Unireport 05-19 Goethe-Universität Frankfurt
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UniReport 5.19 UniReport | Nr. 5 | 10. Oktober 2019 | Jahrgang 52 | Goethe-Universität Frankfurt am Main Mehr Mut zur Relevanz Die Politologin Nicole Deitelhoff über die Bedeutung, die der Dialog mit der Praxis für ihre Arbeit hat. 2 Forschungsorientiert auf der Höhe der Zeit Der neue Masterstudiengang Arzneimittelforschung im Porträt. 3 Gastlandauftritt Norwegens auf der Buchmesse Für das Institut für Skandinavistik eine will- kommene Gelegenheit, den Studierenden Praxiserfahrungen zu ermöglichen. 22 Stimme der deutschen Jugendlichen Einheit, Partizipation Zum zweiten Mal übernimmt ein und Zusammenhalt Politikstudent der Goethe-Uni das Amt eines UN-Jugenddelegierten. 25 Bürger-Uni-Reihe zur Demokratie Steigende Temperaturen, Seite 1 und 4 wachsende Städte Studierende der Geographie erarbeiten Ideen für eine ökologische Stadtplanung in Frankfurt und Umgebung. Foto: Dettmar 29 Editorial Den Geist der Demokratie als etwas Liebe (neue) Studierende, herzlich willkommen an der Goethe-Univer- sität. Ich hoffe, die ersten Eindrücke, die Sie Lebendiges erleben von Ihrer neuen Uni und der Stadt Frankfurt gewonnen haben, sind positiv und bestätigen Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff zur Bürger- Ihre Studienentscheidung. Sicherlich erscheint vieles in den ersten Wochen und Monaten Universität-Reihe »Demokratie weiter denken« neu und ungewohnt. Seien Sie aber sicher, dass die Goethe-Universität schon sehr bald zu UniReport: Frau Prof. Wolff, der erste Abend zu sehen, die es ebenso im Westen der Ihrer akademischen Heimat werden wird, in der Reihe ist unter anderem auch dem Republik gibt? der Sie sich wie selbstverständlich bewegen, Gedenken an 30 Jahre Mauerfall gewidmet. Auch 30 Jahre nach der Wende mag es Kontakte knüpfen und Wissen fürs Leben Was ist Ihre eigene persönliche Erinnerung immer noch an etlichen Stellen Be- und schöpfen. Viel mehr als in der Schule kommt an den 9. November? Empfindlichkeiten geben. Die schnelle und es an der Universität besonders darauf an, das manchmal vielleicht auch zu schnelle Ab- eigene Studieren selbst zu organisieren: Der Birgitta Wolff:Die Ankunft am 10. November wicklung der DDR-Staatsbetriebe hat viele Stundenplan muss erstellt, die Uni erkundet, 1989 an meinem Praktikumsplatz in der Existenzen erschüttert. Jedoch darf man nebenbei vielleicht noch eine Unterkunft Deutschen Bank Melbourne. Alle KollegIn- nicht vergessen, dass es für eine solche Wie- gefunden werden – in Frankfurt keine leichte nen völlig aufgelöst, Aussies mit Tränen der dervereinigung kein historisches Vorbild Hochschulen sind Orte diskursiver Ausein- Herausforderung. Sie sind dabei aber nicht Rührung in den Augen: „Are you going to gegeben hat. andersetzungen um das bessere Argument. allein: Die Universität, das Studentenwerk be reunited now?“ Einziges Problem: Wolff So gesehen ist das Zusammenwachsen Doch diese Freiheit der Wissenschaft muss, und der AStA bieten vielfältige Unterstützung war völlig ignorant. Kein Internet, kein Mo- zweier Staaten doch insgesamt ein Erfolg, bei wie die letzten Jahre gezeigt haben, auch an. Auch ältere Kommilitoninnen und Kom- biltelefon, nicht einmal Frühstücksfernsehen allen berechtigten Kritikpunkten. Der Rechts- verteidigt werden. Welche Rolle könnte der militonen helfen oft gerne. Sprechen Sie uns im College-Wohnheim. Was – in australischer populismus und -extremismus ist keine Spe- Wissenschaftsbetrieb für die Demokratie alle einfach an. Ich wünsche Ihnen einen Nacht – zuvor im fernen Europa passiert war, zialität des Ostens. Es steht auch gar nicht fest, übernehmen? Kann er Vorbild sein oder guten Einstieg in diese neue Lebensphase! war nicht nur im Wortsinne ganz weit weg. dass nur jene, die sich als sozial ‚abgehängt‘ überfordert man ihn damit? Aber es kam dann ganz schnell näher. Noch betrachten, rechtsextreme Parteien wählen. Auch die Freiheit der Wissenschaft muss im- Herzliche Grüße während meines Praktikums akzeptierten Unter den Wählern finden sich auch viele mer wieder verteidigt werden, wie die Erfah- Ihre Birgitta Wolff die ersten KollegInnen neue Jobs in den ökonomisch Bessergestellte. Ob allein die rungen der letzten Jahre zeigen. Indem die Präsidentin schnell entstehenden Geschäftsstellen jen- Fluchtmigration des Jahres 2015 für das Er- Universitäten die Freiheit der Wissenschaf- seits des gefallenen Eisernen Vorhangs... Als starken rechter Parteien verantwortlich ist, ist ten verteidigen, übernehmen sie auch für die ich Ende März 1990 nach Deutschland auch umstritten. SozialwissenschaftlerInnen Demokratie einen wichtigen Dienst. Hoch- zurück kam, sah Europa anders aus! wie Cornelia Koppetsch sehen eher in der schulen sollten auch die Orte sein, an denen Globalisierung Gründe für eine umfassende – wissenschaftsgeleitet – intensiv über gesell- Sie haben selber an der Uni Magdeburg wirtschaftliche, politische und kulturelle Ver- schaftlich strittige Fragen diskutiert wird. Da- gelehrt und waren Wissenschaftsministerin unsicherung. Anstatt also Ost und West oder bei folgt die Logik wissenschaftlicher Dis- in Sachsen-Anhalt. Gibt es Ihrer Ansicht arm und reich gegeneinander auszuspielen, kurs- und Erkenntnisprozesse dem „zwang- nach immer noch einen gravierenden geht es sicherlich eher darum, diese Skepsis losen Zwang des besseren Arguments“. Johann Wolfgang Goethe-Universität | Postfach 11 19 32 Mentalitätsunterschied zwischen Ost und gegenüber der Globalisierung, die man im Einschüchterungen und Drohgebärden, ob 60054 Frankfurt am Main | Pressesendung | D30699D Deutsche Post AG | Entgelt bezahlt West? Oder sind die Gründe für das Er- Übrigen auch in anderen westlichen Ländern von rechts oder links, haben an einer Uni- starken rechtspopulistischer Parteien in antrifft, besser zu verstehen und politisch da- versität nichts zu suchen. www.unireport.info sozialen und ökonomischen Verwerfungen rauf angemessen zu reagieren. Fortsetzung auf Seite 4 2 Aktuell 10. Oktober 2019 | Nr. 5 | UniReport Mehr Mut zur Relevanz Nicole Deitelhoff über die Bedeutung, die der Dialog mit der Praxis für ihre Arbeit hat UniReport: Frau Prof. Deitelhoff, die Wissen- Analysen zu finden und unsere Erkenntnisse schaftlerinnen und Wissenschaftler der HSFK einzuordnen. Nicole Deitelhoff hat seit 2009 veröffentlichen regelmäßig Policy- Papiere, eine Professur für Internationale bloggen und twittern zu aktuellen Themen, Denken Sie an den Dialog mit der Praxis, Beziehungen und Theorien Globaler sind häufig in den Medien präsent oder wenn Sie Ihre wissenschaftlichen Projekte Ordnungen an der Goethe-Universi- organisieren öffentliche Veranstaltungen mit planen oder haben politikwissenschaftliche Praxispartnern im Rhein-Main-Gebiet Projekte immer einen Praxisbezug? tät Frankfurt inne. Sie ist Mitglied oder auch in Brüssel. Kommt bei so vielen Nein, das tue ich nicht bei allen Projekten. Es des Direktoriums des Frankfurter Aktivitäten nicht die Forschung zu kurz? gibt Forschungsprojekte, die sich aus der in- Exzellenzclusters „Die Herausbildung nerwissenschaftlichen Debatte und Logik, normativer Ordnungen“ an der Nicole Deitelhoff: Die Balance zwischen For- aus einer grundlegenden wissenschaftlichen Goethe-Universität und Geschäfts- schung und Wissenstransfer ist in einem Ins- Irritation ergeben, die zunächst wenig mit führende Direktorin des Leibniz- titut wie unserem ein Dauerthema. Gerade Praxis zu tun haben. Das muss auch so sein, Instituts Hessische Stiftung Friedens- unsere Nachwuchswissenschaftlerinnen und weil wir, wenn wir den Blick zu starr auf die und Konfliktforschung (HSFK). Zu -wissenschaftler wollen sich qualifizieren für Praxis und auf die Anwendung unserer For- ihren bekanntesten Veröffentlichun- Hochschullehrerpositionen und dafür spielt schung richten, auch Gefahr laufen, wichtige Foto: Dettmar gen zählt „Überzeugung in der der Wissenstransfer – leider – nach wie vor Fragen aus den Augen zu verlieren. In vielen Politik“, für die sie unter anderem nur eine sehr nachgeordnete Rolle. Als Leib- Fällen müssen wir verstehen, wie bestimmte versetzt werden, die generierten Daten zu in- den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der niz-Institut sind wir unserem Motto ver- Zusammenhänge aussehen und wie sie terpretieren und zu nutzen, um in politi- Deutschen Forschungsgemeinschaft pflichtet: Theoria cum praxi und das gilt für funktionieren, bevor wir darüber nachden- schen Situationen handlungsfähig zu sein. (DFG) erhielt. Prof. Deitelhoff ist uns nochmal mehr, da wir ein Friedensfor- ken können, was uns das für die gesellschaft- Was beide benötigen, sind analytische Werk- seit einigen Jahren auch für die schungsinstitut sind. Darum legen wir gro- liche Praxis sagt. Umgekehrt gibt es auch im- zeuge und politisches Grundwissen. Wir ha- politikwissenschaftliche Ausbildung ßen Wert darauf, Grundlagenforschung und mer wieder eine Reihe von Projekten, die ben inzwischen damit begonnen, den Kurs, der angehenden Diplomatinnen und Wissenstransfer miteinander zu verknüpfen. von Beginn an an politischen Entwicklungen den wir für die Diplomatinnen und Diploma- Um das zu erreichen, bieten wir unseren ansetzen und konkrete Fragen beantworten ten geben, umzudrehen und einen Master- Diplomaten im Auswärtigen Amt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern regelmä- wollen, also direkt an Anwendungsfragen kurs „Diplomatie für Politologinnen und zuständig. 2017 wurde sie für ihre ßig Trainings und Fortbildungen an und wir ansetzen. Politologen“ an der Goethe-Universität zu wissenschaftliche Arbeit und deren versuchen, eine Umgebung zu schaffen, in unterrichten, der Studierende gezielt auf Dialog mit der Praxis mit dem der