Nietzsches Morgenröthe Und Idyllen Aus Messina, Umfassend Und Kritisch Kommentiert
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Nietzsches Morgenröthe und Idyllen aus Messina, umfassend und kritisch kommentiert. Ein faszinierendes, bestens belegtes, überfälliges und Diskussionen provozierendes Wagnis: Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken, Bd. 3/1, vorgestellt, diskutiert, aus genetischer Perspektive zuweilen ergänzt und mit prinzipielleren Bemerkungen zur Nietzscheinterpretation garniert Teil II „Ich möchte eine Lerche sein“. Die Idyllen aus Messina , kommentiert von Sebastian Kaufmann, im Kontext der Entwicklung von Nietzsches Lyrik – eine subversive Agentin seiner moralkritischen Philosophie? von Prof. Dr. Hermann Josef Schmidt „O Muse berühre die leistönenden Saiten mit dem elfenbeinernen Plektron.“ (Der vierzehnjährige Nietzsche, Dezember 1858) „Ich möchte eine Lerche sein Dann stiege ich beim ersten Schein Des neuen Tages in die Luft Hoch über Thal und Wald und Kluft“ (Der vierzehnjährige Nietzsche, Mai- Juni 1859) Die schädliche Seite der Religion ist oft hervorgehoben, ich möchte die schädliche Seite der Moral zum ersten Mal zeigen und dem Irrthum entgegnen, daß sie den Sinnen von Nützlichkeit ist.“ Nietzsche, Anfang 1880, 1[75] (V 1, 353) Eugen Fink in memoriam 3. Nietzsches einzige selbstveröffentlichte Lyriksammlung: Idyllen aus Messina , 1882 3.1 Das NK-Vorwort 3.2 Eine Überraschung: das Druckmanuskript der Idyllen aus Messina als Faksimile 3.3 Überblickskommentar 3.3.1 Lyrik und Lyriktheorie im Werk Nietzsches 3.3.2 Entstehung und Druck der Idyllen aus Messina 3.3.3 Konzeption, Leitmotive und Stil 3.3.3.1 Die Tradition der Idylle und Nietzsches Konzept des Idyllischen 3.3.3.2 Hauptmotive 3.3.3.3 Form und Stil 3.4 Der NK-Stellenkommentar 3.4.1 Prinz Vogelfrei . 3.4.2 Die kleine Brigg, genannt „das Engelchen“ . 3.4.3 Lied des Ziegenhirten. (An meinen Nachbar: Theokrit von Syrakus.) 3.4.4 Die kleine Hexe . 3.4.5 Das nächtliche Geheimnis . 3.4.6 „Pia, caritatevole, amorisissima“. (Auf dem campo santo.) 3.4.7 Vogel Albatross . 3.4.8 Vogel-Urtheil . 3.5 Lächelnder Hohn? Nietzsches nun auch poetische Verabschiedung des Christentums und aller „Naumburger Tugenden“ als heimliche Intention der Idyllen aus Messina ? 3.5.1 Zum Aufbau der Idyllen von Messina 3.5.2 Zu den einzelnen Idyllen von Messina in ihrer Reihenfolge 3.5.3 Eine Steigerungsreihe in den Idyllen ? 3.5.4. Lächelnder Hohn? 3.6. Fazit Vorbemerkung Anders als in den Präsentationen der vorausgehenden Teilbände 1/1, 6/1 und 6/2 des Nietzsche-Kommentars ist diejenige des an vierter Stelle erschienenen Teilbandes 3/1 in zwei Teile aufgeteilt. Für einen Nietzsche und dessen Texte 1 aus betont genetischer Perspektive Beurteile n - den liegen Gründe fast schon auf der Hand. Bietet der Teilband 3/1 2 doch erstmals scheinbar Heterogenes, aus genetischer Perspektive jedoch in sich Stimmiges zwischen seinen zwei Buchdeckeln: Nietzsches erste in diesem NK thematisierte Gedankensam m - lung, die Morgenröthe , 1881, und Nietzsches einzige von ihm selbst publizierte, keine s - wegs jedoch erste Gedichtsammlung, die Idyllen aus Messina , 1882. Sowohl die Geda n - ken- wie die Gedichtsammlung sind ‘als solche’ ebenso wie in ihrer jeweiligen Ko m - mentierung trotz ihres erheblich divergierenden Umfangs jeweils substantiell genug, um auch aus genetischer Perspektive eingehender Berücksichtigung wert zu sein. Die unte r - schiedlichen Kommentatoren haben ihre je eigene Sichtweise und ihre spezifischen Schwerpunkte, was ebenfalls separate Rezensentenperspektiven nahelegt. Schließlich sollte der Gesamtumfang meiner NK-3/1-Präsentation noch überschaubar bleiben und der Zugriff auf jeden der beiden Teile des NK 3/1 erleichtert werden. Was nun meine NK-3/1-Beurteilung insgesamt betrifft, so finden sich die meisten al l - gemeiner orientierten Ausführungen in Teil I 3 unter 1. Das NK-Projekt, der Teilband 3/1 und der vorliegende Text ; worauf hiermit ebenso verwiesen sei wie auf 2. Nietzsches zweite, dritte oder vierte Gedankensammlung Morgenröthe. Gedanken über die moral i - schen Vorurtheile , diese den Idyllen zeitnahe, ein knappes Jahr zuvor erschienene G e - dankensammlung. 3. Nietzsches einzige selbstveröffentlichte Lyriksammlung: Idyllen aus Messina , 1882 (S. 457-543) Die Formulierung „Nietzsches einzige selbstveröffentlichte Lyriksammlung“ dürfte kaum überraschen, denn auch Leser von Aus meinem Leben (I 1-32 bzw. I 1, 281-311) vom 18.8.-1.9.1858, der bekannten Autobiographie des Dreizehnjährigen, geschweige denn Kenner der Vita Nietzsches wissen, daß er etwa seit seinem zehnten Lebensjahr Gedichte schrieb und sich in dieser Autobiographie als klassisch orientierter, gegen ‘Neutöner’ polemisierender Musikenthusiast 4 sowie vor allem als ein bereits selbstkrit i - scher Dichter in Szene zu setzen suchte, der auf nicht weniger als drei Perioden seiner lyrischen Aktivitäten zurückblickt, deren erste und zweite Periode er zwar hyperkritisch und abwertend zu rezensieren scheint, dabei aber ‘verrät’, worauf es ankommt, wenn man verstehen will, mit welchen Problemen das Kind sich beschäftigte, sowie keineswegs unterläßt, eine Auflistung von nicht weniger als 46 Gedichtstiteln samt Anfangsvers ei n - schließlich einiger Gedichte der scheinbar geschmähten ersten und zweiten Periode au f - zunehmen (I 28-30 bzw. I 1, 308f.), außerdem zwei seiner Theaterstückchen in ebenfalls irreführendster Manier zu kommentieren 5 sowie am Schluß der Autobiographie die B e - merkung anzufügen: „Könnte ich doch noch recht viele solche Bändchen schreiben!“ (I 32 bzw. I 1, 311) Das „Bändchen“ umfaßt immerhin 136 Seiten, liegt also, was die Seitenzahl betrifft, im Mittelbereich des Seitenumfangs von Nietzsches Publikationen; sollte Hans Gerald Hödl korrekt überprüft 6 haben, wären nicht nur die Seiten 9 und 10, sondern 9-12 aus dem g e - bundenen Oktavheft von Unbekannt – vermutlich jedoch von Nietzsches Schwester – entfernt worden. Dennoch präsentiert der Dreizehnjährige in Aus meinem Leben nur einige Facetten seiner frühen poetischen Vita; und selbst noch diese großenteils auffallend exoterisch. Einerseits spielt er Versteckspiele mit seinen primären Leserinnen, da er diese zwar g e - zielt zu erfreuen – jede erhält einige ihrer Lieblingsvokabeln oder -formeln –, seinem nicht auf die familiär erwünschte Pastorenlaufbahn fixierten Selbstbild als Musiker und 2 Dichter aber ebenfalls gerecht zu werden sucht, was schon das Kind zu komplizierten Balanceakten zwingt und ein vollmundiges, unterschiedlich ausdeutbares Gelöbnis am Ende der Autobiographie nicht ausschließt; andererseits hat seine Poeterei eine erstau n - lich lange und ihm wohl oft genug erzählte Vorgeschichte: schon dem wenige Wochen alten Säugling wurde von seinem Vater ein in seinem Namen formuliertes Glückwunsch- und Unterwerfungsgedicht 7 für seine das Röckener Pfarrhaus dominierende Großmutter in die Hand gedrückt; und, kaum konnte das Kind sprechen, hatte es zu Geburtstagen und anderen Familienfesten selbst Verse aufzusagen, aufzuschreiben, feierlich zu überreichen und möglichst auch zu entwerfen – können doch Prediger und Pastoren in spe nicht frü h - zeitig genug ‘erhebende’ freie Rede sowie wohlformuliertes Deklamieren üben. Obwohl jedoch in Berücksichtigung der Lebensgeschichte Nietzsches schon die ältesten bisher bekannt gewordenen Verse des Kindes (I 1, 317-319) von theodizeeproblemhaltigem Hintersinn sein könnten – nach Auffassung des Vf.s: deutlich genug sind –, blieb das Interesse ‘der Forschung’ wie auch sonst, wenn Mythenüberprüfung anstehen würde, spürbar unterentwickelt. So fixieren, anfangs ‘mit fremder Feder’, anderthalb Jahre später „eingelernt“ 8 , danach ‘mit geführter Hand’, schließlich ab etwa 1854 auch aus eigenem Antrieb ‘Dichtungen’ ebenso wie in den letzten Tagen vor dem Zusammenbruch um den 3.1.1889 die Dion y - sos-Dithyramben in existentieller Ringkomposition den Rahmen von Nietzsches multid i - mensionaler, polyperspektivischer, vielschichtiger schriftstellerischer Tätigkeit. Enthält bereits Aus meinem Leben einen Entwurf für Nietzsches restliche 30 Jahre: Musikenthus i - ast, Dichter, hintersinniger ‘Philosoph’, geographisch sensibler Autobiograph und auch eigene Geistesfrüchte nicht schonender Kritiker? Jedenfalls: es gibt ‘Gedichtchen’ aus Nietzsches Hand, die sehr alt sein könnten bzw. vom etwa elften Lebensjahr an zahlreiche Gedichte, von denen wir nicht nur den Titel und den Anfangsvers, wie in Aus meinem Leben zitiert, kennen, da sie in der Regel noch in Nietzsches Handschrift im Weimarer Goethe-Schiller-Archiv (GSA) 9 vorliegen und längst ediert sind. Darunter drei Geburtstagssammlungen des Elf- bis Dreizehnjährigen für Nietzsches Mutter zum 2.2. der Jahre 1856-1858, die ‘es fürwahr in sich haben’. B e - dauerlich, daß kaum jemand, ‘der auf sich hält’, sich bisher ‘mit diesem Kinderkram a b - gegeben’ zu haben scheint – dabei enthält er ebenso wie ein knappes Dutzend sog. ‘Gri e - chen’-Gedichte und einige Theaterstückchen oder -fragmente wie vor allem das seinerzeit vermutlich abgeschlossene, aber nur als Fragment überlieferte Stück Der Geprüfte 10 (I 327-331 bzw. I 1, 105-110), Sprengsätze, die bei seriöser, weniger selektiver oder vorei n - genommener Interpretation die Annahme nahelegen könnten, eine Bibliothek christoph i - ler Nietzscheinterpretationen sei getrost in die Abteilung ‘Kuriosa’ zu versetzen, solange sie sämtlich von einem ungebrochen frommen, christlichen Kind Nietzsche ausgehen, das erst in der Pubertät kritischer würde. Doch noch diesseits vieler Details: während seiner späten Kindheit verstand sich Nietzsche offenbar auch als ‘Dichter’, verschenkte Gedichtsammlungen mindestens