RUNDSCHAU 4 | 2013

Publikation des Pilotenverbands AEROPERS SwissALPA – Swiss Airline Pilots Association

Winter Operation in Zürich • Qualifi zierte Piloten werden rar • Pilots and Controllers Get Together • Was macht eigentlich … Rolf Senn? • Meteo – am Schluss steht der Mensch dahinter Inhalt

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3 The President’s Voice 24 Lasst hören aus alter Zeit – eine Fliegergeschichte Markus Grob erklärt, warum der neue Vertrag eine Investiti- Während einer Weltmeisterschaft einen gebrochenen Rumpf on in die Zukunft und die Stabilität der AEROPERS und der leimen oder einen zu langen Flügel gar mit der Handsäge Arbeitsplätze ist. stutzen? Was heute undenkbar ist, trug sich vor ziemlich genau 50 Jahren zu. Ein Zeitzeuge berichtet. 4 Editorial/Impressum 30 Civilized Thinking 5 Go-ahead – Winter Operation in ZRH The Slippery When Wet Check Ein Blick hinter die Kulissen der ATC, wenn der Winter das Geschehen am Flughafen diktiert. 31 Verschiedenes aus dem Ressort Mitgliederbetreuung Vorstandsmitglieder sind in diesen Tagen nicht nur mit GAV- 8 Qualifizierte Piloten werden rar Verhandlungen beschäftigt. Neben diesem wichtigen Ge- US-Airlines klagen bereits über Personalmangel. Bei Swiss schäft gilt es, sich um die aktuellen Anliegen der Mitglieder Aviation Training musste ein Kurs in der Pilotenausbildung zu kümmern. wegen mangelnder Anmeldungen gestrichen werden. Um nicht in die gleiche Lage wie die US-Carrier zu geraten, sind 33 Gedanken eines Fliegenden bei der Swiss bessere Rahmenbedingungen und eine solide Wer heute etwas auf sich hält, twittert. Als Aviatik-Journal von Langfristplanung nötig. Welt kann sich die «Rundschau» diesem Trend nicht verschlies­ sen. 11 Airport Collaborative Decision Making Was sich hinter dem Kürzel A-CDM verbirgt, wissen diverse 34 Das kleine Piloten-ABC Leser vermutlich nur der Spur nach. Deshalb bringt die Lot- Die Erfahrungen eines Flight Attendants im Umgang mit sin Gaby Plüss etwas Licht ins Dunkel. Piloten, präsentiert in einer etwas anderen Form. Von A wie Abflug bis Z wie Zukunft. 14 Das Modell Ryanair glänzt seit Jahren mit hohen Gewinnen und einer 36 Was macht eigentlich … Rolf Senn? konstant hohen EBIT-Marge. Das Erfolgsprinzip basiert auf Der A320-Captain Rolf Senn hat sich an der Ironman- vier Strategiepfeilern, die in letzter Zeit aber ins Schwanken Weltmeisterschaft in Hawaii mit einer Traumzeit unter zehn geraten. Stunden in die Finisher-Liste eingetragen. Die «Rundschau» sprach mit dem Eisenmann. 16 «Am Schluss steht der Mensch dahinter» 40 Gelesen/Pensionierung Ohne zuverlässige Wetterprognosen ist unsere Arbeit kaum denkbar. Wer diese Prognosen erstellt und wie die Abläufe 42 Eintritte und Pensionierungen dabei funktionieren, erklärt uns in einem Interview Stefan Vonlanthen von Meteo Schweiz. 44 Belpers: Air Berlin Switzerland – eine neue Station entsteht 20 Ein grosser Schritt Zwischen 2005 und 2008 waren in Zürich neben Belair- und Das Projekt X ist deutlich komplexer, als es auf den ersten Air-Berlin-Flugzeugen sogar eine kurze Zeit solche in Iber- Blick erscheint. Der Vorstand merkt, dass viele Mitglieder world-Farben zugegen. In diesem Bericht ist mehr über die das Verhandlungsergebnis kaum mit der Strategie der teilweise kurios anmutende Entstehung der Air-Berlin-Station AEROPERS in Verbindung bringen. Hier wollen wir Abhilfe Zürich zu erfahren. schaffen und aufzeigen, wofür wir uns ein Jahr lang intensiv eingesetzt haben. 47 On The Air … Aktuelles aus der Fliegerei. 21 Neu im Redaktionsteam: Janos Fazekas Als neuster Zugang zur «Rundschau»-Redaktion nutzt Janos 50 Zeitreise Fazekas die Gelegenheit, um sich bei den Lesern kurz vor- Ein Rückblick über wichtige, erheiternde oder auch banale zustellen und einen kurzen Einblick in seinen Werdegang zu Facts aus 100 Jahren Luftfahrtgeschichte. geben. 52 Shooter’s Corner 22 Runway Status Lights Ein scharfes Bild ist noch lange kein gutes Bild. Schärfe ist Unabhängige Kontroll- und Warnsysteme sollen den Betrieb vielmehr ein Gestaltungsmittel, um den Blick des Bildbe- auf den Pisten sicherer machen. Die Funktionsweise und die trachters auf das Hauptmotiv zu lenken. Dominique Wirz Bedeutung dieser neuen Stopplichter werden hier beschrie- erklärt, was Schärfe in der Fotografie bedeutet und wie wir ben. Der Umgang mit ihnen muss allerdings noch genauer sie für wirkungsvollere Bilder einsetzen können. definiert werden. 54 Wir trauern/Termine und Mitteilungen 23 Pilots and Controllers Get Together Ein kurzer Rückblick auf den ersten gemeinsamen Stamm- tisch mit Lotsen und Piloten.

2 AEROPERS The President’s Voice Ein Investment in den Schutz der Arbeitsplätze

Ueli Steck wurde jüngst in einem hinaus sichert. Der neue Vertrag, sofern er von den Interview gefragt, was er empfinde, Mitgliedern angenommen wird, würde frühestens im wenn er auf dem Gipfel eines Acht- Jahr 2018 auslaufen. tausenders stehe. «Anspannung!», seine kurze Antwort, denn erst 2016 – ein entscheidendes Jahr im Basislager sei die Expedition 2016 wird ein wichtiges Jahr für die AEROPERS, aber zu Ende. Auch die IPG und die auch für die Swiss. Neue Flotten stossen zu unserer AEROPERS haben Ende Oktober ein Firma und werden die Pilotenkorps an ihre Belastungs- schwierig zu erklimmendes Ziel grenze bringen. Nicht auszudenken, wenn mitten in die- erreicht, nämlich eine Absichtser- sem Trubel ein neuer GAV ausgehandelt werden müsste. klärung mit der Swiss, dass zukünftig beide Piloten- Dass unser Arbeitgeber in diesem intensiven Jahr nichts korps unter gleichen Verträgen in einem gemeinsa- unversucht lassen würde, um die neuen Flugzeuge in die men Korps fliegen werden. Wir sind aber noch nicht Luft zu bringen, versteht sich von selber. So ganz neben- am Ende unseres Marsches, das Basislager ist noch bei erwähnt: Der bestehende GAV11 bietet einige Mög- nicht erreicht. Auf dem Weg dorthin stehen Informa- lichkeiten, die neuen Arbeitsplätze an den Mitgliedern tionsveranstaltungen und die Abstimmung auf dem der AEROPERS vorbeizulenken. Und genau an dieser Programm. Die Verbandsmitglieder werden an einem Stelle zeigt der neue Vertrag seine Stärken. Im Unter- Urnengang am Anfang des nächsten Jahres über die wanderungsschutz werden gefährliche Löcher gestopft, Annahme des Vertrags befinden. Diesen Marsch müs- und ein Wachstum im Kurzstreckenbereich über einen sen wir zusammen absolvieren, da und dort noch Vor- möglichen Swiss-Ableger wird weiter eingeschränkt. urteile aus dem Weg räumen und unsere Ansichten Mit dem neuen Vertrag kann die AEROPERS die grosse abgleichen. Unruhe, die zweifellos eintreffen wird, massiv dämpfen, wenn nicht sogar ganz einschränken. Die Frage nach dem «Warum?» Die Swiss meldet gute Zahlen, und die meisten Kon- SPORDEC junkturbarometer zeigen nach oben. Da fragt sich der Der Vorstand hat auf den fundamentalen Umbau, in einzelne Arbeitnehmer zu Recht, warum es in einem dem sich unsere Firma befindet und der sie in näherer gültigen Arbeitsvertrag Anpassungen Zukunft noch weiter beschäftigen wird, braucht, die auf den ersten Blick zu so reagiert, wie es sich für professi- Ungunsten der Piloten ausfallen. Als «Ein Investment onelle Piloten gehört: Mit einem sau- Vorstand der Pilotenvereinigung sind in die Zukunft.» beren SPORDEC, das wir im Vorstand wir verpflichtet, unseren Blick weiter immer und immer wieder von Neuem in die Zukunft zu richten und mit einer durchgeführt haben. Optionen wurden Strategie zu reagieren, die dem Leitbild der AEROPERS kreiert und auf Risiken überprüft, was nicht selten zu entspricht. «Die AEROPERS sorgt für das langfristige heissen Köpfen und auch zu schlaflosen Nächten führte. Wohl ihrer Mitglieder am Arbeitsplatz» – ein Leitsatz, Dieses SPORDEC muss jedes Mitglied nun persönlich dem sich unser Pilotenverband verpflichtet. Klarer durchführen. Nur wer sich mögliche Szenarien vorstellt könnte der Auftrag nicht formuliert sein, die Verant- und Optionen generiert, kann auch zukunftsgerichtet wortung des Vorstands gegenüber den Mitgliedern nicht entscheiden. Damit dieses SPORDEC auch seriös durch- deutlicher aufgezeigt werden. Der Vorstand hat dies geführt werden kann, braucht es Informationen und sehr ernst genommen und die Argumente vorsichtig einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Es ist gegeneinander abgewogen. meiner Ansicht nach die Pflicht aller Mitglieder, denen die berufliche Zukunft und die der AEROPERS am Her- Der Schnellzug fährt ab zen liegt, eine der kommenden Informationsveranstal- Die Swiss hat einen Schnellzug in Gang gesetzt, der tungen zu besuchen. nicht mehr zu stoppen ist. Wir sind weder in der Lage, die Destination noch die Geschwindigkeit zu bestim- Ich wünsche Euch allen eine schöne Adventszeit und men. Wir können uns einzig und alleine entscheiden, einen guten Rutsch ins Jahr 2014! ob wir mitfahren wollen oder nicht. Dafür braucht es einen Fahrschein, und dieser Fahrschein heisst «Pro- jekt X». Wir müssen diesen Fahrschein zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen der IPG lösen, denn nur so bestimmen wir die Transportbedingungen mit. Captain Markus Grob Um den Preis dieses Billetts haben wir lange und hart Präsident verhandelt. Doch wir bezahlen nicht nur, wir erhalten auch einiges dafür. Das «Projekt X» ist ein wichtiges und nachhaltiges Investment in die Stabilität. Stabi- lität, die wir in Zukunft sicherlich brauchen werden und die unsere Arbeitsplätze auf die nächsten Jahre

Rundschau 4 | 2013 3 Editorial

«Von Piloten für Piloten» – das ist sie sind. Gerade im komplizierten Alpenraum seien die der Leitsatz des Redaktionsteams Profis vor Ort weder durch allgemeine Rechnungsmo- und gleichzeitig Ansporn für delle noch überregionale Prognosezentren zu ersetzen, unsere Arbeit. Wir wollen Hinter- so Vonlanthen im Interview. grundinformationen liefern, den Clemens Kopetz machte in der letzten «Rundschau»- Blick hinter die Kulissen wagen Ausgabe auf das Sozialdumping bei Leihpiloten auf- und Menschen zu Wort kom- merksam. Jetzt nimmt er die erfolgreiche Ryanair unter men lassen. So versuchen wir, die Lupe. Deren aggressives Geschäftsmodell gerät eine Mischung aus spannenden in letzter Zeit aber von mehreren Seiten unter Druck. Geschichten und interessanten Fakten zu finden, die Nicht nur die Subventionen an Flughäfen, sondern eine unterhaltsame Lektüre verspricht. auch das undurchsichtige Ticketsystem werden von Zunächst ein Blick in die nahe Zukunft: An verschie- Behörden kritisiert – ganz abgesehen von den Arbeits- denen Flugplätzen werden wir auf «A-CDM implemen- bedingungen der Besatzungen. «Es erstaunt, dass es tation» oder «collaborative decision making (CDM) Ryanair überhaupt noch gelingt, genug Personal zu fin- on trial. See GEN part ADR chapter 6» aufmerksam den», so Kopetz. gemacht. Im erwähnten Abschnitt sehen wir uns Die Krise im europäischen Raum lässt Piloten auf der zunächst einer Tabelle mit 44 zum Teil neuen Abkür- Suche nach Arbeit solche Bedingungen akzeptieren. In zungen gegenüber, die alle möglichen Richtzeiten beim weiten Teilen der Welt sieht die Lage ganz anders aus. Turnaround-Prozess bestimmen. Gaby Plüss bringt uns US-Gesellschaften sind bereits von Personalmangel einige dieser Begriffe näher und erklärt, was hinter betroffen und beklagen zu wenige geeignete Kandida- dem Projekt steckt. Eurocontrol verspricht sich einen ten. Wie im Bericht «Qualifizierte Piloten werden rar» «smoother flow of traffic». Alle Beteiligten sollen bes- zu lesen ist, musste auch Swiss Aviation Training 2013 ser informiert sein und ein realistischeres Lagebild von einen Ausbildungskurs wegen Schülermangels streichen. Handling-Abläufen und dem Verkehrsfluss bekommen. Diejenigen, die es bis ins Swiss-Cockpit geschafft Zudem sollen Störungen früher erkannt und antizipiert haben, werden seit Jahren von einem starken Verband werden. Gerade im bevorstehenden Winter wird das betreut. Über die aktuellen Themen im Ressort Mitglie- System seine Tauglichkeit beweisen können. Für uns derbetreuung klärt uns Patrick Bovens auf. Und über heisst es bei Schneetreiben deshalb neu: «General de- Mitglieder gibt es immer wieder etwas zu berichten: icing with extended slot tolerance window». Zum Beispiel, wenn sich zwei auftun, um an Weltmeis- Der Winter beeinflusst natürlich nicht nur unsere terschaften teilzunehmen – viel Vergnügen! Arbeit. Auch die Fluglotsen bekommen die kalte Jah- Zum Schluss heisse ich Janos Fazekas als Redakti- reszeit mit all ihren Facetten zu spüren. Gaby Plüss onsmitglied ganz herzlich im Team willkommen. Er ist gewährt uns in ihrer Kolumne «Go-ahead» einen Blick für die «Rundschau» eine Bereicherung und wird den hinter die Kulissen, «wenn Hold-over Time und Runway Horizont unserer Berichterstattung weiter öffnen – von Reports fester Bestandteil des Tagesgeschäfts werden». Piloten für Piloten. Schnee und Eis können den Flugbetrieb erheblich stören oder gar lahmlegen. Die Vorhersage der Wetter- So wünsche ich nun eine unterhaltsame Lesezeit! bedingungen ist unter diesen Umständen besonders wichtig. Janos Fazekas hat sich mit Stefan Vonlan- then von Meteo Schweiz unterhalten, um zu erfahren, woher die Wetterprognosen kommen und wie präzise Jürg Ledermann

Impressum Herausgeber Druck AEROPERS | SwissALPA Akeret Druck AG, 8600 Dübendorf Ewiges Wegli 10 | 8302 Kloten Telefon +41 44 816 90 70 | Fax +41 44 816 90 75 Auflage [email protected] | www.aeropers.ch 2800 Exemplare Redaktion Erscheinungsweise [email protected] Viermal pro Jahr André Ruth, Redaktionsleiter, Captain A330/340 Cover vierfarbig, Innenseiten schwarz/rot (Pantone 187) Jürg Ledermann, Redaktor, Captain A330 Inseratenannahme Peter Tilly, Redaktor, Captain A320 AEROPERS-«Rundschau» Janos Fazekas, Redaktor, F/O A320 Ewiges Wegli 10 | 8302 Kloten Henning M. Hoffmann, Geschäftsführer AEROPERS Telefon +41 44 816 90 70 | Mobile +41 79 261 31 64 Ständige Mitarbeiter [email protected] | www.aeropers.ch Peter Küng («Civilized thinking»), Captain A330/340 Copyright Zbigniew Bankowski («On The Air …»), Captain A320 Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Der Viktor Sturzenegger («Gelesen»), Pens. Captain A330/340 Abdruck, auch auszugsweise, ist nur mit ausdrücklicher Bewilligung der Christoph Jordan («Zeitreise»), Captain A330 Redaktion erlaubt. Dominique Wirz («Shooter’s Corner»), SF/O A330/340 Gaby Plüss («Go-ahead»), Flugverkehrsleiterin Zürich TWR und APPR Foto Frontseite: @ Sales Wick, SF/O A320 Layout André Ruth Redaktionsschluss «Rundschau» 1/2014: 14. Februar 2014

4 AEROPERS «Go-ahead» – Winter Operation in ZRH Schneefall, De-icing, gesperrte Pisten: der Winter beeinflusst nicht nur die Arbeit der Piloten. Auch bei den Lotsen macht sich die kalte Jahreszeit mit all ihren Facetten bemerkbar. Ein Blick hinter die Kulissen der ATC, wenn Hold-over Time und Runway Reports fester Bestandteil des Tagesgeschäfts sind.

Text: Gaby Plüss CFMU) jederzeit über den aktuellen Status aller geplanten Abflüge informiert. Die Details zu A-CDM finden sich in Während ich vor meiner Tastatur sitze, regnet es einem separaten Beitrag in dieser «Rundschau»-Ausgabe. draus­sen in Strömen. Eine Kaltfront zieht über uns hin- weg, die Anzeige des Thermometers fällt, und in den De-icing on request Gestellen der Grossverteiler warten Raclette und Fondue De-icing on request ist grundsätzlich während der an bester Lage auf hungrige Kundschaft. Höchste Zeit gesamten Winter-Operations-Phase vom 15. Oktober bis also, dass auch wir uns ein wenig mit dem Thema Win- zum 30. April verfügbar. Für uns beinhaltet dieser Sta- ter befassen. tus keinerlei spezielle Verfahren. Slots sind einzuhalten. Winter bedeutet für die ATC vor allem Schnee und De- Falls nötig, beantragen wir in einzelnen Fällen bei NMOC icing. Nebel gehört zwar eigentlich auch dazu. Da Nebel eine Slot Extension. aber speziell am Flughafen Zürich ein fast ganzjähri- ger Gast ist, beschränke ich mich in diesem Artikel auf General De-icing Schnee und De-icing. Bis anhin war die Aktivierung von General De-icing von der entstandenen Verspätung abhängig und führte Neuer De-icing-Status jeweils zu einer Erhöhung der Standard Taxi Time. Winter Operation heisst, dass es diverse zusätzliche Diese Erhöhung erlaubte es uns, die Slots auch unter Vorschriften zu studieren und zu beachten gibt. Das erschwerten Bedingungen einzuhalten. Ab diesem Win- gilt für Lotsen genauso wie für Piloten. Beim Studium ter gilt neu, dass General De-icing aktiviert wird, sobald des diesjährigen Winter Operation Guides ist dem einen mehr als die Hälfte aller Maschinen ein De-icing benö- oder anderen Piloten vermutlich aufgefallen, dass es tigt. Der Grund für diese Regelung steht ebenfalls im auf diesen Winter hin bei direkten Zusammenhang mit den verschiedenen De-icing- A-CDM. Gemäss AIP muss Stufen in Zürich eine Ände- «Slots müssen neu in jedem ein Pilot seinen Request für rung gegeben hat. «De-icing das De-icing bis spätestens on request» und «General Fall eingehalten werden.» 15 Minuten vor EOBT abge- De-icing» existieren immer ben. Der Datenaustausch mit noch. «CHAMAN» jedoch wurde durch ein Verfahren, NMOC beginnt aber einiges früher. Mit der Aktivierung das sich «General De-icing with extended Slot Tolerance von General De-icing wird das De-icing für jeden Flug Window» nennt, ersetzt. Der Grund dafür ist das soge- automatisch eingeplant und mittels Departure Planning nannte Airport Collaborative Decision Making (A-CDM), Information (DPI) nach Brüssel kommuniziert. Verlangt das am 19. August 2013 eingeführt wurde. Dank die- der Pilot bis 15 Minuten vor EOBT kein De-icing, so wird ses automatisierten Datenaustausches ist das Network dieses wieder aus der Planung entfernt, was eine Slot- Manager Operations Centre (NMOC) in Brüssel (ehemals Verbesserung bewirken kann.

Frühmorgens beim Anstehen im Remote De-icing Pad Charlie.

Rundschau 4 | 2013 5 setzen. Selbstverständlich versuchen wir ein erneutes De-icing für die startbereite Maschine zu verhindern. Das funktioniert allerdings nur, wenn alle Beteiligten flexi- bel agieren. In derartigen Situationen sind wir nicht zuletzt auch auf das Verständnis der Crews von anfliegenden Maschinen angewiesen, wenn wir ihren Anflug plötz- lich noch weiter verzögern müssen. Denn sonst würde es uns häufig nicht mehr gelingen, einen solchen Start unter Ein- haltung der GATO-Regeln doch noch zu ermöglichen.

Runway Report «Runway Report for Runway 28: full Der Flughafen versinkt im Schnee. length 60 metres wide covered with dry snow up to 150 millimetres, braking action Auch bei General De-icing sind die Slots einzuhal- poor, poor, poor». Zugegeben, dieser Runway Report ten. Beim Wechsel von De-icing on request zu General aus dem Jahr 2006, den ich beim Stöbern in unseren De-icing bereitet uns das Einhalten dieser Vorschrift Unterlagen gefunden habe, ist nicht die Regel. Eindrück- jedoch oftmals ein wenig Mühe. Müssten wir in dieser lich ist er aber trotzdem. Übergangsphase jede Slot Extension einzeln koordinie- Für das Erstellen eines Runway Reports sind die Kol- ren, könnte das relativ schnell zu einem Stau auf dem legen der Airport Authority zuständig. Dazu führen sie Tarmac führen. Um dies zu verhindern, können wir bei eine Pistenkontrolle durch, bei der sie die Schneehöhe NMOC für einen zu definierenden Zeitraum eine gene- an verschiedenen Stellen messen. Danach berechnen relle Slot Extension beantragen. Intern nennen wir diese sie für jedes Pistendrittel einen Durchschnittswert, der Phase «clean up the tarmac». Sobald General De-icing dann auf dem Runway Report publiziert wird. aktiviert ist, lassen wir das auf dem ATIS ausstrahlen. Damit der Runway Report den Weg auf das ATIS fin- det, muss er zuerst an unser Kommunikationszentrum General De-icing with extended Slot Tolerance Window in Genf übermittelt werden. Deshalb dauert es jeweils CHAMAN war sowohl für die Piloten wie auch für die einen Moment, bis der Report auf dem ATIS aufge- ATC ein relativ einfaches Verfahren. Slots wurden zwar schaltet ist. Damit wir trotzdem möglichst zeitverzugs- auch in der höchsten Eskalationsstufe vergeben, muss- los über die neusten Daten verfügen, wird der Report ten aber nur in den seltensten Fällen wirklich eingehal- zusätzlich per Fax in den Tower und in den Approach ten werden. Da NMOC dank A-CDM auch unter widrigsten verschickt. Dadurch können wir den Report so lange am Umständen jederzeit über die Situation der Abflüge infor- Funk übermitteln, bis er auf dem ATIS ausgestrahlt wird. miert ist, müssen wir die Slots neu in jedem Fall einhalten. Um in extremen Situationen aber trotzdem über einen Schneeräumung gewissen Spielraum zu verfügen, können wir in Absprache Die Entscheidung, ob eine Piste vom Schnee geräumt mit unseren lokalen Partnern das Slot-Fenster für einen werden muss, wird ebenfalls von den Kollegen der Air- definierten Zeitraum bei NMOC erweitern lassen. Das Slot- port Authority gefällt. Die Flughafen Zürich AG (FZAG) Fenster kann dabei beliebig bis auf maximal plus/minus kann dazu auf rund 125 Personen und 100 Fahrzeuge 30 Minuten der Calculated Take-off Time (CTOT) erhöht zurückgreifen. Dabei kommen sowohl Leute und Geräte werden. Ziel ist es, eine Erweiterung gemäss aktuellem der FZAG wie auch von Fremdunternehmungen zum Bedarf zu beantragen, der abhängig von der Situation zu Einsatz. Je nachdem, ob eine Räumung mit oder ohne definieren ist. Allerdings kann NMOC diesen Antrag auch Fremdunternehmungen geplant wird, dauert es nach ablehnen. Kommt die höchste Eskalationsstufe zum Ein- satz, lassen wir das auf dem ATIS ausstrahlen. Statistik Winter 2012 / 2013 Hold-over Time und GATO Hold-over Time und GATO-Separationen (siehe Anzahl Runway Reports...... 640 «Rundschau»-Ausgabe 3/2012) sind zwei Begriffe, die Einsätze gesamt ...... 70 sich, vor allem wenn es schneit, ziemlich in die Quere Einsätze Streudienst ...... 32 kommen können. Die Krux ist für uns dabei, dass wir Einsätze Schneeräumung ...... 38 einen Unterbruch im Anflug 14 erst dann planen kön- Erster Einsatz ...... 27. Oktober 2012 nen, wenn ein Start 16 das De-icing beendet hat und das Letzter Einsatz ...... 30. März 2013 Remote De-icing Pad Foxtrott verlässt. Die Zeitspanne, Höchste Schneemenge am 7.12.2012 ...... 17 cm die wir in einem solchen Fall zur Verfügung haben, Kumulierte Schneemenge ganze Saison ...... 119 cm ist – im Vergleich zum Flugbetrieb ohne De-icing – viel Längster Einsatz ...... 37 Stunden kürzer. Wartezeiten vor der Piste lassen sich deshalb Verbrauch Flächenenteisermittel ...... 2,80 Mio. Liter fast nicht vermeiden. Meldet uns ein Pilot einer start- Verbrauch Streumittel ...... 1139 Tonnen bereiten Maschine beispielsweise nun, dass er wegen Aufwand FZAG ...... 17 366 Stunden der Hold-over Time innert zehn Minuten starten müsse, Aufwand Fremdunternehmungen ..... 4766 Stunden kann das die Approach Crew erheblich unter Druck

6 AEROPERS Erhalt des Aufgebots zwischen 30 und 90 Minuten, bis [email protected] die Räumgruppen einsatzbereit sind. In der vorletzten «Rundschau»-Ausgabe habe ich an Die Dauer einer Schneeräumung hängt sowohl von der dieser Stelle zwei Fragen zum Thema Frequenzentlas- Anzahl Räumgruppen wie auch von der Schneequalität tung aufgegriffen und darüber informiert, was wir dies- ab. Je nach Schneebeschaffenheit muss die Equipe das bezüglich planen. Diese Planung ist nun abgeschlossen. Tempo auf der Piste anpassen, um ein sauberes Bild zu Per 12. Dezember 2013 werden wir die folgenden Ver- bekommen. Steht pro Piste nur eine Räumgruppe im fahren einführen: Einsatz, dauert eine Pistensperrung rund eine Stunde. Automatischer Frequenzwechsel nach der Landung Die Reinigung der Rollwege ist dabei noch nicht einge- IFR-Landungen auf Piste 14 sollen beim Verlassen der rechnet. Sind pro Piste zwei Gruppen unterwegs, hal- Piste neu ohne Aufforderung des Tower-Lotsen selbst- biert sich diese Zeit in etwa. ständig zum Apron Controller wechseln. Eine entspre- Nebst Pisten, Rollwegen und Vorfeld müssen auch chende Information wird auch auf dem Arrival ATIS gewisse Navigationsanlagen vom Schnee befreit werden. ausgestrahlt werden. Dieses Verfahren kommt einstwei- Konkret handelt es sich dabei um die Reflexionsflächen len ausschliesslich für IFR-Landungen auf Piste 14 zur der Gleitwegantennen unserer ILS-Anlagen. Schnee auf Anwendung. Bei sämtlichen anderen Landungen soll die diesen Reflexionsflächen kann zu einer automatischen Frequenz weiterhin erst auf Anweisung des Tower Con- Abschaltung der Anlage führen. Haben wir zu viele sol- trollers gewechselt werden. cher Abschaltungen zu verzeichnen, kann die Anlage in Silent Handover vom APR-Controller zum TWR-Lotsen ihrer Tauglichkeit zurückgestuft werden. Um das zu ver- IFR-Abflüge werden vom Apron Controller neu als meiden, werden diese Reflexionsflächen, nach präventiver «stand-by» zum Tower-Lotsen transferiert. Dieser macht Abschaltung der Anlage, ebenfalls vom Schnee befreit. dann den ersten Aufruf an die Crew. Dieses Verfahren Die genaue Statistik zum letzten Winter ist in einem gilt für sämtliche IFR-Abflüge von allen Pisten, die vom separaten Kasten zu finden. Die FZAG hat mir, nebst vie- Apron Controller an den Tower-Lotsen übergeben wer- lem anderen, diese Zahlen zur Verfügung gestellt – an den. Der Wechsel vom Apron Controller zum Ground dieser Stelle nochmals vielen Dank dafür! Controller erfolgt weiterhin mittels «contact». Frequenz zum Kreuzen der Piste 28 nach Landung auf Piste 14 Wie in der «Rundschau»-Ausgabe 1/2013 beschrieben, haben wir die Möglichkeit, die Aufgaben des Aero- drome Controllers auf zwei Lotsen aufzuteilen. Wenn wir aufteilen, übernimmt ein Lotse als sogenannter «ADC2» auf der Frequenz 120.225 MHz die Piste 14, während der andere als «ADC1» auf 118.100 MHz die Pisten 28 und 16 betreut. Nach der Landung auf Piste 14 erfolgte die Kreuzung der Piste 28 in dieser Konstellation bis anhin beim «ADC2». Das erforderte jedes Mal eine interne Koordination zwischen den beiden Tower Control- lern und bewirkte ab und zu, dass wir die Anfrage zur Kreuzung nicht zeit- verzugslos beantworten konnten. Neu werden solche Kreuzungen vom Apron Die Schneeräumung ist in vollem Gang. Controller zum «ADC1» transferiert. l

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Rundschau 4 | 2013 7 Qualifizierte Piloten werden rar Der Pilotenmarkt in den Vereinigten Staaten hat sich schneller erholt als erwartet. US-Airlines klagen bereits über Personalmangel. Bei Swiss Aviation Training musste ein Kurs in der Piloten- ausbildung wegen mangelnder Anmeldungen gestrichen werden. Um nicht in die gleiche Lage wie die US-Carrier zu geraten, sind bei der Swiss bessere Rahmenbedingungen und eine solide Langfristplanung nötig.

Text: Jürg Ledermann Safety in Vero Beach nun so, dass sie nach Erreichen der geforderten Stundenzahl abspringen können. Zudem Kaum eine Woche im Amt, und schon machte der neue werben Fluggesellschaften direkter um Militärpiloten, Chef des US-Verkehrsministeriums am 10. Juli dieses welche die neue Anforderung erfüllen. Jahres Schlagzeilen: Anthony Foxx kündigte Regelungen Auch die «Los Angeles Times» berichtete im Juli die- der FAA an, die den Luftverkehr in den Vereinigten Staa- ses Jahres über die Bewegung im Markt. Einerseits sucht ten nach politischer Manier sicherer machen sollen. «We die US Air Force auf breiter Front nach Kampfpiloten, owe it to the traveling public um ihren befürchteten Unter- to have only the most quali- «Im Jahr 2012 war die bestand von 200 Piloten in fied and best trained pilots», diesem Jahr etwas dämpfen so Foxx. Quote der Schweizer in den zu können. Verschiedene In Zukunft werden nicht Umstände, unter anderem nur Captains, sondern auch Pilotenklassen zum ersten das unstete Leben als Fighter First Officers im Einsatz Pilot und der vermehrte Ein- auf Passagierflugzeugen die Mal unter 40 Prozent.» satz von Drohnen, haben der Lizenz für Verkehrspiloten Attraktivität der Karriere bei (Airline Transport Pilot Licence, ATPL) besitzen müs- der US Air Force zugesetzt. Bei einem Bestand von 3000 sen. Zurzeit sind die meisten First Officers im Besitz Piloten droht im Jahr 2021 ein besorgniserregendes der Berufspilotenlizenz (Commercial Pilot Licence, CPL). Manko von 700 Flugzeugführern. Um Ausbildungskos- Wer in den USA eine Pilotenkarriere beginnen will, muss ten zu sparen, zielt das Angebot auf ehemalige Air-Force- also bald mindestens 1500 Stunden Flugerfahrung mit- Piloten, die sich noch einmal für neun Jahre verpflichten bringen und die zusätzlich verschärften Bedingungen sollen. Es winkt ein Salär, das monatlich um mehr als für das ATPL erfüllen. 2000 US-Dollar heraufgesetzt wurde. Diese Erhöhung wurde notwendig, weil viele Militärpiloten nach den übli- Nachwirkungen eines Absturzes chen elf Dienstjahren zugunsten einer höheren Lebens- Was auf den ersten Blick bloss nach einer formalen qualität und eines besseren Verdienstes in die Zivilfliege- Änderung aussieht, bedeutet eine erhebliche Hürde auf rei gewechselt hatten. dem Weg in das Cockpit eines Verkehrsflugzeugs. Die 1500 Flugstunden erreichen die jungen First Officers bei US-Airlines mit Selektionsdruck der Swiss erst nach rund zwei Jahren intensiver Fliegerei Andererseits haben sich auch die grundlegenden im Kurzstreckeneinsatz auf der A320- oder Avro-Flotte. Marktverhältnisse für Piloten in den USA geändert. In Die FAA erlässt diese Regelung wie auch die Verschär- den Krisenjahren haben sich viele Airlines restrukturiert fung der Arbeits- und Ruhezeitverordnung als Folge der und kaum noch Flugpersonal angestellt. Die Erholung Untersuchung des Absturzes des Flugs Col- gan Air 3407 im Februar 2009. 50 Menschen starben, nachdem die Piloten die Kontrolle über das Flugzeug verloren hatten und es in der Nähe des Flugplatzes Buffalo nach einem Strömungsabriss bei zu tiefer Geschwindig- keit aufschlug. Bei der Untersuchung stan- den folgende sicherheitsrelevante Themen im Fokus: Überwachung der Instrumente, professionelle Arbeit im Cockpit, Müdigkeit, Training und Aufsicht. Mit der Erhöhung der minimalen Stundenzahl erhofft sich die FAA bei jungen Besatzungen mehr Erfahrung im Umgang mit schwierigen fliegerischen Situa- tionen. Dadurch solle das Sicherheitsniveau steigen.

Auswirkungen im Arbeitsmarkt Die neuen Minimalanforderungen an First Officers beeinflussen den Pilotenmarkt direkt. Viele Fluglehrer planen ihren Einsatz Die Vergrösserung der Swiss-Europaflotte mit CSeries-Flugzeugen bei Flugschulen wie zum Beispiel der Flight erfordert zusätzliche Piloten.

8 AEROPERS hat aber schnell eingesetzt, und die meisten der in der bereits jetzt in der unangenehmen Lage ist, im Heim- Krise freigestellten Piloten sind wieder unter Vertrag. markt keine geeigneten Piloten mehr zu finden. Nun Delta Airlines schreibt bereits wieder 300 Jobs aus. Bei lässt sie bei einer Tochtergesellschaft von Lufthansa US Airways und American Flight Training in Deutsch- Airlines stehen zudem in den «Entgegen aller Szenarien land eilig ausländische Pilo- nächsten Jahren viele Pensio- ten ausbilden. nierungen an: rund 2000 Pilo- ist der Bedarf stets schneller Viele europäische Airlines ten werden dann 65 Jahre alt. stecken dagegen noch in Um diese Lücken zu stopfen, wieder angesprungen als der Konsolidierung, und die sind Militärpiloten mit genü- Rede ist von einem über- gend Flugstunden natürlich zunächst prognostiziert.» sättigten Pilotenmarkt mit willkommen. den üblichen negativen Aus- Bei den US-Regionalfluggesellschaften herrscht ange- wüchsen. So sind zum Beispiel Air France/KLM oder sichts dieser Verhältnisse schlicht Alarmstimmung: An Iberia immer noch dabei, Kapazitäten anzupassen. der World Aviation Training Conference and Tradeshow Ryanair, easyJet und Norwegian nutzen die Gunst der (WATS) im April dieses Jahres in Orlando, Florida, wurde Stunde und stellen billige Leihpiloten ein. Die Luft- darüber diskutiert, ob ein Pilotenmangel bevorstehe. Ein hansa verzeichnet schon seit längerer Zeit kein Wachs- Vertreter der ExpressJet Airlines, die mit über 400 Flug- tum mehr und hat in dieser Zeit auch keine Piloten zeugen täglich rund 2200 Flüge durchführt, äusserte angestellt. sich folgendermassen: «The applicant pool is nil. We are debating whether there is a shortage to come. I’m Weniger Schulung trotz Wachstumsplänen here to tell you it’s here.» Jim Winkley, Vicepresident Trotz des momentanen Einstellungsstopps bei der Flight Operations von American Eagle, bestätigte, dass Lufthansa ist man sich bewusst, wie schnell sich die die Anzahl der Interessierten innert zweier Jahre von Lage ändern kann. So ist auf der Homepage betref- 500 auf unter 100 gefallen sei: «The pool of excellent fend die Karriereaussichten zu lesen: «Letztlich ken- candidates is no longer out there.» nen wir diese Schwankungen, die recht extrem aus- Ein weiterer Grund für den Pilotenmangel ist das fallen, schon aus den Jahren 2003 und 2005. Und stetige Wachstum in der Luftfahrtbranche. und ebenso belegbar ist, dass entgegen aller Szenarien, mit analysieren den Markt kontinuierlich und geben denen in diesen Phasen gerechnet wurde, der Bedarf jährlich einen Bericht mit Prognosen für die nächsten stets schneller wieder angesprungen ist als zunächst 20 Jahre heraus. Beide Flugzeughersteller rechnen mit prognostiziert.» einem konstanten Wachstum von über drei Prozent, Wie Turkish Airlines verfolgt auch die Swiss Wachs- mit kleinen Abweichungen je nach Weltregion und Flug- tumspläne. Ab 2015 sollen die in die Jahre gekom- zeugsegment. menen Avro RJ100 durch effizientere Bombardier Boeing geht davon aus, dass die globale Airline-Indus- CSeries-100 ersetzt werden. Da es sich dabei nicht trie bis ins Jahr 2032 über 35 000 neue Flugzeuge benö- nur um eine reine Umflottung, sondern auch um eine tigen wird. Damit sollen 41 Prozent alte und weniger Aufstockung der Flotte handelt, ist mit einem zusätz- effiziente Maschinen ersetzt werden und die restlichen lichen Bedarf an Piloten zu rechnen. Bei einer Ausbil- rund 20 000 Flugzeuge für die Entwicklung des Markts dungsdauer von rund 18 Monaten ist klar, dass mit bereitstehen. einem gewissen Vorlauf geplant und ausgebildet wer- den muss, um die benötigte Anzahl qualifizierter First Europa und der Pilotenbedarf Officers und Captains rechtzeitig zur Verfügung zu Airbus und Boeing prognostizieren in Europa einen haben. Bedarf von 5500 bis 7500 neuen Flugzeugen. Über 70 Um so erstaunlicher ist es, dass bei Swiss Aviation Prozent davon sollen ihrer Ansicht nach sogenannte Training (SAT) im Jahr 2013 anstelle der üblichen vier Single-aisle-Typen sein. Das Wachstum in Europa soll Ausbildungskurse nur deren drei mit total 65 Schü- hauptsächlich im Langstreckenbereich stattfinden, ange- lern durchgeführt werden. Die Zahl der positiv selek- trieben von den aufstrebenden asiatischen Märkten. tionierten Kandidaten war schlicht zu klein, um einen Um diese ansehnliche Zahl an Flugzeugen bewegen zu vierten Kurs zu belegen. können, bedarf es nach Berechnungen in den nächsten 20 Jahren weltweit annähernd 50000 neu aus- Wenig Interesse am Beruf gebildeter Piloten. Der grösste Bedarf wächst in Asien Die Selektionskriterien der SAT sind standardisiert, mit knapp 20000 neuen Piloten heran. In Europa sollen mit denjenigen der Lufthansa-Pilotenschule zu verglei- rund 10000 Arbeitsplätze in Cockpits zu besetzen sein. chen und werden nicht den Bedürfnissen der Flugschule Da das Wachstum in allen Weltregionen zu verzeichnen angepasst. Die tiefe Zahl der positiv Selektionierten ist ist, wird es nicht mehr so leicht möglich sein, die geeig- als direktes Resultat eines rückläufigen Trends bei den neten Kandidaten in fremde Länder zu locken. Anmeldungen zu werten. Seit dem überdurchschnittli- Experten sind der Meinung, dass das Wachstum und chen Jahr 2011 sind die Bewerbungen um gut 15 Prozent der steigende Bedarf an Piloten in den verschiedenen zurückgegangen. Ob dies nun statistisch zu erklären ist Regionen unterschiedlich verlaufen werden. Vor allem oder ob sich ein Trend wie in den USA abzeichnet, ist im asiatisch-pazifischen Raum werden Piloten bei den schwierig zu sagen. aufstrebenden und konstant expandierenden Airlines Einige grundlegende Faktoren gibt es allerdings zu wohl immer eine Arbeitsstelle finden. Zu dieser Gruppe erwähnen. Nach wie vor muss ein Airbus-Pilot einen kann man die Turkish Airlines zählen, die kontinu- Grossteil der Ausbildung selber bezahlen. Nimmt er ierlich wächst. Sie tut dies sogar so schnell, dass sie zu diesem Zweck bei der Swiss ein Darlehen auf, muss

Rundschau 4 | 2013 9 2013 konnte die SAT statt der üblichen vier nur drei Ausbildungskurse durchführen. er innerhalb der ersten sechs Berufsjahre monatlich FRIEDRICH W. VÖLKER 1000 Franken an Darlehensschulden an den Arbeitge- ber zurückzahlen. Bei keiner anderen Berufsausbildung EH DIE in der Schweiz werden solche hohen Eigenleistungen gefordert. ERINNERUNG In Neuseeland war zu beobachten, wie stark ein sol- ches Eintrittsgeld wirken kann. Im Jahr 2011 wurde ERLISCHT die Förderung von Piloten neu geregelt, und Flugschü- DOKUMENTATION ler mussten einen Teil der Ausbildung bezahlen. Dar- EINER SWISSAIR- auf schrumpfte der Nachwuchs so stark, dass Air New KARRIERE Zealand ihren Bedarf nicht mehr aus dem Inland decken konnte. Sie beantragte 2013 deshalb, Piloten auf die Fritz Völker war über 40 Jahre bei der Swissair Skills Shortage List der Einwanderungsbehörde zu set- tätig. Als Mitglied des mittleren Kaders hat er zen, um auch Ausländer anstellen zu können. bei der Entwicklung und Umsetzung vielfältiger Aufgaben massgeblich mitgewirkt. Der Autor stellt Langfristiges Planen seine Erinnerungen in der Art eines Nachschlage- Im Vergleich zu Neuseeland kann die kleine Schweiz werks zusammen. Es geht ihm nicht allein um die für den eigenen Markt nicht genügend Piloten hervor- Darstellung seiner eigenen Laufbahn, sondern er bringen, vor allem angesichts des schnellen Wachstums zeichnet mit einer Fülle von Dokumenten, Bildern der Swiss in den letzten Jahren. Schon immer wurden und Faksimiles die persönlich erlebte Entwicklung bei Bedarf Piloten direkt angestellt – sei es als Ready der Swissair nach. Ein wertvolles Entries oder Direct Entries mit passender Lizenz. Noch Zeitdokument, der Nachwelt nie war die Quote der Schweizer in den Pilotenklassen überliefert – eh die Erinne- der SAT allerdings so tief wie im Jahr 2012. Zum ersten Neu rung erlischt. Mal sank sie unter die Marke von 40 Prozent. erschienen! Die starke einheimische Wirtschaft mit attraktiven Berufskarrieren in weltweit tätigen Firmen hat diesen Das Buch kostet Trend wohl auch beeinflusst. Wieso einen Beruf mit CHF 48.– hohen Einstiegshürden wählen, wenn die Privatwirt- zzgl. schaft bei Job-Messen an den Hochschulen die Studen- FRIEDRICH W. VÖLKER EH DIE ten mit Geschenken lockt? Versandkosten Das Jammern der Airline-Manager über die unsichere ERINNERUNGERLISCHT DOKUMENTATION EINER SWISSAIR-KARRIERE Zukunft und die sich wiederholenden pessimistischen VÖLKER W. FRIEDRICH Prognosen helfen nicht dabei, die Entscheidung zuguns- ten einer Karriere in dieser einzigartigen Sparte leichten Herzens zu treffen. Angesichts dieser Verhältnisse wäre die Einsicht wün- schenswert, dass dem kurzfristigen Streben nach Ren- Hardcover dite eine langfristige Personalplanung voranzustellen 160 x 240 mm ist. Dazu sind auch Rahmenbedingungen nötig, die eine 600 Seiten Karriere bei der Swiss im schweizerischen Berufsumfeld wieder als attraktive Variante erscheinen lassen. Das Potenzial an Schweizer Piloten liesse sich mit Sicherheit Bequem bestellen unter besser ausschöpfen. Im Weiteren wäre die Einsicht nötig, dass gerade jetzt der http://verlag.jordibelp.ch zukünftige Bedarf an Piloten nicht zu unterschätzen ist. Der oder per Mail Markt wird sich auch in der Schweiz wieder ändern, so wie [email protected] es in den USA nach der schlimmen Krise geschehen ist. l

10 AEROPERS Airport Collaborative Decision Making Airport Collaborative Decision Making (oder A-CDM) ist ein Ausdruck, dem sowohl Piloten wie auch Lotsen in Zürich seit einiger Zeit regelmässig begegnen. Was sich wirklich dahinter verbirgt, wissen aber trotzdem viele nur der Spur nach. Ein Versuch, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.

Text: Gaby Plüss stützt und soll auf allen europäischen Flughäfen imple- mentiert werden. EXOT, EXIT, DPI, TOBT, FUM, ELDT, TSAT, VTT, TTOT, A-CDM umfasst sechs Kernelemente, die aufeinander EDIT etc. Was sich auf den ersten Blick zum Teil ziem- aufbauen und fortfolgend eingeführt werden müssen. lich exotisch liest, hat seinen Ursprung in einem System, Erst nach erfolgreicher Umsetzung aller Elemente darf das seit dem 19. August 2013 am Flughafen Zürich in sich ein Flughafen CDM-Airport nennen. Schauen wir Betrieb ist und beispielsweise zur Folge hat, dass die uns diese Elemente ein wenig genauer an. ATC keine Ready Messages mehr verschickt. 1. Information Sharing Konzept Das Ziel des Information Sharing ist, mittels einer A-CDM ist ein Konzept, das Airport Operators, Aircraft A-CDM-Plattform (IT-Tool, Schnittstelle) alle involvier- Operators, Ground Handling Agents, Air Traffic Control ten Partner zur rechten Zeit mit aktualisierten Daten und Network Manager Operations Centre (NMOC, ehemals zum Turnaround-Prozess zu versorgen. CFMU) eine effiziente und transparente Zusammenarbeit ermöglichen soll. Das Ziel dabei ist, sowohl die Gesamtef- 2. Milestone Approach fizienz eines Turnaround-Prozesses am Flughafen wie Jeder signifikante Zeitpunkt während der Inbound-, auch das Kapazitätsmanagement En-route zu steigern. Turnaround- und Outbound-Phase widerspiegelt einen A-CDM wird in zirka 33 europäischen Flughäfen sogenannten Milestone. Treten diese Milestones ver- bereits umgesetzt oder befindet sich in Planung. A-CDM spätet oder gar nicht ein, hat das Auswirkungen auf die wir seitens Airport Council International (ACI) und nachfolgenden Milestones und somit auf die involvier- International Air Transport Association (IATA) unter- ten Partner. Durch den Milestone Approach wird sicher- gestellt, dass alle Partner mittels Information Sharing diese Daten frühzeitig erhalten, damit sie bei Bedarf Network Manager Operations Centre (NMOC) entsprechend reagieren können.

One Single Flow Management System 3. Variable Taxi Time (VTT) Together with aircraft operators, airport authori- Mit der VTT wird die Standard-Taxi-Zeit (in der Regel ein ties and air navigation service providers, NMOC einziger Wert für alle Pisten und Standplätze) durch varia- manages one single flow management system over ble, dem Airport Layout entsprechende Taxi-Zeiten ersetzt. . Dies ermöglicht eine flexiblere und genauere Planung. Die VTT wird sowohl für Inbound- wie auch für Outbound- Network Operations Flüge berechnet und entspricht der individuellen Taxi-Zeit NMOC aims to support the entire network in: von der Piste zur Parkposition und umgekehrt. Dabei wer- l ensuring safety den Faktoren wie Flugzeugtyp, Parkposition, Wetterbedin- l optimising capacity gungen, Peak Hours, De-icing etc. einkalkuliert. l optimising flight efficiency l minimising environmental impact 4. Collaborative Pre-departure Sequence l meeting the Single European Sky performance targets. «First Come – First Served» wird ersetzt durch «Best It also facilitates the CDM process to underpin Planned – Best Served». Die Flüge werden nicht mehr effective information exchange when the European in der Reihenfolge, in der sie «ready» melden, zur aviation network might be affected by major ATM Startpiste geführt, sondern gemäss der bestmöglichen disruptions and network crisis situations. Abflugsequenz. Dabei werden sowohl operationelle Auf- lagen des Flughafens als auch Restriktionen der Flug- NMOC Key Functions sicherung berücksichtigt. In Zürich wird diese Sequenz NMOC primarily carries out the three following ope- vom DARTS berechnet. rational functions: l Airspace Data Management 5. CDM in Adverse Conditions l Flight Plan Processing CDM in Adverse Conditions definiert Abläufe, damit l Air Traffic Flow and Capacity Management. auch bei eingeschränkter Kapazität – wie beispielsweise A current Operations Manager is always on duty to im Winter bei Schneefall – alle am Turnaround-Prozess manage and supervise these functions and acts as a beteiligten Partner über möglichst aktuelle Daten ver- focal point for crisis management in the European fügen. air traffic flow and capacity management arena. 6. Collaborative Management of Flight Updates (Quelle: homepage eurocontrol) Innerhalb Europas sind die CDM-Flughäfen via NMOC untereinander verbunden. Der Austausch von Arrival-

Rundschau 4 | 2013 11 A-CDM Informationen im AIMS. und Departure-Informationen ermöglicht eine genauere Flight Update Message (FUM) Planungsgrundlage für sämtliche Flüge. Dazu sendet NMOC sendet den Flughäfen für jeden Inbound-Flug NMOC den Flughäfen aktualisierte Daten über ankom- eine FUM. Diese besteht aus der Estimated Landing Time mende Flüge, während die Flughäfen NMOC über den (ELDT). Die erste FUM wird drei Stunden vor ELDT gesen- aktuellen Status von geplanten Abflügen informieren. det. Ab einer Veränderung von mehr als fünf Minuten wird die FUM fortlaufend aktualisiert. Neue Begriffe Seit der Einführung von A-CDM begegnen sowohl Lot- Departure Planning Information (DPI) sen wie auch Piloten in regelmässigen Abständen neuen Die Flughäfen schicken NMOC für jeden Outbound- Begriffen respektive Abkürzungen. Werfen wir deshalb Flug mehrere DPIs. Diese bestehen je nach Phase aus einen Blick auf die wichtigsten dieser Bezeichnungen verschiedenen Zeiten wie zum Beispiel TOBT, TSAT, VTT (siehe auch Kasten). oder TTOT. Die erste DPI wird drei Stunden vor EOBT versendet. Sämtliche DPI-Nachrichten werden fortlau- Target Off-Block Time (TOBT) fend und gemäss NMOC-Richtlinien aktualisiert. Die TOBT war bis anhin als STD respektive ETD Die verschickten DPIs sollten möglichst genau sein. bekannt. Die TOBT repräsentiert den Zeitpunkt, zu dem Deshalb müssen Abflüge, die den ATIS Departure Run- erwartet wird, dass ein Flug «fully ready» für Push-back way nicht akzeptieren können, dies dem Delivery zehn und/oder Start-up ist. Diese Zeit wird vom Handling bis 30 Minuten vor EOBT melden. Delivery passt dann Agent oder vom Aircraft Operator gemeldet und kann Departure Runway und SID im System an, damit die als eine Art «Zielzeit» gesehen werden, auf die alle Part- DPIs die korrekten Informationen enthalten. Von dieser ner hinarbeiten. Sie hat eine zentrale Bedeutung für die Regelung ausgenommen sind Abflüge der Gewichtskate- weiterführende Planung des Flugs. Basierend auf TOBT gorien «Heavy» und «Super». und VTT kann ATC (in Zürich mittels DARTS) eine soge- Dank DPIs ist NMOC jederzeit über den aktuellen nannte Target Take-Off Time und eine Target Start-up Stand eines geplanten Abflugs informiert. Allfällige Approval Time bestimmen. Slot-Veränderungen erfolgen aufgrund der DPIs auto- matisiert. Die ATC verschickt deshalb keine Ready Mes- Target Take-Off Time (TTOT) / Target Start-Up Approval sages mehr. Time (TSAT) Beim Berechnen der TTOT werden sowohl lokale Fak- A-CDM und De-icing toren (wie zum Beispiel Runway-Concept, Demand, De- Bis dato war das De-icing ein Faktor, der bei der icing oder VTT) wie auch Restriktionen der Flugsiche- Sequenzberechnung nicht berücksichtigt wurde. Mit der rung berücksichtigt. Sobald die TTOT bestimmt ist, lässt Einführung von A-CDM muss dieser aber ebenfalls ein- sich aus ihr die TSAT ableiten. Damit wird diejenige Zeit geplant werden, da die TTOTs sonst zu ungenau sind. bestimmt, zu der ein Abflug den Start-up und/oder Push- Die De-icing Coordination in Zürich ist deshalb neu mit back erwarten kann. So kann die optimale Abflugsequenz einem De-icing Tool ausgerüstet worden. Dieses Tool unter Berücksichtigung sämtlicher Restriktionen ein- berechnet sämtliche De-icing-Faktoren, die die TTOT gehalten werden. Die TSAT wird 40 Minuten vor TOBT dynamisch beeinflussen. Dazu zählen beispielsweise bestimmt und mittels A-CDM-Plattform kommuniziert. die effektive Verfügbarkeit von De-icing Trucks unter Danach wird mit jedem Update der TOBT die TSAT ent- Berücksichtigung der benötigten Tank-Stopps oder sprechend angepasst. die von den Spannweiten abhängige Verfügbarkeit der Die GATO-Problematik (siehe «Rundschau»-Ausgabe Lanes in den Remote De-icing Pads. 3/2012) ist zwar auch eine Auflage der ATC in Zürich. Trotzdem wird sie bei der Berechnung der TTOT nicht On-Stand De-icing berücksichtigt. Der Grund dafür ist, dass sich ein Start- Im Falle eines On-Stand De-icings ist das De-icing fenster erst dann planen lässt, wenn ein Abflug schon der letzte Bestandteil des Turnaround-Prozesses. fast startbereit vor der Piste steht. Das ist jedoch zu Die TOBT wird, wie bei normalen Bedingungen, auf kurzfristig, um es in den CDM-Prozess einfliessen lassen Abschluss der Handling-Aktivitäten exklusive De- zu können. icing gesetzt. Der Flug wird dann gemäss verfügbarer

12 AEROPERS Kapazität der De-Icing Trucks kalkuliert, enteist und Wichtige Abkürzungen auf einen Blick meldet sich danach beim Delivery «De-icing comple- A-CDM ...... Airport Collaborative Decision Making ted and ready for start-up». Das De-icing hat auf die ACI ...... Airport Council International folgende Berechnung der TTOT somit keinen weiteren AIMS ... Airport Information and Management System Einfluss mehr. ATC ...... Air Traffic Control ATIS ...... Automatic Terminal Information Service Remote De-icing ATM ...... Air Traffic Management Im Falle von Remote De-icing ist die geplante De- CFMU ...... Central Flow Management Unit icing-Zeit Bestandteil der VTT. Beim Berechnen der DARTS ...... DEP and ARR Management System TTOT werden somit nebst der Taxi Out Time auch die DPI ...... DEP Planning Information benötigte De-icing-Dauer und die verfügbare De-icing- EDIT ...... Estimated De-icing Time Infrastruktur berücksichtigt. Um die aktuelle Situation ELDT ...... Estimated Landing Time und kurzfristige Änderungen in Betracht zu ziehen, EOBT ...... Estimated Off-block Time werden die involvierten Partner mittels A-CDM-Platt- ETD ...... Estimated Time of Departure form über die geplanten Start- und Endzeiten des De- EXIT ...... Estimated Taxi In Time icings informiert. EXOT ...... Estimated Taxi Out Time FUM ...... Flight Update Message Erste Erfahrungen GATO ...... Go-around Take-off Bis jetzt scheint sich A-CDM zu bewähren. Zumindest IATA ...... International Air Transport Association sind seit der Einführung im August keine grösseren Pro- NMOC ...... Network Manager Operations Centre bleme aufgetaucht. Ob das System auch unter widrigen SID ...... Standard Instrument Departure Umständen funktioniert, wird der vor der Türe stehende STD ...... Scheduled Time of Departure Winter zweifelsohne zeigen. TOBT ...... Target Off-block Time Für Leser, die sich noch genauer über A-CDM infor- TSAT ...... Target Start-up Approval Time mieren wollen, empfiehlt sich ein Besuch auf der Home- TTOT ...... Target Take-off Time page des Flughafens Zürich. Aus dieser Quelle stammen VTT ...... Variable Taxi Time auch die meisten Informationen, die in diesem Artikel zu finden sind. l

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Rundschau 4 | 2013 13 Das Modell Ryanair Ryanair glänzt seit Jahren mit hohen Gewinnen und einer konstant hohen EBIT-Marge. Das Erfolgsprinzip basiert auf vier Strategiepfeilern, die aber ins Schwanken geraten.

Text: Clemens Kopetz, Vorstandsmitglied durchschaubares System von Treuhandbüros und Sub- firmen der Ryanair abgewickelt werden. Ein Ergebnis Seit Jahren schreibt Ryanair konstante Gewinne im liegt noch nicht vor. Es wird aber vermutet, dass diese hohen dreistelligen Millionenbetrag und erreicht regel- Praxis als illegal erklärt wird und Ryanair dadurch einen mässig EBIT-Margen von über zehn Prozent. Ein Wert, wichtigen Pfeiler ihrer Strategie verliert. den nicht einmal Emirates erreicht, von anderen Airlines ganz zu schweigen. Eine Frage, die mir immer wieder Günstige Arbeitskräfte gestellt wird, lautet: Wie geht das? Dass Ryanair auf günstige Arbeitskräfte setzt und Es ist also an der Zeit, sich das Businessmodell der dabei das Arbeits- und Sozialrecht bis an seine Grenzen Firma Ryanair einmal genauer anzusehen. Dieses basiert ausdehnt, ist inzwischen bekannt. Sowohl der Grossteil auf vier Grundpfeilern: Günstige Arbeitskräfte, günstige der Cockpit- als auch der Kabinenbesatzungen ist bei Flugzeuge, günstige Flughäfen und «günstige» Tickets. Drittfirmen angestellt und wird durch diese an Ryanair nur «weitervermittelt». Ein Blick auf die Arbeitsverträge Viele Subventionen zeigt, dass diese als reiner Kostenfaktor angesehen wer- Ryanair verfügt über eines der grössten Streckennetze den, den es zu optimieren gilt. Wie das konkret bei den Europas. 2012 wurden rund 180 Flugplätze angeflo- Cockpit-Besatzungen aussieht, habe ich bereits in der gen. Meist sind es kleine Regionalflugplätze, die – bevor letzten Ausgabe der «Rundschau» beschrieben. Ryanair kam – kaum Verkehr hatten und dringend auf Auch den Kabinenbesatzungen ergeht es kaum bes- Landetaxen und Passagiergebüh- ser. Quantität statt Qualität ist ren angewiesen sind. Auch die «Die Flugzeugreinigung angesagt, und eine möglichst umliegende Region ist über die hohe Fluktuation ist erwünscht. eingeflogenen Touristen froh wird durch die Kabinen- Denn wer lange für die Firma und sogar bereit, die Fluggesell- arbeitet, wird zu teuer. Daher schaft finanziell zu fördern. Im besatzung durchgeführt.» werden Kabinenbesatzungen das Jahr 2010 erhielt Ryanair vom ganze erste Jahr nur auf Probe spanischen Staat rund 80 Millionen Euro, damit sie Regi- angestellt und können innerhalb von wenigen Wochen onalflugplätze bedient. In Frankreich flossen 2010 rund entlassen werden. Die Uniform sowie das anfallende 8 Millionen Euro an die irische Firma. Das Land Kärnten Training in der Höhe von rund 2000 Pfund pro Jahr in Österreich zahlte für jeden beförderten Passagier 20 muss ebenfalls vom Besatzungsmitglied selbst bezahlt Euro. Das sind Wettbewerbsvorteile, von denen andere werden. nur träumen können. Sowohl Cockpit- als auch Kabinenpersonal sind nach Ryanair nutzt diese Situation natürlich aus und droht sogenannten «Zero-Hours»-Verträgen angestellt. Bezahlt mit einem sofortigen Abbau von Strecken, sollten die Lan- wird nur, wenn sich das Flugzeug bewegt. Bei Überbe- detaxen steigen oder die Förderungen reduziert werden. stand und in Jahreszeiten mit schwacher Nachfrage kön- Inzwischen beschäftigt sich die Europäische Union mit nen die Kosten so zulasten der Angestellten optimiert diesen Umständen und lässt durch ihre Wettbewerbsbe- werden. Zudem übernimmt die Firma keine Sozialabga- hörde prüfen, ob es sich hier um einen unlauteren Wett- ben der Mitarbeiter, da diese ja eigentlich gar nicht bei bewerb handelt. Erschwert wird diese Prüfung durch die ihr angestellt, sondern selbstständig sind. So ist jedes Tatsache, dass viele Subventionen über ein nur schwer Besatzungsmitglied eigenständig verantwortlich für eine Pensionsvorsorge und Krankenversicherungen. Um der Firma maximale Flexibilität zu geben, kann jedes Besatzungsmitglied mit einer Vorwarnzeit von nur wenigen Wochen von einer Basis zur anderen versetzt werden. Bei Ablehnung droht ein leerer Dienstplan und somit ein leeres Portemonnaie. Es erstaunt, dass es Ryanair überhaupt noch gelingt, genug Personal zu finden. Fliegen ist wohl immer noch sexy...

Viele gleiche Flugzeuge Mit über 300 Flugzeugen verfügt Ryanair über eine der grössten Kurzstreckenflotten weltweit. Beeindruckend ist auch die Zahl der Bestellungen. Erst Anfang 2013 wurde eine Bestellung von 175 neuen Boeing 737-800 unterschrieben. Durch die grosse Stückzahl sinkt einer- Ryanair plante, mit «Vertical Seats» mehr Passagiere seits der Preis. Andererseits werden Produktionsslots zu transportieren. Diese wurden bis jetzt noch nicht blockiert, die gegen einen entsprechenden Preis weiter- eingebaut. verkauft werden.

14 AEROPERS 2010 erhielt Ryanair vom spanischen Staat rund 80 Millionen Euro.

Der Grossteil der Bestellungen wird dann schluss- – Kreditkartengebühr (zwei Prozent des Gesamtbetrags) endlich auch an Ryanair ausgeliefert und ersetzt dort – Online Check-in (7 Euro) erst wenige Jahre alte Flugzeuge desselben Typs, die – Diverse Abgaben (9 Euro) wiederum einen guten Wiederverkaufswert haben. Ein 2. Fakultative Gebühren: Nebeneffekt dieser hohen Fluktuation sind die niedri- – Priority Boarding (7 Euro) gen Maintanance-Kosten, die bei einer jungen Flotte – Reservierter Sitzplatz (10 Euro) anfallen. – Kleinkinderzuschlag (30 Euro) Ist ein Flugzeug erst einmal in Betrieb, wird es aufs – 20 kg pro aufgegebenes Gepäck (35 Euro) Maximum ausgenutzt. Ryanair strebt Bodenzeiten von 3. Strafgebühren: 25 Minuten an. Bei einer Boeing 737-800 mit 189 Sitzen – Airport Check-in (70 Euro) ist das ein sportliches Unterfangen. Um dieses Ziel zu – Missed Departure Fee (110 Euro). erreichen, wird die Flugzeugreinigung durch die Kabi- So kostet ein Ticket, das ursprünglich als Ein-Euro- nenbesatzung durchgeführt, werden Passagiere kon- Schnäppchen angepriesen wurde, plötzlich das Hun- sequent durch beide Türen ein- und ausgeladen sowie dertfache. wird jeweils nur ein Frachtraum beladen. Daneben kann bei einer Buchung über die Homepage – In Jahreszeiten mit weniger starker Nachfrage werden ein Anruf beim Callcenter kostet weitere 20 Euro – eine regelmässig Flugzeuge am Boden stehen gelassen. So wur- grosse Anzahl zusätzlicher Services gebucht werden. den im Winterflugplan 2011 etwa 80 Flugzeuge tempo- Diese reichen von Mietautos, Bustickets, Reiseversi- rär abgestellt. Die gleiche Strategie wird auch in Zeiten cherungen und Hotelzimmer bis hin zu Koffern. Allein hoher Fuel-Preise angewendet. 2013 ist Treibstoff mit 45 diese Zusatzleistungen bescherten Ryanair im Jahr Ein- Prozent der höchste Kostenfaktor. Zwar versucht Ryanair, nahmen von 645 Millionen Euro. Das entspricht etwa 22 die Treibstoffkosten über Kurssicherung (Hedging) tief Prozent der gesamten Einnahmen. zu halten, ist grossen Preissprüngen wie alle anderen Air- lines jedoch auch ausgeliefert. Entwickelt sich eine Route Schwankende Pfeiler innerhalb einer kurzen Zeit nicht der Erwartung entspre- Anfang November schockte eine Gewinnwarnung die chend, wird diese einfach wieder eingestellt – egal, ob Anleger und sandte die Aktie der Firma Ryanair auf Tal- Tickets dafür bereits verkauft waren oder nicht. fahrt. Man erwarte 2013 nur mehr rund 500 Millionen Diese Strategie ist nur möglich wegen der niedri- Euro Gewinn. Was für andere europäische Airlines wie gen Erwartung, welche die Passagiere an die Fluglinie ein Glanzergebnis aussieht, beschert Michael O’Leary, haben, und natürlich durch die blockstundenabhän- dem CEO der irischen Billigfluglinie, Kopfzerbrechen. gige Bezahlung. Das mag paradox klingen, doch bekommt Ryanair immer mehr Druck von aussen. Versteckte Ticketkosten Alle vier Pfeiler der Strategie werden inzwischen Ryanair wirbt mit dem Slogan «The Low Fares Air- auf rechtlicher sowie medialer Ebene angegriffen. Die line», und für eine kleine Anzahl Tickets pro Flug gilt Europäische Union ist hinter den Förderungen bei den dieser Slogan auch tatsächlich. Wie jede andere Airline Flughäfen her und kritisiert die undurchschaubaren betreibt auch Ryanair eine dynamische Preisgestaltung. Ticketkosten. Die Regierungen mehrerer Länder sowie Das heisst, dass die Ticketpreise mit der Nachfrage, dem die European Cockpit Association (ECA) kritisieren die Datum und anderen Faktoren variieren. Der Grundti- Arbeitsbedingungen und gehen gegen diese auch vor. cketpreis variiert zwischen einem Euro und mehr. Doch Zudem haben sich in der Ryanair Pilot Group (RPG) auf diesen Grundpreis kommen weitere Kosten: bereits mehr als die Hälfte der Piloten organisiert. 1. Obligatorische Gebühren: Das stellt Ryanair auf die Probe, und der Druck wird – Flughafengebühren weiterhin zunehmen. – Administrative Spesen (7 Euro) Mehr dazu in der nächsten «Rundschau». l

Rundschau 4 | 2013 15 «Am Schluss steht der Mensch dahinter» Unser Arbeitstag beginnt üblicherweise mit der Flugplanung im Briefing-Raum. Dafür stellen uns die Damen und Herren im Meteo Office gleich nebenan die notwendigen Wetterunter­ lagen zur Verfügung. Stefan Vonlanthen von Meteo Schweiz gibt uns im folgenden Interview einen Einblick ins Meteo Office und erklärt die Abläufe und Arbeitsbereiche.

Interview: Janos Fazekas lich einfacher. Wir haben ein Vier-Augen-Prinzip, und damit werden die Produkte besser verifiziert. Daraus «Rundschau»: Wie ist das Met Office im Allgemeinen ergeben sich ein Qualitätsgewinn und eine verbesserte organisiert? Konsistenz zwischen den Produkten. Durch die Vergrös- Stefan Vonlanthen: Meteo Schweiz als nationaler serung unseres Personalpools werden sich die Dienst- Wetter- und Klimadienst betreibt das Met Office auf pläne und Zeiten auch ändern. Ab Frühling 2014 kommt den Flughäfen Zürich und Genf. Im Met Office laufen die gesamte Meteo Schweiz vom Zürichberg ins OPC in unter anderem Daten von Bodenmessstationen, Wetter- den fünften Stock. Nur noch die IT-Abteilung bleibt am radars und Satelliten ein. Diese Daten dienen zur Wet- Zürichberg. Das gibt auch Ihnen die Möglichkeit, mal terüberwachung sowie zur Erstellung von Prognosen, reinzuschauen und die eine oder andere Information Warnungen und Klima-Analysen. Im Met Office gibt es einzuholen. Die gesamtem Wissenschaftler und Fach- zwei Arbeitsbereiche: Einerseits gibt es meteorologische spezialisten werden hierherkommen. Berater beziehungsweise Beobachter und andererseits Prognostiker, die über ein abgeschlossenes Hochschul- «RS»: Wie sieht der Tagesablauf bei Ihnen aus? studium verfügen. S.V.: Die Wetterzentrale ist rund um die Uhr besetzt. Meteo Schweiz betreibt zum einen die Beobachtungs- Die telefonischen Auskünfte sind 24 Stunden verfüg- station am Pistenende 14/16, die die halbstündigen bar, und auch die TAFs werden laufend erstellt. Die Wettermeldungen und -warnungen für den Flughafen Arbeit wird dementsprechend im Schichtbetrieb erle- erstellt und ausgibt. Anderseits gibt es die Wetterzent- digt. In der Nacht ist das Met Office selbstverständ- rale im OPC neben dem Briefing-Raum. Dort können die lich mit weniger Personal besetzt. GAFOR/GAMET, Piloten das Selbst-Briefing anhand der vielen verschie- gewisse TAFs und einige weitere Produkte werden denen verfügbaren Quellen vornehmen. Man kann sich in der Nacht gar nicht erstellt. Beim Schichtwechsel dort auch beraten oder zusätzliche Informationen geben wird der nachfolgenden Schicht ein Überblick gegeben. lassen. Wir beraten dort auch die General Aviation per Namentlich darüber, was bisher passiert ist und wie Telefon und stellen Wetterwarnungen wie das SIGMET das Wetter aktuell aussieht, das sogenannte No Cas- und AIRMET, aber auch GAFOR und GAMET her. ting (Zeitraum vom Jetzt bis in die nächsten zwei bis Neben all diesen spezifischen Dienstleistungen für drei Stunden). Ausserdem werden natürlich auch die die Piloten liefern wir auch Produkte für die allgemeine Prognosen besprochen. Das Ganze dauert ungefähr 20 Wetterberichterstattung. Das sind also Berichte für die Minuten. Seit der Zusammenlegung der Teams gibt es Öffentlichkeit, Wetterseiten für Zeitungen und auch einen Schicht-Leader. Er ist Prognostiker und macht die Auskunftsdienste für allgemeine meteorologische Fra- TAFs, die Textprognosen und ist auch für das Warn- gen. Uns erreichen immer wieder Anfragen von Bauern wesen (SIGMET/AIRMET) zuständig. Die Berater bezie- oder auch Lehrern, die wissen wollen, ob sie die Schul- hungsweise Assistenten machen, basierend auf der reise durchführen können. Diese Dienstleistungen lau- Arbeit des Prognostikers, weitere Produkte wie das fen parallel. GAFOR/GAMET. Diese Produkte werden abgeglichen Flugwetterprognosen, insbesondere die TAFs, wur- und besprochen. Das heisst, dass es eine gegenseitige den bis anhin im Hauptsitz am Zürichberg erstellt. Das Überwachung gibt. Dieser Prozess ist durch die räumli- heisst, dass der Prognostiker räumlich vom Berater che Zusammenlegung deutlich vereinfacht worden. Die getrennt war. Seit dem Umbau der Wetterzentrale im Beobachter am Pistenanfang liefern das ATIS und sind OPC werden nun alle Flugwetterprodukte hier erstellt.

«RS»: Wie wirkt sich die Zusammenlegung auf Ihre Stefan Vonlanthen ist 1961 tägliche Arbeit aus? geboren und seit 1990 meteoro- S.V.: Die Aufgaben werden nach der Zusammenle- logischer Mitarbeiter bei Meteo gung neu verteilt. Es wird zusätzliches Personal darin Schweiz. Zwischen 2001 und ausgebildet, Flugwetterprodukte zu erstellen. Ausser- 2012 war er Teamchef Aviatik dem werden momentan Mitarbeiter, die bis anhin pri- und seit 2012 ist er Co-Teamlei- mär Flugwetterprognosen gemacht haben, in neuen, ter Prognoseassistenten. Vor der zusätzlichen Bereichen ausgebildet. Die Leute müssen Arbeit bei Meteo Schweiz hat er sich daher ein bisschen einarbeiten. Das hat aber keinen eine Berufsausbildung zum Land- Einfluss auf die Qualität unserer Arbeit. Dabei bleiben schaftsgärtner und anschliessend eine Ausbildung die Prognose des Flugwetters und die Herstellung ande- zum Grenzwachtbeamten absolviert. Er ist verhei- rer Produkte insofern getrennt, als pro Schicht entweder ratet und hat zwei erwachsene Töchter. Seine 1986 das eine oder andere gemacht wird. Die Flugwetterpro- erworbene Privatpilotenlizenz hat er zugunsten dukte kommen jetzt von einem Ort in einem Guss. Die seiner Familie aufgegeben. Abstimmung und die Kommunikation sind heute deut-

16 AEROPERS der Regionalflugplätze in der Wetterbeob- achtung und der Erstellung von ATIS. Aus- serdem gibt es interne Refresher-Kurse und Assessments für die Lizenzerneuerung. Des Weiteren sitzen hier Leute für die Öffent- lichkeitsarbeit, also für Kundenkontakt und Marketing. Auch der Behördenkontakt, beispielsweise für das Strassenwetter, wird hier bei uns gepflegt. Zu meinen Aufgaben als Dienstchef gehö- ren auch die Dienstplanung und die Abrech- nung. Wir haben dafür kein spezifisches Backoffice. Aber auch Dienstfahrzeuge und andere «Kleinigkeiten» gehören zum Verwal- tungsbereich. Je nach Arbeit in der Adminis- tration können diese Aufgaben zwischen ein bis zwei Tagen und 50 Stellenprozenten in Anspruch nehmen.

«RS»: Welche Ressourcen stehen den Prognostikern zur Verfügung? Wird alles selber gerechnet, oder übernimmt man Internationale Zusammenarbeit ist für flächendeckende Prognosen auch einiges? unerlässlich. S.V.: Wir erhalten Satelliten- und Radarbil- der von anderen europäischen und teilweise auch in Kontakt mit den Flughafenpartnern wie der auch US-amerikanisch nationalen Wetterdiensten, da Skyguide und der Flughafen Zürich AG. Die Arbeit dort die Schweiz einen Kostenbeitrag zur internationalen ist vor allem auf den Flughafen bezogen. Im Winter Infrastruktur leistet. Die Meteo Schweiz betreibt selber gibt es zusätzlich noch Schneekonferenzen mit dem drei Radarstationen, und es sollen bald noch zwei wei- Airport Steering und einem Berater. tere in den Alpen dazukommen. Dies wird unsere Abde- ckung verbessern, und wir werden diese Bilder auch «RS»: Sie haben die Schichtarbeit erwähnt. Wie sehen anderen Wetterdiensten zur Verfügung stellen. So kön- Ihre Einsatzpläne aus? nen wir die Wetterlage grenzübergreifend abdecken. S.V.: Die Pläne sind sehr dynamisch. Es kann sein, dass Dann haben wir natürlich die verschiedenen Prognose- man mal drei Tage arbeitet und zwei Tage frei hat und modelle, auf die wir uns stützen und die wir interpre- dann mal wieder fünf Tage arbeitet und vier Tage frei tieren. Es gibt schweizerische, europäische und globale hat. Wir sind generell der Bundespersonalverordnung Modelle. Für das Schweizer Modell steht uns das Nati- unterstellt und können daher bis zu sieben Tage am onale Hochleistungsrechenzentrum der Schweiz im Stück arbeiten und müssen dann eine entsprechende Tessin zur Verfügung, das die Daten mehrmals am Tag Ruhezeit haben. Man kann beispielsweise an einem Tag berechnet. Die internationalen METAR, TAF, SWC und bis 22.15 Uhr arbeiten und am nächsten Tag von 7.30 Windcharts werden teilweise in der Schweiz hergestellt bis 17 Uhr. Darauf können dann noch zwei Tage mit oder von den sogenannten Advisory Centers in Eng- Schichten von 4.45 bis 13 Uhr folgen. Es gibt also krasse land und Amerika bezogen. Betreffend der Warnung Wechsel. Der Nachtdienst ist hier ausgenommen. Dieser vor Vulkanasche gibt es auch mehrere Advisory Cen- wird in Blöcken von drei oder vier Stück nacheinander ters. Hat man alle diese Daten zusammen, geht es um absolviert. die Kunst der Interpretation. Trotz all der Modelle und Karten steht am Schluss der Mensch dahinter. Seine «RS»: Bei uns in der Fliegerei ist Fatigue ein grosses Erfahrung erlaubt die korrekte Interpretation. Jeder Thema. Wird bei Ihnen Fatigue Management auch dis- Prognostiker bei uns kennt die Stärken und Schwächen kutiert? der einzelnen Modelle und weiss zum Beispiel, dass er S.V.: Bei uns sind andere Pläne technisch gar nicht in einem Modell den Wind nicht berücksichtigen sollte möglich. Da die Wünsche der Mitarbeiter auch mitbe- oder bei einem anderen zuerst einen Abgleich vorneh- rücksichtigt werden und viele administrative Faktoren men muss. Die Modelldaten laufen oft nicht einfach Einfluss haben, sind wir bei der Planung eingeschränkt. eins zu eins zum Kunden. Aufgrund dieser Daten und Die vorgeschriebenen Ruhezeiten werden aber immer der Erfahrung des Prognostikers werden dann die Flug- eingehalten. wetterprodukte erstellt.

«RS»: Was geschieht in den Büros in den oberen Stock- «RS»: Das heisst, dass, wenn ich im OPC eine SWC werken des OPC? beziehe, sie von einem Prognostiker erstellt wurde und S.V.: Hier erledigen wir Sacharbeiten. Die Mitarbeiter nicht bloss ein Computermodell ist? erhalten entsprechend ihrern Wünschen beziehungs- S.V.: Genau, auf der SWC sind Handeingaben des weise Fähigkeiten zusätzliche Aufgaben. Dazu zählen Prognostikers. Die werden angeschaut, verifiziert und auch die interne und die externe Ausbildung. Wir bilden korrigiert. Die Winddaten stammen direkt aus den zum Beispiel Personal bei der Skyguide, beim Militär Modellberechnungen. Aber alle Produkte für die Schweiz, und beim BAZL aus. Insbesondere schulen wir Personal insbesondere das TAF, sind von Menschenhand erstellt.

Rundschau 4 | 2013 17 «RS»: Findet bei Ihnen eine Qualitätskontrolle statt, lige Aufgabe. Auch bei konvektiven Wetterlagen ist es und wie sieht die aus? teilweise schwer zu sehen, ob es den Flughafen betreffen S.V.: Es werden nicht alle Produkte im gleichen Mass wird oder nicht. Da drücken wir den Unsicherheitsfaktor kontrolliert, sicher aber das TAF. Solche Prognosen wer- mit einer PROB-Gruppe aus. Dabei bezieht sich die Wahr- den länderübergreifend verifiziert. Wir überprüfen zum scheinlichkeit auf den tatsächlichen Eintritt des Ereig- Beispiel die deutschen Kollegen, und sie kontrollieren nisses und nicht auf das damit verbundene Zeitfenster. wiederum uns zusammen mit den Österreichern. Intern In anderen Worten: wir können nicht mit hoher Wahr- schauen wir uns die METARs an. Dies ist auch eine der scheinlichkeit vorhersagen, dass das Ereignis eintritt. voran erwähnten Zusatzaufgaben im Büro. Da überprü- fen wir zum Beispiel die Pünktlichkeit, Codierung und «RS»: Bei den Besatzungen hält sich folgende Theo- den Inhalt. Auch GAFOR/GAMET werden hin und wie- rie hartnäckig: «PROB30 TEMPO TS» bedeute, dass man der überprüft. nicht recht wisse, ob der TS komme. «PROB40 TEMPO TS» bedeute, dass der TS komme, aber es nicht sicher «RS»: Es wird also auch spezifisch geschaut, ob die sei, wo er durchzieht. Stimmt das so? Voraussagen eintreffen? S.V.: Die von Ihnen beschriebene «Theorie» deckt sich S.V.: Ja, das ist tatsächlich so. mit dem, wie das PROB in etwa in der Praxis angewendet wird. Es ist zwar etwas salopp ausgedrückt, aber trifft «RS»: Aus diesen Kontrollen entsteht wahrscheinlich den Kern. ein Bericht oder ein Feedback. Wie reagieren Sie darauf? S.V.: Wir untersuchen die Ursachen. Hat zum Beispiel «RS»: Was erwartet uns in den nächsten fünf bis zehn eines unserer Modelle eine unbekannte Schwäche? Jahren an Entwicklungen im Bereich des Flugwetters? War die Wetterlage vielleicht besonders schwierig? Die S.V.: Die Modelle werden wohl immer genauer werden. Erkenntnisse fliessen dann in die Ausbildung ein. Wir Davon kann man definitiv ausgehen. Ich glaube aber haben mehrmals im Jahr Refresher-Kurse. Ausserdem kaum, dass es einen Quantensprung geben wird. Die haben wir bei Meteo Schweiz eine Modellabteilung, die Entwicklung geht in immer kleineren Schritten vorwärts. solche Inputs aufnimmt und die Modelle laufend ver- Möglicherweise gibt es ein paar neue Produkte neben bessert. TAF, METAR und SIGMET. Das hängt auch mit den Ent- Wir sind auch SES- (Single European Sky) und ISO-zer- wicklungen in Europa zusammen. Wenn der SES kommt, tifiziert, entsprechen den ICAO-Standards, und alle zwei könnten alle TAFs zentral hergestellt werden, zum Bei- bis drei Jahre gibt es einen grösseren Audit. Das BAZL spiel in London. Es wird tatsächlich davon gesprochen, als Aufsichtsbehörde kontrolliert uns regelmässig und dass es in Zukunft nur noch drei oder vier Zentren segnet unsere Arbeit ab. geben soll, die ganz Europa abdecken. Darin sehe ich allerdings eine Gefahr. Momentan werden die Progno- «RS»: Über welchen Zeitraum sind Ihre Prognosen am sen in jedem Land selbst erstellt. Ein Prognostiker vor stabilsten? Ort erstellt wahrscheinlich die besseren Prognosen als S.V.: Die TAFs sind über den gesamten Zeitraum gleich einer, der weit weg sitzt. Der ortsansässige Prognosti- präzise. Bei unsichererer Wetterentwicklung benutzen ker kennt die lokalen Gegebenheiten und muss das TAF wir PROB TEMPO. Wetterphänomene, die ohne PROB auf- nicht gleich für 50 Flugplätze erstellen, sondern nur für geführt sind, treffen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein. drei bis fünf in der näheren Umgebung. So ein Projekt könnte zu einer temporären Verschlechterung führen. «RS»: Können Sie noch etwas genauer auf die PROB Aber prinzipiell rechne ich mit immer genaueren und TEMPOs eingehen? qualitativ besseren Unterlagen für die Fliegerei. S.V.: Wir versuchen unsere Prognosen möglichst prä- zise zu halten. Es gibt Situationen, die sehr schwierig «RS»: Das TAF- und ATIS-Format stammt aus vorauszusagen sind. Eine präfrontale Entwicklung sehr einer anderen Zeit. Wird es uns erhalten bleiben? genau zu terminieren ist beispielsweise eine solch kniff- S.V.: Ich habe keine Kenntnis davon, dass dies zur Debatte stünde. Die Formate werden aber laufend angepasst. SIGMETs werden zum Beispiel ab November auf kleinere Räume mit Koordinaten beschränkt und damit präziser. Die Koordinaten sind natürlich für Sie als Nutzer teilweise mühsam. Nicht alle Neuerungen sind für den Endkunden auf Anhieb optimal. Bei der Umstellung auf den neuen TAF-Code zum Beispiel gab es bei der Bewölkung einen Wechsel von der Achtelsangabe zu den Bezeichnungen «scattered» und «broken». Diese Einteilung ist viel grober, und daher haben die Öster- reicher von sich aus den Term «few» einge- führt. Ein Jahr später ging diese Bezeich- nung in die offizielle Terminologie ein. Dies zeigt, dass diese Dinge im Fluss sind und man laufend bemüht ist, die Produkte Die Arbeitsbereiche bei Meteo Schweiz sind vielseitig. zu verbessern.

18 AEROPERS S.V.: Das ist so. Eine Software überprüft die Meldungen auf die korrekte Schreibweise. Leider werden fehlerhafte Gruppen komplett rausgeschmissen. Das ist eigentlich schade, da auch nicht konforme Gruppen unter Umstän- den wertvolle Informationen in sich tragen können. Es könnte da beispielsweise «999/» stehen. Daraus liesse sich eine Sicht von zehn Kilometern oder mehr ablesen. Das System entfernt dies aber, und Sie haben im TAF keine Information mehr über die Sicht. Moskau gibt zum Beispiel besondere Turbulenz- und Vereisungsgruppen aus. Auch die werden gestrichen. Aber inhaltlich bleiben die TAFs unredigiert. Wir schauen auch, ob alle TAFs vor- handen sind. Sollte dies mal nicht der Fall sein, kann man Die Modelle für die Schweiz werden im Nationalen bei uns ein Provisional TAF verlangen. Unser Prognostiker Hochleistungsrechenzentrum gerechnet. wird dann für eine beliebige Station weltweit ein solches erstellen – vorausgesetzt, er hat genügend andere Unter- «RS»: Nochmals zur Qualität: Wir sind für die Flugpla- lagen, um eine sinnvolle Prognose erstellen zu können. nung abhängig von gewissen Minima. Speziell auf der Kurzstrecke, wo wir eher auch ohne Alternate planen «RS»: Wenn diese Ausgabe erscheint, ist es bereits dürfen. Da machen es uns Meteo-Büros, wie das von Mos- Winter. Neben dem Schnee – worauf müssen wir Piloten kau, mit ihren pessimistischen Prognosen schwer. Woher besonders achten? stammt dieser eklatante Qualitätsunterschied? S.V.: Da ist an erster Stelle der Nebel mit all seinen S.V.: Dieses Phänomen lässt sich bei verschiedenen Konsequenzen für Sicht und Anflugverfahren zu erwäh- Stationen beobachten. Im geringeren Ausmass auch in nen. Ein besonderes Phänomen sind die aktiven Rück- Mailand und Basel. Ich kann auch nur subjektiv mutmas- seiten, die schnell wechselnde Wetterbedingungen brin- sen, woher das kommt. Ich könnte mir aber vorstellen, gen. Es kann sein, dass man im Anflug noch bis zum dass dort für den Prognostiker auch rechtliche Aspekte Horizont sieht und kurz vor dem Aufsetzen die Sicht eine grössere Rolle spielen. Es könnte sein, dass man aufgrund eines Regen- oder Schneeschauers komplett dem Meteorologen in Moskau eher einen Strick daraus verliert. Dies kann sich dann natürlich auch auf den Pis- dreht, wenn er nicht auf die sichere Seite prognostiziert. tenzustand auswirken. War die Piste kurz vorher noch Er gibt dann halt alles ein, was er als möglich erachtet, trocken, kann es sein, dass sie sehr rasch mit Slush oder und sichert sich somit ab. Damit kann dann ein Pilot Schnee belegt ist. halt nicht viel anfangen. Die Ausbildung spielt vielleicht auch eine Rolle, so wie die verfügbaren Unterlagen. «RS»: Wie gut lässt sich das voraussagen? Kommen solche Situationen überraschend? «RS»: Das heisst, Sie könnten von hier aus wahrschein- S.V.: Das kann auch für uns sehr überraschend sein. lich eine akkuratere Prognose erstellen für Moskau? Anhand der Grosswetterlage können wir ungefähr S.V.: Das kann durchaus möglich sein. Wenn Sie vor abschätzen, wie aktiv das Wetter ist. In welchem Zeit- Ihrem nächsten Flug bei uns vorbeikommen, können wir fenster dieses Phänomen durchzieht, versuchen wir Ihnen vielleicht weiterhelfen. Natürlich können wir nie- natürlich möglichst genau abzudecken. Mit der Trend- mals so präzise sein, wie wir es vor Ort sein könnten. Gruppe im METAR sogar mit einer Zeiteingrenzung. Hin und wieder kommen Piloten bei uns für solche Bera- Diese Dinge sind sehr lokal. Es kann sein, dass im Nor- tungen vorbei. den des Flughafens am Pistenkopf alles in Ordnung ist und bereits am Pistenende wieder Schnee liegt. Der Win- «RS»: Ich habe festgestellt, dass einige von uns im ter ist bestimmt ein sehr spannendes Halbjahr. Korps auf ihren Smartphones Wetter-Apps wie zum Bei- spiel «Weather Pro» verwenden und diese teilweise als «RS»: Haben sie Wünsche oder Anregungen an uns präziser ansehen. Wie stehen Sie zu dieser Annahme? Piloten? S.V.: Es gibt bestimmt viele gute Apps, die viele Infor- S.V.: Eigentlich nicht, ausser dass Met Reports mationen liefern. Aber generell würde ich mich gegen immer sehr willkommen sind. Ich finde unsere diese Behauptung wehren. Die Prognosen sind teilweise Zusammenarbeit sehr gut. Ich bin schon eine Weile eher grob. Mit unseren Prognostikern vor Ort und mit dabei und habe das Gefühl, dass wir geschätzt wer- unseren Unterlagen und Modellen können wir sicher den. Ich bin froh, dass wir unsere Büros hier im bessere, flugwetterspezifische Informationen liefern als OPC haben und damit den direkten Kontakt mit den eine App. Für TAFs anderer Länder können wir die Hand Piloten pflegen können. Wir sind dementsprechend wie gesagt nicht ins Feuer legen. Es kann schon sein, froh, wenn Sie das auch so sehen und dem auch Aus- dass in Ländern, in denen die TAFs nicht wirklich gut druck verleihen. Speziell wenn es mal darum ginge, sind, eine App überlegen ist. Aber bei Flugwetterprog- dass man gewisse Abteilungen vielleicht auslagern nosen für die Schweiz und besonders den Alpenraum möchte. Wir sind natürlich auch froh über Inputs können wir uns, ohne uns rühmen zu wollen, ganz klar und Anregungen. Wir sind hin und wieder zwischen als die Spezialisten bezeichnen. den Fronten. Die Skyguide und die Swiss haben nicht immer die gleichen Wünsche, besonders, wenn es «RS»: Für TAFs anderer Länder können Sie die Hand um die Anflugraten aufgrund des Wetters geht. Wir nicht ins Feuer legen. Heisst das, dass diese unredigiert schätzen es, wenn man auch in solchen Situation mit bei uns aus dem Drucker kommen? uns redet. l

Rundschau 4 | 2013 19 Ein grosser Schritt Das Projekt X ist deutlich komplexer, als es auf den ersten Blick feststellbar ist. Der Vorstand merkt, dass viele Mitglieder das Verhandlungsergebnis falsch deuten und es kaum mit der Strate- gie der AEROPERS in Verbindung bringen. In diesem Artikel wollen wir Abhilfe schaffen und Euch aufzeigen, wofür wir uns ein Jahr lang intensiv gegenüber dem Management eingesetzt haben.

Text: AEROPERS-Vorstand BATNA Der Swiss geht es gut: Im europäischen Vergleich belegt Was also ist die BATNA der Swiss? Oft zu hören war das sie weiterhin einen Spitzenplatz mit einer EBIT-Marge von Gerücht der Auslagerung der Boeing 777. Der Vorstand ist rund fünf Prozent. In den kommenden Jahren werden sich einig, dass eine solche Auslagerung weder in Bezug neue Flugzeuge zur Flotte stossen, die der Wirtschaft- auf die Qualität noch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit lichkeit unserer Firma ebenfalls einen positiven Impuls sinnvoll ist. Wir sind auf der Langstrecke im Wettbewerb geben werden. Das Management lässt jedoch nichts ausserordentlich gut aufgestellt. Zudem gibt es viele recht- unversucht, uns Piloten und allen anderen Mitarbeitern liche Hürden, die eine solche Auslagerung zwar nicht ver- der Firma klarzumachen, dass wir stark unter Druck ste- unmöglichen, aber doch sicherlich erschweren. hen. Während Christoph Franz in der Pressemitteilung Was aber ist die Alternative der Swiss auf der Kurz- zum Quartalsergebnis am 31.10.2013 verlauten lässt, strecke? Ab 2015 wird die Kurzstreckenflotte der Swiss dass die Lufthansa auf dem richtigen Weg sei und man European durch deutlich effizientere Flugzeuge ersetzt. nun die Stärken einfach noch weiter ausbauen müsse, 20 Flugzeuge sind fest bestellt, und es bestehen Optionen lässt unser CEO Harry Hohmeister in der internen Kom- für zehn weitere Flugzeuge. Diese Flugzeuge sind in der munikation zum Quartalsergebnis keinen Zweifel an der Grössenordnung eines Airbus 319 oder Airbus 320 und aktuellen Situation: «Das Ergebnis spiegelt zwar unsere dürfen bei Swiss European eingesetzt werden, solange die Anstrengungen auf Kosten- und Ertragsseite wider, den Anzahl der Kurzstreckenflugzeuge bei Swiss European Turnaround haben wir jedoch noch nicht erreicht.» und Edelweiss zusammengezählt nicht die Anzahl Kurz- streckenflugzeuge bei Swiss International übersteigen. Worum gehts? Aktuell bedeutet dies, dass sämtliche zehn Optionen gezo- Das Projekt X ist jedoch kein Sparprogramm der Swiss. gen und eingeflottet werden dürften, ohne dass ein Wachs- Zumindest war die Ausgangslage im Herbst 2012 so, dass tum bei Swiss International stattfinden müsste. sowohl die Piloten wie auch die Swiss von einer Zusam- menlegung profitieren konnten. Während die Swiss die Günstigere Operation Bereederungsprobleme der Zukunft meistern muss, war Nebst dem deutlich günstigeren Flugzeug hätte jedoch es für die AEROPERS eine Möglichkeit, das Pilotenkorps auch die Cockpit-Besatzung einen positiven wirtschaftli- zu einen und somit einen internen Unterwanderungs- chen Effekt. Die Kollegen auf der Kurzstrecke bei Swiss gegner zu eliminieren. Für die Kollegen der Avro-Flotte European operieren ihr Flugzeug durchschnittlich rund hingegen war es eine Chance für bessere Karrieremög- 30 Prozent günstiger als Swiss-International-Piloten. lichkeiten. Der Manager sieht auf der einen Seite also ein effizi- Im Juli 2013 hat der Vorstand die Verhandlungen entes Flugzeug, das er unter «SWISS Brand» mit deutlich gestoppt. Grund dafür war eine nicht zu akzeptierende günstigeren Piloten operieren kann, und auf der anderen Forderung nach einer Lockerung des Unterwanderungs- Seite hohe Stückkosten auf einem Airbus 319 aufgrund schutzes. Der grosse Gewinn für die AEROPERS wurde des weniger effizienten Flugzeugs und einer teureren dem Projekt entzogen, weshalb für uns kein Anlass Cockpit Crew. Der Vorstand ist sich dabei einig, dass die bestand, weiterzuverhandeln. Cockpit-Kosten nicht ausschlaggebend sind. In Kombina- tion mit einem deutlich effizienteren Flugzeug, das ver- Verhandeln traglich der Swiss European zugesagt ist, ist dies jedoch Was will ich? Was will mein Gegenüber? Welche Alterna- eine klare Entscheidungsgrundlage für einen Manager. tiven habe ich, und welche Alternativen hat mein Gegen- Der Vorstand ist sich deshalb einig, dass das Wachstum über? Wer diese Fragen hieb- und stichfest beantworten der Kurzstrecke in Zukunft bei Swiss European stattfinden kann, ist in einer sehr guten Verhandlungsposition. In würde. Dies völlig unabhängig eines Drohszenarios, denn es den Verhandlungen lief es immer wieder auf folgenden ist wirtschaftlich sinnvoll und vertraglich absolut machbar. Begriff hinaus: BATNA – Best Alternative To Negotiated Agreement. Die beste Alternative zum ausgehandelten Teure A319 Ergebnis. Die Zahlen von Airbus sprechen eine klare Sprache. Hierbei geht es nicht primär um Drohszenarien. Airbus hat noch rund 3000 offene Bestellungen für Air- Obwohl diese in den Verhandlungen ebenfalls gefallen bus 320, 1000 offene Bestellungen für Airbus 321 und sind, geht es um wirtschaftliche Entscheidungen. Ein lediglich rund 150 offene Bestellungen für Airbus 319. guter Manager setzt wirtschaftlich sinnvolle Entschei- Vom Airbus 318 wurden insgesamt lediglich 79 Exemp- dungen durch. Ein intelligent geführter Verband wider- lare ausgeliefert, und es ist keine offene Bestellung für setzt sich wirtschaftlich notwendigen und sinnvollen eine A318 vorhanden. Dies ist ein klares Indiz dafür, Entscheidungen nicht. Wohl aber widersetzt sich der dass die kleinen Geschwister des Airbus 320 kaum effizi- Verband Drohszenarien, die weder wirtschaftlich not- ent sind. Nicht zuletzt deshalb wird bei der Swiss schon wendig noch sinnvoll sind. lange gemunkelt, dass diese Flugzeuge aus dem Dienst

20 AEROPERS gestellt werden sollen. Die Chance ist dabei gross, dass und wurden nach der ursprünglichen Vorgabe, produktivi- die A319 durch Bombardier C300 ersetzt werden. Dieser tätsneutral zu sein, nun mit einer Produktivitätssteigerung Flugzeugtyp ist der ideale Ersatz: Er bietet mindestens so verknüpft. Die New FDR sind ein Paradigmenwechsel, der viel Platz, ist aber deutlich sparsamer. uns allen Mut abverlangt. Gleichzeitig bietet dieser Wech- So ist es realistisch, dass das Kurzstreckenwachstum bei sel jedoch auch eine Chance auf bessere Planbarkeit. Unser Swiss European in den nächsten Jahren stattfinden wird. aktuelles System ist in Bezug auf die Freitage sehr starr Dazu ist es gut möglich, dass dies sogar noch kombiniert und lässt wenig Beeinflussung der Freizeit zu. Durch die wird mit einem moderaten Abbau bei Swiss International. Vereinfachung des Systems erhoffen wir uns eine bessere Noch einmal ist festzuhalten, dass dies keine Kampf- Erfüllbarkeit von Frei- und Flugwünschen. Zudem ist es mit ansage oder ein Drohszenario der Swiss ist, sondern der Einführung der Boeing 777 nur ratsam, New FDR zu lediglich die wirtschaftlich und vertraglich mögliche und implementieren, um die Arbeitsbelastung zwischen Airbus wahrscheinlich auch sinnvolle Alternative der Swiss. 330 und Boeing 777 adäquat zu verteilen. Durch das heu- tige System mit den rotationsgebundenen Freitagen wären Die Integration ist teuer Piloten auf dem Airbus 330 in Bezug auf die Freitage deut- Deshalb hatte der Vorstand ein übergeordnetes Ziel für lich schlechter gestellt als Piloten auf der Boeing 777. Mit das Projekt X: Der neue Vertrag sollte einen Unterwande- Einführung von New FDR wird hier, durch die einheitliche rungsschutz bieten, der das Wachstum der nächsten Jahre Einführung von 37 Freitagen im Quartal, ein Ausgleich unter dem Namen Swiss absichert. Der Ausbau der Swiss erreicht und zumindest in Bezug auf die Freitage die reine European sollte unter dem Schutz des GAV11 oder seines Airbus-330-Flotte aufgewertet. Nachfolgers stattfinden und somit garantieren, dass auch die AEROPERS-Mitglieder von diesem Wachstum profitie- Unser Profit ren können. Das Verhandlungsergebnis hat nicht nur einen Preis, Dass das Management versuchen würde, diesen Anteil sondern auch einen Wert. Er bringt den Mitgliedern Pla- am Wachstum teuer zu verkaufen, war schnell klar. Das nungssicherheit über das Jahr 2016 hinaus. Er lässt uns Management hat diesen Bogen zeitweise überspannt und am Wachstum der Kurzstrecke partizipieren. Besonders mit Forderungen in Bezug auf den Unterwanderungs- für die dienstjüngeren Kollegen hat dies positive Folgen. schutz verknüpft, die inakzeptabel waren. Dies hat zum Führt man sich die Auswirkungen einer Stagnation bei zwischenzeitlichen Unterbruch geführt. Was nun auf dem der Swiss International vor Augen (mit einem möglichen Tisch liegt, ist ein teures Produkt. Es ist aber nicht deshalb Abbau der Airbus 319), hat dies unmittelbare Folgen auf teuer, weil der Vorstand die Sparübungen der Swiss mit- den Karriereverlauf der meisten FCM. tragen will, sondern weil das Produkt aus Sicht des Vor- Bei einer allfälligen Zusammenlegung ist die Ausgangs- standes diesen Wert hat. lage jedoch vollkommen anders: Aufgrund einer ungenü- genden Anzahl First Office bei Swiss European, welche Unser Preis die Bedingungen für ein Upgrading erfüllen, ergibt sich Das detaillierte Verhandlungsergebnis wurde Euch bereits weiterhin die Möglichkeit auf ein frühes Upgrading. Und vorgestellt. Im Grundsatz ist es für das bestehende Korps das wohl wichtigste strategische Ziel, das erfüllt ist: In eine spürbare Veränderung bei den FDR und im freiwilligen Zukunft wird es innerhalb der Swiss ein Pilotenkorps, Bereich der Pensionskasse. Zweifellos die grösste Umstel- einen Verhandlungspartner und einen GAV geben, den lung werden die New FDR mit ihren flexiblen Freitagen sein. wir verteidigen und ausbauen können. Dafür zahlen wir New FDR sind ein Projekt aus dem GAV11-Schlussprotokoll jetzt einen hohen, aber trotzdem vertretbaren Preis. l

Neu im Redaktionsteam: Janos Fazekas

Als neuster Zugang zur «Rundschau»-Redaktion nutze ich die Gelegenheit, um mich hier kurz vorzu- stellen und einen kurzen Einblick in meinen Werdegang zu geben. Meine Eltern sind 1956 aus Ungarn in die Schweiz ausgewandert. Sie haben sich in Zürich niedergelassen, wo ich geboren wurde. Da mein Vater über eine Privatpilotenlizenz verfügte, war fliegen bereits von Beginn an ein Teil meines Lebens. Doch bevor ich den Weg ins Cockpit fand, galt es zuerst, einige schulische Irrfahrten zu meistern. Nachdem ich 2002 die Matura am Realgymnasium Rämibühl abgeschlossen hatte, entschied ich mich vorderhand für ein Studium der Rechtswissenschaften. Doch schon bald wuchs in mir der Wunsch, zu reisen, und ich entschloss mich, einen Sprachaufenthalt in Victoria in Kanada zu absolvieren. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz nahm ich einen zweiten Anlauf und realisierte alsbald, dass ich wohl kein Jurist werden würde. Einige Studentenjobs gaben mir die Möglichkeit, mir etwas Zeit zu nehmen, um mir neue Ziele zu stecken. Nach einer Weile entschied ich mich dazu, Gymnasiallehrer zu werden. Als Mittel zum Zweck beschloss ich, ein Geschichtsstudium mit Nebenfach Englisch zu absolvieren. Doch auch hier musste ich nach bestandener Akzess-Prüfung feststellen, dass ich an der Universität Zürich wohl nicht zu meinem Glück finden würde. Glücklicherweise begann zu dieser Zeit einer meiner Freunde mit der Ausbildung zum Piloten an der SAT. Das inspirierte mich dazu, den Infotag zu besuchen, und mit grossem Elan füllte ich bereits am nächsten Tag die Bewerbung aus. Einige Jahre später sitze ich nun mit absoluter Begeisterung im Cockpit. Neben der Tätigkeit als F/O A320 darf ich Sales Wick bei der Revision seiner Airport-Memos helfen. Auch der etwas ältere Wunsch nach einer Lehrtätigkeit geht demnächst in Erfüllung, da ich bald als OM-A-Instruktor unseren Nachwuchs ausbilden darf. Ich hoffe, Euch in nächster Zeit mit spannenden und interessanten Artikeln zu versorgen, und freue mich sehr auf die Arbeit mit meinen neuen Kollegen und Kolleginnen im Redaktionsteam. l

Rundschau 4 | 2013 21 Runway Status Lights Unabhängige Kontroll- und Warnsysteme sollen den Betrieb auf den Pisten sicherer machen. Die Funktionsweise und die Bedeutung dieser neuen Stopplichter werden hier beschrieben. Der Umgang mit ihnen muss allerdings noch genauer definiert werden.

Text: Alexander Kuhn, F/O A330/340, Flight Safety

Ich möchte das diesjährige IFALPA AGE Meeting in Istanbul als Anlass nutzen, um auf eines der diskutier- ten Themen genauer einzugehen. Es wird uns aktuell und auch in Zukunft auf Kurz- und Langstrecke öfter «Rot in die Augen scheinen». RWSL sind Runway Sta- tus Lights. Sie arbeiten vollautomatisch und dienen als «alert and advisory system» für Cockpit Crews und Bodenfahrzeuge auf Flughäfen. Das System dient zur Prävention von Runway Incursions und Bodenkollisio- nen. Für uns im Cockpit sind vor allem zwei Elemente davon wichtig, und wir sollten wissen, was sie uns zei- Die Takeoff Hold Lights leuchten, weil ein Fahrzeug auf gen beziehungsweise was sie bedeuten. der Piste steht. (Quelle: www.rwsl.ll.mit.edu)

Runway Entrance Lights (RELs) jede Bewegung auf dem Flughafen und schaltet die ver- Diese roten Lichter befinden sich auf einem Taxiway schiedenen Lichter ein beziehungsweise aus. Das System entlang der gelben Rolllinie und sollen das Überrollen ist somit komplett unabhängig von den Tower-Lotsen. einer Stopp Bar und somit eine Runway Incursion ver- hindern. Diese Lichter beginnen einige Meter vor der Stopp Bar und enden einige Meter dahinter. Aktuelle Nutzer der RELs sind SFO, LAX, BOS, ORD und ab 2014 CDG und eventuell FRA.

Die Bestandteile des Runway Status Light Systems. (Quelle: www.ll.mit.edu) Die Runway Entrance Lights leuchten, weil auf dieser Piste ein Flugzeug landet. (Quelle: www.aero-news.net) Wir kennen bereits das RAAS, das uns auch davor schützen soll, unerlaubt in eine Piste einzurollen. Es Takeoff Hold Lights (THLs) gibt noch zahlreiche andere Systeme auf dem Markt, Dieses System befindet sich auf einer Piste, und wir die als Ziel die Runway Awareness haben. Doch man sehen es von unserer Takeoff-Position aus. Ist die Piste muss aufpassen, dass nicht zu viele Systeme auf ein- bereits von einem anderen Flugzeug oder einem Boden- mal zum Einsatz kommen. Wird bei einem TCAS RA fahrzeug belegt und wäre ein Start deshalb unsicher, «climb!» befohlen, und der Controller befiehlt uns leuchtet das System rot. Zwei Linien mit roten Lichtern «descend!», ist für uns logisch und klar, dem TCAS zu befinden sich rechts und links neben der Centerline. folgen. Aber was, wenn wir vom Tower die Takoff Cle- Erinnert man sich an einen Vorfall in Boston, bei dem arance bekommen und kurz danach die roten Takeoff zwei Maschinen auf sich kreuzenden Pisten gleichzeitig Hold Lights angehen? «Continue» oder «abort»? Oder den Takeoff Roll begannen, hätten die THLs ihren Zweck was, wenn wir eine Piste kreuzen wollen, die Stopp Bar perfekt erfüllt. Die Nutzniesser der THLs sind die glei- erlischt und die roten Runway Entrance Lights leuch- chen wie beim REL-System. ten? Das AGE Committee ist nun daran, über dieses System mehr Informationen zu verbreiten und genaue Funktion Richtlinien und Procedures zu entwickeln und dann Das RWSL-System basiert auf Daten von Bodenradar, der ICAO vorzulegen. Wir werden also in Zukunft noch Airport Radar und den Transponder-Daten der jeweili- einiges über RWSL hören. Das System ist ein weiteres gen Flugzeuge. All diese Daten werden ständig erfasst Sicherheitsnetz und dessen Einsatz auf der Piste 28 in und verglichen. Aufgrund dessen realisiert das System Zürich wäre sicher nur von Vorteil. l

22 AEROPERS Pilots and Controllers Get Together Der erste gemeinsame Stammtisch mit Lotsen und Piloten ist Vergangenheit. Ein kurzer Rückblick auf einen Anlass, der allen Beteiligten viel Spass gemacht hat und gleich zu Beginn eine grosse Überraschung brachte.

Text: Gaby Plüss Nicht nur Swiss-Piloten Im Vorfeld hatten wir kräftig die Werbetrommel für Lange haben wir darauf gewartet und und uns darauf unseren Stammtisch gerührt. Auf Initiative des Tower- gefreut. Nun ist er da. Der 15. Oktober 2013. Der Tag chefs durften wir den Stammtisch auch im Airline Ope- unseres ersten gemeinsamen Stammtisches. Wird es ein rator Commitee (AOC) bekannt machen. Im AOC sind Erfolg? Oder müssen wir einen Reinfall hinnehmen? Im alle am Flughafen Zürich operierenden Gesellschaf- Vorfeld hat mir ein Airbus-Captain per Mail einen langen ten vertreten. Somit war uns zwar ein potenziell sehr Atem gewünscht, denn Piloten seien zum Teil fast nicht grosses Zielpublikum gewiss. Trotzdem zweifelten wir, an einen solchen Anlass zu bewegen. Wir sind gespannt ob auch Piloten anderer Airlines den Weg an unseren und – ganz ehrlich – auch ein bisschen nervös. So viel Stammtisch finden würden. Doch wir sollten nicht ent- sei vorweggenommen: Für die beiden organisierenden täuscht werden. Bereits kurz nach 17 Uhr steuerten Lotsinnen war der Abend ein voller Erfolg! Aber lassen zwei Herren unseren Tisch an und fragten auf Englisch, wir Dieter Eppler, der ebenfalls mit von der Partie war, ob das hier der Treffpunkt für Piloten und Lotsen sei. Zu kurz zu Wort kommen. unserer grossen Verblüffung handelte es sich um zwei Piloten der israelischen Fluggesellschaft EL AL. Da die Lotsen-Piloten-Treff «Get Together» hebt erfolgreich ab beiden an besagtem Abend einen Nightstop in Zürich Dass sich ATC Controller und Piloten Auge in Auge hatten, waren sie durch ihre Station explizit auf unseren gegenübersitzen und gegenseitig zuprosten, sprengt Anlass aufmerksam gemacht worden und hatten sich wohl die Regeln ihrer sonst eher formalen Kommunika- spontan zu einem Besuch bei uns entschieden. tion über das anonyme Mikrofon. Es waren zwar keine hundert Lotsen und Flugzeugführer, die beim ersten «Get Together» befindet sich definitiv im Steigflug! «Get Together» vom 15. Oktober auf Tuchfühlung gin- Sorgen wir dafür, dass das so bleibt. Wir treffen uns gen, aber immerhin so viele Kolleginnen und Kollegen, jeweils am dritten Dienstag im Monat ab 17 Uhr in der dass Tische zusammengeschoben und Stühle gerückt Angels’ Wine Tower Bar im Radisson Blu am Flughafen werden mussten. In lockerer Stimmung wurde ausge- Zürich. tauscht und diskutiert. Ohne Holding und Delay. Auf- fallend, dass die Piloten ihre Stimmbänder vorwiegend Nächste Termine mit Bier kühlten, während die Lotsen eher am Cola- oder l 17. Dezember 2013 Wasserglas nippten. Ob dies damit zu tun hatte, dass l 21. Januar 2014 sich der Towerchef persönlich die Ehre gab, blieb – an l 18. Februar 2014 diesem ersten Treffen zumindest – ungeklärt. Wie auch immer: der Start ist gelungen. «Get Together» Pass your message – wir freuen uns auf zahlreiches befindet sich definitiv im Steigflug! Erscheinen! ([email protected]) l GET TOGETHER

Rundschau 4 | 2013 23 Lasst hören aus alter Zeit – eine Fliegergeschichte Während einer Weltmeisterschaft einen gebrochenen Rumpf leimen oder einen zu langen Flügel gar mit der Handsäge stutzen? Was heute undenkbar ist, trug sich vor ziemlich genau 50 Jahren zu. Der Zeitzeuge und aktive Teilnehmer berichtet von diesen Ereignissen so lebendig, als wenn es gestern gewesen wäre.

Text: Leander Markus Ritzi (Zar), Unsere erste fliegerische Aufgabe nach einer Trai- pensionierter Captain DC-10 ningswoche war ein Rennen über 114 Kilometer mit der ganzen Meute (zwei Klassen). Massive Thermik bis 5000 Die nachfolgend beschriebenen Ereignisse geschahen Meter liess uns losbrausen. Als ich am Ziel – einem mit- in längst vergangenen Zeiten, als … telgrossen, aber viel zu kleinen Feld – ankam, musste ich l … es noch möglich war, gleichzeitig Swissair-Captain entsetzt feststellen, dass die ganze Wiese mit Flugzeugen auf Convair 440, Kommandant einer Vampire-Staffel der übersäht war. Ich versuchte eine Landung am äussers- Schweizer Flugwaffe und Spitzen-Segelflieger zu sein; ten Rand und krachte in ein Sonnenblumenfeld – Rumpf l … es noch kein GPS oder keinen Computer, Rechner «abenand»! Neben mir lag Weltmeister Makula aus Polen oder Ähnliches, im Segelflug noch kein Radio oder sol- auch in seinen Trümmern – zumindest ein kleiner Trost! ches Zeug hatte, auch nicht bei Weltmeisterschaften; Der Organisator hatte ein schlechtes Gewissen, und l … die Flugzeuge aus Holz waren und der zerbrochene der nächste Wettkampftag wurde sistiert. Am über- Rumpf (wie an den Weltmeisterschaften in Argen- nächsten Tag durften wir beide unsere Flugzeuge mit tinien) in zwei Nächten wieder zusammengeklebt den neu geklebten Rümpfen erst nach 14 Uhr starten. wurde; Wir hofften, der Kaltleim sei bis dann trocken und l … der blaue Himmel grösstenteils uns gehörte und würde halten – er hielt! Wolkenflug erlaubt war; Dann kam der Tag mit dem grossen Schreck: Der Hol- l … das Eidgenössische Luftamt noch für uns da war! länder Theunissen und ich waren mit unseren Skylarks l … es an der Schweizer Meisterschaft anfänglich nur eine im Warteraum und Iiessen die Konkurrenz höflich vor- Klasse und deshalb nur einen Schweizer Meister gab. aus losrauschen, um sie dann von hinten aufzurollen. Zweimal durfte ich unser Land an Segelflug-Weltmeis- Die Startlinie war auf maximal 1000 Metern über Grund terschaften vertreten – 1963 in Argentinien und 1965 in zu überfliegen, deshalb kreisten wir im Warteraum mit England. etwas Überhöhung. Nach zehn Minuten brauste der Hol- länder los und ich hintendrein! Zu unserem Leidwesen Argentinien war da ein riesiger Aufwindschlauch zu durchfliegen, Es war Februar: Winter in der Schweiz, der Zürichsee und beim Abstechen unter die vorgeschriebene Maxi- mit dickem Eis bedeckt, und das ganze Volk genoss die malhöhe waren wir sofort auf oder weit über der roten «Seegfrörni». Argentinien hatte einen satten, südlichen Geschwindigkeits-Marke. Ich flachte ab und zögerte – da Sommer mit Temperaturen zwischen 30 und 45 Grad, mit sah ich vor mir bei Theunissen ein Flügelteil wegfliegen riesigen Thermikschläuchen und gewaltigen Gewittern. und kurz darauf einen Trümmerhaufen nach unten fal- In der weiten Pampa Argentiniens waren wir Schweizer len – mittendrin einen Fallschirm – Gottseidank! Er «lan- Piloten zu dritt: der «grosse» Hausi Nietlispach, Ruedi dete» exakt auf der Startlinie (immerhin). Seither stehen Hächler und ich. Die Basler Skylark 111 hatte den langen mir bei Maximal-Geschwindigkeit «rot» und Turbulenz Weg über das Meer heil überstanden. Ich startete damit immer die Haare zu Berge! in der offenen Klasse mit zirka 50 anderen Piloten. Ein Die Navigation war schwierig. In der grünen, weiten, grosses Flugfeld bei der kleinen Stadt Junin, 250 Kilome- flachen Pampa hatte es einfach «nichts»: Kaum Strassen, ter westlich von Buenos Aires, in der flachen, unendli- keine Weiler und nur von Zeit zu Zeit eine Baumgruppe. chen Pampa, wurde unsere Basis. Die Unterkünfte waren So flogen wir halt gen «Irgendwo», und fast alle mach- eher «romantisch» in kleinen Schre- bergarten-Häuschen, und der einzige grosse Hangar diente als Briefing- Raum, Essplatz, Bar und Schutz vor den üblichen gewaltigen Gewittern. Für das Städtchen Junin, wo Evita Peron aufwuchs, bevor sie sich Prä- sident Peron angelte, war die Meis- terschaft das einzige Ereignis der letzten und nächsten 50 Jahre, und dementsprechend wurden wir gefei- ert: mit Triumph-Fahrten durchs Städtchen, langen Asado-Partys und Tango-Nächten unter dem lauen Nachthimmel Argentiniens. Der erste Wettkampf-Einsatz der Standard-Elfe.

24 AEROPERS England Als Schweizer Meister durfte ich 1965 nochmals an eine WM, diesmal nach England, wo wir auf der RAF- Basis South Cerney im Südwesten Englands antraten. Ich konnte mit dem Prototyp der Standard-Elfe, einem der ersten Kunststoff-Segler, starten. Er gehörte unse- rem Clubmitglied Ernst Dünner, der sehr um seine Elfe bangte. Das Training absolvierte ich hauptsäch- lich auf Convair-Metropolitains der Swissair und auf DH-100-Vampire-Jägern der Schweizer Flugwaffe. Fürs Segelfliegen reichte die Zeit einfach nicht auch noch. Dabei kam mir vor allem jedoch das Fliegen im engen Vierer- und Zwölfer-Verband zugute, wie sich später zei- gen sollte. Und da war ja noch die Trainingswoche vor der eigentlichen Weltmeisterschaft. South Cerney war ein riesiges Feld ohne Hartbelag- Piste, alle Schlepper waren Chipmunks der Royal Air Force mit tollen Piloten, die Organisation straff und perfekt. Die Schweiz war durch Housi Nietlispach (offene Klasse), Captain Urs Bloch (K-10) und mit mir in der Standard-Klasse (15 m) vertreten. Ich hatte mir auf dem Flugplatz einen eigenen Wohnwagen gemietet und konnte mich nachts ins kleine, private Kämmerlein Markus Leander Ritzi auf dem zweiten Podestplatz an zurückziehen. Das tat meiner Psyche sehr gut, denn die der Segelflug-WM in England. wurde in der Folge strapaziert. Am ersten Wettkampf- tag kamen kurz vor dem Start einige Herren mit einem ten einmal eine Aussenlandung. Das war aber speziell: langen Messband zu mir und massen «meine» 15-Meter- Spätestens auf 300 Metern über Grund wählte man die Flügel. Meine Elfe hatte 15 Meter und einen Zentimeter! grösste Baumgruppe aus (beste Estancia) und landete Das erschütterte meinen tollen Hilfsmann und treuen möglichst nahe an der Häusergruppe. Dort musste man Freund Fredy Weber nicht. Er nahm eine Handsäge und dann fast immer übernachten, denn das Rückholen sägte den «vorigen» Zentimeter Laminat einfach roh ab geschah meist am nächsten Tag. Nachdem man sich auf – voilà! Spanisch mit dem freundlichen Estanciero verständigt Südwest-England war im Juni noch kühl, und die und erklärt hatte, dass man nicht vom Mond, sondern Thermik war eher schwach und ging nicht hoch. Es bil- nur aus «Suiza» hergekommen sei, wurde man sofort deten sich schon in der Trainingswoche riesige Flug- zum «Asado»-Mahl eingeladen und romantisch unterge- zeug-Pulks, die natürlich von Weitem sichtbar waren. bracht. Hablas Castellan? Was tun? Da lohnte es sich, den Start ein wenig zu Am nächsten Morgen sass ich längere Zeit bei meinem verzögern, von hinten heranzubrausen und sich im einsamen Flieger in der Pampa. Mit einem Taschenspiegel Pulk hochzukämpfen, indem man den lieben Konkur- in der Hand lauschte ich angespannt, bis ich weit oben ein renten seine Flügelspitze freundschaftlich ins Cockpit Motorenbrummen hörte. Ich spiegelte dann so lange ver- streckte, so wie man es in der Militärfliegerei gewohnt zweifelt, bis einer der Rückholer mich entdeckte, das Gas ist. Die meisten liebten das nicht so sehr und machten reduzierte und sich neben mir ins Gras setzte. Das war höflich Platz – merci beaucoup, Monsieur! Das kam mir eben die Zeit vor dem Bordradio. Der Estanciero wurde am zweiten Wettkampftag, einem Dreieck-Rennen über kurz aufs Flügelhalten umgeschult, und los ging es im 150 Kilometer, zugute, und ich gewann in der Stan- Schlepp. Erst da entdeckte ich, dass der liebe Motorpilot dard-Klasse. Nun war ich unerwartet plötzlich Dritter von Schleppen und Navigation keine Ahnung hatte: auf im Gesamtklassement, und der Druck stieg gewaltig. 100 Metern über Grund (!) ging es mit Maximal-Geschwin- Dann kam der verrückteste Tag meines Fliegerlebens: digkeit nach Norden. Von dieser Höhe aus sah man natür- Die Organisatoren hatten die Auflage, einen Tages­ lich nicht in die Weite, und trotzdem realisierte ich nach wettbewerb als «Freien Streckenflug» auszuschreiben. einer Stunde, dass wir wahrscheinlich gerade querab an Sie taten das ungern, da in Argentinien bei dieser Übung Junin vorbeiflogen. Ein Radio hatten wir wie gesagt nicht, mehrere Piloten über 700 Kilometer weit geflogen und sodass ich schliesslich verzweifelt voll ins Seitensteuer erst nach drei Tagen wieder heimgeholt worden waren, trat, um den Schwanz des Schleppers so herumzureissen, ehe man erneut starten konnte. Also warteten die eng- dass es nach Osten anstatt weiter gegen den Äquator ging. lischen Organisatoren auf einen Tag mit «schlechtem» Nach einem halben Luftkampf liess sein beherzter Wider- Wetter, damit das nicht wieder geschah. Er kam: Warm- stand schliesslich nach, und ich «führte» uns doch noch front-Aufzug mit tiefem Stratus, leichtem Westwind nach Junin! und schwacher Thermik. Wolkenflug erlaubt! Fazit der Meisterschaften: Wir Schweizer waren meist im Meine Elfe stand in der zweiten Startreihe, vor mir die Mittelfeld, unsere Flugzeuge waren für die starke Thermik Engländer. Plötzlich erklangen ärgerliche Rufe, und vor zu langsam, und mir unterliefen mehrere Anfängerfehler, mir wurde diskutiert: Die Franzosen protestierten, weil die mich schliesslich auf Platz 15 brachten. Niet wurde sie vorne sein sollten. Ich bekam das nur am Rande mit 21. und Ruedi Hächler 11. in der Standard-Klasse. Dafür und war immer noch am Überlegen, wie ich am besten gelang mir eine Verbesserung des Schweizer 100-km-Drei- fliegen sollte. Es blieb nur eine Variante: Allgemeiner Kurs eck-Rekords. Aber gelernt hatte ich eine ganze Menge – Olé! Nord und ja nie übers grosse Wasser geraten! Ich spa-

Rundschau 4 | 2013 25 sämtliche Verkehrsmaschinen in Zentral-England für einige Zeit am Boden zu behalten, so viele unbekannte Echos waren auf ihrem Radar zu sehen. Da meldeten sich Housi Nietlispach und Urs Bloch: Sie seien etwa hun- dert Kilometer im Norden und müssten jetzt landen. Sie kamen auf zirka 700 Metern über Grund aus den Wolken und landeten problemlos. Ich flog eine, zwei Stunden weiter Kurs Nord und machte mir grosse Sorgen darüber, dass der mir unbe- kannte Westwind mich unterdessen weit nach Osten blasen könne und ich dann irgendwann über einer gros- sen, einsamen und tödlichen Wasserfläche aus den Wol- ken käme. Aber irgendwann ergriff mich ein 1,5-Meter- Schlauch, und es ging höher als bisher. Ich kurbelte wild und eng und stieg – 1500 Meter – 2000 Meter, und plötz- Markus Ritzi mit dem äusseren, abgesägten Zentime- lich wurde es hell, und ein kleines Thermiktürmchen ter des Flügels. spickte mich hinaus in den blauen Himmel. Unter mir eine grosse weisse Wolkendecke. Ich realisierte, dass die zierte neben den flugbereiten Seglern auf und ab, als ich Front nicht sehr aktiv war, denn Zirren hatte es keine plötzlich sah, wie die Flugzeuge vor meiner Elfe wegge- darüber. Also Kurs Nord und weiter! Die Wolken schluck- räumt wurden. Eine Gruppe Leute ten mich bald wieder, und drei wei- kam zu mir. Sie sagten kurz «you tere Stunden hielt ich mich drin auf, go first!», ergriffen mich, steckten «Der Funk war schon aber ich machte mir immer grössere mich in meine Elfe, und während Sorgen, was ich wohl unten antreffen ich versuchte, meinen Fallschirm lange tot, und ich war würde – Land oder Wasser. Der Funk und meine Gurte anzuschnallen, der einsamste Mensch war schon lange tot, und ich war der hatten sie eingeklinkt (und zwar einsamste Mensch weitherum. Wo falsch, in der Schwerpunktklinke). weitherum.» waren meine hundert Kameraden, Mein Flugzeug schoss nach vorn mit denen ich diesen grauen Himmel und ich wurde dadurch nach hin- teilte und die ich doch nicht sah? ten geworfen, sodass ich meine Steuer nicht erreichen Jetzt war es sicher von Vorteil, mehr als eine Stunde konnte. Mein Flugzeug hob ab und stieg steil wie ein später gestartet zu sein. Die waren hoffentlich über alle Drachen nach oben, ohne dass ich etwas tun konnte. Berge! Apropos Berge: Hatte es nicht in Schottland Berge, Eigentlich hätte ich in dieser Lage abstürzen müssen, die in diese Wolkensuppe ragen, und Schottland lag ja aber es war noch nicht «mein Tag». Ich bekam mit, dass da vorne! Drehen – zentrieren – sich Sorgen machen – die Chipmunk immer tiefer unter mir flog und ich ihr dann geradeaus und das gleiche noch hundert Mal. den Schwanz hochzog. Sie verschwand unter mir, und Langsam wurden die Thermikschläuche schwächer, und plötzlich wurde es ganz ruhig. Ich warf mich nach vorn ich näherte mich der unsichtbaren Erde. Plötzlich Iies- und kämpfte um mein Leben. Es gelang mir, die Nase sen mich die Wolken fallen und ich kam heraus in einer schnell, aber ganz fein zu senken. Mit einem Blick sah düsteren, mir gänzlich unbekannten Landschaft: weite, ich die Trümmer meines Schleppers unter mir am Boden, dunkle, moorige Felder, links in einiger Distanz ein klei- bevor ich mit zitternder Hand mein Flugzeug weit vorne nes Dorf, ein Kirchturm zeigte 17.05 Uhr an, und flacher ins Gras setzte. Boden etwa 500 Meter unter mir. Ich beschloss, jeden Der Schlepppilot war verletzt, Gottseidank nicht Meter Distanz mitzunehmen und zu warten, bis die Erde lebensgefährlich. Sein Flugzeug erlitt einen Totalscha- zu mir hinaufkommen würde! Dies zeichnete sich ab, den! Man holte mich zurück. Ich war im Schock, und als als ich plötzlich vor mir eine typisch englische Hecke ich wieder zu mir kam, war die ganze Meute im grauen und mitten drin eine weite Lücke erblickte. Dahinter, ich Himmel verschwunden. Es hatte nur noch ein Segel- glaubte zu träumen: eine breite, unendlich lange und flugzeug in South Cerney – meines! Langsam dämmerte sehr willkommene Hartbelag-Piste! Et voilà – Landing in mir, dass ich entweder die Weltmeisterschaft aufgeben Stile at Her Majesty's Royal Airforce Base Leeming! oder jetzt trotz allem starten und in diesen grauen Him- Ich rollte ins Gras, wurde bald von einem Jeep und mel steigen musste. Danach war mir garnicht zumute. einer freundlichen Crew begrüsst und in die Officer's Ich tat es, als ich im Funk vernahm, dass meine beiden Mess gebeten. Man bewirtete mich bestens (die lokale Schweizer Kameraden im Blindflug vorsichtig unterwegs Pilotenschule hatte heute Brevetierungs-Feier, und ich waren. Bald war ich wieder oben und sah, dass man auf war ganz allein in diesen «heiligen Hallen») bei Steak zirka 700 Metern über Grund in schwacher Thermik in und Frites und einem guten Tropfen. Fredy Webers Tross die Wolken steigen konnte. Immer, wenn es stieg, legte holte mich kurz nach Mitternacht zur langen Rückfahrt ich die Elfe fein auf zirka 30 Grad Querlage auf dem ab und brachte mich sicher nach South Cerney zurück. künstlichen Horizont in die Kurve und wartete, bis der Ich war in dieser Suppe rund 300 Kilometer geflogen Schlauch ein paar hundert Meter weiter oben fertig war. und wurde Teil einer Spitzengruppe, die recht nahe Dann Kurs Nord und warten, bis es wieder stieg. Es war voneinander, innerhalb von zehn Kilometern, gelandet grau, einsam und unheimlich! Ich wusste ja, dass in die- waren, ohne dass man sich je gesehen hätte. What a day! sem Grau noch etwa hundert Kameraden drehten, such- Das brachte mich auf Gesamtplatz zwei, den ich in der ten und kämpften. Das tröstete mich nicht wirklich. Die Folge hartnäckig verteidigte und damit die erste Segel- englische «Skyguide» entschloss sich in diesen Minuten, flug-Silbermedaille in die Schweiz brachte. l

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Rundschau 4 | 2013 27

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Civilized Thinking

The Slippery When Wet Check

Keinesfalls möchte ich den Eindruck man sagt dem ja nur so. Ich verbrachte die erwecken, an dieser Stelle eine Art Tech- erste Nacht mit zahllosen Rebootings, die blog oder Kummerbox (Arbeitstitel Civi- zweite mit gemeinsamer WLAN-Kennwortsu- lized Computing oder Synchronized che; mein Freund war heiss und angeschwol- Thinking) einrichten zu wollen, aber der len, drohte zu platzen und dröhnte wie ein Themenkreis Personal Hardware ist mir Staubsauger, nur umgekehrt. Am Ende der ein so grosser Quell der Freude, dass ich dritten Nacht geschah dann das Wunder: Der einfach nicht anders kann, als meine Leser- Synch-Balken wechselte von Gelb auf Grün, schaft an diesem grenzenlosen Vergnügen und nur noch wenige Daten schienen angeb- teilhaben zu lassen. lich corrupt, invalid oder obsolete zu sein. Es Der PHW4P ist ja generell ein Wohlfühl- störte mich nicht weiter, und ich fiel in einen gerät, das so schön matt aluminig daherkommt, dass tiefen Schlaf. man instinktiv den starken Wunsch verspürt, es auch Keine drei Tage später erreichte mich ein vorwurfs- ständig hegen und pflegen zu wollen. Dazu gehört volles Firmen-Mail, eine böse Anklage: die NSA (Nati- nicht nur die sporadische Entstaubung, sondern auch onal Synchronization Agency) habe nämlich fest- eine permanente Aktualisierung auf den neusten gestellt, dass ich der Aktualisierungspflicht nicht Stand, die umso leichter fällt, als die Synchronisation nachgekommen sei und man an meiner Hardware- eigentlich vollautomatisch erfolgt, mithilfe dieser Loyalität ernsthafte Zweifel hege. Unterschrieben vom geheimnisvollen Funkwellen, die in unserer zivilisier- Chef, Kopie an die Lohnbuchhaltung. Die anfängliche ten Welt überall herumschwirren und nicht nur dafür Freude wich jetzt schlagartig einer beklemmenden Bit- sorgen, dass wir immer schön uptodate sind, son- terkeit. War ich nicht 33 Jahre lang mit dieser (und dern als angenehmer Nebeneffekt auch unsere Hirne einer Vor-) Firma synchron gelaufen, hatte jede Revi- und anderen Geschlechtsorgane sanft durchfluten sion ausgeführt, jeden Procedurewechsel mitgemacht, und diese erst langsam erwärmen, dann zunehmend jede Reorganisation verinnerlicht, jeden neuen Chef (analog der Niedergarmethode) schonend rösten, bis akzeptiert, jedes neue Sparlied freudig mitgesungen? die ganze Gattung ausgestorben sein wird. Noch ist Und jetzt dies. es aber nicht so weit. Hoffnungsvoll wurde im Herbst Zwei Tage später ein neues Mail: Die ganze Syn- daher die ganz Grosse Revision, The Mother Of All chronisationsmaschinerie sei zusammengebrochen. Revisions, angekündigt, welche wegen ihrer sagen- Die Bitterkeit wich nun einer panischen Angst, da ich haften Dimensionen nicht automatisch, sondern von offensichtlich mit meiner rücksichtslosen Synchroni- Hand auszuführen sei, und in einer ausführlichen sierungswut das digitale Grounding ausgelöst oder Gebrauchsanweisung solcherart dargestellt, dass es zumindest den virtuellen Shutdown mitverantwor- auch der grösste Idiot begreife. Also habe auch ich, tet hatte. Kurz darauf wiederum wich die Panik aber von so wichtigen Updates immer freudig erregt, mich einer tiefen Dankbarkeit, denn plötzlich schickte mir in meine Arbeitskammer zurückgezogen, habe einen der Himmel die wichtigen Unterlagen wieder im wun- Power-Router mit zwei Turbo-Modems in Serie geschal- derbar altmodischen PDF daher, zum Ausdrucken tet, im Baumarkt ein Notstromaggregat besorgt, das und Ausmalen und aufs Tablet kopieren. So habe ich EWZ angerufen und gebeten, mir an jenem Abend schlussendlich den ganzen New-Generation-Winter- bitte nicht diesen unzuverlässigen grünen Solarstrom, ops-Lernstoff konventionell erarbeitet, habe gelesen, sondern beste Importware aus Frankreichs Atomre- was Slippery When Wet bedeutet und wie man genau aktoren zu liefern, und um Himmels willen ja keine einen Wet Check durchführt (worunter ich bis dato Nachtabsenkung, da ich an einem wichtigen wissen- etwas anderes verstanden hatte); wer jetzt aber tiefer schaftlichen Projekt arbeite, welches das Weiterleben gehende Schlüpfrigkeiten erwartet, womöglich noch der Menschheit eventuell entscheidend beeinflussen im Zusammenhang mit der soeben erfolgten Eröffnung könnte. Dann habe ich die Storen runtergelassen, die von «Victoria's Secret» im Zurich Airshopping, oder gar Fenster geöffnet und das Koaxialkabel in die beste eine Exkursion in andere, naheliegende Feuchtgebiete, Steckdose eingeführt. Dann die Lampe gelöscht. Dann der liegt völlig daneben. Es geht mir hier allein um den die SUVA-Brille angezogen und FORCE ALL gedrückt. optimalen Einsatz des inzwischen wieder abgekühlten Es wurde Licht. Von der Decke waberte grünlicher und auf Originalgrösse geschrumpften PHW4P. Schön Strahlungsdunst wie die Nordlichter auf dem Heim- ist er wirklich, nur noch nicht operationell. Man darf flug von SFO, es zuckten Elmsfeuer übers Fenster wie auch nichts überstürzen, er ist ja noch so jung. Zudem beim Flug nach GRU, der Computer hat sich zuerst erfüllt mich die lehrreiche Erfahrung rund um die Syn- erwärmt, dann aufgebläht, hat vibriert, dann geglüht. chronisierung auch mit viel Zuversicht im Hinblick auf Ich ging glücklich zu Bett. unser nächstes grosses Synchronisationsprojekt, die Konnte aber vor Aufregung kaum schlafen. Bin Zusammenführung der beiden Pilotenkorps. bald wieder aufgestanden, einer düsteren Vorahnung Nun soll man aber die lieben Kollegen, die das Gerät wegen; die Luft flirrte nur so vor elektromagnetischer evaluiert und programmiert haben, keinesfalls verur- Stauung und unausgesprochener Erwartung. Er hatte teilen, sondern man soll ihnen mit Nachsicht begeg- sich aufgehängt. Nein, leider nicht wirklich aufgehängt, nen und ein grosses Bier bezahlen, wenn man sie im

30 AEROPERS

Nightstop trifft. Denn sie haben nicht nur ausgiebig hend, an einem Venti Latte Caramel Macchiato saugend sich selber verwirklicht und viele gemütliche Büro- und melancholisch durchs Fenster in die graue Weite tage verbracht, sie haben auch uns eine bereichernde zu starren: So ist doch eher davon abzuraten, das glei- Beschäftigung beschert und Möglichkeiten aufgezeigt, che mit dem PHW4P, dazu noch in seinem übergros- wie man die vielen überzähligen Freitage sinnvoll nut- sen Neopren-Pariser, imitieren zu wollen. Dies möge zen kann. Denn wer einen solchen Computer hat, der folgender, erst kürzlich im erwähnten Kaffehaus auf- braucht weder ein Haustier noch eine Freundin noch geschnappter Originaltrialog illustrieren: A (w, blond): ein anderes Hobby. «Schau mal dort drüben, sicher zwei Swiss-Piloten, die So hell die Medaille auch glänzt (Metapher!), so hat armen Schweine mit ihren Ultra-slow-books von Fut- sie doch auch eine dunkle Kehrseite, die hier der kri- schizu!» B (w, brünett): «Die haben ja so wenig auf der tischen Erwähnung bedarf. Während es heutzutage Platte. Und überhaupt keine Ausdauer!» C (w, dunkel): recht angesagt sei und angeblich die Damenwelt sehr «Das ginge ja noch. Aber die sind immer so etwas von beeindrucke (höre ich von jüngeren Kameraden), näm- total unsychronisiert!» lich sich mit einem MacBook oder einem iPad in einem grossstädtischen «Starducks» ins Fauteuil zu fläzen, [email protected] nachdenklich das Apfelgerät aus der Freitaghülle zie-

Verschiedenes aus dem Ressort Mitgliederbetreuung Vorstandsmitglieder sind in diesen Tagen nicht nur mit GAV-Verhandlungen beschäftigt. Neben diesem wichtigen Geschäft gilt es, sich um die aktuellen Anliegen der Mitglieder zu kümmern.

Text: Patrick Bovens, Vorstandsmitglied konzentriert aber um die Ferien- und vor allem Weih- nachtszeit, kommen Anfragen – alle immer mit Dring- Schon über ein halbes Jahr ist es her, seit der AERO- lichkeitsstufe «am besten sofort». Es wurde schnell PERS-Vorstand um vier neue Mitglieder ergänzt bezie- klar, dass die Erwartungen an jenes Stück Papier (oder hungsweise komplettiert wurde. Es auch elektronisch) bei den reellen hat mich selber gefreut, dass wieder «Wie empfehlen die Gegebenheiten meist nicht erfüllt mehr Bewerber als freie Vorstands- werden konnten. Wir alle haben uns sitze zur Verfügung standen. Die Teilnahme an den wohl nur auf die Benefits konzen- Gründe mögen vielfältig sein, aber triert und den Rest geflissentlich es war auf alle Fälle ein Gewinn für Mitgliederanlässen.» überflogen oder gar nicht gelesen. die Mitglieder, da sie eine echte Wahl Das Ticket ist nicht Bestandteil des hatten. Ob das Vertrauen in den gewählten Vorstand GAV11, sondern ein «Goodie» – mit Auflagen und Res- Bestand hat, wird sich bei den nächsten ordentlichen triktionen. Es brauchte seine Zeit, bis klar wurde, dass Wahlen 2014 erweisen. das Ticket nicht in allen Buchungsklassen zu haben Es hat sich schnell gezeigt, dass mitgebrachtes Fach- war und man deshalb eben auch (entsprechend frust- wissen (Tobias Mattle, Finanzen) oder frühere Aus- riert) leer ausgehen konnte. Ich empfehle Euch deshalb bildungen (Clemens Kopetz, Aussenbeziehungen) am nochmals die Lektüre der entsprechenden Weisungen. richtigen Ort zum Einsatz kommen. Ich bin eher der Mir ist jedenfalls noch kein Fall bekannt, bei dem Staff- Generalist und habe mich vor 25 Jahren ja auch für ein travel falsch gehandelt hätte. Generalisten-Studium (Interdisziplinäre Naturwissen- schaften) eingeschrieben. So war es folgerichtig, dass Vergünstigungen beim ÖV und Parkhaussorgen ich zum Ressort Mitgliederbetreuung kam. Es kamen Anfragen bezüglich Vergünstigungen des Das aktuelle Interesse ist ganz auf das «Projekt X» Öffentlichen Verkehrs. Auch hier liegen teilweise Erwar- und – nach dem unterzeichneten Letter of Intent – auf tungen und Realität etwas auseinander. Der ÖV wird die nun auszuhandelnden Vertragsdetails gerichtet. bereits in Form des ZVV-Bonus-Pass’ subventioniert, ist Trotzdem darf das Tagesgeschäft nicht liegen bleiben. aber eben nicht auf ein GA oder Halbtax ausgedehnt. So waren alle Vorstandsmitglieder nicht nur bei den Allerdings würde ich mich bei Bedarf beziehungsweise Verhandlungen mit der Swiss engagiert, sondern sind grossem Interesse gerne dafür verwenden, in diesem es auch in ihren Ressorts. Deshalb möchte ich Euch Bereich weiterzukommen. Ein Evergreen beziehungs- gerne einen Ausschnitt aus den Aktivitäten meines weise Stimmungskiller in ähnlichem Zusammenhang Ressorts präsentieren: ist das Parkhaus. Jeder weiss, wovon ich spreche, und deshalb unterlasse ich das nervige Aufzählen der Unzu- Captain’s Ticket länglichkeiten. Fakt ist, dass man für den Betrag des Gleich zu Beginn: Mein erster Auftrag war im Umfeld monatlichen Lohnabzugs für das Parkhaus wohl kaum des Captain’s Ticket angesiedelt. So alle paar Monate, anderswo einen Parkplatz anmieten kann, ausser man

Rundschau 4 | 2013 31 Frühling dieses Jahres. Dass ich hier nicht die besten Tipps zur Umgehung gültiger Zollvorschriften abgeben kann, liegt auf der Hand. Immerhin konnten wir errei- chen, dass bei der nächsten Generalkont- rolle im OPC zumindest auf die Sicherheit der Besatzungsmitglieder geachtet wird. Die Betroffenen können bestätigen, dass die Warteschlange bis weit in die Vor- fahrt des OPC Airside gereicht hat – nicht akzeptabel. Die Behörden haben uns zuge- sichert, dass sie mittels Kamera (yes, Big Brother is auch hier watching you) den Rückstau im Auge behalten und geeignete Massnahmen (mehr Zollpersonal vor Ort oder Rückkehr zu Stichproben) ergreifen werden.

Eine der vielen Mitgliederversammlungen. Mitarbeiter im Ressort «Mitglieder» Auf keinen Fall möchte ich es an die- ist bereit, mehr Geld dafür zu zahlen («you get what ser Stelle verpassen, meinen beiden Mitarbeitern you pay for»). Ugo Giannini (Langzeitkranke) und Alex Herma (Mit- gliederanlässe) für ihre Arbeit zu danken. Wer schon Garderobenschränke länger nicht fliegen konnte, hat wohl auch schon ein Einen schönen Erfolg konnten wir im Zusammenhang aufmunterndes Telefon von Ugo erhalten. Wir setzen mit den Garderobenschränken im OPC verbuchen. Mit uns dafür ein, dass der Prozess der Wiedereingliede- Wartezeiten von bis zu sechs Jahren (nein, nicht fürs rung so reibungslos wie möglich erfolgt. Und für alle Upgrading) musste sich so mancher Jungpilot abfinden, Gesundgebliebenen empfehlen wir wie immer die Teil- bis er ebenfalls in den Genuss eines solchen Schranks nahme an den Mitgliederanlässen. Gerne sind wir auch kam. In der Zwischenzeit konnte er ja seine Uniform für Inputs zu haben. Der nächste Anlass ist das Weih- und Crewbag im Auto lassen, das er dank Parkhaus- nachtsessen am 17. Dezember im Waldhaus Warpel, subvention und ein bisschen Herumfahren auf einem in Embrach. freien Feld platzieren konnte. Oder er benutzte den ÖV. Allerdings musste er sich dann mit dem Uniformreg- Persönliche und eventuelle juristische Unterstützung lement auseinandersetzen. Mir wurde die zweifelhafte möchten wir unseren Mitgliedern auch in Situationen Ehre zuteil, dieses Reglement einem Lektorat zu unter- bieten, die disziplinarische oder qualifikatorische ziehen. Dafür durfte ich auch ein paar Inputs anbringen Massnahmen nach sich ziehen. Aus Gründen der Pri- (nein, der Hut bleibt weiterhin Bestandteil und muss vatsphäre möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen. auf dem Kopf getragen werden). So sollten Änderungen Ein weiteres Feld tut sich für uns auf, seitdem Kol- an unbequemen Uniformstücken (wegen des Van-der- legen wieder regulär pensioniert werden. Ich habe die Wal’schen Gasgesetzes) ohne Umschweife und peinli- Erfahrung gemacht, dass Pensionäre sich nicht nur che (meist ernährungstechnischer) Nachfragen erfolgen einer Interessengruppe anschliessen wollen, sondern können. Auch die Lieferfrist für Crewbags (drei Monate) vor allem den Kontakt mit den Aktiven und auch Jun- wurde moniert. Ganz speziell konnte ich noch darauf gen schätzen und pflegen wollen. Ein Projekt für die hinweisen, dass die Vorschrift zur Benützung elektro- Passiven ist diesbezüglich in Vorbereitung. nischer Geräte dringend einer Anpassung bedarf (nein, Ohne die Initiative und Mitarbeit seitens der Mit- ich meine damit nicht den Ersatz von PHW4P). glieder ist der Vorstand nur ein gewähltes Gremium auf Zeit. So wünsche ich mir für uns alle in den kom- Zollvorschriften menden Monaten eine konsolidierte Meinung und ein Ebenfalls ein interessanter, aber auch zweckdienli- geeintes Korps, dessen Meinung der Vorstand auch cher Kontakt ergab sich nach Zollvorkommnissen im vertritt. l

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32 AEROPERS Gedanken eines Fliegenden

Wir twittern!

Text: Peter Tilly

Wer heute etwas auf sich hält, ein Kranich im Bauch der HB-JHH. Man sucht noch twittert. Politiker, Sportler, Fir- Namen … men, Private, Un-Private und viele andere bekommen von einem #Als TOI-Eintrag des Jahres wurde der denkwürdige Tag auf den anderen einen Buch- Satz zum Thema «Coffeemachine» gewählt. Dank stabendurchfall und geben Sätze diesem Eintrag wissen wir, dass Maschinen nur aus- von sich, die sie besser nie ver- gewechselt werden, falls Ersatz vorhanden ist. kündet hätten. Als Aviatik-Jour- nal von Welt kann sich die «Rund- #Im Schlussgang zum Airbusgenössischen obsiegte schau» dem Trend nicht verschliessen, und so wagt ein Schwede. Er hatte schlichtweg den besten Gripen. der Kolumnist einen ersten Twitter-Versuch an die- ser Stelle. Mögen mir Leserinnen und Leser vergeben, #Piloten-Qualifikationseintrag des Jahres: «Kennt die falls ich mich da und dort vertwittert habe. Ich bin Jahresschwerpunkte nicht, setzt diese aber konse- noch am Üben. Nun folgen «Tweets» zu Ereignissen quent um.» der Fliegerei, die nicht wichtig, aber irgendwie halt doch erwähnenswert sind. #Das neue iPad heisst «Air». Capisci?

#Die neuen Tarifmodelle in Genf sind ein #Swiss Genf prüft den Einsatz von Trash-Com- voller Erfolg. Probleme machen nur die pactors, um das Volumen des Handgepäcks Schlepperbanden mit ihrem Handgepäck. zu minimieren.

#In einigen Fluggesellschaften ist der #Aus Spargründen wird 2014 das Toiletten- Copilot der einzige Mensch an Bord, der papier auf den Langstrecken-Flugzeugen beid- für den Flug etwas bezahlt. seitig benutzt. Der Erfolg liegt auf der Hand.

#Nach dem Verzehr eines Kurzstre- #Nach vier im Auftrag der Firma angefor- cken-Crewmeals gab es einen Shit- derten Strafregisterauszügen im Jahre storm. 2013 ist sich der Kolumnist absolut sicher, dass die «Kolbenfenster- #Wenn einer «oben» nach vergehen» an seinem «Puch dem Unruheprinzip führt, Maxi» anno 1981 unentdeckt müssen sich die «unten» blieben. in Ungehorsam üben. Sonst kehrt im Laden #Untersuchungen zei- nie Ruhe ein ... gen, dass immer mehr Pilotenehen wegen #Kann ich als Teil- Synchronisations- zeit-Vertrag-Pilot problemen in die meinen Administ- Brüche gehen. rationsabzug auch einer karikativen #Zahlreiche Airlines Organisation spen- setzen auf Retrode- den? sign und bemalen ihre Flugzeuge in alter #Das Departement OC der Pracht. Swiss setzt auf Swiss droht an Apfelallergie zu Retro-Bücher und verteilt wie- sterben. der pdf-Files!

#Die maximale Anzahl Vollzeit- #«BLACK PERIOD» heisst jobs pro Topmanager wurde darum so, weil dann all die vom Verwaltungsrat auf deren schwarzen Schafe in die Ferien gehen. vier begrenzt. #MERRY CHRISTMAS, liebe Leserinnen #«Oscar Foxtrott» geht es blen- und Leser der «Rundschau». Möge sich dend. Laut unbestätigten Anga- das 2014 am 1.1. um Mitternacht richtig ben versteckte sich letzte Woche synchronisieren.

Rundschau 4 | 2013 33 Das kleine Piloten-ABC Die Erfahrungen eines Flight Attendants im Umgang mit Piloten, präsentiert in einer etwas anderen Form. Von A wie Abflug bis Z wie Zukunft.

Text: Sunil Mann, Swiss-F/A und Schriftsteller dabei auf wundersame Weise genau in dem Moment ein Ende, sobald der letzte Koffer aus dem Bus Wäre ich zu Beginn meiner Fliegerei-Karriere (die sich gehievt ist. in den letzten Jahren weniger durch ihren steilen Ver- Hilton: Unterkunft in Beige. lauf als vielmehr durch einen sukzessiven Abbau des Indiskretionen: Gibt es über beinahe jeden, meist wer- Arbeitspensums ausgezeichnet hat) angefragt worden, den diese verstohlen auf den sandfarbenen Sitzgrup- ob ich eine Kolumne für die AEROPERS-«Rundschau» pen im OPC ausgetauscht oder dann – unter dem Sie- schreiben würde – ich hätte, ohne lange nachzuden- gel der Verschwiegenheit natürlich – nach dem dritten ken, abgelehnt. Zu fremd und eigen kam mir als junger Glas an der Hotelbar. Flugbegleiter die Welt hinter der Cockpit-Türe vor, zu Jeder: weiss grundsätzlich, wo im Galley ein Wasserglas wenig Schnittpunkte mit meiner eigenen schien es zu oder eine Kaffeetasse zu verstauen beziehungsweise zu geben. Zwar arbeitete man für dieselbe Firma, flog an finden ist. Dieses Wissen wird allerdings nur sporadisch dieselben Destinationen, sah sich mit ähnlichen Prob- abgerufen. lemen konfrontiert, doch damit hatte es sich – meiner Kabinenbesatzung: Das, was hinten herumläuft. Stürmt damaligen Meinung nach – auch schon mit den Gemein- nach der Landung meist schnatternd und kopflos aus samkeiten. dem Flugzeug, gerade an Aussenstationen schwer Im Verlauf der Jahre aber, nach ungezählten Gesprä- unter Kontrolle zu bringen. Aber Achtung: Hält die chen und Beobachtungen, ausgestandenen Krisen und Alleinherrschaft über Nahrungsmittel und Getränke geschafften Turnarounds, nach etlichen Abendessen in (inklusive Kaffee)! fremden Ländern, der einen oder anderen geleerten Fla- Lift: Bei amourösen Eskapaden an Aussenstationen sche Wein und anschliessenden Besuchen in zweifelhaf- findet in ihm der heikelste Teil der Operation statt. ten Etablissements, muss ich zugeben, dass ich kom- Unverhofft kann sich nämlich die Tür öffnen, und plett falsch gelegen habe: Piloten sind auch Menschen. eines oder mehrere Crew-Mitglieder betreten die Auf- Meine diesbezüglichen Erfahrungen habe ich zu einem zugskabine. Der mit hochrotem Gesicht gestammel- kleinen ABC zusammengefasst, welches das Handling ten Geschichte von der überraschend aufgetauchten, für Neueinsteiger und alte Hasen dies- und jenseits der leicht bekleideten, da mittellosen brasilianischen Cockpit-Türe vereinfachen soll: Nichte fehlt es leider oft an Glaubwürdigkeit. Mephisto: Schuhmarke. Wurde früher gerne von Billett- Abflug: Die Quintessenz des Pilotenberufs. Findet oft kontrolleuren in Zürcher Trams getragen, zur selben verspätet statt, was dann mit vagen und ausdrücklich für solche Fälle konzipierten Begriffen entschuldigt wird: Das späte Eintreffen des Flugzeugs, die Wetter- Sunil Mann wurde am 21. Juni bedingungen, das starke Verkehrsaufkommen über 1972 im Berner Oberland als XY. Nie: Die gerade einsteigenden Passagiere haben zu Sohn indischer Einwanderer ge- lange im Duty-Free-Bereich rumgelümmelt, die Kabi- boren. Seine Jugend verbrachte nenbesatzung war zu dämlich, um den Head Count er in Spiez bei Pflegeeltern und korrekt durchzuführen, am Triebwerk war irgendet- besuchte in Interlaken das Gym- was kaputt, aber bis nach Zürich schaffen wir es wahr- nasium. In Zürich studierte er scheinlich. Psychologie und Germanistik, Bus: Wird zwischen Flughafen und Hotel beziehungs- beide Studien wurden erfolgreich weise Flugzeug und Operation Center eingesetzt. In abgebrochen, bevor er sich an der Hotelfachschule ihm findet der lebensbedrohliche Teil der Rotation Belvoirpark halbherzig Grundkenntnisse fürs Gast- statt. gewerbe erwarb. Cockpit: Abschliessbarer Raum zuvorderst im Flug- Seit geraumer Zeit arbeitet er als Flugbegleiter mit zeug, der zwar kaum aufrechtes Stehen erlaubt, dafür reduziertem Pensum bei der Swiss, unterbrochen dank einer schusssicheren Tür Ruhe vor der Kabinen- von zum Teil mehrmonatigen Aufenthalten in Israel, besatzung, Passagieren und sonstigen Terroristen ver- Ägypten, Japan, Indien, Paris, Madrid und Berlin. spricht. Rund drei Dutzend Kurzgeschichten und Kurzkrimis Dispo: Synonym für «komplett ausgeliefert sein». wurden in Anthologien veröffentlicht, dazu erhielt Essen: Wird von manchen Piloten auf Langstreckenflü- er einige Preise, darunter den Förderpreis der Die- gen gerne kurz nach Takeoff und etwa eine Stunde nemann-Stiftung in Luzern, den vom Fischerverlag vor der Landung geordert. Zeitgleich stattfindende ausgelobten Agatha-Christie-Preis oder zuletzt das Dienstleistungsangebote der Kabinenbesatzung wer- Atelierstipendium Berlin des Kantons Zürich. «Fang- den als irrelevant eingestuft. schuss», sein Krimi-Debüt, spielt in Zürichs Kreis 4 Flugzeug: Das zweite Zuhause. und wurde im Frühjahr 2011 mit dem Zürcher Kri- Gepäck: Das Handling desselben wird von der Kabi- mipreis ausgezeichnet. Der Hauptprotagonist ist der nenbesatzung gerne dem Cockpit überlassen. Die indischstämmige Privatdetektiv V. J. Kumar. intensive Beschäftigung mit dem Smartphone findet

34 AEROPERS Zeit galt die Fussbekleidung auch als hundert Prozent gen Orten laufend verkürzt, an den falschen verlängert. sicheres Erkennungsmerkmal von Piloten in Zivil (oft in Sofort released: Die schönsten Worte in den Ohren Kombination mit karierten C&A-Hemden in gedeckten eines Airline-Mitarbeiters. Farben). Positive Adjektive gibt es in Verbindung mit Technischer, ugs. Gehört bei Avro-Besatzungen fix dieser Marke leider nur zwei: «praktisch» und «lang­ zum Tagesablauf, hat stets umständliche Diskussio- lebig». nen mit der Dispo zur Folge. Löst grosse Begeisterung Nichtraucher: Im Gegensatz zum Raucher nach der bei Passagieren und Crew aus, bei Letzterer vor allem Landung entspannt, hetzt nicht zum Ausgang und wegen der aufregenden Änderungen im Einsatz und verzögert dann trotzdem die Abfahrt des Busses, ver- dem damit verbundenen Verschieben des Feierabend- schwindet während der Bodenzeit nicht an rechtlich biers. fragwürdige Orte, riecht anschliessend nicht nach Umsatz: Wird gerade bei entsprechendem Gewinn gern Aschenbecher. an glamourösen Pressekonferenzen verkündet, zeit- On-Time-Arrival: Wichtiger Aspekt im Flugablauf, eng gleich werden für die Mitarbeiter zappendustere Aus- verbunden unter anderem mit Renommee und Kosten. sichten sowie Horrorszenarien einer untergehenden Gerüchteweise wird die Crew vorne dafür mit einem und krisengeschüttelten Branche entworfen, um auf- Bonus entschädigt. Diejenige hinten kämpft sich keimenden Begehrlichkeiten bereits im Vorfeld beizu- derweil unter Zeitdruck durchs vorgeschriebene Pro- kommen. zedere und geht nach dem Anweisen der Sitzplätze Vielfliegerprogramm: Jeder, der hin und wieder fliegt, für Analphabeten, Verstauen des schwebend leichten kommt da rein, auch diejenigen, die nicht meinen, Handgepäcks, Verteilen von Decken, Kissen, Kopfhö- sie seien etwas ganz Besonderes und bekämen ab rern, Hot Towels, Zeitungen, Welcome Drinks, Menü- sofort immer ein kostenloses First-Class-Upgrade oder karten, Babygürteln, Schwimmwesten und Spielzeug, zumindest eine entsprechende Spezialbehandlung. Anhören etwaiger Beschwerden in mehreren Spra- Wir: Zusammen mit «gemeinsam» ein beim Aufbau der chen, Zusammensetzen von überall verteilten Fami- neuen Airline strategisch eingesetztes Wort. Emotio- lien, Umsetzen von Verletzten, Rekonvaleszenten, nales Druckmittel, um Lohn-, Ferien- und Freitagekür- grundsätzlich Unzufriedenen und Männern, die aus zungen sowie andere Sparmassnahmen durchzuset- bizarr anmutenden Gründen nicht neben Frauen sit- zen. Verschwand nach dem geschafften Turnaround zen dürfen, leer aus. Keineswegs gerüchteweise. sofort, taucht aber seither regelmässig bei anstehen- Passagier: Bezahlt unseren Lohn. Weiss das auch. den Vertragsverhandlungen auf. Quälgeist: Ein Kleinkind, dessen Eltern Skype nicht zu Xanthippe: Das, was auf der anderen Seite des Bettes bedienen wissen. Anders ist nicht zu erklären, wes- schläft. Zumindest besagen das die Mienen mancher halb sie mit dem Säugling um die halbe Welt fliegen, Crew-Mitglieder im Briefing. nur um ihn dort ein paar kurze Tage lang der Familie Y-Chromosom: Im Cockpit immer noch eine Mehrheit. vorzuführen. Zukunft: Wenn man dem Management Glauben schenkt: Rotationen: Wurden in den letzten Jahren an den richti- seit Jahren düster. Für alle anderen: Business as usual. l

Bücher aus der Feder von Sunil Mann

Fangschuss Uferwechsel Kriminalroman Kriminalroman 221 Seiten, kt. ca. 320 Seiten, kt. ca. EUR 8,95, ca. EUR 10,99, CHF 17.00 CHF 16.50 ISBN 978-3-89425-369-1 ISBN 978-3-89425-407-0 2010 2012 Grafit Verlag Grafit Verlag

Lichterfest Familienpoker Kriminalroman Kriminalroman 315 Seiten, kt. ca. 320 Seiten, kt. ca. EUR 9,99, ca. EUR 10,99, CHF 15.90 CHF 16.50 ISBN 978-3-89425-384-4 ISBN 978-3-89425-425-4 2011 2013 Grafit Verlag Grafit Verlag

Rundschau 4 | 2013 35 Was macht eigentlich … Rolf Senn? Wer Hawaii hört, denkt an Sonne, Wellen und Surfen. Hawaii ist einmal im Jahr auch Mittel- punkt des Ausdauersports. Die Crème de la Crème des Triathlon trifft sich dort, um die Welt- meister zu bestimmen. Der A320-Captain Rolf Senn war einer von ihnen.

Interview: Peter Tilly lediglich zehn Stunden pro Woche, und das ganz ohne Trainingsplan. Schummelst Du bei diesen Angaben? Was Rolf macht, macht er konsequent und zielstrebig. R.S.: Nein, die Angaben stimmen ziemlich genau. Wäh- Das merkten seine Instruktoren während des Umschu- rend der letzten Monate vor Hawaii habe ich das Pensum lungskurses zum A320-Captain genauso wie seine auf 15 Stunden erhöht. Wenn ich trainiere, lege ich grossen Gegner bei den zahlreichen Triathlons, die er jedes Wert auf qualitativ wertvolle Einheiten. Ich gehe nicht ein- Jahr erfolgreich absolviert. Doch Rolf als starrköpfigen fach eine Stunde joggen, sondern mache Intervalltrainings und stur auf ein Ziel hin fokussierten Zeitgenossen zu und Laufspiele. Sture Trainingsprogramme, auf Wochen bezeichnen, würde dem sympathischen Kollegen nicht und Monate hinaus geplant, sind bei unserem Beruf nicht gerecht. Er ist durch und durch ein Genussmensch. Als sinnvoll. Ich passe meine Einheiten meinen Aufenthalts­ ich ihn fragte, in welchem Lokal wir das Interview bei orten an und geniesse das Training umso mehr. Speis und Trank durchführen sollten, kam die Antwort wie aus der Kanone geschossen: Im «Winzerhaus» in «RS»: Wenn Du wirklich so wenig trainierst, muss Weiningen. So trafen wir uns an einem Mittwoch zum Talent vorhanden sein, und es steckt jahrelanges Trai- Mittagessen im Gourmettempel mitten in den Wein- ning dahinter. Wie sieht Dein sportlicher Werdegang aus? bergen von Weiningen zum Business Lunch. Als ich im R.S.: Seit ich sieben Jahre alt bin, treibe ich Sport. Als lockeren Gespräch seine Topleistungen bewunderte Kind spielte ich Fussball und wechselte später in die und ihm auch gebührend gratulierte, machte mich Rolf Leichtathletik. Als Mittelstreckenläufer war ich Mitglied darauf aufmerksam, dass es noch weitere Spitzen-Tri- des Nachwuchskaders. Bereits im zarten Alter von zehn athleten im Pilotencorps gäbe und ein alleiniger Fokus Jahren absolvierte ich fünf bis sieben Trainingseinhei- auf seine Leistungen nicht gerechtfertigt sei. Adrian ten pro Woche. Das war aber nie ein Zwang, sondern Santonastaso und Philipp Overbeck seien ihm schon bei stets mit viel Freude verbunden. so manchem Triathlon harte Gegner gewesen und ab und zu auch um die Ohren gelaufen. Der Kellner unter- «RS»: Du wohnst gut 30 Kilometer vom Flughafen ent- brach uns – wir bestellten. fernt. Das wäre doch eine gute Trainingseinheit mit dem Fahrrad! «Rundschau»: Der «Ironman» von Hawaii ist gut zehn R.S.: Ich fahre tatsächlich bei Wind und Wetter und Tage her. Wie geht es Dir nach den sportlichen Strapazen? zu jeder Tageszeit mit dem Fahrrad zur Arbeit. Aus Rolf Senn: Ich bin erfüllt, glücklich und stolz. Ich fühle Sicherheitsgründen stets mit dem Mountainbike. Dieses aber auch eine Leere in mir, weil das Ereignis vorbei ist, ist mit besseren Bremsen ausgestattet und benutzer- auf das ich mich monatelang vorbereitet habe. freundlicher beim Kreuzen von Tramschienen ...

«RS»: Warum betreibst Du ausgerechnet Triathlon? «RS»: Ein fordernder Job als Captain A320, ein Hobby, R.S.: Ich habe seit meiner Kindheit Laufsport betrieben das fast keine Kompromisse zulässt, und auch noch und wollte mich meiner Gesundheit zuliebe sportlich Familie. Wie bringst Du alles unter einen Hut? diversifizieren.

«RS»: Wenn sonst erfolgreiche Sportler in den Triath- Rolf Senn: Der aktive A320-Cap- lon wechseln, scheitert es oft am Schwimmen. Wie hast tain lebt mit seiner Frau Pascale Du Dir die notwendige Schwimmtechnik angeeignet? und den zwei gemeinsamen Kin- R.S.: Die Disziplin Schwimmen ist tatsächlich eine dern Nico (13) und Giulia (11) anspruchsvolle. Ich habe vieles von den Triathlon-Kol- auf dem Mutschellen, nicht weit legen abgeschaut und stundenlang geübt. Einen spezifi- vom Reporting Point BREGO schen Kurs habe ich nie besucht. entfernt. Seit seinem siebten Lebensjahr betreibt Rolf intensiv «RS»: Deine Leistungen verdienen Respekt. Einer der Sport und gehört mittlerweile zu besten Triathleten der Schweiz in der Kategorie M45–49 den besten Schweizer Langdistanz-Triathleten sei- und eine Zeit unter zehn Stunden in Hawaii. Da hast Du ner Altersklasse M45–49. Voriges Jahr überraschte bereits einiges erreicht. Was sind Deine nächsten sport- Rolf mit dem Sieg beim Halb-Triathlon in Miami und lichen Ziele? dem ausgezeichneten 20. Rang bei den Weltmeis- R.S.: Die «Patrouille des Glaciers» steht ganz oben auf terschaften über die gleiche Distanz in Las Vegas. meiner Wunschliste. Des Weiteren möchte ich im Som- Am Ironman 2013 in Zürich qualifizierte sich Rolf mer vermehrt Hochgebirgstouren in Angriff nehmen. als Vierter von 360 Startenden seiner Alterskatego- Im Triathlon fehlen mir im Moment die Ziele. rie für die Weltmeisterschaften in Hawaii, die er auf dem 57. Rang beendete und damit 192 Weltklasse- «RS»: Laut einem Interview in der «Aargauer-Zeitung» Athleten hinter sich liess. vom Sommer des vergangenen Jahres trainierst du

36 AEROPERS Auf der Radstrecke bleibt der Blick immer wieder am Computer hängen. Die Wattzahl sollte konstant gehalten und die Gegner müssen beobachtet werden. Ich darf mich nicht im Windschatten eines Mitstreiters ausruhen und muss mich auf die Strasse konzentrieren. Trotzdem ist es natürlich nicht verboten, auch die wunderschöne Landschaft zu geniessen. Auch bei der Laufstrecke geht der Blick immer wieder auf die Uhr. Stimmen die Abschnittszeiten? Bin ich zu schnell oder zu langsam unterwegs? Schaffe ich das gesetzte Ziel? Am Schluss des Wettkampfs liegt der Fokus beim Zieleinlauf. Dieses Gefühl, wenn der Speaker Deinen Namen ausspricht und Tausende von Zuschauern mit den Händen an die Werbebanden schla- Konzentriert auf der langen Radstrecke. gen, vergesse ich nie!

R.S.: Ich brauchte relativ wenig Zeit für mich selber. «RS»: Wie lange braucht Dein Körper nach dieser Leis- Sofern ich mich nicht gerade auf Hawaii vorbereite, tung, um sich wieder zu erholen? investiere ich nicht mehr in den Sport als andere Leute R.S.: Nach drei Wochen ist mein Körper wieder voll- in ihre Hobbys. Das alles ginge aber nicht, wenn meine ends erholt. Die Psyche braucht wesentlich länger. Die Familie nicht hinter mir und dem Sport negativ gegen- mentale Stärke, die es braucht, um sich während des überstünde. Meine Frau Pascale und ich unterstützen harten Trainings durchzubeissen, kommt erst Wochen uns gegenseitig bei unseren Projekten. Das ist unglaub- später wieder. In dieser Zeitspanne betreibe ich den lich wertvoll, und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar. Sport aber weiterhin mit grossem Genuss. Die Energie, die man durch die weniger harten Einheiten spart, nutze «RS»: Zurück zu Hawaii. Du bist 3,86 Kilometer in ich, um die Natur intensiver zu erleben. einer Stunde und zehn Minuten geschwommen, hast die Wüste in fünf Stunden und fünf Minuten durchquert «RS»: Triathlon besteht eigentlich aus vier Diszipli- und dabei 180 Kilometer auf dem Fahrrad abgespult, nen. Die vierte, nämlich die Erholung, ist eine der wich- und als Dessert folgte ein Lauf über die Marathondis- tigsten. Wie heisst Dein Regenerations-Rezept, damit Du tanz, für den Du drei Stunden und 29 Minuten benö- so schnell wie möglich wieder zu Topleistungen fähig tigt hast. Gebe ich diese Daten in meinen Computer ein, bist? behauptet dieser, dass ich mit meinem Bodymass-Index R.S.: Ich habe keine Geheimmittelchen. Weder liege ich 15 000 Kilokalorien verbrauche. Bei Dir wird es deutlich auf Magnetmatten, noch gehe ich in spezielle Massagen weniger sein, aber es bleibt die Frage, wie Du die Energie oder benutze teure Salben. Als ich nach dem Ironman dem Körper während des Wettkamps zuführst. und der langen Reise zu Hause eintraf, öffnete ich eine R.S.: Auf dem Fahrrad warten nach dem Schwimmen Flasche «Amarone» und genoss den Rebensaft zusam- zwei Bidons, gefüllt mit «Maltodextrin» und einer Portion men mit meiner Frau Pascale auf dem Sofa. Das war Salz, auf mich. Damit komme ich über die erste Stunde Regeneration! auf dem Rad. Zusätzlich nehme ich auf der Rad- und der Laufstrecke ganz stur alle 20 Minuten ein Kohlehydrat- «RS»: Schmerz und Leid gehören zwangsläufig dazu, Gel zu mir, das die Energie rasch freigibt. Während des wenn man zehn Stunden bei brütender Hitze Höchst- Wettkampfs trinke ich isotonische Getränke und nehme leistungen vollbringt. Wie gehst Du damit um? bei heissen Temperaturen auch noch zusätzlich Salz zu R.S.: Bei orthopädischen Schmerzen breche ich ein mir. Training oder einen Wettkampf sofort ab. Das sind Alarmsignale des Körpers, die man unbedingt ernstneh- «RS»: Alle drei Disziplinen im Triathlon sind hart, men muss. Übliche Probleme wie Blasen an den Füssen aber auch monoton. Lenkst Du Dich mit Musik oder und Hautreizungen an allen möglichen und unmög- anderem ab oder fokussierst Du Dich komplett auf den lichen Stellen muss man ertragen. Diese gehören bei Wettkampf? einem Triathlon einfach mit dazu. R.S.: Musik ist während der Ironman-Wettkämpfe ver- boten. Doch so monoton, wie Du es beschreibst, ist der «RS»: Du betreibst diese sehr anspruchsvolle Sport- Wettkampf nicht. Das Schwimmen ist der reinste Über- art auf höchstem Niveau. Da muss das Thema Doping lebenskampf. Über 2500 gut trainierte und auf ein Ziel angesprochen werden. Wie verbreitet ist Doping in der fokussierte Sportlerinnen und Sportler schwimmen auf Triathlon-Szene? die erste Boje zu. Keiner will Zeit und Kraft verlieren, R.S.: Es gibt Kontrollen, und es bleiben wie in allen keiner ausweichen. Man muss sich trotz Wellengangs anderen Sportarten auch ab und zu schwarze Schafe und schäumenden Wassers orientieren, ein gutes Fahr- hängen. Es wird nicht zu vermeiden sein, dass Ama- wasser suchen und, wenn immer möglich, vermeiden, teure vorsätzlich oder aus Unwissenheit Medikamente Salzwasser zu schlucken. Zu viel davon führt unweiger- nehmen, die auf einer Verbotsliste stehen. Ein kürzlich lich zum Erbrechen. durchgeführter Test an 500 Amateursportlern in der

Rundschau 4 | 2013 37 Schweiz hat durchwegs negative Ergebnisse an den Tag hautenge Sportbekleidung an Deinem durchtrainierten gelegt. Ob das eine aussagekräftige Untersuchung ist? Körper sensationell zur Geltung kommt und man den Ich weiss es nicht. Versprechen Glauben schenken kann, dass die Funkti- onskleidung zur besseren Leistung beiträgt. Doch was «RS»: Wurdest Du schon jemals auf Doping getestet? bringen die Kleider einem Hobbysportler wie mir, der im R.S.: Nein. Engadin gemütlich über die Loipen skatet? R.S.: Ich kann Dir unter Kollegen offen und ehrlich Wir entschieden uns beide für das «Menu 1» mit sagen, dass «X-Bionic» auf dem Markt konkurrenzlos ist. einer Topinambour-Suppe als Vorspeise und zarten Im Gegensatz zu anderen Anbietern ist die Bekleidung Rindfleischfilet-Würfeln an Erdnuss-Sauce mit marktfri- von «X-Bionic» im wahrsten Sinne des Wortes funktional. schem Gemüse und Jasminreis, serviert als Hauptspeise. Das Zusammenspiel von Kompression, Funktionalität Bei Wein vertrauten wir auf den fachmännischen Rat und Wärmehaushalt wird Dich im Engadin nach weni- des Sommeliers, der uns zu einem Glas «Baltasar» aus gen Loipenmetern restlos überzeugen. Auch die Qualität der Bodega San Alejandro riet. Nach dem ausgezeich- der Produkte ist nicht mit denen der anderen Hersteller neten Lunch gewann unser Gespräch richtig an Fahrt. zu vergleichen. Socken, die ich zum Sport und auch zur Arbeit trage, haben nach 200 Waschgängen immer noch «RS»: Triathlon ist nicht nur zeit-, sondern auch - den gleichen Sitzkomfort – das erwarte ich von Funkti- tenintensiv. Wirst Du von Sponsoren unterstützt? onswäsche und nicht ein modisches Zusammenspiel der R.S.: Die Bekleidungsfirmen «X-Bionic» und «skinfit» Farben und Formen. unterstützen mich. Der grösste Sponsor ist und bleibt meine Frau, die mir die Zeit für den Sport und viel Ver- «RS»: Ist Deine Familie auch so sportbegeistert? ständnis schenkt. R.S.: Zum Glück ja! Meine Frau geniesst joggend die Wälder um unser Haus, meine Tochter ist Läuferin im «RS»: Als Ambassadeur der Sportbekleidungsfirma Leichtathletikverein und mein Sohn spielt Unihockey. «X-Bionic» posierst Du prominent auf deren Home- page im Internet. Mit Neid muss ich zugeben, dass die «RS»: Wie lange dauert es noch, bis Du Deine Kinder beim Training nur noch von hinten siehst? R.S.: Schon passiert! Im Sprint sehe ich von meiner Tochter nur noch ihre Schuhsohlen, und den Kilometer läuft sie mit elf Jahren bereits unter 3:20 Minuten ...

«RS»: Ausser uns beiden haben alle Männer in unserer Altersklasse Lebenskrisen und zetteln unvernünftige Projekte an. Was rätst Du einem sportlich mittelmässig begabten Mann, der sich als Ziel setzt, einen Triathlon oder wenigstens einen Marathon zu absolvieren? R.S.: Einen Langstrecken-Triathlon erfolgreich zu absol- vieren setzt jahrelanges Training voraus. Es muss auch betont werden, dass nicht jeder Körperbau dafür geeig- net ist, Leistungen über diese lange Zeitdauer zu erbrin- gen (Anmerkung des Schreiberlings: Mir entgeht sein mitleidiger Blick auf mein Körpervolumen nicht ...). Wenn der Wunsch in einem wächst, beim Triathlon teilzuneh- men, muss unbedingt mit Kurzdistanz-Wettkämpfen begonnen werden.

«RS»: Welche Sportart würdest Du nie betreiben? R.S.: Statische Sportarten wie Fischen und derglei- chen. Damit will ich aber nicht das Fischen schlecht- reden. Ich bewundere jeden, der sich in seinem Hobby verwirklichen kann, und wenn das Fischen ist, geht das für mich in Ordnung.

«RS»: Und warum keine statischen und gemütlichen Sportarten? R.S.: Ich brauche die Bewegung in der Natur, ich bin richtiggehend süchtig danach. Nicht selten jauchze ich während eines Trainings vor Freude, wenn ich durch eine schöne Gegend laufe. Während meiner Aktivitäten erlebe ich jeden Augenblick sehr intensiv und philoso- phiere oft dabei.

«RS»: In welchem Alter ist für Dich Schluss mit Tri- Unter grossem Applaus der Zuschauer läuft Rolf Senn in athlon? Hawaii über die Ziellinie. R.S.: Da möchte ich mich nicht festlegen!

38 AEROPERS «RS»: Auf welche sportliche Leistung bist Du am meis- Du scheinst heisses Wetter zu lieben! Was macht Rolf ten stolz? Senn während der kommenden Wintermonate? R.S.: Hawaii! Und zwar sowohl für die Qualifikation für R.S.: Es ist nicht so, dass ich heisses Wetter besonders diesen Wettkampf, der als offizielle Weltmeisterschaft liebe, es scheint mir schlichtweg weniger auszumachen gilt, als auch für die Leistungen am Wettkampf selber. als anderen. Für diesen Winter habe ich mein Trainings- programm bereits definiert. Der Umbau des Ladens mei- «RS»: Hat es in Deinem intensiven Leben noch Platz ner Frau wird mir Muskelkater an Stellen meines Kör- für andere Hobbys? pers bescheren, die ich bis anhin nicht gekannt habe ... R.S.: Neben der Familie und dem Sport helfe ich noch im Geschäft meiner Frau aus. «RS»: Das Essen war himmlisch, der alkoholische Teil auch. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht haben wir «RS»: Was ist das für ein Geschäft? richtig gesündigt. Hast Du jetzt ein schlechtes Gewis- R.S.: Meine Frau betreibt auf dem Mutschellen eine sen? Wohn- und Wohlfühl-Boutique. Mit «inside top of mut- R.S.: Null! schellen» erfüllte sie sich einen Traum, bei dem ich sie selbstverständlich unterstütze. Im Moment steht eine «RS»: Vielen Dank für das Gespräch. Erweiterung des Geschäfts vor der Tür, die uns ziemlich in Trab hält. Gerne begrüssen wir Leserinnen und Leser Draussen regnete es in Strömen, und die wunder- der «Rundschau» persönlich in unserem Laden. Wer vor- bare Aussicht ins Limmattal war leicht getrübt. Tief her einen Blick auf das Angebot werfen möchte, findet beindruckt über Rolfs Leistung und mit einer schö- Informationen auf insideshop.ch. nen Geschichte im Gepäck machte ich mich auf zur anderen Talseite, wo ich voll motiviert eine Stunde auf «RS»: Zurück zum Sport: In Hawaii, Las Vegas und die- meinem Rudergerät sass und einen Bruchteil derer Lei- ses Jahr auch in Zürich erbrachtest Du bei tropischen den und Freuden durchlebte, von denen mir Rolf mit Temperaturen bis 44° C (Las Vegas) Höchstleistungen. leuchtenden Augen über zwei Stunden erzählt hatte. l

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Rundschau 4 | 2013 39 Gelesen

Text: Viktor Sturzenegger

Geschichten eines Menschenfreundes Viele Fliegende kennen ihn persönlich, den gross gewachsenen, freundlich interes- sierten Walter Meier, der einige Jahre als Flight Attendant und mitfliegender Seelsorger Teil unserer Crews war. Wenn ich ihm heute in seinem Arbeitsumfeld, dem Flughafen Kloten, begegne (oft ist er auch zusammen mit seinem katholischen Kollegen Claudio Cimaschi unterwegs), fällt mir immer wieder auf, wie er es trotz seiner Grösse schafft, dass seine persönliche Zuwendung im Gespräch nicht dominierend erscheint. In seinem kleinen Buch erzählt er 22 kurze Geschichten von Begegnungen mit Men- schen im Umfeld der Fliegerei und des Flughafens Zürich-Kloten. Vielfach sind es indi- viduelle Schicksalsmomente, sei es der weinende Geschäftsmann im Andachtsraum des Flughafens, die gebärende Frau der dokumentenlosen Familie, die in Kloten am Weiter- flug gehindert wurde und mit Hilfe einer afrikanischen Putzfrau ihr Kind im von Walter Meier vermittelten Day Room des Flughafens zur Welt brachte, oder der verwirrte Rei- sende, der im Gespräch und darauf folgender Einkehr mit unserem Flughafenpfarrer im Andachtsraum die Ruhe wiederfindet und seinen Weg weitergehen kann. Einige handeln aber auch von weiter reichenden Ereignissen, dem Absturz der MD-11 bei Halifax, der Flugzeug- kollision bei Überlingen oder dem Grounding der Swissair. Davon unmittelbar Betroffenen werden beim Lesen wohl ihre eigenen Bilder von selbst Erlebtem im Umfeld dieser Momente der Geschichte vor die Augen treten – immer aber gelingt es Walter Meier, seine Geschichten so einfühlsam und unterhaltend zu Ende zu erzählen, dass man aus den eigenen Bildern wieder zu den vom Autoren beschriebenen Schicksalen zurückfindet.

Walter Meier: Flughafengeschichten Zürich 2013 ISBN 978-3-906561-53-0

Die Rache des missbrauchten Kindes In früheren Artikeln habe ich schon mein Faible für Arne Dahl eingestanden. Von den Anfängen in der A-Gruppe bis zu der Europäisierung der in Dahls Romanen geschilder- ten Aktivitäten im Rahmen einer geheimen Operativen Einheit der Europol, die von Paul Hjelm geleitet und durch bekannte Protagonisten aus der A-Gruppe verstärkt wird, lese ich mit Interesse die als Entwicklungsroman konzipierte Geschichte dieser von Dahl erfundenen Menschenschar. In «Zorn» geht es um eine Serie von Morden, die an vielen europäischen Schauplät- zen verübt werden und in denen der Mörder den Kontakt zu einzelnen Mitgliedern der Europol-Einheit sucht, namentlich zu Arto Söderstedt. In der Auflösung wird die Geschichte zu einer modernisierten Fassung von Huxleys «Brave New World», wobei die Zerstörung der Twin Towers in New York, Rauschgift-, Waffen- und Menschenhandel in Europa ebenso thematisiert werden wie der Missbrauch von Gentechnologie und die schon im ersten Band der neuen «europäischen» Reihe von Dahl titelgebende allgemeine menschliche Gier. In derart geraffter Form klingt es wohl etwas banal, aber die Geschichte hat mich über ihre fast fünfhundert Seiten dennoch fasziniert.

Arne Dahl: Zorn München 2012 ISBN 978-3-492-05306-8

Ausweglos Das Geschenk meiner Lastflight Crew war ein Buch, das sie mir – nach Rückfrage bei meiner Frau Verena, bei der sie erfahren haben, dass ich von Henry (Lüscher) gehört habe, er sei im Moment daran, einer Empfehlung von HP (Boller) folgend, ein äusserst spannendes Buch zu lesen – am Anfang unserer Rotation überreicht haben. Während der paar Tage habe ich allerdings nicht die Zeit gefunden, auch nur eine Seite zu lesen – inzwischen hat sich die Situation etwas verändert ... Danke Euch allen, es ist ein einzigartiges Buch. Das Gesicht des Autors auf dem Umschlagbild ist widerspenstig, kantig, sein Blick ein dunkles Fragezeichen. Dunkel bis schwarz ist auch die Erzählung um den Mathematiker Siem Sigerius und seine Familie. Anfangs fällt es mir schwer, den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Textteilen zu erkennen. Eine Ich- Erzählerin ist in Kalifornien und hat ein Kind mit einem McKinsey-Typen. Doch sie ist in Los Angeles und er mit

40 AEROPERS dem Kind in San Francisco. So weit scheint es nicht völlig unverständlich, wenn da nicht die Zeit- und Ortssprünge wären, Rückblenden ohne (mir) ersichtlichen Übergang. Da ist natürlich noch das Mathematik-Genie als Stiefvater der Ich-Erzählerin Joni. In Holland, wo sie früher bei ihrer Mutter und ihrem neuen Mann wohnte, hat Joni ein Chamäleon zum Freund. Er biedert sich beim Stiefvater mit seinen Fragen und seinem Interesse an Judo an, der sportlichen Leidenschaft des bulligen Mathematikers. «Bonita Avenue» ist eine Familiengeschichte mit modernem Ansatz. Ein Patchwork aus Sex, Macht und Geld, vermengt in einem Circulus Vitiosus, mit den aus ihren Ver- stecken quellenden Familiengeheimnissen. Aaron und Joni verdienen haufenweise Geld mit einer Sex-Website, auf die ihr Stief- vater eines Tages zufällig stösst. Die sich daraus dynamisch entwickelnde Geschichte hält einen locker über ihre 640 Seiten in Atem. Die rohen Metaphern und Vergleiche Buwaldas erzeugen unmissverständliche Bilder, die ich aber nicht immer so unvermit- telt sehen mag. Ein Buch, manchmal wie ein Faustschlag ins Gesicht der Lesenden, eine kontemporäre Katastrophe, sezierend exakt filetiert und schonungslos dargestellt. Immer wieder subjektiv erfahrbare Verrückt- heit, wie ich sie unmittelbarer nicht einmal bei Kafka gelesen habe – Peter erscheint mir dabei noch trauriger als Franz.

Peter Buwalda: Bonita Avenue Hamburg 2013 ISBN 978-3-498-00672-3

... apropos Henry Lüscher Aufgrund des regen Austauschs von Literaturtips untereinander habe ich angefragt, ob er auch hie und da die Leserschaft der «Rundschau» über neue Leseerfahrungen informieren wolle. Also kann es gut vorkommen, dass Sie in Zukunft weiter gehende Anregungen mit womöglich anderen Schwerpunkten als den meinen auf diesen Seiten finden können.

Damit wünsche ich allen Lesenden interessante Zeilen, auf dass sie nicht in interessanten Zeiten leben müssen ...

Pensionierung

Viktor Sturzenegger

Auf Wiedersehen!

Gerne ergreife ich die Gelegenheit, mich hier einfach bei allen zu bedanken, mit denen ich gemeinsam viele interessante Stunden an Bord von Flugzeugen oder in fernen Ländern und Städten ver- bringen konnte, viele Erlebnisse und Erinnerungen teile. Möge Euer Arbeitsumfeld sich in Zukunft, gestützt auf Entscheidungen ver- nunftbegabter Verantwortlicher, so gestalten, dass auch Ihr die Zeit, die Ihr im «sexiest business» (Zitat Matthias Mölleney) ver- bringen könnt, als «wie im Fluge vergangen» erfahren dürft. Das Wiedersehen soll übrigens keine Drohung sein. Ich möchte es auch nicht als Ausdruck eines Wunsches nach Rückkehr in eine Tätigkeit, die ich zu meinem eigenen Erstaunen mehr als dreissig Jahre lustbetont ausüben konnte, verstanden wissen. Aber weil meine Frau Verena und ich immer noch gerne reisen, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir einzelne von Euch sozusagen bei der Arbeit wiedersehen werden.

Herzlich grüsst Viktor Sturzenegger

Rundschau 4 | 2013 41 Eintritte

Eintritte seit der letzten «Rundschau»-Ausgabe

l Cyrill Achermann l Patrick Herr l Michael Schefer  Diese Neumitglieder stellen l Christian Ammann l Mathieu Jabas l Tobias Schütz sich in der Folge selbst vor. l Christian Arnet  l Daniel Klaus l Pascal Sonderegger l Philipp Barth l Alexander Lippert l Nico Strasser l Sascha Böhm l Manuel Löhle l Michael Weiss  l Till Dobrick l Jannis Malzahn  l Oliver Wilhelm l Manuel Fenzlein l Remo Merz l Daniel Zirbs l Dominik Haug l Markus Öts l Doriano Hautlé l Sven Rutten

Wir heissen alle AEROPERS-Neumitglieder herzlich willkommen!

Christian Arnet

Ausbildung: Lehre als Geomatiker, Berufsmatur. Motivation: Bereits als kleiner Junge hatte ich das Glück, viel mit meinen Eltern zu reisen und dem- entsprechend auch zu fliegen. Dabei nutzte ich jede Gelegenheit, einen kurzen Blick ins Cockpit erhaschen zu können. Die Faszination für diesen Beruf wurde mit den Jahren immer grösser und führte dazu, dass ich mich im Sommer 2010 bewarb und meine Ausbildung im Frühling 2011 in der PK 2/11 beginnen durfte. Dass dies bei der Swiss sein würde, stand für mich nie zur Diskussion. Hobbys: Handball, Tauchen, Wintersport. Ich freue mich auf viele unvergessliche Flüge und Rotationen!

Mit lieben Grüssen, Christian

Jannis Malzahn

Liebe Kollegen! Ursprünglich komme ich aus Hamburg und bin dort auch aufgewachsen. Nach dem Abitur im Jahr 2004 habe ich Flugzeugbau studiert und parallel dazu in der Flugzeugwartung in diversen Berei- chen innerhalb der Lufthansa-Gruppe gearbeitet. Der Traum vom Fliegen liess mich aber nie los, die Menschen in der Fliegerei, die Technik, die Umwelt, all die Facetten machen unseren Beruf zu etwas ganz Besonderem. Wenn ich nicht beruflich am Fliegen bin, spiele ich Gitarre, reise, mache Sport oder fliege privat.

Herzliche Grüsse, Jannis

Michael Weiss

Aufgewachsen bin ich auf einem Hügel im Appenzellerland. Abgelegen vom nächsten Flugplatz, habe ich immer fasziniert den Flugzeugen, die, von Zürich gestartet, Richtung Osten über das Haus flogen, nachgeschaut. Während der Polymechanikerlehre habe ich den SPHAIR-Kurs gemacht und so den Einstieg in die Fliegerei gefunden. Nach dem Militärdienst, einem Jahr Berufsarbeit und einem halben Jahr Aviatikstudium habe ich die Chance gepackt und die Ausbildung an der SAT begonnen. Zwei Jahre später nun fliege ich selber über das Appenzellerland, was mir enorm viel Freude berei- tet. Ich bin vielseitig interessiert, mache gerne Sport und gehe gerne in die Berge zum Wandern oder Snowboarden. Ich freue mich auf viele interessante Begegnungen und schöne Flüge.

Liebe Grüsse, Michael

42 AEROPERS Pensionierungen

Daniel Sturzenegger

Eintritt: 1.1.1983 Pensionierung: 30.9.2013

Total Flugstunden: 21 380!

Karriere: F/O: DC-9, MD-80, DC-10, MD-11 CMD: MD-80, A320, A330/340

Viele Grüsse, Dani

Martin Schatzmann

Eintritt: 1.4.1979 Pensionierung: 30.9.2013

Total Flugstunden: 19 696

Karriere: F/O: DC-9, MD-80, DC-10 CMD: MD-80, A320, A330/340

34 Jahre Fliegerei ohne schwerwiegende Vorfälle – die Glücksfee war mir offenbar gut gesinnt! Ich bedanke mich bei allen, mit denen ich die vielen Jahre unterwegs war, und wünsche Euch alles Gute für die Zukunft. Ich war nie einer der langen Reden. Darum belasse ich es hier mit dem Sprichwort «Jedes Ding hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei».

Viele Grüsse, Martin ([email protected])

Kurt Tobler

Eintritt: 1.5.1978 Pensionierung: 30.11.2013

Total Flugstunden: 17 000

Karriere: F/E: DC-8, B-747 F/O: F-100, A320, MD-11 CMD: A320, A330/340 (9 Monate RH Seat CMD A320)

Ich danke allen, die mich ge-coached, geschult, ge- und belehrt, ge-pushbacked, geführt, gelotst, gefüttert, genervt, beim Bier begleitet und die Flieger immer in gutem Schuss gehalten haben.

Happy Landings, Kurt

Rundschau 4 | 2013 43 Belpers: Air Berlin Switzerland – eine neue Station entsteht In der «Rundschau»-Ausgabe 3/2013 wurde die Geschichte der Balair über die Belair hin zu Air Berlin anschaulich dargestellt. Der aufmerksame Betrachter am Flughafen Zürich merkte schnell, dass zwischen 2005 und 2008 neben Belair- und Air-Berlin-Flugzeugen sogar eine kur- ze Zeit solche in Iberworld-Farben zugegen waren. Was hat sich vor dem Zusammenschluss von Air Berlin und Belair vor und hinter den Kulissen abgespielt? In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die teilweise kurios anmutende Entstehung der Air-Berlin-Station Zürich.

Text: Alexander Knecht, Belpers-Vorstand «hexx» oder gexx? Mit Helvetia Express Flug AG (HEFLAG), genannt Knapp zwei Jahre nach dem Swissair-Grounding eröff- «hexx», verriet der Name des neuen Projekts bereits neten sich für entlassene Swissair- und Crossair-Piloten viel. Plötzlich tauchte ein der deutschen Germania neue Perspektiven in der Schweizer Luftfahrt. Odette/ Express (gexx) vergleichbarer Name am Schweizer Him- Helvetic Airways suchte Cockpit-Besatzungen für ihre mel auf. Hinter diesem steckte Dr. Hinrich Bischoff. Der neu aufgestellte Fokker-100-Operation. Bisher flog man deutsche Unternehmer und Eigentümer der Fluggesell- mit einer MD-83 vor allem in den Kosovo. In Zusammen- schaft Germania versuchte in der Schweizer Luftfahrt hang mit dem Aufbau dieser neuen schweizerischen Fuss zu fassen, speziell am Standort Zürich. Dies liess Operation tauchte auch der Name eines bereits bekann- den Schluss zu, dass die Entscheidungsträger hinter ten Inhabers und Gründers einer deutschen Airline auf. den Kulissen sich nicht mehr einig waren. Die geplante Er spielte in der Folge ebenfalls eine wichtige Rolle im Zusammenarbeit mit Odette Airways auf der Plattform Aufbau der Air Berlin Switzerland. der Helvetic Airways war offensichtlich gescheitert. In einer Kampfansage an Helvetic Airways sollte dann Kurzfristige Änderungen nie ausgeschlossen aber unter dem Namen Helvetia Express das gleiche Nach bestandenem Assessment konnte im Herbst 2003 Produkt im Low-Cost-Segment ab Zürich angeboten eine Handvoll First Officers in den F100-Umschulungs- werden. kurs bei Helvetic Airways einsteigen. Bereits in den ers- ten Wochen, noch während der Einführung in Bülach, Ein neues AOC für die Schweiz trennten sich jedoch die Wege von einzelnen Piloten und Die Mitbegründer der Helvetia Express (natürlich ihrem neuen Arbeitgeber wieder. Sie standen zwar erneut nicht in finanzieller Hinsicht, schliesslich waren die auf der Strasse, dies war jedoch gewollt und demnach meisten First Officers und hatten nach der Swissair «selbstverschuldet». Was zu diesem Zeitpunkt noch nie- noch Ausbildungsschulden) bezogen ein Büro im ehe- mand wusste: Die Geburtsstunde der späteren Air Berlin maligen Swissair-Trainings-Center. Mitgebrachte Stühle Schweiz war angebrochen. Am 1. November desselben und eigene PCs waren gerade genug vorhanden, um die Jahres traf sich eine kleine Gruppe Piloten, zu denen Arbeit aufnehmen zu können. Ein eigenes Schweizer auch die zuvor genannten gehörten, im Fliegermuseum AOC musste her, und zu diesem Zweck wurde das Pro- Dübendorf, dort, wo schon etliche AEROPERS-Krisentref- jekt «Flugzeug mit Schweizer Kreuz» gestartet. Jeder fen während der letzten Tage der Swissair stattgefunden Pilot erhielt eine Postholder- oder Deputy-Stelle und hatten. Dieses Treffen hatte das Ziel, den Grundstein für musste Assessments beim Luftamt absolvieren. Aben- ein weiteres Airline-Projekt in der Schweiz zu legen. teuerstimmung lag in der Luft. Um den Betrieb jedoch sofort aufnehmen zu können, wurde zunächst das AOC der Germania zur Verfügung gestellt. Belpers Mitte November 2003 fanden bereits die Ground Im Jahre 2002 als Verein gegründet, besteht die Courses, Computer Based Trainings (CBT) usw. für die Belpers bis heute als aktive Interessenvertretung Fokker 100 in Berlin-Schönefeld statt. Danach fanden der Piloten der Belair. Seit der Zusammenführung sich die Piloten im französischen Le Bourget im Simu- im Jahre 2009 wurden die Piloten der Air Berlin lator wieder. Kurz nach dem Jahreswechsel folgten das Switzerland und eine erhebliche Anzahl Neuzu- Flight Safety Training und das Flight Training bei der gänge sukzessive für die Mitgliedschaft gewonnen. Germania in Leipzig. Als Pilot muss man eben gerne Mittlerweile zählen wir 99 Mitglieder (davon sieben reisen, ob mit der Eisenbahn, dem eigenen Auto oder Passive). Gemessen an der Zahl der aktiven Mitglie- einem vorfinanzierten Flugticket. Die nächste Station der erreichen wir aktuell einen Organisationsgrad für die First Officers war München, wo die Linienschu- von 96 Prozent. lung (LIFUS) für Germania begann. Es folgten Flüge für Der Vereinsvorstand besteht derzeit aus sechs Mit- Germania und gexx ab der bayrischen Metropole. Kurze gliedern. Diese repräsentieren eine ideale Mischung Zeit später wurde eine Fokker mit Schweizer Besatzun- aus Kapitänen und First Officers. Auch kommen gen ab Zürich betrieben. Die Arbeitspläne wurden von diese von der Belair, der Air Berlin Switzerland und den Piloten zu diesem Zeitpunkt selber gestaltet. Zum von den Neuzugängen und sind sowohl in Zürich Monatsende traf man sich in einer gemütlichen Runde wie auch in Basel stationiert. und plante ohne Bidding- und Punktewunschsys- tem den nächsten Einsatzmonat. Zudem mussten die

44 AEROPERS und zog das Büromaterial aus Zürich wieder ab. Der Air Berlin – 35 Jahre alt Fokker der Germania, die ab Zürich nun für Air Berlin Gegründet wurde Air Berlin Inc. im Juli 1978 durch flog, drohte ein Grounding, und Air Berlin entschied den US-Amerikaner Kim Lundgren. Nach dem Zwei- sich zur Übernahme der Kabinenbesatzung. Im Zuge ten Weltkrieg bis zur deutschen Wiedervereinigung des Wachstums von Air Berlin wurde offensichtlich 1990 durften nur Flugzeuge der Siegermächte West- jede Gelegenheit am Schopfe gepackt, passendes Perso- Berlin anfliegen. Sitz der Air Berlin USA war Miami, nal zu rekrutieren. Was hiess dies aber für die Piloten? Florida. Der erste Flug der Fluggesellschaft führte am Sie fragten beim Flugbetrieb in Berlin nach, was jetzt 28. April 1979 mit einer Boeing 707 von Berlin nach mit ihnen geschehen sollte. Scheinbar erstaunt über . 1981 wurden die beiden B-707 diese Nachfrage – schliesslich war man der Meinung, durch zwei Boeing 737 ersetzt. Air Berlin speziali- die Helvetia Express werde weiterbestehen – zeigte Air sierte sich auf Destinationen rund ums Mittelmeer, Berlin auch Interesse an der Cockpit-Besatzung. wobei Palma de Mallorca heute noch das meistange- flogene Ziel der Gesellschaft ist. Nach der deutschen Der erste Airbus für Air Berlin Einheit fiel auch die Lufthoheit der Alliierten. Es Die Entscheidung für eine «Zwei-Flotten-Strategie» wurde ein Zulassungswechsel durch das Deutsche war zu diesem Zeitpunkt in Berlin bereits gefallen. Luftfahrt-Bundesamt (LBA) notwendig. Im April 1991 Künftig sollten nicht nur Boeings 737, sondern auch wurde die Gesellschaft in die Air Berlin GmbH & Co. Airbusse 319/320/321 für Air Berlin fliegen. Die oben Luftverkehrs-KG umfirmiert. Aus der kleinen Char- erwähnte Gebietsaufteilung, die vermeintlich fast den terfluggesellschaft entstand in den folgenden 25 Jah- Genickbruch für die Cockpit-Besatzungen bedeutet ren die zweitgrösste Fluggesellschaft Deutschlands. hatte, erwies sich zum Schluss als Glücksfall. So wurde Seit 1999 ist Air Berlin IATA-Mitglied und trat 2010 ein weiterer wichtiger Entscheid in der deutschen Bun- der Allianz Oneworld bei. Seit 2011 beteiligt sich die deshauptstadt gefällt. Der erste Airbus sollte in Zürich Ethiad an der Air Berlin. Zurzeit werden innerhalb stationiert werden, denn die konsequent qualitativ hoch- der Air-Berlin-Gruppe rund 145 Flugzeuge operiert stehende Arbeitsweise der Schweizer Kollegen wurde in und 8500 Mitarbeiter beschäftigt. Berlin früh erkannt. Doch bevor für Air Berlin gearbeitet werden konnte, mussten zuerst Interviews abgehalten werden. Diesmal Schweizer First Officers praktisch über Nacht den Sitz mit dem Flugbetriebsleiter der Air Berlin im Hotel Alle- im Cockpit wechseln und fanden sich schnell in einer gra in Kloten. Nach einem erneuten «Last Flight» im neuen, ungewohnten Rolle wieder. Selbststudium war März 2005 auf der Fokker 100 wurde umgeschult. Für angesagt. Der gut gefüllte Swissair-/Crossair-Rucksack einige Piloten war es eine Rückschulung (Renewal) auf half dabei, kleinere und grössere Hürden meisterlich zu die A320. Andere mussten einen vollen Umschulungs- nehmen. kurs absolvieren. Diese Schulungen wurden in Berlin- Tegel, am Sitz der Air Berlin, und im Lufthansa Flight Zwei Männer werden «Freunde» Training Center in Berlin-Schönefeld durchgeführt. Die Die beiden Geschäftsführer Hinrich Bischoff von Ger- weiteren Stationen waren: Erfahrungsflüge bei Niki mania und Joachim Hunold von Air Berlin waren zu Luftfahrt in Wien sowie Company Intro bei Iberworld in diesem Zeitpunkt nicht wirklich Freunde. Zu ehrgeizig Madrid und Palma de Mallorca. Anfang Mai 2005 wur- waren beide im Airline-Geschäft tätig. Auch persön- den sodann ein Operator Proficiency Check (OPC) und lich hätten der gewiefte Taktiker und Flugzeughändler die Linieneinführung bei Iberworld in Spanien durch- Bischoff und der charismatische Hunold unterschiedli- geführt. Alles war sehr abenteuerlich. Man wusste sel- cher nicht sein können. Erstgenannter zurückgezogen ten, was am nächsten Tag auf dem Programm stehen und öffentlichkeitsscheu lebend, Letzterer kommu- würde. Es gab auch keine Zeit, darüber nachzudenken, nikativ und gerne im Rampenlicht stehend. Im Jahr ob diese vielen Wechsel sinnvoll seien oder nicht. Man 2004 merkten die umtriebigen Geschäfts- männer jedoch, dass sie unternehmerisch gesehen aus demselben Holz geschnitzt waren und dass im Low-Cost-Geschäft ein Kampf auf Biegen und Brechen nicht zum Erfolg führen konnte. Sie beschlossen eine Kooperation, im Zuge derer sie eine Gebietsaufteilung vornahmen, speziell im innerdeutschen Markt. So gingen viele Stre- cken innerhalb Deutschlands an Germania, auf der anderen Seite erhielt Air Berlin als weitere Destination Zürich zugesprochen. Air Berlin beteiligte sich in der Folge an Helvetia Express. Innerhalb einer Woche stellte die IT-Abteilung der heute zweit- grössten deutschen Fluggesellschaft Com- puter und Büroeinrichtung zur Verfügung. Gerade drei Wochen später entschloss sich das Berliner Flugunternehmen jedoch, das Projekt «hexx» nicht weiter zu verfolgen Iberworld A320 EC-HZU.

Rundschau 4 | 2013 45 kämpfte ums «Überleben». Drei mögliche Arbeitsorte das Flugpersonal in Madrid den Arbeitseinsatz für den standen zur Debatte: Fernost, die Emirate oder Zürich nächsten Tag erfragen. Am Morgen wurde Düsseldorf – unser eigentliches Zuhause. Wofür hätten Sie sich bedient und die Nachmittag-Crew flog nach Palma de entschieden? Mallorca (PMI). Fast jede zweite Nacht wurde im Hotel in PMI verbracht. Gerüchten zufolge roch es im Cockpit Ein Hauch Spanien in der Schweiz der Iberworld-Maschine zu dieser Zeit meistens nach Warum aber kam Iberworld aus Spanien im ganzen Oliven und Knoblauch. Im Zuge der häufigen Aufent- Aufbau der Air Berlin Switzerland überhaupt vor? Iber- halte in Palma bekamen die Schweizer Piloten ausgie- world stellte der Air Berlin in einem sogenannten Dry- big Gelegenheit, die spanische Kultur kennenzuler- Lease-Verfahren den ersten Airbus 320 (EC-HZU) zur nen. So wurde vor Ort oft «Finefood» eingekauft und Verfügung. Um dieses Flugzeug mit spanischer Imma- danach natürlich auch verzehrt. Ob es das offizielle trikulation betreiben zu können, mussten das Training Crew-Essen war? und die Checks unter spanischer Aufsicht stattfinden. Mit spanischen SOPs (Standard Operation Procedures), Air Berlin Switzerland Germania Badge und einer zusammengewürfelten Uni- Die Integration in die Air Berlin schritt voran und form wurde Mitte Mai 2005 der erste Air-Berlin-Flug endete mit der Übernahme der ersten A320 mit deut- mit einem Airbus 320 ausgeführt. Sechs Schweizer scher Immatrikulation. Bald fand die erste Weihnachts- Captains und vier First Officers waren für den Flug- feier in Berlin statt, wo die Schweizer Kollegen Eindrü- betrieb ab Zürich verantwortlich. Jeden Abend musste cke der deutschen Mentalität sammeln konnten. Die Zusammengehörigkeit war Air Berlin zu diesem Zeit- punkt sehr wichtig. Joachim Hunold, geboren am 5. September 1949 Zu Beginn des Jahres 2006 beschloss Joachim in Düsseldorf. Nach dem Abitur studierte er zehn Hunold, weitere Flugzeuge zu erwerben. Gekauft waren Jahre Jura, allerdings ohne den Studiengang abzu- die Flugzeuge schnell, vier A319 aus Beständen einer schliessen. Nach eigenen Angaben arbeitete Hunold im Konkurs geendeten US-Fluggesellschaft. Personal zu dieser Zeit als Roadie für Marius Müller-Western- zu rekrutieren war eine andere Sache. Ein zusätzliches hagen. Ab 1978 arbeitete er zunächst als Gepäckla- Flugzeug war für Zürich vorgesehen, um die «Flotte» der, danach als stellvertretender Stationsleiter bei auf zwei Maschinen aufzustocken. Der Stations-Captain der norwegischen Fluggesellschaft Braathens am wurde beauftragt, innerhalb von Tagen das erforderli- Düsseldorfer Flughafen. 1982 wechselte er in die che Cockpit-Personal zu suchen. Nur wenige Piloten mit Verkaufsabteilung der LTU und verliess diese nach Airbus-Rating waren zu diesem Zeitpunkt verfügbar. fünf weiteren Jahren als Marketing- und Vertriebs- Die Schweizer Kandidaten wurden in den Golfstaaten, direktor der gesamten LTU-Gruppe. Im Jahr 1991 Italien und England gefunden. Zwischenzeitlich hatte es gründete er die Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs- die ehemaligen Swissair-, Crossair- und Air Engadina- KG und übernahm damit die amerikanische Air Ber- Piloten überall hin verschlagen. Die Selektion wiederum lin Inc.. Zunächst leitete Hunold das Unternehmen fand im Simulatorzentrum in Berlin-Schönefeld statt. als geschäftsführender Gesellschafter. Ab dem 1. Dort waren die Instruktoren Tag und Nacht im Einsatz Januar 2006 bis August 2011 war er CEO der Air und übernahmen diese Aufgabe noch zusätzlich zu den Berlin PLC. unaufhörlich laufenden Schulungen. Ab März 2006 kam dann der zweite Airbus in Zürich zum Einsatz. Die Stre- Dr. Hinrich Bischoff, geboren am 19. März 1936 in cken wurden aufgestockt, und das Flugpersonal wurde Erfurt, gestorben am 11. November 2005, war eine vermehrt auch in Deutschland eingesetzt. Der Crew- schillernde Figur. Nach absolvierter Lehre als Gross- Austausch war einfach, da alle Crew Members unter und Aussenhandelskaufmann bestand er auch das demselben AOC operierten. Zürich wurde die 15. Sta- Abitur, das er an einem Abendgymnasium nach- tion der Air Berlin. geholt hatte. Danach studierte er Jura und promo- Legendär waren die Frühjahrs- und Weihnachtsmee- vierte im gleichen Bereich. Er war Mitbegründer und tings, zunächst nach Berufsgruppen getrennt (Cockpit, erster Geschäftsführer der Charterfluglinie Hapag- Kabine und Bodenpersonal), mit anschliessenden Fei- Lloyd, engagierte sich aber auch als Rechtsanwalt, ern in grosser Runde. Die ganze Station Zürich wurde Kunstsachverständiger, Kunstsammler und Mäzen. eingeladen und für zwei Tage durch andere Kollegen Gerüchte um Bischoff besagen, dass auch schon ersetzt. Durch diese Feiern hatte man Anschluss an die mal ein Flugzeug verkauft wurde, um rasch an Bar- Verwaltung in Berlin und die vielen Stationen im Netz- geld zu kommen. Dieses Geld wurde sogleich in den werk der Air Berlin. Alle Führungskräfte waren stets Kauf eines Ölgemäldes investiert. vertreten. Wir waren eine kleine Familie. Air Berlin bot 1986 gründete Dr. Bischoff die Germania Flugge- zu dieser Zeit vielen Schweizern die Gelegenheit, wieder sellschaft. Er übernahm die marode Kölner SAT in der Heimat zu arbeiten. Der ehemalige CEO Joachim Fluggesellschaft (Special Air Transport) für eine Hunold, stets nur Achim genannt, hat hierzu einen D-Mark, die zuvor ein türkischer Unternehmer auf- wesentlichen Teil beigetragen. gebaut hatte. Den Betrieb startete die Germania mit drei von LTU erworbenen Maschinen vom Typ Sud Wie zu Beginn erwähnt, kann der anschliessende Aviation Caravelle, die bereits bei SAT im Einsatz Übergang der Station Zürich in das AOC der Belair/Air gewesen waren. 2005 zählte die Firma 577 Mitar- Berlin in der «Rundschau»-Ausgabe 3/2013 nachgelesen beiter und 44 Flugzeuge der Typen Boeing 737 und werden. l Fokker 100.

46 AEROPERS On The Air… CHF 44.50 Text: Zbigniew Bankowski zzgl. Versand

Local News… Vor zwei Jahren beschlossen einige flugbegeisterte

Piloten, eine Antonov 2 in der Westschweiz zu betreiben. Peter Aegerter Peter Peter Aegerter Peter Bei der Suche nach einer geeigneten Maschine wurden sie Erlebnisse und Bilder aus meinem Leben

Abenteuerals Helimechaniker Helikopter und AviatikfotografPeter Aegerter schliesslich in Polen fündig. Bevor die 1972 gebaute AN-2 Helikopter in die Schweiz überflogen werden konnte, wurde sie in Ab Dezember Warschau einer Totalrevision unterzogen. Um den Oldti-

mer in der Schweiz betreiben zu können, gründeten die

Helikopter Abenteuer Abenteuer Abenteuer als App Piloten den Verein «Antonov Suisse Romande – ASR». erhältlich ! Die Antonov verbleibt im polnischen Luftfahrtregister, allerdings unter der neuen Kennung SP-ASR, was gleich- Ein Buch voller zeitig dem Kürzel des Vereins entspricht. Erlebnisse und Bilder vom Aviatikfotografen und Helimechaniker Peter Aegerter Abenteuer Helikopter 192 Seiten Inhalt mit fesselndem Text und traumhaften Bildern – 93 ganzseitige Die Antonov AN-2 ist jetzt in Prangins-La Côte stationiert. und viele weitere bisher unveröffentlichte Anfang Oktober konnte Skywork die Betriebsein- Bilder zeigen Peter Aegerters Einsätze stellung kurzfristig abwenden. Die Geschäftsleitung rund um die Helikopter, seine Begegnungen und der Verwaltungsrat der Berner Airline diskutierten mit Menschen und immer wieder seinen bereits über einen geordneten Rückzug des Unterneh- mens. Im Vordergrund stand eine vorläufige Stilllegung Blick in die Natur. Ein herrlicher Bildband der gesamten Flotte nach Beendigung der diesjährigen mit vielen Geschichten und Anekdoten. Herbstferien-Saison. Die letzten Monate waren kritisch, Im Format 297 x 210 mm, 192 Seiten, und es wurde darüber diskutiert, den Betrieb einzustel- len, den Mitarbeitern zu kündigen und einen Sozialplan auf edlem Kunstdruck papier gedruckt, mit auszuarbeiten. Einen Konkurs der Airline wollte man kartoniertem und laminiertem Umschlag. unter allen Umständen vermeiden. Das Buch ist speziell leinen gebunden und Der Flughafen Bern-Belp hat beim BAZL die Plangeneh- migung für GPS-gestützte Anflüge eingereicht. Der Vor- liegt geöffnet vollkommen flach. teil GPS-gestützter Anflüge ist die flexiblere Routenwahl Das Buch erscheint am 1. Dezember 2013. zur Piste. Nach einer Vorstudie zur Machbarkeit hat der Flughafen Bern nun das definitive Bewilligungsgesuch eingereicht. Darin wird aufgezeigt, wie mit satellitenge- Bestellen Sie bequem unter stützter Navigation und neuen Anflugrouten lärmsen- www.cockpit.aero/abenteuerhelikopter sible Gebiete wie die Stadt Bern oder Muri entlastet wer- den können. Damit wird auch eine bessere Verteilung oder per Mail an der Anflüge auf die Pisten 14 und 32 erreicht. Die Alpar [email protected]. AG rechnet je nach Verfahrensdauer mit der Umsetzung der GPS-gestützten Anflüge mit einem Termin zwischen Ende 2014 und Anfang 2015. Der Flugplatz Buochs, zivil genutzte «Sleeping Base» der Luftwaffe und Heimat der Stanser Flugzeugwerke Pilatus plant, ebenso die Ein- führung eines GNSS-Anflugs (Global Navigation Satellite System). Damit soll es möglich werden, bei schlechtem Jordi AG – das Medienhaus Wetter oder Hochnebellagen Test- und Werksflüge mit den Pilatus-Flugzeugen durchführen zu können. Auch in Sion gibt es Testflüge für GNSS-Anflüge, die durch

Rundschau 4 | 2013 47 eine A320 der Air Berlin geflogen wurden. Bisher erfolg- ten die ILS-Landeanflüge mit einem Anflugwinkel von steilen sechs Grad, für den viele Passagierflugzeuge gar nicht zugelassen sind. Anders der GNSS-Approach, der noch einen Gleitwinkel von 3,6 Grad vorsieht und ganz oben im Tal beginnt. Jet Aviation Basel unterzeichnete einen Vertrag für die Fertigstellung und Ausrüstung einer Airbus A340- 600. Der Vetrag sieht den Einbau eines Ess- und Wohn- bereichs sowie von zwei Schlafzimmern mit Suiten und angrenzenden Badezimmern vor. Ausserdem werden noch Büros und offizielle Räume für Meetings einge- richtet. Die Arbeiten sollen im ersten Quartal 2014 beginnen und mehrere Monate in Anspruch nehmen. Es ist noch unklar, um welches Flugzeug es sich handelt. Die neue B-787-10 ist elf Meter länger als die bekannte Denkbar ist allerdings, dass es die ehemalige VP-CCC B-787-8. sein wird, die sich schon länger am EuroAirport befin- det und eigentlich für die saudische SAAD-Group zum Airbus is suspending its sharklet retrofit programme Executive Jet ausgerüstet werden sollte. for A320s which do not have the reinforced wing deve- loped to support the modified wing tips. As standard, all in-production A320s feature a newly strengthened wing giving customers the option of having sharklets fitted on the assembly line or via a simple swap of the wing-fence during routine maintenance. Airbus has also been examining a possible programme to retrofit older A320s, but this would have required extensive changes to the wing and longer downtime, and Airbus COO said that this retrofit plan has been «paused».

Greater range led Lufthansa to select the Airbus 350-900 over the Boeing 787-10, but higher capacity enabled Boeing’s B-777-9X to win out over the A350- 1000. Lufthansa also insists that rejection of the B-787 had nothing to do with the technical issues which led Die B-747 von bei der Landung in Dübendorf. to the type’s grounding earlier this year. The order, which comprises 34 B-777-9X and 25 A350-900s, is Solar Impulse HB-SIA ist wieder zurück in der Schweiz. Lufthansa’s largest ever by list-price value, totalling 14 Der Heimflug erfolgte in einer Boeing 747-400F von Car- billion Euros. The agreements with Airbus and Boeing golux, die auf dem Flugplatz Dübendorf gelandet ist. comprise 59 firm orders, but options and purchase Die Ankunft der B-747 bedeutete das offizielle Ende rights bring the total to 119 aircraft. Delivery of der «Across America Mission», aber auch der Betrie­ Lufthansa’s first B-777-9X is scheduled for 2020. While bstätigkeit der HB-SIA. Das Flugzeug wurde nach knapp the carrier expects to be the type’s first operator, early 500 Flugstunden flugbereit zurückgebracht. Die HB- delivery slots could be given to other airlines to iron SIA wird zwar flugtauglich bleiben, künftig soll jedoch out potential teething issues. The airline’s first A350 is ihr kleinerer Bruder HB-SIB, der sich im Bau befindet, to join its fleet in 2016, while deliveries for all firmly ins Rampenlicht rücken. ordered aircraft, including the B-777-9X, are to be com- pleted in 2025. The A350-900s will be primarily used World News… as an A340-300 replacement, while the B-777-9X is ear- Boeing gab den Startschuss für die verlängerte B-787- marked as a successor to the B-747. Both new types 10 und konnte gleich mit mehr als hundert «Commit- will be configured in two- and three-class passenger ments» auftrumpfen. United Airlines zeichnete für 20 cabin layout. B-787-10, und British Airways ist mit zwölf B-787-10 dabei. Die Leasinggesellschaft GECAS bestellte zehn United Airlines conducted the maiden test flight of B-787-10, und Konkurrent AirLeaseCorp entschied sich Boeing 737-800 fitted with the Aviation Partners Sci- gleich für 20 B-787-10. Schon vorher hatte Singapore Airlines als Launch Customer ihre Entscheidung für 30 B-787-10 bekanntgegeben. Der Erstflug ist für 2017 geplant, die Lieferungen beginnen 2018. Der gestreckte Rumpf ist für 300 bis 330 Passagiere ausgelegt, gegen- über den 250 bis 290 bei der B-787-9. Es hat lange gedauert, bis sich diese Erkenntnis gegen die nach stän- dig mehr Range trommelnden Golf-Airlines durchge- setzt hat. Boeing preist die B-787-8 für «neue Routen», die B-787-9 für «lange Routen» und die B-787-10 jetzt für «High-density-Routen» an. The new split scimitar winglet concept.

48 AEROPERS mitar winglet. The Scimitar design is expected to reduce genommen, die auch für die A350-1000 gültig sind. fuel burn by two per cents. Certification is due in early Total sind es jetzt 90 (70+20) A350 für SIA. 2014.The new split scimitar winglets with which United Kurz vor dem Besuch des chinesischen Ministerprä- Airlines is retrofitting its Boeing 737-800 and 737-900ER sidenten in Berlin gab Air China in einer Börsenmit- fleets look similar to the winglets which feature on the teilung einen Auftrag über 100 weitere Airbus 320 new Boeing 737 MAX family. United estimates each set bekannt. Es handelt sich um 60 Flieger für Air China of split scimitar winglets will reduce the fuel burn by selbst sowie 40 für die Tochter Shenzhen Airlines. two per cents of any Boeing 737NG on which they are Ein unerwarteter Vorvertrag wurde mit der Doric installed. Once the split scimitar winglets are installed, Lease Corp bekanntgegeben, die 20 A380 zur Liefe- United expects the winglet technologies installed on its rung zwischen 2016 und 2021 kaufen möchte. Doric B-737NG, B-757, and B-767-300ER fleets to save it more ist in London ansässig, wird aber in erster Linie von than 200 million US-dollars per year in jet fuel costs. Deutschen gesteuert. Man hat bereits 18 A380 von Un avion de la compagnie aérienne Saudi Arabian Singapore Airlines sowie Emirates gekauft und über Airlines a été retardé de plusieurs heures après qu’un Fondsmodelle an institutionelle sowie private Anleger des passagers se soit étonné qu’une des hôtesses de weiterverhökert. l’appareil ne soit pas accompagnée par un gardien mascu- EasyJet entschied sich für den A320neo und kün- lin et a finalement demandé que toutes les femmes non digte eine Order über 100 Maschinen an. Dazu kom- accompagnées à bord quittent l’appareil, comme il est men Kaufrechte für weitere 100. Schon in Mai hatte d’usage dans le pays. L’Airbus A321, qui devait effectuer Airbus eine kleine Aufstockung um drei A320ceo von la liaison entre l’aéroport de Jeddah (Arabie Saoudite) et easyJet verbucht (total jetzt 283 A320ceo plus 100 l’aéroport de Damman (Arabie Saoudite) était au roulage A320neo). Nach aktueller Planung sind 85 Flugzeuge alors qu’une des hôtesse du bord faisait les démonst- als Ersatz für die A319 vorgesehen, die anderen zur rations de sécurité, quand un des passagers s’est brus- Expansion. Die neuen A320 sollen für 192 Passagiere quement levé et a demandé à cette hôtesse où se trou- eingerichtet werden, also noch zwei Sitzreihen mehr vait l’homme qui devait obligatoirement l’accompagner, als heute. Es sind neue Evakuierungs-Nachweise erfor- une femme en Arabie Saoudite ne devant pas voyager derlich, um das zu zertifizieren. seule mais être accompagnée par un mari, un père ou Air France KLM unterzeichnete ihren schon im letz- un membre de la famille de sexe masculin. Comme il ten Jahr angekündigten Auftrag über 25 A350XWB-900 n’obtenait pas de réponse, il a demandé à ce que le vol (plus 25 Optionen). Lange hatte es Unstimmigkeiten soit retardé, le temps que toutes les femmes non accom- mit Rolls-Royce als Triebwerkslieferanten gegeben. pagnées quittent l’appareil. Les pilotes sont revenus aux Obwohl es den A350 ausschliesslich mit RR-Motoren parkings et ont appelé la sécurité de l’aéroport afin que gibt, wurde der Auftrag für den Antrieb jetzt noch le passager et son fils qui l’accompagnait soit sortis de nicht festgelegt. l’appareil. L’incident a occasionné deux heures de retard Die IAG-Gruppe, Muttergesellschaft von British Air- mais pose également le problème du respect des lois ways und Iberia, schloss einen Vorvertrag über bis zu saoudiennes qui veut, effectivement, qu’une femme ne 220 Airbus A320 für Vueling, BA und Iberia ab. puisse voyager seule dans le royaume. Le Roi Abdullah a Die TUI-Gruppe bleibt Boeing treu und kündigte annoncé des réformes à ce sujet depuis de nombreuses die Bestellung von 40 Boeing 737MAX-8 sowie 20 années mais elles n’entreront en vigueur que dans de B-737MAX-9 an. Sie sind für TUI Fly (Deutschland), Tho- nombreuses autres années. mson Airways (UK), TUI Fly Nordic (Schweden), Jetairfly (Belgien) sowie Arkefly (Nederland) vorgesehen. Crash News… WestJet aus Kanada unterschrieb einen Letter French investigating authority BEA (Bureau d’Enquêtes of Intent über 65 B-737MAX. Neben 40 MAX-8 sol- d’Analyses) has found that an Air France Airbus 319 len es auch 25 MAX-7 werden, womit WestJet neben crew has been preparing for a descent to runway 29 Southwest erst der zweite Kunde für diese Version ist. at Tunis but was then offered the straight-in approach Embraer gab die Weiterentwicklung der E-Jet-Familie to runway 19. This change shortened the approach by mit Getriebefan-Triebwerken PW1700G beziehungs- 20 miles but also meant the aircraft was far above the weise PW1900G bekannt. Als Erstes sollen die E190-E2 three degrees glideslope. While 33 miles from the thres- für 97 bis 114 Passagiere ab 2018 zur Auslieferung hold, the aircraft was still above flight level 200, travel- gelangen. Es folgt die nochmals gestreckte E195-E2 für ling at 276 knots. It descended at 5000 ft/min, chasing 118 bis 144 Passagiere. Als Letztes ist die E175-E2 für the glideslope. However the aircraft slowed and redu- 80 bis 90 Fluggäste vorgesehen. Konkret ist Skywest ced its descent, failing to close the gap by the time the Airlines (USA) der Launch Customer für 100 E175-E2 captain disengaged the autopilot, with the aircraft still (plus 100 Optionen), die für Einsätze als United at 10 000 feet only 14 nautical miles out. The aircraft Express gedacht sind. l passed through the glideslope 2.8 miles from the thres- hold, still flying at 220 kts and descending at 2200 feet per minute. It continued to descend to 398 feet above ground, triggering sink-rate warnings and a «pull up» order, before the crew finally applied the go-around pro- cedure.

Short News… Singapore Airlines (SIA) bestellte weitere 30 A350XWB-900. Ausserdem wurden noch 20 Optionen

Rundschau 4 | 2013 49 Zeitreise Ein Rückblick über wichtige, erheiternde oder auch banale Facts aus 100 Jahren Luftfahrtgeschichte. Von Oktober bis Dezember…

Text: Christoph Jordan Kundenanklang und wurde weiterentwickelt. 1966 ent- stand das Modell Learjet 24. Dieses Modell wurde unter … vor 60 Jahren den Bedingungen einer Verkehrsmaschine zugelassen, ein Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg, übernahmen Novum für ein Geschäftsreise-Flugzeug. Bereits am 27. die Siegermächte auch nach dem Zweiten Weltkrieg die November 1968 wurde die 200. Maschine ausgeliefert. Lufthoheit und untersagten den Luftverkehr. Nichts- William P. Lear verliess das Unternehmen 1969. Er ver- destotrotz arbeiteten eifrige Lufthanseaten schon seit starb am 14. Mai 1978 in Reno, Nevada. Kriegsende im Geheimen an einem Wiederaufbau ihres Unternehmens. Dies gelang Anfang der 1950er Jahre – auch mit alliiertem Segen. Am 6. Januar 1953, 27 Jahre nach der Gründung der Vorkriegs-Lufthansa, wurde die Vorläuferin der neuen Deutschen Lufthansa, die LUFTAG, gegründet. Die Bestel- lung einer ersten L-1049LG Super Constellation folgte im August, die Ausbildung von Piloten, Flugbegleitern und Bodenpersonal ab November. Am 20. Dezember 1953 entschieden die Alliierten, eine definitive Erlaub- nis für die Gründung der neuen Lufthansa zu erteilen. Knapp ein Jahr später, im Dezember 1954, umfasste der Personalbestand schon 600 Mitarbeiter, und am 1. März 1955, nur zehn Jahre nach Kriegsende, nahm die Luft- hansa ihren Flugbetrieb wieder auf, zunächst mit Con- vair CV 340 auf Inlandflügen. FFA P16 und Learjet 23.

… vor 40 Jahren Die Martin Marietta X-24B wurde Ende der 1960er Jahre von USAF und NASA im Rahmen des «Lifting Body»- Programms entwickelt. Dabei handelte es sich um ein bemanntes Experimentalflugzeug in einer Reihe von trag- flächenlosen Testflugzeugen. Mit diesen sollte gezeigt werden, dass tragflächen- und antriebslose Flugzeuge sicher gesteuert und gezielt gelandet werden können. Die Erkenntnisse wurden später bei der Entwicklung des Space Shuttle der NASA verwertet. Das Programm der Mar- tin Marietta X-24B wurde nach den Erfahrungen mit der Lufthansa Convair CV 340 in Kloten. X-24A entwickelt. Die auffälligsten Unterschiede waren ein spitzer Bug sowie das zurückgesetzte Cockpit und das … vor 50 Jahren modifizierte Leitwerk. Die X-24B unterschied sich vom Ende der 1950er Jahre entwickelte William P. Lear Vorgängermodell ferner dadurch, dass sie einen deltaför- ein zweistrahliges Geschäftsreise-Flugzeug. Zur Pro- migen Rumpf hatte, der zweimal so viel tragende Fläche duktion und Vermarktung seines Entwurfs gründete bot. Die Gleiteigenschaften wurden dadurch wesentlich er in der Schweiz die Swiss American Aviation Corpo- verbessert, und somit auch die Steuerbarkeit. Das Trieb- ration (SAAC). Lears Geschäftsreise-Flugzeug sollte den werk wurde dagegen beibehalten. Die X-24B hatte ihren Namen SAAC-23 bekommen. Da er in den USA bessere Erstflug am 15. November 1973. Das Versuchsflugzeug Marktchancen für seine Entwicklung sah, verlegte Lear wurde mit einer Trägermaschine vom Typ Boeing B-52 den Unternehmenssitz 1962 nach Wichita, Kansas. Dort Stratofortress auf ihre Einsatzhöhe von 13 960 Metern begann im Februar der Zusammenbau des nun Learjet gebracht und dann ausgeklinkt. Nach Zündung der Rake- genannten Flugzeugs. Lear war schon immer begeistert vom schweizerischen Jagdflugzeug P16. Der Bundesrat allerdings entschied, die P16 nicht zu beschaffen. Der enttäuschte Dr. Hans Stüder, Chefkonstrukteur der FFA, wechselte zu SAAC. Er begann den zivilen Rumpf zu konstruieren. Die Flügel stammten beinahe unverändert vom geplanten schweizerischen Kampfflugzeug FFA P-16 der Flugzeugwerke Altenrhein. Der erste Prototyp flog am 7. Oktober 1963. Gut ein Jahr später, am 13. Oktober 1964, wurde die erste Serienma- schine ausgeliefert, ein Learjet 23. Das Modell fand guten X24B mit Testpilot Bill Dana.

50 AEROPERS tentriebwerke beschleunigte die Maschine und stieg bis rendes Kabel des linken über 20 000 Meter. Die Landung erfolgte im Gleitflug. Hauptfahrwerks, bevor sie mit unvorstellbarer … vor 20 Jahren Wucht auf die Unterseite Am 13. November 1993 stürzte eine McDonnell Dou- der linken Tragfläche auf- glas MD-82 der China Northern Airlines im Anflug auf schlugen, die daraufhin den Flughafen von Urumqi vor Beendigung des Lini- leckschlug. Der dadurch enflugs CJ6901 aus Peking ab. Zusammen mit China auslaufende Treibstoff Eastern Airlines war China Northern Airlines einer der entzündete sich in der beiden MD-80-Nutzer in der Volksrepublik China. An Folge an dem erwähnten Bord befanden sich 102 Insassen, darunter zehn Crew- Kabel und setzte die linke Mitglieder. Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschten Tragfläche in Vollbrand. suboptimale Bedingungen mit einer Sichtweite von Rund eine Minute nach dem Start stürzte die Maschine 1000 Metern. auf ein Hotel in Gonesse bei Paris. Alle 109 Menschen an Bord und vier Bewohner des Hotels kamen ums Leben. Air France stellte daraufhin den Flugbetrieb der Con- corde ein, die britische Flugaufsicht entzog der Con- corde die Flugtauglichkeits-Bescheinigung, die sie erst nach zahlreichen Konstruktionsänderungen wieder erlangt hatte. Insbesondere entwickelten die Briten eine Verstärkung der Tanks aus eingelegten Matten, beste- hend aus Kevlar, während der französische Hersteller Michelin einen stabileren Reifen entwarf. Durch die Veränderungen, die rund 100 Millionen Euro gekostet haben sollen, wurde die Concorde schwerer, was ihren ohnehin unwirtschaftlichen Einsatz noch teurer werden liess. Am 7. November 2001 wurde der Linienbetrieb zwi- Autopiloten-Interface der MD-80. schen Paris beziehungsweise London und New York wieder aufgenommen. Aufgrund ausbleibender Passa- Die Cockpit-Besatzung bereitete die Landung auf die giere und neuer Sicherheitsmängel erklärten Air France Piste 25 vor. Vier Meilen vor der Landung schaltete sich und British Airways am 10. April 2003 jedoch, dass der der Autopilot aus. Wenig später schaltete ein Besatzungs- Linienflugbetrieb mit der Concorde im Laufe des Jahres mitglied den Autopiloten wieder ein, um ihn dem Instru- 2003 eingestellt werde. Der letzte Flug einer Air-France- mentenlandesystem (ILS) folgen zu lassen. Irrtümlicher- Concorde fand am 24. Juni 2003 statt, British Airways weise wurde aber der Vertical-Speed-Modus aktiviert. beendete die Concorde-Flüge am 24. Oktober 2003. Der Diese Option fordert den Autopiloten dazu auf, die gegen- allerletzte Concorde-Flug fand am 26. November 2003 wärtige Sinkrate beizubehalten. Diese betrug zum Zeit- unter der Leitung von Chefpilot Mike Bannister von Lon- punkt der Aktivierung 800 Fuss pro Minute. Eine Sinkrate don-Heathrow ins Museum nach Filton statt. von 700 Fuss wäre aber normal gewesen. Folglich sank die MD-82 immer mehr unter den vorgeschriebenen Gleitweg … in einigen Tagen und geriet zu niedrig. Dies fiel der Besatzung offenbar nicht auf, und der Fokus wurde auf die Landung gelegt. Diverse akustische Warnungen wurden von der Besatzung missachtet. Es folgte eine weitere und letzte Warnung: «Pull up! Pull up!». Der First Officer konnte die Warnung nicht inter- pretieren. In diesem Moment streifte die MD-82 rund 1,5 Kilometer vor der Landebahn eine Hochspannungsleitung. Als Folge setzte der Air- liner sehr unsanft vor der Landebahn auf freiem Feld auf und zerbrach. Zwölf Insassen kamen ums Leben.

… vor 10 Jahren Das Ende der Concorde nahte mit dem Absturz vom 25. Juli 2000: Beim Start in Paris- Charles de Gaulle wurde ein Reifen einer Con- corde der Air France vermutlich von einem auf der Startbahn liegenden Metallteil zerfetzt, das vom Triebwerk einer kurz vorher gestarteten DC-10 der Continental Airlines abgefallen war. Hochgeschleuderte Gummiteile der explodie- «Zur Erheiterung der Besatzungen und der Fluggäste hat die Flug- renden Reifen durchtrennten ein stromfüh- hafen AG auch dieses Jahr keinerlei Kosten gescheut.»

Rundschau 4 | 2013 51 Shooter’s Corner Schärfe als Gestaltungsmittel

Ein scharfes Bild ist noch lange kein gutes Bild. Schärfe ist vielmehr ein Gestal- tungsmittel erster Wahl, um den Blick des Bildbetrachters auf das Hauptmotiv zu lenken. In dieser Folge betrachten wir deshalb, was Schärfe in der Fotografie bedeutet und wie wir sie für wirkungsvollere Bilder einsetzen können.

Text: Dominique Wirz Nächste Fotokurse In der Fotografie unterscheidet man verschiedene Arten Die Schärfe als Bildgestaltungsmittel ist so elemen- von Schärfe: Die objektive Schärfe ergibt sich aufgrund tar in der Fotografie, dass sie in allen Kursen thema- der optisch-physikalischen Komponenten des Bildes, also tisiert und geübt wird. Profitieren Sie von unserem beispielsweise der Scharfstellung, der Güte des Objektivs Know-how! oder des Sensors. Dagegen hängt die subjektive Schärfe l Reisefotografie: Sa, 15. Februar 2014, Winterthur vor allem vom Bildkontrast ab. So wirkt ein Bild schärfer l Bildgestaltung: So, 16. Februar 2014, Winterthur bei hartem, flachen Streiflicht, deutlichen Schatten, kom- l Tierfotografie: Sa, 8. März 2014, Zoo Zürich plementären Farben oder einfach guter Sicht nach einem Gewitter. Dann kennen wir natürlich noch die Schärfen- Weitere Kurse und Termine sowie Infos, Anmeldung tiefe, die sich, ausgehend von der Fokussier-Ebene des und Vormerkung auf fotowerkstatt-kreativ.ch. Motivs, rund zwei Drittel nach hinten und einen Drittel nach vorne ausdehnt. Wie gross dieser Bereich bei einer bestimmten Blende ist, konnte man bei alten Objektiven Als Faustregel können wir uns merken, dass die noch auf einer Schärfentiefenskala ablesen. Heute kön- Belichtungszeit mindestens dem Kehrwert der Brenn- nen wir die Schärfentiefe direkt auf dem Display beur- weite entsprechen sollte. Bei einem 200-mm-Teleob- teilen – bei guten Kameras auch vor der Aufnahme im jektiv müssen wir also eine 1/200 Sekunde oder mehr Sucher mittels Abblendtaste –, oder wir berechnen sie mit belichten, damit das Foto scharf wird. einer der zahlreichen verfügbaren Gratis-Apps auf dem l Je kleiner der Kamerasensor, desto geringer sind auch Smartphone (Stichwort: DOF – Depth Of Field). die realen Brennweiten und somit auch die Verwack- lungsgefahr. Tipps gegen das Verwackeln l Bei besseren Objektiven können Sie dank Anti-Schüt- Um ein objektiv scharfes Bild zu erhalten, gilt es tel-Mechanismus (z.B. Nikon VR: Vibration Reduction, zunächst, «Verwacklung» zu vermeiden. Denn sie ist die Canon IS: Image Stabilizer) auch zwei Lichtwerte lang- häufigste Ursache von ungewollt unscharfen Fotos bei samer belichten (also 1/50 Sekunde), sofern Sie die Handaufnahmen. Folgende Tipps verhelfen zu scharfen Kamera ruhig halten und sich das Objekt nicht bewegt. Bildern: l Achten Sie auf die richtige Kamerahaltung und einen l Wählen Sie eine möglichst kurze Verschlusszeit. Was sicheren Stand. Ziehen Sie die Kamera mit beiden Hän- nützt ein bisschen mehr Schärfentiefe, wenn wegen den fest ans Gesicht, stellen Sie ein Bein leicht nach der längeren Verschlusszeit das Bild verwackelt wird? vorne und drücken Sie die Oberarme an den Körper. Nutzen Sie ausserdem jede Möglichkeit des Aufstützens oder Anlehnens, aber nicht an vibrierende Autos, Flugzeug- scheiben oder Fahnenstangen. l Auch die Auslösetechnik spielt eine Rolle: Druckpunkt erfühlen – Atem anhalten – weich und doch zügig durchdrücken. l Bei längeren Brennweiten und/oder lan- gen Belichtungszeiten empfiehlt sich der Einsatz eines Stativs mit Selbst- bezie- hungsweise Fernauslöser. Dabei sollten bei Spiegelreflexkameras aber Zeiten zwischen 1/30 und 1/4 Sekunde gemie- den werden. Bei diesen Zeiten entstehen Vibrationen durch das Hochklappen des Spiegels und durch das Ablaufen des Verschlusses. Wenn Sie also keine Spie- gelvorauslöse-Funktion an der Kamera haben, wählen Sie lieber längere Zeiten. Porträt, fotografiert mit Teleobjektiv (180 mm) und offener Blende (2.8). Die Schärfentiefe ist so gering, dass das hintere, linke Auge Selektive Schärfe bereits unscharf ist und der an sich unruhige Hintergrund wohltuend Schärfe ist ein wichtiges Gestaltungs- zerfliesst. mittel. Das Scharfe ist das von uns Aus-

52 AEROPERS Schärfentiefe beeinflussen Damit Sie die Schärfentiefe immer im Griff haben, empfehle ich Ihnen, standard- mässig mit der Halbautomatik «Blenden- priorität» (A oder Av) zu fotografieren. Neben der Wahl der Blende beeinflussen aber auch noch weitere Faktoren die Schär- fentiefe markant. So erzeugen Brennweiten im Telebereich von Natur aus eine gerin- gere Schärfentiefe als jene im Weitwinkel- Bereich. Teleobjektive eignen sich also perfekt dazu, Motive vor einem unschar- fen Hintergrund abzuheben, wogegen man Weitwinkel wählen sollte, wenn man alles von vorne bis hinten scharf haben möchte. Auch unsere Ausrüstung spielt eine Rolle: Mit grossen Kamerasensoren (Halb- oder Vollformat) können wir wesentlich mehr kreative Unschärfe erzeugen als mit Kompaktkameras oder gar Smartphones! Die Hände im Vordergrund gewinnen an Bedeutung durch deren Und Objektive mit grosser Anfangsöff- Schärfe im Vergleich zum Hintergrund. Trotzdem bleibt erkennbar, von nung (grösster Blende) bieten ebenfalls wem die kleinere Hand stammt. mehr Spielraum, sind aber meist teurer und schwerer als die kompakten Allround- gewählte – und das ist umso deutlicher zu spüren, je Zoom-Objektive – oft aber auch besser. Aber für ernst- stärker es mit dem Unscharfen, dem eben nicht Aus- hafte Fotografen sind sie trotzdem eine Überlegung gewählten, kontrastiert. Scharf ist immer bestimmt – wert. Vor allem die Normalobjektive (50 mm) mit ihren meint einen bestimmten Standort sowohl in Zeit als riesigen Anfangsöffnungen (1.4 oder 1.8) sind erstaun- auch Raum. Unscharfes wirkt dagegen immer allge- lich günstig zu haben und eignen sich zudem für Auf- mein. Das kennen wir aus unserer Erfahrung. Unser nahmen in Situationen mit wenig Licht. Auge kann auch nur immer das Objekt scharf wahr- Eine weitere Tatsache hilft, Unschärfe zu erzeugen. Je nehmen, das es betrachtet. Den Effekt der selektiven näher Sie fokussieren, desto geringer wird die Schärfen- Schärfe können wir bewusst einsetzen, um die Auf- tiefe und desto unschärfer wird deshalb auch der Hin- merksamkeit des Betrachters gezielt auf ein Bildele- tergrund. Vielleicht haben Sie das schon selbst erfahren, ment zu lenken beziehungsweise um unerwünschte als Sie eine Blume in Nahaufnahme porträtieren wollten. Bilddetails unkenntlich zu machen. Und schliesslich noch folgender Tipp: Schärfe lenkt Fotografisch setzen wir das um, indem wir eine nicht nur die Aufmerksamkeit. Durch den Kontrast zwi- geringe Schärfentiefe (= offene Blende) wählen. Ein schen scharf und unscharf entsteht auch ein Eindruck bildwichtiges Detail erscheint dann gestochen scharf räumlicher Tiefe. Also ein weiterer Trick, mit dem wir vor einem – infolge starken Aufblendens – völlig etwas Räumlichkeit in unsere zweidimensionalen Bilder unscharf zerfliessenden Hintergrund. Aufnahmen, die zaubern können. l eine solche «springende Schärfe» enthalten, sind meist viel inte- ressanter als mit geschlosse- ner Blende geschossene Bilder, die vom Vorder- bis zum Hin- tergrund durchgehend scharf erscheinen. Auch Vordergrund- details, etwa ein Durchblick, kön- nen sich durchaus unscharf vom völlig scharfen Hintergrund abhe- ben. Gelegentlich ist es durchaus günstig, Motivpartien, die man verschwinden lassen möchte, mit unscharfen Vordergrundtei- len zu überdecken. Und denken Sie auch immer daran, dass wei- tes Aufblenden – noch dazu in Verbindung mit einer längeren Brennweite – ein ideales Mittel ist, einen zu stark strukturierten und damit das Hauptmotiv störenden Hintergrund in wolkiges Nichts zerfliessen zu lassen (Makro, Die selektive Schärfe lenkt die Aufmerksamkeit auf die Braut, ohne den Bezug Porträt). zum Bräutigam im unscharfen Hintergrund auszublenden.

Rundschau 4 | 2013 53 Wir trauern

Folgende Mitglieder sind seit der letzten Ausgabe verstorben:

Roger Perreten 20.11.1942 – 3.9.2013 Captain MD-11, pensioniert am 30.11.1997

Heinrich Büchi 23.10.1928 – 11.9.2013 Captain DC-10, pensioniert am 31.10.1986

Heinz Thut 10.6.1932 – 2.11.2013 Captain DC-10, pensioniert am 30.6.1987

Wir werden den Verstorbenen ein ehrendes Andenken bewahren.

Termine & Mitteilungen

Vorstandswochen Diverses Pensionierten-Stamm

16.12. – 20.12.2013 17.12.2013 AEROPERS-Weihnachts-Event 17.12.2013

27.1. – 31.1.2014 28.1.2014

24.2. – 28.2.2014 25.2.2014

Der Pensionierten-Stamm findet im Restaurant «Zur alten Taverne», Schaffhauserstrasse 161, 8302 Kloten, statt. Zeit: ab 14 Uhr. Datum: jeweils am letzten Dienstag im Monat.

Get Together (Treff für Piloten und ATC) Treffpunkt jeweils ab 17 Uhr in der Angels’ Wine Tower Bar im Radisson Blu am Flughafen Zürich.

NEU! Nächste Termine: 17. Dezember 2013, 21. Januar 2014 und 18. Februar 2014

54 AEROPERS Porsche intensiv.

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Rundschau 4 | 2013 55

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Ueli Steck wurde jüngst in einem Interview gefragt, was er empfinde, wenn er auf dem Gipfel eines Achttausenders stehe. «Anspannung!», seine kurze Antwort, denn erst im Basislager sei die Expedition zu Ende. Auch die IPG und die AEROPERS haben Ende Oktober ein schwierig zu erklim- mendes Ziel erreicht, nämlich eine Absichtserklärung mit der Swiss, dass zukünftig beide Pilotenkorps unter gleichen Verträgen in einem gemein- samen Korps fliegen werden. Wir sind aber noch nicht am Ende unseres Marsches, das Basislager ist noch nicht erreicht. Auf dem Weg dorthin stehen Informationsveranstaltungen und die Abstimmung auf dem Pro- gramm. Die Verbandsmitglieder werden an einem Urnengang am Anfang des nächsten Jahres über die Annahme des Vertrags befinden. Diesen Marsch müssen wir zusammen absolvieren, da und dort noch Vorurteile aus dem Weg räumen und unsere Ansichten abgleichen.

Die Frage nach dem «Warum?» Die Swiss meldet gute Zahlen, und die meisten Konjunkturbarometer zei- gen nach oben. Da fragt sich der einzelne Arbeitnehmer zu Recht, warum es in einem gültigen Arbeitsvertrag Anpassungen braucht, die auf den ers- ten Blick zu Ungunsten der Piloten ausfallen. Als Vorstand der Pilotenver- einigung sind wir verpflichtet, unseren Blick weiter in die Zukunft zu rich- ten und mit einer Strategie zu reagieren, die dem Leitbild der AEROPERS entspricht. «Die AEROPERS sorgt für das langfristige Wohl ihrer Mitglieder am Arbeitsplatz» – ein Leitsatz, dem sich unser Pilotenverband verpflich- tet. Klarer könnte der Auftrag nicht formuliert sein, die Verantwortung des Vorstands gegenüber den Mitgliedern nicht deutlicher aufgezeigt werden. Der Vorstand hat dies sehr ernst genommen und die Argumente vorsichtig gegeneinander abgewogen.

Der Schnellzug fährt ab Die Swiss hat einen Schnellzug in Gang gesetzt, der nicht mehr zu stop- pen ist. Wir sind weder in der Lage, die Destination noch die Geschwin- digkeit zu bestimmen. Wir können uns einzig und alleine entscheiden, ob wir mitfahren wollen oder nicht. Dafür braucht es einen Fahrschein, und dieser Fahrschein heisst «Projekt X». Wir müssen diesen Fahrschein zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen der IPG lösen, denn

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 nur so bestimmen wir die Transportbedingungen mit. Um den Preis die- ses Billetts haben wir lange und hart verhandelt. Doch wir bezahlen nicht nur, wir erhalten auch einiges dafür. Das «Projekt X» ist ein wichtiges und nachhaltiges Investment in die Stabilität. Stabilität, die wir in Zukunft sicherlich brauchen werden und die unsere Arbeitsplätze auf die nächs- ten Jahre hinaus sichert. Der neue Vertrag, sofern er von den Mitgliedern angenommen wird, würde frühestens im Jahr 2018 auslaufen.

2016 – ein entscheidendes Jahr 2016 wird ein wichtiges Jahr für die AEROPERS, aber auch für die Swiss. Neue Flotten stossen zu unserer Firma und werden die Pilotenkorps an ihre Belastungsgrenze bringen. Nicht auszudenken, wenn mitten in diesem Trubel ein neuer GAV ausgehandelt werden müsste. Dass unser Arbeit- geber in diesem intensiven Jahr nichts unversucht lassen würde, um die neuen Flugzeuge in die Luft zu bringen, versteht sich von selber. So ganz nebenbei erwähnt: Der bestehende GAV11 bietet einige Möglichkeiten, die neuen Arbeitsplätze an den Mitgliedern der AEROPERS vorbeizulenken. Und genau an dieser Stelle zeigt der neue Vertrag seine Stärken. Im Unterwan- derungsschutz werden gefährliche Löcher gestopft, und ein Wachstum im Kurzstreckenbereich über einen möglichen Swiss-Ableger wird weiter ein- geschränkt. Mit dem neuen Vertrag kann die AEROPERS die grosse Unruhe, die zweifellos eintreffen wird, massiv dämpfen, wenn nicht sogar ganz ein- schränken.

SPORDEC Der Vorstand hat auf den fundamentalen Umbau, in dem sich unsere Firma befindet und der sie in näherer Zukunft noch weiter beschäftigen wird, so reagiert, wie es sich für professionelle Piloten gehört: Mit einem sauberen SPORDEC, das wir im Vorstand immer und immer wieder von Neuem durch- geführt haben. Optionen wurden kreiert und auf Risiken überprüft, was nicht selten zu heissen Köpfen und auch zu schlaflosen Nächten führte. Dieses SPORDEC muss jedes Mitglied nun persönlich durchführen. Nur wer sich mögliche Szenarien vorstellt und Optionen generiert, kann auch zukunfts- gerichtet entscheiden. Damit dieses SPORDEC auch seriös durchgeführt wer- den kann, braucht es Informationen und einen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Es ist meiner Ansicht nach die Pflicht aller Mitglieder, denen die berufliche Zukunft und die der AEROPERS am Herzen liegt, eine der kom- menden Informationsveranstaltungen zu besuchen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Ich wünsche Euch allen eine schöne Adventszeit und einen guten Rutsch ins Jahr 2014!

Captain Markus Grob, Präsident

AEROPERS Ende Artikel Rundschau 4 | 2013 Editorial

«Von Piloten für Piloten» – das ist der Leitsatz des Redaktionsteams und gleichzeitig Ansporn für unsere Arbeit. Wir wollen Hintergrundinformationen liefern, den Blick hinter die Kulissen wagen und Menschen zu Wort kommen lassen. So versuchen wir, eine Mischung aus spannenden Geschichten und interessanten Fakten zu finden, die eine unterhaltsame Lektüre verspricht. Zunächst ein Blick in die nahe Zukunft: An verschiedenen Flugplätzen werden wir auf «A-CDM implementation» oder «collaborative decision making (CDM) on trial. See GEN part ADR chapter 6» aufmerksam gemacht. Im erwähnten Abschnitt sehen wir uns zunächst einer Tabelle mit 44 zum Teil neuen Abkür- zungen gegenüber, die alle möglichen Richtzeiten beim Turnaround-Prozess bestimmen. Gaby Plüss bringt uns einige dieser Begriffe näher und erklärt, was hinter dem Projekt steckt. Eurocontrol verspricht sich einen «smoother flow of traffic». Alle Beteiligten sollen besser informiert sein und ein realisti- scheres Lagebild von Handling-Abläufen und dem Verkehrsfluss bekommen. Zudem sollen Störungen früher erkannt und antizipiert werden. Gerade im bevorstehenden Winter wird das System seine Tauglichkeit beweisen können. Für uns heisst es bei Schneetreiben deshalb neu: «General de-icing with exten- ded slot tolerance window». Der Winter beeinflusst natürlich nicht nur unsere Arbeit. Auch die Fluglot- sen bekommen die kalte Jahreszeit mit all ihren Facetten zu spüren. Gaby Plüss gewährt uns in ihrer Kolumne «Go-ahead» einen Blick hinter die Kulis- sen, «wenn Hold-over Time und Runway Reports fester Bestandteil des Tages- geschäfts werden». Schnee und Eis können den Flugbetrieb erheblich stören oder gar lahmlegen. Die Vorhersage der Wetterbedingungen ist unter diesen Umständen beson- ders wichtig. Janos Fazekas hat sich mit Stefan Vonlanthen von Meteo Schweiz unterhalten, um zu erfahren, woher die Wetterprognosen kommen und wie präzise sie sind. Gerade im komplizierten Alpenraum seien die Profis vor Ort weder durch allgemeine Rechnungsmodelle noch überregionale Prognosezen- tren zu ersetzen, so Vonlanthen im Interview. Clemens Kopetz machte in der letzten «Rundschau»-Ausgabe auf das Sozi- aldumping bei Leihpiloten aufmerksam. Jetzt nimmt er die erfolgreiche Rya- nair unter die Lupe. Deren aggressives Geschäftsmodell gerät in letzter Zeit aber von mehreren Seiten unter Druck. Nicht nur die Subventionen an Flug- häfen, sondern auch das undurchsichtige Ticketsystem werden von Behörden kritisiert – ganz abgesehen von den Arbeitsbedingungen der Besatzungen. «Es

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 erstaunt, dass es Ryanair überhaupt noch gelingt, genug Personal zu finden», so Kopetz. Die Krise im europäischen Raum lässt Piloten auf der Suche nach Arbeit solche Bedingungen akzeptieren. In weiten Teilen der Welt sieht die Lage ganz anders aus. US-Gesellschaften sind bereits von Personalmangel betroffen und beklagen zu wenige geeignete Kandidaten. Wie im Bericht «Qualifizierte Piloten werden rar» zu lesen ist, musste auch Swiss Aviation Training 2013 einen Ausbildungs- kurs wegen Schülermangels streichen. Diejenigen, die es bis ins Swiss-Cockpit geschafft haben, werden seit Jahren von einem starken Verband betreut. Über die aktuellen Themen im Ressort Mitgliederbetreuung klärt uns Patrick Bovens auf. Und über Mitglieder gibt es immer wieder etwas zu berichten: Zum Beispiel, wenn sich zwei auftun, um an Weltmeisterschaften teilzunehmen – viel Vergnügen! Zum Schluss heisse ich Janos Fazekas als Redaktionsmitglied ganz herzlich im Team willkommen. Er ist für die «Rundschau» eine Bereicherung und wird den Horizont unserer Berichterstattung weiter öffnen – von Piloten für Piloten.

So wünsche ich nun eine unterhaltsame Lesezeit! Jürg Ledermann

AEROPERS Ende Artikel Rundschau 4 | 2013 «Go-ahead» – Winter Operation in ZRH Schneefall, De-icing, gesperrte Pisten: der Winter beeinflusst nicht nur die Arbeit der Piloten. Auch bei den Lotsen macht sich die kalte Jah- reszeit mit all ihren Facetten bemerkbar. Ein Blick hinter die Kulissen der ATC, wenn Hold-over Time und Runway Reports fester Bestandteil des Tagesgeschäfts sind.

Text: Gaby Plüss

Während ich vor meiner Tastatur sitze, regnet es draussen­ in Strömen. Eine Kaltfront zieht über uns hinweg, die Anzeige des Thermometers fällt, und in den Gestellen der Grossverteiler warten Raclette und Fondue an bester Lage auf hungrige Kundschaft. Höchste Zeit also, dass auch wir uns ein wenig mit dem Thema Winter befassen. Winter bedeutet für die ATC vor allem Schnee und De-icing. Nebel gehört zwar eigentlich auch dazu. Da Nebel aber speziell am Flughafen Zürich ein fast ganzjähriger Gast ist, beschränke ich mich in diesem Artikel auf Schnee und De-icing.

Neuer De-icing-Status Winter Operation heisst, dass es diverse zusätzliche Vorschriften zu stu- dieren und zu beachten gibt. Das gilt für Lotsen genauso wie für Piloten. Beim Studium des diesjährigen Winter Operation Guides ist dem einen oder anderen Piloten vermutlich aufgefallen, dass es auf diesen Winter hin bei den verschiedenen De-icing-Stufen in Zürich eine Änderung gegeben hat. «De- icing on request» und «General De-icing» existieren immer noch. «CHAMAN» jedoch wurde durch ein Verfahren, das sich «General De-icing with extended Slot Tolerance Window» nennt, ersetzt. Der Grund dafür ist das sogenannte Airport Collaborative Decision Making (A-CDM), das am 19. August 2013 einge- führt wurde. Dank dieses automatisierten Datenaustausches ist das Network Manager Operations Centre (NMOC) in Brüssel (ehemals CFMU) jederzeit über den aktuellen Status aller geplanten Abflüge informiert. Die Details zu A-CDM finden sich in einem separaten Beitrag in dieser «Rundschau»-Ausgabe.

De-icing on request De-icing on request ist grundsätzlich während der gesamten Winter-Opera- tions-Phase vom 15. Oktober bis zum 30. April verfügbar. Für uns beinhal-

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 tet dieser Status keinerlei spezielle Verfahren. Slots sind einzuhalten. Falls nötig, beantragen wir in einzelnen Fällen bei NMOC eine Slot Extension.

General De-icing Bis anhin war die Aktivierung von General De-icing von der entstandenen Verspätung abhängig und führte jeweils zu einer Erhöhung der Standard Taxi Time. Diese Erhöhung erlaubte es uns, die Slots auch unter erschwer- ten Bedingungen einzuhalten. Ab diesem Winter gilt neu, dass General De- icing aktiviert wird, sobald mehr als die Hälfte aller Maschinen ein De-icing benötigt. Der Grund für diese Regelung steht ebenfalls im direkten Zusam- menhang mit A-CDM. Gemäss AIP muss ein Pilot seinen Request für das De- icing bis spätestens 15 Minuten vor EOBT abgeben. Der Datenaustausch mit NMOC beginnt aber einiges früher. Mit der Aktivierung von General De-icing wird das De-icing für jeden Flug automatisch eingeplant und mittels Depar- ture Planning Information (DPI) nach Brüssel kommuniziert. Verlangt der Pilot bis 15 Minuten vor EOBT kein De-icing, so wird dieses wieder aus der Planung entfernt, was eine Slot-Verbesserung bewirken kann. Auch bei General De-icing sind die Slots einzuhalten. Beim Wechsel von De-icing on request zu General De-icing bereitet uns das Einhalten dieser Vorschrift jedoch oftmals ein wenig Mühe. Müssten wir in dieser Übergangs- phase jede Slot Extension einzeln koordinieren, könnte das relativ schnell zu einem Stau auf dem Tarmac führen. Um dies zu verhindern, können wir bei NMOC für einen zu definierenden Zeitraum eine generelle Slot Extension beantragen. Intern nennen wir diese Phase «clean up the tarmac». Sobald General De-icing aktiviert ist, lassen wir das auf dem ATIS ausstrahlen.

General De-icing with extended Slot Tolerance Window CHAMAN war sowohl für die Piloten wie auch für die ATC ein relativ ein- faches Verfahren. Slots wurden zwar auch in der höchsten Eskalationsstufe vergeben, mussten aber nur in den seltensten Fällen wirklich eingehalten wer- den. Da NMOC dank A-CDM auch unter widrigsten Umständen jederzeit über die Situation der Abflüge informiert ist, müssen wir die Slots neu in jedem Fall einhalten. Um in extremen Situationen aber trotzdem über einen gewis- sen Spielraum zu verfügen, können wir in Absprache mit unseren lokalen Partnern das Slot-Fenster für einen definierten Zeitraum bei NMOC erweitern lassen. Das Slot-Fenster kann dabei beliebig bis auf maximal plus/minus 30 Minuten der Calculated Take-off Time (CTOT) erhöht werden. Ziel ist es, eine Erweiterung gemäss aktuellem Bedarf zu beantragen, der abhängig von der

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Situation zu definieren ist. Allerdings kann NMOC diesen Antrag auch ableh- nen. Kommt die höchste Eskalationsstufe zum Einsatz, lassen wir das auf dem ATIS ausstrahlen.

Hold-over Time und GATO Hold-over Time und GATO-Separationen (siehe «Rundschau»-Ausgabe 3/2012) sind zwei Begriffe, die sich, vor allem wenn es schneit, ziemlich in die Quere kommen können. Die Krux ist für uns dabei, dass wir einen Unterbruch im Anflug 14 erst dann planen können, wenn ein Start 16 das De-icing beendet hat und das Remote De-icing Pad Foxtrott verlässt. Die Zeit- spanne, die wir in einem solchen Fall zur Verfügung haben, ist – im Vergleich zum Flugbetrieb ohne De-icing – viel kürzer. Wartezeiten vor der Piste lassen sich deshalb fast nicht vermeiden. Meldet uns ein Pilot einer startbereiten Maschine beispielsweise nun, dass er wegen der Hold-over Time innert zehn Minuten starten müsse, kann das die Approach Crew erheblich unter Druck setzen. Selbstverständlich versuchen wir ein erneutes De-icing für die start- bereite Maschine zu verhindern. Das funktioniert allerdings nur, wenn alle Beteiligten flexibel agieren. In derartigen Situationen sind wir nicht zuletzt auch auf das Verständnis der Crews von anfliegenden Maschinen angewie- sen, wenn wir ihren Anflug plötzlich noch weiter verzögern müssen. Denn sonst würde es uns häufig nicht mehr gelingen, einen solchen Start unter Einhaltung der GATO-Regeln doch noch zu ermöglichen.

Runway Report «Runway Report for Runway 28: full length 60 metres wide covered with dry snow up to 150 millimetres, braking action poor, poor, poor». Zugegeben, die- ser Runway Report aus dem Jahr 2006, den ich beim Stöbern in unseren Unter- lagen gefunden habe, ist nicht die Regel. Eindrücklich ist er aber trotzdem. Für das Erstellen eines Runway Reports sind die Kollegen der Airport Authority zuständig. Dazu führen sie eine Pistenkontrolle durch, bei der sie die Schneehöhe an verschiedenen Stellen messen. Danach berechnen sie für jedes Pistendrittel einen Durchschnittswert, der dann auf dem Runway Report publiziert wird. Damit der Runway Report den Weg auf das ATIS findet, muss er zuerst an unser Kommunikationszentrum in Genf übermittelt werden. Deshalb dau- ert es jeweils einen Moment, bis der Report auf dem ATIS aufgeschaltet ist. Damit wir trotzdem möglichst zeitverzugslos über die neusten Daten verfü- gen, wird der Report zusätzlich per Fax in den Tower und in den Approach

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 verschickt. Dadurch können wir den Report so lange am Funk übermitteln, bis er auf dem ATIS ausgestrahlt wird.

Schneeräumung Die Entscheidung, ob eine Piste vom Schnee geräumt werden muss, wird eben- falls von den Kollegen der Airport Authority gefällt. Die Flughafen Zürich AG (FZAG) kann dazu auf rund 125 Personen und 100 Fahrzeuge zurückgreifen. Dabei kommen sowohl Leute und Geräte der FZAG wie auch von Fremdun- ternehmungen zum Einsatz. Je nachdem, ob eine Räumung mit oder ohne Fremdunternehmungen geplant wird, dauert es nach Erhalt des Aufgebots zwischen 30 und 90 Minuten, bis die Räumgruppen einsatzbereit sind. Die Dauer einer Schneeräumung hängt sowohl von der Anzahl Räum- gruppen wie auch von der Schneequalität ab. Je nach Schneebeschaffenheit muss die Equipe das Tempo auf der Piste anpassen, um ein sauberes Bild zu bekommen. Steht pro Piste nur eine Räumgruppe im Einsatz, dauert eine Pistensperrung rund eine Stunde. Die Reinigung der Rollwege ist dabei noch nicht eingerechnet. Sind pro Piste zwei Gruppen unterwegs, halbiert sich diese Zeit in etwa. Nebst Pisten, Rollwegen und Vorfeld müssen auch gewisse Navigationsanlagen vom Schnee befreit werden. Konkret handelt es sich dabei um die Reflexionsflä- chen der Gleitwegantennen unserer ILS-Anlagen. Schnee auf diesen Reflexions- flächen kann zu einer automatischen Abschaltung der Anlage führen. Haben wir zu viele solcher Abschaltungen zu verzeichnen, kann die Anlage in ihrer Tauglichkeit zurückgestuft werden. Um das zu vermeiden, werden diese Refle- xionsflächen, nach präventiver Abschaltung der Anlage, ebenfalls vom Schnee befreit. Die genaue Statistik zum letzten Winter ist in einem separaten Kasten zu finden. Die FZAG hat mir, nebst vielem anderen, diese Zahlen zur Verfügung gestellt – an dieser Stelle nochmals vielen Dank dafür! [email protected] In der vorletzten «Rundschau»-Ausgabe habe ich an dieser Stelle zwei Fra- gen zum Thema Frequenzentlastung aufgegriffen und darüber informiert, was wir diesbezüglich planen. Diese Planung ist nun abgeschlossen. Per 12. Dezember 2013 werden wir die folgenden Verfahren einführen: Automatischer Frequenzwechsel nach der Landung IFR-Landungen auf Piste 14 sollen beim Verlassen der Piste neu ohne Auf- forderung des Tower-Lotsen selbstständig zum Apron Controller wechseln.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Eine entsprechende Information wird auch auf dem Arrival ATIS ausgestrahlt werden. Dieses Verfahren kommt einstweilen ausschliesslich für IFR-Landun- gen auf Piste 14 zur Anwendung. Bei sämtlichen anderen Landungen soll die Frequenz weiterhin erst auf Anweisung des Tower Controllers gewechselt werden. Silent Handover vom APR-Controller zum TWR-Lotsen IFR-Abflüge werden vom Apron Controller neu als «stand-by» zum Tower- Lotsen transferiert. Dieser macht dann den ersten Aufruf an die Crew. Die- ses Verfahren gilt für sämtliche IFR-Abflüge von allen Pisten, die vom Apron Controller an den Tower-Lotsen übergeben werden. Der Wechsel vom Apron Controller zum Ground Controller erfolgt weiterhin mittels «contact». Frequenz zum Kreuzen der Piste 28 nach Landung auf Piste 14 Wie in der «Rundschau»-Ausgabe 1/2013 beschrieben, haben wir die Mög- lichkeit, die Aufgaben des Aerodrome Controllers auf zwei Lotsen aufzuteilen. Wenn wir aufteilen, übernimmt ein Lotse als sogenannter «ADC2» auf der Fre- quenz 120.225 MHz die Piste 14, während der andere als «ADC1» auf 118.100 MHz die Pisten 28 und 16 betreut. Nach der Landung auf Piste 14 erfolgte die Kreuzung der Piste 28 in dieser Konstellation bis anhin beim «ADC2». Das erforderte jedes Mal eine interne Koordination zwischen den beiden Tower Controllern und bewirkte ab und zu, dass wir die Anfrage zur Kreuzung nicht zeitverzugslos beantworten konnten. Neu werden solche Kreuzungen vom Apron Controller zum «ADC1» transferiert. l

AEROPERS Ende Artikel Rundschau 4 | 2013 Qualifizierte Piloten werden rar Der Pilotenmarkt in den Vereinigten Staaten hat sich schneller erholt als erwartet. US-Airlines klagen bereits über Personalmangel. Bei Swiss Aviation Training musste ein Kurs in der Pilotenausbildung wegen mangelnder Anmeldungen gestrichen werden. Um nicht in die gleiche Lage wie die US-Carrier zu geraten, sind bei der Swiss bes- sere Rahmenbedingungen und eine solide Langfristplanung nötig.

Text: Jürg Ledermann

Kaum eine Woche im Amt, und schon machte der neue Chef des US-Ver- kehrsministeriums am 10. Juli dieses Jahres Schlagzeilen: Anthony Foxx kün- digte Regelungen der FAA an, die den Luftverkehr in den Vereinigten Staaten nach politischer Manier sicherer machen sollen. «We owe it to the traveling public to have only the most qualified and best trained pilots», so Foxx. In Zukunft werden nicht nur Captains, sondern auch First Officers im Ein- satz auf Passagierflugzeugen die Lizenz für Verkehrspiloten (Airline Trans- port Pilot Licence, ATPL) besitzen müssen. Zurzeit sind die meisten First Officers im Besitz der Berufspilotenlizenz (Commercial Pilot Licence, CPL). Wer in den USA eine Pilotenkarriere beginnen will, muss also bald mindes- tens 1500 Stunden Flugerfahrung mitbringen und die zusätzlich verschärf- ten Bedingungen für das ATPL erfüllen.

Nachwirkungen eines Absturzes Was auf den ersten Blick bloss nach einer formalen Änderung aussieht, bedeutet eine erhebliche Hürde auf dem Weg in das Cockpit eines Verkehrs- flugzeugs. Die 1500 Flugstunden erreichen die jungen First Officers bei der Swiss erst nach rund zwei Jahren intensiver Fliegerei im Kurzstreckenein- satz auf der A320- oder Avro-Flotte. Die FAA erlässt diese Regelung wie auch die Verschärfung der Arbeits- und Ruhezeitverordnung als Folge der Untersuchung des Absturzes des Flugs Colgan Air 3407 im Februar 2009. 50 Menschen starben, nachdem die Pilo- ten die Kontrolle über das Flugzeug verloren hatten und es in der Nähe des Flugplatzes Buffalo nach einem Strömungsabriss bei zu tiefer Geschwindig- keit aufschlug. Bei der Untersuchung standen folgende sicherheitsrelevante Themen im Fokus: Überwachung der Instrumente, professionelle Arbeit im Cockpit, Müdigkeit, Training und Aufsicht. Mit der Erhöhung der minimalen

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Stundenzahl erhofft sich die FAA bei jungen Besatzungen mehr Erfahrung im Umgang mit schwierigen fliegerischen Situationen. Dadurch solle das Sicherheitsniveau steigen.

Auswirkungen im Arbeitsmarkt Die neuen Minimalanforderungen an First Officers beeinflussen den Pilo- tenmarkt direkt. Viele Fluglehrer planen ihren Einsatz bei Flugschulen wie zum Beispiel der Flight Safety in Vero Beach nun so, dass sie nach Erreichen der geforderten Stundenzahl abspringen können. Zudem werben Fluggesell- schaften direkter um Militärpiloten, welche die neue Anforderung erfüllen. Auch die «Los Angeles Times» berichtete im Juli dieses Jahres über die Bewegung im Markt. Einerseits sucht die US Air Force auf breiter Front nach Kampfpiloten, um ihren befürchteten Unterbestand von 200 Piloten in die- sem Jahr etwas dämpfen zu können. Verschiedene Umstände, unter ande- rem das unstete Leben als Fighter Pilot und der vermehrte Einsatz von Droh- nen, haben der Attraktivität der Karriere bei der US Air Force zugesetzt. Bei einem Bestand von 3000 Piloten droht im Jahr 2021 ein besorgniserregen- des Manko von 700 Flugzeugführern. Um Ausbildungskosten zu sparen, zielt das Angebot auf ehemalige Air-Force-Piloten, die sich noch einmal für neun Jahre verpflichten sollen. Es winkt ein Salär, das monatlich um mehr als 2000 US-Dollar heraufgesetzt wurde. Diese Erhöhung wurde notwendig, weil viele Militärpiloten nach den üblichen elf Dienstjahren zugunsten einer höheren Lebensqualität und eines besseren Verdienstes in die Zivilfliegerei gewechselt hatten.

US-Airlines mit Selektionsdruck Andererseits haben sich auch die grundlegenden Marktverhältnisse für Piloten in den USA geändert. In den Krisenjahren haben sich viele Airlines restrukturiert und kaum noch Flugpersonal angestellt. Die Erholung hat aber schnell eingesetzt, und die meisten der in der Krise freigestellten Piloten sind wieder unter Vertrag. Delta Airlines schreibt bereits wieder 300 Jobs aus. Bei US Airways und American Airlines stehen zudem in den nächsten Jahren viele Pensionierungen an: rund 2000 Piloten werden dann 65 Jahre alt. Um diese Lücken zu stopfen, sind Militärpiloten mit genügend Flugstun- den natürlich willkommen. Bei den US-Regionalfluggesellschaften herrscht angesichts dieser Verhält- nisse schlicht Alarmstimmung: An der World Aviation Training Conference and Tradeshow (WATS) im April dieses Jahres in Orlando, Florida, wurde dar-

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 über diskutiert, ob ein Pilotenmangel bevorstehe. Ein Vertreter der ExpressJet Airlines, die mit über 400 Flugzeugen täglich rund 2200 Flüge durchführt, äusserte sich folgendermassen: «The applicant pool is nil. We are debating whether there is a shortage to come. I’m here to tell you it’s here.» Jim Wink- ley, Vicepresident Flight Operations von American Eagle, bestätigte, dass die Anzahl der Interessierten innert zweier Jahre von 500 auf unter 100 gefallen sei: «The pool of excellent candidates is no longer out there.» Ein weiterer Grund für den Pilotenmangel ist das stetige Wachstum in der Luftfahrtbranche. Boeing und Airbus analysieren den Markt kontinuierlich und geben jährlich einen Bericht mit Prognosen für die nächsten 20 Jahre heraus. Beide Flugzeughersteller rechnen mit einem konstanten Wachstum von über drei Prozent, mit kleinen Abweichungen je nach Weltregion und Flugzeugsegment. Boeing geht davon aus, dass die globale Airline-Industrie bis ins Jahr 2032 über 35 000 neue Flugzeuge benötigen wird. Damit sollen 41 Prozent alte und weniger effiziente Maschinen ersetzt werden und die restlichen rund 20 000 Flugzeuge für die Entwicklung des Markts bereitstehen.

Europa und der Pilotenbedarf Airbus und Boeing prognostizieren in Europa einen Bedarf von 5500 bis 7500 neuen Flugzeugen. Über 70 Prozent davon sollen ihrer Ansicht nach sogenannte Single-aisle-Typen sein. Das Wachstum in Europa soll hauptsäch- lich im Langstreckenbereich stattfinden, angetrieben von den aufstrebenden asiatischen Märkten. Um diese ansehnliche Zahl an Flugzeugen bewegen zu können, bedarf es nach Boeings Berechnungen in den nächsten 20 Jahren weltweit annähernd 50000 neu ausgebildeter Piloten. Der grösste Bedarf wächst in Asien mit knapp 20000 neuen Piloten heran. In Europa sollen rund 10000 Arbeits- plätze in Cockpits zu besetzen sein. Da das Wachstum in allen Weltregionen zu verzeichnen ist, wird es nicht mehr so leicht möglich sein, die geeigneten Kandidaten in fremde Länder zu locken. Experten sind der Meinung, dass das Wachstum und der steigende Bedarf an Piloten in den verschiedenen Regionen unterschiedlich verlaufen werden. Vor allem im asiatisch-pazifischen Raum werden Piloten bei den aufstre- benden und konstant expandierenden Airlines wohl immer eine Arbeits- stelle finden. Zu dieser Gruppe kann man die Turkish Airlines zählen, die kontinuierlich wächst. Sie tut dies sogar so schnell, dass sie bereits jetzt in der unangenehmen Lage ist, im Heimmarkt keine geeigneten Piloten mehr

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 zu finden. Nun lässt sie bei einer Tochtergesellschaft von Lufthansa Flight Training in Deutschland eilig ausländische Piloten ausbilden. Viele europäische Airlines stecken dagegen noch in der Konsolidierung, und die Rede ist von einem übersättigten Pilotenmarkt mit den üblichen negativen Auswüchsen. So sind zum Beispiel Air France/KLM oder Iberia immer noch dabei, Kapazitäten anzupassen. Ryanair, easyJet und Norwe- gian nutzen die Gunst der Stunde und stellen billige Leihpiloten ein. Die Lufthansa verzeichnet schon seit längerer Zeit kein Wachstum mehr und hat in dieser Zeit auch keine Piloten angestellt.

Weniger Schulung trotz Wachstumsplänen Trotz des momentanen Einstellungsstopps bei der Lufthansa ist man sich bewusst, wie schnell sich die Lage ändern kann. So ist auf der Homepage betreffend die Karriereaussichten zu lesen: «Letzt- lich kennen wir diese Schwankungen, die recht extrem ausfallen, schon aus den Jahren 2003 und 2005. Und ebenso belegbar ist, dass ent- gegen aller Szenarien, mit denen in diesen Phasen gerechnet wurde, der Bedarf stets schneller wieder angesprungen ist als zunächst prognostiziert.» Wie Turkish Airlines verfolgt auch die Swiss Wachstumspläne. Ab 2015 sollen die in die Jahre gekommenen Avro RJ100 durch effizientere Bom- bardier CSeries-100 ersetzt werden. Da es sich dabei nicht nur um eine reine Umflottung, sondern auch um eine Aufstockung der Flotte handelt, ist mit einem zusätzlichen Bedarf an Piloten zu rechnen. Bei einer Ausbil- dungsdauer von rund 18 Monaten ist klar, dass mit einem gewissen Vor- lauf geplant und ausgebildet werden muss, um die benötigte Anzahl qua- lifizierter First Officers und Captains rechtzeitig zur Verfügung zu haben. Um so erstaunlicher ist es, dass bei Swiss Aviation Training (SAT) im Jahr 2013 anstelle der üblichen vier Ausbildungskurse nur deren drei mit total 65 Schülern durchgeführt werden. Die Zahl der positiv selektionier- ten Kandidaten war schlicht zu klein, um einen vierten Kurs zu belegen.

Wenig Interesse am Beruf Die Selektionskriterien der SAT sind standardisiert, mit denjenigen der Lufthansa-Pilotenschule zu vergleichen und werden nicht den Bedürfnissen der Flugschule angepasst. Die tiefe Zahl der positiv Selektionierten ist als direktes Resultat eines rückläufigen Trends bei den Anmeldungen zu wer- ten. Seit dem überdurchschnittlichen Jahr 2011 sind die Bewerbungen um

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 gut 15 Prozent zurückgegangen. Ob dies nun statistisch zu erklären ist oder ob sich ein Trend wie in den USA abzeichnet, ist schwierig zu sagen. Einige grundlegende Faktoren gibt es allerdings zu erwähnen. Nach wie vor muss ein Airbus-Pilot einen Grossteil der Ausbildung selber bezahlen. Nimmt er zu diesem Zweck bei der Swiss ein Darlehen auf, muss er innerhalb der ersten sechs Berufsjahre monatlich 1000 Franken an Darlehensschulden an den Arbeitgeber zurückzahlen. Bei keiner anderen Berufsausbildung in der Schweiz werden solche hohen Eigenleistungen gefordert. In Neuseeland war zu beobachten, wie stark ein solches Eintrittsgeld wirken kann. Im Jahr 2011 wurde die Förderung von Piloten neu geregelt, und Flug- schüler mussten einen Teil der Ausbildung bezahlen. Darauf schrumpfte der Nachwuchs so stark, dass Air New Zealand ihren Bedarf nicht mehr aus dem Inland decken konnte. Sie beantragte 2013 deshalb, Piloten auf die Skills Shortage List der Einwanderungsbehörde zu setzen, um auch Ausländer anstellen zu können.

Langfristiges Planen Im Vergleich zu Neuseeland kann die kleine Schweiz für den eigenen Markt nicht genügend Piloten hervorbringen, vor allem angesichts des schnellen Wachstums der Swiss in den letzten Jahren. Schon immer wurden bei Bedarf Piloten direkt angestellt – sei es als Ready Entries oder Direct Entries mit passender Lizenz. Noch nie war die Quote der Schweizer in den Pilotenklas- sen der SAT allerdings so tief wie im Jahr 2012. Zum ersten Mal sank sie unter die Marke von 40 Prozent. Die starke einheimische Wirtschaft mit attraktiven Berufskarrieren in welt- weit tätigen Firmen hat diesen Trend wohl auch beeinflusst. Wieso einen Beruf mit hohen Einstiegshürden wählen, wenn die Privatwirtschaft bei Job- Messen an den Hochschulen die Studenten mit Geschenken lockt? Das Jammern der Airline-Manager über die unsichere Zukunft und die sich wiederholenden pessimistischen Prognosen helfen nicht dabei, die Entschei- dung zugunsten einer Karriere in dieser einzigartigen Sparte leichten Her- zens zu treffen. Angesichts dieser Verhältnisse wäre die Einsicht wünschenswert, dass dem kurzfristigen Streben nach Rendite eine langfristige Personalplanung voran- zustellen ist. Dazu sind auch Rahmenbedingungen nötig, die eine Karriere bei der Swiss im schweizerischen Berufsumfeld wieder als attraktive Vari- ante erscheinen lassen. Das Potenzial an Schweizer Piloten liesse sich mit Sicherheit besser ausschöpfen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Im Weiteren wäre die Einsicht nötig, dass gerade jetzt der zukünftige Bedarf an Piloten nicht zu unterschätzen ist. Der Markt wird sich auch in der Schweiz wie- der ändern, so wie es in den USA nach der schlimmen Krise geschehen ist. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Airport Collaborative Decision Making Airport Collaborative Decision Making (oder A-CDM) ist ein Ausdruck, dem sowohl Piloten wie auch Lotsen in Zürich seit einiger Zeit regelmässig begegnen. Was sich wirklich dahinter verbirgt, wissen aber trotzdem viele nur der Spur nach. Ein Versuch, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen.

Text: Gaby Plüss

EXOT, EXIT, DPI, TOBT, FUM, ELDT, TSAT, VTT, TTOT, EDIT etc. Was sich auf den ersten Blick zum Teil ziemlich exotisch liest, hat seinen Ursprung in einem System, das seit dem 19. August 2013 am Flughafen Zürich in Betrieb ist und bei- spielsweise zur Folge hat, dass die ATC keine Ready Messages mehr verschickt.

Konzept A-CDM ist ein Konzept, das Airport Operators, Aircraft Operators, Ground Handling Agents, Air Traffic Control und Network Manager Operations Cen- tre (NMOC, ehemals CFMU) eine effiziente und transparente Zusammenarbeit ermöglichen soll. Das Ziel dabei ist, sowohl die Gesamteffizienz eines Turna- round-Prozesses am Flughafen wie auch das Kapazitätsmanagement En-route zu steigern. A-CDM wird in zirka 33 europäischen Flughäfen bereits umgesetzt oder befindet sich in Planung. A-CDM wir seitens Airport Council International (ACI) und International Air Transport Association (IATA) unterstützt und soll auf allen europäischen Flughäfen implementiert werden. A-CDM umfasst sechs Kernelemente, die aufeinander aufbauen und fort- folgend eingeführt werden müssen. Erst nach erfolgreicher Umsetzung aller Elemente darf sich ein Flughafen CDM-Airport nennen. Schauen wir uns diese Elemente ein wenig genauer an.

1. Information Sharing Das Ziel des Information Sharing ist, mittels einer A-CDM-Plattform (IT- Tool, Schnittstelle) alle involvierten Partner zur rechten Zeit mit aktualisier- ten Daten zum Turnaround-Prozess zu versorgen.

2. Milestone Approach Jeder signifikante Zeitpunkt während der Inbound-, Turnaround- und Out- bound-Phase widerspiegelt einen sogenannten Milestone. Treten diese Miles-

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 tones verspätet oder gar nicht ein, hat das Auswirkungen auf die nachfolgen- den Milestones und somit auf die involvierten Partner. Durch den Milestone Approach wird sichergestellt, dass alle Partner mittels Information Sharing diese Daten frühzeitig erhalten, damit sie bei Bedarf entsprechend reagieren können.

3. Variable Taxi Time (VTT) Mit der VTT wird die Standard-Taxi-Zeit (in der Regel ein einziger Wert für alle Pisten und Standplätze) durch variable, dem Airport Layout entsprechende Taxi-Zeiten ersetzt. Dies ermöglicht eine flexiblere und genauere Planung. Die VTT wird sowohl für Inbound- wie auch für Outbound-Flüge berechnet und entspricht der individuellen Taxi-Zeit von der Piste zur Parkposition und umge- kehrt. Dabei werden Faktoren wie Flugzeugtyp, Parkposition, Wetterbedingun- gen, Peak Hours, De-icing etc. einkalkuliert.

4. Collaborative Pre-departure Sequence «First Come – First Served» wird ersetzt durch «Best Planned – Best Served». Die Flüge werden nicht mehr in der Reihenfolge, in der sie «ready» melden, zur Startpiste geführt, sondern gemäss der bestmöglichen Abflugsequenz. Dabei werden sowohl operationelle Auflagen des Flughafens als auch Res- triktionen der Flugsicherung berücksichtigt. In Zürich wird diese Sequenz vom DARTS berechnet.

5. CDM in Adverse Conditions CDM in Adverse Conditions definiert Abläufe, damit auch bei eingeschränk- ter Kapazität – wie beispielsweise im Winter bei Schneefall – alle am Turna- round-Prozess beteiligten Partner über möglichst aktuelle Daten verfügen.

6. Collaborative Management of Flight Updates Innerhalb Europas sind die CDM-Flughäfen via NMOC untereinander ver- bunden. Der Austausch von Arrival- und Departure-Informationen ermöglicht eine genauere Planungsgrundlage für sämtliche Flüge. Dazu sendet NMOC den Flughäfen aktualisierte Daten über ankommende Flüge, während die Flughä- fen NMOC über den aktuellen Status von geplanten Abflügen informieren.

Neue Begriffe Seit der Einführung von A-CDM begegnen sowohl Lotsen wie auch Piloten in regelmässigen Abständen neuen Begriffen respektive Abkürzungen. Werfen

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 wir deshalb einen Blick auf die wichtigsten dieser Bezeichnungen (siehe auch Kasten).

Target Off-Block Time (TOBT) Die TOBT war bis anhin als STD respektive ETD bekannt. Die TOBT reprä- sentiert den Zeitpunkt, zu dem erwartet wird, dass ein Flug «fully ready» für Push-back und/oder Start-up ist. Diese Zeit wird vom Handling Agent oder vom Aircraft Operator gemeldet und kann als eine Art «Zielzeit» gesehen werden, auf die alle Partner hinarbeiten. Sie hat eine zentrale Bedeutung für die weiterführende Planung des Flugs. Basierend auf TOBT und VTT kann ATC (in Zürich mittels DARTS) eine sogenannte Target Take-Off Time und eine Target Start-up Approval Time bestimmen.

Target Take-Off Time (TTOT) / Target Start-Up Approval Time (TSAT) Beim Berechnen der TTOT werden sowohl lokale Faktoren (wie zum Bei- spiel Runway-Concept, Demand, De-icing oder VTT) wie auch Restriktionen der Flugsicherung berücksichtigt. Sobald die TTOT bestimmt ist, lässt sich aus ihr die TSAT ableiten. Damit wird diejenige Zeit bestimmt, zu der ein Abflug den Start-up und/oder Push-back erwarten kann. So kann die optimale Abflugsequenz unter Berücksichtigung sämtlicher Restriktionen eingehalten werden. Die TSAT wird 40 Minuten vor TOBT bestimmt und mittels A-CDM- Plattform kommuniziert. Danach wird mit jedem Update der TOBT die TSAT entsprechend angepasst. Die GATO-Problematik (siehe «Rundschau»-Ausgabe 3/2012) ist zwar auch eine Auflage der ATC in Zürich. Trotzdem wird sie bei der Berechnung der TTOT nicht berücksichtigt. Der Grund dafür ist, dass sich ein Startfenster erst dann planen lässt, wenn ein Abflug schon fast startbereit vor der Piste steht. Das ist jedoch zu kurzfristig, um es in den CDM-Prozess einfliessen lassen zu können. Flight Update Message (FUM) NMOC sendet den Flughäfen für jeden Inbound-Flug eine FUM. Diese besteht aus der Estimated Landing Time (ELDT). Die erste FUM wird drei Stunden vor ELDT gesendet. Ab einer Veränderung von mehr als fünf Minuten wird die FUM fortlaufend aktualisiert.

Departure Planning Information (DPI) Die Flughäfen schicken NMOC für jeden Outbound-Flug mehrere DPIs. Diese bestehen je nach Phase aus verschiedenen Zeiten wie zum Beispiel

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 TOBT, TSAT, VTT oder TTOT. Die erste DPI wird drei Stunden vor EOBT ver- sendet. Sämtliche DPI-Nachrichten werden fortlaufend und gemäss NMOC- Richtlinien aktualisiert. Die verschickten DPIs sollten möglichst genau sein. Deshalb müssen Abflüge, die den ATIS Departure Runway nicht akzeptieren können, dies dem Deli- very zehn bis 30 Minuten vor EOBT melden. Delivery passt dann Departure Runway und SID im System an, damit die DPIs die korrekten Informationen enthalten. Von dieser Regelung ausgenommen sind Abflüge der Gewichtska- tegorien «Heavy» und «Super». Dank DPIs ist NMOC jederzeit über den aktuellen Stand eines geplanten Abflugs informiert. Allfällige Slot-Veränderungen erfolgen aufgrund der DPIs automatisiert. Die ATC verschickt deshalb keine Ready Messages mehr.

A-CDM und De-icing Bis dato war das De-icing ein Faktor, der bei der Sequenzberechnung nicht berücksichtigt wurde. Mit der Einführung von A-CDM muss dieser aber eben- falls eingeplant werden, da die TTOTs sonst zu ungenau sind. Die De-icing Coordination in Zürich ist deshalb neu mit einem De-icing Tool ausgerüstet worden. Dieses Tool berechnet sämtliche De-icing-Faktoren, die die TTOT dynamisch beeinflussen. Dazu zählen beispielsweise die effektive Verfüg- barkeit von De-icing Trucks unter Berücksichtigung der benötigten Tank- Stopps oder die von den Spannweiten abhängige Verfügbarkeit der Lanes in den Remote De-icing Pads.

On-Stand De-icing Im Falle eines On-Stand De-icings ist das De-icing der letzte Bestandteil des Turnaround-Prozesses. Die TOBT wird, wie bei normalen Bedingun- gen, auf Abschluss der Handling-Aktivitäten exklusive De-icing gesetzt. Der Flug wird dann gemäss verfügbarer Kapazität der De-Icing Trucks kal- kuliert, enteist und meldet sich danach beim Delivery «De-icing completed and ready for start-up». Das De-icing hat auf die folgende Berechnung der TTOT somit keinen weiteren Einfluss mehr.

Remote De-icing Im Falle von Remote De-icing ist die geplante De-icing-Zeit Bestandteil der VTT. Beim Berechnen der TTOT werden somit nebst der Taxi Out Time auch die benötigte De-icing-Dauer und die verfügbare De-icing-Infrastruktur berücksichtigt. Um die aktuelle Situation und kurzfristige Änderungen in

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Betracht zu ziehen, werden die involvierten Partner mittels A-CDM-Platt- form über die geplanten Start- und Endzeiten des De-icings informiert.

Erste Erfahrungen Bis jetzt scheint sich A-CDM zu bewähren. Zumindest sind seit der Einfüh- rung im August keine grösseren Probleme aufgetaucht. Ob das System auch unter widrigen Umständen funktioniert, wird der vor der Türe stehende Win- ter zweifelsohne zeigen. Für Leser, die sich noch genauer über A-CDM informieren wollen, empfiehlt sich ein Besuch auf der Homepage des Flughafens Zürich. Aus dieser Quelle stammen auch die meisten Informationen, die in diesem Artikel zu finden sind. l

Network Manager Operations Centre (NMOC) One Single Flow Management System Together with aircraft operators, airport authorities and air navigation service providers, NMOC manages one single flow management system over Europe. Network Operations NMOC aims to support the entire network in: l ensuring safety l optimising capacity l optimising flight efficiency l minimising environmental impact l meeting the Single European Sky performance targets. It also facilitates the CDM process to underpin effective information exchange when the European aviation network might be affected by major ATM disruptions and network crisis situations. NMOC Key Functions NMOC primarily carries out the three following operational functions: l Airspace Data Management l Flight Plan Processing l Air Traffic Flow and Capacity Management. A current Operations Manager is always on duty to manage and supervise these functions and acts as a focal point for crisis management in the European air traffic flow and capacity management arena.

(Quelle: homepage eurocontrol)

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Das Modell Ryanair Ryanair glänzt seit Jahren mit hohen Gewinnen und einer konstant hohen EBIT-Marge. Das Erfolgsprinzip basiert auf vier Strategiepfei- lern, die aber ins Schwanken geraten.

Text: Clemens Kopetz, Vorstandsmitglied

Seit Jahren schreibt Ryanair konstante Gewinne im hohen dreistelligen Mil- lionenbetrag und erreicht regelmässig EBIT-Margen von über zehn Prozent. Ein Wert, den nicht einmal Emirates erreicht, von anderen Airlines ganz zu schweigen. Eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird, lautet: Wie geht das? Es ist also an der Zeit, sich das Businessmodell der Firma Ryanair einmal genauer anzusehen. Dieses basiert auf vier Grundpfeilern: Günstige Arbeits- kräfte, günstige Flugzeuge, günstige Flughäfen und «günstige» Tickets.

Viele Subventionen Ryanair verfügt über eines der grössten Streckennetze Europas. 2012 wur- den rund 180 Flugplätze angeflogen. Meist sind es kleine Regionalflugplätze, die – bevor Ryanair kam – kaum Verkehr hatten und dringend auf Landeta- xen und Passagiergebühren angewiesen sind. Auch die umliegende Region ist über die eingeflogenen Touristen froh und sogar bereit, die Fluggesellschaft finanziell zu fördern. Im Jahr 2010 erhielt Ryanair vom spanischen Staat rund 80 Millionen Euro, damit sie Regionalflugplätze bedient. In Frankreich flossen 2010 rund 8 Millionen Euro an die irische Firma. Das Land Kärnten in Österreich zahlte für jeden beförderten Passagier 20 Euro. Das sind Wett- bewerbsvorteile, von denen andere nur träumen können. Ryanair nutzt diese Situation natürlich aus und droht mit einem sofortigen Abbau von Strecken, sollten die Landetaxen steigen oder die Förderungen reduziert werden. Inzwischen beschäftigt sich die Europäische Union mit diesen Umständen und lässt durch ihre Wettbewerbsbehörde prüfen, ob es sich hier um einen unlau- teren Wettbewerb handelt. Erschwert wird diese Prüfung durch die Tatsache, dass viele Subventionen über ein nur schwer durchschaubares System von Treuhandbüros und Subfirmen der Ryanair abgewickelt werden. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor. Es wird aber vermutet, dass diese Praxis als illegal erklärt wird und Ryanair dadurch einen wichtigen Pfeiler ihrer Strategie verliert.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Günstige Arbeitskräfte Dass Ryanair auf günstige Arbeitskräfte setzt und dabei das Arbeits- und Sozialrecht bis an seine Grenzen ausdehnt, ist inzwischen bekannt. Sowohl der Grossteil der Cockpit- als auch der Kabinenbesatzungen ist bei Drittfir- men angestellt und wird durch diese an Ryanair nur «weitervermittelt». Ein Blick auf die Arbeitsverträge zeigt, dass diese als reiner Kostenfaktor ange- sehen werden, den es zu optimieren gilt. Wie das konkret bei den Cockpit- Besatzungen aussieht, habe ich bereits in der letzten Ausgabe der «Rund- schau» beschrieben. Auch den Kabinenbesatzungen ergeht es kaum besser. Quantität statt Qua- lität ist angesagt, und eine möglichst hohe Fluktuation ist erwünscht. Denn wer lange für die Firma arbeitet, wird zu teuer. Daher werden Kabinenbesat- zungen das ganze erste Jahr nur auf Probe angestellt und können innerhalb von wenigen Wochen entlassen werden. Die Uniform sowie das anfallende Training in der Höhe von rund 2000 Pfund pro Jahr muss ebenfalls vom Besatzungsmitglied selbst bezahlt werden. Sowohl Cockpit- als auch Kabinenpersonal sind nach sogenannten «Zero- Hours»-Verträgen angestellt. Bezahlt wird nur, wenn sich das Flugzeug bewegt. Bei Überbestand und in Jahreszeiten mit schwacher Nachfrage kön- nen die Kosten so zulasten der Angestellten optimiert werden. Zudem über- nimmt die Firma keine Sozialabgaben der Mitarbeiter, da diese ja eigentlich gar nicht bei ihr angestellt, sondern selbstständig sind. So ist jedes Besat- zungsmitglied eigenständig verantwortlich für eine Pensionsvorsorge und Krankenversicherungen. Um der Firma maximale Flexibilität zu geben, kann jedes Besatzungsmit- glied mit einer Vorwarnzeit von nur wenigen Wochen von einer Basis zur anderen versetzt werden. Bei Ablehnung droht ein leerer Dienstplan und somit ein leeres Portemonnaie. Es erstaunt, dass es Ryanair überhaupt noch gelingt, genug Personal zu fin- den. Fliegen ist wohl immer noch sexy...

Viele gleiche Flugzeuge Mit über 300 Flugzeugen verfügt Ryanair über eine der grössten Kurzstre- ckenflotten weltweit. Beeindruckend ist auch die Zahl der Bestellungen. Erst Anfang 2013 wurde eine Bestellung von 175 neuen Boeing 737-800 unter- schrieben. Durch die grosse Stückzahl sinkt einerseits der Preis. Anderer- seits werden Produktionsslots blockiert, die gegen einen entsprechenden Preis weiterverkauft werden.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Der Grossteil der Bestellungen wird dann schlussendlich auch an Ryanair ausgeliefert und ersetzt dort erst wenige Jahre alte Flugzeuge desselben Typs, die wiederum einen guten Wiederverkaufswert haben. Ein Nebenef- fekt dieser hohen Fluktuation sind die niedrigen Maintanance-Kosten, die bei einer jungen Flotte anfallen. Ist ein Flugzeug erst einmal in Betrieb, wird es aufs Maximum ausgenutzt. Ryanair strebt Bodenzeiten von 25 Minuten an. Bei einer Boeing 737-800 mit 189 Sitzen ist das ein sportliches Unterfangen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Flugzeugreinigung durch die Kabinenbesatzung durchgeführt, wer- den Passagiere konsequent durch beide Türen ein- und ausgeladen sowie wird jeweils nur ein Frachtraum beladen. In Jahreszeiten mit weniger starker Nachfrage werden regelmässig Flugzeuge am Boden stehen gelassen. So wurden im Winterflugplan 2011 etwa 80 Flug- zeuge temporär abgestellt. Die gleiche Strategie wird auch in Zeiten hoher Fuel- Preise angewendet. 2013 ist Treibstoff mit 45 Prozent der höchste Kostenfak- tor. Zwar versucht Ryanair, die Treibstoffkosten über Kurssicherung (Hedging) tief zu halten, ist grossen Preissprüngen wie alle anderen Airlines jedoch auch ausgeliefert. Entwickelt sich eine Route innerhalb einer kurzen Zeit nicht der Erwartung entsprechend, wird diese einfach wieder eingestellt – egal, ob Tickets dafür bereits verkauft waren oder nicht. Diese Strategie ist nur möglich wegen der niedrigen Erwartung, welche die Passagiere an die Fluglinie haben, und natürlich durch die blockstunden- abhängige Bezahlung.

Versteckte Ticketkosten Ryanair wirbt mit dem Slogan «The Low Fares Airline», und für eine kleine Anzahl Tickets pro Flug gilt dieser Slogan auch tatsächlich. Wie jede andere Airline betreibt auch Ryanair eine dynamische Preisgestaltung. Das heisst, dass die Ticketpreise mit der Nachfrage, dem Datum und anderen Fakto- ren variieren. Der Grundticketpreis variiert zwischen einem Euro und mehr. Doch auf diesen Grundpreis kommen weitere Kosten: 1. Obligatorische Gebühren: – Flughafengebühren – Administrative Spesen (7 Euro) – Kreditkartengebühr (zwei Prozent des Gesamtbetrags) – Online Check-in (7 Euro) – Diverse Abgaben (9 Euro) 2. Fakultative Gebühren:

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 – Priority Boarding (7 Euro) – Reservierter Sitzplatz (10 Euro) – Kleinkinderzuschlag (30 Euro) – 20 kg pro aufgegebenes Gepäck (35 Euro) 3. Strafgebühren: – Airport Check-in (70 Euro) – Missed Departure Fee (110 Euro). So kostet ein Ticket, das ursprünglich als Ein-Euro-Schnäppchen angeprie- sen wurde, plötzlich das Hundertfache. Daneben kann bei einer Buchung über die Homepage – ein Anruf beim Call- center kostet weitere 20 Euro – eine grosse Anzahl zusätzlicher Services gebucht werden. Diese reichen von Mietautos, Bustickets, Reiseversiche- rungen und Hotelzimmer bis hin zu Koffern. Allein diese Zusatzleistungen bescherten Ryanair im Jahr Einnahmen von 645 Millionen Euro. Das ent- spricht etwa 22 Prozent der gesamten Einnahmen.

Schwankende Pfeiler Anfang November schockte eine Gewinnwarnung die Anleger und sandte die Aktie der Firma Ryanair auf Talfahrt. Man erwarte 2013 nur mehr rund 500 Millionen Euro Gewinn. Was für andere europäische Airlines wie ein Glanzergebnis aussieht, beschert Michael O’Leary, dem CEO der irischen Bil- ligfluglinie, Kopfzerbrechen. Das mag paradox klingen, doch bekommt Rya- nair immer mehr Druck von aussen. Alle vier Pfeiler der Strategie werden inzwischen auf rechtlicher sowie medi- aler Ebene angegriffen. Die Europäische Union ist hinter den Förderungen bei den Flughäfen her und kritisiert die undurchschaubaren Ticketkosten. Die Regierungen mehrerer Länder sowie die European Cockpit Association (ECA) kritisieren die Arbeitsbedingungen und gehen gegen diese auch vor. Zudem haben sich in der Ryanair Pilot Group (RPG) bereits mehr als die Hälfte der Piloten organisiert. Das stellt Ryanair auf die Probe, und der Druck wird weiterhin zunehmen. Mehr dazu in der nächsten «Rundschau». l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «Am Schluss steht der Mensch dahinter» Unser Arbeitstag beginnt üblicherweise mit der Flugplanung im Brie- fing-Raum. Dafür stellen uns die Damen und Herren im Meteo Office gleich nebenan die notwendigen Wetterunter­lagen zur Verfügung. Stefan Vonlanthen von Meteo Schweiz gibt uns im folgenden Interview einen Einblick ins Meteo Office und erklärt die Abläufe und Arbeitsbereiche.

Interview: Janos Fazekas

«Rundschau»: Wie ist das Met Office im Allgemeinen organisiert? Stefan Vonlanthen: Meteo Schweiz als nationaler Wetter- und Klimadienst betreibt das Met Office auf den Flughäfen Zürich und Genf. Im Met Office laufen unter anderem Daten von Bodenmessstationen, Wetterradars und Satelliten ein. Diese Daten dienen zur Wetterüberwachung sowie zur Erstel- lung von Prognosen, Warnungen und Klima-Analysen. Im Met Office gibt es zwei Arbeitsbereiche: Einerseits gibt es meteorologische Berater beziehungs- weise Beobachter und andererseits Prognostiker, die über ein abgeschlosse- nes Hochschulstudium verfügen. Meteo Schweiz betreibt zum einen die Beobachtungsstation am Piste- nende 14/16, die die halbstündigen Wettermeldungen und -warnungen für den Flughafen erstellt und ausgibt. Anderseits gibt es die Wetterzentrale im OPC neben dem Briefing-Raum. Dort können die Piloten das Selbst- Briefing anhand der vielen verschiedenen verfügbaren Quellen vorneh- men. Man kann sich dort auch beraten oder zusätzliche Informationen geben lassen. Wir beraten dort auch die General Aviation per Telefon und stellen Wetterwarnungen wie das SIGMET und AIRMET, aber auch GAFOR und GAMET her. Neben all diesen spezifischen Dienstleistungen für die Piloten liefern wir auch Produkte für die allgemeine Wetterberichterstattung. Das sind also Berichte für die Öffentlichkeit, Wetterseiten für Zeitungen und auch Aus- kunftsdienste für allgemeine meteorologische Fragen. Uns erreichen immer wieder Anfragen von Bauern oder auch Lehrern, die wissen wollen, ob sie die Schulreise durchführen können. Diese Dienstleistungen laufen parallel. Flugwetterprognosen, insbesondere die TAFs, wurden bis anhin im Hauptsitz am Zürichberg erstellt. Das heisst, dass der Prognostiker räum- lich vom Berater getrennt war. Seit dem Umbau der Wetterzentrale im OPC werden nun alle Flugwetterprodukte hier erstellt.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «RS»: Wie wirkt sich die Zusammenlegung auf Ihre tägliche Arbeit aus? S.V.: Die Aufgaben werden nach der Zusammenlegung neu verteilt. Es wird zusätzliches Personal darin ausgebildet, Flugwetterprodukte zu erstellen. Ausserdem werden momentan Mitarbeiter, die bis anhin primär Flugwetter- prognosen gemacht haben, in neuen, zusätzlichen Bereichen ausgebildet. Die Leute müssen sich daher ein bisschen einarbeiten. Das hat aber keinen Einfluss auf die Qualität unserer Arbeit. Dabei bleiben die Prognose des Flugwetters und die Herstellung anderer Produkte insofern getrennt, als pro Schicht entweder das eine oder andere gemacht wird. Die Flugwetterpro- dukte kommen jetzt von einem Ort in einem Guss. Die Abstimmung und die Kommunikation sind heute deutlich einfacher. Wir haben ein Vier-Augen- Prinzip, und damit werden die Produkte besser verifiziert. Daraus ergeben sich ein Qualitätsgewinn und eine verbesserte Konsistenz zwischen den Pro- dukten. Durch die Vergrösserung unseres Personalpools werden sich die Dienstpläne und Zeiten auch ändern. Ab Frühling 2014 kommt die gesamte Meteo Schweiz vom Zürichberg ins OPC in den fünften Stock. Nur noch die IT-Abteilung bleibt am Zürichberg. Das gibt auch Ihnen die Möglichkeit, mal reinzuschauen und die eine oder andere Information einzuholen. Die gesam- tem Wissenschaftler und Fachspezialisten werden hierherkommen.

«RS»: Wie sieht der Tagesablauf bei Ihnen aus? S.V.: Die Wetterzentrale ist rund um die Uhr besetzt. Die telefonischen Auskünfte sind 24 Stunden verfügbar, und auch die TAFs werden laufend erstellt. Die Arbeit wird dementsprechend im Schichtbetrieb erledigt. In der Nacht ist das Met Office selbstverständlich mit weniger Personal besetzt. GAFOR/GAMET, gewisse TAFs und einige weitere Produkte werden in der Nacht gar nicht erstellt. Beim Schichtwechsel wird der nachfolgenden Schicht ein Überblick gegeben. Namentlich darüber, was bisher passiert ist und wie das Wetter aktuell aussieht, das sogenannte No Casting (Zeitraum vom Jetzt bis in die nächsten zwei bis drei Stunden). Ausserdem werden natürlich auch die Prognosen besprochen. Das Ganze dauert ungefähr 20 Minuten. Seit der Zusammenlegung der Teams gibt es einen Schicht-Leader. Er ist Prognosti- ker und macht die TAFs, die Textprognosen und ist auch für das Warnwe- sen (SIGMET/AIRMET) zuständig. Die Berater beziehungsweise Assistenten machen, basierend auf der Arbeit des Prognostikers, weitere Produkte wie das GAFOR/GAMET. Diese Produkte werden abgeglichen und besprochen. Das heisst, dass es eine gegenseitige Überwachung gibt. Dieser Prozess ist durch die räumliche Zusammenlegung deutlich vereinfacht worden. Die Beobachter

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 am Pistenanfang liefern das ATIS und sind auch in Kontakt mit den Flugha- fenpartnern wie der Skyguide und der Flughafen Zürich AG. Die Arbeit dort ist vor allem auf den Flughafen bezogen. Im Winter gibt es zusätzlich noch Schneekonferenzen mit dem Airport Steering und einem Berater.

«RS»: Sie haben die Schichtarbeit erwähnt. Wie sehen Ihre Einsatzpläne aus? S.V.: Die Pläne sind sehr dynamisch. Es kann sein, dass man mal drei Tage arbeitet und zwei Tage frei hat und dann mal wieder fünf Tage arbeitet und vier Tage frei hat. Wir sind generell der Bundespersonalverordnung unter- stellt und können daher bis zu sieben Tage am Stück arbeiten und müssen dann eine entsprechende Ruhezeit haben. Man kann beispielsweise an einem Tag bis 22.15 Uhr arbeiten und am nächsten Tag von 7.30 bis 17 Uhr. Dar- auf können dann noch zwei Tage mit Schichten von 4.45 bis 13 Uhr folgen. Es gibt also krasse Wechsel. Der Nachtdienst ist hier ausgenommen. Dieser wird in Blöcken von drei oder vier Stück nacheinander absolviert.

«RS»: Bei uns in der Fliegerei ist Fatigue ein grosses Thema. Wird bei Ihnen Fatigue Management auch diskutiert? S.V.: Bei uns sind andere Pläne technisch gar nicht möglich. Da die Wün- sche der Mitarbeiter auch mitberücksichtigt werden und viele administrative Faktoren Einfluss haben, sind wir bei der Planung eingeschränkt. Die vorge- schriebenen Ruhezeiten werden aber immer eingehalten.

«RS»: Was geschieht in den Büros in den oberen Stockwerken des OPC? S.V.: Hier erledigen wir Sacharbeiten. Die Mitarbeiter erhalten entsprechend ihrern Wünschen beziehungsweise Fähigkeiten zusätzliche Aufgaben. Dazu zählen auch die interne und die externe Ausbildung. Wir bilden zum Bei- spiel Personal bei der Skyguide, beim Militär und beim BAZL aus. Insbeson- dere schulen wir Personal der Regionalflugplätze in der Wetterbeobachtung und der Erstellung von ATIS. Ausserdem gibt es interne Refresher-Kurse und Assessments für die Lizenzerneuerung. Des Weiteren sitzen hier Leute für die Öffentlichkeitsarbeit, also für Kundenkontakt und Marketing. Auch der Behör- denkontakt, beispielsweise für das Strassenwetter, wird hier bei uns gepflegt. Zu meinen Aufgaben als Dienstchef gehören auch die Dienstplanung und die Abrechnung. Wir haben dafür kein spezifisches Backoffice. Aber auch Dienstfahrzeuge und andere «Kleinigkeiten» gehören zum Verwaltungsbe- reich. Je nach Arbeit in der Administration können diese Aufgaben zwischen ein bis zwei Tagen und 50 Stellenprozenten in Anspruch nehmen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «RS»: Welche Ressourcen stehen den Prognostikern zur Verfügung? Wird alles selber gerechnet, oder übernimmt man auch einiges? S.V.: Wir erhalten Satelliten- und Radarbilder von anderen europäischen und teilweise auch US-amerikanisch nationalen Wetterdiensten, da die Schweiz einen Kostenbeitrag zur internationalen Infrastruktur leistet. Die Meteo Schweiz betreibt selber drei Radarstationen, und es sollen bald noch zwei weitere in den Alpen dazukommen. Dies wird unsere Abdeckung verbessern, und wir werden diese Bilder auch anderen Wetterdiensten zur Verfügung stel- len. So können wir die Wetterlage grenzübergreifend abdecken. Dann haben wir natürlich die verschiedenen Prognosemodelle, auf die wir uns stützen und die wir interpretieren. Es gibt schweizerische, europäische und globale Modelle. Für das Schweizer Modell steht uns das Nationale Hochleistungsre- chenzentrum der Schweiz im Tessin zur Verfügung, das die Daten mehrmals am Tag berechnet. Die internationalen METAR, TAF, SWC und Windcharts wer- den teilweise in der Schweiz hergestellt oder von den sogenannten Advisory Centers in England und Amerika bezogen. Betreffend der Warnung vor Vul- kanasche gibt es auch mehrere Advisory Centers. Hat man alle diese Daten zusammen, geht es um die Kunst der Interpretation. Trotz all der Modelle und Karten steht am Schluss der Mensch dahinter. Seine Erfahrung erlaubt die korrekte Interpretation. Jeder Prognostiker bei uns kennt die Stärken und Schwächen der einzelnen Modelle und weiss zum Beispiel, dass er in einem Modell den Wind nicht berücksichtigen sollte oder bei einem anderen zuerst einen Abgleich vornehmen muss. Die Modelldaten laufen oft nicht einfach eins zu eins zum Kunden. Aufgrund dieser Daten und der Erfahrung des Pro- gnostikers werden dann die Flugwetterprodukte erstellt.

«RS»: Das heisst, dass, wenn ich im OPC eine SWC beziehe, sie von einem Prognostiker erstellt wurde und nicht bloss ein Computermodell ist? S.V.: Genau, auf der SWC sind Handeingaben des Prognostikers. Die werden angeschaut, verifiziert und korrigiert. Die Winddaten stammen direkt aus den Modellberechnungen. Aber alle Produkte für die Schweiz, insbesondere das TAF, sind von Menschenhand erstellt.

«RS»: Findet bei Ihnen eine Qualitätskontrolle statt, und wie sieht die aus? S.V.: Es werden nicht alle Produkte im gleichen Mass kontrolliert, sicher aber das TAF. Solche Prognosen werden länderübergreifend verifiziert. Wir überprüfen zum Beispiel die deutschen Kollegen, und sie kontrollieren wie- derum uns zusammen mit den Österreichern. Intern schauen wir uns die

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 METARs an. Dies ist auch eine der voran erwähnten Zusatzaufgaben im Büro. Da überprüfen wir zum Beispiel die Pünktlichkeit, Codierung und den Inhalt. Auch GAFOR/GAMET werden hin und wieder überprüft.

«RS»: Es wird also auch spezifisch geschaut, ob die Voraussagen eintreffen? S.V.: Ja, das ist tatsächlich so.

«RS»: Aus diesen Kontrollen entsteht wahrscheinlich ein Bericht oder ein Feedback. Wie reagieren Sie darauf? S.V.: Wir untersuchen die Ursachen. Hat zum Beispiel eines unserer Modelle eine unbekannte Schwäche? War die Wetterlage vielleicht beson- ders schwierig? Die Erkenntnisse fliessen dann in die Ausbildung ein. Wir haben mehrmals im Jahr Refresher-Kurse. Ausserdem haben wir bei Meteo Schweiz eine Modellabteilung, die solche Inputs aufnimmt und die Modelle laufend verbessert. Wir sind auch SES- (Single European Sky) und ISO-zertifiziert, entsprechen den ICAO-Standards, und alle zwei bis drei Jahre gibt es einen grösseren Audit. Das BAZL als Aufsichtsbehörde kontrolliert uns regelmässig und seg- net unsere Arbeit ab.

«RS»: Über welchen Zeitraum sind Ihre Prognosen am stabilsten? S.V.: Die TAFs sind über den gesamten Zeitraum gleich präzise. Bei unsiche- rerer Wetterentwicklung benutzen wir PROB TEMPO. Wetterphänomene, die ohne PROB aufgeführt sind, treffen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein.

«RS»: Können Sie noch etwas genauer auf die PROB TEMPOs eingehen? S.V.: Wir versuchen unsere Prognosen möglichst präzise zu halten. Es gibt Situationen, die sehr schwierig vorauszusagen sind. Eine präfrontale Entwicklung sehr genau zu terminieren ist beispielsweise eine solch kniff- lige Aufgabe. Auch bei konvektiven Wetterlagen ist es teilweise schwer zu sehen, ob es den Flughafen betreffen wird oder nicht. Da drücken wir den Unsicherheitsfaktor mit einer PROB-Gruppe aus. Dabei bezieht sich die Wahrscheinlichkeit auf den tatsächlichen Eintritt des Ereignisses und nicht auf das damit verbundene Zeitfenster. In anderen Worten: wir können nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass das Ereignis eintritt.

«RS»: Bei den Besatzungen hält sich folgende Theorie hartnäckig: «PROB30 TEMPO TS» bedeute, dass man nicht recht wisse, ob der TS komme. «PROB40

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 TEMPO TS» bedeute, dass der TS komme, aber es nicht sicher sei, wo er durchzieht. Stimmt das so? S.V.: Die von Ihnen beschriebene «Theorie» deckt sich mit dem, wie das PROB in etwa in der Praxis angewendet wird. Es ist zwar etwas salopp ausge- drückt, aber trifft den Kern.

«RS»: Was erwartet uns in den nächsten fünf bis zehn Jahren an Entwick- lungen im Bereich des Flugwetters? S.V.: Die Modelle werden wohl immer genauer werden. Davon kann man defi- nitiv ausgehen. Ich glaube aber kaum, dass es einen Quantensprung geben wird. Die Entwicklung geht in immer kleineren Schritten vorwärts. Mögli- cherweise gibt es ein paar neue Produkte neben TAF, METAR und SIGMET. Das hängt auch mit den Entwicklungen in Europa zusammen. Wenn der SES kommt, könnten alle TAFs zentral hergestellt werden, zum Beispiel in London. Es wird tatsächlich davon gesprochen, dass es in Zukunft nur noch drei oder vier Zentren geben soll, die ganz Europa abdecken. Darin sehe ich allerdings eine Gefahr. Momentan werden die Prognosen in jedem Land selbst erstellt. Ein Prognostiker vor Ort erstellt wahrscheinlich die besseren Prognosen als einer, der weit weg sitzt. Der ortsansässige Prognostiker kennt die lokalen Gegebenheiten und muss das TAF nicht gleich für 50 Flugplätze erstellen, sondern nur für drei bis fünf in der näheren Umgebung. So ein Projekt könnte zu einer temporären Verschlechterung führen. Aber prinzipiell rechne ich mit immer genaueren und qualitativ besseren Unterlagen für die Fliegerei.

«RS»: Das TAF- und ATIS-Format stammt aus einer anderen Zeit. Wird es uns erhalten bleiben? S.V.: Ich habe keine Kenntnis davon, dass dies zur Debatte stünde. Die Formate werden aber laufend angepasst. SIGMETs werden zum Beispiel ab November auf kleinere Räume mit Koordinaten beschränkt und damit präziser. Die Koordinaten sind natürlich für Sie als Nutzer teilweise müh- sam. Nicht alle Neuerungen sind für den Endkunden auf Anhieb optimal. Bei der Umstellung auf den neuen TAF-Code zum Beispiel gab es bei der Bewölkung einen Wechsel von der Achtelsangabe zu den Bezeichnungen «scattered» und «broken». Diese Einteilung ist viel grober, und daher haben die Österreicher von sich aus den Term «few» eingeführt. Ein Jahr später ging diese Bezeichnung in die offizielle Terminologie ein. Dies zeigt, dass diese Dinge im Fluss sind und man laufend bemüht ist, die Produkte zu verbessern.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «RS»: Nochmals zur Qualität: Wir sind für die Flugplanung abhängig von gewissen Minima. Speziell auf der Kurzstrecke, wo wir eher auch ohne Alter- nate planen dürfen. Da machen es uns Meteo-Büros, wie das von Moskau, mit ihren pessimistischen Prognosen schwer. Woher stammt dieser eklatante Qualitätsunterschied? S.V.: Dieses Phänomen lässt sich bei verschiedenen Stationen beobach- ten. Im geringeren Ausmass auch in Mailand und Basel. Ich kann auch nur subjektiv mutmassen, woher das kommt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass dort für den Prognostiker auch rechtliche Aspekte eine grössere Rolle spielen. Es könnte sein, dass man dem Meteorologen in Moskau eher einen Strick daraus dreht, wenn er nicht auf die sichere Seite prognostiziert. Er gibt dann halt alles ein, was er als möglich erachtet, und sichert sich somit ab. Damit kann dann ein Pilot halt nicht viel anfangen. Die Ausbildung spielt vielleicht auch eine Rolle, so wie die verfügbaren Unterlagen.

«RS»: Das heisst, Sie könnten von hier aus wahrscheinlich eine akkuratere Prognose erstellen für Moskau? S.V.: Das kann durchaus möglich sein. Wenn Sie vor Ihrem nächsten Flug bei uns vorbeikommen, können wir Ihnen vielleicht weiterhelfen. Natürlich können wir niemals so präzise sein, wie wir es vor Ort sein könnten. Hin und wieder kommen Piloten bei uns für solche Beratungen vorbei.

«RS»: Ich habe festgestellt, dass einige von uns im Korps auf ihren Smart- phones Wetter-Apps wie zum Beispiel «Weather Pro» verwenden und diese teilweise als präziser ansehen. Wie stehen Sie zu dieser Annahme? S.V.: Es gibt bestimmt viele gute Apps, die viele Informationen liefern. Aber generell würde ich mich gegen diese Behauptung wehren. Die Pro- gnosen sind teilweise eher grob. Mit unseren Prognostikern vor Ort und mit unseren Unterlagen und Modellen können wir sicher bessere, flug- wetterspezifische Informationen liefern als eine App. Für TAFs anderer Länder können wir die Hand wie gesagt nicht ins Feuer legen. Es kann schon sein, dass in Ländern, in denen die TAFs nicht wirklich gut sind, eine App überlegen ist. Aber bei Flugwetterprognosen für die Schweiz und besonders den Alpenraum können wir uns, ohne uns rühmen zu wollen, ganz klar als die Spezialisten bezeichnen.

«RS»: Für TAFs anderer Länder können Sie die Hand nicht ins Feuer legen. Heisst das, dass diese unredigiert bei uns aus dem Drucker kommen?

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 S.V.: Das ist so. Eine Software überprüft die Meldungen auf die korrekte Schreibweise. Leider werden fehlerhafte Gruppen komplett rausgeschmissen. Das ist eigentlich schade, da auch nicht konforme Gruppen unter Umständen wertvolle Informationen in sich tragen können. Es könnte da beispielsweise «999/» stehen. Daraus liesse sich eine Sicht von zehn Kilometern oder mehr ablesen. Das System entfernt dies aber, und Sie haben im TAF keine Informa- tion mehr über die Sicht. Moskau gibt zum Beispiel besondere Turbulenz- und Vereisungsgruppen aus. Auch die werden gestrichen. Aber inhaltlich bleiben die TAFs unredigiert. Wir schauen auch, ob alle TAFs vorhanden sind. Sollte dies mal nicht der Fall sein, kann man bei uns ein Provisional TAF verlangen. Unser Prognostiker wird dann für eine beliebige Station weltweit ein solches erstellen – vorausgesetzt, er hat genügend andere Unterlagen, um eine sinn- volle Prognose erstellen zu können.

«RS»: Wenn diese Ausgabe erscheint, ist es bereits Winter. Neben dem Schnee – worauf müssen wir Piloten besonders achten? S.V.: Da ist an erster Stelle der Nebel mit all seinen Konsequenzen für Sicht und Anflugverfahren zu erwähnen. Ein besonderes Phänomen sind die akti- ven Rückseiten, die schnell wechselnde Wetterbedingungen bringen. Es kann sein, dass man im Anflug noch bis zum Horizont sieht und kurz vor dem Aufsetzen die Sicht aufgrund eines Regen- oder Schneeschauers komplett verliert. Dies kann sich dann natürlich auch auf den Pistenzustand auswir- ken. War die Piste kurz vorher noch trocken, kann es sein, dass sie sehr rasch mit Slush oder Schnee belegt ist.

«RS»: Wie gut lässt sich das voraussagen? Kommen solche Situationen über- raschend? S.V.: Das kann auch für uns sehr überraschend sein. Anhand der Grosswet- terlage können wir ungefähr abschätzen, wie aktiv das Wetter ist. In welchem Zeitfenster dieses Phänomen durchzieht, versuchen wir natürlich möglichst genau abzudecken. Mit der Trend-Gruppe im METAR sogar mit einer Zeitein- grenzung. Diese Dinge sind sehr lokal. Es kann sein, dass im Norden des Flughafens am Pistenkopf alles in Ordnung ist und bereits am Pistenende wieder Schnee liegt. Der Winter ist bestimmt ein sehr spannendes Halbjahr.

«RS»: Haben sie Wünsche oder Anregungen an uns Piloten? S.V.: Eigentlich nicht, ausser dass Met Reports immer sehr willkommen sind. Ich finde unsere Zusammenarbeit sehr gut. Ich bin schon eine Weile

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 dabei und habe das Gefühl, dass wir geschätzt werden. Ich bin froh, dass wir unsere Büros hier im OPC haben und damit den direkten Kontakt mit den Piloten pflegen können. Wir sind dementsprechend froh, wenn Sie das auch so sehen und dem auch Ausdruck verleihen. Speziell wenn es mal darum ginge, dass man gewisse Abteilungen vielleicht auslagern möchte. Wir sind natürlich auch froh über Inputs und Anregungen. Wir sind hin und wieder zwischen den Fronten. Die Skyguide und die Swiss haben nicht immer die gleichen Wünsche, besonders, wenn es um die Anflugraten aufgrund des Wetters geht. Wir schätzen es, wenn man auch in solchen Situation mit uns redet. l

Stefan Vonlanthen ist 1961 geboren und seit 1990 mete- orologischer Mitarbeiter bei Meteo Schweiz. Zwischen 2001 und 2012 war er Teamchef Aviatik und seit 2012 ist er Co-Teamleiter Prognoseassistenten. Vor der Arbeit bei Meteo Schweiz hat er eine Berufsausbildung zum Land- schaftsgärtner und anschliessend eine Ausbildung zum Grenzwacht- beamten absolviert. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töch- ter. Seine 1986 erworbene Privatpilotenlizenz hat er zugunsten seiner Familie aufgegeben.

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Ein grosser Schritt Das Projekt X ist deutlich komplexer, als es auf den ersten Blick fest- stellbar ist. Der Vorstand merkt, dass viele Mitglieder das Verhandlungs- ergebnis falsch deuten und es kaum mit der Strategie der AEROPERS in Verbindung bringen. In diesem Artikel wollen wir Abhilfe schaffen und Euch aufzeigen, wofür wir uns ein Jahr lang intensiv gegenüber dem Management eingesetzt haben.

Text: AEROPERS-Vorstand

Der Swiss geht es gut: Im europäischen Vergleich belegt sie weiterhin einen Spitzenplatz mit einer EBIT-Marge von rund fünf Prozent. In den kommenden Jahren werden neue Flugzeuge zur Flotte stossen, die der Wirtschaftlichkeit unserer Firma ebenfalls einen positiven Impuls geben werden. Das Management lässt jedoch nichts unversucht, uns Piloten und allen anderen Mitarbeitern der Firma klarzumachen, dass wir stark unter Druck stehen. Während Christoph Franz in der Pressemitteilung zum Quartalsergebnis am 31.10.2013 verlauten lässt, dass die Lufthansa auf dem richtigen Weg sei und man nun die Stärken einfach noch wei- ter ausbauen müsse, lässt unser CEO Harry Hohmeister in der internen Kommunikation zum Quartalsergebnis keinen Zweifel an der aktuellen Situation: «Das Ergebnis spiegelt zwar unsere Anstrengungen auf Kos- ten- und Ertragsseite wider, den Turnaround haben wir jedoch noch nicht erreicht.»

Worum gehts? Das Projekt X ist jedoch kein Sparprogramm der Swiss. Zumindest war die Ausgangslage im Herbst 2012 so, dass sowohl die Piloten wie auch die Swiss von einer Zusammenlegung profitieren konnten. Während die Swiss die Bereederungsprobleme der Zukunft meistern muss, war es für die AERO- PERS eine Möglichkeit, das Pilotenkorps zu einen und somit einen internen Unterwanderungsgegner zu eliminieren. Für die Kollegen der Avro-Flotte hingegen war es eine Chance für bessere Karrieremöglichkeiten. Im Juli 2013 hat der Vorstand die Verhandlungen gestoppt. Grund dafür war eine nicht zu akzeptierende Forderung nach einer Lockerung des Unterwanderungsschutzes. Der grosse Gewinn für die AEROPERS wurde dem Projekt entzogen, weshalb für uns kein Anlass bestand, weiterzuver- handeln.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Verhandeln Was will ich? Was will mein Gegenüber? Welche Alternativen habe ich, und welche Alternativen hat mein Gegenüber? Wer diese Fragen hieb- und stich- fest beantworten kann, ist in einer sehr guten Verhandlungsposition. In den Verhandlungen lief es immer wieder auf folgenden Begriff hinaus: BATNA – Best Alternative To Negotiated Agreement. Die beste Alternative zum aus- gehandelten Ergebnis. Hierbei geht es nicht primär um Drohszenarien. Obwohl diese in den Ver- handlungen ebenfalls gefallen sind, geht es um wirtschaftliche Entschei- dungen. Ein guter Manager setzt wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen durch. Ein intelligent geführter Verband widersetzt sich wirtschaftlich not- wendigen und sinnvollen Entscheidungen nicht. Wohl aber widersetzt sich der Verband Drohszenarien, die weder wirtschaftlich notwendig noch sinn- voll sind.

BATNA Was also ist die BATNA der Swiss? Oft zu hören war das Gerücht der Ausla- gerung der Boeing 777. Der Vorstand ist sich einig, dass eine solche Auslage- rung weder in Bezug auf die Qualität noch in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit sinnvoll ist. Wir sind auf der Langstrecke im Wettbewerb ausserordentlich gut aufgestellt. Zudem gibt es viele rechtliche Hürden, die eine solche Auslagerung zwar nicht verunmöglichen, aber doch sicherlich erschweren. Was aber ist die Alternative der Swiss auf der Kurzstrecke? Ab 2015 wird die Kurzstreckenflotte der Swiss European durch deutlich effizientere Flugzeuge ersetzt. 20 Flugzeuge sind fest bestellt, und es bestehen Optionen für zehn wei- tere Flugzeuge. Diese Flugzeuge sind in der Grössenordnung eines Airbus 319 oder Airbus 320 und dürfen bei Swiss European eingesetzt werden, solange die Anzahl der Kurzstreckenflugzeuge bei Swiss European und Edelweiss zusam- mengezählt nicht die Anzahl Kurzstreckenflugzeuge bei Swiss International übersteigen. Aktuell bedeutet dies, dass sämtliche zehn Optionen gezogen und eingeflottet werden dürften, ohne dass ein Wachstum bei Swiss International stattfinden müsste.

Günstigere Operation Nebst dem deutlich günstigeren Flugzeug hätte jedoch auch die Cockpit- Besatzung einen positiven wirtschaftlichen Effekt. Die Kollegen auf der Kurz- strecke bei Swiss European operieren ihr Flugzeug durchschnittlich rund 30 Prozent günstiger als Swiss-International-Piloten.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Der Manager sieht auf der einen Seite also ein effizientes Flugzeug, das er unter «SWISS Brand» mit deutlich günstigeren Piloten operieren kann, und auf der anderen Seite hohe Stückkosten auf einem Airbus 319 aufgrund des weniger effizienten Flugzeugs und einer teureren Cockpit Crew. Der Vorstand ist sich dabei einig, dass die Cockpit-Kosten nicht ausschlaggebend sind. In Kombination mit einem deutlich effizienteren Flugzeug, das vertraglich der Swiss European zugesagt ist, ist dies jedoch eine klare Entscheidungsgrund- lage für einen Manager. Der Vorstand ist sich deshalb einig, dass das Wachstum der Kurzstrecke in Zukunft bei Swiss European stattfinden würde. Dies völlig unabhängig eines Drohszenarios, denn es ist wirtschaftlich sinnvoll und vertraglich absolut mach- bar.

Teure A319 Die Zahlen von Airbus sprechen eine klare Sprache. Airbus hat noch rund 3000 offene Bestellungen für Airbus 320, 1000 offene Bestellungen für Air- bus 321 und lediglich rund 150 offene Bestellungen für Airbus 319. Vom Airbus 318 wurden insgesamt lediglich 79 Exemplare ausgeliefert, und es ist keine offene Bestellung für eine A318 vorhanden. Dies ist ein klares Indiz dafür, dass die kleinen Geschwister des Airbus 320 kaum effizient sind. Nicht zuletzt deshalb wird bei der Swiss schon lange gemunkelt, dass diese Flug- zeuge aus dem Dienst gestellt werden sollen. Die Chance ist dabei gross, dass die A319 durch Bombardier C300 ersetzt werden. Dieser Flugzeugtyp ist der ideale Ersatz: Er bietet mindestens so viel Platz, ist aber deutlich sparsamer. So ist es realistisch, dass das Kurzstreckenwachstum bei Swiss European in den nächsten Jahren stattfinden wird. Dazu ist es gut möglich, dass dies sogar noch kombiniert wird mit einem moderaten Abbau bei Swiss International. Noch einmal ist festzuhalten, dass dies keine Kampfansage oder ein Drohs- zenario der Swiss ist, sondern lediglich die wirtschaftlich und vertraglich mögliche und wahrscheinlich auch sinnvolle Alternative der Swiss.

Die Integration ist teuer Deshalb hatte der Vorstand ein übergeordnetes Ziel für das Projekt X: Der neue Vertrag sollte einen Unterwanderungsschutz bieten, der das Wachstum der nächsten Jahre unter dem Namen Swiss absichert. Der Ausbau der Swiss European sollte unter dem Schutz des GAV11 oder seines Nachfolgers statt- finden und somit garantieren, dass auch die AEROPERS-Mitglieder von diesem Wachstum profitieren können.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Dass das Management versuchen würde, diesen Anteil am Wachstum teuer zu verkaufen, war schnell klar. Das Management hat diesen Bogen zeitweise überspannt und mit Forderungen in Bezug auf den Unterwanderungsschutz verknüpft, die inakzeptabel waren. Dies hat zum zwischenzeitlichen Unter- bruch geführt. Was nun auf dem Tisch liegt, ist ein teures Produkt. Es ist aber nicht deshalb teuer, weil der Vorstand die Sparübungen der Swiss mittragen will, sondern weil das Produkt aus Sicht des Vorstandes diesen Wert hat.

Unser Preis Das detaillierte Verhandlungsergebnis wurde Euch bereits vorgestellt. Im Grund- satz ist es für das bestehende Korps eine spürbare Veränderung bei den FDR und im freiwilligen Bereich der Pensionskasse. Zweifellos die grösste Umstellung werden die New FDR mit ihren flexiblen Freitagen sein. New FDR sind ein Projekt aus dem GAV11-Schlussprotokoll und wurden nach der ursprünglichen Vorgabe, produktivitätsneutral zu sein, nun mit einer Produktivitätssteigerung verknüpft. Die New FDR sind ein Paradigmenwechsel, der uns allen Mut abverlangt. Gleich- zeitig bietet dieser Wechsel jedoch auch eine Chance auf bessere Planbarkeit. Unser aktuelles System ist in Bezug auf die Freitage sehr starr und lässt wenig Beeinflussung der Freizeit zu. Durch die Vereinfachung des Systems erhoffen wir uns eine bessere Erfüllbarkeit von Frei- und Flugwünschen. Zudem ist es mit der Einführung der Boeing 777 nur ratsam, New FDR zu implementieren, um die Arbeitsbelastung zwischen Airbus 330 und Boeing 777 adäquat zu verteilen. Durch das heutige System mit den rotationsgebundenen Freitagen wären Piloten auf dem Airbus 330 in Bezug auf die Freitage deutlich schlechter gestellt als Piloten auf der Boeing 777. Mit Einführung von New FDR wird hier, durch die einheitliche Einführung von 37 Freitagen im Quartal, ein Ausgleich erreicht und zumindest in Bezug auf die Freitage die reine Airbus-330-Flotte aufgewertet.

Unser Profit Das Verhandlungsergebnis hat nicht nur einen Preis, sondern auch einen Wert. Er bringt den Mitgliedern Planungssicherheit über das Jahr 2016 hin- aus. Er lässt uns am Wachstum der Kurzstrecke partizipieren. Besonders für die dienstjüngeren Kollegen hat dies positive Folgen. Führt man sich die Aus- wirkungen einer Stagnation bei der Swiss International vor Augen (mit einem möglichen Abbau der Airbus 319), hat dies unmittelbare Folgen auf den Kar- riereverlauf der meisten FCM. Bei einer allfälligen Zusammenlegung ist die Ausgangslage jedoch vollkom- men anders: Aufgrund einer ungenügenden Anzahl First Office bei Swiss

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 European, welche die Bedingungen für ein Upgrading erfüllen, ergibt sich weiterhin die Möglichkeit auf ein frühes Upgrading. Und das wohl wichtigste strategische Ziel, das erfüllt ist: In Zukunft wird es innerhalb der Swiss ein Pilotenkorps, einen Verhandlungspartner und einen GAV geben, den wir ver- teidigen und ausbauen können. Dafür zahlen wir jetzt einen hohen, aber trotzdem vertretbaren Preis. l

AEROPERS Ende Artikel Rundschau 4 | 2013 Neu im Redaktionsteam: Janos Fazekas

Als neuster Zugang zur «Rundschau»-Redaktion nutze ich die Gelegenheit, um mich hier kurz vorzustellen und einen kurzen Einblick in meinen Werde- gang zu geben. Meine Eltern sind 1956 aus Ungarn in die Schweiz ausgewan- dert. Sie haben sich in Zürich niedergelassen, wo ich geboren wurde. Da mein Vater über eine Privatpilotenlizenz verfügte, war fliegen bereits von Beginn an ein Teil meines Lebens. Doch bevor ich den Weg ins Cockpit fand, galt es zuerst, einige schulische Irrfahrten zu meistern. Nachdem ich 2002 die Matura am Realgymnasium Rämibühl abgeschlossen hatte, entschied ich mich vorder- hand für ein Studium der Rechtswissenschaften. Doch schon bald wuchs in mir der Wunsch, zu reisen, und ich entschloss mich, einen Sprachaufenthalt in Victoria in Kanada zu absolvieren. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz nahm ich einen zweiten Anlauf und realisierte alsbald, dass ich wohl kein Jurist wer- den würde. Einige Studentenjobs gaben mir die Möglichkeit, mir etwas Zeit zu nehmen, um mir neue Ziele zu stecken. Nach einer Weile entschied ich mich dazu, Gymnasiallehrer zu werden. Als Mittel zum Zweck beschloss ich, ein Geschichtsstudium mit Nebenfach Englisch zu absolvieren. Doch auch hier musste ich nach bestandener Akzess-Prüfung feststellen, dass ich an der Uni- versität Zürich wohl nicht zu meinem Glück finden würde. Glücklicherweise begann zu dieser Zeit einer meiner Freunde mit der Ausbildung zum Piloten an der SAT. Das inspirierte mich dazu, den Infotag zu besuchen, und mit grossem Elan füllte ich bereits am nächsten Tag die Bewerbung aus. Einige Jahre spä- ter sitze ich nun mit absoluter Begeisterung im Cockpit. Neben der Tätigkeit als F/O A320 darf ich Sales Wick bei der Revision seiner Airport-Memos hel- fen. Auch der etwas ältere Wunsch nach einer Lehrtätigkeit geht demnächst in Erfüllung, da ich bald als OM-A-Instruktor unseren Nachwuchs ausbilden darf. Ich hoffe, Euch in nächster Zeit mit spannenden und interessanten Artikeln zu versorgen, und freue mich sehr auf die Arbeit mit meinen neuen Kollegen und Kolleginnen im Redaktionsteam. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Runway Status Lights

Unabhängige Kontroll- und Warnsysteme sollen den Betrieb auf den Pisten si- cherer machen. Die Funktionsweise und die Bedeutung dieser neuen Stopplich- ter werden hier beschrieben. Der Umgang mit ihnen muss allerdings noch ge- nauer definiert werden.

Text: Alexander Kuhn, F/O A330/340, Flight Safety

Ich möchte das diesjährige IFALPA AGE Meeting in Istanbul als Anlass nutzen, um auf eines der diskutierten Themen genauer einzugehen. Es wird uns aktuell und auch in Zukunft auf Kurz- und Langstrecke öfter «Rot in die Augen schei- nen». RWSL sind Runway Status Lights. Sie arbeiten vollautomatisch und dienen als «alert and advisory system» für Cockpit Crews und Bodenfahrzeuge auf Flug- häfen. Das System dient zur Prävention von Runway Incursions und Bodenkolli- sionen. Für uns im Cockpit sind vor allem zwei Elemente davon wichtig, und wir sollten wissen, was sie uns zeigen beziehungsweise was sie bedeuten.

Runway Entrance Lights (RELs) Diese roten Lichter befinden sich auf einem Taxiway entlang der gelben Rolllinie und sollen das Überrollen einer Stopp Bar und somit eine Runway Incursion verhindern. Diese Lichter beginnen einige Meter vor der Stopp Bar und enden einige Meter dahinter. Aktuelle Nutzer der RELs sind SFO, LAX, BOS, ORD und ab 2014 CDG und eventuell FRA.

Takeoff Hold Lights (THLs) Dieses System befindet sich auf einer Piste, und wir sehen es von unserer Takeoff-Position aus. Ist die Piste bereits von einem anderen Flugzeug oder einem Bodenfahrzeug belegt und wäre ein Start deshalb unsicher, leuchtet das System rot. Zwei Linien mit roten Lichtern befinden sich rechts und links neben der Centerline. Erinnert man sich an einen Vorfall in Boston, bei dem zwei Maschinen auf sich kreuzenden Pisten gleichzeitig den Takeoff Roll begannen, hätten die THLs ihren Zweck perfekt erfüllt. Die Nutzniesser der THLs sind die gleichen wie beim REL-System.

Funktion Das RWSL-System basiert auf Daten von Bodenradar, Airport Radar und den Transponder-Daten der jeweiligen Flugzeuge. All diese Daten werden

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 ständig erfasst und verglichen. Aufgrund dessen realisiert das System jede Bewegung auf dem Flughafen und schaltet die verschiedenen Lichter ein beziehungsweise aus. Das System ist somit komplett unabhängig von den Tower-Lotsen. Wir kennen bereits das RAAS, das uns auch davor schützen soll, uner- laubt in eine Piste einzurollen. Es gibt noch zahlreiche andere Systeme auf dem Markt, die als Ziel die Runway Awareness haben. Doch man muss aufpassen, dass nicht zu viele Systeme auf einmal zum Einsatz kommen. Wird bei einem TCAS RA «climb!» befohlen, und der Controller befiehlt uns «descend!», ist für uns logisch und klar, dem TCAS zu folgen. Aber was, wenn wir vom Tower die Takoff Clearance bekommen und kurz danach die roten Takeoff Hold Lights angehen? «Continue» oder «abort»? Oder was, wenn wir eine Piste kreuzen wollen, die Stopp Bar erlischt und die roten Runway Entrance Lights leuchten? Das AGE Committee ist nun daran, über dieses System mehr Informationen zu verbreiten und genaue Richtlinien und Procedures zu entwickeln und dann der ICAO vorzulegen. Wir werden also in Zukunft noch einiges über RWSL hören. Das System ist ein weiteres Sicherheitsnetz und dessen Einsatz auf der Piste 28 in Zürich wäre sicher nur von Vorteil. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Pilots and Controllers Get Together Der erste gemeinsame Stammtisch mit Lotsen und Piloten ist Vergan- genheit. Ein kurzer Rückblick auf einen Anlass, der allen Beteiligten viel Spass gemacht hat und gleich zu Beginn eine grosse Überra- schung brachte.

Text: Gaby Plüss

Lange haben wir darauf gewartet und und uns darauf gefreut. Nun ist er da. Der 15. Oktober 2013. Der Tag unseres ersten gemeinsamen Stammtisches. Wird es ein Erfolg? Oder müssen wir einen Reinfall hinnehmen? Im Vorfeld hat mir ein Airbus-Captain per Mail einen langen Atem gewünscht, denn Piloten seien zum Teil fast nicht an einen solchen Anlass zu bewegen. Wir sind gespannt und – ganz ehrlich – auch ein bisschen nervös. So viel sei vor- weggenommen: Für die beiden organisierenden Lotsinnen war der Abend ein voller Erfolg! Aber lassen wir Dieter Eppler, der ebenfalls mit von der Partie war, kurz zu Wort kommen.

Lotsen-Piloten-Treff «Get Together» hebt erfolgreich ab Dass sich ATC Controller und Piloten Auge in Auge gegenübersitzen und gegenseitig zuprosten, sprengt wohl die Regeln ihrer sonst eher formalen Kommunikation über das anonyme Mikrofon. Es waren zwar keine hundert Lotsen und Flugzeugführer, die beim ersten «Get Together» vom 15. Oktober auf Tuchfühlung gingen, aber immerhin so viele Kolleginnen und Kollegen, dass Tische zusammengeschoben und Stühle gerückt werden mussten. In lockerer Stimmung wurde ausgetauscht und diskutiert. Ohne Holding und Delay. Auffallend, dass die Piloten ihre Stimmbänder vorwiegend mit Bier kühlten, während die Lotsen eher am Cola- oder Wasserglas nippten. Ob dies damit zu tun hatte, dass sich der Towerchef persönlich die Ehre gab, blieb – an diesem ersten Treffen zumindest – ungeklärt. Wie auch immer: der Start ist gelungen. «Get Together» befindet sich defi- nitiv im Steigflug! Nicht nur Swiss-Piloten Im Vorfeld hatten wir kräftig die Werbetrommel für unseren Stammtisch gerührt. Auf Initiative des Towerchefs durften wir den Stammtisch auch im Airline Operator Commitee (AOC) bekannt machen. Im AOC sind alle am Flughafen Zürich operierenden Gesellschaften vertreten. Somit war uns zwar

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 ein potenziell sehr grosses Zielpublikum gewiss. Trotzdem zweifelten wir, ob auch Piloten anderer Airlines den Weg an unseren Stammtisch finden würden. Doch wir sollten nicht enttäuscht werden. Bereits kurz nach 17 Uhr steuerten zwei Herren unseren Tisch an und fragten auf Englisch, ob das hier der Treffpunkt für Piloten und Lotsen sei. Zu unserer grossen Verblüffung handelte es sich um zwei Piloten der israelischen Fluggesellschaft EL AL. Da die beiden an besagtem Abend einen Nightstop in Zürich hatten, waren sie durch ihre Station explizit auf unseren Anlass aufmerksam gemacht worden und hatten sich spontan zu einem Besuch bei uns entschieden.

«Get Together» befindet sich definitiv im Steigflug! Sorgen wir dafür, dass das so bleibt. Wir treffen uns jeweils am dritten Dienstag im Monat ab 17 Uhr in der Angels’ Wine Tower Bar im Radisson Blu am Flughafen Zürich.

Nächste Termine l 17. Dezember 2013 l 21. Januar 2014 l 18. Februar 2014

Pass your message – wir freuen uns auf zahlreiches Erscheinen! (gaby.plu- [email protected]) l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Lasst hören aus alter Zeit – eine Fliegergeschichte Während einer Weltmeisterschaft einen gebrochenen Rumpf leimen oder einen zu langen Flügel gar mit der Handsäge stutzen? Was heute undenkbar ist, trug sich vor ziemlich genau 50 Jahren zu. Der Zeitzeu- ge und aktive Teilnehmer berichtet von diesen Ereignissen so lebendig, als wenn es gestern gewesen wäre.

Text: Leander Markus Ritzi (Zar), pensionierter Captain DC-10

Die nachfolgend beschriebenen Ereignisse geschahen in längst vergange- nen Zeiten, als … l … es noch möglich war, gleichzeitig Swissair-Captain auf Convair 440, Kom- mandant einer Vampire-Staffel der Schweizer Flugwaffe und Spitzen-Segel- flieger zu sein; l … es noch kein GPS oder keinen Computer, Rechner oder Ähnliches, im Segelflug noch kein Radio oder solches Zeug hatte, auch nicht bei Welt- meisterschaften; l … die Flugzeuge aus Holz waren und der zerbrochene Rumpf (wie an den Weltmeisterschaften in Argentinien) in zwei Nächten wieder zusammen- geklebt wurde; l … der blaue Himmel grösstenteils uns gehörte und Wolkenflug erlaubt war; l … das Eidgenössische Luftamt noch für uns da war! l … es an der Schweizer Meisterschaft anfänglich nur eine Klasse und deshalb nur einen Schweizer Meister gab. Zweimal durfte ich unser Land an Segelflug-Weltmeisterschaften vertreten – 1963 in Argentinien und 1965 in England.

Argentinien Es war Februar: Winter in der Schweiz, der Zürichsee mit dickem Eis bedeckt, und das ganze Volk genoss die «Seegfrörni». Argentinien hatte einen satten, südlichen Sommer mit Temperaturen zwischen 30 und 45 Grad, mit riesigen Thermikschläuchen und gewaltigen Gewittern. In der weiten Pampa Argentiniens waren wir Schweizer Piloten zu dritt: der «grosse» Hausi Nietlispach, Ruedi Hächler und ich. Die Basler Skylark 111 hatte den langen Weg über das Meer heil überstanden. Ich startete damit in der offenen Klasse mit zirka 50 anderen Piloten. Ein grosses Flugfeld bei der

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 kleinen Stadt Junin, 250 Kilometer westlich von Buenos Aires, in der flachen, unendlichen Pampa, wurde unsere Basis. Die Unterkünfte waren eher «roman- tisch» in kleinen Schrebergarten-Häuschen, und der einzige grosse Hangar diente als Briefing-Raum, Essplatz, Bar und Schutz vor den üblichen gewal- tigen Gewittern. Für das Städtchen Junin, wo Evita Peron aufwuchs, bevor sie sich Präsident Peron angelte, war die Meisterschaft das einzige Ereignis der letzten und nächsten 50 Jahre, und dementsprechend wurden wir gefei- ert: mit Triumph-Fahrten durchs Städtchen, langen Asado-Partys und Tango- Nächten unter dem lauen Nachthimmel Argentiniens. Unsere erste fliegerische Aufgabe nach einer Trainingswoche war ein Ren- nen über 114 Kilometer mit der ganzen Meute (zwei Klassen). Massive Ther- mik bis 5000 Meter liess uns losbrausen. Als ich am Ziel – einem mittelgros- sen, aber viel zu kleinen Feld – ankam, musste ich entsetzt feststellen, dass die ganze Wiese mit Flugzeugen übersäht war. Ich versuchte eine Landung am äussersten Rand und krachte in ein Sonnenblumenfeld – Rumpf «aben- and»! Neben mir lag Weltmeister Makula aus Polen auch in seinen Trümmern – zumindest ein kleiner Trost! Der Organisator hatte ein schlechtes Gewissen, und der nächste Wettkampf- tag wurde sistiert. Am übernächsten Tag durften wir beide unsere Flugzeuge mit den neu geklebten Rümpfen erst nach 14 Uhr starten. Wir hofften, der Kaltleim sei bis dann trocken und würde halten – er hielt! Dann kam der Tag mit dem grossen Schreck: Der Holländer Theunissen und ich waren mit unseren Skylarks im Warteraum und Iiessen die Konkur- renz höflich voraus losrauschen, um sie dann von hinten aufzurollen. Die Startlinie war auf maximal 1000 Metern über Grund zu überfliegen, des- halb kreisten wir im Warteraum mit etwas Überhöhung. Nach zehn Minuten brauste der Holländer los und ich hintendrein! Zu unserem Leidwesen war da ein riesiger Aufwindschlauch zu durchfliegen, und beim Abstechen unter die vorgeschriebene Maximalhöhe waren wir sofort auf oder weit über der roten Geschwindigkeits-Marke. Ich flachte ab und zögerte – da sah ich vor mir bei Theunissen ein Flügelteil wegfliegen und kurz darauf einen Trüm- merhaufen nach unten fallen – mittendrin einen Fallschirm – Gottseidank! Er «landete» exakt auf der Startlinie (immerhin). Seither stehen mir bei Maxi- mal-Geschwindigkeit «rot» und Turbulenz immer die Haare zu Berge! Die Navigation war schwierig. In der grünen, weiten, flachen Pampa hatte es einfach «nichts»: Kaum Strassen, keine Weiler und nur von Zeit zu Zeit eine Baumgruppe. So flogen wir halt gen «Irgendwo», und fast alle machten ein- mal eine Aussenlandung. Das war aber speziell: Spätestens auf 300 Metern

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 über Grund wählte man die grösste Baumgruppe aus (beste Estancia) und landete möglichst nahe an der Häusergruppe. Dort musste man dann fast immer übernachten, denn das Rückholen geschah meist am nächsten Tag. Nachdem man sich auf Spanisch mit dem freundlichen Estanciero verstän- digt und erklärt hatte, dass man nicht vom Mond, sondern nur aus «Suiza» hergekommen sei, wurde man sofort zum «Asado»-Mahl eingeladen und romantisch untergebracht. Hablas Castellan? Am nächsten Morgen sass ich längere Zeit bei meinem einsamen Flieger in der Pampa. Mit einem Taschenspiegel in der Hand lauschte ich angespannt, bis ich weit oben ein Motorenbrummen hörte. Ich spiegelte dann so lange verzweifelt, bis einer der Rückholer mich entdeckte, das Gas reduzierte und sich neben mir ins Gras setzte. Das war eben die Zeit vor dem Bordradio. Der Estanciero wurde kurz aufs Flügelhalten umgeschult, und los ging es im Schlepp. Erst da entdeckte ich, dass der liebe Motorpilot von Schleppen und Navigation keine Ahnung hatte: auf 100 Metern über Grund (!) ging es mit Maximal-Geschwindig- keit nach Norden. Von dieser Höhe aus sah man natürlich nicht in die Weite, und trotzdem realisierte ich nach einer Stunde, dass wir wahrscheinlich gerade querab an Junin vorbeiflogen. Ein Radio hatten wir wie gesagt nicht, sodass ich schliesslich verzweifelt voll ins Seitensteuer trat, um den Schwanz des Schlep- pers so herumzureissen, dass es nach Osten anstatt weiter gegen den Äquator ging. Nach einem halben Luftkampf liess sein beherzter Widerstand schliess- lich nach, und ich «führte» uns doch noch nach Junin! Fazit der Meisterschaften: Wir Schweizer waren meist im Mittelfeld, unsere Flugzeuge waren für die starke Thermik zu langsam, und mir unterliefen meh- rere Anfängerfehler, die mich schliesslich auf Platz 15 brachten. Niet wurde 21. und Ruedi Hächler 11. in der Standard-Klasse. Dafür gelang mir eine Ver- besserung des Schweizer 100-km-Dreieck-Rekords. Aber gelernt hatte ich eine ganze Menge – Olé!

England Als Schweizer Meister durfte ich 1965 nochmals an eine WM, diesmal nach England, wo wir auf der RAF-Basis South Cerney im Südwesten Englands antraten. Ich konnte mit dem Prototyp der Standard-Elfe, einem der ersten Kunststoff-Segler, starten. Er gehörte unserem Clubmitglied Ernst Dünner, der sehr um seine Elfe bangte. Das Training absolvierte ich hauptsächlich auf Convair-Metropolitains der Swissair und auf DH-100-Vampire-Jägern der Schweizer Flugwaffe. Fürs Segelfliegen reichte die Zeit einfach nicht auch noch. Dabei kam mir vor allem jedoch das Fliegen im engen Vierer- und

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Zwölfer-Verband zugute, wie sich später zeigen sollte. Und da war ja noch die Trainingswoche vor der eigentlichen Weltmeisterschaft. South Cerney war ein riesiges Feld ohne Hartbelag-Piste, alle Schlepper waren Chipmunks der Royal Air Force mit tollen Piloten, die Organisation straff und perfekt. Die Schweiz war durch Housi Nietlispach (offene Klasse), Captain Urs Bloch (K-10) und mit mir in der Standard-Klasse (15 m) vertre- ten. Ich hatte mir auf dem Flugplatz einen eigenen Wohnwagen gemietet und konnte mich nachts ins kleine, private Kämmerlein zurückziehen. Das tat meiner Psyche sehr gut, denn die wurde in der Folge strapaziert. Am ersten Wettkampftag kamen kurz vor dem Start einige Herren mit einem langen Messband zu mir und massen «meine» 15-Meter-Flügel. Meine Elfe hatte 15 Meter und einen Zentimeter! Das erschütterte meinen tollen Hilfs- mann und treuen Freund Fredy Weber nicht. Er nahm eine Handsäge und sägte den «vorigen» Zentimeter Laminat einfach roh ab – voilà! Südwest-England war im Juni noch kühl, und die Thermik war eher schwach und ging nicht hoch. Es bildeten sich schon in der Trainingswoche riesige Flugzeug-Pulks, die natürlich von Weitem sichtbar waren. Was tun? Da lohnte es sich, den Start ein wenig zu verzögern, von hinten heranzu- brausen und sich im Pulk hochzukämpfen, indem man den lieben Konkur- renten seine Flügelspitze freundschaftlich ins Cockpit streckte, so wie man es in der Militärfliegerei gewohnt ist. Die meisten liebten das nicht so sehr und machten höflich Platz – merci beaucoup, Monsieur! Das kam mir am zweiten Wettkampftag, einem Dreieck-Rennen über 150 Kilometer, zugute, und ich gewann in der Standard-Klasse. Nun war ich unerwartet plötzlich Dritter im Gesamtklassement, und der Druck stieg gewaltig. Dann kam der verrückteste Tag meines Fliegerlebens: Die Organisatoren hatten die Auflage, einen Tageswettbewerb­ als «Freien Streckenflug» aus- zuschreiben. Sie taten das ungern, da in Argentinien bei dieser Übung meh- rere Piloten über 700 Kilometer weit geflogen und erst nach drei Tagen wieder heimgeholt worden waren, ehe man erneut starten konnte. Also warteten die englischen Organisatoren auf einen Tag mit «schlechtem» Wet- ter, damit das nicht wieder geschah. Er kam: Warmfront-Aufzug mit tiefem Stratus, leichtem Westwind und schwacher Thermik. Wolkenflug erlaubt! Meine Elfe stand in der zweiten Startreihe, vor mir die Engländer. Plötzlich erklangen ärgerliche Rufe, und vor mir wurde diskutiert: Die Franzosen pro- testierten, weil sie vorne sein sollten. Ich bekam das nur am Rande mit und war immer noch am Überlegen, wie ich am besten fliegen sollte. Es blieb nur eine Variante: Allgemeiner Kurs Nord und ja nie übers grosse Wasser geraten!

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Ich spazierte neben den flugbereiten Seglern auf und ab, als ich plötzlich sah, wie die Flugzeuge vor meiner Elfe weggeräumt wurden. Eine Gruppe Leute kam zu mir. Sie sagten kurz «you go first!», ergriffen mich, steckten mich in meine Elfe, und während ich versuchte, meinen Fallschirm und meine Gurte anzuschnallen, hatten sie eingeklinkt (und zwar falsch, in der Schwerpunkt- klinke). Mein Flugzeug schoss nach vorn und ich wurde dadurch nach hinten geworfen, sodass ich meine Steuer nicht erreichen konnte. Mein Flugzeug hob ab und stieg steil wie ein Drachen nach oben, ohne dass ich etwas tun konnte. Eigentlich hätte ich in dieser Lage abstürzen müssen, aber es war noch nicht «mein Tag». Ich bekam mit, dass die Chipmunk immer tiefer unter mir flog und ich ihr den Schwanz hochzog. Sie verschwand unter mir, und plötzlich wurde es ganz ruhig. Ich warf mich nach vorn und kämpfte um mein Leben. Es gelang mir, die Nase schnell, aber ganz fein zu senken. Mit einem Blick sah ich die Trümmer meines Schleppers unter mir am Boden, bevor ich mit zitternder Hand mein Flugzeug weit vorne ins Gras setzte. Der Schlepppilot war verletzt, Gottseidank nicht lebensgefährlich. Sein Flug- zeug erlitt einen Totalschaden! Man holte mich zurück. Ich war im Schock, und als ich wieder zu mir kam, war die ganze Meute im grauen Himmel ver- schwunden. Es hatte nur noch ein Segelflugzeug in South Cerney – meines! Langsam dämmerte mir, dass ich entweder die Weltmeisterschaft aufgeben oder jetzt trotz allem starten und in diesen grauen Himmel steigen musste. Danach war mir garnicht zumute. Ich tat es, als ich im Funk vernahm, dass meine beiden Schweizer Kameraden im Blindflug vorsichtig unterwegs waren. Bald war ich wieder oben und sah, dass man auf zirka 700 Metern über Grund in schwacher Thermik in die Wolken steigen konnte. Immer, wenn es stieg, legte ich die Elfe fein auf zirka 30 Grad Querlage auf dem künstlichen Hori- zont in die Kurve und wartete, bis der Schlauch ein paar hundert Meter weiter oben fertig war. Dann Kurs Nord und warten, bis es wieder stieg. Es war grau, einsam und unheimlich! Ich wusste ja, dass in diesem Grau noch etwa hundert Kameraden drehten, suchten und kämpften. Das tröstete mich nicht wirklich. Die englische «Skyguide» entschloss sich in diesen Minuten, sämtliche Ver- kehrsmaschinen in Zentral-England für einige Zeit am Boden zu behalten, so viele unbekannte Echos waren auf ihrem Radar zu sehen. Da meldeten sich Housi Nietlispach und Urs Bloch: Sie seien etwa hundert Kilometer im Norden und müssten jetzt landen. Sie kamen auf zirka 700 Metern über Grund aus den Wolken und landeten problemlos. Ich flog eine, zwei Stunden weiter Kurs Nord und machte mir grosse Sor- gen darüber, dass der mir unbekannte Westwind mich unterdessen weit nach

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Osten blasen könne und ich dann irgendwann über einer grossen, einsamen und tödlichen Wasserfläche aus den Wolken käme. Aber irgendwann ergriff mich ein 1,5-Meter-Schlauch, und es ging höher als bisher. Ich kurbelte wild und eng und stieg – 1500 Meter – 2000 Meter, und plötzlich wurde es hell, und ein kleines Thermiktürmchen spickte mich hinaus in den blauen Himmel. Unter mir eine grosse weisse Wolkendecke. Ich realisierte, dass die Front nicht sehr aktiv war, denn Zirren hatte es keine darüber. Also Kurs Nord und weiter! Die Wolken schluckten mich bald wieder, und drei weitere Stunden hielt ich mich drin auf, aber ich machte mir immer grössere Sorgen, was ich wohl unten antreffen würde – Land oder Wasser. Der Funk war schon lange tot, und ich war der einsamste Mensch weitherum. Wo waren meine hundert Kameraden, mit denen ich diesen grauen Himmel teilte und die ich doch nicht sah? Jetzt war es sicher von Vorteil, mehr als eine Stunde später gestartet zu sein. Die waren hoffentlich über alle Berge! Apropos Berge: Hatte es nicht in Schottland Berge, die in diese Wolkensuppe ragen, und Schottland lag ja da vorne! Drehen – zen- trieren – sich Sorgen machen – dann geradeaus und das gleiche noch hundert Mal. Langsam wurden die Thermikschläuche schwächer, und ich näherte mich der unsichtbaren Erde. Plötzlich Iiessen mich die Wolken fallen und ich kam heraus in einer düsteren, mir gänzlich unbekannten Landschaft: weite, dunkle, moorige Felder, links in einiger Distanz ein kleines Dorf, ein Kirchturm zeigte 17.05 Uhr an, und flacher Boden etwa 500 Meter unter mir. Ich beschloss, jeden Meter Distanz mitzunehmen und zu warten, bis die Erde zu mir hinaufkom- men würde! Dies zeichnete sich ab, als ich plötzlich vor mir eine typisch engli- sche Hecke und mitten drin eine weite Lücke erblickte. Dahinter, ich glaubte zu träumen: eine breite, unendlich lange und sehr willkommene Hartbelag-Piste! Et voilà – Landing in Stile at Her Majesty's Royal Airforce Base Leeming! Ich rollte ins Gras, wurde bald von einem Jeep und einer freundlichen Crew begrüsst und in die Officer's Mess gebeten. Man bewirtete mich bestens (die lokale Pilotenschule hatte heute Brevetierungs-Feier, und ich war ganz allein in diesen «heiligen Hallen») bei Steak und Frites und einem guten Tropfen. Fredy Webers Tross holte mich kurz nach Mitternacht zur langen Rückfahrt ab und brachte mich sicher nach South Cerney zurück. Ich war in dieser Suppe rund 300 Kilometer geflogen und wurde Teil einer Spitzengruppe, die recht nahe voneinander, innerhalb von zehn Kilometern, gelandet waren, ohne dass man sich je gesehen hätte. What a day! Das brachte mich auf Gesamtplatz zwei, den ich in der Folge hartnäckig verteidigte und damit die erste Segelflug-Silbermedaille in die Schweiz brachte. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Civilized Thinking The Slippery When Wet Check

Keinesfalls möchte ich den Eindruck erwecken, an dieser Stelle eine Art Tech- blog oder Kummerbox (Arbeitstitel Civilized Computing oder Synchronized Thinking) einrichten zu wollen, aber der Themenkreis Personal Hardware ist mir ein so grosser Quell der Freude, dass ich einfach nicht anders kann, als meine Leserschaft an diesem grenzenlosen Vergnügen teilhaben zu lassen. Der PHW4P ist ja generell ein Wohlfühlgerät, das so schön matt aluminig daherkommt, dass man instinktiv den starken Wunsch verspürt, es auch ständig hegen und pflegen zu wollen. Dazu gehört nicht nur die sporadische Entstaubung, sondern auch eine permanente Aktualisierung auf den neus- ten Stand, die umso leichter fällt, als die Synchronisation eigentlich vollau- tomatisch erfolgt, mithilfe dieser geheimnisvollen Funkwellen, die in unserer zivilisierten Welt überall herumschwirren und nicht nur dafür sorgen, dass wir immer schön uptodate sind, sondern als angenehmer Nebeneffekt auch unsere Hirne und anderen Geschlechtsorgane sanft durchfluten und diese erst langsam erwärmen, dann zunehmend (analog der Niedergarmethode) scho- nend rösten, bis die ganze Gattung ausgestorben sein wird. Noch ist es aber nicht so weit. Hoffnungsvoll wurde im Herbst daher die ganz Grosse Revi- sion, The Mother Of All Revisions, angekündigt, welche wegen ihrer sagenhaf- ten Dimensionen nicht automatisch, sondern von Hand auszuführen sei, und in einer ausführlichen Gebrauchsanweisung solcherart dargestellt, dass es auch der grösste Idiot begreife. Also habe auch ich, von so wichtigen Updates immer freudig erregt, mich in meine Arbeitskammer zurückgezogen, habe einen Power-Router mit zwei Turbo-Modems in Serie geschaltet, im Baumarkt ein Notstromaggregat besorgt, das EWZ angerufen und gebeten, mir an jenem Abend bitte nicht diesen unzuverlässigen grünen Solarstrom, sondern beste Importware aus Frankreichs Atomreaktoren zu liefern, und um Himmels wil- len ja keine Nachtabsenkung, da ich an einem wichtigen wissenschaftlichen Projekt arbeite, welches das Weiterleben der Menschheit eventuell entschei- dend beeinflussen könnte. Dann habe ich die Storen runtergelassen, die Fens- ter geöffnet und das Koaxialkabel in die beste Steckdose eingeführt. Dann die Lampe gelöscht. Dann die SUVA-Brille angezogen und FORCE ALL gedrückt. Es wurde Licht. Von der Decke waberte grünlicher Strahlungsdunst wie die Nordlichter auf dem Heimflug von SFO, es zuckten Elmsfeuer übers Fenster wie beim Flug nach GRU, der Computer hat sich zuerst erwärmt, dann aufge- bläht, hat vibriert, dann geglüht. Ich ging glücklich zu Bett.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Konnte aber vor Aufregung kaum schlafen. Bin bald wieder aufgestanden, einer düsteren Vorahnung wegen; die Luft flirrte nur so vor elektromagneti- scher Stauung und unausgesprochener Erwartung. Er hatte sich aufgehängt. Nein, leider nicht wirklich aufgehängt, man sagt dem ja nur so. Ich verbrachte die erste Nacht mit zahllosen Rebootings, die zweite mit gemeinsamer WLAN- Kennwortsuche; mein Freund war heiss und angeschwollen, drohte zu plat- zen und dröhnte wie ein Staubsauger, nur umgekehrt. Am Ende der dritten Nacht geschah dann das Wunder: Der Synch-Balken wechselte von Gelb auf Grün, und nur noch wenige Daten schienen angeblich corrupt, invalid oder obsolete zu sein. Es störte mich nicht weiter, und ich fiel in einen tiefen Schlaf. Keine drei Tage später erreichte mich ein vorwurfsvolles Firmen-Mail, eine böse Anklage: die NSA (National Synchronization Agency) habe nämlich fest- gestellt, dass ich der Aktualisierungspflicht nicht nachgekommen sei und man an meiner Hardware-Loyalität ernsthafte Zweifel hege. Unterschrieben vom Chef, Kopie an die Lohnbuchhaltung. Die anfängliche Freude wich jetzt schlagartig einer beklemmenden Bitterkeit. War ich nicht 33 Jahre lang mit dieser (und einer Vor-) Firma synchron gelaufen, hatte jede Revision aus- geführt, jeden Procedurewechsel mitgemacht, jede Reorganisation verinner- licht, jeden neuen Chef akzeptiert, jedes neue Sparlied freudig mitgesungen? Und jetzt dies. Zwei Tage später ein neues Mail: Die ganze Synchronisationsmaschinerie sei zusammengebrochen. Die Bitterkeit wich nun einer panischen Angst, da ich offensichtlich mit meiner rücksichtslosen Synchronisierungswut das digitale Grounding ausgelöst oder zumindest den virtuellen Shutdown mit- verantwortet hatte. Kurz darauf wiederum wich die Panik aber einer tiefen Dankbarkeit, denn plötzlich schickte mir der Himmel die wichtigen Unter- lagen wieder im wunderbar altmodischen PDF daher, zum Ausdrucken und Ausmalen und aufs Tablet kopieren. So habe ich schlussendlich den ganzen New-Generation-Winterops-Lernstoff konventionell erarbeitet, habe gelesen, was Slippery When Wet bedeutet und wie man genau einen Wet Check durch- führt (worunter ich bis dato etwas anderes verstanden hatte); wer jetzt aber tiefer gehende Schlüpfrigkeiten erwartet, womöglich noch im Zusammen- hang mit der soeben erfolgten Eröffnung von «Victoria's Secret» im Zurich Airshopping, oder gar eine Exkursion in andere, naheliegende Feuchtgebiete, der liegt völlig daneben. Es geht mir hier allein um den optimalen Einsatz des inzwischen wieder abgekühlten und auf Originalgrösse geschrumpften PHW4P. Schön ist er wirklich, nur noch nicht operationell. Man darf auch

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 nichts überstürzen, er ist ja noch so jung. Zudem erfüllt mich die lehrreiche Erfahrung rund um die Synchronisierung auch mit viel Zuversicht im Hin- blick auf unser nächstes grosses Synchronisationsprojekt, die Zusammen- führung der beiden Pilotenkorps. Nun soll man aber die lieben Kollegen, die das Gerät evaluiert und program- miert haben, keinesfalls verurteilen, sondern man soll ihnen mit Nachsicht begegnen und ein grosses Bier bezahlen, wenn man sie im Nightstop trifft. Denn sie haben nicht nur ausgiebig sich selber verwirklicht und viele gemüt- liche Bürotage verbracht, sie haben auch uns eine bereichernde Beschäfti- gung beschert und Möglichkeiten aufgezeigt, wie man die vielen überzähli- gen Freitage sinnvoll nutzen kann. Denn wer einen solchen Computer hat, der braucht weder ein Haustier noch eine Freundin noch ein anderes Hobby. So hell die Medaille auch glänzt (Metapher!), so hat sie doch auch eine dunkle Kehrseite, die hier der kritischen Erwähnung bedarf. Während es heutzutage recht angesagt sei und angeblich die Damenwelt sehr beeindru- cke (höre ich von jüngeren Kameraden), nämlich sich mit einem MacBook oder einem iPad in einem grossstädtischen «Starducks» ins Fauteuil zu flä- zen, nachdenklich das Apfelgerät aus der Freitaghülle ziehend, an einem Venti Latte Caramel Macchiato saugend und melancholisch durchs Fenster in die graue Weite zu starren: So ist doch eher davon abzuraten, das gleiche mit dem PHW4P, dazu noch in seinem übergrossen Neopren-Pariser, imitie- ren zu wollen. Dies möge folgender, erst kürzlich im erwähnten Kaffehaus aufgeschnappter Originaltrialog illustrieren: A (w, blond): «Schau mal dort drüben, sicher zwei Swiss-Piloten, die armen Schweine mit ihren Ultra-slow- books von Futschizu!» B (w, brünett): «Die haben ja so wenig auf der Platte. Und überhaupt keine Ausdauer!» C (w, dunkel): «Das ginge ja noch. Aber die sind immer so etwas von total unsychronisiert!»

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Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Verschiedenes aus dem Ressort Mitgliederbetreuung Vorstandsmitglieder sind in diesen Tagen nicht nur mit GAV-Ver- handlungen beschäftigt. Neben diesem wichtigen Geschäft gilt es, sich um die aktuellen Anliegen der Mitglieder zu kümmern.

Text: Patrick Bovens, Vorstandsmitglied

Schon über ein halbes Jahr ist es her, seit der AEROPERS-Vorstand um vier neue Mitglieder ergänzt beziehungsweise komplettiert wurde. Es hat mich selber gefreut, dass wieder mehr Bewerber als freie Vorstandssitze zur Ver- fügung standen. Die Gründe mögen vielfältig sein, aber es war auf alle Fälle ein Gewinn für die Mitglieder, da sie eine echte Wahl hatten. Ob das Ver- trauen in den gewählten Vorstand Bestand hat, wird sich bei den nächsten ordentlichen Wahlen 2014 erweisen. Es hat sich schnell gezeigt, dass mitgebrachtes Fachwissen (Tobias Mattle, Finanzen) oder frühere Ausbildungen (Clemens Kopetz, Aussenbeziehun- gen) am richtigen Ort zum Einsatz kommen. Ich bin eher der Generalist und habe mich vor 25 Jahren ja auch für ein Generalisten-Studium (Interdiszip- linäre Naturwissenschaften) eingeschrieben. So war es folgerichtig, dass ich zum Ressort Mitgliederbetreuung kam. Das aktuelle Interesse ist ganz auf das «Projekt X» und – nach dem unter- zeichneten Letter of Intent – auf die nun auszuhandelnden Vertragsdetails gerichtet. Trotzdem darf das Tagesgeschäft nicht liegen bleiben. So waren alle Vorstandsmitglieder nicht nur bei den Verhandlungen mit der Swiss engagiert, sondern sind es auch in ihren Ressorts. Deshalb möchte ich Euch gerne einen Ausschnitt aus den Aktivitäten meines Ressorts präsen- tieren:

Captain’s Ticket Gleich zu Beginn: Mein erster Auftrag war im Umfeld des Captain’s Ticket angesiedelt. So alle paar Monate, konzentriert aber um die Ferien- und vor allem Weihnachtszeit, kommen Anfragen – alle immer mit Dringlichkeits- stufe «am besten sofort». Es wurde schnell klar, dass die Erwartungen an jenes Stück Papier (oder auch elektronisch) bei den reellen Gegebenheiten meist nicht erfüllt werden konnten. Wir alle haben uns wohl nur auf die Benefits konzentriert und den Rest geflissentlich überflogen oder gar nicht gelesen. Das Ticket ist nicht Bestandteil des GAV11, sondern ein «Goodie»

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 – mit Auflagen und Restriktionen. Es brauchte seine Zeit, bis klar wurde, dass das Ticket nicht in allen Buchungsklassen zu haben war und man des- halb eben auch (entsprechend frustriert) leer ausgehen konnte. Ich emp- fehle Euch deshalb nochmals die Lektüre der entsprechenden Weisungen. Mir ist jedenfalls noch kein Fall bekannt, bei dem Stafftravel falsch gehan- delt hätte.

Vergünstigungen beim ÖV und Parkhaussorgen Es kamen Anfragen bezüglich Vergünstigungen des Öffentlichen Verkehrs. Auch hier liegen teilweise Erwartungen und Realität etwas auseinander. Der ÖV wird bereits in Form des ZVV-Bonus-Pass’ subventioniert, ist aber eben nicht auf ein GA oder Halbtax ausgedehnt. Allerdings würde ich mich bei Bedarf beziehungsweise grossem Interesse gerne dafür verwenden, in die- sem Bereich weiterzukommen. Ein Evergreen beziehungsweise Stimmungs- killer in ähnlichem Zusammenhang ist das Parkhaus. Jeder weiss, wovon ich spreche, und deshalb unterlasse ich das nervige Aufzählen der Unzulänglich- keiten. Fakt ist, dass man für den Betrag des monatlichen Lohnabzugs für das Parkhaus wohl kaum anderswo einen Parkplatz anmieten kann, ausser man ist bereit, mehr Geld dafür zu zahlen («you get what you pay for»).

Garderobenschränke Einen schönen Erfolg konnten wir im Zusammenhang mit den Gardero- benschränken im OPC verbuchen. Mit Wartezeiten von bis zu sechs Jahren (nein, nicht fürs Upgrading) musste sich so mancher Jungpilot abfinden, bis er ebenfalls in den Genuss eines solchen Schranks kam. In der Zwischenzeit konnte er ja seine Uniform und Crewbag im Auto lassen, das er dank Park- haussubvention und ein bisschen Herumfahren auf einem freien Feld plat- zieren konnte. Oder er benutzte den ÖV. Allerdings musste er sich dann mit dem Uniformreglement auseinandersetzen. Mir wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, dieses Reglement einem Lektorat zu unterziehen. Dafür durfte ich auch ein paar Inputs anbringen (nein, der Hut bleibt weiterhin Bestandteil und muss auf dem Kopf getragen werden). So sollten Änderungen an unbe- quemen Uniformstücken (wegen des Van-der-Wal’schen Gasgesetzes) ohne Umschweife und peinliche (meist ernährungstechnischer) Nachfragen erfol- gen können. Auch die Lieferfrist für Crewbags (drei Monate) wurde moniert. Ganz speziell konnte ich noch darauf hinweisen, dass die Vorschrift zur Benützung elektronischer Geräte dringend einer Anpassung bedarf (nein, ich meine damit nicht den Ersatz von PHW4P).

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Zollvorschriften Ebenfalls ein interessanter, aber auch zweckdienlicher Kontakt ergab sich nach Zollvorkommnissen im Frühling dieses Jahres. Dass ich hier nicht die besten Tipps zur Umgehung gültiger Zollvorschriften abgeben kann, liegt auf der Hand. Immerhin konnten wir erreichen, dass bei der nächsten Gene- ralkontrolle im OPC zumindest auf die Sicherheit der Besatzungsmitglieder geachtet wird. Die Betroffenen können bestätigen, dass die Warteschlange bis weit in die Vorfahrt des OPC Airside gereicht hat – nicht akzeptabel. Die Behörden haben uns zugesichert, dass sie mittels Kamera (yes, Big Brother is auch hier watching you) den Rückstau im Auge behalten und geeignete Mass- nahmen (mehr Zollpersonal vor Ort oder Rückkehr zu Stichproben) ergreifen werden.

Mitarbeiter im Ressort «Mitglieder» Auf keinen Fall möchte ich es an dieser Stelle verpassen, meinen beiden Mitarbeitern Ugo Giannini (Langzeitkranke) und Alex Herma (Mitgliederan- lässe) für ihre Arbeit zu danken. Wer schon länger nicht fliegen konnte, hat wohl auch schon ein aufmunterndes Telefon von Ugo erhalten. Wir setzen uns dafür ein, dass der Prozess der Wiedereingliederung so reibungslos wie möglich erfolgt. Und für alle Gesundgebliebenen empfehlen wir wie immer die Teilnahme an den Mitgliederanlässen. Gerne sind wir auch für Inputs zu haben. Der nächste Anlass ist das Weihnachtsessen am 17. Dezember im Waldhaus Warpel, in Embrach.

Persönliche und eventuelle juristische Unterstützung möchten wir unseren Mitgliedern auch in Situationen bieten, die disziplinarische oder qualifikato- rische Massnahmen nach sich ziehen. Aus Gründen der Privatsphäre möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen. Ein weiteres Feld tut sich für uns auf, seitdem Kollegen wieder regulär pen- sioniert werden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Pensionäre sich nicht nur einer Interessengruppe anschliessen wollen, sondern vor allem den Kon- takt mit den Aktiven und auch Jungen schätzen und pflegen wollen. Ein Pro- jekt für die Passiven ist diesbezüglich in Vorbereitung. Ohne die Initiative und Mitarbeit seitens der Mitglieder ist der Vorstand nur ein gewähltes Gremium auf Zeit. So wünsche ich mir für uns alle in den kom- menden Monaten eine konsolidierte Meinung und ein geeintes Korps, dessen Meinung der Vorstand auch vertritt. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Gedanken eines Fliegenden Wir twittern!

Wer heute etwas auf sich hält, twittert. Politiker, Sportler, Firmen, Private, Un- Private und viele andere bekommen von einem Tag auf den anderen einen Buch- stabendurchfall und geben Sätze von sich, die sie besser nie verkündet hätten. Als Aviatik-Journal von Welt kann sich die «Rundschau» dem Trend nicht ver- schliessen, und so wagt der Kolumnist einen ersten Twitter-Versuch an dieser Stelle. Mögen mir Leserinnen und Leser vergeben, falls ich mich da und dort vertwittert habe. Ich bin noch am Üben. Nun folgen «Tweets» zu Ereignissen der Fliegerei, die nicht wichtig, aber irgendwie halt doch erwähnenswert sind.

#Die neuen Tarifmodelle in Genf sind ein voller Erfolg. Probleme machen nur die Schlepperbanden mit ihrem Handgepäck.

#In einigen Fluggesellschaften ist der Copilot der einzige Mensch an Bord, der für den Flug etwas bezahlt.

#Nach dem Verzehr eines Kurzstrecken-Crewmeals gab es einen Shitstorm.

#Wenn einer «oben» nach dem Unruheprinzip führt, müssen sich die «unten» in Ungehorsam üben. Sonst kehrt im Laden nie Ruhe ein ...

#Kann ich als Teilzeit-Vertrag-Pilot meinen Administrationsabzug auch einer karikativen Organisation spenden?

#Das Departement OC der Swiss droht an Apfelallergie zu sterben.

#Die maximale Anzahl Vollzeitjobs pro Topmanager wurde vom Verwal- tungsrat auf deren vier begrenzt.

#«Oscar Foxtrott» geht es blendend. Laut unbestätigten Angaben ver- steckte sich letzte Woche ein Kranich im Bauch der HB-JHH. Man sucht noch Namen …

#Als TOI-Eintrag des Jahres wurde der denkwürdige Satz zum Thema «Cof- feemachine» gewählt. Dank diesem Eintrag wissen wir, dass Maschinen nur ausgewechselt werden, falls Ersatz vorhanden ist.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 #Im Schlussgang zum Airbusgenössischen obsiegte ein Schwede. Er hatte schlichtweg den besten Gripen.

#Piloten-Qualifikationseintrag des Jahres: «Kennt die Jahresschwerpunkte nicht, setzt diese aber konsequent um.»

#Das neue iPad heisst «Air». Capisci?

#Swiss Genf prüft den Einsatz von Trash-Compactors, um das Volumen des Handgepäcks zu minimieren.

#Aus Spargründen wird 2014 das Toilettenpapier auf den Langstrecken-Flug- zeugen beidseitig benutzt. Der Erfolg liegt auf der Hand.

#Nach vier im Auftrag der Firma angeforderten Strafregisterauszügen im Jahre 2013 ist sich der Kolumnist absolut sicher, dass die «Kolbenfensterver- gehen» an seinem «Puch Maxi» anno 1981 unentdeckt blieben.

#Untersuchungen zeigen, dass immer mehr Pilotenehen wegen Synchronisations- problemen in die Brüche gehen.

#Zahlreiche Airlines setzen auf Retrodesign und bemalen ihre Flugzeuge in alter Pracht. Swiss setzt auf Retro-Bücher und verteilt wieder pdf-Files!

#«BLACK PERIOD» heisst darum so, weil dann all die schwarzen Schafe in die Ferien gehen.

#MERRY CHRISTMAS, liebe Leserinnen und Leser der «Rundschau». Möge sich das 2014 am 1.1. um Mitternacht richtig synchronisieren.

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Das kleine Piloten-ABC Die Erfahrungen eines Flight Attendants im Umgang mit Piloten, präsentiert in einer etwas anderen Form. Von A wie Abflug bis Z wie Zukunft.

Text: Sunil Mann, Swiss-F/A und Schriftsteller

Wäre ich zu Beginn meiner Fliegerei-Karriere (die sich in den letzten Jahren weniger durch ihren steilen Verlauf als vielmehr durch einen sukzessiven Abbau des Arbeitspensums ausgezeichnet hat) angefragt worden, ob ich eine Kolumne für die AEROPERS-«Rundschau» schreiben würde – ich hätte, ohne lange nachzudenken, abgelehnt. Zu fremd und eigen kam mir als junger Flugbegleiter die Welt hinter der Cockpit-Türe vor, zu wenig Schnittpunkte mit meiner eigenen schien es zu geben. Zwar arbeitete man für dieselbe Firma, flog an dieselben Destinationen, sah sich mit ähnlichen Problemen konfrontiert, doch damit hatte es sich – meiner damaligen Meinung nach – auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Im Verlauf der Jahre aber, nach ungezählten Gesprächen und Beobachtungen, ausgestandenen Krisen und geschafften Turnarounds, nach etlichen Abendes- sen in fremden Ländern, der einen oder anderen geleerten Flasche Wein und anschliessenden Besuchen in zweifelhaften Etablissements, muss ich zuge- ben, dass ich komplett falsch gelegen habe: Piloten sind auch Menschen. Meine diesbezüglichen Erfahrungen habe ich zu einem kleinen ABC zusam- mengefasst, welches das Handling für Neueinsteiger und alte Hasen dies- und jenseits der Cockpit-Türe vereinfachen soll:

Abflug: Die Quintessenz des Pilotenberufs. Findet oft verspätet statt, was dann mit vagen und ausdrücklich für solche Fälle konzipierten Begriffen entschuldigt wird: Das späte Eintreffen des Flugzeugs, die Wetterbedin- gungen, das starke Verkehrsaufkommen über XY. Nie: Die gerade einstei- genden Passagiere haben zu lange im Duty-Free-Bereich rumgelümmelt, die Kabinenbesatzung war zu dämlich, um den Head Count korrekt durch- zuführen, am Triebwerk war irgendetwas kaputt, aber bis nach Zürich schaffen wir es wahrscheinlich. Bus: Wird zwischen Flughafen und Hotel beziehungsweise Flugzeug und Operation Center eingesetzt. In ihm findet der lebensbedrohliche Teil der Rotation statt.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Cockpit: Abschliessbarer Raum zuvorderst im Flugzeug, der zwar kaum aufrechtes Stehen erlaubt, dafür dank einer schusssicheren Tür Ruhe vor der Kabinenbesatzung, Passagieren und sonstigen Terroristen verspricht. Dispo: Synonym für «komplett ausgeliefert sein». Essen: Wird von manchen Piloten auf Langstreckenflügen gerne kurz nach Takeoff und etwa eine Stunde vor der Landung geordert. Zeitgleich statt- findende Dienstleistungsangebote der Kabinenbesatzung werden als irre- levant eingestuft. Flugzeug: Das zweite Zuhause. Gepäck: Das Handling desselben wird von der Kabinenbesatzung gerne dem Cockpit überlassen. Die intensive Beschäftigung mit dem Smart- phone findet dabei auf wundersame Weise genau in dem Moment ein Ende, sobald der letzte Koffer aus dem Bus gehievt ist. Hilton: Unterkunft in Beige. Indiskretionen: Gibt es über beinahe jeden, meist werden diese verstoh- len auf den sandfarbenen Sitzgruppen im OPC ausgetauscht oder dann – unter dem Siegel der Verschwiegenheit natürlich – nach dem dritten Glas an der Hotelbar. Jeder: weiss grundsätzlich, wo im Galley ein Wasserglas oder eine Kaffeetasse zu verstauen beziehungsweise zu finden ist. Dieses Wissen wird allerdings nur sporadisch abgerufen. Kabinenbesatzung: Das, was hinten herumläuft. Stürmt nach der Landung meist schnatternd und kopflos aus dem Flugzeug, gerade an Aussensta- tionen schwer unter Kontrolle zu bringen. Aber Achtung: Hält die Allein- herrschaft über Nahrungsmittel und Getränke (inklusive Kaffee)! Lift: Bei amourösen Eskapaden an Aussenstationen findet in ihm der hei- kelste Teil der Operation statt. Unverhofft kann sich nämlich die Tür öff- nen, und eines oder mehrere Crew-Mitglieder betreten die Aufzugskabine. Der mit hochrotem Gesicht gestammelten Geschichte von der überra- schend aufgetauchten, leicht bekleideten, da mittellosen brasilianischen Nichte fehlt es leider oft an Glaubwürdigkeit. Mephisto: Schuhmarke. Wurde früher gerne von Billettkontrolleuren in Zürcher Trams getragen, zur selben Zeit galt die Fussbekleidung auch als hundert Prozent sicheres Erkennungsmerkmal von Piloten in Zivil (oft in Kombination mit karierten C&A-Hemden in gedeckten Farben). Positive Adjektive gibt es in Verbindung mit dieser Marke leider nur zwei: «praktisch» und «lang­lebig». Nichtraucher: Im Gegensatz zum Raucher nach der Landung entspannt, hetzt nicht zum Ausgang und verzögert dann trotzdem die Abfahrt des

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Busses, verschwindet während der Bodenzeit nicht an rechtlich fragwür- dige Orte, riecht anschliessend nicht nach Aschenbecher. On-Time-Arrival: Wichtiger Aspekt im Flugablauf, eng verbunden unter anderem mit Renommee und Kosten. Gerüchteweise wird die Crew vorne dafür mit einem Bonus entschädigt. Diejenige hinten kämpft sich derweil unter Zeitdruck durchs vorgeschriebene Prozedere und geht nach dem Anweisen der Sitzplätze für Analphabeten, Verstauen des schwebend leichten Handgepäcks, Verteilen von Decken, Kissen, Kopfhörern, Hot Tow- els, Zeitungen, Welcome Drinks, Menükarten, Babygürteln, Schwimmwes- ten und Spielzeug, Anhören etwaiger Beschwerden in mehreren Sprachen, Zusammensetzen von überall verteilten Familien, Umsetzen von Verletz- ten, Rekonvaleszenten, grundsätzlich Unzufriedenen und Männern, die aus bizarr anmutenden Gründen nicht neben Frauen sitzen dürfen, leer aus. Keineswegs gerüchteweise. Passagier: Bezahlt unseren Lohn. Weiss das auch. Quälgeist: Ein Kleinkind, dessen Eltern Skype nicht zu bedienen wissen. Anders ist nicht zu erklären, weshalb sie mit dem Säugling um die halbe Welt fliegen, nur um ihn dort ein paar kurze Tage lang der Familie vorzu- führen. Rotationen: Wurden in den letzten Jahren an den richtigen Orten laufend ver- kürzt, an den falschen verlängert. Sofort released: Die schönsten Worte in den Ohren eines Airline-Mitarbeiters. Technischer, ugs. Gehört bei Avro-Besatzungen fix zum Tagesablauf, hat stets umständliche Diskussionen mit der Dispo zur Folge. Löst grosse Begeisterung bei Passagieren und Crew aus, bei Letzterer vor allem wegen der aufregenden Änderungen im Einsatz und dem damit verbundenen Verschieben des Feierabendbiers. Umsatz: Wird gerade bei entsprechendem Gewinn gern an glamourösen Pressekonferenzen verkündet, zeitgleich werden für die Mitarbeiter zap- pendustere Aussichten sowie Horrorszenarien einer untergehenden und krisengeschüttelten Branche entworfen, um aufkeimenden Begehrlich- keiten bereits im Vorfeld beizukommen. Vielfliegerprogramm: Jeder, der hin und wieder fliegt, kommt da rein, auch die- jenigen, die nicht meinen, sie seien etwas ganz Besonderes und bekämen ab sofort immer ein kostenloses First-Class-Upgrade oder zumindest eine entsprechende Spezialbehandlung. Wir: Zusammen mit «gemeinsam» ein beim Aufbau der neuen Airline strate- gisch eingesetztes Wort. Emotionales Druckmittel, um Lohn-, Ferien- und

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Freitagekürzungen sowie andere Sparmassnahmen durchzusetzen. Ver- schwand nach dem geschafften Turnaround sofort, taucht aber seither regelmässig bei anstehenden Vertragsverhandlungen auf. Xanthippe: Das, was auf der anderen Seite des Bettes schläft. Zumindest besagen das die Mienen mancher Crew-Mitglieder im Briefing. Y-Chromosom: Im Cockpit immer noch eine Mehrheit. Zukunft: Wenn man dem Management Glauben schenkt: seit Jahren düster. Für alle anderen: Business as usual. l

Sunil Mann wurde am 21. Juni 1972 im Berner Oberland als Sohn indischer Einwanderer ge-boren. Seine Jugend verbrachte er in Spiez bei Pflegeeltern und besuchte in Interlaken das Gymna- sium. In Zürich studierte er Psychologie und Germanistik, beide Studien wurden erfolgreich abgebrochen, bevor er sich an der Hotelfachschule Belvoirpark halbherzig Grundkenntnisse fürs Gastgewerbe erwarb. Seit geraumer Zeit arbeitet er als Flugbegleiter mit reduziertem Pensum bei der Swiss, unterbrochen von zum Teil mehrmonatigen Aufenthalten in Israel, Ägypten, Japan, Indien, Paris, Madrid und Berlin. Rund drei Dutzend Kurzgeschichten und Kurzkrimis wurden in Antholo- gien veröffentlicht, dazu erhielt er einige Preise, darunter den Förderpreis der Dienemann-Stiftung in Luzern, den vom Fischerverlag ausgelobten Aga- tha-Christie-Preis oder zuletzt das Atelierstipendium Berlin des Kantons Zürich. «Fangschuss», sein Krimi-Debüt, spielt in Zürichs Kreis 4 und wurde im Frühjahr 2011 mit dem Zürcher Krimipreis ausgezeichnet. Der Haupt- protagonist ist der indischstämmige Privatdetektiv V. J. Kumar.

AEROPERS Ende Artikel Rundschau 4 | 2013 Was macht eigentlich … Rolf Senn? Wer Hawaii hört, denkt an Sonne, Wellen und Surfen. Hawaii ist einmal im Jahr auch Mittelpunkt des Ausdauersports. Die Crème de la Crème des Triathlon trifft sich dort, um die Weltmeister zu bestimmen. Der A320-Captain Rolf Senn war einer von ihnen.

Interview: Peter Tilly

Was Rolf macht, macht er konsequent und zielstrebig. Das merkten seine Instruktoren während des Umschulungskurses zum A320-Captain genauso wie seine Gegner bei den zahlreichen Triathlons, die er jedes Jahr erfolgreich absolviert. Doch Rolf als starrköpfigen und stur auf ein Ziel hin fokussier- ten Zeitgenossen zu bezeichnen, würde dem sympathischen Kollegen nicht gerecht. Er ist durch und durch ein Genussmensch. Als ich ihn fragte, in wel- chem Lokal wir das Interview bei Speis und Trank durchführen sollten, kam die Antwort wie aus der Kanone geschossen: Im «Winzerhaus» in Weiningen. So trafen wir uns an einem Mittwoch zum Mittagessen im Gourmettempel mitten in den Weinbergen von Weiningen zum Business Lunch. Als ich im lockeren Gespräch seine Topleistungen bewunderte und ihm auch gebührend gratulierte, machte mich Rolf darauf aufmerksam, dass es noch weitere Spit- zen-Triathleten im Pilotencorps gäbe und ein alleiniger Fokus auf seine Leis- tungen nicht gerechtfertigt sei. Adrian Santonastaso und Philipp Overbeck seien ihm schon bei so manchem Triathlon harte Gegner gewesen und ab und zu auch um die Ohren gelaufen. Der Kellner unterbrach uns – wir bestellten.

«Rundschau»: Der «Ironman» von Hawaii ist gut zehn Tage her. Wie geht es Dir nach den sportlichen Strapazen? Rolf Senn: Ich bin erfüllt, glücklich und stolz. Ich fühle aber auch eine Leere in mir, weil das Ereignis vorbei ist, auf das ich mich monatelang vorbereitet habe.

«RS»: Warum betreibst Du ausgerechnet Triathlon? R.S.: Ich habe seit meiner Kindheit Laufsport betrieben und wollte mich meiner Gesundheit zuliebe sportlich diversifizieren.

«RS»: Wenn sonst erfolgreiche Sportler in den Triathlon wechseln, schei- tert es oft am Schwimmen. Wie hast Du Dir die notwendige Schwimmtechnik angeeignet?

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 R.S.: Die Disziplin Schwimmen ist tatsächlich eine anspruchsvolle. Ich habe vieles von den Triathlon-Kollegen abgeschaut und stundenlang geübt. Einen spezifischen Kurs habe ich nie besucht.

«RS»: Deine Leistungen verdienen Respekt. Einer der besten Triathleten der Schweiz in der Kategorie M45–49 und eine Zeit unter zehn Stunden in Hawaii. Da hast Du bereits einiges erreicht. Was sind Deine nächsten sport- lichen Ziele? R.S.: Die «Patrouille des Glaciers» steht ganz oben auf meiner Wunschliste. Des Weiteren möchte ich im Sommer vermehrt Hochgebirgstouren in Angriff nehmen. Im Triathlon fehlen mir im Moment die Ziele.

«RS»: Laut einem Interview in der «Aargauer-Zeitung» vom Sommer des vergangenen Jahres trainierst du lediglich zehn Stunden pro Woche, und das ganz ohne Trainingsplan. Schummelst Du bei diesen Angaben? R.S.: Nein, die Angaben stimmen ziemlich genau. Während der letzten Monate vor Hawaii habe ich das Pensum auf 15 Stunden erhöht. Wenn ich trainiere, lege ich grossen Wert auf qualitativ wertvolle Einheiten. Ich gehe nicht ein- fach eine Stunde joggen, sondern mache Intervalltrainings und Laufspiele. Sture Trainingsprogramme, auf Wochen und Monate hinaus geplant, sind bei unserem Beruf nicht sinnvoll. Ich passe meine Einheiten meinen Aufenthalts­ orten an und geniesse das Training umso mehr.

«RS»: Wenn Du wirklich so wenig trainierst, muss Talent vorhanden sein, und es steckt jahrelanges Training dahinter. Wie sieht Dein sportlicher Wer- degang aus? R.S.: Seit ich sieben Jahre alt bin, treibe ich Sport. Als Kind spielte ich Fuss- ball und wechselte später in die Leichtathletik. Als Mittelstreckenläufer war ich Mitglied des Nachwuchskaders. Bereits im zarten Alter von zehn Jahren absolvierte ich fünf bis sieben Trainingseinheiten pro Woche. Das war aber nie ein Zwang, sondern stets mit viel Freude verbunden.

«RS»: Du wohnst gut 30 Kilometer vom Flughafen entfernt. Das wäre doch eine gute Trainingseinheit mit dem Fahrrad! R.S.: Ich fahre tatsächlich bei Wind und Wetter und zu jeder Tageszeit mit dem Fahrrad zur Arbeit. Aus Sicherheitsgründen stets mit dem Mountain- bike. Dieses ist mit besseren Bremsen ausgestattet und benutzerfreundli- cher beim Kreuzen von Tramschienen ...

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «RS»: Ein fordernder Job als Captain A320, ein Hobby, das fast keine Kom- promisse zulässt, und auch noch Familie. Wie bringst Du alles unter einen Hut? R.S.: Ich brauchte relativ wenig Zeit für mich selber. Sofern ich mich nicht gerade auf Hawaii vorbereite, investiere ich nicht mehr in den Sport als andere Leute in ihre Hobbys. Das alles ginge aber nicht, wenn meine Familie nicht hinter mir und dem Sport negativ gegenüberstünde. Meine Frau Pascale und ich unterstützen uns gegenseitig bei unseren Projekten. Das ist unglaublich wertvoll, und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar.

«RS»: Zurück zu Hawaii. Du bist 3,86 Kilometer in einer Stunde und zehn Minuten geschwommen, hast die Wüste in fünf Stunden und fünf Minuten durchquert und dabei 180 Kilometer auf dem Fahrrad abgespult, und als Dessert folgte ein Lauf über die Marathondistanz, für den Du drei Stunden und 29 Minuten benötigt hast. Gebe ich diese Daten in meinen Computer ein, behauptet dieser, dass ich mit meinem Bodymass-Index 15 000 Kilokalorien verbrauche. Bei Dir wird es deutlich weniger sein, aber es bleibt die Frage, wie Du die Energie dem Körper während des Wettkamps zuführst. R.S.: Auf dem Fahrrad warten nach dem Schwimmen zwei Bidons, gefüllt mit «Maltodextrin» und einer Portion Salz, auf mich. Damit komme ich über die erste Stunde auf dem Rad. Zusätzlich nehme ich auf der Rad- und der Laufstrecke ganz stur alle 20 Minuten ein Kohlehydrat-Gel zu mir, das die Energie rasch freigibt. Während des Wettkampfs trinke ich isotonische Getränke und nehme bei heissen Temperaturen auch noch zusätzlich Salz zu mir.

«RS»: Alle drei Disziplinen im Triathlon sind hart, aber auch monoton. Lenkst Du Dich mit Musik oder anderem ab oder fokussierst Du Dich kom- plett auf den Wettkampf? R.S.: Musik ist während der Ironman-Wettkämpfe verboten. Doch so mono- ton, wie Du es beschreibst, ist der Wettkampf nicht. Das Schwimmen ist der reinste Überlebenskampf. Über 2500 gut trainierte und auf ein Ziel fokus- sierte Sportlerinnen und Sportler schwimmen auf die erste Boje zu. Keiner will Zeit und Kraft verlieren, keiner ausweichen. Man muss sich trotz Wellen- gangs und schäumenden Wassers orientieren, ein gutes Fahrwasser suchen und, wenn immer möglich, vermeiden, Salzwasser zu schlucken. Zu viel davon führt unweigerlich zum Erbrechen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Auf der Radstrecke bleibt der Blick immer wieder am Computer hängen. Die Wattzahl sollte konstant gehalten und die Gegner müssen beobachtet wer- den. Ich darf mich nicht im Windschatten eines Mitstreiters ausruhen und muss mich auf die Strasse konzentrieren. Trotzdem ist es natürlich nicht verboten, auch die wunderschöne Landschaft zu geniessen. Auch bei der Laufstrecke geht der Blick immer wieder auf die Uhr. Stim- men die Abschnittszeiten? Bin ich zu schnell oder zu langsam unterwegs? Schaffe ich das gesetzte Ziel? Am Schluss des Wettkampfs liegt der Fokus beim Zieleinlauf. Dieses Gefühl, wenn der Speaker Deinen Namen ausspricht und Tausende von Zuschauern mit den Händen an die Werbebanden schla- gen, vergesse ich nie!

«RS»: Wie lange braucht Dein Körper nach dieser Leistung, um sich wieder zu erholen? R.S.: Nach drei Wochen ist mein Körper wieder vollends erholt. Die Psyche braucht wesentlich länger. Die mentale Stärke, die es braucht, um sich wäh- rend des harten Trainings durchzubeissen, kommt erst Wochen später wie- der. In dieser Zeitspanne betreibe ich den Sport aber weiterhin mit grossem Genuss. Die Energie, die man durch die weniger harten Einheiten spart, nutze ich, um die Natur intensiver zu erleben.

«RS»: Triathlon besteht eigentlich aus vier Disziplinen. Die vierte, nämlich die Erholung, ist eine der wichtigsten. Wie heisst Dein Regenerations-Rezept, damit Du so schnell wie möglich wieder zu Topleistungen fähig bist? R.S.: Ich habe keine Geheimmittelchen. Weder liege ich auf Magnetmatten, noch gehe ich in spezielle Massagen oder benutze teure Salben. Als ich nach dem Ironman und der langen Reise zu Hause eintraf, öffnete ich eine Flasche «Amarone» und genoss den Rebensaft zusammen mit meiner Frau Pascale auf dem Sofa. Das war Regeneration!

«RS»: Schmerz und Leid gehören zwangsläufig dazu, wenn man zehn Stun- den bei brütender Hitze Höchstleistungen vollbringt. Wie gehst Du damit um? R.S.: Bei orthopädischen Schmerzen breche ich ein Training oder einen Wettkampf sofort ab. Das sind Alarmsignale des Körpers, die man unbedingt ernstnehmen muss. Übliche Probleme wie Blasen an den Füssen und Haut- reizungen an allen möglichen und unmöglichen Stellen muss man ertragen. Diese gehören bei einem Triathlon einfach mit dazu.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «RS»: Du betreibst diese sehr anspruchsvolle Sportart auf höchstem Niveau. Da muss das Thema Doping angesprochen werden. Wie verbreitet ist Doping in der Triathlon-Szene? R.S.: Es gibt Kontrollen, und es bleiben wie in allen anderen Sportarten auch ab und zu schwarze Schafe hängen. Es wird nicht zu vermeiden sein, dass Amateure vorsätzlich oder aus Unwissenheit Medikamente nehmen, die auf einer Verbotsliste stehen. Ein kürzlich durchgeführter Test an 500 Ama- teursportlern in der Schweiz hat durchwegs negative Ergebnisse an den Tag gelegt. Ob das eine aussagekräftige Untersuchung ist? Ich weiss es nicht.

«RS»: Wurdest Du schon jemals auf Doping getestet? R.S.: Nein.

Wir entschieden uns beide für das «Menu 1» mit einer Topinambour-Suppe als Vorspeise und zarten Rindfleischfilet-Würfeln an Erdnuss-Sauce mit markt- frischem Gemüse und Jasminreis, serviert als Hauptspeise. Bei Wein vertrau- ten wir auf den fachmännischen Rat des Sommeliers, der uns zu einem Glas «Baltasar» aus der Bodega San Alejandro riet. Nach dem ausgezeichneten Lunch gewann unser Gespräch richtig an Fahrt.

«RS»: Triathlon ist nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Wirst Du von Sponsoren unterstützt? R.S.: Die Bekleidungsfirmen «X-Bionic» und «skinfit» unterstützen mich. Der grösste Sponsor ist und bleibt meine Frau, die mir die Zeit für den Sport und viel Verständnis schenkt.

«RS»: Als Ambassadeur der Sportbekleidungsfirma «X-Bionic» posierst Du prominent auf deren Homepage im Internet. Mit Neid muss ich zugeben, dass die hautenge Sportbekleidung an Deinem durchtrainierten Körper sen- sationell zur Geltung kommt und man den Versprechen Glauben schenken kann, dass die Funktionskleidung zur besseren Leistung beiträgt. Doch was bringen die Kleider einem Hobbysportler wie mir, der im Engadin gemütlich über die Loipen skatet? R.S.: Ich kann Dir unter Kollegen offen und ehrlich sagen, dass «X-Bionic» auf dem Markt konkurrenzlos ist. Im Gegensatz zu anderen Anbietern ist die Bekleidung von «X-Bionic» im wahrsten Sinne des Wortes funktional. Das Zusammenspiel von Kompression, Funktionalität und Wärmehaushalt wird Dich im Engadin nach wenigen Loipenmetern restlos überzeugen. Auch die

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Qualität der Produkte ist nicht mit denen der anderen Hersteller zu verglei- chen. Socken, die ich zum Sport und auch zur Arbeit trage, haben nach 200 Waschgängen immer noch den gleichen Sitzkomfort – das erwarte ich von Funktionswäsche und nicht ein modisches Zusammenspiel der Farben und Formen.

«RS»: Ist Deine Familie auch so sportbegeistert? R.S.: Zum Glück ja! Meine Frau geniesst joggend die Wälder um unser Haus, meine Tochter ist Läuferin im Leichtathletikverein und mein Sohn spielt Uni- hockey.

«RS»: Wie lange dauert es noch, bis Du Deine Kinder beim Training nur noch von hinten siehst? R.S.: Schon passiert! Im Sprint sehe ich von meiner Tochter nur noch ihre Schuhsohlen, und den Kilometer läuft sie mit elf Jahren bereits unter 3:20 Minuten ...

«RS»: Ausser uns beiden haben alle Männer in unserer Altersklasse Lebenskrisen und zetteln unvernünftige Projekte an. Was rätst Du einem sportlich mittelmässig begabten Mann, der sich als Ziel setzt, einen Triath- lon oder wenigstens einen Marathon zu absolvieren? R.S.: Einen Langstrecken-Triathlon erfolgreich zu absolvieren setzt jahrelan- ges Training voraus. Es muss auch betont werden, dass nicht jeder Körper- bau dafür geeignet ist, Leistungen über diese lange Zeitdauer zu erbringen (Anmerkung des Schreiberlings: Mir entgeht sein mitleidiger Blick auf mein Körpervolumen nicht ...). Wenn der Wunsch in einem wächst, beim Triathlon teilzunehmen, muss unbedingt mit Kurzdistanz-Wettkämpfen begonnen wer- den.

«RS»: Welche Sportart würdest Du nie betreiben? R.S.: Statische Sportarten wie Fischen und dergleichen. Damit will ich aber nicht das Fischen schlechtreden. Ich bewundere jeden, der sich in seinem Hobby verwirklichen kann, und wenn das Fischen ist, geht das für mich in Ordnung.

«RS»: Und warum keine statischen und gemütlichen Sportarten? R.S.: Ich brauche die Bewegung in der Natur, ich bin richtiggehend süchtig danach. Nicht selten jauchze ich während eines Trainings vor Freude, wenn

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 ich durch eine schöne Gegend laufe. Während meiner Aktivitäten erlebe ich jeden Augenblick sehr intensiv und philosophiere oft dabei.

«RS»: In welchem Alter ist für Dich Schluss mit Triathlon? R.S.: Da möchte ich mich nicht festlegen! «RS»: Auf welche sportliche Leistung bist Du am meisten stolz? R.S.: Hawaii! Und zwar sowohl für die Qualifikation für diesen Wettkampf, der als offizielle Weltmeisterschaft gilt, als auch für die Leistungen am Wettkampf selber.

«RS»: Hat es in Deinem intensiven Leben noch Platz für andere Hobbys? R.S.: Neben der Familie und dem Sport helfe ich noch im Geschäft meiner Frau aus.

«RS»: Was ist das für ein Geschäft? R.S.: Meine Frau betreibt auf dem Mutschellen eine Wohn- und Wohlfühl- Boutique. Mit «inside top of mutschellen» erfüllte sie sich einen Traum, bei dem ich sie selbstverständlich unterstütze. Im Moment steht eine Erweiterung des Geschäfts vor der Tür, die uns ziemlich in Trab hält. Gerne begrüssen wir Leserinnen und Leser der «Rundschau» persönlich in unserem Laden. Wer vorher einen Blick auf das Angebot werfen möchte, findet Informatio- nen auf insideshop.ch.

«RS»: Zurück zum Sport: In Hawaii, Las Vegas und dieses Jahr auch in Zürich erbrachtest Du bei tropischen Temperaturen bis 44° C (Las Vegas) Höchst- leistungen. Du scheinst heisses Wetter zu lieben! Was macht Rolf Senn wäh- rend der kommenden Wintermonate? R.S.: Es ist nicht so, dass ich heisses Wetter besonders liebe, es scheint mir schlichtweg weniger auszumachen als anderen. Für diesen Winter habe ich mein Trainingsprogramm bereits definiert. Der Umbau des Ladens meiner Frau wird mir Muskelkater an Stellen meines Körpers bescheren, die ich bis anhin nicht gekannt habe ...

«RS»: Das Essen war himmlisch, der alkoholische Teil auch. Aus ernäh- rungswissenschaftlicher Sicht haben wir richtig gesündigt. Hast Du jetzt ein schlechtes Gewissen? R.S.: Null!

«RS»: Vielen Dank für das Gespräch.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Draussen regnete es in Strömen, und die wunderbare Aussicht ins Limmat- tal war leicht getrübt. Tief beindruckt über Rolfs Leistung und mit einer schö- nen Geschichte im Gepäck machte ich mich auf zur anderen Talseite, wo ich voll motiviert eine Stunde auf meinem Rudergerät sass und einen Bruchteil derer Leiden und Freuden durchlebte, von denen mir Rolf mit leuchtenden Augen über zwei Stunden erzählt hatte. l

Rolf Senn: Der aktive A320-Captain lebt mit seiner Frau Pas- cale und den zwei gemeinsamen Kindern Nico (13) und Giu- lia (11) auf dem Mutschellen, nicht weit vom Reporting Point BREGO entfernt. Seit seinem siebten Lebensjahr betreibt Rolf intensiv Sport und gehört mittlerweile zu den besten Schwei- zer Langdistanz-Triathleten seiner Altersklasse M45–49. Vori- ges Jahr überraschte Rolf mit dem Sieg beim Halb-Triathlon in Miami und dem ausgezeichneten 20. Rang bei den Weltmeisterschaften über die gleiche Distanz in Las Vegas. Am Ironman 2013 in Zürich qualifizierte sich Rolf als Vierter von 360 Startenden seiner Alterskategorie für die Weltmeisterschaften in Hawaii, die er auf dem 57. Rang beendete und damit 192 Weltklasse-Athleten hinter sich liess.

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Gelesen

Text: Viktor Sturzenegger

Geschichten eines Menschenfreundes Viele Fliegende kennen ihn persönlich, den gross gewachsenen, freundlich interessierten Walter Meier, der einige Jahre als Flight Attendant und mit- fliegender Seelsorger Teil unserer Crews war. Wenn ich ihm heute in seinem Arbeitsumfeld, dem Flughafen Kloten, begegne (oft ist er auch zusammen mit seinem katholischen Kollegen Claudio Cimaschi unterwegs), fällt mir immer wieder auf, wie er es trotz seiner Grösse schafft, dass seine persönli- che Zuwendung im Gespräch nicht dominierend erscheint. In seinem kleinen Buch erzählt er 22 kurze Geschichten von Begegnungen mit Menschen im Umfeld der Fliegerei und des Flughafens Zürich-Kloten. Viel- fach sind es individuelle Schicksalsmomente, sei es der weinende Geschäfts- mann im Andachtsraum des Flughafens, die gebärende Frau der dokumen- tenlosen Familie, die in Kloten am Weiterflug gehindert wurde und mit Hilfe einer afrikanischen Putzfrau ihr Kind im von Walter Meier vermittelten Day Room des Flughafens zur Welt brachte, oder der verwirrte Reisende, der im Gespräch und darauf folgender Einkehr mit unserem Flughafenpfarrer im Andachtsraum die Ruhe wiederfindet und seinen Weg weitergehen kann. Einige handeln aber auch von weiter reichenden Ereignissen, dem Absturz der MD-11 bei Halifax, der Flugzeugkollision bei Überlingen oder dem Grounding der Swissair. Davon unmittelbar Betroffenen werden beim Lesen wohl ihre eigenen Bilder von selbst Erlebtem im Umfeld dieser Momente der Geschichte vor die Augen treten – immer aber gelingt es Walter Meier, seine Geschichten so einfühlsam und unterhaltend zu Ende zu erzählen, dass man aus den eigenen Bildern wieder zu den vom Autoren beschriebenen Schick- salen zurückfindet.

Walter Meier: Flughafengeschichten Zürich 2013 ISBN 978-3-906561-53-0

Die Rache des missbrauchten Kindes In früheren Artikeln habe ich schon mein Faible für Arne Dahl eingestan- den. Von den Anfängen in der A-Gruppe bis zu der Europäisierung der in

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Dahls Romanen geschilderten Aktivitäten im Rahmen einer geheimen Ope- rativen Einheit der Europol, die von Paul Hjelm geleitet und durch bekannte Protagonisten aus der A-Gruppe verstärkt wird, lese ich mit Interesse die als Entwicklungsroman konzipierte Geschichte dieser von Dahl erfundenen Menschenschar. In «Zorn» geht es um eine Serie von Morden, die an vielen europäischen Schauplätzen verübt werden und in denen der Mörder den Kontakt zu einzel- nen Mitgliedern der Europol-Einheit sucht, namentlich zu Arto Söderstedt. In der Auflösung wird die Geschichte zu einer modernisierten Fassung von Huxleys «Brave New World», wobei die Zerstörung der Twin Towers in New York, Rauschgift-, Waffen- und Menschenhandel in Europa ebenso themati- siert werden wie der Missbrauch von Gentechnologie und die schon im ers- ten Band der neuen «europäischen» Reihe von Dahl titelgebende allgemeine menschliche Gier. In derart geraffter Form klingt es wohl etwas banal, aber die Geschichte hat mich über ihre fast fünfhundert Seiten dennoch fasziniert.

Arne Dahl: Zorn München 2012 ISBN 978-3-492-05306-8

Ausweglos Das Geschenk meiner Lastflight Crew war ein Buch, das sie mir – nach Rück- frage bei meiner Frau Verena, bei der sie erfahren haben, dass ich von Henry (Lüscher) gehört habe, er sei im Moment daran, einer Empfehlung von HP (Boller) folgend, ein äusserst spannendes Buch zu lesen – am Anfang unserer Rotation überreicht haben. Während der paar Tage habe ich allerdings nicht die Zeit gefunden, auch nur eine Seite zu lesen – inzwischen hat sich die Situation etwas verändert ... Danke Euch allen, es ist ein einzigartiges Buch. Das Gesicht des Autors auf dem Umschlagbild ist widerspenstig, kantig, sein Blick ein dunkles Fragezeichen. Dunkel bis schwarz ist auch die Erzäh- lung um den Mathematiker Siem Sigerius und seine Familie. Anfangs fällt es mir schwer, den Zusammenhang zwischen den verschiede- nen Textteilen zu erkennen. Eine Ich-Erzählerin ist in Kalifornien und hat ein Kind mit einem McKinsey-Typen. Doch sie ist in Los Angeles und er mit dem Kind in San Francisco. So weit scheint es nicht völlig unverständlich, wenn da nicht die Zeit- und Ortssprünge wären, Rückblenden ohne (mir) ersichtli- chen Übergang.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Da ist natürlich noch das Mathematik-Genie als Stiefvater der Ich-Erzähle- rin Joni. In Holland, wo sie früher bei ihrer Mutter und ihrem neuen Mann wohnte, hat Joni ein Chamäleon zum Freund. Er biedert sich beim Stiefvater mit seinen Fragen und seinem Interesse an Judo an, der sportlichen Leiden- schaft des bulligen Mathematikers. «Bonita Avenue» ist eine Familiengeschichte mit modernem Ansatz. Ein Patchwork aus Sex, Macht und Geld, vermengt in einem Circulus Vitiosus, mit den aus ihren Verstecken quellenden Familiengeheimnissen. Aaron und Joni verdienen haufenweise Geld mit einer Sex-Website, auf die ihr Stiefvater eines Tages zufällig stösst. Die sich daraus dynamisch entwi- ckelnde Geschichte hält einen locker über ihre 640 Seiten in Atem. Die rohen Metaphern und Vergleiche Buwaldas erzeugen unmissverständliche Bilder, die ich aber nicht immer so unvermittelt sehen mag. Ein Buch, manchmal wie ein Faustschlag ins Gesicht der Lesenden, eine kontemporäre Katastrophe, sezierend exakt filetiert und schonungslos dar- gestellt. Immer wieder subjektiv erfahrbare Verrücktheit, wie ich sie unmit- telbarer nicht einmal bei Kafka gelesen habe – Peter erscheint mir dabei noch trauriger als Franz.

Peter Buwalda: Bonita Avenue Hamburg 2013 ISBN 978-3-498-00672-3

... apropos Henry Lüscher Aufgrund des regen Austauschs von Literaturtips untereinander habe ich angefragt, ob er auch hie und da die Leserschaft der «Rundschau» über neue Leseerfahrungen informieren wolle. Also kann es gut vorkommen, dass Sie in Zukunft weiter gehende Anregungen mit womöglich anderen Schwerpunk- ten als den meinen auf diesen Seiten finden können.

Damit wünsche ich allen Lesenden interessante Zeilen, auf dass sie nicht in interessanten Zeiten leben müssen ... l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Belpers: Air Berlin Switzerland – eine neue Station entsteht In der «Rundschau»-Ausgabe 3/2013 wurde die Geschichte der Balair über die Belair hin zu Air Berlin anschaulich dargestellt. Der aufmerk- same Betrachter am Flughafen Zürich merkte schnell, dass zwischen 2005 und 2008 neben Belair- und Air-Berlin-Flugzeugen sogar eine kurze Zeit solche in Iberworld-Farben zugegen waren. Was hat sich vor dem Zusammenschluss von Air Berlin und Belair vor und hinter den Kulissen abgespielt? In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die teilweise kurios anmutende Entstehung der Air-Berlin-Station Zürich.

Text: Alexander Knecht, Belpers-Vorstand

Knapp zwei Jahre nach dem Swissair-Grounding eröffneten sich für ent- lassene Swissair- und Crossair-Piloten neue Perspektiven in der Schwei- zer Luftfahrt. Odette/Helvetic Airways suchte Cockpit-Besatzungen für ihre neu aufgestellte Fokker-100-Operation. Bisher flog man mit einer MD-83 vor allem in den Kosovo. In Zusammenhang mit dem Aufbau dieser neuen schweizerischen Operation tauchte auch der Name eines bereits bekannten Inhabers und Gründers einer deutschen Airline auf. Er spielte in der Folge ebenfalls eine wichtige Rolle im Aufbau der Air Berlin Switzerland.

Kurzfristige Änderungen nie ausgeschlossen Nach bestandenem Assessment konnte im Herbst 2003 eine Handvoll First Officers in den F100-Umschulungskurs bei Helvetic Airways ein- steigen. Bereits in den ersten Wochen, noch während der Einführung in Bülach, trennten sich jedoch die Wege von einzelnen Piloten und ihrem neuen Arbeitgeber wieder. Sie standen zwar erneut auf der Strasse, dies war jedoch gewollt und demnach «selbstverschuldet». Was zu diesem Zeit- punkt noch niemand wusste: Die Geburtsstunde der späteren Air Berlin Schweiz war angebrochen. Am 1. November desselben Jahres traf sich eine kleine Gruppe Piloten, zu denen auch die zuvor genannten gehörten, im Fliegermuseum Dübendorf, dort, wo schon etliche AEROPERS-Krisentref- fen während der letzten Tage der Swissair stattgefunden hatten. Dieses Treffen hatte das Ziel, den Grundstein für ein weiteres Airline-Projekt in der Schweiz zu legen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 «hexx» oder gexx? Mit Helvetia Express Flug AG (HEFLAG), genannt «hexx», verriet der Name des neuen Projekts bereits viel. Plötzlich tauchte ein der deutschen Germa- nia Express (gexx) vergleichbarer Name am Schweizer Himmel auf. Hinter diesem steckte Dr. Hinrich Bischoff. Der deutsche Unternehmer und Eigen- tümer der Fluggesellschaft Germania versuchte in der Schweizer Luftfahrt Fuss zu fassen, speziell am Standort Zürich. Dies liess den Schluss zu, dass die Entscheidungsträger hinter den Kulissen sich nicht mehr einig waren. Die geplante Zusammenarbeit mit Odette Airways auf der Plattform der Hel- vetic Airways war offensichtlich gescheitert. In einer Kampfansage an Helve- tic Airways sollte dann aber unter dem Namen Helvetia Express das gleiche Produkt im Low-Cost-Segment ab Zürich angeboten werden.

Ein neues AOC für die Schweiz Die Mitbegründer der Helvetia Express (natürlich nicht in finanzieller Hin- sicht, schliesslich waren die meisten First Officers und hatten nach der Swis- sair noch Ausbildungsschulden) bezogen ein Büro im ehemaligen Swissair- Trainings-Center. Mitgebrachte Stühle und eigene PCs waren gerade genug vorhanden, um die Arbeit aufnehmen zu können. Ein eigenes Schweizer AOC musste her, und zu diesem Zweck wurde das Projekt «Flugzeug mit Schwei- zer Kreuz» gestartet. Jeder Pilot erhielt eine Postholder- oder Deputy-Stelle und musste Assessments beim Luftamt absolvieren. Abenteuerstimmung lag in der Luft. Um den Betrieb jedoch sofort aufnehmen zu können, wurde zunächst das AOC der Germania zur Verfügung gestellt. Mitte November 2003 fanden bereits die Ground Courses, Computer Based Trainings (CBT) usw. für die Fokker 100 in Berlin-Schönefeld statt. Danach fanden sich die Piloten im französischen Le Bourget im Simulator wieder. Kurz nach dem Jahreswechsel folgten das Flight Safety Training und das Flight Training bei der Germania in Leipzig. Als Pilot muss man eben gerne reisen, ob mit der Eisenbahn, dem eigenen Auto oder einem vorfinanzierten Flugticket. Die nächste Station für die First Officers war München, wo die Linienschulung (LIFUS) für Germania begann. Es folgten Flüge für Germania und gexx ab der bayrischen Metropole. Kurze Zeit später wurde eine Fokker mit Schweizer Besatzungen ab Zürich betrieben. Die Arbeitspläne wurden von den Piloten zu diesem Zeitpunkt selber gestaltet. Zum Monatsende traf man sich in einer gemütlichen Runde und plante ohne Bidding- und Punkte- wunschsystem den nächsten Einsatzmonat. Zudem mussten die Schweizer First Officers praktisch über Nacht den Sitz im Cockpit wechseln und fanden

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 sich schnell in einer neuen, ungewohnten Rolle wieder. Selbststudium war angesagt. Der gut gefüllte Swissair-/Crossair-Rucksack half dabei, kleinere und grössere Hürden meisterlich zu nehmen.

Zwei Männer werden «Freunde» Die beiden Geschäftsführer Hinrich Bischoff von Germania und Joachim Hunold von Air Berlin waren zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich Freunde. Zu ehrgeizig waren beide im Airline-Geschäft tätig. Auch persönlich hätten der gewiefte Taktiker und Flugzeughändler Bischoff und der charismatische Hunold unterschiedlicher nicht sein können. Erstgenannter zurückgezogen und öffentlichkeitsscheu lebend, Letzterer kommunikativ und gerne im Ram- penlicht stehend. Im Jahr 2004 merkten die umtriebigen Geschäftsmänner jedoch, dass sie unternehmerisch gesehen aus demselben Holz geschnitzt waren und dass im Low-Cost-Geschäft ein Kampf auf Biegen und Brechen nicht zum Erfolg führen konnte. Sie beschlossen eine Kooperation, im Zuge derer sie eine Gebietsaufteilung vornahmen, speziell im innerdeutschen Markt. So gingen viele Strecken innerhalb Deutschlands an Germania, auf der anderen Seite erhielt Air Berlin als weitere Destination Zürich zugesprochen. Air Ber- lin beteiligte sich in der Folge an Helvetia Express. Innerhalb einer Woche stellte die IT-Abteilung der heute zweitgrössten deutschen Fluggesellschaft Computer und Büroeinrichtung zur Verfügung. Gerade drei Wochen später entschloss sich das Berliner Flugunternehmen jedoch, das Projekt «hexx» nicht weiter zu verfolgen und zog das Büromaterial aus Zürich wieder ab. Der Fokker der Germania, die ab Zürich nun für Air Berlin flog, drohte ein Grounding, und Air Berlin entschied sich zur Übernahme der Kabinenbesat- zung. Im Zuge des Wachstums von Air Berlin wurde offensichtlich jede Gele- genheit am Schopfe gepackt, passendes Personal zu rekrutieren. Was hiess dies aber für die Piloten? Sie fragten beim Flugbetrieb in Berlin nach, was jetzt mit ihnen geschehen sollte. Scheinbar erstaunt über diese Nachfrage – schliesslich war man der Meinung, die Helvetia Express werde weiterbeste- hen – zeigte Air Berlin auch Interesse an der Cockpit-Besatzung.

Der erste Airbus für Air Berlin Die Entscheidung für eine «Zwei-Flotten-Strategie» war zu diesem Zeitpunkt in Berlin bereits gefallen. Künftig sollten nicht nur Boeings 737, sondern auch Airbusse 319/320/321 für Air Berlin fliegen. Die oben erwähnte Gebietsauf- teilung, die vermeintlich fast den Genickbruch für die Cockpit-Besatzungen bedeutet hatte, erwies sich zum Schluss als Glücksfall. So wurde ein weiterer

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 wichtiger Entscheid in der deutschen Bundeshauptstadt gefällt. Der erste Airbus sollte in Zürich stationiert werden, denn die konsequent qualitativ hochstehende Arbeitsweise der Schweizer Kollegen wurde in Berlin früh erkannt. Doch bevor für Air Berlin gearbeitet werden konnte, mussten zuerst Inter- views abgehalten werden. Diesmal mit dem Flugbetriebsleiter der Air Berlin im Hotel Allegra in Kloten. Nach einem erneuten «Last Flight» im März 2005 auf der Fokker 100 wurde umgeschult. Für einige Piloten war es eine Rück- schulung (Renewal) auf die A320. Andere mussten einen vollen Umschulungs- kurs absolvieren. Diese Schulungen wurden in Berlin- Tegel, am Sitz der Air Berlin, und im Lufthansa Flight Training Center in Berlin-Schönefeld durch- geführt. Die weiteren Stationen waren: Erfahrungsflüge bei Niki Luftfahrt in Wien sowie Company Intro bei Iberworld in Madrid und Palma de Mallorca. Anfang Mai 2005 wurden sodann ein Operator Proficiency Check (OPC) und die Linieneinführung bei Iberworld in Spanien durchgeführt. Alles war sehr abenteuerlich. Man wusste selten, was am nächsten Tag auf dem Programm stehen würde. Es gab auch keine Zeit, darüber nachzudenken, ob diese vie- len Wechsel sinnvoll seien oder nicht. Man kämpfte ums «Überleben». Drei mögliche Arbeitsorte standen zur Debatte: Fernost, die Emirate oder Zürich – unser eigentliches Zuhause. Wofür hätten Sie sich entschieden?

Ein Hauch Spanien in der Schweiz Warum aber kam Iberworld aus Spanien im ganzen Aufbau der Air Ber- lin Switzerland überhaupt vor? Iberworld stellte der Air Berlin in einem sogenannten Dry-Lease-Verfahren den ersten Airbus 320 (EC-HZU) zur Verfügung. Um dieses Flugzeug mit spanischer Immatrikulation betrei- ben zu können, mussten das Training und die Checks unter spanischer Aufsicht stattfinden. Mit spanischen SOPs (Standard Operation Procedu- res), Germania Badge und einer zusammengewürfelten Uniform wurde Mitte Mai 2005 der erste Air-Berlin-Flug mit einem Airbus 320 ausgeführt. Sechs Schweizer Captains und vier First Officers waren für den Flugbe- trieb ab Zürich verantwortlich. Jeden Abend musste das Flugpersonal in Madrid den Arbeitseinsatz für den nächsten Tag erfragen. Am Morgen wurde Düsseldorf bedient und die Nachmittag-Crew flog nach Palma de Mallorca (PMI). Fast jede zweite Nacht wurde im Hotel in PMI verbracht. Gerüchten zufolge roch es im Cockpit der Iberworld-Maschine zu dieser Zeit meistens nach Oliven und Knoblauch. Im Zuge der häufigen Aufent- halte in Palma bekamen die Schweizer Piloten ausgiebig Gelegenheit, die

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 spanische Kultur kennenzulernen. So wurde vor Ort oft «Finefood» ein- gekauft und danach natürlich auch verzehrt. Ob es das offizielle Crew- Essen war?

Air Berlin Switzerland Die Integration in die Air Berlin schritt voran und endete mit der Über- nahme der ersten A320 mit deutscher Immatrikulation. Bald fand die erste Weihnachtsfeier in Berlin statt, wo die Schweizer Kollegen Eindrücke der deutschen Mentalität sammeln konnten. Die Zusammengehörigkeit war Air Berlin zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig. Zu Beginn des Jahres 2006 beschloss Joachim Hunold, weitere Flug- zeuge zu erwerben. Gekauft waren die Flugzeuge schnell, vier A319 aus Beständen einer im Konkurs geendeten US-Fluggesellschaft. Personal zu rekrutieren war eine andere Sache. Ein zusätzliches Flugzeug war für Zürich vorgesehen, um die «Flotte» auf zwei Maschinen aufzustocken. Der Stations-Captain wurde beauftragt, innerhalb von Tagen das erfor- derliche Cockpit-Personal zu suchen. Nur wenige Piloten mit Airbus- Rating waren zu diesem Zeitpunkt verfügbar. Die Schweizer Kandidaten wurden in den Golfstaaten, Italien und England gefunden. Zwischenzeit- lich hatte es die ehemaligen Swissair-, Crossair- und Air Engadina-Piloten überall hin verschlagen. Die Selektion wiederum fand im Simulatorzen- trum in Berlin-Schönefeld statt. Dort waren die Instruktoren Tag und Nacht im Einsatz und übernahmen diese Aufgabe noch zusätzlich zu den unaufhörlich laufenden Schulungen. Ab März 2006 kam dann der zweite Airbus in Zürich zum Einsatz. Die Strecken wurden aufgestockt, und das Flugpersonal wurde vermehrt auch in Deutschland eingesetzt. Der Crew-Austausch war einfach, da alle Crew Members unter demselben AOC operierten. Zürich wurde die 15. Station der Air Berlin. Legendär waren die Frühjahrs- und Weihnachtsmeetings, zunächst nach Berufsgruppen getrennt (Cockpit, Kabine und Bodenpersonal), mit anschliessenden Feiern in grosser Runde. Die ganze Station Zürich wurde eingeladen und für zwei Tage durch andere Kollegen ersetzt. Durch diese Feiern hatte man Anschluss an die Verwaltung in Berlin und die vielen Stationen im Netzwerk der Air Berlin. Alle Führungskräfte waren stets vertreten. Wir waren eine kleine Familie. Air Berlin bot zu dieser Zeit vielen Schweizern die Gelegenheit, wieder in der Heimat zu arbeiten. Der ehemalige CEO Joachim Hunold, stets nur Achim genannt, hat hierzu einen wesentlichen Teil beigetragen.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Wie zu Beginn erwähnt, kann der anschliessende Übergang der Station Zürich in das AOC der Belair/Air Berlin in der «Rundschau»-Ausgabe 3/2013 nachgelesen werden. l

Belpers Im Jahre 2002 als Verein gegründet, besteht die Belpers bis heute als aktive Interessenvertretung der Piloten der Belair. Seit der Zusammen- führung im Jahre 2009 wurden die Piloten der Air Berlin Switzerland und eine erhebliche Anzahl Neuzugänge sukzessive für die Mitgliedschaft gewonnen. Mittlerweile zählen wir 99 Mitglieder (davon sieben Passive). Gemessen an der Zahl der aktiven Mitglieder erreichen wir aktuell einen Organisationsgrad von 96 Prozent. Der Vereinsvorstand besteht derzeit aus sechs Mitgliedern. Diese reprä- sentieren eine ideale Mischung aus Kapitänen und First Officers. Auch kommen diese von der Belair, der Air Berlin Switzerland und von den Neuzugängen und sind sowohl in Zürich wie auch in Basel stationiert.

Air Berlin – 35 Jahre alt Gegründet wurde Air Berlin Inc. im Juli 1978 durch den US-Amerikaner Kim Lundgren. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur deutschen Wiedervereini- gung 1990 durften nur Flugzeuge der Siegermächte West-Berlin anfliegen. Sitz der Air Berlin USA war Miami, Florida. Der erste Flug der Fluggesell- schaft führte am 28. April 1979 mit einer Boeing 707 von Berlin nach Palma de Mallorca. 1981 wurden die beiden B-707 durch zwei Boeing 737 ersetzt. Air Berlin spezialisierte sich auf Destinationen rund ums Mittelmeer, wobei Palma de Mallorca heute noch das meistangeflogene Ziel der Gesellschaft ist. Nach der deutschen Einheit fiel auch die Lufthoheit der Alliierten. Es wurde ein Zulassungswechsel durch das Deutsche Luftfahrt-Bundesamt (LBA) notwendig. Im April 1991 wurde die Gesellschaft in die Air Berlin GmbH & Co. Luftverkehrs-KG umfirmiert. Aus der kleinen Charterflugge- sellschaft entstand in den folgenden 25 Jahren die zweitgrösste Fluggesell- schaft Deutschlands. Seit 1999 ist Air Berlin IATA-Mitglied und trat 2010 der Allianz Oneworld bei. Seit 2011 beteiligt sich die Ethiad an der Air Berlin. Zurzeit werden innerhalb der Air-Berlin-Gruppe rund 145 Flugzeuge operiert und 8500 Mitarbeiter beschäftigt.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 On The Air…

Text: Zbigniew Bankowski

Local News… Vor zwei Jahren beschlossen einige flugbegeisterte Piloten, eine Antonov 2 in der Westschweiz zu betreiben. Bei der Suche nach einer geeigneten Maschine wurden sie schliesslich in Polen fündig. Bevor die 1972 gebaute AN-2 in die Schweiz überflogen werden konnte, wurde sie in Warschau einer Totalrevision unterzogen. Um den Oldtimer in der Schweiz betreiben zu kön- nen, gründeten die Piloten den Verein «Antonov Suisse Romande – ASR». Die Antonov verbleibt im polnischen Luftfahrt­register, allerdings unter der neuen Kennung SP-ASR, was gleichzeitig dem Kürzel des Vereins entspricht. Anfang Oktober konnte Skywork die Betriebseinstellung kurzfristig abwenden. Die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat der Berner Airline diskutierten bereits über einen geordneten Rückzug des Unternehmens. Im Vordergrund stand eine vorläufige Stilllegung der gesamten Flotte nach Beendigung der diesjährigen Herbstferien-Saison. Die letzten Monate waren kritisch, und es wurde darüber diskutiert, den Betrieb einzustellen, den Mit- arbeitern zu kündigen und einen Sozialplan auszuarbeiten. Einen Konkurs der Airline wollte man unter allen Umständen vermeiden. Der Flughafen Bern-Belp hat beim BAZL die Plangenehmigung für GPS- gestützte Anflüge eingereicht. Der Vorteil GPS-gestützter Anflüge ist die fle- xiblere Routenwahl zur Piste. Nach einer Vorstudie zur Machbarkeit hat der Flughafen Bern nun das definitive Bewilligungsgesuch eingereicht. Darin wird aufgezeigt, wie mit satellitengestützter Navigation und neuen Anflugrouten lärmsensible Gebiete wie die Stadt Bern oder Muri entlastet werden können. Damit wird auch eine bessere Verteilung der Anflüge auf die Pisten 14 und 32 erreicht. Die Alpar AG rechnet je nach Verfahrensdauer mit der Umset- zung der GPS-gestützten Anflüge mit einem Termin zwischen Ende 2014 und Anfang 2015. Der Flugplatz Buochs, zivil genutzte «Sleeping Base» der Luftwaffe und Heimat der Stanser Flugzeugwerke Pilatus plant, ebenso die Einführung eines GNSS-Anflugs (Global Navigation Satellite System). Damit soll es möglich werden, bei schlechtem Wetter oder Hochnebellagen Test- und Werksflüge mit den Pilatus-Flugzeugen durchführen zu können. Auch in Sion gibt es Testflüge für GNSS-Anflüge, die durch eine A320 der Air Berlin geflogen wurden. Bisher erfolgten die ILS-Landeanflüge mit einem Anflug- winkel von steilen sechs Grad, für den viele Passagierflugzeuge gar nicht

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 zugelassen sind. Anders der GNSS-Approach, der noch einen Gleitwinkel von 3,6 Grad vorsieht und ganz oben im Tal beginnt. Jet Aviation Basel unterzeichnete einen Vertrag für die Fertigstellung und Ausrüstung einer Airbus A340-600. Der Vetrag sieht den Einbau eines Ess- und Wohnbereichs sowie von zwei Schlafzimmern mit Suiten und angren- zenden Badezimmern vor. Ausserdem werden noch Büros und offizielle Räume für Meetings eingerichtet. Die Arbeiten sollen im ersten Quartal 2014 beginnen und mehrere Monate in Anspruch nehmen. Es ist noch unklar, um welches Flugzeug es sich handelt. Denkbar ist allerdings, dass es die ehema- lige VP-CCC sein wird, die sich schon länger am EuroAirport befindet und eigentlich für die saudische SAAD-Group zum Executive Jet ausgerüstet wer- den sollte. Solar Impulse HB-SIA ist wieder zurück in der Schweiz. Der Heimflug erfolgte in einer Boeing 747-400F von Cargolux, die auf dem Flugplatz Dübendorf gelandet ist. Die Ankunft der B-747 bedeutete das offizielle Ende der «Across America Mission», aber auch der Betriebstätigkeit­ der HB-SIA. Das Flugzeug wurde nach knapp 500 Flugstunden flugbereit zurückgebracht. Die HB-SIA wird zwar flugtauglich bleiben, künftig soll jedoch ihr kleinerer Bruder HB- SIB, der sich im Bau befindet, ins Rampenlicht rücken.

World News… Boeing gab den Startschuss für die verlängerte B-787-10 und konnte gleich mit mehr als hundert «Commitments» auftrumpfen. United Airlines zeich- nete für 20 B-787-10, und British Airways ist mit zwölf B-787-10 dabei. Die Leasinggesellschaft GECAS bestellte zehn B-787-10, und Konkurrent Air- LeaseCorp entschied sich gleich für 20 B-787-10. Schon vorher hatte Sin- gapore Airlines als Launch Customer ihre Entscheidung für 30 B-787-10 bekanntgegeben. Der Erstflug ist für 2017 geplant, die Lieferungen beginnen 2018. Der gestreckte Rumpf ist für 300 bis 330 Passagiere ausgelegt, gegen- über den 250 bis 290 bei der B-787-9. Es hat lange gedauert, bis sich diese Erkenntnis gegen die nach ständig mehr Range trommelnden Golf-Airlines durchgesetzt hat. Boeing preist die B-787-8 für «neue Routen», die B-787-9 für «lange Routen» und die B-787-10 jetzt für «High-density-Routen» an. Die neue B-787-10 ist elf Meter länger als die bekannte B-787-8.

Airbus is suspending its sharklet retrofit programme for A320s which do not have the reinforced wing developed to support the modified wing tips. As standard, all in-production A320s feature a newly strengthened wing

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 giving customers the option of having sharklets fitted on the assembly line or via a simple swap of the wing-fence during routine maintenance. Airbus has also been examining a possible programme to retrofit older A320s, but this would have required extensive changes to the wing and longer down- time, and Airbus COO said that this retrofit plan has been «paused».

Greater range led Lufthansa to select the Airbus 350-900 over the Boeing 787-10, but higher capacity enabled Boeing’s B-777-9X to win out over the A350-1000. Lufthansa also insists that rejection of the B-787 had nothing to do with the technical issues which led to the type’s grounding earlier this year. The order, which comprises 34 B-777-9X and 25 A350-900s, is Lufthansa’s largest ever by list-price value, totalling 14 billion Euros. The agreements with Airbus and Boeing comprise 59 firm orders, but options and purchase rights bring the total to 119 aircraft. Delivery of Lufthansa’s first B-777-9X is scheduled for 2020. While the carrier expects to be the type’s first operator, early delivery slots could be given to other airlines to iron out potential teething issues. The airline’s first A350 is to join its fleet in 2016, while deliveries for all firmly ordered aircraft, including the B-777-9X, are to be completed in 2025. The A350-900s will be primarily used as an A340-300 replacement, while the B-777-9X is earmarked as a successor to the B-747. Both new types will be configured in two- and three-class passenger cabin layout.

United Airlines conducted the maiden test flight of Boeing 737-800 fitted with the Aviation Partners Scimitar winglet. The Scimitar design is expec- ted to reduce fuel burn by two per cents. Certification is due in early 2014. The new split scimitar winglets with which United Airlines is retrofitting its Boeing 737-800 and 737-900ER fleets look similar to the winglets which feature on the new Boeing 737 MAX family. United estimates each set of split scimitar winglets will reduce the fuel burn by two per cents of any Boe- ing 737NG on which they are installed. Once the split scimitar winglets are installed, United expects the winglet technologies installed on its B-737NG, B-757, and B-767-300ER fleets to save it more than 200 million US-dollars per year in jet fuel costs. Un avion de la compagnie aérienne Saudi Arabian Airlines a été retardé de plusieurs heures après qu’un des passagers se soit étonné qu’une des hôtesses de l’appareil ne soit pas accompagnée par un gardien masculin et a finalement demandé que toutes les femmes non accompagnées à bord

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 quittent l’appareil, comme il est d’usage dans le pays. L’Airbus A321, qui devait effectuer la liaison entre l’aéroport de Jeddah (Arabie Saoudite) et l’aéroport de Damman (Arabie Saoudite) était au roulage alors qu’une des hôtesse du bord faisait les démonstrations de sécurité, quand un des pas- sagers s’est brusquement levé et a demandé à cette hôtesse où se trouvait l’homme qui devait obligatoirement l’accompagner, une femme en Arabie Saoudite ne devant pas voyager seule mais être accompagnée par un mari, un père ou un membre de la famille de sexe masculin. Comme il n’obtenait pas de réponse, il a demandé à ce que le vol soit retardé, le temps que toutes les femmes non accompagnées quittent l’appareil. Les pilotes sont revenus aux parkings et ont appelé la sécurité de l’aéroport afin que le passager et son fils qui l’accompagnait soit sortis de l’appareil. L’incident a occasionné deux heures de retard mais pose également le problème du respect des lois saoudiennes qui veut, effectivement, qu’une femme ne puisse voyager seule dans le royaume. Le Roi Abdullah a annoncé des réformes à ce sujet depuis de nombreuses années mais elles n’entreront en vigueur que dans de nom- breuses autres années.

Crash News… French investigating authority BEA (Bureau d’Enquêtes d’Analyses) has found that an Air France Airbus 319 crew has been preparing for a descent to runway 29 at Tunis but was then offered the straight-in approach to run- way 19. This change shortened the approach by 20 miles but also meant the aircraft was far above the three degrees glideslope. While 33 miles from the threshold, the aircraft was still above flight level 200, travelling at 276 knots. It descended at 5000 ft/min, chasing the glideslope. However the aircraft slowed and reduced its descent, failing to close the gap by the time the cap- tain disengaged the autopilot, with the aircraft still at 10 000 feet only 14 nautical miles out. The aircraft passed through the glideslope 2.8 miles from the threshold, still flying at 220 kts and descending at 2200 feet per minute. It continued to descend to 398 feet above ground, triggering sink-rate war- nings and a «pull up» order, before the crew finally applied the go-around procedure.

Short News… Singapore Airlines (SIA) bestellte weitere 30 A350XWB-900. Ausserdem wurden noch 20 Optionen genommen, die auch für die A350-1000 gültig sind. Total sind es jetzt 90 (70+20) A350 für SIA.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Kurz vor dem Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten in Berlin gab Air China in einer Börsenmitteilung einen Auftrag über 100 weitere Airbus 320 bekannt. Es handelt sich um 60 Flieger für Air China selbst sowie 40 für die Tochter Shenzhen Airlines. Ein unerwarteter Vorvertrag wurde mit der Doric Lease Corp bekanntgege- ben, die 20 A380 zur Lieferung zwischen 2016 und 2021 kaufen möchte. Doric ist in London ansässig, wird aber in erster Linie von Deutschen gesteuert. Man hat bereits 18 A380 von Singapore Airlines sowie Emirates gekauft und über Fondsmodelle an institutionelle sowie private Anleger weiterverhökert. EasyJet entschied sich für den A320neo und kündigte eine Order über 100 Maschinen an. Dazu kommen Kaufrechte für weitere 100. Schon in Mai hatte Airbus eine kleine Aufstockung um drei A320ceo von easyJet verbucht (total jetzt 283 A320ceo plus 100 A320neo). Nach aktueller Planung sind 85 Flug- zeuge als Ersatz für die A319 vorgesehen, die anderen zur Expansion. Die neuen A320 sollen für 192 Passagiere eingerichtet werden, also noch zwei Sitzreihen mehr als heute. Es sind neue Evakuierungs-Nachweise erforder- lich, um das zu zertifizieren. Air France KLM unterzeichnete ihren schon im letzten Jahr angekündigten Auftrag über 25 A350XWB-900 (plus 25 Optionen). Lange hatte es Unstim- migkeiten mit Rolls-Royce als Triebwerkslieferanten gegeben. Obwohl es den A350 ausschliesslich mit RR-Motoren gibt, wurde der Auftrag für den Antrieb jetzt noch nicht festgelegt. Die IAG-Gruppe, Muttergesellschaft von British Airways und Iberia, schloss einen Vorvertrag über bis zu 220 Airbus A320 für Vueling, BA und Iberia ab. Die TUI-Gruppe bleibt Boeing treu und kündigte die Bestellung von 40 Boe- ing 737MAX-8 sowie 20 B-737MAX-9 an. Sie sind für TUI Fly (Deutschland), Thomson Airways (UK), TUI Fly Nordic (Schweden), Jetairfly (Belgien) sowie Arkefly (Nederland) vorgesehen. WestJet aus Kanada unterschrieb einen Letter of Intent über 65 B-737MAX. Neben 40 MAX-8 sollen es auch 25 MAX-7 werden, womit WestJet neben Southwest erst der zweite Kunde für diese Version ist. Embraer gab die Weiterentwicklung der E-Jet-Familie mit Getriebefan-Trieb- werken PW1700G beziehungsweise PW1900G bekannt. Als Erstes sollen die E190-E2 für 97 bis 114 Passagiere ab 2018 zur Auslieferung gelangen. Es folgt die nochmals gestreckte E195-E2 für 118 bis 144 Passagiere. Als Letz- tes ist die E175-E2 für 80 bis 90 Fluggäste vorgesehen. Konkret ist Skywest Airlines (USA) der Launch Customer für 100 E175-E2 (plus 100 Optionen), die für Einsätze als United Express gedacht sind. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Zeitreise Ein Rückblick über wichtige, erheiternde oder auch banale Facts aus 100 Jahren Luftfahrtgeschichte. Von Oktober bis Dezember…

Text: Christoph Jordan

… vor 60 Jahren Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg, übernahmen die Siegermächte auch nach dem Zweiten Weltkrieg die Lufthoheit und untersagten den Luftver- kehr. Nichtsdestotrotz arbeiteten eifrige Lufthanseaten schon seit Kriegs- ende im Geheimen an einem Wiederaufbau ihres Unternehmens. Dies gelang Anfang der 1950er Jahre – auch mit alliiertem Segen. Am 6. Januar 1953, 27 Jahre nach der Gründung der Vorkriegs-Lufthansa, wurde die Vorläuferin der neuen Deutschen Lufthansa, die LUFTAG, gegrün- det. Die Bestellung einer ersten L-1049LG Super Constellation folgte im August, die Ausbildung von Piloten, Flugbegleitern und Bodenpersonal ab November. Am 20. Dezember 1953 entschieden die Alliierten, eine definitive Erlaubnis für die Gründung der neuen Lufthansa zu erteilen. Knapp ein Jahr später, im Dezember 1954, umfasste der Personalbestand schon 600 Mit- arbeiter, und am 1. März 1955, nur zehn Jahre nach Kriegsende, nahm die Lufthansa ihren Flugbetrieb wieder auf, zunächst mit Convair CV 340 auf Inlandflügen.

… vor 50 Jahren Ende der 1950er Jahre entwickelte William P. Lear ein zweistrahliges Geschäftsreise-Flugzeug. Zur Produktion und Vermarktung seines Entwurfs gründete er in der Schweiz die Swiss American Aviation Corporation (SAAC). Lears Geschäftsreise-Flugzeug sollte den Namen SAAC-23 bekommen. Da er in den USA bessere Marktchancen für seine Entwicklung sah, verlegte Lear den Unternehmenssitz 1962 nach Wichita, Kansas. Dort begann im Februar der Zusammenbau des nun Learjet genannten Flugzeugs. Lear war schon immer begeistert vom schweizerischen Jagdflugzeug P16. Der Bundesrat allerdings entschied, die P16 nicht zu beschaffen. Der enttäuschte Dr. Hans Stüder, Chefkonstrukteur der FFA, wechselte zu SAAC. Er begann den zivilen Rumpf zu konstruieren. Die Flügel stammten beinahe unverändert vom geplanten schweizerischen Kampfflugzeug FFA P-16 der Flugzeugwerke Altenrhein. Der erste Prototyp flog am 7. Oktober 1963. Gut ein Jahr später, am 13.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Oktober 1964, wurde die erste Serienmaschine ausgeliefert, ein Learjet 23. Das Modell fand guten Kundenanklang und wurde weiterentwickelt. 1966 entstand das Modell Learjet 24. Dieses Modell wurde unter den Bedingungen einer Verkehrsmaschine zugelassen, ein Novum für ein Geschäftsreise-Flug- zeug. Bereits am 27. November 1968 wurde die 200. Maschine ausgeliefert. William P. Lear verliess das Unternehmen 1969. Er verstarb am 14. Mai 1978 in Reno, Nevada.

FFA P16 und Learjet 23.

… vor 40 Jahren Die Martin Marietta X-24B wurde Ende der 1960er Jahre von USAF und NASA im Rahmen des «Lifting Body»-Programms entwickelt. Dabei handelte es sich um ein bemanntes Experimentalflugzeug in einer Reihe von tragflächenlo- sen Testflugzeugen. Mit diesen sollte gezeigt werden, dass tragflächen- und antriebslose Flugzeuge sicher gesteuert und gezielt gelandet werden können. Die Erkenntnisse wurden später bei der Entwicklung des Space Shuttle der NASA verwertet. Das Programm der Martin Marietta X-24B wurde nach den Erfahrungen mit der X-24A entwickelt. Die auffälligsten Unterschiede waren ein spitzer Bug sowie das zurückgesetzte Cockpit und das modifizierte Leit- werk. Die X-24B unterschied sich vom Vorgängermodell ferner dadurch, dass sie einen deltaförmigen Rumpf hatte, der zweimal so viel tragende Flä- che bot. Die Gleiteigenschaften wurden dadurch wesentlich verbessert, und somit auch die Steuerbarkeit. Das Triebwerk wurde dagegen beibehalten. Die X-24B hatte ihren Erstflug am 15. November 1973. Das Versuchsflugzeug wurde mit einer Trägermaschine vom Typ Boeing B-52 Stratofortress auf ihre Einsatzhöhe von 13960 Metern gebracht und dann ausgeklinkt. Nach Zündung der Raketentriebwerke beschleunigte die Maschine und stieg bis über 20000 Meter. Die Landung erfolgte im Gleitflug.

… vor 20 Jahren Am 13. November 1993 stürzte eine McDonnell Douglas MD-82 der China Northern Airlines im Anflug auf den Flughafen von Urumqi vor Beendigung des Linienflugs CJ6901 aus Peking ab. Zusammen mit China Eastern Airlines war China Northern Airlines einer der beiden MD-80-Nutzer in der Volksre- publik China. An Bord befanden sich 102 Insassen, darunter zehn Crew-Mit- glieder. Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschten suboptimale Bedingungen mit einer Sichtweite von 1000 Metern.

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Die Cockpit-Besatzung bereitete die Landung auf die Piste 25 vor. Vier Mei- len vor der Landung schaltete sich der Autopilot aus. Wenig später schaltete ein Besatzungsmitglied den Autopiloten wieder ein, um ihn dem Instrumen- tenlandesystem (ILS) folgen zu lassen. Irrtümlicherweise wurde aber der Ver- tical-Speed-Modus aktiviert. Diese Option fordert den Autopiloten dazu auf, die gegenwärtige Sinkrate beizubehalten. Diese betrug zum Zeitpunkt der Aktivierung 800 Fuss pro Minute. Eine Sinkrate von 700 Fuss wäre aber nor- mal gewesen. Folglich sank die MD-82 immer mehr unter den vorgeschriebe- nen Gleitweg und geriet zu niedrig. Dies fiel der Besatzung offenbar nicht auf, und der Fokus wurde auf die Landung gelegt. Diverse akustische Warnungen wurden von der Besatzung missachtet. Es folgte eine weitere und letzte Warnung: «Pull up! Pull up!». Der First Officer konnte die Warnung nicht interpretieren. In diesem Moment streifte die MD-82 rund 1,5 Kilometer vor der Landebahn eine Hochspan- nungsleitung. Als Folge setzte der Airliner sehr unsanft vor der Landebahn auf freiem Feld auf und zerbrach. Zwölf Insassen kamen ums Leben.

… vor 10 Jahren Das Ende der Concorde nahte mit dem Absturz vom 25. Juli 2000: Beim Start in Paris-Charles de Gaulle wurde ein Reifen einer Concorde der Air France vermutlich von einem auf der Startbahn liegenden Metallteil zerfetzt, das vom Triebwerk einer kurz vorher gestarteten DC-10 der Continental Airlines abgefallen war. Hochgeschleuderte Gummiteile der explodierenden Reifen durchtrennten ein stromführendes Kabel des linken Hauptfahrwerks, bevor sie mit unvorstellbarer Wucht auf die Unterseite der linken Tragflä- che aufschlugen, die daraufhin leckschlug. Der dadurch auslaufende Treib- stoff entzündete sich in der Folge an dem erwähnten Kabel und setzte die linke Tragfläche in Vollbrand. Rund eine Minute nach dem Start stürzte die Maschine auf ein Hotel in Gonesse bei Paris. Alle 109 Menschen an Bord und vier Bewohner des Hotels kamen ums Leben. Air France stellte daraufhin den Flugbetrieb der Concorde ein, die britische Flugaufsicht entzog der Concorde die Flugtauglichkeits-Bescheinigung, die sie erst nach zahlreichen Konstruktionsänderungen wieder erlangt hatte. Insbesondere entwickelten die Briten eine Verstärkung der Tanks aus ein- gelegten Matten, bestehend aus Kevlar, während der französische Hersteller Michelin einen stabileren Reifen entwarf. Durch die Veränderungen, die rund 100 Millionen Euro gekostet haben sollen, wurde die Concorde schwerer,

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 was ihren ohnehin unwirtschaftlichen Einsatz noch teurer werden liess. Am 7. November 2001 wurde der Linienbetrieb zwischen Paris beziehungs- weise London und New York wieder aufgenommen. Aufgrund ausbleiben- der Passagiere und neuer Sicherheitsmängel erklärten Air France und Bri- tish Airways am 10. April 2003 jedoch, dass der Linienflugbetrieb mit der Concorde im Laufe des Jahres 2003 eingestellt werde. Der letzte Flug einer Air-France-Concorde fand am 24. Juni 2003 statt, British Airways beendete die Concorde-Flüge am 24. Oktober 2003. Der allerletzte Concorde-Flug fand am 26. November 2003 unter der Leitung von Chefpilot Mike Bannister von London-Heathrow ins Museum nach Filton statt. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 Shooter’s Corner Schärfe als Gestaltungsmittel

Ein scharfes Bild ist noch lange kein gutes Bild. Schärfe ist vielmehr ein Gestaltungsmittel erster Wahl, um den Blick des Bildbetrachters auf das Hauptmotiv zu lenken. In dieser Folge betrachten wir deshalb, was Schärfe in der Fotografie bedeutet und wie wir sie für wirkungs- vollere Bilder einsetzen können.

Text: Dominique Wirz

In der Fotografie unterscheidet man verschiedene Arten von Schärfe: Die objektive Schärfe ergibt sich aufgrund der optisch-physikalischen Kom- ponenten des Bildes, also beispielsweise der Scharfstellung, der Güte des Objektivs oder des Sensors. Dagegen hängt die subjektive Schärfe vor allem vom Bildkontrast ab. So wirkt ein Bild schärfer bei hartem, flachen Streif- licht, deutlichen Schatten, komplementären Farben oder einfach guter Sicht nach einem Gewitter. Dann kennen wir natürlich noch die Schärfentiefe, die sich, ausgehend von der Fokussier-Ebene des Motivs, rund zwei Drittel nach hinten und einen Drittel nach vorne ausdehnt. Wie gross dieser Bereich bei einer bestimmten Blende ist, konnte man bei alten Objektiven noch auf einer Schärfentiefenskala ablesen. Heute können wir die Schärfentiefe direkt auf dem Display beurteilen – bei guten Kameras auch vor der Aufnahme im Sucher mittels Abblendtaste –, oder wir berechnen sie mit einer der zahlrei- chen verfügbaren Gratis-Apps auf dem Smartphone (Stichwort: DOF – Depth Of Field).

Tipps gegen das Verwackeln Um ein objektiv scharfes Bild zu erhalten, gilt es zunächst, «Verwacklung» zu vermeiden. Denn sie ist die häufigste Ursache von ungewollt unscharfen Fotos bei Handaufnahmen. Folgende Tipps verhelfen zu scharfen Bildern: l Wählen Sie eine möglichst kurze Verschlusszeit. Was nützt ein bisschen mehr Schärfentiefe, wenn wegen der längeren Verschlusszeit das Bild verwackelt wird? Als Faustregel können wir uns merken, dass die Belich- tungszeit mindestens dem Kehrwert der Brennweite entsprechen sollte. Bei einem 200-mm-Teleobjektiv müssen wir also eine 1/200 Sekunde oder mehr belichten, damit das Foto scharf wird. l Je kleiner der Kamerasensor, desto geringer sind auch die realen Brenn-

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 weiten und somit auch die Verwacklungsgefahr. l Bei besseren Objektiven können Sie dank Anti-Schüttel-Mechanismus (z.B. Nikon VR: Vibration Reduction, Canon IS: Image Stabilizer) auch zwei Lichtwerte langsamer belichten (also 1/50 Sekunde), sofern Sie die Kamera ruhig halten und sich das Objekt nicht bewegt. l Achten Sie auf die richtige Kamerahaltung und einen sicheren Stand. Zie- hen Sie die Kamera mit beiden Händen fest ans Gesicht, stellen Sie ein Bein leicht nach vorne und drücken Sie die Oberarme an den Körper. Nutzen Sie ausserdem jede Möglichkeit des Aufstützens oder Anlehnens, aber nicht an vibrierende Autos, Flugzeugscheiben oder Fahnenstangen. l Auch die Auslösetechnik spielt eine Rolle: Druckpunkt erfühlen – Atem anhalten – weich und doch zügig durchdrücken. l Bei längeren Brennweiten und/oder langen Belichtungszeiten empfiehlt sich der Einsatz eines Stativs mit Selbst- beziehungsweise Fernauslöser. Dabei sollten bei Spiegelreflexkameras aber Zeiten zwischen 1/30 und 1/4 Sekunde gemieden werden. Bei diesen Zeiten entstehen Vibrationen durch das Hochklappen des Spiegels und durch das Ablaufen des Verschlusses. Wenn Sie also keine Spiegelvorauslöse-Funktion an der Kamera haben, wählen Sie lieber längere Zeiten.

Selektive Schärfe Schärfe ist ein wichtiges Gestaltungsmittel. Das Scharfe ist das von uns Ausgewählte – und das ist umso deutlicher zu spüren, je stärker es mit dem Unscharfen, dem eben nicht Ausgewählten, kontrastiert. Scharf ist immer bestimmt – meint einen bestimmten Standort sowohl in Zeit als auch Raum. Unscharfes wirkt dagegen immer allgemein. Das kennen wir aus unserer Erfahrung. Unser Auge kann auch nur immer das Objekt scharf wahrnehmen, das es betrachtet. Den Effekt der selektiven Schärfe können wir bewusst ein- setzen, um die Aufmerksamkeit des Betrachters gezielt auf ein Bildelement zu lenken beziehungsweise um unerwünschte Bilddetails unkenntlich zu machen. Fotografisch setzen wir das um, indem wir eine geringe Schärfentiefe (= offene Blende) wählen. Ein bildwichtiges Detail erscheint dann gestochen scharf vor einem – infolge starken Aufblendens – völlig unscharf zerfliessen- den Hintergrund. Aufnahmen, die eine solche «springende Schärfe» enthal- ten, sind meist viel interessanter als mit geschlossener Blende geschossene Bilder, die vom Vorder- bis zum Hintergrund durchgehend scharf erschei- nen. Auch Vordergrunddetails, etwa ein Durchblick, können sich durch-

AEROPERS  Rundschau 4 | 2013 aus unscharf vom völlig scharfen Hintergrund abheben. Gelegentlich ist es durchaus günstig, Motivpartien, die man verschwinden lassen möchte, mit unscharfen Vordergrundteilen zu überdecken. Und denken Sie auch immer daran, dass weites Aufblenden – noch dazu in Verbindung mit einer län- geren Brennweite – ein ideales Mittel ist, einen zu stark strukturierten und damit das Hauptmotiv störenden Hintergrund in wolkiges Nichts zerfliessen zu lassen (Makro, Porträt).

Schärfentiefe beeinflussen Damit Sie die Schärfentiefe immer im Griff haben, empfehle ich Ihnen, stan- dardmässig mit der Halbautomatik «Blendenpriorität» (A oder Av) zu foto- grafieren. Neben der Wahl der Blende beeinflussen aber auch noch weitere Faktoren die Schärfentiefe markant. So erzeugen Brennweiten im Telebereich von Natur aus eine geringere Schärfentiefe als jene im Weitwinkel-Bereich. Teleobjektive eignen sich also perfekt dazu, Motive vor einem unscharfen Hintergrund abzuheben, wogegen man Weitwinkel wählen sollte, wenn man alles von vorne bis hinten scharf haben möchte. Auch unsere Ausrüstung spielt eine Rolle: Mit grossen Kamerasensoren (Halb- oder Vollformat) können wir wesentlich mehr kreative Unschärfe erzeugen als mit Kompaktkameras oder gar Smartphones! Und Objektive mit grosser Anfangsöffnung (grösster Blende) bieten ebenfalls mehr Spiel- raum, sind aber meist teurer und schwerer als die kompakten Allround- Zoom-Objektive – oft aber auch besser. Aber für ernsthafte Fotografen sind sie trotzdem eine Überlegung wert. Vor allem die Normalobjektive (50 mm) mit ihren riesigen Anfangsöffnungen (1.4 oder 1.8) sind erstaunlich günstig zu haben und eignen sich zudem für Aufnahmen in Situationen mit wenig Licht. Eine weitere Tatsache hilft, Unschärfe zu erzeugen. Je näher Sie fokussie- ren, desto geringer wird die Schärfentiefe und desto unschärfer wird deshalb auch der Hintergrund. Vielleicht haben Sie das schon selbst erfahren, als Sie eine Blume in Nahaufnahme porträtieren wollten. Und schliesslich noch folgender Tipp: Schärfe lenkt nicht nur die Aufmerk- samkeit. Durch den Kontrast zwischen scharf und unscharf entsteht auch ein Eindruck räumlicher Tiefe. Also ein weiterer Trick, mit dem wir etwas Räumlichkeit in unsere zweidimensionalen Bilder zaubern können. l

Ende Artikel AEROPERS  Rundschau 4 | 2013