FP Programmheft
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16. November – 31. Dezember 2012 Arabic Film Festival Abschied von gestern Comédies françaises 1931–1968 Schweigen ist Silber KKO Ein Film noir mitten aus NSAÏDI, MARO dem Heute im Maghreb FAOUZI BE AB 8. NOVEMBER IM KINO Neue Filmperlen und restaurierte Klassiker Filme als ideale Geschenke www.trigon-film.org – 056 430 12 30 01 Editorial Schön, haben Sie uns vermisst! Liebeserklärungen enthalten gemeinhin eine Auflistung dessen, was die Ge- liebten so einzigartig macht, wo sie schöner, grösser, stärker sind und was sie besonders gut können. In den letzten Wochen haben wir – nachdem wir im Frühjahr mit den anerkennenden Umfrage-Feedbacks ein paar wohltuende Streicheleinheiten entgegennehmen durften – Liebesbezeugungen einer anderen Art erhalten, nämlich Inventare dessen, was wir besonders schlecht machen. «Filmempö- rung Zürich» hat ein Stammgast seinen Brief überschrieben, in dem er unseren «Streik» anprangert, in den wir angeblich diesen Sommer getreten seien. An- dere Gäste deponierten ihren Protest telefonisch, um sicherzustellen, dass uns das Ausmass der Zumutung dieser «nicht kommunizierten» und «acht Wo- chen» dauernden Sommerpause wirklich bewusst werde. Auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, aufgebrachten Zuschauerin- nen und Zuschauern zu vermitteln, dass die Massnahme «Sommerpause» we- der aus Rücksichts- noch Gedankenlosigkeit ergriffen wurde, so freuen uns solche Rückmeldungen insgeheim auch ein bisschen, zeigen sie doch, wie wich- tig das Filmpodium seinem Publikum ist, wie verbunden es sich ihm fühlt. Da etwas zu ändern, ist heikel, das ist uns bewusst, darum seien hier noch ein- mal ein paar Punkte geklärt: Die Sommerpause mag einigen von Ihnen acht Wochen lang vorgekommen sein, faktisch dauerte sie vom 20. August bis zum 19. September, also genau einen Monat. Und sie kam auch nicht überraschend oder unangekündigt, vielmehr haben wir unser Stammpublikum bereits im April/Mai-Heft schonend darauf vorbereitet und mit Dias, Aushängen und im Web mehrmals darauf hingewiesen. Und nein, wir haben auch nicht gestreikt oder auf der faulen Haut gelegen, vielmehr nutzten wir diese vier Wochen, um auch die kommenden Programme weiterhin so sorgfältig vorzubereiten, wie es unser Anspruch ist, was – wie im letzten Editorial nachzulesen war – immer aufwändiger wird. Aus diesem Grund bleibt es uns nicht erspart, Sie bereits heute darauf aufmerksam zu machen: Es wird auch nächstes Jahr mit grosser Wahrscheinlichkeit wieder eine Saisonpause geben. Viele von Ihnen – auch das sei erwähnt – haben dafür viel Verständnis gezeigt. Nutzen Sie also die kommenden Monate und legen Sie sich einen gut do- tierten, vielfältigen Vorrat an wunderbaren Filmerlebnissen und -erinnerungen an, der Ihnen helfen wird, 2013 über die filmpodiumfreien Sommerwochen hinwegzukommen. Sie werden sehen: Unsere kommenden Programme bieten dazu reichlich Gelegenheit. Corinne Siegrist-Oboussier Titelbild La vie de château von Jean-Paul Rappenau w 02 INHALT Arabic Film Festival 04 Comédies françaises 1931–1968 16 Das erste Arabic Film Festival in Zü- Die einen adaptieren noch das Erbe rich würdigt die Dynamik und den des Stummfilms, die anderen sind Aufbruch des Filmschaffens in den schon von der Nouvelle Vague er- arabischen Ländern und ist thema- fasst: Fast ein halbes Jahrhundert tisch, geografisch und formal ausge- umspannt unsere Reihe mit franzö- sprochen breit und vielfältig. Es reicht sischen Komödien, mit denen wir an von der Westsahara (Wilaya) über die Commedia all’italiana (2010) und Marokko (Sur la planche, Les oubliés die amerikanische Screwball Comedy de l’histoire) und Ägypten (Kairo 678, (2011) anschliessen. Es bietet ein Wie- Microphone) bis nach Jordanien (The dersehen mit Fernandel, Raimu und Last Friday), Libanon (12 Angry Le- Arletty, mit Michel Simon und Jean- banese) und schliesslich nach Irak (In Louis Barrault, mit Gérard Philipe, My Mother’s Arms, Son of Babylon Danielle Darrieux und natürlich mit und Goodbye Babylon). Im Animati- Jacques Tati, lässt aber auch – zumin- onsfilmprogramm Arabian Nights dest hierzulande – Unbekanntere wie und in den Kurzfilmen sind weitere Pierre Étaix aufleben, dessen panto- Länder vertreten. mimische Glanzstücke aus recht lichen Am Wochenende vom 16. bis 18. Gründen lange Zeit nicht zu sehen November sind mehrere Filmschaf- waren. Ein Feuerwerk der geschliffe- fende anwesend und werden über ihre nen Dialoge, der Frivolitäten, Liebes- Arbeit Auskunft geben. Ein Podium verwirrungen und Täuschungen – ein rundet das Festival ab. grosses Vergnügen. Bild: Kairo 678 Bild: Le schpountz w 03 INHALT Das erste Jahrhundert 30 Stummfilm-Soireen 38 des Films: 1992 Das Institut für incohärente Cinema- Strictly Ballroom, der Erstling des tographie IOIC überrascht immer Australiers Baz Luhrmann, verzau- wieder mit innovativen Stummfilm- bert uns mit seiner unverschämten Live-Musikprojekten. Im Filmpodium Freude an Glamour, Gianni Amelio präsentieren sie Tigre reale und Sa- und Christine Pascal fangen das zarte lome. Gefühl des Vertrauens zwischen Er Bild: Salome wachsenen und Kindern ein, während Neil Jordan und Abel Ferrara in die Abgründe der Männerseelen blicken. Einzelvorstellungen 40 Bild: The Crying Game Rosa von Praunheim zum Siebzigsten: Rosas Welt I + II Reedition: 36 Drei Filme von Hannes Schüpbach: Laura von Otto Preminger Spin/Verso/Contour Sélection Lumière: Man Friday Ein Detektiv verliebt sich in das Bild- nis der Frau, deren Ermordung er auf- klären soll. Ein Glanzstück des Film noir und der erste grosse Erfolg von Otto Preminger: Eine Liebesgeschichte von verstörender Schönheit, suggestiv und hypnotisch, mit einer berücken- den Gene Tierney in der Titelrolle. 05 Arabic Film Festival Abschied von gestern Der Arabische Frühling schlägt sich auch im arabischen Filmschaffen nieder: Die Filme wenden sich dem Alltag und den brennenden Fragen zu und werden zu Plattformen des gesellschaftlichen Diskurses. In ihrer formalen Vielfalt spiegelt sich die Dynamik des derzeitigen Umbruchs. Das erste Arabic Film Festival in Zürich ist die Gelegenheit, dieses aufstrebende Kino kennenzulernen und mit Filmschaffenden ins Gespräch zu kommen. Zu einem Zeitpunkt, da die ganze arabische Region grosse gesellschaftliche und kulturelle Umwälzungen erlebt, ist ein vielfältiges Interesse an der arabi- schen Welt erwacht. Spätestens seit dem Arabischen Frühling im Jahre 2011 ist unser Blick für diese Länder sensibilisiert. Nebst dem gesteigerten media- len Interesse an der geopolitischen und sozialen Situation gibt es immer mehr Menschen in der Schweiz, die verstehen wollen, welcher Wandel sich in die- sen Ländern derzeit vollzieht. Parallel zur politischen Situation zeigt sich die aktuelle arabische Film- kultur als sehr produktiv; vielfältige neue Entwicklungen zeichnen sich ab. Die Filme, geprägt von innovativen Erzählstrukturen und einem neu erwach- ten Interesse am Alltag, werden mehr und mehr zum Ort für die offene und kritische Diskussion der brennenden sozialen und kulturellen Konflikte. Dass das nationale Filmschaffen in den arabischen Ländern von historischen und mehr noch von tagespolitischen Gegebenheiten abhängt, ist alles andere als eine neue Erscheinung. Bereits der Einstieg der ehemaligen Kolonien und Pro- tektorate in die Filmindustrie konnte als Zeichen der politischen Unabhängig- keit und des Fortschritts gelten. So bot die Möglichkeit der Gegen- und Selbst- darstellung den ehemals Kolonialisierten die Gelegenheit, die stereotypen Bilder aufzubrechen, die der Westen vom arabischen Raum gezeichnet hatte: Schon 1905 zeigte Georges Méliès in Le palais des mille et une nuits hakenna- sige Banditen und dickbäuchige Scheichs, verführerische Bauchtänzerinnen und unterwürfige Haremsdamen – Klischees, die bis heute nachhallen. An dieser Ausgangslage hat sich für den arabischen Film wenig geän- dert: In einer visuellen Welt, in der das medial geprägte Bild «des Arabers/der Araberin» in unseren Köpfen immer grösseren Einfluss gewinnt, wird der > Privater Wendepunkt in unruhiger Zeit: The Last Friday von Yahia Alabdallah < Kairo 678 Bedrohliche Nähe im überfüllten Bus: von Mohamed Diab < Roadmovie im Irak nach Saddam Hussein: Son of Babylon von Mohamed Al Daradji 06 FILMSCHAFFEN UNTER STAATLICHER ZENSUR PODIUMSDISKUSSION SO 18. NOV. | 17 UHR Vor den grossen gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen in den arabischen Ländern war die Macht der Zensurbehörden ungebrochen. Zu den wichtigsten Tabuthemen, über die die staatlichen Zensoren wachten, gehörten Sexualität und Religion, je nach ideologischer Ausrichtung der jeweili- gen Regierung auch Kritik an deren Politik und Sozialkritik. Fast alle Regierungen schränkten die Meinungsfreiheit auch im Film mit gesetzlichen Vorschriften mehr oder weniger stark ein. In den meisten Staaten mussten die Filmprojekte nicht nur vor ihrer Herstellung eine Kommission passie- ren, die über die Drehgenehmigung entschied, sondern auch nach der Fertigstellung bedurfte es für die kommerzielle Nutzung des sogenannten «Visa». Wie sieht es heute aus? Üben die Zensurbehörden, der Revolution und dem gesellschaftlichen Wandel zum Trotz, ihre Aufgabe immer noch gleich aus? Wie arbeiten arabische Filmschaffende un- ter diesen Bedingungen und welche Taktiken haben sie entwickelt, um diese Restriktionen zu umge- hen? Diese und andere Fragen diskutieren wir mit unseren Gästen auf dem Podium. Die genaue Teilnehmerliste finden Sie im Kino und unter www.filmpodium.ch und www.iaffz.com. überholte, dual geprägte Konflikt zwischen Orient und Okzident neu belebt. Die arabischen Filmschaffenden stellen