Iahrbuch für Antisemitismusforschung22

Herausgegebenvon StefanieSchüler-Springorum fur das Zentrum für Antisemitismusforschung der TechnischenUniversität

Redaktion: WernerBergmann, Marcus Funck GeschäftsführendeRedakteurin: Iuliane Wetzel

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Hans PeterMüller befürchteteEntwicklung war für ihn inakzeptabel;sein Ausscheiden aus dem \/er' GnzEcoRZ RossoLINSKI-LIEeE band so ausseiner Sicht konsequent. Als,,eigentlicherFührer" des 1 919 gegrtincic 'Irutz-Bun6.rls8 ten l)eutschvölkischenSchutz- und betrater nun endgültigden Wegzum,,Berufsantisemiten". Der Verlaufund die Täterdes Lemberger Pogroms vom Sommer I94l

Zum aktuellen Stand der Forschung

Zeithistorikersowie Holocaust-und Gewaltforscherbeschäftigen sich erst in den letzten zwei lahrzehnten zunehmend mit der nicht deutschenBeteiligung am Holocaustund den verschiedenenFormen der Kollaborationin Ost- und Mittel- europa.l Diese verspäteteAuseinandersetzung hängt einerseitsmit der Öffnung der bis dahin nicht zugänglichenArchive in den Republikenund Satellitenstaa- ten der ehemaligenSowjetunion sowie der Wiederentdeckungder Memoiren und Zeugnisseder Holocaustüberlebendenzusammen. Andererseits trugen das Ende der sowjetischenZensur, die Demokratisierungder historischenund politischen Diskurseund das steigendeInteresse an der Erforschungder Kollaborationund Täterschaftin den postsowjetischenLändern zu diesemProzess bei. Die Aufarbeitung der nicht deutschenBeteiligung am Holocaust verlief in den jeweiligenpostsowjetischen Ländern unterschiedlich.In Polen etwa hat die 2001 erschieneneStudie ,,Nachbarn" von |an TomaszGross diesen Forschungs- bereichmaßgeblich vorangebracht.2 Gross'Publikation motivierte aber auch His-

Der Auf'satz wurde mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung verfasst. |an Tomasz Gross,Nachbarn. Der Mord an den Juden von |edwabne, München 2001.Über den Mord in ledwabne und die ledwabne-Debatte siehe auch Pawel Machcewic lKrzysztof Persak (Hrsg.), Woköt fedwabnego, Bd. l, Warschau 2002; Andrzej Zblkowski, U genezy - fedwabnego. Zydzi na kresach pölnocno-wschodnich lI Rzeczypospolitej, wrzesiefi 1939 lipiec 1941,Warschau 2006; Antony Polonsky/Joanna Beata Michlic, The Neighbors Res- pond. The Controversy over the ]edwabne Massacrein Poland, Princeton, N. J.2004.Zehn |ahre nach Gross',,Nachbarn"erschienen in Polen drei wichtige Publikationen über die Be- teiligung der polnischen ländlichen Bevölkerung am Holocaust. Jan Grabowski,ludenjagd. Polowanie naZyd6w L942-l945.Studium dziej|w pewnego powiatu,Warschau 20ll;Bar- L58 Loliarhn,Raciikalismus, insbes. S. 78 fi.,Zitat 5.94. bara Engelking, lest taki pigkny sloneczny dzien.. . Losy Zydöw szukajqcych ratunku na wsi *fr-

20tt (' rzegorz Ro ssolin ski -Li e b e Der Verlauf untl die Täter des Lentberger Pogrorus vom Sommer 1941 209 toriker in einderenLär'rdern, sich intensiverrnit der Frageder Pogromeund der Mgdykowskilegte 2012 die erste vergleichende Monografie über die Pogromel94l nicl-rtdeutschen Beteiligung am Flolocaustzu beschäftigen.3Die Aufarbeitungder in allenLändern vor.6 ukrainischenKollaboration am Holocauststößt hingegen bis heuteauf kulturel- Die Pogromeim Sommer 1941waren kein spezifischesPhänomen der Ukra- len,sozialen und politischenWiderstand und verläuftdeutlich langsamer.a fedclch ine. Nach dem Angriff Der-rtschlandsauf die Sowjetunionam 22.lvni 1941kam rvurdenin den letzten)ahren einige wichtige wissenschaftliche Beiträge publiziert, es zu gewalttätigenAusschreitungen gegen Juden entlang eines Grenzstreifens, die den LembergerPogrom und andereFormen der ukrainischenBeteiligung am der sich von der Ostseebis zum SchwarzenMeer durch Länderwie die baltischen Holocausttherr"ratisieren. Insbesondere die Forschungvon Christoph Mick, die Staaten,Polen, Weißrussland, die , Bessarabienund Rumänienerstreckte. nationaleWahrnehrrungs- und Erinnerungsformenproblematisiert, sowie die DieseLänder, bzw. Regionen befanden sich vor dem Beginndes deutsch-sowjeti- von fohn-PaulHirnka, die sich rrrit dern Verhalter-rder l'äterkollektivebeschäf- schenKrieges unter sowjetischerBesatzung, die in Ostpolenim September1939, tigt, trugen zu wichtigenErkenntnissen bei. Vor einer bzw.eineinhalb Dekaden legtenHannes Heer und Dieter Pohl beachtenswerteForschungsergebnisse zum cia, in: Ray Brandon/Wendy Lower (Hrsg.), The Shoah in Ukraine. History, Tbstimony,Me- Pogrom von Lembergvor. Wendy Lower,Kai Struve,Omer Bartov,Frank Gol- morialization, Bloomington, Indiana 2003, S. I l4-155; Timothy Snyder,The Life and Death of WesternVolhynian l92L-1945, in: Brandon/l,ower (Hrsg.),Jhe Shoah,S.77-lL3; czewski,Andrzej Zbikorvskiund Timothy Snyderpublizierten zu den Pogromer-r fewry, Dieter Pohl, Anti-)ervish Pogroms in Western Ukraine. A ResearchAgenda, in: Elazar Bar- in der Westukraineim Allgemeir-renoder zu anc'lerenFormen der Gewalt.sWitold kan/Elizabeth A. Cole/Kai Struve (Hrsg.), Shared History - Divided Memory: )ews and Others in Soviet-OccupiedPoland, 1939-l94l,Leipztg2007,S.305-313;Gabriele Lesser, Po- p

in Bessarabienim iuni 1940und in Litauen,Lettland und Estlandim August1940 enthalten,um die Identitätder'l'äter nachzuweisen, und zum andereneinige Zeugen begann.Die dort ansässigeBevölkerung war in dieserZeit denunterschiedlichsten dazu tendieren,bestimmte Gruppen zu kriminalisieren.Es wäre jedoch falschzu Repressionenausgesetzt. Insbesondere die nach den22. )uni und kurz vor Abzug behaupten,dass Zeugnisse der Opfer bzw.der Zuschaueroder derenErinnerungen der sowjetischenTruppen vom NKWD begangenenVerbrechen an politischen generellnur Fehlwahrnehmungenenthalten oder deshalbvon Historikern als Do- Häftlingentrugen zur Radikalisierungder Situationbei.7 kumentenicht verwendetwerden können, weil sievon Debattenoder Nachkriegs- Da an den Pogromenvom Sommer 1941unterschiedliche ethnische, militä- ereignissenbeeinflusst worden sein könnten.Die Aussagender Überlebenden,die rischeund politischeGruppen und Organisationensowie verschiedene deutsche von der)üdischen Historischen Kommission in den)ahren 1944 bis 1948gesammelt Einheiten,unterschiedliche Schichten der lokalen Bevölkerungund auch natio- wurden,konnten von den Erinnerungsdiskursender l97\er- und 1980er-fahreüber nalistischeFormationen wie die OrganisationUkrainischer Nationalisten (OUN) dieVernichtung der europäischen)uden nicht beeinflusstworden sein.Sie enthalten oder die LitauischeAktivistenfront beteiligt waren, stand die Pogromforschung aber ähnlicheInformationen und sind in ihrem Narrativ ähnlich gestaltetwie die immer wiedervor denselbenFragen bezüglich der Täterschaft.Aufgrund der rnan- spätergesammelten Aussagen oder verfasstenMemoiren.s gelndenQuellenlage oder der Nichtberücksichtigungbestimmter Dokumente, wie In der Regelsind Informationenüber die Identitätder Täter nur dann in den zum Beispielder Zeugnisseund Memoirender Uberlebenden,konnten viele dieser Aussagender Überlebendenenthalten, wenn dasOpfer Merkmalewie Spracheoder i Fragenlange nur unzureichendbeantwortet werden. Uniforn'rder Täter wahrnahm und sich an sie erinnern kann. Die darausgewon- nenenErkenntnisse führen meistnur zur grobenIdentifizierung von Gruppen,wie etwa Soldatender Wehrmacht,Mitgliedern der ,lokalerMiliz oder Zivilis- Die Quellen und die Identität der Täter ten,die an Pogromenoder gewalttätigenÜbergriffen beteiligt waren. Eine tatsäch- liche IdentifizierungEinzelner kann hingegennur dann erfolgen,wenn die Opfer Da die Verantwortlichenoft ihre Täterschaftverschwiegen oder Dokumente,die zu die Täterpersönlich kannten oder wenn andereDokumente wie Fotos,Filmmate- ihrer Verurteilunghätte führen können,vernichteten, sind die Zeugnisseder Opfer rial, Tagebücheroder Aussagender Täter die relevantenInformationen enthalten. und Zuschauernicht seltendie einzigenQuellen, die Informationenüber die je- weiligenTäter oder Tätergruppen enthalten. Allerdings müssen diese Quellen kri- tisch hinterfragtwerden, da sie zum einen nicht immer genügendInformationen Lemberg und die Westukraine

Für die Pogrome in Polen siehe Andrzej Zbrkowski, Pogroms in Northeastern Poland- Die Pogromenach dem22. |uni 1941ereigneten sich fast ausschließlichin den SpontaneousReactions and German Instigations, in: Barkan/Cole/Struve (FIrsg.),Sharred westukrainischenGebieten, die sich in der Zwischenkriegszeitin der ZweitenPol- History*Divided Memory, S.315-354. Für die Pogrome in Litauen sieheChristoph Dieck- mann, Lithuania in Summer 1941 - The German Invasion and the Kaunas Pogronr, in: nischenRepublik befunden hatten und im September1939 an die UkrainischeSSR ebenda,S.355-385. Für Lettland siehe Katrin Reichelt,Lettland unter deutscher Besatz.ung angeschlossenworden waren.e Die Regionumfasste Ostgalizien, das bis zum Ersten 194l-1944, Berlin 201l, S. 84-94; Andrew Ezergailis,,194l-1944: The Missing Center, Riga 1996. Für Bessarabienund Bukowina siehe Vladirnir Solonari, 8 Für die JüdischeHistorische Kommission siehe Laura fockusch,Collect and Record! Jewish Patternsof Violence: The Local Populatior-rand the Mass Murder of Jews in Bessarabia HolocaustDocumentation in Early PostwarEurope, Oxford 2012,S. 5-7,36 f.,89-98. Für and Northern Bukovina, fuly-August 1941, in: Kritika: Explorations in Russian and Eu- die Verwendung der Zeugnisseder Überlebenden als historische Dokurnente sieheChristo- rasian History B (2007),5.749-787; Geissbühler,Blutiger fuli. In Estland kanr es zu kei- pher R. Browning,Remembering Survival. Inside a Nazi Labor Camp, N.Y.2010,S. 1-12. nen gewaltsamen Pogronlen, siehe Ruth Bettina Birn, Die in Estland, 9 Zu einem Pogrom in Kiew siehe Oleksandr Mel'nyk, Anti-Jewish Violence in Kyiv'.sPodil 194l-1944: Eine Studie zur Kollaboration im Osten, Paderborn 2006. Für Weil3russland District in September 194l through the Prism of Soviet Investigative Documents, in: fahr- sieheMgdykowski, W cieniu gigantöw,S. 230-40, 336. bücher lür GeschichteOsteuropas 6l (2013) 2,5.233-248. Grze gor z Ros s oli n ski- L i ebe Dcr Verlau|'unddie Töterdes Lemberger Pogroms vom Sommerl94l 213

Weltkrieg Teil der Habsburgermonarchiegewesen war, und den westlichenTeil Mit Beginn der sowjetischenBesatzung sah sich die Bevölkerungder West- Wolhyniens,das im 19.fahrhundertzum RussischenReich gehört hatte. Der Groß- ukraine mit weitreichendenRepressionen konfrontiert. Betroffen waren verschie- teil der Pogromefand in Ostgalizienstatt, wo sich seitdem späten19. fahrhundert denesoziale, politische und nationaleGruppen wie polnischeSoldaten, die in der die ukrainischenationale Bewegung konzentrierte. In Wolhynien hingegenfielen Westukrainenach 1918angesiedelt wurden, frühere polnische Beamte, Juden, die die meisten|uden in den erstenWochen nach dem 22.Iuni nicht Pogromenzum ausden von Deutschlandokkupierten Gebieten in die Sowjetuniongekommen wa- Opfer,sondern wurden von Einsatzkommandoserschossen.l0 ren,jüdische Bundisten und Zionistensowie die ukrainischenNationalisten. Bis In derWestukrainelebten Ukrainer, die vor allemauf dem Land ansässigwaren, zum |uli l94l wurden ausden früherenpolnischen Gebieten insgesamt zwischen sowiePolen und fuden,die sichin den Städtenkonzentrierten. Aufgrund der polni- 309 000 und 327 000 Personen,davon 140 000 aus der Ostukrainenach Sibirien schenVorherrschaft hatten sich die fuden Galiziensseit Mitte des 19.Jahrhunderts oder an andereOrte deportiert.Ca. 60 o/oyorr ihnen waren Polen,ca.20 % Juden an die polnischeKultur assimiliert.Lemberg, die gröf3teStadt der Westukraine, war und ca. l0 % Ukrainer.Auf Befehlder sowjetischenMachthaber wurden zwischen zwischen1772 und l9 l8 HauptstadtGaliziens und nach1918 die drittgrößteStadt ll0 000 und 130000 Personen,darunter 45 000 bis 50 000 allein in Ostgalizien, der ZweitenPolnischen Republik.lr 1939zählte Lemberg 312 231Einwohner, dar- verhaftet.Viele von ihnen wurden gefbltert,was in der Sowjetunionzwar ofhziell unter 157 490Polen, 99 595luden und 49 747 lJkrainer.Nach Beginn desZweiten verbotenwar, aber vom NKWD allgemeinpraktiziert wurde.la Nach dem deut- Weltkriegesstieg die Zahl der jüdischenBewohner durch die Flüchtlingeaus den schenAngriff auf die Sowjetunionam 22.luni 1941beging das NKWD Massaker von Deutschenbesetzten Gebieten deutlich an. Deutschen Angaben zufblge lebten an einem Teil der Häftlinge.Die sowjetischenMachthaber waren auf den Angriff im Juli 1941160 000 fuden, 140 000 Polen und 70 000Ukrainer in Lemberg.l2 nicht vorbereitetund konnten die Häftlingenicht ins Landesinneredeportieren. SowjetischeQuellen belegen,dass in den ukrainischenGefängnissen insgesamt 8789Häftlinge getötet wurden,l5 dauon alleine 2800 in Lemberg.l6 Die sowjetische Okkupation

Am l7. September1939 besetzte die sowjetischeArmee die westukrainischenGe- Die ukrainischen Nationalisten biete.Vermögende Lemberger wie Fabrik-oder Geschäftsbesitzer,darunter viele fu- und die,,Ukrainische Nationale Revolution" den und Polen,wurden enteignet.Der polnischeVerwaltungsapparat wurde durch Beamteirr-rd Angestellte ersetzt, die aus der Sowjetunionkamen oder sich aus den Es bestehtkeinerlei Dissens unter den Historiker,dass die Nationalsozialisteneine lokalerrärmeren Schichten rekrutierten.ln der ZweirenRepublik arbeiteten vor allem antisemitischePolitik verfolgtenund die ,,Lösungder jüdischenFrage" mit Gewalt Polenim öffentlichenDienst, nun wurden erstmalsJuden und Ukrainer eingestellt. urnsetzten.Die Beteiligungder OrganisationUkrainischer Nationalisten (OUN, Dieserweckte insbesondere bei denNationalisten den Eindruck,dass die sowjetische 14 Grcss, Revolutitln fiom Abroad, xiv; Ivlick, Kriegserfahrungen, S.441 444. bür Politikdie fudenbevorzugt behandelte.l3 S. , genauere Informtrtionenüber die ZusamnlensetzLur€iderDeportierten siehehttp://www.sciesielski. 10 Für die Opfer in Wolhynien sieheLower, Pogroms, mob violenceand genocide,S.6. republika.pl/sov-dep/polacy/liczdep.htrnl(24. 9. 20 12). 1I Für die GeschichteLembergs sieheYaroslav Hry.tsak/Viktor Susak,Constructing a National l5 Karel Bc-rkhoff,Harvest of Despair: Lit'eand Death in Ukraine under Nazi Rule,Cambridge City: Case of Lviv, in: fohn Czaplicka/Blair A. Ruble/l,auren Crabtree (Hrsg.), Composing 2004,s. r4. Urban History and the Constitution of Civic Identities,Washington 2003, S. 140-164. 16 fohann Druschbach hörte diese Zahl von sowjetischen Beamten, mit denen er Lemberg l2 Mick, Kriegserfahrungen,S.499. Siehe auch ders.,lncompatibleExperiences, S.339; Mazur, mit einem Flugzeug nach Kiew am 28. funi verließ. Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Zycie polityczne, S. 23. (LN-W), (lerichte Rep.350, vol. 2, S.72.Die Deutschen schätztendie Zahl der Opfer auf I3 Mick, IncompatibleExperiences, S. 343. 3000bis 3,500ein. SieheHeer, Einübung in den Holocaust,S.410. 2t4 Gr z egor z Ross o li it ski- Li ebe Der Verlaufund die Töterdes Lemberger Pogroms vom SommerI94I 2t5

OrhanizatsiaUkrai'ns'kykh Natsionalistiv) an den Pogromenin cler Westukraine deutsch-sowjetischenKrieges, einen ukrainischen Staat zu proklamieren,und hingegenist aufgrundder geheimenStruktur dieser Organisation weniger bekalnt. hoffte,dass dieser wie der im März 1939von der Hlinka-Parteiausgerufene slowa- Auch die negationistischenDiskurse, die im KaltenKrieg von den in westlichenLän- kischeStaat oder der im April 1941von der Ustaöaerrichtete ,,Unabhängige Staat dern lebendenVeteranen dieser Bewegung propagiert wurden, trugen dazu bei, dass Kroatien"von Deutschlandanerkannt werden würde. Anders jedoch alsdie slowa- die Involvierungder OUN in den Holocaustals eine antiukrainischeprovokation kischenund kroatischenNationalisten unterstützten die führendennationalsozia- verstatrdenwurde. Die OUN wurde 1929in Wien von ukrainischenVeteranen des listischenPolitiker die Pläneder OUN nicht,da diesedie Zukunft der Ukrainenach ErstenWeltkrieges gegründet, die bis dahin in der UkrainischenMilitärischen Or- dem GeneralplanOst und nicht nach den Wünschender ukrainischenNationalis- ganisation(UVO, Ukrai'ns'kaViis'kova Orhanizatsiia) und anderennationalistischen ten zu gestaltenbeabsichtigten.ls und faschistischenVerbänden organisiert worden waren.Hauptziel der OUN war DiejenigenOuN-B-Mitglieder, die sich im Generalgouvernement,vor allem dieErrichtung eines ukrainischen Staates mit allenzur Verfügung stehenden Mitteln; in Krakau,versammelt hatten, besuchten L94011941 Kurse der Sicherheitspolizei- auchMord und Massenterrorwaren nicht ausgeschlossen.Nach dem Motto,,Denuk- schulein Zakopaneund der Polizeischulenin Krakau,Chelmn und Rabka.leDie rainischenStaat erkämpfen oder sterben!" war die Ideologieder OUN eineMischung Abwehr stellteaußerdem zwei ukrainischeBataillone - ,,Roland"mit 330 Solda- aus Ultranationalismus,Patriotismus, Faschismus, Antisemitismus, Rassisrnus und ten und,,Nachtigall"mit 350 - auf.20Darüber hinaus organisierte die OUN-B die revolutionär-aufständischemGeist. Zu ihren klar definiertenFeindbildern zählten sclgenanntenMarschgruppen, die nach dem Ausbruch des deutsch-sowjetischen die Okkupanten(Polen und Russlandbzw die Sowjetunion)und die polnische,rus- Kriegeshinter den deutschenTruppen eingesetzt waren, die Macht vor Ort über- sischeund jüdischeBevölkerung, die in den,,ukrainischenTerritorien" lebte. nahmen und, mithilfe der lokalen Bevölkerung,die Strukturen des ukrainischen Die Führerder OUN sahenihre Organisationauf gleicherEbene mit solchen Staatesaufbauen sollten. Diesen Marschgruppen gehörten wohl etwa 800Natior-ra- europiiischenfaschistischen Bewegungen wie den Nationalsozialisten,den italieni- listenan.2l Eigenen Angaben zufolge besaß die OUN-B darüberhinaus 20 000Mit- schenFaschisten oder der Ustaöa.Auf der anderenSeite betonten sie aber auch, dass glieder,die in 3300Orten im westukrainischenUntergrund agierten. Davon hielten sie eitreeigenständige nationalistische Bewegung seien, die um einenseibstständi- sich l3 000 in Ostgalizienund 5000in Wolhynien auf.Allein in Lembergverfügte gen ukrainischenStaat kämpfe; ein typischesVerhalten der kleinerenfaschistischen die OUN-B über 1200loyale Nationalisten.22 In der OUN-B fugendorganisation Bewegungenin Ostmitteleuropa.Die im Exil lebendenführenden Kader der OUN Iunatsvowaren 7000junge Nationalistenorganisiert. Gering war sicherlichauch etabliertenin der Zwischenkriegszeitin Polenein organisatorischesNetz ausjungen nicht die Zahl der OUN-Sympathisanten.23 Mitgliedern,die neben Attentatenund terroristischenAktionen auch einel Auf- standplanten. in der UkrainischenSozialistischen Sowjetrepublik (USSR) hingegen I B Für denGeneralplan Ost und dieOUN sieheebenda, S. 90 f. Für die Hlinka-Partei,Ustaöa konnte die OUN nicht Fußfassen.lT und dieOUN sieheRudling, The OUN, the UPAand the Holocaust,5.7,9. Nachdem Angriff Deutschlandsauf Polenam l. September1939 spaltete sich l9 Berkhofi,Harvest of Despair,S.289,298; Gabriel N. Finder/AlexanderV. Prusin,Colla Policeand the Holocaust,in: EastEuropean die OUN in die OUN-B (Stepan-Banderas-Fraktion)und die OUN-M (Anjrii- boration in EasternGalicia: The Ukrainian JewishAffairs 34 (2004)2, S.103. Melhyks-Fraktion).Beide Fraktionen kollaborierten mit Deutschland.Die Mehr- Z0 fohnA. Armstrong,Ukrainian Nationalism, New York 1963,S. 74;1.K. Patryliak,Viis'kova jungen heit der Nationalistenschloss sich der währendder Pogromein Galizien diial'nist'OUN(B) u 1940-1942rokakh, Kiew 2004,5.274-288. aktiverenOUN-B an. Die OUN-M hingegenwar in die Organisationvon pogro- 2t HaluzeryiDerzhavnyi arkhiv Sluzhbybezpekv Ukrainy (HDA SBU)f. 13,spr. 372,8d.l, 'Iymish von Semchyshyn,28. October 1944. men in der Bukowinainvolviert. Die OUN-B beabsichtigtenach dem Beginndes 145.Verhör 22 Tsentral'nyiderzhavnyi arkhiv rryshchykh orhaniv vlady ta upravlinniaUkrainy (I'sDAVOV) f.3S33,op. l, spr.45,S. I f.Zahal'nyiohliad, nicht früher als August 1941. 17 Rossoliriski-Liebe,Ukrainian National Revolution,S. B-5-90. 23 Patrvliak,Viis'kova,S.l8l. 216 Gr zegor z Ros s olin ski- Li ebe Der Verloufund tlic Töterdes Lemberger Pogroms vorn Sommer 1941 2t7

Im April 1941übernahm die OUN-B eineReihe von faschistischenSymbolen Die tatsächlicheZahl der Pogromopferkönnte daher auch höher liegen, sie lässt sich und Ritualen,wie die rot-schwarzeFlagge oder den faschistischenGrul3 ,,Ehre der aberbisher nicht genaurekonstruieren. Ukraine!" - ,,Ehreden Heldent" (SlavaUkraini! - HeroiamSlava!). Sie führte auch Die Pogromeereigneten sich sowohl dort, wo dasNKWD Leichenermordeter - dasFührerprinzip ofüziell ein, nach dem StepanBandera den providnyk odervozhd Häftlinge in den Gefängnissen- wie in Lemberg oder Zolochiv hinterließ,als (Führer)der OUN-B darstellteund zumprovidnyk desukrainischen Staates werden auchin solchenOrten, in denenes nicht zu gewalttätigensowjetischen Übergrif- sollte.Zur selbertZertentwarfen die führendenOUN-B-Kader eine Schrift mit dem f'engekommen war, wie in Kamin-Koshyrskyoder Tuchyn.28Die antijüdischen Titel ,,Der Kampf und die Tätigkeit der OUN während des Krieges",die die sich Gewalttatenbegannen in vielen Orten bereitsvor dem Einmarschdeutscher im westukrainischenUntergrund befindenden Nationalisten darüber informierte, Truppen.An anderenOrten brachen Pogromeaus, obwohl die deutschenTrup- wie sie nachdem 22.luni handelnsollten. Die Autoren,darunter Stepan Bandera, pen dort gar nicht durchmarschiertenoder präsentwaren. Die größtenGewalt- IaroslavStets'ko, Roman Shukher,ychund StepanLenkavs'kyi, waren sich darin ei- exzessein der Westukraineereigneten sich in Lemberg,Ternopil und Zolochiv.2e nig, dassder zukünftigeukrainische Staat nur von Ukrainern bewohnt sein sollte PogromartigeStimmung herrschteauch im südwestlichenTeil der Ukraine, der ur-rddass Nicht-Ukrainer sowie politische Feinde der Organisationnach Beginn der von slowakischenund ungarischenTruppen besetztwar. Obwohl dieseTruppen ,,Ukrainischen Nationalen Revolution" liquidiert werden sollten.2a die antijüdischeGewalt, im Gegensatz zu den Deutschen,oft nicht unterstützten, kam es auchdort zu Ausschreitungen,allerdings geringeren Ausmaßes. OUN-B- Mitgliederdieser Gegend beschwerten sich in ihren internenDokumenten dar- Das Ausmaß und der soziale Charakter der Pogrome in der Westukraine über,dass Slowaken und Ungarn ihnen nicht erlaubten,Pogrome zu organisieren, und nicht feindlichgenug gegenüber fuden und Poleneingestellt seien.30 Eine un- Laut einer neuenStudie von ]effreyKopfstein kam esin der Westukrainenach dem bekannteZahl von Judenwurde im Dnistervon ihren Nachbarn,darunter lokalen I AngriffDeutschlandsauf die Sowjetunion am 22.luni194l zuantijüdischenGewalt- Nationalisten,ertränkt.3 aktionenan mindestensI 24 Orten.2sKai Struvegeht von bis zu 140Orten aus.26Ein Die OUN-B existierle zwar an vielen Orten, aber kein andererwar so stark grol3erlbil der Pogromefand nicht in den Großstädten,sondern in kleinenStädten von ukrainischenNationalisten unterwandert wie Lemberg.OUN-B-Dokumen- und Dörfern statt.Dieter Pohl schätztdie Zahl der Opfer der Pogromein der West- ten zufolgewaren dort 1200Mitglieder in die Durchführungder,,Ukrainischen ukraineauf 13000 bis 35 000.Seine Angaben basieren jedoch auf älterenStudien, in NationalenRevolution" involviert. Diese Mitglieder als auch die 800 OUN-B- denen AndrzejZbikowski35 und Aharon Weiss58 Pogromeidentifiziert hatten.27

28 Sieheclie Karte von Ray Brandon, Brandon/Lower (Hrsg.), The Shoah, S.93. 24 TsI)AVOVf.3833, op.2, spr. l, S.l5-85. Borot'ba i diial'nist'OUN pidchas viiny. 29 Für die Pogrome ohne deutsche Beteiligung siehe B. F. Sabrin, Alliance for Murder. The 25 |effrey Kopstein,Draft paper prreparedfbr the Experts Roundtable on World War II in Ukra- Nazi-Ukrainian Nationalist Partnership in Genocide, New York 1991,S.5; Golczewskr, ine, organized by the Ukrainian JewishEncounter Initiative in partnership with the Konrad- Shaclesof Grey,S. 131- I 32, 137. siehe Archiwurn Zydowskiego Instytutu Adenatrer-Stiftung,held in Potsdam (Cecilienhof) and Berlin, lune 27 -30,201 I , S. I . 30 Für die jüdischen Ausschreitungen in Stanislaviv 26 Struve, Rites of Violence?,S. 268. Historycznego (AZIH),3021135, )ulian Feuerman,S. 2. Für die Beschwerdender OUN 27 Pohl, Anti-]ewish Pogroms in Western Ukraine, S.306; Andrzej Zbikowski, Lokalne po- über die freundliche Einstellung der Ungarischen Arme zu luden und Polen siehe TsDA- gromy Zydow w czerwcu i lipcu 1941 r. na wschodnich rubie2ach II Rzeczypospolitej, VOV f. 3833, op. l, spr. 15, S. 74. Vidnosyny na Hutsul'shchyni! Für die Verhinderung der in: Biuletyn Z1'dowskiegiInstytutu Historycznego 162-163 (1992) 2-3, S. 12 f.; Aha- Pogrome durch die ungarische Armee siehe Pohl, Nationalsozialistische Judenvertblgung, ron Weiss,The Holocaust and the Ukrainian Victims, in: Michael Berenbaum (Hrsg.), S. 65 f. Für die OUN-Beschwerden darüber, dass Slowaken keine ]uden und Polen diskri- A Mosaic of Victims. Non-)ews Persecutedand Murdered by the Nazis, New York 1990, minieren, siehe'IsDAVOV f.3833, op. 1, spr. 12,S.23.Vid povitovoho OUN v Mykolaivi. s.I 10. 3l Mgdyktrwski,W cieniu gigantöw S. l7l ff.,175 f .,283-285. 218 Grzego r z Ross o lin ski- Li ebe Der Verlaufund die Täterdes Lemberger Pogroms vom Sommer 1941

Angehörigender Marschgruppen,die neben der deutschenArrnee durch die Lager (Oböz l,larodowo-Radykalny,ONR) waren in den südwestlichenGebieten Ukraine marschiertenund die lokaleBevölkerung für die Ideedes ukrainischen Polensaktiv. Die Polenerlebten ein größeresAusmaß an Repressionendurch die Staatesbegeisterten, betrachteten die Vernichtungder Nicht-Ukrainerals eine sowjetischeOkkupationsmacht als die Ukrainer.Nach dem Angriff Deutschlands legitime und notwendigeMaßnahme. Aufgrund ihres Aufenthaltsim General- auf die Sowjetunionwurden die Polen in der Westukrainevon der OUN bedroht gouvernelnentvon Septernber1939 bis funi l94i und ihrer Kollaborationmit der und zeigtensich deshalbpolitisch weniger aktiv als in Jedwabneoder an anderen Abwehr war das Marschgruppenpersonalmit der Einstellungder Deutschenge- Orten Nordostpolens,wo sieohne oder mit minimaler deutscherUnterstützung die genüberden Judengut vertraut;einige OUN-Aktivisten hatten etwa im Dezember Iudenermordeten.ss 1939den KrakauerPogrom vor Ort beobachtet.'r2 Maßgebendftir den Ausbruchder Pogromwellewar der deutscheAngriff auf Die OUN warz.war die dominierendepolitische Bewegung in derWestukraine, die Sowjetunionund das Verhaltender deutschenEinheiten nach dem 22. |uni. aberes wäre falsch zu behaupten,dass sich nur die OuN-Mitgliederan der anti-jü- Am 29.luni 1941hatte ReinhardHeydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptam- dischenGewalt beteiligten. Nach Angaben des Historikers und ÜberlebendenPhi- tes,den EinsatzgruppenFolgendes schriftlich mitgeteilt: ,,Den Selbstreinigungs- lipp Friedmanwaren die unterschiedlichstenGruppen in die Pogromeinvolviert. bestrebungenantikommunistischer oder antijüdischerKreise in den neu zu be- Der Pogromin Delatynwurde von dem lokalenMusiklehrer Slawko Waszczuk ini- setzenGebieten ist kein Hindernis zu bereiten.Sie sind im Gegenteil,allerdings tiiert,in Stanislavivgab Professor Lysiak den Anstoß. In wurdedie antijüdi- spurenlosauszulösen, zu intensivieren,wenn erforderlich und in die richtigenBah- scheGewalt von der ukrainischenVerwaltung organisiert. In Ternopilplanten ein nen zu lenken,ohne dasssich dieseörtlichen ,selbstschutzkreise'später auf An- ukrainischerApotheker, verschiedene Lehrer und weiterePersonen den Pogrom ordnungenoder auf gegebenepolitische Zusicherungen berufen können."36Laut zusammenmit den Deutschen.In Kosivbeteiligte sich ein Schulauf-seherarn Pog- Erwin Schulz,dem Leiterdes 5, habeHitler persönlichbefoh- rom. In Skalatübergaben ein ukrainischerPriester und ein Richtereine anti-jüdi- len,Vergeltungsaktionen für die NKWD-Morde vorzunehmen.3T schePetition arl die Deutschen.Schließlich nahmen auch Frauen an den Pogromen Die Anstiftungzu Pogrornenund die Unterstützungder lokalenanti-jüdischen teil,wie clie'lochtereines Anwaltes in Zolochiv.ssÜberlebende berichteten. es seien Initiativenliefen in der Westukraineparallel zum Beginnder Massenerschießungen Personenaller sozialen Schichten an den Pogromenbeteiligt ger,vesen.sa durch die EinsatzgruppeC. Der HistorikerAlexander Kruglov schätzt,dass im Juli Nebender-r Ukrainern wohnten in Ostgalizienund Wolhynienauch Polen, die l94l 38 000 bis 39 000 |uden infolgevon Erschießungenund Pogromenzu Tode auf dem l.andeher in der Minderheitwaren, in Lembergaber die Mehrheit bildeten. kamen.Es lässtsich iedoch nicht feststellen,wie viele Personenvon den Einsatz- L,bensowie die ukrainischenwurden auchpolrrische und jüdischeHättlinge nach dem22. funi vom NKWD getötet.Das Stereotyp des Judäo-Kommunisnrus war inr 35 Fürclie Ereignisse in Süclostpolensiehe Zbikowski, Lokalne Pogromy Zyd6w, S.3-18; polnischengenauso präsent wie im ukrainischenNationalismus. Rechtsradikale und ders.,Anti-lewish Pogroms in Occupied Territoriesof EasternPoland, fune-July 1941,in: faschistischepolnische Organisationen wie die Endecjaoder dasNationalrerdikale Lucjan Dobroszvcki/Jeffrey S. Gurock (Hrsg.), The Holocaust in the ' Studies and Sourceson the Destruction of the fews in the Nazi-Occupied Territories of the USSR, 1941-1945,Armonk 1993,S. 173-180' Pohl, 32 Roman Rosdolsky,'lhe)ewish Orphanage in Cracow,in: The Online Publication Seriesof 36 Bundesarchiv (BArch) R 70 Sowjetunion/32, S. 391, in: Peter Longerich/Dieter the Center fbr Urban History of East Central Europe 4 (2012) 2-4. Die L,rmordung der europäischen Juden. L,ine Umfassende Dokumentation des Holo- 33 Philip Friedman, Ukrainian-Jewish Relations during the Nazi Occupation, in: Philip caust, München 1989, S. ll8 f. Siehe auch Tomasz Szarota, U progu Zaglady. ZajScia Friednran/Acla fune F'riedman/Salo Baron (Hrsg.), Roads to Extinctit'rn, New Vrrk t9tt0, anty2ydowskie i pogromy w okupolvanej Europie. Warszawa,Pary|, Amsterdam, Antwer- 'I'ernopil S. 199 f., Anm.30. Für die deutsch-ukrainischeVerhandlungen in siehe auch pia, Kowno, Warschau 2000, S. 210-214. AZIH,3O1/3551, Sara Frydman, S. 1 f .; AZIH,301I 3774, StrlomonHirschberg, S. I . 37 LN-W Gerichte Rep. 350, Bd. 4, 124. Vernehmung von Erwin Schulz, i. August l95ti; 3.1 Siehezum BeispielAZ\H,30ll2145,Matylda Gelerntner,S. l. LN-W Gerichte Rep.350, 8d.5,44. Der Oberstaatsanwalt. 220 Gr z e go r z Ryso!11 ski - Lieb e Der Verlaufund die Täterdes Lemberger Pogroms vont Sommer 1941 22r

kommandoserschossen, von der ukrainischenMiliz getötetbzw. von den lokalen gef'eiertund nicht nur mit Blumen,sondern auch mit Kniefällenund Gebetenemp- Täternoder Zivilistenermordet wurden. Die engeZusammenarbeit zwischen ukrai- fangenwurde.a2 Unter den |ubelndenbefanden sich nicht nur Ukrainer,sondern nischerMlliz und den Einsatzkommandosund die Involvierungder Bevölkerungin auch Polen.a3Kurt Lewin schriebin seinen1946 verfassten Memoiren: ,,Polen und die Pogromeerlauben es nicht, eine genau ere Zuordnung vorzunehmen. Erst für die Ukrainer freutensich unaussprechlichüber dasKommen der Deutschen.Ukrainer, Zeit ab Sommer 194I,als keine Pogrome mehr stattfanden,lässt sich einegenauere weil siesicher waren, dass sie von ihnen IDeutschen]die Ukraine bekommen,und Differenzierungvornehmen: im Augustwurden 6l 000bis 62 000fuden in der Ukra- Polen,weil sie Iuden schlagenwerden können."4a |acob Gerstenfeld erinnerte sich, inevon denEinsatzkommandos, assistiert von derukrainischen Miliz, erschossen.Im dass,,dieBevölkerung die marschierendenSoldaten mit Tränenund Klatschenbe- Septemberermordeten die Einsatzkommandosweitere 136 000 bis 137000 |uden.38 grüßteund sogarBlumen auf siewarf [...]. Die Mehrheitder Menschenauf den Im Septenrberund Oktoberbeschwerten sich Einsatzkommandos in der Ostukraine, Straßenwaren eigentlichPolen. Ukrainer, die eine Minderheit in Lembergwaren, dasssie die lokaleBevölkerung nicht zur anti-jtidischenGewalt anstiften konnten.-re löstensich in diesemPöbel auf."4-5 Gleich nach ihrer Ankunft entdecktendie deutschenund ukrainischenSol- datenin drei LembergerGefängnissen die Leichender vom NKWD ermordeten Der Verlauf des Lemberger Pogroms Häftlinge.Es handeltesich um die Haftanstaltenin der Zamarstynowska(heute: ZamarstynLvs'ka)Straße und der LEckiego(Briullov) Straßesowie das Brygid- Die Besetzungder Stadtund die Staatsproklttmation ki-Gefängnis (so nach den Brygidki-Nonnen genannt) in der Kazimierzowska l-emberg war sowohl für die Deutschenals auch für die Ukrainer strategisch (Horodots'ka)Straße. Das Brygidki-Gefängnis und dasGefängnis in der Zamarsty- und politischwichtig. Während die sowjetischenTruppen die Stadtbereits am nowskaStraße befanden sich im jüdischenStadtteil.46 Die Mehrheitder NKWD- 22. Juni l94l zu verlassenbegannen, wurden sievon ukrainischenNationalisten Opfer warenvermutlich Ukrainer,ein Viertel Polenund eine unbekannteZahl ]u- beschossen.Das NKWD griff jedochein und konntediesen Aufstand schnell nie- den.a7Lemberger entdeckten die Leichenbereits vor dem 30.funi, und auchschon derschlagett.40Die erstendeutschen Truppen, unter ihnen das Bataillon,,Nach- zu dieserZeit kursiertenin der StadtGerüchte über grausame Morde desNKWDs' tigall" mit ukrainischenSoldaten, trafen am Morgen des30. funi in Lembergein. Dr. Georg Saeltzer,der die Gefängnisseam 30.funi inspizierte,bestätigte, dass ein Da bis dahin alle sowjetischenTruppen die Stadtverlassen hatten, konnten die Deutschenund Ukrainerdie wichtigstenstrategischen Punkte der Stadtkampflos einnehmen.al 42 Für den Namen,,Stepan Bandera Bataillon" sieheTsDAVOV f.3333,op. l, spr. 12,S. 13; Tsl)AHO f.57,op.4, spr.34l, S.3.Zvit ch.5; Kurt Lewin, PrzeLylent.Saga Swigtego lura Die deutschenTruppen wurden in Lembergenthusiastisch begrüßt. Besondere w roku l946,Warschau 2006,S.6l; Lucyna Kulinska/Adarn Rolinski, Kwestiaukrainska Huldigungenerfuhr das Bataillon,,Nachtigall", das als,,Stepan Bandera Bataillon" i eksterminacja ludnoSci polskiej w Malopolsce Wschodniej w 6wietle dokumentöw Pols- kiego ParistwaPodziemnego 1943-1944,Krakau 2004, 5.207; LN-W Gerichte Rep.350, Bd. 2, S. 190.Vernehmung von Friedrich Wilhelm Heinz. 38 Alexander Kruglov,.fewishLosses in Ukraine, 1941-1944,in:Brandon/[.on'er (Hrsg.), The 43 BArch-MA RH 26, 454,6b, S. 1. Wahrnehmung über die bolschewistischenBluttaten in Shoah,5.274 f. Lemberg vom 7. 7.l94l; AZIH,302l2l7,Kazimiera Poraj, S. 2' 39 Reubcn Ainsztein,Jewish Resistance in Nirzi-OccupiedEastern Europe, Lclndon, S.251. 44 Lewin, Przeiylem,S. 54; Stefan Szende,Der letzte fude aus Polen, Zürich 1945,S. 173. ilO Für den 24.luni siehe Grzegorz Hryciuk, Polacy the Sovietsand we Lwowie 1939- 1944.Zycie codzienne, 45 facob Gerstenfeld-Maltiel, My Private War: One Man's Struggle to Survive Warschau 2000, S. I82 ff. Andere l)okumente erwähnen den 25. funi als den Beginn the Nazis,London 1993,S.53. des Auf.standes.BArch R5U/214,53.Ereignismelclung UdSSR, no. 10, 2luli t94t: LN-W, 46 Das NKWD hinterließ auch l-eichen im vierten Gefängnis in der Jachowicza(Akademika (lerichte Rep. 350,vol. 3, s. 129.vernehmung von Emanuel Brand, 27 June 1960. Romana Kuchera) Straße. 4l Heer,L,intibung in den Holocaust,S.409. 47 Mick, Kriegserfahrungen, S.469. 222 Grzegorz Ross olin ski- Li ebe Der Verlaufund die Täterdes Lemberger Pogroms vom Sommer 1941 223

Teil der LeichenSpuren von Misshandlungenaufwies.as Der polnischeArztZvg- verhaftetund gefbltertworden waren und nur knapp überlebthatten. Auch Roman munt Albert, der auchvor Ort war,behauptete hingegen, keine verstümmelten Lei- Shukherrych,Offizier des Bataillons,,Nachtigall",war in die Aufstellungder Miliz chengesehen zu haben.+e involviert.53 der sich am Bereitsarn 30.funi zwangendie Deutschenfuden, die sichinzwischen zerset- Laut Dmyro Honta, einem Veteranendes Ersten Weltkrieges, zendenLeichen aus den Gefängnisgebäudenherauszutragen und sie auf den Ge- 30. Iuni rekrutieren lassenwollte, wurden nur junge Ukrainer,wie etwa Studen- fängnishofzu legen,damit sie von Verwandtenidentifiziert werden konnten.Die ten,in die Miliz aufgenommen.54Es warenallem Anschein nach lokale OUN-B- Aktion wurde in den nächstenzwei Tagenfortgesetzt. Die Bergungder Leichen Mitglieder,deren Zahl Ivan Klymiv, der Leiter der OUN-B in der Westukraine,im durch die luden verstärkteden Zorn der lokalen Bevölkerung,die davon ausging, Nachhineinauf 1200schätzte, sowie weitere junge Nationalisten und OUN-B-Sym- Milizio- dassdas NKWD nichtnur zum großenTeil aus fuden bestand und mit dem NKWD pathisanten.s5Da die OUN-B über keineUniformen verfügte, trugen die in Lembergwährend der sowjetischenBesatzung zusammenarbeitete, sondern näregelb-blaue Armbinden. Darüber hinaus gab es in Lembergnoch Milizionärein auchvon ihnen geleitetwurde.50 Hans Schmidt, der Kompaniefuhrereines Batail- den früherenolivgrünen Uniformen; die sowjetischenEmbleme wurden durch die lons der 1. Gebirgsjägerdivision,befand sich am 30.Juni im Brygidki-Gefängnis. gelb-blauenArmbinde und den ukrainischenDreizack ersetzt.56 wurde die Miliz künftig als Er wurde Zeuge,wie die Leichen,,durch inzwischen zusammengetriebene |uden Ab dem 2. Iuli offiziell der SS untergeordnet, oder r-nöglicherweiseauch durch andereLemberger Einwohner" aus den Kellern ukrainischePolizei bezeichnet.sTStets'ko hingegen betrachtete sie weiter als die herausgeholtund auf dem Gefängnishofgelegt wurden.5l Bei seinemzweiten Be- Miliz der ukrainischenRegierung.ss Laut Hans |oachim Beyer,einem Beraterder suchsah er, wie |uden misshandeltund geschlagenwurden. Man erklärteihm, dass EinsatzgruppeC,wurde arn2. Juli dasOUN-Mitglied IevhenVretsbna zum Chef die fuden den ,,Hassder Bevölkerungdadurch herbeigeführt hätten, daß sie mit der ukrainischenPolizei ernannt.5e Einige Wochen spätererfolgte seine Ablösung Russenzusammengearbeitet und dieseopfer denunzierthätten".-52 durch Volodymyr Pitulei.60 Außer der,,Leichenschau"ereigneten sich in Lembergam 30.|uni noch zwei 53 Für Ravlyk siehe Stets'ko,30 chervnia 1941, S. 181 f. Für Kazanivs'kyi, Matla und Shuk- weiterewichtige Ereignisse: die Aufstellungder Miliz durch die OUN-B in der heyych siehe Bohclan Kazanivs'k,vi,Shliakhom Legend1,.Spornyny, l-ondon 1975,S. 212 ff. Nähe der Sankt-Georg-Kathedrale, wo das Bataillon,,Nachtigall" stationiert war, Für das Foltern von Kazanivs'kyi und Matla durch das NKWD siehe BArch-MA RW und die Proklamationdes ukrainischen Staates durch dieselbeOrganisation. Die 2114A,342-344,S. 355-360. Kriegsverbrechender russischenWehrmacht 1941,Teil II -172). Mlliz wurde von lvan Ravlyk zusammengestellt,der mit IaroslavStets'ko in einer (Nr.9l 54 Honta, Drukarstvo Zakhidnoi Ukrainy, S. 13 f. Marschgruppeaus Krakau nach Lemberg gekommen war, sowie von OUN-B-Ka- 'l.sDAVOV 55 f.3833, op. l, spr.45,S. I f.Zahal'nyi ohliad, nicht früher als August 1941. dern, die in Lemberg die sowjetischeOkkupation überstanden hatten. Darunter 56 LN-W Gerichtel{ep.350,8d.2, S.215.Vernehmung von Corneliusvon Hovora,29.Fe- befandensich Bohdan Kazanivs'kyiund Omelian Matla, die beide vom NKWD bruar 1960; LN-W, Gerichte Rep. 350, Bd. 3, S. 129.Vernehmung von Emanuel Brand,27 The Lviv June 1960;LN-W Gerichte Rep. 350, Bd. 5, 5.16.Der Oberstaatsanwalt;Himka, 4u llArch-lvlARW 2, 148,S.339 f1. Kriegsverbrechen der russischenWehrmacht 1941, Pogromof 1941,5.229. H. I. Zeugenaussage6. fuli 1941,Dr. Georg Saeltzer. 57 Podii na zakhidnb-r-rkrains'kykhzemliakh (lnterviu z dots[entom]. dfokto]rom Orest Dziuban (Hrsg.)' 49 Hryciuk, Polacy we Lwowie 1939-1944,5. 190.Wegen der wiciersprüchlichen Zeugenaus- Baierom), Krakiv 5 fuly 1941,in: Zbirnyk dokumentiv i materialir', Lviv 2001, S. 153; Paln'kivs'kyi'Roky sagen ist es schwer zu sagen,ob die Leichen tatsächlich Spuren von Misshandlungen uncl Ukrains'ke clerzhavotvorennia.Akt 30 chervnia 1941, Foltern aufwiesen. Das NKWD fblterte oft die Gefangenen, obwohl die Anwendung von nimetskoi okupatsii, S.401. Folter beiVerhören in der Sowjetunion offiziell verboten war. 5B Stets'ko,30 chervnia l94l,S. 256. Dziuban 50 BArch-MA RW 2, 148, S. 339 ff. ZeugenaussageDr. Georg Saeltzer. 59 Podii na zakhidnb-ukrains'kykh, in: Zbirnyk dokumentiv i materialiv, Orest I 53. 5l LN-W Gerichte Rep.350,8d.2, S.209.Vernehmung von Hans Schrnidt,29.Jr-rni 1960. (Hrsg.), Ukrains'ke derzhavotvorennia, S. 52 Ebenda,S.210. 60 Pan'kivs'kyi,Roky nirnetskoi okupatsii, S' 403. 224 Gr zego rz Ros s olin ski- Li eb e Der Verlaufund die Töterdes Lemberger Pogroms vom Sommer1941 225

Die Loyalitätder früheren sowjetischen Milizionäre gegenüber der OUN-B lässt Die Ge-fängnisaktionund der Beginndes Pogroms sichnicht überprüfen.Da sieaber nach dem 30.|uni in ein und derselbenGegend, Aufgrund mangelnderQuellenlage lässt sich nicht eindeutigfeststellen, ob die ersten die von der OUN-B und den Deutschenkontrolliert wurde, aktiv warenund die antijüdischenGewaltakte in Lembergdurch die,,Leichenschau"am 30.funi ausge- sowjetischenEmbleme auf ihren Uniformen durch die ukrainischenersetzt hatten, löst wurden oder ob |uden bereitszuvor angegriffenworden waren.Zwei ukraini- müssensie sich wohl mit der OUN-B arrangierthaben.6r Die OUN-B benötigtedie scheÜberläufer meldeten der deutschenArmee am 28.funi,,,dass in Lembergvor Miliz unter anderemzum Schutz der Staatsorgane,die sie aufzubauenversuchte. zwei TägenUnruhen gewesenseien, bei denen|uden und Kommunistenermordet Die Staatsproklamationfänd an-rAbend des 30. Juni im Gebäudeder - wurden".6aDiese Beobachtung wird jedoch durch keineweitere Quelle bestätigt. In Organisationauf dem Marktplatz in Lembergstatt. Der Proklamationsaktwurde der,,Darstellungder Ereignisse"von Lembergam 30.Juni lesen wir:,,unter der Be- nicht von demprovidnyk Bandera vollzogen, dem die Deutschennicht erlaubthat- völkerungherrscht über die Schandtatender Bolschewistenrasende Erbitterung, die ten, nach Lembergzu reisen,sondern von IaroslavStets'ko. An der Veranstaltung sichgegenüber den in der Stadtlebenden Juden, die mit den Bolschewistenstets zu- nahmenlokale ukrainische Politiker, Intellektuelle, Vertreter der griechisch-katho- sammengearbeitethatten, Luft macht."l)ieselbe Meldung wies noch daraufhin, dass lischenKirche, Soldaten des Bataillons,,Nachtigall" sowie die deutschenOflrziere diese,,Vorgängedurch die Pressebekannt geworden" sind, was darauf hindeutet, dass Wilhelm Ernst zu Eikern und Hans Koch teil, wobei die beidenLetztgenannten man die NKWD-Morde von Anfäng an propagandistischinstrumentalisierte.6s angeblichnicht mit der Staatsproklamationeinverstanden waren. Stets'ko's Rede- Es ist schwereinzuschätzen, ob es sich am 30. funi um einen organisierten text ähneltestark dem, den der führendePolitiker der Ustaia,Slavko Kvaternik, am Pogrom,spontane anti-jüdische Gewalt oder eine Mischungvon beidemhandelte. 10.April 194l zur Konstituierungdes,,Unabhängigen Staates Kroatien" vorgelesen Die Situationam 1. und 2. luli war jedoch eine andere.66Obwohl weder von der hatte.Allerdings lobte Stets'konicht nur den ukrainischen providnyk Bandera,wie OUN-B noch von den DeutschenDokumente überliefert sind, die Informationen Kvaternikden kroatischenpoglovnik Ante Paveliö,sondern auch das,,Nationalso- über die Planungdes LembergerPogroms enthalten, geht aus einer Reiheanderer zialistischeGrol3deutschland, das unter der Führung \/on eine neue Quellenhervor, dass an diesenbeiden Tagen organisierte und koordinierteGewalt- Ordnung in Europaund der Welt schaffeund der ukrainischenNation helf-e,sich aktioner,stattfanden. Möglicherweise merkten die deutschenOffiziere und OUN-B- von der Okkupation Moskauszu befreien".62Am selbenTage zwang die OUN-ll Kader am 30. |uni, welcheWirkung die ,,Leichenschau"auf die Bevölkerunghatte, iuden dazu,Plakate zu drucken,die den ukrainischenStaat begrül3ten, den provid- und entschiedensich daraufhin,am nächstenTag die vom NKWD hinterlassenen nyklobtensowie Juden und Kommunistenden Tod wünschten.63 Leichen dafür zu nutzen, einen Pogrom durchzuführen.Es ist wahrscheinlich, dassentsprechende Dokumente vernichtet wurden. Die OUN-B begannbereits im an anderenEreignissen, die 61 Bventuellhandelte es sich bei den Milizionären in olivgrünen Uniformen urn OUN-Mit- Oktober 1943,ihre Beteiligungan den Pogromenund glieder,die während der sowjetischenBesatzung die sowjetischeMiliz infiltriert hatten. den Holocaustbetrafen, durch ,,Sammeln"von belastendenDokumenten und,,Er- 62 Für den Proklarnationstext mit Stets'ko'.sUnterschrift siehe llsI)AVOV f. 3833, op. l, spr. -5, stellen"von neuenUnterlagen zu verwischen.6T S. 3. Für die Staatsproklarnationsiehe Rossolinski-t.iebe,Ukrainian National Revolution, S.95 fi. Für Eikern und Koch sieheAufzeichnungen des Vortragenden l.egationsratsGrolJ- 64 BArch-MA Rh 26-100-36, S. ll1. Vernehmung von zwei ukrainischen Überläuf'ern, kopf, in: Akten zur deutschenAuswärtigen Politik lglB*1945, S. 167 f. Siehe aber auch 28.funi 1941. BArch R 6 (Reichsministerium für die BesetzenOstgebiete)/150, S.'1 f. Rückspracherlit 65 EbendaRH 24-49-8, S. 176.Darstellung der Ereignisse' Prof. Dr. Koch am 10.7.1941; Kost'Pan'kivs'kyi,Vid derzhavy do komitetu; New York/ 66 Auch Zeilzeugen datieren den Beginn des Pogroms auf Dienstag, den 1. Juli: AZIH, 'lbronto 'l'une, 1957),S.30 ff. Für Kvaternik und den kroatischen Proklamationstext siehe Slar.'ko 30l12242,Zygmunt S. 1; AZIH,30ll54, Rözia Wagner, S. 1. Vuköevii, Zloöini na jugoslovenskim prostorima u prvom i drugonr svetskonrratu: Zloöini 67 Im Oktober 1943 befahl die OUN-B Dokumente zu sammeln,,,die bestätigenwürden, dass Nezavisne Dri.ave Hrvatske, l94l-45,vol. 1, Belgrad 1993,docunrent 3 (the cleclaration). die Deutschen die antijüdischen Pogrome und Liquidationen alleine ohne die Hilfe der 63 Honta, f)rukarstvo Zakhidnoi Ukrainy, S. l4 ff. ukrainischen Polizei durchführten". Desweiteren sollten fuden oder iüdischen Komitees zzo GrzegorzRossoliiski-Liebe Der verlauf ultd die Tötet desLembetger pogrons voln sofimer 1g4j 227

l.aut Aussagendes ZeitzeugenAlfred Monaster,de'r den Pogrom und weitere dem Hoi aufreihen,darnit sie von Verwandtenidentifiziert werden könnten.Ei- Ereignissedokumentierte, warnte bereitsam l. fuli gegenfünf Uhr morgensein nige Zuschauerbeobachteten dabei, wie zweijüdische Männer gezwungenwurden, ukrainischerMilizionär eine Iüdin vor dem kommendenPogrom, weil er in sie die Leichenam Kopf und an den Füßen hochzuhaltenund wie jüdischeFrauen verliebtwar.68 Wenige Stunden danach begannen die gewalttätigenübergriffe, die währenddessendie Leichenmit einem feuchtenLappen abwaschen mussten. Da- zum Abend hin unterbrochenund am Morgendes 2.luli fbrtgesetztwurden. Mo- nach wurden die Frauengezwungen, die Händeder Leichenhochzuheben und sie nasterberichtete, der Pogromhabe sich am 2.luli von den Gefängnissenund dem zu küssen.22 }y'rit diesen Ritualen signalisierte man der Bevölkerung,wer für die jtidischenViertel aus über die ganzeStadt ausgebreitet.6e NKWD-Morde verantwortlichzu machensei und daftir zu bü13enhabe. ln den frühen Morgenstundendes l. |uli drang die Miliz in Wohnungender Auf den Gefängnishofenschlugen Männer und Frauensowie deutsche Soldaten ein Juden und verhaftetevor allem die männlichenBewohner. Andere wurclenauf ständigauf die Judenein; vieleSchläge waren tödlich. Die Leichender ermordeten den Straßenaufgegriffen und in die Gefängnisseverschleppt. Die fudenwurden von Iuden wurden neben den Leichender NKWD-Opfer in den Ecken der Höfe ge- den Milizionärenund der aufgebrachtenBevölkerung misshandelt, beschimpft, mit stapelt.Kurt Lewin, der im Brygidki-Geftingnishatte arbeitenmüssen, schrieb in Steinenbeworfen und mit Fäustenoder Stöckenund Stangengeschlagen.T0 Einige seinenErinnerungen: ,,Ein Ukrainer prägtesich besondersin meiner Erinnerung musstenunter Anweisungder Milizionäreden Weg kriechendbewältigen.Tl U- ein.Er war sehrelegant gekleidet, trug ein wunderschönes,besticktes Hemd Iukrai- auf das Gefängnisgeländezu gelangen,nlussten die Opfer durch ein Spalierdes nisch-patriotischesGarderobenstück] und hattees auf unsereGruppe abgesehen. Er auf sie einprügelndenMobs gehen.Auf dem Gefängnishofwurde den |uden er- schlugmit einemmit Eisenbeschlagenen Stock. Nach einigerZeit systematisierteer klärt, sie müsstendie Leichenaus den Gefängniskellernheraustragen und sie auf sein Schlagenund hautenur gegendie Köpfe.Mit jedem Schlagriss er Hautlappen ab.Einigen Menschen schlug er die Augen aus,riss die Ohren ab.Nach einerWeile vor cienErschießungen schriftlich bestätigten,dass sie von den Deutschenohne die Betei- brachder Stock.Ohne lange zu überlegen,packte er ein angebranntesHolzstück und ligung cler ukrainischen Polizei liquidierten wurden. Gesucht oder erstellt werden sollten schlugdamit gegenden Kopf meinesNachbarn. Der Schädelplatze und dasGehirn auch l)okuntertte,die darauf hiuwiesen,dass die ,,Polendie Pogrome injizierten und an spritzein alleRichtungen, auch auf mein Gesichtund meineKleidung."73 arrtijüdischenPogromen teilnahmen'lTsDAVOV f.3833,op. l, spr.43,S.9. Nakaz Ch.2143, an die Mauer stellen Oblasllvnt,okruz.hnyrrr i povitovvnr proviclnykam do vykonannia. Sieheauch Carynnvk, Lewin war dabei,als sich der Bruder einesSchulfreundes Ftrestrf Or-rr Rebirth, S. 345; Ilruder, Den Ukrainischen Staat,S. 222; Motyka, Ukrairiska mussteund ein Gestapo-Offi,ziermit seinerautomatischen Schusswaffe den Kopf partyzantka, S.290;Rusnachenko, Narod zburenyi,S. 136. des Mannesdurchlöcherte. Anschließend wurde der Schulfreundgezwungen, zu- 6u AZIH,.l02l5|, Alf red Monaster,S. 9. zu bevorer selbst 69 sammenmit seinemVater die Leichezum Leichenhaut-en tragen, Ebencla,S. I4 f. Auch artdereZeitz.eugen bestätigen, dass der Pogrorn am 2. Juli fortgesetzt wie sein ei- wurde. AZ|H,302126, Lejb Wielczkier, S.4. Henryk Szyper schreibt,dass der Pogrom nach vor dessenAugen ermordetwurde. Schließlich musste Lewin zusehen, 24 Stunden von den Deutschen unterbunden wurde. AZIH, 30114654,Henryk Szyper, generVater erschossen wurde und wie ein Generaleinen etwa neunjährigen )ungen s.12. tötete.Deutsche Soldaten fotograherten und filmten dieseMorde.Ta 70 t.N-W Gerichte Rep. 350, Bd. 2, 39. Vernehmung von Fritz Spoci;Lewin, Prz.eLvlem, GegenAbend des l. fuli wurde die Arbeit auf dem Hof desBrygidki-Gefäng- S. 57 f.; Rogowski, Lwöw pod znakiem swastyki; Zaklad Narodowy im. Ossolinskich we Wroctawiu (ZNiO), syg.t67t01il,56-57; AZIH,30U4626,Anna ]vlariapeiper, S. l;AZIH, nissesunterbrochen, nachdem deutscheSoldaten die Verwundeten erschossen 229154,Teka I-wowska,Gold, S.2;Yones,Die Straßenach Lemberg,S. l8 f.; JaninaHesche- und - wie Lewin sicherinnert - die Soldatendes,,Nachtigall" Bataillons die noch les,Oczyma dwunastoletniej dziewczyny, Krakau 1946,S. I9. 7l Hryciuk, Polacy we Lworvie 1939-1944, S. 2O4.LeszekAllerhand sagte,dass einige Juden cirei Kilometer bis zu denr Brygidki-Gefängnis kriechen mussten.Himka, The Lviv pogrom 72 Hrvciuk, Polacywe Lwowie 1939-1944,S.204. of 194l,S. 216.Auch Izydor Ferber sah,wie Juden kriechen mussten.YVA-O.33/ 25l,IzyrJ.sr 73 Lewin, PrzeLylem,S.53 f. Ferber,S. I ff., z-itiert in: Mgdykowski, Pogromy l94l , S. 7g3. 74 Ebenda,S.59 f. 228 ()rzegorzRossolinski-Liebe Der Verlaufund die Täterdes Lemherger Pogroms vom Somtner1941 229

lebendenJuden misshandelt hatten. Ein Deutschersoll zu den Überlebendengesagt dem Wegins Gefängnissah Yones Menschen mit Eisenstangenund Stöcken,die auf und es haben:,,No, juden, die Racheist süß."Ein andererDeutscher warf ausSpal3 eine die )ude1einschlugen. Ein Ukrainer soll ein Babyam Fuß gehaltenhaben Granateauf eine Gruppe von fuden. Gegen21.00 Uhr wurden die Überlebenden mit dem Kopf gegendie Wand geschlagenhaben.Te inforn-riert,dass sie jetzt nachHause gehen könnten und morgenum 4.00Uhr wie- Auch Herman Kac wurde zvr Arbeit im Brygidki-Geftingnisgezwungen.1947 der kommen müssten.Lewin schätzte,dass von den 2000 im Brygidki-Gefängnis erinnerte er sich, dass,,Deutsche und Ukrainer uns schrecklichmisshandelten" arbeitendenfuden nur etwa80 überlebthatten.Ts und für die Morde desNKWDs beschuldigten.Sie stellten die |udenentlang einer IrenaFeinsilber, die die Geschehnisseauf dem Hof desBrygidki-Gefängnisses Mauer auf und schlugensie so heftig, dassdie Wand hinterher blutig war. Dann vcln einem Dachf-ensterbeobachtet hatte, beschrieb die Schreieder misshandelten nahmensie sie mit auf die andereSeite des Hofes und erschossensie nacheinander. Menschenals unerträglich.Ihre Mutter seigegen Abend blutüberströmtmit zwei Kac war der achtundvierzigstein der Reihe.Als ein deutscherSoldat auf ihn zielte, Schlagwundenam Kopf vom Gefängnisnach Hausegekommen.Zwei Frauen aus kam ein Ollizier und sagte,,genugfür heute".Danach mussten diejenigen, die noch ihrem Hauswurden auf dem Hof niedergeschlagenund kamennicht mehr nach am Lebengeblieben waren, Gräber ausheben und die Erschossenenbegraben' Da- Hause.Eine dritte Frau,die im sechstenMonat schwangerwar, starb in der ersten bei prügelteman ständigauf sieein'80 Nachtr-rach den Misshandlungenim Brygidki-Gefängnis.76 In den beidenanderen Gefängnissen spielten sich ähnlicheSzenen ab. Auf dem Eliyahu Yones,der im selbenGefängnis zwangsweise eingesetzt war, berich- Gefängnisplatzin der L4ckiegoStraße mussten jüdische Männer die Leichender tete,der Hof seiso voll gewesen,dass man kaum arbeitenkonnte. Seiner Meinung NKWD-Opfer aufreihen.In der Eckean der Wand standenjüdische Kinder, Frauen nach hätten 20 Personendie Arbeit verrichtenkönnen, zt der Hunderte gezwun- und ältereMänner. Als eineFrau einen deutschenOlizier fragte,was sie mit ihnen gen wurden.Der Leichengestanksei so unerträglichgewesen, dass die Deutschen zu tun beabsichtigten,hörte sie:,,Wir stelleneuch alle an die Wand und erschiel3en Kinder und Gasmaskentrugen. Yones erinnerte sich auch daran,dass die ]uden die Leichen euch." Späterkam jedoch ein höherer Gestapo-Offizierund ließ alle der NKWD-Opfer auf dem Hof begrabenmussten. Ein deutscherOffizier gab ih- Frauennach Hause gehen. Auf demWeg warf der Pöbelmit Steinennach ihnen.sl nen zu verstehen,dass |uden diesen Krieg angezettelt hätten und deshalbMillionen Ein andererüberlebender erinnerte sich, wie ein deutscherOfirzier die Gewalt ihretwegensterben müssten. Einige Menschen, so Yones,die mit ihm auf dem Hof despöbels im Gefängnisin der l-4ckiegoStraße unterbrach.,,Wir sind doch keine nicht die Bitteder auf den arbeiteten,waren weit entfernt,,vom normalen (leisteszustand [ . . .]. Die Angst,die Bolschwiken",soll er gesagthaben. Damit erfüllteer aber Schläge,der Gestank,der im Hof herrschte,und die Bedingungen,unter denen wir Dächern der benachbartenHäuser stehenden Beobachter, die den Tod der |uden den Morgenverbracht hatten, versetzen sie in diesenZustand.";7 forderte1.82Stefania Cang-Schutzman sagte aus, dass die juden im Gefängnisir-r BevorYones in den Gefängnishofgebracht wurde, las er die von der OUN-B in der LEckiegoStraße,,geschlagen und erniedrigtwurden, Frauen entkleidet wurden' Ukrainer der Stadtangebrachten Plakate, die an-r30. |uni von Judenunter OUN-Aufsicht ge- Schwangeregegen den Bauchgeschlagen wurden [...1.Auf Befehlder druckt worden warenund die denprovidnykBandera und die Wehrmachtlobten.78 gabenalle ab, was sie bei sichhatten, Schmuck' Geld"'83 Dabeiwurde Yones von einemMilizionär mit einergelb-blauen Armbinde kontrol- liert. Als dieserfeststellte, dass Yones Judewtrr, schlug er ihnr so stark ins Gesicht, 7g Yones,Die Stral3enach l-emberg, S. 18 f. verrvech dassder Misshandelteeine Stunde brauchte, um wiederzu sich zu kommen.Auf B0 AZIH,30Ll22g9,Herman Kac, S. l. Kac gab als dzrsl)atum den 20. Juli an und selteihn mit dem l. Juli. Lviv Pogrom 75 Ebenda,S.59-62. B1 Shoah Foundation,5l593, S.53-57. Tamara Branitsky,zitiert in Himka, The 76 LN-W GerichteRep.350,8d.3, 158. Irena Feinsilber, S.29. Juni 1960. of t9+t,S.2ls f. 77 Yones,Die Stral3enach Lemberg, S.20 f. 82 AZIH,229l54,Teka Lwowska, Clold, S.4' 78 Honta, Drukarstvo Zakhidnoi Ukrain1,,S. 14 ff. 83 AZIH,30lllTg4,Stefania Cang-Schutzman' S. I ff. 23r 230 Grygoyl Ros s o lin ski- Li ebe Der Verlaufund die Täterdes Lemberger Pogroms vom Somtner1941

und dabei Der Vatereiner Uberlebendenleistete im Gefdngnisin der LEckiegoStraße mussten.Sie beobachtete, wie Männer die NKWD-Leichensortierten auf Zwangsarbeit.Er wurde nach eineinhalboder zwei Tagenbewusstlos nach Hause von Ukrainern misshandeltwurden. Frauenund ältereMänner, die halb tot Hof ge- gebrachtund hatte Leichengeruchan sich.Erst nach einigenTagen erwachte er dem Hof lagen,wurden mit Stöckengeschlagen, getreten oder durch den Täter einer wiederaus der Bewusstlosigkeit.Die einzigenLebenszeichen, die er bis dahin von schleppt.Verwundete Frauen und Männer wurden entkleidet.Als die sich sich gab,waren Schreieund nervöseZuckungen. Frau und Tochterdes Mannes, Frau ihre gesamteKleidung auszogen und sie mit Stöckenprügelten, wandten Soldaten die auchim Gefängnisin der L4ckiegoStral}e arbeiten mussten, wurden von einem einigeandere Juden an vorbeispazierendeund fotografierendedeutsche ukrainischenMilizionär gerettet.8a mit der Bitte um Intervention.Die Soldatenhätten daraufhin geantwortet:,'Das noch voller Stolz,dass die Bil- Alf red Monasterberichtete, dass am 1.Juli im Gefängnisin der l-EckiegoStraße ist die Racheder Ukrainer" und informierten sie der Hof schönejüdische Frauen ausgesucht, vergewaltigt und ar-rschlie{3endgetötet wur- der im ,,Stürmer"erscheinen würden. Nach einigenStunden Arbeit war um den.8-5Stefania Cang-Schutzrnans Schwester war im fünften Monat schwanger.Sie blitzsauber.Wagner erinnerte sich, dass sie sich an die Mauer stellenmussten, der hatteeine Fehlgeburt, nachdern sie vom Gefängnisin der L4ckiegoStraße zurück- erschossenzu werden.Anders als Tune nahm sieden höherenGestapo-Offizier, gekomn-renwar, wo die Pogromistengezielt gegen ihren Bauchgetreten hatten.86 die Exekutionunterbrach, nicht wahr,da sieohnmächtig wurde'8e ZygrnuntTune und seinjtingerer Bruder wurden von ukrainischenMilizionä- Nicht nur in den drei Getängnissenund auf den dorthin führendenWegen, ren ausihrer Wohnungmitgenommen und zum Gefdngnisin der Zamarstynowska sondern auch in vielen anderenTeilen der Stadtwurden Iuden am l. fuli miss- sich,wie StrafSeverschleppt. Vor dem Geflingnisstand der Mob Spalierund schlugauf die handelt,erniedrigt, verprügelt oder erschlagen.Felicja Heller erinnerte mitzunehmen' vorbeigehendenOpfer ein. Im Anschlussprügelte die ,,ukrainische[.egion"87 auf ukrainischeMilizionäre ihrer Nachbarinbefahlen, eine Zahnbürste den sie ein. Nachdernsie alle Gegenstände,die siebei sich führten,abgegeben hatten, um Straßenzu bürsten,und wie Deutscheund Ukrainer einen|uden zwangen, Irena wurden sievon Ukrainernmit Stöckenweiter malträtiert. Währenddessen muss- Hut abzusetzen, ihn mit Pferdemistzu beladenund wieder aufzusetzen.e0 darunter ihre Mutter, die die Straße ten sie nrit ihren Händenden Hof saubermachen, auf den immer mehr Iudenin Feinsilbersah ca. zwanzigFrauen mit Besen, mit blau- zunehntendschlechterem Zustand gebracht wurden. Gegen 14.00 Uhr wurde ein kehren mussten.Irenas Schwiegervater erzählte ihr, dasses Milizionäre Wohnungabgeholt hätten.el Maschinengewehrgebracht. Die Deutschenbeabsichtigten, alle fuden zu erschie- gelbenArmbinden waren,die ihre Mutter von der kniendmit ljen,was aber ein höhererGestapo-Offizier verhinderte. Um 20.00Uhr erlaubteein Der deutscheOlljzier Hans Schmidt beobachtete, wie,,ludenfrauen Ferber C)flrzierden Überlebenden,nach Har,rse zu gehen.Gleichzeitig teilte er ihnen nrit, ihren HändenGlassplitter von einem Trottoireaufheben mussten".e2Izydor Taschen- dasser sievor den Ukrainern nicht schützer-rkönne, und empfahlihnen, sich in den erinnertesich, wie auf einem Markt Judengezwungen wurden, mit ihren Wiildern zu verstecken.88 tüchern und bloßen Händen das Pflaster ztr putzen;dabei wurden sie heftig ge- RuziaWagner wurde ebensounter Misshandlungenzum Gefängnisin der schlagen.e3Kazimiera Poraj war geradeauf dem Markt, alssie sah wie,,ukrainisch- Zamarstyt-towskaStral3e gebracht. Auf dem Hof wurdesie einer Gruppe von fuden 89 AZlH,3}rls4,RöziaWagner, S.2 11' zugeteilt,die mit ihren bloßer-rHänden den Platzvon Sandund Schmutzbefreien 90 AZIH,30l/3-510,Felicja Heller, S. l. gl LN-WGerichte Rep. 350, Bd. 3, s. l57.lrenaFeinsilber, 29. Juni 1960. oder am l. beobachtete. LN-W 84 Shoah Foundation, 22876, S. 36-39. Matylda Wyszynska, zitiert in Himka, The l.viv gZ Es ist nicht ganz klar, ob Schmidt das am 30. |uni Juli 1960'Auch ()rze- Pogronrof l9-11,S.219. GerichteRep.350, vol.2, S.211.Vernehmung Hans Schmidt,2g lune ähnliche Szenen gesehenhaben. Hryciuk, Polacy we 8,5 AZIFI,302/58,Alfred Monaster, S. 13 f. 911rzHryciuk zitiert Lemberger, die 86 Azlll 30Il1794,StefaniaCang-Schutzman, S. 2. Lwowie 1939-1944,5. 204 f. Mqdykowski, 87'I'r.rne rneintedas,,Nachtigall"-Bataillon. 93 yacl Vashem Archives (YVA) O.33 l25l,Izydor Ferber, S. I ff., in: Witold (Bukowina, wschodnie woje- 88 AZIH,301l2242,Zygmuntl'une, S. I f. pogromy 1941 roku na terytorium bylej okupacji sowieckiej 232 Der Verloufund die Töterdx Lembelge:Pogroln: v:nt Somml 1941 233

't'ötet sprachigedeutsche Sclldaten" eine Gruppe von fuden,unter anderemihre Mutter, siegleich!" LJnter den Täternerkannte Wilek auchFrauen, junge ukrainische zwangen,mit ihrer eigenenKleidung Toilettenzu reinigen.Dabei wurden sie mit Bäuerinnen,die nichtweniger brutal als die Männerwaren. Ein Ukrainersetzte sich Kabelnso langegeschlagen, bis sieblutig waren.Eine andere Gruppe musste - unter einemJuden auf den Rücken,z,wang ihn zu laufenund prügelteso langemit einem Kabel-und Stockschlägen- mit den HändenGlassplitter von den Stral3enaufheben Stockgegen seinen Kopl bis dieserauf den Boden fiel und keine Lebenszeichen und in zwei Wagensammeln. Als einer der Wagenvoll war,wurde er umgeworfen, mehrvon sichgab. Wilek meintesich zu erinnern,dass die Deutschensich auf dern und die Splittermussten erneut unter Schlägenund Tritten aufgelesenwerden.e4 Smolka-Platznicht an der Gewaltbeteiligten, sondern nur fotografierten.ee Der UnteroffizierFriedrich Brüggemann und der GerichtsreferendarCornelius von Filmeund Fotografien,die von deutschenSoldatten während des Pogroms ge- Hovorabeobachteten die auf dem Markt arbeitendenfuden. 1960 konnte sich nur machtwurden, halten ähnliche Szenen wie die Erinnerungenund Tagebücherder nochvon Hovoradaran erinnern, wie die Sammelndenmisshanclelt wurden.e5 Opfer fest.Sie dokumentieren, wie Judenan verschiedenenOrten in der Stadtdie die auf Der TransportoihzierHermann Teskenotierte in seinemTagebuch, dass er fu- Straßenrnit Händenputzten. Sie zeigen auch nackte Frauen und Mädchen, den sah,die an der Naseverletzt waren. Ein Ukrainer erzählteihm, ,,da13es bei dem Bodenliegen und von Männernund Frauenmit Stöcken,Stangen und anderen Pogromenüblich gewesensei, den fuden zu ihrer Kennzeichnungden Nasenwirbel Gegenständenumringt sind.Ein Blickin die Gesichterder entblöI3tenOpfer verrät, umzudrehen".Später sah Teskeselbst, wie der Mob fuden hetzteund die schmerz- welcheTodesangst sie verspürten. Auf den Bildernsind auchnackte Frauen zu er- hafteProzedur an ihnen durchführte.e6Unteroffi.zier Friedrich Brüggemann gab zu kennen,die festgehaltenund von Menschenin Pogrornstimmunggetreten werden' Protokoll,dass fuden aus den Fensternihrer Wohnungen geworfen wurden.eT sowieFrauen, die von einerPerson zur anderengestoßen und an den HaarengeTo- JacobGerstenfeld beobachtete aus dem Fensterseiner Wohnung, wie ,,alte gen werclen.Auf einem anderenBild siehtman mit Stöckenbewaffnete Kinder, die Leute,Kinder und Frauenunter einem Hagelvon Schlägengezwungen wurden, einehalb lackte und nachHilfe schreiendeFrau durch die Straßenjagen. Die Fotos Pflastersteineauszureißen und den Dreck der Stra{3evon einerStelle zu einerande- zeigenebenfalls Männer, die sichwahrscheinlich zu den Gefängnissenkriechend ren zu schieben.Eine Frau wurde an einenarbeitenden Mann festgebunden.Unter durch die Straßenbewegen, sowie nackte Männer mit blutbeflecktenGesichtern. Schlägenwurden beidegezwungen jeweils in die entgegengesetzteRichtung zu lau- Auf anderenFotografien sind rachsüchtige,f-eixende Täter zu sehenund deutsche fen.Als ein fugendlicherohnmächtig hinfiel, wurden andere dazu aufgefordert, ihn Soldaten,die mit kleinenKameras die Pogromszenenfilmen. Auf einemweiteret] lebendigzu begraben."e8 Foto ist ein deutscherSoldat vor einem blutüberströmten|uden abgebildet,der MarkiewiczWilek beobachteteaus dem Fenstereiner Wohnung, was sichauf scheinbareine Rede hält.loo dem Franciszek-Smolka-Platzabspielte. Er hörte,wie eineFrau mit einerverzwei- Zahlreicheüberlebende und Zeitzeugenidentifizierten die Milizionäre Init p.. fbltenStimme schrie: ,,Leute, lassen sie mich bitte los,ich habeniemanden etwas gelb-blauenArmbinden oder olivgrünenUniformen als Täter.l0l ilistoriker Bösesangetan." Mehrere männliche Stimmen widersprachen: ,,Hört nicht auf sie! 99 AZIH.30lllT3T,Markiewicz Wilek, S.2. sich in cler lViencr l.ibrarr', n'tidztwa RP,paristwa baltyckie) w relacjach2-ydorvskich, in: Krzysztof fasiewicz(Hrsg.), 100 Eine Samnrlung von Fotos des l.emberger Pogroms befindet Nr. Swiat nie po2egnan1,,Warschau 2004, S. 783. 1615-1644.Die Filme, die diese Fotos zeigen,sind ,,Die l)eutsche Wochetrschatt" 94 AZIH,30212l7, KazirnieraPoraj, S. 3. 566129,10.7. l94l und USHMM Film Archive, Ilancl402, RG-60.0441.Ich birr lohtt l).tLtl 95 LN-W Gerichte Rep. 3-50,Bd. 2, 85, S. 216. Vernehmung von Friedrich llrüggemann und Himka dafur dankbar, dasser mir diese Filme zeigte' Cornelius von Hovora. l0l EliayahuYones, Die Straßenach l.emberg:Zwangsarbeitund Widerstand in Ostgalizicrr 96 LN-W Gerichte Rep.350,Bd.2, S.4.Vernehntung von Hermann Teske. lg4l-1944, Frankfurt a. M. 1999,S. l8 f.; AZ|H,30l/465'1,Henryk Szyper'S' 6; AZlll' S. l; AZ,lFt 9'i l.N-W Gerichte Rep.350, Bd. 2, S.85. Vernehnlung von Friedrich Brüggemann. 301/lg0g, JanislawKorczynski, s. l; AzlH,301/1864, Salomon Goldman, 9B JacobGerstenf'eld-Maltiel, My Private War: One Man'.sStruggle to Survive the Soviets irncl 229122,Maurycy Allerhancl, S. l; AZIH 30113774,Salomon Hirschberg, S. I; Azltl, the Nazis,London 1993,S. 54. 301/llBl, t.ilith Stern, S.2 f-.;'l'estimonyof foanna H' in Bogdan Musial"'Kontrarevo Pogromsvom Sommerl94l 235 234 Gr z e gor z Ros s o lin s ki -Li ebe Der Verlau_funclclie Töter des Lemberger

von Ukrainernkontrolliert wurde' und mach- leffreyBurds verglich Fotografien, die Szenendes Pogroms zeigen, mit Porträtfotos Die Opferwussten, dass Lemberg ihr Hausverlassen musste' knüpfte an in den Ausweisender Milizionäre,die sich im StaatlichenArchiv der Lemberger ten sichdies zunutze. Eine jüdische Frau, die sievon einem jungen auf der Straßebe- Oblastbefinden. Er steiltefest, dass auf den Fotosauch einige Milizionare zu sehen ihr )ackettein gelb-blauesBändchen, das konntesie sich sicher durch die sind,die nackteFrauen misshandeln und die keinegelb-blauen Arrnbinden tragen. kommenhatte. Mit dieserpatriotischen Markierung seineWohnung zu verlassen Ein'Ieil der Milizionäreverübte offensichtlich in ZivilkleidungGewalttaten, um die Stadtbewegen.l0s 6,111 Lewin, der am 2. Julientschied, zu wechseln,zog ein blauesHemd Beteiligungder OUN-B an den Pogromenzu verbergen.l02 und durch die Stadtzu eirleranderen Unterkunft griffen ihn nicht an'lOe Auch andereBegebenheiten zeugen davon, dass die Miliz der OUN-B unterge- und einegelbe Krawatte an. Die ukrainischenMilizionäre jedoch nicht nur Ukrainer,sondern auch Polen' ordnetwar: etwa die Erinnerungenvon J.Berman, eines jüdischen Deutschlehrers, Am Pogrom beteiligtwaren - Berichtennicht alsTäter auf- der von ukrainischenMilizionären verhört und misshandeltwurde. Sie hatten ihn obwohl sie_ andersals die ukrainer in den meisten sagteim April 1945aus' dass nach dem Ein- zum faschistischenGruß und dem Ruf ,,SlavaUkraini!" gezwungen,einem Ritual, tauchen.Maksymilian Boruchowicz sehr aggressiveingestellt waren' dasdie OUN-B-Führungauf dem ZweitenGroßen Kongress der Organisationin marschder Deutschen,,Ukrainer uns gegenüber Hader schriebin ihren Memoiren, Krakauim April 1941eingeführt hatte.r03 und die polen sehrdistanziert".ll0 Alizia Rachel vor allem aus Ukrainern zu beste- Unter den Tätern in Zivilkleidung befand sich eine größereZahl von Ukrai- die Masse,die die Judenmisshandelte,,,schien t Rogowski'ein polnischerGym- nern; sie kamen aus unterschiedlichenSchichten und Berufsgruppen.Emanuel hen,aber es waren auch einige Polen dabei."lt Iutt lachte,die von der ukraini- Brand erkannteunter den Täterneinen ukrainischenStudenten, mit dem er am nasiallehrer,erinnerte sich, wie ein Poleüber die |uden Auch Szragerund Kost' PädagogischenInstitut studierte.l04Irena Feinsilbererinnerte sich, dass das Spa- schenMiliz geschlagenu'd misshandeltwurden.ll2 Josef wahr'l13Ievhen Nakonechnyi' lier vor dernBrygidki-Gefängnis aus ukrainischen Täterinnen und Täternbestand, Pankivs'kyinahmen Polenunter den Pogromisten an dem Pogromleugnete' hielt Frauenalso ebenso Teil des Mobs waren.lt)5 p.. Pogromund dieAussicht auf Plün- der späterdie Beteiligungvon OUN und Ukrainern poren Milizionäreverkleidet derungentrieben auch Ukrainer aus benachbartenOrten nach Lemberg.l06pin in seinenErinnerungen f-est, dass sich als ukrainische Mann mit einemgrol3en blau-gelben Band rief auf der Straße:,,Nehmt alles, was und am Pogrombeteiligt hatten'lla gegenüberder Sowjetunionäußerte sich wäh- ihr braucht!Heute dürfen wir alles!Ieder bekommt, was er möchte!Bettwäsche! Die Feindschaftder l.emberger Ritualen'In der Nähe KleidunglMöbell Nehmt alleswas ihr brauch,."l07 rend des Pogromsin verschiedenenantikommunistischen Applausheruntergerissen; der Postwurde ein großesPlakat von stalin unter lautem Laut einerÜberlebenden lutionäre Elenrentesind zu erschiellen":Brutalisierung des deutsch-sowjetischenKrieges die Versammeltentraten anschließend darauf herum.ll5 inr Sornmer 1941,Berlin 2000, S. 176; Moritz Grünbart, Das Blutbad von Lemberg, in: Der Spiegel9. 3. 1960;LN-W Gerichte Rep.350, Bd. 2, S. 180 f. Vernehmung von Moritz Grünbart. 108Ebenda. 102 Wiener Library, Fotografien 1645,1648, 1676; DALO, f. Rl2, op. 1, spr. 130,S. l. Ausweis 109 Lewin,Prze2Ylem, S. 64 f. S' 3 t' von Mykyta Dacir,rk;Derzhavnyi Arkhiv Lvivskoi Oblasti (DAI,O), f. Rl2, opr.l, spr. 130, I l0 AZIH,301l98, MaksyrnilianBoruchowicz' S.4. Ausweis von Michael Petscharskyj;DALO, f. Rl2, op. l, spr. 130,S.6. Ausweis von t l1 Hadar,The PrincessElnasari, S' l6' Lwöw pod znakiem swastyki' Iwan Kowalyschyn,. l12 ZntO,syg.16710/lI' S.56' Rogowski, 'lhe in the Sand: S. 35. Für Szragersiehe Eliyahu Yones' Smoke 103 AZIH,229126,J. Berman, S.4. I l3 Pan kivs'kyi, Vid derzhavy, 2004,S' 80' zit' nach YVA' 0--l/401'l' 104 LN-W Gerichte Rep.350, Bd. 3, S. 15.Vernehmung von Emanuel Brand. )ews of Lvov in the war Years1939-1944, ferusalem 105 LN-W GerichteRep.350,8d.3, S. l58.Irena Feinsilber,2g.|uni 1960. fozef Szrager. Lviv 2006, S. I l2 f', 115' Für Nakonechnyi siehe auch 106 SiehezumBeispielAZIH,3OllTT0,MarkusAuschheim,S.l.FürTernopil'AZlll,30ll3774, I 14 levhen Nakonechnyi,"shoa" u livovi, nationalist involvement in the Holocaust' S' 353-356' Salomon Hirschberg,S. l. Himka, Debates in Ukraine over 214' 107 AZIH.3021si,Alfred Monaster, S.2l f. I l5 Himka, The I-viv Pogrom of 1941'S' 236 Grzegorz Rossolinski - Li ebe Der verlauf und die Täterdes Lemberger pogrorns t,orn sotrnrer lgll 237 schlugenan derselben stelle ukrainer fuden mit schaufelnund schrien: ,,|uden, ,,Ausschreitungenund Pogromengegen Juden aus Lemberg gekommen ist", Juden!"I16In einemanderen stadtteil beant- mussten200 bis 300jüdische Männer und Frauen worteteer fblgendermaßen:,,Ich habe nichts derartiges gesehen, obwohl ich wäh- mit hoch erhobenenHänden das Lied,,Mein Moskau" singen.llTDes wei- rendmeines Aufenthaltes tereneskortierten in Lernbergverschiedentlich durch die StraßenLembergs ukrainer ca.100 Männer, die ihre Händein die Luft streckenund gegangenund gefährenbin. singenmussten:,'wir Ich kann auch rnit aller Ilestimmtheitsagerl, dass mir wollen stalin!" Angeblichwurden sie alle in den Ruinender nichtsdavon zugetragen worden 111."122 Mikolash-Passagengetötet. I I 8 Das Bataillon,,Nachtigall" hatte nach dern Einmarschder Deutschenin die Stadtdie drei Gefängnissemit den NKWD-Leichen gesichert.r23Viktor Khar'kiv Mitglied Die Beteiligung ,,Khmara", desBataillons, notierte in seinerautobiografischen Skizze, dass des Bataillons,,Nachtigall., am Lemberger pogrom ,,einigeSoldaten Exzesse begingen".l2a p.. ukrainischeBataillonsoffizier und füh- rendeOUN-B-Kader ob und Roman Shukherycherfuhr bald nach dem Einmarsch,dass wie soldaten des Bataillons,,Nachtigall" in den pogrom verwickelt wa- sein Bruder Iurii vom ren' ist schwer NKWD ermordet worden war. Ilei dessenBeerdigung am zu beantworten.Bei der untersuchungder Staatsanwaltschali Bonn nächstenTag seien angeblich alle,,Nachtigall"-Soldaten 1960gegen das anwesendgewesen.t2-5 Eine ehemaligeMitglied desBataillons,,Nachtigall,. Theodor oberlän- Reihevon Überlebendenerinnerte sich daran,an demselben der wurde der Fragenachgegangen.lle Tagvon Soldatendes Der oberstaatsanwaltnahm damals an,dass Bataillonsgeschlagen worden zu sein.l26Im Geri.*tsverfahren,gegen die zweiteKornpagnie des Bataillons,,mit Oberländer großerwahrscheinlichkeit im NKWD- wurdendie,,Nachtigall"-Soldaten mit dernArgument verteidigt, dass während des Gefängniszu Gewaltaktengegen die dort zusammengetrieben /uden übergegan- Pogroms gen in Lembergauch ukrainischeÜbersetzer in Wehrmachtsuniformenuncl und an dem Tod zahlreicher/uden schuldigir1" l20 Gegenoberländer selbst Ukrainer wurde andererBataillone in der Stadtanwesend gewesen seien. Diese uniformier- allerdingskein verfahreneröflhet, weil der oberstaatsanwalt keine Beweise ten Ukrainer seien,so das Verteidigungsargument, dafür fand,dass ebensoantisernitisch gewesen diesereinen Befehlerteilt hatte,sich an der antijüdischen Gewalt und hätten ihren Hassgegen ausgelebt.Es ist also möglich, zu beteiligen'l2lDieukrainer luden dassdie über- desBataillons,,Nachtigall" konnten sich in der Re- lebendendie Ukrainermit den,,Nachtigall"-soldater-rverwechselt gel an keine Gewalt in haben.l27 Lembergwährend des Pogromserinnern. Ivan Hrynbkh, der Kaplan des Bataillons, der nach dem Krieg als professoran der Ukrainischen Freien 122 t.N-W GerichteRep.3,50,8d.2, S.23. Vernehniungvon Ivan Hrynbkh. Auch nachdenr universitätin München arbeitete,bestritt im Gerichtsverfahrengegen ober- man ihm die ALrssageeitres ancleren ländernichtnurdieBeteiligungVonBataillonsun,ffit.nu,'d., Zeugen vorlas, der den Pogrrlrn beschrieb,behauptete Hrynbkh: ,,lch kann tricht a.usschließen,da{l sich so etwas ereignet hat. lc}r sclbst habe antijüdischenGewalt, sondern leugnete aber,wie ich schon sagte,nichts darrcln den Pogromgenerell. Die Frage,ob es zu gesehenocler gehtirt.,, 123 Heer,Einübung in clenHolocaust, S.419. ll6 frtn i ttLr4resVa^*10,hit 124 TsDAVOV f. -1833,op. l, spr.57, S. 16.Autobiographie /a.inaHescheres,oczymadwu'asroretniejdziewczyny,Krakau,önu,s.,ä]t einesbekannten OUN-Mitglieds. l17 AliziaRachel princess 125 LN-\\': Gerichte Rep.350,r.o1.2, S. 14,22,77,223. Vernehnrungvon Friedrich Midell- Hadar,The Elnasari,London tqo3,s. 16. I lB AZIH' 30212l7,Kazimiera hauve, Ivan Hrynbkh, Otto Rogenbuck,'fheoclor Oberländer. Poraj,s.6.In Kolomyia,einer stadt in ostgalizien, wurdeeine 126 Für das Gefängnis in der l-qckiego Stalin-und Leninstatuezerstört' ukrarner Straßesiehe LN-W Gerichte Rep.350, Bci.3, S. 139. zwangeneinen fuden darauf zu stehenund an- deren Vernehrnungvon Abraharn Goldberg,28. 1960.Für das Brygidki-Gefängni.s Judenzuzurufen: ,,stalin Du bist ein IdLt!" Zbikowski, pogroms Juni sieheLe- Anti-/ewish in win, Occupiedf'erritories, S. l7g. PrzeLylem, S. 6l; l_N-W Gerichte Rep. 350, Bd. 3, S. 169.Vernehnrung von Maurycy Reiss,30.luni 1960; I i9 Philipp-christianwachs, Der LN-\V, Gerichte Rep.350,8d.3, S. 150.!'ernehmung von F.liahufenes, FallTheodor oberländer (1909-i99g). Ein Lehrstück deut- 28.f uni 1960.In seinemMemoire erwähnte Yonesjedoch scherGeschichte, Frankturt a. M.2000,S. l9l_30g. nicht, dassclie Wehrmachtsolda- ten Ukrainrsch sprachen.Yones, Die Stral3enach 120 LN-w GerichteRep.350,8d.5, s. 42.Deroberstaatsanwalt. l,emberg,S. 21. Für das Gefängnisin der l2l LN-W ZamarstvnowskaStralSe siehe AZIH,3Oll2242,Zygmunt Tune,S. l. GerichteRep. 350, Bd. 14, S. l8l f. Der leitendeOberstaatsanwalt. 127 BArch-MA RW 21145,S.379. Abschrift aus dem Bericht der Gruppe GFp 7t l, Juli 19.il. 238 Grzegorz Ross olinski - Li ebe Der Verlaufuntl tiie Täterdes Lemberger Pogroms vom Sontmer1941 239

Die griechisch-katholische Kirche und der Pogrom lrrste Erschießungen, die Petliura-Tage und andere Formen der Gewalt

In Lemberggab es zwei große christliche Gemeinden: die katholischeKirche, der fast I)ie erstenErschießungen begannen in Lembergam 2'Juli I94l'Auch hier war die ausnahmslosPolen angehörten, und die griechisch-katholischeKirche, die ausukrai- rukrainischeMiliz involviert.Lejb Wieliczkier,der die Aktion überlebte'wurde mit nischenMitgliedern bestand. Da die Pogromein derWestukrainevon den Deutschen llruder und Vateram 3.)uli von ukrainischenMilizionären von seinerWohnung,'zur und den ukrainischenNationalisten getragen wurden, soll hier vor allerndie Rolle Arbeit"mitgenommen. Lejb und seinVater wurden zuerst zum Milizgebäudegeführt, der griechisch-katholischenKirche kurz gestreiftwerden, deren Metropolit, Andrei vor dem bereitseine Gruppe juden stand.Die füngerenwurden aussortiert,in den Sheptlas'kyi,sich äußerst ambivalent verhielt. Einerseits bot er ihm bekanntenMen- Kellergeführt u1d dort von ukrainischenMilizionären mit Eisenstangenverprügelt. schenseine Hilfe an;bis zu seinemTod im November1944 organisierte er die Rettung lrinigevon ihnenkonnten sich danach nicht mehr bewegen.Diejenigen, die nochlau- mehrererDutzend fuden.l28 Auf der anderenSeite unterstütze er die Staatsproklama- f'enkor-rnten, führte rlan zunl Stadionin der Pelczyriska(Dmy'tra Vitovs'koho) Straße' tion und die Politikder OUN-B rlit einemHirtenbrief, in dem er sichjedoch von der Unterwegsschlugen und misshandeltendie Milizionäresie weiter. Einer Gruppe von ausgerissen.Nach- Diskriminierungder Nichtukrainerdistanzierte.l2e Laut Berichtender OUN-B be- fuden wurden die Bärtemit stumpfenScheren abgeschnitten bzw. waren' auftragteSheptys'kyi nach dem 22.|uni die griechisch-katholischenPriester damit, dem Facharbeitervon denübrigen getrennt und nachHause geschickt worden die Kirchenmit deutschenund ukrainischenFlaggen zu schmücken.l30Er kritisierte verbliebder Rest,darunter Wieliczkier,zwei Tage lang ohne Essenund Trinken im den faschistischenGruß, den die OUN-B eingeführthatte, dies aber wahrscheinlich Stadion.Dabei misshandelten deutsche Soldaten und ukrainischeMilizionäre sie im- nur deshalb,weil dasneue Ritual die christlicheGrußformel ersetzte.l3l merwieder. Viele von ihnenwurden schließlich gezwungen, auf Lastwagenzu steigen, Griechisch-katholischePriester standen der OUN-B Politik durchausnahe, tumunweit von Lembergvon den Einsatzkommandos5 und 6 der EinsatzgruppeC verhieltensich aber in Bezugauf die antijüdischeHetze unterschiedlich.Priester erschossenzu werden;insgesamt ermordeten die Einsatzkotnmandosin dieserPhase Gavdunykaus Nezlrys'kobeteiligte sich etwa an der Organisationeines Pogroms, 2500bis 3000]uder-r in Lemberg.lss dem )uden aus mehrerenbenachbarten Orten Lembergszum Opf-erfielen.l32 pit't Neben der jüdischenMin

f vttmSonrmer 1911 241 240 Grzego rz Ros s oliri ski - Lieb e Der VerlauJ'unddie Täterdes Lenrberger Pogrttms

in Lembergs OUN-ts.1'r7lnsgesamt fielen, Schätzungen des polnischenUntergrunds zufolge, I t.rrtenbestand". wie beim erstenPogrom wurde ein Teil der opfer der Stadtkommandant,oberst derrErschiel3ungen im fuli l94l ca.l00 polnischeAkademiker zum Opfer.l38 t lrrrgebungerschossen.r42 Am 26.|uli r94i meldete dasssich am Abend zuvor Nach dem Endedes Pogroms am Abend des2. |uli galtendie |uden in Lemberg vorrPrittwitz, dem GeneralKarl von Roquest' "Soldaten vergeltungslüster- alsvogelfrei. Ihre Wohnungenwurden ausgeraubt,und siedurften nur an zwei fest- .lcr Wehrmachtin der übelstenWeise an einemvon rache-und beteiligt gelegtenStunden täglich auf die Straßengehen.rle Laut Szyperhatte der ukrainische rrcnUkrainern in dem dortigenGefängnis vorgenommenen )udenpogrom BürgermeisterIurii Polians'kyidiese Regelung eingeführt. Deutsche und ukrainische Iriitten".l43 ebensoschwer zu bestimmenwie jene Polizeijagten Judenauf der-rStraßen und drangenin ihre Wohnungenein, um sie Die Zahlder Opf'erder Petliura-Tageist 1500Personen'144 Der |udenratvermu- anzugreifen.Sie zwangen die |uden auchzu den unterschiedlichsten,,Arbeiten",die tlesersten Pogroms;Yones schätzt sie auf Lemberggetötet wur- zum Teil tödlich endeten.Andere kamen durch weitere,,Aktionen"ums Leben.la0 rcte,dass in den erstenTagen der okkupation 2000Juden in des erstenPogroms aus.146 Ein deut- Anl25. Juli 1941begann in Lembergein zweiterPogrom, der bis zum 28.iuli ,.|crr.145Zeitzeugen gehen von 4000 Opfern aufgriffen dauerte.Er wurde nach dern ukrainischenPolitiker und ArmeeführerSymon Pet- scherSicherheitsbericht vom 16.Juli besagt, die Polizeihabe 7000 Juden 18000 bis 20 000 liura benannt,den SholomSchwarzbard arn 25.Mai 1926in Parisermordet hatte - runderschossen.laT g1, zum zweitenPogrom sollen laut |udenrat IaB als Racheaktfür Pogrome,die PetliurasTruppen 1919in der Ukrainebegangen Iudenverschwut-tden sein. hatten.Das Gerichtsprach Schwarzbard frei. DasAttentat und mehr noch das Ur- teil ließenPetliura auch bei den Nationalisten,die ihn bis dahin nicht besonders schätzten,zum Märtyrerwerden. Die Ereignissewaren der Beginneiner Phase, in Zusammenfassung der der Antisemitismuszu einerwichtigen, salonfähigen Komponente des ukraini- schenNationalismus wurde. l4l t)ie Untersuchungcles Lernberger Pogroms auf der Basisder erschlossenen Quellen Verlaufdes Pogroms'die Zusammen- Während desPogroms verhaftete die ukrainischePolizei Juden in ihren Woh- gestatteteinen difl-erenziertenBlick auf den weitereFor- nungen und auf den Straßenund brachtesie zum Hof des Gefängnissesin der setzungder Tätersowie die Beschaffenheitder antijüdischenGewalt' die Erkenntnisse LqckiegoStral3e und zum Gestapogebäudein der PelczynskaStral3e. Dort wurden schungenun

noch zu vertiefen.Die Verknüpfungunterschiedlicher Quellenkategorien ermög- \lirssenerschießungenwaren. Ein Teil der deutschenSoldaten in Lembergwar da- licht esjedoch schon jetzt,nicht nur verschiedenenationale Wahrnehmungs- und rrritbeschäftigt, den Pogrommit Fotoapparatoder Filmkamera zu dokumentieren. Erinnerungsnarrativezu erkennen,worauf u. a. Mick hinwies, sondern ebenso I )ieses Material erschien später in der Wochenschau.Andere steuerten den Pogrorn spezifischeVerhaltensmuster der Tätergruppenzu untersuchen,wie Himka über- rrrrrlließen die Bevölkerungüber Plakatierungen wissen, dass das Misshandeln von zeugenddarlegte. Die bereitserschlossenen Dokumente ermöglichen aufzuzeigen, lrrtlenerlaubt und erwünschtsei. Die Einsatzkommandos5 und 6 übernahmenin welche Akteure in den Pogrom involviert waren und wie die unterschiedlichen tlcn erstenTagen nach Besetzungder Stadtdie Erschießungder von den Kollabo- Täterkollektivehandelten. lirteurenmisshandelten 2500 bis 3000|uden. Auch währenddes zweiten Pogroms Memoiren und Zeitzeugenberichtewurden aufgrund der ihnen unterstellten trcteiligtensich Wehrmachtsoldaten an der Gewalt. Subjektivitätund geringenBeweisfähigkeit lange vernachlässigt und bei der Un- Die OUN-B stelltedie zweitewichtige Tätergruppe. Anders als die Täterschaft tersuchungder verschiedenenGewaltformen nicht herangezogen.Die neueHolo- tlcr Deutschenwar ihre Beteiligungam Pogromwegen ihrer geheimenStrukturen, caust-und Gewaltforschung,die auf der Analyseeiner Vielzahl von Memoiren und tlcr schwierigenDokumentenlage und der Verfälschungder eigenenGewaltge- Berichtender Opfer beruht,zeigt jedoch, dass diese eine wichtigeQuellengattung schichtelange unbekannt. Auch heutesind freilich nicht alleAspekte dieser Mittä- darstellen,die ebensowie die Dokumente der Täter und Zuschauermit einbezo- rcrschaftaufgedeckt. Es stehtaber außer Zweifel,dass die OUN-B eine rassistische gen werden muss,um ein differenziertesund komplexeresBild der Ereignissezu rrndgewaltorientierte Bewegung war und nachdem Einmarschder Deutschenin gewinnen. die Stadtihre eigeneMiliz aufstellte,die währenddes Pogromseine zentraleRolle Bei der Analysedes Lemberger Pogroms gilt es,drei Tätergruppenzu berück- i.ibernahmund mit ungeheurerBrutalität vorging.Darüber hinaus half die Miliz sichtigen.Erstens die verschiedenendeutschen Einheiten wie die Einsatzkomman- clenEinsatzkommandos 5 und 6 der EinsatzgruppeC fuden fur die ersteMassener- dos,die Sicherheitspolizei,die Gestapo,die Wehrmachtund der SD.Zweitens die schießungzusammenzutreiben und zu den Erschießungsortenzu transportieren. Miliz, die von der OUN-B aufgestelltund von den Deutschenübernommen wurde, Vermutlichassistierte sie den Deutschenebenso an den Erschießungsgräben. - sowiedie OUN-B selbst.Drittens die lokale Bevölkerung,die nicht nur ausUkrai- Auch die lokalechristliche Bevölkerung - Polenund Ukrainer ist dem Kreis nern, sondern auch aus Polen bestand.Bei der Erforschungdes Pogromverlaufs, clerTäter zuzurechnen.C)bwohl Polen in Lembergzahlreicher vertreten waren als insbesondereder Ereignissezwischen dem i. und 5. |uli, wird deutlich,dass die Ukrainer,gehörten sie nicht zur Mehrheit der gewaltbereitenMassen, weil sie sich deutschenEinheiten spätestens am 30. funi abendsAbsprachen mit der OUN-B von der OUN-B eingeschüchtertfühlten. Die Zivilisten misshandelten,prügelten über eine Zusammenarbeitgetroffen haben müssen.Allerdings wurden bisher und tötetenJuden sowohl auf den Gefängnishöfen,wo ihr die NKWD-Opfer prä- keinerlei Dokumente gefunden,die Informationen über Verlauf und Inhalt der sentiertwurden, als auch in vielen anderenStadtteilen. Die lokalen Täter hatten Absprachenenthalten. Dies kann damit zusammenhängen,dass die Absprachen sehrwohl begriffen,dass die Judenals vogelfrei galten. Sie nutzten die Situationaus mündlich getroffenwurden oder aber dass die entsprechendenDokumente im und eignetensich deren Eigentum an. Auch Bauernaus den umliegendenDörfern Nachhineinvernichtet wurden. kamennach Lemberg, um von dem Pogromzu profitieren. Die Rolle der Deutschensollte bei der Darstellungdes Pogromsnicht unter- Sowohl unter den Deutschenals auch unter der OUN-B wie auch unter der schätztwerden. Ohne den deutschenAngriff auf die Sowjetunionwäre er nicht lokalenBevölkerung gab es Menschen,die |uden auf verschiedeneArt und Weise passiert,zumal die Deutschendie anti-jüdischeGewalt zuließen und unterstützten. halfen.Sie sind nicht Themadieses Beitrages und müssenan andererStelle gewürdigt Entwederfolgten die deutschenBesatzer vor Ort HeydrichsRichtlinien, oder sie werden. handeltenaus eigeninitiativ.Sie unterstütztendie Pogromesolange als einen Bei- trag zur Vernichtungspolitik,bis sie erkannten,dass diese weniger ellizient als die