AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER VVN-BdA fordert das Verbot der NPD

Anlässlich des am 22. Mai 2. Die NPD ist die gefährlich- 18. März 2003 wird dazu er- nen breiten gesellschaftlichen veröffentlichten Verfassungs- ste neofaschistische Orga- klärt, dass die Beobachtung ei- Konsens gibt. schutzberichtes 2005 erklärte nisation. ner politischen Partei durch V- der Vorsitzende der Vereini- Sie steht nicht nur als Leute des Verfassungsschut- Unverständlich ist es darum, gung der Verfolgten des Nazi- Hauptträgerin der Kontinuitäts- zes, die als Mitglieder des Bun- dass neben den scheinbar um- regimes-Bund der Antifaschi- linie zum historischen Faschis- des- oder eines Landesvorstan- fänglichen, aber unvollständi- sten (VVN-BdA) Werner Pfen- mus da, sondern hat sich in des fungieren, unmittelbar vor gen und dadurch irreführenden nig: den letzten Jahren zum gefähr- und während eines Verfahrens Ausführungen zum Thema lichen Kristallisationskern des unvereinbar mit den Anforde- Rechtsextremismus zum wie- Rechte Gewalttaten haben in gesamten Neofaschismus ent- rungen an ein rechtsstaatli- derholten Male die VVN-Bund den letzten Jahren in einem er- wickelt. Die NPD-Führung hat ches Verfahren sind. der Antifaschisten im Verfas- schreckenden Ausmaß zuge- ein Bündnis mit gewaltbereiten Das Verhalten der Verfas- sungsschutzbericht des Bun- nommen. Der rassistische Gruppen, den sogenannten Ka- sungsschutz-Behörden, die an- desinnenministeriums unter Überfall in Potsdam und auf meradschaften, geschlossen. geblich den Rechtsextremis- der Überschrift "Linksextremi- den Linkspartei-Politiker Giya- Ein solches Bündnis gab es in mus bekämpfen, bildete also stische Bestrebungen und Ver- settin Sayan in sind nur der Geschichte der Bundesre- das tatsächliche Hindernis. dachtsfälle" aufgeführt wird. die jüngsten Beispiele für die- publik bislang noch nie. Die so- Unsachliche und unwahre se Entwicklung. Aus diesem ziale und wirtschaftliche Ver- 4. Eine gesellschaftliche Behauptungen, die jeder Grund- Anlass fordert die VVN-BdA elendung in der Gesellschaft Mehrheit ist für ein Verbot lage entbehren, dienen dazu, das Verbotsverfahren gegen wirkt dabei fördernd für die der NPD. die VVN-BdA als undemokra- die NPD wieder aufzunehmen. NPD. Die Fraktionen von SPD, tisch zu diffamieren. Auch die Dafür sprechen folgende Fak- CDU und Linkspartei.PDS im anderen Geheimdienste sowie ten: 3. Ein zweiter Anlauf für ein Landtag von Mecklenburg-Vor- die Birthler-Behörde operieren Verbotsverfahren ist juri- pommern forderten im März mit den ihnen zur Verfügung 1. Die NPD hat keinen An- stisch möglich. diesen Jahres ihre Landesre- stehenden Mitteln offensicht- spruch auf Legalität. Die Bundesverfassungsrich- gierung übereinstimmend auf, lich nach Gutdünken und nach Das Grundgesetz ist nach ter Hans-Jürgen Papier und alle Möglichkeiten eines Ver- tagesaktuellen politischen In- Geist und Buchstaben eine an- Winfried Hassemer haben am botsverfahrens gegen die NPD teressen. Wahr ist jedoch, tifaschistische Verfassung. Es 29. Januar 2005 ausdrücklich zu prüfen und dieses auf den dass die VVN-Bund der Antifa- wurde als ein Gegenentwurf darauf hingewiesen, dass ein Weg zu bringen. schisten seit ihrer Gründung im zum nazistischen Verbrecher- neues Verbotsverfahren juri- Dies zeigt, ebenso wie Stel- Jahr 1947 für die Demokratie staat geschaffen. Politisch, hi- stisch möglich ist. Entgegen lungnahmen von Ministerpräsi- und insbesondere das Grund- storisch und moralisch ist Fa- weit verbreiteter Annahmen denten und Gewerkschaften, gesetz eingetreten ist und sich schismus keine Meinung unter fällte das Gericht keine Sach-, unter anderem der Gewerk- stets konsequent gegen Be- vielen, sondern ein politisches sondern eine Prozessentschei- schaft der Polizei, dass es be- strebungen gewandt hat, Verbrechen. dung. In dem Beschluss vom züglich eines NPD-Verbots ei- Grundrechte auszuhöhlen. Wider die Tolerierung faschistischer Umtriebe Antifaschistische Konferenz am 9. September 2006 in Berlin An jedem Wochenende erle- Immer wieder werden Men- nahmen, Anzeigen traktiert und Für Samstag, den 9. Septem- ben wir mehrere Nazi-Aufmär- schen, die nicht in ihr Weltbild pas- immer wieder kriminalisiert. Gar ber, 11 bis 18 Uhr, laden wir sche, Infotische und Aktionen sen angegriffen, schwer verletzt, ein neues Berufsverbot wurde ver- deshalb zusammen mit Lager- der NPD sind schon fast all- umgebracht. Rassistische und anti- hängt. Von Ausnahmen abgesehen, gemeinschaften und anderen täglich. Die NPD wird immer semitische Hetze sind die Begleit- können Nazi-Schläger auf milde Verfolgtenverbänden zu einer deutlicher zum organisieren- musik. Richter hoffen. antifaschistischen Konferenz in den Zentrum der neofaschisti- Immer dreister wagen sie sich, Der neue »Verfassungsschutz«- den Senatssaal der Humboldt- schen Szene. ihren Bezug zum historischen Fa- Bericht stellt wieder den Antifa- Universität ein. schismus positiv zu definieren und schismus an den Pranger, erhebt er- Motto: Wider die Tolerierung Nachdem zunächst noch ein Teil damit öffentlich aufzutreten, auch neut den »Anti-Totalitarismus« faschistischer Umtriebe! der militanten »freien Kamerad- am 8. Mai. In Ost und West berei- und damit die Totalitarismus- schaften« um Christian Worch Di- ten sie Wahlbündnisse auf allen Theorie in den Status einer Staats- Wir wollen gemeinsam über die stanz hielt, taucht genau diese Ebenen vor. Doktrin. Gleichzeitig muss man aktuelle Situation diskutieren und Truppe jetzt regelmäßig als Bünd- Nur vereinzelt werden ihre ge- noch immer damit rechnen, dass er nach Möglichkeiten zum Eingrei- nispartner an der Seite der NPD spenstischen Auftritte von den Zu- die faschistischen Strukturen über fen suchen. Dafür konnten wir be- auf. Offensichtlich fühlt sich die ständigen unterbunden. Junge und V-Leute mit bestimmt und finan- reits einige profilierte ReferentIn- vereinte faschistische Rechte im alte AntifaschistInnen, Anwohne- ziert. nen gewinnen. Aufwind, denn offensiv verfolgte rInnen, PassantInnen, die sich ih- Höchste Zeit gegen die vielfälti- Weitere Informationen und Wer- sie »den Kampf um die Straße, die nen in den Weg stellen, werden mit ge Tolerierung faschistischer Um- bematerial geben ab Anfang Au- Köpfe und die Parlamente.« Platzverweisen, vorläufigen Fest- triebe lauten Einspruch zu erheben. gust die Landesverbände.

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 1 AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER Wie geht es weiter mit der Entschädigung? Informationen aus dem Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte

Die Bundesstiftung »Erinne- Ich habe mit Sonja Schlegel, Ge- dazu auskunftsbereit. Altenhilfe, Gedenkstättenmitar- rung Verantwortung Zukunft« schäftsführerin des Bundesverban- Laut Geschäftsführerin Sonja beiterInnen und MultiplikatorIn- in Berlin wird meist als Bun- des Information und Beratung für Schlegel will der Kölner Verband nen werden einbezogen. desstiftung zur Entschädigung NS-Verfolgte in Köln, kürzlich ge- erreichen, dass jene, die keine Ein weiteres Projekt: Für die Ar- ehemaliger Zwangsarbeiter sprochen, wie die Arbeit zur Hilfe BEG-Mittel erhielten, wenigstens beit mit betroffenen alten NS-Ver- bezeichnet, obgleich es nur für die NS-Opfer weitergehen soll. die Leistungen bekommen, die zu- folgten gibt es in Köln ein Erzähl- völlig unzureichende Zahlun- Sie weist auf dreierlei hin: sätzlich zur Rente gewährt werden: und Begegnungs-Café für NS-Ver- gen an einen Teil der Betroffe- 1. Da es keine wirkliche Entschä- Kuraufenthalte, besondere Ge- folgte. Regelmäßig treffen sich nen gab. digung mittels der Fondsmittel sundheitsleistungen und ähnliches. dort die Älteren aus dem Großraum gab, kann auch nicht vom Ende Wenn im Zusammenhang mit Köln; es können auch von weither Diese Auszahlungstätigkeit soll im des Kapitels Entschädigung ge- dem Zukunftsfonds von »interna- Angereiste kommen, das Fahrgeld Laufe des Jahres erledigt sein, be- sprochen werden. tionalen Partnerschaften der Alten- kann bis zu einem gewissen Um- richtete Stiftungs-Pressesprecher Ralf Possekel. Von der Bundesstif- tung wird ein Zukunftsfonds übrig bleiben, wenn die Zahlungen an 1,6 Millionen Berechtigte allerspä- testens Anfang 2007 definitiv ab- geschlossen sind. Bund und Wirt- schaft hatten jeweils 2,5 Milliarden Euro in den Fonds eingezahlt. Um eine wirkliche Kompensation zu gewährleisten, wären 50 Milliar- den Euro notwendig gewesen, sa- gen Experten wie VVN-Kamerad Professor Thomas Kuczinsky. Noch dieses Jahr werden Be- schwerdefälle abgehandelt, dann soll die Berichterstattung über die fünfjährige Arbeit der Stiftung fol- gen, an deren Entstehen die VVN- BdA beteiligt war und deren Arbeit sie kritisch begleitet hat. Schon jetzt stehen 358 Millio- nen Euro für den Fonds »Erinne- Deportation während des Krieges. 61 Jahre später sind die Entschädigungen für NS-Opfer weiter unzureichend. rung und Zukunft« zur Verfügung. »Zukunfts«-Projekte, seit Ende 2. Die Möglichkeiten des Zu- hilfe« gesprochen wird, so fragt fang erstattet werden. Informatio- 2004 sind es über 700, wurden be- kunftsfonds sollten unbedingt der Bundesverband, wie mit den nen zum Projekt »Anpassung« gibt reits mit 29,5 Millionen Euro ge- genutzt werden. der »Bundesverband Information fördert. Vor allem Schülerinnen 3. Andererseits gibt es nur noch Projekt »Anpassung« und Beratung für NS-Verfolgte und Schüler wirken mit. Ihre Arbeit ganz wenige Töpfe, aus denen e.V.«, Holweider Str. 13-15, 51065 zielt auf die Verständigung vor al- Entschädigung gezahlt werden Köln, Tel. (0221) 17 92 94-13. lem mit osteuropäischen Ländern, kann. Das sind vor allem die deutschen Opfern des Faschismus Nicht aufgegeben werden dür- aber auch in Richtung USA und Is- Härtefonds in den westlichen umgegangen wird, die nun auf Al- fen die Vorstöße in Richtung Här- rael ab. Auch »erinnerungskultu- Bundesländern – mit Ausnahme tenhilfe angewiesen sind. Hier tefonds, meint Sonja Schlegel. In relle« Akzente sollen gesetzt wer- von Bayern, wo es nie dazu kam. setzt der Bundesverband an, um Expertenkreisen spricht man da- den. Bildungsprogramme, huma- Es sollten daher die vergessenen den sehr alten und gebrechlichen von, dass bisweilen schwierige nitäre Initiativen und Stipendien- Opfer, so sie aus Deutschland kom- NS-Opfern, die in Pflegeheimen Personen an der Spitze des Härte- programme sind vorgesehen, wie men und nichts aus dem Berliner leben, zu helfen. Im Mai wurde das fonds-Beirats stehen, die bürokra- »Begegnungen mit ehemaligen Stiftungstopf oder aus den Bundes- Projekt »Anpassung der Versor- tisch möglichst jede Zahlung ver- Zwangsarbeitern«. Mit »interna- entschädigungsgesetz-Mitteln gungssystems der Altenhilfe an die hindern wollen. Dennoch sollten tionalen Partnerschaften der Alten- Erfordernisse älterer NS-Verfolg- Bemühungen um Zusatzleistungen hilfe in Osteuropa und Israel« sol- ter« in Bochum und Münster ge- auch für Nicht-BEG-Empfänger len Impulse für ein »dauerhaftes Fonds für deutsche Opfer startet. Weitere Informationsveran- gestartet werden. Engagement« geschaffen werden. staltungen und Zusammentreffen Denkbar ist es auch, ein Bundes- Informationen: Stiftung »Erinne- (BEG) bekamen, mit Härtefonds- von, für und mit NS-Verfolgten seminar zu den Möglichkeiten der rung, Verantwortung und Zu- mitteln bedacht werden. Dazu gibt und ihren Verbänden sind geplant – Betreuung und Entschädigung in kunft«, Markgrafenstraße 12-14, es in den Bundesländern Gremien, so in Aachen, Bielefeld, Köln, der VVN-BdA durchzuführen. Der 10969 Berlin, Tel. (030) denen die VVN-BdA sehr oft an- Dortmund, Duisburg, Siegen und VVN-Bundesausschuss befasst 25 92 97 81. gehört. Die Landesvorstände sind Wuppertal. Beschäftigten in der (Fortsetzung auf Seite 3)

2 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEM VERBAND VOM RHEIN BIS ZUR ODER Brief eines Sozialexperten Zur Unterstützung der Mitglieder bei sozialrechtlichen Fragen

Ein wesentlicher Teil unserer Wie sollte diese sozialrechtli- ist. Für den dazu notwendigen es Möglichkeiten, eine Hinter- Arbeit ist und bleibt die sozia- che Unterstützung konkret aus- Schriftverkehr müssen wir, wenn bliebenen-Entschädigungs- le Fürsorge und Interessenver- sehen? Ich sehe dafür mehrere dies die Angehörigen nicht ma- rente zu erhalten, auch wenn tretung unserer Mitglieder. Möglichkeiten: chen können, die nötige Unter- die Ehe erst nach dem 1. Auf Artikel, in denen jeweils stützung geben. Dabei ist unbe- 31.12.1950 geschlossen Im letzten und in diesem Jahr steht, was zu tun ist, können dingt die dafür zulässige Frist wurde. Im § 2 Absatz 6 des sind in vielen sozialen Bereichen wir verweisen. (Bitte bei VVN- einzuhalten, wenn eine solche Entschädigungsrentengeset- gesetzliche Regelungen in Kraft Büros anfordern.) auf dem Ablehnungsbescheid zes werden folgende Fälle ge- gesetzt worden, von denen jede 2. Alle Kameradinnen und Ka- angegeben ist. nannt: einzelne unser persönliches Le- meraden, die ein Mitglied un- Als Schwerpunkte sehe ich a) Die Eheschließung vor dem ben stark beeinflusst. Deshalb seres Verbandes betreuen, gegenwärtig folgende Probleme, 1.1.1951 war wegen fehlen- bitte ich alle KameradInnen, bitte ich, bei persönlichen Ge- auf die ich aufmerksam machen der amtlicher Dokumente sich beim Auftreten von rechtli- sprächen bei einer Zusam- möchte: oder aus anderen wichtigen chen Problemen an ihre Regio- menkunft der Gruppe oder al- 1. Die Praxisgebühren sowie die Gründen nicht möglich. nalvorstände zu wenden und die- lein in der Wohnung oder sei Zuzahlungen für Medikamen- b) Es bestand vor 1951 eine se bitte ich, besonders diejeni- es auch »nur« am Telefon, auf te, für physiotherapeutische eheähnliche Gemeinschaft. gen Kameradinnen und Kamera- anstehende Probleme auf- Leistungen und bei Kranken- c) Bei einer Rückkehr aus den bei der Bewältigung ihrer merksam zu machen. hausaufenthalten sind auf Exil, Haft oder Kriegsgefan- Probleme zu unterstützen, die 3. In vielen Fällen werden wir un- zwei Prozent des Jahresbrut- genschaft nach dem 31. Dez. keine Angehörigen mehr haben. sere KameradInnen zu Behör- toeinkommens beschränkt. 1945 tritt an die Stelle des Vielen konnte in speziellen An- den, Verwaltungen, zur Kran- Dabei darf die Entschädi- 1.1.1951 der Ablauf von fünf gelegenheiten durch Regional- kenkasse oder Sparkasse gungsrente nicht angerech- Jahren nach der Rückkehr oder Landesvorstände geholfen (z.B. bei der Zwangsarbeiter- net werden. Auch Mitglieder, oder Entlassung. Unterlagen, werden. Den größten Erfolg er- Entschädigung) begleiten die keine Entschädigungsren- die als Beweise dienen kön- zielte eine Dresdner Kameradin und den Schriftwechsel mit te erhalten, sind auf die Be- nen, bitte gut aufbewahren. mit einem teilweisen Sieg vor diesen Dienststellen führen antragung der Zuzahlungsbe- Günstig sind auch Aussagen dem Bundessozialgericht. müssen. freiung und die Erstattung von Zeugen. 4. In komplizierteren Fällen wen- ggf. zu viel gezahlter Zuzah- 6. Wenn ein ehemaliger Zwangs- det Euch bitte an den Landes- lungen hinzuweisen. arbeiter, der eine Entschädi- Entschädigung - wie vorstand. 2. Wer den Bedingungen für gung beantragt hat oder dem geht es weiter? Ich möchte hier ausdrücklich schwerwiegend chronisch eine solche zuerkannt wurde, feststellen, dass wir keine offi- Kranke entspricht, sollte sich vor der vollständigen Auszah- (Fortsetzung von Seite 2) zielle Rechtsauskunft erteilen das von seinem Arzt bestäti- lung verstirbt, müssen die Er- sich im Oktober mit dem Thema. und nur innerhalb unseres Ver- gen lassen und auf keinen ben den Todesfall der auszah- Sinnvoll wäre es, Erhebungen an- bandes wirken dürfen. Das be- Fall auf die geringere Bela- lenden Stelle innerhalb von zustellen zu den Fragen: Wie viele deutet, dass unsere Kamerad- stungsgrenze von 1 % verzich- sechs Monaten mitteilen. Überlebende gibt es noch in der Innen ihr Anliegen vor den Be- ten. Sonst verfällt der noch offene VVN-BdA? Wie viele sind in Pfle- hörden selbst vertreten müs- 3. Die Rückzahlung von zuviel Betrag. ge? Wie viele sind in Heimen? sen. Wenn sie dazu nicht in der gezahlten Zuzahlungen kann 7. Mit der Neuregelung der Ren- In der VVN-BdA sollte auch be- Lage sein sollten, können wir sie noch im Laufe des Jahres be- tenbesteuerung ab 1.1.2005 raten werden: Wie wird überhaupt mit einer Vertretungsvollmacht antragt werden, auch für das befürchten manche Mitglie- das Thema Zwangsarbeit künftig für den Einzelfall vertreten. vorhergehende Jahr. Dazu ist der, dass sie zukünftig kom- behandelt, nachdem die Zahlungen Wir dürfen als Verband also erforderlich, dass die Quittun- plizierte Einkommensteuerer- zu Ende sind, das Problem aber beispielsweise nicht gegen eine gen gesammelt werden und klärungen abgeben müssen. nicht? Es könnten auf Landesebe- Krankenkasse gerichtlich vorge- eine zukünftige Gebührenbe- Sofern außer einer Rente von nen AGs Zwangsarbeit ins Leben hen, um die Nichtanrechnung freiung bei der Krankenkasse maximal 1 575 Euro monat- gerufen werden, um die in der Entschädigungsrente bei beantragt wird. lich (brutto) bzw. bei Ehepaa- Deutschland lebenden Zwangsar- der Festlegung der Belastungs- 4. Die in Pflegeheimen aufge- ren zusammen 3 150 Euro beiterInnen zu betreuen. Geprüft grenze für Zuzahlungen durchzu- nommen KameradInnen, bei keine weiteren Einkommen werden sollte auch, wie gemein- setzen, aber wir dürfen unsere denen das Sozialamt zuzahlt hinzukommen, braucht keine sam mit der Kölner Beratungsstel- Mitglieder darüber aufklären, und die ein Taschengeld er- Erklärung abgegeben zu wer- le bei Bedarf Beratungen in Ent- warum diese Forderung rech- halten, haben zusätzlich An- den. Eine Entschädigungs- schädigungs- und Sozialfragen er- tens ist. Ein dienstlich gehalte- spruch auf die halbe Entschä- rente oder Hinterbliebenen- folgen können. nes Schreiben unseres Verban- digungsrente. Diese Festle- Entschädigungsrente wird da- Wir sind uns mit Sonja Schlegel des an ein Mitglied kann dann gung im § 4 des Entschädi- bei nicht berücksichtigt, denn einig: Zeitzeugenarbeit, das ist der Krankenkasse zur Begrün- gungsrentengesetzes wird diese sind steuerfrei! Damit nicht nur Geschichtsarbeit und Ge- dung vorgelegt werden. von den Sozialämtern und dürften alle »Ost-Rentner« denkstättenarbeit, das ist auch die Bei einer nicht überzeugen- den Pflegeeinrichtungen oft keine Steuern zahlen müs- unmittelbare Betreuungsarbeit für den Ablehnung eines Antrages nicht eingehalten. sen, wenn sie keine wesentli- die Betagten, die nicht vergessen sollte der Betreffende Wider- 5. Beim Tode eines Ehepartners chen Nebeneinnahmen ha- werden dürfen. Ulrich Sander spruch einlegen, was kostenlos mit Entschädigungsrente gibt ben. Dr. Thomas Schikora

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 3 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HESSEN

Bedingungslos für den Frieden »Naive« Neonazis

Lorenz Knorr – ein antifaschistisches Urgestein wird 85 Jahre Ein unfassbares Urteil hat das Landgericht Giessen ge- Wenn man Lorenz Knorr be- zu einem Anklageforum gegen die fällt: Das Verfahren gegen schreiben wollte, benötigt Kriegsverbrecher. Berge von Do- Mitglieder der Neonazi-Band man viele Begriffe: Antifa- kumenten und Fachbuchern stütz- »Gegenschlag« wegen Volks- schist, Friedenskämpfer, Sozia- ten meinen Angriff. Mehr als 3000 verhetzung ist in der Beru- list. All dies verkörpert er in Solidaritätserklärungen aus fünf fung eingestellt worden. seiner politischen Praxis. Kontinenten gingen bei mir ein. Die Nobelpreisträger Bertrand Das Amtsgericht Alsfeld hat- Geboren im westböhmischen Eger Russel und Linus Pauling, auch te die Neonazi-Gruppe wegen verstand er sich als Teil der multi- Ex-Generale und Minister von Volksverhetzung verurteilt. nationalen Tschechoslowakei, in einst okkupierten Staaten sowie Mit gutem Grund: Die Lieder der Tschechen, Slowaken, Ungarn viele Wissenschaftler und Künstler ihres 2003 veröffentlichten und Deutsche nach der Staatsgrün- protestierten gegen die rechtswid- Albums »Die deutsche Ju- dung 1919 zusammenlebten. Lo- rige Anklage.« gend schlägt zurück« weck- renz organisierte sich schon früh in Die Dokumente aus den 1960er ten Assoziationen zur NS- den sozialistischen Kinder- und Ju- Jahren lesen sich heute wie Texte Herrschaft und verherrlichten gendorganisationen der Deutschen aus einer anderen Welt. Antikom- Gewalt. Auch die Giessener Sozialdemokratischen Partei und munistische Attacken und haltlose Richterin stufte die Texte zu- bekämpfte den Chauvinismus der Vorwürfe des »Landesverrates« er- nächst als volksverhetzend späteren Henlein-Bewegung gaben ein Gemisch von Verdächti- ein. (SHF), die für eine Abtrennung von gungen, das oftmals ausreichte, um Aber nun kommt es. Teilen der CSR und einen An- Menschen ihrer Existenz zu berau- Staatsanwalt Vaupel kam schluss an das faschistische ben, sie teilweise längere Zeit hin- den Neonazis mit viel Ver- Deutschland eintrat. Das Münche- ter Gitter zu bringen. ständnis entgegen: Es »liege ner Diktat 1938 und die Besetzung seitens der Angeklagten ein seiner Heimat durch deutsche Knorr wirkt in VVN-BdA Verbotsirrtum vor. Sie hätten Truppen erlebte Lorenz Knorr als Lorenz Knorr wird 85. nicht gewusst, dass die Tex- schwere Niederlage. te strafbar seien.« Dennoch brachte er die Kraft für die er auf verschiedenen Ebe- Davon unbeirrt, kämpfte Lorenz Das muss man zweimal le- und den Mut auf, antifaschisti- nen Verantwortung übernahm. Knorr weiter für seine sozialisti- sen. »Nicht gewusst?« Band- schen Widerstand zu organisieren. Als Mitglied der SPD vertrat er sche Überzeugung – publizistisch, manager Engelbrecht ist Er hielt bis in den Krieg hinein eine Volksfront-Position. Daher als führendes Mitglied in der Hauptakteur der »Kamerad- Kontakt zur Auslandsleitung der geriet er bald in Konflikt mit dem »Deutschen Friedensunion«, als schaft Berserker Kirtorf« und sudetendeutschen Sozialdemokra- Schumacher-Kurs. Und es dauerte Kandidat des linken Wahlbündnis- ein ausgereifter Rechtsextre- tie unter Wenzel Jaksch in London. nicht lange, bis ihn seine Partei, für ses »Aktion demokratischer Fort- mist, der im Mittelpunkt der die er viele Jahre gewirkt hat, »vor schritt«, als Mitglied und später hessischen Skinhead-Szene Abschied aus Westböhmen die Tür« setzte. Funktionär der VVN-BdA. In der steht. Die Neonaziband »Ge- Nun engagierte er sich in ver- Friedensbewegung war und ist er genschlag« ist mit ihren CDs schiedenen sozialistischen Zusam- gefragter Referent und Gesprächs- und lokalen wie bundeswei- Eingezogen zur Wehrmacht, menhängen. partner, ob bei den »Generälen für ten Auftritten in der Szene wurde er als Funker eingesetzt. Seine Grundposition war, dass den Frieden«, in Universitäten oder berühmt und berüchtigt ge- Nicht nur seine Kriegsverletzun- nie wieder Krieg möglich werden bei friedenspolitischen Ratschlä- worden. Die wissen ganz ge- gen festigten seine Überzeugung: dürfe. Dass er damit in Zeiten des gen. In der antifaschistischen Be- nau, was sie tun. Nie wieder Faschismus, nie wieder Kalten Krieges politische Proble- wegung erwarb er sich große Ver- Der Giessener Staatsan- Krieg! Seine Hoffnung, nach der me bekommen würde, überrascht dienste, als er Anfang der 1990er walt hat über diesen Fall hin- Zerschlagung des Faschismus an nicht. Als er – publizistisch bei der Jahre seinen Beitrag zur Reorgani- aus anderen Nazigruppen einem antifaschistischen Neube- Deutschen Volkszeitung aktiv – die sation der VVN-BdA leistete und das Rezept geliefert, wie ginn in Westböhmen mitwirken zu bundesdeutsche Militärpolitik und in Grundsatzreferaten Themen wie man verbrecherische Texte können, erfüllten sich nicht, da Restaurationspolitik scharf angriff, Menschenrechte, Rechtsentwick- ungestraft unters Volk bringt: auch er wie alle anderen Deutschen versuchte die Adenauer-Justiz ihm lung und – jüngst – antifaschisti- Man muss den naiven Un- das Land verlassen musste. Anders einen Prozess zu machen. scher Widerstand von Deutschen in schuldigen spielen und einen als die Revanchisten war Lorenz Lorenz Knorr erinnert sich: der CSR aufbereitete. Anwalt finden, der – wie bei Knorr bereit zu akzeptieren, dass »Weltweites Aufsehen erregte der Wir wünschen ihm noch viel Ge- der Gruppe »Gegenschlag« eine solche Entscheidung die Kon- sogenannte Generalsprozess gegen sundheit und Schaffenskraft. geschehen – den Texten Un- sequenz deutscher Politik war. mich. Ich hatte 1962 die an der Ulrich Schneider bedenklichkeit bescheinigt. Zuerst kam er nach Bayern, be- Spitze der Bundeswehr agierenden »Das Urteil ist eine Unver- vor er nach Frankfurt übersiedelte, ehemaligen Hitler-Generale der Wir bitten um Spenden für schämtheit«, findet Andreas wo er bis heute lebt. Seiner sozia- Mitschuld am Massenmord be- den Landesverband Hessen! Herbst vom Kirtorfer »Bünd- listischen Überzeugung treu enga- schuldigt. Franz Josef Strauß und Spendenkonto: VVN-BdA Hessen nis gegen Rechts«. Das aber gierte er sich beim Aufbau der So- die Goldbetressten erstatteten An- Postbank Frankfurt mindestens! P.A. zialistischen Jugend – Die Falken, zeige. Aber der Gerichtssaal wurde Kto-Nr. 49330-602 BLZ 5001006

4 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HESSEN Frankfurt verbietet Neonazi-Aufmarsch Faschisten planten Pro-Iran-Provokation zum WM-Fußballspiel am 17. Juni

Zu einer Kundgebung für den nahmen an. Die Begründung, die Wöll für Dennoch blieben Anti-Nazi-Ko- iranischen Staatspräsidenten Die Stadt Frankfurt verbot die den Verzicht nannte, ist allerdings ordination, DGB, Antifa-Gruppen Ahmadinedschad am 17. Juni, Demonstration der Neonazis, es sei wenig glaubhaft: »Wenn einem und Polizei bis zum Tag des WM- Tag des Weltmeisterschafts- von einer »unmittelbaren Gefähr- vorgeschrieben wird, welche Fah- Spiels Portugal–Iran auf der Hut. Spieles Portugal–Iran in dung der öffentlichen Ordnung und nen und Transparente man mitfüh- Ob es trotz des Verbotes zu Auftrit- Frankfurt, hatte der Neonazi Sicherheit auszugehen«. ren darf, dann macht eine Demon- ten von Neonazis kam, war bis zum Marcel Wöll, zentrale Figur der Anders als erfahrungsgemäß zu stration keinen Sinn mehr.« Eher Redaktionsschluss nicht bekannt. »Freien Nationalisten Rhein- erwarten war, verzichteten die An- ist zu vermuten, dass die Absage Einige jüdische Organisationen Main«, aufgerufen. melder auf den Gang zum Verwal- mangels Resonanz in Frankfurt er- und Personen nahmen den Auftritt tungsgericht und in der Folge zum folgte, zumal sich NPD-Landes- der iranischen Fußball-National- Eine ungeheure Provokation, er- Bundesverfassungsgericht, das verbände aus Sorge um ihr Image manschaft zum Anlass, gegen die klärte der DGB und kündigte – den Neonazis oft genug grünes gegen Demonstrationen während antisemitischen Äußerungen des ebenso wie die Frankfurter Anti- Licht für ihre provokanten Veran- der Fußball-Weltmeisterschaft iranischen Staatspräsidenten zu Nazi-Koordination – Gegenmaß- staltungen gab. ausgesprochen hatten. demonstrieren. P. A. VOR 60 JAHREN IN HESSEN (TEIL 5) Von Tätern, Mitläufern und Widerstandskämpfern

Der Ausschluss aller Nazi- Mitglied in faschistischen Organi- Funktionäre aus Funktionen in sationen gewesen sei. Falsche An- Wirtschaft, Verwaltung und Öf- gaben in diesem Bogen konnten fentlichkeit war die zentrale bestraft werden. Auf der Grundla- Forderung nach dem Krieg. ge dieses Fragebogens wurden die Sie leitete sich auch aus dem »Spruchkammer-Verfahren« abge- »Gesetz zur Befreiung von Na- wickelt, in denen die Beteiligten in tionalsozialismus und Milita- fünf Kategorien der Schwere ihrer rismus« vom März 1946 ab. Verantwortung eingeordnet wur- den. Nachdem in den ersten Wochen Ein solches schematisches Ver- und Monaten die Hauptverant- fahren konnte jedoch den tatsächli- wortlichen untergetaucht und die chen Anteil von Tätern – besonders Mittäter an vielen Orten aus ihren von Schreibtischtätern – nur ganz Ämtern entfernt worden waren, unzureichend widerspiegeln. Wer ging es nun darum, in einem syste- war schuldiger: Der Finanzbeamte, matischen Prozess die Organisati- der den Raub jüdischen Eigentums on der Gesellschaft auf einer de- anordnete oder der SA-Schläger, mokratischen Basis zu begründen. der die Vertreibung der jüdischen Dazu sollten nur erklärte Gegner Familie aus der Wohnung exeku- des Nazismus und »Unbelastete« tierte? Beide behaupteten anschlie- in öffentlichen Ämtern und der ßend sowieso nur »auf Befehl« ge- Verwaltung tätig werden. Auf handelt zu haben. Grund des hohen Anteils von Aka- Da im Nachkriegs-Chaos eine demikern und Beamten in der fa- sofortige Überprüfung der Vorwür- schistischen Partei ergab sich dar- fe nicht möglich war, richteten die aus jedoch das Problem, dass man- Alliierten in allen vier Besatzungs- che Aufgaben entweder nicht er- zonen Internierungslager ein. Hier füllt werden konnten oder neue hielten sie alle »suspect persons« Kräfte für die anstehenden Aufga- fest, Personen, die den Besatzungs- ben herangezogen werden muss- mächten gefährlich sein könnten. ten. Besonders bei der Polizei In Hessen gab es mehrere Lager, mussten neue Strukturen geschaf- die bekanntesten wurden in Trutz- fen werden. hain, im ehemaligen STALAG IX Die amerikanischen Alliierten A, und in Darmstadt errichtet. In versuchten, die Entnazifizierung Trutzhain wurden in den Jahren Das Programm zur Gründung: Alle zugelassenen demokratischen Partei- mit einem Fragebogen zu lösen. In 1945/46 hochrangige Nazis, Wirt- en, die Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften waren in der VVN 131 Fragen musste jeder erwachse- schaftsführer und andere Funkti- vertreten. ne Deutsche beantworten, ob er onsträger interniert, solange, bis (Fortsetzung auf Seite 6)

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 5 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN Kündigung für Nazi-Boutique auf St. Pauli Proteste besiegelten Aus für rechten Treffpunkt – Aber: Braune Mode hat Konjunktur

Der Bekleidungsladen »Odin+ nach der Kündigung in der Talstra- Freya« muss schließen. Nach ße nach Alternativen suchen, das Protesten aus der Nachbar- jedenfalls kündigte er gegenüber schaft erhielten die Betreiber dem NDR an. Eine Neueröffnung des rechten Szene-Ausstatters an anderer Stelle ist wahrschein- Mitte Mai die Kündigung. Das lich, zumal der größte Zulieferer teilte die städtische Hausei- für braune Modemarken, die Firma gentümerin Rosenhof AG mit. »Thor Steinar«, bundesweit expan- diert. In einem Brief an den Vermieter Seit Ende letzten Jahres darf hatten sich Bewohner der Talstraße »Thor Steinar« auch das ehemals gegen den Naziladen »vor der eige- verbotene Logo wieder verwen- nen Haustür« ausgesprochen. Der den. Im September 2005 entschied Rausschmiss setzt vorläufig einen das brandenburgische Oberlandes- Endpunkt unter die eineinhalb Jah- gericht, dass das frühere Marken- re währende Auseinandersetzung zeichen, eine Kombination aus um die Boutique für Nazis, Hooli- zwei Runen der nordischen Mytho- gans und das rechte Rockermillieu. Volker Fuchs, Inhaber von »Odin+Freya« (rechts), mit Neonazi-Aktivist logie, »nicht zwingend als Kombi- Die Freude über den Erfolg wird Thorsten DeVries (Mitte). Bild: VVN-BdA Hamburg nation verfassungswidriger Kenn- geschmälert durch die dreimonati- zeichen aufzufassen sei«. Noch vor ge Kündigungsfrist, die Betreiber und Einschüchterung, um die Kri- Treffen am 7. Mai herausstellte: Zu gut einem Jahr kam das Amtsge- Volker Fuchs noch den Verkauf tik im linken Wohnumfeld ver- einer Veranstaltung zum »61. Jah- richt Prenzlau zu einer entgegen während der Fußball-WM ermög- stummen zu lassen. Der Inhaber restag der Niederlage des deut- gesetzten Einschätzung. Verurtei- licht. nutzte hierfür seine Kontakte zu schen Reiches« erschienen neben lungen und Stadionverbote folgten. Die Boutique nahe der Reeper- den Hells Angels, ganz offen ver- dem langjährigen Nazi-Aktivisten Sicher scheint zu sein: Das Ge- bahn wurde im Mai 2005 eröffnet. kaufte er T-Shirts der verbotenen Thorsten DeVries und einer Reihe schäft mit rechten Modemarken Seither kam es vor dem Geschäft Rockergruppe. Außerdem drohte stadtbekannter Nazis auch der La- wird auch in Hamburg fortgesetzt. regelmäßig zu Bedrohungen und er mit Verbindungen ins Kiezmil- deninhaber. Doch sicher ist: Der Widerstand Angriffen gegen Linke, Passanten lieu. Kontakte zur Nazi-Szene be- »HuNaRa!«, der Schlachtruf gegen rechte Kultur und Treff- und Anwohner. Nach einer großen stritt Volker Fuchs jedoch. »Hooligan, Nazi und Rassist«, punkte auch. Wolfram Siede Antifa-Demonstration im Septem- Eine Schutzbehauptung, wie wird wohl auch ohne Naziladen Weitere Infos zu »Thor Steinar«: ber setzte Volker Fuchs auf Angst sich bei einem Hamburger Nazi- nicht verebben. Volker Fuchs wird www.stop-thorsteinar.de.vu.

HESSEN

Von Tätern, Mitläufern & Widerstandskämpfern nigungen der Verfolgten des Nazi- vertreten. Auch Vertreter der Roma (Fortsetzung von Seite 5) regimes. In Frankfurt, Gießen und waren an der Gründung beteiligt. Kassel entstanden schon im Herbst Seitens der Hessischen Landesre- über ihr weiteres Schicksal ent- setzte. Man dürfe es nicht noch ein- 1945 feste Strukturen. Ende 1945 gierung sprach der Staatskommis- schieden werden konnte. In Darm- mal versäumen, sich rechtzeitig öf- verständigten sich die verschiede- sar für Wiedergutmachung der Ver- stadt waren vor allem mittlere fentlich für Verfolgte einzusetzen, nen lokalen Ansätze auf einer Kon- folgten des Naziregimes beim Wie- Funktionsträger (politische Leiter so die pervers anmutende Begrün- ferenz der Betreuungsstellen auf deraufbauministerium, Dr. Ep- der NSDAP verschiedener Ebe- dung. die Gründung einer einheitlichen stein. Die VVN war jedoch kein nen) und SS-Leute eingesperrt. Zu Den Gegnern des Faschismus Struktur, der »Vereinigung der Ver- einfacher Partner für die Regie- Hochzeiten gab es dort 28 000 In- und die Verfolgten des Nazire- folgten des Naziregimes« in Hes- rung. Oft sah sie sich veranlasst, ternierte, darunter 12 000 Kriegs- gimes wurde schnell deutlich: Eine sen. Auf einer »großhessischen Ar- deutlich ihre Forderungen im Inter- gefangene. Wie nicht anderes zu antifaschistische Neuorientierung beitstagung« am 10. August 1946 esse der ehemaligen Verfolgten erwarten beschwerten sich die der- würde nur möglich, wenn die Stim- in Hanau wurde das politische Pro- und eines antifaschistischen Neu- art aus dem Verkehr Gezogenen me der Antifaschisten mit Gewicht gramm beschlossen. Die erste Lan- beginns zu Gehör zu bringen. Und bitterlich über die »Unmenschlich- in die Waagschale gelegt werden desversammlung fand jedoch mit sie nahm weniger Rücksicht auf keit der Behandlung«. Und es war konnte. Daher organisierten sich alliierter Genehmigung erst im Fe- die Vorgaben der alliierten Besat- besonders die evangelische Kirche, die Verfolgten in den verschiede- bruar 1947 in Gießen statt. In die- zungsmacht als die Landesregie- die sich für diese Internierten ein- nen Kreisen und Orten. Ausgehend ser Organisation verbanden sich rung. Und so erlebte der Landtag in von den Betreuungsstellen für NS- Nazigegner über alle politischen Wiesbaden am 12. Dezember 1948 Redaktion: Peter Altmann Verfolgte kamen Nazigegner zu- und weltanschaulichen Grenzen eine Demonstration von mehreren Landesverband der VVN-BdA-Hessen, sammen und bildeten lokale hinweg. Alle in Hessen zugelasse- Tausend Mitgliedern der VVN ge- Eckenheimer Landstr. 93, Kampfbünde gegen den Faschis- nen demokratischen Parteien, Ge- gen die Verschleppung von Ent- 60318 Frankfurt, Tel. und Fax: (069) 5970524. mus, Organisationen der »Opfer werkschaften und Religionsge- schädigungszahlungen an Opfer des Faschismus« (OdF) oder Verei- meinschaften waren in der VVN des NS-Regimes. U. Schneider

6 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HAMBURG »Antifa-Maitage« gegen rechte Aufmärsche Harburger Bündnis setzt gegen Nazi-Demos auf Kultur und Information

Auftritte und Aufmärsche von die Grundrechte nicht in Anspruch schaften, Internetseiten und Sym- ihrem »starken Mann« Ralf-Dieter Neonazis drohen in Harburg nehmen dürfen, selbst diese An- bolik informierten, waren nur eine Fischer hintertrieben wurde (anti- zur Dauererscheinung zu wer- sicht wird nicht mehr überwiegend Woche lang zu sehen, dennoch fa berichtete). Das für die Absage den. In April und Mai fanden geteilt. »Auch Rechte haben Rech- wurden sie von 500 Menschen auf- verantwortliche Bezirksamt Har- fast jede Woche Provokatio- te«, findet beispielsweise der Har- gesucht, darunter allein 14 Schul- burg hatte hierfür harte Kritik ein- nen der Rechten statt. Gegen burger SPD-Vorsitzende Frank klassen. Guten Zuspruch fanden stecken müssen. Diese hat jetzt of- die Naziaktionen führte das Richter. Derselbe versucht seit vo- auch die Veranstaltungen wie die fenbar Wirkung gezeigt. Eine Aus- Bündnis »Einig gegen Rechts« rigem Jahr vergeblich, ein »Bünd- Lesung aus den Werken von Hein- stellung über die Verfolgung der die »Antifaschistischen Maita- nis gegen Rechtsextremismus« zu- rich Heine durch den Schauspieler Swingjugend im Faschismus, die ge« in Harburg durch. sammen mit CDU, GAL, FDP, Kir- Rolf Becker in der Harburger Bü- von der Initiative »Gedenken in chen und Verbänden ins Leben zu cherhalle. Harburg« für den November ge- Die letzten Kundgebungen der rufen. Ursprünglich sollte die Ausstel- plant ist, darf im Rathaus aufge- Neonazis lähmten am 5. und am lung im Harburger Rathaus gezeigt stellt werden. 20. Mai das Harburger Stadtzen- Aktionen gegen Rechts werden, was aber von der CDU und Hans-Joachim Meyer trum. Plätze wurden weiträumig abgesperrt, der Verkehr wurde um- geleitet. Als Organisatoren traten Entschlossen stellte sich jedoch »Kampf um Befreiung ist international!« NPD und bundesweit agierende das Bündnis »Einig gegen Rechts« Neonazi-Kader wie Christian gegen das Auftreten der Neonazis. Am 7. Mai berichtete Ruth Worch und Alexander Hohensee Hierfür nutzte das Bündnis, dem Weiss (rechts mit Cornelia auf. Auf beiden Kundgebungen re- auch die VVN-BdA angehört, sei- Kerth) im Alabama-Kino über dete die Hamburger NPD-Vorsit- ne »Antifaschistischen Maitage«: ihr interessantes und kämpfe- zende Anja Zysk. Auf den Hinweis Die von der DGB-Jugend erstellte risches Leben. eines Zuhörers am 20. Mai, die Re- Ausstellung »Rechte Jugendkultu- Als Tochter jüdischer Emigran- de sei klar volksverhetzend und da- ren – zwischen Lifestyle, Cliquen ten kam sie 1936 nach Süd- mit strafbar, reagierte die Polizei und Partei« wurde am 8. Mai in der afrika und erlebte dort die Ent- nicht. St.-Johannis-Kirche eröffnet. Der wicklung des Apartheid-Re- Trotz der zahlreichen rechten Hamburger DGB-Vorsitzende Er- gimes und die Entrechtung der Aufmärsche fanden jedes Mal Ge- hard Pumm würdigte die Ausstel- afrikanischen Bevölkerung. Sie genkundgebungen von Antifaschi- lung und wandte sich dagegen, den entschloss sich, als Journali- sten statt. Unterstützung aus der 8. Mai 1945 als »Stunde Null« in stin und Schriftstellerin gegen selbst ernannten »demokratischen Deutschland zu bezeichnen. Der den Rassismus zu kämpfen. Mitte« bekamen sie nicht. Tenor in Faschismus sei zwar damals be- Ihr spannender Vortrag wurde der bürgerliche Presse war, »Rech- siegt worden, aber, wie sich heute vom Chor der Hamburger Ge- te und Linke« behindern Harburgs zeige, nicht für immer und endgül- werkschafterinnen und Ge- Verkehr und Geschäftsleben. Dass tig. Die Stelltafeln, die über neofa- werkschafter umrahmt. Neofaschisten nach Grundgesetz schistische Parteien, Kamerad- ren mit Miguel Domingo Saura, 16. September: Feste – Filme – Veranstaltungen: der ein Soziales Jahr in Neune- Fahrt zur KZ-Gedenkstätte Hamburger VVN-Termine im Sommer gamme absolviert, über Erinne- Salzgitter-Drütte rung und Vergessen in Spa- 1942 entstand auf dem Ge- 5. August 27. August: nien. lände der heutigen Salzgitter Sommerfest in Heideruh Film-Veranstaltung 17 Uhr, Metropolis-Kino AG das KZ Drütte. Bis zu Auch in diesem Jahr feiern wir „70 Jahre nach dem 3000 Häftlinge wurden hier in Heideruh! Uns erwartet ein spanischen Bürgerkrieg“ 10. September: zusammengepfercht und in buntes Programm aus Folklo- 1936: Junge Menschen aus Internationaler Gedenktag für der Rüstungsproduktion ein- re, Flohmarkt, Diskussion und der ganzen Welt eilen nach die Opfer von Faschismus und gesetzt. unseren Liedern, gern zum Spanien, um gegen den faschi- Krieg Start ist um 8.30 Uhr am ZOB mitsingen. Start um 13 Uhr stischen Putsch zu kämpfen. Cornelia Kerth spricht über den und um 9.00 Uhr vor dem an der Shell-Tankstelle, gegen- Sie wissen: es geht um die Zu- aktuellen Umgang mit der Erin- Harburger Helms-Museum. über Bf. Dammtor. Nach Kaf- kunft Europas. Als 1938 nerung an Faschismus und Wi- Um 12.30 Uhr beginnt die fee und Kuchen und Abendes- Franco den Sieg erringt, rächt derstand, der zunehmend in to- Führung durch die Gedenk- sen vom Grill fahren wir um er sich blutig an seinen Geg- talitarismustheoretische und stätte, danach geht es zum 21 Uhr zurück. nern. Zehntausende Opfer wur- geschichtsrevisionistische Kon- Gedenkfriedhof Jammertal. Preis: 15 Euro. Bitte im Büro den erst in den letzten Jahren zepte eingebettet wird. Blumen Die Fahrtkosten liegen bei 20 voranmelden, Tel.: 31 42 54. in Massengräbern entdeckt. für die Gräber sind willkommen. Euro, ermäßigt 10 Euro. An- Abholung per Sammeltaxi ge- Wir sehen einen interessanten 11 Uhr, Ehrenhain der Hambur- meldung bei der VVN-BdA gen Festpreis möglich. Dokumentarfilm und diskutie- ger WiderstandskämpferInnen Hamburg, Tel.: 3142 54.

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 7 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN HAMBURG Nicht nur Sonntagsreden gegen NPD in Eimsbüttel Nazi-Kundgebung im eigenen Stadtteil zwingt Rot-Grün auf die Straße

Eine ähnliche Provokation gab Veranstaltung wenige Tage zuvor es in Eimsbüttel seit Jahren von NPD und Freien Kamerad- nicht: Am 8. Juni marschier- schaften gestört werden sollte. Er ten Neonazis durch den Stadt- forderte einen neuen Anlauf für ein teil, Wohnort vieler rot-grüner NPD-Verbot. Der Redner der GAL Wähler und Funktionäre. blieb sehr viel allgemeiner, er rief auf, sich für die Demokratie stark Obwohl sich diese Parteien bei an- zu machen. tifaschistischen Aktionen meist Die Landesvorsitzende der nicht mehr blicken lassen, oder, VVN-BdA Schleswig-Holstein, wie die GAL in Harburg, gemein- Marianne Wilke, forderte ein Ver- sam mit der CDU antifaschistische bot der NPD nach Artikel 139 GG. Arbeit torpedieren, waren sie nun Sie bemerkte außerdem, dass die gezwungen, Politik für ihre Klien- etablierten Parteien gerne Sonn- tel zu machen. Die GAL meldete tagsreden hielten, sich aber dann eine Kundgebung an, auf der nach meist als unfähig erwiesen, Initia- starkem Druck auch antifaschisti- tiven zur Bekämpfung des Neofa- Kameradinnen und Kameraden in Eimsbüttel. Bild: VVN-BdA Hamburg sche Linke sprechen durften. schismus folgen zu lassen. Vor anfänglich rund 200 Perso- Die Nazi-Kundgebung wurde wertet. Weitere sollen folgen, droht nen sprach auch SPD-Bundestags- von Redner Christian Worch auf die NPD-Landesvorsitzende Anja Redaktion: W. Siede abgeordneter Niels Annen, dessen der NPD-Homepage als Erfolg ge- Zysk. Felix Krebs E-Mail: [email protected]

NIEDERSACHSEN Delegation der VVN-BdA Braunschweig in Dieppe Besuch der Feiern und Veranstaltungen zum Tag der Befreiung

Es ist inzwischen eine gute tereinander und die Teilnahme an me), die zwar eine Verringerung Jahr in einem größeren Rahmen und langjährige Tradition, dass der Gedenkfeier am 8. Mai im Vor- von rassistischen und ausländer- geplant. eine Delegation der Kreisverei- dergrund standen, sind jetzt die feindlichen Angriffen feststellte, Einen Affront stellte die Einla- nigung Braunschweig der VVN- Diskussionen mit anderen antifa- gleichzeitig aber konstitutieren dung des – rechten – Bürgermei- BdA zum 8. Mai nach Diep- schistischen und antirassistischen musste, dass sich ein Drittel der sters von Dieppe, Leveau, zu den pe/Normandie fährt, um dort Organisationen in Dieppe sehr FranzösInnen offen als rassistisch Feierlichkeiten des 8. Mai dar, die mit den Kameradinnen und Ka- wichtig. Außerdem: Wir gehen mit bekennen. Eine Tatsache, die die für große Empörung unter den Ka- meraden der beiden Verfolg- dem Angebot an Diskussionen in FreundInnen der MRAP sehr beun- meradinnen und Kameraden sorg- ten- und Widerstandsorganisa- die Öffentlichkeit. Unsere beiden ruhigte. Auch dort – wie überall in te, sprach er doch von der Feier des tionen FNDRIP und ANACR Schwesterorganisationen nutzen Europa – heißt es also wachsam Waffenstillstands (armistice) den Tag der Befreiung von Fa- die Gelegenheit unserer Anwesen- sein. 1945. Dagegen betonten die Ka- schismus und Krieg zu feiern, heit gemeinsam mit anderen Verei- Auch der Sonntag wurde für ei- meradinnen und Kameraden von ein Tag, der seit der Regierung nen wie der MRAP (Mouvement ne öffentliche Veranstaltung ge- FNDRIP und ANACR immer wie- von François Mitterand 1981 contre le racisme et pour l’amitié nutzt: In der Gemeinde Harfleur der – und hatten dabei auch eine offizieller Feiertag in Frank- entre les peuples – Bewegung ge- bei Le Havre referierte Stefan über gute Presse –, dass Nazideutsch- reich ist. gen den Rassismus und für die Völ- land am 8. Mai bedingungslos ka- kerfreundschaft) um Podiumsdis- Fahrt mit neuem Charakter pituliert hat und die Alliierten so- Die Delegation bestand dieses Jahr kussionen durchzuführen. Die mit einen Sieg über das faschisti- aus Michael Rose-Gille, Stefan diesjährige Veranstaltung, zu der sche Regime errungen hatten. Hölzer und Susanne Knoblich, die auch ein Vertreter einer antifaschi- die Zeichen und Symbole der Na- Wir erwarten den Gegenbesuch von Freitag, den 5. Mai bis Diens- stischen Organisation aus zis, ein Vortrag mit anschaulichen der Kameradinnen und Kameraden tag, den 9. Mai 2006 ein abwechs- Brighton/Großbritannien eingela- Beispielen, der von den Anwesen- in Braunschweig vom 2. bis 6. Ju- lungsreiches und interessantes den war, fand am Samstag, den 6. den sehr interessiert aufgenommen li, derzeit bereiten wir in der Kreis- Programm in Dieppe erlebten und Mai in der Nähe von Dieppe statt. wurde und Anlass zu vielen Fragen vereinigung das Programm vor. Ei- herzlich von den Kameradinnen Die FreundInnen aus Dieppe be- und beispielhaften Berichten aus ner der Höhepunkte wird natürlich und Kameraden aufgenommen richteten von dem kürzlich veröf- dem französischen Alltag bot, wie die Teilnahme an den Rieseberg- wurden. fentlichten Bericht der regierungs- z. B. von den Boykott-Aufrufen ge- Gedenkfeierlichkeiten in Erinne- Wichtig ist dabei zu erwähnen, unabhängigen nationalen beraten- gen Firmen, die die Front National rung an die elf von den Nazis am 4. dass sich seit ein paar Jahren der den Kommission für die Men- (FN) von Le Pen unterstützen. Juli 1933 in Rieseberg bei Helm- Charakter der Fahrt verändert hat: schenrechte (Commission nationa- Wiederholungen von beiden stedt ermorderten Gewerkschafter während früher die Gespräche un- le consultative des Droits de l’hom- Veranstaltungen sind im nächsten sein. Stefan Hölzer

8 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NIEDERSACHSEN Punk-Ikone Mahnung zur steten Wachsamkeit Konrad K. verstorben Veranstaltungen zum 8. Mai in Hannover und Peine In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai 2006 verstarb der Zum Jahrestag der Befreiung Punkmusiker Konrad Carls, vom Faschismus fanden in geborener Kittner, im Alter Hannover und Peine VVN- von 44 Jahren. Beim Spazier- Gedenkveranstaltungen statt. gang mit seiner Frau brach er zusammen und konnte trotz Die Kreisvereinigung Hannover vieler Versuche nicht reani- hatte zu der traditionellen Gedenk- miert werden. feier am Mahnmahl Gerichtsge- Carls war mit seiner Band, fängnis aufgerufen, das am Stand- den »Abstürzenden Brieftau- ort des ehemaligen Gebäudes er- ben«, berühmt geworden. richtet worden war. An diesem Ort Dort stand er als Konrad K. verbrachten Widerstandskämpfer auf der Bühne und konnte mit und andere Verfolgte des faschisti- Mirko Bogumil und Olly Ros- schen Terrors einen Teil ihrer Lei- thal zahlreiche Chartplatzie- denszeit. Im Mittelpunkt der Ver- rungen verbuchen. anstaltung am 8. Mai stand ein Bei- Die Band, die von 1983 bis trag zu Leben und Werk von Ernst 1996 existierte, war sicher- Thälmann, der dort ohne Prozess lich die bekannteste der mu- sechs Jahre in Einzelhaft verbrin- sikalischen Stationen von gen musste. Nach dem Solidaritäts- Konrad K. lied und den »Moorsoldaten«, mit Von den Kondensators musikalischer Begleitung gesun- (später Klischee) über B-Test, gen, wurden Blumengebinde von Hansa Knacker, Rasta Knast der Kreisvereinigung der VVN- und Legal Kriminal, bis hin zu BdA und dem Kreisvorstand der seiner aktuellen Band WKA – DKP nieder gelegt. Wir können auch anders –, Zuvor hatte eine eindrucksvolle war er immer bemüht, mit sei- Gedenkveranstaltung am Standort nen Texten zum Nachdenken des Lagers Hannover-Stöcken anzuregen. Sein Leben und stattgefunden, einem Außenlager seine Musik waren bestimmt des KZ Neuengamme. Auch am von antifaschistischen Texten dortigen Mahnmal legte ein Vertre- und Aktionen. ter der Hannoveraner Kreisvereini- gung ein Gebinde nieder. Bei der Gedenkfeier im Peiner Herzberg sprach Superintendentin Christa Geerts-Isermeyer vor 40 Die Gedenkfeier am Mahnmal Gerichtsgefängnis in Hannover. Bild: rwk Teilnehmern. Sie gedachte der vie- len aktuellen Beispiele in der Welt, wurden zehn Kränze und Gebinde Fuzzy aus Salzgitter begleitete mu- die an die Zeit des Nationalsozia- – so viel wie nie zuvor –, unter an- sikalisch die Veranstaltung. Eben- lismus erinnern und mahnte zur derem vom stellvertretenden Pei- falls Anfang Mai führte die VVN- Wachsamkeit. VVN-Kreisvorsit- ner Bürgermeister Gerhard Bren- BdA Peine eine Stadtführung zu zender Peter Baumeister bat die decke, von den Betriebsratsvorsit- Stätten von Widerstand und Verfol- Anwesenden, sich überall dafür zenden der Peiner Träger Reinhard gung unter dem Motto »Das ande- einzusetzen, dass die Gelder für die Heuer und Udo Meyer und vom re Peine - Peine von 1930 bis 1945« Programme gegen Rechtsextre- DGB-Kreisvorsitzenden Frank mit etwa 20 Teilnehmern durch. mismus nicht gekürzt werden. Es Raabe-Lindemann niedergelegt. rwk/bm Konrad K. am 8. Mai 2006 Bündnis plant weitere Aktivitäten in Peine Carls, geboren am 30. März 1962 in Hannover, war Das Peiner Bündnis für Zivil- wird auch der Menschen aus lung »Neofaschismus in der Sohn des bekannten Ka- courage und Toleranz, das von Peine gedacht, die auf Grund Deutschland« gezeigt. Diese barettisten Dietrich Kittner. Er Mitgliedern der VVN-BdA und ihrer politischen Überzeugung wird am 2.10. um 18 Uhr war seit 2001 mit seiner Frau den Gewerkschaften getragen verhaftet und während der Zeit durch Landrat und Schirmherr Birgit verheiratet und arbeite- wird, plant für dieses Jahr noch des Nationalsozialismus umge- Franz Einhaus eröffnet. Das te gerade an einer DVD über einige Aktivitäten. kommen sind. Das soll auch Hauptreferat hält Matthias Wil- die Zeit mit den »Abstürzen- Am Freitag, den 18. August außerhalb der Fußgängerzone helm von der IG Metall Peine- den Brieftauben«. sollen weitere Stolpersteine passieren. Salzgitter. Am Mittwoch, den 4. Andreas Barthel von dem Künstler Gunter Dem- Vom 2. bis 16. Oktober wird Oktober und Donnerstag, den nig verlegt werden. Dieses Mal im Peiner Forum die Ausstel- (Fortsetzung auf Seite 10)

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 9 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NIEDERSACHSEN

Aktivitäten in Peine (Fortsetzung von Seite 9) Schlechtes Gewissen? 5. Oktober haben Schulklassen Podiumsdiskussion über Riefenstahl-Ausstellung verschleppt von 8 - 13 Uhr die Möglichkeit, an einer Führung durch die Aus- Wie berichtet, hatte das Thea- mus, dem Körperkult im Olympia- umsdiskussion herangetragen. Wir stellung teilzunehmen. Zur Vor- termuseum beim Schauspiel- Film und diesen Arbeiten bestehen beschlossen, uns an einer solchen bereitung stehen Lehrkräften haus Hannover eine »histo- könnten. Veranstaltung zu beteiligen und Unterrichtsmaterialien mit zahl- risch-kritische« Ausstellung Die Kreisvereinigung Hannover versuchten, uns mit dem Schau- reichen Arbeitsblättern zur Ver- über die Nazipropagandistin der VVN-BdA reagierte mit einem spielhaus über die Bedingungen zu fügung. Leni Riefenstahl organisiert. Flugblatt (» für einen verständigen. Von dort war jedoch Am Mittwoch, den 11. Okto- Verbrecher ist ein Verbrechen!«), seitdem weder etwas über eine ber wird eine Veranstaltung Dort waren bis zum 11. Juni neben in dem vor allem kritisiert wurde, mögliche Besetzung des Podiums über »Rechtsextremismus in einigen Dokumenten, die ihre tiefe dass die Ausstellung der Legende noch über einen Termin zu erfah- der Region« ebenfalls im Fo- Verstrickung in den faschistischen weiter Vorschub leistet, Riefen- ren. Auf wiederholte Nachfrage rum ab 19.30 Uhr durchge- Machtapparat bezeugen, ihre bei- stahl sei eine große Künstlerin, die war nur zu hören, zuständig sei die führt. den Propagandafilme zu den lediglich zeitweilig der »Faszinati- Intendantur, dort sei aber niemand Am Samstag, 4. November, Reichsparteitagen von 1933 (»Sieg on« durch Adolf Hitler erlegen sei. zu erreichen. findet eine Fahrt zum Jüdi- des Glaubens«) und 1935 (»Tri- Die Trennung von formalen Mit- Da nicht nur das Ende der Aus- schen Museum nach Berlin umph des Willens«) und der Film teln und politischem Inhalt, mit der stellung, sondern auch die der statt. Abfahrt ist um 7 Uhr, über die Olympiade 1936 unkom- nicht nur Leni Riefenstahl, sondern Spielzeit immer näher rückt und auch aus anderen Kreisvereini- mentiert und in voller Länge zu be- auch andere Propagandisten des somit eine seriöse Vorbereitung gungen sind Gäste sehr will- sichtigen. Daneben waren die Er- Faschismus ihren Ruf als Künstler nicht mehr zu erwarten ist, muss kommen. Der Fahrpreis beträgt gebnisse ihrer Photo-Expedition in die Nachkriegszeit retten woll- davon ausgegangen werden, dass 20 Euro, Anmeldungen sind im zu den Nuba in Ostafrika ausge- ten, wurde angegriffen. die Intendanz des Schauspielhau- Büro der VVN-BdA Niedersa- stellt, ohne der Frage näher nach- Über die Personalvertretung des ses kein wirkliches Interesse an chen und bei Peter Baumeister zugehen, welche Beziehung zwi- Theaters wurde daraufhin an die dieser Diskussion hat und damit ei- möglich. schen den ästhetischen Mitteln, die VVN-Kreisvereinigung das Inter- ner öffentlichen Auseinanderset- Peter Baumeister zur Verherrlichung des Faschis- esse an einer öffentlichen Podi- zung über die Funktion dieser Aus- stellung aus dem Weg gehen will. Artikel für die antifa-Niedersachsen- VVN-BdA Seiten bitte bis zum 8. des Monats in Landesvereinigung Niedersachsen Wir würden uns über Spenden für die rwk geraden Monaten an Rolandstraße 16, 30161 Hannover, Arbeit unserer Landesvereinigung P.S.: Nach Abschluss dieses Arti- [email protected]. Tel.: (0511) 331136 sehr freuen. kels erreichte uns ein Anruf der In- Wenn Ihr weiterhin Informationen der Fax: (0511) 3360221 Konto Nr. 7510-307 E-Mail: [email protected]. Postbank Hannover tendantin: Die Verfolgung des Pro- VVN-BdA erhalten wollt, teilt uns bitte jekts sei leider im Geschäftsbetrieb nach einem Umzug o.ä. Eure neue Das Büro ist i. d. R. Montag bis Freitag BLZ 250 100 30 Adresse mit. Danke! von 10.00 bis 16.00 Uhr besetzt. Redaktion: Stefan Hölzer untergegangen. Wir bleiben bei un- serer Wertung.

BERLIN Denkmal für NS-Opfer am Alex steht wieder Stele am Ort des ehemaligen Polizeipräsidiums der Öffentlichkeit übergeben Zeitgleich zum Fußball-Spiel bolisch gerissen ist, erinnert an die Deutschland–Ecuador am 20. deutschen und ausländischen Op- Juni und daher mit geringer öf- fer des NS-Regimes, deren häufig fentlicher Resonanz wurde das langjährige Verfolgung, Haft und restaurierte Denkmal für NS- Folter in den Gefängniszellen des Opfer auf dem Alexanderplatz Polizeipräsidiums ihren Anfang übergeben. nahm. Der Text auf der Schrifttafel blieb seit der Einweihung 1987 un- Im Rahmen der Sanierung am Tun- verändert. nel Grunerstraße in der unmittelba- Die Restauration und erneute ren Umgebung des Platzes im Jah- Übergabe an die Öffentlichkeit re 2002 wurde die 1987 vom Ber- wurde durch die an der Baustelle liner Bildhauer Goetz Dorl ge- beteiligten Firmen DEGEWO, schaffene Stele zum Gedenken an STRABAG, beton&rohrbau, PST die Opfer von NS-Terror und Poli- GmbH und Trapp finanziert und zeigewalt entfernt und die Zeit ge- durchgeführt. »Wir sagen ganz nutzt, um die verrosteten Veranke- klar: Die Rechten dürfen keine rungen im Sockelbereich des Chance zur Wiederholung bekom- Denkmals zu erneuern. Die konvex Der Bezirksbürgermeister von Berlin Mitte, Joachim Zeller (CDU) und der men«, sagte DEGEWO-Vorstand gewölbte Edelstahlplatte, die sym- Bildhauer Goetz Dorl vor der Stele. Bild: VVN-BdA Berlin (Fortsetzung auf Seite 11)

10 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BERLIN Franz Jacobs Versteck war in Berlin Zum 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers am 9. August 2006

In Hamburg war Kommunist schwer. Manche wollten sich mit unser Kind und für uns alle viel bose im Krankenhaus lag. Franz Jacob jüngstes Mitglied Geld davon befreien oder nur die wichtiger.« Das letzte Mal sah ich Franz auf der Bürgerschaft. 1933 steck- Marken für Grundnahrungsmittel Bei all diesen Begegnungen hat unserem Grundstück in Hohen- ten ihn die Nazis für sieben abgeben. Wir bestanden darauf, er mich stets zurückhaltend, Neuendorf. Dort hielt sich meine Jahre ins Zuchthaus und KZ. auch Rauchwaren und Sonderzu- freundlich und wie eine Erwachse- Familie seit Frühjahr 1944 auf, um Bald war der Widerstands- teilungen bereitzustellen. ne behandelt. Natürlich wurden sich vor den Bombenangriffen auf kämpfer wieder auf der Flucht Mitte November 1942 erhielt ich wir im Laufe der Zeit vertrauter Berlin zu schützen. Gelegentlich – so kam er nach Berlin. Edith kam Franz. Hier konnte er entspan- Wahner erinnert sich an ihn: nen. Ende Juni 1944 hatte ich eine Franz Jacob wächst in einer Ham- leichte Angina. Von Franz bekam Meine Eltern Aenne Weiß und An- burger Arbeiterfamilie auf und wird Ma- ich ein Medikament. In Antons Ge- ton Saefkow hatten sich nach sei- schinenschlosser. 1925 tritt er dem säßtasche zeichnete sich eine Pi- ner Entlassung aus sechsjähriger KJVD und der KPD bei, 1932 wird er stole ab und auf meinen fragenden Haft kennen gelernt und 1941 ge- jüngstes Mitglied der Hamburger Bür- Blick sagte er: »So ernst ist es.« heiratet. Während eines Urlaubs an gerschaft. Mitte August 1933 verhaftet Seit Anfang Juni wusste ich von der Mosel erkrankte meine Mutter kommt er nach einer Zuchthausstrafe meiner Mutter, dass ein Hamburger und Anton holte sie nach Berlin zu- Genosse plötzlich verschwunden bis 1940 in das KZ Sachsenhausen. rück. An diesem Tag, im Oktober war. Diese und andere Anzeichen 1942, klingelte es an unserer Woh- Danach arbeitet er auf einer Werft und verstärkten in mir eine Ahnung, nungstür. Eine fremde Frau stand bildet mit Bernhard Bästlein eine Wider- dass Schlimmes bevorstand. vor mir. Nach längerem Zögern bat standsgruppe. Wenn ich daran denke, dass sie mich, zu übermitteln: »Bei Tan- Als im Oktober 1942 eine Verhaftungswelle beginnt, taucht er Franz in der Zeit des Faschismus te Lorchen sitzt Franz, der drin- in Berlin unter und leistet mit Anton Saefkow Widerstand. An- nur zwei Jahre ein normales Leben gend Anton sprechen muss.« Spät fang Juli 1944 wird er verhaftet, mit Anton Saefkow und Bern- führen konnte, kann ich seine Ru- abends fuhr ich zum Anhalter hard Bästlein zum Tode verurteilt und im September hingerich- he, Freundlichkeit und Verbind- Bahnhof, um meine Eltern abzuho- tet. In Berlin-Lichtenberg trägt eine Straße seinen Namen. lichkeit nur bewundern. Ich bin len. Anton begab sich sofort zu sei- sehr froh, ihn gekannt zu haben. ner Schwester Lorchen Löffler. Edith Wahner Nach einigen Tagen informier- den Auftrag, Franz in einer Klein- und ich glaube, dass er auch mir ten mich meine Eltern, dass Franz gartenanlage in Pankow zu treffen. vertraut hat. Ich war verschwiegen Die Berliner VVN-BdA lädt für von der gesucht wurde. Ich berichtete ihm, dass am 9. No- und immer bemüht, normal aufzu- den 9. August 2006 um Deshalb war auch meine Hilfe un- vember seine Tochter Ilse geboren, treten. Komisch war für mich, dass 18.00 Uhr in die Anton-Saef- bedingt erforderlich. Die Einquar- Mutter und Kind wohlauf seien. meine Eltern wollten, dass ich kow-Bibliothek, Anton-Saef- tierung bei zuverlässigen Genos- Ich bedauerte, dass Ilse ausgerech- Franz mit »Martin« anspreche. kow-Platz 14, in Berlin-Lich- sen übernahm Anton, für die Ver- net an einem 9. November zur Welt Daraufhin habe ich jede Anrede tenberg zu einem Gespräch pflegung sollten meine Mutter und kam, an dem Tag, als Hitler 1923 vermieden. mit Hans Coppi und Edith ich sorgen. Freunde mussten alle zur Feldherrenhalle marschierte. Häufiger traf ich Franz dann im Wahner anlässlich des 100. neun Wochen eine Wochenration Doch Franz war glücklich und er- ersten Halbjahr 1943, als meine Geburtstages von Franz Ja- von Lebensmittelmarken spenden. widerte: »Edith, am 9. November Schwester Bärbel geboren und An- cob ein. Anwesend ist auch Bei den kargen Zuteilungen fiel war aber auch die Revolution von ton wochenlang mit einer Blind- Ilse Jacob. dies besonders kleinen Familien 1918, und du wirst sehen, die ist für darmoperation und einer Throm-

Denkmal auf dem Alex zunehmend als zentrales Schutz- haft« für die direkte Einweisung in Literatur zur Geschichte des Polizeiprä- (Fortsetzung von Seite 10) haftgefängnis aus, welches für alle Konzentrationslager oder andere sidiums am Alex: Gerhard und Inge Kö- Häftlinge aus Berlin, Brandenburg, Haftanstalten vorgesehen waren, nig: Das Polizeipräsidium Berlin-Alex- Christoph Beck bei der feierlichen der Grenzmark und für alle von der wurde das Polizeipräsidium am anderplatz. Seine Geschichte – Seine Übergabe. Und weiter: »Sich erin- Gestapo für wichtig gehaltene Alex genutzt. Polizei – Seine Häftlinge (1933-1945). nern, bedeutet auch, sich mit dem Funktionäre aus ganz Preußen und Das Polizeipräsidium am Alex- Geschichtswerkstatt der Berliner Verei- Geschehenen auseinanderzusetzen später aus dem gesamten Reich anderplatz stand bis zum Frühjahr nigung VdN e.V., Berlin 1997. und Haltung zu beziehen.« Auch und den besetzten Gebieten Haupt- 1945. Der verstorbene Antifaschist Einzelne Exemplare des Buches sind wenn die »Denkmalshoheit« in sammelstelle war. Von hier wurden Karl-Ludwig Schulze-Iburg, 1933 noch über die Geschäftsstelle der Ber- Berlin bei den Stadtbezirken liegt: die Häftlinge zu den Verhören selbst Häftling im Polizeipräsidi- liner VVN-BdA erhältlich. Sowohl Innensenator Körting als durch die Gestapo in die Prinz-Al- um, erinnerte sich: »Am Ende ver- auch Polizeipräsident Glietsch ha- brecht-Straße verbracht. schwand die Zwingburg selbst, Redaktion: Dr. Hans Coppi ben die Chance dazu an diesem Tag Weiterhin diente das Gefängnis versank in Schutt und Asche der Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin verpasst. als »Hausgefängnis« der Berliner nationalen Katastrophe, die das Tel.: (030) 29784178 Nach der Machtübertragung an Gestapo-Leitstelle. Auch als Ge- Hitlerregime und seine Hintermän- Fax: (030) 29784378 die NSDAP bildete sich das Poli- wahrsam für Häftlinge, die im Rah- ner verschuldete.« Internet: http://berlin.vvn-bda.org zeipräsidium am Alexanderplatz men der »Polizeilichen Vorbeuge- Mark Querfurth E-Mail: [email protected]

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 11 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BAYERN Ein Leben lang dem Widerstand verpflichtet Unsere Kameradin Anni Pröll verstarb kurz vor ihrem 90. Geburtstag

Am 28. Mai, kurz vor ihrem 90. Wieder in Freiheit ist Anna stän- Pröll keine Wohnung in ihrer Hei- mus, für Frieden und Völkerver- Geburtstag, ist sie verstorben. digen Überwachungen und Re- matstadt gibt. Im nahe gelegenen ständigung, als Zeitzeugin in Schu- Anni, so nannten sie Freunde pressionen durch die Gestapo aus- Gersthofen finden sie ihren Nach- len und bei Veranstaltungen. und Kameraden, wirkte zeitle- gesetzt. 1938 versuchen die Nazis kriegswohnsitz. Ehrungen wurden ihr dafür erst bens für Frieden und Völkerver- Annas Heirat mit ihrem Kampfge- in ihren letzten Lebensjahren zu- ständigung. Erinnerungen an nossen Josef Pröll zu verhindern, teil. Als ihr der bayerische Mini- eine tapfere Kämpferin. der auch schon drei Jahre KZ sterpräsident 2002 das Bundesver- Dachau hinter sich hat. Sie schaf- dienstkreuz überreichte, betonte 17 Jahre alt ist die Augsburgerin fen es nicht, doch sie trennen die sie, sie nehme es stellvertretend für Anna Nolan, als sie im September junge Familie bald: Josef Pröll all ihre Kameradinnen und Kame- 1933 zum ersten Mal verhaftet wird 1939 erneut verhaftet und raden aus dem Widerstand entge- wird. Mit ihren Genossinnen und kommt erst nach der Befreiung des gen, denen solche Ehrungen ver- Genossen aus dem Kommunisti- Lagers Buchenwald wieder heim. sagt wurden. 2003 verlieh ihr die schen Jugendverband (KJVD) hat Trotz der Bespitzelungen ge- Stadt Augsburg die Ehrenbürger- sie in ihrer Heimatstadt Parolen ge- lingt es Anna auch in Kriegszeiten, würde. gen den Faschismus an Wände ge- Kontakte zu ehemaligen Haftge- Bis schwere Krankheiten ihr malt, Flugblätter verteilt, Kontakte nossinnen aus Moringen und ande- dies unmöglich machten, hat sie zu Widerständigen in München ge- ren Antifaschisten zu halten. Sie diskussionsfreudig und kämpfe- knüpft. Ihre Eltern sind da bereits bleibt dem Widerstand verpflichtet risch die Arbeit des Landesvorstan- von den Nazis eingesperrt. Anna und hilft, Verfolgte zu unterstützen. Anni Pröll Bild: J. Pröll des der VVN-BdA Bayern mit ge- sitzt lange im Gefängnis, über 20 So hält sie es auch in den Jahr- prägt. Wir werden das Andenken Monate davon in Einzelhaft. Als zehnten nach 1945. Sie engagiert Anni Pröll war – so lange es ih- an Anni in unseren Herzen bewah- sie im Juni 1937 aus dem Konzen- sich in der KPD und erringt für die- re Gesundheit zuließ – unermüd- ren. Und präsent bleiben wird sie trationslager Moringen frei se ein Stadtratsmandat in Augs- lich aktiv in der VVN und in Lager- uns auch künftig durch den Doku- kommt, muss sie erfahren, dass ihr burg. Das kann sie nicht antreten, gemeinschaften, als Kämpferin ge- mentarfilm ihres Sohnes Josef: Vater in Dachau ermordet wurde. weil es für die Verfolgtenfamilie gen den alten und neuen Faschis- »Anna, ich hab Angst um dich«.

BERLIN Heinersdorfer Kampf der Kulturen »Bürgerinitiative« und Neonazis demonstrieren gemeinsam gegen Moschee-Bau

Seit März tobt in Pankow-Hei- lich garantierte Religionsfreiheit tremisten weitgehend fern bleiben gehren ablehnend gegenüber. nersdorf nicht der Bär, son- abgelehnt worden. wollen – fern von deren braunem Doch von einem parteienübergrei- dern der rassistische Mob: Am Die Debatte verhärtete sich, alle Gedankengut sind sie nicht. Selbst fenden Protest gegen den Auf- 7. Juni protestierten 1 500 Versuche, rassistische Feindbilder bei den Heinersdorfern dürfte marsch ist nichts spüren. Als ich Menschen gegen den Bau ei- mit Argumenten aufzubrechen, ha- längst angekommen sein, dass die den gespenstig fröhlichen Protest ner Moschee und forderten ein ben bisher bei vielen Bewohnern Ahmadiyya-Gemeinde, die die vor Ort sah, musste ich an Lessings Bürgerbegehren. Unter den nur zu einer weiteren Versteine- Moschee bauen will, keine funda- Nathan den Weisen und an einen Demonstranten befanden sich rung geführt. Eine Religionsge- mentalistische islamistische Grup- Pankower denken, der in einem Le- mehrere Dutzend Neonazis, meinschaft erhält von Unwissen- pierung, sondern eine friedliche serbrief schrieb: »Der mutige Ent- darunter bekannte NPD- und den, nicht wissen Wollenden und Religionsgemeinschaft ist. schluss der islamischen Gemeinde, Kameradschaftskader. von nazistischen Brunnenvergif- Ältere Mitglieder der Berliner in Heinersdorf eine Moschee zu tern den Status von Terroristen. VVN-BdA fühlen sich an nazisti- bauen, sollte als Chance begriffen Berlin verkündet stolz, dass in die- Keiner kennt sie, aber viele fühlen sche Hetze und Verfolgung erinnert werden, die latent bedrückende ser Stadt Menschen aus über 180 sich bedroht. Statt auf die neuen und sind mit den jüngeren Mitglie- und regressive Stimmung in Gebie- Nationen mit unterschiedlichen Nachbarn zuzugehen, wird orakelt, dern über die sich ausbreitende ten wie diesem zu überwinden.« Kulturen und Auffassungen leben, dass mit dem Bau der Moschee die Stimmung am rechten Rande und Unser Protest gegen die rassisti- lieben und arbeiten. Doch in Hei- Grundstückpreise fallen. Vieles er- in der Mitte der Gesellschaft sehr sche Bürgerinitiative war ein Zei- nersdorf ist von Toleranz derzeit innert an Bürgerbegehren gegen besorgt. Sie haben vergeblich ver- chen. Es sollte uns aber nicht ab- nichts zu spüren. Mit einem Bür- Asylbewerberheimen, gegen den sucht, mit den Bürgern ins Ge- halten, das Bündnis zu erweitern gerbegehren sollen die Muslime Bau von Synagogen oder jüdische spräch zu kommen, nur Ablehnung und weiterhin die Auseinanderset- des Bezirks daran gehindert wer- Kultureinrichtungen. schlug ihnen entgegen. zung mit dieser rassistischen »bür- den, ihre Religion und Kultur zu le- Auch wenn die Moschee-Geg- Die Mehrheit der Abgeordneten gerlichen Mitte« zu führen, auch ben. Ein erster Antrag war unter ner aus der bürgerlichen Mitte, wie der Pankower Bezirksverordneten- im Sinne von Lessings Botschaft Verweis auf die verfassungsrecht- sie sich bezeichnen, den Rechtsex- versammlung steht dem Bürgerbe- der Ringparabel. Hans Coppi

12 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BAYERN

Mittenwald: Proteste und Für Spaniens Freiheit Die Bildung der Internationa- Argumente gegen NS-Tradition len Brigaden in Spanien jährt sich 2006 zum 70. Mal. Vom Kampf gegen Francos Diktatur VVN-BdA richtet Appell an oberbayerische Bürger und Gäste erzählt auch die Broschüre »Ringen für eine bessere Welt. Über 300 zumeist junge Men- der Opfer und deren Entschädi- der Bestrafung der Täter entzog. Der Penzberger Antifaschist schen protestierten am Wo- gung! Ihre Forderungen bekräftigte die Josef Raab (1899 - 1971)«, chenende vor Pfingsten im Nazitradition – und dazu gehört VVN-BdA auch mit einer von den herausgegeben von der VVN- oberbayerischen Mittenwald auch die Glorifizierung des ‘unpo- KZ-Überlebenden Ernst Grube BdA Bayern. gegen das diesjährige Treffen litischen tapferen Kämpfers’– darf und Martin Löwenberg unter- des »Kameradenkreises der unter keinen Umständen Eingang schriebenen Anzeige in der lokalen In seiner neuesten Veröffentli- Gebirgstruppe«. Sie folgten finden in die Bundeswehr. Aber die Presse. In einer Presserklärung ver- chung zeichnet Autor Peter den Aufrufen der Historiker- Wirklichkeit sieht leider anders urteilten die VVN-Sprecher Ulrich Brunner den Lebensweg des gruppe »Angreifbare Traditi- Arbeiters Josef Raab nach. onspflege« und der VVN-BdA. Raab ging in den antifaschisti- schen Widerstand, zu den In- An einem Infostand am Bahnhof ternationalen Brigaden in Spa- und im Ortszentrum verteilten nien, er kämpfte an der Seite VVN-Mitglieder ein Flugblatt, das der französischen Résistance sich an die Bürger und die Gäste und kam schließlich wieder in des Touristenortes richtete. »Wir seinen Heimatort. Dort wurde empfinden es als unerträglich«, der Kommunist Raab von der heißt es darin, »wenn einerseits öf- amerikanischen Besatzungs- fentlich die Tradition der Gebirgs- macht 1945 zum ersten kom- jäger gefeiert wird, andererseits die missarischen Bürgermeister inzwischen namentlich bekannten ernannt. und vermutlich an Mordtaten be- Die reich illustrierte Broschüre teiligten ehemaligen Soldaten ist zum Preis von 4,- Euro zzgl. noch Mitglieder des Traditionsver- Versankosten zu beziehen bei eins sind. Wir fordern die klare Di- VVN-BdA Bayern, Frauenlobstr. stanzierung von den Verbrechen 24, 80337 München, Tel. und die Einleitung von Verfahren!« (089) 531786 und Fax (089) Die Verfasser stellen weiter fest: Zeitzeugen-Podium in Mittenwald. Von links: Max Tzwangue, Frankreich, 5389464. »Wer heute in einem demokrati- Stephan Stracke, AK Angreifbare Traditionspflege, Professor Iwan Kristan, schen Staat öffentlich die Tradition Slowenien, Ernst Grube, VVN-BdA. Foto: Antoni der Gebirgsjäger pflegen will, hat vor allem eine Aufgabe: die Erfor- aus: Noch immer tragen Einheiten Sander, Ernst Grube und Friedbert schung der Verbrechen der Wehr- der Bundeswehr die Namen von Mühldorfer die Verwüstung einer macht und die Ehrung der Opfer. Nazigrößen, noch immer beteiligt Gedenkstätte für gefallene Solda- Wir fordern die öffentliche Ehrung sich die Bundeswehr an Traditions- ten einige Tage vorher im benach- feiern wie hier in Mittenwald und barten Garmisch. Sie bezeichneten Wir gratulieren ... stellt Einrichtungen und Personal diesen Übergriff als eine Provoka- zur Verfügung. Wir fordern eine tion, die ablenke von den berech- ... natürlich allen unseren »Ge- klare Distanzierung der Bundes- tigten Protesten gegen die Ehrung burtstagskindern«. Sie sämtlich wehr von jeder Traditionspflege von Kriegsverbrechern. aufzuführen, würde allerdings der Wehrmacht!« Die ehemaligen Partisanen Pro- den Rahmen der antifa spren- Auf eine Anfrage der Linkspar- fessor Iwan Kristan aus Slowenien gen. Stellvertretend seien des- tei im Bundestag hatte das Vertei- und Max Tzwangue aus Frankreich halb hier die Kameradinnen digungsministerium vor dem Tref- erinnerten bei einem Zeitzeugen- und Kameraden zwischen 60 fen erklärt, der soldatische Schul- Hearing an das Vermächtnis »Nie und 80 genannt, die einen »run- terschluss sei nicht zu beanstan- wieder!« des europäischen Wider- den« Geburtstag haben bzw. den: »Bei der Gedenkfeier wird der standes und riefen die Zuhörer auf, hatten – und alle über 80. Herz- Gefallenen und Toten der Kriege Europas Gestaltung nicht den Spenden an die lichen Glückwunsch! und der ums Leben gekommenen Nachfahren der profaschistischen VVN-BdA Bayern Bundeswehrsoldaten gedacht«. Kollaborateure zu überlassen. Juli: Oskar Belohlawek, Penz- Außerdem werde auch »in ange- Ernst Grube wies auf beschämen- Wie immer freuen wir uns berg, 85 Jahre; Anne Fisch- messenem Verhältnis« an die Op- de Defizite im »offiziellen« Ge- über Spenden für die Arbeit bach, München, 75 Jahre. fer der Nazi-Kriegsverbrechen er- denken hin – vor allem was den Wi- der bayerischen VVN-BdA. August: Alice Bargel, Sipplin- innert, behauptete die Bundesre- derstand der Arbeiterbewegung gen, 95 Jahre; Hilde Faul-Ger- gierung, obgleich sich der Kamera- und die Rolle der Roten Armee bei Unser Konto: VVN-BdA Bayern ber, Nürnberg, 91 Jahre; Ernst denkreis bisher jeder Mithilfe an der Befreiung von Faschismus und Nr. 10532-807, Postbank Antoni, München, 60 Jahre. der Aufklärung der Verbrechen und Krieg betreffe. E.A./U.S. München, BLZ 700 100 80.

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 13 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN BAYERN Wunsiedel: Weiter aktiv gegen Rechts! Es ist schon ein bisschen her, aber wir wollen unseren Lese- rinnen und Lesern das schöne Bild nicht vorenthalten, das im April die Titelseite der in Wun- siedel verbreiteten »Franken- post« zierte. Seit der Verhinde- rung des Rudolf-Hess-Aufmar- sches der Nazis im vergange- nen August hat in der Region die Wachsamkeit gegenüber rechtsextremem Treiben zuge- nommen. So auch bei dieser Mahnwache gegen ein Nazi- konzert in der Stadt. »Bei Re- gen und Sturm gegen Rechts« überschrieb die örtliche Zei- tung anerkennend das Bild. Die regionalen Aktivitäten las- sen hoffen, dass auch in die- sem Jahr im August in Wunsie- del wieder ein demokratisches Zeichen gegen braune Aufmär- sche gesetzt wird.

Redaktion: Ernst Antoni

NORDRHEIN-WESTFALEN »Nach 1945 war Hass gegen Deutsche zu stark« Jüdische US-Emigrantin Hedy Epstein besuchte Antifaschisten in Gevelsberg Auf Einladung des antifaschi- »Als Opfer des Judenhasses, Hedy in der Schule unter der Ju- zess tätig. Später wanderte sie in stischen Arbeitskreises Ge- konnte ich nach 1945 in Deutsch- denverfolgung der Nazis leiden. die USA aus. velsberg war Hedy Epstein in land nicht leben, weil ich in mir zu Weil ihre Eltern sie als 14-Jährige In ihrer neuen Heimat war sie Gevelsberg zu Gast. Vom 23. starken Hass gegen alle Deutschen auf einen so genannten Kinder- beruflich mit der Eingliederung April bis 6. Mai war sie im En- verspürte«, erzählte Hedy Epstein. transport nach England gaben, von Holocaust-Überlebenden be- nepe-Ruhr-Kreis unterwegs, Lange habe sie gebraucht, um ih- blieb sie vom Holocaust verschont. fasst und erschrak bald über die um an zahlreichen Schulen ren Hass gegen das gesamte deut- Die Familie konnte wegen der in herrschenden Klassenunterschie- den Schülerinnen und Schü- sche Volk zu überwinden. »Auge Europa bestehenden Restriktionen de, besonders über die Diskrimi- lern als Zeitzeugin ihren Le- um Auge hinterlässt auf beiden nicht auswandern. Hedy Epstein nierung der Farbigen. So wurde sie bensweg im Holocaust zu Seiten nur Blinde«, sagte sie. Ob in hat ihre Eltern nie wieder gesehen, zu einer bekannten Bürgerrechts- schildern. den USA oder den Krisenregionen sie wurden, wie alle ihre Verwand- aktivistin, die sich für die Rechte wie Kambodscha, Vietnam, Guate- ten auch, in Auschwitz ermordet. der Menschen mit dunkler Hautfar- Der »Runde Tisch gegen rechte mala, Nicaragua, Palästina und Is- be, gegen den Vietnamkrieg und Gewalt«, dem der Bürgermeister rael: »Unterschiede überwinden, in gegen Kriege der USA in der Welt Gevelsbergs vorsteht, und der anti- Dialog treten und dem anderen zu- Rückkehr nach Deutschland einsetzte. Die »Instead of war-coa- faschistische Arbeitskreis hatten zu hören – so könne der Hass über- lition« (Bündnis statt Krieg), »End einer Auftaktveranstaltung in den wunden werden«. Das ist ihre Bot- In England engagierte sie sich of torture now« (Ende der Folter Ratssaal des Rathauses eingeladen. schaft, die sie in die Welt trägt, schon in jungen Jahren gegen den jetzt) und andere Organisationen Hedy Epstein, vom Bürgermeister auch mittels ihrer 1999 erschiene- faschistischen Krieg. Sie trat auch zählen sie zu ihren aktiven Mitglie- Claus Jacobi herzlich begrüßt, hielt ne Autobiographie »Erinnern ist in die in London gegründete Freie dern. Heinz Müller unter der Überschrift: »Ein Leben nicht genug«. Deutsche Jugend (FDJ) ein. Von Redaktion: Ulrich Sander gegen den Hass« einen eindrucks- Hedy Epstein, geborene Wa- August 1945 bis März 1948 kehrte Landesbüro der VVN-BdA NRW, vollen Vortrag über ihre Aktivitäten chenheimer, wurde 1924 in Kip- Hedy Epstein als Angestellte der Gathe 55, 42107 Wuppertal, als Bürgerrechtlerin und Kämpfe- penheim bei Freiburg/Breisgau ge- Militärregierung nach Deutsch- Tel.: (0202) 450629 rin für Menschenrechte und gegen boren, ihre Familie war jüdischen land zurück und war als Dolmet- Unser Spendenkonto: Pbk Essen, Krieg. Glaubens. Schon als Kind musste scherin im Nürnberger Ärztepro- Konto 28212-435, BLZ 36010043

14 BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 antifa AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NORDRHEIN-WESTFALEN Zum Beispiel Münster-Hiltrup »Blumen für Stukenbrock« Auch im Münsterland kraftvolle Demo gegen Nazi-Aufmarsch Feier am 2. September Aktionen zum 8. Mai, die Neo- Am Samstag, dem 2. Sep- faschismus-Ausstellung in tember 2006 findet wieder Wuppertal, große Antifa-De- die Gedenkfeier und Frie- mos mit jeweils 1 500 Teilneh- densmanifestation »Blumen mern in Dortmund, Düsseldorf für Stukenbrock« auf dem und Gelsenkirchen - in den Gelände des ehemaligen letzten beiden Monaten hat es Stalag für sowjetische in NRW viele Aktionen mit Be- Kriegsgefangene in der Nä- teiligung der VVN-BdA gege- he von Bielefeld statt. Für ben. Beispiel hierfür ist auch den 1. bis 3. September die Demo am 7. Mai in Mün- wird wieder für das Jugend- ster-Hiltrup. Hier ein Bericht camp in der Nähe des La- aus dem Münsterland: gers geworben. Endstation Polizeikessel in Münster-Hiltrup: Wieder einmal waren es anti- 7. Mai 2006: Hiltrup wehrt sich ge- faschistische Gegendemonstranten, die von der Polizei aufgehalten wur- Der Arbeitskreis Blumen für gen Rassismus und Nazismus. Weit den. Bild: JGN Stukenbrock hat einen Aufruf über 2 000 Menschen waren bei gu- herausgegeben, in dem es tem Wetter in Hiltrup und setzten dankengut in Hiltrup, und damit und Ruhrgebiet. Die Altersstruktur unter anderem heißt: »Eine dort friedlich ein deutliches Zei- gleichsam in Münster, uner- war erschreckend jung. Doch ein atomwaffenfreie Zone unter chen gegen einen gleichzeitigen wünscht ist. Erfolg war es für sie nicht: Sie Beteiligung Irans und Israels Neonazi-Aufmarsch. Rund 1 400 Eine friedliche Sitzblockade von schafften es gerade mal 500 Meter könnte der erste Schritt zur Gegendemonstranten blockierten engagierten, friedlichen Jugendli- weit in bewohntes Gebiet. Friedenssicherung in diesem später die geplante Nazi-Route. chen auf der verlegten Nazi-Route, Deutliche Kritik richtete das Raum sein. Beide Staaten ha- Das Bündnis »Münster gegen wurde später von der Polizei un- Bündnis »Münster gegen Nazis« ben Anspruch auf Schutz und Nazis« sowie das Bündnis gegen sanft aufgelöst. gegen die Vorgehensweise der Po- Sicherheit. Wir appellieren an Rechts in Münster bedankte sich Die Nazis waren mit nur rund 70 lizei. Sie hatte die 1 400 Blockierer alle: Setzen Sie sich dafür bei allen, die daran teilgenommen Personen vor Ort. Gerade viele Ka- und somit die gesamte Öffentlich- ein, dass deutsche Politik ein- hatten, insbesondere bei den vielen der der Nazis fehlten, der Rückhalt keit gezielt falsch informiert, um deutige Friedenspolitik ist!« Menschen aus Hiltrup, die auf den der Nazis für Aufmärsche in Mün- dann 191 Jugendliche in der Max- Es dürfe keinerlei Beteili- Straßen waren. Gemeinsam habe ster bröckelt. Durchgeführt wurde Winkelmann-Straße, dem späteren gung Deutschlands an der durch den bunten Protest gezeigt die Provokation von Freien Kame- Demo-Ort der Nazis, einzukesseln. Vorbereitung und Durchfüh- werden können, dass braunes Ge- radschaften aus dem Rheinland JGN rung eines Krieges gegen den Iran geben. Die Bedrohung der Menschheit durch Atom- waffen sei so groß, dass jetzt Zu Lebenslänglich verurteilt – aber frei gehandelt werden müsse. Düsseldorf: Demo vor Wohnhaus eines Ex-SS-Mannes »Wir erneuern unsere Forde- rung nach Abzug aller Atom- An dem bundesweiten Akti- Zur Vollstreckung der Haft ist es schutz der Polizei hatte andernfalls waffen aus unserem Land onstag am 6. Mai zu einem bislang nicht gekommen. Auch mit einer Anzeige gedroht. »Damit und erwarten diesbezügliche SS-Massaker in der Toskana nicht bei Alfred Schöneberg. Der wird die italienische Justiz auf der Initiativen vom Bundestag.« beteiligten sich in Düsseldorf 85-jährige soll damals in Santa An- Ebene einer Bananenrepublik an- »Jeder Tag muss für die rund 50 Demonstranten. na dabei gewesen sein. Auch Schö- gesiedelt«, ärgerte sich Jürgen Menschen ein Antikriegstag neberg wurde in Italien zu lebens- Schuh. sein. Wir rufen alle auf, unab- Es ging um die noch lebenden Mit- langer Haft verurteilt. Bis heute Nachdem die Versammlung auf- hängig von politischen und glieder der 16. Panzergrenadierdi- lebt er aber in einer gutbürgerli- gelöst war, versuchten einige Teil- weltanschaulichen Differen- vision »Reichsführer SS«. Diese chen Nachbarschaft in Düsseldorf- nehmer der Demonstration doch zen, am 2. September zur Division wird beschuldigt, am 12. Vennhausen. zum Haus von Schöneberg vorzu- Mahn- und Gedenkveranstal- August 1944 ein Massaker unter Mit 50 Demonstranten, darunter dringen und dort Flugblätter zu tung nach Stukenbrock zu den Bewohnern des Dorfes Santa sehr viele ältere Menschen, zog die verteilen. Die Polizei reagierte re- kommen. Dieser Tag sollte Anna di Stazzema verübt zu haben. VVN-BdA deshalb in das Wohn- lativ besonnen. Später wurden Be- ein weiterer Anlass sein, un- 560 Menschen, darunter 120 Kin- gebiet. Vor dem Haus Schönebergs zirksvertreterin Christiane Schnu- seren Willen zu einem dauer- der wurden damals erschossen. Ein durfte keine Kundgebung stattfin- ra (Linke Liste) und Ratsfrau Adel- haften Frieden zum Ausdruck Kriegsverbrechen, das die italieni- den; die Polizei hatte einen Bann- gunde Karl (PDS) vorgelassen. zu bringen. sche Justiz bereits gesühnt hat. Die kreis mit 300 Metern Radius um »Nicht einmal die Schwiegertoch- Weitere Informationen bei: Mitglieder der Division wurden das Haus des 85-jährigen gezogen. ter wusste von der Vergangenheit Werner Höner, Weidenstra- von einem Gericht in La Spezia vor VVN-Demo-Organisator Jürgen Schönebergs. Die meisten Nach- ße 28, 32457 Porta Westfa- einem Jahr in Abwesenheit zu le- Schuh durfte Schöneberg auch nur barn waren entsetzt«, berichtete lica und bei benslanger Haft und Zahlung von als »angeblichen Kriegsverbre- Schnura. [email protected]. Entschädigungen verurteilt. cher« bezeichnen. Der Staats- WZ, Düsseldorf, 8. Mai

antifa BEILAGE · JULI/AUGUST 2006 15 AUS DEN LANDESVEREINIGUNGEN UND MITGLIEDSVERBÄNDEN NORDRHEIN-WESTFALEN Netzwerk gegen Rechts tagte am Hafen NRW-Konferenz der antifaschistischen Organisationen und Initiativen in Duisburg

Über die Konferenz des landes- Dortmund und Bochum. weiten Netzwerkes berichtete Mit Blick auf das stetig wach- die Westdeutsche Allgemeine sende Potenzial rechter Extremi- Zeitung (WAZ) Duisburg am sten setzt die Antifa-Bewegung vor 8. Mai: allem auf massiven Informations- austausch und Vernetzung. Zum Das landesweite Netzwerk gegen Auftakt ihrer Tagung berichteten Rechtsextremismus hatte für einen die Aktivisten über lokale Ent- Sonntag seinen Mittelpunkt in wicklungen des rechten Spektrums Duisburg: Rund 100 Teilnehmer in ihren Städten. Sorge bereitete kamen Anfang Mai zur 26. »Kon- den Referenten dabei vor allem im- ferenz antifaschistischer Initiati- mer häufiger auftretende Koopera- ven und Organisationen in NRW« tionen zwischen »freien Kamerad- im Internationalen Zentrum am In- schaften« und öffentlichen Funkti- nenhafen in Duisburg zusammen. onsträgern rechter Parteien. Laut Neben einem überregionalen Er- »Initiativ e.V.« seien solche Bünd- fahrungsaustausch stand bei dem nisse in Duisburg derzeit zwar jährlichen Treffen auch die Ausar- noch »deutlich begrenzt«. Ein An- beitung gemeinsamer Strategien lass zur Entwarnung bestehe je- und Netzwerke gegen Neonazis- doch nicht: »Wenn sie ihre Zusam- mus auf der Agenda. menarbeit ausbauen, denke ich, Anlass zum Handeln sehen die dass sie ein recht hohes Potenzial Organisatoren reichlich: »Im gan- haben«, so der Duisburger Bericht- zen Land steigt die Zahl rechtsex- erstatter im Plenum des Internatio- tremer Demonstrationen und nalen Zentrums. WAZ Kundgebungen, aber auch die der Niko, VVN-Mitglied aus Gü- Funktionsträger enorm an. Allein tersloh, nahm an der Konferenz in meiner Heimatstadt Aachen hat teil: »Es war gut, dabei gewesen zu es in den letzten drei bis vier Jah- sein. Nicht nur für die Motivation ren auf Seiten der Rechten eine Zu- der einzelnen lokalen Antifa-Grup- nahme um etwa 50 Prozent gege- pen und Initiativen ist es wichtig, ben,« sagt Kurt Heiler, Mitglied einen landesweiten Austausch über des Koordinierungskreises der Konzepte und Organisation zu ha- Konferenz. Eine weitere Hochburg ben und über Erfolge zu berichten. der Neonazi-Szene sei das Ruhrge- Nur gemeinsam können wir die Fa- Rund 100 TeilnehmerInnen nahmen an den Diskussionen auf der landes- biet, dort insbesondere die Städte schisten bekämpfen.« weiten Konferenz in Duisburg teil. Bild: VVN-BdA NRW Totenliste zeugt von Wattenscheider Widerstand VVN-Archiv mit Material zum Geschehen während der NS-Diktatur

Immer öfter nutzen Interes- das dunkelste Kapitel der deut- trauen«, sagt Gleising. 1972 trat de ich das noch können?« Gleising sierte unser Archiv mit Doku- schen Geschichte. Im Archiv-Kel- der 56-jährige der VVN bei, »um sieht sich in der Rolle eines »Er- menten aus dem Widerstand ler des Wuppertaler Landesverban- die Erinnerung an die Gräueltaten ben«, der die leidvollen Erinnerun- an Rhein und Ruhr. Das VVN- des der Vereinigung der Verfolgten der Vergangenheit wach zu hal- gen der Väter in der heutigen Ge- Archiv in Wuppertal wird der- des Naziregimes (VVN) stießen ten«, wie er sagt. »Denn in relativ sellschaft weiterhin wach halten zeit durch Spenden aufbereitet der Bochumer Kreisvorsitzende naher Zukunft werden wir keine will. »Ich bin sehr froh, dass wir und nutzbar gemacht. Über Klaus Kunold und der Watten- Zeitzeugen mehr haben, die aus ei- nun Daten und Fakten über Watten- den Besuch und das Ergebnis scheider Stadtverordnete Günter genem Erleben die Schrecken der scheider Widerstandskämpfer in einer VVN-Abordnung aus Bo- Gleising (Soziale Liste) auf bisher Nazi-Diktatur schildern können.« den Händen halten«, sagt Gleising. chum berichtete die Lokalzei- völlig unbekannte Fakten. Klaus Kunold (74) zählt noch zu Genutzt haben das Archiv auch tung WAZ am 11. Mai: Die beiden hatten in Wuppertal jenen Zeitzeugen. Als Kind sah er Hagener Gesamtschüler, die sich nach Material für eine Broschüre mit an, wie die Bochumer Synago- auf die Aktion Stolperstein vorbe- Eine Liste mit den Namen von 35 gesucht, die anlässlich des 60jähri- ge brannte, jüdische Mitbürger dis- reiteten. Sie spendeten 30 Euro. Wattenscheider Widerstands- gen Bestehens der VVN erscheinen kriminiert und deportiert wurden. Wer dem Archiv helfen möchte, kämpfern, zum großen Teil durch soll. »Als uns die Totenliste der »Nie wieder Krieg, nie wieder Fa- mache es den Schülern nach: Spen- Hitlers Schergen gefoltert und er- Wattenscheider Widerstands- schismus. Dafür werde ich, solan- denkonto VVN-BdA NRW, Konto mordet, wirft auf kommunaler kämpfer in die Hände fiel, mochten ge ich lebe, die Stimme erheben«, Nr. 28212-435, bei der Postbank Ebene ein neues Schlaglicht auf wir zuerst unseren Augen nicht sagt Kunold. »Aber wie lange wer- Essen, BLZ 360 100 43.

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