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35 AUG/SEP 12 FOR FREE

THE GASLIGHT ANTHEM IMPERICON NEVER SAY DIE! TOUR BARONESS PENNYWISE PERIPHERY DISTANCE IN EMBRACE HEAVEN IN HER ARMS GRAF ORLOCK

Fuze_Titel_No.35.indd 2 06.07.12 22:29 02Fuze35.indd 2 05.07.12 16:13 03Fuze35.indd 3 05.07.12 16:21 04Fuze35.indd 4 05.07.12 22:24 index 07 YELLOWCARD 22 BURY TOMORROW IMPRESSUM Jeder Tag ist ein Geschenk. Monarchy in the UK. Fuze Magazine 09 ALLSCHOOLS Thomas Renz, P.O.Box 11 04 20 Zum Geburtstag viel Klick. 42664 Solingen, (Pakete an: Fuze Magazine, Hochstraße 15, 42697 Solingen) Fon 0212 383 18 29, Fax 0212 383 18 30 fuze-magazine.de, .com/fuzemag 23 BARONESS Der große Umbruch.

10 IMPERICON NEVER SAY DIE! TOUR 24 PENNYWISE Redaktion: Touring is never boring. Gegen den verdünnten Punkrock. Thomas Renz, offi[email protected] Anzeigen, Verlag: 12 DZ DEATHRAYS Joachim Hiller, [email protected] Tracklist-Interview.

12 HARDCORE CONNECTION Verlag & Herausgeber: My songs. Ox-Verlag, Joachim Hiller 13 SKIP THE FOREPLAY 25 PURIFIED IN BLOOD Hochstraße 15, 42697 Solingen, Germany My mixtape. Hier fragt der Fan. V.i.S.d.P.: Thomas Renz (Für den Inhalt von namentlich gekennzeichneten Artikeln ist der/ 13 TERROR 26 PERIPHERY die VerfasserIn verantwortlich. Sie geben nicht It’s a dirty world out there. Die Götter müssen verrückt sein. unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.) 14 XTRA MILE RECORDINGS 27 DISTANCE IN EMBRACE My label. Der Wert der Musik. MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: 15 DER WEG EINER FREIHEIT André Bohnensack, Georg Büchner, Kristoffer Cor- Quotes-Interview. nils, Joss Doebler, Frank Engelhardt, Benedikt Ernst, Kai Jorzyk, Svenja Klemp, Anton Kostudis, Christian 16 EMPOWERMENT Kruse, Arne Kupetz, Hendrik Lukas, Dennis Meyer, My scene – Stuttgart. Ingo Rieser, Björn Schmidt, Martin Schmidt, René Schuh, Pia Schwarzkopf, Jan van Hamme, Scott Vo- 17 EXPIRE 28 GRAF ORLOCK / DANGERS gel, Vic Vuentes, Alessandro Weiroster Pants down. Keine Seniorenreise. 17 29 HEAVEN IN HER ARMS My artwork. Job, Familie und dann die Musik. Layout: André Bohnensack Lektorat: Ute Borchardt 30 METAL BLADE Coverfoto: Arkadiusz Goniwiecha Alles aus Liebe. (arek-photography.com) Coverdesign: Alex Gräbeldinger 32 REVIEWS 43 RETROSPECT WATERDOWN Vertrieb: Eigenvertrieb, Cargo, Green Hell, Core Tex, Impericon 18 CALLEJON 44 LIVEDATES Abonnement: 6 Ausgaben 12 Euro inkl. P+V Kein Ende, sondern alles gut. SPACK Druck: WAZ Druck, Duisburg ENDLESS SUMMER 20 IEPERFEST Der Sänger von ist Katholik! BALTIC SEA

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05Fuze35.indd 5 08.07.12 19:50 06Fuze35.indd 6 05.07.12 22:25 YELLOWCARD JEDER TAG IST EIN GESCHENK. Ursprünglich woll- nisvoll und haben alles Menschenmögliche getan, damit ich immer auf dem ten wir mit YELLOWCARD-Geiger Sean Mackin über sein Instrument Laufenden blieb und mich geliebt fühlte.“ sprechen. Darüber, wie er im Alter von sechs Jahren auf Wunsch sei- ner Mutter anfing, es zu spielen. Wie er jeden Tag wieder damit aufhören Die ersten Symptome seiner Erkrankung wurden von Mackin erst nicht wollte, bis er in der Schule schließlich seine Liebe zur Musik entdeckte. Wie als solche erkannt: Er begann zuzunehmen, fühlte sich schlapp – eigent- er zwölf Jahre lang jede Woche Unterricht hatte. Wie schwer es war, die- lich ungewöhnlich für den Musiker, der sonst so voller Energie war. „Man ses Instrument zu erlernen und von Gleichaltrigen dafür akzeptiert zu wer- sollte sich einmal jährlich von seinem Arzt durchchecken lassen“, empfiehlt den („Versuch mal, andere Achtjährige davon zu überzeugen, dass das cool er deshalb. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Mackin einen Typ des ist.“). Wir wollten mit ihm über die drei Violinen reden, die er immer auf Tour Schilddrüsenkrebses hat, der „ganz gut behandelbar“ ist. „Ich musste mich dabeihat. Und über die vier Jahrhunderte alte italienische Geige sowie das aber einer ziemlich heftigen Operation unterziehen, bei der die Schilddrüse 107-jährige amerikanische Modell, die Mackin im Studio benutzt und die entfernt wurde.“ Anschließend wurde eine Radiojodtherapie durchgeführt, seiner Band ihren charakteristischen Sound verleihen. Wir wollten darü- um das restliche betroffene Gewebe zu entfernen. Auch wenn ihm seine ber sprechen, wie es ist, jeden Tag auf Bühnen zu stehen, deren Technik Ärzte eine gute Prognose ausgestellt haben: Den Krebs vollständig besiegt auf Gitarren und die klassische Besetzung einer Rockband ausgelegt ist. hat Mackin damit noch nicht. Aber er fühlt sich jeden Tag besser. Und natürlich über seine Liebe zu Johann Sebastian Bach. Doch es sollte anders kommen. Da sein Körper ohne Schilddrüse wichtige Stoffwechselhormone nicht mehr bilden kann, muss Mackin diese nun täglich in Form einer Tablette Mitte Juni gab Sean Mackin über die Homepage von YELLOWCARD aufnehmen. „Das chemische Gleichgewicht in meinem Körper hat sich ver- bekannt, dass bei ihm im Dezember 2011 Schilddrüsenkrebs diagnostiziert ändert. Künstliche Hormone sind anders als körpereigene, und ich habe worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits zwei Operationen und eine Weile gebraucht, um mich daran zu gewöhnen.“ Eine weitere Folge der eine einwöchige Strahlentherapie hinter sich. „Ich wollte erst wissen, was Behandlung hat direkte Auswirkungen auf sein Leben als Musiker. Da sich wirklich los ist, bevor ich damit an die Öffentlichkeit gehe“, so der 33-Jäh- der Krebs auf einen Teil des Nackengewebes ausgebreitet hatte, wurden rige per E-Mail. „Eine genaue Diagnose und die Behandlung brauchen ein- bei der Operation die dortigen Muskeln durchtrennt und auch seine Stimm- fach Zeit. Man muss schauen, ob der Krebs gestreut hat und was im Körper bänder in Mitleidenschaft gezogen: „Sie haben 38 Stiche gebraucht, um sonst noch betroffen ist. Als ich mich stark genug fühlte, wieder auf Tour zu mich wieder zuzumachen, das war also ein ziemlich langer Schnitt. Jetzt gehen, wollte ich, dass die Leute wissen, was geschehen war.“ fällt es mir schwer, hohe Töne zu singen, und es zieht mich echt runter, dass ich nicht mehr auf mein volles Können zurückgreifen kann. Aber langsam Seiner Band gab Mackin natürlich schon früher Bescheid – noch bevor wird es besser.“ Sean Mackin bleibt eben optimistisch. „Irritierend optimis- YELLOWCARD ins Studio gingen, um ihr neues „Southern Air“ ein- tisch“, wie er sagt. „Ich hatte schon immer eine positive Einstellung zum zuspielen. „Ich sagte ihnen, dass es aufgrund meiner Behandlung während Leben. Jeder Tag ist ein Geschenk.“ der Aufnahmen zu Problemen kommen könnte. Alle waren sehr verständ- Thomas Renz Foto: Tim Tronckoe

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07Fuze35.indd 7 08.07.12 18:12 light the fuze FUZE.35 DINGE FÜR GEWINNER „ES GIBT IMMER WIEDER ZIEMLICH „ZUERST HATTEN WIR KEIN GLÜCK UND DANN KAM AUCH NOCH PECH DAZU“, EMOTIONALE DISKUSSIONEN ZU EIN- beklagte sich einmal Jürgen Wegmann. Der ehemalige Fußballprofi hätte es sich deshalb wohl HEIMISCHEN BANDS“, sagt Torben Utecht gespart, eine E-Mail mit der jeweiligen Betreffzeile und seiner Adresse an offi [email protected] vom Online-Fanzine Allschools im Interview auf der zu schicken, um bei einer der folgenden Verlosungen mitzumachen. Denn ein bisschen Glück braucht nächsten Seite – und verweist dann auf CALLE- man natürlich schon, um etwas zu gewinnen. Mitleid muss man mit Wegmann aber nicht haben: Laut JON, die es schon zum zweiten Mal auf den Fuze- Wikipedia arbeitet er inzwischen als Fanartikelverkäufer beim FC Bayern, hat also bestimmt jede Titel geschafft haben. Dass man es als deutsche Menge cooler Sachen. Band hierzulande manchmal etwas schwerer hat als die Konkurrenz aus den USA oder Großbritannien, „Ein Lothar Matthäus lässt sich nicht von seinem Körper besie- ist keine neue Erkenntnis. Interessant ist sie trotz- gen, ein Lothar Matthäus entscheidet selbst über sein Schick- dem – vor allem vor dem Hintergrund der durch die sal“, sagte der heutige Reality-TV-Superstar Lothar Mat- Fußball-EM wieder aufgefl ammten Diskussion um thäus. IGNITE-Sänger Zoli Téglás ist etwas weniger robust. Bei den so genannten „Party-Patriotismus“, in die sie einer Show seiner anderen Band PENNYWISE brach er kürzlich so gar nicht passt. Dieser wird von vielen Politikern mit starken Rückenschmerzen zusammen und musste sogar zwar als harmlos eingeschätzt, ist laut neuen sozial- notoperiert werden. Bei Druckschluss befand er sich aber zum wissenschaftlichen Studien allerdings nichts anderes Glück schon wieder auf dem Weg der Besserung. Aus Freude als gewöhnlicher Nationalismus und basiert damit darüber verlosen wir die nebenstehenden Klamotten von immer auch auf der Ausgrenzung anderer. Dass Reell: Mütze, Gürtel und kurze Hosen. Betreff: „Thomas Häßler eine amerikanische -Band von der hiesi- war körperlich und physisch immer topfi t.“ gen Szene mit offenen Armen empfangen wird, ist deshalb schön. Dass ihr Pendant aus Deutschland allein aufgrund ihrer Herkunft viel kritischer gese- Von Andy Brehme stammt der schöne Satz: „Die Brasilianer sind ja auch alle technisch ser- hen wird, weniger. Woher eine Band kommt, sollte viert.“ Und das trifft ebenfalls auf THE HIRSCH EFFEKT zu, denn was die auf ihrer neuen bei ihrer Beurteilung keine Rolle spielen. Und so hat Platte so alles veranstalten ... Mein lieber Schwan! Wer sich selbst davon überzeugen es das zweite Album von THE HIRSCH EFFEKT zum möchte: Von Midsummer Records haben wir drei Mal die CD-Version des bekom- Album dieser Ausgabe gebracht. Nicht weil die Band men. Betreff: „Müsste es in diesem Fall nicht ,Mein lieber Hirsch!‘ heißen?“ aus Hannover, sondern weil sie geil ist. Deshalb: Geht in den nächsten Wochen zu einem ihrer vielen Kon- zerte – und überlasst das Schwenken von schwarz- Und noch mal Lothar Matthäus. „Wir sind eine gut intrigierte Truppe“, beschrieb dieser ein- rot-goldenen Fahnen den Idioten. mal seine Mannschaft. Das Verhältnis der Bands auf XTRA MILE RECORDINGS zu ihrem Thomas Renz (offi ce@fuze-magazine) Label scheint dagegen ein besseres zu sein, wie der Artikel in dieser Ausgabe zeigt. Wir ver- losen drei Mal drei CDs – die jeweils aktuellen Alben von STRAIGHT LINES, JIM LOCKEY & THE SOLEMN SUN und FIGHTING FICTION. Betreff: „I hope I have a little bit lucky.“ DAS FUZE IST EIN KOSTENLOSES MUSIKMA- GAZIN, das alle zwei Monate erscheint und sich auf Hard- core, Metal und spezialisiert hat. • Unter fuze-magazine.de gibt es eine Liste mit allen Loca- „Jeder kann sagen, was ich will“, lautete das wichtigste Gesetz in Rehagels Ottokratie. Beim tions, in denen das Fuze ausliegt. Fuze geht es demokratischer zu. Und so darf Dennis Meyer natürlich fi nden, dass den Songs • Mailorder wie Green Hell, Impericon, Core Tex, Merch von VERSUS THE WORLD das gewisse Etwas fehlt, auch wenn das längst nicht alle so Attack, Rage Wear, Punkdistro, Doomrock, Streetready oder sehen. Zum Beispiel all diejenigen, die eines der Pakete aus T-Shirt und limitierter CD gewin- Flight13 legen das Heft ihren Bestellungen bei. nen wollen. Betreff: „Ich habe vom Feeling her ein gutes Gefühl.“ • Bei vielen Touren, die von M.A.D., Avocado oder Kingstar organisiert werden, liegt das Magazin am Merch-Stand aus. • Man fi ndet das Heft in vielen Carhartt Stores sowie in „Der ist mit allen Abwassern gewaschen“, soll Norbert Dickel über Frank Mill gesagt haben. Läden, in denen es die Klamotten von Atticus Clothing gibt. • Ein Abonnement über sechs Ausgaben kostet zwölf Euro Eine Beschreibung, die auch auf die Vinylversion des vierten Albums von TEXTURES und kann unter ox-fanzine.de/fuze-abo bestellt werden. zutrifft. „Handnummerierung, Lochstanzung vorne und hinten, Spotlackierung, Innenhülle • Für 2,50 Euro kann man das Fuze auch im Bahnhofsbuch- inside-out bedruckt“, so Redfi eld Records. Und farbig sind die beiden Exemplare von „Dua- handel kaufen. lism“ natürlich auch. Betreff: „Mailand oder Madrid – Hauptsache Vinyl!“

Fuze-Spezial-Abo: Fuze-Prämien-Abo. FUZE-SHOP 20 für 20. Das Fuze- Das Fuze-Abo über ein www.ox-fanzine.de/fuze-shop Abo über ein Jahr (sechs Jahr + Fuze-Shirt + CD Ausgaben) für insgesamt unserer Wahl für 20 Euro. „Alle guten Dinge sind billig, alle schlechten sind 20 Euro, wobei von jedem teuer“, schrieb Henry David Thoreau. Das Fuze ist Heft zwanzig Exemplare Gilt nur für Deutschland. Das Abo verlängert sich um jeweils sogar so gut, dass es kostenlos ist. Die Herstellung geliefert werden. ein Jahr, wenn es nicht bis ist natürlich trotzdem teuer, weshalb uns jedes ver- spätestens vier Wochen vor kaufte Heft hilft, das Magazin zu fi nanzieren. Tue Erscheinen der letzten bezahl- deshalb Gutes und schließe noch heute ein Abo ab. Das Abo verlängert sich nicht ten Ausgabe schriftlich gekün- Es ist – wie alle guten Dinge – billig. automatisch! digt wird.

Fuze-Abo. Das Fuze- Fuze-Backissues. Fuze-Backissues- Abo über ein Jahr (sechs Ältere Fuze-Ausagben für Paket. Alle noch ver- Ausgaben) für 12 Euro – je 2 Euro (inkl. P&V, auch fügbaren alten Hefte für auch ins Ausland. ins Ausland). 10 Euro (+5,50 Euro P&V).

Auslandsporto auf Anfrage: Das Abo verlängert sich um [email protected]. Solange jeweils ein Jahr, wenn es nicht der Vorrat reicht, ohne bis spätestens vier Wochen Welche Fuze-Ausgaben noch Anspruch darauf, dass wirklich vor Erscheinen der letzten lieferbar sind, steht ständig jedes Heft dabei ist, weil even- bezahlten Ausgabe schriftlich aktualisert hier: tuell vergriffen. Es gibt min- gekündigt wird. www.ox-fanzine.de/fuzeshop. destens zwölf Hefte.

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Szene verwurzelt ist. Dann gibt es immer wieder ziemlich emotionale Diskussionen zu einheimischen Bands. CALLEJON waren hier immer ein Kandidat, der bei aller Popularität auch jede Menge Hater zum Kommentieren motivierte. Zuletzt wurden ziemlich kontrovers diskutiert. Was ist der dümmste Kommentar, an den du dich erinnerst? Das ist schwierig. Mal ganz abgesehen von Beleidigungen und Diffamierungen von Bands, Autoren und anderen Usern, finde ich immer sol- che Kommentare recht unreflektiert, bei denen die ➜ Länge der Szenezugehörigkeit oder einfach nur das Alter als Argument benutzt wird, um jüngeren Lesern oder Redakteuren die Kompetenz, über ein Album zu urteilen, abzusprechen. Wirklich dumm finde ich Kommentare wie: „Wenn ihr es nicht mögt, dann schreibt doch gar nicht erst drüber.“ Was sind die bisherigen Höhepunkte, die du mit Allschools erlebt hast? Die Aufbruchsstimmung, als ich das Zine übernahm. Der Umzug nach Köln und der damit verbundene Zugang zu wesentlich mehr Shows. Und natürlich die diversen Relaunches der Seite, sowohl technisch als auch visuell. Hier steckt immer sehr viel Arbeit drin, alles läuft quasi ehren- amtlich, dennoch investieren Chris von Black Cloud Foto: Thomas Sieverding (allschools.de) Design und natürlich Michael, unser Admin und Mit- gründer, extrem viel Zeit und Herzblut. Dann natür- ALLSCHOOLS lich das erste Allschools Festival zum zwölfjähri- ZUM GEBURTSTAG VIEL KLICK. Das Online-Fanzine Allschools feiert 2012 fünfzehnten Geburts- gen Bestehen mit der Abschiedsshow von HAVE tag und ist damit so jung, wie Chefredakteur Torben Utecht immer noch aussieht – kein Wunder, dass HEART. Und ich hoffe, das Festival zum fünfzehnten man ihn auf einem Foto zwischen lauter Hardcore-Kids kaum erkennt. Man kann also nur hoffen, Geburtstag wird auch einer dieser Höhepunkte. dass er beim Birthday Bash am 04. August im Kölner Underground (mit VERSE, NO TURNING BACK, Und was waren die Tiefpunkte? Die wird es natür- RITUAL, AYS, SOUL CONTROL ...) seinen Ausweis dabeihat. Sonst wird er am Ende nicht reingelassen lich auch immer geben. Dazu gehört natürlich so und verpasst seine eigene Party. etwas wie der Ausstieg einzelner Redaktionsmit- glieder, persönliche Drohungen kommen gelegent- Auch wenn du nicht von Anfang an dabei warst: lich, einen Überblick zu behalten und jedem gerecht lich auch vor, wobei ich diese eigentlich nicht ernst Wie sieht es nach all den Jahren mit deiner Moti- zu werden. Viele Sachen gehen also unter bezie- nehme. Einmal wurde eine sehr in der Hooliganszene vation aus? Was treibt dich an? Ich würde lügen, hungsweise können nicht berücksichtigt werden. verankerte Punk/Oi!-Combo mit zumindest diskus- wenn ich behaupten würde, dass die Motivation kon- Band-Webseiten rücken immer mehr in den Hinter- sionswürdigen, da bewusst schwammig positionier- stant hoch ist. Schwankungen sind nach der gan- grund, die wenigsten Bands haben überhaupt noch ten Texten ziemlich von uns zerrissen. Als Folge lan- zen Zeit vermutlich normal. Dann habe ich natürlich eine. Erst dominierte MySpace, auch PureVolume dete meine private Adresse im Forum der Band, in diverse Verpflichtungen, die immer mehr in den Vor- mischte ein wenig mit, nun ist Facebook der große dem man sich auch gerne mal zu gepflegten Prü- dergrund rücken und jede Menge Zeit in Anspruch Monopolist. „Likes“ fungieren als soziale Währung geleien im Rahmen von Fußballspielen verabre- nehmen – allen voran mein regulärer Job, denn All- und vermeintlicher Gradmesser der Popularität. dete. Nun wollte man sich vor meiner Haustür tref- schools ist und bleibt ein Hobby, das aus Liebe und Standardisierte Bandprofile sind die Regel, liebevoll fen, was schon ein leicht mulmiges Gefühl verur- Leidenschaft zur Musik entstanden und gewach- gestaltete Webidentitäten sterben aus. Gerade im sachte ... Stellt sich natürlich die Frage, ob man der- sen ist. Viele vergessen das gerne. Ich bin mitt- Zuge der Dominanz von Facebook hat sich auch das artiges Material überhaupt besprechen sollte. In die- lerweile vor allem im Hintergrund tätig, koordini- Userverhalten deutlich gewandelt. Kurze Informati- sem Fall tat ich es lediglich, da die Platte über eine ere und manage. Vieles wurde dezentralisiert, Cle- onshappen sind an der Tagesordnung, multimedi- recht große Promo-Agentur kam, mit der ich schon ment steht mir als Co-Chef zur Seite, Redakteure ale Inhalte sind für viele gefälliger als einfacher Text. lange und sehr eng zusammenarbeite. Die entschul- übernehmen die Betreuung einzelner Labels oder Neue Bands werden häufig durch Empfehlungen digten sich anschließend sogar dafür, dass sie ein Agenturen. Nur so kann es längerfristig funktionie- entdeckt und nicht mehr zwangsläufig über Rezen- derartiges Thema vermitteln mussten. ren. Es sind die jungen Wilden, die immer wieder für sionen. Im Zuge dessen lesen viele Leute selekti- Wie lange willst du Allschools denn noch neue Impulse sorgen und die Sache am Köcheln hal- ver und vor allem Sachen, die sie explizit interes- machen? Denkst du, dass man irgendwann zu alt ten. Aber diese bleiben häufig nicht so lange dabei. sieren. Sowieso ist der Informationsvorsprung eines für ein Fanzine ist? Solange ich Spaß an der Sache In der Anonymität des Internets wird ja gerne und Redakteurs quasi nicht mehr vorhanden. Zum Zeit- habe, solange mich die Musik weiterhin begeis- viel kritisiert, als Redakteur muss man sich da schon punkt einer Besprechung – auch wenn diese deut- tert und ich immer noch die nötige Zeit und Unter- ein dickes Fell zulegen, um nicht den Spaß zu verlie- lich vor der offiziellen Veröffentlichung erfolgt – ist stützung finde, sehe ich keinen Grund, aufzuhören. ren. Andere suchen über ein Magazin wie Allschools das Album vielen Lesern bereits bekannt. Unsere Redakteure sind ja beispielsweise auch zwi- den Einstieg in die Musikbranche, knüpfen Kontakte Ein Grund, täglich bei Allschools vorbeizu- schen achtzehn und Anfang vierzig und kommen und ziehen weiter. Die Musikbranche steckt zudem schauen, sind sicherlich die Diskussionen der super miteinander klar. Musik ist ein wunderbarer im Umbruch, das hat ebenfalls Auswirkungen, spe- Leser, die oft unter den Artikeln entbrennen. gemeinsamer Nenner, der viele Unterschiede über- ziell auf Online-Magazine. So wird beispielsweise Welche sind dir besonders in Erinnerung geblie- brücken kann. Ein Teil der Leserschaft begleitet uns immer mehr digital bemustert, und die „Gegenleis- ben? Oh ja, da gab es sicherlich die eine oder andere ja auch schon mehrere Jahre. Wir wollen über das tung“ einer physischen Kopie eines Albums ist kaum sehr hitzige Auseinandersetzung in den letzten Jah- berichten, was uns bewegt und begeistert. Sollte sich noch gegeben. Der Anreiz, redaktionell tätig zu wer- ren. Wir sind immer sehr bemüht, nicht zu stark ein- irgendwann der Fokus verschieben, ist mir das recht. den, scheint dementsprechend ein wenig zurückzu- zugreifen, gelegentlich schießen manche aber doch Ich denke also nicht, dass ein Fanzine zu machen gehen. So bleibt es alleine schon von den Rahmen- deutlich über das Ziel hinaus, dann ist eine gewisse eine Frage des Alters ist. Vor allem nicht, solange es bedingungen her immer spannend – von der musi- Moderation angebracht. Etwas, das sehr leiden- ein wunderbares Hobby bleibt, auf das man in keiner kalischen Seite ganz zu schweigen. schaftlich diskutiert wurde, war die Berichterstat- Weise finanziell angewiesen ist. Wie lange willst du Abgesehen von digitaler Bemusterung, die mir tung zum Pressure Festival 2008 und der damit ver- denn noch weitermachen? Das Fuze ist ja immerhin ähnliche Probleme beschert wie dir: Wie hat sich bundenen kritischen Auseinandersetzung mit dem dein regulärer Job. [Leider war an dieser Stelle kein das Machen eines Online-Fanzines verändert? Thema Violent Dancing. Ein Teil der Hardcore-Szene Platz mehr für eine Antwort. So ist das eben im Print- Die Flut an Releases nimmt definitiv zu. Selbst in den fühlte sich ziemlich auf den Fuß getreten – und das journalismus, Anm. d. Red.] Genres, in denen wir primär tätig sind, ist es unmög- ausgerechnet von einem Zine, das sehr stark in der Thomas Renz

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der uns unter Vertrag nehmen wollte. Das kam total unerwartet und war echt der Hammer. Stormy Logan, AT DAWN WE RAGE: Mein erster Tag auf Tour. Ich war so glücklich, endlich das zu tun, was ich mein ganzes Leben lang wollte.

Wer ist die interessanteste Person, die ihr jemals auf Tour getroffen habt? Joshua Moore, : Jeder, den man unterwegs trifft, ist ein besonderer Charakter. Einen herauszu- picken, wäre unfair. Beau Bokan, : Jake Luhrs von . Josh James, STICK TO YOUR GUNS: Steve Jobs. Kalan Blehm, : Jake Willard alias Worst Dude alias ATTILAs Merch-Verkäufer alias Coward! Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Meine Freundin. Sie spielt auch in einer Band, die viel tourt, und versteht das Engagement, die Leidenschaft und den damit verbundenen Lebensstil. Chris Shelley, AT THE TOURING IS NEVER BORING. Wer sich darüber beklagt, dass bei Package-Touren immer wie- SKYLINES: Ich bewundere Jason Butler von LET- der dieselben Bands spielen, kennt das Line-up der diesjährigen Impericon Never Say Die! Tour noch LIVE. Wir haben uns während einer Tour angefreun- nicht. Doch so angenehm unverbraucht die acht Gruppen auch sein mögen, die Avocado Booking ab det und freuen uns immer sehr, wenn wir uns sehen. Mitte Oktober durch Europa schickt: Sie alle haben schon einige Erfahrung im Tourbus gesammelt, wie Jonny McBee, THE BROWNING: Jason Newsted, sie im Folgenden erzählen. der frühere Bassist von ! Wir waren zu früh in dem Laden, in dem wir abends spielen sollten, Was war der denkwürdigste Tag, den ihr auf Tour boy Alley in Bangkok. Ich kann leider nicht ins Detail und plötzlich kommt Jason rein. Sein Projekt sollte jemals erlebt habt? Joshua Moore, WE CAME AS gehen, weil man das nicht drucken kann, haha. Alex dort am nächsten Tag auftreten, also hat er sich die ROMANS: Als wir 2010 beim Bamboozle Festival Erian, OBEY THE BRAVE: Mir fällt da kein bestimm- Location mal angeschaut. Es war verrückt, in einer gespielt haben. Das war unsere erste „große Show“, ter Tag ein, aber vor ein paar Jahren mit DESPI- so alltäglichen Situation jemanden von der größten unser erstes richtiges Festival, und die Reaktion des SED ICON bei der Never Say Die! und der Summer Metalband aller Zeiten zu treffen. Stormy Logan, Publikums war der Wahnsinn. Mir wurde gesagt, dass Slaughter Tour zu spielen, zählt zu den schönsten AT DAWN WE RAGE: Ich habe so viele coole Leute uns sechs- bis achttausend Leute zugesehen haben, Zeiten meines Lebens. Ich liebe solche Festivaltou- getroffen, es ist schwer, sich auf eine Person fest- und alle haben sich bewegt und mitgesungen. Der ren. Im Bus unterwegs sein, jeden Tag völlig sorgen- zulegen. Menschen kennen zu lernen, ist einer der Hammer. Beau Bokan, BLESSTHEFALL: Als ich fünf frei in einer anderen Stadt aufwachen, am Abend vor Hauptgründe, weshalb ich in einer Band bin. Mal bei Starbucks war. Josh James, STICK TO YOUR tausenden Leuten spielen und mit ein paar super GUNS: 2008 fuhren wir von Quebec nach Vermont, Bands rumhängen – besser geht es nicht. Ich habe Wie vertreibt ihr euch die vielen Stunden des und unser Merchverkäufer schlief am Steuer ein. das damals aber nicht richtig zu schätzen gewusst. Wartens während einer Tour? Joshua Moore, WE Wir flogen fast von einer Brücke, krachten aber zum Erst die letzten beiden Jahre zu Hause haben mich CAME AS ROMANS: Manchmal spiele ich mit mei- Glück in die Leitplanke und überschlugen uns nicht. erkennen lassen, wie viel Glück ich hatte. Ich bin sehr ner Xbox, manchmal Gitarre. Viele Songs unseres Vier unserer Räder waren geplatzt, und wir überleb- froh, die Chance zu haben, das alles mit OBEY THE aktuellen Albums sind auf Tour entstanden. Beau ten. Die kanadische Polizei tauchte auf, erlaubte uns BRAVE noch mal erleben zu können. Chris Shel- Bokan, BLESSTHEFALL: Ich telefoniere mit mei- nicht, unsere Reifen zu wechseln, und rief stattdes- ley, AT THE SKYLINES: Als ich meine Großeltern ner Frau, spiele Scrabble auf meinem iPad oder mit sen einen Abschleppwagen – der uns 300 Dollar für nach mehr als sieben Jahren wiedergesehen habe. meinem Nintendo DS. Josh James, STICK TO YOUR die Fahrt von nur einer Meile abknöpfte. Nachdem Das Touren machte es möglich. Jonny McBee, THE GUNS: Ich schreibe Drehbücher. Kalan Blehm, wir die Reifen endlich gewechselt hatten, legten wir BROWNING: Auf unserer ersten Tour überhaupt, FOR THE FALLEN DREAMS: Das hängt davon ab, „“ von PENNYWISE auf und veranstalteten nachdem wir erst seit drei Monaten eine Band waren, in welcher Stadt man ist. Man pennt nicht den gan- einen Circlepit, dann ging es weiter. Kalan Blehm, bekamen wir einen Anruf von einer Nummer, die wir zen Tag in Vegas, stimmt’s? Alex Erian, OBEY THE FOR THE FALLEN DREAMS: Das war in der Cow- nicht kannten. Es war der Chef von , BRAVE: Ich ruhe mich entweder aus oder arbeite. Ich manage zwei Bands auf Good Fight Entertain- ment und bin dauernd am Telefonieren. Es hört nie auf. Das hängt mir manchmal echt zum Hals raus, haha, aber langsam sieht man echte Ergebnisse. Chris Shelley, AT THE SKYLINES: Lesen, Video- spiele, mit Freunden abhängen, mit meiner Freun- din telefonieren, soziale Netzwerke ... Jonny McBee, THE BROWNING: , die Stadt erkunden, Video- spiele zocken, Skateboard fahren, ins Casino gehen. Aber vor allem essen! Stormy Logan, AT DAWN WE RAGE: Smartphones können auf Tour Leben retten, haha.

Was war eure bisher verrückteste Autofahrt? Joshua Moore, WE CAME AS ROMANS: Wir haben ein paar echt lange Fahrten durch halb Amerika hin- ter uns, aber da hatten wir schon das Glück, in einem Bus zu touren, was natürlich alles etwas einfacher macht. Beau Bokan, BLESSTHEFALL: Wir muss- ten einmal buchstäblich durch die ganze USA fah- ren – von Kalifornien nach Maryland – und kamen eine Viertelstunde vor unserem Auftritt an. Josh James, STICK TO YOUR GUNS: Von San Fran- cisco, Kalifornien nach Jacksonville, Florida. Kalan Blehm, FOR THE FALLEN DREAMS: Am letzten Tag unserer Japantour mussten wir direkt nach unserem WE CAME AS ROMANS Auftritt los, um unseren Flug zu kriegen. Es war nur Foto: Ann Buster (flickr.com/annbuster)

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eine acht- oder neunstündige Fahrt, aber wir waren knapp dran. Unser Fahrer Tohru schlief ein, also musste unser Gitarrist Jim ran. Wir waren die Aller- letzten im Flugzeug. Ich bin mir sicher, der Kapitän hat extra auf uns gewartet. Das ging echt an die Ner- ven. Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Wahrscheinlich die von Montreal nach San Francisco: 65 Stunden am Stück, vom Nordosten des Kontinents bis ganz in den Südwesten. Wir waren drei Fahrer und haben nur angehalten, um zu tanken und zu essen. Was für eine Scheiße! Chris Shelley, AT THE SKYLINES: Nach einer Kanadatour hatten wir eine ziemlich ver- rückte Fahrt zurück in die USA. Jonny McBee, THE BROWNING: Wir beendeten eine Tour in Los Ange- les und mussten nach Kansas City zurückfahren – 36 Stunden im Van durch die Berge. Stormy Logan, AT DAWN WE RAGE: Von Toronto, Kanada ganz runter nach Baton Rouge, Louisiana. Keiner im Van wollte sich mit mir abwechseln, also bin ich die ganze Stre- cke alleine gefahren. Einmal wollte ich anhalten, um zu schlafen, aber keiner wollte mir ein Kissen geben, also sagte ich „Scheiß drauf!“ und bin weitergefah- ren. Ich war irgendwann so am Ende, dass ich auf der Straße Dinge gesehen habe, die gar nicht da waren.

Wo habt ihr eure bisher unbequemste Nacht ver- OBEY THE BRAVE bracht? Joshua Moore, WE CAME AS ROMANS: Foto: Leanne Trauzzi (flickr.com/leannetrauzzi) Ich habe auf mehr Fußböden geschlafen als die zu essen, weil wir uns nichts anderes leisten konnten. RAGE: Dass es im Leben darum geht, Leute zu tref- meisten anderen Menschen. Jeder in einer touren- Nachdem ich zum ersten Mal das Catering in Europa fen und Neues zu sehen. Man lebt nur einmal, also den Band hat das. Aber man ist einfach nur dankbar, erlebt hatte, wo man jeden Tag eine gesunde, selbst genieße es und beschränke dich nicht auf einen irgendwo schlafen zu können. Am Anfang der Karri- gekochte Mahlzeit bekommt, fiel es mir echt schwer, Bürojob. Es gibt so viel mehr da draußen. ere stellt man seinen Van auch oft auf einem Wal- in die USA zurückzukehren, haha. Fuck McDonald’s. mart-Parkplatz ab und schläft zwischen den Sitzen. Chris Shelley, AT THE SKYLINES: Am schlimms- Wie hat dich das Touren verändert? Joshua Beau Bokan, BLESSTHEFALL: Auf dem Fußbo- ten ist immer, wenn es nichts Vegetarisches gibt. Moore, WE CAME AS ROMANS: Es macht einen den eines Flughafens. Josh James, STICK TO YOUR Jonny McBee, THE BROWNING: Rohes Hühn- Großteil von dem aus, was ich heute bin. Angefangen GUNS: In einem verlassenen Pfadfinderheim in Bel- chen. Der Koch in dem Venue hat da echt versagt, bei den Eigenheiten, die ich von anderen übernom- gien. Der Boden war voller Matsch, und wir mussten und ich aß ein bisschen davon, bevor ich es gemerkt men habe, über die Sachen, die ich sage, bis zu mei- uns mit Kartons zudecken. Kalan Blehm, FOR THE habe. Ich wurde übel krank. Nach dem Kochen war es ner Herangehensweise an bestimmte Situationen. FALLEN DREAMS: Einmal bin ich barfuß in einen rie- aber lecker! Stormy Logan, AT DAWN WE RAGE: Das Touren verändert jeden – man kann nur hoffen, sigen Haufen Hundescheiße getreten – kurz bevor Das Schlimmste am Essen auf Tour ist, wie ungesund zum Besseren. Beau Bokan, BLESSTHEFALL: Seit ich ins Bett wollte. Das war ziemlich unangenehm. das meiste davon ist, also versuche ich, mich davon ich so viel unterwegs bin, hasse ich McDonald’s. Josh Häuser mit Katzen sind auch kacke, weil einige von fernzuhalten. Am besten ist immer, wenn es etwas für James, STICK TO YOUR GUNS: Es hat mir erlaubt, uns allergisch sind. Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Vegetarier oder Veganer gibt. nie erwachsen zu werden. Kalan Blehm, FOR THE In einer verlassenen Wohnung irgendwo in Russ- FALLEN DREAMS: Ich habe zu schätzen gelernt, land. Chris Shelley, AT THE SKYLINES: Wir haben Was hat dich das Touren gelehrt? Joshua Moore, was ich jeden Tag mache. Die Leute, die ich treffe, viele unbequeme Nächte in unserem Van oder auf WE CAME AS ROMANS: Geduld. Aber da gibt es die Orte, die ich sehe, dass ich gesund bin, unsere dem Fußboden in der Wohnung von Fremden ver- immer noch Verbesserungsbedarf, haha. Beau Fans, dass wir vor Leuten in der ganzen Welt spielen bracht. Jonny McBee, THE BROWNING: Wir versu- Bokan, BLESSTHEFALL: Geh niemals ohne Deo und können. Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Ich wollte chen, unangenehme Situationen zu vermeiden. Wir Zahnbürste aus dem Haus. Josh James, STICK TO immer touren. Schon als ich zwölf war und PANTERA übernachten nicht oft bei anderen Leuten, außer es YOUR GUNS: Wenn mein Körper nicht kaputtgeht, hörte, träumte ich davon, Shows zu spielen. Lange sind Freunde von uns, weil die Kojen in unserem Van dann gibt es keinen Grund, dass mein Verstand es Zeit sagte ich mir: „Genieße es, Alex, weil irgend- echt bequem sind. Stormy Logan, AT DAWN WE sollte. Kalan Blehm, FOR THE FALLEN DREAMS: Es wann musst du erwachsen werden, mit der Musik RAGE: Bei Minustemperaturen auf einem Walmart- ruhig angehen zu lassen. Früher hatte ich es immer aufhören, vernünftig sein, einen richtigen Job finden Parkplatz in Arkansas. eilig. Jetzt lehne ich mich zurück und habe Spaß. und echtes Geld verdienen.“ Nach Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Ich habe gelernt, mit habe ich dann tatsächlich einen Bürojob gemacht Was war das Ekligste, das ihr auf Tour jemals dem Allernötigsten auszukommen und mit fünf bis und erkannt, dass das nichts für mich ist. Ich liebe gegessen habt? Joshua Moore, WE CAME AS zehn Dollar pro Tag über die Runden zu kommen. Je es zu reisen, mit meinen Kumpels Musik zu machen, ROMANS: Ich versuche dankbar zu sein, dass wir öfter ich auf Tour war, desto mehr habe ich die klei- neue Leute zu treffen, andere Sitten und Gebräu- überhaupt auf einem Level sind, wo wir etwas zu nen Dinge zu schätzen gewusst, die man normal als che kennen zu lernen. Ich lebe für diesen Scheiß. essen bekommen. Wenn mir es backstage nicht selbstverständlich hinnimmt. Man weiß nicht, wie Nichts und niemand wird mir das jemals wegneh- schmeckt, esse ich deshalb einfach woanders. Beau toll es ist, in einem richtigen Bett zu schlafen oder men. In einer Band zu sein, bedeutet mehr, als Musik Bokan, BLESSTHEFALL: Keine Ahnung, aber das jeden Tag zu duschen, bis man monatelang darauf zu machen, es ist eine Art zu leben. Chris Shelley, AT beste Essen gibt es im House of Blues. Die haben verzichten muss. So lange von meiner Familie und THE SKYLINES: Ich habe die Welt mehr zu schät- immer irgendein verrücktes Gourmetzeug. Josh meinen Freunden getrennt zu sein, hat mir außer- zen gelernt. Unterwegs zu sein, hat mir so viele Dinge James, STICK TO YOUR GUNS: Ziegenaugen. dem klar gemacht, wie wichtig sie in meinem Leben gezeigt, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich Irgendwo in Europa. Kalan Blehm, FOR THE FAL- sind. Ich versuche, aus jedem Tag so viel wie möglich sie sehen würde. Jonny McBee, THE BROWNING: LEN DREAMS: Als wir in Schweden spielten, stand zu machen. Chris Shelley, AT THE SKYLINES: Nie- Ich schätze die Bands, zu denen ich aufschaue, eine riesige Schüssel mit Süßigkeiten auf dem Tisch. mals meine Ketchup-Chips unbeaufsichtigt zu las- noch etwas mehr, weil ich jetzt weiß, was es erfor- Ein Bonbon war schwarz, und aus irgendeinem Grund sen und mehrere Kopfhörer mitzunehmen, weil die dert, so weit zu kommen. Jeder in einer tourenden nahm ich an, es sei eine gute Idee, es zu essen. Es Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie geklaut werden. Band opfert bestimmte Dinge, aber das ist es wert. war so etwas wie Lakritze mit Salz in der Mitte. Kei- Außerdem: Jeder ist für seine Körperhygiene selbst Stormy Logan, AT DAWN WE RAGE: Ich denke, es ner im Raum brachte das runter – bis auf die Ver- verantwortlich. Jonny McBee, THE BROWNING: Ich hat mich in vielerlei Hinsicht klüger gemacht. Durch anstalter. Alex Erian, OBEY THE BRAVE: Wir waren habe gelernt, dass deine besten Freunde die sind, die das Touren habe ich mehr über das Leben gelernt als drei Jahre ununterbrochen in den USA unterwegs, in man immer noch hat, nachdem man sechs Monate in der Schule. denen ich mich gezwungen habe, jeden Tag Junkfood am Stück weg war. Stormy Logan, AT DAWN WE Thomas Renz

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Foto: Benji Walker DZ DEATHRAYS HARDCORE CONNECTION TRACKLIST-INTERVIEW. Richtig erkannt – dass auf dem Album von MY SONGS. „Ich habe das ,Chinese Democracy‘ des Hardcore produ- DZ DEATHRAYS zwölf Songs sind und wir der Band genauso viele Fragen ziert“, lacht Daniel Bader. Und tatsächlich – um die Compilation „Hard- gestellt haben, ist kein Zufall, sondern hängt direkt miteinander zusam- core Connection“ zu realisieren, bei der verschiedene Sänger „auf ihre men. Berühmtheit und Geld scheißen, ein bisschen Spaß haben und die Songs unserer Jugend“ interpretieren, hat der Mann hinter Superhero Records Bitte stell dich vor! („Intro“) Ich bin Shane, Gitarrist und Sänger von DZ DEA- fast fünf Jahre gebraucht. Unsere Fragen zu beantworten, ging deutlich THRAYS. schneller. Wann und warum hast du angefangen, Musik zu machen? („Teenage kick- starts“) Als ich dreizehn war und eine Gitarre zu Weihnachten bekam. Ich schrieb Welcher Song auf der Platte bedeutet dir am meisten? Das kann ich so nicht schon Songs, bevor ich richtig spielen konnte. Mein erstes Lied bestand aus zwei sagen, da es zu jedem eine kleine Geschichte gibt. Mit manchen Sängern bin ich Tönen – nur ein Ton weniger als bei den meisten heutigen Popsongs. seit Jahren befreundet, mit anderen war ich zumindest auf Tour, ein paar wurden Hast du schon einmal schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht? mir durch Freunde vermittelt, wieder andere habe ich tatsächlich durch das gute („Cops capacity“) Nur wenn sie Hauspartys dichtmachten, bevor wir spielen alte Internet gefunden. Man sagt ja, dass man die Helden seiner Jugend bes- konnten. Wenn sie reinkamen, während wir spielten, und es plötzlich abging ... ser nicht treffen sollte, um nicht enttäuscht zu werden – ich hatte Glück, denn das war schon ziemlich cool. Wir haben schon drei Shows gespielt, die von der es stellte sich heraus, dass YUPPICIDE zu den Guten gehören. Deshalb hat Jesse Polizei in Brisbane beendet wurden. Sie scheinen Beschwerden über Ruhestö- Jones auch einen Song eingesungen und Steve Karp das Cover entworfen. Toll rung ernster zu nehmen als den Anruf, den ich damals machte, als bei mir ein- war auch, dass Kevin Seconds, , Mad Joe von WISDOM IN CHAINS gebrochen wurde ... und Choke von SLAPSHOT Zeit gefunden haben, vor einer Show kurz ins Studio Was war die längste Zeitspanne, die du ohne Schlaf verbracht hast? („No zu kommen und etwas einzusingen. sleep“) Als wir von Australien nach Manchester geflogen sind, direkt zum Venue Mit welchem Song verbindest du die schönste Erinnerung? Auch wenn der und auf die Bühne gingen und anschließend bis zum frühen Morgen Party mach- Song mit Kai Havaii von EXTRABREIT erst aufs zweite Album kommt, haben wir ten, war ich ungefähr 48 Stunden wach. Das war aber okay, denn sobald man seine Vocals am selben Tag aufgenommen wie die von Texas Terri. Ein Bekann- den toten Punkt überwindet, ist man in diesem komischen Zustand, wo man nicht ter von einem Kumpel war dabei und hat eine Art Making-of gedreht und die bei- müde wird – bis man zu trinken aufhört und ins Bett fällt. den Legenden mit mir zusammen für ein kleines Interview vor die Kamera gesetzt. Was willst du auf jeden Fall noch erleben, bevor du stirbst? („Play dead until Zum einen waren wir alle begeistert davon, dass wir auf Film viel besser ausse- you’re dead“) Ich will ein eigenes Schloss besitzen und von dort aus mit Kano- hen als in echt, zum anderen war es ein sehr schönes Erlebnis, wie sich die zwei nen auf Simons Schloss schießen. Ich will einen Jet fliegen. Mit Andrew W.K. Party alten Hasen, die ja aus komplett verschiedenen Szenen kommen, austauschen. machen. Mit Danny DeVito Party machen. Und nach Hawaii fahren. Zu welchem Song gibt es die lustigste Anekdote zu erzählen? Sehr sympa- Wo lebst du und gefällt es dir dort? („Gebbie street“) In Brisbane. Und ja, hier thisch fand ich, dass Rikk Agnew von den ADOLESCENTS manchmal beim Anhö- ist es nett. Es ist eine ruhige Stadt, mehr wie ein großes Dorf, aber eine Menge ren der aufgenommenen Sachen eingeschlafen ist und mir immer wieder ernst- großartiger Musik kommt von hier. Das Wetter ist toll, wenn nicht gerade Som- haft versicherte: „I don’t wanna listen to my voice, you just tell me if I gotta sing mer ist. Wir haben hier viele Freunde, viele von ihnen spielen in Bands, und es ist again.“ immer super, wenn alle zu Hause sind und wir uns bei Konzerten treffen. Gibt es auch Songs, die zwar aufgenommen wurden, es aber nicht auf die Kannst du dir etwas Mächtigeres als einen Dinosaurier vorstellen? („Dino- Platte geschafft haben? Neben dem schon angesprochenen Song mit Kai might“) Ein Dinosaurier mit einem Laser. Havaii, bei dem beim Mix etwas schieflief, gibt es außerdem einen Song mit Che, Kannst du von deiner Band leben? („Dollar chills“) Keine Chance. Alles, was wir dem früheren BORN FROM PAIN-Sänger. Mit Jason von SOCIAL UNREST habe verdienen, fließt direkt zurück in die Band. Die letzten vier Jahre hatten wir Büro- ich vor Kurzem auch eine Session gemacht, und es gibt sogar eine Aufnahme mit jobs, wenn wir nicht auf Tour waren, um uns über Wasser zu halten. dem „Bang Boom Bang“-Schauspieler Markus Knüfken ... Aber all diese Songs Was war die höchste Summe, die du jemals für die Band ausgegeben hast? plus diejenigen, die noch ohne Vocals rumliegen, sollen natürlich aufs zweite („Debt death“) Ungefähr 20.000 Dollar. Es ist irgendwie teuer, drei, vier Mal im Album. Ich hoffe, dass die erste Scheibe dazu beiträgt, für die zweite noch ein Jahr von Australien in die nördliche Hemisphäre zu fliegen. Deswegen wollen wir paar Überraschungen hinzubekommen. für mindestens sechs Monate im Jahr umziehen. Welche Songs sind leider nicht zustande gekommen? Und warum? Lei- Was würdest du einem Label sagen, das von euch verlangt, eure Musik zu der hat es mit Keith Morris von den CIRCLE JERKS beziehungsweise OFF!, Tony vereinfachen? („Dumb it down“) Ich würde sagen: „It’s already dumb enough.“ von den ADOLESCENTS und Lee Hollis von den SPERMBIRDS bisher noch nicht Unsere Musik ist wirklich ziemlich einfach. Was okay für uns ist, schließlich wollen geklappt, obwohl die Songs musikalisch fertig sind. Ich hoffe außerdem immer, wir die Leute ja nur dazu bringen, Spaß zu haben. dass Joe Jackson von dem Projekt Wind bekommt und Bock auf einen Pop- Was ist deine Lieblingsmannschaft? („LA Lightning“) Die Toronto Raptors. Punk-Song hat – er lebt ja hier in . Mit den Jungs von BLOODHOUND GANG Allein wegen ihres Maskottchens. Velociraptoren sind super. und DEVIL INSIDE klappt es auch noch irgendwann, denke ich, und wenn Herr Was ist deine Lieblingsfernsehserie, in der kein Trans Am vorkommt? Rollins mal wieder in der Stadt ist und aus seinem Buch vorliest, könnte er doch („Trans AM“) „Game of Thrones“. auch mal für eine halbe Stunde zum Singen vorbeikommen. Thomas Renz Thomas Renz

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08-17Fuze35.indd 12 08.07.12 18:03 Foto: Brandon Hambright Foto: Josi Hoffmann SKIP THE FOREPLAY TERROR MY MIXTAPE. „Breakdowns, House, Dubstep IT’S A DIRTY WORLD OUT THERE. Etwas, und ganz viel Pop“ hat Frank Engelhardt auf dem das mich in letzter Zeit wirklich nervt, sind Leute, Debütalbum von SKIP THE FOREPLAY ausge- die das ganze Klo verpissen. Wenn man so viel macht, insofern hält sich die Verwunderung über unterwegs ist wie ich, ist man der nächstgelegenen die Achtziger-Jahre-Lieblingssongs der Band in Toilette hilflos ausgeliefert. Wenn ich mich erleich- Grenzen. tern muss, manchmal sehr dringend, gehe ich oft in eine Kabine und alles ist voller Pisse. Ist es so schwer Run DMC – Rock box. Ich schätze, wenn man zu zielen? Dauert es länger als eine Sekunde, den unsere Band hört, weiß man, dass wir es lieben, wenn Toilettensitz hochzuklappen? Das passiert nicht nur Leute verschiedene Genres miteinander vermi- in Musikclubs, sondern überall: in Restaurants, bei schen. Es sollte also keine Überraschung sein, dass Sportveranstaltungen, in Parks, sogar in den Häu- wir guten alten Rap-Rock mögen. Die schmierige sern mancher Leute. Ich muss also Meister Proper Gitarre von „Rock box“ ist so krass, dass sie sogar spielen oder in fremdem Urin sitzen. Ich muss Toi- viele Hardrock-Bands beschämt. (Julien) lettenpapier nehmen und die Pisse von irgendeinem SCORPIONS – Big city nights. Abgesehen davon, unachtsamen Arsch aufwischen. Dann über dem Sitz dass der Song einen der besten Titel aller Zeiten hat, schweben und verhindern, dass meine Hose den schreit er förmlich: „Lass uns rausgehen und unge- Boden berührt, der auch immer nass ist. Das macht sunde Entscheidungen treffen!“ Es ist echt gemein: aus einem Erlebnis, das sehr entspannend sein Jedes Mal, wenn man ihn hört, nimmt er einen gefan- sollte, etwas Stressiges und Schmutziges. gen und man vergisst, dass man, wenn man seinem Das bringt mich zu einer meiner Lieblingserfindun- Instinkt nachgibt, am nächsten Morgen höchstwahr- gen, die ich auf Tour immer dabei habe: antibakteri- scheinlich mit Schrammen im Gesicht auf einer Müll- elle Feuchttücher. Was für eine großartige Idee. Laut kippe aufwacht. (Julien) Verpackung töten sie 99,99 Prozent aller Keime BON JOVI – Born to be my baby. BON JOVI ist eine ab. Sie sind ungefähr so groß wie ein halbes Blatt der besten Bands aller Zeiten, und dies ist einer ihrer Papier und mit einem Desinfektionsmittel behandelt, Songs, der am meisten unterschätzt wird. Klar, er das sehr hautverträglich ist. Wenn du dich heiß und wurde damals sehr gut aufgenommen, aber irgend- schwitzig fühlst und dich erfrischen willst – benutze wie haben die Leute das vergessen, was BON JOVI eins. Wenn du etwas auf dein T-Shirt verschüttest – erlaubte, zwanzig Jahre später eine fast identische benutze eins. Wenn du das Innere deines Vans abwi- Single namens „We weren’t born to follow“ zu veröf- schen willst, um dir vorzumachen, ihn damit von den fentlichen. Auf jeden Fall schaffte es der Song in die Folgen des Hustens deiner Bandkollegen zu befreien Charts, obwohl es einer der offensichtlichsten Fälle – benutze eins. Wenn du auf einer Toilette bist, auf von Selbstkopie in der Musikgeschichte ist. (Julien) der es keine Seife gibt, und du dir die Hände waschen THE POLICE – Message in a bottle. Dieser Song willst – ganz genau, benutze eins. Und wenn der Toi- erinnert mich an die Zeit, als ich ein Kind war, deswe- lettensitz voller Pisse ist, benutze viele. Der Sitz ist gen werde ich ihn immer lieben. (Fillion) zuerst dran. Dann werfe ich die benutzen Tücher auf – Run to you. Der Typ ist der Ham- den Boden und wische mit den Füßen die Pisspfütze mer, also musste ich etwas von ihm nehmen. (Fillion) auf und genieße einen halbsauberen Schiss. Diana Ross – Upside down. Ich weiß nicht, warum, Desinfektionsspray, Flipflops für die Dusche, Vita- aber ich liebe dieses Lied einfach. (Fillion) minergänzungsmittel und mein eigenes Mikrofon Corey Hart – Sunglasses at night. Wenn ich besof- sind andere Dinge, die ich auf Tour mitnehme, um fen bin, trage ich in Clubs gerne eine Sonnenbrille, sicherzugehen, dass ich sauber und gesund bleibe. und der Song passt zu dieser Situation. (Chuck) Die Welt ist ein schmutziger Ort. Sie kann aber auch Kenny Loggins – Danger zone. Ein Song vom ein sehr nerviger Ort sein, wenn du es zulässt. Leute, Soundtrack zu „Top Gun“, einem meiner Lieblings- die im Flugzeug an meinem Sitz rütteln, wenn sie filme. So geil. (Chuck) aufstehen. Automatische Warteschleifen, die einen STEELHEART – Everybody loves Eileen. Lieb- ewig hängenlassen, während alle fünfzehn Sekunden lingsband, Lieblingssänger, Lieblingssong, Punkt. eine Nachricht wiederholt wird, die mir erzählt, wie Echt schade, dass diese Band nie wirklich groß wichtig mein Anruf sei. Mehr als dreihundert Dollar wurde. (Chuck) im Monat für eine Krankenversicherung zahlen, aber BERLIN – Take my breath away. Auch vom „Top die meisten Ärzte nehmen keine neuen Patienten an, Gun“-Soundtrack. Ich musste den Song nehmen, und man muss zwei, drei Wochen auf einen Termin weil er während der Sexszene des Films läuft – der warten. Versuch trotzdem, ruhig und positiv zu blei- ersten Sexszene, die ich in meinem Leben gesehen ben. Du bist nur einmal jung, also mach es richtig. habe. (Chuck) Scott Vogel, TERROR

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den, herzlichen Mann. Er glaubt an seine Künstler und will für jeden nur das Beste. James Pugh, STRAIGHT LINES: Er ist ein bisschen wie ein Gott. Man sieht ihn nie wirklich und weiß deshalb nicht, ob es ihn tatsächlich gibt, haha. Aber im Ernst: Er ist ein cooler Typ, der vielen Bands, die nicht unbedingt Millionen von Plat- ten verkaufen, eine Tür geöffnet hat. : Ich kenne ihn nicht allzu gut, aber er kommt immer sehr vernünftig rüber. Er ist zurückhaltend, kann sich aus- drücken und weiß, was er tut. Colin MacIntyre, MULL HISTORICAL SOCIETY: Als sehr bescheiden. Es ist angenehm, mit ihm zu arbeiten. Er versteht seine Künst- ler und hat die Fähigkeit, mit wenigen Worten alles zu sagen. Jacob Glew, FIGH- TING FICTION: Charlie ist super. Seine Selbstbeschreibung passt – er ist sehr engagiert, das macht Xtra Mile zu einem tollen Label. Jim Lockey, JIM LOCKEY & THE SOLEMN SUN: Tom von STRAIGHT LINES hat ihn kürzlich als den Paten bezeichnet, das trifft es ziemlich. Ein gut frisierter Gentleman, der sagt, was er denkt, und erstaunlich freundlich ist für jemanden, der sich selbst einen „skla- ventreibenden Bastard“ nennt.

Das erste Schlüsselerlebnis mit seinem Label war laut Charlie, als eine seiner Platten in die britischen Independent-Charts einstieg. Was waren die entscheidenden Momente in der Karriere deiner Band? : Da stimme ich ihm zu – als „ Keep My Bones“ in den Charts war, waren Charlie und ich sehr stolz. Ben Marwood: Einen Deal mit Xtra Mile abzuschlie- ßen und Shows mit Frank Turner zu spielen. Frank hat mir viele Türen geöffnet, was ich ihm niemals vergessen werde und wahrscheinlich auch nie zurückzahlen kann. Franz Nicolay: Als ein Anfall von Schizophrenie mir erlaubte, mich selbst als Band zu betrachten. Murray Macleod, THE XCERTS: Unser Album „Scatter- brain“ mit Mike Sapone in aufzunehmen, war definitiv ein Meilenstein für uns. Wir bewundern seine Arbeit seit Jahren, und die Tatsache, dass er mit uns arbeiten wollte, hat uns umgehauen. James Pugh, STRAIGHT LINES: In einem vollen Zelt beim zu spielen, war großartig. Und beim South by Southwest in Texas aufzutreten, war auch super. Es kam uns sehr unwirklich vor, in einem anderen Land zu spielen. Ich glaube, wir haben in Texas gespielt, bevor wir auch nur eine Show in Schottland hatten, haha. Dave Hause: Letzten Herbst Teil der Revival Tour zu sein, hat mein Leben und meine Karriere verän- dert. Ich hatte das Gefühl, beim Publikum einen echten Eindruck hinterlassen zu haben, und war ganz demütig angesichts der Freundlichkeit und Unterstützung, die mir entgegengebracht wurde. Colin MacIntyre, MULL HISTORICAL SOCI- ETY: Als der NME meine erste Single als MULL HISTORICAL SOCIETY zu seiner Single des Jahres machte – das hatte echt vorteilhafte Nebeneffekte. Mit den STROKES auf ihrer ersten Englandtour zu spielen und sie bei uns in Schottland mit Whisky bekannt zu machen, war auch toll – ich werde bis heute auf diese Tour angesprochen. Jacob Glew, FIGHTING FICTION: Endlich unser erstes Album zu veröffentlichen, nachdem wir viele der Songs fast zwei Jahre lang live gespielt haben. Jetzt können die Leute endlich mitsingen! Jim Lockey, JIM LOCKEY & THE SOLEMN SUN: Unser Album zu veröffentlichen. Es stieg auf Platz sieben der Official Record Store Charts ein, wo CD-Verkäufe in unabhängigen Platten- läden erfasst werden. So kleine Läden sind sehr wichtig für uns, und es ist schön zu wissen, dass heute noch CDs gekauft werden – vor allem von uns.

Bei den Unruhen in England 2011 verloren Xtra Mile Recordings durch einen Brand in einer Lagerhalle ihren kompletten Warenbestand, und es gab einen Moment, in dem Charlie dachte, er könne mit dem Label nicht weiter- machen. Was ist das Schlimmste, das deiner Band jemals passiert ist? Frank Turner: Auf Tour zusammenzubrechen, Geld zu verlieren, Shows abzusagen – all das ist ziemlich hart und passiert recht oft. Ben Marwood: Vor fünf oder sechs Jahren spielte ich eine Show mit meiner Band – als ich noch eine hatte – und fiel während eines Gitarrensolos beim Höhepunkt des Auftritts von der Bühne auf meinen Rücken. Aua! Es tut immer noch weh, und das wird sich womöglich auch nicht mehr ändern, ist aber eine gute Story. Franz Nicolay: Ich bin gerade FRANK TURNER in einem Bus von der nach Russland gefahren – von Mitternacht bis Foto: Lena Stahl neun Uhr früh, inklusive vier Stunden Wartezeit an der Grenze. Meine Frau und ich saßen in der letzten Reihe des vollen Busses, und der Typ vor mir hatte seine XTRA MILE RECORDINGS Lehne so weit nach hinten gestellt, dass er fast auf meinem Schoß lag. Murray MY LABEL. Charlie Caplowe ist 44 Jahre alt, lebt in , betreibt eine Macleod, THE XCERTS: Als unser Bassist Jordan sich die Hand brach, bevor wir Promo-Agentur und hat unzählige Kinder – zumindest wenn man zu sei- eineinhalb Monate auf Tour gingen. In den ersten beiden Wochen musste er mit nen vier leiblichen noch die ganzen Musiker dazuzählt, die bei seinem Label seinen Füßen spielen und Basspedale benutzen, was echt hart für ihn war, aber Xtra Mile Recordings sind und denen wir ein paar Fragen gestellt haben. er hat es wie ein Champion durchgestanden. James Pugh, STRAIGHT LINES: Abgesehen von den üblichen Dämpfern, die alle Bands abkriegen – kaputte Charlie bezeichnete sich mir gegenüber augenzwinkernd als einen „skla- Vans, leere Kassen –, ist uns bisher nichts Schlimmes passiert. Unser Schlag- ventreibenden Bastard“. Wie würdest du ihn beschreiben? Frank Turner: Als zeuger hat sich während eines Auftritts mal an der Schulter verletzt – zwei Tage, lautlosen Killer, haha. Er erledigt die Dinge mit einem Minimum an Aufregung. Ben bevor wir als Vorband auf eine echt gute Tour gehen sollten. Das mussten wir Marwood: Charlie Caplowe ist ein Gentleman, ein guter Geschäftsmann und – dann leider absagen. Dave Hause: Mit THE LOVED ONES, der Band, mit der ich was noch viel wichtiger ist – der einzige Mann auf Erden, der mutig genug ist, viel unterwegs war, bevor ich mich mehr meiner Solokarriere widmete, waren wir ein Album von mir zu veröffentlichen. Franz Nicolay: Er ist ein super Typ, um mit mehr als hundert Sachen unterwegs, als ein Rad unseres Trucks abbrach. zusammen ein Bier zu trinken, aber man bekommt ihn ums Verrecken nicht dazu, Wir wären fast gestorben. Das hat unsere Sicht auf das, was wir tun, fundamen- auf E-Mails zu antworten. Murray Macleod, THE XCERTS: Als hart arbeiten- tal verändert. Colin MacIntyre, MULL HISTORICAL SOCIETY: Erstmal toll, dass

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Charlie weitergemacht hat. Wir haben damals in London eine Show unter dem Motto „Fuck The Fire – Rock Against The Riots“ veranstaltet, was eine gute Ant- wort war. Das Schlimmste, was meiner Band passiert ist? Nichts Dramatisches. Einmal waren wir im Westen Schottlands auf Tour, wo die Isle of Mull liegt, die Insel, von der ich stamme und nach der ich mich benannt habe. Ich freute mich riesig, dorthin zurückzukehren. Wir fuhren in Glasgow los, und je weiter wir nach Norden und Westen kamen, desto heftiger schneite es, desto stärker wurde der Wind und desto unglücklicher unser Busfahrer. Wir schafften es bis zur Fähre, nur um dann festzustellen, dass der Betrieb eingestellt worden war. Waren wir ent- täuscht! Die Nacht endete mit einer Schneeballschlacht und dem Blick auf meine Insel, die wir nicht erreichen konnten. Jacob Glew, FIGHTING FICTION: Wenn man in einer Band ist, gibt es immer Rückschläge: Manchmal sind Leute nicht so bei der Sache wie andere, der Van geht kaputt, aber wir erwarten auch nicht, schnell oder einfach Erfolg zu haben. Das Schlimmste, das uns passiert, sind per- sönliche Dinge wie Trauer oder Liebeskummer. Aber da wir uns in der Band zual- lererst als Freunde verstehen, betrifft das uns alle und wir tun unser Bestes, uns gegenseitig zu unterstützen. Jim Lockey, JIM LOCKEY & THE SOLEMN SUN: Da gab es nichts wirkliches Schlimmes. Ein paar Mal haben wir bei Shows Zeug ver- gessen oder dachten, wir würden aufgrund von Staus Auftritte verpassen, aber Aktivitäten, bei denen man Gliedmaßen oder Bandmitglieder verlieren kann, ver- suchen wir zu vermeiden.

Charlie ist ja auch Frank Turners Manager, und als dieser versprach er ihm, einen Stagedive zu machen, sollte Frank eines Tages einen Laden ausver- Foto: Lena Stahl kaufen, in den zweitausend Leute passen. Es kam natürlich dazu – zu sehen auf der DVD „Take To The Road“. „Ich dachte, ich müsste mir keine Sor- DER WEG EINER FREIHEIT gen machen. Wie sich herausstellte, lag ich daneben ...“, sagte mir Char- QUOTES-INTERVIEW. „Schon fast als Schauerlyrik“ kann man die lie zu der ganzen Sache. Wann hast du dich zuletzt geirrt? Frank Turner: Ich Texte des neuen Albums von DER WEG EINER FREIHEIT laut - habe gerade meine erste Show in Spanien gespielt und dachte, es würde schwer Sänger Mille bezeichnen. Uns haben sie jedoch keine Angst gemacht, son- werden. Aber das Festival war super und das Publikum toll. Ben Marwood: Nor- dern zu ein paar Fragen an Nikita Kamprad inspiriert, den „geistigen Vater malerweise liege ich beim Tippen von Fußballergebnissen daneben. Was bedeu- der deutschen Antwort auf WOLVES IN THE THRONE ROOM“. tet, dass ich mich während der EM mindestens zwei Mal täglich geirrt habe. Franz Nicolay: Ich dachte, ich würde für das Artwork meines neuen Albums zum ers- Wie würdest du die Entwicklung vom ersten zum zweiten Album beschrei- ten Mal in meinem Leben weniger als drei Mal so lange brauchen, wie es gedau- ben? („Jeder Schritt bedeutet Wachstum“ aus „Zu Grunde“) Musikalisch ert hat, die Songs zu schreiben und aufzunehmen. Leider falsch! Murray Mac- gesehen, geht es in eine eher progressivere Richtung – es gibt weniger Parts, die leod, THE XCERTS: Als ich dachte, ich könnte die ganze Nacht in Glasgow Party sich innerhalb eines Songs wiederholen oder in die Länge gezogen werden, trotz- machen und am nächsten Tag eine Show spielen. James Pugh, STRAIGHT dem werden bekannte Melodien aufgegriffen und variiert, um das Ganze fassbar LINES: Vor zwei Tage beim Pferderennen! Mein Kontostand wird zeigen, wie sehr und eingängig zu halten. Die Texte sind kritischer und drehen sich vorwiegend um ich daneben lag. Dave Hause: Ich irre mich ständig, mindestens ein Mal täg- den Menschen in der heutigen Zeit, während das erste Album eher natur- und lich. Colin MacIntyre, MULL HISTORICAL SOCIETY: Das passiert mir jeden Tag. heimatbezogen war. Ich dachte, es sei ein Problem, wieder Musik unter dem Namen MULL HISTORI- Wie schwer ist es, als Black-Metal-Band, die auf viele gängige Klischees CAL SOCIETY zu veröffentlichen, nachdem ich zwei Alben unter meinem richti- verzichtet, von der alten Garde anerkannt zu werden? („Doch, im Wahn gen Namen gemacht hatte, aber alles lief super, und Charlie hatte wieder ein- erstickt, mit leeren Lungen / Verdrängt der alte Zorn das junge Blut“ aus mal Recht. Jacob Glew, FIGHTING FICTION: Heute Morgen. Ich dachte, ich „Zeichen“) Wir versuchen nicht krampfhaft, um Anerkennung zu kämpfen. Uns müsste nichts frühstücken, aber jetzt habe ich Hunger. Jim Lockey, JIM LOCKEY ist wichtig, dass wir mit uns und unserer Musik im Reinen sind und das machen & THE SOLEMN SUN: Wir haben kürzlich einen falschen Twitter-Account unter können, worauf wir Bock haben. Wenn man Bestätigung erfährt, ist das natürlich dem Namen unseres Managers eingerichtet, den wir regelmäßig mit anzüglichen ein gutes Gefühl, aber jeder hat einen freien Willen und kann das machen, was Bemerkungen updaten. Wir dachten zuerst, das wäre etwas kindisch, aber damit er für richtig hält – also auch uns scheiße finden. Ich muss sagen, dass sich alle lagen wir falsch: Es stellte sich heraus, dass das sehr viel Spaß macht. Bands, mit denen wir bisher gespielt haben, durchweg erwachsener und nicht so verkrampft verhalten haben wie die Leute, von denen man so oft im Internet liest. Da das Fuze ein deutsches Magazin ist, wollte Charlie im Interview mit mir Bringt es einem als Band eigentlich was, wenn man von bei unbedingt etwas Deutsches erwähnen, also erzählte er, dass er zwei Mer- Spiegel Online als „die Zukunft des deutschen Extrem-Metal“ bezeichnet cedes habe: einen Kombi von 2004 und ein Cabrio von 1995. Welche deut- wird oder ist die Rezension in einem Metal-Fachblatt letztendlich wichti- schen Dinge besitzt du? Frank Turner: Ich benutze Mikros von Sennheiser. Und ger? („Ein Wunder, Lobgesang“ aus „Zerfall“) Wenn man bedenkt, was für eine ich liebe es, in und München auf Flohmärkte zu gehen und seltsames Reichweite der Spiegel hat und wie viele Leser sich auf Milles Lob hin vielleicht altes Zeug zu kaufen. Ben Marwood: Ich habe seit zehn Jahren ein kleines Misch- mit uns beschäftigt haben, kann es wohl nicht gerade negativ sein. Er ist ja wirk- pult von Behringer, ohne das ich nicht tun könnte, was ich tue. Außerdem habe lich ein Metal-Urgestein, und wir haben großen Respekt vor ihm – da freut es uns ich vorher Gummibärchen von Haribo gegessen, falls das zählt. Franz Nicolay: natürlich ungemein, dass er ein gutes Wort für uns hat. Mein geliebtes rotes Akkordeon von Hohner, das mein Urgroßvater in den fünf- Viele Musiker sagen, dass man, wenn man in einer Band spielt, das Privi- ziger Jahren von Deutschland in die USA brachte, damit ihm mein Vater Polkas leg hat, nie richtig erwachsen werden zu müssen. Siehst du das ähnlich? und Walzer vorspielen konnte. Mein Dad beschädigte es umgehend mit einem („Auf ewig ziehst du weiter / Doch wirst niemals alt“ aus „Zeichen“) Bei einer Fleischermesser. Man sagt, die Liebe zum Akkordeon überspringt eine Genera- Band geht es mir hauptsächlich darum, Spaß daran zu haben, Musik zu machen, tion. Murray Macleod, THE XCERTS: Ich besitze fünf deutsche Schulbücher und live zu spielen, neue Leute kennen zu lernen und einfach unter Gleichgesinn- ein paar Adidas-Klamotten. James Pugh, STRAIGHT LINES: Meine Eltern haben ten zu sein. Man braucht schon eine gewisse Disziplin, um eine Band am Laufen einen Audi, falls das zählt. Dave Hause: Ich habe zwei Deutsche Boxer. Colin zu halten, aber das eigentliche „Spielen“ sollte man nie aus den Augen verlieren. MacIntyre, MULL HISTORICAL SOCIETY: Mein tragbares Studio kommt aus Erwachsen muss man heute oft genug sein, da sollte man sich auch mal ander- Deutschland. Ich habe es, seit ich vierzehn bin, und bestimmt vierhundert Lieder weitig austoben dürfen. damit aufgenommen. Es funktioniert immer noch, obwohl die Technik inzwischen Wie sehr haben dich deine Erfahrungen mit DER WEG EINER FREIHEIT ver- überholt ist. Jacob Glew, FIGHTING FICTION: Ich habe ein paar deutsche Inst- ändert? („Nimm Abschied von dir selbst / Vom Menschen, der du warst“ rumente: einen -Bass von Höfner, drei Akkordeons und eine Mundharmo- aus „Lichtmensch“) Da müsste man vielleicht eher Leute aus meinem Umfeld nika. Und um Weihnachten: ganz viel Lebkuchen. Jim Lockey, JIM LOCKEY & THE fragen. Ich selbst kann das schwer beurteilen. Die Band hat mich auf jeden Fall SOLEMN SUN: Da fällt mir jetzt nichts ein. Aber mein Traumauto ist ein VW Golf der Musik näher gebracht denn je, und ich habe gelernt, mich durch sie auszu- I von 1980. Eines Tages werde ich eine ganze Flotte davon besitzen, komplett mit drücken. Sie entwickelt sich unter meinem Einfluss und ich entwickle mich unter deutschen Nummernschildern. ihrem Einfluss. Beide Seiten sind mehr oder weniger voneinander abhängig. Thomas Renz Thomas Renz

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da Bands spielen lassen. Treffpunkt war immer an einer Ecke, und dann gab es eine geführte Eselswan- derung zum Veranstaltungsort. DIE BANDS. Jogges: Hier gab und gibt es eine ganze Menge guter Bands. Ich picke jetzt einfach mal ein paar raus. PRODUZENTEN DER FROIDE sind eine hammermäßige Oi!-Band, die ich abfeiere ohne Ende. Ich bin Fan. HYSTERESE ist eine super Punk- band, sollten auf jeden Fall angecheckt werden. HELL & BACK sind die neue Hoffnung aus Stuttgart. Unsere Brüder von PESSIMISTIC LINES nicht zu ver- gessen. Schön auf die Fresse, schön viel Hass. DELI- VER sind super und geben auch richtig Gas. Shout out to my brothers, den OI!GENZ. Für mich die beste Band, die jemals aus Stuttgart kam. Chris: So, das waren jetzt die Bands, mit denen wir viel zu tun haben. Aber natürlich gibt es auch noch weitere, die auf jeden Fall auch genannt werden müssen: NO END IN SIGHT, LION CITY, RIOT BRIGADE oder BAU- ERNBROT – die Jungs sind alle um die vierzehn, ja, vierzehn! Die beste Band, die jemals aus Stuttgart kam, waren CHAOS Z. Mit dreizehn damals das erste Mal gehört, hauen sie mich heute genauso um wie damals. So muss Deutschpunk klingen. DIE SZENE. Jogges: Die Szene hier würde ich als agil, lebendig, bunt und respektvoll bezeichnen. Stuttgart ist ja nicht so groß, und irgendwie kennt jeder jeden. Chris: Die Szene hier ist nicht so uni- form, wie ich sie in anderen Städten Deutschlands wahrgenommen habe. Sie ist auch nicht so schnell- EMPOWERMENT lebig. Die Gesichter, die ich auf Konzerten sehe, MY SCENE – STUTTGART. Wer wäre besser dafür geeignet, einen Szenereport über Stuttgart zu treffe ich seit zig Jahren, und wenn neue Gesich- schreiben, als eine Band, die einen Song mit dem Titel „Stuttgart asozial“ im Programm hat? Eben. ter dazukommen, dann weiß ich genau, dass ich sie Deshalb haben nun Jogges und Chris von EMPOWERMENT das Wort. in ein paar Jahren immer noch auf Konzerten oder in einer anderen „alternativen“ Umgebung tref- DIE STADT. Jogges: Eine Stadt zwischen Beton Bandkonsens. Ich persönlich bin ein großer Fan von fen werde. Das hat zur Folge, dass der Altersdurch- und Reben. Daimlerstadt. Arbeiterstadt. Stadt mit Eckkneipen – je ranziger, desto besser. Chris: Zu schnitt bei Mitte zwanzig bis Anfang dreißig liegt. Licht und Schatten. Betonstadt. Spießerstadt. Das Plattenläden kann ich gar nicht so viel sagen, da ich Jogges: „Wir sind Zecken – asoziale Zecken.“ In uns fällt mir spontan zu Stuttgart ein. Als subkulturel- meine Platten zu 99 Prozent bei Mailordern bestelle. allen schlägt ein Punkerherz, und es gibt wenig Spie- ler Teil der Stadt werden dir hier sicher immer wie- Bis vor ein paar Jahren gab es den Drastic World ßer in der Szene, zumindest nicht im harten Kern. Die der Steine in den Weg gelegt, und du musst krea- Store, geführt von Matze Our World und Tassilo von ganzen Mainstream-Kids, die zu den großen Shows tiv sein, um Freiräume zu schaffen. Die Stuttgarter Drastic Actions, beides auch eigenständige Labels, gehen, kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, Hardcore-Szene ist ein bunter Schwarm freier Vögel die auf jeden Fall genannt werden müssen. Der dass wir alle dicht zusammenstehen und mit offe- und von der Geisteshaltung her sicher das Gegenteil Laden war super, um Leute zu treffen, zum Musik- nen Augen durchs Leben gehen, bewusst leben. Wir von dem, was unsere Stadt sonst so repräsentiert. hören oder für Plattenflohmärkte. Dann gibt es noch schauen uns in die Augen – vertrauen und blicken „Stuttgart Hardcore“ ist offen, lebendig, bunt. One Day By Day Records. Wird betrieben von Anselm, weiter ins Herz. Ich nehme hier sehr viel Achtung und crew, one mind, und neue Gesichter sind willkommen. der auch gerne im JuHa West oder am Nordbahn- Wertschätzung wahr. Wir sind strikte Antifaschisten Der Schwabe an sich – und Stuttgart ist neben Ber- hof Konzerte macht. All das gerade Genannte ist toll, und kennen da auch keine Toleranz. Chris: Wir alle, lin ja die Hauptstadt der Schwaben – ist eher ver- inklusive Anselm. die wir uns in dieser Subkultur aufhalten, haben ein schlossen und skeptisch gegenüber Neuem. Stutt- DIE SHOWS. Jogges: Ich erinnere mich an eine politisches Selbstverständnis, ganz klar. Es gibt etli- gart Ostend ist meine Heimat, und ich bin ein Stutt- MURPHY’S LAW-Show, die wir ganz spontan in unse- che, die politisch sehr aktiv sind, angefangen bei der garter Homeboy durch und durch. Ja, ich sage das. rem Proberaum veranstaltet haben, da der Promo- Antifascist Rock Action/AFRA bis hin zu Einzelper- Chris: Obwohl Stuttgart ja eine Landeshauptstadt ter abgesprungen ist – die war super und in ganz viel sonen. Die Grauzone macht auch vor Stuttgart nicht ist, ist es doch sehr dörflich hier. Jeder kennt jeden, Bier getaucht. Zum Glück sah es da eh schon aus halt, und alle versuchen ihr Möglichstes, dass dubi- und daher gibt es eigentlich keinen großen Unter- wie auf einer Müllkippe. Bei manchen Shows drehen ose Bands keinen Platz in Stuttgart finden. schied zu kleineren Städten. Zwischen Wutbürgern, hier alle am Rad wie Harley Flanagan, ansonsten gibt DIE PROBLEME. Chris: Die Szene krankt etwas an versnobten BWL-Studenten, neureichen Yuppies es auch ganz oft Stock-im-Arsch-Style. Chris: Die Leuten, die den Arsch nicht hochbekommen und an und erzkonservativen Alten lebt es sich an manchen letzte Bastion, das OBW9, wurde vor einigen Jahren zu wenigen Straight-Edge-Kids. Es sind immer die- Stellen freier und an manchen weniger. Viele haben dichtgemacht, und es gibt seither keine Alternative selben Leute, die aktiv sind und Konzerte machen, unseren Song „Stuttgart asozial“ sicher falsch inter- dafür. Dort habe ich die meisten Konzerte gesehen, bei Bands dreht sich das Besetzungskarussell, Fan- pretiert. Da ging es uns mehr um einen state of die ich gut fand und an die ich mich gerne erinnere. zines gibt es gar keine. Nur fotografieren, das tun mind. Stuttgart ist alles andere als asozial, sondern Heutzutage teilt sich das JuHa West mit dem Scho- sie alle. Gäbe es für diese Szene einen Stammbaum, genauso kleinkariert wie München oder was weiß ich. cken das Zepter der besten Konzerte. Das beste er wäre wohl ein Kreis. Ich war neulich bei MOVING DIE INFRASTRUKTUR. Jogges: Wir haben seit Konzert – einfach weil ich so ein unglaublicher Fan- MOUNTAINS, da spielte eine Vorband aus dem einem guten Jahr ein veganes Restaurant, aber boy bin – war wohl das von im Umkreis von Stuttgart – BIG SPIN, total junge Kids, ansonsten sieht es eher mau aus mit vegetarischem Longhorn. Das Stuttgarter Publikum ist oft schwie- die musikalisch super waren. Warum gibt es so etwas Essen. Es gibt noch den Vegi Voodoo King, ein vega- rig und ganz schön steif. Bands, die überall die Bude nicht auch für unsere Szene? Vielleicht sollte ich das ner Imbiss, bei dem es Falafel gibt und sonst nichts. einreißen, wie BLACK BREATH, NAILS, GO IT ALONE auch alles nicht so schwarzmalerisch sehen – how is Chris: Außerdem noch das Körle und Adam, das liegt und so weiter, werden hier stillstehend betrachtet this time different from the last time, if the last time zwar wie das Coox & Candy etwas außerhalb, lohnt und nach jedem Song mit Klatschen belohnt – mehr was different from that time before? All das macht sich aber. Zum Abhängen gehen wir in das Kap Tor- aber auch nicht. Schade. Jogges: Mir fällt noch ein die Szene hier so klein. Andererseits finde ich aber mentoso, hin und wieder verschlägt es uns auch ins geiler Spot ein. Eine Zeit lang waren in einem Kel- auch gerade das schön. Es ist familiär – und wie vor- Schlampazius, wo wir unser erstes Konzert gespielt ler eines ganz normalen Mehrfamilienhauses mit- her schon gesagt –, jeder kennt jeden, und so treffe haben. Jogges: Jeder von uns hängt an unterschied- ten in der Stadt Konzerte. Da haben ein paar Skater ich immer irgendjemanden für einen kurzen Schnack lichen Spots ab. Das Kap ist unterm Strich aber der gewohnt, die hatten eine Rampe im Keller und haben – egal, wo ich in Stuttgart gerade bin.

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08-17Fuze35.indd 16 08.07.12 18:03 Foto: Josi Hoffmann EXPIRE PIERCE THE VEIL PANTS DOWN. Wenn zwei sich streiten (wie MY ARTWORK. Würde ich keine Musik unsere Autoren Ingo Rieser und Alessandro Wei- machen, wäre ich wohl Grafikdesigner. Ich habe roster im Reviewteil dieser Ausgabe über „Pen- drei Jahre an der San Diego State University Design dulum Swings“, das Debütalbum von EXPIRE auf studiert – bis unsere Band gesignt und ich damit Bridge Nine Records), dann muss sich der Dritte zum Vollzeitmusiker wurde. Bis heute überwache (in diesem Fall: Zach Dear, der Gitarrist der Band) und bewillige ich alle grafischen Arbeiten, die mit der zu Themen äußern, über die alle anderen in der Band zu tun haben. Ich bin der Ansicht, dass alles Szene ebenfalls streiten. So lautet jedenfalls ein irgendwie die Musik widerspiegeln sollte, die man altes Sprichwort, an das wir uns gerne halten. macht. Nimm zum Beispiel unser Logo: Ich wollte, dass es organisch ist – so wie unser Sound – und Straight Edge Lifestyle. Alle bei EXPIRE sind keine harten Winkel hat, was eine kalte Atmosphäre straight edge, aber wir sind keine Straight-Edge- erzeugen würde. Deshalb sind unsere Logos eher Band, falls das Sinn ergibt. Wir schreiben also in kurvig. unseren Texten nicht darüber oder Ähnliches. Wir Beim Artwork unseres neuen Albums „Collide With haben genauso viele Freunde, die trinken und Party The Sky“ mit Aaron Marsh zu arbeiten, war der Vor- machen, wie solche, die das nicht tun. Für mich ist schlag unseres Labels. Bevor wir ihn baten, das Pro- das eine persönliche Entscheidung, und das sollte es jekt zu übernehmen, schaute ich mir seine früheren auch bleiben. Es ist ein schmaler Grat zwischen einer Arbeiten an und mir fiel auf, dass sein Stil sehr facet- coolen Straight-Edge-Band und einer, die dir ihre tenreich ist. Nachdem ich ihm das Konzept ausführ- Botschaft ständig reindrückt, und Letzteres kann ich lich am Telefon erklärt hatte, war ich zuversichtlich, einfach nicht unterstützen. dass er daraus etwas Großartiges machen würde. Er Vegan Diet. Unser Schlagzeuger ist Veganer und freute sich sehr, dass wir so klare Vorstellungen hat- steht drauf. Mich selbst hat das nie interessiert, aber ten und alles eine tiefere Bedeutung haben sollte. wenn du das machen kannst: Nur zu! Er sagte mir, er fände es erfrischend, eine Band zu Violent Dancing. Was das betrifft, bin ich innerlich sehen, der jeder Aspekt ihres Schaffens so wichtig zerrissen. Auf der einen Seite ist es großartig, hart ist und die Wert darauf legt, dass das Cover so viel abzugehen. Als ich anfing, auf Konzerte zu gehen, bedeutet wie die Musik selbst. waren es die krassen Leute vorne im Pit, die den Ich hatte von Anfang an ein sehr detailliertes und Shows dieses Gefühl von Angst und Gefahr gaben ausgefeiltes Konzept im Kopf. Es gab zwar noch ein – etwas, das meiner Meinung nach momentan im anderes Thema, das ich „Street Youth“ genannt Hardcore fehlt. Auf der anderen Seite sind Leute, hatte, aber wir konnten es nicht auf ein bestimmtes die nur zu Konzerten gehen, um anderen ins Gesicht Bild herunterbrechen. Das Konzept war einfach zu zu schlagen, richtig scheiße. Eine Hardcore-Show offen für die unterschiedlichsten Interpretationen, sollte ein Ventil für alle sein. Versuch nicht, anderen also verwarfen wir diese Idee komplett. Ein Großteil das kaputtzumachen, indem du deine Aggression des Albums ist von unseren Fans inspiriert, die uns an ihnen auslässt. Wenn du von etwas in der Welt geschrieben und von ihren Problemen mit Depressi- da draußen angepisst bist, lass deine Gefühle ruhig onen und Selbstmordgedanken erzählt haben. Auf- bei einer Show raus, aber versuch auch, etwas an der grund eigener Erfahrungen kann ich mich damit sehr Welt da draußen zu ändern. identifizieren. Christian Hardcore. Jeder hat das Recht auf seine Inhaltlich geht es darum, vom Boden abzuspringen, Meinung, aber ich nehme an, die Frage bezieht sich der unter einem zusammenbricht. Im Booklet findet auf extrem forsche christliche Hardcore-Bands. Und man verschiedene Charaktere, die im Himmel über über die denke ich genauso wie über predigende dem einstürzenden Boden hängen. Sie sollten trotz Straight-Edge-Kids und predigende Veganer: Drück des Chaos, das sie umgibt, ruhig und gelassen wir- mir den Scheiß nicht rein, es sei denn, du willst, dass ken. Es sollte aber offen bleiben, ob die Personen ich dir auch was reindrücke. fallen oder fliegen. Mir war wichtig, unseren Fans Do It Yourself Attitude. Das ist die Grundlage von rüberzubringen, dass es noch Hoffnung für sie gibt, allem, was ich an Hardcore liebe. Als ich vierzehn war auch wenn es scheint, als ob die Welt um sie herum und es keine Shows in meiner Stadt gab, habe ich auseinanderfällt. Es geht auch darum, vor seinen welche veranstaltet. Wenn man im Mittleren Westen Problemen wegzurennen oder – wie in diesem Fall – der USA aufwächst, gehört das dazu. Es gibt keine wegzuspringen. Das Artwork ist unseren Fans gewid- Almosen. Keine Bands, an die man sich dranhän- met, als ein Dankeschön dafür, dass sie immer für gen könnte. Entweder du sorgst dafür, dass es deine mich da waren und mir einen Grund geben, weiter- Band, deinen Laden, dein Magazin oder deine Szene zuleben und Musik zu machen. gibt – oder keiner tut es. Vic Fuentes, PIERCE THE VEIL

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08-17Fuze35.indd 17 08.07.12 18:03 KEIN ENDE, SONDERN ALLES GUT. „Aus euphorischen Kids sind desillusionierte junge Männer geworden“, lautete das Fazit unseres letzten Interviews mit CALLEJON, und manch einer sah schon das Ende der Band nahen. Gut zwei Jahre später benutzen Sänger Bastian Sobtzick und Gitarrist Bernhard Horn bei Fragen nach der Band und ihrem Leben Wörter wie „total gut“, „großartig“ oder „fantas- tisch“. Fünf Gründe, die zu diesem Wandel geführt haben und „Blitzkreuz“ zum bisher besten CALLEJON-Album machen.

CALLEJON haben sich befreit. Als im April 2010 hin und haben gesagt: ,Hey, lasst uns gehen, haben wieder unser Potenzial gesehen.“ Spätes- „Videodrom“ erschien – nach „Zombieaction- bitte, ihr wollt nicht, wir können nicht mehr mit tens der Erfolg von „Diese Tour macht betroffen“ hauptquartier“ CALLEJONs zweites Album für euch, es hat doch alles keinen Sinn.‘“ Dass sich – so der Name der vier Shows in Frankfurt, Mün- – hatte die Beziehung zwischen Nuclear Blast tatsächlich darauf einließen und chen, Köln und Berlin – weckte erneut das Inter- Band und Label einen neuen Tiefpunkt erreicht. einsahen, dass die Beziehung „für beide Sei- esse der Musikindustrie an der Band, und CALLE- Zwar stieg die Platte auf Platz 31 der deutschen ten nicht so fruchtbar war“, rechnen CALLEJON JON konnten sich selbstbewusst an das Schrei- Charts ein, doch Nuclear-Blast-Gründer Mar- dem Label hoch an. Denn damit war der Weg frei ben neuer Songs machen. Dabei half auch, dass kus Staiger reagierte darauf mit einer SMS an – auch wenn erst einmal nicht klar war, wohin er die Band zu diesem Zeitpunkt mit zwei neuen die Band, in der laut Bastian Sobtzick sinnge- führen würde. Mitgliedern (Gitarrist Christoph Koterzina sowie mäß stand: „Seht ihr, Nuclear Blast ist doch nicht Schlagzeuger Maximilian Kotzmann) eine Beset- so scheiße, wie ihr immer erzählt.“ Grund dafür CALLEJON haben neues Selbstvertrauen zung gefunden hatte, mit der sie sich „pudel- war unter anderem ein Interview mit dem Fuze, gewonnen. Anfang 2011 hatten CALLEJON wohl“ fühlte, und damit ein weiterer „belasten- in dem CALLEJON ihre Enttäuschung über die immer noch kein neues Label, wollten es aber der Faktor“ aus der Welt geschafft war. „Es gab Zusammenarbeit mit dem Label recht offen zum „mehr denn je wissen“, wie Bastian Sobtzick eine ganz grundlegende Erneuerung, und wir Thema machten – im Nachhinein wohl etwas sagt: „Wir wussten: Bald kommt ein neues Album, haben wieder mehr Befriedigung aus der Band zu offen, wie sich Basti lachend erinnert: „Erst wir müssen uns konzentrieren, wir müssen Songs gezogen“, fasst Bernhard Horn zusammen. „Im beim Lesen ist uns klar geworden, wie krass das schreiben. Deshalb haben wir beschlossen, Gegensatz zum letzten Album, das aus einer Interview eigentlich war.“ Zwar gaben CALLE- auf Tour zu gehen und grundsätzlich alles eine gewissen Resignation heraus entstanden ist, JON damals auch eigene Fehler zu, zudem zielte Stufe höher anzusetzen, einfach mal zu pro- sind wir bei ,Blitzkreuz‘ mit sehr guten Gefühlen ihre Kritik letztendlich weniger auf eine ein- bieren, direkt in die größeren Clubs zu gehen, an das Songwriting gegangen.“ zelne Plattenfi rma als vielmehr auf die Musikin- weil wir dachten, dass die Resonanz da ist.“ Und dustrie im Allgemeinen, trotzdem war die Reak- die Resonanz war tatsächlich da: Der Auftritt in CALLEJON haben sich weiterentwickelt. So tion des Labels („Die fanden es ungeil“) natür- Köln musste vom Underground in die Live Music gut sich die neuen Mitglieder auch in die Band lich kein Wunder. „Es ist ja nicht so, dass Nuc- Hall verlegt werden und war trotzdem fast völ- einfügen mögen – beim Schreiben des neuen lear Blast megascheiße sind. Die machen ihr lig („bis auf zwanzig Leute“) ausverkauft. „Das Albums spielten sie erst einmal keine große Metalding, und das funktioniert“, stellt Bernhard war natürlich eine schöne Bestätigung“, erinnert Rolle, da Sobtzick und Horn ihre Arbeitsweise im Horn klar, um dann einzuschränken: „Es funktio- sich der Sänger. „Nach ,Videodrom‘ waren wir Vergleich zur letzten Platte grundlegend geän- niert bei BLIND GUARDIAN und SABATON, aber kurz davor, aufzuhören, und haben uns die Frage dert hatten. „Man entwickelt sich ständig weiter eben nicht bei CALLEJON.“ Deshalb versuchte gestellt, ob das alles noch Sinn ergibt. Aber wir und sammelt neue Erfahrungen“, so der Gitar- die Band irgendwann, aus dem noch laufenden haben einfach weitergemacht und schließlich rist der Band. „Wir haben seit ,Videodrom‘ einen Vertrag herauszukommen: „Wir sind zu denen gemerkt, dass unsere Arbeit Früchte trägt. Wir Quantensprung gemacht, was das Songwri-

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18-19Fuze35.indd 18 08.07.12 18:06 Wenn CALLEJON im Oktober und November dieses Jah- res auf „Blitzkreuz Tour“ gehen, werden sie von ESKIMO CALLBOY begleitet, die in den letzten Monaten bekannt- eine Premiere: „Wir konnten zum ersten Mal lich für viel Gesprächsstoff sorgten. Sänger Bastian Sob- tzick hat die Diskussion um die Band genau verfolgt und alles so machen, wie wir es wollten.“ seine eigene Meinung dazu: „Eine Sache, die ganz viele Leute ausklammern, ist, dass diese Band auf jeden Fall CALLEJON haben eine neue Heimat gefun- Feuer hat und es wissen will, und damit haben sie bei mir den. Eine Band, die so viele Fans und ein so grundsätzlich schon einmal sehr viele Sympathiepunkte. starkes Album wie „Blitzkreuz“, aber kein Label Die Einstellung, aus eigener Kraft etwas erreichen zu wol- hat, kann sich natürlich aussuchen, mit wem sie len, fi nde ich sehr gut. Das hat aber nichts mit der Musik zusammenarbeiten möchte. „Das können wir ja zu tun – und auch nicht mit den Inhalten.“ – „Was den ruhig sagen: Wir waren bei vielen Labels, haben Inhalt dieser Band betrifft“, knüpft Gitarrist Bernhard Horn daran an, „das ist halt Geschmacksache. Ich höre mit vielen geredet und unsere Vision mit deren mir die Band privat jetzt nicht an und kann verstehen, Vision von uns verglichen“, erzählt Bastian Sob- dass sich Leute auch daran stören, aber es wurde halt tzick. „Dass es dann am Ende Four Music gewor- alles so furchtbar ernst genommen und eng gesehen. Der den ist, konnten wir nicht absehen.“ Dass eine Band schlug ein Hass entgegen, bei dem ich mir dachte: Metalband aus Deutschland bei einem Major ,Ist das denn jetzt wirklich notwendig?‘ Wenn die Leute es landet, ist ungewöhnlich genug. Dass CALLEJON kacke fi nden: Okay. Uns fi nden auch viele Leute kacke, die nun bei dem Label sind, das ursprünglich von DIE müssen unsere Musik ja nicht anhören. ESKIMO CALLBOY FANTASTISCHEN VIER gegründet wurde, inzwi- haben wahrscheinlich auch noch nicht so viele Interviews schen allerdings komplett zu Sony gehört, ist gegeben, und dann müssen sie sich direkt rechtfertigen. Man merkt, dass sie sich in bisschen unter Druck gesetzt nichts weniger als eine faustdicke Überraschung fühlen, und denkt sich: ,Ihr könntet das aber auch etwas – schließlich veröffentlichen Four Music eigent- lockerer nehmen.‘ Wenn man etwas Eigenes macht, wer- lich ausschließlich HipHop-, Reggae- sowie den es die Leute immer scheiße fi nden.“ – „Zu uns wurde R&B-Platten (Clueso, Gentleman, Joy Denalane damals auch gesagt: ,Das ist totaler Rotz, wie kann man ...) und waren zuletzt beispielsweise mit Casper das machen?‘“, erinnert sich Sobtzick. „Aber zum einen erfolgreich, der immerhin auch von Autoren die- ist das eine junge Band und zum anderen wären solche ses Magazins geschätzt wird. „Wir wollten einen Texte im HipHop total egal. Da wäre es cool, da wäre Partner haben – denn das haben wir gelernt –, es witzig, aber wenn man das dann auf einmal mit har- ter Musik kreuzt ... Texte englischsprachiger Bands sind der uns vertraut, der uns machen lässt, der uns außerdem oft viel krasser. Da muss man einfach auch wirklich machen lässt, der uns in allen Bereichen mal ein bisschen lockerer werden.“ die Freiheit lässt, die wir brauchen“, begrün- det der Sänger diese Wahl, und sein Gitarrist ergänzt: „Wir haben uns letzten Endes für das CALLEJON sind mehr als zuvor Außenseiter. Label entschieden, von dem wir glauben, dass „Wir sind allein auf weiter Flur“, singen CALLE- es mit CALLEJON am ehesten kompatibel ist. Wir JON bei „Kojote U.G.L.Y.“, einem neuen Song, bei sind natürlich schon eine spezielle Band, manch- dem es um den „Typus des hässlichen Außen- mal vielleicht auch eine anstrengende Band, weil seiters geht, der von den meisten gemieden wird wir vieles in den eigenen Händen behalten wollen und mit kaum jemandem etwas zu tun hat, außer und eine klare Vorstellung davon haben, wie die seinem Rudel“, wie Bastian Sobtzick in der letz- Dinge zu laufen haben. Wenn da ein Label nicht ten Ausgabe erklärte. Tatsächlich sind CALLE- mitspielt, kommt es zu Auseinandersetzungen, JON nach zehn Jahren im Geschäft zwar mit vie- und das wollten wir vermeiden.“ len Bands befreundet, „aber eine richtige Ver- bundenheit gibt es eigentlich nicht“, so der Sän- So widersprüchlich es klingen mag: Vor die- ger. Und mit dem neuen Label im Rücken hat sich sem Hintergrund könnte es tatsächlich ein Vor- das vielleicht sogar noch verstärkt. „Jetzt sind Foto: Arkadiusz Goniwiecha (arek-photography.com) teil sein, bei einer Plattenfi rma unterschrieben wir beim Major, jetzt sind wir die Ausverkaufs- ting betrifft. Wir haben herausgefunden, wie die zu haben, die mit einer Metalband keine Erfah- schweine. Wir sind die Metalband auf dem Hip- Dinge auf einem professionellen Level funktio- rung hat. Im Gegensatz zu Nuclear Blast höre Hop-Label“, lacht Bernhard Horn. „Aber das ist nieren, und die Songs zum Beispiel nicht mehr im man ihnen anders zu, nehme man sie bei Four nicht schlimm, wir fühlen uns wohl damit. Es liegt Proberaum mit der kompletten Band geschrie- Music anders wahr, erzählen die beiden Musi- wohl einfach in unserer Natur, dass wir eher für ben, sondern zu zweit im Büro – mit einem pro- ker: „Die haben gesagt: ,Die machen zwar harte uns bleiben. Das war eigentlich schon immer so. grammierten Schlagzeug und einem Interface, Musik, aber ziemlich viele Leute fi nden das geil, Auch als wir noch eine Popelband waren, die vor das uns die Möglichkeit gab, die verschiedenen also machen sie ja irgendetwas richtig, und dann zwanzig Leuten gespielt hat, waren wir nie so in Entwicklungs- und Produktionsstufen nachzu- lassen wir sie das auch machen, weil sie letzten eine Szene integriert, dass wir gedacht haben: vollziehen, um knallhart zu fi ltern und zu ana- Endes sowieso besser wissen, wie das funktio- Das ist wichtig. Uns war immer nur wichtig, dass lysieren, was für einen Song wirklich wichtig ist, niert.‘“ Das klingt natürlich toll, und man gönnt wir das machen, was sich gut anfühlt. Ich glaube, wann er funktioniert, was uns gefällt, was noch CALLEJON die Freude über das hochprofessio- wir versuchen auch ein bisschen, uns nicht zu fehlt.“ Selbst jemand, der „Blitzkreuz“ nicht gut nelle Video zu „Blitzkreuz“ oder die „geile Ver- sehr in irgendetwas einbinden zu lassen, weil fi ndet, wird anerkennen müssen: Eine New- packung“ der neuen CD. Klar ist aber auch: Sony es für uns auch im Kreativprozess total wichtig comerband wäre zu solch einem ausgereiften wird das investierte Geld irgendwann von der ist, alleine dazustehen, vieles abschirmen und Album kaum fähig. CALLEJON wissen inzwischen Band zurückhaben wollen. Zudem bleibt es eine uns nur mit uns und unserer Musik beschäfti- sehr genau, was sie wollen, und besitzen alle Tatsache, dass bisher die allermeisten „Szene“- gen zu können.“ Und mit der setzen sich CALLE- Fähigkeiten, das auch umzusetzen. Dies zeigt Bands auf Majorlabels gescheitert sind. Trotz- JON zwar „ein bisschen zwischen die Stühle“, wie sich auch bei der Wahl des Produzenten: „Mar- dem sind CALLEJON nicht mehr so blauäugig wie der Gitarrist weiß, aber genau das macht „Blitz- kus Schlichtherle kommt zwar aus dem Metal früher. Sie sind sich „bewusster denn je“, dass die kreuz“ letzten Endes zu so einem einzigartigen beziehungsweise Hardcore und hat früher zum Plattenindustrie „eine Industrie wie jede andere“ Album. „Wir sind total froh, dass wir das Ding Beispiel mit SICK OF IT ALL gearbeitet, in letzter ist, und es letztendlich immer auch um Geld geht. veröffentlichen können, sich die Leute für unsere Zeit aber Sachen wie MADSEN oder JULI produ- „Das hast du doch bei jedem Label. Das sind Musik interessieren und wir Konzerte spielen ziert. Er ist also jemand, der einen harten Back- Dinge, mit denen muss sich jede Band ausein- können. Das ist fantastisch.“ Statt „fantastisch“ ground hat, aber auch den Pop-Appeal versteht andersetzen, die einen Vertrag hat. Wir haben könnte man natürlich auch sagen: Das ist „total – der bei uns natürlich ebenfalls da ist – und bei- ja ein Management, das sich um so etwas küm- gut“. Oder ganz einfach: „Großartig.“ des umsetzen kann. Außerdem lag er mit unse- mert, und versuchen, uns ab und zu auch mal Thomas Renz rer Vision auf einer Wellenlänge. Das ist eine rauszuhalten – gerade was den Businessbereich Kombination, von der man als Musiker eigentlich angeht – und das in die Hände von Leuten zu CALLEJON nur träumen kann“, so Sänger Basti. Unter dem legen, die sich besser damit auskennen als wir.“ Blitzkreuz Strich stand deshalb die bisher angenehmste Fest steht: Im Moment könnten CALLEJON nicht (Four/Sony) Produktion in der Geschichte der Band – und glücklicher mit ihrem Label sein. callejon.de

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18-19Fuze35.indd 19 08.07.12 18:06 THE GASLIGHT ANTHEM Fotos: Miroslav Menschenkind (mocean-pictures.de) DER SÄNGER VON SLAYER IST KATHOLIK! Zum Zeitpunkt des Interviews beim Vainstream Rockfest habe ich das neue Album von THE GASLIGHT ANTHEM noch nicht gehört. Es soll ohnehin um etwas anderes gehen: um die religiöse Einstellung von , die für einige Diskussionen sorgt, seit sich bei einem Interview herausstellte, dass der Sänger Darwins Theorie von der evolutionären Entste- hung der Arten ablehnt.

Wie würdest du „Handwritten“ beschreiben? man niemandem vorschreiben kann, was er zu nungen nicht toleriert. So fängt auch Rassismus Ein Album ist immer ein Schnappschuss einer sein hat. In einigen Ländern werden heute noch an. Manche Leute werfen mir vor, ich würde ihnen bestimmten Phase in der Entwicklung einer Menschen verhaftet, weil sie Punks sind – mich Vorschriften machen wollen, wie sie zu leben Band, und Musik ist für den Hörer eine sehr per- nur aufgrund meiner Überzeugungen abzuleh- haben oder was die Wahrheit zu sein hat. Aber sönliche Sache. Es ist wirklich schwer, ein Album nen, ist kein großer Unterschied. Es interessiert das mache ich gar nicht. Gleichzeitig verlan- zu beschreiben. Was soll man schon sagen? Es mich keine Sekunde lang, wenn jemand sagt, was gen diese Menschen von mir, die Evolution nicht bleibt nichts anderes übrig, als es mit anderen ich darf und was nicht oder was Punk ist und was in Frage zu stellen. Dabei macht es doch keinen Bands oder anderen Alben zu vergleichen, aber nicht. Unterschied, ob wir von Adam und Eva oder von für mich klingt es eben nicht wie irgendetwas Dinosauriern abstammen. Ich meine, ich ver- anderes. Es ist nicht ein bisschen hiervon und stehe die Wissenschaft durchaus, die Theorien ein bisschen davon. Für mich ist es ein weiterer zu Evolution und Erdgeschichte, das ergibt alles Schritt in der Evolution der Band. absolut Sinn. Nur glaube ich eben nicht daran. Du weißt, dass ich mit dir auch über Reli- Ich bin nicht so dumm, Wissenschaft abzuleh- gion sprechen möchte, den Ausdruck „Evolu- nen. Wenn man hochspringt, fällt man wie- tion“ benutzt du also sicher nicht ohne Grund. der runter, die physikalischen Gesetze sind mir Anderen Gesprächspartnern gegenüber hast bekannt. Trotzdem habe ich eben meinen Glau- du geäußert, dass du aufgrund deiner reli- ben, der mir viel bedeutet. Den lasse ich nicht giösen Überzeugungen nicht an die biologi- von Punkrockern kritisieren, die am nächsten sche Evolution der Arten glaubst. Verstehst Tag mit Johnny-Cash-Shirt herumlaufen. Cash du es, wenn viele Menschen das für befremd- war ein regelrechter christlicher Fundamen- lich halten? „Kreationist“ ist einer der ersten Vorschläge, talist, er hat ganze Alben zum Thema Religion Erst einmal hat meine Band nichts mit Religion die Google macht, wenn man deinen Namen gemacht. Ich glaube nicht, dass den mal jemand zu tun. Es ist meine Religion, nicht deine. Es ist eingibt. Ganz privat scheinen deine religiö- gefragt hat, was er von Evolution hält. In „When mein Privatleben. Ich sage niemandem, was er zu sen Ansichten also nicht mehr zu sein, zumin- the man comes around“ geht es um das Jüngste glauben hat, denn wir alle wissen, wohin es führt, dest scheint es Klärungsbedarf zu geben. Gericht und die Bestrafung der Sünder. In unse- wenn man das versucht. In den Texten von THE Gerade die Ablehnung der Evolutionstheorie rem Song „45“ geht es um Liebe und Schallplat- GASLIGHT ANTHEM kommt Religion gar nicht wirkt auf viele Menschen rückständig, wenn ten. Siehst du, mir geht es nicht darum, jemanden vor. Wenn du mir zeigen kannst, wo ich jeman- nicht gar fundamentalistisch oder zumindest zu indoktrinieren. SLAYER sind heute Headliner dem sage, was er zu tun hat, dann können wir reichlich schräg. dieses Festivals, und deren Sänger ist Katholik. gerne darüber sprechen. Aber das kannst du Was ist ein Kreationist eigentlich? Wenn ich Wir spielen vor unzähligen Menschen, aber kei- nicht, weil ich das nicht mache. Ich sage nieman- glaube, dass die Welt von Gott erschaffen wurde, ner von ihnen hört auch nur ein Wort über Reli- dem, was er zu denken hat, und wenn – übrigens und du glaubst an die Evolution, warum sollten gion. Ich spiele in einer Band, dabei spielt es gar besonders hier in Deutschland – mein Glaube in wir darüber streiten? Wen interessiert das? Wo keine Rolle, ob jemand Christ, Moslem oder Jude, Artikeln über THE GASLIGHT ANTHEM erwähnt ich herkomme, soll das jeder für sich selbst ent- schwul, farbig, transsexuell oder sonst irgend- wird, habe ich eher das Gefühl, dass mir jemand scheiden. Ich glaube nicht an die Evolution. Wir etwas ist: Das ist mir vollkommen egal. Wenn du etwas vorschreiben will, nicht umgekehrt. Pass können da unterschiedlicher Meinung sein, aber meine Band magst, komm’ zu unseren Shows, auf: Einer in der Band ist Atheist, zwei sind ich wurde in dieser Tradition erzogen. Das ist, wenn nicht, dann nicht. Wenn dir nicht gefällt, jüdisch, ich bin Christ. Ich werde mich niemals woran ich glaube. Wenn jemand sagt: „Das ist, was ich sage, hör’ mir nicht zu. Ich bin kein Poli- für das entschuldigen, was ich glaube. Wenn woran ich glaube“, und jemand anders verbietet tiker und will für niemanden Held oder Sprach- das jemandem nicht passt, dann soll er uns eben ihm, das zu sagen, dann ist das der Anfang von rohr sein. Vor allem glaube ich nicht, alles zu wis- nicht in seinem Magazin bringen. Gerade in der Faschismus. So etwas ist gefährlich. Man muss sen. Natürlich kann es sein, dass ich mich kom- Punkszene halten sich alle für absolut tolerant eine Meinung nicht teilen, um sie zu akzeptieren. plett irre. Vielleicht gibt es tatsächlich keinen und offen, wissen aber anscheinend nicht, dass Ein Problem gibt es nur, wenn man andere Mei- Gott. Aber ich denke, bei Punkrock geht es um

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20-21Fuze35.indd 20 08.07.12 18:10 Freiheit und Gedankenaustausch. Ich verstehe als einmal Bands Dinge tun sehen, gegen die sie dafür. Viele Vertreter der christlichen Rech- nicht, warum mich jemand wegen meines Glau- zuvor auf der Bühne noch angesungen haben. ten haben zudem kein sehr tolerantes und bens angreift oder sich darüber lustig macht, Fans sollten sich von so etwas nicht beeinflus- offenes Weltbild. nur weil er ihm nicht passt. So etwas erschreckt sen lassen. Mein persönlicher Glaube ist abso- Die politische Entwicklung in den USA ist ein mich. Ich bin sehr gut mit Derek von ALKALINE lut freiheitlich. Abtreibung zum Beispiel verbie- anderes Thema. Ich kenne den beschissenen TRIO befreundet, und der beschäftigt sich mit tet er zwar, aber deshalb würde ich niemals vor Mitt Romney nicht. All diese Politiker, Romney, Okkultismus, Satanismus, Hexerei und solchen einer Abtreibungsklinik stehen, ein Schild hoch- George Bush, Sarah Palin – das sind nicht meine Dingen. Das ist das Gegenteil von dem, womit ich halten und Leute anschreien. Wie kann man so Leute. Diese Typen schwingen patriotische aufgewachsen bin und wie ich erzogen wurde. etwas tun? Auch wenn ich glaube, dass Abtrei- Reden, ballern mit Waffen rum und sind im Fern- Trotzdem hängen wir zusammen rum, trinken bung falsch ist – natürlich kenne ich solche sehen zu sehen. Hinter verschlossenen Türen Bier und reden über andere Dinge, und alles ist Dinge auch aus meinem privaten Umfeld –, ich machen sie dann vermutlich rassistische Witze. okay. Man muss einen Weg finden, mit allen aus- kenne die Situation der jeweiligen Frau nicht, die Dieser Scheiß ist nicht cool, damit habe ich zukommen, anderenfalls steht am Ende Hass. In sich dazu gezwungen sieht. Es steht mir nicht zu, nichts zu tun. Sie behaupten, sie glauben an Gott jedem Land der Welt wurden irgendwann Men- sie zu verurteilen. und Jesus, doch dann verbreiten sie Hass. Davon schen für das umgebracht, an was sie glaubten. steht in der Bibel nichts, und ich habe sie gele- Weil sie Dinge anders gemacht haben, weil man sen. Ich weiß nicht, ob diese politischen Prediger Angst vor ihnen hatte. In Amerika wurden Men- das auch getan haben. Die reden so und handeln schen gehängt, nur weil sie eine andere Haut- anders. Das unterstütze ich in keiner Weise. Tat- farbe hatten und jemandem das nicht passte. sächlich habe ich Barack Obama gewählt. Aber Man sollte jeden sein lassen, was er will und was bevor das hier zu politisch wird, reden wir lieber er ist, solange er keinen Hass predigt. Und das über die CRO-MAGS. mache ich nun wirklich in keiner Weise. Dann also die CRO-MAGS. Es gibt eine sehr aktive christliche Rock- Mann, ich liebe die CRO-MAGS. Sie sind die viel- szene, und besonders in den Sparten Hard- leicht wichtigste Hardcore-Band überhaupt, core und Punk wird da sehr offensiv gepre- dafür muss man sie respektieren. Es gibt viele digt. Viele Menschen reagieren deshalb emp- andere einflussreiche Bands, aber was die CRO- findlich auf religiöse Überzeugungen, die oft- In den USA scheint in den letzten Jahren MAGS angeht: Es gibt eine Zeit vor ihnen, und mals wenig freiheitlich und fortschrittlich christliches Gedankengut vermehrt Einfluss dann haben sie alles verändert. sind. auf die Politik und damit auch direkt auf das Ingo Rieser Ich weiß wenig von der christlichen Rockszene, Leben von Menschen zu haben, die diesen und ich bin kein Teil davon. Ich bin kein Freund Glauben nicht teilen. Versuche, die Lehre des THE GASLIGHT ANTHEM von Bands wie . Ich mag ausgespro- „Intelligent Design“ an öffentlichen Schu- Handwritten chen christliche Bands nicht, die finde ich selt- len als Alternative zur Evolutionslehre ein- (Mercury/Universal) sam. Oft ist das nur eine Masche. Ich habe mehr zuführen, sind ein beängstigendes Beispiel thegaslightanthem.com

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20-21Fuze35.indd 21 08.07.12 18:10 eine Erklärung? Denkst du, manche Leute hätten ein Problem damit? Wieso sollte jemand ein Problem damit haben? Ich verstehe nicht wirklich, was die sexuelle Ori- entierung eines Menschen mit seinem musika- lischen Talent zu tun hat. Wenn du ein Problem damit hast, dann bist du womöglich derjenige, der in den Spiegel schauen und sich selbst fra- gen muss: „Was stimmt nicht mit mir?“ Richard III. war 1485 der letzte englische König, der auf dem Schlachtfeld starb. Wie willst du einmal sterben? Auf der Bühne, wie so viele Musiker gerne behaupten? Ich will mit der Gewissheit sterben, alles getan zu haben, was ich konnte. Ich hätte also gern noch etwas Zeit, um alles zu Ende zu bringen. Auf der Bühne zu sterben, wäre schrecklich. Viele Zuschauer würden ein Trauma davontragen, haha. Nach der Show wäre es mir lieber. Heinrich VIII., König von England ab April 1509, war unter anderem für seine sechs Ehen bekannt, wobei zwei mit der Hinrich- tung der jeweiligen Frau endeten. In spä- teren Jahren wurde er krankhaft fettleibig und musste mit der Hilfe von mechanischem Gerät bewegt werden. Was ist dein Lieblings- essen und wie denkst du über Vegetarismus? Ich bin von mexikanischem Essen regelrecht besessen: Tacos, Burritos, Enchiladas, Chili, ich liebe einfach alles. Als wir in den USA auf Tour waren, war ich fast ständig bei Taco Bell. Ich liebe Speck zu sehr, um Vegetarier zu sein, und stehe auf Eier und Milch. Bewundernswert, wie Leute darauf verzichten können, aber für mich ist das nichts. Elisabeth I., das fünfte und letzte Mitglied der Tudor-Dynastie auf dem englischen Thron, war von 1558 bis 1603 Königin. Ihre Regie- rungszeit ist heute als Elisabethanisches Zeitalter bekannt, in der die englische Litera- BURY TOMORROW tur in voller Blüte stand. Glaubst du, dass die Foto: Lena Stahl (facebook.com/unheardpictures) Bücher, Platten, Filme und Videospiele unse- MONARCHY IN THE UK. Die britische Monarchie ist das bestimmende Thema auf rer Generation in vierhundert Jahren genauso dem neue Album von BURY TOMORROW. Doch nicht nur die Texte der Band aus dem südeng- beliebt sein werden wie Shakespeares Werke lischen Hampshire verweisen immer wieder auf historische Ereignisse und Persönlichkei- heute? ten, auch unsere Fragen an Bassist Davyd Winter-Bates haben ihre Hausaufgaben gemacht Ich glaube, dass Kunst mit dem Alter besser wird. – Wikipedia sei Dank! Nostalgie lässt im Laufe der Zeit alles künstle- rischer erscheinen. In vierhundert Jahren wer- Obwohl sie nie gekrönt wurde und ihre Herr- war er damit ein Vorfahre jener christlichen den Dinge, die man heute belächelt, sehr gefragt schaft im Jahr 1141 recht kurz war, wird Metalcore-Bands, die heute um die Welt tou- sein – und umgekehrt. Geschichte wird von den Matilda als die erste weibliche Regentin des ren, um das Wort Gottes zu verbreiten. Wieso Siegern geschrieben, das zeigt sich auch in der Königreichs England betrachtet. Hast du eine gibt es gerade in diesem Genre so viele Kunst und dem, was zu einem bestimmten Zeit- Ahnung, warum die meisten Musiker in der christliche Bands? punkt als populär gilt. Alle Bücher, die ich mag, Metal/Hardcore-Szene männlich sind? Ich glaube nicht, dass es übermäßig viele gibt. wurden nicht von Leuten meiner Generation Die Natur des Metal ist nun einmal außerge- Die Kids wollen heutzutage eben Bands hören, geschrieben, dasselbe gilt für viele meiner Lieb- wöhnlich aggressiv, und obwohl es auch Frauen die etwas zu sagen haben. Und als überzeug- lingsfi lme. Das spricht wohl für meine Theorie. gibt, die sich dadurch auszeichnen, ist es eher ter Christ bezieht man sich einfach auf das, was Als Elisabeth 1603 kinderlos starb wurde ein männlicher Charakterzug. Trotzdem reicht es man kennt, schätze ich. Was Richard Löwenherz Jakob, der König von Schottland, auch zum natürlich nicht, nur ein Mann zu sein, um in einer betrifft: Er ist wegen etwas, von dem er wirk- König von England und Irland gekrönt. Man Metalband spielen zu können, man braucht auch lich überzeugt war, in fremde Länder gegan- spricht von „“, daher ein starkes Auftreten. Jemand wie Angela Gos- gen, und als er zurückkam, wurde er von seinem kommt wohl auch der Titel eures neuen sow von ARCH ENEMY ist das perfekte Beispiel Volk als Held gefeiert. Unsere Fans haben das- Albums. Was hat es damit auf sich? für eine Frontfrau, die hundert Mal besser ist selbe für uns getan. Wir dachten, wir hätten sie Die Idee dahinter ist Einheit. Sehr verschiedene als die meisten Männer. Candace Kucsulain von im Stich gelassen, weil es so lange kein Lebens- Menschen und Gebiete kamen zusammen, um WALLS OF JERICHO mag ich aber ebenfalls sehr. zeichen von uns gab, aber sie haben uns wie Hel- etwas Großartiges zu erschaffen. Das ist eine Richard Löwenherz, nach dem ihr auch einen den empfangen. Sie waren uns gegenüber immer direkte Parallele zu unserer Band: Wir sind fünf Song benannt habt, war während des Groß- loyal. ganz verschiedene Menschen, aus ganz unter- teils seiner Herrschaft nicht in England, son- Eduard II. war ab 1307 König von England, schiedlichen Gegenden, die zusammen etwas dern auf Kreuzzug. In einem gewissen Sinn bis er zwanzig Jahre später von seiner Frau erschaffen, das wir für wirklich großartig halten. Isabella entthront wurde. Der Legende nach Thomas Renz „Die BRITISCHE MONARCHIE ist heutzutage zwar kam er zu Tode, indem man ihm eine glühende irgendwie veraltet, fungiert aber als Symbol der Ein- Eisenstange rektal einführte – eine Anspie- BURY TOMORROW heit. Dank des Thronjubiläums der Queen und der Olym- lung auf seine vermutete Homosexualität. The Union Of Crowns pischen Sommerspiele in London können wir dieses Jahr In unserer Szene gibt es kaum Bands, deren (Nuclear Blast/Warner) stolz sein, Briten zu sein – etwas, das unserer Nation Mitglieder offen schwul leben. Hast du dafür facebook.com/BuryTomorrow gefehlt hat.“ Bassist Davyd Winter-Bates ist am 03. Juni wahrscheinlich Schiffchen auf der Themse gefahren.

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22Fuze35.indd 22 08.07.12 18:06 DER GROSSE UMBRUCH. Vor wenigen Jahren schien die Musikszene Savannahs das nächste große Ding zu wer- den. Bands wie BARONESS, KYLESA und BLACK TUSK wurden zu Recht abgefeiert, paarten clevere Songs mit brachialer Urge- walt irgendwo zwischen Sludge und Hard- core. Dazu gab John Dyer Baizley, Sänger und Gitarrist von BARONESS, dem großen Freun- deskreis mit der morbiden Schönheit sei- ner Jugendstilartworks ein unverkennbares Gesicht. Der große Umbruch war eigentlich abzusehen – Wiederholung passt nun einmal nicht zum Konzept.

Im Mai veröffentlichten BARONESS mit „Take my bones away“ einen ersten Vorboten ihres Dop- pelalbums „Yellow & Green“. Ein verhältnismäßig unspektakulärer, wenig aggressiver Midtempo- Rocksong, dessen beeindruckende Wucht sich erst nach mehrmaligem Hören entfaltete. In einem der ersten Interviews nach dessen Veröf- fentlichung wurde Baizley gefragt, ob der Song denn nun stellvertretend für das ganze Album sei. Er verneinte mit einem Schmunzeln. Zu die- sem Zeitpunkt wussten außer ihm nur wenige, dass „Yellow & Green“ nicht härter, sondern tat- sächlich noch viel ruhiger, akustischer und ver- träumter ist.

Eine große Sache macht Baizley allerdings auch heute noch nicht aus dem Prozess, den seine Band durchlaufen hat: „In unseren neuen Songs liegt etwas, das sich gewandter anfühlt als bei unseren früheren Alben. Doch der größte Unter- schied ist eindeutig der, dass wir den Songs viel mehr Platz, sie atmen lassen. Früher machte es uns eine Menge Spaß, viele unterschiedliche Parts zu schreiben und sie dann zusammenzu- bringen, um einen Song damit in verschiedene Richtungen zu bewegen. Darum ging es uns die- ses Mal überhaupt nicht. Wir waren ausschließ- lich darauf konzentriert, ganze Songs zu schrei- BARONESS ben. Das ist manchmal einfach und manchmal Foto: Jens Büttner (getaddicted.org) etwas komplizierter, insgesamt wollten wir damit Farben Gelb und Grün und die Veröffentlichung die intensive Live-Erfahrung einer BARONESS- erreichen, dass alles ein wenig ‚reiner‘ klingt.“ als Doppelalbum fi el mitten in den Aufnahmen. Show haben. Bislang zeichneten sich die Kon- Dass er damit den Königsweg zum Schreiben Einer der Gründe dafür ist, dass die beiden Teile zerte durch ein nahtloses Verschmelzen der eines guten Songs gefunden hat, beansprucht in sich sehr gut zusammenpassen. Viele Songs einzelnen Stücke aus, was nicht bloß stimmig, er derweil nicht für sich: „Viele Bands schätze ich stehen eindeutig auf der Rockseite, und es gibt sondern perfekt choreografi ert schien. Ist es gerade wegen der gewollten Komplexität ihrer viele ruhige Parts. Ich würde aber schon sagen, nicht eine große Herausforderung, diese fes- Songs. Bei uns ist es so, dass wir an einem Punkt dass ‚Green‘ der entspanntere Part von beiden selnde Dynamik zu bewahren? „Nein, es wird unserer Laufbahn angekommen sind, an dem ist.“ Das Artwork, das auch dieses Mal einen inte- sogar leichter. Jeder unserer Songs hat einen sich die Hierarchien innerhalb der Stücke ver- gralen Bestandteil des Gesamtkunstwerks dar- bestimmten Effekt oder eine bestimmte Atmo- schoben haben. Das ist eine natürliche Entwick- stellt, erzeugt indes keine klare Abgrenzung zwi- sphäre. Jetzt haben wir einen umfangreicheren lung, die dazu dient, unsere Musik frisch zu hal- schen den beiden Seiten. Motive früherer Art- musikalischen Spielraum. Wir können während ten, deswegen werden wir das auch in Zukunft so works fi nden sich wieder, Meerestiere und Vögel, unserer Konzerte mehr Wege einschlagen, wir halten. Dieses Mal führte es dazu, dass wir das Blüten und amazonenhafte Frauen. „Ich habe können hoch und runter gehen, Kurven folgen Songwriting etwas schlichter gehalten und uns damit begonnen, bestimmte Geschichten zu und Haken schlagen.“ Im August werden BARO- nicht den chaotischen Momenten hingegeben verarbeiten, die ich selbst erlebt habe. Nachdem NESS ihren monatelangen Aufenthalt in Europa haben. Eine komplett neue Erfahrung für uns.“ diese Elemente fertig waren, ließ ich Geschich- auch dazu nutzen, neben den großen Festival- ten einfl ießen, die mit den anderen Jungs in der bühnen die kleinen Clubs zu bespielen. Orte, an Eine Konstante bleibt jedoch vorerst im Schaffen Band zu tun haben. Es steckt also etwas von denen das Kunstverständnis von John Baizley von BARONESS und John Baizley: die synästhe- jedem von uns im Artwork“, erklärt Baizley. „Als und seiner Band so viel verständlicher wird, als tische Verbindung von Musik und Farben. Nach ich diese Bilder fertig hatte, begann ich mit den bei einem Vierzig-Minuten-Block im eng gestaf- „Red Album“ und „Blue Album“ schien der Weg unterbewussten Teilstücken, zum Beispiel mit felten Nachmittagsprogramm einer Großveran- zu Gelb oder Grün nur schlüssig, ist aber letztlich Bildern, die ich aus Träumen ziehen konnte. Am staltung. Viele Worte werden BARONESS dabei nur ein Zufallsprodukt: „Wir hatten eine Menge Ende habe ich alles so arrangiert, dass die Bilder wohl nicht verlieren. Doch vielleicht ist ihre Musik Material geschrieben. Die Entscheidung für die eine bestimmte Wirkung erzeugen. Es ist aber inzwischen imstande, mehr auszudrücken als je schwierig, das Artwork anhand der Oberfl äche zu zuvor. Wikipedia weiß über SYNÄSTHESIE, dass bei betrof- beschreiben, denn vieles in den Bildern ist stark Benedikt Ernst fenen Menschen mindestens zwei physisch getrennte metaphorisch zu betrachten.“ Bereiche der Wahrnehmung miteinander gekoppelt wer- BARONESS den. Trotz der konsequenten Benennung ihrer Alben nach Der spannendste Aspekt an den neu einge- Yellow & Green Farben zählen BARONESS laut John Baizley nicht zu die- schlagenen Wegen könnte jedoch der Einfl uss (Relapse/Rough Trade) ser Gruppe: „Das sind Menschen, die Töne sehen kön- sein, den die Songs von „Yellow & Green“ auf baronessmusic.com nen, richtig? Nein, wir sind keine Synästhetiker. Die Ver- bindung zu Farben war bei unseren Alben zwar immer da, eine gemischte Wahrnehmung aber nicht.“

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23Fuze35.indd 23 08.07.12 18:05 ert haben: „Es gibt viele Punkbands da drau- ßen, aber nicht mehr viele, die wie PENNYWISE klingen. vielleicht, aber die sind inzwischen wesentlich kommerzieller. Heute gibt es nun einmal eine Menge . Viele Bands, die mit Punk angefangen haben, verwandeln sich beinahe in Metalbands.“ Ein weiteres Reizthema und ein willkommener Anlass für einen subkul- turpessimistisch gefärbten Monolog: „Punk- rock ist ‚verdünnt‘ worden. Wenn du früher fünf- zig Punkbands hattest, die wirklich etwas zu sagen hatten, dann hatte es jeweils eine größere Bedeutung als bei den dreitausend Bands, die es heute gibt. Viele Leute haben auch nur des- halb eine Punkband gegründet, weil es cool war. Sie haben sich einen Nietengürtel besorgt, die Haare grün gefärbt und sich tätowieren lassen. Heute arbeiten sie bei Starbucks, hören Emo- core und spielen Akustikgitarre. Aber es ist ja immer so: Wenn irgendetwas cool ist, dauert es eine Weile, bis es jeder geschnallt hat. Und dann kommen irgendwelche Typen, die eine Ratte an die Wand sprayen und sich für cool halten, weil sie angeblich das machen, was Banksy macht. Wir haben solche Leute ,Poser‘ genannt, damals, 1988. PENNYWISE sind allerdings auch nur cool, weil wir machen, was machen.“ Großes Gelächter im Bus.

Bei Bands, die selbst zum alten Eisen zählen und über den Nachwuchs lästern, schwingt häufi g ein Hauch von Verbitterung mit. Im Falle von PENNY- WISE ist es wohl lediglich der Stolz darauf, nach 24 Jahren immer noch dazu fähig zu sein, ein vor Energie strotzendes Album wie „All Or Nothing“ aufzunehmen und vor allem auf die Bühne zu bringen: „Wir fühlen uns wieder wohl auf den Konzerten. Das bedeutet, dass wir uns wie- der anschreien, beleidigen und mit Bierfl aschen bewerfen können.“ Wie aufs Stichwort kommt PENNYWISE Zoli Téglás in den Bus gestürmt und bestätigt im Foto: Lena Stahl Vorbeigehen diese Aussage: „Warum geht ihr nie GEGEN DEN VERDÜNNTEN PUNKROCK. Über zwanzig Jahre lang war raus zum Kiffen, ihr beschissenen Junkie-Arsch- Jim Lindberg Sänger bei PENNYWISE, bevor er 2009 überraschend seinen Ausstieg bekannt löcher?“ Fletcher Dragge schüttelt schmunzelnd gab und durch Zoli Téglás von IGNITE ersetzt wurde. „All Or Nothing“, das erste Album in den Kopf und offenbart mit ruhiger Stimme die neuer Besetzung, ist der vielleicht beste Output der letzten zehn Jahre Bandgeschichte. War goldene Regel einer guten Punkshow: „Das Kon- der Wechsel des Sängers das Beste, was PENNYWISE passieren konnte? Vertreten wird diese zert ist für die Fans da, die sich ein Ticket gekauft Ansicht unter anderem von Gitarrist und Gründungsmitglied Fletcher Dragge, der auch nicht haben und sich schon lange darauf freuen. Wir davor zurückschreckt, schmutzige Wäsche zu waschen. wollen sie inspirieren, ganz egal, ob sie fünfzehn oder vierzig Jahre alt sind. Sie werden die Songs „Jim war im Studio nicht zufrieden, er war auf fach, einen PENNYWISE-Song zu singen, wie wirklich fühlen. Auf der Bühne darf es dann Tour nicht zufrieden, und wir waren nicht zufrie- viele vielleicht denken. Mit Zoli ist wieder alles keine Rolle spielen, was dir in den letzten Stun- den, weil er nicht zufrieden war. Wenn du mit ein ganzes Stück härter geworden. Er macht den, Tagen oder Monaten auf den Zeiger gegan- jemandem zusammenarbeitest, der keine Lust unsere alten Songs wütender als zuletzt, es fühlt gen ist. Beim Fußball musst du deine Probleme auf seinen Job hat und sich permanent nur über sich an wie eine Wiedergeburt. Wir spielen wie- auch in der Kabine lassen, sonst lieferst du ein die Arbeit beschwert, nimmt das alle Beteiligten der schnell, und das können wir nun einmal am mieses Spiel ab.“ Zehn Minuten später betreten mit. Und wir schrauben hier nicht bei BMW Auto- besten.“ Am Abend des kurzfristig anberaum- PENNYWISE die Bühne und liefern eine großar- teile zusammen, sondern spielen in einer Band, ten Konzerts in Hamburg ist die neue Eupho- tige Punkshow ab. Fünfzehnjährige sind weit und in der alle auf derselben Wellenlänge sein müs- rie bereits im Tourbus spürbar, was sich auch in breit nicht zu sehen. sen, damit es überhaupt funktionieren kann. Jim einer grundoptimistischen Prognose äußert: „Es Benedikt Ernst hatte am Ende weder Lust dazu, lange zu touren, war schwierig, einen Mittelweg zu fi nden. Wir noch Spaß daran, ausgiebig an den Songs zu wollten weder nach den PENNYWISE der letz- PENNYWISE arbeiten“, lamentiert Fletcher Dragge in einem ten Jahre noch nach IGNITE klingen. Doch als All Or Nothing Tonfall, als wäre er noch immer schwer genervt. wir unseren jetzigen Sound gefunden hatten, (Epitaph/Indigo) Trotzdem scheint die Trennung eines seiner war der Startschuss für die nächsten zehn Jahre pennywisdom.com Lieblingsthemen zu sein. Noch lieber redet er gefallen.“ jedoch über die Vorzüge der neuen Konstellation Fletchers Fußballvergleich kommt nicht von ungefähr. mit Zoli Téglás: „Er kommt aus derselben Gegend Ein Statement, das selbst dann mutig erscheint, „Bro hymn“ ist eine beliebte Torhymne in mehreren deut- wie wir, seine politischen Überzeugungen decken wenn man wie PENNYWISE bereits seit 1988 schen Fußballstadien. Auch beim VfB Stuttgart, der sich mit unseren, und er hält den ganzen Bulls- aktiv ist. Und auch wenn die letzten beiden PENNYWISE bei ihrem letzten Deutschlandbesuch ein- hit aus, dem man in dieser Band ausgesetzt ist. Alben, „The Fuse“ und „Reason To Believe“, nicht lud, den Song vor der Fankurve zu spielen: „Wir hielten es zunächst für eine coole Aktion, aber es sollte sich als Zoli ist ein großartiger Sänger und Songwri- gerade für Begeisterungsstürme sorgen konn- DUMME IDEE herausstellen. Das bescheuerte Krokodil- ter. Das war Jim auch, doch von unserem Album ten, so muss man PENNYWISE doch zugeste- maskottchen ist die ganze Zeit vor uns rumgehampelt. ,Straight Ahead‘ an begann er, ruhiger und weni- hen, dass sie den Melodycore-Hype der Neun- Ich wollte es schon mit meiner Gitarre umnieten, hatte ger aggressiv zu singen. Es ist auch nicht so ein- ziger als eine von wenigen Bands überdau- dann aber doch zu viel Angst, dass mich die Ultras dafür umbringen würden.“

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24Fuze35.indd 24 08.07.12 18:09 PURIFIED IN BLOOD HIER FRAGT DER FAN. Zwei Interviews haben wir bisher mit KVELERTAK gemacht – eines mit Gitarrist Vidar Landa 2010, ein anderes ein Jahr später mit Sänger Erlend Hjelvik –, und beide erwähnten, wie sehr sie anfangs von den Konzerten von PURIFIED IN BLOOD inspiriert waren. Deshalb ließen sie sich auch nicht lange bitten, als wir sie fragten, ob sie ihre früheren Vorbilder interviewen wollten.

Foto: Erik Five Gunnerud (erikfi ve.com) Euer Bassist Stig ist ein guter Bodybuilder defi nitiv unsere Haare behalten – weil es natür- natürlich sehr clever ist. Jemand fragt dich auf und hat letztes Jahr bei den Athletic Fitness lich ist und wir eine Band sind, der es um Natür- einer Party: „Hey Mann, was willst du hören?“ Open in Stavanger den dritten Platz gemacht. lichkeit und Wahrheit geht. Und du sagst: „Ich will nichts hören.“ Echt wit- Wie schafft ihr es, auf Tour in Form zu blei- Um was ging es bei dem Skandal mit der aus- zig, oder? Es ist schwer, sich zwischen diesen ben? gestopften Katze? Ihr wisst, wovon wir spre- Bands zu entscheiden, weil wir beide unend- Habt ihr unseren Rider gesehen? Ich weiß nicht, chen! lich oft gehört haben und uns beide dazu brin- wer den geschrieben hat, aber da steht nur Zeug Oh Mann! Die KVELERTAK/PURIFIED IN BLOOD- gen, viel Bier trinken und auf eine Party gehen aus dem Bioladen drauf. Damit ist es schwer, Tour 2010. Hallgeir, unser Sänger, sprang bar- zu wollen. INGENTING haben aber so eine „Das nicht in Form zu bleiben. Wir verlangen außer- fuß aus etwa vier Metern über unseren Gitar- ist mir scheißegal“-Attitüde, und da wir heute in dem immer eine Hantelbank und Gewichte. risten Sander und landete mit seiner Ferse in einer „Das ist mir scheißegal“-Laune sind, ent- Ihr habt Tätowierungen und wunderschöne einem Spalt in der Bühne. Was zur Folge hatte, scheiden wir uns für INGENTING. Frisuren. Wenn ihr euch entscheiden müss- dass seine Ferse bis auf den Knochen abriss. Erzählt den Fuze-Lesern bitte einen Witz. tet, für den Rest eures Lebens entweder auf Während er nach hinten gebracht wurde, been- Ein Jäger und ein Priester laufen durch den Tattoos oder Haare zu verzichten – was wür- deten Erlend von KVELERTAK und ein Typ aus Wald. Plötzlich sieht der Jäger einen Hasen. Er det ihr tun? dem Publikum den Song. Als wir kapierten, was nimmt sein Gewehr, legt an – und schießt dane- Wenn man es auf den Punkt bringt, dann lässt passiert war, rannten wir nach hinten. Hallgeir ben. „Scheiße, daneben“, platzt es aus ihm her- man sich nur deswegen Tätowierungen ste- schrie, als würde er ein Kind kriegen. Es war ein aus. Dem Priester gefällt das nicht, und er sagt: chen, um „cooler“ oder „härter“ rüberzukom- Blutbad. Nach zwanzig Minuten kam ein Arzt, „Wenn du dieses schlimme Wort noch zwei Mal men, als man wirklich ist. Man kann nicht darüber und irgendwann war genügend Morphium in sagst, verspreche ich dir, dass Gott etwas dage- streiten, dass ein Tattoo auf der Hand bedeutet: Hallgeir, um ein Pferd zu betäuben. Natürlich gen unternehmen wird!“ Der Jäger murmelt nur „Yeah, schaut mich an, ich bin krass.“ Tattoos wurde er ins Krankenhaus gebracht, aber von da etwas und zuckt mit den Achseln. Die beiden auf dem Nacken sagen: „Mir doch scheißegal. an wurde es immer schlimmer. Der Skandal mit gehen weiter in den Wald, und der Jäger erspäht Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, der ausgestopften Katze war nur ein kleiner Teil ein Reh. Wieder schießt er daneben, und wie- wie verrückt ich bin?“ Und wir alle wissen, wer davon. Die Geschichte geht so: Jemand brach in der benutzt er Vokabeln, die dem Priester nicht gewinnen würde, wenn jemand mit einer Täto- einen Raum ein, machte sich etwas zu essen und gefallen. Dann, zu guter Letzt, entdeckt der Jäger wierung im Gesicht einen Raum betreten würde, stahl eine ausgestopfte Katze, die einer Gruppe einen Elefanten. Ja, im Wald. Er schießt und ver- in dem Leute mit Hand- und Nackentattoos sind. Studentinnen gehörte. Sie war ihr Maskottchen. fehlt abermals. Der Elefant läuft weg und klettert Der Typ mit dem Gesichtstattoo wäre der König. Und dann kam sie für den Rest der Tour mit uns, wahrscheinlich auf einen Baum. „Scheiße! Schon Jeder würde seine Füße küssen. Aber denk’ dran: als Ersatz für Hallgeir, als eine Art Pfand. Sie war wieder daneben!“, brüllt der Jäger. „Es war nett, Tätowierungen kompensieren lediglich Quali- jeden Abend mit auf der Bühne. Und irgendwann dich zu kennen, und behaupte nicht, ich hätte täten, die du nicht hast. Deine Haare sind die bekam sie einen neuen Besitzer. Wo sie jetzt ist, dich nicht gewarnt“, sagt der Priester in ruhigem natürliche Art deines Körpers, sich selbst auszu- weiß nur die Katze selbst. Die Geschichte wurde Ton. Plötzlich fährt aus heiterem Himmel ein Blitz drücken. Sie lügen nicht. Wenn du also so ehr- nur deshalb zu einem Skandal, weil alle gro- herab und trifft den Priester genau am Kopf. Er lich wie möglich zu dir selbst und jedem anderem ßen Boulevardzeitungen davon Wind bekamen. fällt zu Boden und stirbt. Von oben ertönt eine sein willst, lass dir deine Haare wachsen. Keine Aber wir verraten nichts. Niemals. Wer die Katze laute und allmächtige Stimme: „Scheiße! Dane- verrückten Frisuren, keine abgefahrenen Farben gestohlen hat, wird immer ein Geheimnis bleiben. ben!“ – lass sie einfach nur wachsen. Wir würden also INGENTING oder ? KVELERTAK Im Ernst, wer denkt sich solche Fragen aus? „Oh ja. Sie verteilen sich allerdings nicht gerecht auf die Irgendein kluges Äffchen? Ich meine, wer zur PURIFIED IN BLOOD Mitglieder. Ohne Namen zu nennen: Es scheint, als gingen Hölle kennt INGENTING – außer ein paar Leute Flight Of A Dying Sun siebzig Prozent an ein Fünftel der Band. Und als Stig sein aus Westnorwegen? Egal, INGENTING ist Schwe- (Indie/Edel) ,GIRLS GIRLS GIRLS‘-Shirt von MÖTLEY CRÜE anhatte, disch und bedeutet übersetzt „nichts“, was facebook.com/purifi edinblood gerieten die Dinge völlig außer Kontrolle.“ PURIFIED IN BLOOD auf die Frage, ob sie viele Groupies haben.

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25Fuze35.indd 25 08.07.12 18:09 TIONIST. Was mich an ihnen beeindruckt, ist ihre Fähigkeit, wiedererkennbare Songs zu schreiben und diese auch live entsprechend umzusetzen.“

Spielfreude und musikalische Aufgeschlossen- heit sind bei PERIPHERY nach wie vor die trei- benden Kräfte. Doch ihr zweites Album wirkt stringenter, die Strukturen der Stücke nachvoll- ziehbarer. „Wir sind sehr stolz auf ,II‘, denn es ist das Ergebnis eines demokratischen Arbeitspro- zesses, den es bei uns in der Vergangenheit so nicht gegeben hat“, verrät der Gitarrist. „Jeder von uns hat seinen Teil zum Gelingen beigetra- gen. Der selbstbewusste und fokussierte Cha- rakter resultiert aus der Tatsache, dass wir uns gegenseitig perfekt ergänzen und wissen, wie wir uns gegenseitig bestmöglich unterstützen können. Wir hatten nicht den Anspruch, einem bestimmten Stil zu folgen oder ein defi niertes Ziel zu erreichen. Das Album gewährt vielmehr einen fl üchtigen Blick auf unsere derzeitige Inte- ressenlage und unser aktuelles Leistungsvermö- gen. Betrachtet man ,Ragnarok‘ und ,Epoch‘, fi n- det man zwei Songs, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aber trotzdem repräsentativ sind für das, was uns auszeichnet. Dass man nicht den Finger auf das legen kann, was uns nun genau auszeichnet, schätze ich besonders.“

Die vierzehn Songs der Platte sind so anspruchs- voll wie eingängig und pendeln zwischen Math- Rock, Prog Metal, Fusion, Ambient und melodi- schem Rock. Kreative Grenzen zu überwinden, ist wichtig für PERIPHERY. „Wenn man immer gleich das erreicht, was man sich vorgenommen hat, wird man schnell selbstgefällig und satt“, weiß Mark Holcomb. „Dafür kämpfen zu müssen, seine Vision Realität werden zu lassen, schützt hingegen davor, nachzulassen oder sich zu wie- derholen. Ohne die Notwendigkeit, individuell und als Band besser zu werden, gäbe es kreati- ven Stillstand. Die Möglichkeit, sich weiterzuent- PERIPHERY wickeln, ist eine wichtige Antriebskraft für uns.“ Foto: Kirsten Otto (getaddicted.org) Auf den ersten Blick mag „II“ weniger revoluti- DIE GÖTTER MÜSSEN VERRÜCKT SEIN. „The gods must be crazy!“ onär und etwas berechenbarer als sein Vorgän- heißt einer der Songs des zweiten Albums von PERIPHERY, mit dem die Band aus Washing- ger wirken. Doch mit der Zeit entdeckt man die ton, D.C. die eigene Legendenbildung vorantreibt. Mit anspruchsvollen und zum Teil verrück- Tiefe und den nachhaltigen Abwechslungsreich- ten Kompositionen sowie refl ektiertem Spielwitz zeigen die fünf Musiker, warum sie zu den tum der Songs, von denen besonders „Have a wichtigsten Protagonisten der aktuellen Djent/Prog-Welle zählen und von Fans des Genres blast“, „Facepalm mute“ und „Erised“ hervor- wie Götter verehrt werden. zuheben sind. „Dass es bei uns immer weiter- geht, zeigt auch ein Stück wie ,Ji‘, mit dem wir „II“ knüpft nahtlos dort an, wo die Amerika- rechnet werden. Der Bogen spannt sich schließ- uns auf völlig neues Terrain wagen“, ergänzt der ner mit ihrem Debüt und der „Icarus EP“ auf- lich so weit, dass sowohl THE FACELESS als auch Gitarrist. „Zum ersten Mal überhaupt gibt es von gehört haben und bietet fesselnde, genreüber- THE DEAR HUNTER unter dieses Label fallen. PERIPHERY achtsaitige Gitarren zu hören, und greifende Kost mit Wiedererkennungswert: Rein von der Defi nition her bedeutet ,progres- auch stilistisch betreten wir Neuland. Im Mit- „Unter der Bezeichnung ,progressiv‘ werden siv‘, kontinuierlich daran zu arbeiten, Grenzen zu telteil wollten wir genau diesen Fantasy-Vibe ganz unterschiedliche Bands zusammengefasst, überwinden und neue Stilkombinationen zu fi n- erschaffen, den man hört. Es ist eine Hommage so dass man vorher eigentlich nie weiß, womit den.“ an DREAM THEATER und erinnert an das, was man es zu tun bekommt“, so Gitarrist Mark Hol- John Petrucci in der Mitte von ,Fatal tragedy‘ comb im Interview. „Es gibt viele Hörer, die etwas Als Grenzgänger mit Breitenwirkung haben PERI- spielt, ohne ein Abklatsch zu sein. Auch im elekt- wie SYMPHONY X erwarten und dann uns ser- PHERY einen spannenden Platz zwischen Tradi- ronischen Bereich fi nden sich auf der Platte viele viert bekommen. Diesen Überraschungsfaktor tionsbewusstsein und Moderne gefunden: „Kei- neue Einfl üsse, die wir zukünftig weiter vertiefen schätze ich sehr. Für uns ist es letztendlich irre- ner von uns wäre in dieser Band, wenn alle Songs könnten. Ob es so kommt, wird sich zeigen. Einige levant, was die Leute erwarten und ob wir ihre zehn Minuten und länger ausfi elen, alle dreißig der anderen haben kürzlich davon gesprochen, Ansprüche erfüllen oder nicht. Aufgrund unserer Sekunden ein Gitarrensolo käme und der Gesang die nächsten Songs härter und dunkler anzule- stilistischen Flexibilität kann ich mich aber damit pathetisch und opernhaft wäre. Diese Art von gen. Wir lassen das einfach auf uns zukommen. anfreunden, dass wir häufi g dem Prog zuge- Prog ist nichts für uns. Statt auf überlange und Doch keine Angst, wir werden nicht versuchen, exzessive Arrangements setzen wir auf durch- wie MORBID ANGEL zu klingen.“ „Auf der Bühne versuchen wir, so präzise wie möglich zu dachte Schwerpunktverlagerungen und zwin- Arne Kupetz sein und nahe an dem zu bleiben, was wir im Studio einge- gende Songs. Damit fühlen wir uns wohl. Bands, spielt haben“, so Gitarrist Mark Holcomb. „Unsere Proben denen wir uns musikalisch und von der Menta- PERIPHERY werden von Improvisation und Spontaneität bestimmt. lität her stark verbunden fühlen, sind beispiels- II So bewahren wir uns das nötige Gleichgewicht aus Spaß weise TESSERACT und VEIL OF MAYA. Eine noch (Century Media/EMI) und Konzentration. Einzig unser Schlagzeuger Matt [Hal- stärkere Verbindung sehe ich zu THE CONTOR- facebook.com/PeripheryBand pern] ist diesbezügliche eine Ausnahme: Er improvisiert immer und spielt KEIN SET ZWEI MAL.“

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26Fuze35.indd 26 08.07.12 18:09 DISTANCE IN EMBRACE Foto: Igor Essling (allschools.de) DER WERT DER MUSIK. Während die Großen und Mittelgroßen der Musikbranche ihre Verluste durch sinkende Plattenverkäufe häufi g auf Merchandise- und Ticketpreise umlegen, ist es für kleinere Bands oft nicht möglich, für ihre Shirts Preise von zwanzig Euro und mehr zu verlangen. Doch was ist Musik wert? Während die GEMA relativ genaue Vorstellungen von diesem Thema hat und deswegen reihenweise Videos bei YouTube gesperrt sind, ist die Antwort auf diese Frage für Bands immer noch schwierig, wie auch Adrian Reinboth von DISTANCE IN EMBRACE fi ndet.

Dass die Band nicht auf das große Geld aus ist, nen Wert mehr, da sie nur im Schrank herum- auch nicht bei iTunes, wo ich das Cover dann nur war schon beim letzten Mal klar: Das Album „To stehe, so Reinboth. Deswegen werde um jeden auf dem Bildschirm anschauen kann. Ich möchte Hell With Honesty!“ kam mit DVD und in einem Euro gefeilscht, um ja noch genügend Geld für es in der Hand halten.“ Der Schritt weg von der Pappschuber für zehn Euro. Eine Kalkulation, das Bier während der Show zu haben. DISTANCE CD und hin zum digitalen Release kommt für bei der Peter Zwegat wohl beide Hände über IN EMBRACE haben deshalb daraus den Schluss Reinboth also nicht in Frage, aber auch Vinyl dem Kopf zusammenschlagen würde. Ihre neue gezogen, CDs entsprechend günstig anzubieten. ist keine wirkliche Option: „Ich glaube, dass die EP bieten DISTANCE IN EMBRACE nun inklu- meisten Leute, die keine CDs mehr kaufen, auch sive T-Shirt für einen ähnlich schmalen Preis an. Dass die aktuelle Veröffentlichung der Band keine MP3s kaufen, wenn sie die Songs umsonst Drängt sich die Frage auf, ob die Band überhaupt „nur“ eine EP ist, macht die Situation natürlich im Netz bekommen können. Vinyl mag ich zwar, Geld mit ihrer Musik macht: „Uns geht es nicht nicht einfacher, denn in der Herstellung kostet aber ich bin einfach ein CD-Typ. Für Schallplat- darum, Geld zu verdienen, sondern darum, dass diese fast genauso viel wie ein Album, wird aber ten bin ich dann vielleicht doch ein wenig zu spät die Leute etwas mitnehmen können, wenn ihnen nur für ungefähr die Hälfte verkauft. Auch das auf die Welt gekommen.“ unser Auftritt gefällt. Man will sich natürlich auch Format der EP ist ein Zugeständnis an die Hörer: nicht unter Wert verkaufen. Wir hatten eine Zeit „Wir haben jetzt drei Alben veröffentlicht, aber Zum Gesamtkonzept jeder Band gehört auch ihr lang ein Shirt für acht Euro dabei, weil wir dach- es gibt immer mehr Bands und viele Sachen kos- Auftreten im Internet, doch selbst da verkau- ten, dass es gerade viele jüngere Kids gibt, die tenlos im Internet, da wird es immer schwieri- fen sich manche unter Wert – wenn auch nicht nicht so viel Geld haben. Wir haben aber die ger, auf Albumlänge zu überzeugen. Häufi g gibt in einem fi nanziellen Sinne: „Wir haben ein- Erfahrung gemacht, dass es keinen Unterschied es ja auch nur fünf oder sechs Songs auf einem mal bei einem Voting für das Serengeti Festival macht, ob man ein Shirt für acht, zehn oder zwölf Album, die man richtig gut fi ndet. Die anderen mitgemacht, aber danach gesagt, dass wir das Euro anbietet – wenn die das Shirt cool fi nden, sind zwar nicht schlecht, aber eben auch nicht nicht mehr machen wollen. Damit vergraulst du kaufen sie es“, erklärt der Sänger und Gitarrist. der Hit. Viele Leute laden sich außerdem nur die Leute eher. Mittlerweile macht ja jeder ein Dass die Gewinnspanne der Band dabei ziem- noch zwei oder drei Lieder runter und entschei- Voting, aber letztendlich ist das nur eine Promo- lich klein ist, kann man sich auch ohne Mathe-LK den dann, ob die Band cool ist oder nicht, daher Aktion für das Festival, weil jede Menge Bands ausrechnen. „Bei CDs sieht es ganz anders aus, haben wir uns für eine EP entschieden, auf der Werbung für eine Veranstaltung machen, bei der da wird schon mal gefragt, ob man statt zwölf nur Songs sind, mit denen wir richtig zufrieden sie dann gar nicht spielen. Aber sie nerven ihre Euro nicht doch nur zehn oder acht Euro zah- sind.“ Doch auch die Gewohnheiten der Hörer Fans bei Facebook, unbedingt für sie abzustim- len könne.“ Für die meisten habe eine CD kei- haben sich verändert. Tausende MP3s auf einer men.“ Natürlich ist das für viele Bands verlo- Festplatte und Zufallswiedergabe haben Alben ckend und oft auch die einzige Chance, bei einem Bisher haben DISTANCE IN EMBRACE ihre Platten immer in einzelne Songs zerlegt. „Mir ist das auch bei größeren Festival zu spielen – auch Adrian Rein- bei -Gitarrist Alexander Dietz auf- Freunden aufgefallen, die hören ganz anders both hat sich darüber gefreut, auf dem Serengeti genommen, für „The Best Is Yet To Come“ verschlug es Musik als ich. Die hören einen Song nur halb und mit Fletcher von PENNYWISE ein Bier zu trinken. die Band jedoch ins Saarland zu -Bas- skippen dann zum nächsten, auch wenn sie ihn Ob es aber für eine Band sinnvoll ist, sich zu Wer- sist Christian Diehl. Ein kleiner Post bei allschools.de gut fi nden.“ Es ist deshalb nur konsequent, eine bezwecken benutzen zu lassen, muss jeder für über den Studioaufenthalt der Band animierte die User EP mit kürzerer Spielzeit zu veröffentlichen. sich selbst entscheiden. DISTANCE IN EMBRACE anschließend zu interessanten Kommentaren, wie Adrian Reinboth erzählt: „Viele Leute glauben, Plan von etwas sind sich da jedenfalls mehr wert. zu haben, haben aber überhaupt keine Ahnung. Weil Dabei liegt der Wert einer CD für den Gestal- Dennis Meyer wir bei Chris waren, hieß es plötzlich, das Schlagzeug tungsstudenten nicht allein in der Musik: „Das sei nur programmiert und nicht eingespielt worden, was Artwork ist mir sehr wichtig. Bei einem Album DISTANCE IN EMBRACE TOTALER QUATSCH ist. Daraus wurde dann eine ellen- macht das für mich fast fünfzig Prozent aus. The Best Is Yet To Come lange Diskussion, bei der natürlich jeder genau Bescheid Für mich ist das auch ein Argument, ein Album (Horror Business/New Music) wusste. Sobald man anonym ist, meint jeder, irgendetwas zu kaufen und nicht einfach herunterzuladen – distanceinembrace.com posten zu müssen.“

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27Fuze35.indd 27 08.07.12 18:07 GRAF ORLOCK / DANGERS Foto: Ryan Polei (ryanpolei.com) KEINE SENIORENREISE. In Büchern und Filmen über steht häufi g die Unvereinbarkeit des dortigen Mikrokosmos mit der westlichen Mentalität im Vordergrund. Doch gibt es die viel beschworenen Unterschiede wirklich? Oder ist das alles nur eine Frage der persön- lichen Wahrnehmung? DANGERS-Bassist Tim und Gitarrist Justin, der auch kräftig bei GRAF ORLOCK mitmischt, haben im Rahmen ihrer Japan- tour jedenfalls sehr individuelle Erfahrungen gemacht.

Warum eine Tour in Japan? Bedenkt man die Wie sah es mit dem Essen aus? Sich in Japan Justin: Die dortige Szene ist in vielerlei Hinsicht hohen Lebenshaltungskosten dort, scheint vegetarisch oder vegan zu ernähren, kann ganz anders. Man könnte wahrscheinlich eine das mit einigen Risiken verbunden zu sein. ziemlich schwierig werden. Doktorarbeit über die Unterschiede und Ähnlich- Justin: Touren ist immer riskant. Wer das ver- Justin: Das stimmt, aber wenn man unterstützt keiten schreiben. Was mir auf Tour durch Asien meiden will, soll eben zu Hause bleiben. Gerade wird, ist das kein Problem. Es kommt für mich immer wieder auffällt, ist die Einstellung gegen- für uns als Amerikaner ist es super, in eine Kultur jedoch immer der kritische Punkt, wo es gilt, die über Religion. Im Westen werden religiöse Bands einzutauchen, die eine lange Geschichte hat und eigenen Überzeugungen gegen kulturelle Offen- ziemlich runtergemacht. Gerade in Malay- den üblichen Grundsätzen der westlichen Kultur heit und den Wunsch, nicht als elitärer Fremd- sia und Indonesien scheint das überhaupt nicht diametral gegenübersteht. ling rüberzukommen, abzuwägen. Karl, der Sän- der Fall zu sein. Das mag an der überschauba- Sind die Gigs anders als in Europa oder den ger von GRAF ORLOCK und einzige Omnivore der ren Anzahl an Christen liegen, aber es ist defi ni- USA? Das japanische Publikum hat den Ruf, Gruppe, hat sich aber einmal getrocknete Tin- tiv interessant: In den USA gehen wir bei Punk- ziemlich zurückhaltend zu sein. tenfi schtentakeln gekauft und kaute das Zeug und Hardcore-Bands immer davon aus, dass Tim: Es geht durchaus sanfter zu, aber das soll zunehmend näher an meinem Gesicht, was dann diese bestimmte Ansichten vertreten. In ande- weder eine Beschwerde sein noch heißen, dass fast zu einem Faustkampf führte. ren Bereichen der Welt ist das jedoch überhaupt sich etwas ändern müsste. Es ist eigentlich eine Tim: Uchuu, der unsere Tour gebucht hat, war nicht der Fall oder zumindest nicht so offen- Schande, dass wir Shows danach beurteilen, wie beim Einkaufen eine echte Hilfe. Selbst mit ein sichtlich. Musik scheint im Leben der Menschen viele Stagedives es gab. Wir haben vielleicht den paar Brocken Japanisch und einer Liste mit den außerdem eine andere Rolle zu spielen. Was Ruf, die Leute zur Bewegung aufzufordern, aber wichtigsten Schriftzeichen ist es immer noch vielleicht dazu führt, dass Bands für eine längere man muss sich ja nicht gegenseitig eine rein- sehr schwer, Zutatenlisten zu entziffern. Obwohl Zeit existieren als in den USA, wo häufi g nach hauen, um eine Show zu genießen. Den Leuten Reiseführer behaupten, dass Extrawünsche nicht sechs Monaten Schluss ist. scheint es jedenfalls Spaß gemacht zu haben. so gern gesehen werden, war man uns gegen- Hattet ihr auch Probleme, zum Beispiel was Justin: In Europa und den USA sind die Leute über in Restaurants und Supermärkten immer die Kommunikation oder Mentalität betrifft? raufl ustiger. In Japan rennt man auch rum, aber sehr zuvorkommend. Da sich die gefürchtete Justin: Nein. Durch die Musik hatten wir natür- man müsste das noch etwas ankurbeln, dann Fischsauce und die Fischfl ocken jedoch leider in lich eine Gemeinsamkeit, aber es wird auf Rei- würde jeder richtig Spaß haben. Wir haben auch die meisten vegetarischen Gerichte einschmug- sen immer einfacher, wenn man sich darum dann noch welchen, wenn es unangenehm wird, geln, haben wir wahrscheinlich unwissentlich an bemüht, die Kulturen aktiv kennen zu lernen. Auf weil wir Idioten sind, die sich eh ständig prügeln. die fünf Fische verspeist. die Gefahr hin, naiv zu klingen: Letztlich versteht Wie habt ihr während der Tour gelebt? Es Was würdet ihr sagen, wie unterscheidet sich doch jeder, dass wir alle verschiedene Menschen heißt, Japan sei sehr komfortabel. die japanische Punk- und Hardcore-Szene mit verschiedenen Zielen im Leben sind. Justin: Die Straßen sind sogar sauberer als von der unseren? Tim: Ich bleibe normal lieber für mich, aber in in Singapur. Meistens haben wir bei den Leu- Tim: Mit Gewissheit kann ich das nicht beant- Japan habe ich es sehr genossen, mich mit den ten zu Hause gewohnt, was super war, da wir worten, denn einerseits bin ich zu Hause nicht Menschen dort auszutauschen. Alle waren sehr so ein Gefühl dafür bekamen, wie sie leben. Das wirklich in die Szene eingebunden und natürlich hilfsbereit, freundlich, positiv und vor allem auf- mag ich am meisten am Touren: Es ist eine ganz war die Sprachbarriere hinderlich. Aus den weni- merksam. Ich kann nur für mich sprechen, aber andere Erfahrung, als würde man mit sechzig auf gen Gesprächen konnte ich allerdings ableiten, ich würde das jederzeit gegen die Art von Kom- einen Seniorenausfl ug gehen und nie auch nur dass Punk dort genauso Punk ist wie anderswo. munikation eintauschen, die wir hier in den USA ein Wort mit den Einheimischen sprechen. Die Nuancen waren schwer auszumachen, auf pfl egen. Tim: Wir wurden ähnlich wie in Europa mit Essen einer grundlegenden Ebene ist jedoch klar, dass Kristoffer Cornils und Freundlichkeit geradezu verwöhnt. Obwohl es auch in Japan Aktion und Reaktion, die Mehr- wir nur kurz dort unterwegs waren, wurde es heit und einige Radikale und so weiter gibt. Wir „Wir würden uns alle sofort eine JAPANISCHE TOILETTE überdeutlich, dass man sich besser um tourende haben zum Beispiel eine große Demo gegen zulegen. Es kommt jedes Mal einer Spa-Behandlung Bands kümmert als in den USA. Atomkraft gesehen. gleich. Heizung, Sprühanlage, Wischer, Duftstoffe, Stim- men ... Die haben das da wirklich raus!“ DANGERS-Bassist Tim geht gerne in Japan aufs Klo.

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28Fuze35.indd 28 08.07.12 18:07 HEAVEN IN HER ARMS JOB, FAMILIE UND DANN DIE MUSIK. Nicht viele japanische Bands schaffen es nach Europa oder in die USA. Neben pro- minenten Ausnahmen wie ENVY, MONO oder BORIS haben HEAVEN IN HER ARMS früh angefangen, Alben bei europäischen Labels zu veröf- fentlichen und im Westen zu touren. Sänger und Gitarrist Kent Aoki ist noch etwas geschlaucht, als wir uns in einem kleinen Café in Tokio tref- fen. Denn selbst eine Minitour mit zwei Gigs in Malaysia und Singapur ist anstrengend, wenn man danach direkt wieder zur Arbeit muss. Und um genau dieses Thema wird sich unser Gespräch über Hardcore in Japan noch häufi ger drehen.

Die enge Bindung an die europäische Szene ent- gelt“, erklärt Kent Aoki. Ein Geschäftsmann, der fühlen sich einsam und traurig“, sagt Kent. Das stand aus einem ziemlich pragmatischen Grund: sich im Anzug durch die Seven-Inch-Kisten mit Ende 2010 in Deutschland erschienene Album „Vinyl bedeutet uns mehr als CDs, aber es ist Crust- und Grind-Releases wühlt, ist in Plat- „Paraselene“ scheint genau davon Zeug- fast unmöglich, hier etwas auf Vinyl herauszu- tenläden kein seltener Anblick und schon gar nis abzulegen. Die Aufnahmen fi elen mit einem bringen. In Japan dominieren CDs.“ Deshalb ver- nichts, worüber man die Stirn runzeln würde. Ereignis zusammen, das alle in der Band zutiefst öffentlichten HEAVEN IN HER ARMS über zehn Auch Kent fühlt sich nicht als Teil einer Gegen- bewegte. „Vor ein paar Jahren waren wir mit Jahre bei Labels wie Salvation oder Ape Must bewegung. „Ich bin nicht anders als irgendje- KILLIE, LA QUIETE und AMPERE auf Tour und Not Kill Ape und sind mittlerweile bei Denovali mand, nur weil ich diese Musik höre und selbst in brauchten einen Fahrer. Es meldete sich jemand, gelandet, wo sie sich sehr wohlfühlen. Ohne Kul- einer Band spiele.“ Was an europäischen Maß- der den Job machen wollte. Während der Tour turschock verliefen die ersten Touren trotzdem stäben gemessen merkwürdig klingen mag, ist wurden wir schnell Freunde, auch danach ver- nicht. Bei einem Gig in Polen wurde dem Sän- für ihn selbstverständlich: „Erst der Job, dann die brachten wir viel Zeit miteinander. Er hatte viel ger doch glatt das Mikrofon entrissen: „Die Leute Familie, dann erst geht es um die Musik.“ Wenn vor, wollte eine eigene Band gründen und so wei- haben mitgesungen, obwohl sie nicht mal Japa- dann noch – wie in Aokis Fall – ein Kind dazu- ter, fand aber keinen Job. Seine Geldprobleme nisch sprachen! Unser Gitarrist war zuerst sehr kommt, wird es extrem schwer, alles unter einen wurden immer schlimmer, und als wir im Studio sauer, aber eigentlich ist das ja eine große Ehre.“ Hut zu bringen. „Ich schaffe es nur noch selten zu waren, um ,Paraselene‘ aufzunehmen, erhielten In Japan geht es auf Konzerten meist ruhiger zu. Shows. Das ist bei vielen so: Wenn das Arbeits- wir einen Anruf und erfuhren, dass er sich das Aoki lacht: „Es wird nicht so viel Bier getrunken! leben losgeht, bedarf es schon wirklicher Hin- Leben genommen hatte.“ Stattdessen konzentrieren sich alle mehr auf gabe, um dabeizubleiben.“ Dass einige Bands die Show.“ Das mag vielleicht auch an den ver- es nie über den Inselstaat hinaus schaffen, liegt Als Ausdruck der Schattenseiten seines Heimat- gleichsweise horrenden Preisen liegen: Selbst laut Kent ebenfalls daran, dass sich intensives landes will Kent Aoki seine Musik dennoch nicht winzige Shows kosten umgerechnet fast fünf- Touren mit dem Job beißt. Trotzdem fallen viele verstanden wissen. „Wir sind keine Partyband, zehn Euro, da für jeden Gig der Veranstaltungs- japanische Bands mit Durchhaltevermögen auf. klar. Unsere Musik empfi nden wir trotzdem nicht ort neu angemietet werden muss. Zusätzlich Kent erklärt das mit einem anderen Selbstver- als düster. Natürlich kann ich nicht kontrollieren gehen circa fünf Euro für einen obligatorischen ständnis. Seiner Ansicht nach konzentriert man oder nachvollziehen, wie meine Text verstanden (!) „free drink“ drauf. sich in Japan weniger auf das Drumherum, son- werden. Ich freue mich aber am meisten, wenn dern mehr auf die Musik. „Natürlich diskutieren ich höre, dass Menschen aus ihnen Hoffnung Eine selbst organisierte Hausbesetzerszene, wir untereinander auch über dieselben Themen schöpfen. Das ist sowieso das, was uns antreibt, wie man sie aus Europa kennt, gibt es in Japan wie anderswo, wir trennen das aber stärker von weiterzumachen: Die Wertschätzung, mit der uns nicht, und ein wenig muss man schon nach Kon- der Musik. Es ist merkwürdig: Gerade politische überall auf der Welt begegnet wird.“ Die nimmt zerten oder subkulturellen Strukturen suchen. Bands lösen sich wahnsinnig schnell wieder auf. jedoch manchmal auch unverschämte Züge an: „Hardcore ist in Japan etwas, das sich zum Bei- Ich fi nde es aber langweilig, wenn es nur Bands „Ich bekam einmal eine E-Mail, in der mir jemand spiel in der Mode nicht unbedingt widerspie- gibt, die höchstens zwei oder drei Jahre durch- schrieb, er habe sich gerade unser Album aus halten. Wir haben uns bei HEAVEN IN HER ARMS dem Netz gezogen. Vor allem die Texte wür- Sich über den TELLERRAND des eigenen Genres zu bewusst dazu entschieden, die Politik aus der den ihn interessieren, deshalb sollte ich sie ihm wagen und dabei völlig integer zu bleiben, scheint in der Musik herauszuhalten.“ schicken. Das war schon ziemlich abgefahren“, japanischen Musikszene weniger als Widerspruch aufge- erzählt Kent lachend. Wirklich ärgern tun ihn sol- fasst zu werden als in westlichen Kreisen. Für die Neo- Es ist merkwürdig, HEAVEN IN HER ARMS zu che Vorfälle jedoch nicht. „Wir machen unsere Jazzer und Denovali-Labelmates MOUSE ON THE KEYS hören und dabei durch Tokio zu laufen. In den Musik nicht, um Geld zu verdienen. Dafür haben ist Kent Aoki zumindest voll des Lobes. „Ihr Schlagzeu- bunten, mit Menschen überfüllten Straßen wirkt wir unsere Jobs! Und wer wirklich Wert auf unsere ger Akira war bei NINE DAYS WONDER, einer legendären die Musik wie ein Fremdkörper. „Es gibt gerade japanischen Hardcore-Band. Jetzt macht er ganz andere Musik legt, kauft sich natürlich die Platten.“ Musik, aber auf eine Art ist das für mich immer noch in Tokio so viele Menschen, und ich denke, viele Kristoffer Cornils ziemlich Hardcore. Sehr tight und dabei sehr emotional. Das ist etwas Neues, das ist doch toll!“

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29Fuze35.indd 29 08.07.12 18:08 Wenn eine Entscheidung getroffen werden muss oder eine Band ein Problem hat, dann reicht ein Anruf und die Sache ist innerhalb weniger Stun- den erledigt. Bei den Majors müssen erst unzäh- lige Abstimmungen vor zahllosen Gremien abge- halten werden, bevor etwas passiert.“

Leider war Metal Blade – ebenso wie fast alle anderen Labels, egal, ob groß oder klein – bei einer Sache leider überhaupt nicht schnell und viele müssen für dieses Versäumnis nun mit ein- brechenden Umsätzen und Entlassungen zah- len. Die Rede ist natürlich vom Herunterladen von Musik über das Internet. Slagel gibt freimü- tig zu, hier so gut wie alles verschlafen zu haben, METAL BLADE schiebt den schwarzen Peter aber weiter: „Viele Foto: Jeremy Saffer von uns sind vor Jahren schon zu den Majors ALLES AUS LIEBE. Wie kann man in Zeiten des radikalsten Umbruchs, den die Musi- gegangen, um sie zu warnen, dass Downloading kindustrie je erlebt hat, dennoch mit einer Plattenfi rma Erfolg haben? Brian Slagel, seit drei- zu einem Problem wird und sie etwas unterneh- ßig Jahren Chef des von ihm gegründeten Labels und einer der Säulen- men müssen. Die Antwort war stets: ,Macht euch heiligen der weltweiten Metal-Community, kennt die Antwort. keine Sorgen, es wird nichts passieren.‘ Als es dann aber doch passierte und sie merkten, dass Brian Slagel hat SLAYER und METALLICA ent- möglichst lange Karriere haben. Diese Philoso- sie ein Problem haben, war es zu spät. Wir haben deckt, mit CANNIBAL CORPSE weltweit über eine phie habe ich bei Metal Blade beibehalten. Und also auf jeden Fall zu spät und dann auch noch Million Alben verkauft und es geschafft, dass genau das macht mir an meinem Job auch am falsch reagiert.“ Metal Blade Records seit genau drei Jahrzehn- meisten Spaß: eine Band fi nden, mit ihr arbeiten ten nicht nur stilprägend und erfolgreich ist, son- und erleben, wie sie eine schöne lange Karriere dern auch das große Sterben der Musikindust- hinlegt. Mit Alben, einem Haus, einer Frau, Kin- rie überstehen wird. Und das liegt vor allem an dern. Das komplette Paket. Das ist für mich das einer authentischen Mischung aus unprätenti- ultimative Ziel.“ Ein Ziel, das einige Bands nur zu öser Bodenständigkeit und totaler Hingabe zur gerne mit ihm erreichen wollen. Andere dage- Musik: „Familie, Loyalität und künstlerische Frei- gen folgen lieber der Spur des Geldes in Rich- heit – dafür stehen wir, das macht uns erfolg- tung Majorlabel. Wie etwa GHOST. Deren Ver- reich“, erzählt der 51-Jährige in seinem Büro in trag mit Rise Above Records (für die Metal Blade Los Angeles am Telefon. „Wir sind eine große in den USA den Vertrieb übernehmen) war aus- Familie. Weltweit arbeiten nur 24 Leute für das gelaufen, aber nach einem langen Bieterwett- Ein Opfer dieser verfehlten Strategie sind Label, viele schon seit Jahrzehnten. Wir signen streit entschieden sich die maskierten Schweden . 2011 komplett von War- nur Bands, deren Musik wir auch lieben, und viele gegen Metal Blade und für einen mit 750.000 ner gekauft, wurden kürzlich alle internatio- Bands sind schon sehr lange bei uns. CANNIBAL Dollar dotierten Vertrag bei einem Sublabel von nalen Niederlassungen geschlossen und Dut- CORPSE zum Beispiel seit 25 Jahren. Außerdem Universal. Es gibt Menschen, die würde so etwas zende Mitarbeiter entlassen. Ein Ereignis, das sind wir loyal gegenüber unseren Bands. Und frustrieren – Slagel dagegen zeigt Sportsgeist: Slagel nahegeht, schließlich haben beide Labels schließlich sind wir mit Sicherheit die letzten, die „Das ist uns als Label in den letzten dreißig Jah- in ihren ersten Jahren eng zusammengearbei- einer Band vorschreiben, was sie zu tun oder zu ren schon häufi ger passiert, deswegen stresst tet: „Das ist echt traurig und ein Verlust für den lassen hat. Wir haben sie schließlich unter Ver- mich das nicht zu sehr. Ich liebe die Band und Metal. Aber genau das ist einer Gründe, warum trag genommen, weil wir genau das lieben, was ihre Musik und wünsche ihnen, dass sie mit dem wir uns nie an einen Major verkauft haben. Denn sie tun.“ neuen Deal richtig gut fahren.“ wenn man das macht, gibt man seine Freiheit auf und es können genau solche Dinge passie- Außerdem stehen die Chancen gut, dass sich in ren.“ Metal Blade jedoch machen viel richtig Zukunft wieder mehr Bands für Integrität und und haben deswegen gute Chancen, auch wei- eine lange Karriere anstatt für leere Verspre- terhin unabhängig und erfolgreich zu sein – vor chungen und dicke Vorschüsse entscheiden, allem wenn man sich die überraschende Ant- denn die Indielabels haben aufgerüstet und kön- wort Slagels auf die Frage anschaut, ob er denn nen immer öfter gegen die Großen punkten. Das nun heutzutage weniger Musik verkaufe als frü- war nicht immer so. Vor allem in den Achtzigern her: „Um Himmels willen, nein! Ehrlich gesagt, wurde Metal Blade regelrecht geplündert, wie waren die letzten fünf Jahre die besten, die wir sich Slagel erinnert: „Damals war es gang und mit Metal Blade jemals hatten!“ Das klingt nach der letzten Bastion von Ver- gäbe, beim erstbesten Angebot sofort zum Major Martin Schmidt nunft und Nachhaltigkeit in einem Geschäft, das zu wechseln. Wir haben damals an die fünfzehn von Schnelllebigkeit und mangelnder Weitsicht Bands verloren: SLAYER, FLOTSAM AND JETSAM, 360-GRAD-DEALS sind die große Hoffnung der Musik- geprägt ist. Natürlich kann es sich auch Sla- SACRED REICH ... Aber im Laufe der Zeit wurden industrie. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verträgen, bei gel nicht mehr leisten, eine Band über drei oder die unabhängigen Labels erfolgreicher, hatten denen ein Label nur Einkünfte aus der verkauften Musik vier Alben aufzubauen und dann auf den großen einen besseren Vertrieb und waren in der Lage, erzielt, regeln solche Verträge, dass eine Plattenfi rma Durchbruch zu hoffen. Aber er versucht es den- den Bands viele Dinge zu bieten, die auch die auch einen Teil der Konzertgagen und Merchandise- noch: „Ich bin in den Siebzigern groß geworden, Majors boten – und sogar einige, die die Majors Erlöse einer Band erhält. Brian Slagel hält davon jedoch nichts: „Wir glauben nicht an 360-Grad-Deals. Wir sind und damals ging es in der Musikindustrie darum, nicht bieten konnten! Neben der familiären weder eine Merchandising-Firma noch eine Booking- Künstler über Jahre zu entwickeln, damit sie eine Atmosphäre ist es vor allem die Geschwindigkeit: agentur noch ein Konzertveranstalter. Wenn ein Label Einkünfte aus Unternehmungen bezieht, mit denen es rein gar nichts zu tun hat, dann ist das einfach falsch.“

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30Fuze35.indd 30 08.07.12 18:08 31Fuze35.indd 31 06.07.12 21:53 reviews THE HIRSCH EFFEKT Holon:Anamnesis „Wer sich jetzt noch umdreht, ist selber schuld“, lautet das Mantra, das am Anfang und am Ende von „Holon:Anamnesis“ verkündet wird. Aber warum sollte man das tun? THE HIRSCH EFFEKT machen Musik, die sich mit nichts vergleichen lässt, was bis dato auf einen Tonträger gepresst wurde – noch nicht einmal mit dem eigenen Output. Auf ihrem ersten Album „Holon:Hiberno“ gaben sie sich sperrig, verkopft, zuweilen entrückt. Es war eines dieser Alben, das lange braucht, bevor es einen trifft. Und noch immer fordern die Hannoveraner ihren Hörern erheblich mehr Konzentration ab als die meis- ten Hardcore-Bands, doch die Musik auf „Holon:Anamnesis“ strahlt eine unmittelbare Dringlichkeit aus, die sich kaum ausblenden lässt. Ein Effekt, der von Song zu Song einen anderen Auslöser hat. Mal ist es ein langsam aufkeimendes Crescendo aus blechern verzerrtem Schreien, eingebettet in glocken- klaren Chorgesang („Ligaphob“), mal ein simples Metalriff inmitten von mathematisch kontrolliertem Lärm, das in seiner Schlichtheit wirkt, als würde Muhammad Ali seinen Rivalen nach minutenlangem Getänzel mit einem humorlosen Kinnhaken auf die Bretter schicken („Limerent“). „Holon:Anamnesis“ ist ein Höllenritt, ein Wechselbad aus massivem Grindcore und traumwandlerischem Pop. Die melan- cholisch-trotzigen Texte verkommen dabei nicht zum schmückenden Beiwerk, je nach Situation wie- gen sie die Songs in Unschuld oder gießen Öl ins Feuer. Und irgendwie hat es die Band bei aller Komple- xität geschafft, dass der Kick nicht erst nach dem hundertsten Durchlauf einsetzt. Jedem, der ein Herz für progressive Musik hat, dürfte bereits nach dem bezaubernden Intro die Kinn- lade herunterklappen. Selbst in stillen Momenten wirkt „Holon:Anamnesis“ stets angespannt, immer bereit zum nächsten Wutausbruch – nur um danach wieder die ganze Welt zu umarmen. THE HIRSCH EFFEKT haben ein irre gutes Album geschrieben. Zu sehr in der Nische verwurzelt, um die Welt im Sturm zu erobern. Zu beein- druckend, um als Strohfeuer im weiten Feld der experimentellen Musik zu enden. Doch das alles ist Spekulation. Sicher ist nur eines: Wer sich jetzt noch umdreht, ist selber schuld. (Midsummer/Kapitän Platte/Cargo) Benedikt Ernst

BARONESS THE GASLIGHT Yellow & Green ANTHEM Ein Doppelalbum also, als wären Handwritten BARONESS nicht schon ausufernd In einem seiner jüngsten Romane genug. Im Interview nennt Master- setzt Stephen King ein Zeitportal in mind John Dyer Baizley als Grund, ein Diner, durch das die fünfziger Jahre dass die Songs dieses Mal mehr besucht werden können. Kaum jemand Platz zum Atmen gebraucht hätten. hat die idealisierte Welt der amerika- Das kann viel bedeuten. Im Falle von nischen Kleinstadt so verstanden und BARONESS bedeutet es nicht weni- erzählt wie King. Er weiß, dass diese ger als die Abkehr vom Metal und die Ideale am Besten in der Verklärung Hinwendung zu einem genreüber- des Rückblicks funktionieren – genau greifenden Stil, der jedoch in keinem wie THE GASLIGHT ANTHEM-Sänger Moment Zweifel aufkommen lässt, Brian Fallon. „45“ eröffnet das vierte welche Band dahintersteckt. Auf träumerischen Chorälen spielt die Akustikgi- Studioalbum, Gitarren verursachen Gänsehaut, bevor der Gesang einsetzt, der tarre umwerfende Melodiebögen, Baizley macht mit seiner Stimme alles außer Refrain bleibt unmittelbar und wohl für länger im Kopf. Dann das alte Gefühl: Da brüllen, und doch wirkt es niemals fremd, wenn sich eine Gitarrenwand und ein ist etwas vorbei, nur hat das jemand nicht begriffen. Auch Kings Diner steht vor druckvolles Bassriff ihren Weg bahnen, um einen Graben in die schön gezeich- der Übernahme durch den mächtigen Konzern. Verlust, Hoffnung, Trotz. GAS- neten Landschaften zu schlagen. Anfangs führt dies zwangsweise dazu, dass LIGHT ANTHEM sind Americana im direkten Sinn, klingen auch auf „Handwritten“ Längen entstehen und die harten Parts wie eindeutige Höhepunkte erscheinen. nach Roadmovie („Howl“), Bluesclub („Too much blood“) und sonniger Südstaa- Doch mit jedem Durchlauf strecken die Songs weiter ihre Fangarme aus, ver- tenveranda („Keepsake“). Nach einem stilisierten Amerika, das es heute weni- weben sie sich ineinander, ergeben ein großes Ganzes – mit der Betonung auf ger gibt als jemals zuvor. „Handwritten“ ist wieder weniger „“- „groß“. John Baizley schreibt eigentlich keine Songs, er schreibt Alben, bei „Yel- Rockpose, mehr „Nebraska“ als „Born In The U.S.A.“, und es steckt mehr Tiefe low & Green“ vielleicht mehr als je zuvor. Und er katapultiert BARONESS damit in jedem Song, als es Songwritern und Storytellern allerorten lieb sein kann. Der endgültig in eine künstlerische Liga, in der sich Bands wie MASTODON und THE bewegende Titelsong, das majestätische „Mae“ – Material für unzählige Nächte. MARS VOLTA tummeln und gute Songs das Diktat ihrer Szenegrenzen überwun- „Handwritten“ ist das Album des Jahrzehnts. Vielleicht nicht des jetzigen, aber den haben. (Relapse/Rough Trade) Benedikt Ernst dennoch. (Mercury/Universal) Ingo Rieser

CALLEJON THE GHOST INSIDE Blitzkreuz Get What You Give „Neues Album blitzt in die Charts – Ähnlich wie STICK TO YOUR GUNS Sind CALLEJON die Erben von RAMM- holten sich THE GHOST INSIDE für STEIN?“, textete die Bild-Zeitung auf ihr neues Album Hilfe von außerhalb ihrer Internetseite und enthüllt dann des üblichen Lambesis/Zeuss/Ohren- „das Geheimnis hinter dem Sound der Kosmos: Um „Get What You Give“ Band“: die „Vermischung von Metal kümmerte sich Jeremy McKinnon von mit Elementen aus HipHop, Punk, . Und dieses sogar Techno“. Das ist natürlich gro- Wagnis hat sich für die Band mehr als ber Unfug, aber man kann die Ver- gelohnt. Der Sound wurde erweitert wirrung des Boulevardblatts verste- durch – und hier müssen Fans kurz hen: CALLEJON klingen inzwischen so innehalten – cleanen Gesang. Melo- eigenständig, dass sie tatsächlich nur dien waren schon immer das A und O noch mit den ganz Großen verglichen werden können. Natürlich ist „Blitzkreuz“ bei THE GHOST INSIDE, damit konnten sie sich von den anderen abheben. Das irgendwie noch Metalcore – allerdings ohne die ganzen Klischees, die man nicht Gespür für die richtigen Harmonien sorgte stets für Gänsehaut beim Hörer. Es mehr hören kann. Statt plumper Breakdowns gibt es richtige Riffs, statt weiner- zeigt sich nun, dass dieses Talent auch bei gesungenen Refrains greift. Jona- lichem Gesang kraftvolle Refrains, die aus den Songs dauerhafte Hits machen. than Vigil, einer der kraftvollsten Shouter des Genres, zeigt eindrucksvoll, dass CALLEJON sind einfach unglaublich gut geworden und der Konkurrenz zum Teil er auch leise überzeugen kann. Egal, ob hier der Produzent die Finger im Spiel meilenweit voraus. Bestes Beispiel: „Porn from Spain 2“, der einzige Song, der hatte oder die Band ihr volles Potenzial vorher nicht ausgeschöpft hat, es passt durch den Gastauftritt von unter anderem K.I.Z. den HipHop-Verweis der Bild- einfach von vorne bis hinten. THE GHOST INSIDE öffnen sich neuen Einflüssen, Zeitung rechtfertigt und der mühelos die Party macht, bei der ESKIMO CALLBOY die den Sound bereichern, ohne dabei ihre Wurzeln und Durchschlagskraft zu immer so gerne dabei wären. Wer unbedingt eine etwas reißerische Überschrift verlieren. „Only the strong will survive“, heißt es bei „The great unknown“. THE braucht, kann ja folgende nehmen: „CALLEJON veröffentlichen das wichtigste GHOST INSIDE werden überleben. Mehr noch: Sie werden anführen. (Epitaph/ deutschsprachige Metalalbum der letzten Jahre.“ (Four/Sony) Thomas Renz Indigo) Frank Engelhardt

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A WEEK OF SUNDAYS das VHS-Format Geschichte war. Fies, so was. BLACK BOOKS lich in einem Breakdown endet. Das wird auf die Set Sail For The Stars (Mad Mob/Core Tex/Cargo) Ingo Rieser In This Town volle Länge des Albums natürlich etwas vorher- A WEEK OF SUNDAYS aus Würzburg präsentie- Verschiedene Fäden der österreichischen Punk- sehbar. Trotzdem hört man liebend gerne zu. Gut ren auf ihrer ersten EP die gerade schwer ange- BEAU NAVIRE szene laufen bei BLACK BOOKS zusammen. Das gemacht ist eben gut gemacht. Neben WHILE sagte Mischung aus Pop-Punk mit Hardcore- Lumens Ergebnis ist eine Seven Inch mit dem Titel „In SHE SLEEPS sind BURY TOMORROW ein weite- Elementen. Allerdings liegt der Schwerpunkt BEAU NAVIRE ziehen seit ihrem Demo ihr Ding This Town“ und klingt tatsächlich, als hätten rer guter Newcomer. Also besser jetzt schon mit deutlich auf Ersterem mit sporadisch losknüp- durch, immer stark verbunden mit dem alten fünf versierte Punkrocker ein Destillat aus allem dem Hypen anfangen, bevor es zu spät ist. (Nuc- pelnder Bassdrum und fettem Sound. Produziert Screamo-Sound, aber auch offen für den neuen angefertigt, was der Erfahrung nach bei ver- lear Blast/Warner) Frank Engelhardt wurde „Set Sail For The Stars“ von Mike Kala- Postcore-Einfluss. Im Vergleich zum letztjähri- schwitzten Squatkonzerten gut ankommt. Har- jian, der bereits mit Bands wie MOVING MOUN- gen „Hours“ ist „Lumens“ um einiges professio- ter Rock’n’Roll im Stile von THE BRONX oder CLEAVE TAINS und THE AUDITION zusammengearbeitet neller und differenzierter aufgenommen bezie- GALLOWS, zu dem man sich ganz hervorra- The Circle hat. Einziger Schwachpunkt ist die mit Mundhar- hungsweise abgemischt. Was gut ist, schließlich gend die Maloche der Woche aus den Beinen Es hat schon seine Vorteile, wenn man eine Platte monika unterlegte Akustikballade, die nicht so werden BEAU NAVIRE abermals ziemlich chao- und dem Kopf schütteln kann. Das kann schon nur im MP3-Format zugeschickt bekommt. Wenn recht zum Rest des Albums passen will und leider tisch. Anders als beim Vorgänger sind die ruhi- einiges. Wenn man sich dann vorstellt, dass das man kein Info und kein Artwork hat, nicht weiß, einige Schwachstellen in der Stimme des Sän- gen instrumentalen Parts besser in den Album- live sicher noch mehr kracht, gibt es wirklich kei- auf welchem Label die Band ist, ja, noch nicht gers zum Vorschein bringt. (Acuity) verlauf eingearbeitet, so entstehen durchweg nen Grund zu mäkeln. (Noise Appeal/Hoanzl) einmal, aus welchem Land sie stammt, kann man Jan van Hamme homogene 23 Minuten. Nicht nur das variabelste, Benedikt Ernst sich auf das konzentrieren, was zählt: die Musik. auch das durchdachteste und stimmigste BEAU Im Falle von CLEAVE ist die dann aber leider doch ADOLESCENTS NAVIRE-Werk bisher. (Moment of Collapse/ BORN FROM PAIN eher durchschnittlich, Punkrock irgendwo zwi- American Dogs In Inkblot/React With Protest) The New Future schen RISE AGAINST und PENNYWISE, melo- Auch wenn die über dreißigjährige Bandge- Alessandro Weiroster „The New Future“ ist disch und sehr gut gemacht, aber leider ohne den schichte von ausgesprochen langen Pausen ein einfach gestricktes, besonderen letzten Funken. Auch wenn Google geprägt war und man mit der Liste ehemaliger THE BEAUTIFUL ONES aber gutes Hardcore- mittlerweile ausgespuckt hat, dass CLEAVE Mitglieder locker eine Fußballmannschaft auf- The Birth Of Desire Album, das auf unnö- ein Quintett aus Tokio mit drei Gitarristen ist, stellen könnte, sind die ADOLESCENTS nach wie Schlechte Frisuren und kunterbunte Trainings- tiges Beiwerk und auf- so bleibt die Musik doch arm an Höhepunkten. vor eine wunderbare Band für Punkromantiker. anzüge: Die Neunziger sind zurück! THE BEAUTI- geblasenen Schnick- (Street Machine) Dennis Meyer Wer sich dazu zählt, sollte unbedingt eines der FUL ONES aus spielen heftigen, ordent- schnack verzichtet. Konzerte im Sommer besuchen und sich vor Ort lich moshenden Hardcore à la BIOHAZARD Zudem transportiert es DANFORTH die zugehörige EP „American Dogs In Europe“ oder THROWDOWN, der sympathisch altba- eine gewisse Atmosphäre, die man so von BORN Crime In Hell zulegen, Selbstkopie hin oder her. Denn am Ende cken klingt. Fast konträr zum toughen Gehabe FROM PAIN noch nicht kennt. Was den Groove, Harte Musik aus Frankreich im Bulldozerstyle. bleibt festzuhalten: Das immer gleiche Old- gibt es im Verlauf der fünf Songs immer wieder die Riffs und das Gefühl für perfekte Breakdowns Nach einigen Demos, EPs und Splits ist „Crime school-Skatepunk-Süppchen schmeckt noch cleane Gesangsparts. Und besonders hier punk- angeht, ist sich die Band treu geblieben. Trotz- In Hell“ das Debütalbum von DANFORTH. Hier immer, solange es von Bands wie diesen gekocht tet die Band. Nicht weil der Sänger supertalen- dem vernimmt man hier und da neue Klänge. trifft tonnenschwerer Hardcore auf Punk- und wird. (Concrete Jungle/Edel) Benedikt Ernst tiert wäre, sondern weil man seinen Stil nicht Zum ersten Mal nutzen BORN FROM PAIN in grö- Thrash-Metal-Riffs, die angepissten Vocals wer- allzu oft bei einer Hardcore-Band findet. Diese ßerem Umfang elektronische Sounds, um nach den dezent mit HipHop-lastigen Phrasierungen ALEX SAUER unaufgeregte, fast schon flüsternde und beizei- eigener Aussage die Message und das Gefühl zu bestückt. DANFORTH schaffen es, diesen Stilmix Inside Out ten arg schwülstige Interpretation erinnert eher unterstreichen, die durch das neue Album ver- gut hörbar zu machen. Keine Spur von Eintönig- Rechts eine Quetschung, links eine Brandblase. an ältere Grunge/Alt-Rock-Bands. Kein Über- mittelt werden sollen. Interessant ist außerdem, keit, wenn ein Song moshig beginnt, dann seinen An manchen Tage klappt einfach nichts, wie es hammer, aber überraschend frisch. (6131) dass man sich alle Songs schon seit April auf der metallischen Charakter nach außen kehrt, um sollte. Egal was, es geht schief, fällt runter, fährt Alessandro Weiroster Facebook-Seite der Band herunterladen kann. kurz darauf von drückenden Gangshouts abge- dir vor der Nase weg oder will einfach nicht funk- Wer die Platte physisch in den Händen halten will, löst zu werden. Danny Diablo von fin- tionieren. Für solche Tage hat Alex Sauer seine BEDTIME FOR CHARLIE kann das aber auch: Die limitierte CD ist bereits det die Jungs wohl auch nicht schlecht und hat EP „Inside Out“ aufgenommen. Nicht, um dich Bright Light City Skyline erscheinen, die ebenfalls limitierte und natürlich einen Gastauftritt. Macht Bock auf Violent Dan- noch weiter reinzureiten, sondern um dir mit Schlechte oder ein- farbige LP erscheint Mitte August. BORN FROM cing. (SVD/Musicast) Georg Büchner seinem schützenden Songschirm den Regen- fallslose Namen wer- PAIN sind einfach eine große Band, und „The tag zu retten. Der Sänger von HIS STATUE FALLS den spätestens dann New Future“ untermauert diesen Status. (GSR/ DER WEG EINER FREIHEIT begann irgendwann damit, seine Gitarre zu ver- egal, wenn die dazuge- Cargo) Georg Büchner Unstille missen und das, was er in vorangegangenen hörige Band gute Musik Mit nur einem Album und Bands in Sachen Songwriting gelernt hatte, mit abliefert. Oder wie sonst BURY TOMORROW einer EP sind DER WEG seinen eigenen Gedanken zu füllen. „Inside Out“ kann man erklären, dass The Union Of Crowns EINER FREIHEIT zur bes- ist kurzweilig genug, um noch neben William Fitz- zum Beispiel THURS- BURY TOMORROW ten deutschen Black- simmons und GHOST OF A CHANCE Platz zu fin- DAY ein akzeptabler Bandname ist? Donners- machen genau das, was Metal-Band avanciert. den, und schafft es trotzdem, daneben nicht zu tag. Mal im Ernst: Würdet ihr eure Band so nen- die Konkurrenz auch Die Frage ist nun, ob ihre verblassen. (Acuity) Pia Schwarzkopf nen? Da BEDTIME FOR CHARLIE in der Rangliste macht, klingen aber hochmelodische und guter Namen ebenfalls ziemlich weit unten ran- doch ganz anders. Der konservative Interpre- ANTICOPS gieren, kann man also nur hoffen, dass die Itali- Grund dafür ist schnell tation des Genres auch auf dem zweiten Album At War With Eden ener andere Qualitäten haben. Und tatsächlich gefunden: James Came- überzeugen kann. Die ersten beiden Songs beja- Aufnahmen von 2001 mit einer interessanten zeigt sich, dass „Bright Light City Skyline“ durch- ron, Gitarrist der Band hen dies ausdrücklich. So stark wie bei „Zei- Geschichte. Offenbar wurden die Tapes damals aus musikalische Stärken besitzt. Zwar erfin- und außerdem zuständig für die cleanen Vocals. chen“ und „Lichtmensch“ hat man die Band noch direkt im Studio von der Berliner Polizei konfis- det das Quartett das Rad nicht neu, bietet aber Die wahrscheinlich beste, weil ausdrucksstärkste nie gehört. Mit dem Instrumental „Nachtsam“ ziert. Was nennt die Band sich auch ANTICOPS. soliden Punkrock der Marke oder Stimme im Bereich des melodischen Metalcore wird es problematisch – es schließen sich vor- Was die Staatsgewalt nicht fand, wurde als LIVING WITH LIONS, wenn auch ziemlich weit von seit langem. Unterstützt wird das Ganze durch nehmlich Songs an, die nicht mehr überraschen „Rain Of Ruin“-EP veröffentlicht – und prompt deren Liga entfernt. Das Album macht den Band- einen reduzierten Sound, der zur Abwechslung und das Standardrezept von Mastermind Nikita beschlagnahmt. Erst 2010 gelangten die Songs namen also halbwegs wett, aber reicht das? Will mal auf Elektro-Spielereien oder sonstige Bei- Kamprad durchdeklinieren: Intro, Blast, Lead, wieder in den Besitz der Band, und mit einem man sich wirklich ein Shirt mit diesem Namen gaben verzichtet. Man konzentriert sich lieber Break, Blast, Lead. Durchweg gut, aber eben zeitlosen Sound zwischen INTEGRITY und DOOM kaufen? Eher nicht. Dafür ist „Bright Light City auf das tolle Wechselspiel der beiden Sänger, die nicht mehr überragend. Es ist an der Zeit, dass macht eine Veröffentlichung nach wie vor Sinn. Skyline“ dann doch zu durchschnittlich, zu sehr wunderbar melodiöse Gitarrenarbeit und aus- sich DER WEG EINER FREIHEIT klar werden, wo Allein schon, damit die Pigs nicht gewonnen Stangenware und hat zu wenig Überraschungen, gereifte Songs. Natürlich weiß die Band um ihre es hingehen soll: entweder auf die Stärken ver- haben. Das erinnert an einen Disput mit mei- die einen vergessen lassen könnten, dass Char- Stärken, und so sind alle Songs darauf ausge- trauen und die BOLT THROWER des deutschen ner Frau Mutter, die einst ein W.A.S.P.-Video lie schon ins Bettchen muss. (Fond Of Life/New legt, dass James irgendwann mit einem Killer- werden oder aber den sicheren beschlagnahmte, das erst wieder auftauchte, als Music) Dennis Meyer refrain um die Ecke kommt, der dann unweiger- Hafen verlassen und neue Potenziale ausloten –

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vor allem beim Songwriting. „Lichtmensch“ wäre in den V-Ausschnitt gekotzt, die Stücke tragen letzten Album, mit „Slander“ von 2011, reifer für den zweiten Weg eine gute Ausgangsposition: so bezaubernde Titel wie „Steckt in dem Arbeits- geworden, „Nation“ beweist nun, dass man auch beef review Der Song verströmt unberechenbare Dissonanz losen vielleicht ein Kreativer?“. Sollte irgendje- als Erwachsener noch ziemlich viel Spaß haben und latentes Chaos, ohne dabei die Identität der mand diese Band als die beste der Welt bezeich- kann. (Victory/Soulfood) Frank Engelhardt Band zu vernachlässigen. Diese Idee weiterge- nen, muss man nicht unbedingt widersprechen. EXPIRE dacht, sollten sich für DER WEG EINER FREIHEIT (Spastic Fantastic/Bakraufarfi ta/New Music) THE ELIJAH Pendulum Swings ungeahnte kreative Möglichkeiten erschließen. Benedikt Ernst I Loved I Hated I Destroyed I Created Zieht man ein herab- (Viva Hate/Cargo) Martin Schmidt Es gibt Bands, die sich hängendes Gewicht zur DISTANCE IN EMBRACE einfach nicht einord- Seite, schwingt es über DEVILISH IMPRESSIONS The Best Is Yet To Come nen lassen. Für die Gen- seinen Ruhepunkt hin- Simulacra Der Wechsel ins Studio res keine Bedeutung aus und pendelt. Ein Die Polen DEVILISH IMPRESSIONS sind ein Total- von HIS STATUE FALLS- haben, weil sie schlicht- Prinzip, das man instink- ausfall: Eingebettet in vorhersehbare Song- Bassist Christian Diehl weg nicht greifbar sind. tiv versteht, auch ohne strukturen, fi nden sich auf zeitgemäß gebürs- hat DISTANCE IN EMB- THE ELIJAH aus Eng- mit Galileis Theorien tete Riffs, die an Black und erin- RACE gutgetan. Denn land sind so eine Band. und Berechnungen zum Thema vertraut zu sein. nern wollen, aber dann doch nur wie drittklassi- der doch sehr metalli- Screamo, Hardcore, Rock oder doch Prog? Eine EXPIRE aus dem Mittleren Westen der USA ver- ger Ausschuss von klingen. Um sich sche Sound der Vorgän- Mischung aus THE SADDEST LANDSCAPE und steht man ebenso instinktiv. Ihr Hardcore (siehe darüber hinaus auch noch das Attribut „atmo- geralben wollte nie so Ólafur Arnalds trifft es vielleicht am ehesten. Wer ) ist auf die Minimalanforderungen sphärisch“ anheften zu können, macht die Band ganz passen. Auch wenn man das Quartett aus das für Größenwahn oder Gotteslästerei hält, hat reduziert: Groove, Breakdowns, Two-Step-Parts, penetranten Gebrauch von Orchestersounds aus Minden am ehesten in die Reihen der modernen diese Band noch nicht gehört. „I Loved I Hated simple, aber effektive Gitarrenriffs. Einiges, was der Dose. Zur Krönung gibt es als Gegenstück zu Metalbands einreihen kann, ursprünglich stammt I Destroyed I Created“ kann man nicht neben- man darüber hinaus erwarten könnte, lassen sie den fi es über dem Mix thronenden Black-Metal- die Band aus dem Punk der neunziger Jahre. bei hören. Die Platte ist eine emotionale Ach- weg. Es gibt keine großen Gesten und Refrains, Vocals auch noch irritierenden Cleangesang der Und diese Seite kommt nun wieder etwas mehr terbahnfahrt. Sie ist mitreißend, fordernd, geht keine Crew brüllt Einzeiler ins Mikro, niemand kitschigsten Sorte. Hart. (Lifeforce/Soulfood) zum Vorschein, und dadurch haben DISTANCE stets an persönliche Grenzen. Sie bietet Songs, versucht, ein Solo einzuschmuggeln. Der Sän- Martin Schmidt IN EMBRACE durchaus einen kleinen Vorsprung die zart und zerbrechlich wirken und auf den ger zieht keine seiner Phrasierungen weiter, als auf ihre Genrekollegen. Denn während die häu- Hörer dennoch eine überwältigende Kraft aus- er sie spucken kann. Das wirkt zugleich aggres- DEW-SCENTED fi g sehr jung daherkommen und sich vielleicht üben. Songs, die eingängig und gefühlvoll sind, siv und irgendwie introvertiert, und zwar ohne Icarus Bands wie WE BUTTER THE BREAD WITH BUT- ehe sie in infernalischem Getöse zu zerbrechen Stimmungswechsel von Anfang bis Ende. Das Frontmann Leif Jensen TER zum musikalischen Vorbild nehmen, haben drohen. Musik, die Gänsehaut erzeugt, die einen begeistert auf einer Ebene, die nicht nach Inno- ist DEW-SCENTED. Der DISTANCE IN EMBRACE eine musikalische His- da berührt, wo nur ganz wenige hinkommen. „I vation fragt, mit geballter Faust in der Tasche Shouter prägt die Songs torie, die sich im Songwriting durchaus positiv Loved I Hated I Destroyed I Created“ erschlägt und sehr lauten Textzeilen im Kopf. Nach zwei der deutschen Thrash- auswirkt: Breakdowns werden hier nicht bis zum einen förmlich vor lauter Intensität. Lange Rede, EPs (eine davon hieß „Grim Rhythm“, eine tref- Metal-Band mit seinem Letzten ausgereizt und überzogen, dafür tau- kurzer Sinn: große Kunst, die alle Aufmerksam- fende Beschreibung des Sounds) ist „Pendulum markanten Stil seit zwei chen immer mal wieder kurze Punkrock-Passa- keit verdient. (Small Town) Frank Engelhardt Swings“ das erste Album der Band, und Bridge- Dekaden. Inzwischen ist gen auf. Und so sind die sechs Songs auf „The Nine-Chef Chris Wrenn hat mal wieder richtig er zudem die einzig ver- Best Is Yet To Come“ nicht nur der bisher beste EPHEL DUATH entschieden. Ingo Rieser bliebene Konstante, die „Icarus“ mit dem Back- Output der Band, sondern auch der von der Pro- On Death And Cosmos katalog von acht Platten verbindet. Ende 2011 duktion her stimmigste. Es wäre zu wünschen, Hinter EPHEL DUATH liegen zwei harte Jahre. EXPIRE kam es zu einer jähen Zäsur im Line-up der Band. dass sich mehr junge Bands ein Beispiel an DIS- Zermürbt von fi nanziellen Problemen und kon- Pendulum Swings Marvin Vriesde (SEVERE TORTURE, BLO.TORCH) TANCE IN EMBRACE nehmen. Vielleicht wür- stanten Mitgliederwechseln, siedelte Master- Hardcore, ich liebe dich! Ich liebe dich heiß und sprang in der Vergangenheit live schon oft als den sie dann auch die kleine Verneigung vor mind Davide Tiso die Band von Italien in die USA innig. Aber ob das mit uns noch Sinn macht? Wo Gitarrist ein, nun verantwortet er das Songwri- REFUSED beim letzten Song der EP entdecken. um, unterschrieb bei einem polnischen Label mir deine Aussagen oft zu berechenbar sind und ting und hat die neue Besetzung zusammen- Auf jeden Fall würden sie viel über Durchhalte- und arbeitete hart daran, EPHEL DUATH wieder- ich schon vorher weiß, was du mir an den Kopf gestellt. Das Trio – Schlagzeuger Koen Herfst vermögen lernen. (Horror Business/New Music) zubeleben. Zusammen mit Marco Minnemann werfen wirst, springst du ein anderes Mal zu sehr (EPICA), Bassist Joost van der Graaf (SINIS- Dennis Meyer (NECROPHAGIST) an den Drums, Steve DiGior- von einem Thema zum anderen, ohne tiefer in die TER) und Gitarrist Rory Hansen (BLO.TORCH) – gio (DEATH) am Bass und der neuen Sängerin Materie einzudringen. Da tut es gut, wenn du dich ist dank gemeinsamen Wirbelns bei I CHAOS gut DR.ACULA Karyn Crisis (CRISIS) beweist Tiso, dass EPHEL mal stoisch gibst, konsequent bei deiner Mei- aufeinander eingespielt und erfahren, wenn es Nation DUATH in wahrlich beeindruckender Form zurück nung bleibst, deinen Standpunkt eisern vertei- um Thrash geht. Das ist die nötige Voraussetzung Die -Band sind. Das überbordende Talent der Musiker fl ießt digst. Wenn es sein muss, auch zwanzig Minu- dafür, dass mit „Icarus“ ein kompaktes Werk fährt auch auf ihrem in drei Songs, die zwanzig Minuten lang zugäng- ten am Stück mit dem immer gleichen Unter- erscheint, das alle Qualitäten von DEW-SCEN- fünften Album Altbe- liche, atmosphärische und fordernde Musik zele- ton, den immer gleichen, nur anders formulier- TED besitzt und doch auch einen Neustart reprä- währtes auf: Gangs- brieren und das Beste aus Prog, Jazz und Math- ten Argumenten ... Doch weißt du was? Irgend- sentiert. Das Quintett setzt auf angezogenes houts, Blastbeats und core in sich vereinen. (Agonia/Soulfood) wann gehst du mir damit gehörig auf die Eier! In Tempo, couragierte Riffs und kompromisslosen viele Breakdowns. Dabei Martin Schmidt diesem Fall schon beim dritten Song. Wenn ich Druck – und auf Gastauftritte: Dan Swanö (EDGE legen die New Yor- mir das Debütalbum von EXPIRE anhöre, weiß ich OF SANITY, BLOODBATH) sowie Rob Urbinati von ker eine fast schon an EVOCATION nach vier Minuten, was mich die nächsten sech- SACRIFICE sind als Shouter dabei, während Den- heranreichende Selbstver- Evoked From Demonic Depths zehn erwartet. Im Falle von „Pendulum Swings“ nis Schneider (RETALIATION, FINAL BREATH) zu ständlichkeit an den Tag, zumindest was Groove (The Early Years) hört man einen Sound, der nicht unähnlich dem zwei Songs Gitarrensoli beisteuert. (Metal Blade/ und Souveränität betrifft. „Nation“ ist kein Meis- Die Demos der frühen Schweden-Death-Metal- alter NYHC/Crossover-Helden wie PRO-PAIN, Sony) Arne Kupetz terwerk, neue Impulse für das Genre sucht man Helden hatten fast alle eines gemeinsam: Sie SICK OF IT ALL oder SNAPCASE ist. Die Produk- ebenfalls vergeblich. Wenn ein Album aber so klangen schweinegeil. Studios wie das Sunlight tion ist crisp, druckvoll, passt in die heutige Zeit. DIE EULE IM BART DES JUDAS solide und kurzweilig um die Ecke kommt, ver- zimmerten Bands wie NIHILIST, ENTOMBED, DIS- Die erwähnten Vorbilder sind auch okay. Aber Die Eule im Bart des Judas zeiht man diese Kleinigkeiten gerne. DR.ACULA MEMBER, GRAVE oder eben EVOCATION ihre am Ende wiederholt sich hier alles von Minute zu Elf Songs in dreizehn Minuten. DIE EULE IM BART schaffen es immer noch, den Hörer bestens zu moderigen Gruftsounds zurecht. Und so ist diese Minute, hinterlässt das gleiche Gefühl, die glei- DES JUDAS sind absolut großartig, wenn man unterhalten. Zum einen mit ihren wirklich gelun- Compilation eine Pfl ichtveranstaltung für alle che Stimmung, die gleiche Wirkung. Insofern ein auf vollkommen unberechenbaren Rotzpunk genen Songs, die alles aus dem Genre Death- Fans der Band oder des Genres, die gerade durch mehr als passender Titel: Das Pendel schwingt steht, getrieben von grenzenloser Misanthro- core herauskitzeln, was geht, zum anderen, weil den Sound das dreckig Rohe, das unheilvoll Böse tatsächlich unermüdlich hin und her und sieht pie und kompromisslosem Willen zur Hässlich- DR.ACULA das Ganze stets mit einem Augen- transportiert, das aktuellen EVOCATION-Veröf- bei jedem Vorbeikommen ganz genauso aus wie keit. Die Seven Inch mit Downloadcode hält die zwinkern vortragen. Sie nehmen sich und ihre fentlichungen abgeht. Essenziell nicht nur durch zuvor. (Bridge Nine/Soulfood) Fahne des Hasses hoch. In den Texten wird die Musik niemals zu ernst, ohne dabei aber dem Kla- den bisher unveröffentlichten Song „Genesis“. Alessandro Weiroster Pisse von Studierenden getrunken und Hipstern mauk zu verfallen. Die Band ist bereits mit dem (Century Media/EMI) Hendrik Lukas

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33-41Fuze35.indd 34 08.07.12 18:14 ENGEL überwuchert ist. Und dass GALLOWS-Bassist Rettet-die-Wale/Frauen/Armen-Pathos der Blood Of Saints Stuart Gili-Ross der Manager der Band ist, ergibt beste Sänger im Hardcore und Punkrock. Aber PRÄSENTIERT Es ist absehbar, dass auch irgendwie Sinn. Die Songs auf „The Burning gerade weil diese DVD so eindrucksvoll darlegt, „Blood Of Saints“ ein Sons“ sind nicht immer leicht verdaulich, halten wie unfassbar gut IGNITE sind und was sie hät- geteiltes Echo her- dafür aber lange vor, zudem beweist „Razor“, ten erreichen können, wären sie produktiver, vorrufen wird. Gitar- eine Ballade im Stil einer Grungeband der neun- ist es umso merkwürdiger, dass es diese Band rist Niclas Engelin (ex- ziger Jahre, dass die Band auch ganz anders seit sechs Jahren nicht geschafft hat, ein neues Wake The Dogs Tour IN FLAMES/PASSEN- kann. FEED THE RHINO geben ihrem Affen Zucker Album aufzunehmen. Offensichtlich hat auch das GER/GARDENIAN) und und dem Nashorn Gras. Es muss sich bei ihnen Label die Hoffnung auf neue Musik bis auf Weite- 02.10. Bremen, Schlachthof * seine Mitstreiter prä- also um ein Breitmaulnashorn handeln, der ein- res begraben und veröffentlicht deshalb pünkt- 03.10. Hamburg, Grosse Freiheit 36 * sentieren sich auf ihrem dritten Album mehr denn zigen Art, die vollständig an harte Grasnahrung lich zur Sommertour diese Aufnahme einer Show 04.10. Erfurt, HsD * je in Richtung Mainstream orientiert und wollen angepasst ist. Mit „The Burning Sons“ kann die von 2008 in Leipzig. Sound, Songauswahl, Auf- 05.10. München, Backstage Werk * den Hit mit übertriebener Poppigkeit geradezu Band aber nicht nur mit breitem Maul, sondern treten – es passt alles. Das Bonusmaterial ist lei- 06.10. Lindau, Club Vaudeville * 11.10. (CH) Zürich, Härterei * erzwingen. Ihre Verortung im Melodic-Death- auch mit breiter Brust auf Tour gehen. (In At The der nur das übliche Pflichtprogramm. Außer zwei 12.10. Karlsruhe, Substage * Metal-Segment stellen ENGEL selbst zwar nicht Deep End/Indigo) Thomas Renz Videos („Bleeding“ und „My judgement day“) 13.10. Stuttgart, LKA Longhorn * in Frage, doch engstirnige Fans des Genres könn- und zwei Making-ofs (über den „Bleeding“-Clip 17.10. Hannover, Capitol * ten das anders sehen. Die Göteborger eifern sehr und das Album) gibt es nichts. Man sollte trotz- 18.10. Magdeburg, Factory * offensichtlich kommerziell erfolgreichen Bands The Royal Thousand dem dankbar sein, denn wer weiß, ob IGNITE 19.10. Dresden, Alter Schlachthof * wie SONIC SYNDICATE, DEAD BY APRIL und jün- GLASS CLOUD machen überhaupt noch etwas veröffentlichen. (Century 20.10. Berlin, Astra * geren IN FLAMES nach und opfern dafür bereit- genau die Art von Musik, Media/EMI) Martin Schmidt 25.10. Kassel, Musiktheater ** willig die Härte und Komplexität ihrer Stücke. die man von ehema- 26.10. Würzburg, Posthalle ** Keyboardeinsatz, biederer Rock und kitschi- ligen Mitgliedern von IN-SANE / DESPITE EVERYTHING 27.10. Rostock, MAU ** ger Cleangesang wurden zwar stark ausgewei- OF MICE & MEN, SKY Split 28.10. Rust, Europa-Park tet, die Verbindung zum Frühwerk der Band bleibt EATS AIRPLANE und Zeit für mindestens ein neues Kreuzchen auf 08.11. (AT) Linz, Posthof aber gerade noch erhalten. Dennoch ist die Neu- THE TONY DANZA TAP- deiner Musiklandkarte. IN-SANE (Slowenien) 10.11. (AT) Salzburg, Rockhouse gewichtung des Ansatzes von ENGEL einschnei- DANCE EXTRAVAGANZA und DESPITE EVERYTHING (Griechenland) rei- 13.12. Kiel, MAX dend. Fans der beiden ersten Platten könnten erwartet: sehr technisch, das Ganze. Nicht tech- chen sich auf dieser Split das selbst gebraute 15.12. Münster, Münsterland // Grand Münster Slam mit „Blood Of Saints“ echte Probleme haben. nisch à la „Unser Schlagzeuger klingt nach einer Bier rüber und feiern gemeinsam mit jeweils zwei 20.12. Düsseldorf, Stahlwerk (/Soulfood) Arne Kupetz Nähmaschine“, sondern technisch im Sinne neuen Songs im Flanell. IN-SANE, die es mittler- 21.12. Saarbrücken, Garage von: „Damit dieser Takt aufgeht, ist ein Musik- weile schon seit fünfzehn Jahren gibt, gehen mit 22.12. Wiesbaden, Schlachthof oder Mathematikstudium von Vorteil.“ Die clea- ihrem melodiösen Punkrock direkt in die Vollen 23.12. Nürnberg, Hirsch The Industrialist nen Parts zünden sofort, sind einprägsam und und lassen deinem Hangover keine Chance. DES- 28.12. Osnabrück, Rosenhof Wer die frühen Tage homogen eingearbeitet. Die Instrumente klin- PITE EVERYTHING schalten einen Gang zurück // Jahresabschlusskonzert der Band schätzt und gen zuerst nur wie Beiwerk, bei genauerem Hin- und verbeugen sich vor den kalifornischen Punk- Special Guests: „Obsolete“ sowie hören erkennt man jedoch, wie unfassbar viel- rockgrößen. Viel Herz, viel Seele, viel Whis- * Nothington (USA) // ** Atlas Losing Grip „Demanufacture“ abge- schichtig alles aufeinander aufgebaut ist. Eine key. Zumindest lassen die Stimmen das vermu- feiert hat, wird sich dar- Komplexität, die an Ben Weinman erinnert und ten, wenn sie aus deinem Vorgarten Kleinholz über freuen, dass sich damit an die Meister des Frickelns, an THE DIL- machen. (Fond Of Life/New Music) FEAR FACTORY auf eins- LINGER ESCAPE PLAN. GLASS CLOUD gelingt Pia Schwarzkopf The Ghosts We Will Become Tour tige Großtaten besin- mit „The Royal Thousand“ der Spagat zwischen nen und gegenwärtig wieder dem Stil frönen, Math- und Metalcore. Unterhaltsam und eingän- JOYCE MANOR 13.08. Wiesbaden, Schlachthof ** der Grund für ihren Legendenstatus war. Per- gig, aber dennoch komplex genug, um Abende Of All Things I Will Soon Grow Tired 14.08. München, 59:1 sonell sind die Kalifornier zu einer eingeschwo- mit dem Auseinandernehmen einzelner Parts zu Sich über die Länge 15.08. (CH) Basel, Sommercasino renen Einheit geschrumpft. Nach ihrer kreati- verbringen. So muss vertrackte Musik heutzu- (beziehungsweise w/ Darkest Hour & Norma Jean ven Reunion haben Burton C. Bell und Dino Caza- tage klingen. (Basick/ADA) Frank Engelhardt Kürze) einer Punkplatte 16.08. Reutlingen, Franz K 17.08. (SLO) Tolmin, Holiday res hörbar Spaß am gemeinsamen Musizieren. aufzuregen, ist immer 18.08. Wirges, Spack! Festival Fokussiert und bissig geht es mit markanten Riffs GNARWOLVES lästig, überflüssig und 18.08. Enkirch/Mosel, Fallig Open Air und Rhythmen sowie dem typischen FEAR FAC- Cru hochgradig unpun- 19.08. Lüdinghausen, Area 4 TORY-Stakkato durch zehn Industrial-Metal- Die „Cru“ der GNARWOLVES ist wahrschein- kig. Daher sei hier nur 21.08. Würzburg, Posthalle Songs. Nach mehr als zwanzig Jahren gelingt es lich die coolste der ganzen Stadt, LATTERMAN, nebenbei erwähnt, dass w/ Me First And The Gimme Gimmes dem Duo aus Los Angeles zwar nicht mehr, mit LIFETIME oder RVIVR sind mit Sicherheit dabei, die neue Veröffentlichung von JOYCE MANOR 22.08. (CZ) Prag, Modrá Vopice Innovationen zu punkten, doch „The Industria- und verdammt, man möchte beim Hören die- eine kurze Spielzeit hat. Man könnte meinen, die 23.08. Berlin, Magnet * list“ ist eine schön aggressive Platte. Burton C. ser sechs kurzen Songs auch dazugehören. Zum Band hätte während der Produktion des Albums 24.08. (DK) Kopenhagen, KB18 Bell schreit und keift überwiegend, doch Clean- Glück ist Punkrock keine geschlossene Gesell- nicht nur potenzielle Lückenfüller rausgeschmis- 25.08. Jübek, Jübek Open Air gesang und wiedererkennbare Passagen bietet schaft, so dass jede Menge Platz ist. Platz für sen, sondern auch bei den übrigen Songs alles 26.08. Hamburg, Hafenklang * das Album natürlich ebenso. Der Gegensatz aus ehrlich gemeinte Songs, für Melodien und Härte, Überflüssige weggekürzt. Was bleibt, ist ein 27.08. Hannover, Béi Chéz Heinz * emotionalem Singen und sterilem Drumcom- für Songs, die in unter zwei Minuten alles gesagt Destillat von purem JOYCE MANOR. Und das ist 28.08. (BE) Aarschot, JC De Klinker puter, mit dem FEAR FACTORY hier erstmals auf haben. Es gibt nur wenige, die dies so souverän erstaunlich abwechslungsreich. Wie schon beim 29.08. Köln, Underground * Albumlänge gearbeitet haben, sorgt zudem für und gleichzeitig frisch runterspielen wie das Trio großartigen Debütalbum schafft es die Band, die 30.08. (NL) Amsterdam, Winston Kingdom 31.08. (UK) London, The Underworld * eine interessante Note. (AFM/Soulfood) aus Brighton. Wenn GNARWOLVES so weiter- Wut und Energie von Punk in poppige Gefilde zu 02.09. Leipzig, Arne Kupetz machen, wird ihre „Crew“ ziemlich groß, und das überführen, ohne dabei an Qualität zu verlieren. 03.09. (AT) Wien, Arena * hätte die Band mehr als verdient. (Day By Day) Diesmal schwingt bei der Mischung ein deutli- Support: FIVE MINUTE FALL Dennis Meyer cheres Achtziger-Jahre-Pop-Feeling mit, wozu * Superbutt (HUN) // ** Society Off (D) Close To Collapse gerade die langsameren Songs – bei denen FIVE MINUTE FALL liefern großartigen melo- I AM REVENGE nicht einmal vor einem Drumcomputer zurück- dischen Hardcore mit jeder Menge Power und Pit Justice geschreckt wurde – und nicht zuletzt die Cover- einer sexy Brise Pop-Appeal. Schon beim ersten Unmöglich kann man sein Album „Pit Justice“ version von „Video killed the radio star“ beitra- Durchgang entfalten sich auf dem Album über- nennen. Ich bin mir sicher, schon die ersten gen. Machten WEEZER Punk, es klänge wie JOYCE Festivals aus ansteckende Ohrwurmharmonien, die auch Takte hunderte Male genau so gehört zu haben. MANOR. Das Album spielt mit Erwartungen und 22.07. Cuxhaven, Deichbrand Festival noch beim zehnten Hören nichts von ihrer Anzie- Was soll das, reichen Bands wie nicht enttäuscht diese gekonnt. Es feiert das Ausge- 03.08. Beelen, Krach am Bach 05.08. Trebur, Trebur Open Air hungskraft verloren haben. Trotz der stellen- für hirnloses Entertainment? Vor allem wenn sie sparte, die Nichtwiederholung und das Knistern 17.08. Großpösna, Highfi eld weise aufblitzenden Beschwingtheit legen FIVE I AM REVENGE musikalisch so klar überlegen der Nadel in der Auslaufrille. (Big Scary Mons- 01.09. Rheine-Mesum, Trosse Kult Open Air MINUTE FALL eine solide Härte an den Tag. Die sind? Ist das vielleicht alles ironisch gemeint? ters) Björn Schmidt Stimmung auf „Close To Collapse“ ist ein steter Warum soll ich mir anhören, wie irgendein Tobias Zu Den Takten Des Programms-Tour Spagat zwischen Überschwang und Ernst. Kein seine Minderwertigkeitsgefühle an der Tür des KREATOR 21.09. Hagen, KUZ Pelmke Ausflug in seichte Gewässer also, sondern eher Proberaums gegen unglaubwürdige, dümmlich- 29.09. Wiesbaden, Hochseeangeln bei Sonnenschein und Winstärke aggressive Posen eintauscht? Das ist schon so Mille Petrozza zählt 26.10. Osnabrück, Kleine Freiheit zehn. (Deafcult) Georg Büchner oft so viel besser gemacht worden. (Swell Creek/ zweifellos zu den sym- Soulfood) Ingo Rieser pathischsten Figuren FEED THE RHINO der Metalszene. Ganz The Burning Sons IGNITE so sympathisch waren Nashörner sind Vegeta- Our Darkest Days Live die Alben seit „Vio- Festivals rier, und laut Wikipedia Keine Frage, eine Live- lent Revolution“ aller- 21.07. (AT) Golling, On The Rocks bevorzugen vier der fünf DVD von IGNITE war dings nicht jedem. Nach 04.08. Freising, Prima Leben und Stereo heute lebenden Arten schon lange überfällig dem kreativen Zenit der Neunziger schoss sich 10.08. Haldern, Haldern Pop so genannte weiche – 2013 sind die Orange- die Band auf eine Formel ein, die zwar in kom- 11.08. (AT) Feldkirch, Poolbar | FM4 Wochenende Pflanzenkost – Blätter, County-Posi-Core- merzieller Hinsicht perfekt zum aufkeimen- Knospen und Früchte, ler auch schon zwan- den Thrash-Revival passte, aber durch die Ein- Astronaut Tour erstaunlicherweise fal- zig Jahre dabei, 2006 förmigkeit dreier ganzer Alben den Ruch hatte, 23.07. (AT) Salzburg, Rockhouse 29.11. Krefeld, Kulturfabrik * len aber auch Äste und Zweige in diese Katego- waren sie mit dem eher Produkt denn Kunst zu sein. Auch das im 30.11. Köln, Gebäude 9 * rie. Damit steht fest: FEED THE RHINO gehören zu Album „Our Darkest Grunde begrüßenswerte Analogexperiment 05.12. Nürnberg, Club Stereo * der anderen, zur fünften Art, denn die Band aus Days“ eindeutig auf „Hordes Of Chaos“ ging nach hinten los, legte es 08.12. Dresden, Scheune * Großbritannien steht auf harte Kost. Ihr zweites ihrem Zenit angekom- doch offen, dass Ventor nach 25 Jahren Profida- * mit Wilhelm Tell Me Album grast in derselben Ecke, in der beispiels- men. Diese DVD macht das eindrucksvoll deut- sein immer noch nicht Schlagzeug spielen kann weise auch die heimisch sind und lich. Die Band spielt unfassbar tight, jeder Song und die Sneap-Platten massiv digital glattgezo- wo der Hardcore schon ganz von Rock’n’Roll ist ein Hit, die Fans drehen durch, und Zoli ist trotz gen wurden. So weit, so öde. Doch nun das: Mille SPARTA Booking GbR // [email protected]

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wurde von der Muse geküsst. Mehr Heavy Metal, Tempo vor, der Gesang wirkt stellenweise merk- Gelegenheiten, dass man sich ihnen kaum ent- drik und seinen unkonventionellen, teils kryp- mehr Sami Yli-Sirniö, mehr Epik im Gesang, mehr würdig abgelöst. LIPONA springen nicht über die ziehen kann. „No justice!“ mitzubrüllen, macht tischen Texten aus. Er haut eine markante Zeile Melodie allerorten und weniger Thrash – so lau- Latte, sie mogeln sich eher unauffällig darun- einfach Spaß. SUFFER SURVIVE haben ihren nach der anderen raus und gibt dabei ordentlich tet das Rezept, das die Auseinandersetzung ter hindurch, ohne einen bleibenden Eindruck zu Namen offenbar von NO WARNING entliehen und zu denken. Überhaupt gab es schon lange keine mit einem KREATOR-Album erneut interessant hinterlassen. (Disconnect Disconnect) spielen NYHC, der soundmäßig gegen MARK MY deutsche Punkband mehr, die so subtil klang wie macht. Zwar mag man einwenden, die neue Aus- Svenja Klemp WORDS leicht abfällt. Im direkten Vergleich ist MESSER. Kurz gesagt: ein hervorragendes, sehr richtung sei dadurch noch kommerzieller, doch zu hören, dass die Aufnahmen im Proberaum in eigenständiges Album, das man gehört haben muss man der Band zugutehalten, dass sie sich Dresden entstanden sind. Das passt aber eigent- sollte. (This Charming Man/Cargo) künstlerisch wieder bewegt und starke Songs game review lich ganz gut zum fi esen Charme ihrer aggressi- Alessandro Weiroster geschrieben hat. Macht unterm Strich die geilste ven Midtempo-Mosh-Songs. Vinyl mit Down- Scheibe seit „Cause For Confl ict“. (Nuclear Blast/ loadcode. (Farewell/Arrest) Ingo Rieser MISERATION Warner) Hendrik Lukas MAX PAYNE 3 Tragedy Has Spoken Xbox 360 / Playstation 3 / PC MEMORIES OF A DEAD MAN Christian Älvestam hat KMPFSPRT Auch wenn man ihnen V.I.T.R.I.O.L. den Einschlag gespürt. Das ist doch kein Name für ’ne Band damit natürlich furcht- In der französischen Nachdem er bei SCAR Kurz nach sieben, die Sonne scheint schon ins bar Unrecht tut: Wenn Post-Metal-Szene tum- SYMMETRY raus war, Zimmer. Du wirst plötzlich wach und springst auf. man will, kann man alle meln sich etliche Grup- versuchte er auf dem Mist, verschlafen. Decke weg, Klamotten zusam- Spiele von Rockstar pen von internationa- MISERATION-Debüt, mensuchen und während des Gehens anziehen. Games seit „Grand Theft lem Format, selbst mit seine ehemalige Band Du stolperst über die Trümmer von gestern. Halb Auto IV“ als spektaku- einigen Bands aus der an klebrigen Sounds und volle Flaschen, versiffte Flyer, Essensreste. Und läre Fingerübungen für zweiten Reihe lohnt schmierigen Melodien noch zu übertreffen und zwischen all dem entdeckst du diese CD. Irgend- den fünften Teil inter- sich die Beschäftigung. das Ganze in die dämlichsten inhaltlichen Kli- ein Freund meinte was von FIRE IN THE ATTIC pretieren: Beim Western Zum Beispiel mit MEMORIES OF A DEAD MAN schees zu betten. Das gelang zwar, war aber ein und DAYS IN GRIEF, aber so ganz genau kannst „Red Dead Redemption“ aus Paris. Seit der im letzten Jahr veröffentlich- zweifelhafter Erfolg. Doch schon mit dem zweiten du dich auch nicht mehr erinnern. An deinem wurde die Darstellung von Landschaften so weit ten MCD „Maze“ hat sich das Line-up der Band Album wurde das Konzept geändert, „The Mirro- Schreibtisch kehrt dann ein bisschen Ruhe ein. perfektioniert, dass ein Sonnenaufgang im Wald verdoppelt, die damit zu sechst ist. Die elf Songs ring Shadow“ war, ebenso wie nun Album Num- „Das ist doch kein Name für ’ne Band“ reißt dich der eigentliche Star des Spiels war. Beim Krimi des zweiten Albums sind spannend, abwechs- mer drei, vehement vorgetragener technischer aus deinem Büro wieder zurück in die Trümmer „L.A. Noire“ erzählten alleine die Gesichter der lungsreich und sogar eingängig, weil den Fran- Death Metal, der sich vor den Genrevorreitern von gestern. Laut und forsch und klug und Punk. Charaktere bessere Geschichten als die meis- zosen der melodische Gehalt ihrer Kompositi- nicht verstecken muss. Die Tightness, mit der (Redfi eld/Alive) Pia Schwarzkopf ten anderen Videospiele. Und der Shooter „Max onen wichtig ist und sie stets das ganze Bild im die Songs runtergehackt werden, geht noch als Payne 3“ sollte nun das In-Deckung-Gehen, Zie- Blick behalten. Gegenüber Genregrößen wie Selbstverständlichkeit durch, ebenso der fette LIONS LIONS len und Schießen verbessern, schließlich macht GOJIRA, MASTODON, THE OCEAN, CULT OF LUNA Sound, der hier sogar einen Rest Dreck enthält. To Carve Our Names man zwischen den gewohnt fi lmreifen Zwischen- oder NEUROSIS fehlt es MEMORIES OF A DEAD Das Schmankerl der Platte sind mit „Stepping LIONS LIONS war- sequenzen letztendlich nichts anderes. Doch MAN bislang noch an der eigenen Note, doch stone agenda“, „Ghost barrier“ oder „Disaster ten nicht lange damit, auch wenn das alles bei einem Spiel von Rockstar wenn man Musik im Spannungsfeld von Post- cage“ aber Ohrwürmer, die man von derart kom- dem Hörer zu zeigen, Games tatsächlich noch nie so gut von der Hand Metal, düsterem Hardcore und noisigem Rock plexen Bands selten zu hören bekommt. Verant- worum es ihnen geht: ging: Ganz so fl üssig wie der Referenz-Cover- schätzt, fi ndet man in „V.I.T.R.I.O.L.“ ein hörens- wortlich hierfür sind neben klaren Arrangements Hooks, Hooks und noch Shooter „Gears Of War“ spielt sich „Max Payne wertes Album. Aufwühlende Brachialität und nicht zuletzt die um Prägnanz und Abwechslung mal Hooks. Und natür- 3“ nicht. Diesen Vergleich beschwört das Spiel undurchdringliche Düsternis stehen neben fra- bemühten Gitarristen, die ihr Spiel gern einmal lich Hooks. Die Band aus unnötigerweise selbst herauf, indem es die für gilen Akustikmomenten, subtil-melodischen um eine etwas krachig-dissonante Note anrei- Boston versteift sich die Reihe charakteristische Bullet Time, also das Hooks und einer übergeordneten Weitsicht, die chern und so für Widerhaken sorgen. Zusammen dabei allerdings zu sehr auf das gängige Stro- Verlangsamen der Zeit, um Gegner in Ruhe anvi- all das verbindet. (Klonosphere/Season Of Mist) mit dem neuen Album von NILE haben MISERA- phe/Refrain/Strophe/Refrain-Schema und ver- sieren zu können, manchmal fast zum Gimmick Arne Kupetz TION hier die Ballerplatte des Monats abgelie- gisst folglich Abwechslung und Spannung. LIONS degradiert, indem es den Spieler durch den doch fert. (Lifeforce/Soulfood) Hendrik Lukas LIONS haben ein Gespür für Pop, für eine Band, ordentlichen Schwierigkeitsgrad oft dazu zwingt, MESSER die so auf Melodien bedacht ist, schreiben sie sich irgendwo zu verschanzen. In Slow Motion Im Schwindel MNEMIC aber viel zu wenige Hits. Das wird spätestens und Hawaiihemd durch eine Favela in São Paulo Das Debütalbum von Mnemesis dann ein Problem, wenn man ansonsten nicht viel zu hechten und in alle Richtungen zu feuern, ist MESSER ist tatsäch- Ihren dänischen Lands- vorzuweisen hat. Durchgehend bemüht ist die zwar unschlagbar cool, gegen die ortsansässige lich wie ein Messer. Wie leuten MERCENARY ist Band, keine Frage, mit „Our colours“ hat sie sogar Straßengang aber leider kein adäquates Mittel, ein Messer, direkt in die vor einigen Jahren das- eine Ballade, die von bis Geige sämtliche weil man nach dem Aufschlagen auf dem Boden Rippen des deutschen selbe widerfahren: Mit Schmuseregister zieht. Mitreißend ist „To Carve zur hilfl osen Zielscheibe wird. Selbst hinter der Punkrock. Dem gingen guten Veröffentlichun- Our Names“ aber nie wirklich. Dafür wirkt ein- nächsten Deckung zu landen, ist keine Lösung, zuletzt sogar die CAP- gen und dem nötigen fach alles zu kalkuliert. Richtig hart will man nicht da sich Max als echter Kerl immer zuerst ganz TAIN PLANET-Epigo- Live-Support haben sein, richtig weich aber auch nicht. Das Schlimme aufrichtet und sich dabei unweigerlich ein paar nen aus. Ganz zu schweigen von alten Helden die Musiker Aufmerk- dabei ist, dass man selbst als Hörer nicht weiß, Kugeln einfängt, bevor man sich erneut wegdu- wie DACKELBLUT oder OMA HANS. An Letztge- samkeit erregt, doch dann kam es zu einem ein- welche Seite dieser Band man in Zukunft lieber cken kann. Hat man sich nach einiger Zeit aber nannte erinnern MESSER auch. Das Label selbst schneidenden Umbruch im Bandgefüge, ein hören würde. Beide sind nämlich gleich langwei- an diese Eigenheiten gewöhnt und gelernt, wie vergleicht sie mit frühen BLUMFELD und FEHL- Quasi-Neustart war die Folge. Für MNEMIC galt lig. (Hollywood Waste) Frank Engelhardt das Spiel gespielt werden will, mag man „Max FARBEN. So oder so, anno 2012 steht diese Band es kürzlich ebenfalls, den Fortgang dreier Mit- Payne 3“ gar nicht mehr weglegen – zumindest für sich alleine! Rasch erzeugt „Im Schwindel“ glieder zu kompensieren und neue Motivation LIPONA bis „Grand Theft Auto V“ erscheint. (Rockstar einen Sog, dem man sich schwer entziehen kann zu fi nden. „Mnemesis“ heißt der Kampf um den Networks Games/Take-Two Interactive) Thomas Renz – die monotonen, aber umso satteren Beats Fortbestand, den Gitarrist Mircea Gabriel Efte- Wer mit einem SIGUR RÓS-mäßigem Intro sowie die melodisch-prägnanten und immer wie- mie als letzter verbliebener Mitgründer der Band beginnt und dann einen an erin- derkehrenden Gitarrenleads haben eine bei- bestreitet. Anno 2012 stehen MNEMIC immer nernden Fetzen einer Rede einwirft, legt die Latte MARK MY WORDS / nahe hypnotische Wirkung. Die Stakkatos wer- noch für modernen Metal, doch die Vorzeichen von Anfang an hoch. LIPONA treten mit „Net- SUFFER SURVIVE den über mehrere Songs hinweg gesponnen haben sich geändert. Die Härte wurde merk- works“ zum Skatepunk-Zehnkampf an, man hat Split und machen die Atmosphäre – im Zusammen- lich reduziert, statt auf Death, Thrash und Cyber zwischendurch allerdings den Eindruck, dass die MARK MY WORDS leben an der australischen spiel mit dem düsteren Bass – immer triefender, Metal liegt der Fokus stärker auf kompositori- Band sich nicht als Mannschaft angemeldet hat, Central Coast und spielen klassischen Hardcore immer intensiver. Faszinierend sind MESSER vor scher Vielschichtigkeit und progressiver Experi- sondern in Konkurrenz zueinander steht – der zwischen CRO-MAGS und TRIAL. Ihre zwei Songs allem deswegen, weil sie ungreifbar und mys- mentierfreude. Der poppige Touch der Vergan- Schlagzeuger gibt schon einmal sein eigenes liefern so viele Fingerpointing- und Sing-Along- teriös sind. Vieles davon geht von Sänger Hen- genheit ist komplett gestrichen, auch wenn Sän-

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ger Guillaume Bideau (ex-SCARVE und -ONE- EP abfeuern, lässt das Herz jedes Oldschool- WAY MIRROR) bisweilen clean singt und zwang- Death-Metallers höher schlagen. Keine Trigger, lose Rockparts eingestreut werden. Noch greift kein digitales Aufplustern, keine Casio-Gitarren. nicht alles schlüssig ineinander, ist nicht alles mit Stattdessen echter Klang, echte Instrumente, letzter Konsequenz umgesetzt, doch die Neu- aus denen echte Bösartigkeit knallt. Genau diese erfindung von MNEMIC verspricht spannend zu Eindringlichkeit ist es, die man mit totem Kli- werden. (Nuclear Blast/Warner) Arne Kupetz ckerklacker niemals erreichen kann – genau das ist es, was der Mainstream wohl leider nie verste- MORBUS CHRON hen wird. Die Verzahnung früher MALEVOLENT A Saunter Through The Shroud CREATION, BOLT THROWER und Crust ist effek- Wer nach den aktuellen Platten von AUTO- tiv bis zum Blutspucken und erinnert an die noch PSY und ABSCESS Bedarf an noch mehr Blut, etwas abgefuckteren, aber ebenso großartigen Gedärm und Eiter, aber gerade keinen Kadaver HELLSHOCK. (Subversiv/Irascible) Hendrik Lukas zur Hand und zu wenig eigene, prall gefüllte Abs- zesse hat, kann mit dieser Drei-Song-EP nach- NEGATIVE STANDARDS helfen. Wie schon auf ihrem Debüt „Sleepers In VI-XI The Rift“ schreddern die Schweden simplen, räu- Das langsam unge- digen Oldschool-Death-Metal der mittelschnel- ahnte Züge anneh- len bis groovigen Sorte, der genau das tut, was mende Neocrust-Revi- er soll. Ohne Umschweife aufs Mett ballern und val bekommt ein neues, dabei soundtechnisch so einfach wie möglich kohlrabenschwarz kratzen und wummern. Einzige Mankos der Platte bemaltes Flaggschiff. sind die Kürze des Vergnügens und die Saue- Was aber macht die rei mit all dem Gekröse. (Century Media/EMI) kalifornischen NEGA- Hendrik Lukas TIVE STANDARDS zum nächsten großen Ding? Ganz einfach: NEGATIVE STANDARDS haben das MORGOTH letzte große Ding kurzerhand mit einem rosti- Cursed To Live gen Hammer in seine Einzelteile zerlegt – neben Eine große Einführung NEGATIVE STANDARDS gibt es höchstens wei- braucht die Band wohl ßes Rauschen. NEGATIVE STANDARDS warten nicht, ebenso muss man nicht darauf, dass du die Hautfetzen aufsam- kaum betonen, dass aus melst, die dir ihr letzter Song vom Gesicht geris- der Live-Reunion die sen hat – NEGATIVE STANDARDS sind immer mutigsten MORGOTH- einen Song voraus. Man redet nicht über NEGA- Scheiben entweder TIVE STANDARDS – man stottert nur. NEGATIVE komplett ausgeklam- STANDARDS hinterlassen keine Gefangenen – mert („Feel Sorry For The Fanatic“) oder nur am nur menschliche Kollateralschäden. NEGATIVE Rande behandelt werden („Odium“). So etwas STANDARDS haben Texte, die wir nie verstehen tun Bands in der Situation gern, oft ist es schade, könnten. NEGATIVE STANDARDS haben dieser hier geht es um der Kohärenz Willen in Ordnung. LP keinen Downloadcode beigelegt, weil sie die Die restlichen Veröffentlichungen werden im Marktprämissen des Drogenhandels verinner- Laufe der fünfzehn Songs auf „Cursed To Live“ licht haben: Sie fixen dich an und binden dich an mit allen Klassikern gewürdigt, die Rhythmus- sie – neben NEGATIVE STANDARDS gibt es nur sektion spielt tighter, als es die Originalbeset- Cold Turkey. NEGATIVE STANDARDS fletschen zung je hinbekommen hat, und die Performance die Zähne, weil du immer noch diese Rezension der verbliebenen Kernmannschaft, bestehend liest, anstatt ihnen einen Schrein zu bauen. Des- aus Gitarren und Gesang, ist hervor- bis überra- wegen. Alles klar? (Vendetta) Kristoffer Cornil gend. Gerade Marc Grewe brüllt und kotzt abge- fuckter und aggressiver als je zuvor. Auch die NILE fette, transparente, aber rohe Produktion passt At The Gate Of Sethu perfekt, so dass hier der seltene Fall eintritt, dass NILE sind in mehrer- ein Live-Album den alten Studioversionen in lei Hinsicht bemerkens- allen Belangen überlegen ist. Wer je etwas mit wert. Obwohl sie von MORGOTH anfangen konnte, muss diese Scheibe Anfang an einen sehr haben – am besten in der mit weiterem Material definierten, eigenstän- randvoll gepackten DVD/Doppel-CD-Version. digen Stil hatten, mit (Century Media/EMI) Hendrik Lukas dem eine ganze Palette spielerischer Merkmale NACHTMYSTIUM verbunden ist, schaffen sie es, sich nicht zu wie- Silencing Machine derholen. Von Platte zu Platte ist stets eine Wei- Zusammen mit Jef terentwicklung durch Verschiebung von Schwer- „Wrest“ Whitehead punkten zu beobachten, und doch klingt ein (LEVIATHAN, LURKER neues Album nie verwässert, untypisch oder OF CHALICE, TWILIGHT) gar beliebig. Auf „At The Gate Of Sethu“ sind ist NACHTMYSTIUM- die Songs klarer strukturiert als je zuvor, ohne Mastermind Blake Judd dass darunter die Gnadenlosigkeit des Gehäm- der letzte wirklich unbe- mers oder das Erstaunen über das Gefrickel im rechenbare, streitbare Geringsten leiden würde. Gerade in Genres mit und ernst zu nehmende Protagonist des Black derart hoher Informationsdichte sind Abwechs- Metal. Alle anderen sind in der Versenkung ver- lung und Nachvollziehbarkeit ein Ritterschlag. schwunden oder zerstören ihren Ruf durch unin- Die Klarheit der Arrangements führt in Verbin- spirierte Veröffentlichungen. Judd dagegen hat dung mit diversen Akzenten durch – dreckige – die Essenz des Black Metal begriffen: machen, Clean/Schreigesänge zu einer ungeahnten Ein- was man will, ohne Rücksicht auf Konventi- gängigkeit, die in der Überschall-Ultraballer- onen, Regeln und die Meinung anderer. Des- Kategorie bisher DIM MAK vorbehalten war. Die wegen konnten es sich NACHTMYSTIUM auch charakteristische, ägyptisch angehauchte Melo- erlauben, auf den beiden „Black Meddle“-Alben dik hilft dabei ebenso wie Produzent Neil Kernon, erst auf Prog und dann auf Industrial zu setzen, der das Massaker fett und transparent insze- ohne auch nur ein Jota ihres Status einzubü- nierte, ohne sich in allzu klebrigen Plastiksounds ßen. Doch anstatt mit „Silencing Machine“ neue zu ergehen. Ein erneut verdammt starkes Album. unbekannte Extreme auszuloten, legt Judd fast (Nuclear Blast/Warner) Hendrik Lukas einen U-Turn zu „Instinct: Decay“-Zeiten (2006) hin, ohne dabei die Erfahrungen der letzten bei- NOTHING den Alben zu ignorieren. „Silencing Machine“ ist Embrace The Hatred roh und filigran, schnell und entspannt, emo- Immer schön breit tional und stumpf, progressiv und konservativ. aufstellen: Schnup- Alles zugleich, alles ungezwungen und selbst- perte das hochsym- verständlich alles oftmals in ein und demsel- pathische Münstera- ben Song. „Silencing Machine“ ist die Essenz ner Label This Char- von NACHTMYSTIUM und eines der besten Alben ming Man Records kürz- 2012. (Century Media/EMI) Martin Schmidt lich noch Feuilletonluft in Form von Rezensio- NIHILO nen auf Zeit- sowie Spiegel-Online (MESSER – The Antichrist / „Im Schwindel“), reibt sich die alten Tante Punk ONLINESTORE, VIDEOS, BANDINFOS & MEHR: The Flaming Bed In Benum mit NOTHING wieder ihren schrundigen weißen Was die Schweizer auf dieser Doppel-Vinyl- Unterbauch. NOTHING spielen kantig polternden www.NUCLEARBLAST.de www.FACEBOOK.com/NUCLEARBLASTEUROPE

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Hardcore(-Punk), der – ergänzt um einige Ange- ter entstanden sein, glaube ich an gar nichts nal besetzte Band auf New York City: , ihrem Einstand für Century Media songdienli- berleads – mit einem Bein im Norwegen des Jah- mehr. Das folgende „All I have left is you“ würde SKARHEAD, BIOHAZARD. Absolut hörenswert, cher und stringenter, ohne dafür ihre experimen- res 1998, mit dem anderen auf den grauen Stra- mit weniger Gitarren und einer echten Gesangs- aber zu nahe am Original, um eigene Akzente telle Grundhaltung oder die eruptive Härte auf- ßen Portlands steht. Eben dort, wo das, was TUR- stimme auch auf einem Mariah-Carey-Album setzen zu können. Angesichts der sehr fruchtba- zugeben. Allenfalls im ersten Moment wirkt „II“ BONEGRO von POISON IDEA gelernt haben, nicht auffallen. Und dann rappt Dexter Hol- ren französischen Underground-HipHop-Szene weniger revolutionär als sein Vorgänger. Schnell auf schmissigem Spaßniveau knapp unter der land. Auf Spanisch. Dass die letzten beiden Stü- wäre ein interessanteres Ergebnis zumindest entdeckt man die Substanz und Feinheiten der Gürtellinie zusammenkommt. NOTHING klin- cke des Albums wieder wirklich coole, kraftvolle denkbar gewesen. (Mad Mob/Core Tex/Cargo) Songs. Welche Seite ihres wandelbaren Sounds gen dabei so gewollt aus der Zeit gefallen und Punkrocksongs sind, wirkt fast wie ein Schlag ins Ingo Rieser die Musiker gleich betonen, lässt sich vor einem absolut untrendy, dass sie in einem hochglanz- Gesicht eines jeden zurechnungsfähigen Musik- Break meist nicht antizipieren. Zur Wahl stehen polierten Szenemagazin wie dem Fuze eigent- hörers. Weil es anscheinend PASCOW / SPERMIBIRDS beispielsweise Math-Rock, Prog Metal, Fusion, lich nicht stattfinden dürften. Tun sie aber. Wer doch irgendwie draufhaben. Das Album kön- Split Ambient und melodischer Rock. Die Balance zwi- so etwas spielt, der wohnt nicht in Berlin wegen nen sie indes nicht mehr retten. Im Mittelteil von PASCOW mochte ich schon, als die noch nicht schen Technik, Komplexität, Zwanglosigkeit und des Hauptstadt-Hipness-Faktors, sondern weil „Days Go By“ finden sich einige der schlimmsten jeder gut fand, SPERMBIRDS dagegen waren Nachhaltigkeit ist aber schlüssig gelöst. Gast- er dort halt eben wohnt. NOTHING sind ehema- Dinge, die in jüngster Zeit passiert sind. Nicht nur Szenehelden, als ich noch zu jung dafür war. Was auftritte von John Petrucci (DREAM THEATER), lige Mitglieder von unter anderem HIGHSCORE auf die Musikszene bezogen. (Sony) aber bringt zwei Generationen zusammen auf Wes Hauch (THE FACELESS) und Guthrie Govan und MÖNSTER. Von Ersteren haben sie den Hang Benedikt Ernst diese Platte? Die Nähe des Saarlands zu Kai- (THE ARISTOCRATS) runden das Album stimmig zur schnellen, angerissenen Hymne, von Letz- serslautern? Rookie Records? Wohl einfach die ab. (Century Media/EMI) Arne Kupetz teren das meterdicke Gitarrenrodeo, das Bands ONESTA Liebe zum Punkrock und zueinander. Beides wird mit Bärten D-Beat nennen. Seid bloß nett zu The American Dream hier demonstriert mittels einer Doppel-Seven- PHILM älteren Männern, die Hirschköpfe auf Platten- ONESTA setzen auf Inch im Gatefoldcover und natürlich mit Down- Harmonic cover malen und Hardcore bis höchstens in die starke Bilder. Ihre Frei- loadcode. PASCOW transferieren je einen Song Dass im Endachtziger ausdefinieren. (This Charming heitsstatue ist mit von DACKELBLUT und CÜNTSLER in Bukowski Metal den Status einer Man/Cargo) René Schuh NATO-Symbolen ver- Pop, von SPERMBIRDS gibt es zwei „A Colum- Ikone innehat, ist unbe- mummt, im Booklet bus Feeling“-Überbleibsel, K-Town-Hardcore stritten. Auch 26 Jahre THE OFFSPRING steht neben der beden- auf dem Post-Reunion-Alben-Niveau. (Rookie/ nach „Reign In Blood“ Days Go By kenswerten Behaup- Cargo) André Bohnensack ist er einer der besten Zunächst klingt auf dem tung, Terroristen seien Schlagzeuger der Welt neunten Studioalbum nicht der Feind, sondern ein Resultat von Hun- PERIPHERY und die ewige Messlatte von THE OFFSPRING ger, Ungleichheit und Ungerechtigkeit, ein Bild II für zeitgemäßes Metaldrumming. Was den Mann alles wie gehabt. Ein- der fallenden Zwillingstürme. Ein Porträt von Spielfreude und ein Blick darüber hinaus auszeichnet, ist seine Hingabe gängige Gitarrenriffs Malcolm X, auf dem sein Nation-of-Islam-Ring über den Tellerrand zur Musik an sich und der damit einhergehende begleiten Dexter Hol- nicht zu sehen ist, wäre sicher auch aufzutrei- bestimmen die vier- Mut, mit seinem Talent immer neue, zum Teil ext- lands Quäkstimme, ben gewesen, aber ONESTA wollen provozieren. zehn Songs des zwei- ravagante Projekte zu bereichern (FANTÔMAS), bei „Hurting as one“ Wie die jungen Menschen in den Vorstädten von ten Albums von PERI- bei denen es weniger um Erfolg als vielmehr um sogar so gefällig wie lange nicht mehr. Doch Paris, mit deren Aufständen ONESTA ihre Grün- PHERY. Ob man das Wir- Horizonterweiterung geht. Auch PHILM kön- dann scheinen die früheren Punkhelden unter dung 2005 in direkte Verbindung setzen. Leider beln des Fünfers aus nen als solches Projekt verbucht werden. Zwar den Augen und Ohren ihrer gigantischen Fange- bleiben ONESTA in ihren Texten dann zu vage, um Washington nun unter ist diese Band nicht so weit draußen wie Lom- meinde auf nahezu groteske Art und Weise den wirklich zu beeindrucken, wie das zu dieser The- Djent, Prog oder irgendetwas anderem einord- bardos Kollaboration mit Mike Patton, „Harmo- Verstand zu verlieren. „Cruising California (Bum- matik bislang nur RAMALLAH mit „Kill A Celeb- net, ist von zweitrangiger Bedeutung. Wichti- nic“ reicht aber dennoch aus, um das Gesicht pin’ in my trunk)“ bereitet mit Cher-Gedächtnis- rity“ gelang. Selbst Songs wie „U.N. lies NATO ger ist es, darauf hinzuweisen, dass die Musi- des gemeinen SLAYER-Fans in Unverständ- Vocoder, Ballermann-Beats und Bierzelt-Ani- kills“ gehen inhaltlich über ihren Titel nicht hin- ker niemals den einfachen Weg wählen, sondern nis erstarren zu lassen. Die Chance, dass die- mationsrufen körperliche und seelische Schmer- aus, hauptsächlich liefern ONESTA die üblichen stets mit Bedacht und mit einem Sinn für Über- ser mit Sixties-Garage-Noise und sphärischen Gaslight_AZ_93x136,5.qxdzen. Beim heiligen Joey Ramone, sollte dieses 18.06.2012 „Fight the power“-Parolen. 18:57 Uhr Musikalisch Seite bezieht 1 raschungen unterwegs sind. Ihr unberechenba- Soundtrackelementen etwas anfangen kann, ist Lied nicht unter Androhung von grausamer Fol- sich die in Paris gegründete, aber internatio- res Wesen kanalisieren die US-Amerikaner auf doch sehr gering. Macht aber nichts, denn PHILM

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33-41Fuze35.indd 38 08.07.12 18:14 geht es um den Spaß an der Musik, und das hört -Material funktioniert in die- bei „The storm“ ist Win- man „Harmonic“ auch an. Das entspannt-redu- sen reduzierten Fassungen ebenfalls hervor- ston McCall von PARK- zierte Schlagzeugspiel steht klar im Mittelpunkt ragend. Vom letzten Album „Clash Battle Guilt WAY DRIVE dabei) legen der Songs, die durchweg solide unterhalten. Pride“ wurden mit „Slow roam“ und „Religion on die Portugiesen direkt Jedoch ist „Harmonic“ trotz oder gerade wegen the radio“ nur zwei Songs ausgewählt. „Screams nach einem ins Intro des deutlichen Improvisationscharakters mit 63 in caves“ zum Beispiel fehlt schon, und das wie gebrüllten „Silence!“ Minuten einfach zu lang geraten – mehr Fokus die Band extrem gut aufgelegte Publikum in der mit Circlepit-Material und weniger Songs hätten dem Album gutgetan. Montage in Rochester hat Recht mit los. Guter Einstieg in ein (Ipecac/Southern) Martin Schmidt der Ansicht, dass neun Songs zu wenig sind – Album, dessen musikalischer Horizont vor Jahr- allein die Liste der Coversongs, die man der Band zehnten von den CRO-MAGS und AGNOSTIC PIERCE THE VEIL rückwirkend vorschlagen möchte! Jimmy Stadts FRONT schon in seiner gesamten Breite definiert Collide With The Sky Stimme strahlt neben akustischen Gitarren nicht wurde. Gelegentliche gut platzierte Soli, Gangs- Ganz ehrlich: Im Genre, weniger als mit der üblichen Punkrock-Instru- houts, Grooveparts, Breakdowns, alles schon da das als Emo, Screamo mentierung, die Einladung zur nächsten Revival gewesen. Altbewährte Rezepte funktionieren oder was auch immer Tour ist in der Post. (Bridge Nine/Soulfood) aber auch gut und immer wieder, und REALITY bekannt ist, ist alles Ingo Rieser SLAP geht es schon dem Namen nach in ers- gesagt. Entweder sind ter Linie um die Backpfeife. Und um den Tod, der die Bands nicht mehr PRIMATE hier in fast jedem Song thematisiert wird. „When wirklich relevant (THE Draw Back A Stump you were dead“ ist eine 25 Sekunden dauernde USED) oder sie haben Bei PRIMATE verei- rückhaltlose Verwünschung, „Check your pulse“ sich wie THURSDAY oder aufgelöst. nen sich die Talente von nimmt das Tempo zurück, will aber textlich auch Nüchtern betrachtet, ist da nicht mehr viel los. Kevin Sharp und Bill Kel- niemanden am Leben lassen, wenigstens in „Re- PIERCE THE VEIL hat das entweder niemand liher – eine Kombina- animator“ wird dann wiederbelebt. Das alles ist gesagt oder dem Quartett ist es egal. Die Band tion, die mit Blick auf die so gut kombiniert, dass es für folgenden Wider- beackert weiter das Feld von Pop mit Metalgitar- Stammbands der bei- spruch reicht: Obwohl ich sicher bin, von einem ren, Geschrei und Gesang. Und auch wenn man den (BRUTAL TRUTH solchen Album in doppelter Länge ermüdet zu das alles schon gehört hat, muss man zugeben, und MASTODON) Span- werden, läuft es jetzt schon zum dritten Mal dass die Band einen verdammt guten Job macht. nung und Vorfreude aufkommen lässt. Doch wie durch. Verrückt. (Hell Xis) Ingo Rieser Das Album ist natürlich fett produziert, fast über- so oft bei einer Zusammenrottung toller Musi- produziert, aber die meisten Songs strotzen nur ker wird das Resultat den Erwartungen nicht SPINESHANK so vor Ideen. Seien es die mexikanischen Akus- ganz gerecht. Unterhaltsame zwanzig Minu- Anger Denial Acceptance tikgitarren in „Bulls in the Bronx“ oder einfach die ten springen bei dieser EP trotzdem heraus. Neun Jahre nach „Self- Songstrukturen, die immer wieder mit Überra- PRIMATE bratzen uns crustigen D-Beat-Hard- Destructive Pattern“ schungen aufwarten und trotzdem einen hohen core um die Ohren, der entschieden von Sharps sind SPINESHANK mit Pop-Appeal haben. Einzig an den Sänger, der in Stimme geprägt ist, Kelliher dagegen naturge- einer neuen Platte ähnlichen Sphären wie COHEED AND CAMBRIAs mäß wenig Raum zur Entfaltung bietet. Zwar gibt zurück, wobei sie in den Claudio Sanchez unterwegs ist, muss man sich es einige simple Leads und an USA bereits schon seit vielleicht erst gewöhnen. Obwohl man sich an erinnernde Riffs, doch hält sich der Frickelmeis- einiger Zeit wieder live Musik dieser Art eigentlich schon satt gehört hat, ter im Großen und Ganzen an die Genreregel, aktiv sind. Die Streite- gelingt PIERCE THE VEIL ein kleines Wunder und nach welcher der vierte Akkord im Prinzip schon reien mit Frontmann Jonny Santos sind ausge- veröffentlichen mit „Collide With The Sky“ ein fri- einer zu viel ist. Wird das Tempo gedrosselt, fühlt räumt, die vier Kalifornier wieder eine Einheit. sches Album in einem toten Genre. Totgesagte man sich ein wenig an HIS HERO IS GONE erin- All diejenigen, die den Nu-Metal-Boom vor mehr leben manchmal tatsächlich länger. (Fearless/ nert, doch zumeist bewegt sich das schmis- als einem Jahrzehnt nicht miterlebt haben, wer- ADA/Warner) Dennis Meyer sig gespielte und fett produzierte Gerödel zwi- den mit dem Namen SPINESHANK nichts anzu- schen der Metalaffinität später DISCHARGE, der fangen wissen. Inwieweit „Anger Denial Accep- PJ & BRIAN BOND Rockigkeit DISFEARs und der abgefuckten Voll- tance“ die Band neu etablieren kann, bleibt Brother Bones / Baby Bones auf-die-Fresse-Attitüde von DISRUPT. Würde abzuwarten. Viel verändert hat sich nicht. Einer- Nach CAPTAIN PLANET man jetzt noch deren Hitverdächtigkeit errei- seits ist moderner Alternative-Rock mit eingän- und YOUR FAVORITE chen, rangierten PRIMATE unter den besten gigem Cleangesang zu hören. Andererseits gibt TRAINWRECK bleibt es D-Beat-Bands der Welt. Derzeit liegen sie kom- sich das Quartett bissig und schroff, wenn es das weiter ruhig und sachte positorisch noch ein Stück dahinter. (Relapse/ Tempo anzieht und brachial austeilt. Über die im Hause Coffeebreath Rough Trade) Hendrik Lukas volle Spielzeit hinweg dominiert eine groovige & Heartache. Die Brü- Wuchtigkeit, doch SPINESHANK vernachlässi- der PJ und Brian teilen RADIO HAVANNA gen die wiedererkennbaren Moment zu keiner sich eine – wie immer Alerta Zeit. Trotzdem ist nicht alles eitel Sonnenschein. liebevoll aufgemachte – LP. Mit jeweils vier Wenn es um die Unter- SPINESHANK gelingt es auf „Anger Denial Songs zwischen Ryan Adams, William Fitzsim- stützung guter Pro- Acceptance“ letztendlich nicht, zu alter Relevanz mons und wie sie alle heißen. PJ startet auf der jekte geht, sind die vier zurückzufinden. Dem Comeback fehlt es einfach A-Seite mit „I’m in a bad way“ und ist stimmlich Berliner von RADIO an zwingenden Argumenten und Eigenständig- wie seelisch in ähnlicher Verfassung wie Ryan HAVANNA die Angelina keit. (Century Media/EMI) Arne Kupetz Adams zu „Gold“-Zeiten. Etwas träge und ver- Jolie und Brad Pitt der katert schleppt sich der Song durch einen ver- linken Szene. Da wären THE TIDAL SLEEP regneten Sonntag, an dem man nur die Bettde- etwa Charity-Konzerte The Tidal Sleep cke zu Besuch haben möchte. Aber eine Nacht für die Kampagne „Kein Bock auf Nazis“, ein Die Segel gesetzt und später sieht die Welt wieder ganz anders aus, Benefizsong in Zusammenarbeit mit Ex-PEN- dann kommt diese eine und man findet sich auf irgendeinem Highway NYWISE-Sänger Jim Lindberg für Titus Ditt- Weiße Bö. Innerhalb von wieder. „Savannah“ zaubert dir ein Lächeln ins manns „skate-aid“-Stiftung und obendrein die Sekunden füllen sich Gesicht und spielt ihren Americana-Charme voll Teilnahme an einem dreißigstündigen Benefiz- die Segel und reißen aus. Im Gegensatz zu seinem Debütalbum tritt marsch der Hilfsorganisation Oxfam. Sie sind alles mit. Die Richtung PJ zum Teil mit voller Besetzung auf, und das tut eben politisch. Musikalisch erinnert die Platte ändert sich schlagartig. dem üblichen Singer/Songwriter-Trott richtig gerade in ihrer ersten Hälfte sehr an die Göt- Die Schaumkronen auf gut. Und da das Talent offensichtlich in der Fami- tinger „Kein Bock auf Nazis“-Kollegen ZSK – den Wellen stapeln sich immer höher. Das Meer lie liegt, teilt sich PJ die Platte mit seinem Bru- nur dass der melodische Punkrock der Berliner darunter ist eine weiße Fläche. Nebel, Gischt und der Brian. Brian hat ein ähnlich feines Gespür dank verspielter Details und häufiger Rhythmus- Regen vermischen sich zu einer Masse und ver- für samtig-fließende Arrangements und zarte wechsel bedeutend mehr Köpfchen hat als der wehren die Sicht. THE TIDAL SLEEP scheinen die- Melodien. Eine Flasche Rotwein, ein warmes schnöde Skate-Punk-Matsch, mit dem es ZSK ses Phänomen vertont zu haben. Das Hardcore- Plätzchen, der Sternenhimmel, das alles passt zu damals bis in den Kinderkanal brachten. Auch Meer peitscht düster an den Bug, und es zieht ein „Brother Bones / Baby Bones“. (Coffeebreath & die ewig überhörten Politparolen, derer sich viele Nebel auf, der ebenso beruhigt wie bedroht. Die Heartache) Pia Schwarzkopf Bands bedienen, fallen bei RADIO HAVANNA weg, Post-Rock-Parts nehmen dem Ganzen die Fahrt, wenngleich die Texte durch etwas langweilig aber angenehmer macht es das nicht. Das Aus- POLAR BEAR CLUB zusammengewürfelte Metaphern der Musik doch harren und Warten auf die nächsten anklagen- Live At The Montage etwas hinterherhinken. Überrascht wird man in den Worte, das nächste aufrüttelnde Riff wird Dieser Moment, in dem der zweiten Hälfte dann aber doch noch, wenn zur Farce. Gesang und Geschrei bleiben auf dem sich eine gute Idee (ein bei „Goldfischglas“ auf einmal eine Akustikgi- Schneidepunkt zwischen Pathos und peinlich, POLAR BEAR CLUB- tarre und ein Cello etwas seichtere Klänge zum wirken aber nie affektiert und bieten genug Tiefe, Live-Album) als außer- Durchatmen bieten und sich Sänger Fichte über um sich darin zu verirren. Ihr Herz und ihr Mut ordentlich großartige den Mikrokosmos zwischen „Bordsteinprahle- machen THE TIDAL SLEEP zu dem, was sie sind: Idee (ein POLAR BEAR reien und Komasuff im Park“ auskotzt. (Uncle M/ hoffnungsvoll wütende junge Menschen, die dich CLUB-Akustik-Live- Cargo) Joss Doebler mit Hilfe ihrer Instrumente an ihren Gedanken Album) entpuppt. Und teilhaben lassen. „We’re swimming but drifting dann stehen auf der Tracklist auch noch Titel wie REALITY SLAP away / Directionless but free / Though the storms „Left and leaving“ (THE WEAKERTHANS) und „At Necks & Ropes of our guilt push us back / Onto the same shores your funeral“ (SAVES THE DAY). Ersteren kündigt Eben mal knapp 22 Minuten Zeit für vierzehn once again / There’s no new shore / No new land Jimmy Stadt als besten Song der Show an. Wenn Tracks Hardcore aus Lissabon? In der Schule von to adore.“ Für immer Punk, für immer jung. THE das stimmt, liegt das an der generellen Überle- MADBALL, TERROR, TRAPPED UNDER ICE (deren TIDAL SLEEP könnten dabei helfen. (This Char- genheit des WEAKERTHANS-Songwritings, das Justice Tripp bei „Crowds“ den Gastsänger gibt, ming Man/Cargo) Pia Schwarzkopf

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genen Versuche darstellt, Rohheit, Unbändigkeit V/A dass es (größtenteils) eine Freude ist. Bei der book review und Spirit dieser grandiosen Stilistik im postka- This Is Fond Of Life Records Volume 3 einen oder anderen Band wird klar, dass es gute pitalistischen, angebotsökonomischen Grab- Das kleine, aber feine Label Fond Of Life hat ein Gründe dafür gibt, dass sie so gut wie unbekannt beltisch-Jahrhundert abzubilden. (Indie/Edel) Händchen dafür, Bands aus dem europäischen ist. Die meisten sind jedoch Garanten für eine FRANK TURNER / MATT NASIR Hendrik Lukas Umland in Deutschland zu veröffentlichen, von anstrengende, aber lohnenswerte Horizonter- Photosynthesis denen hier sonst wahrscheinlich niemand etwas weiterung. (BluNoise/Alive) Martin Schmidt Vier Alben, eine Hand- TERROR mitbekommen würde. Dass da auch einige ziem- voll EPs und Singles No Regrets, No Shame: lich gute dabei sind, kann man auf dem dritten VERSUS THE WORLD später ist Frank Turner The Bridge Nine Days Labelsampler hören. Compilations sind in Zei- Drink. Sing. Live. Love. immer noch nicht müde. Chris Wrenn, Bridge- ten des Internets ja eher eine überholte Sache, VERSUS THE WORLD Die Liste seiner Ver- Nine- Labelboss, ist kein in diesem Fall aber lohnt sich die Auseinander- geben ein Versprechen öffentlichungen reißt besonders guter Inter- setzung mit den 27 Songs. Zu den stärkeren Ver- ab. Schließlich spie- nicht ab, und doch gibt viewer. Lange vorbe- tretern zählen ARGETTI, THE LIVING DAYLIGHTS len dort der hünenhafte es jetzt noch eine Pre- reitet scheint das über oder SMILE AND BURN, aber eigentlich kann sich -Gitarrist miere: ein 154 Seiten starker Fotoband. In „Pho- Selbstverständlichkei- der gesamte Katalog des Labels sehen lassen. Chris Flippin und Mike tosynthesis: A Year In The Life Of The Frank Tur- ten kaum hinausge- (Fond Of Life/New Music) Dennis Meyer Davenport, der ehema- ner Touring Family“ geht es um genau das, hende Gespräch nicht lige Bassist der ATARIS. was man von Turner und dem Buchtitel erwar- zu sein, das er mit TERROR-Sänger Scott Vogel V/A Solche Namen lassen aufhorchen und schüren tet. Jede Menge Schnappschüsse vom Tourle- führt. An eine Wand gelehnt, die wohl zum Show- Brutal Vision Vol. 1 eine gewisse Erwartungshaltung. „Drink. Sing. ben. Grimassen, Augenringe, Kaffee, Sonnen- case Theater in Corona, Kalifornien gehört. Allschools, eine der bes- Live. Love.“ ist jedoch kein Album der Neunzi- auf- und -untergänge, Tourbusse, Highways, Da wird an diesem Abend gespielt und mit fünf ten Adressen im Netz, ger, das wird relativ schnell klar, und man möchte Schneestürme, alte und neue Freunde. Die Texte Kameras gefi lmt. Zwischen Songs gepackt kom- lässt sich nicht lumpen hinzufügen: leider. Denn was LAGWAGON oder dazu stammen alle von Frank Turner und gewäh- men Vogels Ausführungen zum Thema Hardcore und veröffentlicht mit THE ATARIS großgemacht hat, waren vor allem ren schöne Einblicke in Band und Crew. Man stol- dann auch deutlich unterhaltsamer. Besonders „Brutal Vision Vol. 1“ so die Melodien und ihre tollen Sänger. An beiden pert über kleine Anekdoten und Hintergrundin- wenn er dabei immer etwas pathetisch wird und etwas wie „Bravo Hits“ fehlt es VERSUS THE WORLD. Den Songs fehlt fos zu den einzelnen Personen und fühlt sich, als sich ein bisschen reinsteigert – man muss den für Hardcore-Hörer. das gewisse Etwas, das „Hoss“ (LAGWAGON) würde man bei Kaffee und Kuchen auf dem Sofa Mann einfach lieben. Ihn und seine Band kann Auf der CD fi nden sich 21 oder „Blue Skies“ (THE ATARIS) im Überfl uss hat- sitzen und das eigene Familienalbum durchstö- man mittlerweile aus der Tiefschlafphase direkt Bands, die von Hardcore-Punk bis Power Metal ten. Natürlich ist „Drink. Sing. Live. Love.“ gut bern. Wenn Turner nach über 1200 Shows also auf eine Bühne kippen, und es wird abgeliefert. alles abdecken, was auch nur im Entferntes- gemacht, aber es gibt leider nicht einen Song, mal eine Auszeit braucht und ihr trotzdem Bock Das ist sehenswert, der Sound ist ordentlich, ten Spaß machen könnte. Diese Rechnung geht der den großen Namen gerecht wird. Und so auf das Tourleben habt, könnt ihr euch einfach die Kids kommen der Forderung nach „Stagedi- mal gut und mal weniger gut auf. Manche Bands können VERSUS THE WORLD ihr Versprechen das Buch schnappen, den Plattenspieler laufen ves, stagedives, stagedives“ nach, alles super. fand man sowieso schon immer geil (PLACENTA, nicht halten und bleiben hinter den Erwartun- lassen und schon seid ihr wieder mittendrin. Im Die Show liegt auch als CD bei, das ergibt schon TRAEOS), andere wird man wohl nie geil fi nden gen zurück, die die bekannten Namen geweckt Tourbus, auf der Autobahn, Backstage oder ver- deutlich weniger Sinn, ohne Bilder hört man doch (LEONS MASSACRE, FOR ALL THIS BLOODS- haben. Anscheinend sind die wirklich kreativen schwitzt im Wembley-Stadion. Und irgendwann besser die Studioaufnahmen. Bonusmaterial HED), manche sollte man unbedingt genauer Köpfe dann doch Joey Cape und Kris Roe, die mit fangt auch ihr an, diese Hassliebe zum Noma- sind der Videoclip zu „Push it away“ und noch ein auschecken (, THE HAND OF GLORY) ihren anderen Projekten ja durchaus überzeu- denleben zu verstehen, und freut euch umso komplettes Liveset im Headline-Records-Store. – und eine hätte man niemals auf einer derarti- gen konnten. Schade. (Concrete Jungle/Edel) mehr, wenn ihr sonntags mal wieder zu Hause (Bridge Nine/Soulfood) Ingo Rieser gen Compilation erwartet und feiert sie genau Dennis Meyer seid und mit der ganzen Familie zusammensitzt. deswegen ab (HEYBABYEAH). Wünschenswert (Xtra Mile/Soulfood) Pia Schwarzkopf V/A wäre für das nächste Mal lediglich, mehr Bands WAREHOUSE Hardcore Connection aus dem Voting zu nehmen, um noch mehr New- Twelve Neunzehn Frontmän- comern ein breites Publikum zu bieten. Alles WAREHOUSE ist ein Nebenprojekt von TACKLE- TANTARA ner und -frauen ver- in allem verschafft „Brutal Vision Vol. 1“ aber BERRY-, GRAND GRIFFON-, FRAU POTZ- und Based On Evil schiedener namhafter einen tollen Überblick über die Szene, und es war FEAT. YOURSELF-Musikern. Der Vierer gibt sich Endlich mal wieder Hardcore- und Punk- längst überfällig, dass ein derartiger Sampler sehr traditionsbewusst, angefangen bei der Thrash mit richtig Dreck bands covern Songs auf den Markt kommt. (Noizgate/Rough Trade) schlichten Aufmachung der Twelve Inch über unter den Fingernägeln ihrer alten Helden, die Frank Engelhardt die minimale Produktion bis hin zum Stil, der an statt polierter Konfek- von einer wechselnden diverse Achtziger-Punkrock-Größen angelehnt tionsware vom Reiß- Besetzung eingespielt V/A ist – WIPERS, HÜSKER DÜ, RITES OF SPRING. brett. Die Paten dieser wurden, die mit den Originalbands der jeweiligen The Shape Of Noise To Come Die Stücke sind staubig und direkt, der Gesang Platte werden bislang SängerInnen meist wenig zu tun hat. Das macht Nach dem Jazz der Punk ist bewusst hintergründig, die Gitarrenarbeit ver- eher selten bemüht: aber nichts, denn wenn man ehrlich ist, sind die und nun Noise – Ornette mittelt eine gewisse Sehnsucht, ist gleichzei- HEATHENs „Victims Of Deception“ und METAL- Musiker im Hardcore ohnehin meist austausch- Colemans Albumtitel ist tig aber auch verspielt, während die Rhythmen LICAs „Master Of Puppets“ – in der Reihen- bar – wenn sie nicht gerade Vinnie Stigma hei- auch nach über fünf- unaufhaltsam nach vorne peitschen. Damals folge. Statt die göttliche Aggression des Rif- ßen. So darf man sich über neunzehn Neuinter- zig Jahren noch quickle- hätte man das Emo- oder Post-Hardcore fi ngs also mit käsigem Melo-Gedudel zu ruinie- pretationen klassischer Hardcore- und Punkstü- bendig. Obwohl bezwei- genannt. Heute klingt „Twelve“ einfach nur erfri- ren, wird in den wendungsreichen, bis zu zehnmi- cke freuen, die mal recht nahe am Original liegen, felt werden darf, dass schend anders. (Tief in Marcellos Schuld/Brü- nütigen Songs gehackt, bis die E-Saite in Fetzen hier und da aber auch eine Überraschung bereit- diese Zusammenstel- ckentick) Alessandro Weiroster hängt. Dazu kräht eine Mischung aus John Con- halten. Die kann mal positiv ausfallen wie FEARs lung von Bands, die Jörg A. Schneider (unter nelly und frühem James Hetfi eld leicht unkon- „I love livin’ in the city“ mit Jesse Jones von YUP- anderem NICOFFEINE) auf diversen USA-Tou- trolliert, aber voller Energie wütende Parolen. PICIDE am Mikro, mal interessant wie „Signs of ren kennen gelernt hat, eine ähnliche Wirkung This Is The Six Und Flemming Rasmussen, der neben METALLICA the times“ von den CRO-MAGS mit Köfte MAD entfalten wird, wie die Alben von REFUSED und Die Jungs aus Groß- schon BLIND GUARDIAN und MORBID ANGEL SIN, leider aber auch mal eher durchschnitt- Ornette Coleman, ergibt der Titel Sinn. Denn britannien machen mit zu den am besten klingenden Alben ihrer Karri- lich wie „Reagan youth“ von gleichnamiger Colemans Album markierte den Übergang vom „This Is The Six“ genau ere verhalf, zimmert einen dynamisch-krachen- Band, interpretiert von einem recht uninspirier- klassischen Jazz zum Free Jazz. Und ebenso frei- da weiter, wo sie mit den Sound, der lebt und atmet und unterstreicht, ten Roger Miret. Alles in allem macht diese Com- geistig und unkonventionell sind auch die 25 „The North Stands dass Thrash gefälligst nach Straße zu klingen pilation aber eine Menge Spaß – und bietet jün- Bands auf diesem Doppelalbum unterwegs. Klas- For Nothing“ aufge- hat. TANTARA liefern hier ein anspruchsvolles, geren Hardcore-Fans einen guten Einblick in die sische Rock-, Punk- und Metalschemata wird hört haben: eine der wütend brüllendes Urviech von einem Album ab, vergangenen Tage einer immer noch sehr leben- man auf „The Shape Of Noise To Come“ jeden- vielversprechends- das – neben dem von mir oft bemühten Debüt digen Szene. (Swell Creek/Superhero/Soulfood) falls vergeblich suchen. Stattdessen wird dekon- ten Bands zu sein, die es im Bereich Metalcore von SUICIDE WATCH – einen der wenigen gelun- Kai Jorzyk struiert, experimentiert und natürlich gelärmt, derzeit gibt. WHILE SHE SLEEPS erinnern wei-

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terhin an ARCHITECTS zu „Hollow Crown“-Zei- fach vieles gleich klingt. Mal eben die CD ver- ihr so schmeckt, wie keit der Leipziger stehen Tracks wie „Will“ oder ten, ohne dabei ein bloßes Plagiat zu sein. Viel- wechselt, schon ist man durcheinander. Fakt ist er schmeckt. Oder das „Footprints on sinking ships“, die geschickt zwi- mehr teilen sie sich einfach die Gabe für melo- aber auch, dass jeder einzelne Song auf diesem Herausrieseln der letz- schen Zurückhaltung und Eruption wandeln. dische Gitarren und charismatische Screams. Album gut ist. Und mehr kann man doch eigent- ten Sandkörner aus den Allerdings finden sich auch einige eingängi- Heraus kommt ein Album, das mit jedem Hören lich nicht verlangen. (Fearless/ADA/Warner) Schuhen nach einem gere Songs auf „Awaystation“. Vor allem schnel- wächst. Das von allem alles bietet, jedoch so gut Frank Engelhardt sonnigen Strandtag. lere Nummern wie „The hypnagogic state“ oder aufbereitet ist, dass kein Part erzwungen oder Oder Vinyl. Oder YOUR „Read me to sleep“ dürften live gut funktionie- fehl am Platz wirkt. „This Is The Six“ ist inten- YELLOWCARD FAVORITE TRAINW- ren. Dass die Band bei den Aufnahmen mit Kurt siv, authentisch und aggressiv. Die Atmosphäre Southern Air RECK. Die Übermusiker Jeff Caudill (ex-GAME- Ebelhäuser zusammengearbeitet hat, stellt sich stimmt von Anfang bis Ende, und es ist nach wie Der erste Eindruck zählt. FACE) und Popeye V. (ex-FARSIDE) sorgen für zudem als glückliche Wahl heraus: „Awaysta- vor eine Freude, Shouter Lawrence Taylor beim Im Falle von „Southern den Gesang und die Gitarren und liefern damit tion“ klingt frisch und ausgewogen, aber niemals Leiden zuzuhören. Bei dieser Band von Poten- Air“ wäre dies der erste ein solches Gefühl, das eben nur die beiden lie- glattgebügelt und überproduziert, wie es bei vie- zial zu sprechen, davon zu reden, dass sie ganz Song. Und mit „Awake- fern können. Die Liebe zu Elvis Costello (Popeye) len artverwandten Veröffentlichungen leider der groß werden kann, wäre aber falsch. WHILE SHE ning“ hinterlassen YEL- und den EAGLES (Jeff) ergibt zusammen mit Fall ist. Geheimtipp war gestern, ZEN ZEBRA ist SLEEPS sind schon groß. Spätestens nach „This LOWCARD einen tiefen der melodischen Punkrockvergangenheit eine heute. (45/Soulfood) Anton Kostudis Is The Six“ wird auch der letzte Zweifler verste- Eindruck. Beim Speed- zeitlose Platte, die heute wahrscheinlich noch hen, warum man sich um Metalcore keine Sorgen Dating würde die Band genauso aktuell ist wie in zehn Jahren. YOUR ZONARIA machen muss. (Sony) Frank Engelhardt mit so einem Einstieg wohl eine Menge Telefon- FAVORITE TRAINWRECK haben genau das rich- Arrival Of The Red Sun nummern abgreifen. Zum Glück lässt das Niveau tige Gefühl für die Kleinigkeiten im Leben. So sind Ihre Entwicklung haben auch bei den folgenden Songs nicht nach, und Songs entstanden, die eine Konstante bilden, die die Musiker aus Umeå Life Cycles YELLOWCARD liefern auch beim zweiten und dir das Gefühl geben, dass alles gut ist. Egal, ob selbst unnötig ausge- Pro: THE WORD ALIVE dritten Date noch das, was sie versprechen. Hier es im Juli wochenlang regnet, du erfolglos Ersatz bremst. Dank eines star- sind auch auf Album folgt ein Sommerhit auf den nächsten, werden für deinen Walkman suchst oder einfach gerade ken Debüts und bestän- Nummer zwei immer eigentlich kitschige Zeilen wie „It’s always sum- nichts mit der aktuellen Musik im Radio anfangen digen Tourens ergatter- noch dieselben. Kontra: mer in my heart and in my soul“ plötzlich zu ernst kannst. (Fortunate Sun/Cargo) Pia Schwarzkopf ten ZONARIA vor Jahren THE WORLD ALIVE sind gemeinten Versprechen, die man der Band gerne einen Deal mit Century auch auf Album Num- glaubt. Für die zehn Songs, die „Southern Air“ ZEN ZEBRA Media. Nach der Veröffentlichung von „The Can- mer zwei immer noch dauert, ist das jedenfalls die Wahrheit. Klar, YEL- Awaystation cer Empire“ ging es mit MARDUK, VADER, SATY- dieselben. Am Stil der LOWCARD bieten immer noch Pop-Punk mit der Das Debüt von ZEN RICON, NILE und IMPALED NAZARENE mehrfach Band hat sich also nicht viel geändert. Warum für sie typischen Violine, aber kaum jemand kann ZEBRA bietet elf pul- durch Europa, doch dann riss der Faden ab. Das auch? Muss das Rad wirklich immer neu erfun- 2012 noch mit ihnen mithalten. Ob man sich auf sierende Songs mit viel Quartett legte eine Kreativpause ein und mel- den werden? Das Warten auf die nächste musi- eine längere Beziehung mit der Band einlassen Tiefgang. Fragiler Flüs- det sich erst jetzt zu seinem zehnjährigen Jubi- kalische Revolution nimmt uns immer mehr kann oder „Southern Air“ nur ein Sommerflirt ist, tergesang, träumeri- läum mit einem neuen Album zurück. Auf „Arri- die Freude am Altbewährten. Dabei gibt es auf wird sich zeigen. Die ersten Dates sind allerdings sche Cleangitarren und val Of The Red Sun“ präsentieren die Schwe- „Life Cycles“ so viel, was gehört werden muss: ziemlich perfekt, und wenn die Band mit „Always dezent-progressive den ihren spritzig-ruppigen Metal entlang eines Der vielleicht klügste, auf jeden Fall abwechs- summer“ Recht behält, dann kommt da noch Rhythmik treffen auf kompakten Songwritings und melodisch-atmo- lungsreichste Einsatz von Elektroparts diesseits einiges und der Sommer kann genau so weiter- markante Refrains, furiose Riffwände und auf- sphärischer Zwischentöne. ZONARIA achten auf von WOE, IS ME. Die härtesten Bassdrops nach gehen. (Hopeless/Soulfood) Dennis Meyer wühlend-emotionale Melodien. Die eindringli- klare Strukturen und starke Hooklines. Komposi- ATTACK ATTACK!. Und Refrains, die an Eingän- che und eigenwillige Stimme von Sänger Mar- torischer Anspruch, Highspeed und Hymnenhaf- gigkeit nur noch von BLESSTHEFALL übertrof- YOUR FAVORITE TRAINWRECK tin Endt verleiht den Songs dabei einen charak- tigkeit schließen sich hier nicht aus, sondern sor- fen werden. Neue Facetten gewinnen diesem Your Favorite Trainwreck teristischen Anstrich – mal gibt sich der Front- gen für Variabilität. Der Livecharakter von „Arri- Genre nur eine Handvoll Bands ab. Mindestens Es gibt Dinge, auf die ist Verlass. Kleine Kons- mann klagend-entrückt, dann wieder energe- val Of The Red Sun“ erzeugt weitere Identifika- genauso wenige können auf so hohem Niveau tanten, die immer wieder auftauchen und einem tisch und resolut. In Verbindung mit dem durch- tion beim Hören. Trotzdem wird es für ZONARIA liefern wie THE WORD ALIVE. Natürlich ertappt das schöne Gefühl geben, dass nicht immer alles dachten Songwriting schaffen ZEN ZEBRA so aber wohl wieder nicht zum Durchbruch reichen, man sich beim typischen „Ist das jetzt diese oder schneller, besser, anders werden muss. Dinge eine wirkungsvolle Dynamik und viel Abwechs- denn die großen Referenztracks fehlen einfach. jene Band?“-Ratespiel, da in dem Bereich ein- wie der Kuchen deiner Oma, der eben nur bei lung. Exemplarisch für die Wandlungsfähig- (Listenable/Soulfood) Arne Kupetz Kochen ohne Knochen mit dem „Kochen ohne Knochen“-Magazin und den Ox-Kochbüchern PUNKROCK.

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04.05.2012 Großefehn, Schlappohr. Ostfriesland, unsere Perle. Egal wann, egal wo, unsere Shows dort waren immer unfassbar. Das soll auch heute so blei- ben. In Großefehn haben wir vor Ewigkeiten auf dem Omas Teich Festival gespielt und dabei der Security im Fotograben richtig harte Arbeit beschert. Schon vorab steht überall zu lesen, wie sehr sich Ostfries- land auf diese Show freut, und als es losgeht, ist der Laden tatsächlich bis zur Oberkante gefüllt. SHA- RON TATE sind die lokale Supportband und geben gleich Vollgas. Musikalisch recht eigenständig, irgendwo zwischen Hardcore und Metal, mit einigen Stonerriffs zwischendurch und einem Sänger, der sich die Seele aus dem Leib brüllt und dabei seine arschlangen Dreads kreisen lässt. Cool. Danach sind wir an der Reihe, und schon während des Umbaus gibt es „WATERDOWN“-Sprechchöre. Die Show fängt an, und es folgt eine Abrissparty, wie wir sie selten erlebt haben. Unser Schlagzeuger Phil, der als Kind in der Waldorfschule war und dort gelernt hat, seinen Namen zu tanzen, wird im Laufe des Sets genau das tun müssen, die Leute gehen komplett Foto: Lena Stahl (facebook.com/unheardpictures) Nüsse und sind in einigen Momenten kurz davor, die PA umzuschmeißen. Alter, Ostfriesland und wir. Der WATERDOWN Wahnsinn. MY TOUR DIARY. Eigentlich sollte dieses Tourtagebuch wie der erste Teil nur auf fuze-magazine. 05.05.2012 Ibbenbüren, Scheune. Heute endet de erscheinen, doch dann hat die Band mit dem Schreiben einfach so lange gewartet, bis ein neues es, und zwar exakt da, wo es vor zwölf Jahren als Heft anstand, und mit ihrer Entschuldigung so viel Mitleid erregt („Sorry für die lange Wartezeit. Post- Support der TERRORGRUPPE angefangen hat. Wir Band-Depression irgendwie. Jetzt geht’s aber wieder.“), dass wir das Ding jetzt doch abdrucken. Es spielen unsere letzte Show natürlich in unserem Hei- geht schließlich auch nicht um irgendwas, sondern um die letzten Shows von WATERDOWN. matclub, der Scheune in Ibbenbüren. Der Laden ist ausverkauft, und die Stimmung ist von Anfang an 20.04.2012 Lindau, Club Vaudeville. Acht Stun- Halbglatze (!) in uralten, komplett ausgewaschenen bestens. Die Ibbenbürener Newcomer THE AFFEC- den Fahrt. Lindau liegt am Bodensee, und das ist WATERDOWN-Shirts in den Laden. Wahnsinn. Heute TED machen heute den Anfang, haben Leute der eben ein ganz schöner Ritt. Nun ja, was soll’s. Wir spielen die saarländische Hardcore-Band SCARS VADERS in ihren Reihen und spielen poppigen, waren schon oft hier, der Club Vaudeville ist ein COME CLEAN und unsere Kumpels von LAVATCH melodischen Punkrock. Danach haben wir uns alte absoluter Traditionsladen, und die Szene hier ist vor uns, und gerade die Kölner Spacken glänzen mit Freunde eingeladen, die sich inzwischen neu erfun- groß. Heute allerdings bleibt sie komischerweise Ansagen über löchrige Socken und gut gespieltem den haben. KMPFSPRT aus Köln haben Dennis und zu Hause. Warum auch immer, aber die Leute, mit Math-Wahnsinn. Die können was. Dann legen wir los, Richard von FIRE IN THE ATTIC und Max von DAYS IN denen wir gerechnet haben, kommen nicht. Statt- und im zweiten Song geht schief, was zwölf Jahre lang GRIEF in ihren Reihen und spielen rauen, deutsch- dessen tummeln sich an der Theke Menschen, die wir gut gegangen ist: Unser Bassist Christian schlägt im sprachigen Punk/Hardcore. Die intelligenten Texte auf unseren Shows nicht unbedingt erwartet hätten, Moshpart von „Disassembled“ unseren Sänger mit stehen im krassen Gegensatz zu den Typen, die und die Stimmung ist ungewohnt verhalten. Schade, seinem Bass k.o. Songabbruch, Zacken am Boden, dumm wie Brot sind. Sonst wären sie ja auch nicht das sind wir aus Lindau anders gewohnt. Während kurze Pause, Cut am Hinterkopf begutachten, pus- unsere Freunde. Dann bauen wir auf und fühlen uns unserer beiden Supportbands DAILY SOAP (Punk- ten, streicheln, weitermachen. Shit happens. Wir komisch. Irgendwie befreit, irgendwie melancho- rock) und HELL & BACK (melodischer Hardcore und brauchen anschließend aber länger als sonst, um lisch, irgendwie alles auf einmal. Wieder merkt man ziemlich gut) wird sich das dann auch nicht ändern. auf Temperatur zu kommen, denn irgendwie hemmt den Leuten schnell an, dass sie sich wirklich auf diese Besonders toll ist der Kollege, der schon komplett so ein Zwischenfall schon. Irgendwann geht’s aber, Show gefreut haben. Es gibt Sprechchöre und sehr, besoffen bei jeder (!) Ansage „Halt die Fresse und Zacken hält durch, die Leute freuen sich. Am Ende sehr viele lachende Gesichter. Unser Freund Jona- spiel Musik!“ brüllt. Als wir dann an der Reihe sind, haben wir dann noch eine Überraschung auf Lager. than ist mit seiner Frau Breanna extra aus San Fran- versucht er das auch, bekommt von uns aber relativ Unser ehemaliger Sänger Ingo stürmt die Bühne und cisco eingeflogen, unser ehemaliger Gitarrist Claus schnell die passende Antwort und hält sich anschlie- singt zum ersten Mal seit fünf Jahren gemeinsam mit ist auch da, und die Abschiedsshow wird zu der Party, ßend zurück. Gut so. Die Show ist okay, inzwischen Zacken „Sleep well“. Die älteren Semester im Publi- die wir uns erhofft hatten. Die Stimmung ist überra- sind gut sechzig Leute da, endlich auch einige, auf kum freuen sich, wir uns auch. Hinterher gibt’s Alko- gend, Ingo auch wieder am Start und diesmal sogar die wir gehofft hatten. Besonders freuen wir uns über hol bei Kai, morgens um sechs streicht der Letzte bei der Hälfte aller Songs dabei. Wir haben Spaß, den Überraschungsbesuch unseres ehemaligen endgültig die Segel. Schön war’s. Danke, Saarbrü- die Leute auch, Konfettikanonen entladen sich, wir Mischers Sascha, der mit dem Musical „Grease“ auf cken, danke Kai. wollen nicht von der Bühne. Nach zwei Stunden ist Tour ist und heute zufällig im benachbarten Kons- 22.04.2012 Köln, Rheinufer. Heute haben wir dann aber wirklich Schluss. Ingo singt auf vielfachen tanz gastiert. Schön. Trotzdem bleibt es ansonsten etwas Besonderes vor. Wir fahren nach Köln und Wunsch zum ersten Mal seit ungefähr neun Jahren aber unterkühlt. Na ja, es kann nicht immer klappen. treffen uns dort am Tanzbrunnen mit den Jungs von unsere SLIME-Coverversion „Etikette tötet“, wir sind 21.04.2012 Saarbrücken, Garage. Saarbrücken cardinalsessions.com, einem äußerst geschmack- erschöpft und irgendwie glücklich. Das war toll und ist für uns immer wie nach Hause kommen, was vor vollen Blog, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein wirklich würdiger und würdevoller Abschied. Fast allem an der absolut konkurrenzlosen Organisa- Akustikperformances an ungewöhnlichen Orten in dreizehn Jahre WATERDOWN gehen heute zu Ende. tion unseres Lieblingsveranstalters Kai liegt. Bes- Bild und Ton aufzunehmen. Das Wetter spielt mit, Vielen Dank an alle, die dabei waren. Wir sehen uns, ser kann man das alles kaum machen. Unsere aller- und wir können Außenaufnahmen machen. Holger, bis bald. erste ausverkaufte Show außerhalb von Ibbenbü- Axel und Zacken setzen sich also auf einen Baum- Christian, Philipp, Holger, Axel, Michael, Ingo ren haben wir 2001 in Saarbrücken gespielt, und die stumpf direkt am Rheinufer, spielen reduzierte Ver- Garage und Kai haben uns in den letzten zwölf Jah- sionen (zwei Gitarren und Gesang) von „Round two“ ren schon oft beherbergt. Wir haben dort im klei- und „Homecoming“ und lassen sich dabei filmen. Im nen Club mehrfach als Headliner und in der gro- Hintergrund sieht man die Skyline von Köln, die Wel- ßen Halle als Support von unter anderem SICK OF len rauschen, drumherum spielen Familien mit Kin- IT ALL, GORILLA BISCUITS und SUICIDAL TENDEN- dern. Super Atmosphäre. Wir sind aufgeregt, ver- CIES gespielt. Wir begrüßen erst einmal die bekann- spielen und versingen uns, aber so ist das nun ein- ten Gesichter der örtlichen Crew und freuen uns auf mal. Das Wetter schlägt um, ein heftiger Hagel- den Abend und die Nacht in Kais Butze. Immer ein schauer ist im Anmarsch. Eine zweite Chance gibt es Highlight. Als die Türen aufgehen, kommen Leute mit deshalb nicht. Was soll’s, ist Punk.

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FESTIVALMATES. „Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, soll man den Mund halten“, sagt das Kaninchen Klopfer im Disney-Zeichentrickfilm „Bambi“ von 1942. Ein Ratschlag, an den sich die meisten Bands, die wir darum baten, das Line-up der Festivals zu kommentieren, bei denen sie in den nächsten Wochen spielen werden, natürlich gehalten haben. Für einen richtigen Schenkelklopfer muss man manchmal aber auch auf die Kacke hauen, nicht wahr, Klopfer?

ENDLESS SUMMER SICK OF IT ALL. Die beste Liveband im Hardcore aller Zeiten. Wir haben in den letzten zwanzig Jahren unzählige Shows mit ihnen gespielt, und sie haben nicht auch nur ein einziges Mal enttäuscht. (Brett IGNITE) Eine Band, mächtig wie King Kong! Nach über zweihundert Konzerten, die ich als Gast oder als Roadie erleben durfte, ist es immer wieder geil, sie live zu sehen. Sie kommen einfach sympathisch und souverän rüber. (Snoopy CRUSHING CAS- Fotos: Tim Tronckoe PERS) Die erste Band, die ich mochte, als ich Punk und Hardcore entdeckte. SICK OF IT SPACK ALL trugen dazu bei, mich zu der Person zu machen, die ich heute bin. Die erste ANTI-FLAG. Die Band ist unser Leben.Wir haben sie gegründet, um eine Gemein- Tour, auf der ich jemals war, war mit einer Band namens DOWN TO NOTHING und schaft zu erschaffen, bei der es um mehr als nur Musik geht. Ein Ort, wo die Men- zusammen mit SICK OF IT ALL und MADBALL. Das hat mein Leben komplett ver- schen sie selbst sein können. Ohne Rassismus. Ohne Sexismus. Ohne Homopho- ändert. Das, was ich heute tue, würde ich ohne diese Erfahrung wahrscheinlich bie. Ohne Nationalismus. (Chris#2 ANTI-FLAG) nicht tun. (Gary NAYSAYER) YELLOWCARD. Diese Band hat mich dazu gebracht, den Ausdruck „guilty ple- TROOPERS. Die Musik ist kantig wie ihr Frontmann Atze, und auch textlich nimmt asure“ nicht mehr zu benutzen. Ich mag ihre Musik einfach. Warum sollte man der Herr kein Blatt vor den Mund. Entweder man mag die Band oder findet sie etwas hinterfragen, das man mag und einem selbst und anderen nicht weh tut? total doof ... (Snoopy CRUSHING CASPERS) YELLOWCARD inspirieren mich sehr, wenn es um das Schreiben von Melodien IGNITE. Ich hoffe, die Band ist am Start, nachdem ihr Sänger Zoli unmittelbar geht. Ich finde, es ist ein wirklich cooler Kontrast, eine schöne Melodie mit einem nach der PENNYWISE-Show auf dem With Full Force ins Krankenhaus musste düsteren und depressiven Text zu verbinden. (Jimmy POLAR BEAR CLUB) und am Rücken operiert wurde. Ich drücke die Daumen, dass er schnell wieder Liebe Freunde von uns. Rückwärtssaltos! Eine tolle Liveband. Ansteckende Melo- auf die Beine kommt, denn IGNITE sind eines meiner Highlights auf dem Festival. dien. (Chris#2 ANTI-FLAG) (Snoopy CRUSHING CASPERS) Wir freuen uns wie immer sehr auf den Sommer und die ganzen Festivals. Sie sind Zoli ist offiziell verrückt. Aber ich liebe es. Was für ein Irrer. (Scott TERROR) eine sehr gute Möglichkeit, vor Leuten aufzutreten, die von einem noch nie etwas LOUSY. Gute alte Bekannte aus Chemnitz. Schön, dass es die Band immer noch gehört haben, und neue Fans für sich zu gewinnen. Das Schlimmste an Festivals gibt. (Snoopy CRUSHING CASPERS) ist, nicht genügend Zeit zu haben, sich alle Bands anzuschauen, die man sehen TERROR. Für meinen Geschmack das Brutalste, was in Sachen Oldschool- will. Trotzdem hatten wir in den vergangenen Jahren die Gelegenheit, auf Festivals Hardcore derzeit auf dem Markt ist. Diese Band versprüht auf der Bühne eine mit unzähligen unserer Lieblingsbands zu spielen. Wir rennen immer von einer unglaubliche Energie, es ist der Wahnsinn! (Snoopy CRUSHING CASPERS) Bühne zu anderen und versuchen, so viel Musik wie möglich abzukriegen. Unsere Eine Band, die die Zeiten überdauern wird. Ich freue mich auf jeden Song, den sie beste Festivalerfahrung bisher war wahrscheinlich die Vans hier in spielen, egal, ob alt oder neu. (TRAPPED UNDER ICE) den USA. Wir schätzen uns echt glücklich, jedes Jahr wieder ein Teil davon zu sein. Die werden nie aufhören zu touren. Niemals! Kaum eine Band in der Hardcore- Der Kontakt zu den ganzen anderen Bands und die Verbindung zu den Fans auf Szene reißt sich mehr den Arsch auf. (Brett IGNITE) dieser Tour ist mit nichts zu vergleichen. (Ryan YELLOWCARD) Eine meiner Lieblingsbands. Ich verfolge sie seit ihrem Demo und hatte das . Das sind super Typen. Wir haben viel von ihnen gelernt, Glück, mit ihnen zu touren und mich mit ihnen anzufreunden. Sie haben mich weil sie eine ersten der Bands waren, mit denen wir sehr viel gespielt haben, als noch nie hängenlassen und schon oft inspiriert. Scotts Texte haben bei mir schon wir anfingen zu touren. Eine Show mit ihnen zu spielen, bringt dich allerdings immer einen Nerv getroffen und mich durch so manch harte Zeit gebracht. (Gary erst einmal dazu, keine Musik mehr machen zu wollen – so gut sind A WILHELM NAYSAYER) SCREAM. Ich glaube, das hat uns echt dabei geholfen, eine „gute“ Band zu wer- CRUSHING CASPARS. Snoop ist ein deutscher Gott. (Scott TERROR) den. Anfangs dachten wir, dass alle Bands live so gut sein müssten wie A WILHELM NAYSAYER. Gary ist einer der besten Hardcore-Frontmänner. (Scott TERROR) SCREAM. Das ist natürlich falsch, aber wir waren mit dieser Denkweise letztend- DEADLINE. Eine großartige Partyband, mit sehr viel Drive und jeder Menge Sing- lich besser dran, weil uns das sehr angespornt hat. (Jimmy POLAR BEAR CLUB) Alongs. Ich freue mich sehr darauf. (Snoopy CRUSHING CASPERS) A WILHELM SCREAM verschmelzen mit ungeheurer Leichtigkeit verschiedene GUMBLES. Das sind unsere Homies von der Küste. Derselbe Menschenschlag – Genres. Außerdem finde ich sie sehr witzig und geistreich. Man muss in ihrer außer dass wir auf verschiedene Fußballvereine stehen, haha. (Snoopy CRUS- Gegenwart echt auf Zack sein. Und wir mögen unterschiedliche Eishockeyteams. HING CASPERS) (Chris#2 ANTI-FLAG) YOUR DEMISE. Wir waren mit ihnen kürzlich auf Tour. Sie bringen die Leute dazu, Wir lieben diese Jungs. Eine der besten Livebands im Moment. Nuno ist eine echt verrückte Sachen zu machen. (TRAPPED UNDER ICE) echte Rampensau und einer dieser Typen, die immer da sind und mit einem TRAPPED UNDER ICE. Wer Teil der Hardcore-Szene ist, sollte diese Band ken- abhängen, wenn man mit seiner Band vorbeikommt und eine Show spielt. (Brett nen. TRAPPED UNDER ICE stehen seit ungefähr fünf Jahren an der Spitze einer NATIONS AFIRE) neuen Generation, touren um die ganze Welt und verkünden ihre Botschaft. Ich POLAR BEAR CLUB. Diese Band läutet eine neue Generation von Punkrock ein. kenne diese Jungs seit Jahren und mag sie sowohl auf als auch neben der Bühne. Sie entstammt zwar derselben Ästhetik wie wir, ist aber definitiv etwas Eigenes. (Gary NAYSAYER) POLAR BEAR CLUB arbeiten unermüdlich – auch das sollte nicht unerwähnt blei- Die beste Hardcore-Band seit . (Scott TERROR) ben. Sie warten nicht darauf, „entdeckt“ zu werden oder dass ihnen irgendjemand RAT CITY RIOT. Mit denen haben wir mal in Venedig gespielt. Sehr sympathi- etwas schenkt. Sie gehen raus und holen es sich. Alleine. Zu ihren eigenen Bedin- sche Jungs, die saucoolen, straighten Streetpunk spielen. (Snoopy CRUSHING gungen. (Chris#2 ANTI-FLAG) CASPERS) SPACK FESTIVAL mit K.I.Z., KRAFTKLUB, ANTI-FLAG, YELLOWCARD, CRO, A ENDLESS SUMMER OPEN AIR mit SICK OF IT ALL, TROOPERS, STOMPER 98, WILHELM SCREAM, HIS STATUE FALLS, NATIONS AFIRE, POLAR BEAR CLUB ... IGNITE, BETONTOD, TERROR, CRUSHING CASPARS, AYS ... 17./18.08. Wirges, Festivalpark 09.-11.08. Torgau, Entenfang

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IEPERFEST

7 SECONDS. Mein erstes 7 SECONDS-Tape war „Old School“. Das war eigentlich – noch wichtiger – oft zusammen Party gemacht. John und Mike sind zwei der die erste Aufnahme der Band, sie wurde aber erst in den Neunzigern veröffent- coolsten Typen, die ich je getroffen habe. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) licht. Das Raue von MINOR THREAT, aber mit Melodie ... eine echt coole Band. 2007 haben wir mit ihnen eine Festivaltour gemacht. Mike war immer der Letzte, Eine meiner ersten E-Mails schrieb ich übrigens an Kevin. Ich weiß noch, wie cool der ins Bett ging, und der Erste, der morgens aufstand. (Rick THIS IS HELL) ich es fand, dass er tatsächlich antwortete. (Rick THIS IS HELL) 2004 waren wir eine Woche mit ihnen auf Tour. Obwohl ihre Fans damals ver- Ihre Musik hatte immer großen Einfluss auf uns. (Roger ) wirrt von uns waren, hatten wir eine Menge Spaß. Ryan ist übrigens ein super „Ms. Ich liebe diese Band, aber nach „New Wind“ habe ich irgendwie das Interesse ver- Pac-Man“-Spieler. (Laura KYLESA) loren. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) Bei einer der ersten Shows, die ich von ihnen gesehen habe, war nach einem Ihre Hymne „Young ‘til I die“ ist einer der ersten Hardcore-Punk-Tracks, die wir Streit gerade einer ihrer Gitarristen ausgestiegen und bereits auf dem Heimflug. kannten, und immer noch ein Wahnsinnssong. (HOMER) Sie haben trotzdem das Equipment für eine zweite Gitarre aufgebaut und jeman- Ich war mal in einer Punkband, die „Young ‘til I die“ gecovert hat. (Laura KYLESA) den aus dem Publikum darum gebeten, auf der Bühne Luftgitarre zu spielen. Was „Young ‘til I die“ muss der am meisten gecoverte Song in der Punk- und Hard- haben wir gelacht, haha. (HOMER) core-Szene sein. (Ray KNUCKLEDUST) DEEZ NUTS. Angesichts ihres Namens hoffe ich, dass diese Jungs nicht älter als ABORTED. Bands wie ABORTED zeigen, dass es möglich ist, sowohl Metal- als 23 sind. (Laura KYLESA) auch Hardcore-Fans anzusprechen, ohne sich bei irgendwelchen Trends anzu- EYEHATEGOD. Ich würde töten, um sie zu sehen. Ich habe gehört, dass ein Buch biedern. (Ash BRUTALITY WILL PREVAIL) über sie in Arbeit ist. Ich kann es kaum erwarten, über die Spur der Verwüstung zu Das erste Mal, als wir beim Ieper spielten, war auch das erste Mal, dass wir Sven lesen, die diese Jungs überall zu hinterlassen scheinen. (Trevor THE BLACK DAH- und seine Jungs gesehen haben. Ich weiß noch, dass ich unseren Gitarristen Brian LIA MURDER) nicht mehr finden konnte, bis er plötzlich als Crowdsurfer über unseren Köpfe . Wir haben mit ihnen 2001 in Wales gespielt und viel zu schwebte. Das war geil. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) viel gesoffen. Die vertragen echt was! (Dan DEATH BY STEREO) AGNOSTIC FRONT. Der Anfang von „The eliminator“ könnte das beste Cross- IGNITE. Während der Resistance Tour gab es mal eine Prügelei in einer Bar – die over-Riff aller Zeiten sein. (Rick THIS IS HELL) Bands gegen die Stammgäste. Zoli hat sich bis auf die Unterwäsche ausgezo- Mit denen waren wir schon ein paar Mal auf Tour. Spät nachts mit Stigma abzu- gen und Liegestütze gemacht, um zu zeigen, wer der Härteste ist. (Ray KNUCK- hängen, ist einfach das Coolste. (Dan DEATH BY STEREO) LEDUST) BOLT THROWER. Ich wünschte, wir würden am selben Tag spielen wie sie. Ich KNUCKLEDUST. Englands beste Hardcore-Band! (Roger AGNOSTIC FRONT) war todtraurig, als ich feststellte, dass wir sie schon wieder verpassen. Ich muss MUCKY PUP. Wir haben sie in den Neunzigern ein paar Mal gesehen, und einmal sie unbedingt live sehen, bevor ich sterbe. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) brach ihr Sänger in die Bühne ein. Man konnte seine Beine nicht mehr sehen, nur BRUTALITY WILL PREVAIL. Sind schon länger dabei, als die meisten glauben. seinen nackten Bauch und sein Gesicht. Aber er sang weiter, als sei nichts pas- Nette und hart arbeitende Jungs, die es verdient hätten, viel größer zu sein. (Ray siert – was alles nur noch witziger machte. (HOMER) KNUCKLEDUST) NAYSAYER. Eine tolle neue Band mit sehr viel Power. (Roger AGNOSTIC FRONT) CATTLE DECAPITATION. Travis Ryan, ihr verrückter Sänger, ist einer der cools- Diese Typen lieben McDonald’s. (Dan DEATH BY STEREO) ten Typen, die ich auf Tour getroffen habe. Das erste Mal, als ich die Band live Ihr Bassist und ich werden das ganze Wochenende lang in einem extra Zelt Fit- sah, spuckte er einen riesigen Schleimbatzen in hohem Bogen über die Bühne, ness- und Gewichtheberkurse geben. (Rick THIS IS HELL) rannte hinterher und fing die grüne Rotze wieder mit seinem Mund auf. Ab da SET YOUR GOALS. Keiner beherrscht das „Zeig den Flugbegleitern den Finger“- hatte er mich. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) Spiel besser als Matt Wilson. (Rick THIS IS HELL) CONGRESS. Die haben bei der ersten Hardcore-Show gespielt, die wir organi- . Matt Fox ist der größte Nerd im Hardcore. Mit ihm über nerdige siert haben. Bei einem anderen Konzert, an das ich mich erinnere, hat ihr Sänger Sachen wie Star Trek und Metal zu reden, ist jedes Mal super. (Rick THIS IS HELL) während der Show mit Feuer rumgespielt, und die Decke des Ladens fing Feuer. Es SICK OF IT ALL. Immer noch Vorbild und Inspiration für unzählige Bands. Egal, brannte nicht lange, war aber ein netter Spezialeffekt, haha. (HOMER) wie oft man sie schon live gesehen hat, es ist immer wieder super. (HOMER) CONVERGE. Eine der Bands, die niemals ihre Integrität geopfert, die nie ihre Die Band, die mich im Alleingang dazu gebracht hat zu sagen: „Ich muss Teil der Wurzeln aus den Augen verloren hat. Trotzdem verschieben sie die Grenzen von Hardcore-Szene werden.“ Ich kann gar nicht stark genug betonen, wie wichtig Hardcore immer weiter. (Ash BRUTALITY WILL PREVAIL) und einflussreich diese Band auf mein Leben war. Von ihnen als ebenbürtig ange- Wie jeder mit einem Gehirn liebe ich CONVERGE. Keiner kommt an sie ran, sie sehen zu werden, ist die größte Leistung meiner musikalischen Karriere. Es gibt spielen in ihrer ganz eigenen Liga. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) keine Band, die ich mehr respektiere. (Rick THIS IS HELL) Einer der heftigsten Auftritte, die ich von ihnen erlebt habe, war beim Funtime SKARHEAD. Unsere dysfunktionale Familie. (Roger AGNOSTIC FRONT) Fest. Sie haben vorher miteinander gestritten, was der Show eine ganz beson- Mit denen haben wir schon einige Abenteuer erlebt. Ich kann allerdings nicht dar- dere Stimmung gab. (HOMER) über sprechen, weil ich Angst habe, eingebuchtet zu werden und mein Haus zu Jacob hat das Artwork der US-Version unserer Platte „Time Won’t Heal This“ verlieren. (Ray KNUCKLEDUST) gemacht. Das Lustige ist, dass wir das nicht wussten, bis wir ihn ein paar Jahre TERROR. Im Sommer mit ihnen zu touren, wird bestimmt toll. Von Leuten mit so später auf dem Pressure Fest trafen und er es uns sagte. (Ray KNUCKLEDUST) viel Erfahrung kann man sicher viel lernen. (Ash BRUTALITY WILL PREVAIL) Nate, ihr Bassist, steht total auf Designerjeans. (Laura KYLESA) Sie repräsentieren den wahren Hardcore-Lifestyle. (Roger AGNOSTIC FRONT) CORROSION OF CONFORMITY. Echt geil, mit ihnen auf einer Bühne zu ste- TRAPPED UNDER ICE. Man kommt da vielleicht nicht drauf, aber wir sind große hen, vor allem da sie Songs von „Animosity“ spielen. Dieses Album ist eine der Fans dieser Jungs. Ich freue mich zu erleben, wie sie dank ihrer harten Arbeit am meisten unterschätzten Crossover-Platten in der Geschichte dieses Genres. immer beliebter werden. (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) (Rick THIS IS HELL) TRC. Ich weiß noch, wie sie anfangs von ein paar Leuten ausgelacht wurden. CROWBAR. Die wahrscheinlich heftigste Band der Welt. Es ist ein Verbrechen, Heute lacht keiner mehr. (Ray KNUCKLEDUST) wie unterschätzt sie in den USA sind. Ich bin froh, dass das in Europa anders ist. IEPER HARDCORE FEST mit AGNOSTIC FRONT, DEATH BY STEREO, KYLESA, THE (Trevor THE BLACK DAHLIA MURDER) BLACK DAHLIA MURDER, SHAI HULUD, SICK OF IT ALL, CONVERGE, TERROR ... DARKEST HOUR. Unsere Brüder im Geiste. Wir haben viel mit ihnen getourt und 10.-12.08. BE-Ieper

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geti | 22.07. Cuxhaven, Deichbrand | 22.07. Ober- FUZE PRÄSENTIERT hausen, Devilside | 25.07. Lindau, Vaudeville | 26.07. 7 SECONDS. 08.08. Hamburg, Marx | 10.08. Flens- München, Free & Easy | 27.07. Bausendorf-Olken- burg, Roxy | 11.08. Köln, Underground | 17.08. Frank- bach, Riez | 31.07. A-Graz, Explosiv | 01.08. Stutt- furt, Au | 18.08. Stemwede, Open Air gart, Universum | 02.08. Schweinfurt, Alter Statt- bahnhof | 10.08. Torgau, Endless Summer A TRAITOR LIKE JUDAS. 28.07. Essen, Nord Open Air | 17.08. Berlin, K17 | 18.08. Greifswald, Baltic Sea IMPERICON NEVER SAY DIE! TOUR mit WE CAME | 24.08. Augsburg, Smalltown | 25.08. Dragensdorf, AS ROMANS, BLESSTHEFALL, STICK TO YOUR Rockt | 31.08. Obererbach, Pell Mell | 08.09. Rodgau, GUNS, FOR THE FALLEN DREAMS, OBEY THE Krawall | 15.09. Lebach, Werkstatt (...) BRAVE ... 12.10. Würzburg, Posthalle | 13.10. Stutt- gart, Zapata | 20.10. Köln, Essigfabrik | 21.10. Berlin, ADOLESCENTS. 19.07. Glaubitz, Back To Future | C-Club | 22.10. Hamburg, Markthalle | 25.10. Müns- 20.07. Frankfurt, Au | 21.07. Oberhausen, Devilside ter, Sputnikhalle | 27.10. CH-Pratteln, Z7 | 29.10. | 21.07. Münster, Bergfest | 22.07. Saarbrücken, München, Backstage Werk | 30.10. A-Wien, Arena | Garage | 23.07. München, Feierwerk | 24.07. A-Wien, 02.11. Leipzig, Werk 2 Arena | 31.07. CH-Luzern, Sedel | 01.08. Karlsruhe, Alte Hackerei | 11.08. Verden, JZ Dampfmühle | 12.08. JOYCE MANOR. 02.10. Berlin, Crystal | 03.10. Ham- Hamburg, Hafenklang | 13.08. Hannover, Béi Chéz burg, Hafenklang | 04.10. Köln, MTC Heinz MADBALL. 03.08. Augsburg, Kantine | 04.08. CH- AGNOSTIC FRONT, THE MONGOLOIDS, TAKE Gränichen, Open Air | 08.08. Pfarrkirchen, Bogaloo OFFENSE. 25.07. Braunschweig, Meier Music Hall | | 09.08. Stuttgart, Universum | 10.08. Villmar, Tells 26.07. Bremen, Tower | 27.07. Essen, Nord | 28.07. Bells | 11.08. Haren (Ems), Rüt’n’Rock Foto: Tim Tronckoe Bausendorf, Riez | 29.07. München, Free & Easy | 30.07. Weinheim, Café Central | 12.08. A-Wien, MIDSUMMER OPEN AIR mit THE HIRSCH EFFEKT, Arena | 16.08. Freiburg, Waldsee | 17.08. CH-Le ASHES OF POMPEII, THE TIDAL SLEEP, AKELA ... BALTIC SEA Locle, Rock Altitude | 18.08. Lüdinghausen, Area4 | 25.08. Halver, Rathauspark 19.08. Großpößna, Highfield | 21.08 Aachen, Musik- DEEZ NUTS. Sie werden ein paar Breakdowns spielen, und Kids mit neonfarbe- bunker MUTINY ON THE BOUNTY. 06.10. Berlin, Magnet | 08.10. München, 59to1 | 09.10. Frankfurt, Elfer | nen Klamotten und Tunnel im Ohr werden total durchdrehen. (Niels CORNERED) ALLSCHOOLS BIRTHDAY BASH mit VERSE, NO 10.10. Köln, Blue Shell Die sind mir irgendwie zu prollig. Nichts gegen HipHop-Einflüsse im Hardcore, TURNING BACK, RITUAL, AYS, SOUL CONTROL ... 04.08. Köln, Underground NAPALM DEATH. 27.07. Bertingen, Rock unter den aber bei denen kommt das aufgesetzt rüber. Ich fand es auch komisch, dass sie Eichen | 28.07. Weißenfels, No Silent Backlands | bei der Rebellion Tour links und rechts riesengroße Werbung für einen Energy- THE BLACK DAHLIA MURDER. 03.08. Wacken, 04.08. Wacken, Open Air | 05.08. Kassel, Panopti- Open Air | 05.08. Wiesbaden, Schlachthof | 07.08. kum | 14.08. München, Freak Out | 16.08. Dinkelsbühl, Drink aufgestellt haben. Vermarktung pur, das hat für mich eher was mit LINKIN München, Backstage Halle | 10.08. Mittelbach, Rock Summer Breeze im Betonwerk PARK als mit Hardcore zu tun. (Mike ONLY ATTITUDE COUNTS) NASUM, BLACK BREATH. 23.09. Hamburg, Logo BACKFIRE! Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich Richie kennen lernte. CALLEJON. 24.10. Nürnberg, Hirsch | 25.10. A-Wien, | 28.09. München, Backstage Club | 04.10. Berlin, Szene | 26.10. Saarbrücken, Garage | 27.10. Münster, Magnet Das muss 1996/97 gewesen sein. Wir verstanden uns auf Anhieb. Ich habe sel- Skaters Palace | 30.10. Leipzig, Conne Island | 31.10. ten einen so freundlichen und ehrlichen Typen getroffen. Seine Todesnachricht Karlsruhe, Substage (...) NO SILENT BACKLANDS FESTIVAL mit NAPALM DEATH, AWAKEN DEMONS, SHOW YOUR TEETH, einige Monate später hat mich schwer getroffen. Heroes never die! (Mike ONLY CEREMONY. 13.08. Berlin, Magnet | 14.08. Köln, SCARRED BY BEAUTY ... 28.07. Weißenfels, ATTITUDE COUNTS) Underground | 16.08. Hamburg, Hafenklang Schloss Neu-Augustusburg Habe ich zum ersten Mal vor elf Jahren gesehen. Ihr Gitarrist sprang von einem CRUEL HAND. 17.07. Aue, Cavallino | 18.07. Würz- BECOME THE TEETH. 24.07. Schweinfurt, burg, Café Kairo | 19.07. Berlin, Magnet | 22.07. Alter Stattbahnhof | 25.07. Stuttgart, Goldmark’s sechs Meter hohen Boxenturm direkt auf meinen Kopf. (Niels CORNERED) Schloß Holte-Stukenbrock, Serengeti | 24.07. | 26.07. Frankfurt, Elfer | 29.07. Solingen, Getaway FIRST BLOOD. Wir haben mit den Jungs mal irgendwo im Osten Deutschlands A-Wien, Arena | 25.07. A-Mitterdorf, Jörgis Bar | | 30.07. Siegen, Vortex | 31.07. Hannover, Béi Chéz 26.07. A-Salzburg, Rockhaus Bar | 27.07. Aschaf- Heinz | 01.08. Münster, Café Lorenz Süd gespielt. Ihr Tourbus ist abgekackt, und sie kamen viel zu spät und ohne Backline fenburg, Katakombe | 31.07. Dresden, Chemiefabrik an. Sie waren schließlich um zwei Uhr nachts mit den Instrumenten von anderen | 01.08. Stuttgart, Universum | 07.08. Essen, Zeche RIEZ OPEN AIR mit AGAINST ME!, IGNITE, Carl | 10.08. Hamburg, Logo AGNOSTIC FRONT, DEEZ NUTS, VERSE, SET Bands auf der Bühne und haben absolut das Beste daraus gemacht. Respekt. YOUR GOALS ... 27./28.07. Bausendorf (Jasper A TRAITOR LIKE JUDAS) DEATH BY STEREO. 07.08. Essen, Zeche Carl | 11.08. Haren (Ems), Rüt’n’Rock | 13.08. A-Gleisdorf, SICK OF IT ALL. 04.08. Wacken, Open Air | 08.08. Finde ich auf CD sehr fett, live haben sie mich bisher eher weniger überzeugt. Kulturkeller | 14.08. A-Wien, Arena | 18.08. Greifs- Pfarrkirchen, Bogaloo | 10.08. Torgau, Endless Sum- wald, Baltic Sea | 19.08. Berlin, Cassiopeia | 20.08. mer | 13.08. A-Feldkirch, Poolbar | 18.08. Dinkels- Aber die politischen Texte auf der letzten Platte sowie die ultraschnellen Knüppe- Hamburg, Headcrash | 22.08. Frankfurt, Elfer | bühl, Summer Breeze | 19.08. Lüdinghausen, Area4 leien sind vom Feinsten und irgendwie einzigartig in der Szene. (Mike ONLY ATTI- 25.08. Lindau, Vaudeville | 26.08. Pforzheim, Bot- tich | 27.08. Freiburg, Walfisch | 31.08. CH-Chancy, STRENGTH APPROACH, WORLD EATER. 22.09. TUDE COUNTS) Biubstock | 01.09. Obererbach, Pell Mell | 08.09. Gol- Quedlinburg, KuZ Reichenstrasse | 23.09. Ber- DEATH BY STEREO. Mit denen haben wir mal im MTC in Köln gespielt. Nach der denstedt, Afdreiht un Buten lin, Cassiopeia | 24.09. Hannover, Béi Chéz Heinz | 28.09. Lauter, Schatulle Show stand ich mit dem Rücken zu ihrem Sänger, und er fragte mich, wie viel Uhr DEVIL IN ME. 09.08. Stuttgart, Universum | 10.08. es sei. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass er seine ganzen Klamotten ausgezo- Nürnberg, Pull The Trigger | 11.08. Villmar, Tells Bells TERROR, NAYSAYER, BRUTALITY WILL PREVAIL. | 13.08. A-Gleisdorf, Kulturkeller | 14.08. A-Wien, 11.08. Torgau, Endless Summer | 13.08. Aschaffen- gen hatte, haha. (Ernst ALL FOR NOTHING) Arena | 15.08. Saarbrücken, Garage | 17.08. Greifs- burg, Katakombe | 14.08. Osnabrück, Bastard Club | wald, Baltic Sea | 28.09. Hameln, Mad 15.08. Saarbrücken, Garage | 16.08. Alsfeld, Ehrlich ALL FOR NOTHING. Mit ihrem alten Schlagzeuger habe ich in Rotterdam immer & Laut | 17.08. Dinkelsbühl, Summer Breeze | 19.08. Crack geraucht. (Niels CORNERED) DYING FETUS, JOB FOR A COWBOY, REVOCA- A-Wien, Arena | 23.08. Hannover, Musikzentrum | TION, CEREBRAL BORE. 14.09. Lindau, Vaudeville 24.08. Wörrstadt, NOAF | 25.08. Köln, Essigfabrik | NASTY. Die Jungs durften wir auf der Hell On Earth Tour kennen lernen. Die | 15.09. CH-Genf, L’Usine | 26.09. Hamburg, Markt- 27.08. Rostock, Stadtpalast | 28.08. Hamburg, Logo anfänglichen Zweifel, dass sie genauso hart sein müssen wie ihre Mucke, wurden halle | 04.10. Berlin, C-Club | 05.10. Würzburg, Post- halle | 06.10. Jena, F-Haus | 08.10. München, Back- TORCHE. 22.09. Osnabrück, Bastard Club | schnell ausgeräumt, denn netter kann man wohl kaum zu seinen Mitmenschen stage | 09.10. A-Wien, Arena | 12.10. CH-Aarau, Kiff | 23.09. Hamburg, Hafenklang | 24.09. Wiesbaden, sein. (Sören A TRAITOR LIKE JUDAS) 13.10. Essen, Turock Schlachthof | 25.09. Stuttgart, Zwölfzehn | 26.09. München, 59to1 | 28.09. Berlin, Bi Nuu | 29.09. Köln, Die haben vor ein paar Jahren beim Ieper einen Vierzehnjährigen ausgeknockt. FIGHT FOR YOUTH FESTIVAL mit THE SATELLITE Luxor | 30.09. Dortmund, FZW YEAR, BURY TOMORROW, THE HAND OF GLORY, (Niels CORNERED) LIGHT YOUR ANCHOR ... 07./08.09. Keyenberg, TOUCHÉ AMORÉ. 19.08. Berlin, Magnet | 20.08. Vermutlich wird das Festivallazarett nach ihrem Auftritt gut besucht sein. Auch Mehrzweckhalle Wiesbaden, Schlachthof | 22.08. Stuttgart, JuHa West wenn die Musik nichts für mich ist, fand ich die Band nie unsympathisch. (Tho- FIRST BLOOD. 05.08. Bremen, Tower | 07.08. Essen, mas LASTING TRACES) Zeche Carl | 08.08. München, Backstage | 09.08. TRAPPED UNDER ICE, AYS. 19.07. Berlin, Mag- Egelsee, Schwarzer Adler | 11.08. Villmar, Tells Bells net | 24.07. A-Wien, Arena | 25.07. Würzburg, Café Drückt total, aber meistens sind leider zu viel Hampelmänner vor der Bühne. | 16.08. Alsfeld, Ehrlich & Laut | 17.08. Hohenstein- Kairo | 26.07. Karlsruhe, Stadtmitte | 27.07. Darm- (Ronny NEW HATE RISING) Ernsthal, Voice Of Art | 18.08. Greifswald, Baltic Sea stadt, Goldene Krone | 28.07. Rostock, Zuckerfab- | 23.08. A-Wien, Arena | 24.08. A-Gleisdorf, Kul- rik | 30.07. Hamburg, | 31.07. Köln, MTC | A TRAITOR LIKE JUDAS. In Amerika gibt es THE GHOST INSIDE, in Deutschland turkeller | 26.08. Pforzheim, Bottich | 27.08. Frei- 01.08. Osnabrück, Bastard Club | 09.08. Saarlois, JuZ burg, Walfisch | 30.08. CH-Luzern, Sedel | 31.08. CH- | 10.08. Torgau, Endless Summer A TRAITOR LIKE JUDAS. (Gabriel I AM REVENGE) Chancy, Biubstock | 01.09. Burghausen, FZH OUT OF STEP. Hamburgs Oldschool-Könige. Sie predigen nicht, was Hardcore . 02.08. Wacken, Open Air | 08.08. Mün- HATEBREED. 21.07. Oberhausen, Devilside | 07.08. chen, Free & Easy | 09.08. Schweinfurt, Alter Statt- sein sollte, sie leben es vor. Sie touren um die ganze Welt und halten dabei die CH-Lyss, KuFa | 08.08. München, Werk bahnhof | 12.08. Berlin, Bi Nuu | 14.08. Bochum, DIY-Fahne hoch. (Gabriel I AM REVENGE) Bahnhof Langendreer | 17.08. Dinkelsbühl, Sum- HELL ON EARTH TOUR mit WALLS OF JERI- mer Breeze NEW HATE RISING. Kennen gelernt habe ich die Jungs auf dem Baltic Sea 2009. CHO, DEATH BEFORE DISHONOR, HUNDRETH, Wir waren uns sofort sympathisch. Durch viele Shows wurde die Freundschaft BETRAYEL ... 10.09. Hannover, Musikzentrum | WE ARE THE OCEAN. 18.08. Bremen, Magazinkeller 12.09. CH-Solothurn, Kofmehl | 13.09. Esslingen, | 05.10. Köln, Underground | 06.10. Hamburg, Logo | immer dicker, und jedes Mal, wenn wir uns wiedersehen, ist es wie ein Kinderge- Komma | 14.09. München, Backstage | 16.09. Saar- 07.10. Berlin, Magnet | 09.10. München, 59to1 | 10.10. brücken, Garage | 19.09. Berlin, SO36 | 20.09. Cham, Stuttgart, JuHa West | 11.10. Wiesbaden, Schlachthof burtstag, bei dem massig Alkohol ausgeschenkt wird. (Okan I AM REVENGE) LA | 22.09. Köln, Essigfabrik Club | 15.10. Hannover, Faust I AM REVENGE. Unsere Freunde aus Hamburg. Sehr sympathische Jungs und THE HIRSCH EFFEKT. 25.08. Halver, Midsummer | WISDOM IN CHAINS. 07.08. Essen, Zeche Carl | sehr gute Musiker. (Ronny NEW HATE RISING) 31.08. Hannover, Béi Chéz Heinz | 17.09. Marburg, 10.08. Torgau, Endless Summer | 11.08. Villmar, Tells BEDLAM BROKE LOOSE. Der Sänger hat uns mal eine Show in Wolfsburg orga- Café Trauma | 18.09. Reutlingen, Franz K | 19.09. Bells | 16.08. Osnabrück, Bastard Club | 17.08. Greifs- Nürnberg, MuZ | 20.09. Ludwigshafen, Das Haus | wald, Baltic Sea nisiert. Nach etlichen Bieren saß er dann auf dem Dach des Venues und hat 21.09. Frankfurt, Elfer | 22.09. München, Backstage Steine auf die Straße geschmissen. Geiler Typ. (Thomas LASTING TRACES) | 24.09. Freiburg, White Rabbit | 25.09. Karlsruhe, YOUR DEMISE. 27.07. Dieburg, Traffic Jam | 28.07. Jubez | 26.09. Köln, Underground | 27.09. Oberhau- Riez, Open Air | 11.08. Torgau, Endless Summer BALTIC SEA FESTIVAL mit DEEZ NUTS, BACKFIRE!, FIRST BLOOD, DEATH BY STE- sen, Druckluft | 28.09. Leipzig, Villa | 29.09. Berlin, Linse (...) YUPPICIDE. 10.09. Osnabrück, Bastard Club | 11.09. REO, AWAKEN DEMONS, ANCHOR, ALL FOR NOTHING, NASTY, DEAD ICONS ... Saarbrücken, Garage | 12.09. Weinheim, Café Cen- 17./18.08. Greifswald, Festwiese IGNITE. 20.07. Schloss Holte-Stukenbrock, Seren- tral | 13.09. Köln, MTC

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44-46Fuze35.indd 46 08.07.12 17:53 DIE ERSTE L IVE-DV D EIN ER D ER B ELIEB TESTEN MELOD IC H ARD CORE BANDS AUF D IESEM P LAN ETEN! DIESE DV D B RIN GT D IE PURE P OWER UND INTEN SITÄT EIN ER IGN ITE L IVE- S HOW D IREKT IN DEIN W OHN ZIMMER. VÖ: 10.08.12 E RHÄLTLICH AUF DVD & LIMITED EDITION DVD I N KL. C D.

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