Volken im 19. Jahrhundert

Zukunft braucht Herkunft Inhaltsverzeichnis Seite 2 Inhaltsverzeichnis 3 Persönliches Vorwort 4 Hintergrund Die Helvetik 1798 – 1803 Die Mediationsverfassung 1803-1814 5 Die Restauration von 1815 Die Regeneration von 1830 6 Zusammenfassung wichtiger Ereig- Verfassungen nach der Revolution von 1798 nisse Weitere wichtige Änderungen im Kanton Zürich 7 Die Gemeindebehörden, die wirkli- Der Gemeindeammann, Liste d. Gemeindeammänner chen Honoratioren Volkens 8 Der Friedensrichter 9 Verzeichnis der Friedensrichter 10 Der Gemeinderat 11 Titelblatt des ersten Gemeinderats-Protokollbuches 13 Karrieren und Gewaltentrennung 14-15 Liste aller Honoratioren 16-27 Interessantes aus den Protokollen Der Frust der Präsidenten 18 Kriegerisches 20 Feuerwehr 21 Strassenbau 22 Strassenunterhalt, Wasserversorgung 23 Gesundheitspolitisches: Cholera und Hebamme 24-27 Verschiedenes 28-29 Karten von Volken 1660,1849,1896 30 Erschliessung Volkens mit Strassen Detail der Karte des Weinlandes von 1650 31 Detail der Strassenkarte des Kantons ZH von 1850 32 Strassenbauplan von 1845 Dorf – Volken – 33 Strassenbauplan von 1904 Glemettenstrasse 34 Die Post in Volken 35 Die Kosten 36 Das „Postgebäude 37 Umbau und Inneres des Restaurant Post 38 Die Weinschenken Volkens 39 Verzeichnis der Patentinhaber 40 Abgabeformular und Eintrag des Bierpatentes 41 Was in den Weinschenken so passierte 42 Von Beizen und Bäckern Beizer 43 Bäcker 44 Der Schweizer Franken 45 Vormundschaften und Konkurse 46 Die Bevölkerungsentwicklung 47 Das Bürgerrecht von Volken 48 Eidgenössische Volkszählungen 49 Die Familie von Heinrich Keller Familie Schuler 50 Die Familie von Hans Konrad Keller 51 Johann Conrad Keller 52 Der Wegzug der Nachkommen 53 Anhang Blatt Gebäudeversicherung des Restaurant Post 54-55 Liste der Mitglieder des Gemeinderates 56-57 Der Grundzins-Loskaufvertrag vom 27.3.1847 Auszug aus dem Protokoll der Gemeindeversamm- 58-59 lung vom 10. Juni 1854, Rekursbeantwortung, Anga- ben über die Salärstruktur des Gemeindeschreibers

2 Persönliches Vorwort

Wenn im Alter das gezielte Planen der Zukunft durch das Plätschern des Alltags abgelöst wird, beginnt man sich zu fragen, woher wir kommen, wo unsere Wurzeln sind. Da meine beiden letzten direkten Vor- fahren, welche in Volken lebten, nach der Selbständigkeit Volkens 1805 und der Wahl eines eigenen Ge- meinderates eine grosse Rolle spielten, gedachte ich eine Würdigung der letzten zwei Generationen meiner Ahnen in Volken zu schreiben. Aber ich erlag der Faszination, die Entwicklung einer Gemeinde durch die Lektüre der Protokollbücher der Gemeindeversammlungen und der Gemeinderatssitzungen verfolgen, ja fast hautnah miterleben zu können. Die Vergangenheit wurde lebendig. So wuchs dieses Büchlein in Ei- gendynamik zu einer Zusammenfassung über Volken im 19. Jahrhundert. Man möge mir nachsehen, wenn ich jeweils für typische Beispiele Personen und Ereignisse von meinen Ahnen erwähne. Es fehlten mir Zeit und Platz, um auch der Geschichte anderer Familien, den Erb, Ritzmann, Schuler, Saller etc. nachzugehen. Dank Zustimmung des Volkemer Gemeinderates, insbesondere der für Kultur zuständigen Gemeinderätin Elsbeth Ritzmann und den Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung, konnte ich für meine Nachforschun- gen das Gemeindearchiv benutzen. Ich danke für das Wohlwollen, das mir entgegengebracht wurde.

„Die gute alte Zeit“: wir neigen dazu, die Vergangenheit zu idealisieren. Wenn wir heute die rasende Ent- wicklung auf allen technologischen Gebieten beklagen, vergessen wir, dass auch unsere Ahnen im 19. Jahrhundert mit umwälzenden Änderungen konfrontiert wurden. Vieles, was sie und ihre Vorfahren wäh- rend mehreren Jahrhunderten als feste unverrückbare Werte, Grenzen und Zwänge kannten und akzeptier- ten, wurde abgeschafft oder verändert. Die französische Revolution hatte auch in der Schweiz eine wahre Revolution ausgelöst, mit entsprechenden Auswirkungen wie Chaos, Bürgerkrieg, Staatsstreichen usw. Dies war ihre damalige „Globalisierung―, geprägt durch die Industrialisierung, den Bau der Eisenbahnen und die Verlockung zur Auswanderung in fremde Kontinente.

Ich danke recht herzlich all den vielen Menschen, welche mir bei der Zusammenstellung und Überprüfung der Fakten, bei der Produktion dieses Büchleins und mit dem Lektorat des Textes geholfen haben. So viele engagierte Helfer zu finden, war eine ganz spezielle Erfahrung. Besonders dankbar bin ich Prof. Dr. h.c. Peter Ziegler, Wädenswil, und Frau Regula Geiger, Küsnacht, für ihre Korrekturlesung des Textes und Dr. Samuel Wyder, Forch, für seine Ausschnitte aus alten Karten.

Da das 19. Jahrhundert – nicht zu reden vom 20. Jahrhundert – in meinem Geschichtsunterricht, aber auch in demjenigen vieler meiner Freunde, in der Schule wenig Platz fand, wollte ich zuerst zusammenstellen, welche politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen denn das Leben unserer Ahnen prägten, wird doch unser Tun von den vorherrschenden Umweltverhältnissen stark beeinflusst.

In der Geschichtsschreibung kommen vor allem Männer vor. Eine vertiefte Betrachtung der Ereignisse hat mir aber sehr deutlich vor Augen geführt, dass ihre Frauen eine grosse Verantwortung übernahmen und gerade in der Landwirtschaft eine riesige Arbeit verrichteten. Wenn sie dann noch früh zu Witwen wurden, wie z.B. meine Ururgrossmutter Susanna, geborene Gisler, dann trugen sie zum Wohl der Familie eine vielfache Last als alleinerziehende Mutter, Allein-Bäuerin, Wirtin. Dabei darf angenommen werden, dass eine Witwe sehr wenig Prestige genoss, hatten doch die Frauen noch sehr lange keine politischen und we- nig wirtschaftliche Rechte und definierten sich über die Stellung ihres Mannes.

Ich hoffe, dass die Lektüre dieses kleinen Werkes einige Menschen anregt, selber Nachforschungen anzu- stellen. Dies hier kann nur ein oberflächliches Wiedergeben, eine Zusammenfassung der Vergangenheit sein, die in den Archiven dokumentiert ist. Es lohnt sich, das eine oder andere Thema vertieft zu betrachten.

Zukunft braucht Herkunft. Tatsächlich: ohne Geschichte ist die Gegenwart nicht zu verstehen. Was haben unsere Vorfahren geleistet, wie beeinflusst das unser Denken, unser Planen, unser Leben? Das Motto stammt vom Philosophen Odo Marquard.

Ich bin dankbar, wenn mir allfällige Fehler gemeldet werden, denn trotz grösster Sorgfalt kann ein gele- gentlicher Irrtum nie ausgeschlossen werden.

Hans Peter Keller, Schiedhaldenstrasse 32, 8700 Küsnacht e-mail: [email protected] September 2009 Nachdruck unter Quellenangabe gestattet 3 Hintergrund:

Die Schweiz im Zeitalter der Französischen Revolution 1

Die Helvetik 1798 – 1803

Die Helvetische Revolution von 1798 war nicht einfach eine von aussen gesteuerte Imitation der Französi- schen Revolution, sondern die logische und unvermeidliche Folge der Ungleichheiten im zerrütteten politi- schen System der Alten Eidgenossenschaft. Es gab überall Aufstände gegen die alten Herrschaftsformen. Am 12. April 1798 wurde in Aarau die Helvetische Republik ausgerufen. Die Verfassung war ähnlich der- jenigen der Französischen Republik mit einer zentralen Regierung. Die bisherige föderalistische Struktur wurde völlig eliminiert. Das Direktorium der Helvetischen Republik schloss mit Frankreich ein Militär- bündnis und wurde so in die Napoleonischen Kriege hineingezogen (1799 – 1802). Deshalb wurde, erst- mals seit Jahrhunderten, auch die Schweiz zu einem Hauptkriegsschauplatz. Französische Truppen kämpf- ten in der Schweiz.

Die neue Ordnung bedeutete das Ende der bisherigen Regierung durch einige herrschende Familien und die Zünfte. Alle früher geltenden wirtschaftlichen und politischen Einschränkungen sollten fallen, Handels-, Gewerbe- und Pressefreiheit wurden eingeführt, Untertanengebiete ab 4. April 1798 abgeschafft. Es ent- stand aber nicht eine Demokratie, sondern ein Chaos. Die Einquartierung von Tausenden von Soldaten auf Kosten der einheimischen Landbevölkerung zehrte die Ressourcen der Schweiz auf. Das zentralistische System wurde von der Bevölkerungsmehrheit nicht akzeptiert. „Liberté―, Freiheit, bedeutete für das einfa- che Volk, keine Steuern und Abgaben mehr zu bezahlen und zu machen, was einem beliebte. Die Helveti- sche Republik hatte keine gesunde finanzielle Basis. Sie erlebte zwischen 1800 und 1802 mindestens vier Staatsstreiche und versank im inneren Chaos.

Nun griff Napoleon ein, verlangte das Ende des Bürgerkriegs und bestellte Delegationen aller Parteien nach Paris, wo er der Schweiz aus der Erkenntnis heraus, dass der zentralistische Einheitsstaat keine Chance hatte, eine föderalistische, die Eigenständigkeit der Kantone betonende, Verfassung verschrieb. Seine Pro- klamation: „Bewohner Helvetiens, Ihr bietet seit zwei Jahren ein betrübendes Schauspiel dar. Ihr habt Euch drei Jahre gezankt, ohne Euch zu verstehen. Wenn man Euch länger Euch selbst überlässt, so werdet Ihr Euch noch drei Jahre morden…“

1 Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/helvetik.html 4 Die Mediationsverfassung 1803 - 18142

Sie wurde der Schweiz am 19. Februar 1803 von Napoleon verordnet, gab den grössten Teil der staatlichen Kompetenzen an die 19 Kantone der neuen Eidgenossenschaft und eliminierte das nationale Parlament sowie die Zentralregierung. Als nichtständige Konferenz der Kantone wurde die Tagsatzung wieder einge- führt. Nur die Aussenpolitik blieb beim Bund; die Gesetzgebungsgewalt fiel an die Kantone zurück.

Die Zürcher Verfassung gliederte das Kantonsgebiet in fünf grosse Bezirke anstelle der früheren Land- und Obervogteien: Stadt Zürich, Horgen, Uster, Bülach und Winterthur, zu welchem Volken gehörte. Im Som- mer 1803 erliess der Grosse Rat Gesetze und Verordnungen über die Organisation des Gerichtswesens. Volken durfte 1803 seinen eigenen Friedensrichter wählen. Seine volle Selbständigkeit erhielt Volken 1805 durch die Wahl eines Gemeinderates3. Siehe auch Seite 10

Zu bemerken ist noch, dass von der alten Ordnung der Stillstand wieder eingeführt wurde, sodass die Kir- che wieder ihre Funktion als Sittenhüterin zurückerhielt.

Die Abhängigkeit der Schweiz von Frankreich nahm zu. Die Schweiz musste Soldaten und Geld für Napo- leon bereitstellen. Als Napoleon in Russland scheiterte, wollten die Sieger die wegweisenden Errungen- schaften rückgängig machen. Ende 1813 rückten 130’000 russische und österreichische Soldaten in die Schweiz ein. Die Schweizer Tagsatzung hob die Mediationsverfassung auf, worauf allsogleich der Streit über die neue Ordnung ausbrach.

Die Restauration von 18152

1815 wurden auf dem Wiener Kongress die Verhältnisse in Europa neu geordnet. Die Schweiz konnte froh sein, dass im Wesentlichen die Grenzen von 1798 wiederhergestellt wurden. Der Preis für das Überleben der Schweiz als Kleinstaat war die Verpflichtung zur Neutralität. Genf, Wallis und Neuenburg sowie Teile des Fürstbistums Basel wurden neu zu Schweizer Kantonen, nachdem sie vorher zugewandte Orte waren. Die Schweiz bestand nun aus 22 Kantonen.

Im Innern erreichten die Konservativen die Restauration (Wiederherstellung) der alten Ordnung. Die Ab- schaffung der Leibeigenschaft und die allgemeine Volksschulbildung blieben aber bestehen. Die Städte konnten zwar die Landschaft nicht wie vorher total beherrschen, waren aber in den Parlamenten übervertre- ten (in Zürich: Landschaft 82 von 212 Sitzen).

Die Regeneration von 18304

Unter dem Eindruck der französischen Julirevolution von 1830 setzte in der Schweiz eine liberale Erneue- rungsbewegung ein, die Regeneration. Viele Kantone, so auch Zürich (1831), erneuerten ihre Verfassung. Der obrigkeitliche Kirchenzwang wurde aufgehoben. Auch wurde die Pressezensur abgeschafft, das Bil- dungswesen gefördert. In Zürich 1832 Neuorganisation der Volksschule, Gründung von Lehrerseminar, Kantonsschule und Universität. Die Reformation der Volksschule führte zur Reduktion der Kinderarbeit und fand deshalb den Unmut der Bauern und Fabrikanten. Eine Welle kritischer Bibelforschung an den Hochschulen führte zu empörten Reaktionen, zu einem Marsch bewaffneter Oberländer Bauern, worauf Zürichs Regierung zurücktrat.

Die alten katholischen Kantone schlossen sich 1846 zu einem Sonderbund zusammen, doch als Reaktion darauf gab es einen liberalen Umschwung. Ausländische Hilfe wurde angefragt, der Sonderbundskrieg eröffnet. Dank einem besonnenen General Henri Dufour wurde dieser Krieg schnell und mit wenigen Toten und Verletzten beendet. Die Sieger nutzten die Gelegenheit, ihre liberalen Anliegen in bedachter Weise in der Bundesverfassung von 1848 umzusetzen.

Der Kanton Zürich gab sich am 18.4.1869 seine neue Verfassung, welche bis vor kurzem Gültigkeit hatte.

2 Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/mediation-napoleon.html 3 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, Seite 80 4 Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/bundesstaat.html 5 Zusammenfassung

Verfassungen nach der Revolution von 1798

1798 1803 Helvetische Republik Bürgerliche Freiheitsrechte, einheitliches Bildungswesen, Ein- führung freier Marktwirtschaft

1803 1815 Mediation Von Napoleon diktiert

1803 1830 Wieder Stillstand eingeführt

1815 1830 Restauration Festigung alter feudaler Privilegien von Magistraten und Aristo- kratie

1831 1839 Regeneration 1831 nach der Julirevolution in Frankreich erkämpft sich das ländliche Bürgertum mit Hilfe der Bauern & Heimarbeiter die Rechtsgleichheit, Einführung der repräsentativen Demokratie, von Bauern unterstützt

1831 20. März 1831 Neue Verfassung des Kantons Zürich nach dem Uster-Memorial vom 22.November 1830 Aufhebung des obrigkeitlichen Kirchenzwangs

1839 Züriputsch, konservativer Gegenschlag

1869 18. April 1869 Neue Verfassung des Kantons Zürich

Weitere wichtige Ereignisse im Kanton Zürich

aus dem Band 3, Geschichte des Kantons Zürich, Werd Verlag, Angabe der Seitenzahlen

1804 Eheschliessung für Mittellose verboten (S.54) 1816-1817 Ernteausfälle, Teuerung (S.54) 1832 neues Unterrichtswesen, da von der Bevölkerung nur 1/3 lesen könne. (S.134) 1846-1847 Ernteausfälle, Teuerung (S.54) 1863/65 – 1871 Rezession, Kapitalknappheit, Zinssätze auf Hypotheken erreichen Höchststände, bis 5% (S.146) 1865-1867 schlechte Ernten, Konkurs vieler Kleinbauern (S.147) 1867 Cholera-Epidemie im Kanton Zürich (S.147) 1870 Errichtung der Zürcher Kantonalbank (S.146) 1870 – 1871 Deutsch- Französischer Krieg 1873 Handels- und Kreditkrise der Weltwirtschaft 1876 – 1888 „Grosse Depression― des 19. Jahrhunderts

6 Die Gemeindebehörden, die wirklichen Honoratioren Volkens

Mit der neuen Verfassung von 1803 wurde die Grundlage für eine neue Justiz einerseits und neue politische Regierungsstrukturen andrerseits (Gemeindeversammlung und Gemeinderat auf Gemeindeebene) geschaf- fen. Verbindungsstelle zwischen Gemeinde und Kanton wurde der Gemeindeammann. Im Gerichtswesen wurde das Amt des Friedensrichters eingeführt, welches sich in Frankreich bereits bestens bewährt hatte. Erstaunlicherweise wurden zwei Brüder in diese wichtigsten Gemeindeämter gewählt: Hans Conrad Keller zum ersten Gemeindeammann, Heinrich Keller zum ersten Friedensrichter.

Der Gemeindeammann

aus „Gesetze und Verordnungen im Kanton Zürich von 1803“

Das entsprechende Gesetz bestimmt, dass während der Mediation (1803 – 1814) die Gemeindeammänner „sollen Vollziehungsbeamte sein, Mitglieder des Gemeinderates, von welchem sie auch gewählt werden. Ihre Obliegenheiten sind die Vollziehung der Gesetze, Verordnungen und Sicherheits-Polizey in den Ge- meinden; sie bewilligen Gemeindeversammlungen; ihnen obliegt die nächste Aufsicht über Polizey- Vergehen und Criminal-Verbrechen, die sie zu verzeigen haben, allenfalls den ersten Gehören beizuwoh- nen: „sie gebrauchen Stempelpapier“(!); vollziehen die Verfügungen des Erziehungsrates, handhaben die Schulordnung. Sie können nicht zugleich Zunftrichter sein; sie kontrollieren die Ausgabe von Pässen für das Ausland; sie üben Sorgfalt wegen der Gesundheits-Ordnung des in die Gemeinde eingekauften Viehs; ihnen obliegen Polizey-Massnahmen gegen das Bettelgesindel; Aufsicht und Berichterstattung über die Massregeln „so der Ausrottung des Borkenkäfers halber“, die in allen Nadelwaldungen in dem Gemeinde- Bezirk vorgeschrieben sind; sie üben Pflichten aus wegen der Handhabe der Feuerordnung auf der Land- schaft“ usw…

Mit diesen Aufgaben und Kompetenzen war der Gemeindeammann tatsächlich das Scharnier zwischen Kanton, Bezirk und Gemeinde und somit die wichtigste Person in einer Gemeinde. Gemeindeammänner werden in den jährlichen Publikationen „Regierungsetat, Adress-Calender des Kantons“ als unterste dem Kanton verantwortliche Instanz aufgeführt.

Gemeindeammänner Volkens im 19. Jahrhundert waren:

1806 – 1814 Hans Conrad Keller 1815 – 1823 Hans Jacob Hatt 1824 – 1831 Heinrich Kramer 1832 – 1852 Rudolf Wegmann 1853 – 1855/56 Johann Conrad Keller 1856/57 – 1862/63 Jakob Kündig 1863/64 – 1864/65 Johann Conrad Keller 1865/66 Jakob Gisler 1866/67 Konrad Schuler 1867/68 – 1869/70 Ulrich Wegmann 1870/71 – 1877/78 Martin Keller 1878/79 – 1879/80 Jacob Gisler 1880/81 – 1899/1900 Albert Keller

7 Der Friedensrichter5

Foto Peter Friedli, Wädenswil

War auch die Institution des Friedensrichters in der Schweiz ganz neu, so kannte man doch schon früher auf der Zürcher Landschaft das nachbarrechtliche Schiedsverfahren. Nach der Einführung der Reformation schuf der Zürcher Rat am 10. Mai 1525 das Ehegericht. Die von der Obrigkeit erlassenen Sittenmandate setzten Normen für das tägliche Leben. Über ihre Einhaltung wachte in den Dörfern der Landschaft der „Stillstand―, der 1526 geschaffene Vorläufer der späteren Kirchenpflege, bestehend aus dem Pfarrer und 1- 3 „Ehgaumern―. Wer gegen die Normen verstiess, wurde ein- oder zweimal vor den Pfarrer, die Ehgaumer oder den gesamten Stillstand zitiert und mit Ernst zu besserem Lebenswandel ermahnt. Als Verschärfung der Strafe kam das öffentliche Zurschaustellen in Frage, das „Abkanzeln― durch den Pfarrer vor versam- melter Gemeinde während des Gottesdienstes. - Die Einführung des Friedensrichters während der Helvetik war an der Langsamkeit und Schwerfälligkeit von Regierung und Verwaltung gescheitert. Doch die Idee, dass ein Sühnebeamter streitende Parteien zu gütlicher Einigung bringen sollte, fand weiterhin begeisterte Anhänger. Die Mediationsverfassung schuf dafür günstige Voraussetzungen; die Gesetzgebungsgewalt fiel wieder an die Kantone zurück.

Volken gehörte während der Mediation (1803-1814), wie bereits ausgeführt, zum Bezirk Winterthur. Jeder Bezirk war eingeteilt in 13 Zünfte, in Wahlkreise für den Grossen Rat. Volljährige männliche Bürger mit mindestens 500 Franken Vermögen besassen das aktive und das passive Wahlrecht. Um die Verbindung zwischen Kirche und Staat zu betonen, gehörte der Friedensrichter in dieser Zeit von Amtes wegen dem Stillstand – der Kirchenpflege – an. Die neu ernannten Gemeinderäte und die Friedensrichter traten ihr Amt am Tag nach der Wahl an. Grundsätzlich wurden die Friedensrichter aus Geschlechtern gewählt, die im Dorf verwurzelt waren und deren Angehörige dort in grossem Ansehen standen. - Im Kanton Zürich wurde der Friedensrichter gemäss Gesetz von 1803 bis zur Restauration 1815 durch die Stimmbürger gewählt. Seine Amtsdauer betrug 2 Jahre, mit der Möglichkeit der Wiederwahl. Gemeinden, welche im Jahre 1805 die Wahl des Friedensrichters unterlassen hatten, mussten diese 1806 und 1808 zum zweiten Mal vorneh- men. Für die übrigen Gemeinden galten 1805 und 1807 als Wahljahre.

Die Restauration, der Bundesvertrag vom 7. August 1815, ersetzte in der Schweiz, dem Staatenbund von nunmehr 22 Kantonen, die Mediationsverfassung von 1803. An die Stelle der bisherigen fünf Distrikte traten die elf Oberämter Zürich, Knonau, Wädenswil, Meilen, Grüningen, Kyburg, Greifensee, Winterthur, Andelfingen, Embrach und Regensberg. Den Gemeinden wurde das seit 1803 zugestandene Recht, den Friedensrichter zu wählen, entzogen. Sie durften nur noch einen doppelten Vorschlag ans Amtsgericht wei- terleiten, das in der Regel den erstgenannten Kandidaten wählte. Die Amtsdauer betrug 3 Jahre. - Friedens- richter waren in den Grossen Rat und den Gemeinderat wählbar, durften aber während der Ausübung ihres Amtes keine Tavernen oder Weinschenken führen. Dies schloss in der Zeit der Restauration Hans Conrad Keller vom Friedensrichter-Amt aus, führte er doch seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Weinschenke, das heutige Restaurant Post.

5 Peter Ziegler: 200 Jahre Friedensrichter im Kanton Zürich 1803-2003, Wädenswil 2003 8 Volkens Friedensrichter waren

1805 – 1811 Heinrich Keller 1812 – 1823 Hans Jacob Hatt, Grossrat 1823 – 1844 Heinrich Keller

Die Regeneration von 1831 – 1839 legte definitiv die Gewaltentrennung fest, die bis heute gilt. Das bishe- rige Amtsgericht wurde zum Bezirksgericht. Der Friedensrichter wurde von jetzt an wieder durch die Ge- meindeversammlung gewählt. Er musste über 25 Jahre alt sein. Nun durften auch Personen, welche eine Weinschenke führten, in dieses Amt gewählt werden. Es wurde argumentiert, dass ja ein Wirt zum Ge- meindeammann gewählt werden konnte und dass die Gemeindebürger mit diesem engere Kontakte pflegten als mit dem Friedensrichter, und wenn die Parteien nicht verständig genug wären, sich des starken Genus- ses des Weins zu enthalten und wenn ein Friedensrichter nicht fähig sei, sein Amt gehörig zu verwalten, so hülfen alle gesetzlichen Vorschriften nichts.

1840 – 1873 gab es entscheidende Veränderungen in Verfassung und Gesetzgebung: am 12.8.1848 die Bundesverfassung, die vom Staatenbund zum Bundesstaat führt, am 18. April 1869 die neue Verfassung des Kantons Zürich.

1845 – 1853 Konrad Hatt, Major 1854 Jakob Kündig 1855/56 – 1862/62 Konrad Erb 1863/64 – 1864/65 Johann Konrad Ruf [ging 1864 in Konkurs] 1865/66 – 1866/67 Konrad Bucher 1866/67 – 1874/75 Jakob Gisler

Im Jahr 1870 belegte eine Untersuchung, dass sehr häufig Klagen eingereicht wurden. In diesem Jahr waren Volken und Höri leider einsame Spitze, entfiel doch eine Klage auf je 20 Einwohner, in Zürich und Oberstrass eine auf je 21, in Meilen und Hüntwangen je 27, in Dägerlen je 28, aber in Dübendorf, Seuzach und eine auf je 200 bis 300, sodann 327 Einwohner pro Klage für Albisrieden und 331 für Greifensee!

Bis 1874 war der Friedensrichter im Kanton Zürich ausschliesslich Sühnebeamter. Mit der Geschäftsord- nung von 1866 wurden die Vorschriften für den Friedensrichter immer präziser, umfangreicher und aus- führlicher.

1875/76 – 1876/77 Salomon Ruf 1877/78 – 1881/82 Rudolf Ruf [wanderte 1882 nach Amerika aus] 1882/83 – 1888/89 Konrad Erb 1889/90 Salomon Ruf 1890/91 vakant 1891/1900 Konrad Erb

9 Der Gemeinderat 6 7 wurde an der Gemeindeversammlung gewählt, zu welcher der Gemeindeammann einlud. Anlässlich der ersten Versammlung in Volken wurde bestimmt, dass drei Männer in den Gemeinderat gewählt werden sollten, wobei einer nach einem Jahr ausgewechselt werden solle. Wer das sein sollte, bestimmte das Los.

Nachstehend der Wortlaut des Protokolls der ersten Gemeindeversammlung Volkens:

VerbalBrozess Da nun der Gemeinde Volken von der Regierung des Cantons Zürich unter dem 9ten Apryll einen eigenen Gemeind-Rath bewiliget wurde, so wurde desswegen durch den von dem Hr Statthalter zu der Leitung u. Führung dieses Geschäfts ernannten Wahlpreshitenten Conrad Keller nach dem Gesetz betreffend die Wahl der Gemeinderäthe durch geheimes und relatives Stimmenmehr zu 2 Stimmenzählern und einem Schreiber geschritten. Zu Stimmenzählern wurden ernannt Johannes Keller und Konrad Schuler Der Schreiber Joh. Jacob Hatt Die Zahl des Gemeinderaths wurde auf 3 Mitglieder durch geheimes und relatives Stimmenmehr bestimmt und sodann die Besoldung derselben festgesetzt. Die Tagsbesoldung eines Vorgesetzten auf 30 Schilling. In den Gemeinderaht wurden durch das geheime und relative Stimmenmehr gewählt Conrad Keller, Seckelmeister unter 75 anwesenden Bürgern mit 45 Stimmen Gemeinderaht Heinrich Schuler 44 Stimmen Item Conrad Gisler 22 Stimmen

Und zum Bresitent des Gemeindrahts wurde gewählt G.raht Heinrich Schuler mit 48 Stimmen. Das Wartgelt wurde von der Bürgerschaft für den Gemeindraht jährlich auf 6 Gulden festgesetzt. Den 21ten Abryll 1805

Die Aufgaben des Gemeinderates waren hauptsächlich die Vorbereitung und hierauf die Durchführung der Gemeindeversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse. Deshalb wurden häufig Gemeindeversamm- lungen abgehalten, im Jahr 1851 zum Beispiel genau 15 (fünfzehn). Wenn wichtige Geschäfte zu behan- deln und entscheiden waren, wurde meist eine Kommission bestellt, welche die Geschäfte näher abzuklären und hierauf der Gemeindeversammlung Antrag zu stellen hatte. Der Gemeinderat behandelte abschliessend Fragen der Vormundschaft (Ernennung und anschliessend Überwachung der Vormünder [Vogt genannt], Kontrolle der Vermögensrechnungen, Festlegen der Kostgelder); der Gesundheit (Vorkehrungen, Schlach- terlaubnis für das Vieh, Massnahmen bei Maul- und Klauenseuche etc.); amtliche Bekanntmachungen; Verkehr mit vorgesetzten Behörden und anderen Gemeinden; Steuerfragen (Militärpflichtersatz, Steuerwer- te der Güter); Promulgationsbewilligungen (Bewilligung zur Heirat); Erbstreitereien; Gemeindepolizeiliche Massnahmen (Verzeigungen, Bussen, Kontrolle der Blitzableiter); Leumundszeugnisse; Einsammeln der Maikäfer, Vorbereitung der Erteilung resp. Verweigerung der Einbürgerung und Entlassungen aus dem Bürgerrecht etc.

Oftmals wurden Leute gegen ihren Willen in die Behörden gewählt! Lehrer Kündig wurde am 9. Juni 1849 zum Ersatzgemeinderat und an der Gemeindeversammlung vom 7. Juni 1851 zum Gemeindepräsident gewählt, erhob aber sofort Rekurs gegen den letzteren Entscheid; er hatte doch schon fast alle Ämter inne gehabt, die in der Gemeinde zu vergeben waren. - Am 10. Juni 1866 wurde Jakob Gisler zum 4. Gemeinderat gewählt. Er lehnte diese Wahl ab. - Ähnliches geschah an der Ge- meindeversammlung vom 9. März 1867. Zum Gemeindeammann gewählt wurde Gemeindepräsident Mar- tin Keller, obwohl dieser schon vor der Abstimmung „unter statthaften Gründen“ eine Wahl ablehnte. - Am 27.5.1877 wurden Konrad Gisler zum Präsidenten des Gemeinderates und Salomon Ruf zum Friedens- richter gewählt. Beide legten gegen ihre Wahl erfolgreich Rekurs ein. Mit Blick auf 2008/9 kann gesagt werden: die Geschichte wiederholt sich.

6 Gemeindearchiv Volken Signaturen IV B 2.0-2.03 Gemeindeversammlungsprotokolle 1805 - 1899 7 dito Signaturen 1.0 – 1.2. Gemeinderatsprotokolle 1848 - 1900 10 Titelblatt des ersten Protokollbuches von 1848 des Gemeinderates Volken

Das erste im Gemeindearchiv Volkens erhaltene Protokollbuch des Gemeinderates beginnt mit dem Jahr 1848. Die oben wiedergegebene Beschriftung der ersten Seite zeigt, dass sich der Gemeinderat seiner gros- sen Verantwortung und Aufgabe bewusst ist und dies auch ausdrückt: „Protokol für die gegenwärtigen und zukünftigen Ehrsamen Gemeindräthe in Volken.“ Und zur Dokumentation wird festgehalten „der Gemeind- rath besteht gegenwärtig aus folgenden Mitgliedern

1) Präsident Joh. Konrad Keller, ober Bäck 2) Gemeinderath Salomon Ruf 3) Seckelmeister Johannes Keller, Küfer 4) Schreiber Jakob Kündig

den 13. März 1848

Es scheint tatsächlich, dass die bevorstehende Abstimmung über die Bundesverfassung vom 12. August 1848 zu einer Aufbruchstimmung führte und dass die Behördenvertreter gewillt waren, ihre Verantwortung vollumfänglich und kompetent wahrzunehmen.

Als 1849 zwei von drei Gemeinderäten als Soldaten an die Grenze einrücken mussten, wurden am 9. Juni 1849 provisorisch zwei „Ersatz-Gemeinderäte― gewählt. Dieses Provisorium dauerte bis zur Versammlung vom 20. Mai 1851, als ein Antrag auf ordentliche„Beiordnung zweier Ersatzmänner für den Gemeinderat― angenommen und Schullehrer Kündig und Jakob Kramer zu Ersatz-Gemeinderäten gewählt wurden.

11 Die Amtsdauer des Gemeinderats wurde ab 1835 auf zwei Jahre festgelegt. 1851 wurde sie auf 4 Jahre ausgedehnt. - Erstaunlich ist, wie jung gewisse Bürger in das Amt des Gemeinderatsschreibers gewählt wurden. So war Joh. Jacob Hatt, der erste dieser Zunft in Volken, 24-jährig, als er das obige Protokoll schrieb. Johann Conrad Keller war 22 Jahre alt, als er Gemeindeschreiber wurde! Und in der Gemeindever- sammlung vom 5. Juli 1851 wurde mitgeteilt, der Gemeindeschreiber Konrad Erb besuche jetzt das Semi- nar in Küsnacht und könne deshalb während dieser Zeit diese Stelle nicht wahrnehmen.

Sitzungsort des Gemeinderates Am 3. Februar 1850 entschied der Gemeinderat, dass mangels eines anderen Beschlusses seine Sitzungen und Beratungen bis auf weiteres bei Präsident Johann Conrad Keller stattfinden sollen (d.h. im Restaurant Post!). Falls die Sitzungen nicht in der unteren Stube stattfinden könnten, also die obere Stube benutzt wer- den müsste und diese nicht geheizt sei, dann dürfe Präsident Keller das zum Feuern des Ofens benötigte Holz von der Gemeinde beziehen. So das Protokoll. So wurde sichergestellt, dass die Sitzungs-Effizienz nachhaltig gesteigert werden konnte, denn nun war es nicht mehr nötig, zur wohlverdienten Befeuchtung trockengeredeter Kehlen das Sitzungslokal zu verlassen.

Der Gemeinderat war aber auch mit sich selbst sparsam. So wurde am 30. Juli 1854 entschieden, „das ge- genwärtige vollgeschriebene Gemeindsprotokoll durch Einsetzung mehrerer Bogen vergrössert werden soll, welches dem Gemeindeschreiber übertragen wird.“

Mangelnde Disziplin der Gemeinderäte Am 16. Mai 1874 ermahnte der Präsident seine Ratskollegen, den Weibel und den Schreiber ernsthaft und unter Strafandrohung, dass Indiskretionen über Ratsverhandlungen keinesfalls erlaubt seien. - Weiter wür- den inskünftig unentschuldigtes Fernbleiben von Ratsitzungen mit 50 Rappen und Zuspätkommen mit 30 Rappen Busse bestraft.

Amtliches Publikationsorgan In seiner Sitzung vom 2. Mai 1860 beschloss der Gemeinderat, den „Anzeiger von Andelfingen― als obliga- torisches Publikationsmittel anzuerkennen.

Das feuersichere Gemeindearchiv Dem Bezirksrat wurde regelmässig mitgeteilt, die Gemeinde besitze und unterhalte schon seit vielen Jahren ein feuersicheres Archiv zur Aufbewahrung von Wertschriften, Rechnungen etc.

Deutsche Schrift und neue Schrift Kurz nach seiner Wahl zum Gemeindeschreiber, 1842, übte sich Johann Conrad Keller in der neuen, uns heutigen Menschen vertrauten, Schrift. Allerdings schien diese noch unvertraute Schreibweise auf einen gewissen Widerstand zu stossen, denn nach einigen Monaten wechselte er in die ihm und seinen Ratskolle- gen vertraute alte Version. Es sollte bis 1884 dauern, bis die „neue― Schrift wieder Einzug hielt. Bis Ende 1883 verfasste der langjährige Gemeinderat und Gemeindeschreiber Gottfried Schuler seine Protokolle in der alten Schrift, ab 1884, zugleich mit dem Wechsel zu einem neuen Protokollbuch, wandte er die „neue― Schrift an, allerdings nicht ohne sich gelegentlich wieder der vertrauten alten zuzuwenden. So wurden die Sachgeschäfte der Gemeinde in der alten Schrift, die Resultate der Wahlen und Abstimmungen aber in der neuen protokolliert.

Die Protokollbücher Die Protokolle der Gemeindeversammlungen und der Gemeinderats-Sitzungen wurden sorgfältig von Hand in grosse Bücher geschrieben. Offensichtlich waren die Eintragungen Reinschriften von Entwürfen, die der jeweilige Gemeindeschreiber zuerst verfasste. Das geht aus der praktisch korrekturfreien Schönschrift der Protokolle hervor sowie von zwei Originalbriefen, welche sich im letzten Protokollbuch des Gemeinderates befanden und auf welchen der Schreiber mit Bleistift den Protokolltext entwarf. Manchmal schrieben Prä- sident oder Kollegen Ergänzungen in die Protokolle hinein, ersichtlich aus der anderen Handschrift, oft auch mit Bleistift und nicht mit derselben Tinte wie die Protokolle geschrieben.

Neues Gesetz von 1866 über das Gemeindewesen Im Protokoll seiner letzten Sitzung unter dem alten Gesetz schrieb der Gemeindeschreiber ganz wehmütig: „Ende des alten Gemeinderathes―. Es wurden fünf (bisher drei) Gemeinderäte gewählt, und sie trafen sich am 23. Juni 1866 zu ihrer ersten Sitzung. 12 Karrieren und Gewaltentrennung

Für einige Volkemer war die Mitgliedschaft im Gemeinderat ein Sprungbrett für eine politische Karriere: Hans Jacob Hatt, geboren 1781, der an der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates 1805 als Schreiber amtete, wurde 1809 zum Präsidenten des Gemeinderats gewählt. Dieses Amt hatte er ununterbrochen bis 1823 inne. Von 1815 bis 1823 bekleidete er auch das Amt des Gemeindeammanns und von 1813 bis 1822 zusätzlich dasjenige des Friedensrichters. Somit hatte er von 1815 bis 1822 sämtliche wichtigen Ämter in Per- sonalunion inne. Er scheint seine Sache gut gemacht zu haben, denn diese Ämterkumulation wurde nie beanstandet; mindestens geht aus den entsprechenden Protokollen nichts hervor, das auf Unzufriedenheit hätte schliessen lassen. Sodann wandte er sich der Kantonspolitik zu. Er wurde 1817 zum Mitglied des Grossen Rates gewählt, in welchem er bis 1846 blieb. Die Justiz fand sein besonderes Interesse. Er wurde 1823 Oberamtsrichter in Andelfingen und stieg zum Vizepräsidenten des Bezirksgerichtes Andelfingen auf (1831 – 1843).

Inspiriert vom Vater wurde sein Sohn Hans Conrad Hatt, Friedensrichter von 1845- 1853. Dann schlug er die militärische und die politische Laufbahn ein: Lieutenant von 1846 – 1847, Hauptmann 1848 – 1850, 1850 – 1854 Major, 1855 – 1857 Bataillonskommandant. Er wurde auch, wie sein Vater, in den Grossen Rat (Kantonsrat) gewählt. Er verzichtete für sich und seine Familie auf das Volkemer Bürgerrecht. Das genaue Datum ist nicht bekannt, da der Verzicht schon vor Anlage des Zivilstands-Registers erfolgte.

Auch andere Volkemer machten nach der Mitgliedschaft im Gemeinderat Karriere: Heinrich Kramer, nach Johann Jacob Hatt Gemeindepräsident von 1824 – 1831, wurde 1832 ins Zunftgericht Flaach gewählt, dem er bis 1836 angehörte. Von 1836 bis 1838 war er Mitglied des Bezirksrates Andelfingen.

Es war auch bemerkenswert, dass die Brüder Hans Conrad und Heinrich Keller zu Beginn der Mediati- onszeit die beiden wichtigsten vom Kanton zu vergebenden und von der Gemeindeversammlung zu bestä- tigenden Ämter zugesprochen erhielten. Erst durch das Diktat Napoleons entstand ja in dieser Epoche wie- der eine funktionsfähige Regierung.

Betrachtet man die Wahlvorgänge, so gab es nie eine stille Wahl in den Gemeinderat, sondern es gab oft längere Ausmarchungen. Anders die Wahlen des Friedensrichters und des Gemeindeammanns. Hier waren jahre- wenn nicht jahrzehntelange Wiederwahlen durchaus üblich und kaum richtig bestritten.

Die Ämterkumulation wurde seit der Regeneration (1831 – 1839) von Gesetzes wegen verboten, um eine saubere Gewaltentrennung zu erreichen. So wurde beispielsweise Johann Conrad Keller an der Gemeinde- versammlung vom 3. Juli 1853 in einem Zweiervorschlag (wie vom Gesetz verlangt) als Kandidat für das Friedensrichteramt an das Statthalteramt Andelfingen gemeldet. Als er kurz daraufhin auch zum Gemein- deammann gewählt wurde, pfiff ihn der Statthalter zurück. Johann Conrad zog das Amt des Gemeindeam- manns demjenigen des Friedensrichters vor, sodass an der folgenden Gemeindeversammlung vom 10. Sep- tember 1853 eine Ersatzwahl des Friedensrichters stattfand. - Lange erfreute er sich allerdings dieses Amtes nicht, denn das Gesetz vom 20. Juni 1855 zwang ihn zu einer Wahl zwischen Gemeindeammann-Amt und dem Betrieb einer Weinschenke: “Die Gemeindeammänner, die Präsidenten und die Schreiber der Ge- meinderäthe dürfen weder selbst eine Wirthschaft betreiben noch in einem Haus wohnen, in welchem eine solche betrieben wird“8. Das Protokoll der Gemeindeversammlung vom 19.8.1855 berichtet, Johann Con- rad Keller habe den „Austritt― als Gemeindeammann gegeben, da er vorzog, seine Weinschenke weiterzu- führen.

Die Mitglieder des Gemeinderates sind im Anhang aufgelistet. Nachfolgend findet sich eine Liste der Per- sonen, welche die wichtigsten Ämter Gemeindeammann, Friedensrichter und Gemeindepräsident bekleide- ten. So lässt sich die anfangs noch mögliche Ämter- resp. Machtkumulation gut ablesen.

8 Zürcher Gesetzessammlung Band 2 1854-1857, Gesetz vom 20.6.1855 betr. das Gemeindewesen, Teil III Stimm- recht und Wählbarkeit, Seite 129, §24, Abs.2 13 Zusammenfassende Liste der Honoratioren Volkens im 19. Jahrhundert

Jahr Gemeindeammann Gemeindepräsident Friedensrichter 1805 Hans Conrad Keller Heinrich Schuler Heinrich Keller 1806 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller 1807 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller 1808 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller 1809 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller 1810 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller 1811 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller 1812 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller 1813 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt 1814 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt 1815 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt 1816 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt 1817 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1818 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1819 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1820 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1821 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1822 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt, 1823 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Heinrich Keller 1824 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1825 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1826 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1827 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1828 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1829 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1830 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller 1831 Heinrich Kramer Konrad Schuler Heinrich Keller 1832 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1833 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1834 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1835 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1836 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1837 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1838 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1839 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller 1840 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller 1841 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller 1842 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller 1843 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Heinrich Keller bis 1844 1845 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conrad Hatt ab 1844 1846 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conr. Hatt Grossrat 1847 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conrad Hatt 1848 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt 1849 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt Major 1850 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt Major

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Jahr Gemeindeammann Gemeindepräsident Friedensrichter 1851/2 Rudolf Wegmann Johannes Schuler Hans Conrad Hatt Major 1852/3 Rudolf Wegmann Heinrich Erb Jakob Kündig 1853/4 Joh. Conrad Keller Heinrich Erb Jakob Kündig 1854/5 Joh. Conrad Keller Heinrich Erb Konrad Erb 1855/6 Joh. Conrad Keller) Konrad Ruff Konrad Erb 1856/7 Jakob Kündig Gem-Schreib. Konrad Ruff Konrad Erb 1857/8 Jakob Kündig Konrad Ruff Konrad Erb 1858/9 Jakob Kündig Konrad Ruff Konrad Erb 1859/60 Jakob Kündig Konrad Bucher/ Konrad Erb Martin Keller 1860/1 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb 1861/2 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb 1862/3 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb 1863/4 Joh. Conr. Keller Martin Keller Johann Konrad Ruf 1864/5 Joh. Conr. Keller Martin Keller Johann Konrad Ruf (ging 1864 konkurs) 1865/6 Jakob Gisler Heinrich Ritzmann Konrad Bucher 1866/7 Konrad Schuler Jakob Ritzmann Konrad Bucher 1867/8 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler 1868/9 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler 1869/70 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler 1870/1 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler 1871/2 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler 1872/3 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler 1873/4 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler 1874/5 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler 1875/6 Martin Keller Heinrich Ritzmann Salomon Ruf 1876/7 Martin Keller Jakob Gisler Salomon Ruf 1877/8 Martin Keller Jakob Gisler Rudolf Ruf 1878/9 Jakob Gisler Jakob Gisler Rudolf Ruf 1879/80 Jakob Gisler Ulrich Wegmann Rudolf Ruf 1880/1 Albert Keller Ulrich Wegmann Rudolf Ruf 1881/2 Albert Keller Ulrich Wegmann Rudolf Ruf 1882/3 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb 1883/4 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb 1884/5 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb 1885/6 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb 1886/7 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1887/8 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1888/9 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1889/90 Albert Keller Albert Keller Salomon Ruf 1890/91 Albert Keller Albert Keller vakant 1891/92 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1892/93 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1893/94 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1894/95 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1895/96 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1896/97 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb 1897/98 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb 1898/99 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb 1899/1900 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb

15 Interessantes aus den Gemeindeversammlungen 6 und Gemeinderatssitzungen 7

Die eigentliche Beschlussfassung über Gemeindegeschäfte geschah in den Gemeindeversammlungen. Die Teilnahme war obligatorisch. Unentschuldigtes Wegbleiben wurde gebüsst. Zu Beginn jeder Gemeindever- sammlung wurde der Bürgerrodel verlesen und festgestellt, wer entschuldigt oder unentschuldigt fernblieb. Die letzteren wurden gebüsst, doch das war nicht für alle Betroffenen akzeptabel, sodass diese in vielen Fällen gegen die Bussenverfügung rekurrierten und - nach Geltendmachung einer Entschuldigung - nicht bezahlen mussten. Am 2. Januar 1867 zum Beispiel wurde die Busse für Nichterscheinen zu den Haupt-Versammlungen vom Neujahr und vom Mai für Bürger und Aktivbürger auf 60 Rappen festgelegt, für die anderen Gemeindever- sammlungen aber nur für Bürger auf 30 Rappen. Bis in die Dreissigerjahre ist wenig protokolliert worden. Die meisten Protokolle waren Beschlussprotokol- le. Einzig aus Briefen, die in den Protokollbüchern wörtlich wiedergegeben wurden, liess sich die Stim- mung ablesen - Nachstehend eine Zusammenfassung wichtiger und charakteristischer Entscheide: (Daten der Gemeindeversammlungen kursiv, Daten der Gemeinderats-Sitzungen Normalschrift)

Abstimmungen Bei den eidgenössischen, kantonalen und Bezirksvorlagen waren die Volkemer recht skeptisch. Wenn es um grundsätzliche Neuerungen ging, wie z.B. die Gründung von Universität und ETH, Beteiligung an Al- pen-Eisenbahn, Technikum und ähnliche Sachvorlagen, dann überwog meistens die Ablehnung. Ebenso erging es den Finanzgeschäften. Die Volkemer des 19. Jahrhunderts waren von ihrer Armut überzeugt und lehnten alles ab, was ihnen hätte Kosten bringen können. Aber am Sonntag, 19. April 1874, wurde den Änderungen der Bundesverfassung mit 84 gegen 2 Stimmen und 2 Enthaltungen zugestimmt.

Wahlbeteiligung: An der ersten Gemeindeversammlung waren 72 Wahlberechtigte anwesend. Diese Zahl wurde lange Zeit nicht mehr erreicht, pendelte sie sich doch während Jahrzehnten zwischen 50 und 60 ein, um 1831 ein Zwi- schentief von 46 Teilnehmern zu erreichen. Den Negativrekord an Wahlbeteiligung verzeichnete die Ge- meindeversammlung vom 24.10.1863, als erstmals Wahlen in den Nationalrat angesagt waren. Von 75 Stimmberechtigten waren ganze 8 (acht) Männer anwesend…

Am 5. März 1839 muss eine grosse Wahlkampfstimmung geherrscht haben: für die Besetzung von zwei Gemeinderats-Sitzen benötigten 70 Stimmberechtigte 5 Wahlgänge bis das erste Ratsmitglied, Heinrich Kramer, gewählt wurde; hierauf musste dreimal gewählt werden bis in der 8. Runde Konrad Erb erkoren wurde. Wahrscheinlich dank zunehmender Müdigkeit wurde schon im 9. Wahlgang Heinrich Kramer zum Präsidenten des Gemeinderats und in der 10. Wahlrunde Heinrich Keller zum Friedensrichter bestimmt. – Zur darauf folgenden Gemeindeversammlung, bereits am 28. April 1839, erschienen nur noch 46 Stimm- bürger, doch waren die so motiviert, dass sie für einen Einervorschlag jeweils 2 Personen auf einen Wahl- zettel schrieben. Diese Wahl musste wiederholt werden.

Strukturen der Gemeindeversammlungen Grob skizziert, wurden an den Neujahrs-Versammlungen folgende Geschäfte behandelt: Wahlen der Stimmenzähler (für alle Versammlungen des Jahres), des Försters, des Wächters, des Weg- knechts, des Brunnenmeisters, des Schärmausers, des Gemeindwerks-Aufsehers, der Rechnungsprüfungs- und der Zuchtochsen-Kommissionen; oft wurde anlässlich der Wahl der betreffende Jahreslohn festgesetzt. An der zweiten wichtigen Gemeindeversammlung vom Mai war jeweils die Abnahme der verschiedenen Rechnungen (Gemeindegut, Schulgut, Armengut etc.) traktandiert. Die übrigen Geschäfte wurden nach Bedarf angesetzt, diskutiert und entschieden.

16 Schwierige Gemeindeversammlungen oder der Frust des Präsidenten Warum die Präsidenten wohl am liebsten den Götz von Berlichingen zitiert hätten

Am 16. Mai 1868 ersuchte Präsident Jakob Ritzmann den Bezirksrat in Andelfingen wegen „Unwohlseins― um sofortige Entlassung aus dem Gemeinderat. Ob seine wirklichen Rücktrittsgründe Probleme mit der Bürgerschaft oder mangelnde Unterstützung durch seine Kollegen waren, bleibt unklar. Letztere schrieben dem Bezirksrat reumütig, Ritzmann sei „vollkommen wieder hergestellt“. Auch sei er als Präsident des Rates und als Mitglied des Stillstandes „ordentlich begabt“, also bestünden keine „erheblichen Gründe“ mehr für seine Entlassung. Dem stimmte der Bezirksrat zu und lehnte Ritzmanns Rücktrittsgesuch ab.

Wie schon unter dem Titel „Friedensrichter― auf Seite 9 berichtet, war 1870 die Bevölkerung Volkens zu- sammen mit derjenigen von Höri die prozentual klagefreudigste im Kanton Zürich. Es wurde nämlich eine Klage pro 20 Einwohner eingereicht. Ein Zeichen nicht zu verleugnender Unzufriedenheit.

Sieben Jahre später wiederholte sich die Geschichte. Wie sein Namensvetter Jakob Ritzmann im Jahr 1868, so sandte auch Heinrich Ritzmann Mitte Mai 1875 ein Gesuch an den Bezirksrat Andelfingen um soforti- gen Rücktritt als Präsident des Gemeinderates. Wiederum bezweifelten seine Gemeinderatskollegen in einer Eingabe an den Bezirksrat die vom Präsidenten angegebenen Gründe, mit welchen er seinen soforti- gen Rücktritt rechtfertigte. Der wirkliche Grund sei vielmehr „ohne Zweifel, dass in letzter Gemeindever- sammlung ziemlich rumort worden ist, und wie es vielleicht in anderen Gemeinden auch sein mag, dass etwelche Individuen gerne rumoren und sich nicht zur Ruhe stellen lassen.― Wiederum lobten seine Kolle- gen die Kompetenz und Arbeit ihres Präsidenten. „Es wäre sämtlichen Mitgliedern des Gemeinderates der Wunsch, der löbliche Bezirksrat möge den Herrn Präsident Ritzmann für diese Periode in seiner Amtstelle noch bestätigen. In der Hoffnung, der löbliche Bezirksrat werde diesem Wunsch entsprechen, zeichnet hochachtungsvoll namens des Gemeinderaths der Vizepräsident.“

Der löbliche Bezirksrat Andelfingen allerdings hatte kein Gehör und bestätigte, dass Präsident Heinrich Ritzmann seinem Wunsch entsprechend entlassen werde. Daraufhin setzte der Gemeinderat die Ersatzwahl auf den 1. August an und verordnete, dass die Wahlversammlung 8 Tage vorher durch den Wächter be- kanntgegeben werde. An dieser Gemeindeversammlung wurden Gemeinderat Morgen mit grossem Mehr zum Präsidenten und Konrad Gisler Schulpfleger als neues Mitglied des Rates gewählt. Beide legten aber umgehend Rekurs gegen ihre Wahl ein. Wiederum brachten die übrigen Ratskollegen Gründe vor, warum diese Rekurse abgelehnt werden und die Gewählten ihr Amt antreten sollten. Konsequenterweise wurde eine Gemeindeversammlung auf den 3. Januar 1876 angesetzt und eine Ersatz-Präsidentenwahl mit offener Abstimmung durchgeführt. Doch mit Schreiben vom 19. Februar 1876 entschied der Bezirksrat, dass die gesetzlichen Vorschriften nur eine geheime Abstimmung zuliessen! So wurde am 18. März 1876 eine Ge- meindeversammlung mit „richtigem― Abstimmungsverfahren einberufen, und der wiedergewählte Heinrich Ritzmann willigte ein, bis zum Ende seiner Amtszeit als Präsident weiterzumachen. Wahrscheinlich sah er ein, dass nur so eine Lösung der verfahrenen Situation möglich war.

Typisch für die Unruhen in der Bevölkerung war ein Zwischenfall am 19. Februar 1876, an welchem es nochmals zu einem Eclat kam: Anlässlich der Verhandlungen über die Auflösung der Vieh-Assekuranz sei „nun über diesen Gegenstand ein Tumult entstanden, und alle Ermahnungen zur Ruhe waren fruchtlos und tobten immer noch fort, und zwar hauptsächlich Johannes, Ferdinand und Konrad Messmer wollen sich gar nicht zur Ruhe begeben, sodass der Präsident die Versammlung als aufgelöst erklärte.“

Ja, Präsident Heinrich Ritzmann brauchte wirklich Nerven.

17 Kriegerisches:

Am 9. Juni 1849 wurde berichtet, der Kriegsrat in Zürich habe es als notwenig erachtet wegen des Krieges im benachbar- ten Grossherzogtum Baden, die Schweizer Grenze von Konstanz bis Basel mit Schwei- zertruppen zu bewachen. Der Gemeinde- rats-Präsident Johann Conrad Keller und der Gemeinderat Jakob Ritzmann müssten am 9. August als Soldaten zur Bewachung der Schweizer Grenzen ausziehen, und folglich sei der nur noch allein funktionierende Ge- meinderat durch Ersatzmänner zu ergänzen. Ferner erhielt Seckelmeister Saller den Auf- trag, „auf den 12. August von den Bataillo- nen Bantli und Ginsberg 113 Mann unter die hiesigen Bürger einzuquartieren“. Dann wurden sogleich zwei Ersatzmänner in den Gemeinderat gewählt. – Schliesslich wurde ein Brief des Statthalters verlesen betreffend die für den Kanton Zürich erwarteten Flüchtlinge aus Baden. Der Vizepräsident stellte fest, „dass die Gemeinde bis zu die- sem Augenblick noch keine Soldaten zur Einquartierung erhalten habe. Sollten aber welche kommen, so soll über die Ernteferien die Schulstube, die Wachtstube frei sein,

und die Bestuhlung soll sorgfältig in die Zehntenscheune gebracht werden“.

Der Gemeinderat beschloss an seiner Sitzung vom 31. Juli 1849, dass er die Truppen zurückschicken wolle, die der Gemeinderat von Flaach ohne Begleitung eines Truppenkommandanten nach Volken sende. Und am 13. August 1849 war es so weit: der Gemeinderat von Flaach habe eigenmächtig 30 Mann Aargauer Militär nach Volken zur Einquartierung geschickt. Folglich wurden diese wieder zurückgewiesen!

Das Kriegskommissariat Zürich fragte Ende September 1863 an, wie viele Wohnungen und Pferdestallun- gen vorhanden seien und wie viele Pferde untergebracht werden könnten. Ihm wurde mitgeteilt, Volken verfüge über 66 Wohnungen, 24 Pferdestallungen und könne 51 Pferde platzieren.

Am 18. September 1865 wurden folgende Einquartierungsmöglichkeiten in Volken gemeldet:

Haus No 1 Mühle Volken 20 Mann 16 Pferde 5 Schuler, Fuhrmann - 4 „ 20 Bucher Friedrich 10 - „ 22 Präsident Keller 10 - „ 40 Gemeinderat Keller 14 8 „ 2 Offiziere 43 Abraham Erb 10 8 „ 44 Seckelmeister Erb 10 2 „ 46 Ritzmann Tierarzt 1 Offizier 55 Ulrich Erb 10 Mann 8 „

Achtung vor Fremden! Am 9. September 1865 wurde beschlossen, in 2 Zeitungen zu publizieren, dass während des Truppenzu- sammenzugs vom 18.-22. September 1865 bei 2 Franken Busse das Betreten der Rebberge und das Verder- ben von Feldfrüchten verboten sei.

18 Der Krieg von 1870/71 Nun wurde es ernst: Der Gemeinderat meldete am 30. Juli 1870 dem Statthalteramt Andelfingen zu Handen der Militärdirektion ein Verzeichnis der Führer, welche auf Verlangen dem jeweiligen Truppenkommando zur Verfügung stehen: Ulrich Wegmann, alt Gemeindeammann, Haus 45; Konrad Keller, Rafzers, Haus 35; Ulrich Messmer, Schuster, Haus 17; Heinrich Schuler, Johannesen, Haus 25.

Den Pferdebesitzern wurde am 3. August 1870 mitgeteilt, sie sollten „unfehlbar― am 5. August nachmittags 15 Uhr ihre requirierten Pferde auf dem Marktplatz Andelfingen zur Inspektion aufführen.

Der Gemeinderat schrieb, er habe am 8. August 1870 die Gutscheine für die Einquartierung der Kompagnie Nr. 1, Battailon Nr. 74 vom 29. Juli für 99 Mann von Unterwalden dem Kriegskommissariat eingesandt. „Dasselbe für den Wachdienst à 100 Pfund Stroh und 2 Kerzen“. Weiter habe er am 12. August 1870 den Pferdebesitzern die regierungsrätliche Verordnung angezeigt, dass sie ihre Pferde während der eidgenössi- schen Truppenaufstellung den Militärbehörden des Kantons zur Verfügung zu halten haben und dieselben ohne Bewilligung der Militärdirektion nicht [Dritten] ausserhalb des Kantons verkaufen dürfen. - Von den 5 requirierten Pferden wurden je 1 angenommen: für Batterie 10 des Auszugs und Batterie 45 der Reserve.

Abschliessend meldete der Gemeinderat am 13. Dezember 1871 dem Statthalteramt Andelfingen, es befän- den sich keine politischen Flüchtlinge in Volken.

Am 20.8.75 beschloss die Gemeindeversammlung, dass „diejenigen Militärpflichtigen, welche im eidge- nössischen Dienst stehen, von der Gemeinde 5 Franken Lohn erhalten sollen―.

Truppeneinquartierung am 7. September 1880 Es sollten 33 Pferde und 675 Mann in Scheunen einquartiert werden. Generalstabsmässig wurde am 3. Sep- tember die Lokale besichtigt, am 5. mit den Quartiermeistern die Lokale bezeichnet und festgestellt, dass alle vorläufig bezeichneten benötigt würden. Bereits am 10. September 1880 wurde den Bürgern die Ent- schädigung für die Einquartierung der Truppen ausbezahlt.

Am 6. Juni 1882 wurde gemeldet, dass im Ernstfall in Volken 700 - 1000 Mann und 100 - 200 Pferde in Scheunen, Ställen und Schöpfen untergebracht werden könnten.

Landsturm 25. Dezember 1887: Die Militärdirektion des Kantons Zürich wünschte und ein Kreisschreiben des Kreis- kommandos Winterthur bekräftigte, dass der Gemeinderat 1-2 Delegierte wählen solle, welche mit dem Sektionschef die Organisation des Landsturms an die Hand zu nehmen hätten.

Schiessplatz In der Versammlung vom 18. März 1877 wurde berichtet, dass im Auftrag der Militärdirektion für den Schiessverein Volken ein Schiessstand vermittelt wurde, nämlich dass Konrad Schuler, Jakoben, sich ver- pflichtet habe, dem Schiessverein Volken den bisherigen Schiessplatz im Thalacker zu überlassen, solange der Schiessverein bestehe, zu einem Zins von acht Franken.

19 Feuerwehr: Versammlung vom Januar 1852: „Der Herr alt Präsident Konrad Keller, als Spritzenkommandant, trug dem Gemeinderat vor der öffentlichen Versammlung vor, dass er lt. dem nun eingeführten Feuerreglement verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass bei allfälligem Brandunglück schnell 2 bis 3 Pferde bei dem Sprit- zenhaus in Bereitschaft sein sollen. Somit habe er schon mit Herrn Major Hatt Rücksprache genommen, ob er seine Pferde etwa dazu geben wolle. Herr Major Hatt habe aber sich noch nicht dazu verständigen mö- gen. Es wäre ihm soweit minder daran gelegen, wann der Gemeinderat seine Pferde in die Viehsteuer auf- nehme. Da aber dies ein ziemlich wichtiger Gegenstand ist, so hat die Versammlung beschlossen, dass eine Commission von 2 Mitgliedern nebst dem Gemeinderat gewählt werden soll, welche in dieser Sache han- deln sollen. So wurde darauf als erstes Mitglied zu dieser Commision gewählt Herr Heinrich Keller, Ar- menpfleger, zum zweiten Mitglied wurde gewählt Konrad Keller, Tischmacher, welche in künftigen Ver- sammlungen der Bürgerschaft einen Antrag bringen sollen.“ 10. Juni 1854: Dieje- nigen, welche die Feu- erspritze reinigen und die Schläuche trocknen und besorgen, erhalten 2 Tage Frondienst im Gemeindewerk ge- schenkt, für die Aus- senreinigung des Feu- ercamions und des unteren Feuerwerker je ein Gemeindewerktag. 2.1.1863: Wenn Mann- schaft ausserhalb der Gemeinde eingesetzt werden: Lohn 35 Rap- pen, wenn Übung: ein Tag Gemeindewerk Volkens historische Feuerwehr-Spritze im Lager geschenkt

Mannschafts-Etat 1849 (aus dem Protokoll des Gemeinderates vom 29. Mai 1849)

Verzeichnis der Spritzenmannschaft: Kommandant Präsident Johann Conrad Keller, Schlauchführer Heinrich Keller, Friedensrichters und Heinrich Keller, Konraden Gehülfen Jakob Schuler, Maler und Schlosser Keller Die Häfen zu stellen Joh. Keller, Küfer und Ulr. Werdmüller Windlichtträger alt Schulpfleger Erb

Arbeiter an der vorderen Waag 1. Heinrich Gisler, Kletten, 2. Ulrich Schuler, Fuhrmann, 3. Johs. Schuler jung, 4. Heinr. Gisler, Krügelis, 5. Jak. Gisler Martins jung, 6. Jak.- Gisler Wielers, 7. Konr. Bucher jung, 8. Jakob Ritzmann, Maler, Gmd- rath, 9. Johs Erb Krämer, 10. Jak. Werdmüller

Arbeiter an der hinteren Waag 1. Heinr. Rüegg, 2. Ul. Keller –Armenpflegers, 3. Konrad Schuler Ballis, 4. Martin Keller, 5. Konr. Schuler Jakoben, 6. Wagner Schuler, 7. Gemeindeschreiber Kündig, 8. Musikant Kündig, 9. Heinr. Ritzmann jung in der Strelgass, 10. Christoph Keller

Mannschaft zu den grossen Haggen oder nötigenfalls zu den Schläuchen 1. Ulr. Frei, 2. Ul . Messmer, 3. Heinr. Schuler, Stofels, 4. Heinr. Keller, Rafzers, 5. Schulpfleger Weg- mann, 6. Konrad Gisler Mielers, 7. Ul. Morgen jung. Ordonnanzläufer: Abr. Morgen u. Ul. Schuler Schuhmacher Wecker: Gabelmacher Keller u. Heinr. Keller Webers

20 Strassenbau:

An der Gemeindeversammlung von Ende 1839 wurde ein Beschluss gefasst, es solle eine Peti- tion eingebracht werden, mit welcher die „An- legung einer 2. Klass-Strasse von Flaach über Volken nach Dorf, Hünikon, Aesch, Ried und Rathof bis Wülflingen― verlangt wurde. Die Strassenfrage wurde für die Volkemer im- mer brennender. Am 13.2.1841 wurde mit einer weiteren Petition an den Regierungsrat nachge- doppelt. Nur einen Monat später bekam das „löbliche Strassendepartement― Post von Vol- ken mit der Bitte, die Strasse von Dorf durch Volken bis Flaach doch als 2.Klass-Strasse zu bauen. Auch im folgenden Jahr wurden wieder zwei Petitionen nach Zürich geschickt. Die Strassenfrage blieb sehr dringend. Am 21.3.1843 wurde eine Petition an den Regierungsrat beschlos- sen, es solle doch eine Strasse 3. Klasse bis Aesch und erst von dort eine Strasse 2. Klasse bis Wülflingen gebaut werden. Wahrscheinlich hoffte man, dass durch diese Reduktion der Strassenbau beförderlich an die Hand genommen werde. Zur Unterstützung wurden die Gemeinden Flaach, Dorf, Hünikon, Aesch und Wülflingen eingeladen, dieses Anliegen mitzutragen.

Gemeindeversammlung vom 21. Mai 1851: Antrag, die geplante „Worrenbergstrasse― solle beförderlich ausgebaut und mit den Anstössern wegen der Linienführung verhandelt werden. Am 7. Juni 1851 gab es einen weiteren Antrag, die neue Worrenbergstrasse solle endlich bekiest werden. Am 5. Juli 1851 wurde nachgedoppelt, und am 29. November 1851 wurde die Rechnung für die Verlegung dieser Strasse geneh- migt. Aber bereits am 2. Januar 1852 wurde eine Kommission eingesetzt, welche die Kompetenz erhielt, die Arbeiten zur Überkiesung dieser Problemstrasse erneut zu vergeben, mit einem Kostendach von 35-40 Gulden. Am 18. Mai 1852 wurde nochmals über die Worrenbergstrasse diskutiert und am 11. September 1852 mitgeteilt, die so nötige Bekiesung habe Gesamtkosten von 62 Franken zulasten der Gemeinde verursacht. Benötigt wurden 248 Fuhren zu 36 Kübeln Kies.

Protokoll vom 27. April 1854: Vorläufig soll an der Lotzenbachstrasse und der Brücke nichts gemacht, aber eine Kommission für die Vermessung und Abschätzung des Landes eingesetzt werden. Am 24. Februar 1855 wurde ein Antrag an den Bezirksrat beschlossen, eine Strasse 3. Klasse bis an den Lotzenbach und Brücke zu bauen. Forderung vom 7. Juli 1855: es solle mit dem Gemeinderat von Buch verhandelt werden, ob nicht eine Strasse 5. Klasse bis Gräslikon genüge. Und schliesslich solle am 15. März 1856 der Gemein- derat mit den Gemeinderäten von Buch und Berg wegen der Brücke über den Lotzenbach reden. Lotzen- bach- und Glemettenstrasse waren ab 17.5.1856 immer wieder ein Traktandum.

4.1.1873: Flaach möchte bitte Wegweiser „Nach Volken― am Weg aufstellen, der von der Strasse in der Enge des Flaacher Banns einmündet, dessen Einmündung aber kaum mehr sichtbar ist. Er werde von vielen Leuten vom Ausseramt, , Alten etc benutzt.

18.1.1873: Einladung nach Rafz zur Besprechung einer Strasse von Rüdlingen über den Hundsrücken nach dem Klettgau.

2. Oktober 1874: Auf die Zuschrift des löblichen Bezirksrates Andelfingen betreffend Erstellung einer Brü- cke über den Lotzenbach nach Buch wurde die Bürgerschaft ersucht, freiwillige Beiträge an die Erstellung einer fahrbaren Brücke zu spenden. Nachher soll der Gemeinderat von Buch zu einer Verhandlung über dieses Projekt eingeladen werden.

Am Sonntag, 6. Dezember 1874, trafen sich die Gemeinderäte von Buch und Volken im Schulhaus und beschlossen, dass Buch einen „soliden erhabenen Fusswegsteg über den Lotzenbach― sowie auf seiner Seite einen ordentlichen Fussweg erstellen werde. Da die Gemeinde Volken kein Holz dafür zur Verfügung stel- len könne, solle sie ihren Anteil in Raten abzahlen

21 Strassen-Unterhalt: Protokoll vom 14. Januar 1854: „4. Wurde von der Bürger- schaft ohne Einwendungen anerkannt, das Gmeinwerk nach dem Gesetz vom 18. April 1833 eingeführt werden soll und zwar für alle Strassen und Wege welche am 3. Januar 1855 der Gemeinde zur Besorgung übergeben worden sind. 4. Februar 1854: Die Statuten der Gemeindwerksordnung wurden eingeführt. Inhalt waren die Fronarbeiten, welche für die Erledigung der Arbeiten nötig waren, für welche die Ge- meinde verantwortlich war, insbesondere Strassenunterhalt. Schulverwalter Konrad Ruf wurde zum Gemeindwerksaufse- her gewählt. 2.1.1861:Der Gemeindewerksaufseher erhielt als Lohn 15 Rap- pen pro Stunde .

Gemeinderatssitzung vom 15. Dezember 1873: das Verzeichnis sämtlicher Strassen und Wege wurde dem Bezirksrat Andelfingen eingesandt mit folgendem Befund: 1. Strasse 3. Klasse und Fussweg nach Gräslikon, Banngrenze Gräslikon und Berg (sei in gutem Zustand) 2. Strasse 3. Klasse und Fussweg nach Desibach, Banngrenze Dorf (Desibach dürfte stellenweise verbessert werden) 3. Strasse 3. Klasse und Fussweg zur Mühle Volken und Staatskiesgrub (sei in gutem Zustand) Ferner Fussweg nach Andelfingen und Alten, Banngrenze Flaach (sei ebenfalls gut imstand) Fussweg durch den Müllberg nach Eigenthal und Fussweg nach Buch (Strecke nach Eigenthal dürfte ver- bessert werden) Fussweg nach den Berg und Küffers Reben (nach Buch gut, mit Ausnahme des Lotzenbachsteges) Alles nach dem Markenbuch, über dem Gemeindebann Volken (sämtliche Fusswege im Dorf seien gut) Fusswege über den First nach Andelfingen und den Reben würden nur als Güterwege gebraucht und wür- den von Zeit zu Zeit verbessert.

Wasserversorgung

Zementröhren statt der alten Teuchelleitungen zu den Brunnen. 10. Februar 1874: S. Eigenheer, Cementier in , versprach, Zementröhren von 3// Lichtwei- te für eine neue Wasserleitung zu 80 Rappen pro laufenden Fuss „herzurichten―. Er solle diese Offerte vor einer nächsten Gemeindeversammlung vorstellen. Hingegen soll er sofort einen Vertrag erhalten, um in nächster Zeit eine Wasserleitung zum Glemetten-Brunnen zu legen, Durchmesser 2//, zu 60 Rappen pro laufenden Fuss. Er solle sowohl auf diese Wasserleitung wie auf die Brunnensäule eine Garantie abgeben. - Eigenheer wurde am 12. März 1874 ermahnt, mit den 2// Röhren nun vorwärts zu machen, da die Volkemer jetzt Zeit hätten, sie abzuholen und zu verlegen.

Hauswasserversorgung Beschlüsse vom 31. Dezember 1895 und 4. Januar 1896: da nun die Brunnenleitung erstellt sei, soll auch eine Hauswasserversorgung erstellt werden. Deshalb sei der nächsten Gemeindeversammlung ein Antrag auf Erstellung einer Wasserversorgung zu unterbreiten. 6. April 1896: Inskünftig soll jedes Mitglied der Wasserbaukommission für unentschuldigtes Fernbleiben mit 2 Franken gebüsst werden. - Die Fragen der Hauswasserversorgung, der Kostenumlage etc. wurden unter den Bürgern, im Gemeinderat und in den Gemeindeversammlungen intensiv diskutiert. Am 28. Juni 1896 wurde mit 8 gegen 7 Stimmen beschlossen, mit dem Verlegen der Wasserversorgungsan- lage bis zum nächsten Frühjahr zu warten. Dagegen wehrte sich der Gemeinderat und beschloss, die Grab- arbeiten für die Hauptleitung sofort zu vergeben, und zwar im Akkord zu 1 Fr. 30 Rappen pro Laufmeter den jungen Leuten, die sich hiefür angemeldet hätten. Ein entsprechender Vertrag wurde sofort aufgesetzt und unterzeichnet. Am 17. Juli 1896 meldete der Gemeinderat dem Bezirksrat Andelfingen, dass in gehei- mer Abstimmung mit 21 gegen 19 Stimmen der Antrag des Gemeinderates auf sofortige Arbeitsaufnahme gegenüber dem Rekurs auf Verschiebung angenommen worden sei, womit der frühere Beschluss auf Zu- warten aufgehoben sei.

7.2.1897 wurde der Darlehensvertrag mit der ZKB zur Tilgung der Kosten der Wasserversorgung unter- zeichnet. 22 Gesundheitspolitisches

Hebamme

Am 3. Januar 1820 beschloss die Gemeindeversammlung, dass die Hebamme ihren Lohn in Natura erhalten solle, doch am 13.März 1837 wurde dieser in Geld umge- wandelt und auf 28 alte Schweizer Franken angesetzt. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Regierungsrat am 10. März 1829 eine Verordnung erlassen habe, in welcher festgehalten wird, dass eine Hebamme in armen Gemeinden wenigstens 24 und in reicheren 40 alte Franken alljährlich erhalten solle. Am 21. Januar 1874 wurde im 3. Wahlgang (!) Jungfrau Maria Keller zur Hebamme gewählt. Ferner wurde beschlos- sen, es solle die Ausbildung einer „Spetthebamme― (Anlern- und Hilfshebamme) von der Gemeinde bezahlt werden. Wenn diese aber nicht 12 Jahre in Volken tätig bleibe, müsse sie die Ausbildungskosten zurückzahlen. Am 22. August 1853 meldete der Gemeinderat, die Kantonale Medizindirektion habe festgestellt, dass dem Geburtstuhl die nötige Polsterung fehle. Der Bezirksarzt von Flaach, Dr. Sigg, habe deshalb die Gemeinde aufgefordert, das Nötige zu veranlassen, zu ersetzen oder auszubessern. Der Gemeinderat ersuchte hierauf den Bezirksarzt, in ihrem Auftrag für eine zweckmässige Instandstellung besorgt zu sein.

Cholera: Protokoll vom 22.9.1867; Nach Verlesen des Kreisschreibens des Statthalteramtes vom 5. September we- gen der Cholera wurde beschlossen, dass bei Eintritt eines Todesfalls durch Cholera in Volken die Leiche nicht von Trägern, sondern auf einem dazu passenden Wägelchen in den Totengarten spediert werden solle. Ein nachfolgendes Kreisschreiben vom 11. September über die Aufnahme von „Cholera-Flüchtlingen― wurde verlesen, damit jedem bekannt sei, was er in einem solchen Fall zu tun habe.

4. August 1883: Es sei vorläufig zur Unterbringung und Absonderung Cholerakranker das leerstehende Haus des Präsidenten Ritzmann ausersehen. Ferner sei zu berichten, dass für allfällig nötige Desinfekti- onsmittel gesorgt werde. Mobiliar, so insbesondere Nachtstühle, seien in jedem Hause vorhanden, und für passende Personen zur Behandlung von Kranken sei vorläufig gesorgt.

So sehr die Cholera damals eine grosse Gefahr darstellte, so hatten die Vorsichtsmassnahmen, welche da- mals getroffen wurden, eine langfristige und bis heute bleibende positive Auswirkung kulinarischer Natur. Da die Menschen zur Vermeidung einer hochgefährlichen Ansteckung am besten zuhause blieben, zuhause assen und tranken, mussten sie ihren Speisezettel aus denjenigen Lebensmitteln zusammenstellen, welche im Bauernhaushalt vorhanden waren. Daraus entwickelte sich speziell im Oberwallis eine Spezialität, im Hinblick auf ihre Herkunft „Chouera― genannt, eben Cholera auf Walliserdeutsch, eine Art Wähe, Dünne oder Kuchen mit Kartoffeln, Lauch, Zwiebeln, Birnen, Äpfel und Käse mit einer Teigumhüllung.

German und Marilyn Ruppen-Salzmann backen in Ernen/Goms für Gourmets die traditionelle „Chouera― nach altem Rezept. Feinschmecker sind auch Konzertfreunde!

23 Verschiedenes

Ablösung der Grundzinsen: Ab 1847 beschäftigte man sich mit der Ablösung der Grundzinsen, die seit Jahrhunderten auf die ehemals als Lehen erhaltenen Grundstücke bezahlt werden mussten. Verschiedene Kommissionen wurden einge- setzt. Ein entsprechender Vertrag mit dem Kloster St. Katharinenthal findet sich im Anhang. Der Geldwert der bisher zu bezahlenden Zinsen, die ja vorwiegend mit Naturalien (Weizen, Eiern, Hühnern) zu beglei- chen waren, wurde berechnet und kapitalisiert. Allerdings musste Volken einige Male Fristerstreckung für die Ratenzahlungen verlangen, mit denen das Kapital zurückbezahlt werden sollte. Am 15.9.1860 beantrag- te die Gemeindeversammlung, die Zinsen wieder in Naturalien statt Geld zahlen zu dürfen, da schon die Bezahlung des Staatsgrundzinses den Bürgern „grosse Ausgaben― verursache. Und am 16. Februar 1878 beschloss der Gemeinderat, bei nächster Gelegenheit beim Landschreiber anzufragen, wie die Löschung anzuordnen sei.

Behörden-Entschädigungen Die erste Gemeindeversammlung, deren Protokoll im Wortlaut auf Seite 10 wiedergegeben ist, sah eine Vergütung von jährlich 6 Gulden für den Gemeinderat vor. Dazu kamen 30 Schilling Tagesentschädigung für den Präsidenten. An der Versammlung vom 18. Mai 1851 beschlossen die Stimmbürger mit 39 gegen 3 Stimmen, die Entschädigung für den Gemeinderat von 18 auf 25 Gulden zu erhöhen. Davon sollten der Präsident 10, der Seckelmeister 9 und das Mitglied 6 Gulden erhalten. Aber ganz ohne Bedingung wurde diese Lohnerhöhung nicht gewährt: der Rat müsse die Leitung und Führung der erforderlichen Frondienste ohne separate Bezahlung übernehmen, sodass künftig kein Frondienstaufseher benötigt würde…

Als 1866 die Zahl der Gemeinderäte von 3 auf 5 erhöht wurde, musste auch die Gesamtbesoldung ange- passt werden. Es wurde am 4. Juni 1866 entschieden, der Gemeinderat solle insgesamt jährlich 100 Fran- ken erhalten: der Präsident 26.-, der Seckelmeister 23.-, die übrigen drei Mitglieder je 17 Franken.

Die Gemeindeschreiber erhielten folgende jährliche Besoldung: 1851 2 Franken und Befreiung vom Frondienst für das Gemeindwerk 1852 25 Batzen und Befreiung vom Frondienst für das Gemeindwerk 1852-58 1 Franken 46 Rappen, Befreiung vom Frondienst

Aus dem im Anhang angeführten Text des Protokolls der Gemeindeversammlung vom 10.6.1854 geht her- vor, dass viele Aufgaben gesondert entschädigt wurden, was das „Basissalär― entschieden erhöhte.

7. Juni 1851: Ein Kreisschreiben wurde verlesen, die Eltern sollten die neuartigen Zündhöl- zer gut verwahren, speziell vor den Kindern. Es hätte mit diesen bereits mehrere Unglücks- fälle gegeben.

Wahl eines Inhabers der Salzwägerstelle: 28. Januar 1854: Die Stelle des Salzwägers sollte neu geschaffen werden. Dazu wurde eine Kommission von 3 Mitbürgern gewählt. Dann meldete Abraham Erb, er sei Kandidat und würde, falls gewählt, jährlich 5 Franken ins Schulgut zahlen. Auch Jakob Gisler, Martins, wollte die Gemeinde verschönern, falls er zum Zug käme. Dieses Versprechen wurde abgelehnt und hierauf eine Dreierkommission gewählt. Dagegen wurde Rekurs erhoben. Eine Kommission zur Rekurs-Beantwortung wurde eingesetzt… - In späteren Jah- ren war es dagegen oft mühsam, einen Kandidaten für diese Stelle zu finden. Und wenn ein Mitbürger nicht arbeiten wollte, sondern lieber herumstrolchte: Aus dem Protokoll der Versammlung vom 11. Februar 1852: „3) wurde von der Versammlung beschlossen, dass der Konrad Erb Zimmermanns sel. Sohn welcher als Taugenichts und Müssiggänger schon lange Zeit ohne zu arbeiten herum zieht, sich vor der Bürgerschaft persönlich zeigen soll, damit er zu seiner Schande vor sämtlicher Bürgerschaft hören müsse, was für ein liederlicher Mensch er sei. 4) da sich aus allem zeigt, das derselbe bis künftige Margaretha [15. Juli nach kirchlichem Kalender] zu jemand in Dienst treten könne mit der Verpflichtung, dass derselbe Meister ihn in strengster Zucht halten soll, damit er auch noch arbeiten lerne, so würde ein solcher Meister ihn auch nicht ganz unentgeltlich haben wollen, so dürfe man noch etwas bezahlen, welches von der Gemeinde bezahlt werde, jedoch solle es nachher der Bürgerschaft vorgelegt werden, ehe ein solcher Traktat geschlossen werden kann.

24 Zuchtochsen 23.9.1856: Konrad Kellers (Tischmacher) Zuchtochse sei so wild, dass er für Menschen eine Lebensgefahr darstelle. Auf sein Gesuch hin wurde ihm bewilligt, den Ochsen totzuschlagen. Beschluss vom 15.10.1856: es solle eine Kommission von 3 Mitgliedern über die Haltung von Zuchtochsen befinden. Ihr Wirken war nicht erfolgreich, denn am 5.9.1857 wurde eine Kom- mission von 4 Personen eingesetzt, welche eine Ver- ordnung über die Haltung von Zuchtochsen vorschla- gen sollte. Diese wurde am 2.1.1858 genehmigt. Schliesslich wurde am 12.6.1858 mitgeteilt, eine Kom- mission von 5 Mitgliedern werde für den Kauf ei nes Zuchtochsen eingesetzt. - Die Wahl des Halters des Zuchtochsen und die Bezahlung waren jährliche Themen an der Neujahrs-Gemeindeversammlung.

Die Direktion des Innern schrieb, dass ein zweiter Zuchtstier anzuschaffen oder mit einer anderen Gemein- de ein solcher gemeinsam zu halten sei. Am 13. Juni 1897 beschloss der Gemeinderat, die Direktion des Innern anzufragen, ob es nicht gestattet sei, nur einen Zuchtstier zu halten, da man bisher mit einem ganz gut gefahren sei und die Zahl der Kühe nicht immer so gross sei wie jetzt und auch letztes Jahr noch viele Rinder gehalten worden seien. Am 26. August 1897 nahm der Gemeinderat zur Kenntnis, dass die Direkti- on des Innern beschieden habe, dass insofern die Zahl der weiblichen Zuchttiere sich nicht reduziere oder eher noch steigere, bis März 1898 ein zweiter Stier anzuschaffen sei, welcher bis März 1899 zu halten sei, und dass mit dem jetzigen Zuchtstierhalter zu unterhandeln sei, dass er den Stier noch bis März 1898 halte oder es sei sofort ein junger Stier anzuschaffen.

Ziegen Als Ergänzung zum Dauerthema Zuchtochsen wurde auch die Ziegenhaltung thematisiert. Am 2. Januar 1874 wurde beschlossen, eine Ziegen-Assekuranz zu gründen. Die Fortdauer dieser Versicherung wurde alljährlich bestätigt. Einige Traktanden vorher beschloss die Versammlung, dass „für die Ziegenbesitzer ein thüchtiger Ziegenbock gehalten werden soll und dass der Ziegenbockhalter als Beitrag jährlich von der Gemeinde 15 Franken zu beziehen habe und zudem von jeder Ziege demselben 40 Rappen bezahlt werden müsse als Sprunggeld. Derjenige, der den Ziegenbock halten will, muss sich im Monat Mai bei dem Ge- meinderath melden.“ Mit Beschluss vom 16. Januar 1892 wurde das Sprunggeld auf 50 Rappen angesetzt.

Bekämpfung von Misteln Am 2. April 1898 gab der Gemeinderat bekannt, dass zu viele Bäume mit Misteln besetzt seien und deshalb die Misteln innert 14 Tagen zu entfernen seien, widrigenfalls eine Ordnungsbusse angedroht wurde.

Gewehre für die Traubenwacht In seiner Sitzung vom 23. September 1899 beschloss der Gemeinderat, das Zeugamt Zürich anzufragen, ob nicht einige alte Vorderlader-Gewehre zu haben wären, welche für die Traubenwacht verwendet werden könnten.

Verbindungen mit und : Am 30.7.1854 wurde beschlossen, eine Petition der Gemeinde Humlikon für eine dortige Eisenbahn- Haltestelle zu unterstützen. 2.1.1863, 15.: Die Strasse von Dorf nach Henggart soll direkt, nicht über Hum- likon geführt werden.

Post und Telegraph Im Protokoll vom 9. Oktober 1869 steht, es soll eine Kommission eingesetzt werden, um eine Stellung- nahme zum Begehren des Vereins der Flaachtaler Bürger in Zürich und Umgebung vorzubereiten, die eine Postverbindung zwischen Flaach und Henggart wünschten.

Am 4. November 1871 wurde ergänzt, dass die Gemeindeversammlung der Errichtung eines Telegraphen- Bureaus in Henggart zustimme.

Telekommunikation hatte damals keine Priorität. Am 4. Juli 1897 wurde aus Rücksicht auf die vielen zwingenderen Ausgaben beschlossen, mit der Erstellung einer Telefonstation noch zuzuwarten. 25 Reblaussteuer Erstmals wurde 1883 nebst der Staatssteuer und der Brandsteuer auch eine Reblaussteuer erhoben.

Reben-Schädlinge Am 10. Juli 1886 wurde eine Besichtigung sämtlicher Reben angeordnet. Vorher aber sollen alle Besitzer ihre Reben auf Krankheit oder Verdacht auf Krankheit prüfen und melden. Im August 1889 wurden die Reben im ganzen Rebgebiet Volkens genau untersucht. Dabei ergab sich, dass von der Reblaus (Thiloxera) noch keine Spur vorhanden sei, jedoch der falsche Mehltau an den unbespritz- ten Reben schon überhand genommen habe. Auch zu spät gespritzte Reben seien geringer gewachsen als rechtzeitig oder zweimal gespritzte Reben. Beschluss vom 15. Juli 1894, es müssten bis 25. Juli 1894 alle Reben bespritzt werden.

Hagelschaden vom 21. Juli 1881 Am Abend des 21. Juli 1881 wurde das Flaachtal durch ein ganz ausserordentlich heftiges Gewitter heim- gesucht. Dem Statthalteramt wurde berichtet, dass das Hagelwetter und der Sturm grosse Schäden ange- richtet haben. Am 26. Juli nachmittags wurde eine Sitzung im Löwen Andelfingen abgehalten, an welcher Delegierte aller hagelgeschädigten Gemeinden teilnahmen und über ein einheitliches Verfahren bei der Schatzung des Schadens berieten. Am 18. August wurde dem Centralhülfscomitee Andelfingen eine Be- stellung von Saatgut und Zucker eingesandt und etwas später wurden die ersten Beiträge ausbezahlt und das erbetene Saatgut verteilt. Protokoll vom 13. Dezember 1881: „Wurden die von der hoh. Direktion des Innerns verifizierten Schat- zungstabellen über den Hagelschaden des 21. Juli verlesen und berathen und die Bürger angefragt, ob der Kollektiveingabe des Gemeinderathes Andelfingen beigestimmt werden solle, worauf die bestellte Schat- zungskommission die Schatzungstabellen noch einmal verifizieren und deshalb sich mit den Gemeinderä- then der beschädigten Gemeinden ins Einvernehmen zu setzen habe. Es erklärten aber alle Bürger, dass sie sich mit der verifizierten Schatzung noch zufrieden geben können, insofern es nun dabei verbleibe und andere Gemeinden auch nicht mehr verhältnismässig höher taxiert werden. Sei das letztere der Fall, so solle der Gemeinderat auf Vermögen einschreiten.“

Die ersten Liebesgaben wurden am Ostermontag, 9. April 1882, der grosse Rest Ende September 1882 nach einem sehr komplizierten Schlüssel unter die Geschädigten verteilt. Am 2. Januar 1883, berichtete der Gemeinderat, dass Bücher und Rechnung des Lokalkomitees über die Verteilung der Liebessteuern für die Wetterbeschädigten abgeschlossen seien.

Am 9. Juni 1885 kam es erneut zu einem Unwetter. Nationalrat Kramer spendete 50 Franken für die Un- wettergeschädigten, und der Gemeinderat verteilte diese Summe, zusammen mit den übrigen Liebesgaben- Spenden von 286 Franken 90 Rappen, nach seinen Schadenschätzungen und der Steuerkraft der Geschädig- ten.

1892 muss sich nochmals ein grosser Hagelschaden ergeben haben. Jedenfalls berichtete der Gemeinderat am 1.Mai 1892, die Gemeinnützige Gesellschaft des Bezirkes Andelfingen habe für die Hagelgeschädigten 39 Franken 60 Rappen gesandt. Jedoch solle dieser Betrag nicht verteilt werden, da es keinen sinnvollen Verteilmodus dafür gebe, sondern der Schuljugend bei Anlässen, allenfalls Schulhauseinweihung, zukom- men.

Auflesen und Entwenden von Früchten und Obst war gemäss Beschluss des Gemeinderates vom 20. September 1888 bei einer Busse von mindestens 10 Franken verboten. Für Kinder hafteten deren Eltern resp. Pflege-Eltern oder Vormünder.

Diese Verbote hatten Tradition: gemäss Beschluss vom 12.6.1858 war „Erdbeerenpflücken im Gemeindholz Rüti verboten, unter Busse von Fr. 1 für Volkemer und Fr. 2. für Leute von Dorf“. Aber schon am 27.3.1859 wurde die Busse einheitlich auf Fr. 2.- festgesetzt. –

Schiessen und Geniessen 27.2.1859: Schiessen an Hochzeiten war erlaubt, aber nur unter Aufsicht, um Unfälle zu vermeiden. 23. März 1874: Lehrer Berger rekurrierte gegen den Gemeindebeschluss, dass das Examenmahl abge- schafft werden soll. Darüber sollte an der nächsten Gemeindeversammlung abgestimmt werden.

26 Wahlbureau Um mit anderen Gemeinden mithalten zu können, wurde am 29. Februar 1868 beschlossen, ein Wahlbu- reau einzurichten, bestehend zuerst aus zwei, dann aus drei Personen, normalerweise dem Präsidenten und Gemeinderäten.

Volken wünscht eine Nationalbank

Protokoll vom 2.12.1866: Nach Verlesen der Petition des Landwirtschaftlichen Ver- eins Pfäffikon-Hittnau (!) betreffend Grün- dung einer Nationalbank wurde einstimmig beschlossen, es solle dieselbe im Namen der Bürgerschaft mitunterzeichnet und dem genannten Verein zur weiteren Beförderung eingesandt werden.

Und die Kantonalbank? Als aber der Landschreiber anfragte, ob für die Gründung der Zürcher Kantonalbank auch die Gemeinde Volken eine Garantie übernehme, wurde dies am 11.9.1867 unter Hin- weis auf die Armut Volkens abgelehnt.

Geldmangel Einige Male wurde die Gemeinde angefragt, ob sie nicht Solidaritätsbeiträge leisten würde. Am 2. Januar 1865 beschloss die Gemeindeversammlung, sie könne die polnischen Flüchtlinge „bei dem jetzigen Geld- mangel― nicht unterstützen, sprach an der gleichen Versammlung aber einen Beitrag von 40 Franken an die Fahne des Männerchors, wobei dieser Betrag allenfalls um 10 Franken erhöht werden könne, wenn die Finanzierung durch Holzverkauf die Kosten dieser Anschaffung nicht ganz decken würde.

Der Krieg von 1870/71 brachte der Schweiz viele Flüchtlinge. Das Protokoll vom 24.September 1870 be- richtet über das Gesuch eines Hülfskomitees um Unterstützung und Aufnahme „der durch den Krieg be- dingten Auswanderer aus Strassburg― durch die Gemeinde und Bürgerschaft. Als Alternative könnten sie sich an dem Liebeswerk beteiligen und solche Bedrängte beherbergen, verpflegen oder Beiträge an Geld geben. Die Bevölkerung lehnte ab. Volken habe selbst viel Bedürftige und „viel zu steuern―.

Die Gemeindeversammlung vom 26.5.1866 entschied, nichts an den Bau der Rheinbrücke bei Flaach beizu- tragen. Ein ähnlicher Bescheid ging am 8.9.1866 an die gleiche Gemeinde, die diesmal um einen Beitrag an den zu errichtenden Thursteg bat. Allerdings „sei es jedem Bürger freigestellt, einen privaten Beitrag zu geben.―. Ein gleiches Schicksal, am 13.10.1866, erfuhr ein Antrag der Gemeinde Alten, welche ebenfalls um einen Beitrag an ihren Thursteg ersuchte. Dieser Beschluss wurde an der Gemeindeversammlung vom 2.1.1867 erneut bekräftigt.

Dann aber trat ein Sinneswandel ein. Der Gemeinde Flaach wurde ein Beitrag von Fr. 50.- an die Erbauung einer Thurbrücke zugesichert, doch müsse eine Brücke gebaut werden, über die Vieh getrieben und die mit kleineren Fuhrwerken befahren werden könne. Dazu solle der Gemeinderat ebenfalls noch für Beiträge von Privaten sorgen.

Feier 600 Jahre Eidgenossenschaft Der Gemeinderat beschloss am 31. Juli 1891, es sei Samstagnacht, den 1. August 1891, auf dem Worren- berg ein Feuer anzuzünden, hingegen werde von einer Feier für Erwachsene abgesehen, da die Gemeinde jetzt schon genügend Auslagen habe. Die Frage einer Feier für Kinder werde der Schulpflege überlassen.

Mit dem Protokoll der 13. Sitzung vom 9. Dezember 1899 endet das Protokollbuch.

27 Karten des Dorfes Volken von 1660, 1849 und 1896

Ausschnitt der Militärquartierkarte von Gyger, 1660, Verlag Matthieu, Zürich

Deutlich ist zu erkennen, dass 1660 Volken noch sehr wenig Häuser aufwies, denn es zählte im Jahr 1634 nur gerade 194 Einwohner, wuchs jedoch im Jahr 1685 auf 322 Bewohner an.

28 Ausschnitt aus der Wild-Karte 1:25000 1845-49 Verlag Matthieu, Zürich

Ausschnitt aus der Hefti-Karte 1:25'000 1895/96, Verlag Matthieu, Zürich

Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte Volken einen Rückgang der Bevölkerung durch Wegzug. Die Stagnation ist ablesbar an der unveränderten Zahl der Häuser.

29 Die Erschliessung Volkens durch Strassen

Detail des Weinlandes um 16509

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sandten die Behörden des benachbarten Flaach eine Bittschrift an die Gnädigen Herren in Zürich, in welcher sie mit bewegten Worten die äusserst prekären Strassenver- hältnisse des Flaachtals schilderten. Jahrhundertelang war es für Fuhrwerke nur über den Schindlenberg, südlich von Dorf, erreichbar. Die Einwohner von Volken und Flaach verkauften ihre landwirtschaftlichen Produkte, allen voran den Wein, auf den Märkten von Eglisau, Kaiserstuhl, Schaffhausen und Winterthur. War der Transport schon mühsam genug, mussten auch noch vielfältige Zölle bezahlt werden, wie bei der Fähre Ziegelhütte sowohl am Zürcher wie am Schaffhauser Ufer, verschiedenen Brückenzöllen bei der Rheinau und Andelfingen usw. Der ursprüngliche Weg nach Winterthur führte über Dorf – Hünikon – Aesch – Neftenbach nach Win- terthur. Er wurde schon um 1640 als „marastisch und beschwerlich und völlig verkarrt― geschildert. 1644 halfen Flaach, Volken und Dorf mit, die Strasse instand zu stellen.

9 „Blaeu Atlas―, ins Netz gestellt durch die Charles E. Young Research Library / UCLA Library

30 Detail der Strassenkarte des Kantons Zürich von 1850 10

Das Detailbild der oben abgebildeten Karte von 1850 zeigt noch den Verlauf dieser „verkarrten― Strasse. Kein Wunder, dass mit der Planung des Baus der Eisenbahnlinie Winterthur-Schaffhausen auch die Er- schliessung der anschliessenden Landschaft in Angriff genommen wurde. 1845 wurde der Ausbau der Strasse Flaach – Volken – Dorf geplant. Es sollte eine Kantonsstrasse 2. Klasse werden. An den Gemeindeversammlungen der Jahre 1839 und folgende waren der Ausbau der für Volken wichtigen Verbindungsstrasse nach Henggart und damit der Anschluss an die Eisenbahn ein immer wichtigeres Trak- tandum. Auch für die Postbeförderung war diese Strasse wichtig, denn erst als die Strasse gebaut war, konnte die Post täglich nach Dorf, Volken und Flaach gebracht werden. 60 Jahre später, genau 1904, plante der Kanton den Ausbau der Glemettenstrasse. Von diesen Vorhaben sind auf den folgenden Seiten die Pläne wiedergegeben, in welchen alle damals bestehenden Häuser und deren Besitzer aufgeführt sind.

10 StAZH Plan A 17. 31 Ausbauplan von 1845 der Strasse Dorf – Volken – Flaach 11

Die Häusernummern mit den Namen der Bewohner des obenstehenden Ausbauplans der Strasse Flaach-Volken-Dorf 103 Ulrich Gysler, Maler 116 Spritzenhaus 104 Jak. Schuler, Brunnenmeister zw.113 und 116 Baumgarten Präsident Erb 105 Jak. Schuler, Maler 117 Heinrich Gysler, Richters 106 Durchgang: Jakob Kündig/Conrad Schuler 118 Heinrich Ritzmann, alt Gemeinderat 107 Conrad Wartmann 119 Heinrich Keller, Georgens 108 Ulrich Morgen 120 Johannes Keller, Weinschenk 109 Gemeinderat Erb 121 Heinrich Keller, Weinschenk 110 Heinrich Keller, alter Tambours 122 Gemeindeammann Wegmann 111 Schullehrer Kündig 123 Gemeinde Volken, Schulhaus 112 Heinrich Erb 124 Zehntenscheune 113 Conrad Keller, Unterbeck 125 Johannes Kramer 114 Conrad Keller, Seckelmeister, Rest. Post 126 Heinrich Ritzmann, alt Gemeinderat 115 Abraham Erb 127 Salomon Ruf 128 Conrad Gysler, Kirchenpfleger

11 StAZH S.Plan 376 und 374 32

33 Die Post in Volken12

1610 errichtete in Zürich der wohlhabende Stadtbürger Caspar Hess die erste kantonale Poststation. 1662 wurde das Postregal dem Kaufmännischen Direktorium übertragen. 1848 wurde die Post eidgenössisch, und am 1.9.1848 nahmen 11 Kreispostdirektionen ihre Tätigkeit auf. Allerdings verging noch einige Zeit, bis sich die neue Organisation richtig eingespielt hatte. Erstes „richtiges― Betriebsjahr war 1850.

Der Postverkehr hatte in den vorangegangenen Jahrzehnten nach heutigen Begriffen noch kein grosses Ausmass. So wurde z.B. die Post von Schaffhausen nach Zürich zweimal pro Woche zu Pferd und zweimal zu Fuss transportiert, nach St. Gallen je einmal pro Woche über Frauenfeld und Wil, nach Bern und Kon- stanz je zweimal wöchentlich. Von Marthalen aus ging jeden Donnerstag ein Bote zu Fuss nach Zürich. Briefe und Zeitungen wurden in einer Chrätze auf dem Rücken getragen. Anfang der dreissiger Jahre wurden diese Transporte mit Pferd und Wagen ausgeführt. Später fuhr ein privater Bote mit einem gedeckten Wagen von Marthalen nach Zü- rich, nahm die Briefe von den zu berührenden Ortschaften mit und brachte solche auch wieder zurück. Die Postsachen wurden zweimal wöchentlich, je Mittwoch und Samstag, von Andelfingen in die Flaachtalge- meinden gebracht. Als sich die Errichtung einer Post-Ablage in Volken abzeichnete, wurde am 7.10.1842 eine Petition ver- fasst, in welcher gebeten wurde, es solle in Abänderung der Posteinrichtung die Lieferung nach Rorbas ausgelassen, dafür wöchentlich 4 x (Montag, Dienstag, Donnerstag und Samstag) eine Postverbindung mit Andelfingen eingeführt werden. Adressat dieser Bitte war erstaunlicherweise das Löbliche Oberwaisenamt. 12. August 1842: ein eigens hiefür bestellter Postbote, Jakob Vaterlaus und nach dessen Rücktritt ab 1. Juni 1852 Salomon Fisler, allgemein „Hansuerech― genannt, beförderte die mit dem Konstanzer Eilwagen nach Winterthur gekommenen Briefe und Postsachen für Flaach, Eigenthal, Berg, Volken und Dorf. Der Boten- kurs Flaach – Andelfingen scheint noch einige Jahre bestanden zu haben. Wenigstens fand am 18. Juni 1850 eine Konkurrenzausschreibung statt für diesen täglichen Kurs. Belohnung: 300 Franken. Nach Eröff- nung der Rheinfallbahn (Winterthur-Schaffhausen) am 16. April 1857 musste Fisler den Botengang täglich ausführen. Sein Weg führte über Goldenberg - Dorf - Volken – Flaach – Eigenthal – Berg – Gräslikon. Auf den 1. November 1873 errichtete die Postverwaltung einen Doppelpostkurs Flaach – Henggart, mit Anschluss an die Eisenbahn. Die Postbotenkurse von Andelfingen wurden aufgehoben. Die Fahrt kostete einen Franken.

Kutsche der Zürcher Kantonalpost 13

Die Postbenützer wurden damals in der Regel in der Wohnstube des Ablagehalters, oft auch nur im Haus- gang, bedient. Der Stelleninhaber war gleichzeitig auch Briefträger und erhielt anfänglich eine Besoldung von Fr. 16. — jährlich. Ablagehalter in Volken waren Konrad Keller, mit unbekanntem Antrittsdatum, wahrscheinlich 1842, bis 31. Oktober 1853, hierauf Jakob Kündig, Gemeindeschreiber und Gemeindeam- mann, vom 1. November 1853 bis 31 Juli 1867. Die Besoldung stieg bei Konrad Keller von Fr. 16. — auf Fr. 32. —, bei Jakob Kündig von Fr. 32. — auf Fr. 80.--. Jakob Kündig und seine Nachfolger mussten nun die Postsachen täglich im ganzen Dorfkreis austragen.

12 „Die Post in der Schweiz― von Arthur Wyss, Verlag Hallwag 1987 Seiten 99, 212, 215 sowie Poststellenchronik im Historischen Archiv und Bibliothek PTT in Bern 13 Geschichte des Kantons Zürich, Band 3, 19. und 20.Jahrhundert, Werd Verlag, S.113 34

Die Kosten

Am 1. März 1845 wurden kantonale Briefmarken eingeführt. Ein Brief im Ortskreis kostete 4 Rappen pro Loth Gewicht, im Kantonskreis stieg der Preis auf 6 Rappen. 1 Loth wog ½ Unze oder ungefähr 15 Gramm. 1850 kostete ein Inlandbrief von einem Loth Gewicht über eine Distanz von mehr als 40 Wegstunden (über 192 Kilometer) 30 Rappen. Für diesen Betrag konnte man damals 1 kg Brot oder 4 kg Kartoffeln oder ½ kg Rindfleisch kaufen. 1865 kostete derselbe Brief 20 Rappen, wofür 2/3 kg Brot oder 3 kg Kartoffeln oder 1/3 kg Rindfleisch gekauft werden konnten.

Am 1. August 1867 übernahm Johann Conrad Keller die Stelle als Postverwalter, und er übte diese Funkti- on aus bis zu seinem Tod am 7. März 1888. Sein Sold belief sich am Anfang auf Fr. 80. jährlich und stei- gerte sich auf Fr. 280. Die Postverwalterstelle muss mit grösseren Vorteilen verbunden gewesen sein, denn sowohl sein Vorgän- ger wie auch er, beide frühere Gemeindeschreiber, Gemeindeammänner, und Gemeinderäte, bewarben sich darum. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass sich Johann Conrad Keller einen weiteren Vorteil erhoffte: er betrieb, wie seit Beginn des Jahrhunderts sein Vater, eine „Weinschenke―, der er nun den Na- men „Restaurant Post― geben konnte. Zur Zeit der Eröffnung der Poststelle Volken waren die Stelleninha- ber noch nicht gehalten, für den Postdienst besondere Räumlichkeiten bereit zu stellen. So dürfte das An- gebot einer Postablage mit einem Restaurant Post kombiniert ein besonderer Trumpf gewesen sein.

Protokoll der Gemeindeversammlung vom 26. Mai 1873: „Am 27. Mai der Tit. Kreispostdirektion Zürich Bericht erstattet, dass die Bürgen für Postablagehalter alt. Gemeindeammann Konrad Keller, a) Lehrer Berger noch am Leben sei und 6000 fr. versteuere, b) Jakob Gisler Martins noch am Leben sei und 13000 fr. versteuere―. Die Generaldirektion PTT verlangte also, dass ihre Beamten Bürgen stellten, um ihren Arbeitgeber im Fall von Schadenersatzansprüchen schadlos zu halten.

35 Das „Postgebäude“ Volkens

Das Haus, wie es von 1865 bis 1933 aussah

Diese Bilder, Gebäude und Grundriss der Poststelle Vol- kens sind im Historischen Archiv und Bibliothek PTT der Schweizer Post, Viktoriastrasse 21 in 3030 Bern dokumen- tiert.

Da „das Posthaus― 1933 umgebaut und das Postlokal gegen Flaach hin angebaut wurde, dürfte dieser Plan bis 1933 Gültigkeit gehabt haben.

Welcher Gast, der sich heute in der gemütlichen Ecke rechts vom Eingang niederlässt, ist sich bewusst, dass er in der früheren Postablage sitzt, also dort, wo die Post von Andelfingen abgegeben und vom Posthalter sortiert wurde?

Ein Blick auf den nebenstehenden Grundriss zeigt, dass alle Postkunden den gleichen Hauseingang wie für das Restaurant benützen mussten. Das war sicherlich keine schlechte Werbung. Gleichzeitig war so dem späteren Erfordernis der Generaldirektion PTT genüge getan, dass jeder Poststelleninhaber seinen Kunden einen eigenen Raum zur Verfügung zu stellen hatte.

1887, kurz vor seinem Tod, verkaufte J.C. Keller seine Gebäude und einen Teil seiner Ländereien an Kon- rad Erb. Am 1. April 1888 übernahm dieser mit seiner Frau Luise die Postablage. Nach seinem Tod am 21. Januar 1928 fuhr Sohn Konrad mit seiner Frau Olga am 1. April 1928 mit dem Posthalteramt weiter und baute 1933 das Posthaus um. Konrad starb am 30. Juni 1946 im Amt. Sohn Edwin Erb sprang zusammen mit seiner Frau Klara in seine Fussstapfen und leitete die Posthalterei bis zu seiner Pensionierung 1987. Klara Erb führte das Amt weiter bis zur Fertigstellung des Einbaus eines neuen Postlokals im nahegelege- nen gemeindeeigenen Hans-Keller-Haus. Nach dem 100-Jahr-Jubiläum wurde die Poststelle auf Beschluss der Geschäftsleitung der Post geschlossen.

36

Oben: „Das Posthaus― 2008 Links: am Anbau ist über dem Fenster neben dem strassenseitigen Eingang das Schild der Poststelle zu sehen

Das Innere des Restaurant Post, der Stammtisch. Das in die Mauer eingelassene Fensterkästchen liegt in einem Kanal, der bei einem Umbau gefunden worden sei, so Richard Erb. Es handelt sich mutmasslich um einen Kamin.

37 Die Weinschenken Volken14

Im „Verzeichnis [von 1803]derjenigen Kantonsangehörigen im Distrikt Winterthur, 1te Abteilung, welche vor der Revolution Weinbau beworben und keine Petition eingegeben haben, allein nach dem Gesetz ihren Gewerb fortzusetzen befugt sind, und nach dem Bericht des Herrn Unterstatthalter Sigg denselben fortfüh- ren wollen“ ist unter Flaach aufgeführt: Conrad Keller Bek von Volken. Auf Seite 138 steht unter „Antrag zur Bewilligung von Weinschenken“: Konrad Keller Bek von Volken: Antrag: „entsprechen, da seit alter Zeit…“, Bewilligung durch Erkanntnuss. J. Konrad Keller: „Dass nach dem Bericht des Hr. Statthalters in diesem Dörfchen 2 Weinschenken wohl existieren können und die Wohnung des Petenten als mitten im Dorf liegend einer guten Policey Ordnung unterworfen ist, auch diese Weinschenke schon während der Revolution ordentlich betrieben worden: dem Petenten durch ein Patent auf 10 Jahre, um den Betrag von 20 frk in seinem Begehren entsprochen werde: Bewilligung durch Patent.“ Weiter hinten steht: „Gesetz vom 24. Decembris 1803: unentgeltliche Bestätigung nicht neu zu patentieren, sondern auf zehn Jahre mit unentgeltlicher Bestätigungs-Acten zu versehende Weinschenken: Conrad Keller Bek von Volken Neubewilligte und sub dato 5ten März 1805 auf 10 Jahre zu patentierende Weinschenken, welche für das Patent eine Recognition an den Staat zu bezahlen haben: Hs Conrad Keller von Volken, frk. 20.--. Und am Rande der Seite, auf welcher alle bewilligten Weinschenken zusammenfassend aufgeführt sind, steht: „alle bezahlt und ihr Patent angefangen.― Das heisst im Klartext, dass schon vor 1798, unter der alten Zürcher Herrschaft, ein Conrad Keller (der Unterbeck) eine Weinschenke in Volken betrieb. In den nicht unbeträchtlichen Wirren der Helvetik führte Hans Conrad Keller ebenfalls eine Weinschenke, wobei nicht festzustellen ist, wann er damit begann. Jedenfalls ist die Bemerkung „da nach dem Bericht des Hr. Statthaltes in diesem Dörfchen..... auch diese Weinschenke schon während der Revolution or- dentlich betrieben worden“ eine klare Aussage, dass Hans Conrad Keller die Turbulenzen der Revolution nutzte und mangels zuständigen Ämtern ohne formale Bewilligung den Weinausschank betrieb. Volken besass von der Französischen Revolution bis 1832 zwei, hierauf bis 1860 drei regelmässig betrie- bene Weinschenken. Dazu kamen Johann Conrad Hatt, Müller, und Johannes Keller, Landwirt, welche ein Patent beantragten und erhielten, aber nicht einlösten. Johannes Keller, Jonassen, (wahrscheinlich Bruder beiden Jahren eine Weinschenke. Ob ihm nach seiner Verurteilung durch das Bezirksgericht Andelfingen am 21.12.1841 wegen Überhockens und „mehrfachen Policei-Übertretungen“ (siehe Seite 41) das Patent nicht mehr gewährt wurde oder ob er freiwillig darauf verzichtete, ist unbekannt. Die „Beizendichte― für Volken (1809 mit 282 und 1850 mit 385 Einwohnern) mit je einer Weinschenke auf 140 resp. 130 Einwohner entsprach dem damaligen landläufigen Durchschnitt. Zum Vergleich: im Jahr 2005 gab es in der Schweiz gemäss dem Branchenverband GastroSuisse ein Restaurant pro 386 Einwohner. Die Abgaben der beiden dauernd betriebenen Weinschenken an den Kanton schwankten im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Zuerst waren sie beim etablierten Unterbeck grösser, näherten sich aber bald an und blieben über all die Jahre ziemlich ähnlich. Konsumiert wurden hauptsächlich eigener Wein und offenbar ab 1844 auch Bier. Wenn gegessen wurde, dann vorwiegend Eigenprodukte (eigenes Fleisch, eigenes Brot und was der Hof gerade hergab). In den Bauernwirtschaften des 19. Jahrhundert wurde fast ausschliesslich Kaltes gegessen. Die feine Küche, wie sie heute von Frau Anna Erb angeboten wird, war damals in Bauerndörfern unbekannt.

14 Wirtschaftsverzeichnis StAZH RR I 56.1 ff, Rubrik Weinschenken, Patentinhaber 38 Verzeichnis der Patentinhaber für den Betrieb von Weinschenken in Volkens

1804 bis 1834 unter Flaach, ab 1835 unter Volken aufgelistet 1804 Conrad Keller, Bek zu Volken 1805 Hans Conrad Keller, zu Volken do. 1806 – 1821 do (Hans Conrad Keller starb am 25.6.1821) do 1822 – 1831 Hans Conrad Keller sel. Erben do 1832 – 1835 do do Heinrich Keller, Jonassen 1836 – 1840 Witwe Keller geb. Gisler do, bis 1838 do 1841 – 1844 Keller Susanna geb. Gisler, 1844 mit Bierpatent - - - do 1845 Johann Conrad Keller, Seckelmeister Schuler Ulrich do mit Bierpatent 1846 do do 1847 - 1848 Conrad Keller, Seckelmeister, - - - do 1849 Johann Conrad Keller, Gemeinderatspräsident do 1850 Johann Conrad Keller, Präsident do 1851 Johann Conrad Keller, Präsident do 1852 Johann Conrad Keller do Armenpfleger 1853 Johann Conrad Keller do 1854 Johann Conrad Keller do 1855 Johann Conrad Keller Ruf Jonas,z.Mühle do A) ab 27.8.1855 1856 Johann Conrad Keller do do 1857 - - - do do 1858 - - - do doA) 1859 - 60 do A) Ruf Joh. Conrad 1861 - 65 Nachtrag 7.6.1865: Johann Conrad Keller Ruf Rudolf ab do 24.3.1865 1866 – 1882 Johann Conrad, alt Gemeindeammann Ruf Salomon und -- (gest.7.3.1888) Rudolf, zur Mühle 1883 - 1888 Ruf Salomon zur Mühle A) heisst: Patent nicht eingelöst

Erhalt aber nur kurze Ausübung des Patentes:

Johannes Keller, Jonassen: 1841 und 1842 Johann Conrad Hatt, Müller 1853 A) Johannes Keller, Landwirt, 1856 A) Friedrich Anliker zur Mühle 1883

39

Diese jährliche Steuer- und Abgaberechnung hat sicherlich keinen Weinschenk gefreut. Alljährlich wurde der Gemeinderat auch um Abgabe eines Leumundszeugnisses für alle Patentinhaber ersucht.

1844: Der erste Eintrag für die Gewährung auch des Bierpatentes (unten rechts)

40 Was doch so alles passiert, damals wie heute: z.B. Überhocken

Urtheil des Bezirksgerichtes Andelfingen den 20ten December 1841 Gegen

1. Johannes Keller Weinschenk von Volken 2. Jakob Ritzman Gmdrth Schr. von Volken 3. Jakob Bretscher Fuhrman von Aesch 4. Ulrich Messmer von Volken 5. Johannes Messmer Maurer von Volken 6. Conrad Gisler Küeffer von Flaach 7. Heinrich Keller Heinrichsen von Volken 8. Ulrich Vogel aus dem Kehlhof Neftenbach 9. Heinrich Steiner Fuhrmann von Neftenbach betreffend Übertretung des Wirthschafts-Polizeigesetzes

Mit Einmuth gefunden

Weinschenk Keller sei mehrfachen Policei=Übertretungen, die übrigen Inculpaten einer Policeiübertretung schuldig und demzufolge ebenfalls mit Einmuth zu Recht erkannt

1. dem Weinschenk Keller wegen Übertretung des Wirtschafts- policeigesetzes in die doppelte Busse von 16 Franken verurtheilt, wovon die Hälfte dem Armengut zufällt.

2 sei Keller wegen seinen weiteren Polizeiübertrettungen in eine Busse von 20 Frkn zu Handen des Staats verurtheilt.

3. seien Bretscher, Steiner, Gisler, Vogel, Keller jeder zu 3 und Ritzmann. Ulrich und Johannes Messmer jeder zu 1 Frkn und Tragung ihrer Cidationskosten verurtheilt.

4. sollen die über diesen Prozess erlaufenen Kosten bestehend in 8 Frken Staatsgebühr 4 Frkn Kanz- leigebühr 4 Frkn 20 Rapp Waibelgebühr, zudem der beiden Umgänger Erb und Keller 2 Frkn ferner 2 Franken dem Herrn Gemeindammann zur Hälfte von Weinschenk Keller und zur Hälfte von Bret- scher Steiner Gisler Vogel und Keller jedoch alle unter solidarischer Haft, getragen werden nebst den betreffenden Ausfertigungskosten.

Actum Andelfingen den 20 December 1841

Namens des Bez.gerichtes Der Gerichtschreiber Brunner

41 Von Beizern und Bäckern

Bäcker Beizer

Die Beizer

Bei den in Volken ansässigen Keller scheint der Weinausschank seit dem ausgehenden Mittelalter Tradition zu haben. Bereits 1446, anlässlich der Schlichtung eines Streits zwischen dem Gerichtsherrn von Flaach, Ulrich III. von Gachnang zu Goldenberg und Hensly Keller, dem Inhaber des Kehlhofes in Volken, wurde festgehalten, „Hensly Keller und alle Nachkommen, die den Kehlhof bewirtschaften, sollen dem Inhaber der Gerichte .. mit Diensten und Täffri, Gehorsami und anderen Sachen zu tund gepunden sin…― Täffri ist das mittelalterliche Recht auf Weinausschank, das hier zum ersten Mal erwähnt wird. In der entsprechen- den Urkunde vom 22. Dezember 1446 findet man das Urteil, das nur den Grundsatz festhält, dass Hensli die obigen Verpflichtungen erfüllen soll, die er übrigens gar nicht bestreitet. Details dazu aber fehlen. Lei- der wird auch die Anklage nicht formuliert. Deshalb ist es unsicher, ob Hensli überhaupt keine seiner Ver- pflichtungen erfüllte oder ob er zu wenig Abgaben ablieferte. Vielleicht hat er es auch an der geforderten Demut fehlen lassen. Klar ist aber, dass die Keller des Kelhofes in Volken schon 1446 Wein ausschenkten.

Es muss in den Familien der Volkemer Keller zur Tradition geworden sein, sich als Weinschenken zu betä- tigen. Die im Gemeindearchiv Volken liegenden Urkunden geben über diesen Punkt leider keine Auskunft. Weinschenken, Dorfbeizen hatten in den Jahrhunderten vor der Verbreitung der Printmedien, des Telefons und Telegrafs eine wichtige Funktion: Informationsquelle, Orte der Meinungsbildung. Wirte waren oft die ungekrönten Dorfpolitiker, und mancher Aufstand des „gewöhnlichen Volkes―, heute Basis genannt, wurde im Schweizerland durch einen Dorfwirt angezettelt.

Es fällt auf, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Keller unter den Weinschenk-Patentinhabern domi- nierten. Von 1805 bis 1844 waren nur Keller Weinschenken, 1841 und 1842 waren sie sogar zu Dritt, als der auf der vorherigen Seite in der Bussenverfügung erwähnte Johannes Keller ein kurzes Gastspiel als Weinschenk gab. 1845 wurde die Keller-Phalanx durchbrochen durch Ulrich Schuler, dessen Patentbesitz sich aber auf lediglich zwei Jahre beschränkte. Dann waren Johann Conrad Keller und Heinrich Keller, Jonassen, wieder die einzigen, bis 1855 Jonas Ruf zur Mühle ein entsprechendes Patent erhielt. In Volken bis heute gehalten hat sich, wie wir wissen, lediglich das Restaurant Post.

Johann Conrad Keller löste, wenn das Verzeichnis der Patentinhaber wirklich fehlerlos ist, von 1857 bis zum 7. Juni 1865 kein Patent mehr. Das erstaunt, denn 1855 steht im Protokoll des Gemeinderates vom 19. August: „Zufolge Beibehaltung der Wirthschaft hatte laut Gesetz vom 20. Juni 1855 den Austritt von Herrn Gemeindeammann Keller[als Konsequenz]“. Das heisst, er entschied sich, eher seine Wirtschaft weiterzu- führen, als die Stelle des Gemeindeammanns auszuüben. Was in den „patentfreien Jahren― vor sich ging, bleibt ein Geheimnis. Er wurde 1863 – 1865 wieder Gemeindeammann und löste anschliessend von 1865 bis 1882 wieder ein Wirtepatent.

1865 wurde die Assekuranz-Summe der Liegenschaft des Restaurant Post von 8800 Franken auf 10’000 Franken erhöht, und 1867 übernahm Johann Conrad Keller die Stelle eines Postverwalters. Es ist wahr- scheinlich, dass die Erhöhung des versicherten Gebäudewertes auf einen Ausbau zurückging, der im Hin- blick auf diese neue Charge getätigt wurde. Denn ein Postverwalter musste ja wenn möglich der damaligen Postkundschaft ein Lokal zur Verfügung halten. Und das im Archiv der damaligen PTT liegende Foto, die das Haus von 1865 bis 1933 zeigt, verleiht dieser Annahme Glaubwürdigkeit. 42 Die Bäcker

Die ersten beiden Patentinhaber als Weinschenken zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als nach dem Chaos der Revolution und der anschliessenden Helvetik Ruhe und eine ordentliche Regierung und Verwaltung ein- setzten, hiessen beide Konrad Keller, eigentlich jeder auf Hans Konrad getauft, und beide wurden als „Beck― bezeichnet, einer war der Oberbeck und der andere der Unterbeck. Ihre Häuser lagen gegenüber auf der Strasse nach Flaach. Siehe den Strassen-Ausbauplan von 1845, wo das 113 das Haus des Unterbecks ist und das Haus des Oberbecks die Nummer 114 trägt. Offensichtlich ergänzten sich diese beiden Tätigkeiten als Bäcker und Beizer aufs Beste, wobei weder die Bäckerei noch der Weinausschank ein Vollberuf war, sondern jede ihren Teil zum Lebensunterhalt der jeweiligen Familien beitrug.

Welche wirtschaftliche Bedeutung diese „Becken― für die Gemeinde und ihre Einwohner hatte, ist nicht bekannt. Eigentlich sollte angenommen werden, dass damals wie teilweise heute noch jede Bauernfamilie für ihren Eigenbedarf selber Brot backte. Darum ist die Bedeutung dieser Tätigkeit heute schwer zu beur- teilen. Im kleinen Dorf Volken lebten meistens mehrere Konrad Keller. Vielleicht diente die Angabe als Unter- und Oberbeck, um zwei Konrad Keller besser auseinander zu halten. Eine reizvolle Überlegung.

Auf alle Fälle waren der Oberbeck und der Unterbeck über vier Generationen miteinander verwandt, wie aus der obigen Grafik eines Teils ihres Stammbaums ersichtlich ist.

43 Der Schweizer Franken

oder wie sich unsere Vorfahren mit verschiedenen Geldeinheiten zurechtfinden mussten

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts mussten unsere Vorfahren von der jahrhundertelang üblichen Währung des Guldens auf den Schweizer Franken umstellen. Traditionell rechnete man zu Beginn dieses Jahrhunderts mit Gulden rheinischer Währung. Diese war die zuverlässigste Währung, denn ihr Gehalt an Edelmetall war konstant.

Man rechnete gewöhnlich nach Gulden zu 40 Schillingen à 4 Rappen oder 12 Heller. Gemäss der gesetzli- chen Ausmünzung betrugen 22 hiesige Gulden eine kölnische Mark fein Silber. Deshalb wäre der Wert des Guldens 2,39 Franken.

Bei Annahme des französischen Louisdor zu 10 Gulden und des Neuthalers zu 2 ½ Gulden als Grundlage, gingen 22¼ hiesige Gulden auf die kölnische Mark fein Silber. Der Wert des Guldens wäre dann Fr. 2,36. Um unser Verständnis noch weiter zu strapazieren, sei bemerkt, dass die Mark Silber = 2 ½ Gulden, der Taler = 108 Kreuzer und das Pfund Heller = ½ Gulden bloss fingierte Münzen waren, die nur als Strafgel- der und bei obrigkeitlichen Rechnungen vorkamen. Bei allen obrigkeitlichen Kassen und auch im Handel bediente man sich sehr häufig der Rechnung in Schweizer Franken à 10 Batzen à 10 Rappen oder der Schweizer Franken à 100 Rappen. - Schliesslich waren 10 Zürcher Gulden = 16 Schweizer Franken.15

Die Geschichte des Schweizer Frankens:

Eine ab 1757 in Bern, später auch in Basel, Solothurn und Luzern geprägte silberne Zehnbatzenmünze nannte man Schweizer Fran- ken. In der Helvetischen Republik versuchte man, die Währung auf der Basis des Berner Münzfusses auf das Dezimalsystem umzustel- len. Ab 1799 sollte mit dem Schweizer Franken, der 6,6194 Gramm Feinsilber enthielt und gleichviel wert hatte wie 10 Batzen oder 100 Rappen, das Geld vereinheitlicht werden. Das scheiterte unter anderem am Edelmetallmangel. Mit der Mediation (1803-1813) verfügten die Kantone wieder über das Münzregal. Die Tagsatzung versuchte zwar, einen einheitlichen Münzfuss festzulegen, aber bis zur Münzreform des Bundesstaates kursierten - neben zahlreichen anderen Münzen - Franken von unterschiedlichem Gehalt, Gepräge und Gewicht. Der Bund übernahm 1848 das Münzregal und legte mit dem Franken, der in 100 Rappen eingeteilt war, die Silberwährung fest. Sein Gewicht, Feingehalt und Durchmesser entsprachen dem französischen Franc (5 G. Feingehalt 900/1000, ab 1875 835/1000). 1850 - 51 wurden in Paris Frankenstücke aus Silber mit verschie- denen Währungen geprägt (Fünf-, Zwei-, Ein- und Halbfrankenstücke); seit 1855 dient die ehemalige Ber- ner Münzstätte als Eidgenössische Münzstätte. 1851 - 1852 wurde das alte Geld gegen den Franken ausge- tauscht. - Die kriegsbedingte Währungskrise von 1870 verhalf den seit einem halben Jahrhundert von ver- schiedenen Notenbanken herausgegebenen Banknoten, die zuvor wenig Anklang gefunden hatten, zum Durchbruch. 1891 übernahm der Bund das Banknotenmonopol, das er aber erst 1910 mit der Schweizeri- schen Nationalbank ausüben konnte. 16

Das Vorhandensein von so vielen Geldformen hatte auch in Volken seine Tücken. So wurde im Gemeinde- rats-Protokoll vom 3.12.1849 festgehalten, dass Präsident Keller als Grundzinsbezüger für das Kloster St. Katharinenthal bei diesem Einzug ungefähr 200 Gulden „grobes Münz― erhalten habe. Dem Kloster abge- liefert werden musste aber „gute Währung―. Sollte ihm aus dem Umtausch des erhaltenen „groben Mün- zes― in gute Währung ein Verlust entstehen, so bewilligten die übrigen Gemeinderäte, dass dieser durch die Gemeindekasse übernommen würde. Der Grundzins bestand traditionellerweise aus viel Naturalien (Ge- treide, Hühner etc) und wenig Bargeld. Die Bauern zahlten ihren Bar-Anteil am Zins mit den gerade vor- handenen Münzen. ,

15 StAZH El 50: E.A. Baumann: Längen, Flächen, Hohlmasse ,Gewichte und Münzen, Seite 205 16 Historisches Lexikon der Schweiz, Band 4 , Seiten 645 und 646 44 Vormundschaften und Konkurse

Alle Fragen mit Bezug auf Vormundschaften und Konkurse wurden vom Gemeinderat behandelt.

Konkurse: In Geschichtsbüchern kann nachgelesen werden, dass ab 1863 eine Rezession einsetzte und dass Kapi- talknappheit mit hohen Zinsen vorherrschte. Dieses wirtschaftliche Ungemach wurde verstärkt durch Missernten, welche von 1865 bis 1867 die Landwirt- schaft heimsuchten.

Leider war auch Volken voll von dieser negativen Entwicklung betroffen. Praktisch an jeder Sitzung des Gemeinderates wurden Fragen von neuen oder laufenden Konkursen besprochen. Selbst altgediente Behördenmitglieder waren von einer solchen Ent- wicklung betroffen.

Wenn ein Ehemann oder gar Familienvater in Kon- kurs geriet, wurde durch den Gemeinderat automa- tisch ein Beistand für die Ehefrau und ein Vormund für die noch minderjährigen Kinder ernannt und dem „löblichen Oberwaisenamt― gemeldet.

Der Gemeinderat blieb auch als Kontrollbehörde zuständig, wenn ein konkursiter Mann in einer anderen Gemeinde wohnte. Das gab nicht wenig Arbeit.

Vormundschaften wurden also nicht nur für Witwen und Waisen, sondern auch für Ehefrauen und minderjährige Kinder er- richtet, wenn deren Familienoberhaupt in Konkurs geriet.

Nicht wenige Vormundschaften für Volkemer Bürgerinnen und Bürger betrafen Volkemer mit Wohnsitz im Kanton Zürich. Natürlich musste für jede Massnahme die Wohngemeinde entsprechend benachrichtigt werden. Offenbar erhöhte sich die Streitfreudigkeit der Mündel mit der Distanz zu Volken, denn in den Protokollen des Gemeinderates nehmen solche Auseinandersetzungen einen bedeutenden Teil ein.

Zu Gewissensfragen konnte es kommen, wenn ein Bevormundeter nach Amerika auswandern wollte und darum bat, der Vormund möchte ermächtigt werden, ihm das nötige Geld aus seinem eigenen Vermögen auszuhändigen. Da wurde natürlich zuerst der Leumund geprüft sowie, ob ein Einwanderungsland ihn überhaupt annehmen würde. Dann wurde im Bejahungsfall ein Betrag freigegeben unter der Bedingung, dass er erst ausbezahlt werde, wenn alle notwendigen Papiere und Bewilligungen vorlägen und es sicher sei, dass das Mündel das Geld nicht anderweitig verwenden werde. - Das Verlockende für einen Gemeinde- rat war natürlich die Aussicht, dass mit der Auswanderung künftige Belastungen der Gemeindekasse ver- mieden werden könnten, sodass durchaus ein Grund für Grosszügigkeit bestand, falls Missbrauch wirklich ausgeschlossen werden konnte.

Generell kann festgestellt werden, dass der Gemeinderat als Vormundschaftsbehörde differenziert auf die individuelle Situation der von ihm beaufsichtigten Vormundschaften einging und dass er im Interesse der Mündel handelte, wobei er sich immer bewusst war, dass die Finanzen Volkens eine zu grosszügige direkte finanzielle Unterstützung nicht erlaubten.

45 Die Bevölkerungsentwicklung

Volken ist bekanntlich die flächenmässig kleinste Gemeinde des Kantons Zürich. Dadurch war sie automa- tisch kein Ziel für Zuwanderer, denn in benachbarten grösseren Gemeinden war mehr Land als Grundlage für Neuzuzüger; der Anteil am Bürgernutzen Volkens (Ertrag der Allmeinden und des gemeindeeigenen Waldes) war entsprechend klein. Als ab 1560 die Stadt Zürich wegen „Überfremdung― die Einbürgerung in die Stadt praktisch verunmöglichte und die Landgemeinden seit dem frühen 16. Jahrhundert von der Zür- cher Obrigkeit die Erlaubnis erhielten, „Einzugsbriefe― auszustellen, also für Neuzuzüger prohibitive Ein- kaufsgelder zu erheben, da war von Volken bis 1707 kein derartiges Begehren bekannt. Erst 1707 baten die Volkemer um die Genehmigung, für die Zuheirat von fremden Mädchen und Frauen nach Volken eine Steuer erheben zu dürfen. Das zeigt doch deutlich, dass es sich bei allfälligen Zuzügen von aussen haupt- sächlich um Zuheiraten handelte und dass Land- und/oder Hauskäufe durch Fremde kein Problem darstell- ten, dem mit obrigkeitlichen Mitteln Einhalt geboten werden musste

Jahr Einwohner Seit dem frühen 16. Jahrhundert wurde die Überbevölkerung auf dem Gebiet 1476 55 des Stadtstaates Zürich zur drückenden Realität. Ab den 1460er Jahren bis 1611 110 Ende des 16. Jahrhunderts verdreifachte sich seine Bevölkerung17 . Allerdings 1612 72 starb 1612 in Volken 1/3 der Bevölkerung an der Pest. 1727 wurde ein vorläu- 1634 194 figer Höhepunkt der Bevölkerungszahl erreicht. Das Land konnte seine Kin- 1685 322 der kaum mehr ernähren. Viele mussten ihren Lebensunterhalt auswärts ver- 1727 323 dienen. So schrieb der Pfarrer von Flaach-Volken Ende des 17. Jahrhundert 1809 282 im Pfarrbuch: „Viele sind in die Pfalz gezogen―. Die Verantwortlichen woll- 1850 385 ten den die Gemeinde potentiell belastenden Zuzug durch Heirat finanziell 1900 248 durch einen Einkauf kompensieren. - 1850 übertraf mit 385 Einwohnern alle 1930 267 Rekorde, doch die Auswanderungs- und Wegzugswelle in der 2. Hälfte des 1986 205 19. Jahrhunderts liess die Bevölkerungszahl dramatisch einbrechen. -

1993 248 An der Versammlung vom 20. Februar 1870 wurde mitgeteilt, dass im revi- 2002 273 dierten Stimmregister 80 Kantons- und 1 Schweizerbürger verzeichnet seien. 2003 282 Am 28. März 1874 berichtete der Gemeinderat, dass in Volken 57 Haushal- 2007 292 tungen existierten 2008 297

Im 19. Jahrhundert setzte eine zunehmende Landflucht ein, bedingt durch Ernteausfälle, Teuerung, politi- sche und religiöse Umbrüche sowie die beginnende Industrialisierung. Die Städte versprachen bessere Ar- beitsbedingungen, überseeische „Paradiese― wie Nord- und Südamerika, aber auch Russland, warben um Einwanderer. Die Auswanderung aus der Schweiz erreichte in den Jahren 1882/83 Rekorde, so dass der Bundesrat am 22. März 1888 das „Bundesgesetz betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagen- turen“ erliess, um die Auswanderung in den Griff zu bekommen. Ärmere Gemeinden, so auch Volken, waren froh, wenn sie potentiell armengenössige Mitbewohner zur Auswanderung bewegen konnten. Ihnen wurden oft die Kosten einer Auswanderung bezahlt. Heute klingt erstaunlich, welche Gründe Schweizer Auswanderer nach St. Petersburg in Russland am Anfang des 19. Jahrhunderts für ihre Wegzugsentscheide angaben: „die im Vergleich ruhige politische Lage im zaristischen Russland“, denn damals war die Eidge- nossenschaft von heftigen Kämpfen zwischen Liberalen und Konservativen geprägt18.

Am 25. März 1875 wollte der Gemeinderat einen jungen Mann nach Australien abschieben. Er gab der Auswanderungsagentur Wirth und Fischer in Zürich Aussersihl den Auftrag, ihn auf ein Schiff zu bringen, welches nach Australien fahre. Der junge Mann, 17 Jahre alt, sei gesund und kräftiger Natur und habe schriftlich in diese Reise eingewilligt. Dann kam die Ernüchterung. Die Auswanderungsagentur berichtete, er sei in Hamburg kurz vor Abfahrt durchgebrannt, und sie klagte auf Bezahlung der versprochenen Fr. 100.-. Doch der Gemeinderat und die Armenpflege von Flaach-Volken erwiderten, dass „sie (die Agentur) denselben nicht unter guter Aufsicht gehalten habe“, sodass er durchbrennen konnte. Die Armenpflege fühle sich deshalb nicht verpflichtet, diese Summe zu bezahlen. Die Agentur hätte ja gewusst, dass der Abzuschiebende „seit einiger Zeit im Kanton Thurgau in einer Korrektions- oder Zwangsanstalt gewesen sei und dass alle Mühe nichts gefruchtet hätte, denselben zu einem besseren Lebenswandel zu bringen“. Graphisch sieht man diese Bevölkerungsentwicklung in den Kartenausschnitten der Seiten 28 und 29.

17 Otto Sigg: Aus der Festschrift für Peter Stadler, Zürich 18 Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 75, Seite 15 46 Das Bürgerrecht von Volken

Die Weggezogenen Am 4. August 1883 wurde festgehalten, dass die meisten Auswanderer aus der hiesigen Gemeinde wegen familiären Verhältnissen ausgewandert seien.

Ende Dezember 1886 wurde das Bürgerrechtsregister bereinigt und mit dem Zivilstandsregister verglichen. Es mussten auf einmal 25 Familien gestrichen werden. Später kamen weitere 20 hinzu. Nicht allen, die auf ihr Volkemer Bürgerrecht verzichteten, war das gleichgültig. Nationalrat Hans Konrad Kramer, geboren 11. Mai 1834, wünschte am 7. Januar 1893 samt seiner Frau Luise geborene Frei aus dem Bürgerverband entlassen zu werden, da ihm das Bürgerrecht der Stadt Zürich geschenkt worden sei. Es schenkte seinerseits zum Abschied der Schulgemeinde Fr. 500, welche dieses zum Kauf von Schulbänken verwenden wollte. Zuvor schon hatte er Volken „zur Erleichterung der Steuern― Fr. 2'500 und für die Unwettergeschädigten vom 9. Juni 1885 Fr. 50 geschenkt. - Leider gab auch Gustav Keller, Grossvater des Verfassers dieses Büchleins, am 13. Juni 1897, sein Volkemer Bürgerrecht auf.

Die Neuzuzüger Noch am 24. März 1864 schrieb der Gemeinderat in einer Stellungnahme zum vorgeschlagenen Gesetz über das Gemeindewesen, „es kommen selten Einbürgerungen von Kantonsbürgern oder Niederlassung von Landesfremden vor“. Und am 12.Februar 1873 „wohnten keine kantonsfremden Familien in Volken.―

Am 18. Juli 1877 beantragt der Gemeinderat dem Bezirksrat Andelfingen als Antwort auf dessen Kreis- schreiben, dass die Einkaufsgebühr für die Erwerbung des Bürgerrechts der Gemeinde Volken auf 100 Franken festgesetzt werde, nämlich für das Kirchengut 10 Franken für das Armengut 40 Franken für das Gemeindegut 30 Franken für das Schulgut 20 Franken

Ab 1894 wurde Volken plötzlich zu einer Gemeinde, die erstaunlich oft von Vermittlern oder direkt von Ausländern angefragt wurde, ob diese das Volkemer Bürgerrecht erwerben könnten. Der Erste war ein Deutscher, F.D. in Zürich. Nachdem der Gemeinderat aber feststellen musste, dass der Bewerber kein Vermögen besass und auch aus keiner besonders vermöglichen Familie stammte und damit für Volken kein Nutzen resultierte, wurde das Gesuch an der Sitzung vom 21. Januar 1894 abgelehnt.

Am 25. Oktober 1897 empfahl der Gemeinderat der nächsten Gemeindeversammlung vom 6. November 1897 die Aufnahme von Theodor Waldemar Siegel in Danzig ins Bürgerrecht. Ebenso empfahl er die Auf- nahme der Gebrüder Otto und Ludwig Vogelbacher von Wolpadingen, Grossherzogtum Baden, ins Bürger- recht. Hingegen solle das Aufnahmegesuch der minderjährigen Brüder Emil und Hermann Vogelbacher abgewiesen werden. Am 24. November nahm der Gemeinderat formal Kenntnis von der unbenützten Re- kursfrist gegen den Beschluss der Gemeindeversammlung, die Gebrüder Otto und Ludwig Vogelbacher aus Wolpadingen und Waldemar Siegel aus Danzig, Preussen, ins Bürgerrecht aufzunehmen und beschloss, die entsprechenden Gemeindeversammlungsbeschlüsse mit den Akten an das Statthalteramt zur Weiterleitung an den Regierungsrat zu senden. - Auf ein entsprechendes Gesuch von Edmund Krenn aus Zürich wurde geantwortet, dass sein Gesuch abgelehnt worden sei, mit der Bemerkung, dass die Gemeinde vorderhand keine neuen Bürger mehr aufnehme.

Ein Herr Th. Konrad Sulz in Bern fragte an, ob die Gemeinde nicht noch eine Anzahl Ausländer, welche das Schweizer Bürgerrecht erworben hätten, als Bürger aufnehmen würde. Ihm wurde am 1.September 1898 der Beschluss vom 29. August 1898 übermittelt, dass jedenfalls von der Gemeindeversammlung die von ihm angegebenen Ausländer nicht angenommen würden, da die Stimmung der Bürger so sei, dass nur ganz gut situierte Leute oder solche, die sicheres Auskommen hätten, angenommen würden. - Am 14. Ja- nuar 1899 wurde eine ähnliche Anfrage von Herrn Karl Ochsner, Rechtsagent in St. Gallen, im gleichen Sinne beantwortet mit dem vielsagenden Zusatz: „Berücksichtigung finden könnten solche, welche neben der gewöhnlichen Einkaufsgebühr uns ein Geschenk von mindestens 800 Franken machten.“

Noch zwei Bürgerrechtsgesuche wurden bis 1900 positiv entschieden, für einen Spengler aus Schüpfheim und eine Witwe aus Roveredo. Die übrigen wurden mit Hinweis auf die negative Stimmung abgelehnt. 47 Eidgenössische Volkszählungen

1.12.1870 11.12.1880 1.12.1888 Anzahl der Wohnhäuser 62 Haushaltungen (1792: 56)19 66 (1874: 57) 59 Bewohnbare Räumlichkeiten 307

Am Zählungstag anwesende Personen 295 272 267 (1900:248) männliche 146 145 144 weibliche 149 127 123

zusammenlebende Ehegatten 110 nicht zusammenlebende Ehegatten 3 verwitwete 16 ledige 166 Gemeindebürger 258 227 Bürger aus anderen Gemeinden des Kantons 35 Schweizerbürger 2 In der Gemeinde geborene Einwohner 191 Auswärts geborene Einwohner 76 Protestanten 295 256 Katholiken 3 Andere Konfession 8 Deutschsprechende Haushaltungen 66 Fabrikgeschäfte: Mühlen, Säge 2 Pferde kräfte 10 Arbeiter männlich 3 Vorübergehende Anwesende 3 Vorübergehend Abwesende 57

Waren also Ende 1870 noch 295 Personen in Volken anwesend, d.h. dass sie dort wohnten, so reduzierte sich ihre Anzahl in den nächsten 30 Jahren bis 1900, auf 248 Personen, ein Minus von immerhin 47 Men- schen oder 16%, ein auch statistisch beachtlicher Rückgang, ganz zu schweigen von seiner menschlichen politischen und wirtschaftlichen Bedeutung.

Der Druck oder Reiz zum Wegwandern verschonte auch die wohlhabenden und politisch wichtigen Fami- lien nicht. Dies soll beispielhaft und stellvertretend für andere Geschlechter anhand des Schicksals der Fa- milien der beiden politisch wichtigsten Brüder nach der Revolution von 1798, Heinrich Keller, erster Frie- densrichter, und Hans Konrad Keller, erster Gemeindeammann, gezeigt werden.

19 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, 2. Band, Seite 938 48 Die Familie von Heinrich Keller (20.September 1774 - 24.Dezember 1844)

Er blieb hier Friedensrichter bis zu seinem Tod. Sein Sohn gleichen Namens zog 1856 im Alter von 52 Jahren mit seiner Familie in die „Schmalzgrueb, Pfarrei Küsnacht―, einen kleinen Weiler auf dem Küsnach- ter Berg. Er war Landwirt. Am 31.1.1873 starb er. Seine Frau Anna, geborene Richi aus Flaach, starb ein gutes Jahr später. Warum er ausgerechnet in diesen kleinen Weiler Küsnachts zog, ist unbekannt.

Seine sechs Kinder wurden alle in Volken geboren: Anna, geb. 28.2.1831, heiratete am 9.8.1855 einen Kaspar Schärer aus Horgen, wohnhaft in Zollikon; Barbara lebte vom 26.9.1833 bis 18.8.1865; Heinrich, geb. 26.4.1839; Susanna geb. 29.10.1840; Konrad lebte vom 18.11.1843 bis 21.5.1858; Ulrich, geboren 1844, schliesslich Albert, geboren 4.12.1846. Er heiratete am 23.3.1873 Lina Peier, mit welcher er zwei Kinder hatte, Konrad Albert geboren 23.3.1873 und Sophia, geboren 4.5.1874. Sein neuer Wohnort schien ihm sehr zu behagen; seine Familie blieb in der Schmalzgrueb und erhielt das Küsnachter Bürgerrecht.

Heinrichs und Annas Tochter Susanna war offenbar recht lebenslustig. Jedenfalls hatte sie, wie einschlägi- gen Gerichtsakten entnommen werden kann, am 26.2.1860 „fleischlichen Umgang― mit einem Knecht ei- nes Bauern auf dem Küsnachter Berg, aus welchem ein Sohn Robert resultierte. Die elterliche Gewalt und die Standesfolge wurden ihr zugesprochen. Im Februar 1870 zog sie nach Zumikon und heiratete am 7. November 1870 Konrad Schuler aus Volken in der damals neuen und als Heiratskirche populären Kirche Neumünster in Zürich.

Die Familie Schuler: Sie waren alle Seidenweber von Beruf. Der 45 Jahre alte Hans Ulrich war in erster Ehe mit Anna Bretscher aus Dorf verheiratet. Er war nicht gerade gern gesehen, war er doch wegen Urkun- denfälschung und Falschmünzerei vorbestraft. Als er 1855 Haus und Äcker verkaufte, zwang ihn der Vater seiner ersten Frau mittels einer Klage vor Gericht, vom Frauengut 400 Franken für die Kinder separat zu versichern. Gemäss Gemeinderats-Protokoll soll er aus dem Erlös ein Kleingewerbe in Küsnacht gekauft haben, möglicherweise auf dem Küsnachter Berg die nur 700 Meter von der Familie Keller entfernte Wo- lentberen (heute ein Einzelhaus mit Sägerei). Dorthin zog er mit seinen beiden Kindern Anna und Konrad, gleichzeitig mit der Familie von Heinrich Keller. Im Protokoll der Gemeindeversammlung Volkens vom 16. Februar 1861 liest man, dass „Hans Ulrich Schuler, Seidenweber, in Wollentbehren, ein Gesuch um Unterstützung stellte, wegen seines Brandunglücks“. Die Volkener lehnten ab, waren sie doch von seinem Ruf alles andere als begeistert. Er verstarb am 17. Mai 1867 und hinterliess einen überschuldeten Nachlass. Der Gemeinderat von Volken verzichtete zugunsten der Witwe und der damals noch unmündigen Kinder auf die Geltendmachung seiner Ansprüche. Die Witwe Schuler zog hierauf zur Familie des Heinrich Keller in die Schmalzgrueb. Offenbar war noch viel Arbeit zu erledigen, denn ein Hans Jacob Schneider aus Vol- ketswil stiess am 3. November 1867 zur Witwe Schuler und blieb bis Mitte Mai 1870 bei ihr, also bis kurz vor der Hochzeit des Sohnes Konrad mit Susanna Keller.

Die Tochter Anna arbeitete als Weberin im Küsnachter Berg in Ein- zelhöfen: bei Jakob Bruppacher im Wieserholz, bei Schulthess in der Wangenwies, bei Fenner in der Wies und bei Heinrich Uster im Hes- liben, einem Einzelhof südlich vom Holletsmoos, dem heutigen Schiessstand.

Der Sohn (Hans) Konrad lernte sein Gewerbe zuerst in Fällanden, dann als Kostgänger bei Rud. Hardmeyer im Heslibach, d.h. er arbei- tete und wohnte bei Hardmeyers. Dann ging er als Weber zu Ulrich Wettstein und zog schliesslich, am 3. März 1869 zu Heinrich Keller in die Schmalzgrueb. Dessen Tochter heiratete er bekanntlich am 7. November 1870. Das junge Paar hatte zuerst unglückliche Zeiten, denn ihre ersten beiden Kinder Albert und Anna starben kurz nach ihrer Geburt. Konrad zog mit seiner Familie und seiner Stiefmutter im Juli 1871 zur „Wies, Forch―, wo bereits seine Schwester Anna bei Fenners wohnte. Am 12. Oktober 1875 kam Anna Maria zur Welt, und einige Monate später übersiedelte die ganze Familie nach Zumi- kon. 1887 zog die Familie Schuler nach Küsnacht-Itschnach. Dann Foto: www seeland.net/museum/ verlieren sich ihre Spuren. Die unselige Umsetzung unseres Daten- bauern/bau29.htm schutzgesetzes verhindert weitere Nachforschungen. 49 Die Familie von Hans Konrad Keller (28. Februar 1779 – 23. Juni 1821

Als die helvetische Revolution 1798 über die Schweiz hereinbrach, war Hans Konrad Keller gerade 19 Jahre alt. Wie dem Verzeichnis der Patentgesuche für die Führung einer Weinschenke zu entnehmen ist, hat er um 1798 eine Weinschenke eröffnet, mangels zuständigen Ämtern ohne Bewilligung, sie aber offenbar klaglos geführt. Seine Eltern verstarben beide 1808. Sie konnten noch erleben, dass Hans Conrad 1805 zum ersten Gemeindeammann Volkens gewählt wurde. Dieses Amt hatte er 9 Jahre inne. 5 Jahre nach dem Tod seiner Eltern heiratete er Susanna Gisler, mit der er drei Kinder hatte, Johann Conrad, Anna Barbara und Susanna.

Neben seiner gemeindepolitischen Tätigkeit war er Bäcker (genannt „Oberbeck―) und Bauer und betrieb eine Weinschenke. Ihm gehörten ein Wohnhaus (mit Weinschenke, dem heutigen Restaurant Post), ein Waschhaus und eine Trotte im Zentrum Volkens.

Über seine letzten Jahre ist nichts bekannt. Er verstarb am 23. Juni 1821 im Alter von 42 Jahren an „Steck- fluss―, d.h. Bronchitis oder Lungenentzündung, was eine vorangegangene längere Krankheitszeit wahr- scheinlich macht. Das dritte Kind, Susanna, kam zwei Tage vor seinem Tod, am 21 Juni 1821, zur Welt und verstarb einen Tag nach seinem Tod, am 24. Juni 1821. Beide wurden gemeinsam am Donnerstag, 28. Juni 1821, beerdigt. Der Pfarrer schrieb als Todesursache des dreitägigen Säuglings: „Schwächling―. Es ist möglich, dass beider Schwäche dieselbe Ursache hatte und beide am selben Infekt gestorben sind.

Das heisst folgerichtig, dass seine Frau Susanna schon vor und dann auch während ihrer Schwangerschaft für ihren Mann, seine Arbeit, ihre beiden Kleinkinder sorgen und schliesslich Mann und Neugeborenes hergeben musste. Sie musste eine ungeheure seelische und körperliche Belastung auf sich nehmen und durchstehen.

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, was sie damals durchmachte: selber von der gewaltigen Arbeit und Sorge gezeichnet, zwei Kleinkinder, einen Bauernhof, eine Weinschenke (die sie tapfer weiterführte), und nun nicht mehr die Frau des Alt-Gemeindeammanns und geachteten Bauern, Wirts und Bäckers, sondern Witwe. Damals hatten Frauen wenig Rechte und Ansehen. Letzteres war stark von der Stellung des Mannes abhängig. Eine Sozialversicherung gab es ja noch lange nicht. Doch in ihrem Fall spielte die Solidarität im Familienverband. Ihr Bruder wurde zu ihrem Beistand ernannt. Heinrich Keller, Bruder des Verstorbenen und Friedensrichter, wurde Vogt (Vormund) der Kinder. Beide verzichteten jeweils auf die ihnen von Ge- setzes wegen zustehende Funktionsvergütung. Ihr relativer Wohlstand gestattete es ihnen, nicht um Hilfe von der Gemeinde nachsuchen zu müssen.

Gezeichnet von Mariana Fedorova, Zürich

50 Johann Conrad Keller (28. Januar 1817 – 7. März 1888)

Johann Conrad Keller wurde bekanntlich mit knapp 4 ½ Jahren Waise. Seine Geburt fiel in die Zeit einer allgemeinen Hungerkrise. Die Arbeiten auf dem Feld und im Rebberg waren mangels technischer Hilfsmit- tel äusserst anstrengend. Seine Mutter Susanna führte den Bauernbetrieb mit Wiesen, Äckern, Wald und Reben weiter, ebenso die Weinschenke. Man kann füglich annehmen, dass Johann Conrad rasch in Haus und Hof mithalf.

Dennoch holte er sich eine gute Schulbildung. Die Stellung und Tätigkeit seines früh verstorbenen Vaters schien ihn zu verpflichten und anzuspornen, sich frühzeitig der Dorfpolitik zuzuwenden. So erschien er, 23 Jahre alt, in der Vormundschaftsrechnung vom 11. August 1840 für die Jahre 1837 bis 1839 als zwar noch bevormundet, aber doch schon als Gemeindeschreiber, der seit mehr als einem Jahr im Amt ist(!). Bei die- ser Gelegenheit baten seine Mutter und er angelegentlich um Entlassung aus der Vormundschaft. Dies wur- de ihnen gewährt, „da sowohl der Witwe als auch den Vogtkindern―, d.h. ihm und seiner Schwester An- nebärbeli, „in jeder Hinsicht haushälterisches Betragen nirgends abgeht, sodass für die Zukunft für diesel- ben weder in ökonomisch noch in moralischer Hinsicht auf ihre Existenz auch ohne weitere Bevogtetung gar keine Besorgnis obwalte“. Ein sehr gutes Leumundszeugnis also. Bereits in der vorangegangenen Vormundschaftsrechnung vom 3. März 1838 (Johann Conrad war knapp 21 Jahre alt) wurde der Familie attestiert, dass sie fähig sei, ihre Güter ohne weitere Aufsicht und Bewilligungspflicht zu bewirtschaften. Trotz seines Alters wurde Johann Conrad noch „Vogtknab― genannt.

Am 11. August 1840 genehmigte der Gemeinderat Volkens den „angelegentlichen Antrag auf Entlassung aus der Vormundschaft― von Vormund und Mutter, unter Vorbehalt der Zustimmung des loblichen Be- zirksrates. Johann Conrad scheint keine Zeit verloren zu haben. Das Wohnhaus mit Weinschenke wurde ausgebaut, es wurden eine Scheune und eine Stallung angebaut und deshalb die Gebäudeschatzung des Hauses 40A von 3200 Gulden auf 4000 Gulden erhöht. Im Wohnhaus der Familie befand sich ja auch die Weinschenke, der Gastraum des heutigen Restaurants Post. Das Waschhaus Liegenschaft 40B erhielt zu- sätzlich einen Schweinestall. Die Trotte Haus Nr. 41 wurde ebenfalls neu geschätzt, sicherlich auch hier wegen eines Ausbaus. Aus dem Blatt der Kantonalen Gebäudeversicherung geht nicht hervor, ob die nun detailliert aufgeführten Werkzeuge, die für das Verarbeiten der Trauben benötigt wurden, neu waren oder lediglich erstmals in allen Einzelheiten aufgeführt wurden.

In der Schluss-Haushalts-Rechnung der Vormundschaft vom 30. März 1842 steht geschrieben, dass er Se- ckelmeister, d.h. für die Finanzen zuständiger Gemeinderat der Gemeinde Volken, war. Die „bevogteten Kinder― wurden auf ihr Ersuchen hin aus der Bevormundung entlassen (nochmals!), da sie ihr Mündig- keitsalter erreicht hätten. Johann Conrad war nun zusammen mit seiner Mutter selbständiger Bauer, Win- zer, Bäcker und Weinschenk. Er spielte in Volken zu seinen Lebzeiten eine grosse Rolle in der Gemeinde- politik. So war er mit 23 Jahren Gemeindeschreiber, kurz darauf Gemeinderat und gleich Seckelmeister, 1847 – 1850 Gemeindepräsident, 1853 – 1856 sowie 1863 – 1865 Gemeindeammann. Daneben hatte er das Amt eines Feuerwehrkommandanten inne und von 1867 bis 1888 das des Posthalters. Während seinem ganzen Erwachsenenleben war er „Weinschenk― im Restaurant Post, das als einziges aller Weinschenken des 19. Jahrhunderts heute noch existiert und auch unter der Familie Erb wegen seiner hervorragenden Küche und sauber gekelterten Weinen, aber auch als Informationszentrum immer noch eine wichtige Rolle spielt.

Mit Ausnahme der ältesten Tochter, die kurze Zeit nach ihrer Heirat in Zollikon wieder zurückkehrte, ver- liessen, wie nachstehend beschrieben, sämtliche Kinder Volken.

51 Der Wegzug der Nachkommen Johann Conrad Kellers

Der Wandertrieb der Nachkommen von Johann Conrad Keller ist im Gemeindearchiv von Volken gut do- kumentiert. Wer wegziehen wollte, musste einen Heimatschein beantragen, so wie heute eine Identitätskar- te oder ein Pass nötig ist. Das Ziel des Weggangs wurde unter der Rubrik „Visa― festgehalten. Folgende Anträge auf Ausfertigung eines Heimatscheins sind im Gemeindearchiv Volkens verzeichnet:

Anna Keller: Sie bekam am 13. Mai 1874 Heimatschein Nr. 95,Visa Schaffhausen, gab ihn rasch wieder ab, kehrte am 23. Mai nach Schaffhausen zurück (wohl zu ihrem Bruder, der in Schaffhausen Grossmetzger war) und heiratete am 9. Mai 1875 Albert Ernst in Zollikon. Ihre Ehe wurde auf ihre Klage hin am 22.9.1877 vom Obergericht wegen Unzumutbarkeit geschieden. Sie kehrte nach Volken zurück und heiratete am 29. Au- gust 1878 den Witwer Conrad Gisler, der seinen Sohn Johann Conrad in die Ehe brachte, den Stammvater der Blapps.

Susanna Luise Keller: Ihr wurde am 26. Juni 1865 Heimatschein Nr. 11 ausgestellt, Visa Winterthur, ledig. Dort heiratete sie am 13. März 1871 Johann Konrad Ammann und blieb in Winterthur.

Johann Conrad Keller: Er erhielt am 17. Januar 1870 den Heimatschein Nr. 38,Visa innerhalb dem Kanton und am 23. August 1877 Heimatschein Nr. 144 Visa Schaffhausen. Allerdings hatte er schon am 16. August 1877 in Schaff- hausen (Rosette) Rosa Schenk von Eggiwil BE geheiratet. Er wurde ein erfolgreicher Grossmetzger in die- ser Stadt. Seine Nachkommen zogen nach Genf, Liestal und nach Kanada.

Johann Hermann Keller: Er verreiste am 3. Januar 1869 nach Winterthur, kehrte aber im Mai 1869 zurück20 . Ferner erhielt er am 30. April 1870 den Heimatschein Nr. 45, Visa ausser Kanton, ledig. Er verdiente sein Geld als Weinhändler in Genua und nahm nach seiner Rückkehr nach Neuenburg seine Mutter zu sich. Da die Mutter nach dem Tod ihrer Tochter Anna starb, war niemand mehr in Volken oder Flaach, der ihr Grab hätte besorgen können. Deshalb arrangierte er, dass sie in Neuenburg begraben werde. Ein Legat sorgte für die Bepflanzung wäh- rend der ganzen Liegedauer des Grabes. Nachher zog er über La-Tour-de-Peilz nach Siders. Von ihm wird gesagt, dass er Genf und Lausanne mied, da ihm der Wind zu kalt war. Als er in La-Tour-de-Peilz wohnte und einmal zur Gemeindeverwaltung ging, musste er sich als Deutschschweizer am Schalter „Etrangers― anstehen. Das ärgerte ihn derart, dass er ins Wallis zog.

Gustav Keller: Er scheint der wanderfreudigste Nachkomme gewesen zu sein, denn er erhielt am 30. Juni 1875 einen Hei- matschein, Bemerkung „Bäcker, ledig―, Visa ausserhalb des Kantons, gab ihn wieder zurück und nahm ihn am 17. August 1879 wieder in Empfang. - Am 29. September 1882 schrieb er der Gemeindekanzlei, er sei in La-Tour-de-Peilz und hätte seinen Heimatschein anlässlich eines Truppenzusammenzugs verloren. Kurz darauf erhielt er den Heimatschein Nr. 186, Visa Le Fleur, Waadt, gültig für 6 Wochen und am 25. No- vember 1882 bekam er den Heimatschein Nr. 187, erneut Visa Le Fleur, Waadt. Das Staatsarchiv des Kan- tons Waadt stellt auf Anfrage allerdings fest, dass es ein Le Fleur VD weder gibt noch gab und dass für einen Gustav Keller, Bäcker, in dieser Zeit weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitsbewilligung im Kan- ton Waadt ausgestellt wurde! Ob er in diesen Jahren wieder auf die Walz nach Deutschland zog, wie seine Tochter berichtete, bleibt sein Geheimnis.

Dieser Heimatschein wurde am 12. März 1886 zurückgegeben und gleichentags gegen den Heimatschein Nr. 202, Visa Zürich, ausgetauscht. Am 11. März 1886 heiratete Gustav Emma Ehrensperger in Winterthur. Zehn Jahre später zog er nach Zürich.21

20 StAZH E III 42 14 (Abwesende in Volken) 21 Gemäss Protokoll des Zürcher Stadtrates vom 5. Mai 1897 über die Gewährung des Bürgerrechts 52 Anhang

Das Blatt der Kantonalen Gebäudeversicherung für das Haus Restaurant Post 22

Diese Liste zeigt, wie sich der Assekuranzwert der Liegenschaft in den Jahren 1812 bis 1841 stetig erhöhte und so den Wertzuwachs des Hauses reflektierte. 1841 wurde nicht nur das Gebäude, sondern neu die an- gebauten Scheune und „Bestallung― mitversichert. Angemerkt wurde: „wegen Reparatur in Schatzung genommen“. Nach der Einführung des Schweizerfrankens wurde mit der ersten darauf folgenden Eintra- gung, 1853, der Assekuranzwert umgestellt von 4000 Gulden auf 8800 Franken, mit der Bemerkung, die Liegenschaft sei mit Haus Nr. 41 zusammengebaut, dem Trotthaus mit Trottwerk. Die Trotte gehörte 1812 – 1841 dem Gemeindeammann Hans Conrad Keller resp. seiner Witwe und seinem Bruder Heinrich je hälftig und ab 1845 ganz ihrem Sohn Johann Conrad Keller. Im Versicherungswert inbegriffen sind ab diesem Datum Trottgebäude und Trottwerk mit Trottbett, Krebs, Stud, Trottbaum, Mutter und Spillen. 1871 wurde ein unterkellerter Schopf angebaut. Sein Versicherungswert: Fr. 800. –

Am 9. Mai 1887, kurz vor dem Tod von Johann Conrad Keller, wurde die Liegenschaft an Konrad Erb, Abrahamen sel. Sohn, verkauft. Umschrieben wird sie mit „1 Wohnhaus, 1 Scheune und Stall, 1 Schopfan- bau mit Keller“ sowie 1 Waschhaus mit Schweineställen und 1 Trotthaus mit Trottwerk“. Da 1888, am Ende der „Grossen Depression des 19. Jahrhunderts―, Krise herrschte und im Weinbau die Reblaus und der falsche Mehltau die Ernten zu zerstören begannen, waren die Land- und Liegenschaftenpreise rückläufig. Im Handänderungsvertrag wurde denn auch festgehalten, dass die „Assekuranzanschläge zufolge niedrigen Kaufswerthes eine Reduktion erleiden werden“.

22 StAZH RR I 352a, Blätter der Kantonalen Gebäudeversicherung ab 1808 53 Mitglieder des Gemeinderats

S = Seckelmeister FrR = Friedensrichter Präsident Seckelmeister Mitglied 1805 Heinrich Schuler Hans Conrad Keller Conrad Gisler 1806 Hans Conrad Keller Conrad Gisler Joh. Keller, Tischma- cher 1807 „ „ „ 1808 „ „ „ 1809 Joh. Jacob Hatt Heinrich Schuler Heinrich Keller Fr.R. 1810 Heinrich Keller FrR Heinrich Ritzmann 1811 Joh. Jacob Hatt „ „ 1812 „ „ Jacob Gisler, Schuster 1813 „ Conrad Schuler „ 1814 Joh. Jacob Hatt „ „ 1815 „ „ Heinrich Wegmann 1816 Joh. Jacob Hatt „ „ 1818 „ „ „ 1819 „ „ „ 1820 „ „ Heinrich Gisler 1821 „ „ „ 1822 J.J. Hatt, Oberamtsrichter Heinrich Gisler Heinrich Keller alt Fr.R. 1823 „ „ „ 1824 Heinrich Keller auchS FrR Joh. Schuler, Schneider Conrad Gisler 1825 „ „. „ 1826 „ „ „ 1827 „ „ „ 1828 „ „ Joh. Schuler 1829 „ „ „ 1830 „ „ „ 1831 Konrad Schuler „ Heinrich Ritzmann 1831 „ „ „ 1832 „ „ „ 1833 „ Johannes Schuler „ 1834 „ „ „ 1835 „ „ Conrad Keller, Tisch- macher 1836 „ „ „ 1837 „ „ „ 1838 „ „ „ 1839 Heinrich Kramer „ Hans Konrad Erb 1840 Jakob Gisler „ „ 1841 „ Johann Conrad Keller „ 1842 „ „ „ 1843 Johannes Kramer „ Conrad Keller, Tisch- macher 1844 „ „ „ 1845 „ Johannes Keller, Küfer „ 1845 „ „ „ 1846 „ „ „ 1847 Joh.Con.Keller, auch S „ Salomon Ruf 1848 „ „ Jakob Ritzmann, Weber 1849 „ Konrad Saller „ 1850 „ „ Heinrich Erb

54 Präsident Seckelmeister Mitglied 1851 Heinrich Erb „ Johann Schuler 1852 „ „ „ 1853 „ Heinrich Ritzmann „ 1854 „ „ „ 1855 Konrad Ruff Schulverwalter „ Konrad Bucher Vizepräsi- dent 1856 „ „ „ 1857 „― Heinrich Keller Conraden „ 1858 „ „ „ 1859 Konrad Bucher/Martin Keller „ Konrad Ruff Schulverwalter 1860 Martin Keller „ „ 1861 „ Hch.Keller/Salom.Ruff 1862 „ Salomon Ruff „ 1863 „ „ Heinrich Erb 1864 „ „ „ 1865 „ „ „ 1866 „ „ „ Am 10 Juni 1866 wurden erstmals 5 Gemeinderäte gewählt Präsident Mitglied Mitglied Mitglied Mitglied 1867 Jakob Ritzmann Konrad Morgen Heinrich Saller Konrad Schuler Heinrich Ritzmann 1868 „ „ „ „ „ 1869 „ „ „ „ „ 1870 Heinr. Ritzmann „ „ „ Rudolf Ruff 1871 „ „ „ „ „ 1872 „ „ „ „ „ 1873 „ „ „ „ „ 1874 „ „ „ Eduard Saller Heinrich Keller 1875 „ „ „ „ „ 1876 „ Konrad Keller Konrad Keller „ Heinrich Gisler Weber Rafzers/Weibel 1877 Jakob Gisler „ „ „ Jakob GislerSchul- Schuster pfleger 1878 „ „ „ „ „ 1879 „ „ „ „ „ 1880 Ulr. Wegmann „ „ „ Johannes Keller 1881 „ „ „ „ „ 1882 „ „ „ „ „ 1883 Heinr. Ritzmann Ulr. Wegmann Konrad Erb „ Ulrich Messmer 1884 „ „ „ 1885 „ „ „ 1886 Albert Keller Jakob Büchi jun „ Johannes Schuler Jakob Gisler 1887 „ „ „ „ „ 1888 „ „ „ „ „ 1889 „ „ „ Eduard Saller Gottfried Schuler 1890 „ „ „ „ „ 1891 „ „ „ „ „ 1892 „ „ „ Konrad Gisler „ 1893 „ „ „ „ „ 1894 „ „ „ „ „ 1895 „ Eduard Saller „ „ „ 1896 „ „ „ „ „ 1897 „ „ „ „ „ 1898 „ Konrad Ritzmann Heinrich Saller Jakob Gisler „ 1899 „ „ „ „ „ 1900 Albert Keller Konrad Ritzmann Heinrich Saller Jakob Gisler Gottfried Schuler

55 Gemeindearchiv Volken, Signatur I B 17 Grundzins-Loskaufs-Vertrag vom 27.3.1847

Kanton Zürich. Namens sämtlicher Inhaber der St. Katharinenthalischen Erblehen-Güter daselbst hat un- term 1. (A) dies durch die hierfür beauftragten Herren Kantonsrat Hatt Müller und alt Seckelmeister Keller, Weinschenk in Volken, bei der Klosterverwaltung St. Katharinenthal die Erklärung gemacht, die an diesel- ben schuldigen Grundzinse in moderiertem Anschlage kapitalisieren und ablösen wollen. Diesem zufolge hat die besagte Verwaltung auftragsgemäss, unter Ratifikationsvorbehalt, mit derselben gegenwärtige Übereinkunft getroffen und abgeschlossen.

§1

Die e. Gemeinde Volken hat von den daselbst gelegenen St. Katharinenthalischen Erblehen-Gütern laut Rechnung und Grundzinsbuch fol. 129/130 an das Gotteshaus St. Katharinenthal alljährlich sammthaft zu entrichten a) Kernen zwanzig und zwei Mütt, alt Winterthurer Mass b) Haber neunzehn Mütt, alt Winterthurer Mass c) Fasnachtshühner drei Stück ) d) Herbsthühner sechs Stück ) oder an Geld fl.3 Kr 52 ½ RW e) Eier zweihundert und zehn Stück ) f) Heugeld zwei Gulden fl 2 Kr. – R.W. [rheinische Währung]. §2

Diese Grundzinsschuldigkeiten werden hiermit in gütlichem Verständnis kapitalisiert zu fl 4’500.— mit Worten

Gulden viertausend fünfhundert R.W. [Rheinische Währung]

Diese Summe verpflichtet sich die e. Gemeinde Volken anmit dem ehrw. Gotteshaus St. Katharinenthal nebst betreffendem Zins von Martini 1846 an in fünf gleichen Würfen, als auf Martini 1847, 48, 49, 50 und 1851 jeweils sammethaft und unzertrennt aus einer Hand in groben guten Silberwerten nach der im Kanton Thurgau gesetzlich bestimmten Währung, ohne allen Abzug, für was immer und frei, vollständig und un- klagbar, abzuzahlen. §3

Der Zinsfluss wird für den Fall, dass die anbedungenen Zuflüsse von alljährlich richtig und unklagbar auf die Verfallzeit vollständig entrichtet werden, zu vier vom Hundert bewilligt; sollten die schuldigen Leis- tungen jedoch ganz oder theilweises von Martini an über sechs Wochen ausstehen bleiben, so kann der Zins zu 4 ½% und nach Verfluss von weiteren sechs Wochen aber zu 5% begehrt und eingefordert werden.

§4

Bis zur gänzlichen Abzahlung von Kapital, Zins und Kosten bleiben dem ehrw. Gotteshause St. Kathari- nenthal seine bisherigen Rechte ungeschmälert und ohne Eintrag vorbehalten, und so haben demselben die e. Gemeinde sowohl als sämtlich betreffende Einzinse samt den im Loskauf begriffenen Grundstücken solidarisch für alle unbedingt zu haften und einzustehen.

56 §5

Die Klosterverwaltung hat sich für die gegenwärtige Übereinkunft die Ratifikation des tit. Kleinen Rathes des Kantons Thurgau vorbehalten.

Dessen zur Urkunde ist gegenwärtiger Loskaufs-Vertrag von dem Herrn D. Rogg von Frauenfeld, namens der ehrw. Klosterverwaltung sowohl, als der e. Vorsteherschaft der e. Gemeinde Volken namens derselben durch eigenhändige Unterzeichnung und Besiegelung bekräftigt worden, so geschehen zu St. Katharinent- hal – Volken, den 27. März 1847.

Namens der Klosterverwaltung Namens der e.Gemeinde Volken

Der Gemeinds-Präsident Joh. Kramer Der Gemeinderaths-Schreiber Kündig

Die Aechtheit der Unterschriften des Herrn Präsidenten Kramer und Gemeinderathsschreiber Kündig Beglaubigt

Andelfingen, den 9. April 1847 Der Bezirksratschreiber Schenk

Ratification Der Kleine Rath des Kantons Thurgau hat durch Regiminal und Entschluss dd. 24. April 1847 §1149 dem gegenwärtigen Vertrag die vorbehaltene Ratification erteilt. Die Klosterverwaltung setzt hiervon die ehrh. Gemeinde Volken unter Zufertigung eines Vertrags- Duplicats offiziell andurch in Kenntnis, womit der in §5 enthaltene Vorbehalt zurückgezogen und vorste- hender Vertrag als in allen Bestimmungen allseitig bindend in Rechtskraft erwachsen erklärt ist.

St. Catharinenthal, den 29. April 1847 Für die Klosterverwaltung Dr. Rogg

57 Auszug aus dem Protokoll der Gemeindeversammlung vom 10. Juni 1854

Rekursbeantwortung mit Angaben über die Salärstruktur eines Gemeindeschreibers

Nach 7.: An der Gemeindeversammlung vom 3. Juli wurde vorstehendes Protokoll ratifiziert mit der Be- merkung, dass dem Konrad Bucher seine Bemerkung betreffend Ausstand des Armenpfleger Keller wäh- rend der Beratung des Rekurses von seinem Sohn Gemeinderatschreiber Keller wörtlich an das Protokoll fallen solle so wie auch die Beantwortung die Beantwortung des Rekurses welche also lauten.

Bucher äusserte sich vor der Bürgerschaft, dass er glaube, Armenpfleger Keller als Vater des Rekurrenten gehöre während der Beratung, wie der Rekurs beantwortet werden müsse, in Ausstand, worauf sich Ar- menpfleger Keller ohne darüber beschlossen zu haben ebenfalls äusserte, er wolle in Ausstand, bevor wolle er aber der Bürgerschaft seine Ansicht mitteilen.

Beantwortung des Rekurses gegen den Abschied der Gemeindeversammlung vom 16. März 1854:

An den löblichen Bezirksrat Andelfingen Tit.

Der Rekurs des Gemeinderatschreiber Keller gegen den Abschied der Gemeindegutrechnung vom Jahr 1853 wird hiemit beantwortet wie folgt:

1. Der Rekurrer ist die fixe Besoldung des ehemaligen Gemeinderatschreibers nicht um 42 Batzen zu hoch gerechnet, von 52 Wochen mit 11 Fr 67 Batzen damals besoldet worden. Die Besoldung be- trägt vom 1st. Januar 1853 bis 11ten Juni 1853 5 Fr. 28 Batzen, mithin wären nur 10 Batzen zuviel, welche zurückerstattet werden. 2. dass der Rekurent 11 Batzen zu viel vergüten soll, ist nicht der Fall, da seine Amtsdauer lt. Beleg 11 vom 14. Juni 1853 angaht und bis den 31 Dezember 1853 28 Wochen 5 Tage andauerte, und die jährliche Besoldung wie sich der Rekurent gemeldete 6 fr. 67 Rp beträgt, so sind wirklich 47 Rp zu viel berechnet. 3. das bei speziellen Nota das Wortprotokoll als Form beizufügen nötig sei ist keineswegs der Fall, es scheint von dem Rekurenten mehr Ehrgeiz zu sein, sonst würde er diese Rüge nicht als Neckerei betiteln. 4. haben die früheren Schreiber für 1 Wahlprotokoll 10 Schilling oder 60 Batzen zu beziehen gehabt lt. Beleg 23 das 52 gr Rechnung das Protokollieren müsste für die fixe Besoldung geschehen, der Rekurent stützt sich auf §45 des Spertelgesetzes, wann er sich aber genau an den § gehalten hätte, so wäre es dennoch auf 1 Fr. 50 gestiegen. Es wurde daher bloss die Ausgabe für Protokollieren gerügt. Die Angabe, dass für das Prinzip der Leidenschaft solche Bemerkungen zu machen wird dem Rekurent als Grobheit angerechnet. 5. Gibt der Rekurent dem wohllöbl. Bezirksrat Unwahrheit an dass ihm für Schreibarbeiten nur 1 Fr. 80 Batzen gutgeheissen seien. Da lt Beilage 16 3 Fr. 60 Rp angerechnet sind, nicht bloss 3 fr 20 Rp, wie im Rekurs angegeben ist. Es ist auch Unwahrheit, das für das Jahr 1852 5 Fr. für Schreib- materialien als Gemeindeschreiber angerechnet seie sondern es sind unter diesen auch die Schreibmaterialien als Gemeindeschreiber inbegriffen lt. Beilage 23 der 52 gr. Rechnung. 6. dass der Rekurent sich auf andre Gemeinden stützt, das die dortigen Schreiber für Führung der Brandsteuer-Register belohnt werden, kümmert es die Gemeinde Volken nicht, was dieselben rei- chern Gemeinden aus Gutherzigkeit tun. Bis anhin haben Gemeinderatschreiber dieses für die fixe Besoldung tun müssen und es ist auch keine solche Angabe in frühere Rechnungen gebracht wor- den. Dass der Rekurent um 5 Fr. wohlfeiler diese Schreiberstelle zu versehen gemeldet hat, wird deswegen die Gemeinde keine solche Ausgaben erschleichen lassen, damit er diese 5Frk. wieder doppelt einbringen könne. 7. stützt sich der Rekurent wieder auf anderwärtige Sektionschefs, dass dieselben für das Anschlagen militärischer Publikationen belohnt werden, auch das kümmert die Gemeinde Volken nicht, denn der Sektionschef kann sich der Ordnungsläufern bedienen, solche Publikationen den jedem Mili- ltärpflichtigen bekannt zu machen, davon für 3 solche sind, welche diese Verpflichtung auf sich haben weswegen sie von den.übrigen Militärdiensten befreit sind, und übrigens sagt er im Rekurs, dass lt. Gesetz das Anschlagen solcher Publikationen Sache des Gemeideammannamt oder Ge- meindrathes sei. 58 8. sagt der Rekurent dass auf pagina 40. die 40 fr. 84 Rp nicht in Ausgabe gehört, weist auf das Ge- setz Band 5, Seite 113, wusste er dass lt. Gemeindeprotokoll unterm 3. Januar 1820 der Hebamme eine fixe Besoldung in Natura beschlossen worden zu geben, und am 13. März 1837 lt. Gemeinde- beschluss diese Besoldung in Geld verwandelt und auf 28 alte Schweizerfranken bestellt werden, welche von da an der Hebamme alljährlich von der Gemeinde bezahlt werden müssen, und dass auch der Verordnung des Regierungsrates vom 10. März 1829 eine Hebamme in armen Gemeinden wenigstens 24 alte Franken und in reicheren Gemeinden wenigstens 40 fr. als Minimum den Heb- ammen alljährlich von der Gemeinde bezahlt werden müssen, so würde er dieses nicht in Rekurs aufgenommen haben. 9. dass die Ausgabe auf pagina 16 Beilage 51 für den Justizbeamteten und die Angelegenheit auf pa- gina 10 Beilage 59 und 60 des Gemeindeammannamts lt. Gesetz nicht in die Rechnung gehöre, ist bekannt, dass aber für die Gemeinde Volken für diese Beamteten nicht so viele Geschäfte vor- kommen, um uns ihren Sproteln dasselbe in ihren Kosten anzuschaffen, so wurde von jeher solches von der Gemeinde bezahlt.

Aus diesen Gründen wurden die 3 letzten Artikel von der Prüfungskommission nicht gerügt, sondern von dieser und von der Bürgerschaft angenommen.

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