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Die BP übernimmt Veba Oel und Aral Post Merger Integration und Unternehmenskultur Achim Weiand

BertelsmannStiftung 2 | Inhalt

Vorwort 4

Danksagung 7

1. Unternehmenskultur und M&A-Aktivitäten 8

2. Die Fallstudie 18 - Die beteiligten Unternehmen 18 - Strategischer Hintergrund 24 - Strategische Integration 28 - Strukturelle Integration 32 - Kulturelle Integration 36 - Personelle Integration 54

3. Lessons learned 60 - Das Fazit aus Unternehmenssicht 60 - Abschließende Anmerkungen des Autors 62

Biografien 64

Quellenverzeichnis 65 - Literaturverzeichnis 65 - Interviews 67 Die Bertelsmann Stiftung setzt sich für das Gemeinwohl ein. Sie enga- - Bildnachweise 67 giert sich in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie internationale Verständigung und fördert das friedliche Mit- Der Autor 68 einander der Kulturen. Durch ihr gesellschaftliches Engagement will sie alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich ebenfalls für das Gemeinwohl einzusetzen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. Die Bertelsmann Stiftung arbeitet operativ und ist unabhängig vom Unternehmen sowie parteipolitisch neutral.

| 3 Vorwort

Vorwort

Ein Blick auf die Schlagzeilen der Tagespresse aktionen.1 Grund hierfür ist in den Augen der verrät, welche Großereignisse derzeit im Wirt- Wirtschaftsprüfer mangelndes Integrations- schaftsgeschehen die maßgeblichen sind: Das management und -umsetzung. Integration umfasst Übernahmeangebot der E.ON an Endesa, die komplexe Prozesse, die im Vorfeld des Vollzugs Übernahme von Arcelor durch Mittal, die Inte- der Fusion oder der Akquisition zu planen sind. gration von Reebok in Adidas-Salomon, die Über- Darüber hinaus ist in der Umsetzung mit ver- nahme der Hypo-Vereinsbank durch Unicredit, schiedenen Unwägbarkeiten und Widerständen Martin Spilker die Schlacht um Schering, der Verkauf der japa- zu rechnen, die sich aus der Zusammenführung nischen Vodafone-Tochter an Softbank und so verschiedener Unternehmen oder Unternehmens- weiter und so fort. Fusionen und Übernahmen einheiten ergeben. Dabei sind Strategie und prägen die Wirtschaftslandschaft und sind deut- Organisation als Treiber zu sehen, die Rahmen liche Indizien für einen internationalen Wettbe- und Orientierung geben. Entscheidend ist jedoch werb. Auf der Suche nach neuen Märkten und ebenso eine bewusste Gestaltung der Unterneh- Kunden fusionieren Unternehmen zu größeren menskultur(en), die einen eigenständigen Beitrag und schlagkräftigeren Gebilden. Doch auch um dazu leistet, dass Führungskräfte und Mitarbeiter Märkte zu sichern und Synergien zu nutzen, den merger oder die Akquisition tragen und ein sehen sich Unternehmen nach fusionswilligen Gerüst für das neue Unternehmen entsteht. Zu Partnern und Übernahmekandidaten um. Mit häufig wird dieser Aspekt vernachlässigt, aber der Ausschaltung von Konkurrenten, der Bünde- insbesondere in internationalen Kooperationen lung von Aktivitäten, Größenvorteilen und Kom- dann schmerzvoll in der post merger-Phase er- Petra Köppel petenzvorsprüngen rechnen sich die Unterneh- fahren. Unterschiedliche Kulturen auf nationaler, men bessere Chancen am in- und ausländischen regionaler, ethnischer und unternehmerischer Markt aus. Es reicht nicht mehr, im eigenen Land Ebene können zu Differenzen, Wahrnehmungs- konkurrenzfähig oder auch Marktführer zu sein; sperren und Ablehnungshaltungen führen, die Produktion, Entwicklung und Vertrieb und im kostspielige Konflikte verursachen, Manager vor erheblichen Maße Finanzierung sind immer unlösbare Probleme stellen und nicht zuletzt mehr im internationalen Gefüge zu sehen und den M&A scheitern lassen. zu steuern.

Entscheidungen zu internationalen M&A werden daher aufgrund von finanziellen und produk- tionswirtschaftlichen Aspekten getroffen. Ob die errechneten Vorteile jedoch auch zum Tragen kommen, hängt von einer Reihe weiterer Einfluss- faktoren ab, die außerhalb der messbaren und direkt kontrollierbaren Reichweite der Analysten 1 Ernst & Young AG (2006) – Handeln wider besseres liegen. So missraten nach einer Umfrage von Wissen. Warum viele Transaktionen scheitern, ohne es zu Ernst & Young 50 % der Unternehmenstrans- müssen. Stuttgart

4 | Vorwort

In diesem Zusammenhang gilt es, einen genaue- ethnische Zugehörigkeit im Vordergrund, sodass ren Blick darauf zu werfen, wie eine Integration es schnell zu einer Auseinandersetzung zwischen aus der unternehmenskulturellen Perspektive „den Einheimischen“ und „den Anderen“, seien angegangen wird. An erster Stelle steht die Frage: es die Japaner, die Briten oder die Franzosen es- Ist eine neue, einheitliche Unternehmenskultur kaliert. Vor allem sind dann umso mehr landes- erwünscht? Der eindeutige wirtschaftliche Vorteil, kulturelle Denk- und Verhaltensweisen zu berück- dass die beiden vorher unabhängigen Unterneh- sichtigen, die nur bedingt vom Unternehmen zu men miteinander vollkommen verschmelzen, beeinflussen sind. In diesem Falle bietet sich besteht in der Angleichung von formalen und eine Symbiose an, in der beide Kulturen ent- informalen Prozessen und Strukturen, die eine sprechend der Rahmenbedingungen sinnvoll barrierelose und schnelle Abwicklung über verknüpft werden, gemeinsam wachsen und Bereiche und Einheiten hinweg ermöglichen. Spielraum für regionale, markt- oder produkt- Auch die Identifizierung aller Mitarbeiter mit dem spezifische Besonderheiten lassen. einen Unternehmen kann zu größerer Kohäsion, Motivation und positiver Außenwirkung führen. Eine solche Lösung ist bei der Integration von Auf der anderen Seite verzichtet man auf diese Veba Oel und Aral durch die BP gewählt worden. Art und Weise auf die für besondere Märkte, Die BP stand vor der Herausforderung, deutsche Kunden oder Produkte herausgebildeten Kompe- und britische Unternehmenseinheiten zu einem tenzen, die in der jeweiligen Kultur der vorherigen neuen hochleistungsfähigen Unternehmen zu- Unternehmen verankert waren und eventuell ein sammenzuführen, um sich einerseits neue Kaufgrund gewesen sind. Oft sind Marke und Zugänge zu erschließen, andererseits ohne durch Image eng mit der Identifikation der Mitarbeiter Aufgabe von Marken und Identitäten Märkte zu mit ihrem Hause verbunden und ein Wettbewerbs- verlieren. Die Integration wurde zeitnah zur vorteil. Sollen diese Besonderheiten abgeschafft formellen Übernahme angestoßen, vor allem und durch eine als womöglich fremd und unpas- durch eine aktive und offene Kommunikations- send empfundene Unternehmenskultur ersetzt politik und passgenaue Maßnahmen für die ver- werden, bedeutet dies einerseits im gleichen Zuge schiedenen Zielgruppen. Dabei wurde zugestan- einen Verlust des eben geschilderten ökonomi- den, dass der Prozess des Zusammenwachsens schen Nutzens. Andererseits wird das von den keine Sache von Tagen oder Wochen ist, sondern Angehörigen der übernommenen Unternehmung eine langfristige und dynamische Angelegenheit. als fehlende Wertschätzung, als Missachtung Darauf stellte sich die BP ein und ist nun stolz und Eroberung wahrgenommen und rundweg darauf, nach einer Zeit, die sicherlich auch durch abgelehnt. Was dann als gemeinsames Ziel und Turbulenzen geprägt war, von Erfolgen zu gemeinsame Identität gedacht war, schlägt ins berichten und Lernerfahrungen weiterzugeben. Gegenteil um und fördert Ablehnung und Aufbau (psychologischer) Grenzen zwischen dem, was zusammenwachsen soll. In internationalen Über- nahmen steht dabei häufig die nationale oder

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Achim Weiand hat in seiner Fallstudie Hinter- Die eingangs geschilderten internationalen und Beweggründe der Akquisition recherchiert, Transaktionen werden in den nächsten Jahren die verschiedenen Bereiche der Integration be- weiter ansteigen und das nationale Wirtschafts- gleitet und mit Erfahrungsberichten der Beteilig- geschehen bestimmen. Umso wichtiger ist ein ten angereichert. Ein Herzstück dieser Arbeit aktives und bewusstes Management, das sich stellen die Aktivitäten und Maßnahmen der in- über die Rahmenbedingungen und Herausforde- ternen Kommunikation dar, denen in diesem rungen von M&A, deren Abwägung über finan- Integrationsprozess eine zentrale Rolle für den zielle Analysen hinausgeht, im Klaren ist und Erfolg dieses Unterfangens zukommt. Achim über ein Repertoire an möglichen Handlungs- Weiands Ergebnisse belegen die Relevanz einer weisen für eine erfolgreiche Integration verfügt. Verknüpfung von ökonomisch fundierten Ent- Die Berücksichtigung und Nutzung von Unter- scheidungen mit konkreten Integrationsmaß- nehmenskultur als ein Pfeiler des Erfolgs ver- nahmen im strategischen, strukturellen, kultu- steht sich dann von selbst. rellen und personellen Bereich.

Die Schaffung einer Unternehmensidentität unter unternehmenskulturellen Gesichtspunkten ver- weist auf das Gewicht von Unternehmenskultur Martin Spilker Petra Köppel und ihrer aktiven Gestaltung durch das Manage- ment. Hier zeichnet sich eine Schnittstelle zum Leiter des Kompetenz- Projektmanagerin Projekt „Unternehmenskulturen in globaler In- zentrums Unterneh- Kompetenzzentrum teraktion“2 ab, das sich der Untersuchung der menskultur/Führung, Unternehmenskultur/ verschiedenen Perspektiven und Ansatzpunkte Persönlicher Referent Führung, von Unternehmenskultur widmet. Dieses greift von Liz Mohn, Bertelsmann Stiftung, u. a. die Rolle von Unternehmenskultur in inter- Bertelsmann Stiftung, Gütersloh nationalen Unternehmenskooperationen wie Gütersloh strategischen Allianzen, global vernetzten Pro- jekten oder Lieferanten-Kundenbeziehungen auf, um verschiedene Handlungsmöglichkeiten zu generieren.

2 Zu weiterer Projektinformation siehe Bertelsmann Stiftung (2006) – Unternehmenskulturen in globaler Interaktion, www.unternehmenskultur.org.

6 | Danksagung

Danksagung

Ich bedanke mich bei Wilhelm Bonse-Geuking, Aufsichtsratsvorsitzender und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der deutschen BP, sowie bei Dr. Uwe Franke, Vorstandsvorsitzender der deutschen BP, für die Möglichkeit, eine Fallstudie über diese hochinteressante Integration schreiben zu können.

Mein besonderer Dank gilt Britta Kopfer, Manager Internal Communications bei der deutschen BP, für ihre kompetente und tatkräftige Unterstützung sowie für die Vermittlung von Kontakten und Informationen.

Achim Weiand

| 7 Unternehmenskultur

1. Unternehmenskultur und M&A-Aktivitäten

Unbestritten in betriebswirtschaftlicher For- zu einer umfangreichen, kostspieligen und schung wie Praxis ist mittlerweile der Beitrag zeitaufwendigen Befragung der Mitarbeiter?6 von Unternehmenskultur zum Unternehmens- Oder bleibt es beim Fünf-Zeiler des externen erfolg. Sackmann definiert dabei den Begriff der Unternehmensberaters, der seine ersten Unternehmenskultur folgendermaßen: „Der Eindrücke niederschreibt? Kern oder die unsichtbare Basis einer Unter- nehmenskultur besteht aus jenen grundlegenden, kollektiven Überzeugungen, die das Denken, 3 Sackmann, Sonja A. & Bertelsmann Stiftung (2004) – Er- Handeln und Empfinden der Führungskräfte folgsfaktor Unternehmenskultur. Wiesbaden: Gabler. S. 24 und Mitarbeiter im Unternehmen maßgeblich 4 Sackmann (in Sackmann, Sonja A. & Bertelsmann beeinflussen und die insgesamt typisch für das Stiftung (2004) – Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. Unternehmen bzw. eine Gruppe im Unternehmen Wiesbaden: Gabler. S. 27 ff.) definiert vier zentrale sind.“3 Offen bleiben aber trotz der mittlerweile Funktionen einer Unternehmenskultur: 1) Reduktion verstärkten Forschungsbemühungen zur von Komplexität, 2) Bereitstellung eines Orientierungs- Unternehmenskultur, ihren Funktionen4 und rasters für koordiniertes Handeln, 3) Stärkung der Identi- Ausprägungen wichtige Fragen: fikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, 4) Sicher- stellung von Kontinuität. — Wie sieht eine „gute“, erstrebenswerte 5 Sackmann definiert zehn zentrale Kriterien einer Unter- Unternehmenskultur konkret aus? Gibt es nehmenskultur (in Sackmann, Sonja A. & Bertelsmann sogenannte „zentrale Kriterien“5, die bran- Stiftung (2004) – Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. chen- oder sogar länderübergreifend gültig Wiesbaden: Gabler. S. 44): 1) Gemeinsame Zielorientie- sind? Müssen sich nicht zwangsläufig die rung, 2) Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, Unternehmenskulturen eines kleinen, 3) Haltungen, Überzeugungen und Werte, 4) Unabhän- regional agierenden Mittelständlers und gigkeit und Transparenz der Unternehmensaufsicht, diejenige eines international agierenden 5) Partizipatives Führungsverhalten, 6) Unternehmer Großunternehmens aufgrund unterschied- im Unternehmen, 7) Führungskontinuität, 8) Adaptions- licher Mitarbeiter- und Kundenstrukturen, und Integrationsfähigkeit, 9) Kundenorientierung, aufgrund unterschiedlicher Größenver- 10) Shareholder-Orientierung hältnisse und des Einsatzes verschiedener 6 Vgl. dazu die ausführliche und detaillierte Darstellung Steuerungsmechanismen unterscheiden? unterschiedlicher Ansätze (z. B. den Organizational Haben nicht nationale Kulturen entschei- Culture Inventory oder das Denison-Organisationskul- denden Einfluss auf eine damit jeweils turmodell) bei Sackmann, Sonja A. (2006) – Assessment, lokal eingefärbte Unternehmenskultur Evaluation, Improvement: Success through Corporate und vereiteln so internationalen Groß- Culture. Herausgegeben von der Bertelsmann Stiftung. konzernen die erwünschte einheitliche Gütersloh sowie die gekürzte Variante in Bertelsmann Unternehmenskultur in allen Kontinenten? Stiftung (2006) – Messen, werten, optimieren. Erfolg — Wie kann man Unternehmenskulturen durch Unternehmenskultur. Ein Leitfaden für die Praxis. praktikabel messen? Gibt es Alternativen Gütersloh

8 | Unternehmenskultur

8 — Welches Instrumentarium an Maßnahmen nehmenskulturen. Oft sind bereits die der Inte- steht dem Praktiker zur zielgerichteten gration vorausgehenden Phasen unzureichend Schaffung oder Beeinflussung einer in der Abarbeitung: Die Planungsphase9 kommt Unternehmenskultur zur Verfügung? Wie zu kurz oder bei der Durchführungsphase wird groß sind eigentlich die Möglichkeiten zur beispielsweise eine cultural due diligence10 nicht Beeinflussung einer Unternehmenskultur?7 realisiert. In der Integrationsphase lässt sich dann nur mit Not reparieren, was vorher ver- Ungeachtet dieser offenen Fragen steht jedes säumt wurde. Im Folgenden interessiert, welche Unternehmen vor der Herausforderung, aktiv prinzipiellen Möglichkeiten Unternehmen haben und zielgerichtet seine Unternehmenskultur zu zur Gestaltung einer Integration. entwickeln. Eine besondere Herausforderung stellen dabei Mergers & Acquisitions (M&A) dar, weil bei ihnen zwei (oder mehrere) Unter- nehmenskulturen aufeinander treffen und eine 7 Vgl. die Argumentation von Blazejewski, Susanne & Entscheidung getroffen werden muss, wie das Dorow, Wolfgang (2005) - Unternehmenskulturen in glo- neue Unternehmen in Zukunft arbeiten soll. baler Interaktion. Ein Leitfaden für die Praxis. Heraus- Ist ein Deal aber erst einmal geschlossen, dann gegeben von der Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. S. 15 ff. richtet sich die öffentliche und unternehmensin- 8 Vgl. etwa Ernst & Young AG (2006) – Handeln wider terne Aufmerksamkeit wieder anderen Themen besseres Wissen. Warum viele Transaktionen scheitern, zu – und viele Deals scheitern in der folgenden ohne es zu müssen. Stuttgart; Grube, Rüdiger & Töpfer, Integrationsphase. Deshalb soll im Folgenden Armin (2002) – Post Merger Integration. Erfolgsfaktoren ein Blick geworfen werden auf die Integrations- für das Zusammenwachsen von Unternehmen. Stuttgart. phase als oft vernachlässigte, aber letztendlich S. 43–52; Koch, Thomas (2002) – Post Merger-Manage- entscheidende Seite von M&A-Aktivitäten und ment. In Picot, Gerhard (2002) – Handbuch Mergers & die spezielle Bedeutung der Unternehmens- Acquisitions, Planung, Durchführung, Integration. kultur in ihr. Stuttgart: SchäfferPoeschel. S. 383–406 9 Beispielsweise die Analyse des eigenen Unternehmens, In der Integration der Unternehmen sollen die Analyse von Wettbewerbern und der Branchenent- die vorher identifizierten Synergien realisiert wicklung sowie die Analyse von Motiven und Ziel- werden; allzu oft schlägt dies jedoch fehl. setzungen für M&A-Aktivitäten. Gründe für dieses Scheitern sind unter anderem 10 Zur Cultural Due Diligence vgl. Schneck, Ottmar & das Fehlen einer klaren Strategie in Bezug auf Zimmer, Alexander (2006) – Cultural Due Diligence. In das übernommene Unternehmen, dysfunktiona- Wirtz, Bernd W. (Hrsg.) (2006) – Handbuch Mergers & le Konkurrenz um leitende Positionen, das Über- Acquisitions. Wiesbaden: Gabler. S. 585–610 oder Höge- gehen der Interessen der Mitarbeiter, die mann, Bernd (2005) – Cultural Due Diligence. In Berens, Unterschätzung der Langwierigkeit des Inte- Wolfgang, Brauner, Hans W. & Strauch, Joachim (2005) – grationszeitraums sowie die mangelnde Berück- Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen. Stuttgart. sichtigung der oftmals unterschiedlichen Unter- 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. S. 539–564

| 9 Unternehmenskultur

Haspeslagh und Jemison11 waren die ersten Unternehmens oder des kleineren Fusions- Forscher, die systematisch den Möglichkeiten partners vollständig absorbiert (Absorption, der strategischen Gestaltung einer Integration Assimilation oder Kulturübernahme), um die nach Mergers & Acquisitions nachgegangen Grenzen zwischen den Unternehmen aufzu- sind. Als wichtigstes Ziel von M&A-Aktivitäten lösen. Entscheidend sind hier nach Haspeslagh definieren sie dabei die Schaffung von Mehrwert und Jemison der Wille des stärkeren Unterneh- durch das neue Unternehmen, relativ gesehen mens, seinen Willen durchzusetzen, sowie die zum Wert der voneinander unabhängigen Unter- notwendige hohe Integrationsgeschwindigkeit.12 nehmen vor der Fusion oder der Akquisition. Der Transfer von strategisch wichtigem Wissen Erhaltungsstrategien werden hingegen ge- ist eine wichtige Quelle zur Schaffung von Mehr- wählt bei einer geringen strategischen Abhän- wert. Dieser Transfer reicht von der Koppelung gigkeit zwischen den Unternehmen und einer von Einkaufsvolumen über die Übertragung hohen Notwendigkeit, eine organisatorische von funktionellem oder Management-Know-how Autonomie zu gewähren. Die Hauptaufgabe des bis hin zum totalen Zusammenlegen aller übernehmenden Unternehmens besteht hier Ressourcen. Nach Haspeslagh und Jemison stei- darin, die wichtigen Vermögenswerte des über- gen mit zunehmender Zusammenarbeit der nommenen Unternehmens zu erhalten; dazu Unternehmen die entstehenden Synergien; es zählen neben den materiellen Vermögens- wird allerdings auch wegen der notwendigen tie- werten (Produktionsanlagen, Lagerbestände, fen Eingriffe in Strukturen und Prozesse der Gebäude etc.) vor allem die „flüchtigen“ imma- beteiligten Unternehmen immer schwieriger, teriellen Vermögenswerte (wie beispielsweise diese Synergien zu erreichen. Dieser erste, die Wissen und Motivation von Management und Wahl einer Integrationsstrategie beeinflussende Mitarbeitern). Die Auswirkungen auf die Unter- Faktor wird von ihnen die strategische Ab- nehmenskultur des übernommenen Unterneh- hängigkeit der Unternehmen in Bezug auf die mens sind in der Regel unwesentlich und werden Schaffung von Mehrwert genannt. Paradoxer- nur vorsichtig vorgenommen; beide Kulturen weise kann aber bei einer Integration genau die- werden oftmals nebeneinander bestehen (Er- ses strategisch wichtige Wissen zerstört werden; haltung, stand alone oder Kulturpluralismus). beispielsweise verlassen Schlüsselpersonen das Unternehmen, weil Arbeitsweisen und Prozesse einschneidend verändert werden sollen. Dieser zweite, die Wahl einer Integrationsstrategie bestimmende Faktor ist das Ausmaß, in dem die organisatorische Autonomie der Unternehmen bewahrt werden muss, um den erwarteten Mehrwert zu schaffen. Es ergeben sich folgende vier Möglichkeiten einer Integrationsstrategie:

Absorptionsstrategien in Bezug auf das über- nommene Unternehmen werden gewählt bei einer hohen strategischen Abhängigkeit beider 11 Haspeslagh, Philippe C. & Jemison, David B. (1991) - Unternehmen und wenig Notwendigkeit, dem Managing Acquisitions. Creating Value Through akquirierten Unternehmen eine organisatori- Corporate Renewal. New York: Free Press. S. 145 sche Autonomie zu gewähren, um die erwarte- 12 Zur Bedeutung der Integrationsgeschwindigkeit vgl. te Wertsteigerung zu realisieren. Bei dieser insbesondere Gerpott, Thorsten J. (1993) – Integrations- Strategie wird dann auch in der Regel die gestaltung und Erfolg von Unternehmensakquisitionen. Unternehmenskultur des aufgekauften Stuttgart

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Bei einer hohen strategischen Abhängigkeit der Bei der Symbiose soll sich nach und nach aus Unternehmen und einer hohen Notwendigkeit, den beiden alten Kulturen eine neue, gemein- eine organisatorische Autonomie zu gewähren, same Kultur entwickeln (Kulturmischung, werden beide Unternehmen zuerst nebeneinan- Neugestaltung oder partielle Integration). der bestehen und sich später nach und nach zu einem neuen Unternehmen entwickeln Eine vierte Möglichkeit einer Integrations- (Symbiose). Dies ist die komplexeste Form einer strategie bietet das Modell der (Finanz-)Holding, Integrationsstrategie mit den höchsten bei der es wegen der geringen strategischen Herausforderungen. Diese Unternehmens- Abhängigkeit keinen Einfluss der Holding auf entwicklung benötigt die Erhaltung von Grenzen das operative Geschäft der Tochterunternehmen zwischen den Unternehmen und gleichzeitig und damit auch keinen Einfluss auf die Unter- das Durchbrechen von eben diesen Grenzen. nehmenskulturen gibt.

Abbildung 1: Vier Möglichkeiten einer Integrationsstrategie13

hoch

Erhaltung Symbiose Notwendigkeit der organisatorischen Autonomie Holding Absorption

niedrig Strategische Abhängigkeit hoch

Synergien durch Übertragung von Übertragung von Zusammenlegung Kombination (Ein- Management- funktionalem der Ressourcen kauf, Kapitalkraft...) Know-how Know-how

13 Haspeslagh, Philippe C. & Jemison, David B. (1991) - Managing Acquisitions. Creating Value Through Corporate Renewal. New York: Free Press. S. 145

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Lucks und Meckl führen – bezogen auf den post merger-Integration – die Vor- und Nachteile Umgang mit den Unternehmenskulturen in der der drei wichtigsten Integrationsvarianten auf:14

Tabelle 1: Integrationsstrategien mit ihren Vor- und Nachteilen

Pro Kontra

Kombination aus • Der entstehende Kultur- • Bereiche des Denkens, bestehenden schock in beiden Unter- Handelns und Empfindens Kulturen – Kultur- nehmen ist gering. sowie Prozesse und mischung/Symbiose Strukturen, die bislang als • Das Entstehen einer selbstverständlich galten, gemeinsamen Kultur sind neu zu verhandeln. führt zu einem stärkeren Zusammenwachsen beider • Gefahr der Lähmung der Unternehmen. Organisation aufgrund von langsamen, da • Der intensive Know-how- meistens im Konsens ge- Austausch führt zu troffenen Entscheidungen. einer Verbesserung der operativen Exzellenz. • Dieser Integrationsansatz ist sehr aufwendig umzu- setzen und zeitintensiv.

Übernahme der • Schnellster • Der Kulturschock tritt Kultur eines Integrationsansatz. massiv bei dem über- Partners – Kultur- nommenen Unternehmen übernahme/ • Nur ein Partner muss mit auf; Gefühl des Verlusts Absorption einer neuen Kultur und der Fremdbestim- vertraut gemacht werden. mung.

• Die Frage wird nicht gestellt, ob die übernom - mene Kultur wirklich die bessere ist; diese Frage wird über den Einsatz von Macht entschieden.

• Erhaltung der unterneh- mensspezifischen Schwächen des überneh- menden Unternehmers.

Beide Kulturen • Der Kulturschock bleibt • Die beiden Kulturen sind bestehen gleichbe- bei beiden Unternehmen schwierig zu kontrollieren; rechtigt nebenein- aus. es entstehen wenig oder ander – Kulturplura- gar keine kulturell lismus/Erhaltung • Die bisherigen Tätigkeiten bedingten Synergien. können (fast) nahtlos wie bisher fortgesetzt werden.

14 Ergänzt nach Lucks, Kai & Meckl, Reinhard (2002) – Internationale Mergers & Acquisitions. Der prozessorien- tierte Ansatz. Berlin u. a.: Springer. S. 152

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Unabhängig von der Entscheidung, welche die- tierung der Maßnahmen absichern.15 Bei einer ser Integrationsstrategien vom Top-Management Integration müssen allerdings unterschiedliche gewählt wird, erscheint es wichtig, eine Systematik Teilbereiche voneinander abgegrenzt werden, beim Vorgehen in der post merger-Integration zu die jeweils unterschiedliche Ziele verfolgen, den berücksichtigen. Denn zu oft werden Inte- Einsatz unterschiedlicher Diagnoseinstrumente grationsmaßnahmen eingesetzt, ohne danach zu verlangen und auch entsprechend auf ein anderes fragen, ob sie einen Beitrag liefern zu einem Set von Integrationsmaßnahmen zurückgreifen. vorab definierten Integrationsziel. So sollte nach In Anlehnung an Vogel16 sollen im Folgenden der 1) Festlegung des Integrationsansatzes vier Teilbereiche einer Integration beschrie- 2) eine Diagnose der Ausgangslage in beiden ben werden: die strategische Integration, die Unternehmen erfolgen, um dann zielgerichtet strukturelle Integration, die kulturelle Integra- den 3) Einsatz von Interventionen planen und tion und die personelle Integration der beteilig- durchführen zu können. Eine 4) fortlaufende ten Unternehmen. Evaluation der Ergebnisse soll die Zielorien-

Abbildung 2: Teilbereiche einer Integration

Strategische Integration Strukturelle Integration

Kulturelle Integration Personelle Integration

15 Vgl. den Ansatz von Blazejewski, Susanne & Dorow, Wolfgang (2005) – Unternehmenskulturen in globaler Interaktion. Ein Leitfaden für die Praxis. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). Gütersloh 16 Siehe Vogel, Dieter H. (2002) – M & A, Ideal und Wirklichkeit. Wiesbaden. S. 254

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Als am wichtigsten angesehen werden hierbei Aufgaben, Darstellung in Flowcharts oder Kom- zweifellos die strategische und die strukturelle munikationsdiagrammen) und Prozesskosten- Integration, die meistens auch zeitlich als erste rechnungen. Maßnahmen zur Prozessneuge- erfolgen. Ohne die beiden anderen Teilbereiche staltung sind dann die Festlegung von neuen der kulturellen und der personellen Integration Abläufen, Verantwortlichen und Zuständigkeiten. allerdings wird ihr Erfolg nur kurzfristig sein. Diese vier Teilbereiche einer Integration werden Die kulturelle Integration ist ein wichtiger, aber nachfolgend beschrieben, jeweils mit ihren Zielen, schwierig zu managender Integrationsbereich, den entsprechenden Diagnoseinstrumenten und da ihr wertmäßiger Beitrag zu einer „gelungenen“ den zugeordneten Maßnahmen. Integration schwer zu messen ist und sich die Wirkung dieser Maßnahmen oft erst mittel- oder Bei der strategischen Integration als einem der langfristig zeigt. Bei der kulturellen Integration wichtigsten Integrationsbereiche, der bei allen können mehrere Zielebenen mit ihnen jeweils vier beschriebenen Integrationsstrategien zum zugeordneten Instrumenten/Maßnahmen unter- Tragen kommt, geht es um die Konsolidierung schieden werden. Geht es um das reine Fakten- der unternehmensstrategischen Absichten der wissen der Mitarbeiter („Wissen“), so kommen beteiligten Unternehmen, eine operative, ge- klassische Kommunikations- und Trainings- schäftsfeldbezogene Strategieumsetzung sowie instrumente zum Einsatz wie beispielsweise um den Transfer strategischer Ressourcen und Newsletter oder Zeitung zu Integrationsthemen, Fähigkeiten. Zum Einsatz bei der Diagnose Vorstandsrundschreiben, E-Mails „an alle“, der kommen hierbei alle klassischen Instrumente Einsatz von chatrooms im firmeneigenen des strategischen Managements (z. B. SWOT- Intranet, fachgebundene Trainings oder das Analyse, Portfolio-Analyse, Wertkettenanalyse, Schaffen von sogenannten „Gelben Seiten“ mit Benchmarking).17 Die Maßnahmen bestehen bei- Ansprechpartnern in beiden Unternehmen und spielsweise in der Angleichung der Strategien deren Expertise. Soll hingegen die Einstellung beider Unternehmen oder einer Neupositionie- der Mitarbeiter („Wollen“) verändert werden, rung des übernommenen Unternehmens. Ent- dann reichen noch so gut gestaltete Information scheidungen der strategischen Integration werden und Kommunikation nicht aus. Dann kommen oftmals bereits vor dem formellen Vollzug der beispielsweise Führungskräfte-Konferenzen, Akquisition getroffen und direkt nach der Maßnahmen der Teamentwicklung oder Abtei- formellen Übernahme vom übernehmenden lungsworkshops zur konkreten Gestaltung der Unternehmen ohne Mitwirkungsmöglichkeiten Zusammenarbeit zum Einsatz. Eminent wichtig des übernommenen Unternehmens umgesetzt. sind auch die persönliche Sichtbarkeit der Führungskräfte im Integrationsprozess sowie Die strukturelle Integration soll eine leistungs- die Einbindung der Mitarbeiter in den Integra- fähige Aufbau- und Ablauforganisation gewähr- tionsprozess statt des ausschließlichen Einsatzes leisten und liefert somit das organisatorische unternehmensexterner Berater. Der weitaus Skelett der neu gestalteten Organisation. Zur schwierigste Zielbereich bei der kulturellen Inte- Diagnose eignen sich hier Darstellungen der gration ist die Veränderung des Verhaltens der Strukturen (Organigramm, Analyse von Füh- Mitarbeiter („Können“ und – schließlich ent- rungsspannen, Analyse formaler und informaler scheidend – „Machen“). Erwünschte Verände- Beziehungen), Prozessdarstellungen (z. B. Daten- gewinnung über Selbstaufschreibungen von 17 Vgl. etwa die Darstellung bei Simon, Hermann & von der Gathen, Andreas (2002) – Das große Handbuch der Strategieinstrumente. Werkzeuge für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Frankfurt: Campus

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rungen im Verhalten müssen durch geeignete mens- oder Führungs-)Werte durch das Top- Belohnungs- und Sanktionsmechanismen unter- Management, Beförderung von Führungskräften stützt werden. Dazu gehören beispielsweise mit exemplarischem Rollenverständnis etc.19 neue Zielvereinbarungen mit Führungskräften, die Neugestaltung und Abstimmung von Beförderungssystemen mit neuen Werten oder Verhaltensregeln, das Feedback über erhobene Daten, Rollenanalysen, Veränderungen in Strukturen, Prozessen, Verantwortlichkeiten und Beziehungen und – letztendlich auch – Versetzungen oder Entlassungen.

Klassische Diagnoseinstrumente für die kulturelle Integration sind: Interviews/Gruppeninterviews, Diagnoseworkshops, Mitarbeiterbefragungen über Fragebogen (schriftlich oder online-gestützt, eventuell mit Fallstudienset), Dokumenten- 18 Vgl. etwa Doppler, Klaus & Lauterburg, Christoph (1994) – analyse (z. B. der Leitlinien oder der Visionen Change Management, Frankfurt am Main: Campus. der Unternehmen), Kundenbefragungen oder S. 170 ff.; Block, Peter (1997): Erfolgreiches Consulting. Prozessbeschreibungen.18 Die Maßnahmen der Das Berater-Handbuch. Frankfurt am Main, New York: kulturellen Integration überdecken sich v. a. bei Campus. S. 186 ff.; Königswieser, Roswitha & Exner, den eher „weichen“ Themen mit denjenigen der Alexander (1998): Systemische Intervention. Stuttgart: personellen Integration. Sie sollten wie alle Klett-Cotta; French, Wendell L. & Bell, Cecil H. jr. (1990) – anderen Maßnahmen immer vor dem Hintergrund Organisationsentwicklung. Bern/Stuttgart: Haupt. S. 58 f. einer vorab erfolgten Zieldefinition ausgewählt 19 Vgl. Blazejewski, Susanne & Dorow, Wolfgang (2005) – werden. Maßnahmen zur kulturellen Integration Unternehmenskulturen in globaler Interaktion. Ein sind beispielsweise: schnelle, offene und umfas- Leitfaden für die Praxis. Gütersloh. Sie machen sieben sende Information der Mitarbeiter (z. B. über Ansatzpunkte für eine kulturelle Integration bei interna- Mitarbeiterzeitschriften, über schriftliche oder tional agierenden Untenehmen aus: 1) Cultural Vision - elektronische Newsletter oder über ein firmen- schriftliche Fixierung der Unternehmensgrundwerte; eigenes Business-TV), Kennenlernen des anderen anschauliche, kreative Kommunikation der Grundwerte; Unternehmens und seiner Mitarbeiter (z. B. über Beschränkung auf maximal fünf bis sieben Grundwerte; Betriebsbesichtigungen, Feiern oder gemeinsame Übersetzung in die Landessprachen, Grundwerte opera- Kulturveranstaltungen, away-days für komplette tionalisieren 2) Local Dialogue – lokale Perspektive sys- Abteilungen), intensive Kommunikation mit den tematisch einbeziehen; lokale Operationalisierungen; Mitarbeitern auch über Hierarchiegrenzen hin- Konflikte kooperativ lösen 3) Visible Action – Werte weg (z. B. über townhall-meetings, Führungs- leben; Grundwerte emotional vertreten 4) Communicator – kräfte-Konferenzen oder ein gemeinsames Mittag- Dialogplattformen institutionalisieren; Verständigungs- essen von Top-Managern mit Mitarbeitern), Maß- fähigkeit herstellen; Kommunikationsstil konsequent nahmen der Personalentwicklung (z. B. Team- internationalisieren; global taugliche Artefakte 5) Cultural training für neu zusammengesetzte Abteilungen, Ambassador – Rotationsprogramme verstetigen; Flexibilität kultursensibilisierende Trainings bei grenzüber- zulassen; Roundtrip organisieren; Einbindung vor Ort schreitenden mergers, Coaching von Führungs- sicherstellen 6) Open Sky – Führungspositionen interna- kräften, Job-Rotation zum Akquisitionspartner), tionalisieren; globale Auswahlverfahren umsetzen; Erarbeitung und Kommunikation neuer Grund- Imageprobleme im Ausland abbauen 7) Compliance - werte/Führungsleitlinien und entsprechender Verbindlichkeit der Grundwerte; Kulturtauglichkeit Anreizsysteme, Vorleben der neuen (Unterneh- prüfen; Kontrolle und Sanktionierung

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Die personelle Integration verfolgt ein umfang- sein, dass die Top-Führungskräfte aller Tochter- reiches Zielpaket. Hierzu gehören in der Regel unternehmen in dem Bewusstsein handeln, Teil der Umgang mit Personalüberhang (oder -unter- eines größeren Ganzen zu sein, ihre Unterneh- deckung), die Handhabung unterschiedlicher mensstrategien auf die Strategie der Mutterge- Human-Resource-Regelwerke, die Kooperation sellschaft abstimmen und somit eine gemeinsame mit mehreren Arbeitnehmervertretungen, die Identität entwickeln. In dieses Spannungsfeld schnelle Besetzung der Führungspositionen, das zwischen mehreren Unternehmenskulturen ge- Erhalten der Leistungsträger (statt: „exit of the raten deshalb meistens nur die Top-Führungs- best, merger of the rest“) sowie einer motivierten kräfte; die unmittelbar am Produkt oder beim Belegschaft mit einer hohen Arbeitszufriedenheit. Kunden tätigen Mitarbeiter der Tochterunter- Als Diagnoseinstrumente kommen infrage: die nehmen werden daher selten als Zielgruppe von Analyse der zugrunde liegenden arbeitsrecht- solchen kulturellen Integrationsmaßnahmen aus- lichen Vertragswerke (z. B. Tarifverträge, Betriebs- gemacht. Wichtig erscheint es daher, bei allen vereinbarungen, Arbeitsverträge, Sozialpläne etc.), Integrationsmaßnahmen die Frage zu stellen, die Analyse von personalpolitischen Grundsätzen, wie wichtig die Entwicklung einer einheitlichen die Analyse von Personalstruktur und -kosten, Unternehmenskultur auf allen Hierarchieebenen die Analyse der vorhandenen Qualifikationen eines Unternehmens ist oder ob es nicht aus- etc.20 Da Synergien bei den meisten M&A-Aktivi- reicht, für die Top-Führungskräfte eine gemein- täten auch über Entlassungen von Mitarbeitern same Identität aufzubauen, ansonsten aber ver- realisiert werden, sind die Maßnahmen der per- bindende Elemente zwischen der Unternehmens- sonellen Integration meistens negativ besetzt: kultur der Muttergesellschaft und denjenigen Interessenausgleich und Sozialplan bei betriebs- der Tochtergesellschaften herzustellen und eine bedingten Kündigungen, Personalauswahl (z. B. partielle Autonomie der Subkulturen zuzulassen. über ein Management-appraisal), Einrichten einer Jobbörse, Gründen einer Transfergesellschaft, Umzugsregelungen, Frühpensionierungen, Alters- teilzeitregelungen, Abfindungsregelungen oder das Auslaufen befristeter Verträge.

Was bei den bisher dargestellten Ansätzen zur Integration allerdings wenig bedacht wird, ist die Tatsache, dass große Unternehmen mit eigen- ständig am Markt operierenden Tochterunter- nehmen21 in der Regel Subkulturen neben der Unternehmenskultur der Muttergesellschaft aus- bilden. Diese Subkulturen erfüllen eine wichtige Funktion, vermitteln sie doch den Mitarbeitern 20 Vgl. hierzu die Checkliste zu einer Due Diligence bei der Tochterunternehmen eine eindeutige und Berens, Wolfgang, Brauner, Hans W. & Strauch, Joachim konkrete Identität mit diesem Unternehmen und (2005) – Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen. seinen Produkten oder Dienstleistungen. Die Stuttgart. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Unternehmensleitung der Muttergesellschaft S. 857–860 wird hier keine Notwendigkeit zum Eingreifen 21 Vgl. beispielsweise die großen Automobilunternehmen sehen, solange diese Subkulturen nicht dysfunk- DaimlerChrysler oder Ford, die mehrere Marken getrennt tional werden, indem sie beispielsweise den führen, das Handelsunternehmen Metro mit seinen Transfer von Know-how oder Mitarbeitern zwi- verschiedenen Vertriebskanälen oder das Versicherungs- schen den Teilkonzernen behindern. Wichtig aus unternehmen Ergo mit seinen unterschiedlichen Versi- der Sicht der Muttergesellschaft wird es alleine cherungsunternehmen.

16 | Unternehmenskultur

Abbildung 3: Eingangsbereich des neuen BP-Aral-Gebäudes in Bochum

Die nachfolgende Darstellung der Integration von Veba Oel und Aral durch und in die Deutsche BP orientiert sich an der hier vorgenommenen Ein- teilung einer Integration in die vier Teilbereiche einer strategischen, strukturellen, kulturellen und personellen Integration. Vielen Darstellungen von Integrationen mangelt es gerade bei dem kulturellen Teilbereich an Konkretheit, sodass weder die angewendete Methodik nachvollzogen noch die Sinnhaftigkeit der angewendeten Maßnahmen überprüft werden können. Deshalb verwendet diese Darstellung im Kontext der Schriftenreihe der Bertelsmann Stiftung zu Unter- nehmenskulturen viel Raum für die ausführliche Darstellung der kulturellen Integration mit ihren einzelnen Maßnahmen und deren Methodik.

| 17 Die Fallstudie | Die beteiligten Unternehmen

2. Die Fallstudie

Am 16.07.2001 gab es eine überraschende Presse- Die beteiligten Unternehmen: BP und mitteilung: Die E.ON AG aus Düsseldorf würde Deutsche BP einerseits, E.ON, Veba Oel Anteile ihrer Öltochter Veba Oel aus Gelsenkirchen und Aral andererseits an die BP plc, London, verkaufen und im Gegen- zug von der deutschen BP AG deren Anteile an Die spätere BP plc wurde 1909 unter dem Namen der Firma Gelsenberg erhalten. Beide Tauschob- Anglo-Persian Oil Company (APOC) von William jekte waren der breiteren Öffentlichkeit kaum Knox D'Arcy gegründet, der allerdings im bekannt – hinter ihnen versteckten sich allerdings späteren Geschäftsverlauf der APOC keine weitere Unternehmen, mit denen fast jeder Deutsche Rolle mehr spielen sollte.22 Die irgendwann schon einmal als Verbraucher zu Company erwarb von D'Arcy – begünstigt durch tun hatte und die jeweils eine sehr hohe Marken- die hohen Anlaufverluste der Erdölexploration bekanntheit mit einem hohen Marktanteil in Persien – 97 % der Stammaktien und wurde verbanden: Die Aral AG aus Bochum und die im Jahr 1914 von der britischen Regierung als größtem Anteilseigner abgelöst. Erst 1987 wurde

Abbildung 4: Logos der beteiligten Unternehmen BP, Veba Oel und Aral

Ruhrgas AG aus Essen. Die folgende Fallstudie diese staatliche Beteiligung bis auf eine winzige beleuchtet das Vorgehen bei der Integration von Restbeteiligung reduziert. Die APOC, 1935 erst in Veba Oel und deren Tochterunternehmen Aral in Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) und 1954 die Deutsche BP. In einem ersten Schritt werden die BP plc und die Deutsche BP sowie die E.ON AG mit ihren Töchtern Veba Oel und Aral kurz 22 Vgl. zur folgenden Darstellung des Unternehmens porträtiert. Anschließend erfolgt die Schilderung und seiner Strategie Deutsche BP AG (2005) – Geschichte der Integration von Veba Oel und Aral in die der BP international, www.deutschebp.de/sectiongeneric Deutsche BP. article.do?categoryId=2010185&contentId=2015044, Abfrage am 04.11.2005 sowie Liedtke, Rüdiger (2005) – Wem gehört die Republik 2006? Frankfurt. a. M. S. 150 ff.

18 | Die Fallstudie | Die beteiligten Unternehmen

schließlich in British umbenannt, er- Im Jahr 1987 gelang der BP dann ein Quanten- schloss als eine der ersten Ölgesellschaften auf- sprung: Die BP übernahm die restlichen Anteile grund einer vom Schah von Persien gekauften an der Company of Ohio und eta- Konzession Erdölvorkommen im Nahen Osten. blierte sich damit als erster europäischer Wett- Das Unternehmen blieb in den ersten Jahren bewerber auf dem größten Einzelmarkt der Welt - seiner Existenz schwerpunktmäßig vor allem im dem US-amerikanischen Markt. Zudem verkaufte Nahen Osten aktiv, musste aber nach der Verstaat- die britische Regierung ihre restlichen Anteile lichung aller ausländischen Aktivitäten durch die an der BP in Höhe von 37,5 %, die so zu einer iranische Regierung im Jahr 1951 eine verstärkte der großen Publikumsgesellschaften wurde. Internationalisierung seiner Aktivitäten angehen, Ende 1987 folgte mit dem Kauf der britischen um den Ausfall der Erdöllieferungen aus dem eine der ersten Akquisitionen, die BP zu Iran auszugleichen. So kamen neben Kuwait und einer der größten Erdölgesellschaften machen dem Irak ab 1969 auch Alaska (mit einer 25 % - sollten. Die spektakulärste Aktion war der merger Beteiligung an der Standard Oil Company of Ohio), mit (USA) im Jahr 1998, der bis dahin Nigeria sowie bedeutende Felder in der Nordsee größte merger mit einem Kaufpreis von rund hinzu. In den 50er-Jahren begann für die BP eine 55 Milliarden US $. Die neue Gesellschaft hieß Phase der Diversifikation des Unternehmens, als nun BP Amoco. Dieser merger wurde aber im Versuche unternommen wurden, aus Öl Protein Jahr 1999 durch die Übernahme von (# 4 zu machen. BP hatte schließlich eigene Unterneh- weltweit) durch (# 2 weltweit) für rund mensbereiche mit Aktivitäten wie Nahrungsmittel, 87 Milliarden US $ getoppt. Bei BP folgten die Reinigungsmittel sowie Körperpflegeprodukte. Übernahmen der US-amerikanischen Atlantic Weiterhin begann BP, sich im Bereich der Mine- Richfield (ARCO), des 50 %-Anteils der Bayer AG ralien zu engagieren und kaufte beispielsweise an dem vormals gemeinsamen Joint Venture BP Kupferproduzenten auf. Der Aufbau eines Kohle- Köln GmbH (früher EC Erdölchemie GmbH), des geschäfts in den USA folgte. BP war demzufolge Schmierstoffanbieters Burmah und der in den 80er-Jahren ein unverbundener Misch- Vastar. Im Jahr 2000 generierte BP dank dieser konzern mit Aktivitäten bei Erdöl, Petrochemie, starken externen Wachstumsphase einen Umsatz Kohle, Kupfer, Tierfutter, Informatik und vielem von rund 148 Milliarden US $ mit einem Über- anderen. Das Erstarken der OPEC, die Ölkrisen schuss von rund 12 Milliarden US $ und war der Jahre 1973 und 1979/1980, sinkende Margen damit nach Royal Dutch/Shell und ExxonMobil im Kerngeschäft sowie Überkapazitäten bei den die drittgrößte Erdölgesellschaft der Welt.23 Raffinerien veranlassten das Management zu einer Restrukturierung des Konzerns: BP ver- kaufte nach und nach einen Großteil der Nicht- Kernaktivitäten und konzentrierte sich erneut 23 Vgl. Bonder, Michael & Student, Thomas (2003) – auf Kohlenwasserstoffe. Wem gehört was in Europa? Regensburg. S. 71 sowie BP (2001) annual review 2000. London. S. 14 f. Der Börsenwert der BP betrug Ende 2000 175 Mrd. US $.

| 19 Die Fallstudie | Die beteiligten Unternehmen

BP war im Jahr 2000 in vier Geschäftszweige dig von der APOC übernommenen OLEX wurde gegliedert und machte folgende Angaben zu später durch Umbenennung die Deutsche Benzin- ihnen:24 und Petroleumgesellschaft. Die OLEX als deutsche Tochter der AIOC hatte 1939 beim Vertrieb von — Exploration und Produktion, d. h. alle klassi- Mineralölprodukten in Deutschland einen Markt- schen upstream-Aktivitäten im Zusammen- anteil von 12 %; beim Vertrieb von Petroleum hang mit der Suche und der Förderung kontrollierte sie rund 25 % des gesamten Handels. von Erdöl und Erdgas. Produktionsstätten Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurden die Mineral- in 21 Ländern; tägliche Produktion von ölgesellschaften in die Arbeitsgemeinschaft 1,93 Million Barrel Rohöl und 7,6 Milliarden Mineralölverteilung zusammengefasst und staat- cubic feet Erdgas. licher Leitung unterstellt. Mit der folgenden — Gas, Strom und erneuerbare Energien, d. h. Teilung Deutschlands verlor die OLEX ihre Bündelung des Gas-Marketings, des Solar- wichtigen Aktivitäten in Osteuropa sowie – durch geschäfts und anderer Energieformen wie Beschlagnahmung – in Österreich und der z. B. Wasserstoff und Wind. Täglicher Gasab- Tschechoslowakei. 1950 erfolgte die Fusion der satz von 14,5 Millionen cubic feet. OLEX mit der Eurotank zur BP Benzin- und — Verarbeitung und Vertrieb, d. h. alle Down- Petroleum-Gesellschaft mbH. Frühzeitig erfolgte stream-Aktivitäten von Handel, Transport der Wiederaufbau von Raffineriekapazitäten in über Verarbeitung in Raffinerien und Logistik Hamburg, in Dinslaken am Niederrhein und im bis hin zu Vertrieb von Erdöl bzw. Erdölpro- bayerischen Vohburg. Die BP gründete 1957 mit dukten. 24 Raffinerien in Eigenbesitz oder der Bayer AG ein Joint Venture im Bereich der mit BP-Beteiligung; täglicher Rohöldurchsatz Petrochemie, die Erdölchemie GmbH in Köln- von 2,9 Millionen Barrel; 29.000 Tankstellen. Worringen, und konnte damit eine weitere Stufe — Petrochemie, d. h. Herstellung und Vertrieb der Wertschöpfungskette abdecken. 1978 konnte von petrochemischen Produkten, Zwischen- die BP zudem noch durch ein Tauschgeschäft produkten und Kunststoffen, basierend auf mit der Veba AG aus Düsseldorf in die Ruhrgas den Einsatzstoffen aus den eigenen Raffine- AG als dem größten deutschen Gasunternehmen rien. 55 Produktionsstätten weltweit; einsteigen. Die Veba hatte erst 1974 die Aktien- Produktion von jährlich 22,1 Millionen Tonnen. mehrheit an der Gelsenberg AG erworben, die einen Anteil von rund 25 % an Ruhrgas hatte. Die Die BP hatte eine Matrix-Organisation, d. h. neben Mineralöltochter der Veba, die Veba Oel aus Gel- die vier Geschäftszweige traten die Länder (in senkirchen, hatte allerdings zu kämpfen mit zu ihrer Produktions- oder Absatzfunktion) sowie wenig eigener Exploration, dementsprechend die betrieblichen Funktionen (z. B. Marketing, Controlling, Investor Relations, Human Resources).

Die Geschichte der BP in Deutschland datiert zurück bis in das Jahr 1926, als sich die damalige APOC an der 1904 gegründeten Aktiengesellschaft 24 Vgl. BP (2001) – annual report and accounts 2000. für österreichische und ungarische Mineralöl- London. Innenumschlagseite sowie Deutsche BP AG exporte (OLEX) beteiligte.25 Die APOC suchte (2004) – Über BP. Das Unternehmen. Hamburg nach Vertriebskanälen für ihre persischen Ölvor- 25 Vgl. Karlsch, Rainer & Stockes, Raymond G. (2003) – kommen und konnte in bereits bestehende Un- Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859– ternehmen in Deutschland einsteigen, die auf- 1974. München sowie Deutsche BP AG (2005) – Geschichte grund des verlorenen 1. Weltkrieges ihre bis- der BP in Deutschland, herigen Erdölquellen in Galizien, Rumänien und www.deutschebp.de/sectiongenericarticle.do?category im Elsass verloren hatten. Aus der 1931 vollstän- Id=2010187&contentId=2002475, Abfrage am 04.11.2005

20 | Die Fallstudie | Die beteiligten Unternehmen

hohen Beschaffungskosten für Rohöl, Überkapa- zu tun hatten, und entwickelte sich zu einem zitäten in den eigenen Raffinerien und einem diversifizierten Mischkonzern. Entscheidenden stagnierenden Marktumfeld. Die Veba entschloss Einfluss auf die weitere Entwicklung der Strom- sich, ihre wertvollen Anteile an der Ruhrgas an unternehmen sollte eine Verordnung der EU die BP zu verkaufen im Gegenzug für die ver- haben: Das europäische Parlament verabschiede- tragliche Zusicherung langfristiger Rohölliefe- te in 1998 die „Richtlinie für den Elektrizitäts- rungen durch die BP und die Abgabe von Raffi- Binnenmarkt“, die die schrittweise Öffnung der nerieanteilen an die BP, um so ihre eigenen bis dahin auf nationaler Ebene voneinander Überkapazitäten abzubauen. Die BP betrachtete abgeschotteten Strommärkte innerhalb Europas ihr Engagement bei der Ruhrgas als passive vorsah. Es entstand mehr Wettbewerb auf natio- Finanzbeteiligung, die zu einem geeigneten naler wie internationaler Ebene, sodass alle Zeitpunkt auch veräußert werden könnte. Die BP Stromkonzerne ihre bisherigen Strategien über- in Deutschland hatte somit Aktivitäten in der prüften. Ebenso wie die Veba aus Düsseldorf Erdölverarbeitung und der Petrochemie, dem stellte sich die 1923 als Vereinigte Industrie- Mineralölvertrieb, dem Schmierstoffgeschäft Unternehmungen Aktiengesellschaft durch das sowie – indirekt über die Anteile an der Ruhrgas – Deutsche Reich gegründete Viag Ende der 90er- im Gasgeschäft. Jahre als Mischkonzern mit einer Stromtochter dar, die in Deutschland stark war, international Die E.ON AG aus Düsseldorf war der Verhand- gesehen aber auf den mittleren Rängen landete. lungspartner der BP. Sie entstand erst am 16. Juni Auch die übrigen Konzerntöchter waren in ihren 2000 durch die Fusion der beiden deutschen jeweiligen Branchen eher mittelgroße Spieler. Mischkonzerne Veba AG, Düsseldorf, und Viag Vergeblich versuchte die Viag im Jahr 1998 eine AG, München. Beide Organisationen hatten eine Fusion mit der schweizerischen Alusuisse-Lonza, lange Vergangenheit als Konzerne, die vom Staat die aber an unterschiedlichen Einschätzungen gegründet wurden und die erst in den 80er-Jahren der Wertrelationen beider Unternehmen nach und nach privatisiert wurden. So gründete scheiterte. das preußische Reich 1929 die Vereinigte Elek- trizitäts- und Bergwerks-Aktiengesellschaft Als Resultat der geänderten Rahmenbedingungen (Veba AG) als Holding, in die der preußische Staat vor allem im Strombereich entschlossen sich die Preußische Elektrizitäts Aktiengesellschaft beide Unternehmen zum Handeln und schlossen (PreussenElektra), die Preußische Bergwerks- im September 1999 eine Grundsatzvereinbarung und Hütten-Aktiengesellschaft (Preussag) sowie über den Zusammenschluss beider Unterneh- seine anderen Bergwerksaktivitäten beispiels- men in der Form eines merger of equals ab. Als weise im Ruhrgebiet einbrachte. Mit der Kernbereiche des neuen Unternehmens E.ON PreussenElektra als „Stromtochter“ hatte Veba AG legte der Vorstand die Geschäftsbereiche eine gesicherte Wettbewerbsposition, da es auf Energie (mit Strom und Öl) und Chemie fest; der Stufe der regionalen Verbundunternehmen alle anderen Aktivitäten sollten entweder über (RWE, PreussenElektra, Bayernwerk, EnBW, VEW, Verkäufe oder Börsengänge nach und nach aus HEW, BEWAG, VEAG) Gebietsmonopole gab, die dem Konzern ausgegliedert werden. Die E.ON zuverlässig für hohe Renditen sorgten. Der AG erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2000 einen einzige Nachteil dieser Struktur war, dass diese Umsatz von rund 93,24 Milliarden Euro und ein eine weitere Expansion aller Stromkonzerne Betriebsergebnis von 2,762 Milliarden Euro mit innerhalb Deutschlands verhinderte. So wuchs rund 186.800 Mitarbeitern.26 Veba (ebenso wie die Konkurrenten Viag und RWE) wegen dieser Restriktionen im Strombe- reich durch Firmenzukäufe immer mehr in 26 E.ON AG (2001) – Geschäftsbericht 2000. Düsseldorf. Bereiche hinein, die nichts mit Strom oder Kohle Umschlagseite

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Zu den Konzerntöchtern gehörten die Stromtoch- ten Zugang zu venezuelanischem Rohöl; ter E.ON Energie AG (als Fusionsprodukt aus PdVSA hingegen bekam einen Zugang zum PreussenElektra und Bayernwerk), die Veba Oel größten Mineralölabsatzmarkt Europas. Der AG (Erdöl), die Chemietochter Degussa AG (als Raffineriebereich allerdings war gekenn- Fusionsprodukt aus DegussaHüls und SKW zeichnet durch Überkapazitäten und einen Trostberg), die Viterra AG (Immobilienmanage- über den Preis gesteuerten Verdrängungs- ment), Restaktivitäten in der Telekommunikation wettbewerb. sowie diverse Beteiligungen (u. a. an der Stinnes — Die Anlagen der weiterverarbeitenden AG als einem der größten deutschen Logistik- Petrochemie gehörten ebenfalls dem Joint Unternehmen). Die strategischen Grundüber- Venture Ruhr Oel, sodass Veba Oel keine legungen beider Konzerne vor der Fusion hatten volle unternehmerische Kontrolle über diesen auch für das neue Unternehmen Gültigkeit: In Geschäftszweig hatte. Die Petrochemie war vielen Teilbereichen war E.ON als Mischkonzern ebenfalls ein zyklisches Geschäft in Bezug national gut aufgestellt, war aber in den interna- auf das erzielte Betriebsergebnis. tionalen Rankings nur ein mittelgroßer Spieler. — Der Tankstellenvertrieb der Veba Oel wurde Die Expansion der E.ON im Strombereich zielte am 01.01.2000 neu geordnet: Veba Oel über- jetzt auf das Ausland, insbesondere den britischen, nahm die restlichen Anteile der Mitgesell- den US-amerikanischen und den skandinavischen schafter Wintershall (15 %), einer Tochter der Markt sowie die Länder Osteuropas. 2002 wurde BASF, und Mobil (28 %) an Aral und verfügte überraschend bekannt gegeben, dass E.ON An- mit 99 % über die volle unternehmerische teile an der Degussa an die RAG AG, Essen, Kontrolle. Aral war zu diesem Zeitpunkt abgeben würde und die Chemie somit von einer mit einem Marktanteil von ca. 20 % und Kernaktivität zu einer reinen Finanzbeteiligung ca. 2.560 Tankstellen Marktführer in Deutsch- wurde. E.ON präsentierte sich damit als interna- land. Da der Absatz von Mineralölprodukten tional aktiver Stromkonzern mit einer kleinen stagnierte, baute Aral erfolgreich das Shop- deutschen Öltochter, der Veba Oel. Geschäft aus, das in 2000 47 % zum Unter- nehmensergebnis beisteuerte. Außerhalb Die Veba Oel mit Sitz in Gelsenkirchen war zu Deutschlands war Aral allerdings nur in den diesem Zeitpunkt ein vollständig über alle Stufen mitteleuropäischen Ländern Ungarn, Tsche- der Wertschöpfungskette integrierter Mineral- chien, Polen, der Slowakei, Österreich und ölkonzern.27 Luxemburg mit insgesamt 448 Tankstellen vertreten – Aral war nur ein starker local — Im Bereich Exploration und Produktion player. Die vollständige Übernahme von Aral (upstream) war sie über ihre 100 %ige Tochter und die erstmalige Vollkonsolidierung sorgte Veba Oil & Gas (VOG) international aktiv; bei Veba Oel für einen Umsatzanstieg von die VOG war allerdings im Vergleich zu den 12,229 Milliarden Euro (inkl. Mineralölsteuer) Wettbewerbern zu klein und konnte die für in 1999 auf 28,78 Milliarden Euro in 2000. stabile Erträge notwendige Portfoliobalance Veba Oel erwirtschaftete mit 8.593 Mit- der Investitionen in unterschiedliche Förder- arbeitern zum 31.12.2000 einen Jahresüber- gebiete nicht erbringen; zudem konnte sie – schuss vor Ertragssteuern in Höhe von anders als die Ölmultis – alleine keine Inves- 733 Millionen Euro. titionen in giant fields tätigen. — Im Raffineriebereich brachte Veba Oel ihre Raffinerien 1982 in das 50/50-Joint Venture Ruhr Oel mit Petróleos de (PdVSA) 27 Vgl. zur Geschichte des Unternehmens Veba Oel AG ein. So konnte Veba Oel die Investitionskosten (2002) – Veba Oel. Unternehmen im ständigen Wandel. halbieren und sicherte sich einen permanen- Gelsenkirchen

22 | Die Fallstudie | Die beteiligten Unternehmen

— Im Heizölvertrieb stellte sich die Situation Organisation“ (LeO). Durch das Veränderungs- ähnlich dar wie beim Kraftstoffvertrieb: Der projekt LeO sollte Veba Oel lernen, schneller auf Markt war gekennzeichnet durch sinkende Veränderungen im Umfeld zu reagieren, die Umsätze, ein Überangebot und eine starke interne Effizienz steigern und das Ergebnis ver- nationale Stellung der Veba Oel bei wenig bessern. Alle Mitarbeiter sollten im Rahmen Auslandsaktivitäten der Tochter Veba Wärme- von LeO vor dem Hintergrund einer schlechten service. Ergebnissituation, von Überkapazitäten in den Raffinerien wegen stagnierender Märkte sowie Die Veba Oel hatte sich nach der vollständigen einem verstärkten Wettbewerb integriert und Übernahme von Aral zum 31.12.1999 organisato- mobilisiert werden. Eine der ersten Maßnahmen risch neu aufgestellt und die bisherige Gliede- war eine Kulturumfrage unter den Mitarbeitern rung in die Bereiche „Exploration und Produktion“ der Veba Oel, um neben den vorhandenen be- (upstream), „Mineralöl“ (Verarbeitung), „Petro- triebswirtschaftlichen Kennzahlen auch eine chemie“, „Mobilität“ (mit der Beteiligung von Ausgangsbasis zu erhalten in Bezug auf Mit- 55,9 % an Aral) und „Wärme“ aufgegeben. Es arbeitermotivation, Veränderungsbereitschaft wurden drei rechtlich selbstständige Einheiten und Ziele des Veränderungsprozesses aus Sicht gebildet mit eigener operativer und strategischer der betroffenen Mitarbeiter. Die erste Kulturum- Führungsverantwortung: frage zeigte Defizite innerhalb der Organisation auf im Hinblick auf Kommunikation/offenen — Aral Aktiengesellschaft & Co KG mit allen Informationsaustausch, Kritikfähigkeit, Zusam- Aktivitäten zum Vertrieb flüssiger Mineralöl- menarbeit, Bürokratie, Unterstützung durch produkte (Kraftstoffe und der von Veba Oel Vorgesetzte/Mitarbeiterführung und Bereitschaft kommende Handel mit Heizöl) zur Veränderung. Ergebnisse von LeO waren — Veba Oil Refining & Petrochemicals GmbH beispielsweise ein mit den Mitarbeitern konzi- Gelsenkirchen (VORP) mit allen Aktivitäten piertes Führungshandbuch, regelmäßige town- zur Mineralölverarbeitung und Petrochemie. hall-meetings zwischen Vorständen/Führungs- In die VORP wurde auch das Joint Venture kräften und der Belegschaft als offenem und mit PdVSA eingebracht. direktem Dialog sowie ein durch unternehmens- — Veba Oil & Gas GmbH (VOG) mit den interne Moderatoren unterstützter kontinuier- Explorations-Aktivitäten. licher Verbesserungsprozess. LeO veränderte die Unternehmens- wie die Führungskultur der Diese neue Konzernstruktur sollte die drei großen Veba Oel nachhaltig positiv und stimmte die Töchter besser in die Lage versetzen, ihre indivi- Mitarbeiter ein auf fortwährende Veränderungen duellen Entwicklungsperspektiven wahrzunehmen in einer Branche, bei der sich die Größenver- und auf die unterschiedlichen Marktentwicklun- hältnisse zwischen den Spielern durch die gen schnell und zielgenau zu reagieren. So sollten Megafusionen der 90er-Jahre nachhaltig zu- in diesen drei Gesellschaften beispielsweise durch ungunsten von Veba Oel verändert hatten. unterschiedliche Partnerschaften die notwendigen Größenvorteile erreicht werden. Die Veba Oel wurde konzipiert als Holding mit strategisch- finanziellen Führungsaufgaben und entsprechend reduzierter Personalausstattung.

Kennzeichnend für Veba Oel waren der lang- jährige Vorstandsvorsitzende Wilhelm Bonse- Geuking sowie der von ihm bereits in 1993 initiierte Veränderungsprozess „Lernende

| 23 Die Fallstudie | Strategischer Hintergrund

Für die E.ON AG als Muttergesellschaft der Veba strategischen Optionen: komplette Aufgabe des Oel stellten sich drei unterschiedlich attraktive deutschen Marktes oder Befreiungsschlag durch Optionen für die weitere Zukunft dieser Tochter: externes, sprunghaftes Wachstum (Kooperationen oder Zukäufe). Drei unterschiedliche Versuche 1. Entwicklung einer tragfähigen internationalen kennzeichneten im Folgenden den Weg der Position im Erdölbereich durch hohe eigene deutschen BP zum Marktführer im deutschen Investitionen. Tankstellenmarkt: 1) ein realisiertes und dann 2. Abschluss von weiteren Kooperationen oder wieder aufgelöstes Joint Venture mit dem Allianzen (wie mit der PdVSA), die die inter- Konkurrenten Mobil, 2) Verhandlungen über ein nationale Position der Veba Oel auf allen Joint Venture mit der DEA als möglichem Stufen der Wertschöpfungskette stärken. Partner sowie später 3) die erfolgreiche Über- 3. Vollständige Abgabe der Veba Oel durch nahme des Branchenersten Aral. einen Verkauf, einen Börsengang oder den Tausch gegen andere Aktivitäten. 1) 1996 gründeten BP und der international agierende, vertikal integrierte Ölkonzern Mobil ein Joint Venture, in das beide Unternehmen Strategischer Hintergrund für die Über- ihre europäischen downstream-Geschäfte mit nahme von Veba Oel und Aral durch BP Raffinerie- und Vertriebssystemen einbrachten. Alle europäischen Aktivitäten in den Bereichen Die Situation der deutschen BP stellte sich in Kraft- und Brennstoffe sowie Schmierstoffe wur- den 1990er-Jahren als unbefriedigend dar. Der den zusammengelegt. Mobil verfügte in Marktanteil war mit rund 7 % am deutschen Deutschland über kein eigenes Vertriebssystem, Tankstellenmarkt zu gering, um von einer trag- hatte aus Sicht der BP aber ein wichtiges asset: oder ausbaufähigen Position reden zu können. Mobil hatte seit 1967 eine Beteiligung von 28 % Die Deutsche BP war zudem mit einem Umsatz an Aral, der Nummer eins im deutschen Tankstel- von rund 12,94 Milliarden Euro in 2000 und lengeschäft, über die es ihre Raffinerieprodukte einem Jahresüberschuss von rund 365 Millionen vertrieb. Hätte man diesen Anteil an der Aral Euro28 innerhalb der BP eine der kleinsten Landes- herauslösen können, dann hätte dies eine massi- gesellschaften, was die Bereitschaft der Mutter- ve Stärkung des Geschäftes in Deutschland für gesellschaft für neue Investitionen in eine kleine die BP bedeutet. Die Eigentumsstruktur von Tochter in einem zwar großen und damit attrak- Aral war allerdings komplex. Aral wurde 1898 tiven, aber hart umkämpften Markt senkte. von 13 Bergbauunternehmen als Westdeutsche Außerdem ergaben interne Untersuchungen an- Benzol-Verkaufsvereinigung gegründet, um das lässlich der Umsetzung neuer Umweltschutzge- bei der Verkoksung von Steinkohle gewonnene setze für Tankstellen (z. B. die Einführung neuer Benzol zu vermarkten.29 Nach und nach kristalli- Zapfschläuche mit Benzindampfrückführung) in sierten sich drei große Eigentümer heraus, die 1995, dass die Rentabilität der rund 1.350 Tank- gleiche Stimmrechte hatten: Veba Oel, Mobil und stellen in Deutschland eher schlecht war und die BASF-Tochter Wintershall. dass die erforderlichen Umweltschutz-Investi- tionen sich nicht für alle Tankstellen gelohnt hätten. Ein „Aus“ für mehr als 400 Tankstellen in Deutschland hätte aber den ohnehin geringen Marktanteil der deutschen BP weiter verringert, 28 Deutsche BP AG (2001) – Jahresbericht, Zahlen 2000. ohne dass dieser Verlust durch Investitionen in Hamburg. Umschlagseite neue Standorte ausgeglichen hätte werden kön- 29 Zu Aral vgl. Aral (2001) – Alles super – und wie es nen. Die Deutsche BP sah sich am Scheideweg dazu kam. Bochum sowie Veba Oel AG (2002) – Veba Oel. angekommen mit zwei extrem unterschiedlichen Unternehmen im ständigen Wandel. Gelsenkirchen

24 | Die Fallstudie | Strategischer Hintergrund

Die Veba Oel konnte ihren Anteil seit 1975 auf Die Deutsche BP wäre also bei einer Kooperation 56 % des Aktienkapitals erhöhen und musste auf dem deutschen Markt mit einem dieser sich auch in dieser Höhe an den Investitionen Wettbewerber der Juniorpartner geworden. beteiligen, hatte aber – wie die beiden kleineren war als Kaufobjekt oder Kooperations- Gesellschafter – nur ein Drittel der Stimmen. Es partner wegen der Niedrigpreispolitik des erwies sich für die deutsche BP allerdings als Unternehmens uninteressant; TotalFinaElf als unmöglich, den Mobil-Anteil an Aral herauszulö- Kooperationspartner hätte wiederum nicht den sen und der deutschen BP zuzuschlagen. Zudem erwünschten Quantensprung gebracht. Aral war musste das Joint Venture zwischen BP und Marktführer, hatte aber zum Zeitpunkt des Mobil schon 1998 wieder beendet werden, da Scheiterns des Joint Ventures mit Mobil in 1998 Exxon und Mobil fusionieren wollten und die noch eine komplexe Eigentümerstruktur, die EU-Kommission diese Fusion nur unter Auf- schwer aufzubrechen schien. Als möglichen lagen genehmigte, unter anderem die Auflösung Kooperationspartner auf dem deutschen Markt des Joint Ventures der Mobil mit BP. Das hatte gab es letztendlich nur DEA als Tochterunter- weitreichende Folgen, da sich die deutsche BP nehmen der RWE AG aus Essen. DEA war eher wieder zurückgeworfen sah in ihrer Strategie, ein local player mit wenig internationalen zu einem großen Spieler innerhalb Deutschlands upstream-Aktivitäten. In Deutschland hatte sie zu werden. Sie musste einen neuen Partner fin- allerdings am Tankstellenmarkt einen Markt- den oder eine neue Wachstumsstrategie ein- anteil von rund 11 %. Die Deutsche BP begann schlagen. Zum anderen bedeutete dies, dass sich im Januar 1998 Gespräche mit DEA über eine die Besitzanteile bei Aral als dem deutschen mögliche Kooperation auf dem deutschen Markt. Marktführer im Tankstellenbereich ändern wür- Der Deal scheiterte allerdings Mitte 1999 an den. Da Mobil im Zuge der kartellrechtlichen einer unterschiedlichen Bewertung der Aktivi- Auflagen auch seinen Anteil an Aral verkaufen täten beider Gesellschaften, sodass sich die musste, konnte die Veba AG (die spätere E.ON Deutsche BP wieder auf null zurückgeworfen AG) 1999 ihren Anteil an Aral durch den Kauf fand. DEA allerdings verhandelte im Folgenden der Mobil-Anteile beträchtlich aufstocken. mit der Shell und kommunizierte am 06. Juli Wintershall als der andere Aktionär von Aral 2001, dass beide Unternehmen ein Joint Venture wurde von der Muttergesellschaft BASF gründen würden, in das sie ihre Mineralöl- gedrängt, sich zugunsten von upstream- und geschäfte (Raffinerien und Tankstellen) einbrin- Erdgasaktivitäten aus dem downstream-Geschäft gen würden – ganz nach dem Muster der vorher zurückzuziehen. Auch Wintershall verkaufte gescheiterten Verhandlungen zwischen der deut- seine Anteile an Veba Oel, die somit zu Beginn schen BP und DEA. Dieses neue Tankstellennetz des Jahres 2000 die volle operative Kontrolle hatte einen Marktanteil von 24 % auf dem deut- über Aral übernahm. Aral konnte somit durch schen Markt. Dieser Deal zwischen Shell und die Muttergesellschaft Veba Oel strategisch DEA setzte die Deutsche BP unter einen enor- gelenkt und mit den anderen Aktivitäten dieses men Zugzwang, da sich jetzt ihre Position deutschen Erdölkonzerns verbunden werden. gegenüber einem weiteren mächtigen Spieler neben Aral nochmals verschlechtern würde. 2) Die Liste möglicher weiterer Kooperations- partner für die Deutsche BP auf dem deutschen Markt war kurz. Esso und Shell schieden aus, weil beide Unternehmen international erfolg- reich agierten, anders als etwa Aral oder DEA über die gesamte Wertschöpfungskette vertikal integriert waren und auf dem deutschen Markt besser positioniert waren als die Deutsche BP.

| 25 Die Fallstudie | Strategischer Hintergrund

3) Eine dritte Option für die Deutsche BP ergab Anteile an der Ruhrgas AG (plus Barausgleich) sich eher als ein Nebeneffekt des Versuchs, den an die E.ON abgeben und dafür im Gegenzug die Wert einer reinen Finanzbeteiligung zu steigern E.ON-Tochter Veba Oel mit Aral erhalten würde. und mehr Geld für den Shareholder BP zu erlö- Sie vereinbarten einen Deal in zwei Schritten: sen. BP hatte 1978 von der Veba AG im Tausch Zum Jahreswechsel 2001/2002 sollten die BP gegen Rohöllieferungen deren Tochter Gelsen- und E.ON durch Kapitalerhöhungen an den zwei berg und damit einen Anteil von 25 % an der beteiligten Gesellschaften jeweils die Aktien- Ruhrgas AG erworben. Wegen der – ähnlich wie mehrheit übernehmen. Schon mit dieser Über- bei Aral – komplexen Eigentümerstruktur der nahme von 51 % der Anteile zum 01.01.2002 er- Ruhrgas konnte aber keiner der Eigentümer die hielt BP die operative Kontrolle über Veba Oel Steuerung der Ruhrgas übernehmen – es blieb und konnte die Integration starten. Ab April für alle bei einer reinen Finanzbeteiligung. Die 2002 konnten BP und E.ON ihre Put-Optionen Ergebnissituation und die Dividendenausschüt- ausüben und die restlichen Anteile an den ver- tung der Ruhrgas entsprachen allerdings aus der traglich gebundenen Partner verkaufen, der so Sicht der deutschen BP nicht dem realen Wert die betroffene Gesellschaft vollständig überneh- der Ruhrgas, sodass sich die Deutsche BP Ge- men konnte.30 Lord Browne, CEO der BP plc, danken machte, wie man mehr aus dieser passi- sagte anlässlich der Übernahme der Veba Oel ven Beteiligung machen könnte. Eine Möglichkeit zur Bedeutung dieser Übernahme für die BP: wäre gewesen, Ruhrgas an die Börse zu bringen und dann den eigenen Anteil zu verkaufen, was Es ist uns in den letzten drei Jahren gelungen, ein Mehrfaches der weiterhin zu erwartenden in den wichtigsten Märkten hervorragende Dividenden ausgemacht hätte. Zu diesem Zweck Positionen aufzubauen, aber nach der Auflösung traf sich der Vorstandsvorsitzende der deutschen BP unseres Joint Ventures mit Mobil standen wir in mit dem verantwortlichen Vorstand der E.ON AG Deutschland ohne nennenswerte assets da. als einem der Aktionäre und – über die Anteile Diese Transaktion hat das Potenzial, unsere der E.ON AG an der RAG AG – einem der ein- Position schlagartig zu verändern, und bringt flussreichsten Manager innerhalb des Aktionärs- uns das führende und erfolgreichste Kraftstoff- kreises der Ruhrgas. In diesem Gespräch wurde geschäft in der drittgrößten Wirtschaftszone von der deutschen BP die Option erläutert, die der Welt.31 Ruhrgas AG an die Börse zu bringen, woraufhin der Vorstand der E.ON eine neue Variante zur Das Kartellamt gab den Verkauf der Veba Oel an Sprache brachte. Warum sollte E.ON einem die Deutsche BP und das Joint Venture zwischen Börsengang der Ruhrgas zustimmen und nicht Shell und DEA am 19.12.2001 nur unter Auf- selbst die Anteile der deutschen BP an der lagen frei. Die Unternehmen BP/Veba Oel sowie Ruhrgas übernehmen? Ein Tauschobjekt für die Shell/DEA hätten zusammen einen Anteil von Ruhrgas-Beteiligung der deutschen BP hätte die über 50 % am deutschen Markt erreicht, sodass E.ON auch anzubieten: Veba Oel mit deren sie Marktanteile abgeben mussten, damit die Tochtergesellschaft Aral. Die Deutsche BP begriff, Deals genehmigt wurden. welche historische Chance sich ihr hier bot: Mit einem Schlag konnte sie mit Veba Oel und Aral die Nummer eins auf dem deutschen Tank- stellenmarkt übernehmen und selbst eine kom- 30 Vgl. die Pressemitteilung der BP: BP (2001) – BP sells fortable Marktposition erreichen. BP und E.ON Ruhrgas stake in deal that would make it market leader vereinbarten nach intensiven, aber kurzen Ver- in German fuels. www..com/genericarticle.do?category handlungen in 2001, miteinander ins Geschäft Id=2012968&contentId=2014392, Abfrage am 17.11.2005 zu kommen. Kernpunkt der Vereinbarung war, 31 Deutsche BP AG (2003) – BP in Deutschland 2002. dass BP ihre über die Gelsenberg AG gehaltenen Bochum. S. 46

26 | Die Fallstudie | Strategische Integration

Die wichtigsten Auflagen für die Deutsche BP waren:32

— Abgabe von BP- und/oder Aral-Straßen- tankstellen mit einem Absatzvolumen, das insgesamt einem Marktanteil von rund 4 % entspricht, an Dritte. Für BP waren dies rund 750 Tankstellen. — Abgabe von 45 % des Stammkapitals an der Bayernoil Raffineriegesellschaft mbH an einen Dritten, der an keiner größeren Raffineriegesellschaft mit eigenem Tank- stellennetz beteiligt war. Die Beschaffungs- möglichkeiten für freie Tankstellen sollten sich dadurch verbessern.

Insgesamt mussten BP/Veba Oel/Aral einer- seits und Shell/DEA andererseits zusammen rund 1.500 Tankstellen abstoßen; auf dem gesamten deutschen Markt gab es damals rund 16.000 Tankstellen. Sowohl BP als auch Shell/ DEA begrüßten die Fusionsgenehmigungen. BP erfüllte mit dem Verkauf von 494 Tankstellen an die polnische PKN Orlen im Februar 2003 und dem Verkauf von 247 Tankstellen an die öster- reichische Mineralölgesellschaft OMW im Juli 2003 alle Auflagen des Bundeskartellamts.

32 Vgl. die schriftliche Begründung des Bundeskartell- amts vom 26. Februar 2002 unter www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/EntschFus Archiv/2001/EntschFus01.shtml (B8-120/01 und B8-130/01)

| 27 Die Fallstudie | Strategische Integration

Die strategische Integration — Aufgabe der Marke BP im deutschen Markt und Umstellung der Tankstellen von BP auf Eine der wichtigsten und dringlichsten Teilberei- Aral. Begründet wurde dies mit der über- che einer Integration ist die Festlegung der stra- ragenden Markenbekanntheit von Aral auf tegischen Ausrichtung des neuen Unternehmens, dem deutschen Tankstellenmarkt.35 die Festlegung des Integrationsansatzes und die — Verkauf einzelner Geschäfte (z. B. Teile des Organisation des Integrationsprozesses, da hier upstream-Geschäfts der Veba Oel oder die die entscheidenden Weichen gestellt werden für Schließung von Tanklagern oder Verkaufs- die weitere Zukunft eines Unternehmens und büros im b-2-b). das Handeln aller Mitarbeiter. Die wichtigsten — Schnelle Integration beider Gesellschaften, strategischen Entscheidungen in Bezug auf die um eine funktionstüchtige Einheit in zukünftige Ausrichtung der „neuen“ deutschen Deutschland herzustellen. BP nach der Integration von Veba Oel und Aral wurden bereits getroffen vor der formellen Über- nahme und ohne den Einbezug der Führungs- kräfte der übernommenen Firmen. So formulier- te die britische BP in ihrer Presseerklärung vom 16.07.2001 zur Bekanntgabe des Deals bereits Ziele, die durch die Übernahme erreicht werden 33 BP (2001) – BP sells Ruhrgas stake in deal that would sollten, und entsprechende Maßnahmen:33 make it market leader in German fuels. www.bp.com/gene ricarticle.do?categoryId=2012968&contentId=2014392. — Kostensynergien herstellen durch die Zusam- Abfrage am 17.11.2005 menlegung von zwei Hauptverwaltungen, 34 Vgl. etwa Handelsblatt (2001) – BP ist mit Aral künftig durch die Nutzung von Einkaufspotenzialen die Nummer eins in Deutschland. 17.07.2001. S. 4. Autoren- in einem größeren Konzernverbund und zeichen: beu durch Prozessoptimierung; insgesamt sollten 35 Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei Vangerow, mindestens 200 Millionen US $ an jährlichen Bernd & Franke, Uwe (Hrsg.) (2005) – Markenfusion. Synergien erreicht werden und rund 15 % Strategie und Gestaltung – Warum Aral kommt und BP der Kosten eingespart werden.34 bleibt. Basel

Abbildung 5: Umflaggung einer BP-Tankstelle auf Aral

28 | Die Fallstudie | Strategische Integration

Wenig an dieser Integration entsprach allerdings viele Arbeitsplätze von Hamburg in das Ruhr- den gängigen Schemata einer Integration nach gebiet verlagert werden.38 Aral andererseits einer Firmenübernahme.36 So gab die englische konnte zwar den wertvollen Markennamen be- BP für die Integration von Veba Oel und Aral in halten, musste sich aber einem neuen starken die Deutsche BP das Motto „best of both“ her- Eigentümer beugen und bei vielen Arbeitspro- aus – von beiden Unternehmen sollte das Beste zessen die BP-Standards anwenden. Zudem kam übernommen werden, „anstatt Veba Oel und der neue Vorstandsvorsitzende von der deutschen Aral einfach in eine BP-Schablone zu pressen.“37 BP. Bei der deutschen BP war es auch nicht ein- Entscheidungen über Stellenbesetzungen, Ver- deutig, ob sie zu den Akquisitionsgewinnern fahren oder Markenauftritt sollten immer erst gehörte, da sie zwar ihre Prozesse behielt und nach einer sorgfältigen Analyse beider Unter- durch die Akquisition ihre Bedeutung innerhalb nehmen getroffen werden. So übernahm bei- der BP drastisch anwuchs (sie stellte nach der spielsweise BP in Deutschland zwar die Marke Akquisition mit über 11.000 Mitarbeitern rund Aral; nach einer gründlichen Analyse wurde 10 % aller BP-Mitarbeiter weltweit), andererseits aber die Entscheidung getroffen, das Shop- aber ein neuer Vorstandsvorsitzender kam und Konzept Pananino von Aral nicht weiterzuführen Aktivitäten ins Ruhrgebiet verlagert wurden. So und stattdessen das Shop-Konzept Petit Bistro entstand ein großer Druck auf alle Beteiligten, der deutschen BP zu übernehmen. die Integration gemeinsam erfolgreich zu gestal- ten. Der Fokus der folgenden Integration lag bei Erstaunlich war mit Sicherheit, dass der ehema- den Gesellschaften, die der deutschen BP zu 100 % lige Vorstandsvorsitzende des übernommenen gehörten; das Ruhr Oel Joint Venture mit der Unternehmens Veba Oel, Wilhelm Bonse-Geuking, venezolanischen PdVSA im Raffineriebereich zum Vorstandsvorsitzenden der „neuen“ deut- blieb im ersten Schritt außen vor. schen BP berufen wurde. Somit wurde der Vorstandsvorsitzende des an Mitarbeitern und Umsatz größeren, aber zugekauften Unterneh- mens für die gesamte „neue“ Deutsche BP zu- ständig. Dr. Uwe Franke, bisheriger Vorstands- vorsitzender der deutschen BP, wurde zum stell- vertretenden Vorstandsvorsitzenden bestellt und gleichzeitig zum Business Unit-Leiter des Retail- Geschäftes in Deutschland und damit Chef des wichtigsten assets – von Aral. Er steuerte den komplexen und sensiblen Integrationsprozess bei Aral, der unter anderem auch das rebranding der Tankstellen der BP beinhaltete. Alle beteilig- ten deutschen Unternehmen – Veba Oel und Aral inklusive der deutschen BP – hatten bei 36 Zu einem klassischen Ansatz vgl. etwa Ashkenas, dieser Neustrukturierung sowohl „Gewinne“ als Ronald N., DeMonaco, Lawrence J. & Francis, Suzanne C. auch „Verluste“ zu verzeichnen. (1998) – Making the Deal Real: How GE Capital Integrates Acqusitions. In Harvard Business Review So verlor die Veba Oel ihren Markennamen, den 1/2 1998. S. 5 ff. oder Grube, Rüdiger & Töpfer, Armin eigenständigen Außenauftritt sowie ihre vorheri- (2002) – Post Merger Integration, Erfolgsfaktoren für ge relative Autonomie als Öltochter der Veba, das Zusammenwachsen von Unternehmen. Stuttgart stellte aber die meisten Mitarbeiter und besetzte 37 Deutsche BP AG (2003) – BP in Deutschland 2002. mit dem Vorstandsvorsitzenden der neuen Orga- Bochum. S. 46 nisation eine Schlüsselposition. Zudem sollten 38 Hamburg blieb juristischer Sitz der deutschen BP AG

| 29 Die Fallstudie | Strategische Integration

Die notwendige Besetzung der Führungsposi- Markt agierten, obwohl sie bereits vor dem Kauf tionen erfolgte zügig: Der neue Vorstand und die eine Vielzahl von gemeinsamen Aktivitäten hatten Leiter der Business Units wurden bereits zum (z. B. gemeinsame Beteiligungen an Bayernoil September 2001 benannt – und zwar von der oder Versorgungs- und Tauschverträge). Kontakte britischen BP. Die zweite Führungsebene der zwischen Mitarbeitern beider Unternehmen im neuen deutschen BP wurde zum Dezember 2001 Rahmen dieser normalen Beziehungen waren er- benannt, also lange vor der Teilübernahme der laubt. Der Austausch von sensiblen Daten (z. B. zu Veba Oel am 01.02.2002 oder der vollständigen Preiskalkulationen oder zu Vergütungsmodellen Übernahme am 01.07.2002. Diese Berufung er- für den Vertrieb) zwischen beiden Unternehmen folgte durch das Management der deutschen BP. war jedoch verboten, da dadurch eventuell Wett- Die britische BP achtete bei diesem Selektions- bewerber benachteiligt worden wären. Ein solcher prozess alleine darauf, dass diese Besetzung der Verstoß wäre durch das Kartellamt geahndet Führungspositionen im Einklang mit der offiziel- worden. Deshalb durfte zu diesem Zeitpunkt ein len policy von diversity & inclusion standen, d. h. Austausch zwischen Mitarbeitern beider Unter- dass die gesamte Vielfalt der BP-Mitarbeiter in nehmen nur strikt reglementiert über das Inte- Bezug auf Geschlecht und Alter, auf Herkunft grationsteam erfolgen. und Erfahrung ausgeglichen berücksichtigt wurde. Diversity & inclusion trat somit explizit Die britische BP machte von Anfang an klar, dass als ein weiteres Auswahlkriterium neben Leis- es bestimmte Themenbereiche gab, die aus ihrer tung und Potenzial. Sicht in allen Tochtergesellschaften weltweit ein- heitlich umgesetzt werden mussten. Dazu gehör- Schon im September 2001 wurde eine Projekt- te beispielsweise ein einheitliches Controlling organisation für die Integration aufgebaut, die nach UK-GAAP; hier gab es keine Diskussionen top-down arbeitete. Sie sollte für die neue um ein „Ob“, sondern nur Fragen nach dem „Wie“ Deutsche BP wichtige Entscheidungen gemein- einer schnellen Realisierung dieses konzernweit sam vorbereiten, z. B. zur Organisation, zum gültigen Standards. Auch alle Themen rund um Führungsmodell und zu reportings. Die Ent- Gesundheit, Arbeitsschutz, Sicherheit und Umwelt- scheidungen traf dann ein joint council von schutz (health, safety, security, environment – deutschen und britischen BP-Managern und HSSE) zählten dazu, da BP – wie alle Mineral- Managern von Veba Oel. Bereits am 07.11.2001 ölunternehmen – unter den kritischen Augen wurde die neue Organisationsstruktur verkündet. der Öffentlichkeit stand und steht, wenn es um Im ersten Abschnitt der Integration wurde die umweltschonende Förderung, Transport und Leitung dieses Projektes und der Teilprojekte Verarbeitung von Rohöl und den Verarbeitungs- paritätisch besetzt: Ein britischer BP-Manager produkten geht. Zudem können bei der Verarbei- und ein von der Veba Oel kommender Manager tung von Rohöl unter Druck und Hitze in den agierten jeweils als Doppelspitze. In einer zwei- Raffinerien viele Gefahren für die Mitarbeiter ten Phase der Integration wurden neue Integra- entstehen. BP setzte hier strenge Standards, die tionsteams gebildet, die nicht mehr spiegelbild- auch permanent gemessen wurden. Ein weiteres lich besetzt waren. Sie hatten die Aufgabe, Pro- Thema war diversity & inclusion (ins Deutsche jekte zu identifizieren, mit denen sich die notwen- als „Vielfalt und Einbeziehung“ übersetzt), das BP digen Synergiepotenziale realisieren ließen. als Arbeitgeber auszeichnen sollte und bei dem die Vielfalt der Mitarbeiter in Bezug auf Herkunft, In der ersten Phase, die der Übernahme des Alter, Geschlecht, Rasse, Fähigkeiten oder Aus- 51 %igen Anteils an der Veba Oel durch die BP bildung bewusst genutzt und gefördert wurde. zum 01.02.2002 voranging, waren BP und Veba Oel formal immer noch zwei getrennte Unterneh- men, die als Konkurrenten auf dem deutschen

30 | Die Fallstudie | Strategische Integration

Zu den – auf den ersten Blick – „weichen“ Themen Die Grundsätze „Wofür wir stehen“ wurden im gehörten die Grundsätze der Geschäftspolitik Jahr 2005 ersetzt durch den 75 Seiten starken (policies) der BP, die in den Leitsätzen „Wofür wir code of conduct (Verhaltenskodex), der weltweit stehen“ veröffentlicht wurden. Hier definierte gültige Regelungen traf zu HSSE, zum Verhalten die BP den Kern ihrer Unternehmensphilosophie:39 gegenüber Mitarbeitern (z. B. diversity & inclu- sion, respektvoller Umgang miteinander, Daten- Wir verpflichten uns schutz und Vertraulichkeit), zum Umgang mit — Recht und Gesetz zu respektieren, unsere Geschäftspartnern, zum Kontakt mit Regierungen, Geschäfte integer zu führen und Respekt vor Städten und Gemeinden und zum Schutz der der Würde des Menschen und den Rechten Vermögenswerte des Unternehmens und der des Einzelnen zu zeigen, wo immer wir tätig finanziellen Integrität.40 sind; — in allen ihren Beziehungen gegenseitigen Wilhelm Bonse-Geuking antwortete in 2002 auf Nutzen anzustreben, sodass die Menschen die Frage von Mitarbeitern, wann aus seiner Sicht uns vertrauen und gern mit uns Geschäfte der Integrationsprozess offiziell abgeschlossen machen; sein würde:41 — Respekt vor der Umwelt zu zeigen und auf unsere Ziele hinzuarbeiten: keine Unfälle, Wenn all das, was wir mit der Integration erreichen keine Gesundheitsgefährdung und keine wollen, auch in den Büchern nachvollzogen ist. Umweltschäden; Unser Ziel ist es, 200 Millionen Euro Ergebnis- — unsere wirtschaftliche Leistung darauf aus- verbesserung per Ende 2003 zu erzielen. Nur zurichten, die langfristige Wertschöpfung für durch intensive Kommunikation schaffen wir ein unsere Aktionäre zu maximieren. enges Zusammenarbeiten querbeet in der neuen BP-Gruppe, eine gemeinsame Unternehmens- Diese Grundsätze der Geschäftspolitik wurden kultur. In Personalfragen müssen wir eng zusam- im Einzelnen weiter ausgeführt und verbindlich menarbeiten, um z. B. die Personalentwicklung definiert. Sie trafen auch verbindliche Rege- zu forcieren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus lungen zur Umsetzung und zur Kontrolle (policy Köln sollen z. B auch die Chance haben, in Bo- assurance). Auch bei der Umsetzung dieser chum oder Gelsenkirchen zu arbeiten. Jeder, der gruppenweiten policy gab es Leistungsmess- sich international austoben möchte, sollte dazu größen, die in die Deutsche BP eingebracht wurden. die Gelegenheit erhalten. Dadurch werden wir ein Zur Implementierung der Grundsätze „Wofür „Wir-von-BP“-Gefühl bekommen. Das müssen wir stehen“ bediente sich die Deutsche BP der wir durch gute Zusammenarbeit auf der Führungs- „IGNITE-Workshops“ (siehe hierzu den Abschnitt: ebene flankieren. Die Integration ist gelungen, kulturelle Integration). In diesen Meetings wurden wenn nicht mehr gesagt wird, das ist ein frühe- diese Grundsätze der Geschäftspolitik vom Top- rer Aral-Mann, das ist eine frühere BP-Frau, son- Management den Führungskräften vorgestellt dern wenn wir uns alle als BP-Mitarbeiter sehen. und mit ihnen diskutiert. Die Führungskräfte er- hielten den Auftrag, ihrerseits diese neuen Grundsätze mit ihren Mitarbeitern zu diskutieren. 39 Deutsche BP AG (2002) – Grundsätze der Geschäfts- Dafür wurden ihnen von der Abteilung interne politik (Übersetzung aus dem Englischen); enthalten auf Kommunikation Broschüren sowie PowerPoint- der CD-ROM zu: Deutsche BP (2003) – BP in Deutschland Präsentationen ausgehändigt, anhand derer sie 2002. Bochum ihre Präsentation und die anschließende Dis- 40 Vgl. BP (2005) – Code of Conduct. www.bp.com/section kussion strukturieren konnten. genericarticle.do?categoryId=9003494&contentId=7006600, Abfrage am 21.11.2005 41 Deutsche BP AG (2002) – strong2gether 5/2002. S. 4 f.

| 31 Die Fallstudie | Strukturelle Integration

Die strukturelle Integration lenken. Diese Leistungsverträge wurden regel- mäßig überwacht und bewertet im Hinblick auf Schnell und ohne Mitsprache des akquirierten die Zielerfüllung. Sie bildeten aber nur eine Art Unternehmens geregelt wurde die strukturelle Rahmen ab, innerhalb dessen der derart einge- Integration von Veba Oel und Aral, indem die bundene Untergebene große Freiheiten genoss. neuen Unternehmensteile in die BP-Organisation BP beschreibt die Vorteile dieser Arbeitsweise mit ihren Strukturprinzipien integriert wurden. und ihrer Form von corporate governance so:43 Die Geschäfte der BP wurden gesteuert auf der obersten Ebene des Unternehmens von dem Die herausragende Eigenschaft dieser Manage- Group CEO, John Browne, den Group Chief mentstruktur ist, dass sie schnelle und innovative Executives42 und den Chief Executives für die Reaktionen auf neue Situationen ermöglicht, vier Geschäftszweige Exploration & Production, ohne dabei größere bürokratische Hürden über- Gas & Power, Refining & Marketing sowie winden zu müssen oder ständige Rückfragen bei Chemicals. Das von ihnen gebildete Group Chief einer höheren Ebene erforderlich zu machen – Executive Committee leitete das weltweite Geschäft dies jedoch in einem Zusammenhang, der Prüfung der BP. Wichtiger als die Legalstruktur (Unter- und Leistungsanforderungen berücksichtigt. gliederung der Einheiten nach Aktiengesell- schaften oder GmbHs) war für die CEOs der vier Geschäftszweige allerdings die direkte und un- mittelbare Steuerung ihrer Einheiten. Deshalb berichteten jedem CEO eines Geschäftszweigs sogenannte Group Vice Presidents (GVP), die wiederum Segmente (Strategic Performance Units) mit voneinander unabhängigen Business Units verantworteten. Zwischen dem Leiter eines Geschäftszweigs und seinen Group Vice Presidents wurden jährlich Leistungsverträge geschlossen, die alle wichtigen Bestandteile des Geschäfts inklusive wichtiger finanzieller und operativer Daten abbildeten. Diese unbedingte Leistungsorientierung kann als Kennzeichen der BP-Kultur gelten. Hinzu kamen wichtige nicht- finanzielle Zielsetzungen beispielsweise in Bezug auf Sicherheit und Umweltverhalten. Auf der nächsten Ebene des Unternehmens waren Business Units (BU) als operativ tätige Geschäfts- einheiten angesiedelt, die für die Steuerung jeweils eines Geschäfts zuständig waren. Sie beschränkten sich allerdings nicht auf ein Land. 42 Bei Deutsche BP AG (2003) – BP in Deutschland 2002. So konnte z. B. eine Business Unit „Raffinerie“ Bochum. S. 9, werden folgende Funktionen genannt, die alle Raffinerien in bestimmten Ländergruppen zentral für alle Unternehmen der BP tätig sind: Interne beinhalten und damit quer zu den typischen und externe Kommunikation, diversity & inclusion, Landesgesellschaften sowie zu den Legalstruk- Controlling und Finanzen, HSSEQ, Personal, Interne turen arbeiten. Die Leistungsverträge zwischen Revision, Marketing, Strategische Planung und andere. den Leitern der Geschäftszweige und den Seg- 43 BP (2005) – BP Organisation, www.bp.com/sectionge mentleitern (GVP) wurden als Führungsinstru- nericarticle.do?categoryId=2010545&contentId=2015525. ment auch benutzt, um die Business Units zu Abfrage am 02.06.2005

32 | Die Fallstudie | Strukturelle Integration

Abbildung 6: Die Organisationsform der BP in 2001 44

Group Chief Executive GCE GCE Committee GCE GCE CEO GVP John Browne GVP CEO CEO Chemi- GP & R CEO CEO cals BU Up- Down- BU stream stream Segment BU BU BU BU

BU GVP GVP BU BU BU BU GVP BU BU BU BU GVP GVP BU BU GVP BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU BU

GCE = Group Chief Executive, verantwortlich für Strategie CEO = Chief Executive Officer GVP = Group Vice President, verantwortlich für „performance assurance“ BU = Business Unit, operativ verantwortliche Geschäftseinheit

Eine der ersten Aufgaben für die „neue“ Deutsche BP bestand jetzt darin, dass sowohl eine Eingliederung in die BP-Organisation mit der Bildung von Business Units stattfinden45 als auch gleichzeitig eine neue Legalstruktur her- gestellt werden musste. Neue Gesellschaften 44 Vgl. BP (2005) – BP Organisation. www.bp.com/section mussten deshalb gebildet werden, weil es bei- genericarticle.do?categoryId=2010545&contentId=2015525. spielsweise zwei Tankstellen- sowie zwei Schmier- Abfrage am 02.06.2005 stoffgesellschaften gab, die jeweils zu einer ein- 45 In Deutschland gab es nach der Integration vier BUs zigen neuen, funktionsfähigen deutschen Einheit im Bereich Refining und ein BU Retail; fünf weitere BUs verschmolzen werden mussten. arbeiteten in Europa.

| 33 Die Fallstudie | Strukturelle Integration

Auch existierten zwei Holdinggesellschaften in 3.000 Mitarbeiter zum 01.10.2002 die Gesell- Hamburg (BP) und in Gelsenkirchen (Veba Oel), schaft und damit auch formal den Arbeitgeber. die zusammengelegt werden mussten. Deshalb Als größte Gesellschaften entstanden die BP Oil war eine der ersten Aufgaben nach der offiziellen Marketing GmbH mit rund 2.000 Mitarbeitern Übernahme der Veba Oel mit ihren Gesellschaften und die BP Lubes Services GmbH mit rund durch die Deutsche BP die Schaffung von neuen, 1.000 Mitarbeitern. tragfähigen rechtlichen Strukturen. Diese neuen rechtlichen Strukturen waren die notwen- Wie ersichtlich ist, waren bei dem englischen dige Voraussetzung für alle weiteren personel- Mutterkonzern die Berichtslinien zwischen den len Maßnahmen sowie die weitergehende Defi- Segmentleitern, den Group Vice Presidents und nition der Aufbauorganisation und der Stellen, den Leitern der Business Units sehr wichtig, die Harmonisierung von unterschiedlichen Rege- wichtiger als die in Deutschland per Gesetz vor- lungen, die anschließende Personalauswahl und geschriebenen, formalen Beziehungen beispiels- sonstige Maßnahmen. Intern wurde der Zeit- weise zwischen dem Aufsichtsrat einer Aktien- punkt der rechtlichen Neuordnung und Integra- gesellschaft und dem Vorstand. Der Gesetzgeber tion von Veba Oel in die Deutsche BP als legal macht aber für deutsche Unternehmen rechtlich completion date (LCD) benannt. Am 01.10.2002, verbindliche und zwingende Vorschriften, die

Abbildung 7: Schaffung neuer rechtlicher Strukturen bei der deutschen BP AG 46

3 Gesellschaften Deutsche BP AG

19 Gesellschaften BP Oil Marketing GmbH

4 Gesellschaften BP Lubes Services GmbH

2 Gesellschaften BP Energie Marketing GmbH

3 Gesellschaften BP Koeln GmbH

1 Gesellschaft BP RP GmbH (Refining & Petrochemicals)

1 Gesellschaft BP GE GmbH (Gelsenkirchen – Veba Oel Verarbeitungs GmbH)

1 Gesellschaft ERE GmbH (Erdöl-Raffinerie Emsland)

14 Gesellschaften Nicht konsolidierte Gesellschaften

also nur knapp drei Monate nach der vollständi- erfüllt werden müssen, sodass die „neue“ gen Übernahme der Veba Oel zum 01.07.2002, Deutsche BP (wie schon die „alte“ Deutsche BP) stand die neue rechtliche Struktur. Insgesamt als Aktiengesellschaft einen Aufsichtsrat sowie wurden 34 bestehende Gesellschaften zu acht einen Vorstand benötigte. neuen Gesellschaften gruppiert, wobei die Joint Ventures, wie beispielsweise die Veba Oil Refining & Petrochemicals GmbH Gelsenkirchen 46 Zitiert nach: Deutsche BP AG (2004) – Präsentation von (VORP) als Joint Venture mit der PdVSA, nicht Hans-Jürgen Fleckhaus, Arbeitsdirektor der deutschen BPAG, verändert wurden. Von den 11.138 Mitarbeitern beim Arbeitskreis Internationale Personalarbeit, 26. Feb- der neuen BP Deutschland wechselten rund ruar 2004. Gelsenkirchen

34 | Die Fallstudie | Strukturelle Integration

Wie aber sollten die offizielle deutsche Rechts- Befremdlich und gewöhnungsbedürftig für die struktur und die Vorgaben der corporate gover- an deutsche Verhältnisse gewohnten Führungs- nance der BP in Einklang gebracht werden? Die kräfte und Mitarbeiter der Veba Oel blieb, dass BP löste dieses Problem teilweise dadurch, dass die Aktivitäten eines Unternehmens zu mehre- sie erstens wichtige Funktionsträger aus ihrer ren Business Units gehören konnten und auch Organisationsform in den Aufsichtsrat der deut- von den Leitern der Business Units gesteuert schen BP als Vertreter der Anteilseigner brachte. wurden. Business Units waren somit wichtiger So gehörten dem Aufsichtsrat zum 31.12.2002 als die formalrechtlichen Strukturen. So konnte beispielsweise der Group Vice President Chemi- es sein, dass Mitarbeiter einer BU angehörten, cals, ein Executive Vice President Chemicals, der deren Chef im Ausland saß. Sie erhielten ihre President Downstream Human Resources, der fachlichen Weisungen also von ihm aus dem Regional President Europe, der Vice President Ausland und sie wurden am Ergebnis ihrer Busi- External Affairs sowie der Group Vice President ness Unit gemessen. Gleichzeitig waren sie aber European Marketing Operations an.47 Zweitens in die deutsche Legalstruktur mit allen für sie wurden alle Leiter von deutschen Business Units geltenden Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebs- in den Vorstand der deutschen BP berufen. vereinbarungen eingebunden.

Dr. Uwe Franke artikulierte in einem Interview mit der Mitarbeiterzeitschrift strong2gether diesen Widerspruch deutlich: 48

Die Eckpfeiler der BP-Arbeit sind Business Units (BUs). BUs arbeiten grundsätzlich über Länder- grenzen hinweg. Wir stehen vor der Heraus- forderung, diese BUs innerhalb der rechtlichen Einheiten einzubetten, die wir in Deutschland haben. Aral und Veba Oel waren sehr viel stär- ker von diesen legalen Einheiten gesteuert als die BP ... Die Aufgabe des Managements besteht nun darin, aus allen BUs ein Forum abzubilden, das es erlaubt, die Dinge abzudecken, die sonst in den Zwischenräumen zwischen den „Silos“ der Business Units verschwinden.

Personalpolitik und Personalwesen sind in Deutschland stark über das Mitbestimmungs- gesetz geregelt. Es kennt aber keine BUs. Wir müssen hier einen Weg finden, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die über die BUs hinaus- gehen und das Thema Mitbestimmung mit bein- halten. Das ist gerade jetzt in der Integrations- phase besonders wichtig. Wir werden eine ge- meinsame neue Kultur formen müssen, die auch den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, eine Identi- fikation innerhalb der deutschen Gesellschaft zu 47 Deutsche BP AG (2003) – BP in Deutschland 2002. finden, ohne die Identifikation mit der BU zu Bochum. S. 51 verlieren. 48 Deutsche BP AG (2002) – strong2gether 5/2002. S. 7 f.

| 35 Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Die kulturelle Integration: Interne Kommunikation und Integrationsmaßnahmen

Zeitgleich zur Arbeit an der strategischen und erster Blick offenbarte folgende Unterschiede strukturellen Integration musste die kulturelle zwischen den beteiligten Unternehmen.49 Integration angegangen werden. Aber schon ein

Tabelle 2: Wichtige Unterschiede zwischen den Unternehmenskulturen

BP/Deutsche BP Aral/Veba Oel

Weltbild

• International; Teil eines weltweit • In Deutschland verhaftetes Unternehmen agierenden Konzerns • Stolz auf größtes Tankstellennetz in • Identifikation nicht mit einem Produkt, Deutschland und Marktführerschaft; sondern mit dem Unternehmen als Identifikation mit dem Produkt – Ganzem der Benzinmarke Aral

Werte

• Generalistentum • Spezialistentum mit Spartendenken

• Selbstverantwortung • Kontrolle der Prozesse

• Integration der Führungskräfte in Teams • Führungskräfte wollen entscheiden

• Einfache, schnelle und flexible • Abläufe sollen in geordneten und Organisation geplanten Bahnen laufen

Symbole

• Persönlicher Umgangston • Formeller Umgangston

• Durch den englischen Sprachraum • Verwendung des korrekten „Sie“ geprägtes „Du“ • Kaum Übernahme von englischen • Englisch als Arbeitssprache; Begriffen ins Deutsche auch im Deutschen viele Anglizismen • „Profi-Fashion“ mit Anzug und Krawatte • Legere und persönliche Kleidung

Strukturen

• Teil eines internationalen Konzerns mit • Teil eines eher deutsch ausgerichteten hoher Autonomie der einzelnen Bereiche Unternehmens mit durchaus bürokratie- verwandten Strukturen • Flache Hierarchien mit bereichsüber- greifenden Kooperationen • Klare Zuständigkeiten und Ebenentrennung

Steuerungsformen

• Entscheidungen werden vor Ort • top-down-Ansatz mit hierarchisch getroffen; Kompetenz wird delegiert verlaufenden Entscheidungsprozessen

• Bereichs- und ebenenübergreifend • Trennung der Unternehmensbereiche findet networking statt • Hoher Stellenwert von Planung; eher • Suche nach einfachen, schnellen und geschlossene Aufträge an Mitarbeiter; flexiblen Lösungen; tendenziell eher geringe Fehlertoleranz offene Aufträge; Fehler auf dem Weg zum Erfolg werden eher toleriert

36 | Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Die Aufgabenstellung für eine kulturelle Integra- und umfassende Information aller Mitarbeiter tion war damit schwierig, da die kulturellen Un- war die zweimonatliche Integrationszeitschrift terschiede auf mehreren Ebenen zwischen den strong2gether, die rund ein Dutzend Mal er- Unternehmen groß waren. Nicht allen Mitarbei- schien vom Start der Integration bis zu deren tern aber waren diese Unterschiede gegenüber Ende in 2003. strong2gether war ein neuer dem ehemaligen Konkurrenten bewusst; neben Name, der den Integrationsansatz best of both Unkenntnis traten auch Angst um den eigenen symbolisieren und für die Integrationsphase Arbeitsplatz oder Widerstand gegen die Akquisi- eine neue Identität herstellen sollte. Alle Mit- tion von beiden Seiten. Dies musste durch Maß- arbeiter sollten hier eine neues „Dach“ finden, nahmen der kulturellen Integration aufgebro- sodass weder der Name des BP-Mitarbeiter- chen werden. Die Deutsche BP verfolgte zwei magazins noch derjenige von Veba Oel oder Aral eng miteinander verflochtene Integrations- übernommen wurde. ansätze: Ein wichtiger Baustein waren Informa- tion der Mitarbeiter und Kommunikation mit ihnen, ein weiterer wichtiger Baustein waren integrationsfördernde Maßnahmen, die nachfol- gend dargestellt werden. Das wichtigste interne Kommunikationsmedium für eine zeitnahe

Abbildung 8: Logo von strong2gether

49 Zusammengestellt nach Scholz, Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – Integrationsprozesse bei der Fusion von BP und Aral. In OrganisationsEntwicklung, Heft 4/04. S. 58–71

| 37 Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Mit strong2gether wurden alle 10.000 Mit- arbeitergruppe neu waren. Eine Besonderheit arbeiter der neuen deutschen BP zeitnah über von strong2gether waren Interviews mit Füh- alle wichtigen Themen informiert. Themen von rungskräften wie dem Vorstandsvorsitzenden strong2gether waren alle Themen der Integration oder dem britischen Integrationsmanager, die (z. B. die neue Organisationsstruktur, der legal aber nicht von den Redakteuren der Zeitschrift, completion date, neue BP-Systeme wie HSSE sondern von BP-Mitarbeitern durchgeführt wurden. oder die Mitarbeiterbefragung bei BP), aber auch Außerdem enthielt diese Integrationszeitschrift die Vorstellung von Geschäftsbereichen, Stand- von Mitarbeitern geschriebene Artikel. orten oder Produkten, die jeweils für eine Mit-

Abbildung 9: Kommunikation von strong2gether als Printmedium

38 | Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Neben diesem Printmedium gab es auch eine Unternehmens vollständig beantwortet. schnelle elektronische Kommunikation. Im Weiterhin wurden Erfolgsgeschichten aus strong2gether Extranet/Intranet wurden ähnli- Geschäftsbereichen und Projektteams im che Themen wie im Printmedium angesprochen, Intranet publiziert. Elektronische Newsletter hier allerdings ergänzt um die Möglichkeit, dass ergänzten diese Kommunikationsmedien mit Mitarbeiter Fragen an das Redaktionsteam zur tages- und teilweise auch stundenaktuellen Integration stellen konnten. Diese Fragen wur- Informationen zum Fusionsprozess. den dann zusammen mit den Betriebsräten des

Abbildung 10: strong2gether im Extranet

| 39 Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Ergänzend wurden bei der internen Kommuni- Stakeholder wie z. B. Kunden, Lieferanten, kation eingesetzt: Investoren, Kommunen, Behörden, Presse). — E-Mails „an alle“ zur schnellen Information Beide Zielgruppen mussten bedient werden, die aller Mitarbeiter in Ergänzung zum Extranet; Kommunikationsstränge mussten allerdings Themen waren beispielsweise: Geschäfts- konsistent in ihren Aussagen sein und zeitlich ergebnisse, Kommentare zu Presseartikeln aufeinander abgestimmt werden. Dazu Britta über die BP, die Ministererlaubnis im Kartell- Kopfer, Manager Internal Communications bei verfahren, Qualitätsprobleme, Spenden- der deutschen BP: sammlung anlässlich der Überflutungen in Ostdeutschland.50 Wir haben immer versucht, den Mitarbeitern — TOP 200 Newsletter des Vorstandsvorsitzenden einen Informationsvorsprung zu geben ... Erst alle zwei Wochen; Ziel: Versorgung der Top- die Mitarbeiter, dann die Öffentlichkeit, damit Manager mit aktuellen Informationen, die sie nichts aus der Presse erfahren mussten. Das diese an ihre Mitarbeiter weitergeben sollten; war die Reihenfolge. Meistens ist das gut gegan- Themen: Integrations- und aktuelle Themen gen, manchmal leider auch nicht.51 (beispielsweise Ergebnisse von Aufsichts- ratssitzungen), Regelungen zu den Arbeits- Nach dem Ende der Integration wurde aus vertragsbedingungen, Berichte vom Besuch strong2gether mit etwas anderem Layout und von Lord Browne, CEO, oder John Manzoni, anderen Themen die neue BP-Mitarbeiterzeit- Chief Executive Refining & Marketing bei schrift Kompass mit dem entsprechenden der deutschen BP, Ergebnisse der Führungs- Kompass-Intranet-Auftritt. Dies zeigte deutlich kräftebefragung. das Ende der Integration an. — Innerhalb des Intranets BP/Veba Oel/Aral wurde ein Bereich eingerichtet nur für das Neben diesen Informationskanälen wurde aber TOP-200-Management-Team; Ziel: schnelle auch eine massive Kommunikations- und Versorgung der Zielgruppe mit Informationen Dialogplattform zwischen Top-Führungskräften und Arbeitsmaterialien wie z. B. Besprechungs- und Mitarbeitern etabliert. Dazu zählten die so- protokolle, wichtige Präsentationsfolien, genannten townhall-meetings. Grundidee der Reden oder bereits ausgearbeitete Fragen townhalls ist eine direkte und ungefilterte und Antworten (Q & A), um die Führungs- Kommunikation zwischen Führungskräften und kräfte auf die direkte Kommunikation mit Mitarbeitern. Damit diese Form der Kommuni- ihren Mitarbeitern vorzubereiten. kation gelingt, werden überschaubare Einheiten — Es wurde ein Wörterbuch erstellt mit dem (Standorte oder Betriebe) gebildet, die mit bis zu firmeneigenen Geschäfts-Slang beider Seiten. 500 Mitarbeitern immer noch einen Rahmen abgeben, der direkte Fragen von Mitarbeitern an Die Ziele dieses aufwendigen Kommunikations- die Führungskräfte fördert. Die Mitarbeiter kön- ansatzes waren vielfältig. So sollten alle Mit- nen ihre Fragen entweder direkt in den townhalls arbeiter eingebunden werden in die Prozesse und die Strukturen des neuen Unternehmens; ihre Motivation sollte gesteigert werden durch 50 Vgl. hierzu die ABB (2005) – The Dormann Letters. diese umfassende, schnelle und offene Kommu- Zürich, die alle E-Mails enthält, die Jürgen Dormann in nikation; Integrationsprojekte sollten schneller seiner Eigenschaft als CEO der ABB Ltd im Zeitraum umgesetzt werden, da alle Mitarbeiter umfassend vom 5.09.2002 bis zum 31.12.2004 wöchentlich schrieb. informiert wurden; die Attraktivität als Arbeit- 51 Interview mit Britta Blanz/Kopfer (interne Kommu- geber sollte erhöht werden. Schwierig war die nikation) und Ulrich Winkler (externe Kommunikation) Abstimmung zwischen interner (BP-Mitarbeiter) bei BP in: Ulrich, Christina (2004) – Beyond Petroleum. und externer Kommunikation (alle externen In: prmagazin. Nummer 10, Oktober 2004. S. 22

40 | Die Fallstudie | Kulturelle Integration

stellen oder sie vorher schriftlich formulieren und abgeben. Diese Fragen werden nicht gefil- tert, und die Führungskräfte erhalten somit keine Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Ant- worten. Für Führungskräfte war dies eine andere Art der Kommunikation als Betriebsversamm- lungen, die ritualisiert in ihrem Ablauf sind sowie weniger gegenseitiger Dialog sind als klassische Ein-Weg-Kommunikation über Reden von Betriebsräten und Führungskräften. Die Fragen der Mitarbeiter ergaben sich meist aus der aktuellen Situation des Unternehmens oder aus den kurzen Eingangsstatements der Füh- rungskräfte. Wegen der großen Öffentlichkeit lastete ein hoher Druck auf den Führungskräften, spontan verbindliche und glaubwürdige Aussagen zu treffen – gerade in Zeiten des Personalabbaus und der schmerzhaften Einschnitte in gewohnte Abläufe keine leichte Aufgabe.

Abbildung 11: „Grüne Welle” im Ruhrgebiet – mehr als 1.000 BP-Mitarbeiter aus ganz Deutschland nahmen als Team am RuhrMarathon 2005 teil.

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Ein weiteres Kommunikationsinstrument wurde Was machen die einzelnen Integrationsteams? mit lunch & talk eingeführt. Bei dieser Kom- — Werde ich auf Dauer einen Arbeitsplatz munikationsform traf sich ein Vorstandsmitglied haben? Bei welchem Unternehmen werde ich mit einer Gruppe von bis zu 15 Mitarbeitern zu in Zukunft arbeiten? Wie hoch wird mein einem gemeinsamen Mittagessen, bei dem die Gehalt sein? Mitarbeiter ohne irgendwelche Einschränkungen Fragen an ihn stellen konnten. Dieses Verfahren Die Teilnahme an den lunch & talks war freiwil- wurde von allen Vorstandsmitgliedern – teilweise lig; es war nur eine formlose Anmeldung der auch in parallelen Terminen – durchgeführt, interessierten Mitarbeiter erforderlich. Es wur- solange Gesprächsbedarf im Unternehmen den allerdings getrennte Veranstaltungen für bestand. Zum Mittagessen servierten die Top- Mitarbeiter und für Führungskräfte organisiert. Manager dabei belegte Brötchen, sodass das Für die Vorstände brachte lunch & talks viele Mittagessen und Fragen des richtigen Beneh- Rückmeldungen und wichtige Einsichten in das mens nicht in den Vordergrund traten und eine Stimmungsbild „vor Ort“. Als Vorteile zu verbu- eher informelle Atmosphäre entstehen konnte. chen sind die große visibility des Top-Manage- In dieser intimen Stimmung entstand schnell ments sowie das Schaffen von Bewusstsein über ein sehr persönlicher Kontakt zwischen Top- die aktuelle Geschäftssituation bei den beteilig- Management und Mitarbeitern, sodass einer- ten Mitarbeitern. Die Wirkung eines solchen seits drängende Fragen zur Integration offen ge- Kommunikationsinstrumentes ist allerdings zu stellt werden konnten und andererseits eine auf- einem hohen Prozentsatz abhängig von der richtige Rückmeldung an die Top-Manager zum Persönlichkeit der durchführenden Führungs- bisherigen Integrationsprozess erfolgen konnte. kraft, da ungewohnte Situationen auf sie zukom- In den Veranstaltungen mit jeweils circa men mit einer hohen psychischen Belastung 90 Minuten Dauer kamen beispielsweise folgen- (das „Servieren“ der Brötchen, die Nähe der Mit- de Fragen zur Sprache: 52 arbeiter sowie deren spontan formulierte Fragen). Darüber hinaus war diese Form der direkten — Wie werden Trainingsmaßnahmen und Kommunikation auch sehr aufwendig, sowohl in Weiterbildungsmöglichkeiten im neuen der Organisation der Termine für unterschied- Unternehmen aussehen? Welche Chancen liche Standorte als auch für die Führungskräfte. hat man als deutscher Mitarbeiter in der BP? Der Tagesablauf des Top-Managements änderte — Was bedeutet best of both konkret? sich in dieser Zeit des Umbruchs deutlich: Wird die Veba Oel in der BP „untergehen“? Zunehmend wurde er geprägt durch persönliche (Diese Angst wurde von Veba-Oel- und Aral- Gespräche. Mitarbeitern geäußert.) — Wie funktioniert die BP? Wie muss ich mich bei der BP verhalten? — Wie sehen die weiteren Umzugspläne aus? Welche Abteilungen werden in welchen Städten arbeiten? Welche Unterstützung gibt es bei den Umzügen? — Wie sieht die weitere Vorgehensweise für die Mitarbeiter in den Joint Ventures der BP (z. B. in den Raffinerien, die zusammen mit 52 Zusammengefasst nach Deutsche BP AG (2002 und der venezolanischen PdVSA betrieben 2003) - strong2gether. Zeitschrift für die Mitarbeiter der werden) aus in Bezug auf die weitere Ein- BP-Gruppe in Deutschland, Veba Oel, Aral, Veba Oil bindung in die Integration? Refining & Petrochemicals und Veba Oil & Gas. — Wie läuft der Integrationsprozess? Gelsenkirchen. 3/2002, S. 8 f. und 1/2003, S. 10 f.

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Britta Kopfer, Manager Internal Communications, zog folgendes Zwischenfazit zur Kommunikation im Integrationsprozess, wobei sie die Integration als eine Form eines Veränderungsprozesses ansah:

Veränderungen müssen frühzeitig und – so weit sind. Führungskräfte müssen sich in Verände- möglich – offen an alle Mitarbeiter kommuni- rungsprozessen mehr Zeit für die direkte ziert werden. Kommunikation mit ihren Mitarbeitern nehmen, auch wenn sie dafür eigentlich weniger Arbeits- Schnelligkeit ist ein, wenn nicht sogar der wich- zeit zur Verfügung haben wegen der Vielzahl an tigste kritische Erfolgsfaktor in Veränderungs- zu bearbeitenden Themenstellungen. prozessen. Dazu gehört auch die Schnelligkeit der offenen Kommunikation mit den eigenen Die Top-Führungskräfte müssen im Verände- Mitarbeitern. rungsprozess für die Mitarbeiter sichtbar sein und Orientierung geben. Dazu gehört auch die Für jeden Mitarbeiter muss die passende emotionale Ansprache der Mitarbeiter, die reine Kommunikationsform gefunden werden, sei es Vermittlung von Daten und Fakten reicht nicht über Print-Medien, über elektronische Medien aus. oder über den persönlichen Kontakt. Kommunikation darf nur das versprechen, was Es hat sich schnell gezeigt, dass Dialog und auch gehalten werden kann. Eine blumige Information über gedruckte und elektronische Information wird schnell als „billige Werbung“ Medien kein Ersatz für persönliche Gespräche verstanden und führt zu einem Vertrauens- und die Kommunikation mit den Mitarbeitern verlust.

Abbildung 12: Wilhelm Bonse-Geuking und Mitarbeiter beim lunch & talk Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Die Deutsche BP setzte neben der dargestellten Die folgende Übersicht53 zeigt exemplarisch eini- Kommunikationsschiene ein ganzes Bündel an ge Maßnahmen mit ihren Zielsetzungen. Instrumenten zur Integrationsförderung ein.

Tabelle 3: Integrationsmaßnahmen bei der deutschen BP

IGNITE-Workshops ( = „Zündung“) – Management Alignment Meetings

Zielgruppe: rund 150 Topmanager aus Deutschland sowie Mittel- und Osteuropa (siehe die unten stehende Beschreibung)

Peer Mentoring zwischen Senior Mentee/Senior Mentor

Ziele: Einführung von Mitarbeitern in die BP-Welt mit ihren Strukturen und Regeln durch einen gleichrangigen, aber explizit „diversen“ BP-Partner; Überbrückung von kulturellen Unterschieden durch persönliches Kennenlernen und eine persönliche Unterstützung

Vermittlung der Mentoring-Partner durch das Integrationsteam; dabei wurde auf „Verschiedenheit“ geachtet, sodass keine homogenen Paare entstanden in Bezug auf Organisationszugehörigkeit, Alter, Geschlecht etc.

Keine vorgegebenen Kommunikationsregeln oder Ziele; das Programm lief in der Eigenverantwortung der Paare für drei Monate

Mutual Mentoring

Ziele: Einführung von Mitarbeitern in die BP-Welt mit ihren Strukturen und Regeln durch einen hierarchisch übergeordneten BP-Partner

Vermittlung der Mentoring-Partner durch das Integrationsteam; keine vorgegebenen Kommunikationsregeln oder Ziele

Gender Speak

Ziele: Schaffen von Bewusstsein über geschlechtsspezifische Kommunikation und Teamarbeit durch Diskussionsrunden; Themenbereich von diversity & inclusion

Cross Cultural Training and Workshops

Ziele: Schaffen von Bewusstsein über kulturelle Unterschiede, d. h. unterschiedliche Werte und Verhaltensweisen innerhalb der BP-Welt und mit Kunden/Lieferanten; Herausarbeiten von Potenzialen, die in dieser Unterschiedlichkeit liegen, und Bestimmung von Spielregeln für interkulturell gemischte Arbeitsgruppen

Themen: Umgang mit unterschiedlichen Werten im Arbeitsalltag; Kommunikationsmodelle und deren Anwendung im Alltag; Gebrauch von Englisch als gemeinsamer Unternehmenssprache

Dauer: zwei Tage; Kurssprache Deutsch oder Englisch

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FLL – First Level Leadership Program

Ziele: Vermittlung von weltweit gültigen BP-Standards in Bezug auf Verfahren und Abläufe, aber auch in Bezug auf die BP-Philosophie und Führung bei BP

Zielgruppe: alle Team- und Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich sowie Meister und Schichtmeister im technischen Bereich (= First Level Leader); weltweit etwa rund 12.000 Mitarbeiter, in Deutschland über 500 Mitarbeiter

Jedes Jahr finden rund 150 Veranstaltungen alleine der beiden ersten Module statt.

Es gab pro Teilnehmergruppe vier Module zu den Themenbereichen 1) Context & Connections: Überblick BP; BP-Strategie; Ergebnisse; Brand Values; Führungsmodell der BP; HSSE; D&I; Organisationsmodell; Dauer: 2 Tage 2) Leadership event: Leading self; Leading others; Leading highly effective teams; Leadership stories; Action Challenge; Dauer: 4 Tage 3) Supervisory essentials: HSSE; Ethics; People (z. B. Gesprächsführung, Arbeitsrecht); Relationships; Finance & Control; Dauer: 7–10 Tage 4) Peer Partnership: begleitendes Mentoring-Konzept

HR Orientation

Ziele: Schaffen von Bewusstsein über die BP-Philosophie/HR Strategie/Markenwerte

Zielgruppe: alle neuen BP-Mitarbeiter

Away-Days für Abteilungen/Bereiche

Im Rahmen eines „Away-Days“ verlassen komplette Abteilungen für 1–2 Tage das Büro.

Ziel: Verbesserung der internen Zusammenarbeit; einander kennenlernen; Spaß haben (Verhältnis Spaß : Arbeit etwa 30 : 70)

Themen der Away-Days: spezifische Abteilungsthemen wie beispielsweise „Wer macht was?“, „Wer kommt aus welcher Organisation?“, „Wo müssen wir uns besser abstimmen?“

Methoden: Workshops, ergänzt z. B. durch Outdoor-Übungen

Diese Maßnahmen waren zielgruppenspezifisch gestaffelt.

53 Die folgenden Informationen wurden entnommen Marx & Stevenson: „One of the rarest managerial skills aus: Deutsche BP AG (2004) – Präsentation von Hans- is the ability to understand which tools will work in a Jürgen Fleckhaus, Arbeitsdirektor der deutschen BP AG, given situation – and not to waste energy or risk credibi- beim Arbeitskreis Internationale Personalarbeit, 26. lity using tools that won't.“ Zitat aus Christensen, Februar 2004. Gelsenkirchen sowie Interviews des Clayton M., Marx, Matt & Stevenson, Howard H. (2006) – Autors mit Herrn Fleckhaus und Frau Kopfer. The Tools of Cooperation and Change. In Harvard Vgl. zum Einsatz von Instrumenten zur Förderung von Business Review, Oktober 2006. S. 80 Kooperation und Wandel das Zitat von Christensen,

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Abbildung 13: Integrationsmaßnahmen nach Zielgruppen 54

Level „TOP 150“ Level „Teamleader“ Level „Employees“ # of employees (plan)

Ignite I + II 150

Peer Mentoring 150

Gender Speak 100

Cross Cultural Workshops According to requirements

First Level Leadership 300

HR Orientation Workshops 7.500

Lunch & Talk According to requirements

BP Corporate Internet / BP Corporate Intranet 10.000

Im Folgenden soll an zwei Maßnahmen das kon- Strategie der BP, die Teilnehmer hatten aber krete Vorgehen zur Integrationsförderung näher über das offen gestaltete Design der Workshops vorgestellt werden. Am Beispiel der IGNITE- die Möglichkeit, ihnen wichtige Themen zur Workshops für die 150 Top-Führungskräfte des Sprache zu bringen und zusammen mit den Konzerns und der zeitlich nachfolgenden Inte- Mitgliedern des Leitungsteams zu bearbeiten. grationsforen der Business Unit Aral werden Vorgehen und Methodik bei dieser Integration detaillierter dargestellt.

Die zwei IGNITE-Workshops wurden konzipiert für die 150 Top-Führungskräfte des neuen Konzerns aus Deutschland sowie Mittel- und Osteuropa.55 Der erste IGNITE-Workshop fand bereits im Juli 2002 statt, also kurz nach der Übernahme der restlichen Gesellschaftsanteile der Veba Oel durch die BP. Mit diesen Work- shops sollte eine Initialzündung (ignite = Zündung) für eine gemeinsame Zukunft der Mitarbeiter der „alten“ deutschen BP, der Veba 54 Zitiert nach Deutsche BP AG (2004) – Präsentation von Oel und von Aral ausgelöst werden. Diese Hans-Jürgen Fleckhaus, Arbeitsdirektor der deutschen BP Workshops sollten Netzwerke zwischen den AG, beim Arbeitskreis Internationale Personalarbeit, 26. Führungskräften bilden, die sich so kurz nach Februar 2004. Gelsenkirchen der Fusion noch nicht alle persönlich kannten. 55 Zusammengefasst nach Deutsche BP AG (2002) – Darüber hinaus sollten aber auch wichtige strong2gether 4/2002, Zeitschrift für die Mitarbeiter der Themen zur Sprache kommen und von den BP-Gruppe in Deutschland, Veba Oel, Aral, Veba Oil Führungskräften selbst bearbeitet werden. Des- Refining & Petrochemicals und Veba Oil & Gas. Gelsen- halb gab es zwar Vorträge der Vorstände zur kirchen. S. 10 f. sowie diversen Interviews des Autors

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Im ersten IGNITE-Workshop wurden folgende schiedenen Fragestellungen abgeben konnten. Themen bearbeitet: Das Leitungsteam erhielt so ein unmittelbares Stimmungsbild ihrer wichtigsten Führungskräfte — Rolle und Aufgaben der internen zu aktuellen Themen. Die Aufgabenstellung an Kommunikation bei der Integration die Teilnehmer nach Ende des Workshops — die Motivation der Mitarbeiter bestand darin, mit ihren Mitarbeitern über die — Markenintegration und -positionierung IGNITE-Workshops und die darin besprochenen — die Frage nach dem Ablauf von und erarbeiteten Inhalte zu reden. Entscheidungsprozessen bei der BP — das Organisationsmodell der BP – die Arbeit Der zweite IGNITE-Workshop fand ein halbes in der Struktur der Business Units Jahr später im Januar 2003 statt. Ein kurzer — die Gerüchte in der Fusion – und was an Rückblick auf die bisherige Integration eröffnete ihnen wahr ist den Workshop, bevor die anstehenden Themen — die Frage nach einer hidden agenda diskutiert wurden. Dazu gehörten in der Integration. — die anstehenden Personalfragen wie Für viele Führungskräfte waren die in diesen beispielsweise Stellenbesetzung, Umzüge zweieinhalb Tagen eingesetzten Methoden unge- und Entlassungen, wohnt. Um das Kennenlernen der Führungs- — die Integration der verschiedenen kräfte zu beschleunigen und Vorurteile abzubau- Unternehmenskulturen, en, wurden Kleingruppen zur Bearbeitung der — der weitere Umgang mit den Joint Ventures verschiedenen Themen gebildet. Eine der ersten (z. B. im Raffinerie-Bereich), Aufgaben war es, gemeinsam in diesen Klein- — die Vereinfachung und Beschleunigung von gruppen ein Bild zu malen, das die Zukunft der Prozessen sowie „neuen“ deutschen BP darstellen sollte. Diese — die Erhöhung der Wertschöpfung. Übung sollte einerseits einen Diskussions- prozess über die gemeinsame Zukunft in Gang Auch hier gab es Vorträge, z. B. zur Strategie setzen (es sollte immer nur ein Bild pro Klein- des downstream-Geschäfts, zur Strategie des gruppe entstehen!), andererseits aber auch einen Segments Europa und einen Erfahrungsbericht neuen, kreativen Zugang zu diesem wichtigen zur Übernahme von Arco durch BP. Kernpunkt Thema eröffnen. Auch die Teambildung wurde war aber ein Informationsmarkt, auf dem sich auf einem neuen Weg gefördert: Die Teilnehmer 19 verschiedene Business Units und Funktionen erhielten Schlaginstrumente und sollten gemein- präsentierten. Zu diesem Zeitpunkt war die bis- sam Musik machen. Nach Proben in kleinen herige Struktur der Veba Oel mit den drei recht- Gruppen kamen dann 150 Teilnehmer zusam- lich selbstständigen Tochterfirmen gerade in die men und schafften es, gemeinsam Musik mit BP-Struktur der Business Units überführt wor- einem einheitlichen Rhythmus zu spielen und den. Mitarbeiter wurden neu zugeordnet, Pro- sich aufeinander einzustellen. Die Logik dieser zesse und Verantwortlichkeiten mussten – Übung war augenscheinlich: Wenn die Teil- oftmals über Ländergrenzen hinweg – neu nehmer es schaffen konnten, gemeinsam trotz organisiert werden. Die Aufgabenstellung für die aller individuellen Unterschiede und ohne einen Business Units bestand darin, dass sie Pinn- langen verbalen Verständigungsprozess Musik wände für diesen IGNITE-Workshop vorbereiten zu machen, dann wären sie auch in der Lage, sollten, auf denen sie ihre Arbeit, ihre Strategien diese komplexe Integration zu bewältigen. und Ziele für das Jahr 2003 präsentieren sollten. Zudem kam in diesen Workshops ein digitales Alle Pinnwände wurden aufgestellt und die Abstimmungssystem zum Einsatz, durch das die Teilnehmer des Workshops konnten sich wäh- Führungskräfte anonym ihre Bewertung zu ver- rend der Zeit des Informationsmarktes dort

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informieren, wo sie einen persönlichen Informa- auch die Integrationsmaßnahmen in den einzel- tionsbedarf hatten. An jeder Pinnwand stand ein nen Business Units starten. So wurden für die Verantwortlicher, der weitere Informationen Mitarbeiter des Bereichs Tankstellen mit den „aus erster Hand“ geben konnte. Abteilungen Operations, Asset-Management und Shop & Fast Food zwei aufeinander folgende Ein weiterer Programmpunkt war die Diskussion Integrationsforen/Dialogkonferenzen mit der Broschüre „Wofür wir stehen“. Hier ging es jeweils 100 bis 150 Teilnehmern angesetzt.56 um die Diskussion der Unternehmenswerte und Auch diese Veranstaltungen liefen unter dem die Frage nach der Umsetzung dieses neuen Motto strong2gether. Vor dem ersten Integra- Leitbilds für die Deutsche BP. Der Einsatz einer tionsforum konnten die Teilnehmer ihre beiden Theatergruppe wiederum brachte einen anderen wichtigsten Fragen zur Integration schriftlich wichtigen Aspekt zur Bearbeitung. Die Schau- einreichen, sodass sich die vortragenden Top- spieler schlüpften in die Rolle von „ehemaligen“ manager und die Moderatoren auf Themen und BP-, Veba-Oel- und Aral-Mitarbeitern vor der Fragen der Teilnehmer inhaltlich einstimmen Fusion und stellten prototypisch deren Verhal- konnten. tensweisen dar. Im Anschluss an diese Auf- führung wurde von den Teilnehmern erarbeitet, Für diese ersten Integrationsforen gab es folgen- wie sich die Führungskräfte der „neuen“ deut- de Ziele: 57 schen BP verhalten sollten. Als Kernpunkte wur- den genannt: offen, rücksichtsvoll, partner- — Die Mitarbeitenden der beiden Unternehmen schaftlich, veränderungsbereit, risikobereit, vor- sollen sich gegenseitig kennen lernen, sich bildlich und sich selbst treu. Auch diese Ver- über ihre Arbeitsweisen und die Erfahrungen anstaltung endete mit der Aufforderung an die in ihren jeweiligen Unternehmen austauschen. Führungskräfte, die besprochenen Inhalte des — Ein einheitlicher Wissensstand soll hergestellt Workshops mit ihren Mitarbeitern zu bespre- werden; der Fusionsprozess soll transparent chen. Die ausführliche Berichterstattung in werden. strong2gether vermittelte den Mitarbeitern ein erstes Stimmungsbild, verbunden mit der Aufforderung, bei Bedarf die Führungskräfte direkt anzusprechen und Informationen aktiv einzufordern. 56 Nachfolgende Zusammenfassung nach Scholz, Holger, Die IGNITE-Workshops wurden nach der Inte- Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – gration nicht mehr weitergeführt; fortgeführt Integrationsprozesse bei der Fusion von BP und Aral. In wurde allerdings diese Art von Management- OrganisationsEntwicklung, Heft 4/04, S. 58–71; Scholz, konferenzen. Jährlich einmal treffen sich die Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – Unternehmensleitung und das Top-Management, Unternehmensreport Aral: strong2gether – die Fusion von um gemeinsam wichtige strategische und zum BP und Aral. In Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – Teil auch ganz aktuelle Themen zu behandeln. Human Resource Management, 53. Ergänzungslieferung Die Folgekonferenzen standen beispielsweise Oktober 2004. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57; unter den Motti „One Company“ und „Fit to Interview des Autors mit Dr. Jürgen F. Studt, Implemen- Lead – Führend in Europa“. tation-Manager der Aral AG 57 Scholz, Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – Nachdem die Integration auf der Ebene der Top- Unternehmensreport Aral: strong2gether – die Fusion von Führungskräfte des Konzerns durch die IGNITE- BP und Aral. In Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – Workshops gestartet war und damit Integra- Human Resource Management, 53. Ergänzungslieferung, tionsstrategie und -richtung klar waren, konnten Oktober 2004. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57, S. 31

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— Unterschiedliche Meinungen sollen offen zu C) Die Teilnehmer machten sich während der Wort kommen und diskutiert werden. Vorträge Notizen zu folgenden Fragen: — Vertrauen soll geschaffen und Motivation „Was finde ich gut?“, „Was sehe ich anders?“ gestärkt werden. und „Was ist noch offen?“. Die Fragen der — Die Beschäftigten mit ihrem Know-how Teilnehmer wurden an Metaplanwänden sollen eingebunden werden, damit ein gesammelt, geclustert und anschließend von neues, starkes Team entsteht. den Führungskräften beantwortet, sodass ein — Die Beschäftigten sollen gestärkt werden, offener Dialog stimuliert wurde. um die Herausforderungen des Neuen anzunehmen. Abbildung 14: Exemplarische Antworten — Die anstehenden Veränderungen sollen der Teilnehmer auf die ersten Aufgaben- gemeinsam gestaltet werden. stellungen beim ersten Integrationsforum58

Der Ablauf der beiden Tage sollte also so gestal- Was finde ich gut? tet sein, dass ein Maximum an wichtigen Informationen, an persönlichen Begegnungen • Das Bemühen, sich gegenseitig kennen- und verstehen zu lernen (ARAL und BP) mit einer produktive Konfrontation mit den • Das gemeinsame Arbeiten an der Unternehmen und ihren Kulturen verbunden Integration wurde. Neben Vorträgen, die die Teilnehmer • Gemischtes Blut Blau/Grün: Neue Ideen und Bewährtes eher zu passiven Informationsempfängern • Suche nach dem Besten aus beiden machen, wurden bei der Entscheidung über die Gesellschaften für die Zukunft Methoden für die Dialogkonferenzen deshalb • Offenheit und klare Informationen seitens solche gewählt, durch die die Teilnehmer räum- des Managements lich, motivational, ganzheitlich etc. „bewegt“ Was sehe ich anders? wurden. • Wir sind unterschiedlicher als verkündet • Strategische Unterschiede waren vorhanden Erste Dialogkonferenz – • Arbeitsplatzsicherheit nach wie vor offen Ablauf des ersten Tages • Zeitraum der Zusammenführung zu lang • Zeitpunkt der Veranstaltung zu früh; Konkretes darf teilweise nicht gesagt A) Begrüßung der Teilnehmer über einen vor- werden bereiteten Sketch, bei dem sich ein BP- und ein Was ist noch offen? Aral-Mitarbeiter auf dem Weg zur Konferenz treffen und über die Kleidung des anderen spot- • Ablauf der weiteren Kommunikation ten (Casual-Kleidung mit Rucksack versus dunk- • Transparenz der Besetzung des Integrationsteams ler Aufzug mit Aktentasche); der Sketch sollte • Aufbau und Ablauf der künftigen die Atmosphäre lockern und gleichzeitig die kul- Organisation, Details turellen Unterschiede thematisieren. Durch den • Kulturfragen: Wie gehen wir miteinander um?/Führungsstil Sketch sollten zudem Standards gesetzt werden • Wie arbeiten wir in den nächsten Wochen für die nachfolgenden zwei Tage, was den Um- effektiv zusammen? gang miteinander anging (Offenheit, Ehrlichkeit und Unvoreingenommenheit).

B) Vorträge des Top-Managements zum gegen- 58 Scholz, Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – wärtigen Stand der Integration, die auf folgende Unternehmensreport Aral: strong2gether – die Fusion von Fragen Antworten gaben: „Woher sind wir ge- BP und Aral. In Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – kommen – wohin gehen wir? Was ist grün – was Human Resource Management, 53. Ergänzungslieferung, ist blau? Wie gehen wir den gemeinsamen Weg?“ Oktober 2004. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57, S. 31

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D) Partnerinterviews zu Gelungenem und För- Erste Dialogkonferenz – derlichem der jeweils anderen Kultur nach der Ablauf des zweiten Tages Methode des appreciative inquiry (wertschätz- ende Untersuchung): „Was funktioniert gut bei A) Begrüßung durch den externen Moderator euch?“ 59 ; Durchführung in Zweier-Gruppen mit und Rückspiegelung des Verhaltens der Teil- 50 Minuten Zeit für die Interviews; anschließende nehmer am ersten Tag aus seiner Perspektive: Vorstellung des interviewten Partners und seiner Wo gab es Unterschiede und wo gab es Gemein- Erfolgsgeschichte in einer Achter-Gruppe. samkeiten zwischen den Teilnehmern und ihren Unternehmenskulturen? Abbildung 15: Der Leitfaden für das appreciative-inquiry-Interview 60 B) open space: Die Teilnehmer der Dialogkonfe- renz selbst organisierten ihren zweiten Arbeits- Beschreiben Sie mir eine Begebenheit tag und die Themen, an denen sie arbeiten wollten. oder Situation aus Ihrem Arbeitsumfeld, Die 150 Teilnehmer nahmen sich zehn Themen die Sie als besonders positiv empfunden zur Bearbeitung vor, an denen jeweils zwei haben. Hierbei geht es um selbst Erlebtes oder Beobachtetes. Sei es, dass Sie im Stunden intensiv gearbeitet wurde. Abschließend Team etwas Außergewöhnliches erreicht leiten die Präsentationen der Ergebnisse der haben, sei es eine nette Geste aus dem Arbeitsgruppen in eine Diskussion über. Arbeitsalltag oder bereits aus dem Inte- grationsprozess, sei es etwas anderes – berichten Sie von einer Situation, die Sie inspiriert hat, die überaus positiv war, so- dass Sie Ihnen aufgefallen ist. 59 Vgl. die Darstellung in Holman, Peggy & Devane, Tom Beschreiben Sie die Begebenheit oder (Hrsg.) (2002) – Change Handbook. Heidelberg: Carl-Auer- Situation: Systeme Verlag. Der Ansatz des appreciative inquiry soll • Wer war beteiligt? Was war Ihre Rolle? zu einer wertschätzenden Atmosphäre führen, indem im Wie fühlten Sie sich? Nennen Sie die ersten Anlauf bewusst nicht nach den existierenden Pro- Ursachen, die zum Erfolg führten blemen gefragt wird, sondern nach dem, was gut gelau- (Erfolgsfaktoren). fen ist oder was positiv an anderen Kollegen/Abteilungen/ Mit Blick auf die Zukunft: Bereichen empfunden wird. Diese Gemeinsamkeiten wer-

• Nennen Sie drei wichtige Entscheidungen den dann zur Veränderung der Organisation benutzt. oder Maßnahmen, die getroffen werden 60 Scholz, Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – müssen, um in Ihrem Unternehmen noch Unternehmensreport Aral: strong2gether – die Fusion mehr Erfolgsgeschichten und Höhepunkte von BP und Aral, In Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – zu erleben als bisher. Human Resource Management, 53. Ergänzungslieferung, Oktober 2004. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57, S. 37 E) Abschluss der Veranstaltung mit einem von 61 In Anlehnung an die open space technology (OST) so allen Teilnehmern gemeinsam bereiteten benannt. Bei der OST gibt es keine festen Abläufe, die Abendessen (open space catering61); Aufgabe Teilnehmergruppe soll sich selbst steuern und die für für die über 100 Teilnehmer war es, das gemein- sie wichtigen Themen bearbeiten. Die vier Grund- same Abendessen selbst vorzubereiten. Durch prinzipien der OST sind nach Holman, Peggy & Devane, diese Organisationsform wurde den Teilnehmern Tom (Hrsg.) (2002) – Change Handbook. Heidelberg, Eigeninitiative und Mitverantwortung abver- Anhang: „Jeder Teilnehmer ist immer die richtige langt, was dem Integrationsprozess einen ent- Person. Das, was geschieht, ist das Einzige, was gesche- scheidenden Schub geben sollte. hen kann. Der Event startet immer zur richtigen Zeit. Wenn der Event vorbei ist, ist es vorbei.“ Vgl. Owen, Harrison (1992) – Erweiterung des Möglichen – Die Entdeckung von Open Space. Stuttgart: Klett-Cotta

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Abbildung 16: Die Themen des open mittlung der konkreten Ziele auf Teams und space bei dem ersten Integrationsforum62 Personen mit der Ableitung von Handlungspro- grammen. 1. Was müssen wir tun, damit die 63 Integration nicht klappt? Zweite Dialogkonferenz – 2. Organisation von Veranstaltungen für Ablauf des ersten Tages den fachlichen Austausch zwischen Mitarbeitern und Kollegen 3. Zusammenfinden – sich kennenlernen A) Vorträge von Führungskräften zur neuen 4. Definition des Kompetenzrahmens der Strategie der Business Unit Tankstellen und den Bezirksleiter Konsequenzen für die einzelnen Regionen als 5. Überzeugen statt anordnen kick-off für das weitere Vorgehen. Die Teil- 6. Forderungen an die Distriktleiter nehmer machten sich Notizen zu den Vorträgen 7. Integration der Tankstelleneigentümer anhand der Fragestellungen „Was war das und -pächter Wichtigste für mich?“ und „was möchte ich noch 8. Training für den neuen Job – „Know-how-Transfer“ wissen?“ 9. Gemeinsamer Tankstellenbesuch Grün/Blau B) Anschließend fand eine Vertiefung dieser 10. Mitwirkung bei neuem Einsatzgebiet Thematik mit den (teilweise neu benannten) Regional- und Geschäftsbereichsleitern in paral- C) Abgeschlossen wurde diese Dialogkonferenz lelen Workshops mit Achter-Teams für 90 Minuten durch eine abschließende Rückmeldung der statt; spezifische Fragen konnten in diesem Teilnehmer und des Managements zu den intimeren Rahmen zwischen Vorgesetzten und Arbeitsergebnissen, dem Arbeitsklima und dem Mitarbeitern abgeklärt werden. Kontakt zu den Kollegen aus dem „anderen Lager“.

Etwa sechs bis acht Monate nach dieser ersten Veranstaltung folgte ein zweiter Block, bei dem sich die Ausgangssituation der Teilnehmer 62 Scholz, Holger, Studt, Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – wesentlich geändert hatte. Die neuen Strukturen Unternehmensreport Aral: strong2gether - die Fusion von standen mit der Zuordnung von Führungs- BP und Aral, In Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – kräften und Mitarbeitern zu Arbeitsteams. Human Resource Management, 53. Ergänzungslieferung, Aufgabenstellung für die zweite Veranstaltung Oktober 2004. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57, S. 40 ff. war jetzt nicht mehr das Kennenlernen der 63 Interessant waren die Antworten auf diese paradoxe Teilnehmer oder die Auseinandersetzung mit Fragestellung: „Böswilligkeit (z. B. „BP als Verlierer der Unternehmenskulturen. Im zweiten Block soll- Fusion bezeichnen, da die Marke verschwindet“); ten die Teilnehmer an konkreten Themen wie Ressentiments (z. B. „Engländer raus“); Verhaltensweisen der Teamorganisation oder der Umsetzung der (z. B. „Abwarten“, „keine Vollmachten geben“, „Integration Bereichsziele arbeiten. ist Sache von Integrationsmanagern“, „Konsequente Die- und Wir-Kommunikation“); Sitten und Gebräuche (z. B. Die drei dramaturgischen Schritte dieser Ver- „durch Kleidung farblich trennen“, „Haben wir schon anstaltung waren 1) „Wir haben es geschafft!“ – immer so gemacht“) ...“ Zitiert nach Scholz, Holger, Studt, Abschluss der Vergangenheit, 2) „Die Zukunft Jürgen F. & Zech, Rainer (2004) – Unternehmensreport bitte! – Wie sieht das für uns aus?“ – die Strate- Aral: strong2gether – die Fusion von BP und Aral, In gie des Unternehmens wurde auf die Bereiche Knauth, Peter & Wollert, Artur (Hrsg.) – Human Resource heruntergebrochen und 3) „Let's go! – Was sind Management, 53. Ergänzungslieferung, Oktober 2004. Köln: die nächsten Schritte in die neue Welt?“ – Ver- Deutscher Wirtschaftsdienst. 9.57, S. 40 ff.

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C) world café: Die Teilnehmer wurden in kleine C) Die den zweiten Tag abschließende Aufgabe Gruppen mit bis zu acht Personen pro Tisch unter- sollte die Teilnehmer noch einmal emotional auf teilt und mussten jeweils eine identische Frage- eine gemeinsame Reise schicken. In einem stellung unter Anleitung eines Moderators bear- Kunst-Aktionsworkshop sollten die Teilnehmer beiten. Bei dieser Dialogkonferenz war es das gemeinsam eine Straße in die Zukunft bauen. Thema „Letzte Tankstelle vor der Autobahn: Was Jeder Teilnehmer erhielt eine vorbereitete, ich noch sagen/fragen wollte, bevor es losgeht ...“ gerahmte Leinwand als „Pflasterstein“ für diese Nach der Bearbeitung des Themas wurde das Straße, der individuell gestaltet werden sollte. Ergebnis mit den Ideen und Statements der Alle Teilnehmer dieser Dialogkonferenz sollten Teilnehmer auf Flipcharts visualisiert. Nach ihre Fußspuren auf dieser Straße hinterlassen, 20 Minuten sollte sich jeder Teilnehmer eine sodass sich die Teilnehmer ihre Füße bemalten neue Gruppe aussuchen, um mit anderen Teil- und ihren eigenen Pflasterstein künstlerisch nehmern das gleiche Thema auf der Grundlage gestalteten. Anschließend wurde die gemeinsa- der bereits vorhandenen Ideen erneut zu disku- me Straße in die Zukunft gebaut. Eine Vernis- tieren. Nach einer dritten Runde dieser Art waren sage beendete diese Dialogkonferenz. auf diese Art und Weise viele Ideen intensiv und systematisch unter einer hohen Beteiligung aller Weiterhin wurden alle Mitarbeiter der deutschen Teilnehmer ausgetauscht worden. Eine Plenums- BP eingebunden in die bereits existierende BP- diskussion über die Ergebnisse dieser Diskus- Mitarbeiterbefragung (people assurance survey), sionsrunden schloss diesen Tag ab. eine weltweite, anonyme Befragung aller BP- Mitarbeiter.64 Über diese Befragung sollte einmal Zweite Dialogkonferenz – jährlich das Betriebsklima überprüft werden; Ablauf des zweiten Tages später fand diese Mitarbeiterbefragung alle zwei Jahre statt. Jeder Mitarbeiter der deutschen BP A) Kurzvortrag durch einen Berater zum Thema wurde schriftlich bzw. elektronisch befragt, wie „Winning Teams“ mit nachfolgender Aufgaben- er das Verhalten seines Vorgesetzten oder aber stellung an die neu zusammengestellten Teams das Management einschätzt und wie er sich von und ihre jeweiligen Führungskräfte: „Erarbeiten der Firma behandelt fühlt, was er über die Sie für Ihren Bereich die „Zehn Gebote“, mit Firma weiß und wie stark er sich mit BP verbun- denen sie erfolgreiche Teamarbeit sicherstellen den fühlt. Über ein standardisiertes Fragenset wollen!“ entstand so ein Meinungs- und Stimmungsbild zu folgenden Themengebieten: B) Die zweite Aufgabenstellung für die Arbeits- teams an diesem Tag lautete: „Was sind aus — BP als einzigartiges Unternehmen Ihrer Sicht die größten ein oder zwei Hebel, die — Markenbewusstsein/Ausrichtung der BP Sie selbst betätigen müssen, damit die Strategie — Arbeitsumfeld/Vorgesetzter erfolgreich umgesetzt werden kann?“ Erweitert — Bezahlung/Sozialleistung/Anerkennung wurde diese Aufgabenstellung durch die Bear- — Vertrauen und Respekt beitung des unternehmensinternen Kunden- — diversity & inclusion (Vielfalt & Einbeziehung) Lieferanten-Verhältnisses: „Was können wir — Persönliche Entwicklung selbst tun, um die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen, Bereichen und unseren Kunden erfolgreicher zu machen?“ Alle Ergeb- nisse wurden auf Pinnwänden visualisiert und in einem Informationsmarkt allen Teilnehmern 64 BP berichtet, dass sich in 2004 74 % der teilnahmebe- zugänglich gemacht. rechtigten Mitarbeiter am PAS beteiligt haben. BP (2005) – Nachhaltigkeitsbericht 2004. London. S. 3

52 | Die Fallstudie | Kulturelle Integration

Die Vorgehensweise bei der Auswertung erfolgte — Viele Mitarbeiter sind sich nicht sicher, standardisiert: 65 ob sie dem Management trauen können. Dieses Misstrauen wird auch dadurch deut- 1) Die Ergebnisse werden von HR zunächst den lich, dass rund die Hälfte der Mitarbeiter Betriebsräten vorgestellt. glauben, die Ergebnisse aus dem PAS würden nicht ernst genommen und 2) In einem zweiten Schritt werden die Verbesserungsmaßnahmen nicht ergriffen. Einzelergebnisse in Arbeitsgruppen mit Betriebsräten und Mitarbeitern besprochen, um eine gemeinsame Sicht der Ergebnisse zu errei- chen. Natürlich wird dann auch gleich darüber Abbildung 17: People assurance survey gesprochen, was sich verbessern lässt.

3) Das soll dann eher kurzfristig geschehen, nicht zuletzt um den Effekt beim nächsten PAS erkennbar werden zu lassen.

Es wurde ein Index gebildet, der employees satis- faction index (ESI), der ein Stimmungsbild über die Lage der Mitarbeiter gab. Dieser ESI konnte beliebig auf der Ebene von Standorten, von Business Units oder Funktionen aggregiert wer- den, sodass differenzierte Aussagen zur Stimmungslage der Mitarbeiter möglich waren. So konnte das Integrationsteam standardisiert überprüfen, ob bestimmte Themen während der Integration nicht genügend Beachtung gefunden hatten. Optimierungsmaßnahmen konnten an- schließend ergriffen werden. Exemplarisch sei der Kommentar zu den Ergebnissen der Mit- arbeiterbefragung von 2004 zitiert.66

Die Antworten zeigen, dass — die Arbeit in den Teams gut funktioniert, — das Verhältnis zu den direkten Vorgesetzten stimmt, — insgesamt gesehen die Mitarbeiter stolz darauf sind, für BP zu arbeiten. Gleichwohl, und das ist sehr wichtig, gibt es in einzelnen Bereichen z. T. deutlichen Verbesserungsbedarf: 65 Deutsche BP AG (2004) – Mitarbeiterinformation von — Das Ergebnis für die Deutsche BP zeigt u. a., Wilhelm Bonse-Geuking und Hans-Jürgen Fleckhaus zu den dass Führungskräfte offensichtlich zu wenig Ergebnissen des PAS mit ihren Mitarbeitern sprechen. 66 Deutsche BP AG (2004) – Mitarbeiterinformation von — Auch wurde die außerordentliche Arbeits- Wilhelm Bonse-Geuking und Hans-Jürgen Fleckhaus zu den belastung für jeden einzelnen Mitarbeiter Ergebnissen des PAS sehr kritisch bewertet.

| 53 Die Fallstudie | Personelle Integration

Die personelle Integration — Schaffen von Regelungen für die notwendig werdenden Umzüge von Mitarbeitern zu Die personelle Integration mit ihren oft „harten“ neuen Arbeitsplätzen Maßnahmen wie Entlassungen stellt den Lack- — Organisation der Arbeit des Personalbereichs mus-Test für die in Leitbildern aufgestellten innerhalb der neuen Organisations- Grundwerte zum Verhältnis des Unternehmens strukturen.68 zu seinen Mitarbeitern und für die dort postu- lierten Verhaltensmaßstäbe dar. Bei der deut- Die anstehenden Verhandlungen mit Gewerk- schen BP war von Beginn an klar, dass zum schaften und Betriebsräten gehörten mit Sicher- Erreichen der geplanten Synergien Arbeitsplätze heit zu den wichtigsten Aufgaben der personel- gestrichen werden sollten. Für das Unternehmen, len Integration. Zum 01.02.2002 übernahm die seinen Umgang mit seinen Mitarbeitern und deutsche BP 51 % der Anteile an der Veba Oel damit die Unternehmenskultur spricht, dass und damit auch die operative Kontrolle: Die diese erhebliche Personalreduktion im Folgen- Integration konnte nun auch formell beginnen. den ohne betriebsbedingte Kündigungen reali- Schon im Februar 2002 wurde eine Integra- siert wurde. Insgesamt gesehen waren die tionsvereinbarung mit der zuständigen Herausforderungen für die Unternehmens- (Industrie-) Gewerkschaft Bergbau, Chemie und leitung und das Ressort Human Resources (HR) Energie (IGBCE) und den Betriebsräten in Bezug auf die personelle Integration vielfältig. getroffen69, in der die Unternehmensleitung Zusagen zur Sicherheit von Arbeitsplätzen und Dazu gehörten beispielsweise:67 Mitbestimmung machte.70

— Schnelles Schaffen einer tragfähigen Position innerhalb der HR-Abteilungen von BP, Veba Oel und Aral, um mit den Betriebsräten überhaupt in Verhandlungen treten zu können — Ist-Analyse der verschiedenen Ausgangs- 67 Ein exemplarischer Katalog für das Arbeitsspektrum situationen und Entwurf eines Sollzustands eines Personal-Integrationsteams findet sich bei an Regelungen mit den entsprechenden Scharfenkamp, Norbert et al. (2002) – Erfolgreiches finanziellen Auswirkungen für Mitarbeiter Personalmanagement im M&A-Prozess. Düsseldorf. S. 87 ff. wie Unternehmen 68 Beispielsweise musste die Frage entschieden werden, — Mitarbeit beim Schaffen neuer gesellschafts- welche Personalthemen von der BP-Holding, welche von rechtlicher Organisationseinheiten mit den den Tochterunternehmen und welche von den Business entsprechenden Betriebsübergängen der Units bearbeitet werden sollten. Mitarbeiter 69 Alle folgenden Vereinbarungen zitiert nach: Deutsche — Verhandlungen mit den Betriebsräten: BP AG (2004) – Präsentation von Hans-Jürgen Fleckhaus, Zusammenführen von zwei unterschiedlichen Arbeitsdirektor der deutschen BP AG, beim Arbeitskreis Organisationswelten mit allen rechtlichen Internationale Personalarbeit, 26. Februar 2004. Regelwerken (Tarifverträge, Betriebsverein- Gelsenkirchen barungen und sonstige Regelungen) 70 Vgl. Scharfenkamp, Norbert et al. (2002) – — Definition der neuen Aufbauorganisationen Erfolgreiches Personalmanagement im M&A-Prozess. mit der Zuordnung von Mitarbeitern auf Düsseldorf. S. 140, der nachdrücklich darauf hinweist, Stellen dass solche Vereinbarungen mit Gewerkschaften und — Personalauswahl sowie Verhandlungen mit Betriebsräten am besten vor einer Übernahme oder den Betriebsräten wegen des Personalabbaus direkt anschließend getroffen werden, um Rechtsstreitig- keiten und Probleme zu vermeiden.

54 | Die Fallstudie | Personelle Integration

Zur Sicherheit der Arbeitsplätze wurde zugesagt: leitung sagte weiterhin zu, dass bestehende Betriebsrat-Strukturen fortgeführt würden bis — Der Schwerpunkt des Unternehmens bleibt in zur Neuwahl der Betriebsräte nach dem Nordrhein-Westfalen Abschluss der Umstrukturierungen mit dem — Sicherung der Standorte Zieldatum Oktober 2003. — Schaffung eines konzernweiten Stellenmarktes — Fortführung der Erstausbildung Mit den Betriebsräten wurden darüber hinaus — insourcing und outsourcing werden geprüft im Februar 2002 folgende Grundsätze zum unter den Aspekten der Wirtschaftlichkeit, Personalübergang getroffen: der Qualität und von HSSE (health, saftey, security, environment) — Alle Betriebsübergänge erfolgen vor dem — Abbau von Mehrarbeit Hintergrund des § 613a BGB. — Ausbau der Teilzeitarbeit — Es wird ein „Bruttoübergang“ des Personals — Angebot von Qualifizierungsmaßnahmen stattfinden, bei dem alle Arbeitsverhältnisse auf die neu zu gründenden Gesellschaften In Bezug auf die Mitbestimmung wurde den übertragen werden. Erst nach diesem Brutto- Betriebsräten zugesichert: übergang werden Organisationsalternativen erarbeitet mit Vorschlägen zu Stellen und — Es wird ein Aufsichtsrat der „neuen“ Qualifikationen, um dann auf dieser Basis deutschen BP mit 20 Mitgliedern gebildet. die „Netto-Organisationen“ zu schaffen. — Die IGBCE hat ein Vorschlagsrecht bei der — Es wird eine Harmonisierung der vielfältigen Ernennung der Arbeitsdirektoren. Arbeitsvertragsbedingungen (terms & condi- — Die Bestellung der Arbeitsdirektoren kann tions) stattfinden unter Beteiligung der nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmer- Betriebsräte. vertreter erfolgen. — Es wird eine Fortführung der bestehenden — Alle Betriebsräte bleiben bis zu den Sozialpläne und Altersversorgungssysteme Neuwahlen im Amt. geben. — Für Neueintritte wird ein BP-einheitliches Sicher war, dass das neue Unternehmen weiter- Altersversorgungssystem geschaffen. hin mit der IGBCE als zuständiger Gewerkschaft — Es wird zu einer Gründung einer Betriebs- verhandeln würde, da sich der Wirtschaftszweig krankenkasse (BKK) der deutschen BP des Unternehmens durch den merger nicht kommen. ändern würde. Die Betriebsräte hatten ein — Betriebsbedingte Kündigungen sind Mandat ihrer Belegschaft, sie selbst würden nicht auszuschließen – bleiben aber das ebenfalls mit der neuen Struktur in neue, noch „letzte Mittel“. zu gründende Unternehmen wechseln. Wer jedoch sollte an den komplexen Vereinbarungen zur Regelung von neuen Arbeitsbedingungen in den neuen Gesellschaften beteiligt werden, wenn es für diese Gesellschaften noch keinen Betriebsrat gab? Mit den Betriebsräten wurde deshalb vereinbart, dass eine Arbeitsgemein- schaft aller an der Umstrukturierung beteiligten Betriebsräte gegründet würde. Betriebsräte und Wirtschaftsausschüsse würden regelmäßig über den Status der Integration sowie geplante Maß- nahmen informiert werden. Die Unternehmens-

| 55 Die Fallstudie | Personelle Integration

Noch konkreter wurde es im nächsten Schritt. Schritt wurden dann die konkreten Stellen der Mit den Betriebsräten wurde ein umfangreiches neuen Gesellschaften mit der dann noch vorhan- Maßnahmenpaket zur Neuordnung verein- denen Belegschaft gekoppelt. Nachdem sich bart, das auch Aussagen zum bereits kommuni- zuerst der Betriebsrat in einer Klausur über zierten Personalabbau enthielt: Stellen und Namen verständigt hatte, konnten in einem zweiten Schritt Vorgesetzte mit ihren Mit- — Fortführung der Frühpensionierungen arbeitern sprechen. Zeitgleich wurde eine unter- ab dem 53. Lebensjahr nehmensinterne Jobbörse ins Leben gerufen, bei — In Einzelfällen Frühpensionierungen der offene Stellen angeboten wurden für Mit- ab dem 50. Lebensjahr arbeiter, die den Standort nicht wechseln wollten — Altersteilzeitregelungen oder die durch die Neustrukturierung keine Plan- — Abfindungsregelungen stelle mehr hatten. Insgesamt wurden 920 Mit- — Auslaufen befristeter Verträge arbeiterumzüge vorgenommen, für die Rege- — Mitarbeiterumzüge lungen getroffen werden mussten, beispiels- — Umzugsbeihilfen für integrationsbedingten weise zur Erstattung von Makler- und Umzugs- Standortwechsel kosten. — Informationsveranstaltungen/-reisen etc. zu den neuen Standorten Weiterhin mussten die unterschiedlichen HR- — Jobbörse Regelwerke der beteiligten Unternehmen har- — Interne Vermittlung vakanter Stellen zur monisiert werden. Die Deutsche BP mit rund Lösung integrationsbedingter Besetzungs- 1.500 Mitarbeitern hatte mit der Übernahme probleme von Veba Oel nicht ein einziges Unternehmen gekauft mit rund 8.600 Mitarbeitern und einem Die Arbeitnehmer hatten auch nach der recht- kompakten HR-Regelwerk, sondern neben der lichen Neudefinition der Unternehmen (legal Veba Oel als Holding in Gelsenkirchen auch completion date am 01.10.2002) und dem Wechsel deren in- und ausländische Tochter- und Enkel- in eine neue BP-Gesellschaft eine Phase der unternehmen. So gab es viele unterschiedliche Unsicherheit in Bezug auf ihr individuelles Regelungen, die mit der BP-Welt zu harmonisieren Arbeitsverhältnis vor sich. Denn es handelte waren. Ziele dieser Harmonisierung waren bei- sich bei diesen Betriebsübergängen nur um spielsweise die Herstellung von vergleichbaren einen Bruttoübergang mit der Zuordnung von Vertragskonditionen für bestimmte Mitarbeiter- Mitarbeitern zu Gesellschaften. Die Ausstattung gruppen, um mehr Transparenz und Gerechtig- der neuen Gesellschaften mit konkreten Plan- keit zu schaffen und um Führungskräften ein- stellen erfolgte erst in einem zweiten Schritt – heitliche Regelungen für gleichartige Positionen und damit auch eine Aussage über den notwendig zu bieten, die Durchsetzung von corporate poli- werdenden Stellenabbau, die Eingruppierung cies aus der BP-Welt bei den neu akquirierten der Stellen und die Qualifikationsanforderungen. Gesellschaften sowie die Schaffung von Kosten- Die Unternehmensleitung hatte mit den synergien durch ein einheitliches Personalmanage- Betriebsräten vereinbart, dass der notwendige ment (Vereinfachung administrativer Abläufe). Stellenabbau sozialverträglich erfolgen sollte. In einem ersten Schritt wurde eine Bestands- Deshalb wurde in einem ersten Schritt allen aufnahme aller infrage kommenden Tarifverträge, Mitarbeitern über 53 Jahren ein Angebot zur Betriebsvereinbarungen und Richtlinien bei den Frühpensionierung gemacht. In einem zweiten akquirierten Unternehmen und bei der deut- Schritt wurden Mitarbeiter befragt zu ihrer schen BP erstellt. Diese Bestandsaufnahme Bereitschaft, den Arbeitsplatz – beispielsweise betraf Kernbestandteile der Arbeitsverhältnisse im Rahmen der Zusammenlegung der Haupt- (z. B. Gehalt, Arbeitszeit), Regelungen, die nur verwaltungen – zu wechseln. Erst im dritten eine kleine Mitarbeitergruppe betrafen

56 | Die Fallstudie | Personelle Integration

(z. B. Regelungen für die außertariflichen Mit- Eine erste Sichtung ergab mehr als 50 unter- arbeiter) oder Regelungen, die nur einen geringen schiedliche Regelungen. Diese Bestandsauf- Geldwert, aber einen hohen Symbolgehalt hatten nahme ergab außerdem, dass einige Gesell- (z. B. Aral-Tankkarte). schaften einen gültigen Flächentarifvertrag mit Diese Sammlung beinhaltete beispielsweise: der IGBCE und andere einen Haustarifvertrag — mehr als 15 unterschiedliche Mantel- oder hatten. Bei rund 95 % der gesammelten Rege- Haustarifverträge, z. B. Manteltarifvertrag, lungen waren Gewerkschaften oder Betriebsrat Vergütungstarifvertrag (zwölf oder dreizehn bei einer eventuellen Neuregelung zu beteiligen, Tarifgruppen, unterschiedliche Entgelthöhe da es sich um mitbestimmungspflichtige Themen der Tarifgruppen), Tarifvertrag zu vermögens- handelte. Eine Vereinheitlichung aller Regelungen wirksamen Leistungen, Tarifvertrag zur auf dem Verhandlungsweg mit den Betriebs- Altersteilzeit, Rationalisierungsschutz- räten wäre wahrscheinlich sehr teuer geworden, abkommen, Tarifvertrag zur Kurzarbeit etc. da sich aus der Sicht der Betriebsräte eher die mit Regelungen zu regelmäßiger Arbeitszeit für die Arbeitnehmer günstigste Regelung als (37,5 oder 38 h/Woche bei gleichem Entgelt), Lösung angeboten hätte. Die Arbeitsgruppe aus Mehrarbeit, Rufbereitschaft, Entgeltfort- Betriebsräten und Mitarbeitern der Personal- zahlung im Todesfall, Urlaub, Verdienst- abteilungen musste also einen Filter entwickeln, sicherung im Alter etc. der sinnvoll festlegte, wo harmonisiert werden musste und wo nicht. Die Arbeitsgruppe legte — Betriebsvereinbarungen zum Gehaltssystem gemeinsam folgende drei Gruppen von Rege- für außertarifliche Angestellte lungen mit unterschiedlichem Harmonisierungs- — Betriebsvereinbarungen zur Ergonomie am bedarf fest: Arbeitsplatz — Regelung zum Bezug einer Aral-Tankkarte — Regelung über Bonuszahlungen — Richtlinie über die Gewährung von Fortbildungsmaßnahmen — Richtlinie zu Reisekosten und zu Dienstreisen — Richtlinie zum Bezug von Mitarbeiteraktien — Richtlinie zu Dienstwagen — Richtlinie zur Mitarbeiterentsendung ...

| 57 Die Fallstudie | Personelle Integration

Abbildung 18: Strukturierung der HR-Bestandsaufnahme 71

Grundsätze, einheitlich für alle Mitarbeiter im Konzern, z. B. ß Sicherheitsgrundsätze (z. B. Alkohol- und Drogenpolicy) ß Betriebliche Altersversorgung ß Besitzstandswahrung bei Mitarbeiter-Übergang ß Leistung und Leistungsbelohnung; Beurteilungssystem A ß AT-Gehaltssystem-Grundsätze, Level Regelungen für die einzelnen GmbHs, z. B. ß Tarifvertrag für diese Gesellschaft ß Betriebliche Altersversorgung für diese Gesellschaft ß Betriebsstätten-übergreifende Betriebsvereinbarungen B ß Bonuspolicy ... Regelungen für einzelne Betriebsstätten der GmbHs, z. B. ß Arbeitszeit- und Gleitzeitregelungen ß Kantinen-, Parkplatz- und Bereitschaftsregelungen ß Qualifizierungssysteme ...

C

— Gruppe A enthielt Regelungen, die harmoni- tigsten Regelungen gegenüberstellte und eine siert werden mussten. Die bestehenden Handlungsempfehlung für die Geschäfts- Regelungen hätten entweder gegen corporate leitung abgab. policies der BP verstoßen oder zu einem Viele Regelungen mussten unter großem Zeit- gefährlichen Auseinanderdriften der einzel- druck mit den Betriebsräten verhandelt werden; nen Gesellschaften geführt. die Zeitschiene von der Installierung der Ar- — Gruppe B beinhaltete Vereinbarungen, die beitsgruppen bis zum vorläufigen Abschluss der jede Gesellschaft selbst regeln konnte. Hier Verhandlungen mit der Unterschrift unter den bestand kein Handlungsbedarf im Sinne einer ersten Interessenausgleich am 30. September Harmonisierung über die einzelnen Gesell- 2002 betrug nur rund sechs Monate. Dann schaften hinweg. Hier sollten nur konsistente unterzeichneten Betriebsräte und Unternehmens- Regelungen innerhalb der jeweiligen Gesell- leitung den Interessenausgleich zu den neuen schaften für alle Mitarbeiter gefunden werden. Arbeitsvertragsbedingungen (terms & conditions). — Bei der Gruppe C bestand dieser Harmoni- Erschwerend für die Arbeitsgruppen kam hinzu, sierungsbedarf schließlich nur auf der Ebene dass nicht alle betroffenen Gesellschaften zu der einzelnen Betriebsstätten, die frei in den 100 % zur deutschen BP gehörten; in vielen Joint Verhandlungen mit ihren Betriebsräten Ventures der deutschen BP konnten Verände- waren. Die Personalabteilung musste dann rungen im bestehenden Regelwerk nur in Ab- für die Verhandlungen mit den Betriebsräten sprache mit dem Joint Venture-Partner angegan- die möglichen finanziellen Auswirkungen gen und verhandelt werden. einer Harmonisierung kalkulieren und den Handlungsbedarf aus ihrer Sicht definieren. 71 Deutsche BP AG (2003) – Terms & Conditions bei VORP Es wurde eine Synopse erstellt, die die wich- und VVG, Bestandsaufnahme

58 | Die Fallstudie | Personelle Integration

Abbildung 19: Die Führungskräfte nutzen die Management-Konferenzen zum regen Austausch, um den one company-Gedanken zu stärken.

| 59 Lessons learned | Fazit aus Unternehmenssicht

Lessons learned

Das Fazit aus Unternehmenssicht ments im Gegensatz zur üblichen Praxis bei Zusammenschlüssen an Bord blieb – ein nicht Die abschließende Bewertung einer Integration zu unterschätzender Faktor. im Rückblick wird immer sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem welche Perspektive einge- Außerordentlich hilfreich war es auch, dass der nommen wird. So werden Mitarbeiter, die un- Veba-Oel-Konzern bereits einige Jahre vor dem mittelbar und persönlich (zusammen mit ihren merger damit begonnen hatte, sich zu einer Familien) von einer Versetzung an einen ande- „Lernenden Organisation“ zu entwickeln. In die- ren Arbeitsplatz oder einem Umzug betroffen sem Zusammenhang wurden Führungskräfte sind, die Integration anders bewerten als Füh- und Mitarbeiter durch eine frühzeitige, umfang- rungskräfte, die einen globaleren und weniger reiche und offene Kommunikation dafür sensibi- persönlichen Blickwinkel einnehmen werden, lisiert, dass Veränderungen notwendig sind. So weil ihr Hauptaugenmerk der schnellen Funk- wurde verstanden, dass Veba Oel/Aral bei BP tionsfähigkeit der Organisation, der Position des (im Gegensatz zu E.ON) als wesentliche strategi- Unternehmens gegenüber den Wettberbern so- sche Stärkung in Europa willkommen war. wie den Kosten der Integration gilt. An dieser Stelle werden mit Wilhelm Bonse-Geuking und Schließlich war es ein großer Vorteil, dass es bei Dr. Uwe Franke die beiden Vorstandsvorsitzenden der Integration von BP und Veba Oel kaum der deutschen BP nach dem merger zitiert. „Verlierer“ gab. Es gab einen Neuanfang und Wilhelm Bonse-Geuking zieht folgende Bilanz für fast alle Mitarbeiter zahlreiche berufliche der Integration: und auch private Veränderungen – durch Umzüge, neue Vorgesetzte, neue Marken, neue Die Zusammenführung von BP und Veba Oel/ Geschäftsprozesse, neue Unternehmenskul- Aral war ein großer Erfolg, wie der wirtschaft- turen, durch die Firmensprache Englisch etc. liche Erfolg und die unbestrittene Marktführer- Dieser Neuanfang wurde symbolisiert durch schaft des „neuen“ Unternehmens belegen. das neue Motto in unserer Kommunikation Neben der professionellen Bewältigung dieser „strong2gether“. Das Programm hatte einen hard facts gab es für mich drei zentrale Erfolgs- Namen: Aus 1 + 1 mache mehr als 2. Und so faktoren für die Fusion: kam es auch.

Zum einen war die Schnelligkeit, mit der die bei- den Unternehmen zusammengeführt wurden, immens wichtig. Den Zeitraum der unvermeid- baren Unsicherheit für die Mitarbeiter konnten wir vergleichsweise kurz halten. Dies war mög- lich, weil BP als neuer Eigentümer diesen Pro- zess minutiös vorgeplant hatte, und weil der weitaus größte Teil des Veba Oel-/Aral-Manage-

60 | Lessons learned | Fazit aus Unternehmenssicht

Dr. Uwe Franke, zum Zeitpunkt des Interviews vielem der von BP in Deutschland gleicht. Des- in der Mitarbeiterzeitschrift strong2gether noch halb fällt es vielen Mitarbeitern relativ leicht, Vorstandsvorsitzender der Aral AG, Vorstand mit Aral zusammenzuarbeiten. Bei Veba Oel der deutschen BP und Leiter der BU Retail für haben wir noch Gesprächsbedarf. Wir müssen Deutschland und Luxemburg, führte zum Auf- uns öfter Klarheit verschaffen, weil wir Dinge einandertreffen verschiedener Unternehmens- unterschiedlich angehen ... kulturen aus:72 Ich glaube, es ist nicht möglich, das alles zusam- Bereits in der BP gab es eine Reihe von unter- menzuführen, indem man sagt, wir entscheiden schiedlichen Kulturen. Wir haben da auch eine uns nur für eine Kultur. Der Trick ist, aus all Kultur, die dazugekommen ist – aus dem Mobil- diesen Kulturen etwas Neues zu schaffen ... Joint Venture. Wir haben die Castrol-Kultur, die eine völlig andere ist als die BP-Kultur. In der Ganz wichtig ist, dass wir uns nicht abschotten, Chemie haben wir mit der Erdölchemie (heute aus dem internationalen BP-System abkoppeln BP) eine fast reine Bayer-Kultur übernommen. und sagen: Die BP in Deutschland ist zum großen Denn die Erdölchemie mit über 2.000 Mitarbei- Teil an ihr nationales Umfeld gebunden und tern war unter dem Management von Bayer, geht daher ihren eigenen Weg. Das wäre mit und die Mitarbeiter verstanden sich als Bayer- Sicherheit zum Scheitern verurteilt, denn die Mitarbeiter; Ähnliches gilt für die Mitarbeiter Deutsche BP ist keine Festung innerhalb der in Marl, die aus der Hüls AG zu BP kamen. BP BP-Welt. Wir müssen uns in das internationale selbst ist also eine Mischung verschiedener Organisationssystem der BP einfinden. Das mag Kulturen und nicht einheitlich. ein Drahtseilakt sein, aber wir gehen schon ein ganzes Stück auf dem Drahtseil, wir halten das Aber das, was wir als BP-Kultur bezeichnen, Gleichgewicht und werden nicht herunterfallen. basiert auf einer relativ flachen Hierarchie, einem starken networking (= vernetzte Zusam- menarbeit über die Grenzen der Business Units hinaus) und einer starken Eigenverantwortung (empowerment). Bei Aral und Veba Oel haben wir etwas mehr von der deutschen Unternehmens- kultur gefunden, die aber auch zwischen diesen beiden deutlich unterschiedlich ist.

Unternehmenskultur entsteht ja nicht nur aus der Historie eines Unternehmens: Sie finden im Herstellungsbereich eine ganz andere Kultur als im Marketing. Aral hat eine mehr vom Marke- ting beeinflusste Kultur angenommen, die in 72 Deutsche BP AG (2002) - strong2gether 5/2002. S. 7 f.

| 61 Lessons learned | Anmerkungen des Autors

Abschließende Anmerkungen des Autors (beispielsweise mit einer einheitlichen reporting- Struktur, der weltweit einheitlichen Umsetzung Was fällt besonders auf bei einem distanzierten von HSSE oder dem code of conduct), es gab aber Blick auf den von der BP gewählten und hier auch eine eigene Unternehmenskultur der dargestellten Integrationsansatz? Zum einen ist „neuen“ deutschen BP (nach dem beschriebenen es die Komplexität der Ausgangslage und der zu Motto: best of both) mit Subkulturen von Aral, bewältigenden Aufgaben. Das in Bezug auf Mit- Castrol oder den Raffineriebetrieben, ohne dass arbeiterzahl, Umsatz und Marktanteil kleinere dies zu Irritationen geführt hätte. Unternehmen hatte ein größeres Unternehmen gekauft. Wer würde also wen integrieren, d. h. Auffällig ist weiterhin der vielfältige Einsatz eingliedern oder einbinden? Das übernehmende neuer Methoden bei der kulturellen Integration. Unternehmen war zudem Teil eines sehr großen, So wählen viele Unternehmen oft eine klassische international aufgestellten Unternehmens mit Informationsschiene zur Verkündung von neuen starker angelsächsischer Ausprägung; das ande- Strategien mit Vorträgen von Top-Managern, re Unternehmen hatte die meisten Mitarbeiter in optisch unterstützt von PowerPoint-Folien, bei Deutschland und war eher national ausgerichtet. denen aber wenig Interaktion mit den Teilneh- Neben traditionellen Integrationsthemen kamen mern entsteht. Die Deutsche BP hingegen wählte hier also noch zusätzlich Themen unterschied- lebendigere Arten der Information (z. B. das licher Managementphilosophien und -verfahren Printmedium strong2gether mit den Interviews sowie kulturelle Verschiedenheiten hinzu. der Vorstände durch Mitarbeiter und nicht durch Zudem handelte es sich um Mitarbeiter aus zwei ein Redaktionsteam) und – besonders hervorzu- Unternehmen, die vor kurzem noch als Kon- heben – neue Arten des Dialogs des Top-Manage- kurrenten agierten. Deshalb war auf den ersten ments mit Führungskräften wie Mitarbeitern, Blick auch nicht ersichtlich, ob es sich in diesem die die Teilnehmer aktiv in die Gestaltung der Fall um einen merger oder eine Akquisition han- events und damit der Integration einbezog (z. B. delte. Aus der Perspektive der britischen townhall-meetings, lunch & talk, open space, Muttergesellschaft war es eindeutig eine, wenn Informationsmärkte, Einsatz von Theater- auch sehr große, Akquisition, bei der allerdings gruppen). das zugekaufte Unternehmen mit seinen Füh- rungskräften und Mitarbeitern unbedingt „mit Diese Wahl macht allerdings nur dann Sinn, an Bord“ genommen werden sollte. Das machte wenn das Top-Management in diesen Methoden die Sache für die Konzerntochter Deutsche BP nicht nur Garnierung oder Verpackung einer schwierig und verlagerte den Schwerpunkt der Botschaft sieht, sondern wenn diese Methoden Integration hin zu den Ansätzen eines merger Teil der Botschaft sind und das Management es of equals. Dies spiegelte sich in dem für eine ernst meint mit dem Angebot an die Mitarbeiter, Akquisition eher unüblichen Integrationsmotto gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Die Mitar- best of both wider, das den Einbezug von beiter ihrerseits entdecken schnell, ob dies nur Führungskräften und Mitarbeitern des über- Kosmetik ist oder ein Angebot, das Freiräume nommenen Unternehmens in die Gestaltung aufmacht und Beteiligung ermöglicht, aber auch der Integration verdeutlichte. die Übernahme von Verantwortung einfordert. Die Deutsche BP wählte im hier beschriebenen Differenziert wurde zudem das Thema der Unter- Beispiel einen Ansatz, bei dem sie Elemente nehmenskultur betrachtet und angegangen. Nicht einer top-down-Veränderung mit Vorgaben überall wurde die Notwendigkeit zu einer Verein- bezüglich von Zielen mischte mit einem bottom- heitlichung der Unternehmenskulturen der be- up-Ansatz, bei dem die Mitarbeiter einen teiligten Firmen gesehen. So gab es zwar Themen- Handlungsspielraum hatten bei der Wahl von bereiche mit einem für alle geltenden BP-„Dach“ Methoden zur Erreichung dieser Ziele.

62 | Lessons learned | Anmerkungen des Autors

Schwierig und umstritten bleibt die Bestimmung von Sinn und Nutzen derartig vielfältiger und aufwendiger Maßnahmen zur Information der Mitarbeiter und ihrer Einbindung in Verände- rungsprozesse, da sich ihr Nutzen nicht direkt messen lässt. Eine bessere Motivation der Mit- arbeiter lässt sich erfühlen oder durch eine Mit- arbeiterbefragung näherungsweise nachvollziehen. Es fehlen aber letztendlich finanzielle Kennzahlen, um einem wie immer gearteten Nutzen den ent- stehenden Aufwand an investierter eigener Arbeit, der Zuarbeit von Externen (Moderatoren, Berater), den Kosten für die Publikationen und Veranstaltungen, den ausfallenden Arbeitsstun- den während der Workshops etc. gegenüberzu- stellen. Entscheidendes Kriterium bleiben daher der Führungsstil der Top-Manager und die Art des gegenseitigen Umgangs – alles weiche Fak- toren einer Unternehmenskultur. Nicht unter- schätzt werden als notwendige Voraussetzung darf dabei eine spezielle Art der Risikobereit- schaft des Top-Managements: Ein derartiger Einbezug von Mitarbeitern in Veränderungen bringt (wahrscheinlich) hohe Identifikation und Motivation der Mitarbeiter; das Endergebnis der- artiger Prozesse und Veranstaltungen aber ist zu einem gewissen Maß ergebnisoffener. Unter Umständen kann es so bis zur Umsetzung län- ger dauern als bei einer reinen „Verkündigungs- strategie“. Aus Sicht des Top-Managements kommt ein weiterer nachteiliger Punkt hinzu: Die hohe individuelle Investition der Top-Manager in die vielfältige und aufwendige persönliche Kommunikation mit ihren Mitarbeitern. Ein der- art in die Integration involvierter Manager wird zudem erlebbar für seine Mitarbeiter mit seinen persönlichen Stärken und Schwächen, was man erkennen und auch wollen muss.

| 63 Biografien

Biografien73

Wilhelm Bonse-Geuking Geboren am 26.08.1941 in Arnsberg/Westfalen. Am 01.10.2002 übernahm er neben seiner Verheiratet, drei Söhne (1975, 1977, 1984). Nach Aufgabe als Vorstandsmitglied der deutschen BP seinem Universitätsabschluss als Diplom- auch die Aufgabe des Country President Ingenieur (Bergbau) arbeitete er zunächst zwei . Ab dem 22.01.2002 bis zum 30.06.2004 Jahre bei der Landesgasversorgung Nieder- war er Vorsitzender des Vorstands der deut- sachsen AG (Veba Gruppe). 1974–1978 war er schen BP. Ab dem 13.01.2003 wurde er darüber bei der Veba AG, Düsseldorf, als Leiter des hinaus Head of Country Germany der Deutschen Energiestabs beschäftigt. 1978–1994 war er BP AG und BP Group Vice President Europe. Mitglied des Vorstands bei der Veba Oel für das Wilhelm Bonse-Geuking gab im August 2006 die Ressort „Exploration & Produktion“. 1995–2002 Leitung des Europageschäfts der BP ab, blieb war er bei der Veba Oel AG Vorsitzender des aber weiterhin Aufsichtsratsvorsitzender der Vorstands, außerdem zuständig für das Ressort Deutschen BP AG. „Exploration & Produktion“ und Mitglied des Vorstands der Veba AG.

Dr. Uwe Franke Geboren am 19.01.1949. Nach dem Studium der die Schweiz. Im Januar 1999 übernahm er zu- Chemie in Hamburg, das er 1979 mit der Promo- sätzlich die Funktion als Vorstandsvorsitzender der tion abschloss, kam Franke zu BP und arbeitete deutschen BP in Hamburg. Von 2001 an war er zunächst für den Geschäftsbereich Chemie in Ham- Leiter der Business Unit Retail Germany and burg und Köln. 1986 ging er zu BP nach London Luxemburg. Darüber hinaus war er stellvertreten- und war dort in verschiedenen Tätigkeiten für der Vorsitzender des Vorstands der deutschen BP, Geschäftsbereiche in Afrika, dem Mittleren Vorstandsvorsitzender der Aral AG und Geschäfts- Osten, den USA und Kontinentaleuropa tätig. führer der BP Oil Marketing GmbH. 1990 übernahm er für BP in Brüssel die Ent- Seit dem 01.07.2004 ist er Vorsitzender des wicklung des Tankstellennetzes in West- und Vorstands der Deutschen BP AG und Head of Ostdeutschland, Österreich, der Schweiz und Country Germany. Schweden. 1992 wurde er Leiter des Handels- geschäfts, d. h. des Heizöl- und Großhandels- geschäfts der BP in Europa. Im September 1994 übernahm Franke die Position des Vorstands- vorsitzenden der BP Portugal in Lissabon und wurde zwei Jahre später, im September 1996, zum Vorstand für das Tankstellengeschäft der deutschen BP ernannt. Im Januar 1998 wurde 73 Nach Vangerow, Bernd & Franke, Uwe (Hrsg.) (2005) – Franke Leiter der Business Unit (Geschäftsein- Markenfusion. Strategie und Gestaltung – Warum Aral heit) Tankstellen für Deutschland, Österreich und kommt und BP bleibt. Basel: Birkhäuser. S. 146

64 | Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

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Interviews74 Abbildung 19: Die Führungskräfte nutzen die Management-Konferenzen zum regen Austausch Interview mit Dr. Uwe Franke, Vorstandsvor- sitzender der deutschen BP AG, am 07.02.2006 Fotos von Wilhelm Bonse-Geuking und Dr. Uwe Franke Interview mit Hans-Jürgen Fleckhaus, Arbeitsdirektor der deutschen BP AG, am 27.06.2005 74 Alle Zitate ohne Quellenangabe entstammen Interviews des Autors oder sind Originalbeiträge

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Der Autor

Dr. Achim Weiand ist seit 2001 Professor für Personal und Organisation in internationalen Unternehmen an der Fachhochschule Hof. Seine Interessengebiete und Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Personal- und Organisationsentwicklung, Mergers & Acquisi- tions, Wissensmanagement, interkulturelles Management und Führung.

Der Autor studierte Germanistik, Politikwissen- schaft und Philosophie an den Universitäten Dr. Achim Weiand Marburg und Saarbrücken. Nach seinem Studium leitete er die Personalentwicklung bei der ZF Getriebe GmbH in Saarbrücken, einem interna- tional tätigen Automobilzulieferer. Danach wechselte er zur Veba AG nach Düsseldorf, die in 2001 mit der Viag AG aus München zur E.ON AG fusionierte. Dort war er zuständig für das teilkonzernübergreifende Management Development. Anschließend war er Leiter Per- sonalbetreuung und –entwicklung bei der Viterra AG, Essen, einem Teilkonzern der E.ON AG.

68 | Impressum

Herausgeber: Bertelsmann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße 256 33311 Gütersloh

Verantwortlich: Petra Köppel

Art Director: Heike van Meegdenburg

Gestaltung: www.elbe-drei.de

© 2007 Kontakt: Bertelsmann Stiftung Petra Köppel Carl-Bertelsmann-Straße 256 33311 Gütersloh

Tel.: 0 52 41/ 80-8 99 57 [email protected] www.unternehmenskultur.org

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