessin 1927, S. 150] teiligten ausdrücklich die Möglichkeit Dessin fragt sich, ob ein solches Endergeb- ein, „ein den Grenzverlauf feststellendes nis nicht einfacher erreicht werden kann. zivilrechtliches Urteil zu erlangen“. Er kommt zu dem Schluss, dass der mit der Unterschrift verfolgte Zweck des Nach- Erforderlichkeit der weises, dass den Beteiligten der Standort Grenzanerkennung der Grenzmarken, der Grenzverlauf und Die Notwendigkeit der Anerkennungs- das Verhältnis der örtlichen Grenze zum erklärung wird im Allgemeinen damit Katasternachweis bekannt gewesen ist, begründet, dass sich die Beteiligten mit genauso gut durch die Niederschrift des ihrer Unterschrift verpfl ichten, eine ein- Verhandlungsleiters erreicht werden kann: mal anerkannte Grenze nicht mehr zu „Lassen wir die privatrechtliche Betrach- bemängeln und die festgestellte Grenze tungsweise der Dinge und das daraus durch diese Form der Mitwirkung eine entspringende Bestreben, die Parteien stets besondere Rechtsqualität erreicht. Wür- und nötigenfalls gegen ihren Willen vor de man in der Grenzanerkennung einen Grenzprozessen zu bewahren, fallen und

9 ermessung Brandenburg - 33 - beschränken wir die Wirksamkeit der Ka- Die Frage, wer zum Kreis der Beteilig- tasterverwaltung auf ihr eigenstes Gebiet ten bei einer Grenzfeststellung gehört, ... Augenscheinlich hat die Verwaltung das wurde in den letzten Jahren nur unter ihrige getan, wenn sie den unmittelbar an eigentums- und verwaltungsrechtlichen der Vermessung Beteiligten Gelegenheit Gesichtspunkten geprüft. Wertet man die gibt, sich zur Sache zu äußern .... Dann praktische Bedeutung der Beteiligten bei hat die Grenzverhandlung nicht mehr der Grenzermittlung, so ergeben sich As- den Charakter eines Vertrages unter den pekte, die zum Nachdenken anregen: Als Parteien, sondern einer Niederschrift des 1920 die Anweisung II erlassen wurde, Terminleiters über die tatsächlichen Her- war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein gänge im Vermessungstermin.“ Damit Beteiligter aus eigenem Erinnern oder den hat Dessin bereits 1927 den Weg für ein Berichten seiner Rechtsvorgänger noch Grenzfeststellungsverfahren aufgezeigt, Angaben zu früheren Vermessungen, Ge- das heute in den meisten Bundesländern meinheitsteilungen, Grenzeinrichtungen so praktiziert wird. usw. machen konnte. Dies rechtfertigt aus damaliger Sicht die starke Position Fazit der Beteiligten bei der Grenzfeststellung. Die Grenzfeststellung hat sich einerseits Ein heutiger Eigentümer wird in der Regel als Instrument in der Praxis bewährt, da keine derartige Hilfestellung mehr leisten die erstmalige Zustimmung der Beteilig- können, von den Möglichkeiten anderer ten zum Grenzverlauf, die besondere Beteiligter ganz zu schweigen. rechtliche Bedeutung der Grenzfeststel- Nach gängiger Rechtsauffassung soll lung unterstreicht. Gleichwohl zeigt die der Katasternachweis auch zur Sicherung Rechtsprechung, dass bei vermeintlichen des Grenzfriedens zwischen den Nach- Verfahrensfehlern die Hemmschwelle barn beitragen. Aus Sicht des „Verbrau- ordentlicher Gerichte niedrig ist, was chers“ ist es sicherlich unbefriedigend, eine erneute gerichtliche Festlegung der eine Grenzvermessung zu beantragen, bei Grenzen nach § 920 BGB betrifft. In den der es aufgrund von Einwendungen nicht kommenden Jahren sollte intensiv beo- zur Grenzfeststellung kommt, obwohl bachtet werden, ob die derzeit in Bran- das amtliche Vermessungswesen sach- denburg praktizierte Form der Grenzfest- lich nachvollziehbar einen Grenzverlauf stellung im Hinblick auf grundsätzliche „anbieten“ kann. Es ist dem Bürger kaum rechtliche Aspekte (Rechtssicherheit), zu vermitteln, dass er danach ein Zivilge- aber auch aus praktischer Sicht noch richt anrufen muss, dass sich dann dem zeitgemäß ist. Urteil von Fachleuten unterwirft, die aus So könnte man darüber nachdenken, ob dem selben Kreis von Sachverständigen die Tatsache, dass die landesrechtlichen stammen. Hier besteht die Gefahr eines Vorschriften mehrfach durch die Ge- Vertrauensverlustes des Bürgers gegenü- richte mit Vorschriften des Bundesrechts ber dem Liegenschaftskataster. „ausgehebelt“ werden, ein Indiz für Sollten sich die aufgezeigten Trends be- grundsätzliche Schwächen in den spezi- wahrheiten, so wird man vermutlich nicht algesetzlichen Regelungen zur Grenzfest- umhin kommen, bei der zukünftigen Wei- stellung sind. terentwicklung des Katasterrechts in Bran-

- 34 - Nr. 1/2009 denburg auf privatrechtliche Elemente im Koch, Christian Friedrich: Allgemeines Verfahren zu verzichten und eine strengere Landrecht für die preußischen Staaten, Zuordnung zum Verwaltungsrecht vorzu- Kommentar in Anmerkungen, 3. ver- nehmen. Neben einer Harmonisierung mit mehrte Aufl age, Berlin, 1862 dem allgemeinen Verwaltungsrecht könnte Bengel/Simmerding: Grundbuch, Grund- es noch andere Lösungen geben. Diese stücke, Grenze, 4. Aufl . 1996 zu fi nden mag, auch als Reaktion auf die Zachert, Rüdiger : Vermessungsrechtliche zukünftige Rechtsprechung von Zivil- und Beurkundungen i.S.v. § 61 BeurkG, Verwaltungsgerichten im Zusammenhang AVN 5/2005, S. 188 ff mit der Grenzfeststellung, eine spannende Aufgabe bleiben. Dessin: Über die rechtliche Natur von Grenzverhandlungen, zfv 1927 Literatur S. 147 ff Kahlenberg, Heinz-Werner: Hochzeit mit Peter Hartmann dem Nachbarn – Grenzfeststellung in Öffentlich bestellter Brandenburg, Vermessung Branden- Vermessungs ingenieur burg 02/2008, S. 37 ff Perleberg Rehbein, Hugo und Reincke, Otto: Allge- [email protected] meines Landrecht für die Preußischen Staaten nebst den ergänzenden und Frank Reichert abändernden Bestimmungen der Vermessungsassessor Reichs- und Landesgesetzgebung mit Geschäftsstelle BDVI-Brandenburg Erläuterungen, 5. verbesserte Aufl age, Cottbus Berlin, 1894 [email protected]

;

9 ermessung Brandenburg - 35 - Wolfgang Kresse Geoinformatikausbildung an der Hochschule Neubrandenburg

Die Hochschule Neubrandenburg steht im Mittelpunkt der Geoinforma- tikausbildung im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Die beiden einschlägigen Studiengänge sind Geoinformatik und Vermessungswesen. Diese gehören zum Fachbereich „Landschaftsarchitektur, Geoinformatik, Geodäsie und Bauingenieurwesen“ (LGGB), einem von vier Fachbe- reichen der Hochschule.

Studienangebot graphie und Geologie, mit kleineren Die möglichen Studienabschlüsse sind Beiträgen beteiligt. Die Studiengänge • Bachelor of Engineering Geoinformatik wurden gemeinsam mit der Universität (6 Semester), Rostock entwickelt, die einen Bachelor- • Bachelor of Engineering Vermessungs- Studiengang Landeskultur und Umwelt- wesen (6 Semester) und schutz anbietet. Nach sechs Semestern • Master of Engineering Geoinformatik werden an beiden Standorten die Bache- und Geodäsie (4 Semester). lor-Studiengänge abgeschlossen, so dass An der Ausbildung zum Master sind die dann ein Wechsel in beiden Richtungen Universität Rostock, Institut für Lan- zu den folgenden Master-Studiengän- deskultur und Umweltschutz, und die gen möglich ist. Wegen der dabei ent- Universität Greifswald, Institut für Geo- stehenden Figur im Verlaufsdiagramm

Master andere Geoinformatik und Geodäsie Master-Studiengänge (4 Semester, HS Neubrandenburg, Uni Rostock Uni Rostock, Uni Greifswald)

Bachelor-Abschluss (6 Semester)

Bachelor Bachelor Bachelor Landeskultur und Umweltschutz Geoinformatik Vermessungswesen Uni Rostock

Abb. 1: H-Modell der Studiengänge Geoinformatik und Vermessungswesen an der Hochschule Neubrandenburg und an der Universität Rostock

- 36 - Nr. 1/2009 wird dieses Modell auch als H-Modell messungswesen bildet schwerpunktmäßig bezeichnet. Ingenieurvermessung, Katasterwesen und Die Bachelor-Abschlüsse erlauben den Agrarordnung aus. Viele übergreifende Zugang zum gehobenen Dienst. Der Mas- Fächer kommen beiden Studienrichtungen ter-Abschluss erlaubt den Zugang zum zu Gute, z. B. Landesvermessung, Satel- höheren Dienst. Die Unterrichtssprache litengeodäsie, Photogrammetrie, Fern- ist deutsch. erkundung und Planungsrecht. Mehrere Das wichtigste Ziel bei der Umstellung Grundlagenfächer, wie Mathematik, sind der Studienabschlüsse auf das heute seitens selbstverständlich ebenfalls in den Studi- der EU geforderte Bachelor-Master-Mo- enplänen vorgesehen. dell war die Beibehaltung des Qualitäts- Das Master-Studium besteht nicht nur im niveaus des früheren Diploms (FH). Dass Namen, sondern auch inhaltlich aus zwei dieses in ausreichendem Maße gelungen Richtungen, die bei einem großen Teil ist, zeigt die Zulassung der Abschlüsse für der Module alternativ angeboten werden. die Laufbahnen des öffentlichen Dienstes. Die Richtung Geoinformatik knüpft an Richtig ist aber auch, dass die auf sechs vorhandene Forschungsschwerpunkte und Semester verkürzte Studienzeit zu einer regionale Besonderheiten an. Der Aufbau Konzentration auf das Wesentliche, zu von Geodateninfrastrukturen ist sowohl an einer stärkeren Profi lierung der beiden der Hochschule Neubrandenburg als auch Studienrichtungen führen musste. Das an der Universität Rostock ein intensiv Bachelor-Studium Geoinformatik ist auf bearbeitetes Projektfeld. Ähnliches gilt Informatik, Datenbanken und Internet für die Verarbeitung von Luft- und Sa- ausgerichtet. Das Bachelor-Studium Ver- tellitenbildern. An der Lehre zum Modul

Uni-Laufbahn Verwaltungslaufbahn Promotion andere Stellen Höherer Dienst, an einer Universität vorher 2 Jahre Referendarzeit

Master Gehobener Dienst, Geoinformatik und Geodäsie vorher 2 Jahre Vorbereitungsdienst

sonstiges

Bachelor Bachelor Geoinformatik Vermessungswesen

Abb. 2: Berufl iche Entwicklungsmöglichkeiten nach dem Studium der Geoinformatik oder des Vermessungswesens an der Hochschule Neubrandenburg und an der Universität Rostock

9 ermessung Brandenburg - 37 - Marines GIS ist das Bundesamt für See- entwicklung bei einem Studium nicht schifffahrt und Hydrographie in Rostock unterschätzt werden darf. beteiligt. Die Richtung Geodäsie nutzt Das Master-Studium startete erstmals sowohl die exzellente Laborausstattung vor zwei Jahren. Der Ausländeranteil ist in an der Hochschule Neubrandenburg für den beiden bisherigen Jahrgängen deutlich Ingenieurvermessung und Messtechnik höher als bei den Bachelor-Studiengängen als auch die besondere fachliche Erfah- und wirkt sich belebend auf den Studien- rung der Lehrenden mit dem Aufbau des betrieb aus. Besonders hervorzuheben ist Katasterwesens in den neuen Bundes- das große Engagement der Studierenden ländern. Neben den genannten Richtungen aus Polen. Der zweite Jahrgang des Master- besteht das Master-Studium aus einer Studiums wurde als berufsbegleitendes Reihe von übergreifenden Pfl ichtveran- Studium organisiert. Dieses gelang durch staltungen wie Betriebswirtschaft und eine geschickte Stundenplangestaltung mit Mathematik sowie aus einem Bündel von einer Konzentration der Präsenzveranstal- Wahlmodulen wie z. B. Multimedia und tungen auf die Wochentage Donnerstag Datensicherheit. bis Samstag und war aus dem Problem Die Bachelor-Studiengänge und der heraus entstanden, dass die Hochschule Master-Studiengang sind zwar als „konse- Neubrandenburg bis zum Abschluss des kutive“, das heißt aufeinander aufbauende ersten Bachelor-Jahrgangs Ende 2008 kei- Studiengänge konzipiert. Sie stehen jedoch ne eigenen Studierenden für das Master- für Quereinsteiger aus Nachbardisziplinen Studium hatte. Diejenigen Studierenden, offen. Typisch dafür sind die Studienrich- die das Master-Studium neben ihrem Beruf tungen Landeskultur und Umweltschutz, bewältigen, kommen meist von Landes- Geographie und auch Bauingenieurwe- und Kommunalbehörden aus Mecklen- sen. Um den Quereinstieg zu erleichtern burg-Vorpommern und Brandenburg. Die und den Studienerfolg zu sichern, ent- „normalen“ Studierenden arbeiten in hält die Prüfungsordnung drei Harmoni- der ersten Wochenhälfte regelmäßig an sierungsmodule im ersten Semester des Projekten. Masterstudiums. Sie sind den Themen Eine detaillierte Darstellung des Studi- Geoinformatik, Geodäsie und Informa- enverlaufs und der Fächer fi nden Sie auf tik gewidmet und können bestenfalls ei- den Abbildungen der folgenden Seiten. nen Einstieg und Überblick vermitteln. Das zusätzliche Selbststudium ist aber Studienvoraussetzungen meist gut zu leisten, weil das Master- Das Bachelor-Studium setzt die Fach- studium nur 20 Unterrichtsstunden pro hochschulreife oder Allgemeine Hoch- Woche hat. schulreife (Abitur) voraus. Beim Bache- Im Rückblick auf die ersten drei Jahre lor-Studiengang Vermessungswesen ist Bachelor-Studium zeigt sich, dass die Aus- zusätzlich ein 13-wöchiges Vorpraktikum bildung nicht schlechter als beim früheren nachzuweisen, das aber teilweise auch Diplomstudium ist, aber anstrengender für nach Studienbeginn in den Semesterferien die Studierenden und teilweise auch für die absolviert werden darf. Lehrenden. Es gibt weniger Freiräume, Das Master-Studium setzt in der Regel deren Bedeutung für die Persönlichkeits- ein erfolgreich abgeschlossenes Bachelor-

- 38 - Nr. 1/2009 Bachelor Geoinformatik SWS SWS = Stunde pro Woche ECTS = ECTS-Punkte (European Credit Transfer System)

1. Semester Mathematik 1 4 5 Geostatistik 4 5 Physik 4 5 Rechtskunde 4 5 Grundlage der Geoinformatik 4 5 Einführung in die Informatik 4 5

2. Semester Mathematik 2 4 5 Geometrie 4 5 Feldmessen 4 5 GIS-Applikationen und Kartographie 4 5 Programmierung 1 4 5 Datenbanken 4 5 SWS ECTS 3. Semester Graphische Datenverarbeitung 4 5 Liegenschaftskataster 4 5 Wahlpfl ichtmodul 1 Landesvermessung 1 4 5 4. Semester Photogrammetrie und Bildverarbeitung 4 5 Multimedia 4 5 Englisch und wissenschaftliches Arbeiten für Geoinformatik 4 5 Algorithmische Geometrie 4 5 Sensorik und spezielle Betriebssysteme und Netze 4 5 45 Auswertemethoden 4. Semester Fernerkundung und Navigation 4 5 Wahlpfl ichtmodul 2 Datenmodelle und Analysen von Geodaten 4 5 5. Semester Grundlagen der Stadtplanung und Raumordnung 4 5 Amtliche Geoinformationssysteme 4 5 Landesvermessung 2 4 5 GIS-Software 4 5 Programmierung 2 4 5 Programmierung 3 4 5 Wahlpfl ichtmodul 1 45 Facility Management 4 5

5. Semester Wahlpfl ichtmodul 3 Betiebswirtschaft, Management und Seminar 4 5 5. Semester Softwaretechnik 4 5 GIS-Projekt 4 5 Informationsmanagement 4 5 Planungswesen 4 5 Landschaftsökologie und Geographie 4 5 Telematik 4 5 Wahlpfl ichtmodul 2 45 Informatik-Projekt 4 5 Wahlpfl ichtmodul 3 45 Landesvermessung 3 4 5

6. Semester Praxisphase Geoinformatik 18 Bachelor-Arbeit 12

Abb. 3: Aufbau und Module des Bachelor-Studiengangs Geoinformatik

Studium mit einer Endnote von 2,5 oder Überprüfung durch eine private Firma, besser voraus. genannt Akkreditierungsagentur. Diese prüft die Studierbarkeit der neuen Studi- Akkreditierung engänge an der jeweiligen Hochschule. Ein Qualitätsmerkmal moderner Studi- Dabei wird die gesamte Ausstattung unter engänge ist die Akkreditierung. Früher die Lupe genommen, angefangen bei den wurde bei einem neuen Studiengang vor Hochschullehrerinnen und -lehrern über allem die Prüfungsordnung vom Bildungs- Instrumente und Software bis hin zur ministerium auf Korrektheit in Bezug auf Bibliothek. das Hochschulgesetz geprüft. Mit der eu- Mit der Akkreditierung der Studien- ropaweiten Einführung der Bachelor- und gänge wurde die Firma ASIIN (Akkre- Master-Studiengänge kam zusätzlich die ditierungsagentur für Studiengänge der

9 ermessung Brandenburg - 39 - Bachelor Vermessungswesen ECTS SWS = Stunde pro Woche ECTS = ECTS-Punkte (European Credit Transfer

1. Semester Mathematik 1 4 5 Vermessungskunde 1 4 4 Physik 4 5 Rechtskunde 4 5 Instrumentenkunde und Messtechnik 1 4 4 Auswertetechnik 1 4 4 Englisch und wissenschaftliches Arbeiten im Vermessungswesen 33

2. Semester Mathematik 2 4 5 Vermessungskunde 2 4 5 Geometrie 4 5 Programmierung 1 4 5 SWS Auswertetechnik 2 4 5 Instrumentenkunde und Messtechnik 2 4 5 Vertiefungsrichtung 1 (Module a - e) 3. Semester 5. Semester Ingenieurvermessung 1 4 5 Ingenieurvermessung 3 5 5 Photogrammetrie und Bildverarbeitung 4 5 Satellitengeodäsie 1 4 5 Praktikum Physik und Messtechnik 4 5 Instrumentenkunde und Messtechnik 3 4 5 Liegenschaftskataster und Agrarordnung 1 4 5 Sensorik und spezielle Auswertemethoden 4 5 Landesvermessung 1 4 5 Ingenieurvermessung 4 3 3 Ausgleichsrechnung 1 4 5 Vertiefungsrichtung 2 (Module a - e) 4. Semester 5. Semester Fernerkundung und Navigation 4 5 Liegenschaftskataster und Agrarordnung 2 5 5 Ingenieurvermessung 2 5 5 Bauleitplanung, Bodenordnung, Wertermitt- 4 5 Landesvermessung 2 4 5 Bodenwirtschaft 4 5 Kartographie 4 5 Bodenmanagement 4 5 Bauleitplanung, Bodenordnung, Wertermittlung 1 4 5 Liegenschaftskataster und Agrarordnung 3 3 3 Hauptmesspraktikum 35 Wahlmodule 5. Semester 6. Semester Betriebswirtschaft, Management und Seminar 4 5 CAD 2 2 Landesvermessung 3 4 5 Geophysik 2 2 Ausgewählte Methoden der kinetischen Vertiefung, Modul a 55 Vermessung 22 Vertiefung, Modul b 45 Systembetreuer ALK 2 2 Vertiefung, Modul c 45 Ausgewählte Kapitel der Ingenieurvermes- 22 Vertiefung, Modul d 45 sung Einführung in amtliche Geoinformations- 6. Semester 22 systeme Vertiefung, Modul e 33 Wahlmodul 22 Praxisphase 13 Bachelor-Arbeit 12

Abb. 4: Aufbau und Module des Bachelor-Studiengangs Vermessungswesen

Ingenieurwissenschaften, der Informatik, höheren Dienst ausgesprochen. Die so der Naturwissenschaften und der Mathe- genannte Reakkreditierung folgt 2011. matik e.V.) in Düsseldorf beauftragt, dem Dann wird der Akkreditierungsprozess deutschen Spezialisten für Geoinforma- unter Berücksichtigung der Einschätzung tik- und Vermessungsstudiengänge. Die der Studierenden und der Erfahrungen der Studiengänge erhielten die Akkreditie- ersten Jahre wiederholt. Die Meinung der rung ohne Aufl agen Anfang 2006. Mit Studierenden wird bisher etwa jährlich in der Akkreditierung wurde die bereits oben Form einer Evaluation der Lehrveranstal- erwähnte Zulassung zum gehobenen und tungen abgefragt.

- 40 - Nr. 1/2009 Master Geoinformatik und Geodäsie SWS ECTS SWS ECTS SWS = Stunde pro Woche ECTS = ECTS-Punkte Wahlpfl ichtmodule 1 (1. Semster) (European Credit Transfer System) Geodateninfrastruktur 4 6 Liegenschafts- und Planungswesen 1 4 6 1. Semester Mathematik 1 4 6 Harmonisierungsmodule (1. Semester) Betriebswirtschaft und Management 4 6 Geoinformatik 4 6 GIS-Anwendungen im Planungs- und Informatik 4 6 46 Umweltbereich Geodäsie 4 6 Wahlpfl ichtmodul 1 46 Harmonisierungsmodul / Wahlmodul 46 Wahlpfl ichtmodule Sommer (2. Semester) Bild- und Gitterdaten 4 6 2. Semester Marines GIS 4 6 Geodatenbanken 4 6 Ingenieurgeodäsie und Messtechnik 1 4 6 Landesvermessung 4 4 6 Ausgleichsrechnung 2 4 6 Wahlpfl ichtmodul Sommer 46 Wahlpfl ichtmodul Sommer 46 Wahlmodule Sommer (2. Semester) Wahlmodul 46 Theoretische Informatik 4 6 Multimedia 2 4 6 3. Semester Technische Informatik 4 6 Anwenderprojekte 4 6 Wahlpfl ichtmodul Winter 46 Wahlpfl ichtmodule Winter (3. Semester) Wahlpfl ichtmodul Winter 46 Fortgeschrittene GI-Technologien 4 6 Wahlmodul 46 Anwendungsschema 4 6 Wahlmodul 46 Satellitengeodäsie 2 4 6 Liegenschaftskataster 4 6 4. Semster Master-Arbeit Geoinformatik und Geodäsie 30 Wahlmodule Winter (3. Semester) Wissenverarbeitung, Datenschutz und 46 -sicherheit Geostatistik 2 4 6 Mathematik 2 4 6 Ingenieurgeodäsie und Messtechnik 2 4 6 Liegenschafts- und Planungswesen 2 4 6

Abb. 5: Aufbau und Module des Master-Studiengangs Geoinformatik und Geodäsie

Ausstattung sung) und für die Teilkreisprüfung von Eine besondere Stärke des Standortes Tachymetern. Bei der Geräteausstat- Neubrandenburg ist die Ausstattung für tung gelang eine mindestens jährliche Lehre und Forschung. Das Kalibrierla- Aktualisierung, so dass auch die neu- bor für geodätische Instrumente dürfte este Tachymetergeneration mit Ziel- eines der besten in Deutschland sein. nachführung und GPS-Positionierung Zurzeit werden in einem Großprojekt die vertreten ist. Im Jahre 2007 konnten Höhen aller Höhenpunkte 1. Ordnung zwei terrestrische Laserscanner für in Deutschland neu bestimmt. Die Kali- Entfernungen bis 30 m bzw. bis 200 m brierung der zugehörigen Nivellierlatten durch eine Gemeinschaftsfinanzierung ist drei Laboren vorbehalten, und zwar von Land und Bund (Hochschulbauför- in München, Bonn und Neubrandenburg. derungsgesetz) beschafft werden. Neben diesem Vorzeigeprojekt gibt es Bei den Geoinformationssystemen viele weitere Kalibriereinrichtungen, besitzt die Hochschule Neubrandenburg z. B. für die Messfrequenz von elek- eine Standardausrüstung mit dem welt- tronischen Entfernungsmessern, für die weit am meisten vertretenen Produkt, Horizontal- und Magnetprüfung von ArcGIS von ESRI. Im vergangenen Jahr Nivellierkompensatoren (Höhenmes- haben sich die Hochschulen und Uni-

9 ermessung Brandenburg - 41 - versitäten des Landes auf eine gemein- betreten haben. Schon jetzt zeigen sich sam zu beschaffende vergleichsweise die positiven Auswirkungen. Die fach- preiswerte Landeslizenz für ArcGIS liche Breite, gebildet aus der Erfahrung verständigt. Darüber hinaus werden in der Lehrenden, aktuellen Forschungs- der Ausbildung viele weitere Geoinfor- arbeiten und der technischen Ausstat- mationssysteme für Spezialaufgaben tung, ist bedeutend größer als jene bei eingesetzt, z. B. für das Liegenschafts- einer Bildungseinrichtung allein. In kataster. einem kleinen Land wie Mecklenburg- Ein weiteres Highlight ist die um- Vorpommern ist ebenso die gemeinsame fangreiche photogrammetrische Aus- Werbung um eine ausreichende Zahl stattung. Mit ihr können Bilddaten für von geeigneten Studierenden wichtig. Aufgaben sowohl der Landesvermes- sung als auch der industriellen Quali- Partner tätskontrolle verarbeitet werden. Für Die Ausbildung in Neubrandenburg war kleinmaßstäbige Anwendungen sind die von Anfang an eng verflochten mit Stereobetrachtung, die Herstellung von Partnern in Mecklenburg-Vorpommern, Luftbildkarten und der Aufbau von 3D- Brandenburg und Berlin. Besonders Stadtmodellen enthalten. hervorzuheben ist die umfangreiche Unterstützung durch die Landesver- Geschichte messungsverwaltungen in den ersten Der Ursprung für die Geoinformati- Aufbaujahren. Aus Schwerin erhielten kausbildung in Neubrandenburg war wir eine große Zahl geodätischer Mess- die im Jahr 1992 eingerichtete Ver- instrumente. Potsdam überließ uns eine messungsprofessur im Studiengang Rechnerausstattung für die Kataster- Bauingenieurwesen. Daraus ging 1994 und Photogrammetrieausbildung. Re- der eigenständige Diplomstudiengang gelmäßige Projektpartner waren neben Vermessungswesen mit etwa 10 Profes- den beiden Landesvermessungsverwal- sorinnen und Professoren hervor. Durch tungen viele Städte und Landkreise in personelle und fachliche Kooperation der Umgebung. Im Land Brandenburg mit dem Diplomstudiengang Land- sind die Landkreise Ostprignitz-Ruppin schaftsarchitektur und Umweltplanung und Barnim hervorzuheben. sowie eine inhaltliche Spezialisierung Ein wichtiges inoffizielles Netzwerk entstand im Jahre 2000 der neue Di- ist der Deutsche Verein für Vermes- plomstudiengang Geoinformatik. Beide sungswesen (DVW). Der im Zweijah- Diplomstudiengänge wurden zum Win- resrhythmus stattfindende Mecklen- tersemester 2005/2006 auf das Bachelor- burg-Vorpommern-Landeskongress des Master-Modell umgestellt. Als Resultat DVW, genannt „Norddeutsche Fach- gibt es heute, wie schon oben erwähnt, tage“, wurde bereits zweimal in den zwei Bachelor-Studiengänge und einen Räumen der Hochschule Neubranden- Master-Studiengang. Mit dem gemein- burg ausgerichtet, nämlich 2000 und sam von einer Fachhochschule und zwei 2008. Hier treffen sich praktisch alle Universitäten geführten Master-Studi- behördlichen und privatwirtschaftlichen engang dürften alle Beteiligten Neuland Vermessungsingenieure des Landes, ein-

- 42 - Nr. 1/2009 schließlich einiger Gäste aus den Nach- monatlich zu einem attraktiven geodä- barländern. Ein weiteres inoffizielles tischen Kolloquium mit Referenten aus Netzwerk ist der Verein GeoMV, in dem dem ganzen Bundesgebiet ein, oft in die Hochschule Neubrandenburg über Zusammenarbeit mit dem DVW. persönliche Mitgliedschaften ebenfalls beteiligt ist. Ein besonderer regionaler Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Kresse Partner ist das Deutsche Zentrum für Hochschule Neubrandenburg Luft- und Raumfahrt (DLR) in Neu- [email protected] strelitz. Wie heute üblich entstehen bei einer ; engagierten Hochschultätigkeit sehr viele überregionale, europaweite und weltweite Kontakte. Praktisch besteht mit allen deutschen Universitäten und Hochschulen, die Geoinformatik anbie- ten, irgendeine Art von Zusammenar- beit. Im europäischen Ausland sind die vielen neuen Hochschulkontakte mit Po- len, Schweden und weiteren Nachbarn im Osten zu nennen. Weltweit sei auf Verbindungen nach Südafrika, Kanada und in die USA hingewiesen.

Aninstitute und Förderverein Zum Bereich der Studiengänge Geo- informatik und Vermessungswesen ge- hören das Aninstitut „Messen – Forschen – Prüfen“ (MFP-Institut), das Aninstitut „Steinbeis Transferzentrum Geoinfor- matik Neubrandenburg“ und der För- derverein „Gesellschaft zur Förderung der Geodäsie an der Hochschule Neu- brandenburg e.V.“ (GFG). Das MFP- Institut betreibt die geodätischen Labore für kommerzielle Nutzungen, z. B. bei der Kalibrierung der Nivellierlatten. Das Steinbeis Transferzentrum betreut Projektarbeiten wie den Aufbau der Geodateninfrastruktur Neubrandenburg. Die GFG organisiert regelmäßig lan- desweite Fortbildungsveranstaltungen, vor allem zum Katasterrecht, und lädt nach guter akademischer Tradition etwa

9 ermessung Brandenburg - 43 - Hans Henning Als Vermessungstechniker-Lehrling in der Mark Brandenburg 1940 - 1943

Als Schüler der einklassigen Volksschule im Dorf Parstein und später der siebenklassigen Volksschule in Angermünde kam für mich eigentlich nur eine Maurer-, Tischler- Bäcker- oder ähnliche Ausbildung in Fra- ge. An eine Technikerausbildung war nicht zu denken. Mein Vater war Lokomotivschlosser bei der Reichsbahn, meine Mutter war Hausfrau. Mit ihr arbeitete ich im letzten Schuljahr während der Herbstferien vier Wochen auf dem Gut Sternfelde bei Angermünde zum „Nudel-Buddeln“ (Kartoffeln manuell ernten). Nach dem Landarbeitereinsatz sagte mir mein Zeichenlehrer Voigt, dass das Katasteramt in Angermünde nach einem Schüler mit zeichnerischen Fähigkeiten zur Lehrlingsausbildung gefragt habe. Ich solle doch einmal im Katasteramt vorsprechen, was ich dann auch tat.

Ein weißhaariger, sehr würdig aussehender Ich wusste damals nicht, was Vermes- Mann in einem weißen Kittel empfi ng mich. sungstechniker sind. Von Leuten in unserer Es war der Katasterinspektor Völker, der Wohngegend erfuhr ich, dass es wohl mich zum Katasterobersekretär Baugatz Landvermesser seien, wie man sie schon führte. Hier fi el mir auf einem Nebentisch auf den Feldern hat sehen können, und sofort ein großer geöffneter Atlas in den dass dies ganz sicher ein besserer Beruf sei Ausmaßen von etwa zwei Meter mal einem als Schlosser, dessen schmutzige Arbeits- Meter auf. Auf der aufgeschlagenen Karte bekleidung zu Hause gewaschen werden war (zufällig) die Dorfl age von Parstein musste, wie ich dies auch schon von großmaßstäbig abgebildet. Ich war so be- meinem Vater her kannte. Meine Mutter eindruckt, dass ich ohne Hemmungen sofort konnte ihren Stolz vor den Nachbarsleuten erklärte, dass dies mein Geburtsort sei. Auf nicht verbergen, was mir unangenehm war. eine entsprechende Frage der Herren zeigte Für Angermünde war es schon etwas ich auf der Karte das Wohnhaus meiner El- Besonderes, Lehrling in einer staatlichen tern in der Lüdersdorfer Straße. Das muss sie Verwaltung sein zu können. Für mich sehr beeindruckt haben. Erst später bekam begann am 1. April 1940 eine neue Welt ich mit, dass sich Besucher des Kataster- im Katasteramt mit Umgangsformen, die amtes auf den Liegenschaftskarten kaum mir nicht geläufi g waren. Das Amt war zurecht fanden. Ich bekam wenige Tage in einem ehemaligen Kasernengebäude später die Zusage zur Ausbildung als Vermes- untergebracht, das durch seinen roten sungstechniker-Lehrling. Meine Bewerbung Klinker-Mittelbau gegenüber den anderen für eine Schlosserlehre entfi el damit. Häusern der Umgebung auffi el. Mir wurde

- 44 - Nr. 1/2009 ein Arbeitsplatz an einem großen Zeichen- von fast Quadratmeterformat abgelegten tisch zugewiesen, der in der zweiten Reihe Gemarkungsreinkarten mit Darstellung im Zimmer gleich nach dem Eingang des Grundstücksbestandes der jeweiligen stand. Die Fensterplätze der ersten Reihe Gemarkung, die wegen der Größe der Dar- waren besetzt durch den Büroangestellten stellungsmaßstäbe 1 : 10 000 bis 1 : 5 000 Steffen und den Vermessungstechniker- in einzelne Kartenblätter unterteilt waren. Lehrling Trzeciok, der bereits ein Jahr Dazu kamen dann die Flurbücher, in denen Ausbildung hinter sich hatte. Von meinem die Parzellen des jeweiligen Gemeinde- Platz nach links schauend sah ich durch bezirks einzeln mit Lagebezeichnung, die geöffnete Verbindungstür im nächsten Kulturart und Flächengröße, nach Kar- Zimmer den Katasterinspektor Völker tenblättern gegliedert, aufgeführt waren. sitzen. Er war immer mit irgend etwas Ich lernte den Unterschied zwischen Ge- auf seinem Schreibtisch beschäftigt und markungen und deren Untergliederung in sah kaum auf. Als ich meinen ersten Kartenblättern als Registrierbereiche der Auszug aus der Grundsteuermutterrolle, Parzellen und den politischen Gemein- einem dicken Buch vom Ausmaß größer debezirken mit deren Enklaven kennen. als DIN A 3 Hochformat mit Unterglie- Neu war für mich, dass es neben den derung in Artikeln für jeden Eigentü- Gemeindebezirken auch Gutsbezirke und mer, handschriftlich auf einem Formu- Forstbezirke gab, die früher eine kommu- lar im DIN A 4 Format gefertigt hatte, nale Selbständigkeit hatten, zu meiner kam er auf mich zu und klagte darüber, Zeit aber bereits den Gemeindebezirken dass die jungen Leute eine so schlechte angegliedert waren. Die getrennten Flur- Schrift hätten. Er gab mir eine Vorlage in bücher der Guts- und Forstbezirke gab deutscher und lateinischer Schrift so- es noch; sie galten aber der jeweiligen wie in Blockschrift mit dem Auftrag, Gemeinde als zugeordnet. Der Umgang zunächst einmal meine Handschrift zu mit diesen Büchern war für mich als verbessern. Die Katasterverzeichnisse Lehrling etwas schwierig. Man sah aber waren mit Handschriften geführt, die keine Möglichkeit, das handschriftlich wie „gestochen“ aussahen. Trotz vieler angelegte, gebundene Buchwerk entspre- Übungen gelang es mir nicht, meine Schrift chend den geltenden Gemeindebezirken qualitätsmäßig in die Nähe dieser neu anzulegen. Schriften zu bringen. Später, als ich etwas Von besonderer Bedeutung war für Schreibmaschine schreiben konnte, spielte mich, dass das gesamte Katasterwerk meine Schrift keine große Rolle mehr. im brandenburgischen Preußen in den Neidvoll sah ich auf die Handschrift meines Jahren 1860 bis 1865 hergestellt worden Vor-Lehrlings, die zwar einen eigenen war, in den folgenden Jahren hinsichtlich Stil hatte, aber der „gestochenen“ Schrift eingetretener Veränderungen fortgeschrie- sehr nahe kam. Mit meiner Blockschrift ben worden ist und zu meiner Zeit nach (DIN-Normschrift für Zeichnungen) sah wie vor galt eine großartige Leistung zur es besser aus. Erfassung und Bewertung des Grundei- Ich lernte zunächst das Grundsteu- gentums in diesem Gebiet. Im Archiv des erkataster für den Kreis Angermünde Katasteramtes lagen die in früherer Zeit kennen. Es bestand aus den in Atlanten hergestellten Urkarten, zum Teil zusam-

9 ermessung Brandenburg - 45 - men mit einigen Vorläuferkarten aus der Vermessungsliniennetzes erforderte viel Zeit der Separationen im 19. Jahrhundert, Geschick, um alle Vermessungszahlen den Separationskarten. Daneben wurden eintragen zu können. Später wurde die auch die Ergebnisse zusätzlicher Vermes- Handrissdarstellung mehr und mehr da- sungen in Form von Unterverteilungsakten durch abgelöst, dass Lichtpausen der ein- im Archiv aufbewahrt. Dazu gehörten zelnen früheren Vermessungsrisse herge- Grundsteuerfortschreibungsprotokolle mit stellt und verwendet wurden. Handrisse beigefügten Feldbüchern, in denen Ver- und Lichtpausen bilden die Grundlage messungsergebnisse aufgezeichnet waren. von Grenzuntersuchungen durch örtliche Die formularmäßigen Protokolle verloren Vermessung. in den folgenden Jahren allmählich an Im zweiten Lehrjahr kam ich zum ersten Bedeutung gegenüber den Feldbüchern Mal zu einem Vermessungseinsatz. Es mit Vermessungsaufzeichnungen, die spä- ging um Grenzen der Montanindustrie ter die Bezeichnung „Fortführungsrisse“ im Wald von Hohensaaten, die dort ein bekamen. Zu den Urkarten, von denen unterirdisches Werk zur Rüstungsgü- sogenannte Nadelstichkopien als Reinkar- terherstellung betrieb. Es war das Jahr ten für den täglichen Gebrauch gefertigt 1941, das zweite Kriegsjahr. Vor Ort am waren, kamen nach jeder Vermessung Waldrand fragte mich Vermessungsrat Ergänzungskarten dazu, deren Darstellung Glaubig, der als Vertretung vom Kataster- der jeweiligen Vermessungsergebnisse zur amt Bad Freienwalde kam, nach meinen Fortführung der Reinkarten benutzt wurde. Vermessungserfahrungen und war sehr Im Rahmen dieses Beitrages erspare betrübt, dass ich noch keine hatte. Seine ich mir weitere Einzelheiten über das Unterweisung bestand darin, dass er mir Katasterwerk und die Bezeichnung der erklärte, dass das Messband von 20 Meter einzelnen Nachweise, die später anders Länge aus Stahl sei und leicht bräche, benannt worden sind. In den 1960er Jah- wenn es zur Schlaufenbildung käme. Alles ren habe ich dazu eine kleine Broschüre andere war mir und dem mitwirkenden geschrieben, die zur Lehrlingsausbildung Vermessungstechniker-Lehrling Linke in der DDR benutzt wurde. überlassen. Großes Entsetzen herrschte, In der Vermessungstechniker-Ausbil- als ich den Nullpunkt des Messbandes an dung kam nach der Anfertigung von hand- den Fuß eines sogenannten Grenzhügels schriftlichen Auszügen aus den Büchern der Forstabgrenzung anhielt und noch die Anfertigung von Fortschreibungspro- nicht begriffen hatte, dass oben auf dem tokollen und deren Einarbeitung in die Hügel ein Granitgrenzstein eingegraben Bücher dazu. Die nächste Stufe bestand war und ich genau das eingemeißelte in der Herstellung von Auszügen aus Kreuz als Anhaltepunkt hätte nehmen den Karten durch Nadelstichkopie und müssen und nicht einen halben Meter aus der Vermessungsschriftensammlung daneben. So lernte ich, dass es bei Katas- durch Herstellen von Handrissen, in denen tervermessungen auf den Zentimeter in die Vermessungsergebnisse vorangegan- den Grenzlängen ankam, diese immer mit gener Jahre in zusammenhängender Form waagerecht ausgezogenem Messband zu darzustellen waren. Das Zeichnen eines messen und Meterabweichungen absolut Risses der Grundstücksstruktur und des unzulässig waren. Den Sinn der vielen

- 46 - Nr. 1/2009 Messungslinien am Wald entlang und quer Gesuchte sei. über das angrenzende Feld habe ich damals Der Berufsschulunterricht in Berlin war nicht verstanden. Aber das viele Hin- und mir eine große Freude. In der Klasse wur- Herlaufen beim Messen mit dem 20m- den wir oft allein gelassen zum Zeichnen Messband und Fluchtstangen-Aufstellen von Karten und zur Durchführung von Ver- sowie Abbauen den ganzen Tag über ver- messungsberechnungen. In meinem dritten schaffte mir etwas Respekt hinsichtlich der Ausbildungsjahr fasste die Berufsschule Ausdauer von Landvermessern. alle Unterrichtszeiten zu einem einmaligen Wir kannten damals schon das zwei- Lehrgang zusammen, der dann in der Mitte gliedrige Berufsausbildungssystem: eine des Jahres 1942 in Berlin stattfand. Ich praktische Ausbildung im Betrieb und konnte mich bei einer verwandten Groß- eine theoretische Ausbildung in der Be- tante in Berlin-Wilhelmsruh einquartieren. rufsschule. In der Berufsschule in Anger- Zur Berufsschule fuhr ich von hier aus münde wurden wir Vermessungstechniker- zur Osloer Straße mit dem Fahrrad. Die Lehrlinge in die kaufmännische Klasse Algebra fi el mir anfangs schwer. Geo- gesteckt. Hier sollten wir Schreibmaschi- metrische und trigonometrische Berech- neschreiben, Kurzschrift und doppelte nungen gingen mir leichter von der Hand. Buchführung lernen. Da wir glaubten, Die Ausarbeitung von Rissen zur Darstel- dass wir dies nicht in unserem technischen lung von Vermessungsergebnissen und das Beruf benötigten, d.h. dass wir angehenden Zeichnen von Grundstückskarten lagen Techniker nicht mit „niederen“ Kaufl eu- mir sehr. Unsere letzte Aufgabe zum Ab- ten zu vergleichen wären, haben wir nur schluss des Berufsschullehrganges bestand mit gedämpfter Begeisterung am Unter- darin, einen Parzellierungsplan für den richt teilgenommen. In meinem zweiten Ort Brieselang bei auszuarbeiten Lehrjahr kam dann die Entscheidung, und die Absteckmaße zu ermitteln, was dass die Vermessungstechniker-Lehrlinge gut gelang. der Mark Brandenburg am Unterricht in Unser Klassenlehrer Herr Riebe hatte der Berliner Berufsschule in der Osloer eine nachahmenswerte Art, seine Schüler Straße teilzunehmen haben. Hier gab es zu disziplinieren. Dazu ein Beispiel: Er eine spezielle Klasse für Vermessungs- fragte in der Klasse nach einem Schlüs- techniker-Lehrlinge. Einmal in der Woche selbund, das ein Schüler in einer hinteren fuhr ich mit dem Personenzug bis Berlin- Reihe an sich genommen hatte. Dieser Gesundbrunnen und ging von hier zur stand auf, meldete sich und warf das Berufsschule. Am ersten Tag fragte ich Schlüsselbund so auf den Mittelgang nach den Pförtner nach dem Klassenleiter der vorn, dass es auf dem Fußboden bis zum Vermessungsklasse, Dipl.-Ing. Riebe, bei Katheder rutschte. Hier sollte es wohl dem ich mich melden sollte, und wurde an Herr Riebe aufheben. Doch dieser saß einen Herrn mit einem weißen Spitzbart unbeweglich hinter seinem Katheder und verwiesen. Dies wäre Herr Riebe. Bereits blickte weiter geradeaus in die Klasse auf dem ersten Flur im Schulgebäude und den betreffenden Schüler wortlos an. kamen mir drei Herren Lehrer entgegen, Das hielt dieser nicht aus, ging beschämt die alle einen weißen Spitzbart trugen. nach vorn und hob das Schlüsselbund auf. Verlegen fragte ich, wer denn nun der Herr Riebe bedankte sich, als wäre nichts

9 ermessung Brandenburg - 47 - Besonderes geschehen. Wasser schon die Unterschenkel bedeckte. Die Berufsschulzeit endete mit diesem Er war eben ein Militär alter Prägung. Er Lehrgang und den Wünschen von Herrn hat mir auch das deutliche Schreiben von Riebe, die er uns auf den Weg in die mi- Messungszahlen beigebracht. Das geschah litärische Welt des Krieges mit folgenden nach meiner ersten Feldbuchführung. Ich Worten gab: „Ich gebe Euch den guten saß an meinem Zeichentisch, als Vermes- Rat: fallt nie auf, nicht zur schlechten sungsrat Knickmeier von hinten an mich Seite, aber auch nicht zur guten Seite.“ herantrat und über meine Schulter hinweg Diese Worte haben mich dann gut durch dirigierte, wie die Zahlen zu schreiben den Krieg geführt. seien. Als er wieder weg war, kam Katas- Die praktische Ausbildung erfolgte im terinspektor Völker und belehrte mich, Katasteramt hauptsächlich durch den be- dass ich sofort aufstehen und im Stehen hördlich geprüften Vermessungstechniker die Belehrung hätte anhören müssen, auch Herrn Hackeradt, der etwas gehbehindert wenn ich mich eingeklemmt am Tisch war. Er dachte sich Berechnungsaufgaben gefühlt hätte. aus, bei denen wir fehlende Maße durch Als Vermessungsrat Knickmeier zum vermessungstechnische Berechnungen Militärdienst eingezogen war, kamen zu ermitteln hatten. Bedingt durch die Vertreter aus Bad-Freienwalde und vom Kriegseinwirkungen war Vermessungs- Katasteramt Niederbarnim. So lernte rat Knickmeier zu meiner Zeit als Leiter ich Vermessungsrat Glaubig aus Bad- des Katasteramtes nur kurze Zeit tätig. Freienwalde, einen Respekt erwartenden Er wurde als Hauptmann der Artillerie großgewachsenen Mann, und Vermes- zur Wehrmacht eingezogen. Bei Vermes- sungsrat Thielicke dieses Amtes kennen. sungsarbeiten, die er leitete, herrschte Letzterer war ein unermüdlicher Wande- stets militärische Strenge. Zu den Vermes- rer. Er tauchte eines Mittags bei uns im sungsorten fuhr er im Zug in der zweiten Katasteramt Angermünde zur Inspekti- Klasse, wir Lehrlinge mit dem gesamten on auf und erklärte, dass er gerade zu Vermessungsgepäck (Fluchtstäbe, Mess- Fuß von Bad-Freienwalde, der ca. 30 km bänder, Zählernadeln, Feldbuchrahmen, entfernten Stadt, käme und noch nach Lote und Wasserwagen, Winkelprismen) Prenzlau müsse, weitere 30 km. Beim in der dritten Klasse. Von den Bahnhöfen Vermessen zeigte er sich gesprächig und wurden wir mitunter mit Pferdefuhrwer- genügsam und überließ uns Lehrlingen ken abgeholt, mussten aber auch oft zum manche Arbeit, die vielleicht nur ihm nächsten Ort zu Fuß gehen und alles mit- zugestanden hätte. Aus Berlin kam als Ver- schleppen. Vermessungsrat Knickmeier treter ein Vermessungsrat vom Katasteramt trug Schnürschuhe und Wickelgamaschen Niederbarnim, der es immer sehr eilig wie sie aus Bildern des ersten Weltkrieges hatte und ungeduldig beim Messen war. bekannt waren. Messungslinien führten Bei ihm lernte ich schnelles Vermessen mitunter durch sumpfi ges Gelände, so und kurz entschlossene Entscheidungen dass wir riefen: „Es geht nicht weiter, Herr bei Schwierigkeiten. Am interessantesten Vermessungsrat, wir sinken sonst ein“. war aber ein weiterer Vermessungsrat aus „Ach was“ rief er zurück und ging uns Berlin, der die Gemütlichkeit selbst war. voran durch den Sumpf, auch wenn das Er überließ mir im dritten Lehrjahr die

- 48 - Nr. 1/2009 Durchführung von Vermessungen in eige- Rechengang zu kommen. Alle Multipli- ner Verantwortung, d.h. er kam morgens kations- und Divisionsaufgaben hatte er mit in das Vermessungsobjekt, fragte, ob bisher mit einer Rechentabelle von Crelle ich es allein schaffen würde und ging dann gelöst, die in einem dicken Buch einge- wieder zurück in sein Quartier oder eine bunden war. Es war mir eine besondere Gastwirtschaft oder sonst wohin. Zum Freude, als er mich zu sich rief und mir Abend war er wieder da und bescheinigte erklärte, dass er meine Berechnung nicht die Richtigkeit meiner Vermessung. Durch begreifen könne. Ich kam nun in die Rolle diese „Arbeitsteilung“ kam ich z.B. dazu, des Lehrers, der dem Katasterinspektor etwas mit einem modernen Theodolit der Fa. beizubringen versuchte. Schließlich glaubte Carl Zeiss Jena allein arbeiten zu können, er mir alles, erklärte aber, dass er lieber bei was sonst nur einem Vermessungsrat zu- „Crelles Rechentafel“ bleibe. Daran muss- gestanden hätte. te ich denken, als mir meine Enkelkinder Beim Vermessen in dörfl ichen Gemar- Anfang der 1990er Jahre den Umgang mit kungen war es üblich, den Messtrupp einem PC beibrachten, den ich zu DDR- abwechselnd von den am Vermessungs- Zeiten wegen des baldigen Rentenbeginns objekt beteiligten Bauern zu beköstigen. nicht mehr kennen lernen wollte, mich dann Bei Grenzfeststellungsvermessungen war aber doch eines Besseren besann. Heute steht es wichtig, bei jedem beteiligten Grenz- eine Triumphator-Tischrechenmaschine zur nachbarn einmal gegessen zu haben. Sonst Erinnerung hinter mir in meinem Bücher- waren Handgreifl ichkeiten nicht ausge- schrank und mein PC vor mir, mit dem ich schlossen. diese Erinnerungen schreibe. Im Büro führten wir die Kontroll-, Koor- Im Jahre 1943 sollte meine Lehrzeit mit dinaten- und Flächenberechnungen mit ei- Ablauf des Monats März beendet sein. We- ner mechanischen Tisch-Rechenmaschine gen der Möglichkeit, dass ich frühzeitig zum aus. Von der Fa. Hamann-Manus gab es Militärdienst eingezogen werden könnte, eine moderne Tisch-Rechenmaschine mit habe ich die Lehrzeit früher beendet. Dazu Handkurbel, die auch bereits das Dividie- wurde ich in das Vermessungsratszimmer ren von Zahlen durch einfaches Vorwärts- gerufen. Mir wurde erklärt, dass man mich Kurbeln durchführen konnte. Für Flächen- in meiner Arbeit ja bereits genug kennen berechnungen aus Koordinaten gab es eine gelernt habe, so dass sich eine Prüfungs- spezielle Methode, bei der die während des befragung erübrige. Damit wurde ich zum Rechenvorganges benötigen Koordinaten- Vermessungstechniker ernannt. Das war unterschiede durch „Umkurbeln“ des einen schon ein stolzes Ereignis für den Arbei- Wertes in den anderen Wert während des tersohn. Ich arbeitete von dieser Zeit an Flächenberechnungsvorgangs ermittelt als Vermessungstechniker im Katasteramt wurden. Eine so von mir durchgeführte Angermünde. Der Krieg jedoch war noch Flächenberechnung hatte ich Katasterin- nicht beendet. Es wurden immer mehr spektor Völker zur Prüfung vorzulegen. Er Soldaten benötigt. Meine Einberufung stand nahm sich dazu die Tisch-Rechenmaschine in Kürze bevor. und die Berechnungs-Anleitung auf seinen Ein Jahr vor Lehrabschluss musste ich Schreibtisch und ich konnte beobachten, bereits zur Musterung, die im Lokal Kai- wie er mehrere Tage versuchte, hinter den serhof stattfand. Im großen Saal fand die

9 ermessung Brandenburg - 49 - körperliche Untersuchung statt. Dann kam des Wirtschaftskatasters der Landwirt- man zu einem Offi zier, dem man vortragen schaftsbetriebe bis 1959 beinhalten konnte, zu welcher militärischen Ein- würde. heit man möchte. Ich hatte davon gehört, Hans Henning dass die Luftwaffe zur Aufklärung Berlin Luftbilder herstellt, die auszuwerten [email protected] waren. Also erklärte ich, dass ich als Vermessungstechniker zur militärischen ; Luftbildauswertung möchte. Davon war der Offi zier begeistert und er ging mit mir sofort zu dem leitenden Offi zier, einem Hauptmann der Wehrmacht, und stellte mich als einen angehenden Spe- zialisten vor. Im barschen Ton schnitt dieser meinen Wunsch mit den Worten ab: „Ach, Quatsch, der Mann kommt zur Artillerie“. Vielleicht hatte er etwas gegen die Luftwaffe. So war ich für ei- nen Truppenteil bestimmt, der mir nicht behagte, denn der Gegner hatte auch Artillerie, die genau so weit schießen konnte wie die unsrige. Hinzu kam noch, dass man als vorgeschobener Artillerie- Beobachter eingesetzt werden konnte, also noch mehr im Dreck lag. Der Ge- danke, bald eingezogen zu werden, war mir nicht angenehm. Aber ich war jung und dachte nicht übermäßig viel über das Bevorstehende nach. Im Mai 1943 wur- de ich zum Reichsarbeitsdienst und im August dank glücklicher Umstände nicht zur Artillerie, sondern zur Luftnachrich- tentruppe eingezogen. Die Vermessungs- technikerzeit, die gerade begonnen hatte, wurde durch den Kriegsdienst zunächst einmal abgebrochen. Der Neubeginn 1946 in Angermünde und folgende Jahre berufl icher Geschehnisse im Branden- burger Vermessungs- und Liegenschafts- wesen der Nachkriegszeit wären einen weiteren Beitrag wert, der die Boden- reformvermessungen, die Wirtschafts- fl ächenerhebung und die Entwicklung

- 50 - Nr. 1/2009 Olaf Grell und Rolf Zimmermann Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg*

Unter Postmeilensteinen versteht man die unter der Verantwortung der preußischen Postverwaltung zwischen etwa 1730 und 1806 aufgestell- ten Meilensteine an den Poststraßen und frühen (ersten) Chausseen. Die Geschichte der preußischen Postmeilensteine ist sehr eng verbunden mit der Planung und Realisierung der ersten preußischen Fernchaussee von Magdeburg über Halle zur Landesgrenze zu Sachsen bei Großkugel und mit der Person des preußischen Generalpostmeisters Graf von der Schulenburg. In der Person des Grafen begegnet uns eine preußische Persönlichkeit, welche im preußischen Staat tätig war und die zum engen Führungskreis der preußischen Könige gehörte. Graf von der Schulenburg übte immer mehrere Funktionen gleichzeitig im preußischen Staat aus und verfügte über sehr gut funktionierende Kontakte und Beziehungen zu den Verwaltungen. Dies erklärt auch, warum die Meilensteinsetzung an preußischen Postrouten von Magdeburg aus getestet wurde, um anschlie- ßend in Preußen fl ächendeckend zur Anwendung zu kommen, um die Metropolen Preußens mit ihren Provinzen dauerhaft zu verbinden.

Im Jahre 1800 wurde Friedrich Wilhelm Graf den Krieg Frankreichs gegen Preußen und von der Schulenburg-Kehnert (21.11.1742 wurde 1806 aktenmäßig abgeschlossen. bis 7.04.1815) zum preußischen General- Bei der Betrachtung des Sachverhaltes ist postmeister berufen. Am 1.08.1800 formu- von besonderer Bedeutung, dass der Einfl uss lierte er seine berufl iche Zielstellung als des preußischen Generalpostmeisters und Generalpostmeister: „Meine Absicht ist, die damit des preußischen Oberbaudepartements Haupt-Post-Straßen vermessen und die Mei- im genannten Zeitraum nur für die östlichen lenzahl durch Meilenzeiger bezeichnen zu preußischen Länder Brandenburg, Pommern lassen, damit sich einerseits die Postillione und Preußen (Westpreußen und Ostpreußen) hiernach richten, andernteils aber auch die zutraf. Reisenden genau wissen und sehen können, Das Herzogtum Magdeburg, das Fürs- für wie viel Meilen sie Postgeld zu bezahlen tentum Halberstadt, Schlesien und die Rhein- haben.“ Diese Absicht wurde von ihm sehr provinzen trafen ihre Entscheidungen selbst- zielstrebig und erfolgreich durchgeführt. ständig. Es ist aber festzustellen, dass es eine Dieser Zeitabschnitt der Setzung der preu- intensive und fruchtbare Zusammenarbeit ßischen Postmeilensteine endete 1805 durch im Bezug auf das Postwesen in Preußen

* Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg

9 ermessung Brandenburg - 51 - mit dem Herzogtum Magdeburg und dem die Form und die Maße der Fürstentum Halberstadt gegeben hat, welche Meilensteine mit dem Em- auf die Persönlichkeit des Grafen von der blem „FW R II.“. Schulenburg zurückzuführen ist, in dessen 1788 Baubeginn der genannten Zuständigkeit dies fi el. Chaussee Die Planung und Realisierung des Baues 24.06.1800 Berufung von Graf von der der ersten preußischen Fernchaussee von Schulenburg zum preußischen Magdeburg nach Leipzig, über Halle bis zur Generalpostmeister. preußischen Grenze bei Großkugel ist auch als 5.10.1800 Graf von der Schulenburg Teststrecke für die Setzung der Meilensteine erarbeitet mit dem Geheimen zu werten. Die Erfahrungen aus dem Bau Oberfi nanzrat von Segebarth dieser Chaussee (seit 1800 Postkurs), insbe- eine Vorlage an König Fried- sondere in Bezug auf die Meilensteine wurden rich Wilhelm III. Darin wird für die ab 1800 vermessenen preußischen die Bildung einer „Post- Postkurse übernommen und weiterentwickelt. Meliorations-Casse“ vorge- schlagen. Die Mittel dazu sollen aus den Gewinnen des Rechnungsjahres 1799/1800 in Höhe von 100 000 Thalern kommen. Vorgesehen sind u.a. die Abdeckung der Kosten für die Vermessung der Post- straßen, die Kosten für die Anfertigung und Aufstellung der Meilenpfeiler „und was sonst noch anhängig ist“. 17.10.1800 Freigabe der Chaussee Mag- deburg - Halle durch das Ge- neralpostamt als Postkurs. 1800 Im IV. Quartal veranlasst das Abb. 1: Ganzmeilenstein im Krämer Generalpostamt unter Leitung um 1920 des Grafen von der Schulen- burg das Oberbaudepartment Wichtige Eckdaten im Bezug auf die preu- im Generaldirektorium die ßischen Poststraßen und Postmeilensteine Vermessung der Postkurse sind dabei: durchführen zu lassen. Prak- 1786 Regierungsantritt von König tisch passiert dies durch die Friedrich Wilhelm II. Auftragserteilung des Hof- 1787 Planungsbeginn der Chaussee postamtes in Berlin an die Magdeburg - Halle - Großku- Baukonstrukteure Langhans, gel. Der König bestätigt im Ahlert, Kienitz und andere. Zusammenhang mit dem an- Danach erfolgen die Vermes- geordneten Bau der Chaussee sungen der damals existie-

- 52 - Nr. 1/2009 renden Hauptpostkurse. Nach Vermessung der Postrouten den Vermessungen, den da- ab. Graf von der Schulenburg zugehörigen Protokollen und ist bereits mit dem gefl ohenen Karten wurden die Meilen- König in Königsberg. Der steine aufgestellt. Krieg gegen Frankreich ist die 1801 Bauabschluss der ersten preu- Ursache. Es sind noch nicht ßischen Fernchaussee mit ca. alle Postrouten vermessen. 11 ½ Meilen Länge von Mag- Von den 49 Hauptpostrouten deburg über Halle nach Groß- sind es 21 und von den 518 kugel auf allen Abschnitten. Postkursen sind 120 vermes- Durchgängige Erhebung von sen. Chausseegeld. 18.10.1806 Der „Post-Meliorations-Fond“ 1801/1802 Für das Rechnungsjahr wird geschlossen. In der 1801/1802 wurden im preu- End abrechnung für den Zeit- ßischen Haushalt durch das raum vom 5.10.1800 bis zum Greifen des „Post-Meliora- 18.10.1806 sind u. a. folgende tions-Fond“ bereits 148 660 Posten enthalten: Thaler Mehreinnahmen ge- Vermessungskosten für Stra- genüber dem Haushaltsjahr ßen: 8 241 Thaler, 4 Groschen, 1798/1799 verbucht. Damit 2 Pfennig war die Grundlage für ein sehr Errichtung von Meilenpfei- wirtschaftliches Staatsunter- lern: 47 587 Thaler, 7 Pfennig. nehmen Preußens gelegt. seit 1802 Auf den seit 1800 neu vermes- Ursprung und Entwicklung der senen Postrouten werden die Form des Aussehens der neu festgelegten Portosätze preußischen Postmeilensteine zur Anwendung gebracht. Meilensteine gab es in Preußen nach- Meilensteine sind bereits ge- weisbar seit 1730. Der spätere preußische setzt. König hatte sich 1728 in Sachsen mit 1804 Im Generalpostamt in Berlin dem dortigen System der Postmeilensteine lässt man endgültig Pläne fal- befasst und sich entschlossen, diese Neu- len, welche eine Veränderung erung auch in Preußen einzuführen. Auch (Aussehen, Maße, usw.) der das Aussehen entsprach dem Vorbild. So bereits aufgestellten Postmei- zeigt sich die Berliner Torsäule vom Dön- lensteine beinhalteten. Die hoffplatz nach sächsischem Vorbild aber in seit 1800 und bis zum Ende bescheidener preußischer Schlichtheit. der Aktion 1806 aufgestell- Im Gegensatz und in Weiterentwicklung ten Postmeilensteine haben der Erkenntnisse aus Sachsen wurden in also ein einheitliches Ausse- Preußen folgende Veränderungen vorge- hen und annähernd gleiche nommen: Maße. 1. Die Finanzierung der Meilensteinset- 19.09.1806 Der preußische Staatsrat Klü- zung erfolgt durch den preußischen Staat. ber schließt die „Aktion“ der (In Sachsen musste der Eigentümer des

9 ermessung Brandenburg - 53 - Abb. 2: Ganzmeilenstein Magdeburg Abb. 3: Ganzmeilenstein Niedergörne Grund und Bodens, auf dem eine Postmei- • Viertelmeilenstein: Würfel lensäule aufzustellen war, für die Kosten Im Detail unterscheidet man noch nach aufkommen.) drei Formen: 2. An Postmeilensteinen wurden für die • Postmeilensteine einfacher Form ohne Postkurse nur drei Arten (Ganz-, Halb- und weitere Schmuckelemente, Viertelmeilenstein) festgelegt. In Sachsen • Postmeilensteine „Altmärkischer gab es dagegen vier Arten. Form“ mit Standarten am Schaft der 3. Die Gestaltung der preußischen Mei- Ganz- und Halbmeilensteine sowie lensteine war wesentlich einfacher ohne Ovalen an den Seiten der Viertelmeilen- weitere Verzierungen und ohne farbliche würfel und Gestaltung. Dadurch wurden die Meilen- • Postmeilensteine an der Magdeburg - steine kostengünstiger. Großkugeler Chaussee (diese trugen 4. Während es in Sachsen ein fl ächiges zusätzlich noch einen preußischen Ad- (dezentrales) Netz von Poststraßen gab, ler, die königlichen Initialen „FW“ und waren die Poststraßen in Brandenburg bis eingemeißelte Entfernungsangaben in auf Ausnahmen alle auf Berlin ausgerichtet. den Standarten bzw. Ovalen). Grundsätzlich kann die Wertigkeit eines Diese Meilensteine aller drei Formen preußischen Meilensteines an seinem Er- haben die gleichen Maße und sind überwie- scheinungsbild ausgemacht werden: gend aus Sandstein gefertigt. Die Bauteile • Ganzmeilenstein: großer Obelisk auf der Ganzmeilensteine und der Halbmei- Würfel lensteine sind miteinander verdübelt und • Halbmeilenstein: kleiner Obelisk auf entsprechend der Technologie der dama- Würfel ligen Zeit verbleit.

- 54 - Nr. 1/2009 Eine weitere besondere Form der Post- und sind im Material zu suchen. Das meilensteine ist an den Hauptpostkursen Gusseisen ist sehr empfi ndlich gegen Kor- Berlin - Königsberg und Berlin - Breslau rosion und lässt sich leicht beschädigen. zu fi nden. Es handelt sich um Meilensteine Schläge oder Berührungen (grob) lassen aus Gusseisen. das Gusseisen zerspringen. Darüber hinaus Die Ganz- und Halbmeilensteine be- konnte man die Obelisken relativ leicht stehen aus drei separat gegossenen Teilen umwerfen. Auch bei Hochwasser war ihre (Basis, Sockel und Obeliskenschaft mit Standfestigkeit nicht gewährleistet. Posthornabbildung am Bande). Der Körper der Säule war hohl und die Bauteile aus Me- Die preußischen Postkurse mit tall. Sie wurden mit je vier Metalldübeln Postmeilensteinen (in den Ecken) ineinander gesteckt bzw. An folgenden preußischen Poststraßen aufgestellt. Die Basis wurde auf ein festes sind Postmeilensteine gesetzt worden, Fundament gestellt und befestigt. Die nachweisbar und zum Teil heute noch Viertelmeilensteine bestehen aus einem vorhanden, wie die nachfolgende Aufl is- gegossenen Teil mit einer Posthornab- tung belegt: bildung am Bande. Auch sie sind auf ein • Postkurs Magdeburg - Halle - Leipzig festes Fundament gestellt und befestigt. (preußisch bis Großkugel), die erste Bei den uns bekannten Objekten handelt preußische Fernchaussee-Teststrecke es sich um den Restbestand von Meilen- zum Chausseebau und zur Setzung zeigern aus der Eisenhütte Vietz/Witnica der Meilensteine, seit 1800 Hauptpost- in der Neumark (im heutigen Polen). Wie kurs sich in der Praxis zeigte, hatten die Mei- • Preußischer Hauptpostkurs Wesel - lenzeiger aus Eisenguss ein sehr würdiges Magdeburg - Berlin - Königsberg - Nim- Aussehen und sie galten als kostbar, waren mersatt, Gesamtlänge 279 ½ Meilen, aber wenig haltbar. Die Gründe dafür be- mit den Abschnitten: ziehen sich u.a. auf ihre Bauweise (hohl – Südkurs Berlin - Brandenburg über und relativ leicht, mit nur je vier Stiften/ Potsdam (Der Abschnitt Berlin - Dübeln ineinander gesteckt und montiert) Potsdam hat eine besondere Be-

Abb. 4: Halbmeilenstein Wustrewe Abb. 5: Gusseisener Viertelmeilenstein in Polen

9 ermessung Brandenburg - 55 - • Postkurs Berlin - Hamburg („Alte Ham- burger Poststraße“) • Postkurs Berlin - Dresden („Alte Dres- dener Poststraße“) • Postkurs Berlin - Stettin („Alte Stettiner Poststraße“) • Postkurs Berlin - Leipzig über Potsdam, Treuenbrietzen und Wittenberg • Postkurs Berlin - Salzwedel über Rat- henow, Stendal und Gardelegen • Postkurs Magdeburg - Hamburg (Ost- kurs über Tangermünde, Havelberg und Kletzke) • Postkurs Magdeburg - Hamburg (West- kurs über Stendal, Arendsee und Len- zen) • Postkurs Berlin - Breslau/Wrocław über Müncheberg und Frankfurt (Oder) Abb. 6: Ganzmeilenstein Seelow • Postkurs Berlin -Bad Freienwalde Die Streckenführung der preußischen Poststraßen stimmt in vielen Fällen nicht mit den Streckenführungen der späteren Fernchausseen bzw. heutigen Bundes- straßen überein. Die Poststraßen folgten historischen Streckenentwicklungen, und die Chausseen sind ingenieurtechnische Bauwerke, die sich der Ökonomie unter- ordnen. So befi nden sich heute zahlreiche Abschnitte alter preußischer Poststraßen Abb. 7: Viertelmeilenstein Dalchau in landwirtschaftlich genutzten und land- schaftlich interessanten Gebieten und deutung, da er die zwei preußischen sind untergeordnete Feld- oder Wald- Residenzen verbindet.) wege. Als besonderes Beispiel soll hier die – Nordkurs Berlin - Brandenburg über „Alte Hamburger Poststraße“ im Ab- Spandau schnitt von Bötzow bis Linum genannt – Südkurs Brandenburg - Magdeburg werden. über Ziesar und Hohenziatz, Nach bisherigen Forschungsergebnissen – Nordkurs Brandenburg - Magdeburg wurden Postkurse mit einer Länge von über Plaue, Genthin und Burg und mindestens 221 Meilen vermessen und – Berlin - Küstrin - Woldenberg - Kö- mit Meilensteinen bestückt. Es müssten nigsberg zwischen 1800 und 1806, rechnerisch – Magdeburg - Halberstadt (und weiter ermittelt, 204 Ganz-, 207 Halb- und 408 in Richtung der rheinischen Provinzen) Viertelmeilensteine errichtet worden sein,

- 56 - Nr. 1/2009 insgesamt also 819 Objekte. Gegenwärtig Routen wurden im 18. Jahrhundert Post- sind davon, teilweise auch nur unvoll- meilensteine (Ganz- und Halbmeilensteine ständig erhalten, 61 Ganz-, 20 Halb- und sowie würfelförmige Viertelmeilensteine) 36 Viertelmeilensteine vorhanden. Eines aufgestellt. Dies beweisen auch alte Karten dieser 117 Objekte ist eine komplette und Abbildungen. Von den Postmeilenstei- Rekonstruktion. nen haben sich nur wenige erhalten. In der Als der Verkehr auf die neugebauten Stadt Brandenburg gibt es heute noch ein Chausseen überging, wurden die Postmei- komplettes Exemplar, einen Ganzmei- lensteine funktionslos. Einige der Meilen- lenstein. Weitere Reststücke sind noch steine blieben erhalten, viele aber wurden vereinzelt erhalten geblieben: anderen Verwendungszwecken zugeführt. • Zwischen Potsdam und Brandenburg Beispiele sind: ist ein Teil eines Halbmeilensteins in • Umsetzung an nahegelegene Chausseen Götz zu fi nden. und Weiterverwendung als Chaussee- • Zwischen Spandau und Brandenburg meilenstein (z. B. im östlichen Bran- sind drei Ganzmeilensteine bei Trem- denburg) men, Roskow (jeweils nur Sockel und • Verkauf als Baumaterial Fußteil) und Mötzow (nur Fußteil) • Verwendung als Grenzstein (z. B. im erhalten geblieben. Altkreis Osthavelland) • Zwischen Brandenburg und Genthin • Verwendung als Wegweiserstein (z. B. wurden ein Viertelmeilenstein und ein in der Prignitz) Teil eines Halbmeilensteins bei Plau- • Verkauf an die optische Industrie in erhof gefunden. Diese Steine wurden zur Verwendung als Schleif- 1982 ins Kreismuseum Genthin über- stein führt. • Verwendung als Material für Denkmä- • Im Krugpark in Brandenburg-Wil- ler helmsdorf stand von etwa 1900 bis 1982 der heute wieder in der Stadt Ausgewählte Postkurse stehende Ganzmeilenstein. Als Funda- Postkurs Berlin - Brandenburg - ment dienten an diesem Standort im Magdeburg Krugpark Teile weiterer Meilensteine Bis zum Beginn des Chausseebaues gab (ein Halb- und ein Viertelmeilenstein). es zwei Poststraßen (-routen), die mit Meilensteinen ausgestattet wurden. Bei- de Routen trafen sich in Brandenburg. Die nördliche Route kam von Berlin und führte über Spandau und Tremmen nach Brandenburg. Von Brandenburg ging es dann über Plaue, Genthin und Burg nach Magdeburg. Die südliche Route kam von Berlin über Potsdam und Groß Kreutz nach Brandenburg. Von Brandenburg führte sie über Ziesar, Möckern nach Magdeburg. An beiden Abb. 8: Rest des Ganzmeilensteines Tremmen

9 ermessung Brandenburg - 57 - Abb. 9: Ganzmeilenstein Abb. 10: Ganzmeilenstein Abb. 11: Der „verschönerte” Brandenburg Berlin-Tegel Ganzmeilenstein Wustrau-Altfriesack

Während die Halbmeilensteinteile Wald ist sehr gut erhalten. Er wurde 2004 ebenfalls 1982 ins Kreismuseum restauriert und am Originalstandort wieder Genthin überführt wurden, wird der aufgebaut. Er ist einer der besterhaltenen Viertelmeilenstein wieder einen Platz Meilensteine dieser Generation. In seinem an der alten Poststraße nach Spandau Umfeld, dem Abschnitt der alten Poststraße erhalten. Auch ein weiterer ehemals von Bötzow bis Linum, wird zur Zeit durch noch im Krugpark stehender Viertel- den Förderverein Regionalpark Krämer meilenwürfel ist heute im Kreismuseum Forst e.V. ein in Brandenburg einmaliges Genthin zu fi nden. Projekt durchgeführt. In diesem Abschnitt wird die „Alte Hamburger Poststraße“ wie- Postkurs Berlin - Hamburg der in allen Einzelheiten rekonstruiert und Die „Alte Hamburger Poststraße“ hat ihren damit in der Gegenwart nachvollziehbar. Ursprung im Pilgerweg von Berlin zum Der genannte Ganzmeilenstein und die „Wunderblut Wilsnak“, heute Bad Wils- Nachbildung eines hölzernen Armenweg- nack. Im gesamten Verlauf dieser Poststraße weisers bilden die Basis dieses Projektes. von insgesamt 38 Meilen von Berlin bis Alle weiteren Halb- und Viertelmeilensteine Hamburg verlaufen auf preußischem Ge- werden durch Nachbildungen ersetzt und biet 23 Meilen. Heute sind uns auf diesem kommen dann in diesem landschaftlich Abschnitt neun Ganz-, fünf Halb- und fünf sehr schönen Waldgebiet voll zur Geltung. Viertelmeilensteine bekannt und damit als Folgt man der Poststraße von dort weiter Gesamtobjekt oder Reststücke erhalten in Richtung Hamburg begegnet uns unweit geblieben. Im heutigen Stadtgebiet von von Fehrbellin, in Wustrau-Altfriesack ein Berlin existiert noch der Ganzmeilenstein weiterer preußischer Ganzmeilenstein am Tegel, welcher aber nicht mehr am Original- Ortsrand von Wustrau. Er zeigte einst die standort steht. Der Ganzmeilenstein mit der Position „8 Meilen bis Berlin“ an und stand Position „4 Meilen bis Berlin“ im Krämer- ursprünglich im heutigen Dammkrug nörd-

- 58 - Nr. 1/2009 lich von Fehrbellin. Dieses sehr gut erhaltene Denkmal preußischer Verkehrsgeschichte wurde leider in den letzten Jahren unter völliger Missachtung denkmalpfl egerischer Gesichtspunkte mit Baumarktkleber und Ölfarbe „verschönert“ und trägt heute Weg- weiserbeschriftungen. Dieser Meilenstein soll wieder in seinen historischen Urzustand zurückgebaut werden und somit der Nach- welt erhalten bleiben. Gleichfalls geplant sind die Restaurierung und die damit verbun- dene Komplettierung (der Schaft fehlt) des Ganzmeilensteines Ganzer an der Position „10 Meilen bis Berlin“. Er wurde bereits geborgen und gesichert. Auf dem weiteren Weg nach Hamburg begegnet man auf dem Dorfplatz der Ortschaft Kletzke einem Krie- gerdenkmal, welches aus dem preußischen Postmeilenstein mit der Position „16 Meilen bis Berlin“ entstanden sein könnte. Nach der Aufgabe des Postkurses verloren die Meilen- Abb. 13: Ganzmeilenstein Motzen steine ihre Bedeutung und wurden bekann- terweise anderen Verwendungszwecken „22 Meilen bis Berlin“. Da sich in Lenzen zugeführt. Am Verlauf der alten Poststraße der Postkurs von Berlin nach Hamburg mit zwischen Perleberg und Lenzen stehen heute dem Postkurs von Magdeburg vereinigt, einige zu Wegweisersteinen umfunktionierte markiert dieser Meilenstein gleichzeitig die Viertelmeilensteine, einer davon bei Lenzen Position „18 Meilen bis Magdeburg“. Der auch noch komplett erhalten. In Lenzen Verlauf der „Alten Hamburger Poststraße“ selbst steht auf dem Marktplatz der 2004 auf preußischem Gebiet ist in kaum einem restaurierte und am Originalstandort wieder Abschnitt mit heute bedeutsamen Verkehrs- aufgestellte Meilenstein mit der Position verbindungen identisch. Diese Streckenfüh- rung wurde 1830 endgültig aufgegeben, nachdem die „Neue Hamburger Chaussee“, die heutige B 5, fertig gestellt wurde. Diese Chaussee verläuft grundsätzlich auf anderen Trassen und ist eine moderne „Kunststraße“. Sie wurde nach der Fertigstellung mit neu- en, eigens für diese Chaussee entworfenen und angefertigten Meilensteinen bestückt.

Postkurs Berlin - Dresden Bereits 1712 wurde ein Postkurs von Ber- Abb. 12: Viertelmeilenstein Lenzen lin nach Dresden eingerichtet. Er führte

9 ermessung Brandenburg - 59 - von Berlin über Großziethen, Brusendorf, Mittenwalde und Töpchin weiter nach Ba- ruth. Zwischen Töpchin und Baruth lag damals die Grenze zwischen Preußen und dem Kurfürstentum Sachsen. Auf dem in Sachsen liegenden Abschnitt des Postkurses wurden kursächsische Postmeilensäulen aufgestellt. Auf dem nördlichen, auf preu- ßischem Gebiet liegenden Abschnitt dieser Poststraße, stehen heute noch drei preu- ßische Ganzmeilensteine, in Waßmanns- dorf, in Brusendorf und in Motzen. Der Stein in Motzen ist am besten erhalten.

Postkurs Berlin - Stettin Der Hauptpostkurs Berlin - Stettin führte bis etwa 1805 über Oranienburg, Zehdenick, Templin, Prenzlau, Brüssow und Löcknitz. An dieser Poststraße wurden Meilensteine Abb. 14: Ganzmeilenstein Waldsieversdorf aufgestellt, von denen bis heute nur drei Exemplare, zum Teil als Fragment, erhalten Beelitz, erst danach über Potsdam und blieben. Einer davon wurde zu einem Frie- Beelitz. Von der alten Poststraße berichtet densdenkmal im Ort Hindenburg umfunk- noch ein Postmeilenstein in Buchholz bei tioniert. Ab 1805 führte der Hauptpostkurs Treuenbrietzen. Er stand in der Ortslage über Weißensee, Malchow, Lindenberg, bis zum 1. Weltkrieg, wurde danach als Schwanebeck, Bernau, Sydow, Schönholz, Kriegerdenkmal auf dem Friedhof nahe Neustadt-Eberswalde, Serwest, Angermün- der Kirche aufgestellt und beim Ausbau de, Schwedt, Vierraden und Gartz bis zur der B 2 1999/2000 restauriert und an neuer Brandenburgisch-Pommerschen Grenze, Stelle gut sichtbar errichtet. Er zeigt wohl ist also nur teilweise mit der heutigen B 2 ursprünglich 8 Meilen bis Berlin (oder identisch. Postmeilensteine von dieser Rou- später 4 Meilen bis Potsdam) an. Vor dem te sind nicht bekannt. Die Strecke Vierraden Heimatmuseum in Treuenbrietzen steht ein - Gartz war nur im Sommer befahrbar. Im weiterer Postmeilenstein. Winter musste bis zur Erbauung des Gartzer Dammes 1828 der „Großen Bruch“ westlich Postkurs Berlin - Küstrin / Berlin - umfahren werden. Frankfurt (Oder) Östlich von Berlin entspricht die Stre- Postkurs Berlin - Leipzig ckenführung der heutigen B 1 im Großen Bis zur Erbauung der Berlin - Potsda- und Ganzen der alten Poststraße nach mer Chaussee (1795) ging der Postkurs Küstrin. Bereits vor 1800 gab es im Ab- von Berlin nach Leipzig über Tempel- schnitt von Berlin nach Müncheberg eine hof, Giesendorf, Teltow, Schenkendorf, alte Poststraße und auch der Chausseebau Phillipsthal, Saarmund, Kähnsdorf und war hier bereits um 1803 erfolgt. Es ist

- 60 - Nr. 1/2009 Abb. 15: Ganzmeilenstein Abb. 16: Ganzmeilenstein Abb. 17: Ganzmeilenstein Hindenburg, als Buchholz, Buchholz, Denkmal alter Zustand auf nach der Restau- dem Friedhof als rierung an neuem Kriegerdenkmal Standort in der Dorfaue

aber nicht zweifelsfrei bekannt, ob schon aufgestellt worden. Der einzige auf bran- damals an dieser Strecke Meilensteine denburgischem Gebiet komplett erhaltene gestanden haben. Da aber auf weiter öst- Ganzmeilenstein dieser Art steht in Seelow. lich folgenden Strecken Postmeilensteine Von Müncheberg nach Frankfurt (Oder) zu fi nden sind, ist zu vermuten, dass auch entspricht die heutige Straßenführung der hier solche gestanden haben. So ergibt B 5 auch im Wesentlichen der alten Post- eine Kartenauswertung, dass Meilensteine straße. Postmeilensteine sind auf dieser bei „¼“, „½“, „¾“, „1“ und „1 ¼“ Meile Strecke, im Gegensatz zur Fortsetzung Entfernung vom Frankfurter Tor gestanden dieser auf polnischem Gebiet, nicht er- haben. Das deckt die Strecke zwischen halten geblieben. Friedrichsfelde und Kaulsdorf ab. Wie die Meilensteine ausgesehen haben, ist Olaf Grell, Rolf Zimmermann nicht bekannt. Es könnte aber vermutet Forschungsgruppe Preußische, werden, dass sie wie der heute in Waldsie- Mecklenburgische und versdorf stehende Meilenstein ausgesehen Anhaltische Meilensteine e.V. haben. Von diesem Stein wird vermutet, www.forschungsgruppe-meilensteine.de dass er von der alten Chaussee Berlin - Müncheberg (von 1803) stammt. Der Verlauf der Poststraße von Müncheberg ; nach Küstrin weicht vom heutigen Ver- lauf der B 1 etwas ab. Von der Poststraße sind keine Meilensteine bekannt, aller- dings sind an der Chaussee nach Küstrin Postmeilensteine als Ganzmeilensteine

9 ermessung Brandenburg - 61 - Wolfgang Crom Die Arbeit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin

Kartographen und Vermessungsingenieure haben die Aufgabe und den Ehrgeiz zur Anfertigung höchst genauer und aktueller Karten. Das ist eine gewaltige Aufgabe, die den Einsatz modernster Mittel erfordert, denn in einer global agierenden Gesellschaft fi nden pausenlos Änderungen statt, die das Erscheinungsbild der Erdoberfl äche gestalterisch beeinfl ussen.

Andererseits will der Kartograph sein bei ihren Aufgaben durch Bereitstel- Arbeitsergebnis auch für die Nach- lung von Anschaffungsmitteln, aber welt archiviert wissen. Schließlich gilt auch durch Gesetze, die die regelmäßige eine ältere oder alte Karte als Quelle Ablieferung der Produkte sicherstellt. für historische Forschungen, mit der Dabei teilen sich die Archive und die viele Fragestellungen zu ehemaligen unterschiedlichen Bibliothekstypen die- topographischen und landschaftskund- se Aufgaben und ergänzen sich oder lichen Situationen beantwortet werden tauschen sich in einem engen Netzwerk können. Für beide, für die aktuelle aus, um sicherzustellen, dass alle die- wie für die ältere oder veraltete Kar- se Ergebnisse oder geistigen Produkte te gilt jedoch: Je genauer die Karten, einem wissenschaftlich interessierten desto größer der Gewinn. Wird dazu Kreis dauerhaft erreichbar bleiben und Wert auf die regelmäßige Fortführung damit auch in Zukunft genutzt werden der topographischen Landesaufnahme können. In diesem Verbund spielt die gelegt, führt das zu einer dichten Folge im Kartenabteilung der Staatsbibliothek Erscheinen der Kartenblätter, die bei gut eine bedeutende Rolle, da sie in dem organisierter Archivierung eine perfekte Kontext der Erwerbung, Erschließung, Chronologie der Landschaftsgestaltung Aufbewahrung und Bereitstellung meh- durch den Menschen liefert. rere nationale Aufgaben übernommen Während die Vermessungsbehörden hat und federführend in der internatio- zumeist selbst die Aufgabe des Ver- nalen Entwicklung neuer Strukturen für triebs der aktuellen Landesaufnahmen die „artgerechte“ Haltung und Nutzung übernehmen, wird die Dokumentation kartographischer Materialien beteiligt ist. der vorherigen Kartenausgaben von Archiven und Bibliotheken übernommen. Geschichte der Kartenabteilung Während Archive in der Regel einzig- artige Objekte sammeln und bewahren, Die Gründung fi nden sich in Bibliotheken eher die ge- Karten und kartographische Materialien druckten und vervielfältigten Produkte. waren von jeher Teil der 1661 gegründe- Unterstützt werden diese Einrichtungen ten Churfürstlichen Bibliothek. Bereits

- 62 - Nr. 1/2009 1664 wurde dem Gründer Friedrich Wil- Eigenständigkeit der Karten- helm, dem Großen Kurfürsten (*1620 abteilung - †1688), von seinem Freund Johann Mo- Trotz oder wegen der Schwierigkeiten an ritz von Nassau-Siegen (*1604 - †1679) Karten zu kommen, gab es umfangreiche ein Riesenatlas zum Geschenk überreicht. private Kartensammlungen, zumeist in Mit einem Gewicht von 125 kg und aufge- militärischen Kreisen. Eine der größten schlagen 170 cm mal 220 cm messend ist Sammlungen wurde von General Gerhard dieser Atlas ein beeindruckender Zeuge von Scharnhorst (*1755 - †1813) begründet des goldenen Zeitalters der Kartographie. und von seinem Sohn Wilhelm von Scharn- Nach diesem frühen Prunkstück versank horst (*1786 - †1854) weitergeführt. Auf die Kartographie aber zunächst wieder diese Sammlung hatte der Oberbibliothe- in eine bedeutungslose Nebenrolle der kar Georg Heinrich Pertz (*1795 - †1876) Bibliothek, da die Herstellung und Ver- ein Auge geworfen. Dies zeugt von Interes- breitung von Karten in Brandenburg und se, aber auch von Weitblick. Andererseits Preußen stark eingeschränkt und nur über wurde von dem führenden Geographen das königliche Privileg möglich war. Carl Ritter (*1779 - †1859) der Wunsch Dadurch waren die private Kartographie nach Gründung eines nationalen Kartenins- und das Kartenverlagswesen im Vergleich tituts geäußert, nachdem 1848 der Versuch zu anderen Staaten weniger entwickelt. der Gründung einer Nationalbibliothek Dabei wurde im inzwischen zum Kö- gestartet worden war, der jedoch von nur nigreich avancierten Preußen für militä- kurzer Lebensdauer sein sollte. Aber auch rische Zwecke viel und fl eißig kartiert, die Nationalkartensammlung wurde nie doch wurden diese zumeist handge- verwirklicht. Dafür wurde das Ansinnen zeichneten Karten in der königlichen von Carl Ritter vom König Friedrich Plankammer aufbewahrt. Nur mit Zu- Wilhelm IV. (*1795 - †1861) wenigstens stimmung des Königs erhielten ausge- für Preußen verwirklicht. Auslöser war die suchte Personenkreise Einblick in diese zum Verkauf angebotene Sammlung der Sammlung. Das Publikum der König- Familie von Scharnhorst, die im Jahr 1856 lichen Bibliothek im Apothekerfl ügel des zum Preis von 30 000 Thalern erworben Berliner Stadtschlosses bzw. ab 1784 in werden konnte und als Grundstock für das der neu errichteten so genannten Kommo- neu errichtete Königlich Kartographische de am Opernplatz hatte nur Zugang zu den Institut diente. Carl Ritter wurde zum dort gelagerten Büchern und den wenigen Chef bestimmt und als Kustos wurde ihm Atlanten. Die Erweiterung der Karten- Georg Friedrich Hermann Müller (Le- bestände der Königlichen Bibliothek bensdaten nicht ermittelbar) an die Seite wurde nicht systematisch und regelmäßig gestellt, der die eigentliche Aufgabe der betrieben, so scheiterten auch vereinzelte Verzeichnung, Vermehrung und Pfl ege der Bemühungen der Bibliothek um Ankauf Karten zu besorgen hatte. Die Sammlung großer privater Kartensammlungen an von über 35 000 Karten war im Schloss der fehlenden Bereitstellung entspre- Bellevue aufgestellt, der Zuwachs in den chender Geldmittel seitens des Staates. folgenden Jahren jedoch nur spärlich, oft Dies änderte sich erst in der zweiten als Geschenke von Gesandten oder im Hälfte des 19. Jahrhunderts. Austausch über Botschafter, es wurde

9 ermessung Brandenburg - 63 - nur wenig zusätzlich gekauft oder er- über 200 000 Kartenblättern in die Karten- steigert. Die Räumlichkeiten im Schloss abteilung überführt. Damit verdoppelte waren beengt, wurden aber auch vom Kö- sich der Kartenbestand auf einen Schlag niglichen Hofmarschallamt beansprucht. in den erst kurz zuvor bezogenen Räumen Diese Schwierigkeiten beim Übergang in in der Preußischen Staatsbibliothek Unter die Routine führten bereits 1859 zur Aufl ö- den Linden. Die Kartenabteilung avan- sung des Königlich Kartographischen Ins- cierte zu einer der größten Sammlungen tituts und zur Übergabe an die Königliche ihrer Art, an die im Laufe der Zeit weitere Bibliothek. Die Kartensammlung erhielt Aufgaben angeknüpft wurden. Doch zu- dabei den Status einer eigenständigen nächst lastete das Schicksal der Teilung Abteilung und Hermann Müller fungierte als Folge des Zweiten Weltkriegs auf der bis 1880 weiter als Kustos. Bibliothek und ihrer Kartenabteilung.

Früher Zuwachs Evakuierung und Neuanfang Mit der Gründung der Kartenabteilung Die durch den Zweiten Weltkrieg verur- wurde die Erwerbung weiterer Karten nun sachte Auslagerung der Bestände und die kontinuierlich betrieben. Die Sammlung Teilung Deutschlands führten zur Auf- wuchs im Verlauf der folgenden Jahr- spaltung des Bibliotheksbestandes im ge- zehnte auf eine beachtliche Größe von teilten Berlin. Insbesondere für die gro- etwa 200 000 Kartenblättern. In diese Zeit ßen Bestandsgruppen der systematischen fallen auch die Etablierung der Geogra- Aufstellung und die vielen Kartenwerke phie an den Universitäten mit Gründung war die Aufteilung von einschneidender bedeutender Lehrstühle, die wissenschaft- Bedeutung. Bei der kriegsbedingten Ausla- lichen Entdeckungen neuer Gebiete und gerung in Klöster und Bergwerke wurden der beginnende Kolonialismus, die alle zu die großen Mengen an Kartenblättern einem Aufschwung bei der Herstellung portioniert und auf verschiedene Ausla- und Verbreitung kartographischer Erzeug- gerungsorte verteilt, um im schlimmsten nisse beigetragen haben. Hierin liegt ein Fall eine mögliche Vernichtung nur von Kern im Bestand der heutigen Karten- Teilbeständen erleiden zu müssen. Diese abteilung, der in der bibliothekarischen an sich nachvollziehbare Entscheidung Kooperation der „Sammlung Deutscher ahnte jedoch nicht die politischen Folgen Drucke“ (SDD) eine besondere Pfl ege des Zweiten Weltkriegs mit der Teilung erfährt. Zu den besonderen Schenkungen Deutschlands und damit der Aufteilung des der Zeit zählt die private Kartensammlung Kartenbestandes. Komplett erhalten blieb des belgischen Gesandten Jean Baptist de der Katalog der Kartenabteilung, der den Nothomb (*1805 - †1881). Ein weiterer Weg zurück in die Deutsche Staatsbiblio- Kern, um nicht zu sagen, der bedeu- thek fand. Die Deutsche Staatsbibliothek tendste Schatz im Bestand, kam durch die wusste dadurch, was einmal im Bestand Übernahme des Kriegsarchivs des Großen gewesen ist und nun im Westen lagert, wäh- Preußischen Generalstabs hinzu. Nach rend die nach 1945 im Westen liegenden Abschluss des Versailler Vertrags wurde Karten neu erfasst und katalogisiert wer- mit der darin geforderten Aufl ösung des den mussten. Beide Teile bauten parallel Generalstabs dessen Kartensammlung mit neue Kataloge auf, die die Zuwächse mit

- 64 - Nr. 1/2009 Erscheinungsjahr ab 1940 beinhalteten. umgesetzte Konzept basierte auf der Re- Während die Deutsche Staatsbibliothek konstruktion des Zustands zum Zeitpunkt die Kartenproduktion der Verlage in der der Auslagerung und des Katalogabbruchs Deutschen Demokratischen Republik per des Jahres 1939. Damit sind die alten und Gesetz sammelte, standen ihr lediglich die älteren Karten und Atlanten wieder am jeweils aktuellen Blätter der öffentlich ursprünglichen Standort vereint, ergänzt zugänglichen amtlichen Kartenwerke zur um die zwischenzeitlich erworbenen An- Verfügung. Ausländisches Kartenmaterial tiquaria mit einem Erscheinungsjahr bis konnte nur in geringem Umfang erwor- 1939. Dagegen sind die modernen Karten ben werden. Findigkeit und Fleiß jedoch mit einem Erscheinungsjahr ab 1940 im sorgten für eine Erschließung von unselbst- Haus Potsdamer Straße aufgestellt. So ist ständig erschienenen Karten und vor allem einerseits dem Benutzer eine klare Orien- von Stadtplänen aus Reiseführern. Das tierung für die Kartennutzung vorgegeben, Pendant im Westen wurde dagegen mit andererseits werden uns Kartenbibliothe- dem so genannten Amtspfl ichtexemplar karen beispielsweise bei den rückwärtigen ausgestattet, der gesetzlichen Abgabe von Bestandsergänzungen die notwendigen amtlichen Dienststellen hergestellten oder Vorprüfungen wesentlich erleichtert. herausgegebenen Druckwerke. Für die Die momentane Zweiteilung des Be- Kartenabteilung waren dies die Produkte stands (s. Tafel 1) spiegelt sich schließlich der Landesvermessungsämter, der Geolo- in den Lesesälen mit der entsprechenden gischen Landesämter oder Umweltämter Referenzliteratur wider. Während im Haus und ihre entsprechenden Bundeseinrich- Unter den Linden vornehmlich Werke zur tungen, während Verlagsprodukte über den Kartengeschichte zu fi nden sind, werden einschlägigen Handel erworben werden im Lesesaal Haus Potsdamer Straße die mussten. Bücher zur modernen Kartographie in- klusive elektronischer Kartographie und Heute Geoinformationssysteme bereitgestellt. Der Einigungsvertrag weist in Kapitel VIII Da jedoch nicht alle Bücher unmittelbar Art. 35 (5) ausdrücklich auf die Zusam- Platz in den Lesesälen fi nden, wird ein menführung der Deutschen Staatsbiblio- schneller Lieferdienst aus den Sonderma- thek mit der Staatsbibliothek Preußischer gazinen der Kartenabteilung garantiert. Kulturbesitz hin. Die Auswirkungen der Die Bereitstellung wird über die Aus- Teilung sind jedoch noch nicht gänzlich be- kunftstheken gesteuert, die während der hoben. Sichtbares Zeichen ist die Führung Öffnungszeiten eine sofortige Lieferung zweier Kartenlesesäle in beiden Stamm- aus den Magazinen auslösen. In diesem häusern. Erst mit der Fertigstellung neuer besonderen Service ist die Sammlung der Kartenmagazine und der Erweiterung des Sonderdrucke eingeschlossen. Hierunter Lesesaals im Haus Unter den Linden im werden unselbstständige Publikationen Jahr 2012 wird die endgültige Aufhebung subsumiert, die aus streng kartographischer der erzwungenen Trennung vollzogen wer- Sicht an exotischer Stelle publiziert worden den. Für den langen Zeitraum bis zur sind. Die Kartenabteilung hält bei- endgültigen Fusion musste eine tragfähige spielsweise die Kopie eines Aufsatzes Übergangslösung gefunden werden. Das über „Mental Maps“ in dieser Samm-

9 ermessung Brandenburg - 65 - Haus Unter den Linden Haus Potsdamer Straße

Mo Mi Fr 9 - 17 Uhr Mo - Fr 9 - 17 Uhr Di Do 9 - 19 Uhr Sa 9 - 13 Uhr Sa geschlossen

Bestand bis 1939 moderne, insbesondere topogra- Ansichten phische Karten und Kartenwerke Preußische Kartenwerke Kartographisches Schrifttum Bestand (Bücher u. Karten bis 1939) elektronische Kartographie der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin

Tafel 1: Öffnungszeiten der Kartenlesesäle und Bestandsverteilung lung bereit, der in einer sozialwissen- blätter zählen. Die aktuellen Kartenwerke schaftlichen Zeitschrift veröffentlicht sind in einer speziellen Liste geführt und wurde. über das Internet abrufbar (http://karten. staatsbibliothek-berlin.de/de/kataloge/ kartenwerke.php). Damit ist ein schnel- Der Bestand ler Überblick über diesen besonderen Die 2001 erfolgte Fusion des Altbestandes Bestand gegeben. Schließlich gehört die (Erscheinungsjahr bis 1939) wurde gleich- weltweite Beschaffung topographischer zeitig für eine Revision genutzt. Demnach Kartenwerke zu einer der hervorgeho- kann die Aussage getroffen werden, dass benen Aufgaben, die durch die Deutsche die Kartenabteilung nahezu keine Kriegs- Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert verluste erleiden musste. Dieses seltene wird. Thematische Kartenwerke werden Glück ist selbstverständlich Pfl icht für die nur in strenger Auswahl erworben, da Bewahrung, Erschließung und Pfl ege des diese Aufgabe durch die Staats- und Uni- anvertrauten Kulturerbes. Insgesamt ver- versitätsbibliothek Göttingen erfüllt wird. fügt die Kartenabteilung zum Jahresende Aber auch Einzelkarten werden in großer 2008 über etwa: Stückzahl angeschafft und decken das breite Spektrum kartographischer Pro- 1 086 000 Karten dukte ab. In Ergänzung der weltweiten 155 000 Ansichten topographischen Karten werden Stadt- 30 500 Atlanten pläne insbesondere entlegener Regionen 2 300 elektronische Datenträger gesammelt, die sonst nur selten den Weg in 475 Globen eine deutsche Kartensammlung fi nden. 36 000 Bände Fachliteratur Die Grenze von Karten zu Ansichten ist fl ießend, während die Behandlungs- und Damit ist sie mit Abstand die größte Aufbewahrungsmethoden identisch sind; Kartenabteilung einer deutschen Biblio- Karten und Graphiken werden deswe- thek. Die ungeheure Menge ergibt sich gen in vielen Archiven und Bibliotheken aus der großen Anzahl topographischer gemeinsam aufbewahrt. Die regio- Kartenwerke, die je nach Maßstab schnell nalen Schwerpunkte liegen in Deutsch- mehrere Hundert oder gar Tausend Karten- land, Preußen und Berlin. Zu den

- 66 - Nr. 1/2009 Berliner Ansichten zählen auch über Angebot seltener oder auch exotischer 1 000 Fotografi en aus der Frühzeit dieses Titel. Der einschlägige Kartenhandel be- Mediums. sorgt in Absprache die gewünschten Ti- Für die richtige Karteninterpretation tel oder internationalen topographischen oder -nutzung wird der Benutzer durch Kartenwerke, er legt aber auch Angebote eine große Sammlung internationaler vor, da er unsere Aufgaben und Ziele Spezialliteratur zur Kartographie kennt. Hinzu kommen vielerlei Geschenke, (Bücher und Zeitschriften) unterstützt. es werden Tauschbeziehungen mit Der Ausbau dieses Bestands basiert eben- anderen Einrichtungen gepfl egt und es falls auf der Förderung durch die DFG. werden Absprachen mit Verlagen zur Pro Jahr werden einige hundert Bände Ablieferung von Belegexemplaren ge- aus der ganzen Welt gekauft. In ähn- troffen. licher Größenordnung wächst die Samm- lung der Atlanten. Welt- und Universal- Pfl ichtablieferung atlanten fi nden sich aus allen Ländern Ein großer Teil des jährlichen Zu- in allen Sprachen, wie auch Schul- wachses besteht jedoch in der gesetzlich und Geschichtsatlanten. Nationalatlanten verankerten Pfl ichtablieferung amtlicher oder spezielle thematische Atlanten wie Veröffentlichungen deutscher Behör- Sprachatlanten dürfen selbstverständlich den. Auf Bundesebene wird dies durch erwartet werden. Wandkarten, Reliefs oder den Erlass über die Abgabe amtlicher einige wenige Kupferplatten runden den Drucksachen an öffentliche Biblio- Bestand ab. theken vom 12. Mai 1958 geregelt, auf Länderebene richtete man sich zumeist Bestandsaufbau nach dem Beschluss der Kultusminis- Ausgehend vom Sammlungscharakter terkonferenz vom 5. Mai 1995. Die im und den vorhandenen Schwerpunkten März 2006 vorgeschlagenen Änderungen ist der weitere Bestandsaufbau daran zu mit dem Vorschlag eines Musterer- orientieren. Zudem fi ndet eine Abstim- lasses sind noch nicht umgesetzt [1]. mung zu anderen, teils auch von der DFG Da nicht allen Dienststellen diese ge- geförderten, Kartensammlungen statt. setzlichen Vorgaben immer bekannt Das Ibero-Amerikanische Institut (IAI) sind, werden Pfl ichtexemplare auch über ist gleichfalls Teil der Stiftung Preu- Produktverzeichnisse der Behörden, ßischer Kulturbesitz, das eine eigene über die Anzeige in der National- Kartensammlung unterhält, wobei der bibliographie oder durch Hinweise in regionale Schwerpunkt vorgegeben ist. den Landesbibliographien aufgespürt Hier liegt eine enge Kooperation nahe, und eingefordert. Zur Aufgabe der damit der Stiftungshaushalt nicht doppelt Bibliothekare gehört demnach die regel- belastet wird. Die Zusammenarbeit geht mäßige und mühsame Durchsicht ein- sogar so weit, dass das IAI seine Karten- schlägiger Verzeichnisse. Hierzu zählen werke in der bereits erwähnten Spezialliste auch weitere Nationalbibliographien anzeigt. Die übliche Zugangsart ist der verschiedener Länder, Verlagskataloge Kauf. Die langjährige gute Pfl ege der oder Neuerwerbungenslisten anderer Kar- Händlerkontakte sorgt für ein exklusives tensammlungen weltweit, die Hinweise

9 ermessung Brandenburg - 67 - auf neue Karten liefern, die in das Erwer- richtungen übernommen und bezieht auf bungsprofi l passen. Das gilt sowohl für diese Weise internationale Zeitschriften aktuelles Kartenmaterial wie für antiqua- kostenfrei von seinen Tauschpartnern. Als rische Ergänzungen, so dass zwei Händler- Sonderbestand ist das Archiv (Bestand netze gepfl egt und zwei unterschiedliche bis 1939) der Gesellschaft für Erdkunde Informationsquellen ausgewertet werden zu Berlin (GfE) mit ca. 15 000 Karten müssen. und ca. 40 000 Bänden geographischer Fachliteratur zu betrachten, das von der Übernahmen, Nachlässe und Kartenabteilung treuhänderisch verwaltet Sonderbestände wird. Der Zuwachs wird zudem nach wie vor durch Übernahme von aufgelösten Sondersammelgebiete Sammlungen ergänzt, beispielswei- Neben der Pfl ichtablieferung insbeson- se durch die Kartensammlungen der dere der Vermessungsbehörden spielt ehemaligen Preußischen Geologischen die Funktion als Sondersammelgebiet Landesanstalt oder dem ehemaligen (SSG) 28.1 Topographische Karten im Bundesamt für Landeskunde und Raum- Auftrag der Deutschen Forschungs- ordnung bzw. durch Übernahme oder gemeinschaft (DFG) die bedeutendste Ankauf privater Sammlungen, wie der Rolle für einen weiterhin regelmäßigen Atlassammlung Podschadli oder zuletzt Zuwachs. Damit ist die Kartenabteilung der Globensammlung Schnermann. Teil der überregionalen Literaturver- Schließlich gehört auch die Erwerbung sorgung, eines einmaligen Netzwerkes oder die Übernahme von Nachlässen zu deutscher Bibliotheken, die die Bereitstel- den Erwerbungsaufgaben. Zu nennen wäre lung aller wichtigen wissenschaftlichen hier beispielsweise das Atlas- bzw. Kar- Werke aus aller Welt gewährleistet. Ein tenarchiv mit Referenznachweisen von zweites Sondersammelgebiet für das Arno Peters. Für die Deutsche Gesellschaft Schrifttum der Kartographie (14.1) run- für Kartographie (DGfK) fungiert die det diesen besonderen Service ab [2]. Kartenabteilung zudem als Depot-Biblio- Gerade die Pfl ege des SSG 28.1 macht thek. Dahinter verbergen sich diverse die enorme Menge an Karten verständ- Aktivitäten. Einerseits können Akten aus lich. Um die Kapazität, Leistungs- der DGfK-Verwaltung zur Aufbewahrung fähigkeit und Quantität dieser Aufgabe abgeliefert werden, wobei seitens der und dieses Systems der überregionalen Kartenabteilung jedoch keine Sichtung Literaturversorgung einmal zu verdeut- oder Bearbeitung stattfi ndet. Anderer- lichen, seien die bedeutendsten Erwer- seits werden auch Karten, Bücher oder bungen der vergangenen Jahre aufgelistet Zeitschriften von DGfK-Mitgliedern zur (s. Tafel 2). Bestandsergänzung oder zur Weitergabe an andere Kartensammlungen angebo- Die Sammlung deutscher Drucke ten. Inzwischen hat die Kartenabteilung Nahezu jedes Land unterhält eine National- auch die Durchführung von Tauschbezie- bibliothek, die alle Veröffentlichungen aus hungen mit der Vereinszeitschrift „Karto- dem Land, über das Land und in der Lan- graphische Nachrichten“ zu anderen Ein- dessprache sammelt. Eine derartige zen-

- 68 - Nr. 1/2009 Land Maßstab Erscheinungsjahr/e Umfang

Australien Verschiedene 2003 43 CD-ROM Maßstäbe (2005 erworben) Rasterdaten

Bulgarien 1 : 25 000 1978 - 1999 1 270 Kartenblätter (2006 erworben)

China 1 : 100 000 1954 ff. 5247 (2008/09 erworben) Kartenblätter

Dänemark 1 : 25 000 2005 1 DVD Vektordaten (2006 erworben)

Finnland 1 : 25 000 2006 ff. 165 von 3 000 erwar- (2008 ff. erworben) teten Kartenblättern geliefert

Finnland 1 : 50 000 2005 ff. 380 von 440 erwarteten (2007 ff.) Kartenblättern geliefert

Frankreich 1 : 50 000 2000 179 CD-ROM Rasterdaten (2001 ff. erworben)

GUS, Zentralasiatische 1 : 50 000 1971 ff. 10 550 Kartenblätter Republiken: (2006/08 erworben) Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan (beigeordnet)

Iran 1 : 50 000 1968 - 2003 2 650 Kartenblätter (2006 erworben)

Iran 1 : 250 000 2003 1 DVD Rasterdaten (2003 erworben)

Rumänien 1 : 50 000 1977 - 1995 740 Kartenblätter (2007 erworben)

Schweden 1 : 50 000 1999 - 2003 18 CD-ROM Rasterdaten (2003 erworben)

Slowakei 1 : 10 000 1983 - 2006 2 800 Kartenblätter (2007 erworben)

Tschechische Republik 1 : 10 000 1991 - 2006 4 530 Kartenblätter (2007 erworben)

Vereinigte Staaten von Alle Maßstäbe 90er Jahre ca. 60 000 Blatt Amerika (2005 erworben)

Vereinigte Staaten von 1 : 24 000 2000 52 DVD Amerika Rasterdaten (2001 erworben)

Tafel 2: Neuerwerbungen topographischer Kartenwerke seit 2001

9 ermessung Brandenburg - 69 - trale Einrichtung für Deutschland ist aus verleiht keine Karten oder Atlanten. Die historisch bedingten Umständen nament- Gefahr, dass die empfi ndlichen großen lich erst seit 2006 gesetzlich verankert. Kartenblätter oder die gewichtigen Atlan- Die Funktionen einer Nationalbibliothek ten nicht in tadellosem Zustand zurück- wurden bislang von der 1913 gegründeten kommen, ist – ohne einem Benutzer zu Deutschen Bücherei in Leipzig bzw. der nahe treten zu wollen – leider sehr hoch. Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Der Benutzer muss sich also in einen der Main erfüllt. Für den Zeitraum davor haben beiden Kartenlesesäle bemühen, um Ein- sich die größten deutschen Bibliotheken blick in die gewünschte Karte zu erhalten. unter Bereitstellung besonderer Erwer- Dafür erhält er vor Ort aber auch eine inten- bungsmittel zusammengeschlossen, um sive Beratung durch das Fachpersonal der eine weitestgehend lückenlose Sammlung Kartenabteilung. Sie hilft beim Aufbau der früherer Verlagserzeugnisse nachträglich richtigen Suchstrategie für die gewünschte zu gewährleisten. Im kartographischen Karte, bei der Eingrenzung und Auswahl Bereich haben sich folgende Karten- aus der Treffermenge bei der Suche in sammlungen zusammengeschlossen: Bay- elektronischen Katalogen und gibt Tipps erische Staatsbibliothek München (1501- bei der Recherche über den eigenen Be- 1600), Herzog August Bibliothek Wolfen- stand hinaus. Selbstverständlich gehört büttel (1601-1700) Staats- und Universi- auch die Beratung bei der Anfertigung tätsbibliothek Göttingen (1701-1800) und einer Reproduktion hierzu, sei es eine ab 1801 Staatsbibliothek zu Berlin. Diese Kopie, ein großformatiges Dia oder eine Aufteilung wurde nach bereits vorhan- Digitalisierung. Am Auskunftsplatz liegen denen Schwerpunkten und dem bereits von den Kartenwerken auch Indexblätter vorhandenen Abdeckungsgrad des Zeit- zur schnellen Ermittlung der gesuchten segments vorgenommen. Die Sammlungen Blätter bereit. Für den Bestand ab 1940 stimmen sich über Ergänzungen ab, sie (ca. 1 000 laufende Kartenwerke) wird geben sich gegebenenfalls gegenseitig dieser Service fl ächendeckend für alle Hinweise auf Angebote des Auktions- und Kartenwerke angeboten, für den Bestand Antiquariatsmarkts und informieren sich bis 1939 ist diese Erschließungsmethode über die Erhaltungszustände einzelner noch nicht vollständig. Objekte. Die Kartenlesesäle haben großzügige Öffnungszeiten (s. Tafel 1) und sind mit Benutzung entsprechenden Tischen und großen, be- Die Kartenabteilung unterliegt den all- leuchteten Leselupen etc. ausgestattet. Für gemeinen Benutzungsbedingungen der die digitalen Produkte stehen Terminals Staatsbibliothek zu Berlin, die allen Per- bereit, an denen der Benutzer selbst die sonen ab dem 18. Lebensjahr offen steht. aus dem Magazin bereitgestellten CD- Die Bibliothek verlangt eine Gebühr (Mo- ROM oder DVD installieren und nutzen nats- oder Jahreskarte), deren Erlös in die kann. Diese Rechner sind jedoch aus tech- Restaurierung fl ießt. Während der allge- nischen und lizenzrechtlichen Gründen meine Magazinbestand der Bibliothek vom Netz abgekoppelt, eine Verknüpfung ausleihbar ist, führt die Kartenabteilung mit dem Internet ist damit nicht möglich. ausschließlich eine Präsenzsammlung, sie Interessanterweise hat sich in den letzten

- 70 - Nr. 1/2009 Jahren der Trend entwickelt, dass mehr Der riesige Karten- und Atlasbestand Anfragen per Mail, Brief oder Telefon wird gerne als Fundus genutzt. Autoren, an die Kartenabteilung gerichtet werden, Verlage und Filmgesellschaften richten als Benutzer vor Ort Einsicht in Karten ihre Anfragen an die Kartenabteilung. nehmen wollen. Dies ist möglicherweise Die Verwertung der Rechte unserer Origi- eine Folge der verbesserten und weiter nale übernimmt dabei die Bildagentur für ausgebauten elektronischen Kataloge, die Kunst, Kultur und Geschichte der Stiftung kostenfrei über das Internet weltweit ver- Preußischer Kulturbesitz, unberührt davon fügbar sind. Nicht nur die Recherche in bleiben die bestehenden Urheberrechte den Bibliothekskatalogen, sondern auch für (noch) geschützte Werke. Die Karten- die Suche über eine gebräuchliche Such- abteilung hilft jedoch den wissenschaft- maschine führt zu Treffern und schließlich lichen Autoren oder Behörden bei der zu Benutzungsanfragen. Vielfach wird auch Vermittlung. Detailwissen über historische Zusammen- hänge gewünscht oder einfach die Su- Aufbewahrung che nach einer Karte eines bestimmten Karten werden in der Regel plano liegend Ortes zu einer bestimmten Zeit. Aufgrund in Zeichenschränken aufbewahrt. Das Gros des enormen Bestandes an detaillierten der Schränke ist für die Aufnahme des topographischen Karten können über Formats DIN-A0 eingerichtet, darüber 90% der Anfragen positiv erledigt werden. hinaus verfügt die Kartenabteilung auch Um eine schnelle und reibungslose Beant- über einige überformatige Schränke, die wortung zu gewährleisten, die kaum oder besonders großen und wertvollen Karten nicht durch Urlaube oder Krankheit beein- dienen. Die Schränke haben zumeist 15 fl usst wird, laufen die E-Mail-Anfragen an bis 20 Laden, in jeder Lade liegen 1 eine speziell hierfür eingerichtete Adresse oder 2 stabile Mappen mit 50 bis 100 ein: [email protected]. Blättern, kleinere Blätter sind nochmals Aufwändige Recherchen können jedoch durch größere, säurefreie Hüllen einge- Kosten verursachen, was über die Gebüh- schlagen geschützt. Alle Karten liegen renordnung der Bibliothek geregelt ist. An- mit der Druckseite nach unten, denn das fallende Reproduktionskosten sind teilwei- Ordnungs- und Ablagekriterium ist nicht se enthalten (Mindestgebühr), ansonsten das Kartenbild, sondern die Signatur, die für den Auftraggeber aber kostenneutral. auf der Rückseite unten links aufgetragen Aufgrund des Bestands werden sehr häufi g wird. Somit ist eine schnelle Sortierung Leihanfragen für Ausstellungen an die und Aushebung gewährleistet. Kartenabteilung gerichtet. Die Leihgaben Atlanten und die Fachliteratur werden werden nicht allein für kartographische nach Größe sortiert aufgestellt, um die Ausstellungen erbeten, sondern für viel- vorhandenen Magazinkapazitäten besser fältige Themen angefragt. Oft ist ein regio- auszunutzen. Wertvolle Atlanten liegen in naler Aspekt vorgegeben, der Fokus auf ein speziellen Stahlschränken; schmale, groß- historisches Ereignis gerichtet oder es wird formatige Atlanten in Zeichenschränken. ein hübscher graphischer Beleg gesucht, da Zu den kleinformatigen Atlanten gesellen eine Karte eine räumliche Situation schnell, sich auch die gefalteten Karten mit Um- einfach und übersichtlich veranschaulicht. schlag, die nicht entfaltet werden können.

9 ermessung Brandenburg - 71 - Hierzu zählen in erster Linie die Stadtpläne Katalog, der bis 1939 geführt wurde, mit ihren besonderen Faltungen oder mit und alle neueren Titel ab 1940 im elek- angehefteten Ortsverzeichnissen. Zum tronischen Katalog der Staatsbibliothek Schutz und zur gesicherten Aufstellung im (StaBiKat) gesucht werden können. Der Regal werden diese Karten mit säurefreien, alte Katalog besteht aus zwei Teilen, angepassten Pappschubern versehen. Das einem alphabetischen Zettelkatalog und ist sicherlich sehr aufwändig und teuer, einem regional-systematischen Bandkata- doch entspricht dies der Archivfunkti- log, auch Realkatalog genannt. Letzterer on der Kartenabteilung – und manche ist als Mikrofi che-Ausgabe reproduziert Objekte sind eine Herausforderung für auch in verschiedenen anderen Biblio- die Buchbinder. Neben diesen herkömm- theken einsehbar. Von großer Bedeutung lichen Papierausgaben gibt es eine Viel- sind für die Recherche nach Karten die zahl weiterer Sonderformen. Wandkarten Verwendung regionaler oder sachlicher werden in langen, ebenfalls säurefreien Schlagworte, da in erster Linie nicht nach Pappröhren liegend aufbewahrt, Reliefs den Werken einzelner Kartographen oder in Zeichenschränken mit hochwandigen sonstiger Autoren, sondern nach Karten Laden bzw. in Hochschränken oder CD- über bestimmte Gebiete oder Themen ROMs in Schränken mit Apothekerauszü- gefragt wird. Dies ist durch die Bearbei- gen. Insgesamt gibt es viele verschiedene tung entsprechender Kataloge mit eige- Aufbewahrungsmethoden und somit auch nem Fachvokabular oder der Vergabe von viele Standorte der unterschiedlichen Ma- Schlagworten gewährleistet. terialien und Formate, die eine eigene Eine Übersicht über die angebotenen Logistik erzwingen. Kataloge, was sie beinhalten und was man in ihnen suchen kann, ist unter der URL: Kataloge http://karten.staatsbibliothek-berlin.de/ Bis auf die Lesesaalliteratur ist der ge- de/kataloge/index.html zu fi nden. samte Bestand an Karten, Atlanten und Fachschrifttum magaziniert und für den Sonderkataloge und -bibliographien Benutzer somit nicht unmittelbar zugäng- Für einzelne Gruppen werden zusätzliche lich. Die Benutzung erfordert demnach Sonderkataloge geführt, teilweise werden eine Recherche über die Kataloge. Der diese in Zusammenarbeit mit anderen Hauptkatalog der Staatsbibliothek ist der Kartensammlungen aufgebaut. Für alte elektronisch verfügbare StaBiKat (http:// gedruckte Atlanten, Karten, Panoramen stabikat.de/), er enthält auch Karten und oder Stadtpläne mit Erscheinungsjah- Atlanten. Für die Kartenabteilung ist die ren bis 1850 wird bereits seit 1985 die rückwärtige Konversion der Zettelkästen IKAR-Altkartendatenbank gepfl egt, die in den Jahren 2005/06 erfolgt, so dass alle seit dem Jahr 2001 online erreichbar ist: Titel ab 1940 im StaBiKat enthalten sind. http://ikar.staatsbibliothek-berlin.de [3]. Die älteren Titel bis 1939 sind in dem Das Besondere dieses Katalogs ist die oben bereits erwähnten Katalog enthalten, Verzeichnung aller in den alten Atlanten so dass vereinfacht gesagt werden kann, enthaltenen Karten und die Verwendung dass alle kartographischen Materialien kartographischer Fachtermini für die ty- des Hauses Unter den Linden im alten pologische Charakterisierung.

- 72 - Nr. 1/2009 Für das Sondersammelgebiet To- den auch in Sammelwerken oder Journalen pographische Karten wird eine eigene enthaltene Aufsätze einzeln verzeichnet, kleine Datenbank der modernen Kar- etwa 80 kartographische Fachzeitschriften tenserien geführt, in der Datenbank sind werden dafür ausgewertet. Dieses Angebot über 1 150 topographische Kartenwerke steht inzwischen ebenfalls als kosten- nachgewiesen, die über einen regionalen freie Datenbank zur Verfügung, es sind Suchschlüssel (Länderalphabet) und nach ca. 25 000 Titel mit Erscheinungsjahr ab Maßstab gegliedert angezeigt werden. 1989 enthalten: http://bc.staatsbibliothek- Dieses Suchinstrument bietet den Vorteil, berlin.de. dass der Benutzer nicht den original- Eine Übersicht der relevanten Kata- sprachigen Titel kennen muss, um ein loge und Recherchemöglichkeiten in den topographisches Kartenwerk zu fi nden. Beständen der Kartenabteilung bietet: Alle notwendigen Hinweise über Voll- http://karten.staatsbibliothek-berlin.de/de/ ständigkeit, Sprache, Erscheinungszeit- kataloge/index.html. raum etc. werden angegeben. Von den Titeln werden per Link Verbindungen Weiter Aufgaben und zur bibliographischen Grundaufnahme im Perspektiven StaBiKat geschaltet, zudem sind – leider Neben den schon erwähnten besonde- noch nicht bei allen Kartenwerken – Index- ren Aufgaben als DGfK-Depotbibliothek blätter über das Symbol eingebunden: oder Treuhänder des Bestandsarchivs der http://karten.staatsbibliothek-berlin.de/de/ Gesellschaft für Erdkunde (GfE) sind kataloge/kartenwerke.php. weitere Funktionen mit der Kartenabtei- Neuerwerbungen an Karten, Atlanten lung verbunden. Hier laufen viele Fäden und kartographischen Schriften werden zusammen, die die kartenbibliotheka- ebenfalls in einer eigenen Liste geführt. rischen Arbeiten betreffen. Ob es auf In früheren Jahren wurden diese Listen überregionaler Ebene der AK Karten im vierteljährlich erstellt und gedruckt, heute Bibliotheksverbund ist, ob es auf nationaler werden sie automatisch durch Eintragung Ebene die Kommissionen Kartenkuratoren bestimmter Abrufzeichen bei der Katalogi- und Geschichte der Kartographie sind sierung erzeugt. Die Neuerwerbungsliste oder ob es auf internationaler Ebene die ist für Karten regional, für das Schrifttum Verbindungen zur Ligue des Bibliothè- dagegen in drei inhaltliche Gruppen geglie- ques Européennes de Recherche (LIBER) dert. Anhand dieses Services kann man sich – Groupe des Cartothécaires bzw. zur leicht über die neuesten Entwicklungen International Federation of Library Asso- und Anschaffungen informieren: http:// ciations (IFLA) sind. Kooperationen sind karten.staatsbibliothek-berlin.de/de/neu- auf allen Ebenen wichtig, der Erfahrungs- erwerbungen/systematik.php. austausch mit anderen Kollegen ist das Das kartographische Schrifttum wird Grundgerüst für die Herausforderungen zudem in der Bibliographia Cartographica und Verbesserungen der Kataloge, insbe- erschlossen. Diese Bibliographie, die die sondere bei der zunehmenden Vernetzung Kartenabteilung in Verbindung mit der und beim immer wichtiger werdenden DGfK herausgibt, ist eine internationale Datentransfer. Neue Techniken bringen Dokumentation. In der Bibliographie wer- neue Wege der Bearbeitung, Erschließung

9 ermessung Brandenburg - 73 - und Recherche mit sich, die rechtzeitig zu das weit über das Sammeln, Verzeichnen erkennen, abzuwägen und zu entwickeln und Bereitstellen von Karten und Atlanten sind. Neben der Routinearbeit der Markt- hinausgeht. beobachtung, Erwerbung, Katalogisierung und dem Auskunftsdienst in den Lesesälen, [1] Eine Übersicht findet sich unter sind Drittmittel zu beantragen, Projekte zu folgender URL: http://amtsdruck- formulieren, Anpassungen der Geschäfts- schriften.staatsbibliothek-berlin.de/ gänge und Geschäftsverteilungsplanung de/erwerbungen/abgabeerlasse.html zu organisieren oder Verbesserungen der [2] Das Sondersammelgebiet 28.2 The- Kataloge und Datenbanken vorzunehmen. matische Karten wird von der Staats- So werden nicht nur vermehrt auch Online- und Universitätsbibliothek Göttingen Publikationen erschlossen und verlinkt, gepfl egt, während Seekarten vom Bun- sondern für die Altkartendatenbank laufen desamt für Seeschifffahrt und Hydro- Überlegungen zur Einbindung von Ab- graphie gesammelt werden. bildungen, um die verbale Erschließung [3] Weitere teilnehmende Kartensamm- zu ergänzen. Für die Suche nach Karten lungen sind: BSB München, SUB Göt- wird in enger Zusammenarbeit mit der tingen, SUUB Bremen, HAAB Wei- SUB Göttingen an einem Projektentwurf mar, SUB Hamburg, HAB Wolfbüttel, zur graphischen Katalogisierung und Re- Herder-Institut Marburg, Sammlung cherche von Karten als Verbunddatenbank Perthes Gotha. gearbeitet. Auch alte Karten können heute mit moderner Technik neu aufbereitet angeboten werden. Die Kartenabteilung Bibl.-Dir. Wolfgang Crom stellt den Kooperationspartnern hierfür Leiter der Kartenabteilung entsprechendes Material bereit oder ar- Staatsbibliothek zu Berlin beitet an der konzeptionellen Entwick- Potsdamer Str. 33 lung mit. Beispiele bilden der Digitale 10785 Berlin Wenkeratlas (http://www.diwa.org) des 030/266-2419 Forschungszentrums Deutscher Sprach- [email protected] atlas an der Universität Marburg oder die Bearbeitung der Berliner Sächsischen Meilenblätter durch die Hochschule für ; Technik und Wirtschaft Dresden. Mit der Landesvermessung und Geobasisinforma- tion Brandenburg (LGB) wird ebenfalls ein Projekt der blattschnittfreien Präsentation aller TK 25 von den Urmesstischblättern bis heute angestrebt, das bei der DFG eingereicht wurde. Ferner ist die Karten- abteilung am Exzellenzcluster „Topoi“ der Berliner Freien Universität und Humboldt- Universität beteiligt. Insgesamt wird ein breites, spannendes Spektrum abgedeckt,

- 74 - Nr. 1/2009  Mitteilungen Mitteilungen

Abschlusserklärung

der für das Vermessungs- und Geoinformationswesen zuständigen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre von Bund und Ländern anlässlich ihrer Sitzung am 4.12.2008 in Mainz

I. Die für das Vermessungs- und Geo- Spielräume die genannten Ziele durch informationswesen zuständigen Staats- eine verstärkte, die Effektivität und sekretärinnen und Staatssekretäre von Effi zienz steigernde Bund-/Länder- Bund und Ländern nehmen den auf Kooperation zur gemeinsamen Wahr- Grund des Auftrages vom 4. Dezember nehmung von Aufgaben im amtlichen 2007 erstellten Bericht der AdV, der Vermessungswesen zu konzipieren auch Gegenstand der Innenminister- sind. konferenz vom 20./21. November 2008 war, zur Kenntnis (siehe nachfolgender III. Die für das Vermessungs- und Geo- Abdruck). informationswesen zuständigen Staats- sekretärinnen und Staatssekretäre von II. Die für das Vermessungs- und Geo- Bund und Ländern empfehlen, informationswesen zuständigen Staats- zur Optimierung der operativen Um- sekretärinnen und Staatssekretäre von setzung der durch die AdV vorgege- Bund und Ländern heben hervor, benen Strategien neben der Aufgaben- dass unbeschadet der alleinigen Zustän- erledigung auf Länderebene unter Nutzung digkeit der Länder für die Aufgaben im der sich fortentwickelnden technischen amtlichen deutschen Vermessungswesen und technologischen Instrumentarien eine gemeinsame länderübergreifende 1. die Länder und der Bund in der AdV Aufgabenerledigung vorzusehen. Sie erfolgreich zusammenarbeiten, um auf bitten die AdV, auf der Basis des für dieser strategischen Ebene einheitliche die operative Aufgabenerledigung vor- Modelle, Konzeptionen, Standards, geschlagenen Strukturmodells den Ent- Strategien und fachliche Ziele abzu- wurf einer Verwaltungsvereinbarung stimmen; zu erarbeiten, die die Zusammenarbeit 2. in der operativen Umsetzung der ge- der Länder untereinander regelt und meinsam verabredeten Strategien Op- Vorgaben für die Aufgabenerfüllung timierungsbedarf besteht und vor dem über Dienstleistungsverträge ent- Hintergrund enger wirtschaftlicher hält. Der Einsatz des Bundes auf der

9 ermessung Brandenburg - 75 - Mitteilungen operationellen Ebene erfolgt auf geeig- Bund und Ländern beabsichtigen, ihren neter Rechtsgrundlage. politischen Gedankenaustausch zum amtlichen deutschen Vermessungswe- IV. Die für das Vermessungs- und Geo- sen im Jahre 2009 fortzusetzen, sobald informationswesen zuständigen Staats- diese Vereinbarung auf der Fachebene sekretärinnen und Staatssekretäre von abgestimmt ist.

Bericht

Kooperation zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben im amt- lichen deutschen Vermessungswesen auf der Grundlage der Ergebnisse der 120. Plenumstagung der Arbeitsge- meinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV)

Auftrag Stand des Verfahrens In ihrer 185. Sitzung hat die Ständige Kon- Die Länder in der AdV haben sich in ferenz der Innenminister und -senatoren ihrer Plenumssitzung am 10. und 11. der Länder (IMK) den Bericht der AdV September 2008 im Beschluss 120/7 zum gemeinsamen Aufgabentableau zur mit großer Mehrheit auf das im Posi- Kenntnis genommen. Im Vorfeld der IMK- tionspapier „Kooperation zur gemein- Sitzung fand am 4.12.2007 eine Sitzung samen Wahrnehmung von Aufgaben der für das Vermessungs- und Geoinfor- im Amtlichen deutschen Vermessungs- mationswesen zuständigen Staatssekretä- wesen“ vorgeschlagene Modell einer rinnen und Staatssekretäre statt, die den Zusammenarbeit verständigt, den AdV- in der Sitzung vom 13. September 2007 Vorsitzenden gebeten, mit dem Posi- gefassten Beschluss des Plenums der AdV tionspapier die Geostaatssekretäre zu bestätigte und den Auftrag erteilte, einen befassen und nach deren politischer konkreten Vorschlag zur Ausgestaltung Einschätzung einen Bericht an die IMK der gemeinsamen Aufgabenerledigung zu richten. Die Bewertung des Positions- zu erarbeiten. papiers der AdV durch die Geostaats- In ihrer 186. Sitzung hat die IMK den sekretäre erfolgte in deren Sitzung am Zwischenbericht der AdV-internen Bund/ 4. Dezember 2008 in Mainz. Insoweit Länder-AG zur Kenntnis genommen und wird die IMK zunächst nur um Kennt- um Vorlage eines Abschlussberichtes zur nisnahme des Positionspapiers der AdV Herbstsitzung 2008 gebeten. gebeten.

- 76 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Positionspapier der AdV „Koope- nicht aufgelöst werden können. Besonders ration zur gemeinsamen Wahrneh- zu nennen sind: mung von Aufgaben im Amtlichen deutschen Vermessungswesen“ 1. Die AdV besitzt keine eigene Rechts- fähigkeit, sondern lediglich ein koor- Ausgangssituation dinierendes Mandat. Das Steuerungs- und Entscheidungsmandat beruht auf Die Vermessungsverwaltungen der Länder Freiwilligkeit. Für operative Aufgaben erbringen auf der Grundlage ihres gesetz- ist diese Struktur nur eingeschränkt lichen Auftrags durch die Erfassung, Füh- geeignet. rung und Bereitstellung digitaler Geoba- sisdaten und daraus abgeleiteter Produkte 2. Die zunehmende Unterschiedlichkeit eine bedeutende Infrastrukturleistung in der Leistungsfähigkeit und Finanz- u. a. für Wirtschaft, Recht, Verwaltung und kraft der Länder beeinträchtigt auch Landesverteidigung. Darüber hinaus sind die Einheitlichkeit des amtlichen die Geobasisdaten und -dienste für den Vermessungswesens in Deutschland. Aufbau von Geodateninfrastrukturen und Dadurch herrschen unterschiedliche die eGovernment-Strategien von Bund und Entwicklungs- und Modernisierungs- Ländern von grundlegender Bedeutung. stände in den einzelnen Vermessungs- Zuständig für die Aufgaben im amt- verwaltungen. Der Ressourceneinsatz lichen deutschen Vermessungswesen sind ist aus länderübergreifender Warte zu allein die Länder. Länder und Bund haben verbessern. ein vitales Interesse an der nationalen 3. Die Produkte und Dienste haben von Grundversorgung mit Geobasisdaten. Auf Land zu Land unterschiedliche Priorität strategischer Ebene wirken deshalb die und sind demzufolge von Land zu Land Länder und der Bund gemeinsam in der mit unterschiedlichen Ressourcen aus- AdV zusammen, um sich auf einheitliche gestattet. Es gibt deshalb noch nicht in Modelle, Konzeptionen, Standards, Strate- allen Bereichen bundesweit einheitliche gien und fachliche Ziele zu verständigen. Datenbestände. Faktisch weisen meh- Durch die AdV werden diese Aufgaben rere Produkte noch unterschiedliche erfolgreich wahrgenommen. Aktualitäts- und Qualitätsstände auf. 4. Einheitliche Lizenzbestimmungen für Geobasisdaten sind zwar erarbeitet, 16 Länder AdV Bund aber in einigen Ländern bisher noch nicht umgesetzt. Für neue bundesweite Produkte sind entsprechende Vereinba- Abb. 1: Strategische Ebene rungen erneut zu treffen. 5. Nur für wenige Produkte wurden be- Allerdings bestehen in der Umsetzung der reits zentrale Vertriebs- und Versor- gemeinsam verabredeten Strategien (ope- gungsstrukturen mit jeweils eigenen rative Ebene) Defi zite, die durch die AdV Lenkungsstrukturen geschaffen.

9 ermessung Brandenburg - 77 - Mitteilungen

Abhilfe lung für eine gemeinsame Aufgabenerle- digung sicherstellen kann. Hierfür ist es Zielrichtung der Abhilfe: erforderlich, diesen Lenkungsausschuss, Auf der strategischen Ebene ist eine Verän- in dem jedes Land eine Stimme hat, mit derung der bisher erfolgreich praktizierten einem belastbaren Mandat und eben sol- Zusammenarbeit in der AdV nicht erfor- chen Vollmachten auszustatten. derlich. Zur Optimierung der operativen Auf der operationellen Ebene sollte Umsetzung der durch die AdV vorgege- die gemeinsame Aufgabenerledigung bei benen Strategien ist neben der Aufgaben- kompetenten Behörden des Landes oder erledigung auf Länderebene eine gemein- des Bundes angesiedelt werden (Dienst- same länderübergreifende Aufgabenerle- leister). Private Stellen sind hiervon nicht digung vorzusehen. Zielrichtung dabei ausgeschlossen. ist die Versorgung der Öffentlichkeit mit Die bisherige gemeinsame Aufgaben- bundesweit einheitlichen Geobasisdaten erledigung durch die Zentrale Stelle durch eine intensivere, wirtschaftlichere, SAPOS® bei der Vermessungsverwaltung strukturiertere und rechtsverbindlichere Niedersachsen und die Gemeinschaft zur Zusammenarbeit zwischen den Länder- Verbreitung der Hauskoordinaten und verwaltungen untereinander. Hausumringe in Nordrhein-Westfalen haben sich bewährt. Gleiches gilt für die Empfehlungen der AdV zur Reorga- Aufgabenerledigung durch das Geodaten- nisation zentrum des BKG. Es wird empfohlen, einen „Lenkungsaus- Die vorgeschlagene Aufgabenerledi- schuss Geobasisdaten“ einzurichten, der gung auf operativer Ebene wird durch das die Bereiche Entwicklung und Bereitstel- folgende Schema verdeutlicht.

Aufgabenerledigung Gemeinsame auf Länderebene Dienstleistungen

Geotopographie BW (ATKIS®) Lenkungs- BY ausschuss Geobasisdaten Liegenschaftskataster BB Länder – Entwicklung (Hauskoordinaten...) und Bereitstel- HE lung – (nur Länder) HB Raumbezug (SAPOS®)

…Staatsvertrag Vertragl. Regelungen

Abb. 2: Operative Ebene

- 78 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Folgende Arten der Aufgabenerledi- Evaluation gung eignen sich zur gemeinsamen Es bietet sich an, Form und Umfang der länderübergreifenden Aufgabenwahrneh- mung: - Steuerungsinstrumente und -organe, - operativen Zusammenarbeit und Entwicklungsaufgaben - erzielten Wirkungen • Gemeinsame Durchführung von Pro- jekten und Verfahrensentwicklungen nach einem der Komplexität der Aufgabe soweit diese nicht über Entwicklungs- gerecht werdenden Zeitraum gesondert zu partnerschaften einzelner Länder oder evaluieren, um eine gesicherte Entschei- durch die Länder selbst erfolgen dungsbasis zu erhalten, ob und ggf. welche Anpassungen erforderlich sind. Die erste Produktionsaufgaben Evaluation sollte nach 3 Jahren erfolgen. • Soweit vereinbart, bundesweite Zusam- Normativer Rahmen für die Umsetzung menführung und Bereitstellung von des Reorganisationsvorschlags qualitätsgesicherten Geobasisdaten der Länder Die AdV ist sich dessen bewusst, dass • Einrichtung und Betrieb eines zuge- solche Kooperationsszenarien kritisch vor hörigen Geobasisdatenkatalogs (Me- dem Hintergrund der Verfassung und der tadaten) Diskussion der Föderalismuskommission • Einrichtung und Betrieb von produktbe- II zu hinterfragen sind. Eine den Vorgaben zogenen Online-Diensten, Unterstüt- des Grundgesetzes entsprechende Lösung zung regionaler Portale ist die Verankerung der Zusammenarbeit • Erfüllung internationaler Anforde- der Länder untereinander in einem Staats- rungen vertrag, der insbesondere Aussagen zu den gemeinsamen mit national einheit- Marketing und Bereitstellung lichem Qualitätsanspruch zu erstellenden • Nutzerbetreuung, Beratung, Marketing Produkten, Regelungen für die Aufstellung • Operatives Lizenz- und Kostenmanage- der Qualitätsmerkmale, die Zusammen- ment arbeit der Länder und eine Regelung für Mehrheitsentscheidungen (einschließlich Koordination und Monitoring Passerelle-Klausel) enthält. Ein Zeitrahmen • Beteiligung am Qualitätsmanagement von 1 bis 2 Jahren wäre aus Sicht der AdV • Moderation des Frontoffi ce-Netzwerks erreichbar. • Monitoring des amtlichen Raumbezugs Die Aufgaben, die von den Dienstleis tern wahrzunehmen sind, werden in den vertrag- Für länderübergreifende Produkte kann lichen Regelungen näher bestimmt, wobei auch ein Land im Rahmen eines „Pa- genaue Vorgaben zur Aufgabenerfüllung tenmodells“ Produktionsaufgaben (Zu- enthalten sein sollten. Das Controlling der sammenführung und Qualitätskontrolle) Aufgabenerfüllung ist eine Aufgabe des übernehmen. Lenkungsausschusses.

9 ermessung Brandenburg - 79 - Mitteilungen

Weitere Vorgehensweise und Geoinformationswesen zuständigen Die AdV wird entsprechend des Ergeb- Staatssekretärinnen und Staatssekretäre nisses aus der Besprechung der für das soll die IMK mit diesem Thema erneut Vermessungs- und Geoinformationswe- befasst werden. sen zuständigen Staatssekretärinnen und (Arbeitsgemeinschaft der Staatssekretäre vom 4. Dezember 2008 Vermessungsverwaltungen auf der Fachebene einen Entwurf für der Länder der Bundesrepublik einen Staatsvertrag ausarbeiten. Nach Deutschland (AdV) Bewertung und Konsolidierung dieses Der Vorsitzende Entwurfs durch die für das Vermessungs- Ltd. Ministerialrat Hans Gerd Stoffel) Masterplan für den Aufbau der Geodateninfra- struktur – Berlin/Brandenburg verabschiedet Geoinformationen bilden einen wesent- Datenhaltung optimiert (schlanke Ver- lichen Teil des vorhandenen Wissens in waltung). Die Transparenz verfügbarer einer modernen Informations- und Kom- Geodaten wird erhöht, eine schnelle und munikationsgesellschaft. Sie werden auf umfassende Nutzung von Geodaten aus allen Ebenen in Verwaltung, Wirtschaft, verschiedenen Quellen ermöglicht, so- Wissenschaft und vom Bürger benöti- wie die Mehrfachnutzung von Geodaten gt; sie sind Grundlage des planerischen gesteigert. Handelns und ihre Verfügbarkeit ist maß- Nutznießer der Geodateninfrastruktur gebliche Voraussetzung für Standort- und mit harmonisierten und anwenderfreund- Investitionsentscheidungen. Wichtige An- lichen Geodatenbeständen sind viele An- wendungsbereiche sind Raumplanung, wendungsbereiche der Verwaltung (z. B. Telematik/Verkehrslenkung, Umwelt- und Katastrophenvorsorge/-verwaltung, Ver- Naturschutz, Landesverteidigung, innere kehrswegeplanung u. a.) und die Wirt- Sicherheit, Zivilschutz, Versicherungs- schaftssektoren, die mit veredelten wesen, Gesundheitsvorsorge, Land- und Geodaten Gewinne erwirtschaften (Geo- Forstwirtschaft, Bodenordnung, Versor- informationswirtschaft), Kostenvorteile gung und Entsorgung sowie Bürgerbeteili- erhalten (z. B. Mobilfunk, Telematik, gung an Verwaltungsentscheidungen. Geo- Versicherung, Versorgung), Investitions- informationen haben einen bedeutenden entscheidungen treffen und letztendlich politischen Wert, da sie eine ganzheitliche auch Arbeitsplätze schaffen und sichern. Bewertung von politischen Strategien in Am 3.12.2008 hat das gemeinsame Len- verschiedenen Bereichen der Gesellschaft kungsgremium aus Staatssekretären der (z. B. Landwirtschaft, Transport, regionale in die Belange der Geodateninfrastruktur Entwicklung, Umwelt) ermöglichen. besonders eingebundenen Ressorts sowie Durch eine funktionierende Geodaten- hochrangigen Vertretern von kommunaler infrastruktur werden Mehrfachdatener- Seite beider Bundesländer den Masterplan hebungen/-bestände vermieden und die für den Aufbau der Geodateninfrastruktur –

- 80 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Berlin/Brandenburg verabschiedet: „Alle der EU-Richtlinie INSPIRE entsprochen, Geodaten haltenden und Geodaten nut- die Wirtschaft gefördert und Synergie in zenden Stellen der Berliner und Branden- beiden Ländern erzielt.“ burger Verwaltung werden aufgefordert, Der Masterplan, veröffentlicht auf der den Aufbau und Betrieb der Geodatenin- Internetseite http://gdi.berlin-branden- frastruktur gemäß den Vorgaben des Mas- burg.de, beschreibt den Aufbau der Geo- terplans sicher zu stellen. Damit wird den dateninfrastruktur als eine neue Gemein- Anforderungen von E-Government, der schaftsaufgabe aller Verwaltungen. Er Geodateninfrastruktur Deutschland sowie orientiert sich im Wesentlichen an den

Stand: Dezember 2008

Fördergebiet Fördergebiet Begünstigte Brandenburg gesamt Nord/Ost Süd/West

Kommunen 12 6 18

Land 6 3,2 9,2

Unternehmen 112

Summen 19 10,2 29,2

Abb. 1: Verteilung der EFRE-Mittel für die GDI

9 ermessung Brandenburg - 81 - Mitteilungen

AG GDI-BE IMAG GIB

GDI- Koordinierungsausschuss SenStadt MI

Abteilung III: Geoinformation, Vermessung, LGB Wertermittlung

GSC GSC

Abb. 2: Organigramm der Geodateninfrastruktur-Berlin/ Brandenburg

Anforderungen von INSPIRE sowie dem Zeitraum von 2007 bis 2013 Mittel aus dem allgemeinen Ziel, die Geodatenbestände EFRE (Europäischer Fonds für regionale der Verwaltung Nutzern inner- und außer- Entwicklung) bereit gestellt worden. halb der Verwaltung zeitgemäß über das Operative Einheit der GDI-BE/BB für Intra- und Internet anbieten zu können. Serviceaufgaben ist das GeoServicecenter Zu diesem Zweck werden im Masterplan (GSC). Das GSC wird mit einem gemein- die technischen, organisatorischen und samen Aufgabenkanon als übergreifend tä- rechtlichen Anforderungen an die Geo- tiges Organ in beiden Landesverwaltungen dateninfrastruktur in der Region Berlin- eingerichtet und nach außen mit einem Brandenburg beschrieben und entspre- einheitlichen Erscheinungsbild auftreten. chende Maßnahmen geplant. Das GSC bei der Landesvermessung und Eine zentrale Rolle in der Geodateninfra- Geobasisinformation Brandenburg und struktur der Region wird der gemeinsame bei der Senatsverwaltung für Stadtent- Einstieg für alle Nutzer in Form eines wicklung Berlin ist die Anlaufstelle für internetbasierten Geoportals haben. Es ist alle Belange beim Aufbau der Geodaten- die Kommunikations-, Transaktions- und infrastruktur. Es berät und unterstützt die Interaktionsplattform für die übergreifende Landesverwaltung, Kreise, Kommunen, Erschließung und Integration verteilter Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung Geodaten sowie die Hauptschnittstelle bei allen Fragen der Geoinformationswirt- zu Geodaten/webbasierten Geodiensten schaft. Dieser zentrale Service- und Ko- nutzenden E-Government-Anwendungen. ordinierungsansatz bei dezentraler Daten- Zur Anschubfi nanzierung der Maßnah- kompetenz gewährleistet eine kompetente men sind in beiden Bundesländern für den Begleitung von Projekten mit Raumbezug.

- 82 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Ein länderübergreifender Koordinie- wird aus Vertretern wichtiger Geodaten rungsausschuss (KA) berät die fachlich bereitstellender Ressorts der Landesver- verantwortlichen Ressorts und gestaltet die waltungen sowie der Kommunalverwal- inhaltliche Ausrichtung der Geodatenin- tungen gebildet. frastruktur. Der Koordinierungsausschuss (Bernd Sorge, LGB) Deutsch-polnische Zusammenarbeit im Geoinformationswesen besiegelt Ein Jahr ist seit dem Beitritt Polens zum 2008 wurden in Berlin am Rande eines Schengener Abkommen vergangen, und international ausgerichteten Fachforums Deutschland und Polen sind seit diesem zwei bilaterale Absprachen zwischen der historischen 21. Dezember 2007 spür- Hauptgeodätin der Republik Polen, Jolanta bar zusammengerückt. Doch nicht nur Orlińska und dem Präsidenten der Lan- beim grenzüberschreitenden Verkehr desvermessung und Geobasisinformation entwickeln sich die deutsch-polnischen Brandenburg (LGB), Heinrich Tilly, un- Beziehungen sehr positiv, auch die terzeichnet. Zusammenarbeit der Vermessungsverwal- Mit der Unterzeichnung des ersten tungen beiderseits von Oder und Neiße Dokumentes wurde die grenzüberschrei- macht Fortschritte: Am 12. November tende Vernetzung der SAPOS®-Referenz- stationen offi ziell in den Regelbetrieb überführt. Diese Absprache wurde fe- derführend durch die Zentrale Stelle SAPOS® der AdV bei der Landesvermes- sung und Geobasisinformation Niedersach- sen (LGN) vorbereitet, der die bundesweit einheitliche Vermarktung und die interna- tionale Kooperation des sehr erfolgreichen Positionierungsdienstes obliegt. Daten der polnischen Stationen Gor- zów Wielkopolski, Świebodzin, Żary und Goleniów gewährleisten seitdem die Echtzeit-Bereitstellung von Flächenkor- rekturparametern oder von virtuellen Re- ferenzstationen für SAPOS®-Kunden auch im grenznahen Raum des Landes Bran- denburg. Nutzer des polnischen Dienstes ASG-EUPOS profi tieren in gleicher Weise von den Brandenburger Referenzstationen Jolanta Orlińska und Heinrich Tilly nach Schwedt, Cottbus und Frankfurt (Oder). Unterzeichnung der Absprachen SAPOS®-Nutzer müssen keine tech-

9 ermessung Brandenburg - 83 - Mitteilungen nischen Änderungen an ihren Geräten alisierung und Vervollständigung topo- vornehmen, die Aufbereitung der Daten graphischer Basisdaten. Diese werden in erfolgt in den Rechenzentren in Pots- topographischen Karten und GIS-Syste- dam und Hannover. Ein Download von men beider Länder zu deutlich besseren Referenzdaten polnischer Stationen für Planungs- und Entscheidungsgrundlagen Postprocessing-Auswertungen, wie es für Verwaltung und Wirtschaft beitragen. die LGB für Brandenburg anbietet, ist Der Grundstein für diese Zusammen- allerdings derzeit nicht vorgesehen. arbeit wurde bereits im Jahr 2006 gelegt: Auch auf dem Gebiet der Geotopo- Am Rande der 13. gemeinsamen Dienst- graphie wurde der Zusammenarbeit eine besprechung der Brandenburger Katas- neue Qualität verliehen: Die Vertreter der ter- und Vermessungsbehörden und der Vermessungsverwaltungen vereinbarten Öffentlich bestellten Vermessungsinge- verbindlich, dem Partner Zugang zu nieure fanden in Cottbus Gespräche zu Informationen aus GIS-Systemen sowie länderübergreifenden Vorhaben statt, aus geodätischen, kartographischen und über die schließlich eine erste Verein- photogrammetrischen Unterlagen in ana- barung paraphiert wurde. Zwei Jahre loger und digialer Form zu gewähren. sollte es noch dauern, bis die fachlichen Die Vereinbarung betrifft einen Streifen Absprachen dann in Kraft treten konnten. von 25 Kilometern Breite beiderseits der Jetzt ist es so weit: auf gute Zusamenar- deutsch-polnischen Grenze und dient vor beit - pomyślnej współpracy! allem der grenzüberschreitenden Aktu- (Gunthard Reinkensmeier, LGB)

Demografi sche Entwicklungen des Landes Brandenburg in Gegenwart und Zukunft

Bevölkerungsentwicklung seit Ebene in Brandenburg aber ganz anders 1990 dar als auf der Landesebene. Dieses Er- Brandenburg ist anders. Hier gelang es, im gebnis resultiert zum einen maßgeblich aus Gegensatz zu den anderen neuen Ländern Wanderungsgewinnen berlinnaher Räume über viele Jahre hinweg trotz eines hohen gegenüber der Bundeshauptstadt, die nach Geburtendefi zits die Bevölkerungszahl 1990 eine deutliche Suburbanisierung der in etwa zu halten. Erst seit dem Jahr Bevölkerung durchlebte. Die Bevölke- 2001 treten bislang noch moderate Be- rungsdynamik im Umland von Berlin ist völkerungsverluste auf. So liegt im Jahr mit einem Wachstum von knapp 237 000 2007 die Bevölkerungszahl mit 2,54 Mio. Einwohnern (30 %) im Zeitraum 1991 bis Einwohnern nur rund 2 % niedriger als 2007 in den neuen Ländern ohne Beispiel. im Jahr 1990. Mit dem Abfl auen der Suburbanisierung seit Die Bevölkerungsbilanz stellt sich auf Ende der 1990er Jahre konzentrieren sich der regionalen und erst recht auf der lokalen die Wanderungsgewinne aber zunehmend

- 84 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

auf unmittelbar an Berlin angrenzende Ge- Land Brandenburg erzielt. Dennoch besteht meinden mit hoher Lagegunst. Berlin selbst kein Trend hin zu einer fl ächendeckenden hat seit 2005 Nettowanderungsgewinne Reurbanisierung im Sinne einer Zunahme von mehr als 10 000 Einwohnern jährlich, der Bevölkerung in den Kernstädten, da die vorwiegend gegenüber dem Ausland und Wanderungsverluste gegenüber den alten anderen neuen Bundesländern. Ländern dominieren und langfristig auch die Berlinferne Räume mussten hingegen Umlandgemeinden der Städte im äußeren eine deutliche großräumige Abwanderung Entwicklungsraum stark von Alterung und vor allem in die alten Bundesländer ver- Rückgang der Bewohnerschaft betroffen kraften, die oft ausbildungs- und arbeits- sind. platzinduziert ist und von jungen, vielfach gut qualifi zierten Personen getragen wird. Annahmen zur künftigen Rund die Hälfte der Bevölkerungsverluste Entwicklung bis 2030 seit 1991 in Höhe von 290 000 Personen Die im Frühjahr 2008 vom Amt für Statistik (16 % Rückgang) beruht auf Wanderungs- Berlin-Brandenburg (AfS B-B) und dem De- verlusten. Zum tief greifenden siedlungs- zernat Raumbeobachtung des Landesamtes strukturellen Wandel trug darüber hinaus für Bauen und Verkehr (LBV) vorgelegte auch die kleinräumige Dekonzentration der Bevölkerungsprognose für das Land Bran- Bevölkerung bei, die sich gerade im Um- denburg und die darauf aufbauende kleinräu- land der größeren Brandenburger Städte in mige Vorausschätzung beruhen auf Annah- Wanderungsgewinnen und teilweise einem men zum künftigen generativen Verhalten, Bevölkerungswachstum niederschlug, wäh- zur Sterblichkeit und zum Wanderungsver- rend Kernstädte meist jüngere Bevölkerung halten. Sie lassen sich zusammenfassen als: verloren. Die Suburbanisierung ist jedoch stark rückläufi g und ein Teil der Städte • leichte Zunahme der Geburtenrate bis hat im Zeitraum nach 2000 sogar Wan- auf 1,35 Kinder je Frau in 2015 und derungsgewinne gegenüber dem übrigen Angleichung des Geburtenverhaltens

Bevölkerungsentwicklung Land Brandenburg 1991 bis 2007 (je 1 000 Einwohner)

16

10

6

0

-6

-10

-16

-20 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Bevölkerungsentwicklung zum Vorjahr Saldo natürliche Entwicklung Wanderungssaldo

Quelle: AfS B-B, eigene Berechnungen LBV 09/2008

9 ermessung Brandenburg - 85 - Mitteilungen

an die Verhältnisse in den alten Bun- Ergebnisse desländern. Trotz steigender Lebenserwartung und • Anstieg der Lebenserwartung bei Neu- etwas höherer Geburtenraten nimmt im geborenen um rund vier Jahre bis 2030 Land Brandenburg die Bevölkerung vo- (auf 85,2 Jahre bei Mädchen und auf raussichtlich von 2,55 Mio. Einwohnern 80,0 Jahre bei Jungen). im Jahre 2006 auf 2,19 Mio. im Jahre 2030 • Wanderungsgewinne in Höhe von per (-13,9 %) ab. Die Schere zwischen Ge- Saldo 90 000 Personen im Zeitraum burten- und Sterbefällen öffnet sich weiter, 2007 bis 2030, die sich primär aus da einerseits nachrückende Elternjahrgän- Berlin speisen. Die Annahmen zu den ge immer geringer besetzt sind und sich Wanderungsströmen zwischen Berlin die Zahl der Geburten demzufolge weiter und seinem Umland wurden mit der verringert. Andererseits nimmt die Zahl der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Sterbefälle zu, da die Zahl der betagten abgestimmt. Menschen wächst. Wanderungsgewinne Die Prognosen und Vorausschätzungen können das starke Geburtendefi zit nur zu stellen selbst keine Planzahlen dar, sondern einem Fünftel kompensieren. Während sind Grundlagen für die Landesplanung im Umland die Bevölkerungs- und Fachplanung anderer Ressorts. Es zahl wanderungsbedingt weiter wächst handelt sich um „Wenn-dann-Aussagen“, (+3,5 %), ist die Bevölkerungsentwicklung die die demografi schen Folgen berechnen, im äußeren Entwicklungsraum gegenläufi g wenn die als wahrscheinlich erachteten (-25,4 %). Hier tritt ein höheres Geburten- Annahmen eintreffen. Insbesondere bei defi zit auf und statt Wanderungsgewinnen der Einschätzung der künftigen kleinräu- sind -verluste zu erwarten, die aber rück- migen Wanderungsströme bestehen pro- läufi g sind. gnostische Unsicherheiten, so dass die hier Die Senatsverwaltung für Stadtentwick- auf Ebene der Ämter und amtsfreien Ge- lung prognostiziert für den gleichen Zeit- meinden getroffenen Vorausschätzungen raum für Berlin nur einen geringfügigen nur Trendaussagen sein können. Einwohnerrückgang von 1,1 % (Basisva-

Bevölkerungsstand und -entwicklung im Land Brandenburg bis 2030

2007 bis 2030 Entwicklung 2030 2008 2010 2020 2030 natür- Wande- Gebiet gegenüber 2006 licher rungs- Saldo saldo

1 000 Personen Prozent 1 000 Personen

Land Brandenburg 2 547,8 2 497,7 2 377,7 2 193,9 - 353,9 - 13,9 - 443,9 + 90,0

Umland Berlin 1 013,5 1 039,5 1 066,8 1 049,1 + 35,6 + 3,5 - 123,5 + 159,1

äußerer Entwicklungsraum 1 534,3 1 458,1 1 310,9 1 144,8 - 389,5 - 25,4 - 320,4 - 69,1

Quelle: Bevölkerungsprognose LBV/AfS B-B, Basis 2006; LBV/AfS B-B 04/2008

- 86 - Nr. 1/2009 Auf Seite 8 7 hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen...

Entwicklung in Prozent unter -20 -20 bis unter -10 -10 bis unter 0 0 und größer Mitteilungen

Land Brandenburg Bevölkerungsentwicklung 2030 gegenüber 2006 in den Landkreisen und kreisfreien Städten

Uckermark Prignitz

Ostprignitz- Ruppin Oberhavel Barnim

Havelland Märkisch-Oderland Land Berlin

Potsdam Brandenburg Entwicklung in Prozent an der Havel Frankfurt unter -20 (Oder) -20 bis unter -10 Potsdam- Mittelmark Oder-Spree -20 bis unter -10 Teltow- -20 bis unter -10 Fläming Dahme- Spreewald

Land Brandenburg Region Ober- Cottbus Landkreis / kreisfreie Stadt spree- wald- Elbe- Spree-Neiße Elster Lausitz

LBV, Raumbeobachtung | 2008 Kartenbasis: LGB Brandenburg | Datenbasis: LBV, Afs Berlin-Brandenburg 2008

riante, siehe http://www.stadtentwicklung. schen Metropole und Umland gegenüber berlin.de/planen/bevoelkerungsprognose). dem äußeren Entwicklungsraum von 3:1 Die verglichen mit Brandenburg güns- auf 4:1 anwachsen. tigeren demografi schen Perspektiven Ber- Ein starkes Bevölkerungswachstum von lins beruhen auf einem deutlich höheren 15,4 % gegenüber 2006 hat nur die Landes- Anteil junger Frauen im gebärfähigen hauptstadt Potsdam zu erwarten. Havelland Alter und damit einer höheren Geburten- ist der einzige weitere Landkreis mit einem rate, einer niedrigeren Sterberate infolge geringfügigen Bevölkerungszuwachs (+0,4 weniger älterer Menschen, die ein höheres %). Die ungünstigste Entwicklung vollzieht Sterberisiko haben und einem prozentual sich in den nicht an Berlin angrenzenden höheren Wanderungsgewinn. Innerhalb Kreisen, die mit einem Bevölkerungsrück- der Metropolregion Berlin-Brandenburg gang von bis zu mehr als einem Viertel wird somit die Bevölkerungsrelation zwi- rechnen müssen.

9 ermessung Brandenburg - 87 - Mitteilungen

Altersstruktur Land Brandenburg (in Prozent)

100 100 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10

1,5 1,00,50,51,01,51,5 1,0 0,5 0,5 1,0 1,5

2006 2030 Quelle: Bevölkerungsprognose LBV/AfS B-B, Basis 2006; LBV/AfS B-B 04/2008

Wenn man sich vor Augen führt, dass z. B. den demografi schen Wandel die Altersstruk- ein Großteil des ÖPNV vom Schülerverkehr turentwicklung beachtet werden muss. In den getragen wird oder etwa die Hälfte der Kran- nächsten zweieinhalb Jahrzehnten sinkt im kenhausbehandlungen auf Personen ab 60 Land Brandenburg die Zahl der Kinder und Jahren entfallen, wird deutlich, dass bei der Jugendlichen bis unter 15 Jahren um rund Entwicklung von Anpassungsstrategien an ein Fünftel. Noch stärkere Rückgänge sind

Altersstruktur Land Brandenburg 2006 und 2030 (in Prozent) 100%

90%

80%

70% 65 Jahre und älter 60% 45 bis unter 65 Jahre 15 bis unter 45 Jahre 50% unter 15 Jahre

40%

30%

20%

10%

0% 20062030 20062030 2006 2030 Umland Berlin äußerer Entwicklungsraum Land Brandenburg Quelle: Bevölkerungsprognose LBV/AfS B-B, Basis 2006; LBV/AfS B-B 04/2008

- 88 - Nr. 1/2009 Mitteilungen km 50 (Oder) Frankfurt Cottbus 25 0 Berlin Potsdam Bevölkerungsdichte 2030* Bevölkerungsdichte an der Havel Brandenburg (Oder) Frankfurt Cottbus Berlin Karenbasis: LGB Brandenburg | Datenbasis: LBV, AfS Berlin-Brandenburg 2008 AfS Berlin-Brandenburg LBV, | Datenbasis: LGB Brandenburg Karenbasis: Potsdam Bevölkerungsdichte 2006 Bevölkerungsdichte an der Havel Brandenburg LBV, Raumbeobachtung | 2008 Raumbeobachtung LBV, (Oder) Frankfurt Cottbus Berlin Potsdam Bevölkerungsdichte 1990 Bevölkerungsdichte an der Havel Brandenburg unter 25 25 bis unter 50 50 bis unter 100 100 und größer Land Brandenburg Landkreis / kreisfreie Stadt Amt / amtsfreie Gemeinde Umland Einwohner je km² Einwohner Grenzen (*methodische Hinweise zur Bevölkerungsvorausschätzung siehe Begleitblatt) zur Bevölkerungsvorausschätzung (*methodische Hinweise

9 ermessung Brandenburg - 89 - Mitteilungen für die Altersjahrgänge der Erwerbsfähigen destens jeder vierte Einwohner der Seni- wahrscheinlich, während die Generation 65+ orengeneration angehören. In den Städten um fast die Hälfte zunimmt. Wittenberge, Guben und Premnitz und Im Jahr 2020 wird bereits mehr als ein weiteren 13 zumeist kleineren Ämtern und Viertel, im Jahr 2030 mehr als ein Drittel amtsfreien Gemeinden ist ein Rentneranteil der Bevölkerung der Seniorengeneration von 45% bis fast 50% im Jahr 2030 möglich. angehören. Trotz des landesweiten Trends Die Ergebnisse untermauern, dass Maß- der Alterung der Bevölkerung wird das nahmen zur Anpassung an den demogra- Umland Berlins auch im Jahr 2030 mehr fi schen Wandel nicht nur an der künftigen jüngere Bevölkerung aufweisen als die Bevölkerungszahl und -struktur ausge- berlinfernen Landesteile. richtet werden müssen, sondern auch die räumliche und zeitliche Komponente be- Kleinräumige Bevölkerungs- rücksichtigen sollten. vorausschätzungen Auf der Ebene der 202 Ämter und amts- Bezugsmöglichkeiten freien Gemeinden treten weitaus größere Die Übersichten zur Entwicklung der Unterschiede in der Bevölkerungsent- Wohnbevölkerung in den Jahren 1990 wicklung bis 2030 zutage als auf der bis 2007 als auch die Annahmen, metho- Kreisebene. Extremwerte stellen Dall- dischen Erläuterungen und aufbereiteten gow-Döberitz und Schönefeld mit einem Ergebnisse der Bevölkerungsvorausschät- Wachstum von mehr als 40 % und Treu- zung für die Ämter und amtsfreien Ge- enbrietzen mit einer Abnahme von 37 % meinden fi nden Sie als PDF-Datei unter: dar. Die Vorausschätzungen ergeben, dass http://www.lbv.brandenburg.de/623.htm auch im Berliner Umland die Bevölke- Die Veröffentlichung zur Bevölkerungs- rung wanderungsbedingt langfristig nur prognose für das Land Brandenburg kann in knapp der Hälfte meist unmittelbar an im Internet abgerufen werden unter: Berlin angrenzenden Gemeinden zuneh- http://www.statistik-berlin-brandenburg. men wird. de/Publikationen/Stat_Berichte/2008/Pro- Die durch Abwanderung deformierte gnose2008_monitor.pdf. Altersstruktur in vielen größeren Städten in den berlinfernen Regionen zieht mit (Hans Jürgen Volkerding, großer Wahrscheinlichkeit auch künftig Landesamt für Bauen und Verkehr) die größten Geburtendefi zite und Bevöl- kerungsverluste nach sich. Die Zahl der Ämter und amtsfreien Gemeinden mit einer Bevölkerungsdichte von weniger als 25 Einwohnern je km2 Fläche wird sich voraussichtlich von 28 auf 55 fast verdoppeln. Im Jahr 2030 wird mit Ausnahme Pots- dams in all diesen Raumeinheiten min-

- 90 - Nr. 1/2009 Mitteilungen Raumordnungsbericht 2008 für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg Der Raumordungsbericht (ROB) ist laut der Hauptstadtregion. Berlin und Bran- gesetzlichem Auftrag (Art. 19 Landespla- denburg sind nach der EU-Osterweiterung nungsvertrag) alle vier Jahre zu erstatten. im Jahr 2004 in das Zentrum des europä- Der ROB 2008 ist der dritte gemeinsame ischen Wirtschaftsraumes gerückt. Um Raumordnungsbericht der Gemeinsamen diese Chance zu nutzen und die inter- Landesplanungsabteilung. Er wurde mit nationale Wettbewerbsposition der Me- allen Ressorts abgestimmt und beiden tropolregion zu verbessern, haben beide Landesregierungen am 12. August 2008 Länder im Jahr 2005 politische Weichen- vorgelegt. Anschließend erfolgte die Zu- stellungen in Richtung „Stärken stärken“ leitung an Abgeordnetenhaus und Landtag. vorgenommen. Dazu zählen u. a. eine auf Schwerpunkte orientierte Investitions- und Hauptstadtregion Berlin-Branden- Förderpolitik und eine Neuorientierung burg in der Mitte Europas in der gemeinsamen Landesentwicklung Der Raumordnungsbericht 2008 steht ganz („6-Punkte-Papier"). Der Bericht stellt im Zeichen der großen Veränderungen in im Eingangskapitel die Grundzüge dieser

Mecklenburg- Vorpommern

Prenzlau

Perle berg Schwedt/ Nieder- Oder sachsen Neu ruppin POLEN Eberswalde Oranien- burg Bernau Hennigs- b. Berlin Rathenow dorf Falken- Straus- see berg Seelow Berlin Brandenburg Potsdam an der Havel Fürstenwalde/ Sachsen- Spree Anhalt Frankfurt (Oder) Belzig Beeskow Eisen- Lucken hütten- walde stadt

Lübben Guben (Spreewald) Entwicklung in Prozent unter -10 Cottbus Herz- Forst -10 bis unter -5 berg (Lausitz) (Elster) -5 bis unter 0 Sprem- Senften- berg 0 bis unter 5 berg 5 und mehr Sachsen

Umland Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung 2002 – 2006

9 ermessung Brandenburg - 91 - Mitteilungen neuen Raumordnungspolitik vor und be- entwicklungsplan Berlin-Brandenburg schreibt die wesentlichen administrativen, (LEP B-B), der mit dem neuen Zentren- demografi schen, wirtschaftlichen und fi nan- system aus Metropole, Oberzentren und ziellen Rahmenbedingungen in der Region. Mittelzentren die räumliche Entwick- Daran anschließend werden die euro- lung der nächsten 15 Jahre maßgeblich päische Raumentwicklungspolitik und prägen wird. das raumordnerische Leitbild des Bundes Einen wichtigen Anteil am Raumord- in ihrer Bedeutung für die Hauptstadt- nungsbericht hat auch das Monitoring. Es region erläutert. umfasst die Themen Bevölkerungsent- Ein fester Bestandteil des Berichtes ist wicklung, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, das Kapitel Raumordnungsplanung. Hier Siedlungs- und Freiraumentwicklung, erhalten die Leser einen Gesamtüberblick großfl ächiger Einzelhandel und Verkehr. über alle vorhandenen Pläne auf Ebene Der zeitliche Schwerpunkt der Betrachtung beider Länder und der Regionen in Bran- liegt auf den Jahren 2002 bis 2006. Sofern denburg und erfahren das Wichtigste zu aktuellere Daten zur Verfügung standen, dem in Aufstellung befi ndlichen Landes- wurden sie berücksichtigt.

6

Oranien- burg

Bernau Pendler (ab 10 Personen) Hohen bei Berlin Neuen- 12000 dorf Hennigs- Panke- dorf tal 6000

3000 Ahrens- felde Falkensee 500

Einpendler Berlin nach Berlin Hoppegarten Auspendler aus Berlin

Anteil Auspendler nach Berlin Potsdam an allen Auspendlern in Prozent Klein- 10 bis unter 25 machnow Teltow 25 bis unter 50 50 und größer Schönefeld Umland Blanken- felde- Maximalwerte Berlin Mahlow Königs Einpendler aus Potsdam: 11.588 Wuster- Auspendler nach Potsdam: 10.364 Ludwigs- hausen felde Basisdaten Berlin Pendlersaldo: 90.815 Pendlersaldo je 1.000 EW: 27 Beschäftigtendichte je 1.000 EW: 301 Abb. 2: Pendlerverfl echtung Berlin und Umland 2006

- 92 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Gemeinsam stark Akteure ihre Planungsabsichten im Kom- In der globalisierten arbeitsteiligen Welt munalen Nachbarschaftsforum informell nimmt die Notwendigkeit zur Kooperation ab und entwickeln in einem Netzwerk von immer mehr zu. Die Raumordnung leistet sechs Regionalparken Gestaltungsideen mit ihren Kooperationsprojekten einen für die suburbane Kulturlandschaft rund wichtigen Beitrag im Vorfeld unterneh- um Berlin. Im Flughafenumfeld des zu- merischer Initiative, indem sie Akteure künftigen BBI am Standort Schönefeld aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und südöstlich von Berlin ist ein weiterer Wissenschaft zusammenbringt und zu Kooperationszusammenhang u. a. von Wachstumsstrategien in der eigenen Re- zwölf Brandenburger Gemeinden und drei gion in Beziehung setzt. Berliner Bezirken entstanden, der unter Die Hauptstadtregion hat mit dem Beitritt Beteiligung der Gemeinsamen Landes- der osteuropäischen Länder zur EU eine planungsabteilung Flächenpotentiale für Horizonterweiterung erfahren. Der Raum- Wohnen und Gewerbe identifi ziert hat. ordnungsbericht gibt einen Einblick in die vielfältigen Kooperationen von Berlin und Ansiedlungserfolge und Wirt- Brandenburg mit europäischen Partnern. schaftswachstum Insbesondere mit Polen hat sich eine Kultur Berlin und Brandenburg haben in den der Zusammenarbeit entwickelt, die zu letzten Jahren einen beachtlichen Funkti- einem guten nachbarschaftlichen Verhält- onswandel vollzogen: Gemeinsam füllen nis beiträgt und gegenseitigen Nutzen in sie die Rolle der deutschen Hauptstadtregi- Fragen der Raumplanung, von Verkehr on immer stärker aus. Der wirtschaftliche und Logistik, des Technologietransfers Aufschwung seit 2006 hat zu Wachstum und Tourismus stiftet. Mit Partnern von und Beschäftigung wie zuletzt Anfang der Ostsee bis zur Adria ist ein Netzwerk bis Mitte der 1990er Jahre geführt. Das geknüpft worden, das die Entwicklung Bruttoinlandsprodukt im gemeinsamen eines Nord-Süd-Korridors in der Mitte Planungsraum betrug im Jahr 2006 insge- Europas zum Ziel hat. Innerhalb dieses samt 131 Milliarden Euro. Brandenburg Korridors hat sich im Nordosten Deutsch- hat dazu 38 Prozent beigesteuert, zu Beginn lands, von den Ostseehäfen Mecklenburg- der 1990er Jahre war es nur knapp ein Vier- Vorpommerns bis nach Südbrandenburg, tel. Beide Länder konnten Ansiedlungser- eine überregionale Partnerschaft als Mo- folge in Zukunftsbranchen verbuchen und dellvorhaben der Raumordnung etabliert. damit ihre wirtschaftspolitische Schwer- Im Süden arbeiten im regionalen Maßstab punktsetzung auf Kompetenzfelder und Brandenburg und Sachsen gemeinsam Branchenschwerpunkte bestätigt sehen. an der Rekultivierung der Tagebaue zum Die Verfl echtungen und die räumliche Ar- Lausitzer Seenland. Im Kernraum der beitsteilung zwischen Berlin und Branden- Hauptstadtregion, dem Stadt-Umland- burg haben sich deutlich weiterentwickelt. Bereich von Berlin, stimmen seit mehr als Die Zahl der Pendler zwischen den beiden zehn Jahren 70 Brandenburger Städte und Ländern ist im Betrachtungszeitraum um Gemeinden, Berliner Bezirke und weitere 35 Prozent gewachsen.

9 ermessung Brandenburg - 93 - Mitteilungen

Das Schlüsselprojekt zur Entwicklung den Zuzug aus Berlin die Einwohner- der Hauptstadtregion Berlin-Branden- zahl um knapp 60 000 wuchs, verlor burg, der Flughafen BBI, macht große der äußere Entwicklungsraum über Fortschritte; seine Inbetriebnahme kann 100 000 Menschen. planmäßig im Jahr 2011 erfolgen. Die Die Abwanderung der Jüngeren aus landesplanerische Standortwahl für den dem äußeren Entwicklungsraum zu Ar- BBI im LEP FS 2003 hat der rechtlichen beits- und Ausbildungsplätzen in die alten Überprüfung standgehalten. Länder hält an. Glück im Unglück ist, dass Berlin ist der Motor des gemeinsamen die Metropole Berlin ein starker Magnet Planungsraumes; 62 Prozent der Wirt- für junge Menschen ist. 2006 wanderten in schaftsleistung im Gesamtraum entfallen der Altersgruppe der 18- bis unter 30-Jäh- auf die Hauptstadt. In wichtigen Bereichen rigen im Saldo 21 000 Menschen in die von Wirtschaft und Kultur, Bildung und Hauptstadt, 60 Prozent aus dem Ausland, Forschung sowie bei den Medien hat Berlin 20 Prozent aus Brandenburg, 20 Prozent an Bedeutung gewonnen. aus den anderen Bundesländern. Auch Hochschulen und Universitäten in der Demografi e: Wachstum und gesamten Hauptstadtregion ziehen junge Schrumpfung nebeneinander Menschen an und halten hochqualifi zierte Berlin und sein Umland liegen im Ein- Landeskinder in der Heimatregion. Neue wohnerzuwachs an der Spitze aller Perspektiven für junge Menschen in Bran- Großstadtregionen in Ostdeutschland denburg heißt aber vor allem, mehr Arbeit und verzeichneten zwischen 2002 und ins Land holen und adäquate Arbeitsplätze 2006 ein Plus von 75 000 Menschen. Die für Höherqualifi zierte bieten. Hauptstadtregion insgesamt, einschließ- Angesichts des Bevölkerungsrückgangs lich des äußeren Entwicklungsraumes, in berlinfernen Räumen kommt den re- verlor zwar 30 000 Einwohner (-0,5 %), gionalen Wachstumskernen und einer verglichen mit dem Minus von 440 000 leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur Einwohnern in den anderen ostdeutschen große strukturpolitische Bedeutung zu. Bundesländern (-4,1 %) ist der Verlust Die regionalen Wachstumskerne haben aber noch glimpfl ich. Der Drang von Ber- eine Motorfunktion für den äußeren Ent- linern ins Umland, die Suburbanisierung, wicklungsraum. Sie strahlen als regionale hat nachgelassen, 2006 wechselten per Arbeitsmarktzentren und Einpendlerstädte Saldo nur noch 9 200 über die Stadtgren- in den ländlichen Raum aus und tragen zu ze. Durch gleichzeitige Fernwanderungs- dessen Stabilisierung bei. Darüber hinaus gewinne ist die Bevölkerungszahl in Berlin hat der Ausbau des Schienennetzes, ins- zuletzt wieder auf 3,4 Mio. Einwohner besondere am Bahnknoten Berlin, und angestiegen. In Brandenburg sank nach der Ausbau von Bundes- und Landes- dem Bevölkerungswachstum in den 1990er straßen einschließlich der Ortsumge- Jahren die Zahl der Einwohner um hungen die Standortbedingungen in der 50 000 auf unter 2,55 Mio. Einwohner. Peripherie verbessert und den Aktions- Während im Berliner Umland durch radius der Bevölkerung stark vergrößert.

- 94 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Wirtschaft, Arbeitskräfte, Schüler und großfl ächige Einzelhandel zwischen 1999 Studierende sind mobiler geworden. Im und 2006 um 18 Prozent, in Brandenburg Schienennahverkehr der Länder Berlin um 8 Prozent. und Brandenburg wuchs aufgrund der kürzeren Reisezeiten nach der Inbetrieb- Download und Broschüre nahme des Berliner Hauptbahnhofs, der Der Bericht steht im Internet zur Verfü- Bahnhöfe Gesundbrunnen und Südkreuz gung, die Broschüre liegt seit Oktober sowie des Nord-Süd-Tunnels die Zahl der 2008 vor. Sie dient der Information der Fahrgäste, insbesondere der Pendler, um Landesbehörden, Kommunen, Fachleu- 11 Prozent, auf bestimmten Regional- te und der interessierten Öffentlichkeit. expressstrecken nach Berlin mit erheb- www.gl.berlin-brandenburg.de lichen Fahrzeitverkürzungen um 30 bis 40 Prozent. (Stefan Krappweis, MIR) Das Bedürfnis der Menschen nach mehr Wohnraum hat in beiden Ländern die Wohnfl äche auf durchschnittlich 39 m² je Einwohner anwachsen lassen – nur noch zwei Quadratmeter unter dem Bun- desdurchschnitt von 41 m². Trotz dieses Anstiegs ist der Flächenverbrauch um ein Viertel gesunken: Von 2000 bis 2004 nahm die tägliche Flächeninanspruch- nahme von 10,8 auf 8,5 ha pro Tag ab. Insgesamt entstanden dabei 12 430 ha Siedlungs- und Verkehrsfl ächen neu: 430 ha in Berlin und 12 000 ha in Brandenburg, davon 3 900 ha im Berliner Umland und 8 100 ha im äußeren Entwicklungsraum. Im Berliner Umland ist es gelungen, die einzigartige und schützenswerte Raum- struktur einer kompakten Kernstadt in- mitten eines dünn besiedelten Umlandes und weiten, unzerschnittenen Räumen zu erhalten. Den Zersiedlungstendenzen aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre konnte entgegengewirkt werden. Der großfl ächige Einzelhandel kehrt zurück in die Städte. Statt auf die „Grü- ne Wiese“ zeichnet sich nunmehr bei der Standortwahl ein Trend zu innerstäd- tischen Standorten ab. In Berlin wuchs der

9 ermessung Brandenburg - 95 - Mitteilungen Erfahrung und neue Fachkompetenz für die Gutachterausschüsse Zum 1. Januar 2009 wurden die Mitglieder Berliner Gutachterausschuss tätig. der Gutachterausschüsse für Grundstücks- Die Mehrzahl der Vorsitzenden sind werte im Land Brandenburg neu bestellt. hauptamtliche Leiter oder mit Leitungs- Das Ministerium des Innern berief für aufgaben betraute Mitarbeiter der Ver- eine Amtszeit von fünf Jahren insgesamt messungs- und Katasterbehörden. Der 255 ehrenamtliche Mitglieder in die Gut- Vorsitzende im Landkreis Elbe-Elster, Herr achterausschüsse in den 14 Landkreisen Schrödermeier, gibt aus Altersgründen den und vier kreisfreien Städten des Landes. Vorsitz ab, wird dem Gutachterausschuss Die Gutachterausschüsse setzen sich aus in der kommenden Amtszeit aber noch als erfahrenen Fachleuten der Verwaltung, der stellvertretender Vorsitzender und ehren- freien Berufe und Immobilienwirtschaft amtliches Mitglied zur Verfügung stehen. zusammen. Die Vielfalt der vertretenden Zum neuen Vorsitzenden im Landkreis Berufsgruppen spiegelt die Bandbreite Elbe-Elster wurde der Leiter des Kataster- der Aufgaben wider, mit denen sich die und Vermessungsamtes, Herr Hindorf, Gutachterauschüsse seit 1991 im Land bestellt. Während mit der Bestellung ins- Brandenburg befassen. Aus der Finanz- gesamt 44 neue Mitglieder in die Gutach- verwaltung kommen 40 Mitglieder, die terausschüsse berufen wurden, schieden 58 ausschließlich an der Ermittlung der Bo- Mitglieder – überwiegend aus Altersgrün- denrichtwerte mitwirken. Neben den Sach- den – aus den Gutachterausschüssen aus. verständigen für Immobilienbewertung, Die durchschnittliche Mitgliederzahl liegt für Landwirtschaft und für die Bauscha- damit bei 14 ehrenamtlich Tätigen je Gut- denbegutachtung wirken Architekten, Ver- achterausschuss. Die personelle Besetzung messungsingenieure, Immobilienmakler, der einzelnen Gutachterausschüsse ist auf Stadtplaner, Banker, Wohnungswirtschaft- der Homepage der Gutachterausschüsse ler und Angehörige der Kataster-, Forst- unter www.gutachterausschuesse-bb.de und Flurneuordnungsverwaltung in den zu fi nden. Gutachterausschüssen mit. Die entspre- Den ausscheidenden Mitgliedern wurde chende Qualifi kation der Mitglieder, ihre der Dank des Landes für die ehrenamtliche langjährige berufl iche Erfahrung und die Tätigkeit übermittelt: diese erfordert nicht Kenntnisse der regionalen Besonderheiten nur fachliche Kompetenz und Erfahrung, ermöglichen es den Gutachterausschüssen, sondern auch ein hohes Maß an persön- sich ein objektives Bild vom aktuellen lichem Engagement und die Bereitschaft, Grundstücksmarkt zu machen. Die an den vielfältigen Anforderungen an den Berlin angrenzenden Landkreise pfl egen Gutachterausschuss bestmöglich zu begeg- außerdem eine enge fachliche Zusam- nen und zum guten Ruf dieses Gremiums menarbeit mit den Kollegen des dortigen beizutragen! Gutachterausschusses. So sind einige der Mitglieder in diesen Landkreisen auch im (Steffen Dubiel, MI)

- 96 - Nr. 1/2009 Mitteilungen Berliner Irrwege Rauf oder runter, linke oder rechte Straßenseite? Berlins Hausnummern können einen zur Verzweifl ung treiben. Das lässt Bernhard Wittstock nicht ruhen: Seit 20 Jahren bemüht er sich um Ordnung. Wie leicht das Leben sein kann, merkte breit. Bei diesem Haus wusste Wittstock Bernhard Wittstock, als er auf Urlaub in gleich, woran er ist: Eine Nummer, das Brügge war. Nur eine Gracht, und schon langt, für eine zweite Tür, die eine weitere ist man seine Sorgen los. Grachten haben Nummer brauchen würde, ist kein Platz. Bestand. Und so kann man die gegenü- Und dann schmiegt sich das Haus so dicht berliegenden Häuser nummerieren, ohne an die Neubauten rechts und links, dass Angst, dass die Zahlenfolge jemals gestört Wittstock an sie beruhigt die Nummern wird. Berlin dagegen, Mitte vor allem, "ein 11 und 13 vergeben konnte. Schwerer war Brennpunkt!", sagt Wittstock. es beim Caroline-von-Humboldt-Weg um Er sitzt in seinem Büro im Vermes- die Ecke. Hier musste Wittstock die Zu- sungsamt Mitte, vom Fenster aus blickt kunft als Unbekannte in den Zahlenstrahl er auf den Parkplatz im Hof. "Das wird einbeziehen. Er vergab nur die geraden nicht zugebaut", sagt er und setzt einen Zahlen, die ungeraden hielt er zurück - deutlichen Punkt hinter diese Worte. So für das Rasenstück gegenüber von den ein Nichts, das nicht verschwindet, ist Häusern. "Wer weiß, ob das noch da ist selten in diesem Bezirk, wo Brachen zu in 100 Jahren." Penthäusern werden, Architekten sich mit Wie selten Kontinuität in Berlin ist, das ihren Plänen in die Baulücken zwängen. weiß Wittstock, er hat sich an den Haus- Und sie alle können nicht ohne Bernhard nummern entlang in die Vergangenheit Wittstock. der Stadt getastet. Herausgekommen sind Der 52-Jährige ist seit 1993 der Herr 2 827 Seiten in fünf Bänden, veröffentlicht über die Hausnummer in Berlin-Mitte. im Selbstverlag. Geld verdienen werde er Es solle zusammenwachsen, was zusam- damit nicht, sagt Wittstock, im Gegenteil, mengehöre, hieß es nach dem Mauerfall, aber das kümmert ihn nicht. 20 Jahre habe und Wittstock führte die geteilten Stra- er geforscht, "das ist mein Alterswerk". ßen zusammen, machte jede Baustelle "Ziffer - Zahl - Ordnung. Die Berliner zu einer Adresse. "Ich muss der Stadt ein Hausnummer von den Anfängen Ende Nummernsystem überstülpen", sagt der des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart gelernte Ingenieur, und so eine Wortwahl im deutschen und europäischen Kontext" impliziert: Da gibt es Gegenwehr. hat Wittstock es genannt. Zumindest das Die Townhouses in der Oberwallstra- Wort "Ordnung" klingt in manchen Ecken ße auf dem Friedrichswerder waren ver- Berlins wie Hohn. Das Reichpietschufer gleichsweise zahm, "schmale Handtücher in Tiergarten etwa hat gerade Hausnum- sind das", sagt Wittstock. Die Nummer mern, das Schöneberger Ufer gegenüber 12 zum Beispiel, mit großen Fenstern in ungerade mit Auslassungen, nach der 81 schwarzen Rahmen, ist kaum sechs Meter folgt direkt die 89 und nach der 91 vor

9 ermessung Brandenburg - 97 - Mitteilungen der Genthiner Straße ist ganz Schluss. Es Berlinischen Nachrichten vom Senat. In schließt das Lützowufer an, mit geraden London waren Hausnummern 1768 und in und ungeraden Ziffern. Verwirrend ist Wien 1770 eingeführt worden. Erfreut war auch der Kurfürstendamm. Er beginnt mit man nicht überall: In einem böhmischen der Nummer 11 auf dem Schimmelpfeng- Dorf wurden die Nummern "mit Koth Haus, das über die Kantstraße hinüberge- verschmehret, teils (...) ausgekratzet", baut ist, bis zur Hardenbergstraße reicht teilte das zuständige Kreisamt mit, in und dort noch einen Eingang hat, die Ungarn forderten die Adligen, dass man Hardenbergstraße 28. ihnen eine grüne Nummer statt der üb- "Was die Hausnummerierung angeht, lichen schwarzen gäbe. Zumindest farblich gibt es wohl seit dem Chaos der Welt wollten sie sich bitteschön abheben von nichts Ähnliches", schrieb Mark Twain dieser Gleichmacherei. nach einem Berlin-Besuch. Zuerst habe Teils sollten die Ziffern die Volkszäh- er geglaubt, ein Idiot habe sich das aus- lung, teils die Rekrutierung von Soldaten gedacht. Aber dazu sei das System zu erleichtern. In London war die Erinnerung abwechslungsreich. "Ein Idiot könnte sich an den Großen Brand von 1666 lebendig, nicht so viele Spielarten ausdenken, um hier nummerierten die Brandversiche- Verwirrung zu stiften." Diese vernicht- rungen. Sie hatten eigene Löschmann- ende Aussage hat Wittstock in sein Buch schaften, und diese sollten gleich erkennen, aufgenommen. Gewissenhaft listet er auf, für welches Haus sie zuständig waren. Da- was es gegen die Berliner Hausnummer mals wurden die Städte im Ganzen oder be- zu sagen gibt, und das ist eine Menge, zirksweise fortlaufend nummeriert – man und bittet zugleich um Verständnis. "Wir vergab die 1 an das wichtigste Gebäude, hatten hier unsere Zwänge", sagt er und: das angrenzende Haus bekam die 2, das Man müsse in die Historie gehen, um das daneben die 3, bis man an Bezirksgrenze richtig zu begreifen. Ganz so, wie man oder Stadtmauer angelangt war. einen entschuldigt, der etwas Böses getan Als der Berliner Stadtpräsident Johann hat, indem man sagt: "Er hat es doch nie Philipp Eisenberg 1798 vorschlug, das besser gelernt." Und außerdem: In Vene- auch in Berlin zu tun, beim Schloss ange- dig sind die Häuser nach Entstehungsjahr fangen bis hin zur Charité, gab es Proteste nummeriert, in amerikanischen Städten - getragen von der Überzeugung, eine zu springt man mit jeder Querstraße in die große Stadt für dieses System zu haben. nächste Hunderterreihe, auch das ist nicht "Man nehme zum Beispiel an: Ein Bote einfach. aus Spandau soll einen Brief in dem Hause Berlin war spät dran mit der Hausnum- Nr. 7043 abgeben", schrieb Geheimrat Carl mer. "Was andere Städte Deutschlands Ludwig von Oesfeld. "Nun wird ein jeder und des Auslandes längst haben, was in gleich einsehen, dass (...) die Sonne doch dem benachbarten Böhmen sogar kei- längst untergegangen seyn würde, ehe er nem Dorfe fehlt, daran mangelt es uns, den Ort seiner Bestimmung aufgefunden nemlich, (...) dass auch jedes Haus eine hätte." Tatsächlich nutzte der endgültige Nummer habe", klagte man 1798 in den Entwurf von 1799 die Chance eines jeden

- 98 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Nachahmers: Er griff die in anderen Städ- aber die zwei Arten der Nummerierung ten verwandte fortlaufende Nummerierung wurden beibehalten. auf, aber versuchte sie zu verbessern, Für Wittstock ist sein Buch Gelegen- indem er nicht mehr über die ganze Stadt heit, endlich aufzuräumen mit abschät- oder Bezirke hinwegnummerierte, sondern zigen Urteilen. Als nach der Wende die die Straße als kleinste Einheit nahm. Otto-Grotewohl-Straße wieder Teil der Dass Mark Twain sich später dennoch Wilhelmstraße wurde, dabei Hausnum- beschwerte, liegt daran, dass man groß, mernzusätze bis 43i vergeben wurden, aber nicht groß genug gedacht hatte. mokierten sich manche. Auf Seite 524, Schließlich wuchsen auch die Straßen, Band IV legt Wittstock nun dar, wie es an ihren Enden entstanden neue Häuser sich damals verhielt: "Zum einen hätte und sprengten die fortlaufende Numme- man entweder zu wenig Hausnummern, rierung. als künftig benötigt werden, reserviert, 1805 - Berlin hatte seine Häuser gerade mit der Gefahr, doch Hausnummern mit fertig nummeriert - wartete Paris dann mit Buchstabenzusatz festsetzen zu müssen, dem wirklich zukunftsweisenden Sys- und zum anderen hätte man eventuell tem auf. Anstatt die Ziffern fortlaufend viel zu viele Hausnummern ohne Buch- zu vergeben, nummerierte man wechsel- stabenzusatz reserviert und damit später seitig, auch Zickzack genannt. Das erste einen großen Nummernsprung auf einer Haus auf der rechten Seite einer Straße, Blockseite riskiert." vom Stadtkern aus gesehen oder sich am Spätestens hier stellt man fest, dass sich Flusslauf orientierend, bekam die 1, dann die Hausnummer nicht als Gesprächsthe- sprang man auf die linke Seite, vergab ma für Kaffee und Kuchen eignet. die 2 und kehrte mit der 3 auf die rechte "Wir in der Forschung", sagt Wittstock, zurück, so dass die eine Seite die geraden und auf die Frage, wer das denn sei, er- und die andere die ungeraden Nummern widert er: "Aktuell kenne ich nur Tantner hatte. Einige Gemeinden um Berlin wie und mich." Anton Tantner ist Historiker Zehlendorf folgten diesem Prinzip, und an der Wiener Uni. Sein Interesse an je größer Berlin und diese Ortschaften der Hausnummer, sagt Tantner, sei durch wurden, desto mehr wuchsen zwei unver- Michel Foucault geweckt worden. Er hatte einbare Nummernsysteme aufeinander zu. in "Überwachen und Strafen" angemerkt, Wenn Bernhard Wittstock über diese dass sich Historiker nicht genug mit dem Entwicklung spricht, geht er systema- Phänomen der Karteikarte befasst hätten. tisch und gemächlich vor, doch zwischen- Als Tantner dies las, war ein anderer durch kann er nicht an sich halten. "Das dem Hinweis schon gefolgt und hatte Chaos kommt noch", sagt er oder: "Das eine Arbeit dazu verfasst. So nahm sich Durcheinander steht noch aus", und Tantner die Hausnummer vor, auch ein dann ist es schließlich so weit: "Das vernachlässigtes Detail, ein mögliches ist der Knackpunkt", sagt er und meint Pars pro Toto. Es komme, gibt Tantner zu den Zusammenschluss zu Groß-Berlin bedenken, nicht von ungefähr, dass sich im Jahr 1920. Eine Stadt entstand, die Hausnummern zu Zeiten der Franzö-

9 ermessung Brandenburg - 99 - Mitteilungen sischen Revolution verbreitet hätten. Sie Meter in die Wielandstraße hinein befi ndet, seien ein Kind der Aufklärung - während das klingt besser. Und neulich materiali- Peter Lenné die Pfl anzen in eine Systema- sierten sich auch aus Wittstocks Nummern tik brachte, kümmerten sich andere um die die Menschen. Gerade hatte er in einer Ordnung der Stadt. Straße - wo genau, will er nicht sagen, das Wittstock ist da nüchterner, "Die Haus- sei indiskret, sagt er - die Hausnummer 1 nummer dient dem raschen Auffi nden vergeben, da baute jemand etwas davor, von Häusern", sagt er, wird dann doch und aus der 1 wurde die 1a. "Da gab es persönlich und erzählt von einem schönen richtig Ärger", sagt Wittstock. Das müsse Erlebnis mit einer Hausnummer. Er war man schon verstehen: Die 1a klinge nach mit seiner Frau in Nantes, "Schau nicht Lob für eine Wurstsorte und niemals so nur auf die Nummern", sagte sie, aber schlicht und elegant wie eine 1. er hatte etwas entdeckt. Hinter manchen Nummern stand ein P, was das bedeutete, (Verena Friederike Hasel, konnte ihm selbst die Reiseleiterin nicht aus: Der Tagesspiegel, Berlin) beantworten. In Berlin schrieb Wittstock das Stadtarchiv von Nantes an. Das P stehe für Puits, den Brunnen, kam zurück, damit sei angezeigt worden, in welchem Hof Wasser zu fi nden sei. "Ist das nicht klug?", fragt Wittstock. In seinen Augen schimmern die Nummern. Wovon Wittstock manchmal träumt: ein Nummernkommando in seiner Abteilung zu haben, Menschen, die nach draußen gehen und Nummern überprüfen. Dann verwirft er den Gedanken wieder. Es sei auch ein Zeichen von Größe, dass Berlin, diese Millionenstadt, nur so eine schmale Hausnummernverordnung habe, die Platz lasse für etwas anderes als Zahlen. Das letzte Haus am Schöneberger Vik- toria-Luise-Platz, mit den blau-schwarzen Kacheln an der Tür, müsste die Nummer 13 tragen, hat aber die 12 a. Der Aber- glaube war stärker als die Vorschrift. In den Seitenstraßen vom Ku’damm wird aus Prestigegründen möglichst weit zum Boulevard hin nummeriert. "Gartenhaus Kurfürstendamm 53" steht etwa in sil- berner Schrift an einer Tür, die sich 70

- 100 - Nr. 1/2009 Mitteilungen Einführung der XPlanung in Brandenburg XPlanung ist ein elektronisches Stan- Genau hier ist der Ansatzpunkt für das dardisierungsvorhaben im Bereich der XPlanungs-Vorhaben. Entwickelt wurde in Bauleitplanung, das sich unter dem Dach bundesweiter Zusammenarbeit von Wissen- von Deutschland-Online, der nationalen schaftlern, Kommunen, Kreisen und auch E-Government-Strategie von Bund, Län- Ländern eine digitale Datenstruktur für den dern und Kommunen, mit der Erarbeitung Austausch der Inhalte von Bebauungs-, Flä- einer digitalen Datenstruktur (Objekt- chennutzungs- und Regionalplänen auf der modell) und dem entsprechenden Daten- Basis des Bundesraumordnungsgesetzes austauschformat für die Bauleitplanung (ROG), des Baugesetzbuches (BauGB), der beschäftigt. Baunutzungsverordnung (BauNVO) und der Die Aufstellung, Genehmigung und Än- Planzeichenverordnung (PlanzV) (Abb. 1). derung eines Bauleitplanes ist immer ein Ziel ist wie bei allen Vorhaben von Deut- Prozess zwischen unterschiedlichen Ak- schland-Online teuren auf verschiedenen Planungsebenen: • die Schaffung von Grundlagen für die Planer - Kommune - Träger öffentlicher Entwicklung von elektronischen Ge- Belange - Bürger. schäftsprozessen vor allem zwischen Ein standardisierter digitaler Informa- den Verwaltungsebenen, tions- und Datenaustausch fi ndet dabei • die Etablierung von durchgängigen in der Regel noch nicht statt. Auf den Online-Dienstleistungen über alle Ver- unterschiedlichen Planungsebenen werden waltungsebenen hinweg und vielmehr die gleichen Informationen neu • die Erhöhung der Transparenz des Pla- und in unterschiedlicher Art und Weise nungsprozesses für die Öffentlichkeit. erfasst und ausgewertet. Effi zienz- und Eine breite Anwendung elektronischer Informationsverlust sind vielfach die Geschäftsprozesse in der Bauleitplanung Folge. ist noch eine Vision – aber der Entwick-

Behörden Behörden

Sonstige Träger Öffentlichkeit/ Sonstige Träger Öffentlichkeit/ öffentlicher Belange Bürger öffentlicher Belange Bürger

Immobilien- Nachbar- Immobilien- Nachbar- wirtschaft gemeinde wirtschaft gemeinde

Planungsbüro Planungsbüro

Datenaustausch ohne gemeinsamen Standard Datenaustausch über ein standardisiertes Format

Abb. 1 Abb. 2

9 ermessung Brandenburg - 101 - Mitteilungen

Abb. 3 lungsstand des digitalen Standards ist wurde mit dem Ziel initiiert, frühzeitig schon soweit vorangeschritten, dass auch die Praktikabilität des Einsatzes und die das Präsidium des Deutschen Städtetages damit verbundenen positiven Effekte in seinen Mitgliedern die Nutzung dieses Brandenburg zu sichern und aktiv auf Standards empfi ehlt (Abb. 2). die Verifi zierung und Fortschreibung des Das Ministerium für Infrastruktur und Standards durch Praxis-Erfahrungen ein- Raumordnung hat bereits 2006 begon- wirken zu können. Gemeinsam mit den nen, die Einführung und Anwendung des Projektpartnern in den Kreisverwaltungen Standards über ein Pilotprojekt zu for- Elbe-Elster und Oberhavel sowie bei der cieren. Das Pilotprojekt „Einführung des Landesvermessung und Geobasisinforma- XPlanungs-Standards in Brandenburg“ als tion Brandenburg (LGB) werden u. a. Bestandteil des E-Government-Projektes • Softwareapplikationen für die XPlan- „Planungsinformationssystem (PLIS)“ konforme Erfassung sowie Präsentation des Landesamtes für Bauen und Verkehr von Bauleitplänen und

- 102 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

• eine XPlanungs-Schnittstelle für ein fügung gestellt. vorhandenes Softwaresystem im Bau- Weiterführende Links: leitplanungsbereich erarbeitet sowie http://gdi.berlin-brandenburg.de/efre_ • die XPlan-konforme Erfassung von Bau- brandenburg.php leitplänen pilothaft durchgeführt. http://www.do-geodaten.nrw.de/xpla- Damit wird auch ein wesentlicher Beitrag nung/xplanung.htm zur praktischen Ausgestaltung der im Auf- http://www.iai.fzk.de/www-extern/index. bau befi ndlichen gemeinsamen Geodaten- php?id=1552 infrastruktur Berlin-Brandenburg geleistet (Abb. 3). Deshalb ist die XPlan-konforme (Sybille Janssens, MIR) Erfassung von Bauleitplänen durch die zuständigen Städte und Gemeinden selbst und die Beschaffung von ggf. erforderlicher Hard- und Software zur Präsentation und Erfassung der Bauleitplanungsdaten über Web-Services im Rahmen der Richtlinie des Ministeriums des Innern zur „Förderung von Maßnahmen zum Aufbau der Geo- dateninfrastruktur im Land Brandenburg“ aus Mitteln der Europäischen Union (Euro- päischer Fond für Regionale Entwicklung (EFRE)) förderfähig. Zu diesem gesamten Themenkomplex fand am 24. und 25.09.2008 ein Work- shop im Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung statt. Die Vertreter aus den Städten und Gemeinden, den Regionalen Planungsgemeinschaften, den Kreisver- waltungen und den Vermessungsbüros sowie DV-Dienstleister wurden mit dem XPlanungs-Standard sowie den Projekt- aktivitäten auf Bundes- und Landesebene vertraut gemacht und Anwendungs- sowie Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Da „XPlanung“ als wichtiger Beitrag zur E-Government-Entwicklung im Work- shop so große Resonanz fand, werden auf den Internet-Seiten des Geschäftsbereichs des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung (MIR) in der nächsten Zeit weitergehende Informationen dazu zur Ver-

9 ermessung Brandenburg - 103 - Mitteilungen

DVW Veranstaltungen 2009 Vortrag (Ort, Termin, Referent) Ö Die Landesvermessung Deutschlands auf dem Bierdeckel (Berlin, 8.01.2009, Prof. Dr.-Ing. Hans Fröhlich, St. Augustin) Ö Aktuelle Märkte und Bewertungsfragen – Die Anforderungen an Gutachter durch sich verändernde Märkte (Berlin, 15.01.2009, Dipl.-Ing. Günter Wattig MRICS, KENSTONE Real Estate Valuers, Stuttgart) Ö Erfahrungen in der Vermarktung amtlicher Geodaten (Berlin, 22.01.2009, Dr. Walter Zorn, Inframation AG, Dortmund) Ö Anwendungspotentiale der Schwingungsmesstechnik in der Bauwerksüberwachung (Cottbus, 26.01.2009, Prof. Dipl.-Ing. Frank Neitzel, Fachhochschule Mainz) Ö Der ÖbVI in einem sich wandelnden Berufsumfeld – Zukunftsfragen eines Berufsstandes (Berlin, 29.01.2009, Dipl.-Ing. Michael Zurhorst, Präsident des BDVI) Ö Novellierung der Wertermittlungsverordnung (Berlin, 5.02.2009, Dr. Johannes Stemmler, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) Ö Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Immobilienstandortes Berlin- Brandenburg International (Berlin, 12.02.2009, Dipl.-Ing. Katrin Stary MRICS, Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH) Ö Fußballturnier (Cottbus, 13.02.2009, 17:00 - 20:00 Uhr Lausitzhalle) Ö Mitgliederversammlung (Potsdam, 19.03.2009, GFZ Potsdam) Ö Baubegleitende Vermessung im Rahmen der Sanierung der Ziegelgrabenbrücke (Cottbus, 23.03.2009, Dipl.-Ing. Rainer Kretzschmar, Intermetric GmbH Dresden) Ö Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Immobilienstandortes Berlin- Brandenburg International (Cottbus, 27.04.2009, Dipl.-Ing. Katrin Stary MRICS, Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH) Ö ATKIS® im Kontext der AAA-Einführung (Potsdam, 7.05.2009, Dr.-Ing. Erik Theile, LGB) Ö Aktueller Grundstücksmarkt im Land Brandenburg (Cottbus, 18.05.2009, Dipl.-Ing. Jürgen Kuse, Kataster- u. Vermessungsamt, Landkreis Dahme-Spreewald, Lübben)

- 104 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Ö Geostandards unter Berücksichtigung der Durchführungsbestimmungen von INSPIRE (Potsdam, 28.05.2009, Dipl.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. Ronald Mordhorst) Ö Mitgliederversammlung der Bezirksgruppe Niederlausitz (Cottbus, 15.06.2009, 15:30 Uhr) Ö Gegenwart und Zukunft der Geowissenschaften (Cottbus, 15.06.2009, Prof. Dr. rer. nat. Dr. h.c. Reinhard F. J. Hüttl, Wissenschaftlicher Vorstand und Sprecher des Vorstands, GeoForschungsZentrum Potsdam)

Veranstaltungsort und -beginn: TU-Berlin, H 6131 Straße des 17. Juni 135, Beginn 17:00 Uhr GFZ Potsdam, Seminarraum Haus H, Vortragsraum 2 + 3, Telegrafenberg, Beginn 17:00 Uhr BTU Cottbus, Haus 2A, Raum 2A.U18, Karl-Marx-Straße 17, 03044 Cottbus, Beginn 16:00 Uhr Hinweise und aktuelle Veränderungen fi nden Sie im Internet unter www.dvw-lv1.de

Zehn Jahre IMAGI Am 2. Dezember 2008 wurde bei einer zwischen dem Nordkap und Gibraltar Veranstaltung in Berlin, zusammen mit Ab- zielsicher navigieren, ist dies ein Fort- geordneten des Deutschen Bundestages, schritt, den auch die öffentliche Verwal- den Leitungen zahlreicher Bundesbehör- tung geebnet hat. Vielen Nutzern sind die den, Ländervertretern sowie den Spitzen- Infrastrukturleistungen des Staates und die verbänden der deutschen Wirtschaft auf in den Haushalten von Bund und Ländern das zehnjährige Bestehen des Interminis- durch die Parlamente bereitgestellten Res- teriellen Ausschusses für das Geoinfor- sourcen gar nicht bekannt. mationswesen (IMAGI) zurückgeblickt. Welche Informationen bereits heute ver- Innenstaatsekretär Dr. Hans Bernhard fügbar sind und in welchem Umfang der Beus, Thomas Reiter, Vorstandsmitglied IMAGI in den vergangenen zehn Jahren des Deutschen Zentrums für Luft- und hierzu beigetragen hat, haben die Bundes- Raumfahrt sowie Udo Stichling als Ver- behörden zur Veranstaltung präsentiert. treter des Deutschen Dachverbandes für Geoinformationswesen haben aus diesem @ Weitere Informationen unter: Anlass einen Blick in die Zukunft der http://www.bmi.bund.de Geoinformation und auf notwendige Rah- http://www.gdi-de.org/de/imagi/ menbedingungen des Bundes geworfen. f_imagi.html Wenn heute „Web-Dienste“ den „online- Blick“ in Vorgärten gestatten oder Pkws (Heinrich Tilly, LGB)

9 ermessung Brandenburg - 105 - Mitteilungen Mittel und Wege zur Mitte* Immer wieder bewegt die Bevölkerung der politische Mittelpunkt des Landes zu die Lage der geographischen Mittelpunkte sein. Befragte man Besucher Branden- Europas, Deutschlands oder ihres Bundes- burgs, so würden sie sicherlich auch aus landes. Zahlreiche Aufsätze beschäftigen kultureller Sicht Potsdam eine zentrale sich zumeist populärwissenschaftlich mit Funktion zuschreiben, wenngleich sich diesem Thema. Angeregt durch den Vor- das einzige Staatstheater des Landes in stoß des Potsdamer Ortsteils Fahrland, der der Stadt Cottbus befi ndet. Die Beispiele für sich beansprucht geographischer Mit- ließen sich fortsetzen. Je nach Sichtweise telpunkt zu sein, und eine sind mehrere Mittelpunkte denkbar und Veröffentlichung in der örtlichen Presse sicherlich auch begründbar. (Sittig, 2008) gingen beim Ministerium des Innern sowie beim Landesbetrieb Geographische Mittelpunkte Landesvermessung und Geobasisinfor- Geographie ist ein Oberbegriff für die mation Brandenburg (LGB) Anfragen zur Erfassung, Beschreibung und Erklärung Berechnung ein. Da es für die Ermittlung von räumlichen Strukturen in der Ge- geographischer Mittelpunkte keine ein- osphäre (Blotevogel, 2002). Da hierzu heitliche oder gar anerkannte Methode auch die Kultur-, Wirtschafts- und Sozial- gibt, werden im Folgenden einige Ansätze geographie zählen, ist der Begriff in die- vorgestellt und bewertet. sem Zusammenhang zu weit gefasst. Die geodätische Sichtweise mit ihren Syste- Motivation men der Lage, Höhe und Schwere zur Seit jeher scheint vom Begriff der Mitte Ausmessung und Abbildung der Erdober- bzw. des Mittelpunktes eine ganz beson- fl äche konkretisiert die geowissenschaft- dere Faszination und Mystik auszugehen: liche Betrachtungsweise. Sie soll daher als Es heißt, Fama, die Göttin des Gerüchts, Grundlage für die weiteren Ausführungen lebe am Mittelpunkt des Erdkreises, Jules dienen. Verne nimmt den Leser in seinem Roman mit auf „Die Reise zum Mittelpunkt der Bestimmung mittels einfacher Erde“ und auch die gesellschaftliche Mitte geometrischer Figuren wird oft zum erstrebenswerten Ziel erho- Der Mittelpunkt von einfachen geome- ben. Der in den 1990er Jahren geprägte trischen Figuren wie Kreisen und Recht- Term der „Neuen Mitte“ wurde nicht ecken ist eindeutig defi niert. Gelingt es, sie nur von der Politik dankbar aufgegriffen. zur Beschreibung der Landesfl äche nähe- Er wird auch in Soziologie und Städte- rungsweise zu benutzen, so kann man da- bau gern verwendet, wie der Aufbau des mit auch den geographischen Mittelpunkt Stadtschlosses in „Potsdams neuer Mitte“ des Landes berechnen. Zu unterscheiden zeigt. Die brandenburgische Landeshaupt- sind umschließende und innenliegende stadt kann zudem für sich beanspruchen, geometrische Figuren.

*Gewinner eines Pressewettbewerbs für Vermessungsreferendare/-innen bei der LGB

- 106 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Abb. 1: Umschließende Rechtecke bei Abb. 2: Kleinster Außenkreis einer Drehung von 0° bzw. 45° und größter Innenkreis Umschließende Rechtecke Außen- und Innenkreis Aus der Geoinformatik ist die Methode Alternativ können auch Kreise zur Bestim- als „Bounding Box“ bekannt. Sie kann mung des geographischen Mittelpunktes sowohl für zwei- als auch dreidimensionale genutzt werden. Zwei in ihrer Lage und Darstellungen verwendet werden. Mit Ausdehnung eindeutig defi nierte Figuren Hilfe einer Landkarte oder des digitalen sind der kleinstmögliche Außenkreis sowie Umrings werden die Koordinaten der der größtmögliche Innenkreis. Zwar wird vier Extrempunkte, also der nördlichste, die Methode zur GIS-gestützten Standort- südlichste sowie der östlichste und west- analyse (z. B. Planung von Funkantennen) lichste Punkt des Landes, bestimmt. Die verwendet, liefert jedoch unterschiedliche vier Punkte spannen ein Rechteck auf, Mittelpunkte (Abb. 2). Da die Kreise dessen Seiten zu den Koordinatenachsen die wirkliche Gestalt des Bundeslandes parallel verlaufen. Um den Mittelpunkt Brandenburg nur sehr grob repräsentieren, zu berechnen, müssen die Koordinaten wird die Akzeptanz der Bevölkerung für nur noch gemittelt werden. einen auf diesem Wege gefundenen geo- Der Ansatz ist einfach und einleuch- graphischen Mittelpunkt gering sein. tend, weist jedoch Unzulänglichkeiten auf: Je nach Defi nition der Koordinaten- Auffüllende Rechtecke achsen rotiert das aufgespannte Rechteck Dieses Vorgehen ist ebenfalls der Geoin- und somit auch der Mittelpunkt. Abbil- formatik bzw. Bildverarbeitung entlehnt. dung 1 zeigt die veränderte Lage des Zur besseren Veranschaulichung und Ver- geographischen Mittelpunktes bei einer einfachung soll an dieser Stelle nur der Drehung um 45°. Das „wandernde“ Zen- Sonderfall der Quadrate betrachtet werden. trum wird wohl kaum die Ansprüche Ausgangspunkt der Berechnung ist ein der um den Mittelpunkt konkurrieren- Quadrat, dessen Seitenlängen so weit aus- den Städte und Gemeinden befriedigen gedehnt werden bis sie die Landesgrenzen können. berühren. Im zweiten und jedem weiteren

9 ermessung Brandenburg - 107 - Mitteilungen

Abb. 3: Auffüllende Quadrate Abb. 4: Auffüllende Quadrate unterschiedlicher Größe als regelmäßiges Raster

Schritt sucht man diejenigen Quadrate punkte, so erhält man den geographischen mit der halben Seitenlänge des vorange- Mittelpunkt der Landesfl äche. Je feiner die gangenen Durchlaufs, die ebenfalls noch Rasterung, d.h. je kleiner die Quadrate, innerhalb der Landesgrenzen liegen. Das desto exakter lässt sich der geographische Verfahren wird bei einem vorab defi nierten Mittelpunkt bestimmen. Endwert (kleinste mögliche Seitenlänge) abgebrochen (Abb. 3). Die Koordinaten Schwerpunkt als Mittelpunkt der Mittelpunkte der gefundenen Quadrate Die vorgestellten Verfahren führen zu werden mit dem zugehörigen Flächenin- verschiedenen geographischen Mittel- halt gewichtet. Der geographische Mittel- punkten. Der Vorteil des Schwerpunktes punkt des Landes Brandenburg ergibt sich ist, dass er für jede geometrische Fläche dann aus dem arithmetischen Mittel der eindeutig bestimmbar ist. Im Weiteren gewichteten Mittelpunkte. Das Verfahren sollen daher Methoden zur Ermittlung ist durch Veränderung der Start- und Ab- des Schwerpunktes als möglichem Mit- bruchbedingungen variierbar und liefert telpunkt genauer betrachtet werden. deshalb ebenfalls verschiedene Ergebnisse für den geographischen Mittelpunkt. Es ist Gleichgewichtsmethode für Laien schwer nachvollziehbar. Diese experimentelle Methode ist be- Besser verständlich ist das Auffül- sonders anschaulich, denn sie lässt sich len der Landesfl äche mit gleich großen unkompliziert und nahezu von jedermann Quadraten in Form eines regelmäßigen ausprobieren. Nur Geodäten und Kar- Rasters (Abb. 4). Die Quadrate sind ver- tographen könnten dem Test skeptisch gleichbar mit Bildpunkten (Pixeln) eines gegenüberstehen, erfordert er doch das digitalen Bildes, zum Beispiel einer Sa- Zerschneiden einer (topographischen) tellitenaufnahme mit einer bestimmten Karte. Eine Karte des Landes Branden- geometrischen Aufl ösung. Mittelt man die burg wird auf eine feste Unterlage (z. B. Zentrumskoordinaten der einzelnen Bild- Pappe, Spanplatte, Gipskarton) geklebt

- 108 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

und entlang der Landesgrenze ausge- denburg in ein Netz aneinandergrenzender schnitten. Das Modell wird auf einer Dreiecke auf (Triangulation), bestimmt spitzen Nadel solange verschoben bis es die einzelnen Dreiecksschwerpunkte sich exakt horizontal im Gleichgewicht und gewichtet sie entsprechend der Flä- befi ndet (Böhm, 1996). Der näherungs- chengrößen der Dreiecke. Anschließend weise ermittelte Schwerpunkt kann als wird der arithmetische Mittelwert aus geographischer Mittelpunkt Brandenburgs den gewichteten Schwerpunkten berech- interpretiert werden. net (Stückmann, 2006). Der mit dieser Der Ansatz unterstellt, das Bundesland wissenschaftlich anerkannten Methode Brandenburg sei eine ebene Fläche. Nun erhaltene Schwerpunkt repräsentiert den mag man für einige Landesteile tatsächlich geographischen Mittelpunkt. Er kann auf diesen Eindruck haben, gleichwohl lässt einfache Weise veranschaulicht werden. sich die Methode auch um eine Dimensi- Hierzu wird wiederum die aus einem on erweitern. Statt einer Karte nutzt man Kartenblatt ausgeschnittene Landesfl ä- ein Reliefmodell, zum Beispiel in Form che verwendet. Das Modell wird nach- eines Fräsmodells auf der Grundlage von einander an beliebigen Punkten A und Laserscannerdaten. Der wiederum durch B am Modellrand zusammen mit einem Balancieren gefundene Schwerpunkt be- Lot aufgehängt (Abb. 5). Die jeweiligen rücksichtigt zusätzlich die unterschied- Lotlinien schneiden sich im Schwerpunkt lichen Masseverteilungen. (Wikipedia, 2008).

Schlussbetrachtungen Schwerpunktbestimmung nach Mark und Metropole waren schon immer Archimedes durch zahlreiche Wechselbeziehungen Einer der bedeutendsten Mathematiker gekennzeichnet. Brandenburg und Berlin der Antike, Archimedes von Syrakus verbindet eine gemeinsame Geschich- (287 - 212 v. Chr.) entwickelte ein mathe- te; gleichzeitig entzünden sich an die- matisches Verfahren, um den Schwerpunkt sem Gefl echt Probleme. So auch bei der einer Fläche rechnerisch zu bestimmen. Mittelpunktbestimmung, denn bei allen Er formulierte hierfür zwei Grundsätze: • Jede Massenverteilung hat genau einen Schwer- punkt. • Der Schwerpunkt eines dreieckigen Flächen- stücks ist der Schnitt- punkt der Seitenhalbie- renden. Diesen Leitsätzen folgend teilt man das Land Bran- Abb. 5: Einfache Schwerpunktbestimmung

9 ermessung Brandenburg - 109 - Mitteilungen betrachteten Ansätzen müsste der Stadt- (Hrsg.): „Lexikon der Geographie“, staat Berlin formal herausgeschnitten bzw. Spektrum, Heidelberg 2002 herausgerechnet werden. Dies ist jedoch Böhm, Thomas: „Prost, Berlin-Branden- nicht bei allen Methoden möglich wie am burg“. B.Z. vom 22. Januar 1996 Beispiel der Gleichgewichtsmethode leicht Sittig, Lars: „Der Nabel der Mark liegt einzusehen ist. in Fahrland“. Märkische Allgemeine Weitere Ungenauigkeiten ergeben sich Zeitung, Potsdamer Stadtkurier 25. aus der Darstellung und Lokalisierung Juni 2008 des brandenburgischen Grenzverlaufes. Die östliche Landesgrenze, deren Verlauf Stückmann, Günter: „Schwerpunkt unre- in weiten Teilen durch die Talsohlen der gelmäßiger ebener Flächengebilde“, Grenzfl üsse Oder und Neiße beschrie- NÖV NRW 1/2006, S. 34 - 37 ben wird, unterliegt naturgemäß einigen Wikipedia, 2008: http://www.wikipe- Schwankungen. Somit liefern nicht nur die dia.org/wiki/Schwerpunkt, Stand ausgewählten und vorgestellten Methoden 23.08.2008 mehrere geographische Mittelpunkte; die (Christian Bischoff, LGB benannten Mängel führen zu einer zusätz- Stefan Wagenknecht, LGB) lichen Streuung der Ergebnisse. Letztlich bleibt die Frage des Mittel- punktes immer eine Frage des Stand- punktes: Für Städte und Gemeinden, die für sich in Anspruch nehmen, geographischer Mittelpunkt Brandenburgs zu sein, ist die Methodenwahl eher zweitrangig. Der interessierte Bürger legt hingegen viel mehr Wert auf einen nachvollziehbaren Ansatz. Anschauliche Ergebnisse erhöhen das Bewusstsein für geowissenschaftliche Fragestellungen und führen zu einer Stär- kung des regionalen Bezuges. Hierdurch werden öffentliche Diskussionen ange- regt. Das Aufgreifen des Themas ist für die Landesvermessung eine Möglichkeit, den Ort der Fama zu verlassen und ihre Fachkenntnisse öffentlichkeitswirksam zu präsentieren.

Literaturverzeichnis Blotevogel, Hans Heinrich: „Geogra- phie“, In: E. Brunotte, H. Gebhardt, M. Meurer, P. Meusberger, J. Nipper

- 110 - Nr. 1/2009 Mitteilungen Neue Maßstäbe für die Arbeit der Gutachterausschüsse Mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz, das und Vergleichsfaktoren zu ermitteln. Dis- nach langwierigen politischen Diskussi- kussionen, ob die Gutachterausschüsse onen zum 1.01.2009 in Kraft getreten ist, ist dieser Aufgabe nachkommen müssen, sind eine umfangreiche Änderung der §§ 193 ff damit obsolet. Diskutiert werden muss des Baugesetzbuches verbunden. Damit jedoch, wie man dieser Aufgabe nachkom- wird der Aufgabenbereich der Gutachter- men kann. Im Land Brandenburg reicht ausschüsse an die Ansprüche der steuer- die Datenbasis der Kaufpreissammlung lichen Bewertung aber auch der anderen nicht in allen Zuständigkeitsbereichen der Kunden ausgerichtet und konkretisiert. Die Gutachterausschüsse aus, um statistisch von den Gutachterausschüssen zu ermit- gesicherte Ergebnisse zu erzielen. telnden sonstigen für die Wertermittlung Wichtige Neuregelungen wurden auch erforderlichen Daten werden im neuen zur Ermittlung der Bodenrichtwerte getrof- Absatz 5 des § 193 BauGB einzeln benannt, fen. Nach § 196 Abs. 1 sind nun zwingend beschrieben und dabei vorgegeben, für fl ächendeckend zonale Bodenrichtwerte welche Grundstücksarten sie insbeson- zum Ende jedes zweiten Kalenderjahres dere zu ermitteln sind. Damit werden die zu ermitteln. Eine häufi gere Ermittlung Bedeutung dieser Daten herausgehoben kann bestimmt werden. Wichtige An- und die Gutachterausschüsse explizit ver- forderungen der Musterrichtlinie über pfl ichtet, Liegenschaftszinssätze, Sach- die Bodenrichtwerte, die im Jahr 2000 wertfaktoren, Umrechnungskoeffi zienten durch die Argebau als Empfehlung be-

§ 193 Aufgaben des Gutachterausschusses (5) Der Gutachterausschuss führt eine Kaufpreissammlung, wertet sie aus und ermittelt Bodenrichtwerte und sonstige zur Wertermittlung erforderliche Daten. Zu den sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten gehören insbesondere 1. Kapitalisierungszinssätze, mit denen die Verkehrswerte von Grundstücken im Durch- schnitt marktüblich verzinst werden (Liegenschaftszinssätze), für die verschiedenen Grundstücksarten, insbesondere Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, 2. Faktoren zur Anpassung der Sachwerte an die jeweilige Lage auf dem Grundstücksmarkt (Sachwertfaktoren), insbesondere für die Grundstücksarten Ein- und Zweifamilienhäu- ser, 3. Umrechnungskoeffi zienten für das Wertverhältnis von sonst gleichartigen Grundstücken, z.B. bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung und 4. Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke, insbesondere bezogen auf eine Raum- oder Flächeneinheit der baulichen Anlage (Gebäudefaktor) oder auf den nachhaltig erzielbaren jährlichen Ertrag (Ertragsfaktor). Die erforderlichen Daten im Sinne der Sätze 1 und 2 sind den zuständigen Finanzämtern für Zwecke der steuerlichen Bewertung mitzuteilen.

9 ermessung Brandenburg - 111 - Mitteilungen

§ 196 Bodenrichtwerte (1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind fl ächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinfl ussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zum Ende jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufi gere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststel- lungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln. schlossen wurde, sind in den § 196 Abs. 1 weiterhin durch die Länder zu regeln. eingefl ossen. So werden das Bodenricht- Ganz schlüssig ist dieses nicht: denn § wertgrundstück eingeführt, dessen wert- 196 Abs. 1 sieht vor, dass eine häufi gere beeinfl ussenden Merkmale darzustellen Ermittlung der Bodenrichtwerte bestimmt sind und die Anforderung an die Bildung werden kann. Nach der Begründung zum der Bodenrichtwertzonen aufgegriffen. Gesetzentwurf wird diese Befugnis den Eine redaktionell kleine, aber inhaltlich Ländern eingeräumt. Sie ist aber nicht bedeutsame Änderung betrifft den § 199 in die Ermächtigung der Länder in § 199 BauGB. Der Bund wird ermächtigt, durch aufgenommen worden. Auch sei die Frage Rechtsverordnung gleiche Grundsätze für erlaubt, warum § 199 Abs. 1 im Gegen- die Ermittlung der Bodenrichtwerte zu satz zu § 193 weiter von der „Ableitung“ regeln; in § 199 Abs. 2 Nr. 4 entfällt so- der für die Wertermittlung erforderlichen mit die Ermächtigung der Länder, durch Daten spricht und auf einen einheitlichen Rechtsverordnung die Ermittlung der Bo- Sprachgebrauch verzichtet wurde. denrichtwerte zu regeln. Lediglich die Ein weiterer entscheidender Schritt zur Veröffentlichung der Bodenrichtwerte ist verbesserten Aufgabenwahrnehmung sind

§ 198 Oberer Gutachterausschuss (1) Für den Bereich einer oder mehrerer höherer Verwaltungsbehörden sind Obere Gutach- terausschüsse oder Zentrale Geschäftsstellen zu bilden, wenn in dem Bereich der höheren Verwaltungsbehörde mehr als zwei Gutachterausschüsse gebildet sind. Auf die Oberen Gutachterausschüsse sind die Vorschriften über die Gutachterausschüsse entsprechend anzuwenden. (2) Der Obere Gutachterausschuss oder die Zentrale Geschäftsstelle haben insbesondere die Aufgabe, überregionale Auswertungen und Analysen des Grundstücksmarktgeschehens zu erstellen. Der Obere Gutachterausschuss hat auf Antrag eines Gerichts ein Obergutachten zu erstatten, wenn schon das Gutachten eines Gutachterausschusses vorliegt.

- 112 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

§ 199 Ermächtigungen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechts- verordnung Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte und bei der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten ein- schließlich der Bodenrichtwerte zu erlassen.

die Änderungen in § 198, nach denen zugeordnet werden – die Übertragung von nun zwingend für den Bereich einer oder weiteren Aufgaben durch Landesrecht ist mehrerer höherer Verwaltungsbehörden nach § 199 Abs. 2 Nr. 6 allerdings weiterhin Obere Gutachterausschüsse oder Zentrale nur für den Oberen Gutachterausschuss Geschäftsstellen zu bilden sind. Nicht nur vorgesehen! nach den Erfahrungen im Land Branden- Diese vorgestellten Änderungen stärken burg hat sich die Einrichtung des Oberen die Funktion der Gutachterausschüsse Gutachterausschusses bewährt. Neben den und verbessern die rechtlichen Rahmen- in § 198 genannten Aufgaben hat der Obere bedingungen für eine sachgerechte Auf- Gutachterausschuss im Land Brandenburg gabenwahrnehmung. Die Änderung des die Funktion eines zentralen Ansprechpart- Baugesetzbuches tritt am 1. Juli 2009 in ners und übernimmt eine koordinierende Kraft. Für die Gutachterausschüsse im Funktion bei der Lösung besonderer Pro- Land Brandenburg wird insbesondere die bleme der Wertermittlung, wie z.B. beim Umsetzung der Neuregelungen zu den Stadtumbau und der Sanierung. Mit der Bodenrichtwerten in 2009 einen Kraftakt Aufgabe, überregionale Auswertungen bedeuten. Denn die überwiegend lage- und Analysen des Grundstücksmarktge- typischen Bodenrichtwerte sind durch schehens zu erstellen, ist beinahe zwingend zonale Bodenrichtwerte zu ersetzen und eine gewisse Standardisierung der Daten damit sind nicht nur Zonen zu bilden, bei den Gutachterausschüssen verbunden. sondern auch die bestehenden Bodenricht- Dieses erhöht die Vergleichbarkeit und werte anhand dieser Zonen auszurichten. damit die Qualität der Ergebnisse auf Bei den sonstigen für die Wertermittlung regionaler und überregionaler Ebene. Aus erforderlichen Daten müssen Lösungen meiner Sicht ist es bedauerlich, dass nach gefunden werden, wenn die Datenbasis § 198 alternativ zum Oberen Gutachteraus- des einzelnen Gutachterausschusses für schuss auch eine Zentrale Geschäftsstelle eine gesicherte Ermittlung nicht ausrei- eingerichtet werden kann. Denn in der cht. Vorbild kann hier die Ermittlung Praxis wird auch die Zentrale Geschäfts- der Liegenschaftszinssätze sein, die nach stelle nicht auf die Vorgaben und Unter- einem einheitlichen Modell und auf einer stützung eines Expertengremiums aus den einheitlichen Datenbasis in den Kaufpreis- Gutachterausschüssen verzichten können. sammlungen für überregionale Bereiche Vor allem dann, wenn der Zentralen Ge- durchgeführt wurde. schäftsstelle (sinnvollerweise) weitere zentrale und koordinierende Funktionen (Beate Ehlers, MI)

9 ermessung Brandenburg - 113 - Mitteilungen Mit der Federzeichnung fi ng alles an Ausstellung „Die Vermesser am Fluss“ Bekannt ist der Ort Rühstädt in erster Linie Zeit durch den Landesbetrieb ausgerichtet durch die Vielzahl der Storchennester auf werden, wurde die Idee zu der aktuell bis den Dächern der Häuser. Ein überschau- Oktober zu besichtigenden Ausstellung barer, kleiner Ort an der Elbe im branden- geboren. burgischen Landkreis Prignitz. Hier hat In einem gemeinsamen Projekt zwischen die Verwaltung des Biosphärenreservates Biosphärenreservatsverwaltung und LGB Flusslandschaft Elbe-Brandenburg ihren wird die Kartographie der Region von den Sitz und hier ist derzeit eine besondere möglicherweise ältesten Aufzeichnungen Ausstellung zu sehen. bis zum hochgenauen und aktuellen Ge- Der Anstoß zu der Ausstellung erfolgte ländemodell gezeigt. Die Darstellung des nach einem Pressetermin im Juli 2008. Geländemodells spielt dabei eine zentrale Damals stellte die LGB vor Ort die um- Rolle. Die Wichtigkeit der Erfassung dieser fangreich aktualisierten Freizeitkarten der hochgenauen Daten besonders in der Elbe- Region vor. Während der Nachbereitung region ist spätestens seit dem Hochwasser des Termins und einem intensiven Ge- im Jahr 2002 belegt und dient zum Beispiel spräch über die weiteren Produkte der dem Hochwasserschutz gerade auch in LGB und die Ausstellungen, die seit einiger dieser Region.

Abb. 1: Ausschnitt aus dem preußischen Urmesstischblatt von 1843, Reproduktion (Das Original befi ndet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.)

- 114 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Das Konzept, das von Christamaria • ein Pilot, der an Laserscanbefl iegungen Kugge und Katrin Soltwedel erstellt wurde, für die Erstellung des aktuellen Gelän- sattelt auf das bestehende Ausstellungs- demodells beteiligt war, konzept der LGB auf und geht noch ein werden als Figuren dargestellt. Sie be- ganzes Stück weiter. Ein Projekt, das vor richten über ihre Arbeit, Wissenswertes Ort eine ganze Saison zu sehen sein wird und Besonderheiten. Die Aussagen des und damit eine Vielzahl von Besuchern, schwedischen Landvermessers aus dem die die Verwaltung mit ihrem Informa- 17. Jahrhundert beruhen auf den Ergeb- tionszentrum jährlich begrüßt, erreicht, nissen intensiver Recherchen, die Frau verlangte nach Besonderheiten. In Ko- Kugge vorgenommen hat. operation mit Kollegen der LGB wurde Insgesamt umreißt die Ausstellung das getüftelt und geforscht. Den Kern der breite Spektrum vermessungstechnischer Ausstellung bilden die bei der LGB vor- Ergebnisse und kartographischer Dar- liegenden historischen Karten und Luft- stellungen über einen Zeitraum von rund bilder sowie die Daten der Geländemo- 500 Jahren. Sie bezieht sich dabei auf das delle. Ergänzt wird die Ausstellung durch Gebiet des heutigen Biosphärenreservates Reproduktionen von Karten der Re- und darüber hinaus. gion, die als Originale bei der Staats- Zuviel soll hier aber nicht verraten we- bibliothek zu Berlin - Preußischer Kultur- den. Ein paar Überraschungen dürfen den besitz - liegen oder die in anderen, teils Interessierten noch erwarten. Versprochen privaten Sammlungen entdeckt wurden. sei: der weite Weg in eine der äußersten Eine Vielzahl an Texten kommentiert und Ecken Brandenburgs lohnt sich schon für erläutert die Karten, Grafi ken und ande- die Besichtigung dieser Ausstellung. ren Ausstellungsstücke. Dadurch werden umfangreiche tiefgründige Informationen Adresse: vermittelt. Biosphärenreservatsverwaltung Glanzpunkte neben der graphischen Flusslandschaft Elbe-Brandenburg Darstellung besonders des Digitalen Besucherzentrum Geländemodells sind aber die Persön- Neuhausstraße 9 lichkeiten, die bei dieser Ausstellung im 19322 Rühstädt wahrsten Sinne des Wortes „zu Worte“ kommen: Tel.: (03 87 91) 980 25 • Ein schwedischer Landvermesser aus dem 17. Jahrhundert, der die mög- Öffnungszeiten: licherweise erste Karte der Prignitz April bis September täglich 10 – 18 Uhr aufgenommen hat, Oktober bis März nach vorheriger • ein Zeitzeuge der Kugelbake, einem Anmeldung Vermessungsschiff, das 1966 der Elb- vermessung diente und fast ursächlich (Oliver Flint, LGB) in einen innerdeutschen Konfl ikt ver- strickt war und

9 ermessung Brandenburg - 115 - Mitteilungen Neue Umlegungsausschussverordnung in Kraft getreten Am 12. März 2009 ist die neue Umlegungs- nalverfassung des Landes Brandenburg ausschussverordnung (UmlAussV) als Ar- verwiesen. Die Amtszeit des Umle- tikel 1 der Verordnung zur Änderung und gungsausschusses entspricht nun der Aufhebung landesrechtlicher Vorschriften Wahlperiode der Gemeindevertretung. auf dem Gebiet des Städtebaurechts vom Die Entschädigung der Ausschussmit- 23. Februar 2009 (GVBl. II S. 101) in glieder ist in einer Entschädigungssat- Kraft getreten. zung zu regeln. Eine Änderung der Umlegungsaus- • Die untere Flurbereinigungsbehörde ist schussverordnung war bereits aufgrund der nicht mehr verpfl ichtet, auf Antrag der Einführung einer vereinfachten Umlegung Gemeinde die Entscheidungen im Um- an Stelle der früheren Grenzregelung durch legungsverfahren als Geschäftsstelle das Europarechtsanpassungsgesetz Bau des Umlegungsausschusses vorzube- (EAG Bau) vom 24. Juni 2004 erforderlich. reiten. Diese Verpfl ichtung besteht aus- Außerdem fl ossen Ergebnisse des Projekts schließlich für die räumlich zuständige „Strukturreform des amtlichen Vermes- Katasterbehörde. Zur Klarstellung wird sungswesens“ und der Aufgabenkritik in der Verordnung darauf verwiesen, im Ministerium des Innern in die neue dass diese Aufgabe aber auch ande- Umlegungsausschussverordnung ein. ren Katasterbehörden und Öffentlich Gegenüber der früheren Verordnung bestellten Vermessungsingenieuren enthält die neue Umlegungsausschussver- übertragen werden kann. ordnung folgende Neuerungen: • Über Widersprüche in Umlegungsver- • Für die Durchführung einer vereinfach- fahren entscheidet zukünftig die Behör- ten Umlegung ist die Bildung eines de, die den angefochtenen Verwaltungs- Umlegungsausschusses nicht erforder- akt erlassen hat (Umlegungsausschuss lich. Besteht jedoch bereits ein Umle- oder Gemeinde). gungsausschuss, so ist dieser auch für • Der Obere Umlegungsausschuss wird die Durchführung der vereinfachten abgeschafft. Er besteht nur noch bis zum Umlegung zuständig. Abschluss der bereits zum Zeitpunkt • Die Qualifi kationsanforderungen an die des Inkrafttretens der Verordnung lau- Mitglieder des Umlegungsausschusses fenden Widerspruchsverfahren fort. sind klarer formuliert. Ausnahmere- gelungen, die je nach Interessenlage (Wolfram Wagner, MI) unterschiedlich interpretiert wurden, sind entfallen. • Bezüglich des Wahlverfahrens für die Mitglieder des Umlegungsausschusses wird auf die Regelungen zu Einzel- und Gremienwahlen in der Kommu-

- 116 - Nr. 1/2009 Mitteilungen De-Mail – So einfach wie E-Mail, so sicher wie Papierpost

Was ist De-Mail? partnern. Herkömmliche E-Mails erfüllen De-Mail macht Online-Kommunikation jedoch bislang nicht die Anforderungen an so einfach wie E-Mail – und so sicher eine rechtssichere Kommunikation. Denn wie Papierpost. Im Rahmen des Pro- E-Mails können jekts „Bürgerportale“ entwickelt das • wie Postkarten mitgelesen, Bundesministerium des Innern (BMI) • auf dem Weg abgefangen und gemeinsam mit Wirtschaft, Verwaltung • ohne großen Aufwand verändert wer- und Verbänden eine Lösung für die On- den. line-Kommunikation, die so einfach sein Zudem wissen Absender und Empfänger soll wie E-Mail und dabei so sicher wie bei E-Mail nicht sicher, mit wem sie die Papierpost. Bürgerinnen und Bür- gerade wirklich kommunizieren. Als ger, Wirtschaft und Verwaltung können Alternative bleibt oft nur der Papier- per „De-Mail“ künftig Nachrichten und versand. Dokumente vertraulich, zuverlässig und geschützt vor Veränderungen versenden. Sicher zugestellt! Hinter allen De-Mail-Adressen stehen De-Mail-Anbieter müssen eine Vielzahl sicher identifi zierte Kommunikations- von Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. partner. De-Mail wird ergänzt durch eine De-Mail bedeutet: sichere Dokumentenablage, den De-Safe, • Versand über abgeschlossene und ver- und einen benutzerfreundlichen Identitäts- schlüsselte Kommunikationskanäle nachweis, De-Ident. Das BMI schafft hier- • Vor Veränderungen geschützter Trans- für die rechtlichen Rahmenbedingungen port der Nachrichten und defi niert die technischen Grundlagen. • Qualifi ziert elektronisch signierte Ver- Realisiert und betrieben wird De-Mail sand- und Zustellbestätigungen mit von der Privatwirtschaft. Wer De-Mail- hoher Beweiskraft Anbieter werden möchte, muss in einem • Gesetzliche Regelung und ein staatlich staatlichen Zertifi zierungsverfahren nach- zertifi ziertes Angebot weisen, dass er hohe Anforderungen an Sicherheit und Datenschutz erfüllt. Be- sonderer Wert wird beispielsweise auf den Schutz der Verbraucher und die Sicherheit ihrer Daten gelegt.

Sicher zugestellt? E-Mails werden inzwischen privat ebenso selbstverständlich genutzt wie in der Kom- munikation mit Behörden und Geschäfts-

9 ermessung Brandenburg - 117 - Mitteilungen

Was De-Mail für Sie bedeutet Mit De-Mail lässt sich das Problem der rechtssicheren, vertraulichen und verbind- lichen elektronischen Zustellung lösen. De-Mail • schützt persönliche Daten vor dem Zugriff Dritter • ist einfach zu nutzen und beugt Spam vor • spart Zeit und Geld und ist weltweit rund um die Uhr nutzbar • bietet Bürgern, Wirtschaft und Ver- waltung eine verbindliche Adresse im Netz • vermeidet Medienbrüche, beschleunigt Prozesse und senkt Kosten Zertifi zierung durch das Bundesamt für • lässt sich in die vorhandene E-Mail- Sicherheit in der Informationstechnik Infrastruktur einbinden wird sicherstellen, dass die hohen An- forderungen an Sicherheit, Verbraucher und Datenschutz sowie an die technische De-Mail ist auf dem Weg Zusammenarbeit der Dienste erfüllt wer- De-Mail schafft für Bürgerinnen und Bür- den. Das Gesetzesvorhaben wurde bereits ger im Internet eine verbindliche und initiiert. Die gesetzliche Regelung schafft vertrauenswürdige Adresse für sichere die nötige Rechtssicherheit und defi niert Kommunikation und einen Speicherplatz die Anforderungen an die Anbieter. Erste für wichtige Unterlagen. Unternehmen und Pilotprojekte sollen De-Mail in den prak- Verwaltung bietet De-Mail die Möglich- tischen Einsatz überführen, bevor 2010 der keit, neue durchgängig digitale Prozesse Echtbetrieb starten kann. zu entwickeln. Eine rechtssichere, ver- trauliche und zuverlässige Online-Kom- Das Projekt Bürgerportale munikation eröffnet Möglichkeiten, die Das Projekt Bürgerportale (De-Mail) ist bislang aufgrund der Sicherheitsrisiken Teil der High-Tech-Strategie der Bundes- nicht möglich waren oder unter mangeln- regierung und des auf der Kabinettklausur der Akzeptanz litten. Die Arbeit an den in Meseberg verabschiedeten „12-Punkte- konzeptionellen Grundlagen des Projekts Plans für ein bürgerfreundliches Deutsch- ist inzwischen weitgehend abgeschlossen. land“. Im Rahmen des E-Government-Pro- Es wurden mehrere Studien durch renom- gramms 2.0 und unter Federführung des mierte wissenschaftliche Institute durch- Bundesministeriums des Innern werden geführt. Die Ergebnisse der Studien fl ießen die Voraussetzungen für eine sichere und in die Konzeption und die Ausgestaltung einfach zu nutzende Infrastruktur für die der Zertifi zierungsverfahren mit ein. Die elektronische Kommunikation entwickelt.

- 118 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Dies geschieht in enger Zusammenarbeit Weiterführende Informationen fi nden Sie mit einer Reihe öffentlicher Institutionen unter www.de-mail.de sowie privater Organisationen und Un- ternehmen. (Bundesministerium des Innern)

Plan der Umgebung Potsdams um 1680 - Reproduktion Erster „Stadtplan“ von Potsdam, ein Zu- ßischer Kulturbesitz - in Berlin Dahlem. sammendruck von 18 Blättern des ersten Seit Juni 2008 ist ein Teil des Atlasses re- brandenburgischen Atlasses. Format 90 cm produziert und im Kartenvertrieb der Lan- x 68 cm, Vorderseite 1 : 25 000, Rückseite desvermessung und Geobasisinformation 1 : 10 000 mit Begleittext Brandenburg (LGB) erhältlich. Anlass für die Herstellung dieser Reproduktion war Original: 2004 die 400. Wiederkehr des Geburtstags ICHNOGRAPHIA oder Eigentlicher von Johann Moritz von Nassau-Siegen Grundriß der Churfürstlichen Herschafft (1604 - 79), Landschafts- und Stadtplaner, Potstamb Undt Darzu Gelegenen Ampt aber auch Reichsfürst, Großmeister des Saarmund und Wittbrützen Wie auch der Johanniterordens, Feldmarschall, General, Herschafft Capput (ANNO MDCLXXXV) Gouverneur und ab 1647 Statthalter des Großen Kurfürsten (1620 - 88) in den von Samuel de Suchodoletz, 1679 - 1685, brandenburgischen Besitzungen Kleve, Feder, aquarelliert; Einzelblatt 68 cm x 48 Mark und Ravensberg. cm, Darstellung 53 cm x 36 cm, Nach einer Idee von Dipl.-Ing. Hartmut Atlas mit 45 Blättern, Maßstab 1 : 12 554, Solmsdorf wurden 18 Einzelblättern bei Geheimes Staatsarchiv PK Berlin (GStA der LGB montiert, wobei diese ursprüng- PK, XI. HA Karten, Atlas 221). lich nicht regelmäßig nebeneinander lie- gen, sondern unregelmäßig verteilt und Im Auftrag des Großen Kurfürsten Fried- nach allen Himmelsrichtungen orientiert rich Wilhelm fertigte der polnische Land- sind. Für die Reproduktion wurde dies vermesser Samuel de Suchodoletz (1642 geändert. Es sollte ein Plan der damaligen - 1727) den ältesten brandenburgischen Residenzstadt entstehen, der vergleichbar Atlas von der kurfürstlichen Herrschaft ist mit Stadtplänen heutiger Art. Mit einem Potsdam und Umgebung an, also der ab Bildbearbeitungsprogramm wurden die 1660 erworbenen Besitzungen mit der Einzelkarten zunächst auf einer virtuellen neuen Residenz. Es ist die erste fl ächen- Arbeitsfl äche platziert und eingenordet. hafte, großmaßstäbliche Kartierung eines Danach wurden die einzelnen Bilder, brandenburgischen Gebiets überhaupt. die sich in großen Teilen überdecken, so Der Originalatlas mit 45 Einzelkarten über- bzw. aneinander geschoben, dass liegt im Geheimen Staatsarchiv - Preu- sie in etwa im Anschluss standen. Durch

9 ermessung Brandenburg - 119 - Mitteilungen

Änderung des Kartenbildes durch Verdrehen (Ausrichtung nach Nord) und Retusche anhand eines Beispielausschnitts.

Maskierungstechniken erfolgte die ge- jede einzelne Karte in Farbintensität und naue Zusammenführung der Kartenblätter. Helligkeit fein aufeinander abgestimmt Harte Übergänge von einem Blatt zum werden. anderen wurden dadurch weich gezeichnet. Christian Görsch (LGB) hat in die di- Dabei wurde darauf geachtet, dass mög- gitale Bearbeitung sein ganzes Können lichst viele Objekte wie Straßen, Wege, gelegt. Nicht nur die Vorlage, auch das Gewässer so genau wie möglich aneinan- Ergebnis seiner Arbeit ist beeindruckend. der passen und der Übergang unauffällig Er hat es geschafft, ein gleichmäßiges bleibt. Eine Besonderheit der Einzelseiten Bild zu erzeugen, von dem der Betrachter ist, dass in deren Kartenbildern ein Titel, kaum vermuten wird, dass es einem Puzzle ein Kompass sowie Adler und Wappen gleicht. Die schief stehenden Schriften und platziert sind. Um das Gesamtbild nicht zu Symbole fallen zwar auf, die Nahtstellen stören, wurden die meisten dieser Symbole entdeckt nur, wer besonders genau hin- entfernt und an diesen Stellen retuschiert. schaut oder die Hintergründe der Entste- Aus dem Umstand, dass jedes Blatt seiner- hung des Planes kennt. zeit von Hand gezeichnet wurde resultierte Mit dem vorliegenden Kartendruck zudem, dass die allgemeine Farbgebung möchte die LGB den Großteil des heutigen der Bilder teilweise stark variiert. Um ein Stadtgebietes Potsdam in der kartogra- homogenes Gesamtbild zu erzielen, musste phischen Gestaltungsweise der damaligen

- 120 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Zeit zusammenhängend zur Verfügung cke“ (Klein-Glienicke) vorhanden, die stellen. Der Originalatlas zeigt auf den 45 anderen Orte (ausgenommen Werder) sind Einzelkarten (wobei jeweils die einzelne erheblich kleiner. Auffallend ist der sel- Gemarkung vollständig erfasst ist) die tene Rundling „Newendorf“ (Neuendorf, Landnutzung der Herrschaft Potsdam, der heute Babelsberg) an der Nuthe, mitten im Ämter Saarmund und Wittbrietzen sowie Kartenbild, der 300 Jahre später fast der der Herrschaft Caputh, also des zentralen Nuthe-Schnellstraße zum Opfer gefallen Bereichs der Potsdamer Kulturlandschaft wäre. Ein großer „Fasahngarten“ wur- kurz nach dem Tod von Johann Moritz, d. de 1671 an der „Allee gegen Eichberg“ h. kurz nachdem die ersten fünf von ihm angelegt, ein weiterer kleinerer bestand geplanten Alleen in die Landschaft gelegt im heutigen Park Sanssouci. Weingärten worden waren. Dieser Atlas ist damit häufen sich in unterschiedlicher Größe eine ergiebige Quelle unter anderem für um Werder, Potsdam und Saarmund. Die siedlungsgeografi sche Untersuchungen. beachtliche Zahl der Mahlmühlen (8 Was- Der gesamte Kartenausschnitt ist weit- ser- und 12 Windmühlen im Bereich des gehend erschlossen und landwirtschaftlich gesamten Atlasses) zeigen, dass der Ge- intensiv genutzt; dargestellt durch einen treidebau relativ intensiv betrieben wurde. hohen Ackerlandanteil. Das Kartenbild Des Weiteren sind Ziegeleien bei Stolpe, zeigt großfl ächig zusammenhängende, Caputh, Glindow und Seddin verzeichnet. noch heute im Wesentlichen vorhandene Außer den erwähnten Alleen durchziehen Waldgebiete beiderseits der Havel auf viele Straßen und Wege die agrarisch wenig fruchtbaren oder peripher gele- geprägte Landschaft; die Havel lässt sich genen Gemarkungsteilen. Zwei davon sind trockenen Fußes nur mittels Brücken bei eingezäunt (auch die angrenzenden Was- Glienicke, Potsdam und Baumgarten über- serfl ächen): der 1665 geschaffene große queren. „Thiergarten“ am Ostufer des Templiner Der Große Kurfürst hat nach den Wirren Sees zwischen Brauhausberg und Caputh des 30-jährigen Krieges die Mark Bran- sowie der Kleine Tiergarten auf dem „Ba- denburg mit holländischer Hilfe konso- berow“ (Babelsberg). Dazwischen lie- lidiert. Die während seiner Regentschaft gen weite „Feldmarcken“, die von noch (und unter der Ägide von Johann Moritz) frei mäandrierenden Bächen und Flüssen entstandenen Lustschlösser mit ihren („Nutte-Fließ“, „Wubelitz“) durchzogen Lustgärten, Achsen und Alleen, Kanälen, werden. Nach Westen geht die Landschaft Weinbergen und Tiergärten bilden die in das „Golmische Bruch“ über, das durch Grundelemente für eine paradiesische mehrere Gräben in quadratische Felder Landschaftsentwicklung. Unter seinen geteilt wird. Nachfolgern beginnt der Ausbau Potsdams Potsdam ist zu dieser Zeit nur ein kleiner zu einer zweiten, ausgesprochen reprä- Ort mit einem Schloss, einem Lustgar- sentativen Residenzstadt neben Berlin. ten und 158 (teilweise wüsten) Häusern; Auch die Umgebung wird mit Schlössern weitere Schlösser sind in „Capput“ (Ca- und Parkanlagen immer weiter gestaltet puth), „Bornheim“ (Bornim) und „Glin- und unter dem Triumvirat von Friedrich

9 ermessung Brandenburg - 121 - Mitteilungen

Wilhelm IV., Karl Friedrich Schinkel und Peter Joseph Lenné zur höchsten landschaftlichen Blüte getrieben, wozu Johann Moritz die Grundlagen legte. Das als Suchodoletz-Karte bezeichnete Werk ist beim Kartenvertrieb der LGB zum Preis von 15 € erhältlich. Telefon: (03 31) 88 44 123 Online-Shop: http://geobroker.geobasis-bb.de

(Oliver Flint, LGB, unter Verwendung eines Textes von Hartmut Solmsdorf, technische Erläuterungen Christian Görsch, LGB) haben andere, Straßenbauer, Architekten, 777 Jahre Spandau Landschaftsplaner oder auch die Natur, das in der Karte Gezeigte schon wieder im Kartenbild der Jahrhunderte verändert, erfordern neue Vermessungen So heißt eine vom Vermessungsamt Span- und eine Neuaufl age von Karten. dau im Frühjahr 2009 neu herausgegebene Im Mittelalter waren Karten militä- DVD. risch und wirtschaftlich von enormer Es handelt sich dabei um eine Zusam- Bedeutung. Sie zu erstellen war damals menstellung digital aufbereiteter histo- eine unglaublich schwierige und zeitrau- rischer und aktueller Karten als Beitrag bende Arbeit. Wer Karten hatte, besaß die zur Dokumentation und Erforschung der Welt in seiner Hand, konnte in ihr navi- Stadtgeschichte Spandaus, jenem Berliner gieren und Entdeckungen machen, Reisen Bezirk, der – älter als Berlin selber – im zu den weißen Flecken unternehmen. Jahr 2009 auf 777 Jahre seit der ersten Ganze Reiche gründeten sich darauf, die urkundlichen Erwähnung der Stadt zu- richtigen Karten in der Hand zu haben. rückblicken kann. Karten waren schon immer wertvoll. Karten sind ein hervorragendes Zeitdo- Die Karthager sollen ihre Schiffe ver- kument der Landschaft und ihrer Prägung senkt haben um zu verhindern, dass ihre durch Menschenhand. Sie sind Moment- Karten den Römern in die Hände fallen. aufnahmen der jeweiligen Zeit. Kartogra- Zu Zeiten von Kolumbus war es in phie ist Wissenschaft und Kunst, aber auch Portugal und anderen Ländern bei unverzichtbares Dokumentationsmittel für Todesstrafe verboten, Karten – ein Staats- die zeitgeschichtliche Entwicklung der geheimnis – ins Ausland zu schmuggeln. menschlichen Gesellschaft. Kartographen Kartendiebstahl war immer ein bedeu- werden nie mit der Arbeit fertig – kaum tender Zweig der Spionage. Auch im ist ein Werk geschafft, die Karte gedruckt, östlichen Teil Deutschlands wurden

- 122 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Karten bis vor 20 Jahren nicht nur als Die aktuellen amtlichen Karten beweisen vertrauliche Verschlusssachen behandelt, mit ihrem Detailreichtum, dass man bei der sondern sogar – in ihren öffentlich zu- Verwendung von GIS-Internetdiensten wie gänglichen Ausgabeformen – systema- Google Maps oder MS Virtual Earth sehr tisch verfälscht. schnell an die Grenzen dieser Dienste stößt. Dies ist heute völlig anders. Landkar- Bei den auf der DVD enthaltenen Kar- ten sind in einem demokratischen Staat tenwerke handelt es sich um Scans von für jedermann öffentlich zugänglich. Im Handzeichnungen oder Druckstücken, Gegensatz zu früher muss man sich diesen welche über Passpunkte oder die Kar- Schatz der Kartographie zu Spandau nicht tenränder georeferenziert (koordiniert) mehr heimlich stehlen, sondern kann ihn und mit ihren Einzelblättern aneinander für einen Preis von 39,00 € beim Vermes- gefügt wurden. Sofern notwendig wurden sungsamt Spandau beziehen. die Karten zusätzlich noch entzerrt, um Das Vorhandensein von Karten über das die Lagegenauigkeit zu verbessern und eigene Lebensumfeld wird heute als etwas Lücken oder Überlagerungen am Rande völlig Selbstverständliches angesehen. Die von Kartenblättern weitgehend zu ver- Arbeit der Geodäten und Kartographen meiden. Die Rasterdaten der in digitaler an den Kartenwerken stellt eine bedeu- Weise erstellten aktuellen Karten von tende Infrastruktur für das Gemeinwe- Berlin im Maßstab 1 : 1 000 und 1 : 5 000 sen dar; sie dokumentiert – von Vielen sowie die aktuelle Bezirkskarte 1 : 10 000 aber eher unbemerkt – den Zeitenwandel sind natürlich jeweils blattschnittfrei direkt eindrücklich. Reiht man Karten zeitlich aus ihren Fachverfahren erzeugt worden. aneinander, werden oft erstaunliche und Die DVD enthält 52 georeferenzierte aufschlussreiche Erkenntnisse über die Kartenwerke bzw. Orthophotos aus der Veränderungen im Stadt- und Landschafts- Plankammer des Vermessungsamtes Span- bild offenbar. Darüber hinaus bietet sich dau und aus anderen Quellen – die Karten ein weites Feld für heimatkundliche und umfassen die Zeitspanne von 1588 bis 2009, historisch interessierte Liebhaber alter die Maßstäbe von 1 : 1 000 bis 1 : 925 000. Karten und kartenähnlicher Darstellungen. Ergänzt wird dies mit 86 Seiten textlichen Das Vermessungsamt Spandau hat sich mit Erläuterungen (PDF-Datei); dabei werden dieser DVD der Pfl ege dieses wertvollen noch Hinweise auf 27 weitere historische Kulturgutes angenommen. Neben den Karten, welche für das Thema „Spandau im traditionellen amtlichen Kartenwerken Kartenbild der Jahrhunderte“ von Interesse sind es besonders ausgewählte Einzel- sind, gegeben (jeweils mit Internet-Links stücke, die nun einem größeren Interes- zur Karte). sentenkreis bereit gestellt werden. Dabei Jede der auf der DVD enthaltenen Karten wird insbesondere auch an die Spandauer ist etwas Besonderes für sich. Drei karto- Schüler gedacht: Die DVD wird für Un- graphische Highlights verdienen es jedoch terrichtszwecke den Spandauer Schulen besonders genannt zu werden: kostenfrei zur Verfügung gestellt und soll • Die durch den Landmesser Gustav Ha- das Thema „GIS“ an den Schulen fördern. estskau gefertigten Katasterkarten von

9 ermessung Brandenburg - 123 - Mitteilungen

Spandau der Jahre 1724/1728 („Span- • Die brandneue „Karte von Berlin dow Intra Moenia“, „Spandow Extra 1 : 5 000“ (2008) – ein Gemeinschafts- Moenia“) sind ein einzigartiges Zeugnis werk der bezirklichen Vermessungsämter der hohen Professionalität Spandauer Berlins – ist mit ihrer farbigen Ausga- Geodäten und Kartographen, die schon beform ein Beispiel für höchste Ge- vor fast 300 Jahren die Eigentumsverhält- nauigkeit, Aktualität und Vollständigkeit nisse genau darstellten. Vermessung und eines Landeskartenwerks. Dabei wurde Kartographie habenTradition in Span- erstmals in Deutschland der Informati- dau. onsreichtum des Liegenschaftskatasters • Das „Schmettausche Kartenwerk“ von über die tatsächlichen Verhältnisse der 1780 dokumentiert die erste geschlos- Grundstücke im digitalen Datenfl uss sene Landesaufnahme Preußens vor ca. als Basis für eine mittelmaßstäbliche 230 Jahren (Kartendrucke können über Karte vewendet. Dieses Kartenwerk, den Kartenservice der LGB bezogen welches dem AdV-Konzept der „Amt- werden). Man fragt sich heute noch, wie lichen Basiskarte 1 : 5 000“ entspricht, es Schmettau zu jener Zeit gelang, mit kann Maßstab und Ansporn für die Ver- seinen Mitarbeitern dieses enorme Ar- messungsverwaltungen anderer Bundes- beitspensum in kurzer Zeit auszuführen. länder oder Kommu nen sein.

Abb. 1

- 124 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Hervorzuheben sind noch die „Urmess- im historischen Zeitvergleich lassen sich tischblätter“ von 1835 (Kartendrucke alle Karten überlagern mit einer Karte der können über den Kartenservice der LGB statistischen Blöcke, der Karte von Berlin bezogen werden) (Abb. 1), die „Geolo- 1 : 5 000 (Herausgabejahr 2004) oder dem gische Karte von Preußen“ von 1878, alle Stadtplan von Berlin 1 : 4 000 (Herausga- nach 1945 vom Vermessungsamt Spandau bejahr 1946). Im Zusammenhang mit der herausgegeben „Bezirkskarten 1 : 10 000“, Digitalisierung wurde eine Vielzahl von der vom Militärgeographischen Dienst aktuellen und historischen Lagebezeich- der DDR zuletzt im Jahr 1988 gefertig- nungen (über 1 600 Orte) georeferenziert; te „topographische Stadtplan von DDR deren stadträumliche Lage kann mit der Berlin, Potsdam, Berlin (West)“ (!) im Viewer-Software als „Point of Interest“ Maßstab 1 : 10 000 (mit Höhenlinien für im Kartenbild angezeigt werden. die gesamte Bezirksfl äche) und – ganz „Man muss nicht alles wissen. Man muss aktuell und erstmalig vollständig für den nur wissen, wo man nachschauen kann.“ Bezirk – die „Karte von Berlin 1 : 1 000“ Preis: 39,00 € (Ausgabe Januar 2009, als Abzug aus der Information und Vertrieb: Automatisierten Liegenschaftskarte). Vermessungsamt Spandau Die Firma SRP GmbH aus Berlin hat 13578 Berlin das Vermessungsamt Spandau bei der Tel.: 030-90279-3882/2163 Fertigung der DVD unterstützt und die Fax: 030-90279-2926 Viewer-Software YADE-Zoom 6.0 zur [email protected] Verfügung gestellt; YADE-Zoom ist seit vielen Jahren der Standard-Viewer der (Vermessungsamt Spandau, Berlin) digital veröffentlichten Kartenwerke und Orthophotos der Berliner Vermessungsver- waltung (Systemvoraussetzungen: PC ab 512 MB RAM, Windows 2000/XP/Vista, DVD-ROM-Laufwerk, mindestens 35 MB freier Festplattenspeicher). Für diese DVD hat die SRP GmbH ihr Produkt YADE-Zoom zum Zweck der Kompilation historischer Kartenwerke spezifi sch angepasst. Neben üblichen Na- vigationsfunktionen kann man mit YADE- Zoom auch Kartenausschnitte mittels einer Adresssuche anzeigen lassen (aktuelle Adresse: Straße, Hausnummer; Adress- datei mit Stand Januar 2009). Nach Aus- wahl einer bestimmten Ansicht lässt sich zwischen allen Karten hin- und herschal- ten. Zur besseren räumlichen Orientierung

9 ermessung Brandenburg - 125 - Mitteilungen XII. Hallenfußballturnier der Vermessungsstellen 2009 Das vom Deutschen Verein für Vermes- sungswesen, Landesverein Berlin-Bran- denburg e.V., Bezirksgruppe Niederlausitz organisierte XII. Hallenfußballturnier der Vermessungsstellen fand in diesem Jahr am 13. Februar in der Lausitzarena Cott- bus statt. Für wen sollte Freitag der 13. sprichwörtlich zum Pech- oder Glückstag werden? Zu Beginn der Veranstaltung wurde Hartmut Schröter für seine langjährigen Verdienste um das Hallenfußballturnier mit der silbernen Ehrennadel des Deutschen Vereins für Vermessungswesen geehrt. Herr Schröter organisiert dieses Turnier seit nunmehr zwölf Jahren. Die Ansetzung ging diesmal einem Aufeinandertreffen der vermeintlichen Favoriten aus dem letzten Jahr gezielt aus dem Wege. Allerdings hatte die gemischte Mannschaft der KVÄ Ober- mit 1:3 unter die Räder. Damit meldete nun spreewald-Lausitz und Teltow/Fläming die Mannschaft des ÖbVI Borgmann ihre wenige Tage vorher abgesagt, so dass nur Anwartschaft auf das Finale an. Die LGB 7 Mannschaften in zwei Staffeln antraten. konnte den verletzungs- und krankheitsbe- Kurzfristig hatte sich die Jury entschieden, dingten Ausfall von drei wichtigen Spielern die Platzierungen 5 bis 7 auszuspielen, was aus dem Vorjahr nicht kompensieren. für zusätzliche Brisanz sorgen sollte. Gegen das VKA LDS machte danach In der Staffel A starteten die beiden favori- ÖbVI Möring die Qualifi kation für das sierten Mannschaften, des Gastgebers Cott- Halbfi nale bereits perfekt, indem man ei- bus, mit einem 3:0 gegen ÖbVI Schultz und nen 0:1 Rückstand noch in einen 2:1 Sieg der Finalist des Vorjahres, ÖbVI Möhring, umdrehen konnte. Durch ein 1:1 von ÖbVI mit einem 5:1 gegen VKA LDS in das Tur- Schultz gegen VKA Cottbus wurde die Ent- nier. Der Dritte des Vorjahres LGB ging in scheidung in Staffel A vertagt. Beim direkten seinem Auftaktspiel gegen ÖbVI Borgmann Aufeinandertreffen der Siegermannschaften aus Berlin zwar früh in Führung, war danach der ÖbVI Borgmann und Strese/Rehs aus aber nicht in der Lage, gegen den immer Staffel B setzte sich der Pokalverteidiger von stärker werdenden Gegner den Ball zu kon- 2008 mit 3:1 durch. Team Borgmann konnte trollieren und die eigene Abwehr zu ordnen. allerdings nach dem zwischenzeitlichen Als Team Borgmann der Ausgleich gelang, Ausgleich das Spiel lange offen halten. Team kippte das Spiel und die LGB kam noch Möhring gelang auch im dritten Spiel der

- 126 - Nr. 1/2009 Mitteilungen

Staffel A gegen den Gastgeber mit 3:2 ein A wieder aufeinander. Diesmal behielt die Sieg und zeigte sich damit gerüstet für den Mannschaft von ÖbVI Möhring mit 4:2 möglichen Turniergewinn. Das bis dahin die Oberhand und konnte mit dem dritten sieglose VKA LDS überraschte durch einen Rang das gute Abschneiden des Vorjahres 3:1 Sieg gegen Team Schultz, das damit bestätigen. seine Chance auf das Halbfi nale nicht nut- Im Finale schlugen dann die Spannungs- zen konnte. Erwartungsgemäß musste sich wogen hoch. Zunächst schien mit der frühen dann die LGB mit 3:0 gegen ÖbVI Strese/ Führung für den Pokalverteidiger Strese/ Rehs geschlagen geben. Zwar wurde ver- Rehs alles nach Plan zu verlaufen. Dann sucht, den Spielmacher des Vorjahressiegers jedoch drehte das Borgmann-Team das durch eine Manndeckung aus dem Spiel Spiel und ging mit 2:1 in Führung. Die zu nehmen, man blieb aber selbst nach Zweikämpfe wurden verbissener und Stre- vorn völlig wirkungslos. Mit dem ersten se/Rehs konterte mit zwei Treffern zum Gegentor war dann der Bann auch mental erneuten Führungswechsel. Der Herausfor- gebrochen. Um die Platzierung 5 bis 7 zu derer wollte nun alles auf eine Karte setzen ermitteln, spielten nun noch der Dritte und und bekam in dieser Phase wegen eines Vierte der Staffel A gegen die LGB. Gegen Foulspiels eine 2-Minutenstrafe. Mit dem ÖbVI Schulz führte man lange 1:0, verlor 4:2 machte dann die Mannschft der ÖbVI aber noch mit der Schlusssirene unglück- Strese/Rehs den Turniersieg klar. Mit dem lich mit 1:2. Auch im letzten Treffen gegen dritten Turniersieg in Folge ging nun auch VKA LDS hatte zunächst die LGB die der Wanderpokal in ihren Besitz. „Dafür besseren Chancen, konnte diese aber nicht haben wir 8 Siege gebraucht“, stöhnte der nutzen. In der Schlussminute kassierte man Spielführer Jörg Batram in der Kabine. dann noch einen Gegentreffer und wurde Großen Anteil daran hatte der als „Bester diesmal mit 0 Punkten und 2:9 Toren nur Torschütze“ geehrte Michael Krautzig. Siebenter und Letzter - eine herbe Enttäu- Überraschungsmannschaft des Turniers schung nach dem guten Abschneiden der aber war die Truppe des ÖbVI Borgmann beiden vorangegangenen Jahre. Im ersten aus Berlin, die mit nur einem Sieg und einem Halbfi nale trennten sich ÖbVI Möhring Unentschieden den 2. Platz erringen konnte und ÖbVI Borgmann 1:1. Im nun fälligen und mit Stefan Lange den von den anderen Neunmeterschießen wurde der bis dahin Trainern gewählten „Besten Torhüter“ in die Torschützenliste anführende Thomas ihren Reihen hatte. Der Präsident der LGB Langer zur tragischen Figur, als er als letzter Heinrich Tilly überreichte allen Spielern zur Schütze seinen Neunmeter neben das Tor Erinnerung an dieses Turnier einen Foto- platzierte und damit die Mannschaft von Karten-Kalender des Landesbetriebes mit ÖbVI Borgman überraschend ins Finale ein- dem Motto „Klöster in Brandenburg“. Alle zog. Im zweiten Halbfi nale setzte sich dann Beteiligten waren sich einig, eine sportlich souverän Pokalverteidiger Strese/Rehs mit hochklassige, spannende und faire Veran- 5:1 gegen den wieder erstarkten Gastgeber staltung erlebt zu haben. Cottbus durch. Im Spiel um Platz 3 trafen damit die beiden Kontrahenten aus Staffel (Ulrich Rath, LGB)

9 ermessung Brandenburg - 127 - Mitteilungen „Sind Geodaten personenbezogene Daten?“ Die Frage, ob Geodaten grundsätzlich sagt der DDGI-Präsident Udo Stichling personenbezogene Daten im Sinne des und ist sicher: „Die Geoinformations- Datenschutzes sind stellt sich nicht erst branche braucht keine Vollbremsung, die seit der fl ächendeckenden Erfassung von einem Totalausfall gleichkäme, sondern Deutschland durch private Dienstleister. vernünftige Regeln für das Arbeiten mit Jedoch wird die Öffentlichkeit immer Geoinformation und Datenschutz.“ So stärker in dieses Thema eingebunden. hofft der DDGI, dass das Gutachten einem Dabei bietet die Bereitstellung der Da- breiten Personenkreis zugängig gemacht ten im weltweiten Netz eine ungeahnte wird, damit diese Regeln möglichst schnell Verbreitungsmöglichkeit. Im Zusammen- in die Tat umgesetzt werden können. Der hang mit automatischen Auswertemög- Bezug des Gutachtens ist kostenlos und lichkeiten ergeben sich Chancen aber auch über das Institut für Rechtsinformatik Risiken bei der Bewertung dieser Daten, zu bestellen. Eine Zusammenfassung ist was wiederum die Datenschützer auf den auf der DDGI-Homepage erhältlich unter Plan gerufen hat. www.ddgi.de. Der Deutsche Dachverband für Geoin- Informationen und das vollständige Gut- formation e.V. macht auf ein interessantes achten erhalten Sie unter den nachfol- Gutachten zum Thema „Personenbezug genden Kontaktdaten: von Geodaten“ aufmerksam. Dieses wur- Herr Nico Reiners de vom Institut für Rechtsinformatik der [email protected] Leibniz Universität Hannover unter der www.iri.uni-hannover.de/geodaten.html Leitung von den Professoren Nikolaus Forgó und Axel Metzger und Mitwirkung (Pressemitteilung DDGI) des Dipl.-Jur. Nico Reiners erstellt. Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Institut mit dem Forschungsschwerpunkt Geodaten und Datenschutz. Anhand des Gutachtens wird nachgewie- sen, dass Geodaten per Defi nition gemäß Art. 3 Nr. 2 der Richtline 2007/2/EG (INSPIRE-Richtline) nicht personenbe- zogen, sondern sachbezogen sind. Nur nach den im Gutachten defi nierten Aus- nahmefällen wird aus dem Sachbezug ein Personenbezug. „Die im Gutachten aufgestellten Folgerungen werden nach- haltige Wirkungen auf das Arbeiten mit Geodaten, künftige Gesetzgebungsver- fahren und die Rechtssprechung haben.“,

- 128 - Nr. 1/2009 Buchbesprechungen Buchbesprechungen

Dr. Lisa Keddo Untergliederung erlaubt dabei den direkten Der Öffentlich bestellte Einstieg in konkrete Einzelaspekte der Vermessungsingenieur Berufsausübung. Das Buch von Frau Dr. Stellung und Funktion im Keddo schließt eine Lücke in der Lite- Rechtssystem ratur zum amtlichen Vermessungswesen Wißner-Verlag, Augsburg 2008 und ist eine wertvolle Unterstützung für Broschiert, 344 Seiten Alle, die sich mit den rechtlichen Fragen ISBN 978-3-89639-651-8 zum ÖbVI auseinander setzen (müssen). 34,80 € Musste man bisher mühsam die relevanten Aspekte aus dem Berufsrecht der einzelnen Frau Dr. Keddo stellt an Bundesländer, aus Kommentaren zum den Anfang des Buches Vermessungsrecht, aus der Literatur und das Gedicht „Verkoppe- Rechtsprechung – auch zu verwandten lung“ von Hermann Löns, Berufen – zusammensuchen, ist jetzt der das ein negatives Bild Einstieg über das Buch möglich. Die zahl- der Landvermessung reichen Fußnoten und das umfangreiche zeichnet. Im positiven Literaturverzeichnis erlauben die vertiefte Sinne „vermessen“ und Auseinandersetzung mit Detailfragen des aus allen Richtungen juristisch gründlich Berufsrechtes. beleuchtet wird von ihr das Berufsrecht, Zurück zu Hermann Löns: das Fazit der die Literatur und Rechtsprechung zum dort beschriebenen Vermessung lautet: Öffentlich bestellten Vermessungsingeni- „hier geht ja alles kreuz und quer.“ Ganz eur (ÖbVI). „Die Normen prägen das Amt so kreuz und quer geht es im Vergleich und nicht umgekehrt“, ist sicherlich eine des Berufsrechts der Länder nicht zu. Kernaussage angesichts des rechtlichen Aber man fragt sich doch, ob die teilweise Rahmens für die Tätigkeit des ÖbVIs, der erheblichen Unterschiede im Landesrecht sich auf der Ebene der Länder teilweise zwingenden Notwendigkeiten folgen und sehr unterschiedlich entwickelt hat. Die dem Berufsstand insgesamt förderlich Autorin untersucht neben einem Abriss sind. Eine diesbezügliche Bewertung wird der geschichtlichen Entwicklung in sieben von Frau Dr. Keddo nicht vorgenommen. Kapiteln alle berufl ichen Aspekte des Aber Dank ihrer Arbeit kann diese Frage ÖbVIs: Rechtliche Grundlagen des Ver- auf einer breiten Wissensbasis diskutiert messungswesens, Bestellung zum ÖbVI, werden. Rechtsstellung des ÖbVIs, Aufgaben des (Beate Ehlers, MI) ÖbVIs, Berufsrecht, Vermessungsauftrag, Vergütung und Haftung und im letzten Ka- pitel die Berufsaufsicht und die Ahndung von Pfl ichtverletzungen. Eine detaillierte

9 ermessung Brandenburg - 129 -  click ins web

9 http://www.vermpedia.de/html.php/modul/Index Nach Wikipedia und Open Streetmap nun also ein Vermpedia! Ein Wiki – dass kommt aus dem Hawaiianischen und bedeutet soviel wie „schnell“ – ist ganz grob gesagt eine Informationssammlung im WorldWideWeb, in wel- chem die Inhalte von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden können. Damit kann das Wissen der Autoren kollektiv zusammengefasst werden - jetzt auch für das Vermessungswesen - sozu- sagen ein GeoWiki. Das Vermpedia.de-Team möchte mit seiner Seite als Info-Plattform „Von Vermessern für Vermesser” und „Aus der Praxis für die Praxis” agieren und so unabhängig und kostenfrei für Laien, Azubi’s und Be- rufspraktiker zur Verfügung stehen. Die noch im Aufbau befi ndlichen Seiten weisen noch viele „Baustellen“ auf, die durch die Vermesser zu schließen sind – fast wie im eigentlichen Beruf und sicherlich nicht nur auf Nordrhein- Westfalen begrenzt. Die Möglichkeiten zur individuellen Mitwirkung werden bereits umfassend angeboten.

FAZIT: Packen wir´s an!

www.landvermesser.tv

9 Landvermesser.TV – endlich ein neuer Spartensender nur für Vermesser! Nein, weit gefehlt. Ob der link bei den Vermessungsfachleuten schon ver- breitet ist, glaube ich eher nicht – schon eher bei den literaturinteressierten Mitmenschen. Ganz bestimmt aber bei literaturinteressierten Landvermessern in und um Berlin. Landvermesser.TV ist ein GPS-basiertes Literaturprojekt und zeigt die Verfl echtung der Stadt Berlin mit der Literatur auf und nutzt hierzu die multimedialen Möglichkeiten im web. Hierzu besetzen 10 Schriftsteller als „literarische Landvermesser“ reale Orte der Stadt mit fi ktiven Geschichten. Die Erzählstrecken fi nden Sie im Internet und in der Realität. Auf der Website werden die geobasierten Geschichten auf einer Karte verortet und als Audio- und Videosequenzen sowie als Texte zur Verfügung gestellt. Diese Einschrei-

- 130 - Nr. 1/2009 bung in den virtuellen Geodaten-Globus ist offen und kann von den Passanten fortgeführt werden: Sie können selbst Kommentare auf der Website hinter- lassen. Oder sich eine Tour zusammenstellen, die Audio- oder Textversionen mitnehmen und den Erzählungen im Stadtraum nachspüren. Die Audioversi- onen von Landvermesser.tv sind auch auf den GPS-gesteuerten Stadtführern Cruso abrufbar, die Sie an verschiedenen Orten in Berlin ausleihen können. Die literarischen Spaziergänge durch die Hauptstadt sind bereits seit Mitte 2008 möglich und nun auch allen bisher nichtliteraturinteressierten Landver- messern näher gebracht.

FAZIT: Ganz schön vermessen!

http://www.geobasis-bb.de/LGB1/service/Memo/index.htm

Jeder kennt aus seiner Kindheit bestimmt noch „Memory“ – das Legekar- 9 tenspiel, bei welchem verdeckt liegende Kartenpaare durch Aufdecken im Wechsel erkannt werden müssen. Die Idee hat jetzt die LGB zur Informati- on zu den Kartenprodukten adaptiert und hierzu ein Memo-Spiel auf ihrer Homepage veröffentlicht. Nach dem Aufdecken der richtigen Paare erhält man durch „anclicken“ eine Vergrößerung. Insgesamt ein guter Ansatz der PR (Public Relations = Öffentlichkeitsarbeit), auch wenn man Details noch verbessern kann: Wie beim eigentlichen Kartenspiel wäre es hilfreich, wenn die richtigen Kartenpaare nach dem Aufdecken verschwinden würden. Auch unterschiedliche Schwierigkeitsstufen, eine Bestenliste oder die Verknüpfung mit einem Gewinnspiel ließen sich ergänzen – Mitarbeiter der Vermessungs- verwaltung wären dann natürlich ausgenommen. Der Extra-Button zum Schummeln ist sicher mit der Absicht eingefügt wor- den, das Spiel und damit die Kartenprodukte einem breiten Publikum bekannt zu machen. Für den Leserkreis der Zeitschrift ist die „Schummelei“ sicher nicht notwendig. Mal sehen, wann die LGB eine Anwendung für die PlaySta- tion oder Wii Fit bereitstellt.

FAZIT: Dr. LGB´s Gehirnjogging

(Andre Schönitz, MI)

9 ermessung Brandenburg - 131 - aufgespießt

Einstellungstest für einen Ausbildungsplatz zum Vermessungstechniker 2007; Auszug aus dem Aufsatz „Das Motiv meines Berufswunsches“

Man darf auf die Abschlussprüfung des Kandidaten gespannt sein ...

- 132 - Nr. 1/2009 Inhaltsverzeichnis

Auf dem Weg zur ALKIS®-Einführung 3 Einführung von Gebietstopographen in Brandenburg 11 Erfahrungen mit der Durchführung von Umlegungen nach dem Baugesetzbuch im Landkreis Oder-Spree 16 Überlegungen zum rechtlichen Charakter der Grenzfeststellung 26 Geoinformatikausbildung an der Hochschule Neubrandenburg 36 Als Vermessungstechniker-Lehrling in der Mark Brandenburg 1940 - 1943 44 Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg 51

Die Arbeit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin 62 MITTEILUNGEN 75 Abschlusserklärung zum Vermessungs- und Geoinformationswesen • Bericht der AdV • Masterplan für den Aufbau der Geodateninfrastruktur Berlin/ Brandenburg • Deutsch-polnische Zusammenarbeit im Geoinformationswesen besiegelt • Demografi sche Entwicklung des Landes Brandenburg in Gegenwart und Zukunft • Raumordnungsbericht 2008 für die Hauptstadtregion Berlin- Brandenburg • Erfahrung und Fachkompetenz für die Gutachterausschüsse • Berliner Irrwege • Einführung der XPlanung in Brandenburg • DVW- Veranstaltungen 2009 • Zehn Jahre IMAGI • Mittel und Wege zur Mitte • Neue Maßstäbe für die Arbeit der Gutachterausschüsse • • Mit der Federzeichnung fi ng alles an • Neue Umlegungsausschussverordnung in Kraft getreten • De-Mail − So einfach wie E-Mail, so sicher wie Papierpost • Plan der Umgebung Potsdams 1680 • 777 Jahre Spandau XII. Hallenfußballturnier der Vermessungsstellen 2009 "Sind Geodaten perso- • • Impressum nenbezogene Daten?"

ermessung Schriftleitung: Redaktionsschluss: Heinrich Tilly 15.03.2009 BUCHBESPRECHUNGEN 129 Brandenburg E-Mail: [email protected] Redaktion: Herstellung und Vertrieb: Dr. Lisa Keddo: Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur, Beate Ehlers (Bodenordnung, Grundstücksbewertung) Landesvermessung und Stellung und Funktion im Rechtssystem Nr. 1/2009 Manfred Oswald (Liegenschaftskataster) Geobasisinformation Brandenburg Bernd Sorge (Landesvermessung) Betriebsstelle Potsdam 14. Jahrgang Heinrich-Mann-Allee 103 Lektorat: 14473 Potsdam Michaela Gora click ins web 130 Ministerium des Innern Service-Tel.: (03 31) 88 44 - 1 23 des Landes Brandenburg Layout: Henning-von-Tresckow-Str. 9 - 13 Landesvermessung und Service-Fax.: (03 31) 96 49 18 14467 Potsdam Geobasisinformation Brandenburg (LGB) E-Mail: [email protected] aufgespießt 132 Vermessung Brandenburg erscheint zweimal jährlich und ist zum Abonnementspreis von € 2,50 (+ Porto und Verpackung) bei der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg zu beziehen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder. ISSN 1430-7650 Aus dem Angebot Ministerium des Innern

Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg ermessung Brandenburg

Auf dem Weg zur ALKIS®-Einführung

Einführung von Gebietstopographen in Brandenburg

Erfahrungen mit der Durchführung von Umlegungen nach dem Baugesetz- buch im Landkreis Oder-Spree

FRIEDRICH WILHELM CARL Überlegungen zum rechtlichen VON SCHMETTAU (1743-1806) Charakter der Grenzfeststellung

Pionier der modernen Kartographie, Geoinformatikausbildung an der Militärschriftsteller, Hochschule Neubrandenburg Gestalter von Parks und Gärten Als Vermessungstechniker-Lehrling in der Mark Brandenburg 1940 - 1943

Preußische Poststraßen und preußische Postmeilensteine in Brandenburg

Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Die Arbeit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin Zu der im April 2008 veranstalteten Tagung mit dem Titel Friedrich Wilhelm Carl von Schmettau und anschließender Ausstellung im Kleist-Museum ist eine Dokumentation erschienen. Mit dem Tagungsband, der auf 212 Seiten 13 Beiträge und 44 meist farbige Abbildungen enthält, soll das Leben und das Werk Schmettaus betrachtet werden. Sie erhalten das Buch im Kartenvertrieb der LGB für 18,00 €.

1 - 2009 1 ISSN 1430-7650 2009 gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier