mmm.verdi.de E 2814 Jahrgang 67 MENSCHEN MACHEN Kosten und Qualität MEDIEN ARD-Vorsitzender im Gespräch Ohne sie herrscht Willkür Medienpolitisches ver.di-Magazin. März 2018. Nr. 1 Betriebsräte berichten

Pressefreiheit Weltweit unter Dauerfeuer Inhalt

IM FOKUS PRESSEFREIHEIT MEINUNG TARIFE UND HONORARE

6 UNTER DAUERFEUER 18 DÜSTERES BILD 5 AUF KONFRONTATION 30 FILMSCHAFFENDE Von Karin Wenk GEZEICHNET GEBÜRSTET 12 Stunden am Tag EJF-Präsident fordert: reichen aus 11 JOURNALISTEN KLAGEN „Stoppt alle Attacken auf GEGEN BND-GESETZ Journalisten und Medien“ MEDIENPOLITIK 30 TAGESZEITUNGEN Fahrlässig und 12 FIRMEN ALS 20 BRÜCKEN BAUEN unzumutbar PUBLIZISTEN Mit „Catamaran“ 22 NICHT WENIGER ALS Pressefreiheit zwischen gegen Sprachbarrieren in DIGITALE WELTSPITZE 30 REUTERS DEUTSCHLAND Kommerz und Sri Lanka Viele medienpolitische Ergebnis nach fairer öffentlichem Auftrag Baustellen und Geschenke Verhandlung 21 ABWÄGUNGSPROZESSE für Verleger im Koalitions - 14 FINANZQUELLE Bedrohung durch staat- vertrag STIFTUNGEN liche Einflüsse und VER.DI UNTERWEGS Nordeuropäische Länder in „Brandschutzmauern“ in 24 UNTRENNBAR: Spitzenposition bei Presse- Redaktionen KOSTEN UND QUALITÄT und Meinungsfreiheit Interview mit 28 OHNE BETRIEBSRAT Ulrich Wilhelm, Intendant HERRSCHT WILLKÜR 16 STARKE MEDIEN PORTRÄT des Bayerischen Rundfunks Im März finden wieder die FÜR EINE STARKE und seit 1. Januar 2018 Wahlen zu den Interessen - GESELLSCHAFT Vorsitzender der ARD vertretungen statt Den Prozess der 4 BERUF: Meinungs freiheit im Netz REGISSEUR IM HÖRFUNK 31 MEDIENTAGE ausbalanciert gestalten – Klaus-Michael Klingsporn BERUF Interview mit dem OSZE- Die späte Schicht 31 DIGITALISIERUNGS- Beauftragten Harlem Désir KONGRESS 26 MEDIENSALON: KEINE ZUKUNFT OHNE 31 RECHTE AKTIVISTEN JOURNALISMUS 31 MEDIAFON-RATGEBER 27 SCHON ENTDECKT? AKTUALISIERT THE BUZZARD 31 BERLINALE 27 BARRIEREN IN DEN FAIRFILMAWARD MEDIEN ABBAUEN 31 IMPRESSUM Titelbild: Online Willi Effenberger M Fotografen versus Polizisten immer aktuell informiert. während der Proteste Alle 14 Tage per newsletter die gegen die Eröffnung der neuesten Beiträge im Überblick. EZB in Frankfur t/ Main im März 2015. >> mmm.verdi.de

2 M 1.2018 ediTOriAl

Stuttgart 28. Februar 2016: Bei einer Demonstration gegen den Bildungsplan der Regierung wurden r e

Journalisten trotz Vorzeigen des g n i z

Presseausweises von der Polizei n e D

attackiert. Die Fotografin der y d d

„beobachternews“ im Hintergrund e r F

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stürzte dabei auf den Boden. o t o F

Für das freie Wort

„Die Presse hat auch die Aufgabe, das Gras zu mähen, das über etwas zu wachsen droht“, so der öster - reichische Schriftsteller und Kritiker Alfred Polgar Anfang des vorigen Jahrhunderts – eine treffliche Beschreibung des Kerns journalistischer Arbeit in Print, Rundfunk und Online. Jedoch sind die Bedingungen für eine wirkungsvolle Gras- und Unkrautbeseitigung mit dem freien Wort in vielen

Ländern mehr als kritikwürdig und deshalb Thema der aktuellen Ausgabe von „M Menschen Machen

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l Medien“ 1.2018.

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s Journalist_innen, die Missstände wie Korruption aufdecken oder einfach nur von oppositionellen

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Meinungen gegenüber der Regierungspolitik berichten, werden ins Gefängnis geworfen oder sogar

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F ermordet. (S. 6–8) Zudem wächst derzeit jenseits körperlicher Gewalt der Druck von Politik und Behörden auf die Medien – in Europa auch dem politischen Rechtsruck in vielen Ländern geschul - det. Die Entwicklung der regionalen und vor allem der global agierenden Medienkonzerne, neuer Medienplayer von Unternehmen, die bisher nicht in der Branche aktiv waren, sowie das Wirken großer medialer Internet-Plattformen gehören zu den Faktoren, die die Pressefreiheit beeinflussen. Sie erfordern neue komplexe Regelwerke in den einzelnen Ländern, in Europa und weltweit. Auch Deutschland hat hier noch alle Hände voll zu tun! (S. 9–11) Der Koalitionsvertrag der neuen Regierung weist da eher medienpolitische Lücken auf, etwa beim Auskunftsrecht. Auch für die Sicherung der Medienvielfalt fehlt usstellung es offenbar an Zukunftsideen. Dafür gibt es Geschenke für die Verleger: Im Namen der Pressefreiheit müs - sen sie weniger Rentenbeiträge für Zusteller_innen abführen. Wer am Ende die „Auffüllung“ zahlt, wird A in der nicht verraten. (S. 22/ 23) Berliner MedienGalerie

„Unter Druck – Vor diesem Hintergrund wirft M einen Blick in die nordeuropäischen Länder, die beim Ranking der Presse - Journalisten im Visier. freiheit von Reporter ohne Grenzen die vorderen vier Plätze belegen. Eine Region, die zum Vorbild taugt, Das Beispiel türkei“ jedoch auch nicht problemlos ist (S. 14/15).

Vom 15. März bis 18. Mai Im Interview mit dem ARD-Vorsitzenden Ulrich Wilhelm wird klar für den öffentlich-rechtlichen Rund - www.mediengalerie.org plädiert. Der Intendant des Bayerischen Rundfunk appelliert an die Politik, dessen Stellenwert für die Gesellschaft anzuerkennen und dem Thema nicht weiter auszuweichen. Zur Sicherung der Rahmen - bedingungen für Qualitätsjournalismus gehöre eine Anhebung des Beitrags für die nächste Periode ab 2021. (S.2 4–26) Die Mehrheit der Schweizer hat sich am ersten Märzwochenende gegen die „No-Billag Initiative“ und damit für ihren öffentlichen Rundfunk entschieden – eine gute Nachricht angesichts der vielen Angriffe gegen die Rundfunkhäuser auch in anderen europäischen Ländern.

Karin Wenk, verantwortliche Redakteurin

1.2018 M 3 PORtRÄt

Beruf: Regisseur im Hörfunk Klaus-Michael Klingsporn

Die späte Schicht r e f ä h c S

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ie große, weite Welt kam Sein Werkverzeichnis o t o zu ihm ans Bett, wenn in „Klaumis Netz-Welt“ F er als Kind krank war: (www.klaumikli.de) ver - D Dann stand Vaters zeichnet seit 1990 insge - Transistorradio auf dem samt 27 Hörspiele und Nachttisch von Klaus-Michael Kling - Kriminalhörspiele, 41 Hörspiele für Kin - sie seiner Vorstellung entsprechen oder sporn. Als er neun oder zehn Jahre alt der und 13 künstlerische Features. Bei sie an die Möglichkeiten der Sprecher_in - war, kam sie noch beeindruckender nä - diesen Arbeiten und seiner „Alltagsregie“ nen anpasst, steht die Besprechung des her: Auf einem alten Radiogerät standen bei anderen Sendungen im Deutschland - Skripts. Je nach Redakteur, Dramaturg die Namen ferner Sender, die nachts über radio ist er sozialversicherungspflichtig und Autor kann Klingsporn Einfluss neh - Mittelwelle zu erreichen, wenn auch beschäftigt, so dass er zu den „unstetig men. Dann sucht er nach den passenden nicht zu verstehen waren. Voller Neugier Beschäftigten“ gehört und nicht das Pro - Stimmen, zusammen mit dem Beset - nahm er den Apparat auseinander. Das blem hat, mal ein Fall für die Künstler- zungsbüro. Nach den Aufnahmen ist die war’s dann erst mal – das Zusammen - sozialkasse zu sein und dann wieder Arbeit für ihn und sein Team noch nicht bauen hat nicht so gut geklappt. nicht. Das sei ein großes Problem für die erledigt. Bei großen Produktionen sind sie Kolleg_innen, die auch als freie Autor_in - zu viert: Regisseur, Regieassistent_in, Nach dem Abitur in Bielefeld beschloss nen arbeiten. Eine jährliche Aufstellung Toningenieur_in und Tontechniker_in Klingsporn, nach den Spuren der 68er- der Tätigkeiten statt eines ewigen Hin arbeiten an der Mischung, bis alles sende - Generation zu suchen. „Für die Studen - und Her wäre ein Ziel, das Gewerkschaft fertig ist. Wie findet er seine kleinen Spre - tenbewegung war ich damals ja leider zu und Politik anpacken sollten. Selbststän - cherinnen und Sprecher? Einserseits sind jung“, sagt der 1958 Geborene lachend. dige im Radio finden in „Klaumis Netz- es Kinder von Schauspieler_innen, ande - Dafür schien Berlin am ehesten geeignet. Welt“ auch Ratschläge und Kontakt zu rerseits versucht er, Kontakt zu Schulen Also schrieb er sich an der Freien Univer - ver.di, denn Klingsporn ist zu Beginn sei - zu halten. Meist sind die Kinder nur drei sität für Publizistik ein, denn die ganze ner Radioarbeit Mitglied der IG Medien Jahre einsetzbar, zwischen acht und elf Bandbreite von Nachrichten, Musik, Fea - geworden: „Das gehört für mich dazu“. Jahre alt und müssen problemlos lesen tures sollte es sein. Wie er es an der „Ra - Auch in ver.di engagiert er sich für die können. Dann beginnt der Stimmbruch, diothek“ des WDR als Jugendlicher so ge - Freien. die Stimmen passen nicht mehr zu den schätzt hatte. In einem Seminar landete Rollen. er beim Honorarprofessor Herbert Kund - Seine Arbeitszeit als Hörspielregisseur fällt ler. Der lehrte seit 1979 an der FU Berlin, meist in die zweite Schicht, das heißt von Optimistisch ist er nicht für die Zukunft war geschäftsführender RIAS-Intendant, 18 Uhr bis 1.30 Uhr stehen die Studios im seines Metiers: „Das ist ein aussterbender Programmdirektor, Autor von Hörfunk - zur Verfügung. Gut, Berufszweig“, kommentiert er mit einem reihen und Dokumentarfilmen und dass der drahtige „Umland-Berliner“ ger - wehmütigen Lächeln. Die Regie im All - schrieb mit dem Berliner Kabarettisten ne mit dem Fahrrad unterwegs ist, auch tagsbereich werde immer mehr auf die Wolfgang Neuss das Drehbuch für „Wir bei klirrender Kälte. Bei einem Kinderhör - Autor_innen verlagert. „Das können aber Kellerkinder“. Der junge Klingsporn fiel spiel beginnen die Aufnahmen um 16 nur wenige gut“, meint er selbstbewusst. ihm auf, er lud ihn zur Mitarbeit in den Uhr, denn Kinder dürfen höchsten vier Wenn sie in Technik und Regie keine RIAS ein und die Karriere als Regieassis - Stunden und ohne Ausnahmegenehmi - direkten Ansprechpartner_innen bei der tent und Regisseur im Hörfunk nahm ih - gung maximal bis 20 Uhr arbeiten. Produktion haben, „behindert es die ren Lauf. Das Studium hat er abgeschlos - Weiteren twicklung der Autor_innen. Sie sen, was in seiner Branche nicht üblich Vor der Woche Aufnahmezeit im Studio, schwimmen dann immer im eigenen gewesen sei, betont Klingsporn. wo er Szenen auch wiederholen lässt, bis Saft.“ Susanne Stracke-Neumann <<

4 M 1.2018 MeInUng Auf Konfrontation gebürstet

rei Zumutungen sind zu viel. Mit einem elend hand mehrerer Fälle aufgezeigt, dass sich junge Jour - schlechten Angebot haben die Vertreter des nalistinnen und Journalisten viel zu früh in Pressestel - Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsver - len oder in PR-Abteilungen von Unternehmen verab - leger (BDZV) in der Tarifrunde für die Zei - schieden, weil sie dort mehr Geld verdienen. Wir ha - D tungsjournalisten_innen die Weichen auf ben verdeutlicht, dass die schlechte Bezahlung in ta - Konfrontation gestellt. riflosen Online-Töchtern für wachsende Wut sorgt. Wer dort vier oder fünf Jahre zu üblen Konditionen Wir haben eine lineare Entgelterhöhung von 4,5 Pro - gearbeitet hat, geht mitunter schon aus purer Selbst - zent, mindestens aber 200 Euro für Volontäre_innen achtung. und Jungredakteure_innen gefordert. Diese vergleichs - weise zurückhaltende Vorgabe war unser Signal an die Die Antwort der Verleger: Die Zahl der Bewerber_in - Verleger, dass wir eine zügige Gehaltsrunde anstreben. nen sei zwar gesunken, sie sei aber immer noch hoch Beim ersten Treffen gab es dafür Kopfnicken in den genug. Das Weltbild der Gewerkschaft sei verkehrt. Es Reihen der BDZV-Vertreter. Das hat sich in der zwei - gebe viele Faktoren, die attraktive Arbeitgeber aus - ten Verhandlungsrunde geändert: Die Arbeitgeber machten. Das Geld sei da bloß ein Aspekt. spielen auf Zeit, sie setzen auf abgestandene Rituale. Statt sich ernsthaft den Zukunftsfragen zu widmen, Ihr Angebot provoziert und lässt jede Wertschätzung werfen die Verleger Nebelkerzen. Sie wollen das Vor - vermissen. Unsere Kolleginnen und Kollegen sollen rücken in höhere Berufsjahregruppen an das Absol - in zwei Stufen eine lineare Erhöhung von 2,4 Prozent vieren von Weiterbildung koppeln. Dabei ignorieren bekommen. Dies bei einer Laufzeit von 30 Monaten. sie, dass viele Verlage unfähig sind, Fortbildung zu Außerdem, und das ist Zumutung Nummer drei, soll planen und dass Seminarbesuche aufgrund des hohen

die erste Erhöhung frühestens zum 1. August 2018 Arbeitsdrucks gerade in kleineren Redaktionen gar

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u wirksam werden. Absurde Begründung: Eine frühere nicht möglich sind. Wie sich der BDZV die Umset - a

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Anhebung würde die Verlage überfordern. Erträglich zung dieses Ziels im Tarifvertrag konkret vorstellt,

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T werden soll dieses Nicht-Angebot durch eine Verlän - konnten seine Vertreter nicht erklären. Offenbar wa -

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: gerung der Laufzeit des Manteltarifvertrags um ein ren sie schlecht vorbereitet.

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F Jahr bis Ende 2019. Am 12. März werden die Verhandlungen in Stuttgart Klaus Schrage Den Verhandlern des BDZV fehlt das Gespür für Sozi - fortgesetzt. Der Unmut in den Redaktionen ist groß, ist Redakteur für die nürn - alpartnerschaft. Hätten sie es, würden sie bemerken, in Betriebsversammlungen wurde das BDZV-Angebot berger nachrichten sowie dass wir eine höhere Tarifanhebung für die unteren mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und den Sonntagsblitz und Vor - Entgeltgruppen aus einer ehrlichen Sorge um die Zu - Wut registriert. Sie sollten in Aktionen umschlagen! sitzender der dju-tarif kom - kunft der Verlage fordern. Wir haben überzeugend Kehren die Verleger zur Vernunft zurück, sind wir da - mission. dargelegt, dass es immer weniger Interessenten für die für offen. Bis dahin gilt für die dju: Wir lieben Jour - Arbeit eines Zeitungsredakteurs gibt. Wir haben an - nalismus. Die Verleger nicht! Klaus Schrage <<

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l [email protected] o t o f IM fOkUS

Um die Pressefreiheit ist es nicht gut bestellt – weltweit. Medienschaffende wer - den bei ihrer Arbeit behindert, öffentlich diskreditiert und angegriffen, verfolgt, eingesperrt, getötet. Zu wenig wird von den regierenden für ihren Schutz und für freie gute Arbeitsbedingungen getan. rechtsstaatlichkeit erodiert oder hat es schwer, zu wachsen!

Unter Dauerfeuer

Von Karin Wenk

n diesen Tagen des Terrors und Krieges in vielen Län - waltschaft – nach 12 Monaten – geschafft eine Ankla - dern, angesichts 65 getöteter Medienschaffender im geschrift vorzulegen, die gerade mal drei Seiten um - vergangenen Jahr und der mehr als 320 Inhaftierten fasst. Bis zu 18 Jahre Gefängnis fordert sie für Yücel, weltweit, ist es nicht leicht, noch neue Worte zu wirft ihm nach wie vor „Terrorpropaganda“ und finden, um diesen mit der Beschädigung der freien „Volkverhetzung“ aufgrund seiner journalistischen Medien einhergehenden Demokratiezerfall zu be - Tätigkeit vor. Das Gericht nahm die Anklage an! Den - schreiben. Gleichwohl es an Worten nicht man - noch kam er frei. Entschieden von einer unabhängi - gelt, die Bedeutung der Pressefreiheit hoch zu halten. gen Justiz? Wohl kaum! I Sie sei „ein hohes Gut“, ein „Grundfeiler der Demo - kratie“, wie die Meinungsfreiheit „ein Grund - Seit Monaten hatte es in Deutschland und darüber recht“, „ein Menschenrecht“. Und des - hinaus immer wieder Proteste gegen die halb müsse sie „immer wieder vertei - Inhaftierung des inzwischen promi - digt werden“. Wahre Worte, häu - nenten Journalisten gegeben, fig bemüht, vor allem von eine große Front der Solidarität Politiker_innen – genau ge - hatte sich gebildet. Unter nommen kann man sie dem Hashtag „#FreeDeniz“ nicht oft genug wiederho - engagierten sich zahlreiche len. Entwertet werden sie, Unterstützer_ innen für den weil ihnen zu wenige Taten Korrespondenten. Yücel folgen, weltweit, in Europa, wurde zum Symbol für alle in Deutschland. Inhaftierten in der Türkei. Der Fall des Journalisten mit Unerträglich und unfassbar einem deutschen und einem grafik: Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum die Lage in der Türkei. Hier türkischen Pass hatte die Bezie - 1. Dezember 2017 sind derzeit die meisten Medien - hungen zwischen beiden Län - schaffenden weltweit in Haft. Terror - dern zunehmend belastet. Deshalb propaganda-Vorwürfe müssen her halten, setzte sich auch die deutsche Politik für um kritische Berichterstatter_innen ruhig zu stel - Yücel ein, namentlich Altkanzler Gerhard Schrö -

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len. Oft sind sie monatelang ohne Anklage hinter Git - e der, Außenminister Siegmar Gabriel und Kanzlerin

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Yücel, eine Geisel Erdogans im Politschacher mit der t tung verbesserte Beziehungen zur Türkei sein. Denn

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Bundesrepublik. Mit Freude und Erleichterung rea - e von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist das Land

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gierte auch ver.di, als unser Kollege am 16. Februar f am Bosporus noch weit entfernt. Das Jahr ungerecht -

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nach einem Jahr aus der Haft entlassen wurde und f fertigter Haft ist für Deniz nicht ungeschehen zu ma -

n noch am gleichen Tag nach Deutschland fliegen I chen. Zudem bleiben eine ungeheure Anklage und der konnte. Kurz zuvor hatte es die türkische Staatsan - drohende Prozess.

6 M 1.2018 PreSSeFreiheiT

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Istanbul 1. Mai 2016: Journalisten laufen auseinander, nachdem aus einem vorbeifahrenden Polizei-Auto eine Tränen - gas-Granate in die Gruppe geworfen wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren keine Demonstranten auf dieser Straße!

Am gleichen Tag als Yücel freikam, wurden von einem Zu den jüngsten Entgleisungen der türkischen Behör - türkischen Gericht sechs Menschen zu lebenslanger den gehört das Vorgehen gegen den Fotografen Uygar Haft verurteilt, darunter die drei Journalisten Ahmet Önder Simsek im Februar. Simsek wurde kurz nach Altan, Mehmet Altan und Nazlı Ilıcak. Sie waren be - seiner Rückkehr nach Istanbul von einem dreimona - reits seit anderthalb Jahren im Gefängnis. Der Schuld - tigen Aufenthalt in Berlin festgenommen, wo er am spruch ist Urteil gegen Journalisten, denen Auszeit-Stipendienprogramm von ROG und der taz eine Beteiligung am Putschversuch im Juli 2016 vor - Panter Stiftung teilgenommen hatte. Ihm wurde vor - … dürfen Jour - geworfen wird. „Ein verheerendes Signal“ für alle fol - geworfen, mit seinen Fotos in sozialen Medien Terror - genden Prozesse, sagte Christian Mihr, Geschäftsfüh - propaganda verbreitet zu haben. Ein Gericht in der nalist_innen nicht rer von Reporter ohne Grenzen (ROG). Auch die Jour - Stadt Bursa lehnte die von der Staatsanwaltschaft ge - in Vergessenheit ge - nalistin Mesale Tolu, die einen deutschen Pass hat, forderte Untersuchungshaft ab. Simsek wurde zwar raten, die weiterhin wurde – nach vielen Monaten – aus dem Gefängnis freigelassen, darf die Türkei jedoch auch nicht verlas - entlassen. Sie darf jedoch die Türkei nicht verlassen. sen. „Uygar Önder Simsek hat unter großen Risiken gegen jede recht - Ihr Prozess wird im April fortgesetzt. Fünf weitere die Zustände in Kriegs- und Krisenregionen dokumen - staatliche logik in Deutsche sitzen aus (vermutlich) politischen Gründen tiert. Dass die türkische Justiz ihm aufgrund seiner einem land festge - in Haft. Vor allem für sie – und für alle (politischen) Arbeit als professioneller Fotograf Terrorpropaganda Inhaftierten – wolle sich die deutsche Politik nun - unterstellt, ist schlicht absurd“, sagte ROG-Geschäfts - halten werden, das mehr weiter einsetzen, wurde am Tag nach Yücels führer Christian Mihr. „Simsek verdient als Fotograf demokra tische Freilassung mehrfach bekundet. „Das erwarten wir in Kriegs- und Krisengebieten seinen Lebensunterhalt Grundrechte wie die auch von den politisch Verantwortlichen“, erklärte und ist daher darauf angewiesen, ins Ausland zu rei - der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sen.“ Mihr fordert: „Die Justiz muss das Ausreisever - Pressefreiheit mit am 16. Februar. Denn „bei aller Freude“ über die Frei - bot sofort aufheben und die Anschuldigungen gegen Füßen tritt. lassung Yücels, „dürften die anderen Journalistinnen ihn fallenlassen.“ und Journalisten nicht in Vergessenheit geraten, die weiterhin gegen jede rechtstaatliche Logik in einem entführt oder weggesperrt Land festgehalten werden, das demokratische Grund - rechte wie die Pressefreiheit mit Füßen tritt. Für dieses Während ROG zufolge knapp die Hälfte aller weltweit Grundrecht und für die zu Unrecht Inhaftierten müs - Inhaftierten Medienschaffenden in der Türkei in Haft sen und werden wir uns auch weiter stark machen“, sitzt, verteilen sich die anderen 50 Prozent auf vier versicherte Werneke. weitere Länder: China, Syrien, Iran und Vietnam. Er -

1.2018 M 7 iM FOKUS

schreckend ist auch die Situation in Äthiopien. Hier wurde am 14. Februar der Journalist Eskinder Nega nach sieben Jahren Haft begnadigt. Er war 2011 ver - haftet und wegen Beihilfe zum Terrorismus zu 18 Jah - ren Gefängnis verurteilt worden. Seine Tat: In einem Bericht hatte der Journalist die Frage gestellt, ob eine Entwicklung wie der von demokratischen Hoffnun - gen begleitete „Arabische Frühling“ auch in Äthiopien möglich sei. Zudem wurde ihm vorgeworfen, sich an Aktivitäten der verbotenen Partei „Ginbot 7“ beteiligt zu haben, berichtete M 2011 in der Serie „Aktion für ...“, die seit Jahren gemeinsam mit Amnesty Inter - national geschrieben wird ( https://tinyurl.com/ y8b4ahqb ). Amnesty International zufolge sitzen in dem Land im Nordosten Afrikas Hunderte Menschen hinter Gittern, nur weil sie ihr Recht auf freie Mei - nungsäußerung wahrgenommen haben. Derzeit läuft eine umfassende Amnestie in Äthiopien. Jedoch wer - den auch weiterhin Regierungskritiker verurteilt.

In vielen Gebieten der Erde sind Entführungen eine gefunden worden. Der 27-Jährige hatte über Geldwä - weitere große Gefahr für Reporter_innen. Ende 2017 sche und über Verbindungen der Mafia zur slowaki - sind weltweit 54 Medienschaffende entführt worden, schen Regierung recherchiert. Es gab Hinweise, dass berichtet ROG. „Mit Ausnahme von zwei Journalis - Kuciak bedroht wurde. Aber die Behörden hatten ten, die in den separatistischen „Volksrepubliken“ im nicht reagiert. Kuciak war Redakteur des slowakischen Osten der Ukraine festgehalten werden, konzentrieren Newsportals aktuality.sk, welches zum Verlag Ringier sich diese Fälle vollständig auf Syrien, den Jemen und Axel Springer Slovakia gehört, einer gemeinsamen den Irak. Allein in Syrien befinden sich derzeit min - Tochter von Axel Springer und Ringier. destens 22 einheimische und sieben ausländische Medienschaffende in der Gewalt verschiedener be - waffneter Gruppen, einige davon seit mehr als fünf Jahren. Druck von Politik

Von den 2017 weltweit mindestens 65 Journalist_in - nen, Bürgerjournalist_innen und anderen Medienmit - und Behörden nimmt zu arbeiter_innen, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden sind, starb fast die Hälfte außerhalb von Regionen mit bewaffneten Konflikten, Mit einem politischen Rechtsruck in vielen Ländern bilanzierte ROG. Sie wurden in Ländern wie Mexiko wächst der Druck von Politik und Behörden auf Me - oder den Philippinen, aber auch in Malta ermordet, dien und Journalismus auch jenseits körperlicher Ge - weil sie über Tabu-Themen wie politische Korruption walt. Im Fokus steht vielerorts der öffentliche Rund - oder das organisierte Verbrechen berichteten. So wur - funk. Direkte Angriffe auf seine Existenz und Budget - de am 16. Oktober 2017 die investigative Bloggerin kürzungen gehören zur Strategie, ei genen Interessen und Journalistin Daphne Caruana Galizia auf Malta zum Durchbruch zu verhelfen. So wurde am ersten mit einer Autobombe getötet. Zwei Wochen vor ihrer Märzwochenende in der Schweiz über die „No Billag- Ermordung hatte sie wegen Todesdrohungen Anzeige Intiative“ abgestimmt. Ihr Ziel: die Abschaffung der erstattet. Trotzdem wurde sie nicht geschützt. Carua - sogenannten Zwangsgebühren. Initiiert wurde die na Galizia hatte für die Times of Malta und den Malta Volksbefragung von rechten Jungpolitikern, die dafür Independent geschrieben. Jedoch vor allem in ihrem 100.000 Unterschriften sammelten. Der Vorstoß zur Blog Running Commentary berichtete sie über Korrup - Abschaffung des öffentlichen Rundfunks in der tion und mafiöse Strukturen im Land einschließlich Schweiz ging erschreckend knapp aus. Ohne diese der Verwicklungen hoher Regierungs- und Staats - Gelder hätten die 6.000 Arbeitsplätze nicht weiter fi - beamter in solche Machenschaften. So hatte sie ent - nanziert werden können. Ob es nicht dennoch zu ein - hüllt, dass zwei enge Mitarbeiter von Maltas Premier - schneidenden Kürzungen kommt, wird sich nun 2019 minister Joseph Muscat Offshore-Konten in Panama zeigen. Dann werden die Rundfunkgebühren gesenkt. und Trusts in Neuseeland eröffnet hatten. Im Februar Denn bereits bei der letzten medienpolitischen Ab - 2018 hat der Prozess gegen drei Männer begonnen, stimmung vor zwei Jahren gab nur eine hauchdünne denen der Mord zur Last gelegt wird. Wer sie beauf - Mehrheit den Ausschlag für die Einführung einer all - tragt hat, ist unklar. Am Abend des 25. Februar waren gemeinen Medienabgabe anstelle der heutigen Emp - der slowakische Investigativjournalist Ján Kuciak und fangsgebühr. Derzeit zahlt ein Haushalt mit Radio- seine Lebensgefährtin in ihrem Haus erschossen auf - und TV-Gerät 451 Franken im Jahr (387 Euro), mit der

8 M 1.2018 PReSSefReIheIt

beschlossenen Abgabe reduziert sich dieser Betrag auf wird der Fernsehmoderator zitiert, der auch von einer 365 Franken (313 Euro), berichtete M Online. Klage seitens des ORF ausgehe.

In Deutschland steht der öffentlich-rechtliche Rund - „You are Fake News“ beschimpfte US-Präsident Do - funk nun schon seit geraumer Zeit unter Dauerbe - nald Trump den leitenden CNN-Korrespondenten des schuss. Führend dabei die AfD, die sich für eine Weißen Hauses, Jim Acosta, in einer Pressekonferenz grundlegende „Systemumstellung“ stark macht. Folgt im vergangenen August, anstatt dessen Frage zu be - man den Vorstellungen im Bundestagswahl-Pro - antworten. Seiner Meinung nach hatte CNN falsche gramm, sollten ARD und ZDF aufgelöst und ein „bür - Nachrichten über ihn verbreitet. Der Video-Bericht gernaher“ Rundfunk gebaut werden, der sich nur ging um die Welt, ist jederzeit im Netz abrufbar. Im noch auf Information, Kultur und Bildung konzen - Januar dann verschärfte Trump seine öffentliche Jour - triert. Bezahlt soll er nur von denjenigen werden, die nalistenschelte und belegte damit einmal mehr sein

z t sich dafür interessieren – ein Bezahlsender könnte zerrüttetes Verhältnis zu den Medien des Landes. Er

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könnte, bleibt offen. seiner Sicht besonders unredliche und falsche Bericht -

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F meistgehasster Widersacher CNN erst auf Platz drei In Österreich sorgte jüngst ein Facebook-Posting von landete, dafür aber gleich für vier Berichte „ausge - Demonstration vor der FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache zeichnet“ wurde. Platz eins konnte Paul Krugmann, türkischen Botschaft in für Aufsehen. Zu sehen ist Fernsehmoderator Arnim Nobelpreisträger und Kolumnist der New York Times Berlin, organisiert von Wolf, der ein Bild von Pinocchio in den Händen hält. verbuchen. Begründung: Er habe nach der Präsiden - Reporter ohne Grenzen am „Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten wer - tenwahl behauptet, die US-Wirtschaft werde sich nie 3. Mai 2017, Tag der Presse - den. Das ist der ORF“, heißt es darauf. Darüber die „erholen“, dabei boome sie. Platz zwei ging an einen freiheit Überschrift: „Satire“. Wolf will nun gegen den rechts - Reporter des Senders ABC, Platz vier erhielten Bericht - populistischen Politiker juristisch vorgehen, berichtet erstatter des Time Magazine , ein Beitrag der Washing - der österreichische Standard . „Ich finde, die Attacken ton Post kam auf Rang fünf. der FPÖ – einer Regierungspartei – auf unabhängige Medien und ihre persönlichen Angriffe auf Journalis - Kriterien für die Bewertung des Zustands der Presse - tinnen und Journalisten erreichen mittlerweile ein de - freiheit eines Landes sind auch die bestehende mokratiepolitisch wirklich bedenkliches Ausmaß“, Medienvielfalt, die Unabhängigkeit von politischen Mandatsträgern und Wirtschaftsunternehmen, die Transparenz von Politik und Behörden, einschließlich der Geheimdienste oder der Datenschutz – für Medien Polizei- und Presseeinsatz beim G20-Gipfel vor allem – des Quellenschutzes. Im Konglomerat ge - in Hamburg am 7. Juli 2017 setzlicher Regelungen, die eine freie Meinungs- und Pressefreiheit tangieren und damit erst ermöglichen, hat auch Deutschland noch einige Baustellen.

Nehmen wir das in den Landespressegesetzen veran - kerte Auskunftsrecht. Immer wieder müssen Journa - listen erst vor Gericht ziehen – oft bis in die höchste Instanz, um für ihre Recherche benötigte Auskünfte zu erhalten. So erkannte am 16. März letzten Jahres der Bundesgerichtshof (BGH) den presserechtlichen Auskunftsanspruch auch gegenüber Aktiengesell - schaften an, die im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sind. Der BGH hatte mit seinem Urteil (Az. I ZR 13/16) einem Journalisten Recht gegeben, der von einem als Aktiengesellschaft organisierten Wasser- und Energie - versorger Auskünfte zur möglichen Finanzierung SPD- naher Internetblogs verlangt hatte. Die dju in ver.di begrüßte das klare Votum für den Informationsan - spruch von Journalist_innen. „Auskunftsrechte sind elementarer Bestandteil von Pressefreiheit. Gerade dem Staat, Verwaltung, Behörden und Justiz müssen

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F erwünscht sei, erklärte dju-Bundesgeschäftsführerin

1.2018 M 9 iM FOKUS

Cornelia Haß. Um den Stellenwert von Auskunfts - klärte das Interessenbündnis. In der jetzigen Formu - rechten generell zu stärken, müssten „Ansprüche ge - lierung greife der Paragraph ohne Not in Grundrechte genüber Bundesbehörden daher unbedingt in einem wie die Pressefreiheit, sowie in allgemeine Persön - Bundespressegesetz geregelt werden. Das ist überfäl - lichkeitsrechte ein, erklärte Katharina de la Durantaye, nter druck – lig“, so Haß. Rechtsprofessorin an der Berliner Humboldt-Univer - Journalisten sität, die die Verfassungsbeschwerde ausgearbeitet im Visier Von daten und informanten abhängig hat. Da der § 202d sämtliche Daten schütze, riskierten U Journalisten, die mit geleaktem Material umgehen, dAS BeiSPiel Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) die an - sich selbst strafbar zu machen. Noch stärker beträfe TÜrKei lasslose Vorratsdatenspeicherung Ende 2016 als EU- das aber Dritte, die etwa um fachliche Expertise gebe - Ausstellung vom rechtswidrig erklärt und damit gekippt hat, gilt sie ten werden. 15. März bis 18. Mai 2018 nach wie vor in Deutschland. Sie hebele den Quellen - schutz aus und schränke dadurch erheblich die Pres - Fehlerhafte Datenerfassung oder gar Missbrauch von se- und Rundfunkfreiheit ein, sagte dazu Cornelia Daten lag offenbar auch vor, als auf dem G20-Gipfel eröffnung am 15. März, 18 Uhr Haß. Der Informantenschutz und das Redaktionsge - im Sommer 2017 in Hamburg neun Journalisten ur - mit Öczan Mutlu heimnis seien aber wesentliche Voraussetzungen für plötzlich die Akkreditierungen entzogen worden wa - unabhängige, journalistische Arbeit. Union und große ren. Nachdem weder das Bundeskriminalamt (BKA) 19. April, um 18 Uhr lesung Teile der SPD hatten 2015 das umstrittene Gesetz zur noch das Bundespresseamt (BPA) plausible Gründe für des VS Berlin-Brandenburg: Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Es verpflichtet dieses Vorgehen nennen konnten, klagen die betrof - „ausnahmezustand“ Telekommunikationsgesellschaften, die Verbindungs - fenen Medienschaffenden nun vor dem Verwaltungs - aziz tunc liest aus seinem daten ihrer Kunden aufzuzeichnen: Telefonnummern, gericht Berlin. Acht von ihnen werden dabei von der Buch „töte du mich“ IP-Adressen und Standortdaten. Im Juni 2017 wurde dju in ver.di unterstützt. Inzwischen wurde bekannt, die gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung dass das BPA aufgrund fragwürdiger, offenbar rechts - Tag der Pressefreiheit vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen widrig erfasster Daten des BKA handelte. Die dju for - 3. Mai, 18 Uhr bereits für europarechtswidrig befunden und ausge - dert Aufklärung und veränderte rechtsstaatliche Ver - Podiumsdiskussion setzt. Ende 2017 folgte die eindeutige Entscheidung fahren bei der Vergabe der Akkreditierungen. Prozess - des EuGH. Ausnahmen der Personen-Überwachung termine sind noch nicht bekannt. MedienGalerie Berlin seien lediglich zur Bekämpfung schwerer Straftaten Dudenstraße 10, 10965 Berlin möglich, wurde darin klargestellt. Dennoch trat das Leider ist die staatliche Überwachung von Journalist_ - www.mediengalerie.org Gesetz zur massenhaften Telefon- und Internetüber - innen auch in Deutschland kein Novum. Erinnert sei wachung in Deutschland am 1. Juli 2017 in Kraft. an den Skandal im Jahr 2013, als bekannt wurde, dass fünf Journalist_innen angeblich irrtümlich vom Ver - Dass in Deutschland ein gesetzlich verankerter Whistle - fassungsschutz in Niedersachsen (mit)observiert wur - blower-Schutz fehlt, passt leider in diesen Rahmen. den. Unter ihnen befanden sich die bekannte und Auch der neue Koalitionsvertrag lässt den politischen preisgekrönte Journalistin Andrea Röpke, der freie Willen dazu vermis sen (S. 2 4/ 25). Als „Kollateralscha - Hörfunkjournalist Kai Budler und der Sportjournalist Stuttgart, 1. Mai 2015 den für die Pressefreiheit“ sieht ein Interessenbünd - Ronny Blaschke. Am 18. Februar dieses Jahres machte Ein Fotograf der nis, dem netzpolitik.org, Reporter ohne Grenzen das Freie Sender Kombinat (FSK) erneut darauf auf - „beobachter news“ – mit (ROG), die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sowie merksam, dass ihr Redakteur Werner Pomrehn von gültigem Presseausweis – mehrere Journalisten, Blogger, Juristen und IT-Exper - 2000 bis ins Jahr 2015 durch das Landesamt für Ver - wird abgedrängt. ten angehören, den seit einem Jahr geltenden Straftat- fassungsschutz überwacht wurde. Bis heute gibt es bestand der Datenhehlerei (§ 202d StGB). Deshalb keine Hinweise, dass

wurde im Dezember 2016 eine Beschwerde beim Bun - die Überwachung

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desverfassungsgericht (1 BvR 2821/16) eingereicht. zwischenzeitlich e

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Ein wichtiger Teil der Arbeit investigativer Journalis - eingestellt wurde. h

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ten, aber auch von Bloggern sowie ihrer Informanten << o e

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oder von Fachexperten werde damit kriminalisiert, er - o

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w ww.hausderpressefreiheit.de auf dieser Website gibt es ausgewählte artikel zum thema: die Bedrohung der Pressefreiheit in Deutschland und in anderen ländern. Interessantes findet sich auch unter der Rubrik „Deutsche geschichte im Spiegel der Presse“. Derzeit aktuell auch ein Special über den fotografen und das dju-Mitglied günter Zint http://www.hausderpressefreiheit.de/home/Specials/Günter-Zint.html

10 M 1.2018

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/ Quellen ohne konkreten Anlass oder Ver - ermächtigt den BND auch, die gewonnenen

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o dacht. Das ist ein schwerwiegender Eingriff Informationen mit anderen Geheimdiensten

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c in die Pressefreiheit. Für uns als dju in ver.di zu teilen. Dies legalisiere einen gefährlichen u B ist es deshalb selbstverständlich, uns gemein - „Ringtausch“, so ROG-Geschäftsführer Christi - sam mit den Kolleginnen und Kollegen in an Mihr, bei dem etwa der BND die Washing- diesem Bündnis zu engagieren“, erklärte dju- ton Post anzapfen und mit der NSA tauschen Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß. Die könnte, die „im Gegenzug“ deutsche Medien Seit Anfang 2017 ist in Deutschland das neue ungestörte vertrauliche Kommunikation sei abhöre. Außerdem zeigten Projekte wie die BND-Gesetz in Kraft. Auf den Weg gebracht eine Grundbedingung für die Ausübung jour - Paradise Papers, dass investigativer Journalis - worden war die Novelle als Reaktion auf die nalistischer Tätigkeit. Ohne sie könnten der mus zunehmend in internationalen Koope - im Zuge des NSA-Skandals bekannt geworde - Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis rationen entsteht. Zwar darf der BND in sol - nen illegalen Überwachungspraktiken des Bun - als Garanten von Presse- und Rundfunkfrei - chen Fällen nicht die Journalistin der Süd - desnachrichtendienstes (BND). Doch anstatt heit nicht sichergestellt werden. deutschen Zeitung überwachen, dafür aber den eine Rechtslücke zu schließen, hat die Bun - ebenfalls an der Recherche und Auswertung desregierung die grundrechtlich fragwürdige Die Klage richte sich gegen die weitreichen - beteiligten Redakteur der Washington Post Überwachung von Journalist_innen im Aus - den Überwachungsbefugnisse des deutschen und damit die gesamte Kommunikation der land legalisiert. Denn: Anders als das „Artikel Auslandsgeheimdienstes BND durch das Ge - beiden untereinander. „Wenn der BND aus - 10-Gesetz“ zur Beschränkung der Inlands - setz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklä - ländische Journalisten überwacht, höhlt er überwachung enthält die BND-Novelle keine rung vom 23. Dezember 2016 (BNDG-Novel - auch das Redaktionsgeheimnis in Deutsch - Schutzrechte für Journalist_innen und andere le), erläutert der Jurist und Vorsitzende der land aus“, so Mihr. Berufsgeheimnisträger_innen. GFF, Dr. Ulf Buermeyer. Das novellierte BND- Gesetz ermögliche es, die Kommunikation Gegen die BND-Novelle klagen deshalb nicht Raul Olmos ist ein mexikanischer Investiga - von im Ausland lebenden Ausländern anlass - nur ausländische Berufsgeheimnisträger_in - tivjournalist. Mit seinen Recherchen hat er los zu erfassen sowie alle anfallenden Inhalts- nen, sondern etwa auch der Deutsche Micha - gemeinsam mit Kolleg_innen unter anderem und Verkehrsdaten zu erheben und zu verar - el Mörth. Er lebt und arbeitet als Anwalt in enthüllt, wie die mexikanische Regierung an beiten. Anders als bei rein inländischen Über - Guatemala, wo er ab 2010 mit anderen Kol - eine Briefkastenfirma 32 Millionen Dollar für wachungsmaßnahmen nach der Strafprozess - leginnen und Kollegen das „Anwaltsbüro zur eine israelische Malware bezahlte, die allge - ordnung (z.B. Überwachung von Verdächtigen Verteidigung der Menschenrechte“ aufgebaut mein als „Pegasus“ bekannt ist. Der Trojaner im Rahmen von organisierter Kriminalität hat. Dafür arbeiten sie intensiv mit Richtern, wurde benutzt, um Journalist_innen und o.ä.), so Buermeyer weiter, brauche der BND Staatsanwälten und Abgeordneten genauso Menschenrechtler_innen auszuspionieren. für eine solche strategische Ausland-Ausland- wie mit prominenten Menschenrechtsvertei - Für seine Arbeit sei die Vertraulichkeit der di - Überwachung keinen konkreten Verdacht digern und internationalen Organisationen gitalen Kommunikation essentiell, sagt Ol - und auch keinen richterlichen Beschluss. zusammen. Durch die politische Dimension mos. Daher mache er sich große Sorgen um Ebensowenig enthalte die Gesetzesnovelle der zumeist hochsensiblen Fälle könnten das Fortschreiten der globalen Überwachung eine Ausnahmeklausel für sensible Personen - auch ausländische Geheimdienste jederzeit und um das Inkrafttreten des BND-Gesetzes: gruppen wie etwa Journalist_innen und ihre ein Interesse haben, seine Kommunikation „Journalisten müssen das Recht auf geheime Quellen. „Schon zu extrem vagen Zwecken auszuforschen, vermutet Mörth. Er und die Kommunikation haben, denn ohne dieses darf der BND Berufsgeheimnisträger_innen weiteren Kläger_innen hoffen nun, dass Recht ist investigativer Journalismus heute überwachen – etwa um ‘Erkenntnisse von au - Karlsruhe der nahezu schrankenlosen und fast unmöglich.“ ßen- und sicherheitspolitischer Bedeutung’ unkontrollierten Überwachung durch den zu gewinnen. Damit gibt es de facto keinerlei BND Einhalt gebietet. Olmos klagt deshalb gemeinsam mit sieben Einschränkung für eine Bespitzelung durch Monique Hofmann << weiteren Beschwerdeführer_innen vor dem den deutschen Auslandsgeheimdienst. Das ist Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen rechtsstaatlich inakzeptabel, weil so das Tele - das neue BND-Gesetz. Unterstützt werden sie kommunikationsgeheimnis für den BND von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), praktisch nicht mehr gilt.“ die die Klage eingereicht hat, sowie fünf wei - teren zivilgesellschaftlichen Organisationen, Ausdrücklich von der gezielten Überwachung i darunter die dju in ver.di und Reporter ohne ausgeschlossen sind qua Gesetz nur deutsche Mehr informationen Grenzen (ROG). „Das neue Gesetz ermöglicht Staatsbürger_innen und EU-Institutionen. http://notrustnonews.org dem BND die Überwachung von Journalistin - Vor dem Ausspähen geschützt sind sie des -

1.2018 M 11 iM FOKUS Firmen als Publizisten

Pressefreiheit zwischen Kommerz und öffentlichem Auftrag

lakatwerber Stroer betreibt finden. Alle, die politischen Jour - 3.000 News-Websites. Auto - nalismus machen, wissen, wie bauer Daimler nutzt nach schwierig es ist, Europathemen P Auskunft von Kommunika - vernünftig zu transportieren.“ tionschef Jörg Howe „ziel - gerichtet eigene Kanäle, um aus unserer Sicht Pressefreiheit beinhaltet aber vernünftig zu informieren“. Auf dem jüngs - nicht nur die freie Verbreitung ten ver.di-Journalistentag zum Thema Presse - von, sondern auch den freien freiheit diskutierte eine bunt besetzte Podi - Zugang zu Informationen. Und umsrunde über die Wechselwirkung zwi - dafür seien Strukturen notwen - sch en Medien und Kommerz. Wird die Frei - dig, meldete sich Wissen - heit der Berichterstattung zunehmend eine schaftsjournalist Manfred Frage des Geldes? Ronzheimer aus dem Publi - kum. Forschungsorganisatio - Die in Artikel 5 des Grundgesetzes verbriefte nen wie das Max-Planck-In - Pressefreiheit soll dem demokratischen Dis - stitut oder die Fraunhofer- kurs dienen. Deshalb haben Medien einen Gesellschaft würden nicht „öffentlichen Auftrag“ – die durch Gebühren mehr zu Jahrespressekonferenzen einladen. finanzierten Rundfunkanstalten genauso wie Thomas Hinrichs, Zwar könne er nach einem Interview fragen, die privatwirtschaftliche Presse, die auf Ge - Informationsdirektor beim aber „es geht darum, dass die Institutionen winnerzielung ausgerichtet ist. Mittlerweile Bayerischen Rundfunk von sich aus Rechenschaft gegenüber der Öf - sind auch Industrieunternehmen publizis - fentlichkeit ablegen. Das machen si e auch ge - tisch tätig, denn die Schaffung eigener Me - genüber den Parlamenten und ihren Geldge - dien ist durch die Digitalisierung technisch bern.“ Wenn die Forschungsorganisationen einfacher geworden. von sich aus die Informationsvermittlung nicht mehr organisierten, dann müssten die müssen uns ja dem Wettbewerb stellen. Kon - Journalistinnen und Journalisten in der Wis - Wird Pressefreiheit neu definiert kurrenz belebt das Geschäft.“ senschaftspressekonferenz dafür notwendige und zum Privileg ohne Pflichten? Strukturen aufbauen. Doch im Informationswettbewerb haben Un - Das „Bedürfnis, selber zu kommunizieren“ ternehmen und Vereine es leichter. Sie kön - müsse man ernst nehmen, meinte Thomas nen ihrem Publikum die Informationen lie - Unabhängige Medien und Brackvogel, Geschäftsführer der Südwest Pres - fern, die interessieren und müssen nicht das innere Pressefreiheit se: „Wir können es auch nicht verbieten. Je - berichten, was wichtig oder gar notwendig der darf sich als Verleger frei darstellen. Aber für den gesellschaftlichen Diskurs ist. BR-In - Strukturen der Informationsvermittlung er - jeder, der frei publizieren will, muss auch be - formationsdirektor Hinrichs: „Wir Journalis - leichtern die Recherche, das Herzstück eines reit sein, sich den Regeln zu unterwerfen, die ten schauen, was müssen die Leute wissen unabhängigen Journalismus. „In Deutsch - für freies Publizieren gelten. Das hieße in der und nicht, ob wir damit eine Topquote be - land gibt es noch sehr viele unabhängige Ver - Tat, dass man sich den Regeln des Presserates kommen. Die Akzeptanz müssen wir uns in lage“, konstatierte Thomas Brackvogel und unterwirft.“ der Unterhaltung holen und durch klugen warnte vor Begehrlichkeiten aus der Wirt - Einsatz unserer Gelder für Sportrechte. Fuß - schaft: „Wenn Unternehmen mit großer Thomas Hinrichs, Informationsdirektor beim ball läuft immer.“ wirtschaft licher Potenz sich einzelne Parzel - Bayerischen Rundfunk, sah keinen Rege - len aus dem Jour nalismus rausnehmen und lungsbedarf, wenn Firmen wie Daimler Pres - Pressekollege Brackvogel sah nicht nur Unter - diesen nur noch als Nebengeschäft betreiben, sefreiheit für sich in Anspruch nehmen: „Es schiede in der Akzeptanz, sondern betonte dann geraten wir in große Schwierigkeiten.“ ist es völlig legitim, dass Unternehmen eine mit Bezug auf das Spiegel -Urteil von 1966, Auch aus der Politik kämen Bedrohungen – Öffentlichkeitsarbeit machen und dass si e dass ein freier, unabhängiger Journalismus nicht nur von „bösen Potentaten“, sondern auch versuchen, Angebote in den Autos zu „für unsere Demokratie konstitutiv ist“. Die - auch von gewählten Politikern wie Donald platzieren, die am besten ins Geschäft passen. ser unterscheide sich fundamental von den Trump in den USA, Victor Orbán in Ungarn Wenn die Leute dann von München nach Ansätzen, die der FC Bayern München, Daim - oder Jaroslaw Kaczynski in Polen: „Je mehr Nürnberg fahren und sie schalten deren Sen - ler oder Ströer hätten: „Wir sind gezwungen, journalistische Angebote ihre Unabhängig - der ein und nicht B5 aktuell“, so Hinrichs, über Dinge wie die GroKo zu bericht en, die keit verlieren, desto stärker ist die Pressefrei - „dann haben wir was falsch gemacht. Wir Leser möglicherweise gar nicht so attraktiv heit gefährdet.“

12 M 1.2018

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Der Südwest-Presseverlag konnte bisher seine o Mediendirektor beim FC Bayern

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wirtschaftliche und publizistische Unabhän - München habe er erlebt, „dass

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gigkeit wahren. Geschäftsführer Brackvogel: s viele Quereinsteiger gekommen

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„Noch ist es so, dass wir diese Form von Jour - F sind, die den Journalismus nicht nalismus frei finanzieren können über die mehr gelernt haben. Die Qualität Aboerlöse und die Werbeerlöse.“ Den von Ge - ist in den letzten Jahren zuguns - bühren abhängigen Rundfunkanstalten geht ten von Schnelligkeit nach un - es da schlechter. Thomas Hinrichs klagte: ten gegangen. Es wird oftmals „Wir haben seit 2009 keine Beitragserhöhung gar nicht mehr nachgefragt, bekommen. 2013 sind die Finanzen sogar ab - stimmt denn die Geschichte, gesenkt worden. Wir haben unser Angebot sie wird nur so schnell wie massiv erweitert, wir haben den kompletten möglich rausgehauen.“ digitalen Bereich aufnehmen müssen. Das hat dazu geführt, dass wir Arbeit verdichten Sorgfalt und Wahrheit blei - mussten, dass wir auch in der freien Mitarbei - ben bei steigender Zahl und terschaft Personal verloren haben. Irgend - Tempo der Medienangebote wann ist der Drops gelutscht.“ Er warnte die auf der Strecke. Dass Journalistinnen und Politiker, die über die Rundfunkbeiträge ent - Thomas Brackvogel, Journalisten auch aus ganz anderen Grün den scheiden: „Wir brauchen eine Beitragserhö - Geschäftsführer der Inkompetenz vorgeworfen wird, hat Lars Han - hung, sonst werden wir das Angebot ein - Südwest Presse sen erlebt: „In meiner journalistischen Praxis schränken müssen.“ werde ich immer dann von Unternehmens - sprechern mit dem Vorwurf der Unprofessio - BR-Journalist Hinrichs sah durch den Spar - nalität konfrontiert, wenn ich nicht eins-zu- druck auch die Pressefreiheit gefährdet: „Wir eins – ohne professionelle Nachrecherche, sind in einer ganz gefährlichen Situation, ohne professionelle Gegenfragen, ohne eine wenn der Qualitätsjournalismus nicht mehr sehr wohl die innere Pr essefreiheit. „Stellen zweite Meinung – das schreibe, was mir ins in der Lage ist, Menschen zu beschäftigen, die werden abgebaut. In der gleichen Zeit muss Telefon gesagt wurde. Das unprofessionell zu aus einem Ethos heraus arbeiten und nicht zusätzlich zu Print auch noch Online ge - nennen, das ist ein Angriff auf die Pressefrei - um ihre Drei-Zimmer-Wohnung finanziert zu macht werden“, beschrieb Veransstaltungs - heit.“ bekommen.“ Thomas Brackvogel war optimis - teilnehmer Wolfgang Mayer den Arbeits - tischer: „Ich glaube, dass die Frage, ob man druck. „Ich kann mich ehrlich gesagt, nicht Die Pressefreiheit ist aber auch durch „politi - tatsächlich Pressefreiheit ausleben kann, nicht an den Vorwurf von Kollegen erinnern, sie sche Parteien in den Landtagen, im Bundes - zwingend von der Bezahlung abhängig ist.“ hätten eine Geschichte nicht zu Ende recher - tag“ gefährdet, so Thomas Hinrichs, die „bei Für die journalistische Basis bedrohen chieren können. Im Zweifel gehen wir einen Facebook eine eigene Kommunikationswelt schlechte Bezahlung und Arbeitsverdichtung Tag später raus“, entgegn ete Verlags-Ge - aufgebaut haben, eine große Filterblase, in schäftsführer Brackvogel und erntete einen der auch mit Fake News gearbeitet wird. Wir Konter aus dem Publikum: „Als freier Journa - müssen eine klare Linie ziehen zwischen den list kann ich mich ja zwei Tage mit dem Beschmutzern des Journalismus im Netz und Artikel beschäftigen, für den ich dann 50 dem Journalismus, der Geld kostet, der Aus - Euro kriege. In vielen Verlagshäusern bildung erfordert.“ Der Bayerische Rundfunk wird eben nicht nach den Vergütungs - versuche zur Qualitätsverbesserung gerade, regeln bezahlt.“ „den Fachredaktionsjournalismus nach vorne zu schieben“.

entprofessionalisierung und In der Alltagsrealität sei davon wenig zu spü - Qualitätsverlust ren, warf Georg Escher aus dem Publikum ein, denn die Grenzen zwischen den Fachre - In der digitalisierten Medienwelt wird daktionen würden „zunehmend geschleift“, es für Journalist_innen immer schwe - so dass die Kolleg_innen immer größere The - rer, professionell zu arbeiten und da - menfelder beackern müssten. Die Redaktio - von auch zu leben, denn unabhän - nen würden tendenziell kleiner und die PR- gig von Qualitätsstand ards kann Stäbe der großen Firmen deutlich größer. Es mittlerweile jede/r publizistisch tä - gebe Verlagshäuser, die sich mittlerweile tig werden. „Mit Beginn der Leser - schwertun, genug qualifizierten Nachwuchs fotos haben wir uns zu einem Volk zu bekommen. Die Bezahlung für junge Kol - von Denunzianten entwickelt“, leg_innen sei so schlecht geworden, dass viele kritisierte Medienberater Markus Hörwick: sich überlegten, etwas anderes zu machen Markus Hörwick, „Wenn wir heute Abend in einem Restaurant und dass auch diejenigen, die dort arbeiten, ehemaliger Mediendirektor sitzen und dann kommt irgendein Prominen - „das Gelände fluchtartig verlassen“ und etwa des FC Bayern München ter rein, macht irgendwer ein Foto und bläst in PR-Stellen wechseln, wo mehr bezahlt es irgendwo raus.“ Während seiner Zeit als wird. Bärbel Röben <<

1.2018 M 13 iM FOKUS Finanzquelle Stiftungen

nordeuropäische länder in Spitzenposition bei Presse- und Meinungsfreiheit

gal, ob Gleichstellung, Glück oder Le - haupten. „In Dänemark würden die linke Information bensstandard – die nordeuropäischen und Kristeligt Dagblad ohne die Gelder verschwin - Staaten rangieren bei vielen interna - den“, mutmaßt Søndergaard. In Norwegen gilt das für E tionalen Rankings ganz weit oben. das ebenfalls linke Blatt Klassekampen sowie Dagsavi - In Sachen Pressefreiheit sieht das sen . Politische Vorgaben sind an das System nicht ge - ähnlich aus. Die Region taugt zum Vorbild, kennt knüpft. Als Dänemark beschloss, dem sehr rechten In - aber auch Probleme. ternetmedium „Den korte avis“ staatliche Gelder aus - zuzahlen, war das zwar umstritten, der dänische Jour - Wieder einmal rangiert der Norden Europas nicht nur nalistenverband stieß sich jedoch nicht so sehr an der geographisch ganz oben. Norwegen, Schweden, Finn - politischen Ausrichtung als daran, dass die Publika - land und Dänemark führen aktuell das jährliche Ran - tion journalistische Standards nicht einhalte und sich king der Reporter ohne Grenzen an. Deutschland liegt deshalb nur fälschlicherweise als Zeitung (in Dänisch: auf Platz 16 und damit sogar hinter Island, dem avis) ausgebe. Allerdings bergen die staatlichen schwächsten der nordischen Staaten. „Die nordeuro - Unterstützungszahlungen auch die Gefahr, Angebote päischen Länder nehmen diese Position zu recht ein“, auf den Markt zu bringen, die auf die Zahlungen aus urteilt der Medienforscher Henrik Søndergaard von öffentlicher Hand und zu wenig auf das Interesse der der Kopenhagener Universität. Die besondere Stellung zahlenden Verbraucher zugeschnitten sind. begründet er mit guten strukturellen wie kulturellen Voraussetzungen. Was die Struktur angeht, haben die nordeuropäischen Länder in unterschiedlicher Ausprägung das Öffent - Die nordischen Staaten weisen häufig Gemeinsam- lichkeitsprinzip gemein. Staatliche Informationen wie keiten auf, auch in der Medienwelt und in Bezug auf Hintergründe von Verwaltungsentscheidungen, Ge - Presse- und Meinungsfreiheit. „Ein wesentlicher Fak - richtsakten, Steuerunterlagen und politische Doku - tor für die hohe journalistische Qualität und Freiheit mente sind damit anders als in Deutschland für Jour - ist, dass unsere größten Zeitungen Stiftungen gehö - nalist_innen prinzipiell zugänglich und erleichtern ren“, so Søndergaard. In seiner Heimat Dänemark ihnen die Kontrolle der Machthaber. Es gilt, das öf - gehören mit Politiken und Jyllands-Posten die zwei fentliche Stellen gute Gründe brauchen, um sich Jour - Tageszeitungen mit den meisten Lesern (wenn von nalist_innen zu verweigern, die Akteneinsicht for - Gratisblättern abgesehen wird), von denen die erste dern. linksliberal und die zweite rechts-konservativ ist, Stif - tungen. Durch dieses Konstrukt finanziell etwas mehr informationen online abrufbar Luft zu haben, ermögliche aufwändigere und damit bessere Berichterstattung, so Søndergaard. In Norwe - Der kürzlich verstorbene Journalist und ehemalige gen ist der zweitgrößte Verlag, Amedia, der vor allem Vorsitzende des Vereins Netzwerk Recherche, Thomas Regionalzeitungen publiziert, seit 2016 stiftungsfinan - Leif, hat derartige nordeuropäische Praxis immer wie - t s o

o ziert und hat deshalb die Vorgabe bekommen, ganz der gelobt und für Deutschland ähnliches gewünscht. b a d

klar einen längeren Atem zu haben. André Støylen, „Der offene Zugang zu staatlichen Informationen in /

a i l Chef des Geldgebers Sparebank Stiftelsen, sagte kurz Schweden ist ein gutes Vorbild für Deutschland“, o t o F

: nach der Übernahme, dass sein Konzern helfen wolle, meinte Leif. Oft sind in Nordeuropa Informationen, n e g

n dass die rund 60 Lokalzeitungen von Amedia auch in an die Journalisten andernorts nicht kommen, ohne u d l i

b Zukunft „lokale Arenen der Information“ sein kön - weiteres online abrufbar und müssen nicht einmal b A

4 nen. zeitraubend per Brief bestellt oder bei Behörden vor Ort eingesehen werden. Das erleichtert die Recherche Staatliche Subventionen und damit die Berichterstattung.

Ein weiterer finanzieller Faktor, der Pressevielfalt und So konnte Politiken nach Akteneinsicht berichten, damit auch Meinungsfreiheit erleichtert, ist in Nord - dass ein Mitarbeiter des Außenministeriums sich vor europa das System der staatlichen Subventionen für dem chinesischen Staatsbesuch bei Tibet-Unterstüt - die Presse. Unterschiedliche Verteilungsmethoden zern nach Demonstrationsplänen erkundigt hatte. In sorgen dafür, dass vor allem die kleineren Zeitungen einer stark kritisierten Aktion hatten Polizisten an - einen relativ großen Teil ihres Umsatzes vom Staat ge - schließend rechtswidrig dafür gesorgt, dass der chine - stellt bekommen – allerdings nur, wenn sie sich zu - sische Spitzenpolitiker keine Tibet-Flaggen zu sehen mindest zu einem gewissen Grad auf dem Markt be - bekam, indem sie Demonstranten gewaltsam entfern -

14 M 1.2018 PReSSefReIheIt

ten. Erst nach fünf Jahren, Falschaussagen und viel Veranstaltung im Februar 2015 verübte ein islamisti - Druck seitens der Medien stellte eine Untersuchungs - scher Terrorist einen Anschlag, bei der ein Regisseur kommission fest, dass die Polizisten dafür keine Order ums Leben kam. Anschließend floh der Attentäter ins von politischer Stelle erhalten haben. Stadtzentrum und tötete dort noch einen Wachmann der Kopenhagener Synagoge. Sollten derartige Taten So problematisch derartiges Vorgehen ist, kann Me - dazu führen, dass weniger Leute solche Veranstaltun - dienforscher Søndergaard solchen Verläufen doch et - gen wie die der Trykkefrihedsselskabet besuchen, kä - was Positives abgewinnen: „Wir erleben ganz klar bei me das einer Einschränkung der Meinungsfreiheit uns im Norden, dass, wenn es mögliche Eingriffe in gleich. die Meinungsfreiheit gibt, darüber umfassend berich - tet wird.“ Auch wegen der besonders guten Journalis - Insbesondere Flemming Rose, der Redakteur, der die tenausbildung gebe es in Nordeuropa eine Kultur, en - ursprünglichen Zeichnungen in Auftrag gegeben hat - gagiert nach Missständen zu suchen und sie auch zu te, und Kurt Westergaard, der Zeichner des bekann - publizieren – ohne Rücksicht auf Person und Amt. testen Motivs, das Mohammed mit einer Bombe als Insofern nehmen die Medien ihre Kontrollfunktion Turban zeigt, sind seither zu viel gefragten Inter - wahr und es gibt so gut wie keinen vorauseilenden viewpartnern und Rednern geworden, wenn es darum Gehorsam oder Rücksichtnahme auf die Mächtigen. geht, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu diskutie - ren. Vor dem Hintergrund der Böhmermann-Affäre Unabhängig vom eigentum tritt Westergaard dafür ein, auf andere Kulturen nicht allzu viel Rücksicht zu nehmen, sondern nach den In Ausnahmefällen geschieht allerdings auch das – „Traditionen [zu] arbeiten, die im eigenen Land gel - und wird dann wieder zum Thema. In Finnland hatte ten“. Große Rücksichtnahme drohe letztlich zu Selbst - sich Ministerpräsident Juha Sipilä, der als Unterneh - zensur zu führen, weil unklar ist, was überhaupt noch mer bekannt und reich geworden ist, im Jahr 2016 per gesagt werden kann, ohne andere zu beleidigen. Dem - Mail an den öffentlich-rechtlichen Sender YLE ge - entsprechend gibt es für Flemming Rose eine Art Men - wandt und versucht, Berichte über eine Firma, an der schenrecht, beleidigt zu werden, das eine gewisse Ak - seine Familie beteiligt ist, zu beeinflussen. Weil der zeptanz einschließe. Sender sich daraufhin mit der Berichterstattung zu - rückhielt, gab es eine Rüge vom Presserat. Presse sollte einfluss über Steuerfinanzierung unabhängig von Eigentumsverhältnissen berichten. In Finnland konnte vor wenigen Jahren auch be- Allerdings sollte die jährliche Rangliste der Reporter obachtet werden, dass sich Helsingin Sanomat , die ohne Grenzen nicht als Maß aller Dinge, sondern nur größte Zeitung des Landes, für den Bau einer lokalen als Indikator genommen werden. Auch hier kann ein - Filiale des New Yorker Guggenheim Museums stark mal was übersehen werden. Im Kurztext zu Norwegen macht. Die Idee war sehr umstritten, weil die finni - wird Anfang 2018 noch ein Gesetz lobend erwähnt, schen Steuerzahler einen großen Teil der Kosten zah - dass Mitte 2016 abgeschafft wurde. Es sollte Medien - len sollten, darunter hohe Lizenzgebühren an Gug - konzentration entgegenwirken. Was nicht heißt, dass genheim. Rafaela Seppälä, eine der Haupteigentümer in Norwegen jetzt ein Mogul alles übernehmen könn - des Sanoma Konzerns, zu dem die Tageszeitung ge - te. Einerseits gibt es weiter gewisse Beschränkungen, hört, ist zugleich Kunstsammlerin, mit einem Galeris - andererseits das Stiftungsmodel von Amedia und na - ten verheiratet und war damals eine der profiliertes - türlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk NRK, ten Fürsprecherinnen des Guggenheim Helsinki sowie den keiner so leicht wird kaufen können. Vorsitzende einer Lobbygruppe für das Museum in Helsinki. Allerdings muss auch NRK wie die anderen Public Ser - vice Sendeanstalten in Nordeuropa damit rechnen, in Wenn es um Pressefreiheit und Nordeuropa geht, Zukunft verstärkt unter Druck zu geraten. Während kommt immer wieder die Sprache auf die Moham - Island und Finnland bereits auf Steuerfinanzierung med-Karikaturen, die im Herbst 2005 in der däni - umgestellt haben, ist das in den anderen drei Ländern schen Zeitung Jyllands-Posten erschienen waren. Die ein aktuelles Thema. Die Politik bekäme so größeren rechts-liberale Gesellschaft für Pressefreiheit (Trykke - Einfluss auf die Finanzen der Sender. „Dann bräuchte frihedsselskabet), gegründet im Jahr vor den Karika - es besonders starker Kontrollinstanzen um die heutige turen, ist seit deren Veröffentlichung zu einem immer Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten“, so Søndergaard. wichtigeren Sprachrohr geworden. Sie hat über die Noch ist kein Entschluss gefallen, doch zumindest in Jahre Redner wie Henryk Broder oder Geert Wilders Dänemark sieht es ganz danach aus, als würde eine nach Dänemark geladen und sich besonders und bis politische Mehrheit die Steuerfinanzierung befürwor - zu einer gewissen Einseitigkeit hin durch Kritik am Is - ten. Zuvor soll das Budget des Senders aber noch um lam profiliert. Trykkefrihedsselskabet stand hinter der mehr als 10 Prozent gekürzt werden. Damit die jour - Podiumsdiskussion „Kunst, Blasphemie und Mei - nalistische Qualität in Nordeuropa so hoch bleibt, wie nungsfreiheit“ mit dem schwedischen Künstler Lars sie ist, wird es in Zukunft womöglich noch stärker auf Vilks, der ebenfalls durch eine Mohammed-Zeich - die privaten Akteure ankommen. nung international bekannt geworden war. Auf die Clemens Bomsdorf, Kopenhagen <<

1.2018 M 15 iM FOKUS Starke Medien für eine starke Gesellschaft

den Prozess der Meinungsfreiheit im netz ausbalanciert gestalten

arlem Désir aus Frankreich, interna - Wir achten natürlich auf die Lage in Ungarn und Po - tionaler Gast des ver.di-Journalisten - len. Es hat dort eine Menge Druck auf die öffentlich- tags im Januar, ist seit Juli 2017 Be - rechtlichen Rundfunkanstalten und auf die privaten H auftragter für Medienfreiheit der Medien gegeben. In Ungarn sind dadurch schon etli - Organisation für Sicherheit und Zu - che Zeitungen eingegangen. In Polen existieren noch sammenarbeit in Europa (OSZE). Er sieht eine ganze eine Reihe unabhängiger Medien, aber auch die ste - Reihe von Gefahren für die freie Presse, durch politi - hen vor allem unter ökonomischem Druck. Es gibt in schen oder ökonomischen Druck sowie direkte Angriffe Teilen der Welt den Trend zu einer illiberalen Demo - auf Freiheit und Leben von Journalistinnen und Jour - kratie. Das betrifft viele Journalisten, die wir unter - nalisten. Die Presse und der öffentliche Rundfunk soll- stützen. Wir sehen Entwicklungen in Ländern, die ten ihre bedeutende Rolle für verlässliche Informatio - beim Kampf um Freiheit ganz vorne standen, deren nen und die Demokratie offensiver herausstellen. Führer heute die Presse als „Feind des Volkes“ darstel - len. Das hat natürlich auch internationale Auswirkun - M | Die Zeiten sind nicht gut für die Medien, auch gen, vor allem in undemokratischen Staaten. Sie neh - nicht in Europa. Was sind Ihrer Meinung nach men sich daran ein Beispiel, um das Aufkommen ei - die hauptsächlichen Bedrohungen für die Pres - ner freien Presse in ihren Ländern zu verhindern. se- und Meinungsfreiheit? Harlem Désir | Wir beobachten eine Menge Bedro - In Deutschland trat das Netzwerkdurchsetzungs - hungen für die Sicherheit und Freiheit von Journalis - gesetz in Kraft, das Hassreden verhindern soll. ten. Ich weiß von einer großen Zahl von Angriffen auf Kritiker sagen, dass es die Meinungsfreiheit ein - Journalisten. Es gab in den vergangenen Jahren sogar schränke. Wie sehen Sie das? mehrere Morde. In manchen Staaten der OSZE wird Wir haben uns das neue Gesetz genau angeschaut. Es die Presse- und Meinungsfreiheit nicht respektiert. In ist sehr wichtig, eine Evaluation dieses Gesetzes vor - einigen Ländern sitzen Dutzende Journalisten im Ge - zunehmen. Das Ziel ist legitim, aber die angedrohten fängnis und werden fälschlich des Terrorismus be - Strafen sind so enorm, dass die sozialen Plattformen schuldigt. Ein Machtmissbrauch, um kritische Stim - dazu neigen, lieber mehr zu löschen und Webseiten men zum Schweigen zu bringen. In der Türkei wird zu sperren, als das Gesetz verlangt. Sicher ist der An - vielen Journalisten vorgeworfen, in den Putschversuch spruch von Staat und Gesellschaft berechtigt, Hassre - von 2016 verwickelt zu sein, auch wenn sie dazu gar den und Terrorpropaganda zu unterbinden, aber wir keine Verbindung und ihn sogar verurteilt haben. Ein - dürfen die Entscheidung über die Meinungsfreiheit fach weil sie Berichte zur Situation der Kurden oder nicht an ein paar große, intransparente Unternehmen über die PKK veröffentlicht haben. Journalisten sind abgeben. Es ist ein Prozess, der sehr ausbalanciert ge - keine Terroristen. Journalisten berichten über die Pro - staltet werden muss. Dieses Gesetz wird in anderen bleme in der Gesellschaft, aber sie sind nicht verant - Ländern Vorbild sein, unabhängige Journalisten zu wortlich für diese Gewalt. behindern und den Bürgern den Zugang zu unlieb - Eines der Prinzipien der OSZE in der Schlusser - samen Seiten zu versperren. Wir haben Beispiele klärung von Helsinki 1975 ist, dass alle Teilnehmer - dafür in Russland, das ein neues Internet-Gesetz staaten die Menschenrechte respektieren inklusive hat. Wenn wir also in demokratischen Ländern Meinungs- und Medienfreiheit. Wir dürfen die nicht ganz präzise die Bestimmungen für das Inter - Meinungsfreiheit und die Freiheit allgemein nicht net formulieren, werden solche Gesetze in autori - im Gegensatz sehen zu Sicherheitszielen. Wir müs - tären Ländern, die ein freies Internet als Bedrohung sen klarmachen, dass es keine starke Gesellschaft empfinden, in einen anderen Kontext gestellt. mit schwachen Medien und schwacher Meinungs - freiheit gibt. Die Pressefreiheit, eine freie öffentliche Wir verzeichnen in Deutschland eine Zunahme Debatte und der ungehinderte Zugang zu Informa - der Aggressivität gegenüber Journalist_innen. tionen stärkt die Abwehrkraft einer Gesellschaft, Sie werden als „Lügenpresse“ beschimpft. Wie die mit Sicherheitsproblemen konfrontiert ist. sollten Medien und OSZE darauf reagieren? Das ist in vielen Ländern eine sehr beunruhigende In Ländern wie Ungarn oder Polen haben kon - Entwicklung, zumal wenn sich Partei- und Regie - servative Regierungen die Medien auf Linie ge - rungschefs in demokratischen Ländern an solchen bracht. Müssen sie nicht im Fokus stehen? Angriffen beteiligen. Bei wichtigen politischen Ent -

16 M 1.2018 PReSSefReIheIt

schen arbeiten zwar voller Begeisterung für Medien, sind aber oft in einer prekären ökonomischen Lage.

Noch mal zum öffentlichen Rundfunk: Was sa - gen Sie zur Situation in der Schweiz? Bei der Abstimmung über die sogenannte No-Billag Initiative (die sich gegen die Gebühren für den öffent - lichen Rundfunk SRG richtet, Anm. d. Red.) ist unklar, was eigentlich die Konsequenzen sein werden. Es ist zu früh, das bewerten zu wollen. Auf jeden Fall bin ich davon überzeugt, dass der öffentliche Rundfunk in einer so turbulenten Phase mit Fake News, Hassre - den, Propaganda, sehr wertvoll für die Demokratie ist. Man muss ihm natürlich auch die Mittel geben zu ar - beiten und sich weiterzuentwickeln. Ich denke, dass die Regierungen den „Service public“ sehr energisch verteidigen sollten. Es müssen Systeme eingeführt werden, die eine langfristige Finanzierung bieten. In Schweden laufen die Finanzpläne jeweils über acht e b

u Jahre, bei der BBC sind es sogar elf Jahre Planungssi - a h c S

cherheit. Es müsste international eine Kampagne für o m i

T die Bedeutung des öffentlichen Rundfunks in einer

n a J

: Demokratie geben. Der öffentliche Rundfunk ist teuer, o t o F deshalb muss die Öffentlichkeit seine Existenz wollen, um ihn zu finanzieren. Daher muss das hohe Gut des öffentlichen Rundfunks besser erklärt werden als eine Institution, die vertrauenswürdige, überprüfte und qualitätsvolle Informationen bietet. Harlem Désir wurde 1959 scheidungen nehmen die Drohungen im Netz zu. Die in Paris geboren. Presse muss sehr bewusst Solidarität aufbauen, Presse - Eine persönliche Frage: Sie haben zu den Grün - Désir hat als Journalist freiheit und Sicherheit von Journalisten in der öffent - dern von SOS Racisme mit der gelben Hand als gearbeitet, war Europa - lichen Debatte betonen und klarmachen, dass es kei - abgeordneter und Staats - Symbol gehört. 1984 hat SOS Racisme den großen ne lebendige Demokratie gibt ohne freie Presse. minister für europäische Sternmarsch junger Menschen gegen Rassismus Angelegenheiten der nach Paris organisiert. Welche Rolle spielt die in - Regierung Hollande. Während seiner Amtszeit als Innenminister und zwischen internationale Bewegung heute? Präsident hat Nicolas Sarkozy auf kritische Jour - Die Organisation existiert nach wie vor, organisiert nalisten großen Druck ausgeübt. Der Heraus- pädagogische Aktionen und führt Debatten über Ein - geber von „Paris Match“ und andere sind wegen wanderung, Rassismus, Anti-Semitismus. Ich bin sehr unliebsamer Berichte gefeuert worden. Private stolz, an dieser Bewegung teilgenommen zu haben, Medien gehören in Frankreich großen Unterneh - die im Herzen unserer Gesellschaften bleiben muss. men wie dem Baukonzern Bouygues. Sarkozy ist Das sieht man ja an den Debatten, die heute in Zen - mit diesen Unternehmern befreundet und hat traleuropa geführt werden, und an den Problemen der seinen Einfluss genutzt. Als Antwort der Journa - EU mit der Verteilung der Geflüchteten. Heute sind listen entstanden unabhängige Online-Medien die Migranten und ihre Nachkommen in Westeuropa wie Mediapart.fr oder Rue89. Wie sieht die Situa - selbstverständlicher geworden, während das in ande - tion heute aus? ren Teilen Europas noch geleistet werden muss. Heute Auf dem politischen Parkett wird die Presse heute res - dreht sich die Diskussion stark um Laizität, den Platz pektiert und ist vollkommen frei. Aber sie ist einem des Islam, um Toleranz, um gemeinsame Werte in der ökonomischen Wandel unterworfen, der auch Risiken Vielfalt. Diese Debatte wird uns erhalten bleiben, mit sich bringt. Es ist heute schwieriger, eine Zeitung denn alle europäischen Länder werden zu Einwande - oder eine Zeitschrift zu finanzieren, da die Menschen rungsländern. Sicher muss man Einwanderung regu - sehr viele Informationen gratis im Internet erhalten. lieren, aber man wird sie nicht verhindern. Diversität, Das Modell der Zeitung auf Papier, historisch so wich - Toleranz, Zusammenleben und Integration werden tig für die Entwicklung der Demokratie, ist in Gefahr. die großen Fragen der Zukunft sein. Das stößt auf Die Verlage versuchen, mit Publikationen im Netz, da - Ängste, auf Sorgen des Identitätsverlusts, auf Polemik, gegen zu steuern. Einige haben damit Erfolg. Immer und bezieht sich dann auch auf Themen, die mit Ein - mehr Menschen abonnieren aber die großen Zeitun - wanderung eigentlich nichts zu tun haben. Das ver - gen wie Le Monde, Le Figaro etc. im Internet. Das sorgt langt viel Arbeit am Selbstverständnis unserer Gesell - auch in Frankreich für viel Unruhe. Wie kann die Lo - schaften und eine große Umstellung für Europa. Aber kalpresse überleben? Es gibt für die konventionellen das ist die Zukunft. Gespräch: Medien dazu noch keine Antwort. Viele junge Men - Susanne Stracke-Neumann <<

1.2018 M 17 iM FOKUS

i k s ń i l z s a P

k i n i m o D

: s o t o F Lech Walesa, Friedensnobelpreisträger und „Free European Media 2018“ in Gdansk: Mehr als 120 Teilnehmer diskutierten auf der Ex-Präsident Polens Veranstaltung, zu der EJF und Europarat eingeladen hatten Düsteres Bild gezeichnet eJF-Präsident fordert: „Stoppt alle Attacken auf Journalisten und Medien!“

ür freie und unabhängige Me - Lage in der Türkei und in Aserbaidschan. „In tesischen Investigativjournalistin Daphne dien“ – unter diesem Motto diesen Ländern ist die Medienfreiheit faktisch Caruana Galizia, ist klar: „Wer die Interessen stand der Kongress „Free hinter Gittern.“ Mehr als 150 Journalist_in - der Mächtigen tangiert, gerät leicht in F European Media 2018“, zu nen seien weltweit unter falschen Anschuldi - Schwierigkeiten“, erklärte der Pulitzer-Preis - dem die Europäische Jour - gungen oder einfach, „weil sie ihrem Beruf träger, der an der internationalen Recherche nalistenvereinigung (EJF) und der Europarat als unabhängige Reporter nachgegangen zu den Panama Papers beteiligt war. Galizia am 15./16. Februar ins polnische Gdansk ge - sind“, inhaftiert. Bjerregård rief die Politiker erinnerte an die ethischen Standards, denen laden hatten. Mehr als 120 Journalist_innen, Europas dazu auf, die Pressefreiheit als „fun - die Angehörigen der journalistischen Profes - Wissenschaftler_innen, Politiker_innen und damentale Säule der Demokratie“ zu verteidi - sion verpflichtet sein sollten. Jeder Journalist Zivilaktivist_innen debattierten über die gen: „Stoppt alle Attacken auf Journalisten müsse in der Ausübung seines Berufs in vie - Situation der Medien in Europa. und Medien! Setzt euch für freie, unabhängi - len Situationen abwägen. Manche Entschei - ge und pluralistische Medien ein!“ dungen hätten lebenslangen Einfluss auf die In seiner Eröffnungsrede zeichnete EJF-Präsi - Art, wie man seinen Beruf auffasse: etwa „die dent Mogens Blicher Bjerregård ein düsteres Für einen ethik-Kodex Entscheidung, ein Bestechungsangebot anzu - Bild aktueller Entwicklungen der Mediensi - nehmen, es zurückzuweisen oder selbst ein tuation in Europa. Das gelte auch für das Auch Patrick Penninckx, Vorsitzender der Ab - solches Angebot zu machen“. Andere Ent - Gastgeberland. Vom Aufbruch der polni - teilung Informationsgesellschaft des Europa - scheidungen fielen im Newsroom: der Be - schen Journalisten im Zeichen der gesell - rats, Manuel Mateo Goyet, Mitarbeiter der schluss, eine Geschichte nicht zu veröffentli - schaftlichen Wende nach 1989 sei derzeit we - EU-Digitalkommissarin Mariya Gabriel und chen, weil sie gefährliche Auswirkungen ha - nig zu spüren. Ein neues restriktives Medien - Harlem Désir, OSZE-Beauftragter für die Frei - ben könnte, oder der Beschluss, Anweisun - gesetz habe zur Kontrolle des staatlichen heit der Medien, formulierten in Grußworten gen des Verlags zu folgen, lieber die Finger Rundfunks durch die regierende PiS-Partei ge - ihre wachsende Besorgnis über die aktuelle Si - von einer Geschichte zu lassen. „Das ist die führt. Auch die privaten Print- und Funkme - tuation der Medienfreiheit in Europa. „Der Entscheidung zwischen der Verteidigung der dien gerieten immer stärker unter Druck. Re - Medienpluralismus ist gefährdet, nicht nur in professionellen Würde und der Absicherung gierungskritische Berichterstattung werde mit Nachbarländern oder entfernten Regionen, des nächsten Monatsgehaltes“. Anzeigenentzug und Bußgeldern sanktio - sondern a uch in der Europäischen Union“, niert. Ähnliche Entwicklungen gebe es seit konstatierte Goyet. OSZE-Mann Harlem Désir Seine Mutter habe früh ihre Wahl getroffen. langem in Ungarn und aktuell auch in der rief auf zur Verteidigung eines finanziell ab - Wenige Monate vor ihrer Ermordung habe Tschechischen Republik. Selbst in Westeuro - gesicherten unabhängigen öffentlich-rechtli - ein Mitglied der Regierung Maltas einen Ge - pa erhöhe sich der Druck vor allem auf die öf - chen Rundfunksystems, plädierte für einen richtsbeschluss erwirkt, mit dem ihr Bankgut - fentlich-rechtlichen Medien: In der Schweiz Ethik-Kodex gegen Fake News und machte haben gesperrt wurde. Sie habe sich nicht strebe die No-Billag Inititative per Referen - sich stark für die Verteidigung sozialer Rechte einschüchtern lassen, den Sachverhalt offen dum eine finanzielle Austrocknung des der Journal isten inklusive ihres Streikrechts. gelegt und weiter berichtet. Erst recht, nach - öffentlichen Rundfunks SRG an. Auch in an - (S. 16/17) dem sie herausgefunden habe, dass der Pre - deren Ländern wie etwa Dänemark erhöhe mierminister persön lich die juristische Kam - sich der finanzielle Druck auf den öffentli - Für Matthew Caruana Galizia, Journalist und pagne gegen sie forcierte. Nicht jeder sei so chen Mediensektor. Am schlimmsten sei die Sohn der im Oktober 2017 ermordeten mal - charakterstark und mutig. Manche knickten

18 M 1.2018 PReSSefReIheIt

bei jeder Gefahr eines persönlichen Risikos Journalist_innen nähmen Bedrohungen auf - nach – eine neue soziale Umwälzung wie die ein. Galizia ermunterte dazu, der Versuchung grund ihrer Arbeit hin, nach dem Motto: Oktoberrevolution!“ zur Selbstzensur nicht nachzugeben. Wichtig „Wer in einer Mine arbeitet, kann Probleme sei es, sich die Unterstützung von Berufsorga - mit der Lunge bekommen.“ Sie appellierte an Abschließend formulierten die Kongressteil - nisationen und anderen Bündnispartnern zu die Betroffenen, solche Attacken bei der Justiz nehmer_ innen eine Liste mit Forderungen. sichern. zu denunzieren: „Viele Delinquenten gehen An vorderster Stelle steht der Appell zur „Frei - straffrei aus, weil die Betroffenen schweigen, lassung aller inhaftierten Journalisten“ sowie Wie gefährlich der Journalist_innenjob mitt - um nicht noch mehr in die Schusslinie zu ge - die Forderung nach „Stopp aller politischen lerweile selbst in „good old Europe“ gewor - raten.“ Prozesse gegen Journalisten“. Weitere Anre - den ist, belegt die Studie „Journalisten unter gungen bzw. Handlungsempfehlungen: För - Druck“, eine vom Europarat in Auftrag gege - Gegen Kleingeistigkeit derung von Medienpluralismus, Dialog der bene Umfrage, an der 940 Jour nalist_innen Journalistenorganisationen mit Richtern und aus 48 Ländern inklusive Weißrussland teil - Ein besonderer Höhepunkt war die Diskussi - Staatsanwälten, Verzicht auf selektive Anzei - genommen haben. Demnach wurde die über - on mit Solidarnosc-Gründer, Friedensnobel - genvergabe durch staatliche Stellen, Bekämp - wiegende Zahl der Befragten in den letzten preisträger und Ex-Präsident Polens Lech Wa - fung von Fake News mit Qualitätsjournalis - drei Jahren in irgendeiner Form bei der Be - lesa. Zu den ersten Forderungen, die die Soli - mus, Unterstützung unabhängiger Medien in rufsausübung bedroht. Am häufigsten waren darnosc ab 1980 aufgestellt habe, zählte ne - autoritären Staaten, Verteidigung von inves - psychische Gewalt (69%) und Cybermobbing ben freien Wahlen und dem Recht auf tigativem Journalismus, Training von digita - (53%). Andere Formen von Gewalt: Ein - unabhängige Gewerkschaften auch die Pres - ler Selbstverteidigung. schüchterung durch Interessengruppen se- und Meinungsfreiheit, erinnerte er. Gegen (50%), durch politische Gruppen (43%), den kleingeistigen Nationalismus der aktuel - In die Abschlussdebatte des Kongresses platz - durch die Polizei (35%), Gewaltandrohung len Regierung forderte er „globales Denken“. te die frohe Nachricht von der Freilassung (46%), gezielte Überwachung (39%), physi - Walesa kritisierte die ungerechte Spaltung der Deniz Yücels, die von den Teilnehmer_innen sche Attacken (31%). „Wer die Mächtigen an - Weltgesellschaft in Arm und Reich. Die Su - enthusiastisch beklatscht wurde. Für EJF-Prä - greift, setzt sich vielerorts einem Risiko aus“, perreichen müssten sich entscheiden: „Ent - sident Bjerregård ein klarer Beleg dafür, „dass resümierte Marilyn Clark von der Universität weder sie teilen ihren Wohlstand mit der Ge - internationale Solidarität Wirkung zeigt“. Malta, Koautorin der Studie. Viele sellschaft oder sie riskieren – 100 Jahre da - Günter Herkel <<

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WEITERBILDUNG r o t c e

VON JOURNALISTEN v i

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: o t o FÜR JOURNALISTEN F

Ausgewählte Veranstaltungen des bpb-Lokaljournalistenprogramms 2018

Modellseminar: „Rock das Rathaus – 24. Forum Lokaljournalismus: „Wenn aus Ideen So beherrschen Lokaljournalisten den heißen Lösungen werden. 24. Forum Lokaljournalismus – Tanz mit Populisten, Politikern und Publikum“ das Netzwerk der besten Köpfe“ in Kooperation mit vom 16. bis 20. April 2018 in Augsburg den Nürnberger Nachrichten vom 20. bis 22. Juni 2018 in Nürnberg. Redaktionskonferenz: „Von Mossul nach Bad Mergentheim – Wie Flüchtlinge im Lokalteil Redaktionskonferenz: „Lokalsport neu er nden“ ankommen“ vom 02. bis 04. Mai 2018 in Tutzing vom 17. bis 19. September 2018 in Mainz

Zu allen Veranstaltungen gibt es Live-Berichte unter www.drehscheibe.org/blog

Alle Veranstaltungen, Publikationen und Angebote unter: www.bpb.de/gesellschaft/medien/lokaljournalistenprogramm und www.drehscheibe.org iM FOKUS Brücken bauen

Mit „Catamaran“ gegen Sprachbarrieren in Sri lanka

Weerasooriya | Zum einen sprechen wir Nach seinem überraschenden Wahlsieg

t r

e tamilische und singhalesische Journalisten

b 2015 ist der aktuelle Präsident Maithri -

m a

L direkt an, ob sie nicht ein Thema zusammen

pala Sirisena auf die Minderheiten im s

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b bearbeiten wollen. Zum anderen übersetzen

o Land zugegangen. Wie steht es aktuell

T

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t wir die Artikel in die anderen Sprachen. Zu

o um den Versöhnungsprozess? F Beginn des Projektes haben die Singhalesen Thevagowry | Auf der Regierungsebene ist und Tamilen getrennt voneinander gearbeitet das Thema präsent, auf lokaler Ebene steht je - und auch getrennte Blickwinkel eingenom - doch wiederum häufig die Sprache im Weg. uf Initiative der in Berlin an - men. Das hat sich nach und nach geändert. Es ist für Tamilen noch immer nicht überall sässigen Nicht regie rungs- Viele singhalesische Journalisten haben zum möglich, mit den Amtsträgern zu kommuni - A organisation Media in Beispiel Themen im Norden gesucht. Das gab zieren. Offizielle Formulare gibt es auch nicht Cooperation and Transition (MiCT) entstand es zuvor nicht. in allen Regionen auf Tamilisch, obwohl das 2015 das erste dreisprachige Medienprojekt [Der Norden und Nordosten Sri Lankas sind eigentlich vorgeschrieben ist. Sri Lankas. „The Catamaran“ veröffentlicht überwiegend von Tamilen besiedelt, während Weerasooriya | Es ist eines der großen The - online Texte auf Singhalesisch, Tamilisch und Singhalesen vor allem im Süden leben, Anm. men der Regierung, sie hat sogar ein eigenes Englisch, die anderen Medien zum freien d. Red.]. Ministerium dafür geschaffen. Derzeit läuft Nachdruck zur Verfügung stehen. Im vergan - Thevagowry | Bisher habe ich immer für ein verfassunggebender Prozess, der sich mit genen Jahr erschien unter dem Titel „Do you tamilische Zeitungen gearbeitet, in denen wir Versöhnungspolitik beschäftigt. Doch inner - understand me“ eine Printausgabe über das ausschließlich für Tamilen berichten. Das In - halb der Regierung und der Institutionen gibt Thema Sprache. Die tamilische Redakteurin teressante am Catamaran ist, dass wir Ge - es Hardliner, die das Projekt ausbremsen. M.S. Thevagowry und der singhalesische Re - schichten so schreiben müssen, dass sie auch Auch radikale buddhistische Mönche lehnen dakteur Methlal Weerasooriya (Foto) spre - für Singhalesen zugänglich sind. In den eine neue Verfassung ab, weil sie die Sonder - chen im Interview über Versöhnung, Sprach - Workshops gab es die Möglichkeit, miteinan - stellung der singhalesischen Kultur und des barrieren und Pressefreiheit in Sri Lanka. der ins Gespräch zu kommen und Artikel ge - Buddhismus nicht verlieren wollen. Allge - meinsam zu konzipieren. Für tamilische Jour - mein sind noch sehr viele Anstrengungen M | 2009 endete der Bürgerkrieg in Sri nalisten ist es aufgrund der Sprachbarriere nötig, um die breite Bevölkerung für das The - Lanka nach mehr als 25 Jahren durch die zum Beispiel schwierig, offizielle Stimmen ma zu sensibilisieren. vollständige Niederlage der tamilischen aus dem Süden einzufangen. Eine Zusammen - Separatisten. Was kann ein Medienpro - arbeit macht es für beide Seiten einfacher. Und was hat sich seit 2015 im Bereich jekt wie der Catamaran zur Versöhnung Pressefreiheit getan? beitragen? Neben der Internetseite haben Sie bisher Thevagowry | Unter der neuen Regierung M.S. Thevagowry | Wir schreiben nicht so eine durchgehend dreisprachige Print - können die Medien endlich frei berichten. sehr über die große Politik, sondern über ausgabe erstellt, die als Beilage in sin - Allerdings trauen sich die Journalisten bisher ganz gewöhnliche Menschen. Dadurch brin - ghalesisch-, tamilisch- und englisch - noch nicht viel. Das kann ich zumindest für gen wir andere Blickwinkel ein, als es die sprachigen Tageszeitungen erschienen die Tamilen sagen, sie wagen sich nicht sehr Medien üblicherweise tun. Die Leser denken ist. Diese drehte sich ausschließlich um weit hervor. Ich weiß nicht genau, warum das plötzlich über Dinge nach, die sie zuvor das Thema Sprache. Wie kam es zu der so ist, sie werden heute nicht mehr einge - kaum wahrgenommen haben. Idee? schüchtert. Methlal Weerasooriya | Wir wollen Brü - Thevagowry | Sprache ist der wichtigste Fak - Weerasooriya | Bei den singhalesischen cken bauen. Seit dem Ende des Krieges haben tor für die Trennung zwischen Norden und Journalisten ist das ähnlich, aber die Situati - die Medien sich kaum mit dem Thema Ver - Süden. Weil wir nicht miteinander reden on hat sich stark verbessert. Durch den Regie - söhnung beschäftigt. Und es ist nicht nur können, erfahren wir auch nichts voneinan - rungswechsel 2015 haben sich Räume für die wichtig, über den Krieg, über die Fehler der der und deshalb verstehen wir uns gegensei - Medien geöffnet. Dadurch erst kam das MiCT Vergangenheit zu sprechen. Auch gilt es zu tig nicht. mit der Idee auf uns zu, eine dreisprachige In - zeigen, dass Singhalesen und Tamilen im All - Weerasooriya | Die meisten Sri Lanker spre - ternetseite zu konzipieren. Zuvor wäre solch tag ganz ähnliche Probleme haben. Diese chen nur eine Sprache wirklich fließend und ein Engagement von außen äußerst kritisch Graswurzel-Perspektive hat dazu geführt, dass daraus erwachsen viele Herausforderungen. beäugt worden. Tobias Lambert << sich die singhalesischen und tamilischen Aber die Barrieren werden nach und nach Journalisten innerhalb des Projektes besser abgebaut. In den Schulen ist es mittlerweile gegenseitig verstanden und sogar Geschich - verpflichtend, die jeweils andere Sprache zu ten gemeinsam gemacht haben. lernen, wie vor dem Krieg. Auch neue Regie - Weitere informationen rungsfunktionäre müssen heute Sprachtests https://thecatamaran.org in Tamilisch absolvieren. Wie läuft diese Zusammenarbeit konkret www.mict-international.org ab? i 20 M 1.2018 PReSSefReIheIt Abwägungsprozesse

Bedrohung durch staatliche einflüsse und „Brandschutzmauern“ in redaktionen

as Thema Pressefreiheit scheint bei staatliche Eingriffe zu schützen. Bei privatwirtschaft - jour nalistischen Praktiker_innen auf lich finanzierten Medien gerät die „Brandschutzmau - größeres Interesse zu stoßen als bei er“ zwischen Redaktion und Werbeabteilung durch D Forscher_innen, konstatierte Journa - Einflüsse auf Themensetzung und die redaktionelle lismusprofessorin Andrea Czepek am Rande Aufbereitung werblicher Inhalte („Native Adverti - reiheit und des jüngsten ver.di-Journalistentages im Januar in Ber - sing“) in Gefahr, stellt die Münchener Medienforsche - Journalismus lin. Umso verdienstvoller ist es, dass sie zusammen rin Corinna Lauerer fest. F mit drei Kolleginnen den Sammelband „Freiheit und Journalismus“ herausgegeben hat, der anhand zahl - Internationale Perspektiven auf Pressefreiheit runden andrea Czepek, Beate Illg, reicher Beispiele einen Überblick zum Thema gibt. den Streifzug durch die Forschung ab: In Kenia sicher - Melanie hellwig, eva nowak: te sich der Staat im Zuge der Digitalisierung mehr Ein - freiheit und Journalismus. Die vier Medienwissenschaftlerinnen von der Jade fluss auf den Mediensektor – mit dem Argument, die Hochschule in Wilhelmshaven haben Beiträge von Entwicklung des Landes voranzubringen. In Israel nomos-Verlag, Forscher_innen aus unterschiedlichen Ländern zu - werden Pressefreiheitsrechte an ethno-nationale Zu - Baden-Baden 2018, sammengestellt, die facettenreich die demokratische gehörigkeit geknüpft, wie eine Studie zur Bewegungs - 213 Seiten, 39 euro. Bedeutung eines unabhängigen Journalismus und sei - freiheit dortiger Fotojournalist_innen zeigt. ISBn 978-3-8487-3724-6 ne Begrenzung durch ethische, politische und ökono - Bärbel Röben << mische Einflüsse beleuchten. Die 13 Texte – davon drei englischsprachige – sind drei Kapiteln zugeord - net: Freiheit und Politik, Autonomie und Qualität so - Anzeige wie Internationale Perspektiven. Sie basieren auf er - gänzten und aktualisierten Vorträgen einer Fachta - gung 2015 in Wilhelmshaven. G E FÄ H R l i C H E „Herr Präsident, was heißt für Sie Pressefreiheit?“ - „Dass mein Land frei von Presse ist.“ Diese Karikatur KONjUNKTUREN auf dem Buchcover stammt von Ruedi Widmer, ei - nem Schweizer Cartoonisten. Mit den „Grenzen der ZUR AKTUAlITÄT VON Satire“ befasst sich Medienforscher Guido Keel, der 17 Karikaturist_innen aus der Schweiz zu ihrer alltägli - BAlI BAR WAllERSTEINS chen Arbeit befragte. Ergebnis: Sie fühlen sich sehr frei, und betrachten jedoch das Internet als größte Ge - »RASSE, KlASSE, NATION« fährdung, denn: „Problematisch wird es, wenn Satire aus ihrem Kontext gerissen wird.“ Religion bezeich - nen sie als heikles Thema, wenn Medienfreiheit und Achtung religiöser Empfindungen kollidieren. Um die Abwägung zwischen Pressefreiheit und anderen Grundrechten geht es auch bei der „Verdachtsbericht - erstattung“. Es sei wichtig, „über Verfehlungen und Missstände in der Gesellschaft zu informieren“, so die Kölner Kommunikationsforscherin Kerstin Liesem, aber gerade bei der Kriminalitätsberichterstattung müssten Journalist_innen sorgfältig recherchieren und abwägen zwischen öffentlichem Informationsin - teresse und Persönlichkeitsrechten von Verdächtigen. Symposium 15.–17. MÄRZ Ethische Abwägungsprozesse können der Pressefrei - heit Grenzen setzen, bedroht wird sie aber meist durch staatliche Einflüsse oder wirtschaftliche Rah - EiNTRITT menbedingungen. Am Beispiel der Spiegel-Affäre 1962 und der „Landesverrat“-Ermittlungen gegen FREi netzpolitik.org 2015 thematisiert Journalistikprofessor Tanjev Schulz, wie wichtig eine Verankerung von Pressefreiheit in der Gesellschaft ist, um sie gegen

1.2018 M 21 MeDIenPOlItIk Nicht weniger als digitale Weltspitze

Viele medienpolitische Baustellen und Geschenke für Verleger

m Ende hat sich die SPD- Basis doch kationsanbietern und Staat“, heißt es im Koalitions - noch zu einem klaren Ja für die näch - vertrag. Mit anderen Worten: Die Netzbetreiber sollen ste Große Koalition durchgerungen. ihren finanziellen Beitrag leisten. Vor allem über die A CDU, CSU und SPD, die schon zu - Versteigerung der Lizenzen für die 5G-Mobilfunkfre - letzt gemeinsam regiert haben, kön - quenzen erhofft sich der Bund eine erkleckliche Sum - nen ihre medienpolitische Agenda also nahtlos fort - me, die er in den Breitbandausbau stecken will. Die setzen – sofern es sie gibt. Was ist in Sachen Medien - Branchenverbände würdigen die Ambitionen der politik in den nächsten Jahren zu erwarten? M schaut künftigen Regierung zwar alles als Schritte in die rich - auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. tige Richtung, haben aber ihre Vorbehalte. Bitkom etwa beklagt, dass man den TK-Unternehmen durch BREITBANDAUSBAU. „Leere Versprechen reloaded“, die Einbeziehung in die Finanzierung jene Gelder ent - schimpfte Tabea Rößner, zuletzt medien- und nun ziehe, die sie für den Ausbau der 5G-Netze dringend netzpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfrak - benötigten. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft tion, mit Blick auf die schwarz-roten Koalitionsvorha - sieht die geplanten Investitionen wiederum als viel zu ben. „Zu viele der geplanten Projekte erinnern uns an niedrig an. Aus seiner Sicht würde der flächendecken - leere Versprechen aus den vergangenen Legislatur- de Glasfaserausbau statt 12 bis zu 80 Milliarden Euro perioden, die niemals erfüllt wurden“, so Rößner. Vor kosten. Wo das Geld herkommen soll, sagt er wieder - allem beim Thema flächendeckender Breitbandaus - um nicht. Und eco, der Verband der Internetwirt - bau witterte sie nur „wohlfeile Stichworte und Ver - schaft, wird gleich ganz grundsätzlich: „Dass wir im sprechungen“. In der Tat schrecken die Koalitionäre Jahr 2018 nun wieder ein Heimatministerium bekom - auch nicht vor großen Ankündigungen zurück: „Wir men, aber nach wie vor kein Digitalministerium, ist gestalten den Weg in die Gigabit-Gesellschaft mit aus unserer Sicht ein Armutszeugnis höchster Priorität“, heißt es im Koalitionsvertrag un - und spricht nicht unbedingt für ter der Überschrift „An die Weltspitze im Bereich der die visionäre Strahlkraft der digitalen Infrastruktur“. Dazu soll der flächendecken - künftigen Bundesregie - de Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 gehören ge - rung“, so Oliver Süme, nauso wie der Umstieg von der Kupfer- auf die Glas - eco-Vorstandsvorsit - fasertechnologie. Unterversorgte ländliche Gebiete zender. sollen systematisch angeschlossen werden. Vor allem aber: Ab 2025 soll jede Bürgerin und jeder Bürger ei - nen Rechtsanspruch auf einen Breitbandan - schluss haben. Ein leistungsfähiger Inter - netzugang würde damit zur Grundversor - gung gehören, ein sogenannter Uni - versaldienst werden, so wie das Recht auf einen Tele - fonanschluss und die Post - zustellung. Tatsächlich wä - re das ein Quantensprung. Grüne und Linke fordern das schon seit Jahren. Die FDP ist dagegen. Von der AfD weiß man nur, dass sie ir - gendwie auch für Breitband ist.

GIGABITINVESTITIONSFONDS. Um die avisierten Kos - ten des Netzausbaus in Höhe von bis zu 12 Milliarden Euro zu stemmen, verspricht die künftige Regierung einen „Gigabitinvestitionsfonds“. Das Geld wird aber nicht allein vom Bund kommen, sondern über eine „gemeinsame Kraftanstrengung von Telekommuni -

22 M 1.2018 MeDIenPOlItIk

MEDIENVIELFALT. Ob mit oder ohne Digitalminister: will. Der noblen Aussage „Eine freie Presse und freie Einige medienpolitische Baustellen, die die Regie - Medien brauchen auch in Zukunft einen wirksamen rungspartner abseits vom Breitband anpacken wollen, Berufsgeheimnis- und Informantenschutz“ ist unum - sind im Koalitionsvertrag klar benannt, die Lösungen wunden zuzustimmen. Weitere Ausführungen? Fehl - leider oft weniger klar. Denn neben dem obligatori - anzeige! Mehr noch: Mit der Verabschiedung des neu - schen Bekenntnis zur Pressefreiheit, zur Vielfalt der en BND-Gesetzes in der letzten Legislaturperiode ha - Medien und zur dualen Medienordnung mit einem ben die schwarz-roten Koalitionäre gerade nicht Partei starken öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk für einen ernsthaften Schutz der journalistischen Ar - bleibt vieles im Vagen. Gerade in Sachen Vielfaltssi - beit ergriffen. Stattdessen haben sie die hochumstrit - cherung, einer der drängendsten Fragen, hätte man tene Abhörpraxis des Bundesnachrichtendienstes ge - deutlich Konkreteres erwarten müssen. Die letzten genüber ausländischen und damit auch im Ausland beiden Bundesregierungen sahen ihren Beitrag im Er - befindlichen deutschen Journalistinnen und Journa - halt der Pressevielfalt vor allem darin, das Kartellrecht listen in geltendes Recht gegossen. Grüne, FDP und für Verlage zu lockern und ihnen somit Fusionen und Linkspartei sind davon überzeugt, dass das Gesetz ver - Kooperationen zu erleichtern – entgegen massiver Kri - fassungswidrig ist. Die Deutsche Journalistinnen- und tik sowohl von ver.di als auch des Kartellamtes selbst. Journalisten-Union (dju) in ver.di hat Anfang des Jah - Nun zeigt sich, dass es offensichtlich an wirklichen res gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen und ande - Zukunftsideen fehlt, wie Medienvielfalt gesichert wer - ren Medien- und Bürgerrechtsverbänden Verfassungs - den kann. Zwar wollen die Koalitionäre richtigerweise beschwerde eingelegt. (Siehe auch S. 11) das Presse-Grosso sowie den ermäßigten Mehrwert - steuersatz für Presseprodukte erhalten. Das allerdings BUNDESPRESSEAUSKUNFTSRECHT. Was die Auskunfts - oalitions- ist die Sicherung des Status quo. rechte von Medienschaffenden gegenüber Behörden vertrag und staatlichen Stellen anbelangt, wird wohl auch in K FINANZIERUNGSMODELLE. Ein wirklicher Schritt nach Zukunft eine große Regelungslücke klaffen. Vor be - vorn wäre es beispielsweise, Print- und Digitalproduk - reits 5 Jahren hatte das Bundesverwaltungsgericht Der koalitionsvertrag kann te steuerlich endlich gleichzustellen. Warum zahlen geurteilt, dass die Auskunftsansprüche von Journalis - im netz mit fassung vom Abonnentinnen und Abonnenten einer Zeitung auf tinnen und Journalisten gegenüber Bundesbehörden 7. februar 2018 nachgelesen die gedruckte Ausgabe nur 7 Prozent Mehrwertsteuer, nicht über die Landespressegesetze geltend gemacht werden. auf die Digitalversion aber 19 Prozent? Und wie ist es werden können. Seither steht fest: Wer Auskunft von zu rechtfertigen, dass ein Verlagshaus seine Printpro - einer der über 100 Behörden des Bundes, darunter der www.tinyurl.com/mmm-koa dukte preiswerter verkaufen kann als ein journalisti - BND, erhalten möchte, hat keinerlei rechtliche Hand - sches Angebot, das nur online scheint? ver.di fordert habe. Journalistische Recherche ist damit abhängig schon lange eine Gleichstellung. Auch die Verleger - von der Kulanz von Behördenleitern. Dass hier also verbände rufen verständ licherweise danach. Mit ei - Handlungsbedarf besteht, sah neben der dju selbst die nem Unterschied: ver.di will keine weiteren staatli - SPD so. Noch unter Schwarz-Gelb hatte sie einen Ge - chen Subventionen nach dem Gießkannenprinzip, setzentwurf für ein Bundespresseauskunftsrecht in von denen vor allem die großen und ohnehin rent - den Bundestag eingebracht und war damit geschei - ablen Verlage profitieren. Vielmehr soll jede Förde - tert. Vor der Bundestagswahl im September betonte rung an die Einhaltung sozialer Standards geknüpft Martin Dörmann, damaliger medienpolitischer Spre - sein. Dazu gehört, dass Beschäftigte nach Tarifvertrag cher der SPD-Fraktion, gegenüber M noch einmal die bezahlt werden und eine qualitätsgesicherte Ausbil - Wichtigkeit einer gesetzlichen Regelung. Allein, es hat dung stattfindet. Immerhin: Die Koalition verpflichtet nichts gebracht. Vom Auskunftsrecht findet sich im sich in ihrem Vertrag, neue Finanzierungsmodelle neuen Koalitionsvertrag keine Spur. und weitere Fördermaßnahmen zu prüfen. Das ist dringend notwendig. Auf ein neuerliches üppiges Ge - . Ein wenig frohgemuter können die schenk an die Verlegerlobby hätten CDU, CSU und Beschäftigten der Deutschen Welle in die Zukunft bli - SPD allerdings verzichten können und müssen. Die cken. Die künftige Koalition verspricht dem Auslands - Verlegerverbände haben es tatsächlich geschafft, die sender deutlich mehr Geld. Die Welle, aus dem Bundes - künftige Regierung davon zu überzeugen, dass die Ar - haushalt finanziert, hatte schon in der letzten Legis - d e i r f

t beitgeberbeiträge zur Rentenversicherung für Zei - laturperiode eine ordentliche Finanzspritze erhalten. t o G

s tungszustellerinnen und Zeitungszusteller eine solche 2017 lag ihr Etat bei 326 Millionen Euro. Das kann u c r

a finanzielle Belastung darstellen, dass in Stadt und sich sehen lassen, wenn man bedenkt, dass die Anstalt M

/

t Land die Versorgung mit Zeitungen in Gefahr sei. Die Mitte der 2000er Jahre noch mit 260 Millionen Euro n e g

A Lösung: Die Beiträge der Verlage sollen für die nächs - auskommen musste. Ziel der Großen Koalition ist es n o o T

: ten Jahre von 15 auf 5 Prozent gesenkt werden. Wer zudem, das Budget auf das vergleichbarer europäi - r u t

a auch immer für die Finanzierungslücke aufkommt, scher Auslandssender anzuheben. Hierzu müsste sie k i r a

K die Verlagshäuser werden es nicht sein. allerdings noch eine ganze Schippe drauflegen: Der französische Auslandsrundfunk France Médias Monde ÜBERWACHUNG. Bleibt die Frage, wie es eigentlich um / TV 5 Monde kann über einen Jahresetat von 389 die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Millionen Euro verfügen, die britische BBC World so - Journalisten steht und was die Koalition dafür tun gar über 523 Millionen Euro. Stephan Kolbe <<

1.2018 M 23 MeDIenPOlItIk Untrennbar: Kosten und Qualität

interview mit Ulrich Wilhelm, intendant des Bayerischen rundfunks und seit 1. Januar 2018 Vorsitzender der Ard

Sie haben gleich zu Beginn ihrer aber schon seit Jahren. Jetzt ist ein Punkt erreicht, wo Amtszeit als ARD-Vorsitzender es ohne einen Teuerungsausgleich nicht mehr weiter - eine Anhebung des Rund funk - ginge. M beitrags ab 2021 gefordert, dazu möglichst einen jährlichen Infla - Die Politik zeigt sich in dieser Frage einstweilen tionsausgleich. Mit welcher Begründung? noch reserviert … Ulrich Wilhelm | Nach Jahren ohne Ausgleich der Mein Appell an die Politik ist, diesem Thema nicht Teuerung – und mit Blick auf Tarifanpassungen, Rechte- auszuweichen, weil es unbequem erscheint. Sie sollte kosten- oder Verbreitungskostensteigerungen – brau - sich nicht später die Augen reiben, wenn bei den öffent - chen wir ab 2021 wieder eine Anpassung unserer Mit - lich-rechtlichen Sendern aufgrund von Fehlbeträgen tel, weil wir ansonsten tief in die Programme schnei - in Milliar denhöhe in der kommenden Beitragsperiode den müssten. Natürlich hat jeder den Ehrgeiz, alles Programme gestrichen werden müssen. Denn das wäre auszuschöpfen, wo wir jenseits des Programms sparen schlicht die Folge, falls der Rundfunkbeitrag auch ab Ulrich Wilhelm plädiert für können, etwa bei Verwaltung und Technik. Das tun wir 2021 bei 17,50 Euro bleibt. Es geht um eine bewusste, die Anhebung des zutiefst politische Entscheidung über die Frage: Wel - Rundfunkbeitrags ab 2021 chen Stellenwert soll der öffentlich-rechtliche Rund - funk für unsere Gesellschaft haben? Das ist genau die gleiche Frage wie: Wollen wir ein öffentliches Schul - system neben privaten Schulen, wollen wir einen öf - fentlichen Nahverkehr, oder soll das alles dem Markt überlassen bleiben? Meine Bitte an die Politik ist, dem Rundfunk, der ein hohes öffentliches Gut ist, weiter - hin Raum zu geben. Denn angesichts der Entwicklun - gen des Internets wird sich noch mehr als aktuell zei - gen, wie wertvoll der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen zuverlässigen Angeboten für den Zusam - menhalt des Landes sein kann.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbe - darfs der Rundfunkanstalten hat aber allein für die ARD bis zum Ende der aktuellen Beitrags - periode 2017-2020 einen Überschuss von gut einer halben Milliarde Euro ausgerechnet. Sie sieht offenbar noch jede Menge Sparpotential: beim Personal, bei den Produktionskosten, bei den Tochterfirmen. Es verwundert, dass trotz unserer erheblichen Sparbe - mühungen die KEF im Wege großzügiger Annahmen einen so großen Spielraum sieht. Fest steht: Die von der KEF angenommenen Überschüsse beruhen auf Prognosen, die wir nicht nachvollziehen können. Künftige Beitragseinnahmen hängen von vielen ex - ternen Faktoren wie der gesamtwirtschaftlichen Lage

n ab. Überdies hat die KEF keinen Auftrag, sich zur Pro - i l a v

n grammgestaltung zu äußern. Das gilt für die Sportbe - o K

s richterstattung genauso wie für die Krimiproduktion. u k r a Und was das Personal angeht: Im Zeitraum 1993 bis M / R B

2020 wird die ARD insgesamt rund 4.900 Stellen bzw. : o t o

F 20 Prozent abgebaut haben. Eine nachhaltige Kosten -

24 M 1.2018 MeDIenPOlItIk

begrenzung haben die Landesrundfunkanstalten außer - len, aber hochwertige und regionale Inhalte könnten dem durch die Reformen der Altersversorgung er - so nicht existieren. Die würden ohne uns wegfallen. reicht. Aber: Kurzfristig können wir immer nur bei den beweglichen Haushaltsansätzen sparen, nicht Die ARD liegt nach wie vor mit den Verlegern im jedoch bei den durch Gesetz oder Tarifvertrag festste - Clinch um den Telemedien-Auftrag, also die On - henden Fixkosten. Das geht dann zwangsläufig auch line-Aktivitäten der Sender, vor allem die „Pres - auf Kosten der Qualität, wenn wir beispielsweise das seähnlichkeit“ mancher Angebote. Sie sind da - Programm ausdünnen müssen. gegen, die Debatte darauf zu reduzieren, da auch andere relevante Player eine wichtige Rolle spiel - Zwei Länder – Sachsen und Sachsen-Anhalt – ten. Woran denken Sie da? haben sich bereits ablehnend zu einer Beitrags - Es gibt immer mehr Netzbetreiber oder sogar Geräte - erhöhung geäußert. Die AfD will den öffentlich- hersteller, die journalistischen Content anbieten. rechtlichen Rundfunk faktisch abschaffen. Die T-Online hat angekündigt, einer der großen Nachrich - CSU fordert in ihrem 2016 verabschiedeten neuen tenanbieter werden zu wollen. Google News, Face - Grundsatzprogramm die Fusion von ARD und book und einige andere bieten die Inhalte auf ihren ZDF. Geht es allmählich ans Eingemachte? Plattformen sowieso längst an. Wenn ARD und ZDF Auf der einen Seite stehen die hohe Akzeptanz unserer im Netz immer weniger dürfen, führt das daher nicht Programme und die Überzeugung vieler Menschen in automatisch zu Vorteilen für die Verlage. Es kann unserem Land, dass in der neuen Unübersichtlichkeit auch sein, dass am Ende nur die Qualität der Inhalte des Internets und auch der vielfach von Hass und Hä - im Netz leidet – und zwar dann, wenn die Lücke, die me geprägten Diskussion im Netz die qualitätsvollen dadurch entsteht, immer mehr von Netzbetreibern Angebote von ARD und ZDF eine wachsende Bedeu - und Geräteherstellern frei zugänglich gefüllt wird. Mit tung bekommen. Allerdings denken manche, man Blick auf die Konkurrenz der großen US-Player sind könne alles behalten, und trotzdem bei den Ressour - Rundfunk und Verlage als Qualitätsanbieter jenseits cen noch ganz viel wegstreichen – diese Rechnung unserer aktuellen Diskussion gleichermaßen bedroht. geht nicht auf. Es ist ein Widerspruch in sich zu sagen: „Ihr seid wichtiger denn je, müsst noch qualitätsvol - Der NDR hat Verfassungsbeschwerde gegen die ler, noch investigativer werden, aber die dafür nötigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs eingelegt, Mittel, die gibt’s nicht mehr.“ wonach eine zufällig ausgewählte Ausgabe der „Tagesschau“-App presseähnlich und somit un - Google news, Die militanten Gegner interessieren solche Argu - zulässig sei. Facebook und einige Die Meinungsbildung verlagert sich mehr und mehr mente nicht. Das sieht man auch an der No-Bil - andere bieten die lag-Initiative in der Schweiz und vergleichbaren ins Netz. Sie läuft ganz stark über Suchmaschinen. Tendenzen in anderen europäischen Ländern wie Über die Hälfte der Nachfragen nach unseren Ange - inhalte auf ihren Dänemark, Norwegen, Österreich, etc. Fürchten boten kommt über Suchmaschinen. Die aber funktio - Plattformen sowieso nieren mit Text. Audio- und Video-Angebote allein Sie nicht auch Auswirkungen auf die hiesige De - längst an. Wenn Ard batte? würden gar nicht gefunden, sondern das funktioniert Es gibt in ganz Europa eine gesellschaftliche Kontro - über Text und Schlagworte. Investigativer Journalis - und ZdF im netz verse um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch mus braucht natürlich, um zu belegen, was er da be - immer weniger dür - um andere solidarisch finanzierte Güter wie ein öf - hauptet, auch Text. Früher gab es seitenlange Presse - fentliches Gesundheits- oder Bildungssystem werden mitteilungen zu Sendungen wie Panorama, Monitor fen, führt das daher vielerorts Kämpfe geführt. In der Schweiz ist auffällig, oder Report. Das heutige Pendant ist eben der Text im nicht automatisch dass vom Hörfunk wenig die Rede ist. Die Betreiber Netz. Das Beispiel Paradise Papers zeigt: Den Text zu zu Vorteilen für die der No-Billag-Initiative reden immer lieber vom Fern - verbannen, kann nicht die Lösung sein. Wir würden sehen, weil sie beim Hörfunk auf eine breite Bevölke - die Zukunft im Netz verlieren und in der Meinungs - Verlage. rungsschicht stoßen würden, die die Radioprogramme bildung nicht mehr in dem Maße stattfinden. schätzt und diese nicht missen will. Auch bei uns ver - gessen die Kritiker der ARD gerne den Stellenwert des Sie wollen ja mit den bisherigen Widersachern Hörfunks. Jeden Tag hören mehr als 37 Millionen lieber kooperieren. Unter anderem haben sie eine Menschen in Deutschland die Radioprogramme der gemeinsame Plattform für Qualitätsinhalte vor - ARD. Unsere Angebote insgesamt sind für mehr als geschlagen. Was verstehen Sie darunter? 80 Prozent der deutschen Bevölkerung unverzichtba - Die werbungtreibende Wirtschaft gibt den allergröß - rer Bestandteil ihres Alltags. Die vielfältigen Themen ten Teil ihrer Budgets nicht mehr den klassischen Ver - und Facetten unseres Landes – von Politik, Wirtschaft, lagshäusern, sondern überwiegend den US-amerika - Sport, Kultur, Bildung – die bildet vor allem der öffent - nischen Internetgiganten, also Facebook, Google, lich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ab, insbe - Youtube, etc. Dadurch ist diese wichtige Finanzie - sondere die ARD mit ihren stark regional verankerten rungsquelle des Journalismus für die Verlage sehr Dritten und den Hörfunkwellen. Das lässt sich in die - schmal geworden. Werbungtreibende gehen am sem Umfang und dieser Qualität nicht über Bezahl - lieb sten dahin, wo sie eine kritische Masse in ihrer modelle im freien Markt finanzieren und erhalten. Zielgruppe sicher erreichen. Daher die Idee: Warum Mainstream-Inhalte überleben leicht mit Pay-Model - bündeln wir – Verlage, Sender, Kulturinstitutionen,

1.2018 M 25 MeDIenPOlItIk | BeRUf

Universitäten, etc. – nicht unsere Reichweiten auf ei - einbar war und ist. Diese Tradition setzen wir, mit ner gemeinsamen Plattform, damit es für die Wer - neuen Ideen, fort. bungtreibenden spannender wird, dort zu inserieren? Der Sportetat der ARD ist bei rund 250 Mio. Euro VPRT-Geschäftsführer Hans Demmel hat un - im Jahr gedeckelt. Zentrale Sportereignisse wie längst Schutzräume vor den öffentlich-recht- die Champions League wandern ins Pay-TV, die lichen Angeboten im Netz für die Privatsender Rechtekosten explodieren. Welche Rolle wird der gefordert. Das zielt vor allem auf die Mediathe - Sport künftig bei ARD und ZDF spielen? ken, die Sie ja eher ausbauen wollen. Damit, so Der Sport nimmt eine sehr bedeutende Rolle in der der Vorwurf, gefährdeten ARD und ZDF Ge - Gesellschaft ein und deshalb natürlich auch in den schäftsmodelle von Kanälen wie N24 Doku oder Programmen der ARD. Auch zukünftig werden wir Kabeleins Doku. Ist da was dran? deshalb alles im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür Eines ist doch klar: Wir expandieren nicht, sondern tun, dass sportliche Großereignisse wie Olympische wir schrumpfen, wir bauen Personal ab. Wir haben Spiele und Fußball-Großereignisse sowie andere at - große Mühe, überhaupt neue Berufsbilder aus dem di - traktive Sportevents in unseren Programmen zu sehen gitalen Sektor bei uns aufzubauen, obwohl dies drin - sind. Das erwarten im Übrigen auch unsere Zuschaue - gend nötig ist, weil wir eben per Saldo fast keine Stel - rinnen und Zuschauer, wie man an der Diskussion um len mehr neu besetzen können. Und unsere redaktio - die Rechte an den Olympischen Spielen im vergange - nellen Mittel sind auch gedeckelt. Klar ist aber auch: nen Jahr gesehen hat, und was auch jetzt an den her - Die Mediennutzung der Menschen verlagert sich all - vorragenden Zuschauerzahlen bei unseren Übertra - mählich vom Linearen ins Netz. Deshalb ist es auch gungen aus Pyeongchang deutlich erkennbar ist. unsere Aufgabe, öffentlich-rechtliche Angebote auf Gleichzeitig ist es uns programmlich sehr wichtig, ei - diesem Weg verfügbar zu machen, um möglichst viele ne möglichst große Vielfalt an Sportübertragungen Teile der Gesellschaft zu erreichen – so wie es unser anzubieten und uns nicht – wie unsere privaten Wett - gesetzlicher Auftrag fordert. bewerber – auf wenige massenattraktive Sportarten bzw. -ereignisse zu beschränken. In der Tat ist aber der Unsere größten Stichwort „Babylon Berlin“: Ist das ein taugli - Markt der Sportübertragungsrechte von zunehmen - Argumente sind ches Modell für künftige Kooperationen? dem Wettbewerb und deutlich steigenden Preisen ge - eine seriöse, quali - Ganz grundsätzlich: Um konkurrenzfähige Serien die - kennzeichnet, während der Sportrechte-Etat der ARD ser Qualität produzieren zu können, brauchen wir seit Jahren streng gedeckelt ist. Es ist uns dennoch im - tativ hochwertige starke Partner. Angesichts der immer knapper werden - mer wieder durch intensive Verhandlungen gelungen, Berichterstattung den Budgets und der immer höheren Qualitätsstan - auch bei prominenten Sportereignissen Preise zu sen - und eine verläss - dards insbesondere fiktionaler Produktionen im inter - ken. Oder wir haben uns auf Partnerschaften einge - nationalen Wettbewerb – Stichwort Netflix oder Ama - lassen, um für uns relevante Rechte erwerben zu kön - liche hohe reich - zon – denken wir in der Tat verstärkt über Koopera - nen: mit Sky beim Handball, mit Discovery bei den weite, mit der man tionen und Koproduktionen nach. Wir werden Olympischen Spielen, mit der Telekom bei der 3. Liga. wirklich alle Teile Partner brauchen, um gemeinsam Hochwertiges zu Unsere größten Argumente sind eine seriöse, qualita - produzieren. Grundsätzlich habe ich mich schon im - tiv hochwertige Berichterstattung und eine verlässli - der Bevölkerung er - mer für Kooperationen stark gemacht – stets in den che hohe Reichweite, mit der man wirklich alle Teile reicht. Grenzen des rechtlich Erlaubten und in einer Form, der Bevölkerung erreicht. die mit unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag ver - Gespräch: Günter Herkel <<

Keine Zukunft ohne Journalismus

eim ersten Berliner „Mediensalon“ dieses Jahres im taz Café, einer neuen Veranstaltungsreihe von dju in ver.di, DJV und der Werkstatt für Medienkompetenz meko factory, ging es „gleich ums große ganze, nämlich um die Zukunft des Journalismus“ kündigte dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia haß in ihrer Begrüßung an. B es gebe keinen grund zur Sorge, war der optimistische grundtenor der Veranstaltung, den Organisationsforscher Prof. ayad al-ani unter der Parole „U nbedingt durchhalten!“ subsumierte. Denn guten Journalismus wird es auch in Zukunft noch brau - chen, die frage ist nur, wie dieser sich finanzieren wird. Darauf gaben die gäste unterschiedliche antworten, klar wurde aber, dass die große Mehrheit der Verlage, so anja Pasquay vom Bundes - verband Deutscher Zeitungsverleger, mittlerweile erkannt habe, dass an Paid Content-Strategien kein Weg mehr vorbeiführe. Die freie Jour - nalistin Sabrina Markutzyk und der geschäftsführer von Steady Media, Philipp Schwörbel, warfen den Verlagen aber vor, nicht innovations - freudig genug zu sein und viele entwicklungen zu verschlafen. Pasquay antwortete mit einem Verweis auf diverse Innovationsoffensiven der Verlage. einig waren sich die Panelteilnehmer_innen zumindest darüber, dass das klassische Berufsbild des Journalisten aufweichen wird. aber Veränderungen gehören nun mal zum geschäft. mh << der nächste „Mediensalon“ zum Thema Medien und Afd findet am 28. März im taz Café statt.

26 M 1.2018 BeRUf

Barrieren in den Medien abbauen

Viele gesellschaftlich wichtige themen erschienen Schon entdeckt? auch 2017 nicht in den Medien. Im Rahmen ihrer Jah - engagierte Medien abseits des Mainstreams gibt es respressekonferenz hat die Initiative nachrichtenauf - zunehmend mehr. Sie sind hoch interessant, aber oft klärung (Ina) e.V. im die top ten der wenig bekannt. deshalb stellt M in jeder gedruckten vergessenen nachrichten 2017 vorgestellt. Ausgabe und auf M Online einige davon vor. Den ersten Platz im Ranking der vergessenen nach - richten belegt das thema „Inklusion in der arbeits - The Buzzard welt“. In den letzten zehn Jahren sei die anzahl der Menschen in den „Behindertenwerkstätten“ kontinu - ierlich gestiegen. Mit Inklusion habe das nichts zu tun. Wie macht man sich ein annähernd realistisches Bild von einer öffentlichen Die Medien sollten sich aufgrund der hohen arbeits - Diskussion? Wer die gewohnten Seiten im netz sucht, wird schnell den ein - losigkeit von Menschen mit Behinderung und fehlen - druck erlangen, dass viele Menschen die eigene Meinung zum jeweiligen der Berührungspunkte im alltag zur aufgabe nehmen, thema teilen, wenn nicht gar die Mehrheit … Das Bild trügt, denn algorith - Barrieren und Vorurteile durch vermehrte journalisti - men filtern vor und zeigen nutzer_innen nur noch das, was sie präferieren. sche Berichterstattung auf augenhöhe zu verringern, So entstehen (nicht selten gefährliche) filter- und Meinungs blasen. Dagegen anstatt sie wie bisher weiter zu verfestigen, begründet wirken Dario nassal und felix friedrich, gründer von „the Buzzard“. Ina ihre Wahl.

Die beiden studierten Politikwissenschaftler, die in ihrer Studien zeit nebenbei auf Platz 2 steht Portugal und seine anti-Spar-Politik. als Journalisten bei großen Medienhäusern gearbeitet haben, sammeln ge - nach der finanzkrise schien es für die betroffenen meinsam mit weiteren sieben Redakteur_innen bis zu 2.000 Originalbeiträge südeuropäischen länder, allen voran Portugal, nur ei - von etablierten Medien und thinktanks, unabhängigen Journalisten, Wissen - ne Wahl zu geben, die von der eU geforderten drasti - schaftlern, Bloggern, aus social-Media-kanälen und werten sie aus. Die je - schen kürzungen umzusetzen. „Doch ist Sparen der weils zehn relevantesten Positionen werden gegenübergestellt und ergeben einzige Weg, um sich zu sanieren?“, wird gefragt. Das so ein Meinungsbild zu einem thema. einmal pro Woche wird auf diese Wei - Beispiel Portugal überrasche. „Das land konnte einen se ein Debattenthema bearbeitet. an jedem Werktag erscheint um sieben kredit von 1,7 Milliarden euro vorzeitig an den IWf zu - Uhr der „Perspektivwechsel am Morgen“. Dieser verlinkt zu artikeln, die al - rückzahlen.“ ternative Sichtweisen zu einer tagespolitischen angelegenheit behandeln, zum Beispiel am 15. februar „Deniz Yücel als faust pfand von erdogan“. „Monsun in Südasien 2017 versus hurricane in texas“ steht auf Platz 3. hierbei gehe es darum, dass Das Redaktionsteam will sich mit dieser Methode klassischen journalisti - die humanitäre katastrophe durch den Monsun 2017 schen grundsätzen annähern, nämlich der möglichst distanzierten und dif - von dem hurricane in texas medial überschattet wor - ferenzierten Berichterstattung. Dario nassal: „Wir schauen nach den aspek - den sei. „es wurde signifikant weniger über den Mon - ten einer frage – zum Beispiel politische, philosophische, ökomische – und sun berichtet, obwohl seine zerstörerischen ausmaße suchen dann nach Meinungen dazu. Wir versuchen also, die aspekte einer den hurricane weit überstiegen.“ Debatte transparent abzubilden.“ Dazu gehört, dass der Original-artikel zu jeder Zusammenfassung von den leser_innen abgerufen werden kann. Weitere themen auf der liste der vergessenen nach - Datenbank und Suchmaschinen sind hilfreich – aber das kuratieren erfolgt richten 2018 sind die arbeitsbedingungen auf Contai - größtenteils manuell. Das soll mittelfristig effektiver möglich sein. Deshalb nerschiffen, der horrende anstieg der kosten von Imp - arbeitet das team an der entwicklung einer Meinungssuchmaschine. Unter - fungen in entwicklungsländern bei gleichzeitigem ge - stützt wird das Projekt mit 50.000 euro im Rahmen Digital news Initiative winnwachstum in der Pharmaindustrie, politische ant - von google. gefördert wird „the Buzzard“ außerdem vom Journalismus-netz - worten auf gesundheitliche gefahren von Schichtarbeit werk VOCeR, vom Medial lab Bayern und dem Social Impact lab leipzig (SIl). sowie die Zwangssterilisierung von frauen der Roma in tschechien und der ehemaligen tschechoslowakei. Dennoch arbeiten die zehn Mitarbeiter_innen noch selbstausbeuterisch: „fe - lix und ich bekommen ein kleines Stipendium vom SIl, die Redakteur_innen am 22. Juni 2018 veranstaltet die Ina gemeinsam mit arbeiten größtenteils ehrenamtlich, nur die entwickler werden bezahlt“, so der nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks und nassal. Mehr zahlende kunden könnten helfen, das Startup auf stabile fi - der hochschule für Medien, kommunikation und Wirt - nanzielle füße zu stellen und die technische entwicklung zu forcieren. „the schaft (hMkW) das 4. kölner forum für Journalismus - Buzzard ist der weltweit erste navigator für politische Perspektiven im In - kritik und verleiht auch zum vierten Mal den günter- ternet“ – mit diesem alleinstellungsmerkmal wirbt das Startup-team um Wallraff-Preis für Journalismuskritik. Informationen: abonnent_innen, auch unter den Profis der Branche. -gl << www.derblindefleck.de/guenter-wallraff-preis. https://thebuzzard.org Jeder kann bei der Ina themenvorschläge einreichen. https://www.facebook.com/thebuzzard.org www.derblindefleck.de/thema-einreichen/ Kontakt: [email protected]

1.2018 M 27 VeR.DI UnteRWegS Ohne Betriebsrat herrscht Willkür

im März finden wieder die Wahlen zu den interessenvertretungen statt

ie achten darauf, dass im Betrieb die Tarifverträge eingehalten werden, ent - scheiden mit über die Arbeitsbedin - S gungen, fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sorgen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Rede ist Miriam von den Mitgliedern der Betriebsräte, der Interessen - Scharlibbe vertretung der Belegschaft gegenüber dem Arbeitge - ber. Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre statt. Im s März ist es wieder soweit. M stellt vier Kandidatinnen heblich“, beschreibt Schrage seinen Betriebsratsalltag. i m e r e

und Kandidaten aus Medienbetrieben vor. Entschädigt werde man dabei aber vor allem durch u T

t a die kleinen Erfolge: „Etwa dann, wenn wir erreicht ha - r u M

:

Ab fünf Beschäftigten im Be - ben, dass eine Kollegin oder ein Kollege ein höheres o t o trieb wird eine Interessen - Entgelt bekommt, weil sie oder er es einfach ver - F vertretung gewählt. So dient.“ Doch auch größere Erfolge wie die Einigung schreibt es das Be - auf verbindliche Regeln im Betrieblichen Eingliede - triebsverfassungs - rungsmanagement für länger erkrankte Beschäftigte gesetz vor. Und konnten in der letzten Amtszeit verbuchet werden. das aus gutem Damit diese Erfolge auch in den nächsten vier Jahren Grund. Denn: In nicht ausbleiben, appelliert Schrage an die Beschäftig - Betrieben mit Be - ten, sich an der Wahl zu beteiligen: „Es ist ein politi - triebsrat werden sches Amt. Also gilt: Je größer das Interesse der Kol - nachweislich hö - leg_innen am Betriebsrat, desto größer ist der Respekt here Löhne und des Arbeitgebers.“ Auf große Beteiligung hofft er auch Gehälter gezahlt in den laufenden Tarifverhandlungen für die rund und mehr Auszubil - 13.000 Tageszeitungsjournalist_innen, die am 12. dende eingestellt. Wa - März in die dritte Runde gehen. Denn neben weiteren rum das so ist, das weiß Funktionen wie die des ehrenamtlichen Richters am Klaus Klaus Schrage, Redakteur für die Landesarbeitsgericht ist Schrage auch neuer Vorsitzen - Schrage Nürnberger Nach richten sowie den Sonn - der der dju-Tarifkommission. (Siehe auch S. 4 und 30) e

b tagsblitz und seit 2006 im Betriebsrat: „Ohne Betriebs - u a h

c rat herrscht am Arbeitsplatz die Willkür des Mächti - Vor allem, aber nicht nur für den journalistischen S

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i gen. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nicht, es gibt Nachwuchs setzt sich bei der Neuen Westfälischen in T - n

a keine Betriebsvereinbarungen. Jeder muss nach seinen Bielefeld das stellvertretende Betriebsratsmitglied Mi - J

: o t

o persönlichen Fähigkeiten mit dem Arbeitgeber ver - riam Scharlibbe ein. Als Volontärin bereits zwei Jahre F handeln.“ Um auch den Redakteurinnen und Redak - lang Jugendauszubildendenvertreterin, hat sie Ende teuren in seinem Verlag eine Stimme zu geben, hatte letzten Jahres erstmals für den Betriebsrat kandidiert – sich der damals 47jährige deshalb entschieden, für in vorgezogenen Wahlen, weil die bisherige Betriebs - den Betriebsrat zu kandidieren und übt diese Aufgabe ratsvorsitzende die Leitung einer Lokalredaktion über - bis heute und mittlerweile als dessen Vorsitzender nommen hatte und deshalb ihr Amt abgab. Die Ent - manchmal ungeduldig, aber sehr gerne aus. Dabei ge - scheidung zu kandidieren habe sie sich nicht leicht - stalte sich die konkrete Betriebsratsarbeit jeden Tag gemacht, gibt die 30-Jährige zu. Zwar habe sie schon anders, aus unzähligen Besprechungen, Sitzungen immer dafür geworben, sich in Gewerkschaften und oder Gesprächen mit den Kolleg_innen ergebe sich im Betrieb für gute Arbeitsbedingungen stark zu ma - die jeweils aktuelle Agenda. „Unser Gremium hat – chen und ist auch selbst aktives Mitglied der dju in Ausschüsse inklusive – in den vergangenen vier Jah - ver.di. „Wenn es dann aber darum geht, den eigenen ren rund 400 Sitzungen absolviert. Das Mailpostfach Worten Taten folgen zu lassen, fallen einem naturge - ist meistens übervoll, auf dem Schreibtisch liegt zu mäß immer viele Gegenargumente ein: Habe ich über - viel Papier. Der bürokratische Aufwand ist schon er - haupt die Zeit, die Betriebsratstätigkeit mit meiner ei -

28 M 1.2018 BetRIeBSRatSWahlen

gentlichen Arbeit zu verbinden? Wie nimmt der Chef Frauen- und Familienförderung sowie Arbeitszeiten so ein Engagement auf? Kann ich als junge Kollegin abschließen. Außerdem sei es vor allem darum gegan - unter vielen älteren erfahreneren Betriebsräten meine gen, blickt Schwabe auf die letzten vier Jahre, die von Ideen umsetzen?“ Doch nach einer Nacht drüber Kündigungswellen und Tarifflucht betroffenen Kol - schlafen hatte die kritische Stimme letztlich das Nach - leg_innen zu unterstützen und dabei zu helfen, nach sehen. Scharlibbe wollte nicht zu denjenigen gehören, Alternativen zu suchen. Ebenso wichtig seien die da - die viel kritisieren, aber kneifen, wenn sie selbst die mit verbundenen Sozialplanverhandlungen gewesen. Chance bekommen, etwas zu verändern. Einen klei - Deshalb sagt sie: „Eine hohe Wahlbeteiligung bei den nen Teil zur Entscheidung beigetragen habe aber auch Betriebsratswahlen sorgt in der nächsten Amtszeit für ihr Berufsethos als Journalistin, gesteht sie: „Ich kann eine gute Vertretung der Belegschaft. Auch wenn schlecht mein Geld damit verdienen, Ungerechtigkei - nicht jeder Beschäftigte die Unterstützung des Be - ten anzuprangern und Missstände aufzudecken, aber triebsrates benötigt, so ist es doch angenehm zu wis - dann, wenn es um meine eigenen Rechte und die sen, dass er bei Bedarf für einen da ist.“ meiner Kolleg_innen geht, stillschweigend abwarten, dass andere für mich entscheiden.“ Arbeitnehmer_in - Stellenabbau am Standort zu verhindern sieht auch nen, in denen die kritische Stimme noch zu laut ist, Jörg Brokmann als Aufgabe seines Betriebsrats. Er ist um selbst für den Betriebsrat zu kandidieren, fordert seit 1990 bei der Braunschweiger Zeitung , seit 2002 als sie auf, sich zumindest an der Wahl zu beteiligen. Gu - einer von zwei Redakteuren Betriebsratsmitglied und te Arbeitsbedingungen und ein angenehmes Betriebs - seit 2013 Betriebsratsvorsitzender. Die Braunschweiger klima seien schließlich keine Selbstverständlichkeit Zeitung ist der kleinste Zeitungsstandort im Funke- und könnten schnell der Vergangenheit angehören. Konzern, der vor allem durch Zergliederungsprozesse in betriebliche Einheiten ohne Tarifbindung von sich Wie Miriam Scharlibbe gehört auch Anke Schwabe zu reden macht. So ist es auch in Teilen bei der Braun - den 46 Prozent bei ver.di organisierten schweiger Zeitung geschehen. Entsprechend kontrovers Betriebsratsmitgliedern, die sind die Verhandlungen und Gespräche des Betriebs - Frauen sind. Die 31-Jährige rats mit dem Arbeitgeber. Ganz oben auf der Betriebs - arbeitet seit zwölf Jahren ratsagenda stünden dabei Datenschutz, Arbeitszeitre - bei der Süddeutschen gelungen und der Gesundheitsschutz, fasst Brok - Zeitung , aktuell ist sie mann zusammen. „In der letzten Amtszeit haben unter anderem für wir eine Arbeitszeitregelung für die Redaktion und Testmanagement eine Gleitzeitregelung für die Verlagsangestellten und Systempflege sowie eine Gefährdungsbeurteilung für das ganze zuständig. Ihre Unternehmen in Einigungsstellen durchgesetzt. Kandidatur für den Zurzeit verhandeln wir über die SAP-Migration Betriebsrat vor vier in das Funke-Konzernsystem. Hier gilt es beson - Jahren sei der nächs - ders, konzernweit die strukturellen Voraussetzun - te logische Schritt ge - gen für Rasenmäher-Methoden zu verhindern, um wesen, sagt die gelernte Mitarbeiter auszusortieren.“ Künftig sieht Brokmann Verlagskauffrau. Denn die große Herausforderung darin, noch mehr junge t

noch während ihrer Ausbil - Menschen für Betriebsratsarbeit zu begeistern und zu a v i r p

dung hat sie sich für die Jugend- fördern, um frisches Blut und andere Gedanken auf - :

Anke o t o und Auszubildendenvertretung (JAV) auf - Schwabe zunehmen. Denn auch das gehöre für ihn zum „Job“ F Jörg t a

stellen lassen und war ab diesem Zeitpunkt für meh - v eines Betriebsrats: das Nachdenken über das Brokmann i r p rere Jahre Mitglied und später sogar Vorsitzende der : große Ganze. So stünden allen o t o Interessenvertretung aller jugendlichen Arbeitnehmer F Branchen gewaltige Umwäl - unter 18 Jahren und aller Auszubildenden unter 25 zungen ins Haus, nicht al - Jahren im Betrieb. Auch heute noch kümmert sich lein durch die Digitali - Schwabe als nicht freigestellte Betriebsrätin vorrangig sierung. „Wie bekom - um die Angelegenheiten der JAV und die Auszubil - men wir die Work- dendenthemen. Außerdem ist sie Mitglied im Be - Life-Balance hin? triebsausschuss und im Arbeitssicherheitsausschuss. Wie gestalten wie „Ein verantwortungsvoller Betriebsrat tut jedem Un - die ‚gute Arbeit’ ternehmen gut. Er ist Sprachrohr der Kolleginnen und der Zukunft? Die - Kollegen und steht ihnen helfend zur Seite“, sagt sie. ses Feld allein den „Ohne Betriebsrat würde es keine Betriebsvereinba - Arbeitgebern zu rungen geben und für die Kollegen wären somit keine überlassen, wäre Verbesserungen möglich. Der Betriebsrat hat viele fahrlässig. Darum ist Mitbestimmungsrechte, auf die die Arbeitnehmer oh - die Wahl eines starken ne ihn einfach verzichten würden“. In ihrem Unter - Betriebsrats wichtiger nehmen konnte der Betriebsrat in der letzten Amtszeit denn je.“ etwa Betriebsvereinbarungen in den Bereichen EDV, Monique Hofmann <<

1.2018 M 29 taRIfe UnD hOnORaRe

Filmschaffende Tageszeitungen 12 Stunden Fahrlässig und unzumutbar

am Tag als „enttäuschend“ bezeichnete die dju in der gehälter und honorare. Das ist ungenü - reichen aus ver.di das angebot des Bundesverbands deut - gend“, kritisierte der Verhandlungsführer der scher Zeitungsverleger (BDZV) für die tages - dju in ver.di, Matthias von fintel. „Statt Be - Ohne ergebnis sind die tarifverhandlun - zeitungsredaktionen in der zweiten Verhand - rufseinsteigern und erfahrenen Zeitungsjour - gen für die 25.000 filmschaffenden in kino- lungsrunde in Düsseldorf am 20. februar. Dem - nalisten spürbare einkommenssteigerungen und fernsehfilmproduktionen zwischen nach sollen die 13.000 tageszeitungsjourna - anzubieten, wollen die Verleger den Zugang ver.di und dem arbeitgeberverb and Produ - listinnen und -journalisten frühestens ab dem zu Berufsjahresstufen einschränken“, erklärte zentenallianz am 25. Januar in München er - 1. august 2018 mehr geld erhalten. er, und weiter: „Der tarifpartner BDZV trägt dem neut vertagt worden. Im Mittelpunkt stand Druck in den Redaktionen und der notwen - nach wie vor die Verkürzung der tages - Verteilt auf zwei Stufen sollen insgesamt digkeit, dem mit attraktiven Bedingungen zu arbeitszeit für die filmschaffenden. 2,4 Prozent bei einer laufzeit von insgesamt begegnen, fahrlässig wenig Rechnung. Das ist 30 Monaten gezahlt werden. Sprünge in der ein verheerendes Signal für die Redaktionen“. „12 Stunden am tag sind genug und reichen Berufsjahresstaffel werden von Weiterbildung für die anforderungen von filmdrehs aus. und entsprechenden neuen Zuständigkeiten Die dju in ver.di fordert 4,5 Prozent mehr geld Zugleich wird ein tarifabschluss nicht ohne abhängig gemacht. „Das ist eine dreifache Zu - für die tageszeitungsredaktionen, mindestens deutliche tarifsteigerungen für die immer mutung: bezogen auf die lange laufzeit, die aber 200 euro. Die Verhandlungen werden am nur wenige Wochen in einem Projekt be - vielen nullmonate und die geringe erhöhung 12. März 2018 in Stuttgart fortgesetzt. << schäftigten kolleginnen und kollegen zu machen sein. Wenn nur kurze Vertragszei - Auch 2018 aktuell: Die Rote Karte für die Verleger – hier auf der Streikkundgebung in Ulm 2016 ten gelten und sehr intensive kreativarbeit gefordert wird, dann muss sich das auch auszahlen,“ erklärte ver.di-Verhandlungs - führer Matthias von fintel.

Die Produzentenallianz hatte lediglich eine gehaltssteigerung in höhe der aktuellen Inflationsrate, allerdings für eine laufzeit von zwei Jahren, angeboten. Verhandlun - gen über die arbeitszeiten wurden an Be - dingungen geknüpft. Dazu zählen, dass ver.di auf die erhöhung der Zuschläge ver - zichte, das angebot einer niedrigen gagen - steigerung akzeptiere sowie einer Rege - r e b lung zustimme, bei abschlussfilmen an i e l K filmhochschulen den gagentarifvertrag i d u R gar nicht gelten zu lassen. : o t o F Die ver.di filmUnion fordert eine klare Be - grenzung der tageshöchstarbeitszeiten auf 12 Stunden und 6 Prozent mehr geld bzw. reuters deutschland eine Mindesterhöhung der Wochengagen um 50 euro. Mit höheren Mehrarbeits-Zu - schlägen und gegebenenfalls Zusatzurlaub Ergebnis nach fairer Verhandlung soll zusätzlich auf kürzere arbeitszeiten gedrängt werden. außerdem will die ver.di Die tarifverhandlungen für die rund 120 bei Die tarifkommission der gewerkschaften DJV filmUnion unter anderem neue Berufe in Reuters Deutschland Beschäftigten haben am und ver.di erzielte die einigung mit Chefre - den gagen-tarifvertrag aufnehmen. Die 13. februar zu einer einigung geführt. Das er - dakteur Olaf Zapke bereits in der ersten Ver - tarifparteien verständigten sich auf eine gebnis könne sich sehen lassen, sagt ver.di. handlungsrunde. Sie wurde als fair und kon - arbeitsgruppe, die bis zum nächsten ter - Die allermeisten Beschäftigten können mit struktiv bezeichnet, da die Chefredaktion in min am 23. März ein ergebnis liefern soll. Wirkung ab 1. april 2018 ein lohnplus von 2,6 mehreren gesprächsrunden das angebot Prozent oder mehr erwarten. Wer ein excee - mehrmals verbessert hat. hervorzuheben ist, an der tarifverhandlung beteiligen sich an ded oder far exceeded erhalten hat, kommt dass auch ein Dutzend Beschäftigte etwa in der Seite von ver.di der Bundesverband durchschnittlich auf ein Plus von etwa 3,1 Pro - elternzei t/ Sabbatical oder mit einem „par - filmschnitt editor (BfS), die Berufsvereini - zent oder 3,7 Prozent. Das sind – bezogen auf tially met“ nicht nur an der linearen erhöhung gung filmton (bvft) und der Berufsverband das tarifgehalt – Reallohnerhöhungen um 0,8 teilhaben: erstmals werden sie darüber hi - Schauspiel (BffS). << bis 1,9 Prozentpunkte. naus an den Zulagen beteiligt. <<

30 M 1.2018 VeR.DI UnteRWegS

Medientage diskussionsveranstaltung Berlinale 2018 22 .–24. Juni 2018 23. März 2018 FairFilmAward #Krassmedial Rechte Aktivisten „gute Daten, schlechte Daten: Journalisti - In diesen tagen beginnen bundesweit die verliehen sche arbeit mit neuen Quellen“ - Welche Betriebsratswahlen. Die politische Rechte Daten brauchen wir für unsere journalisti - hat sich dafür neu aufgestellt. So wurde ei - gerechte arbeitsbedingungen in der film- sche arbeit? Wie können wir die Datenber - ne Interessengemeinschaft „ar beitnehmer und fernsehbranche waren erneut thema ge beherrschen? Und wie wirken sich die in der afD“ (aida) gegründet. Die extreme einer Veranstaltung im Rahmen der Berli - entwicklungen auf die arbeit von Journa - Rechte wird unter dem titel „Patrioten nale 2018. Dabei wurde in der Berliner kul - listinnen und Journalisten aus? Die tagung schützen arbeitsplätze“ mit eigenen kandi - turbrauerei gefragt, wie man kräfte und bietet antworten auf diese und andere daten aufwarten. kompetenzen besser bündeln kann, und fragen - für etablierte Medienschaffende „Welche gefahren für gewerkschaftliches nach Modellen für Selbstorganisation, kol - genauso wie für den interessierten journa - handeln und autonomie gehen von diesen lektivität und Solidarität gesucht. listischen nachwuchs. In Vorträgen und Initiativen aus?“ Diskussionsveranstaltung Workshops sollen gemeinsam Zusammen - im hamburger gewerkschaftshaus, Besen - erneut wurde auch der fairfilmaward für hänge und lösungen erörtert werden. Me - binderhof 62, 23. März um 19 Uhr. << die fairsten filmprojekte des vergangenen dientage in der ver.di Bildungs- und Be - Jahres verliehen. 33 Verbände, darunter gegnungszentrum Clara Sahlberg, Berlin- ver.di, konnten als kooperationspartner für Wannsee. << die Veranstaltung gewonnen werden, die mediafon-ratgeber vom Branchennetzwerk Crew United aus - aktualisiert gerichtet wurde.

digitalisierungskongress Mit dem Preis für die fairste filmprodukti - 12./13. April 2018 Elterngeld & Co. on wurden „Rentnercops“ in der kategorie Der mediafon-Ratgeber zu Mutterschafts- „Serie“ und „Der Vorname“ in der kategorie und elterngeld „Wenn Selbstständige kin - Spielfilm ausgezeichnet. für die ermittlung Zum der kriegen“ von Rüdiger lühr ist in aktua - der Preisträger haben 2000 Crew United- lisierter 23. auflage erschienen. Die 28seitige Mitglieder die filme nach einem Schul- Gemeinwohl Broschüre erklärt alle aktuellen Regelun - notensystem von eins bis sechs bewertet. „gemeinwohl in der digital vernetzten ge - gen für den Mutterschutz nach der Reform abgestimmt werden konnte dabei nur über sellschaft: Wir arbeiten dran!“ - eine digi - 2017, für das klassische Mutterschaftsgeld Produktionen, an denen man auch selbst tale agenda jagt die andere. „Smart Ser - und das neue „Mutterschaftsgeld“ für privat beteiligt war. vices“, „Internet der Dinge“, und „künstli - krankenversicherte frauen, für elterngeld, che Intelligenz“ lauten die Stichworte. elterngeld Plus, Partnerschaftsmonate und Den inoffiziellen Preis der absolut unfairs - Doch jenseits aller technikdebatten: Wie elternzeit, das kindergeld, den kinderzu - ten Produktion sahnte dagegen „Berlin, I steht es eigentlich um Strategien für das schlag und die freibeträge bei der einkom - love you“ von der Walk on Water films und gemeinwohl? Was bedeutet gemeinwohl mensteuer, außerdem neues zum kinder - unter der Regie von til Schweiger ab. Der in der digitalen gesellschaft? Wer definiert krankengeld. für alle Besitzer_innen des film wurde mit fast einer Million euro vom es und welche Bedeutung kommt dabei gedruckten Ratgebers Selbstständige steht Deutschen filmförderfonds (Dfff) finan - der arbeit zu? Der Digitalisierungskongress das PDf kostenlos zum Download bereit. ti - ziert. 2018 im haus der ver.di-Bundesverwaltung nyurl.com/q8kejn8 in Berlin. www.verdi.de/themen/digitali - alle anderen können den Ratgeber kosten - Mehr dazu in M Online: sierungskongresse/kongress-2018 << pflichtig anfordern (17,85 euro). << https://tinyurl.com/ybohzfzg <<

iMPreSSUM: „M – redaktion: Anzeigen: Gestaltung und druck: für Mitglieder der Medien- Weitere Publikationen: Menschen Machen Medien“ karin Wenk (verantwortlich), aSk agentur für Sales und layout: hajo Bergandt, fachgruppen ist die Bezugs - M Online Medienpolitisches ver.di- tel. 03 0/ 69 56 23 26 kommunikation gmbh, vision-und-gestalt.de gebühr im Mitgliedsbeitrag https://mmm.verdi.de/ Magazin, erscheint 2018 mit anschrift: ver.di Bundesver - Bülowstr. 66, hof D/ Druck und Vertrieb: erhalten. verantwortlich: vier gedruckten aus gaben, waltung / karin Wenk, eingang D1, 10783 Berlin, alpha print medien ag karin Wenk die jeweils ein Schwer - Re daktion M, Paula-thiede- fax 03 0/ 740 73 16 75 (apm), kleyerstraße 3, Jedes heft kostet 9 euro (in - tel: 03 0/ 69 56 23 26 punktthema behandeln. Ufer 10, 10179 Berlin, e-Mail: 64295 Darmstadt klusive Mwst.). Die ausgaben „M Online“ berichtet aktuell fax: 03 0/ 69 56 36 76, e-Mail: [email protected] können einzeln bestellt „Druck + Papier“, aus der Medien branche: [email protected] Abonnementsverwaltung: oder wie bisher als Jahres - verantwortlich: https://mmm.verdi.de für unverlangt eingesandte ansprechpartnerin: Verlagsgesellschaft abo erhalten werden. andreas fröhlich artikel und Bilder über - Simone Roch, W.e. Weinmann mbh, tel: 03 0/ 69 56 23 40 herausgeber: nimmt die Redaktion keine Strategische kommunikation Postfach 1207, 70773 filder - ver.di-Mitglieder aus ande - fachbereich 8 (Medien, Verantwortung. gezeichnete tel. 03 0/ 740 73 16 32 stadt, tel. 071 1/ 700 15 30. ren fachgruppen können M redaktionsschluss M: kunst, Industrie), Bundes - Beiträge stimmen nicht gültige anzeigenpreisliste: fax: 071 1/ 700 15 10. e-Mail: zu einem ermäßigten Preis M 01.2018: 19. 02 .2018 vorstand: frank Bsirske / immer mit der Meinung der nr. 23 gültig ab 1.1.2018 service@verlag-wein - abonnieren. M 02.2018: 14. 05 .2018 frank Werneke Redaktion überein. mann.de ISSn-nr.: 09 4 6 – 11 32

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