BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT Plenarprotokoll 21/21 21. Wahlperiode 09.12.2015

21. Sitzung

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Vorsitzende: Präsidentin Carola Veit, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich, Vizepräsidentin Barbara Duden, Vizepräsidentin Antje Möller und Vizepräsident Dr.

Inhalt:

Dora Heyenn fraktionslos 1334, Zur Geschäftsordnung 1327, Dr. Peter Tschentscher, Senator 1335,

CDU-Fraktion: Dirk Kienscherf SPD 1327, Thilo Kleibauer CDU 1327, Mit Basta-Politik gegen die Farid Müller GRÜNE 1327, Wand – Senat scheitert mit Michael Kruse FDP 1328, Olympia und versagt bei Dr. Alexander Wolf AfD 1328, Flüchtlingsunterbringung mit Beschluss 1328, FDP-Fraktion: Finanzkonzept gefakt, Rot- Mitteilungen der Präsidentin Grün zerrissen: Scholz muss Abwicklung, Änderung und Ergän- die Ursachen des Olympiade- zung der Tagesordnung 1328, bakels erklären André Trepoll CDU 1337, 1347, Dr. Andreas Dressel SPD 1339, 1353, Aktuelle Stunde 1328, Dr. Anjes Tjarks GRÜNE 1340, 1340, SPD-Fraktion: Sabine Boeddinghaus DIE LINKE 1341, FDP 1343, Kompromissvorschlag zum Dirk Nockemann AfD 1344, Länderfinanzausgleich: gut für Michael Neumann, Senator 1345, Deutschland, gut für Ham- Christiane Blömeke GRÜNE 1348, burg – gut verhandelt Heike Sudmann DIE LINKE 1349, Daniel Oetzel FDP 1350, Jan Quast SPD 1329, 1336, Detlef Ehlebracht AfD 1352, Thilo Kleibauer CDU 1330, Farid Müller GRÜNE 1331, 1337, GRÜNE Fraktion: Norbert Hackbusch DIE LINKE 1332, Katja Suding FDP 1332, Dr. Bernd Baumann AfD 1333, 1324 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Es gibt keinen Planet B: Welt- Martin Bill GRÜNE 1358, klimagipfel in Paris und Ham- Heike Sudmann DIE LINKE 1359, burgs Klimaplan Dr. Wieland Schinnenburg FDP 1359, Detlef Ehlebracht AfD 1360, (Fortführung am 10.12.2015)

Fraktion DIE LINKE: Beschlüsse 1360, Viel heiße Luft – Klimaschutz in Hamburg, warum steuert Kers- Senatsantrag: tan nicht um? Verständigung der Freien und (Fortführung am 10.12.2015) Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein mit AfD-Fraktion: der Europäischen Kommission im Beihilfeverfahren zur HSH Klimagipfel in Paris – fehlen Nordbank AG Hamburg die Antworten? – Drs 21/2177 – 1361, (Fortführung am 10.12.2015) mit Bericht des Haushaltsausschusses Unterrichtung durch die Präsidentin über die Drucksache 21/2177: der Bürgerschaft: Verständigung der Freien und Wahl eines ordentlichen Mit- Hansestadt Hamburg und des glieds und eines stellvertreten- Landes Schleswig-Holstein mit den Mitglieds für die Härtefall- der Europäischen Kommission kommission im Beihilfeverfahren zur HSH – Drs 21/631 – 1354, Nordbank AG – Drs 21/2505 – 1361, und dazu Unterrichtung durch die Präsidentin Antrag der CDU-Fraktion: der Bürgerschaft: Neustrukturierung der HSH Wahl einer oder eines Deputier- Nordbank – Ja zu sinnvollen ten der Justizbehörde Maßnahmen zum Risikoabbau, – Drs 21/1466 – 1354, Nein zum 16-Milliarden-Blanko- und scheck für den Senat – Drs 21/2524 – 1361, Unterrichtung durch die Präsidentin und der Bürgerschaft: Antrag der FDP-Fraktion: Wahl von Mitgliedern des Rich- terwahlausschusses und ihren Zukunftskonzept für HSH Nord- Vertreterinnen und Vertretern bank entwickeln – Drs 21/2326 – 1354, – Drs 21/2527 – 1361, sowie Ergebnis 1354, Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: Antrag der CDU-Fraktion: Drs. 21/2177/Anlage 3 Pendeln attraktiver machen – Drs 21/2553 – 1361, und Innenstadt entlasten – P+R-Gebühren wieder abschaf- Markus Schreiber SPD 1361, fen Thilo Kleibauer CDU 1362, 1372, – Drs 21/2367 – 1354, Dr. Anjes Tjarks GRÜNE 1364, 1370, 1376, Dennis Thering CDU 1354, Norbert Hackbusch DIE LINKE 1365, 1373, Martina Koeppen SPD 1356, 1376, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1325

Michael Kruse FDP 1367, 1374, Die sechste Wasserpreiserhö- Andrea Oelschläger AfD 1368, hung in Folge verhindern! Was- Dr. Peter Tschentscher, Senator 1369, serpreise in 2016 konstant hal- Jan Quast SPD 1375, ten – Drs 21/2522 – 1385,

Beschlüsse 1376, Beschluss 1385,

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Dringlicher Senatsantrag: Wie geht es weiter nach dem Erhöhung der Ermächtigung Olympiareferendum? von Sicherheitsleistungen zur – Drs 21/2387 – 1377, Absicherung von Wohnungs- bauförderdarlehen, Haushalts- und plan 2015/2016, Nachbewilli- Antrag der Fraktionen der SPD und gung nach § 35 Landeshaus- der GRÜNEN: haltsordnung – Drs 21/2308 – 1385, Nach dem Referendum – Posi- tive Ansätze der Bewerbung mit zugunsten der Stadt und des Sports weiterentwickeln Bericht des Haushaltsausschusses über die Selbstbefassungsangele- – Drs 21/2383 Neufassung – 1377, genheit: Mehmet Yildiz DIE LINKE 1377, 1384, Dringlicher Antrag – Erhöhung Juliane Timmermann SPD 1378, der Ermächtigung von Sicher- Thomas Kreuzmann CDU 1380, heitsleistungen zur Absiche- Christiane Blömeke GRÜNE 1381, rung von Wohnungsbauförder- Daniel Oetzel FDP 1383, darlehen, Haushaltsplan Dr. Jörn Kruse AfD 1383, 2015/2016, Nachbewilligung nach § 35 Landeshaushaltsord- nung Beschlüsse 1385, – Drs 21/2506 – 1385, und Antrag der FDP-Fraktion: Senatsantrag: Medienkompetenzförderung an Hamburger Schulen sicherstel- Flüchtlingsunterkünfte mit der len Perspektive Wohnen und Haus- – Drs 21/2390 – 1385, haltsplan 2015/2016 Nachbewil- ligung nach § 35 Landeshaus- Beschluss 1385, haltsordnung – Drs 21/1838 – 1385, im Vorwege überwiesen an den Senatsantrag: Fachausschuss; dazu 1386, Anhebung der Wasserpreise der Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) Antrag der Fraktionen der SPD und – Drs 21/2172 – 1385, der GRÜNEN: Aufstockung der Wohnungs- im Vorwege überwiesen an den bauförderung: Wohnunterkünf- Fachausschuss; dazu 1385, te zu neuen Quartieren in guter Nachbarschaft entwickeln – 25 Punkte für eine gelingende Antrag der FDP-Fraktion: Integration vor Ort – Drs 21/2550 – 1386, und 1326 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Antrag der Fraktionen der SPD und Anpassung der Methodik zur der GRÜNEN: Berechnung des langjährigen Trends der Steuererträge und Mehr Rechtssicherheit bei der Fortschreibung für das Jahr Genehmigung und Errichtung 2016 sowie Entwurf eines Ge- von Flüchtlingsunterkünften – setzes zur Änderung des Fi- § 246 BauGB für "Flüchtlings- nanzrahmengesetzes (Senats- unterkünfte mit der Perspektive antrag) Wohnen" ausschöpfen – Drs 21/2411 – 1411, – Drs 21/2551 – 1386, sowie Beschlüsse 1411, Antrag der FDP-Fraktion: SOG-Unterbringung für Folge- unterkünfte beenden. Transpa- renz und Bürgerbeteiligung wa- gen! – Drs 21/2388 – 1386, Dr. Andreas Dressel SPD 1386, 1404, Karin Prien CDU 1390, Dr. Anjes Tjarks GRÜNE 1392, Christiane Schneider DIE LINKE 1394, 1408, Jennyfer Dutschke FDP 1396, 1407, Detlef Ehlebracht AfD 1399, Dr. Dorothee Stapelfeldt, Senato- rin 1400, Birgit Stöver CDU 1402, 1403, Olaf Duge GRÜNE 1406, Dirk Kienscherf SPD 1409, 1410,

Beschlüsse 1411,

Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/1736: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürger- schaft vom 26. März 2014 "ÖPNV-Strategie Hamburg 2030: Bahn frei für den langfris- tigen Schienenverkehrsaus- bau" (Drucksache 20/11267) Langfristige Weiterentwicklung des U-Bahn-Netzes, Sachstand und Finanzierung von Planun- gen für die Verlängerungen der U4 zum Kleinen Grasbrook und zur Horner Geest sowie für die neue U-Bahn-Linie U5 (Senats- antrag) – Drs 21/2393 – 1411,

Beschlüsse 1411,

Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/2176: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1327

Beginn: 15.03 Uhr und man braucht sie für die Änderung der Finanz- planung. Es geht dabei konkret um 2,5 Milliarden Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her- Euro, und da kann es Ihnen nicht schnell genug ren! Bitte nehmen Sie Platz. Die Sitzung ist eröff- gehen, das für Rot-Grün in dieser Legislaturperi- net. ode nutzbar zu machen. Das ist eher ein Warnsi- gnal für diese Stadt, Herr Kienscherf. Mir ist mitgeteilt worden, dass vor Eintritt in die Ta- gesordnung aus den Reihen der Fraktionen der (Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD) SPD und der GRÜNEN gemäß Paragraf 44 in Ver- Mir ist klar, dass eine Bürgerschaftsmehrheit ihre bindung mit Paragraf 26 Absatz 4 unserer Ge- Mehrheit an so einer Stelle auch nutzt. Sie dürfen schäftsordnung das Wort begehrt wird. – Herr sie auch nutzen, aber Sie sollten sie nicht beliebig Kienscherf, Sie haben es für maximal zwei Minu- ausnutzen. Gerade wenn wir uns die heutige Ta- ten. gesordnung ansehen, stellen wir fest, dass relativ viele Dinge in dieser Doppelsitzung gelandet sind, Dirk Kienscherf SPD (zur Geschäftsordnung): bei denen das parlamentarische Verfahren zumin- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie dest grenzwertig war. Es sind einige Dinge, die bereits angekündigt, beantragen die Fraktionen sehr hektisch außerhalb des Regelfalls mit Aus- von SPD und GRÜNEN gemäß Paragraf 26 Ab- nahmeregelungen durch die Bürgerschaft gelaufen satz 4 in Verbindung mit Paragraf 26 Absatz 1 der sind, auf die Tagesordnung gekommen, und das Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürger- darf nicht so sein. Es gab einige Dinge, bei denen schaft die Ergänzung der heutigen Tagesordnung die Drohung im Raum stand, dass sie dann eben um den Punkt 55c, die Drucksache 21/2411, den nicht im Ausschuss debattiert würden, sondern Bericht des Haushaltsausschusses zum Finanz- gleich in die Bürgerschaft kämen. Auch da geht es rahmengesetz. Gleichzeitig beantragen wir neben in der Regel um Milliardenbeträge, und das darf der Ergänzung der Tagesordnung auch die ent- nicht sein. Deshalb an dieser Stelle der klare Ap- sprechende Debatte. pell: Manchmal ist es verständlich, dass Dinge nachträglich auf die Tagesordnung kommen, aber Ich will nur ganz kurz etwas zum Inhalt sagen. Ziel wir sollten hier nicht den Ausnahmefall zur Regel ist es, dass wir gemäß Paragraf 27 der Landes- werden lassen, liebe Kollegen von Rot und Grün. haushaltsordnung den Steuertrend im zweiten Jahr eines Doppelhaushalts anpassen. Das tun wir. (Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD – Kern der Drucksache ist, dass wir das Finanzrah- Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Machen wir auch mengesetz entsprechend fortschreiben und dass nicht!) wir es gleichzeitig dadurch schaffen, dem Senat ei- ne gute Grundlage zu geben für die Finanzplanung Präsidentin Carola Veit: Herr Müller von der der nächsten Jahre. Wir bitten daher heute um Be- GRÜNEN Fraktion hat das Wort ebenfalls für maxi- fassung, Beschlussfassung und Debatte. – Vielen mal zwei Minuten. Dank. (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Farid Müller GRÜNE (zur Geschäftsordnung):* LINKEN) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kleibauer, wir hatten die Drucksache im Haushalts- Präsidentin Carola Veit: Das Wort hat Herr Klei- ausschuss. Sie hätte vom Bericht her bis Mittwoch bauer von der CDU-Fraktion, ebenfalls für maximal für die Erstellung der Tagesordnung fertiggestellt zwei Minuten. werden können. Sie haben sich dann bis Donners- tag Zeit gelassen. Man kann darüber nachdenken, ob das Zufall war. Wir haben dann noch einmal Thilo Kleibauer CDU (zur Geschäftsordnung):* darüber gesprochen, ob es nicht doch möglich wä- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr re, das hier einvernehmlich auf die Tagesordnung Kienscherf, mit der Geschäftsordnung wird immer zu setzen. Da kam kein positives Signal. Es geht ein bisschen nach dem Motto verfahren, was nicht hier nicht nur um irgendwelche Planungen, son- passt, wird passend gemacht. Ordentliches Regie- dern es geht auch darum, dass das, was die Bun- ren ist das nicht, ordentliches Regieren wäre es desregierung beschlossen hat, nämlich die Zuwei- gewesen, wenn uns der Finanzsenator die Druck- sung für die Flüchtlinge, die Unterstützung für die sache rechtzeitig hätte zukommen lassen. Länder und Kommunen, ab 1. Januar dann auch (Beifall bei der CDU, der FDP und der AfD) bei denen ankommt, für die es gedacht ist. Das wollen wir hier sicherstellen, und um nichts ande- Sie sind ein bisschen auf den Inhalt eingegangen. res geht es. Es ist eine gesetzliche Änderung, (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ist auch nicht so kompliziert!) 1328 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Präsidentin Carola Veit: Herr Kruse von der FDP- be. – Enthaltungen? – Dann ist das bei zwei Ent- Fraktion bekommt das Wort. haltungen so mehrheitlich beschlossen worden. Die Drucksache wird als Punkt 55c nachträglich in Michael Kruse FDP (zur Geschäftsordnung): Mei- die Tagesordnung aufgenommen und heute als ne sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann letzter Debattenpunkt beraten. mich den Worten von Herrn Kleibauer im Wesentli- chen anschließen. Einem Feierabend-Abgeordne- Wir steigen dann in die heutige Tagesordnung ein. ten vorzuwerfen, dass er zwei Tage dafür braucht Bevor wir zur Aktuellen Stunde kommen, habe ich Ihnen zuvor noch einige einvernehmliche Abwei- (Zurufe von der SPD: Teilzeit!) chungen von der Empfehlung des Ältestenrats mit- – Teilzeit-Abgeordneten, der Vorwurf trifft trotzdem zuteilen. Zunächst sind die Fraktionen übereinge- noch zu –, ein umfangreiches Protokoll zu so einer kommen, die Tagesordnung um zwei weitere wesentlichen Drucksache freizugeben, das ist Punkte zu ergänzen. Hierbei handelt es sich um schon sehr bitter. die beiden Berichte des Haushaltsausschusses aus Drucksache 21/2505 und 21/2506. Die ent- (Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD) sprechenden Drucksachen liegen Ihnen jetzt vor Das Problem liegt doch an einer ganz anderen und wurden als Tagesordnungspunkte 55a Stelle. Das Problem ist doch, dass Sie es weder in und 55b nachträglich in unsere Tagesordnung auf- der Koalition noch im Senat überhaupt schaffen, genommen. Punkt 55a wird gemeinsam mit Drucksachen rechtzeitig zu liefern, TOP 20c als zweiter Debattenpunkt aufgerufen und TOP 55b gemeinsam mit TOP 20 als sechster (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Hätten wir einen Debattenpunkt. FDP-Leistungsträger genommen!) Zudem haben sich die Fraktionen darauf verstän- dass Sie sämtliche Beratungsfristen verkürzen und digt, TOP 72, den Antrag der Fraktionen der SPD dass Sie die Bürgerschaft zu einer reinen Abstim- und der GRÜNEN aus Drucksache 21/2383 Neu- mungsmaschinerie verkommen lassen. Dann sit- fassung, gemeinsam mit dem unter TOP 76 zur zen wir am Freitag wieder zusammen und überle- Debatte angemeldeten Antrag der LINKEN aus gen, wie denn die Attraktivität der Bürgerschaft ge- Drucksache 21/2387 beraten zu wollen. steigert werden kann. Fangen Sie doch einmal an, sich an die Verfahren zu halten und das regelmä- Darüber hinaus wird dann noch TOP 4, das ist die ßig einzuhalten. Dann hätten wir schon eine deutli- Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für che Attraktivitätssteigerung, und dann wäre den Schule und Berufsbildung, einvernehmlich vertagt. Leuten draußen auch deutlich, was wir eigentlich Meine Damen und Herren! Wir kommen zur immer so tun. – Vielen Dank. (Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD) Aktuellen Stunde

Präsidentin Carola Veit: Herr Wolf von der AfD- Dazu sind sechs Themen angemeldet worden, und Fraktion bitte. zwar von der SPD-Fraktion Dr. Alexander Wolf AfD (zur Geschäftsordnung):* Kompromissvorschlag zum Länderfinanz- Ganz kurz. Aus den von Herrn Kollegen Kleibauer ausgleich: gut für Deutschland, gut für Ham- genannten Gründen – bei Herrn Meyer ist es ähn- burg – gut verhandelt lich, von der CDU-Fraktion (Zuruf: Kruse heißt er!) Mit Basta-Politik gegen die Wand – Senat bei Herrn Kollegen Kruse – stimmen wir gegen die- scheitert mit Olympia und versagt bei Flücht- se kurzfristige Ergänzung der Tagesordnung. Et- lingsunterbringung was mehr Zeit und etwas mehr Achtung vor den Abgeordneten sollten dazugehören. – Vielen Dank. von der GRÜNEN Fraktion (Beifall bei der AfD) Es gibt keinen Planet B: Weltklimagipfel in Paris und Hamburgs Klimaplan Präsidentin Carola Veit: Weitere Wortmeldungen von der Fraktion DIE LINKE sehe ich nicht. Dann können wir zur Abstimmung kommen. Viel heiße Luft – Klimaschutz in Hamburg, warum steuert Kerstan nicht um? Wer möchte, dass der Bericht des Haushaltsaus- schusses aus der Drucksache 21/2411 nachträg- von der FDP-Fraktion lich in die Tagesordnung aufgenommen und heute als letzter Debattenpunkt aufgerufen wird, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenpro- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1329

(Präsidentin Carola Veit)

Finanzkonzept gefakt, Rot-Grün zerrissen: die unterschiedliche Wirtschafts- und Finanzkraft Scholz muss die Ursachen des Olympiade- der Länder im Nachgang austariert wird. Weil das bakels erklären so ist und weil es gelungen ist, sozialdemokrati- sche, christdemokratische, christsoziale, grüne und und von der AfD-Fraktion linke Ministerpräsidenten zu einer gemeinsamen Klimagipfel in Paris – fehlen Hamburg die Linie bei der Neuordnung der bundesstaatlichen Antworten? Finanzbeziehungen zusammenzubringen, wird am Ende auch der Bund, der auch nicht gänzlich un- Die Fraktionen sind übereingekommen, das zweite beteiligt gewesen ist, diese Einigung mittragen. Da und fünfte Thema gemeinsam debattieren zu wol- bin ich mir sehr sicher. len. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Ich rufe nun zunächst das erste Thema auf. Dazu bekommt Herr Quast von der SPD-Fraktion das Dieses Verhandlungsergebnis auf politischer Ebe- Wort. ne ist auch deshalb zu begrüßen, weil nicht Rich- tern die Entscheidung über eine derartig wichtige Jan Quast SPD:* Frau Präsidentin, meine Damen und zugleich komplexe Materie überlassen wurde, und Herren! Nachdem wir heute auf der Tagesord- wie das Bayern und Hessen mit ihrer Verfassungs- nung einige Themen haben – auch dank der klage durchaus angegangen sind, sondern eine CDU –, bei denen es um Vergangenheitsbewälti- politische Lösung erzielt wurde und damit dieses gung geht und auch darum, Risiken in der Zukunft Thema, das für die Länder, aber auch für den zu erkennen, Bund so wichtig ist, durch Politik geregelt wird. (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ihr sorgt für den Hamburg hat, anders als Bayern und Hessen, kei- Blankoscheck!) ne Klage erhoben. Hamburg war seit Bestehen des Länderfinanzausgleichs fast immer Zahlerland haben wir zumindest ein Thema, bei dem wir die und hat sich der Klage, genauso wie Baden-Würt- Einnahmensicherung für Hamburg in der Zukunft temberg, nicht angeschlossen, sondern auf diese besprechen können. Verhandlungslösung hingearbeitet, wie sie auch im (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Koalitionsvertrag auf Bundesebene angelegt ist. Das zeigt, dass Verhandeln besser ist als Klagen. Im Oktober 2011 haben die Regierungschefs der Länder Verhandlungen aufgenommen, um die (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab 2020 neu zu Gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister hatte regeln. Das ist erforderlich, weil die Regelungen Olaf Scholz schon im Vorfeld einige Vorschläge des Solidarpakts II Ende 2019 auslaufen. über das Volumen einer Einigung vorgelegt, In der vergangenen Woche ist es nun unter Feder- 11 Milliarden Euro standen einmal zur Debatte. führung unseres Ersten Bürgermeisters Olaf Jetzt ist auf Bundesebene durch die CDU ins Ge- Scholz gelungen, eine Einigung unter den 16 Län- spräch gebracht worden, den Solidaritätszuschlag dern herzustellen. ab 2020 schrittweise bis 2030 abzusenken und dann aufzulösen. Ich weiß nicht, ob das der richti- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) ge Schritt ist, um mit den finanziellen Herausforde- Eine Verständigung, an die viele nicht mehr ge- rungen der Zukunft umzugehen. Ob das auch glaubt haben, weil die Interessen der Länder eben- nachhaltig sein kann, das werden wir noch sehen. so unterschiedlich sind wie die Länder selbst. Es zeigt aber, dass man sich auf einer neuen Einen Kompromiss zu erzielen ist ein großer Erfolg Grundlage verständigen musste. Ob es am Ende für unseren Bürgermeister, dazu auch herzlichen dann um 8,5 Milliarden oder 11 Milliarden Euro Glückwunsch. In der Sache ist es aber auch ein geht, ob die Frage ist, ob man die Bundesbeteili- großer Erfolg für Hamburg, was dort ausverhandelt gung auf Grundlage der Preise von 2014 be- wurde. schreibt oder ob man die Inflation von morgen in die Rechnung einbezieht, all das wird am Ende je- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) denfalls nicht darum herumführen, dass der Bund Insgesamt ist die Einigung ein Bekenntnis zu ei- sich beteiligen wird. nem solidarischen Föderalismus, der bei aller Dis- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) kussion in Detailfragen unser Land auch so erfolg- reich gemacht hat, der uns die Stärke gegeben Die Verständigung sprengt sicherlich nicht die hat, die deutsche Einheit zu bewältigen, und uns Möglichkeiten des Bundes, auch wenn sich Haus- jetzt dazu verhilft, die Herausforderung des Zu- haltspolitiker – das würden wir doch genauso ma- stroms an Flüchtlingen zu bewältigen. chen – auf Bundesebene erst einmal skeptisch äu- ßern. Aber in Wirklichkeit geht es um 1 Milliarde Ziel des Länderfinanzausgleichs ist es, eine Euro. Es ist gelungen, 3 Milliarden Euro für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Flüchtlinge aus Bundesmitteln lockerzumachen, Ländern zu schaffen oder dazu beizutragen, indem 1330 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Jan Quast) worüber wir sehr froh sind. Dann wird es am Ende (Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- nicht an 1 Milliarde Euro scheitern. mann AfD – Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wir haben den Solidaritätszuschlag!) Die Einigung ist auch ein Wert an sich, weil die Länder eine Neuordnung erstmals seit über vier Es ist ein klassischer Vertrag zulasten Dritter, und Jahrzehnten auf dem Verhandlungswege und oh- wir fühlen uns beinahe ein paar Tage zurückver- ne eine Aufforderung des Bundesverfassungsge- setzt und müssen uns nur vor Augen halten, was richts erreicht haben. Das verdient, honoriert zu denn Olaf Scholz bei der Olympia-Finanzierung werden, genauso wie die erzielten Ergebnisse. So gemacht hat. Das ist so ähnlich gelaufen, und da wird der Umsatzsteuervorwegausgleich wegfallen, kann ich nur sagen: Aus diesem Desaster haben sodass auch Nordrhein-Westfalen künftig Zahler- Sie nichts gelernt. land wird. Die neuen Länder erhalten eine Bundes- (Beifall bei der CDU) ergänzungszuweisung zur Stärkung ihrer kommu- nalen Finanzkraft, und die Haushaltsnotlageländer So zu agieren ist kurzsichtig, so zu agieren ist le- Saarland und Bremen bekommen eine zusätzliche diglich aktionistisch, das hilft uns auf Dauer nicht Sanierungshilfe. weiter. Ich will zum Schluss noch etwas zu Hamburg sa- (Dr. Andreas Dressel SPD: Warum ist Horst gen, denn auch Hamburg fährt mit diesem Kom- Seehofer dafür?) promiss gut, und er verdient unser aller Unterstüt- Kommen wir auf die Hamburger Ebene. Ich stelle zung. Wir erhalten Planungssicherheit, und die mir bei diesem Kompromiss vor, wie dieser Senat Stadtstaatenwertung, also die Einwohnerwertung, mit den Bezirken umgehen würde. Wir haben sie- bleibt erhalten, um die Aufgabenwahrnehmung für ben Bezirke. Herr Scholz, legen Sie einfach einmal die Metropolregion zu sichern, wie auch in anderen das Geld auf den Tisch, was im Haushaltsplan für Ländern. Deswegen kann ich Sie nur bitten, dass die Jugendeinrichtungen in den Bezirken vorgese- Sie, wenn es in Ihren Entscheidungsmöglichkeiten hen ist. Ich glaube, die Summe liegt bei 23 oder steht, auch auf Bundesebene dieses Verfahren 24 Millionen Euro. Legen Sie diese Summe auf weiter unterstützen. den Tisch, sagen Sie den sieben Bezirksamtslei- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) tern, sie sollten sich zusammensetzen und sich ei- nigen. Ich bin mir sicher, wir erreichen eine super Präsidentin Carola Veit: Herr Kleibauer von der Einigung, die in allen Bezirken mit großen Mehrhei- CDU-Fraktion erhält nun das Wort. ten begrüßt wird, und diese Einigung heißt dann nicht 23 oder 24 Millionen Euro, sondern 27 oder 28 Millionen Euro. Dann würde ich gern einmal se- Thilo Kleibauer CDU:* Frau Präsidentin, meine hen, wie dieser Senat darauf reagiert. Damen und Herren! Herr Quast, das ist ein schö- nes Timing mit der Debattenanmeldung. Heute (Beifall bei der CDU und bei Dr. Jörn Kruse Morgen konnten wir in der Zeitung lesen, dass AfD) , Ihr einflussreicher Fraktionsvi- Es ist richtig und wichtig, dass sich beim Länderfi- ze aus der Bundestagsfraktion, mit dem Sie sich nanzausgleich etwas tut. Es ist aus meiner Sicht gestern noch auf der Rathaustreppe haben schön auch wichtig, fotografieren lassen, sagt: Mit mir nicht. 8,5 Milliar- den Euro seien immer vereinbart gewesen und das (Zurufe von der SPD: Ah!) habe für das Jahr 2019 gegolten. Das hat er relativ dass sich rechtzeitig vor dem Auslaufen 2019 et- deutlich gesagt. was tut. Wir sollten aber nicht so tun, als sei das (Beifall bei der CDU und bei Dr. Bernd Bau- jetzt etwas ganz Tolles. Wenn man sich das durch- mann AfD) liest, ist es nach wie vor ein System, das sehr in- transparent ist, ein System, das von Tausenden Ich bin auch ein überzeugter Landesvertreter, und Sonderfällen aus ganz unterschiedlichen Gründen ich freue mich, wenn wir als Bundesland mehr lebt. Ob das eine zukunftsfähige Struktur ist, muss Geld vom Bund bekommen, aber ich sage auch, man dann sehen. es wäre deutlich besser gewesen, wenn der Bund von vornherein dabei gewesen wäre. Es ist näm- Es gibt im Übrigen viele andere Themen, bei de- lich eine skurrile Situation, dass am Freitag letzter nen sich der Bund durchaus bewegt hat und die Woche 16 Ministerpräsidenten in ihrer jeweiligen Länder auch einmal zu einer Einigung kommen Heimathauptstadt sagten, sie hätten einen super müssen, zum Beispiel beim Thema Erbschafts- Kompromiss erreicht und würden mehr Geld für ihr steuer, genauso wie beim Thema Regionalisie- Bundesland bekommen. Aber es wurde die Kasse rungsmittel, Mittel nach dem Regionalisierungsge- vom Bund geplündert, der gar nicht im Raum war. setz für den Nahverkehr. Auch da hat der Bund et- Das finde ich vom Verfahren her etwas merkwür- was auf den Tisch gelegt, und die Länder streiten dig, das kann es doch nicht sein. sich noch über die Aufteilung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1331

(Thilo Kleibauer)

Meine Damen und Herren! Es ist gut, wenn es in den vielen Verhandlungen, gerettet worden. Dafür kleinen Schritten weitergeht. Aber es gibt auch vie- müssen wir immer kämpfen als Stadtstaaten. le Dinge, die man besser machen muss. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Dr. Monika Schaal SPD: Hat immer was zu Die besonderen Hafenlasten sind auch berücksich- meckern!) tigt worden. Hamburg hat da einen guten Job ge- Ich möchte aus Landessicht noch etwas anderes macht, und ich hätte mir schon gewünscht, abseits sagen. Ich finde, gerade als Vertreter eines Bun- der Parteipolitik, dass das wenigstens anerkannt deslandes muss man schauen, wo die eigenen worden wäre, denn es geht hier zuerst um die Stärken liegen. Wo sind die eigenen Qualitäten? Stadt und dann um die Partei. Welche eigene Strategie haben wir, um im födera- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) len System gut dazustehen? Und das sollte auch im Vordergrund stehen. Es kann nicht sein, immer Es sind im Übrigen auch viele Elemente von der nur nach Geld vom Bund zu rufen, wie wir das in CDU in diesen Kompromiss eingeflossen, insbe- vielen Fällen, auch im Hochschulbereich und an sondere die Frage des Umsatzsteuervoraus- anderer Stelle, gesehen haben, und dabei die ei- gleichs. Auch da gab es durchaus sehr viele CDU- gentlichen Kernaufgaben zu vergessen. Da muss geführte Länder – so viele sind es nicht mehr, aber Hamburg wesentlich mehr tun. Es kann nicht sein, die, die es noch gibt –, sich immer nur über Bundesmittel zu freuen, die (Dr. Andreas Dressel SPD: Die haben auch dann gern, wenn sie kommen, zweckentfremdet zugestimmt!) werden. Es muss wesentlich mehr an eigenen, an landesspezifischen Strategien für den Standort die das vorgetragen haben. Letztendlich geht es Hamburg gearbeitet werden. doch darum: Hamburg hat seinen Anteil dafür ge- leistet, dass wir weiter ein solidarisches Miteinan- (Beifall bei der CDU) der unter den Bundesländern garantieren können für die nächsten Jahre. Das war nach der Klage Präsidentin Carola Veit: Das Wort bekommt Herr von Bayern nicht mehr sicher. Müller von der GRÜNEN Fraktion. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Farid Müller GRÜNE:* Frau Präsidentin, meine Es hätte keine Einigung gegeben, wenn alle Län- Damen und Herren! Wahrscheinlich haben Sie ein der das Gefühl gehabt hätten, sie gingen als Föde- bisschen länger nachgedacht, Herr Kleibauer, wie ralismus-Verlierer aus diesen Gesprächen hinaus. Sie jetzt damit umgehen, dass wir dieses Thema Deswegen ist diese Einigung schon ein Wert an angemeldet haben. sich. Unsere Aufgabe als Länder ist es jetzt, dass wir ganz eindeutig mit dem Bund in die Verhand- (André Trepoll CDU: Ja, ja, das hat uns den lungen treten und sehen, wie viel der Bund nun Schweiß auf die Stirn getrieben!) beitragen kann, dass dieser Kompromiss Bestand – Doch, doch. hat. Sich jetzt auf einen SPD-Kollegen zu berufen, ihm (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) zu applaudieren und zu sagen, es sei ganz toll, Wenn ich sehe, dass wir auch noch 172 Millionen dass es da jetzt vielleicht Streit gebe, ist eigentlich Euro mehr bekommen, abseits der Einwohnerwer- eine absurde Sache. Wegen dieser absurden Par- tung, abseits des Gemeindefinanzierungsge- teien-Zickereien gibt es auch häufiger Politikver- setzes, des Verkehrsgesetzes und abseits davon, drossenheit. dass die kommunale Kraft viel mehr als bisher wei- (Heiterkeit bei der CDU) ter berücksichtigt wird, dann ist auch das für Ham- burg sehr positiv im Ergebnis zwischen Bund und Sie haben nicht verstanden, dass es bei den Ver- Ländern. All das haben Sie nicht weiter erwähnt, handlungen zwischen Bund und Ländern eine Per- es interessiert Sie möglicherweise nicht. Wenn Sie son gegeben hat, die das bisher nicht geschafft uns dann sagen, wir sollten uns auf den Standort hat, das war nämlich Herr Schäuble. Die Länder Hamburg konzentrieren, dann kann ich nur antwor- haben sich einmal zusammengesetzt und ver- ten: Sehen Sie sich einmal an, welche Überschüs- sucht, ob sie ohne diesen Herrn eine Lösung fin- se wir dieses Jahr erzielen. – Vielen Dank auch an den. Dann haben sie eine gefunden, und wenn diese Opposition. man hinterher kritisiert, dass Herr Schäuble nicht dabei gewesen sei, dann ist das wohlfeil. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Präsidentin Carola Veit: Herr Hackbusch von der Sie sitzen hier für die Interessen Hamburgs, das Fraktion DIE LINKE erhält das Wort. tun wir alle, und für die Interessen Hamburgs wur- de viel erreicht. Beispielsweise ist die Einwohner- wertung, die gar nicht einmal so sicher war bei all 1332 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Norbert Hackbusch DIE LINKE: Frau Präsidentin, Zweitens: Ich finde es völlig richtig, dass wir mehr meine Damen und Herren! Herr Quast, wir sind Geld bekommen für die Länder, für die Kommunen zwar in der Weihnachtszeit, aber Lobpreisungen und für die Aufgaben, die dort anliegen. Insbeson- des Herrn finde ich an dieser Stelle völlig übertrie- dere angesichts der Flüchtlingssituation ist es ab- ben. Das ist nicht die adäquate Art und Weise, da- solut notwendig – wir sagen das seit Jahren –, für mit umzugehen. die Infrastruktur in den Ländern und Gemeinden mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Dieser Schritt (Beifall bei der LINKEN und bei Joachim ist also ein richtiger Schritt, den der Bürgermeister Lenders CDU – Jörg Hamann CDU: Seines mit ausverhandelt hat und auch richtig ausverhan- Herrn!) delt hat. – Und auch seines Herrn, genau, das bezog sich (Beifall bei der SPD) schon darauf. Wir sind dort einen Schritt weitergekommen, und (Beifall bei der CDU – Dr. Monika Schaal darüber sollte man sich an dieser Stelle gemein- SPD: Nächste Debatte!) sam freuen. – Vielen Dank. Es ist gerade eine Woche nach dem Olympia-Ent- (Beifall bei der LINKEN) scheid. Bei der finanziellen Einigung von Herrn Schäuble und Herrn Scholz wurde bezüglich Olym- pia an dem Abend des Entscheids noch einmal Präsidentin Carola Veit: Jetzt hat Frau Suding deutlich von Herrn Schäuble dargestellt, dass die- von der FDP-Fraktion das Wort. ser Olympia-Entscheid völlig richtig entschieden worden sei von der Hamburger Bevölkerung. Der Katja Suding FDP: Frau Präsidentin, sehr geehrte Bund hätte nicht das Geld übernommen, wie es Damen und Herren! Gerade ist das Olympia-Refe- vorher gesagt wurde. Dort hat Herr Scholz auch rendum gescheitert, Olaf Scholz ist damit geschei- gezeigt, dass er große Schwierigkeiten hat, sich tert, und zwar auch deswegen, mit dem Bund über finanzielle Angelegenheiten zu (Zurufe von der SPD – Dr. Monika Schaal einigen. Dementsprechend ist es jetzt wohl an die- SPD: Dann sind Sie auch gescheitert!) ser Stelle notwendig gewesen, Herrn Scholz zu lobpreisen. Aber das ist eine SPD-Logik und keine weil er von Finanzierungszusagen des Bundes Logik dieser Stadt. ausging, die so gar nicht abgesprochen waren, wie wir jetzt feststellen mussten. Aber darüber werden (Beifall bei der LINKEN) wir gleich noch sprechen. Gerade fünf Tage ist al- Ich möchte trotzdem sagen, dass es etwas über- so das Scheitern von Olaf Scholz' Finanzierungs- trieben ist, diese Angelegenheit gegenwärtig schon konzept her, da stellt er sich schon wieder vor die so zu feiern, denn es ist natürlich schwierig, sich Kameras und präsentiert erneut eine Rechnung, mit dem Bund darüber zu einigen. Da hat Herr die offenbar wieder ohne den Wirt im Bund ge- Kleibauer recht. Trotzdem sind diese gemeinsame macht wurde. Entweder sollte das ein Revanche- Entscheidung und dieser Kompromiss ein positiver foul an Wolfgang Schäuble sein für dessen Ehrlich- Schritt. Ich will es an verschiedenen Punkten ver- keit am Abend des Olympia-Referendums bei Gün- deutlichen. – Wir sind immer sehr abgewogen in ther Jauch, oder aber unser Erster Bürgermeister unseren Einschätzungen. wird aus Schaden partout nicht klug. (Beifall bei der LINKEN – Heiterkeit bei allen (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Fraktionen) CDU) Damit kommen Sie nicht immer zurecht, wenn wir Es ist auch schlichtweg falsch zu sagen, dass sich mal kritisieren und mal loben. die 1,2 Milliarden Euro, die der Bund nun im Ver- gleich zum gemeinsamen Scholz-Schäuble-Papier Natürlich wurde schon der Punkt der Veredelung aus dem Sommer mehr bezahlen soll, allein auf des Hamburger oder Bremer Menschen darge- einen anderen Zeitpunkt beziehen, wie immer stellt, aber das will ich nicht genauer ausführen. Ich dargestellt wird. Fakt ist: Im April wollte der Bund finde, das Entscheidende hier sind zwei bis drei noch 7 Milliarden Euro dazugeben, im Scholz- Punkte. Erstens: Es ist mit diesem Kompromiss Schäuble-Papier vom Sommer waren es dann gelungen, die Idee, dass es eine Steuerkonkurrenz 8,5 Milliarden Euro, und jetzt haben sich die Län- zwischen den Ländern geben soll – diese Idee der auf knappe 9,7 Milliarden Euro geeinigt. Ver- wurde durchaus ernsthaft diskutiert –, zurückzu- antwortlich dafür sind zum einen deutlich höhere weisen. Das halte ich für einen absoluten Fort- Zinshilfen; das haben wir schon gehört. Dann schritt für diejenigen, die in diesem Land für solida- kommt der lineare Anpassungstarif bei der Um- rische Steuern sind. Ich finde, das sollte man auch satzsteuerverteilung dazu, der nun deutlich niedri- gemeinsam feiern. ger liegt, als es im Sommer geplant war, also (Dr. Monika Schaal SPD: Ach nee!) 63 statt 67,5 Prozent. Das heißt, der Bund müsste – Ja, einmal so. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1333

(Katja Suding) also zum Ausgleich noch einmal deutlich mehr hin- Und last, but not least: Der Soli ist und bleibt aus zuzahlen. unserer Sicht ein überfälliges Auslaufmodell. Es ist aber jetzt völlig unklar, ob er nicht dauerhaft erhal- Was den angeblichen Verhandlungserfolg von Olaf ten bleibt und so am Ende alle Steuerzahler die Scholz angeht, will ich einen Satz aus der IW-Stu- Zeche für diesen Kuhhandel zahlen werden, denn die zum Länderfinanzausgleich von Ende Septem- auch die CDU will den Soli gern bis 2030 erhalten. ber zitieren: Das ist übrigens zufällig genau das Jahr, in dem "Der Stadtstaat Hamburg ist ein Verlierer erstmals eine Evaluierung der jetzt gefundenen Ei- des neuen linearen Tarifs, da der auf Ham- nigung der Ministerpräsidenten anstehen soll. burg angewendete Satz mit 67,5 Prozent Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie sich […]" noch so sehr dafür feiern möchten, was der Erste – jetzt sind es nur noch 63 Prozent – Bürgermeister verhandelt hat, aus unserer Sicht lässt sich das Ergebnis in einem Satz zusammen- "[…] nun höher ist als zuvor mit 44 Prozent." fassen: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Der Erfolg des Ersten Bürgermeisters ist also doch (Beifall bei der FDP) deutlich weniger sensationell, als Rot-Grün es im- mer darstellt, und deswegen sollten Sie vielleicht etwas weniger lautstark jubeln. Präsidentin Carola Veit: Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion bekommt das Wort. (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU) Dr. Bernd Baumann AfD:* Werte Präsidentin, Ich möchte auf ein paar Punkte in dem Kompro- meine Damen und Herren! Wir haben es nicht oft, miss eingehen, vor allen Dingen auf Punkte, die dass ein Thema der Aktuelle Stunde in solch ei- aus unserer Sicht fehlen. Die vorgeschlagene Lö- nem Jubel-Ton angekündigt wird wie dieses Mal. sung ist in der Tat einfacher, insbesondere durch "[…] gut für Deutschland, gut für Hamburg – den Wegfall des Umsatzsteuervorwegausgleichs. gut verhandelt." Hierzu gibt es von unserer Seite auch einen vor- sichtigen Beifall. Da ist auch noch ein dickes Eigenlob dabei; gut gelungen. (Dr. Andreas Dressel SPD: Ui!) (Arno Münster SPD: Tue Gutes und rede – Ja. Auch wir sind sehr ausgewogen. darüber!) Aber insgesamt bleibt das System des Länderfi- – Ja, natürlich. nanzausgleichs viel zu intransparent. Versuchen Sie doch einmal, den Menschen zu erklären, wie Das Interessante ist, dass alle 16 Länderchefs das genau sich die für jedes Land völlig unterschiedli- unterstützen. Die sind auch alle beeindruckt, die chen Zu- und Abschläge entsprechend der Finanz- finden das auch alle gut. Das macht schon ein kraft bei der Umsatzsteuerverteilung errechnen. bisschen stutzig. Ein gewaltiger Durchbruch sei ge- Das wird Ihnen nicht gelingen. Wir Freien Demo- lungen. Alle 16 Bundesländer sagen, sie hätten kraten halten deshalb deutlich mehr Transparenz jetzt mehr Geld oder zumindest genauso viel, kei- für geboten. ner fühlt sich benachteiligt. Aber die Wirtschaftsin- stitute, das Institut der deutschen Wirtschaft zum (Beifall bei der FDP) Beispiel, oder die Fachpresse reagieren sehr kri- Uns sind auch die Anreize für Haushaltsdisziplin tisch. Woran liegt das? Ich will nur einige Punkte auf der Ausgabenseite sowie die Anreize für eige- nennen. ne wirtschaftliche und infrastrukturelle Anstrengun- Da ist die immer noch sehr große Undurchschau- gen zur Förderung der Einnahmenseite nach wie barkeit, die Intransparenz und unsystematische vor viel zu gering. In diesem Zusammenhang Willkür, wie manche Punkte zugeordnet werden. möchte ich noch einmal an die Dresdner Erklärung Professor Renzsch, einer der führenden Föderalis- der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsi- musexperten im Land, sagt, er habe an vielen denten von 2012 erinnern, in der eine Stärkung der Punkten große Schwierigkeiten, das überhaupt zu Budgethoheit der Länder gefordert wurde, zum verstehen. Fachjournalisten erwähnen Beispiele. Beispiel durch mehr eigene Steuergesetzgebungs- So gibt es Bundesergänzungszuweisungen, die je- kompetenz. Davon ist aber in diesem Kompromiss dem Land für ganz spezielle Dinge zugeordnet leider nicht viel zu sehen. Ebenso fehlt die Veran- werden. kerung des Konnexitätsprinzips, wonach diejenige Ebene zahlt, die etwas bestellt, was zum Beispiel (Sylvia Wowretzko SPD: Was schlagen Sie zusätzliche Belastungen der Kommunen durch denn vor?) Bund oder Länder ohne jeweilige Gegenfinanzie- Brandenburg zum Beispiel bekommt 10 Millionen rung verhindern würde. Auch das wurde in der Euro hinzu, und zwar für hohe Kosten politischer Dresdner Erklärung schon gefordert. Führung. Was ist das? Darunter lässt sich alles 1334 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Bernd Baumann) subsumieren. So baut sich das ganze Konstrukt (Beifall bei der AfD) auf, und das ist das Problem. Es ist das Ergebnis Es fehlen immer noch entscheidende Anreize für eines Schacherns, dem jedes Land hinterher zu- die Defizitländer, sich selbst zu bemühen zu spa- stimmen sollte und damit sozusagen Einzelbefrie- ren, auch bei den Wahlgeschenken, die man vor digung bekommen hat. Das ist der erste Kritik- der nächsten Wahl großzügig verteilt. Diese Anrei- punkt. ze fehlen weiter. Es gibt eine gewisse Laxheit, die Der zweite Punkt ist, das ist schon angesprochen sich schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren worden, dass die Rechnung ohne den Wirt ge- eingeschlichen hat, wir erinnern an Oskar Lafon- macht worden ist. Der Senat jubelt zu früh. Olym- taine, damals im Saarland, für den es spießig war, pia als Warnsignal, ich muss es nicht wiederholen. Haushaltsdisziplin nach vorn zu bringen. Auch in Der Bund hat noch nicht zugesagt. Der stellvertre- dieser Hinsicht muss die Länderfinanzausgleichs- tende Fraktionsvorsitzende der CDU, Brinkhaus, gesetzgebung vorankommen. hat bereits abgelehnt. Er findet das nicht akzepta- Ein letzter Punkt. Es wird gesagt, der Bund habe bel. Frau Suding, Sie haben gerade einen anderen das Geld, das sei doch gar kein Problem. Die Zin- Stellvertreter genannt. Warum, liebe SPD, brechen sen seien winzig, die Konjunktur super, die Einnah- Sie das jetzt vom Zaun? Warum dieser parlamen- men hoch. Wo sei das Problem; der Bund solle es tarische Jubel, wo der Bär noch gar nicht erlegt ist, machen. Das Problem ist, dass das eine Schein- dessen Fell Sie verteilen? Sie hätten doch noch blüte ist. Vergessen wir nicht, warum das so ist. warten können. Es ist absolut unverständlich, dass Die Exportwirtschaft und das Volkseinkommen wir uns jetzt damit befassen müssen. Das hätte kommen doch dadurch, dass der Euro in einem ex- noch Zeit gehabt. tremen Maß unterbewertet ist. Unsere Exportwirt- (Beifall bei der AfD) schaft ist gedopt. Daher kommt im Moment unser großer Überschuss. Daher kommt unsere Konjunk- Der dritte Punkt: Es kommt unbemerkt eine Art tur. Die ist auf Sand gebaut, und ebenso die niedri- neuer Zentralismus durch die Hintertür. Das ist gen Zinsen, die durch den Druck von 1 Billion Euro noch gar nicht angesprochen worden. Wir haben in zustande kommen, der Vergangenheit mehrere Föderalismuskonfe- renzen gehabt, bei denen es immer darum ging, (Dr. Monika Schaal SPD: Wessen Interes- dass die Länder mehr Autonomie brauchen, mehr sen vertreten Sie da vorne eigentlich?) Freiheit, mehr Selbstständigkeit. Jetzt sollten sie Enteignung der Rentner und Sparer. Ich komme den Finanzausgleich unter sich klären, und was zum Ende. Darauf kann man so ein Konstrukt nicht machen sie? Sie geben es auf die nächsthöhere bauen. Das ist einfach unseriös. Wachen Sie end- Ebene. Der Bund soll es machen. Er soll aus sei- lich auf. nen Umsatzsteueranteilen weitere Anteile an die Länder verteilen. Die Starken sollen mehr bekom- (Beifall bei der AfD) men, die Schwachen sollen weniger bekommen, und das ist der Finanzausgleich. Es einigen sich Präsidentin Carola Veit: Das Wort hat die frakti- also nicht einmal die Länder auf Länderebene, onslose Abgeordnete Frau Heyenn. sondern in Zukunft wird der Bund das machen, mit seinen Umsatzsteueranteilen. Das ist eine Verla- Dora Heyenn fraktionslos:* Frau Präsidentin, mei- gerung nach oben. Es ist überhaupt nicht zu Ende ne Damen und Herren! Eigentlich soll der Länderfi- gedacht, was hier passiert ist. Und warum ist es nanzausgleich, so sein Name, für Ausgleich und passiert? Weil die Länder sich auf Länderebene für annährend gleiche Lebensverhältnisse in nicht mehr einigen konnten. Das war ein Vertei- Deutschland sorgen. Von Beginn an wurde immer lungskonflikt, der hochgekocht ist. wieder um das System des Finanzausgleichs ge- (Farid Müller GRÜNE: Das ist ganz normal rungen. Im Kern der Kontroverse steht seit jeher im Föderalismus!) die Frage, welcher Föderalismus politisch eigent- lich gewollt ist, ein Wettbewerbsföderalismus oder Nordrhein-Westfalen und Bayern waren überhaupt der kooperative Föderalismus, der dem Gebot der nicht mehr zu einigen. Vorher hat es noch eine Ei- gleichwertigen Lebensverhältnisse folgt und finan- nigung gegeben, das war dieses Mal nicht mehr zielle Unterschiede in den einzelnen Ländern aus- möglich. Es ist eskaliert, es gab einen verhärteten gleicht. Fakt ist, der bisherige Länderfinanzaus- Verteilungskonflikt, und das Ergebnis war, dass gleich hat dieses Ziel verfehlt. Die Lebensverhält- man das ganze System aufgegeben und ein neues nisse in den Bundesländern entwickeln sich aus- erfunden hat, bei dem alle ihr Gesicht wahren einander, statt sich anzugleichen. Experten zufolge konnten. Jetzt verteilt der Bund das von oben. Es werden einige Regionen immer reicher, die vielen ist insofern auch ein Scheitern des Föderalismus, übrigen dagegen immer ärmer. dass die Länder das untereinander nicht geschafft haben. Das muss man auch einmal sagen und Anders als 2013 gehört Hamburg nun wieder zu kann das nicht nur bejubeln. dem Kreis der Geberländer im Länderfinanzaus- gleich. Die Bundesländer haben sich in der vergan- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1335

(Dora Heyenn) genen Woche auf eine gemeinsame Linie um die (Beifall bei Nebahat Güçlü fraktionslos) Neuordnung im Finanzausgleich geeinigt. Wenn es genau so kommt, wie es die Länder vorgeschlagen Präsidentin Carola Veit: Jetzt bekommt Herr Se- haben, würde das dazu führen, dass Hamburg zu- nator Dr. Tschentscher das Wort. sätzliche Mittel von etwa 172 Millionen Euro hätte. Ob der Bund die jährlichen Ausgleichszahlungen Senator Dr. Peter Tschentscher:* Frau Präsiden- von 9,6 Milliarden Euro leistet – Herr Kleibauer hat tin, meine Damen und Herren! Die Ministerpräsi- schon darauf hingewiesen –, ist sehr fraglich. Denn dentinnen und Ministerpräsidenten der 16 Bundes- wenn jetzt schon ein stellvertretender SPD-Bun- länder haben sich in der vergangenen Woche auf desvorsitzender sagt, auf keinen Fall, dann wird es ein Konzept zur Neuordnung des Länderfinanzaus- schwierig. Die Begeisterung über das Modell zur gleichs geeinigt. Das ist auch für Hamburg eine der Neuregelung ist auf jeden Fall in den Bundeslän- wohl wichtigsten Nachrichten der letzten Jahre, be- dern größer als im Bund, und das ist auch ver- ruht doch ein Großteil unserer Einnahmen auf der ständlich. Frage, in welchem Umfang wir unsere Steuerein- Der Kompromissvorschlag zum Länderfinanzaus- nahmen behalten oder an weniger finanzstarke gleich ist vorerst gut für Hamburg. Hamburg würde Länder abführen müssen. Die bisherigen Rege- zu den Profiteuren der Einigung der Ausgleichs- lungen zum Finanzausgleich laufen Ende 2019 zahlungen zwischen den Ländern gehören. Für aus und wurden von Bayern und Hessen vor dem Hamburg bedeutet der Kompromiss, dass der fi- Bundesverfassungsgericht infrage gestellt. Dabei nanziell vorteilhafte Stadtstaatenstatus erhalten geht es für Hamburg um viel. Wir sind seit Jahr- bleibt. Positiv ist auch, dass Mehreinnahmen aus zehnten Zahlerland, und es geht um sehr viel Einkommen und Körperschaftsteuer im jeweiligen Geld, denn allein ein Wegfall der Einwohnerwer- Landeshaushalt verbleiben. Das sollte für SPD und tung der Stadtstaaten würde unsere Belastung GRÜNE ein Anreiz sein, die Finanzverwaltung zu durch den Finanzausgleich jährlich um 1,2 Milliar- stärken und für mehr Steuergerechtigkeit zu sor- den Euro erhöhen. Auch wenn die Klage wenig gen. Das wäre ein gutes Resultat. Der Länderfi- Aussicht auf Erfolg hat, wissen doch alle, die am nanzausgleich soll in der jetzigen Form abge- Zustandekommen des bisherigen Finanzaus- schafft werden, und damit entfällt auch der Um- gleichs beteiligt waren, wie schwierig es ist, in ei- satzsteuervorwegausgleich, die erste Stufe des ner solchen Konfliktlage und trotz der unterschied- sehr komplizierten Umverteilungssystems zwi- lichsten Interessen von 16 Ländern und noch in schen Bund und Ländern sowie den Ländern un- dieser Legislaturperiode zu einer Einigung zu kom- tereinander. Auf der Haben-Seite steht auch, dass men. In vielen Ländern hat es darüber öffentliche die Ost-Länder einen Ausgleich für die finanziellen Debatten und sogar Wahlkampfauseinanderset- Einbußen nach dem Solidarpaktende 2020 erhal- zungen gegeben, bei uns in Hamburg nicht. Wir ten sollen. beraten heute genaugenommen zum ersten Mal darüber. Zu kritisieren ist aber, dass dieser Kompromissvor- schlag zum Länderfinanzausgleich kein Konzept Der Erste Bürgermeister hat bei den Verhandlun- zur Förderung strukturschwacher Länder und Kom- gen von Anfang an eine zentrale koordinierende munen ist. Es mangelt an Vorschlägen, wie die be- Rolle übernommen: für die Länder insgesamt, nicht sonderen Bedarfe von Ländern mit armen Kommu- nur für Hamburg, und gegenüber dem Bund. Er hat nen, hohen Sozialaufwendungen oder schwacher keine Interviews gegeben, aber verhandelt, und in Wirtschaft gedeckt werden können. Thüringens Mi- diesem Jahr noch vor der Sommerpause auf einer nisterpräsident Bodo Ramelow sieht den gemein- Sitzung der Ministerpräsidenten, Finanzminister samen Vorstoß der Länder für eine Neuregelung und Chefs der Staatskanzleien die Grundzüge ei- der Finanzbeziehung zum Bund skeptisch. Seiner ner möglichen Einigung vorgestellt, auf denen im Auffassung nach sind die Gewinner der Reform die Grunde auch das jetzige Verhandlungsergebnis westdeutschen Flächenländer wie Nordrhein-West- beruht. falen und Bayern. Der Kompromiss zum Länderfi- Das Ergebnis ist noch nicht endgültig, weil der nanzausgleich ist eine Einigung auf niedrigstem Ni- Bund noch zustimmen muss. Aber es ist ein sehr veau der Länderegoismen. Von daher ist der großer Schritt zu einer endgültigen Einigung, wenn 3. Dezember 2015 kein guter Tag für den Födera- sich alle 16 Länder, alle Flächenländer West, alle lismus. Ostländer und alle Stadtstaaten auf ein gemeinsa- Ich möchte noch einmal an den Artikel 107 des mes vernünftiges Konzept für den künftigen Aus- Grundgesetzes erinnern. Mit dem Länderfinanz- gleich zwischen finanzstarken und finanzschwa- ausgleich soll in allen Teilen Deutschlands die Her- chen Ländern verständigen. stellung und Wahrung gleichwertiger Lebensver- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) hältnisse gewährleistet und wirtschaftliche Benach- teiligung abgebaut werden. Das erfüllt dieser Kom- Die Einigung beruht keineswegs darauf, dass die promissvorschlag nicht. Es ist richtig, wir sitzen Länder sich einigen und der Bund zahlt. Der Bun- hier für die Interessen Hamburgs, aber nicht nur. desfinanzminister hatte sich bereits definitiv bereit 1336 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Senator Dr. Peter Tschentscher) erklärt, zusätzliche Umsatzsteueranteile in den kennen, am Ende doch fast alle zu dem Ergebnis Länderfinanzausgleich einzubeziehen. Die hierfür bekannt haben, das auf Länderseite erreicht wur- errechnete Summe von 9,7 Milliarden Euro ist nicht de. höher, als der Bund auch derzeit durch Entflech- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) tungsmittel und Sonderzuweisungen beiträgt. Um diesen Punkt geht es jetzt noch in den Diskussio- Herr Hackbusch, nur um es Ihnen einmal zu sa- nen, die aber, wenn 16 Länder das gemeinsam mit gen: Wir loben gern für gute Arbeit. Das machen dem Bund besprechen und alle ein bisschen ver- Sie viel zu wenig. Ich glaube, Sie unterschätzen nünftig mitdenken, zu einem vernünftigen Ergebnis auch, was für ein Kraftakt es war, die 16 Länder führen sollten. unter einen Hut zu bekommen. Das ist noch schlimmer als ein Linken-Parteitag. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Insofern ist der heutige Stand für alle Beteiligten ein großer Erfolg. Die Einwohnerwertung der Herr Kleibauer, ich weiß nicht, wie Sie darauf kom- Stadtstaaten bleibt erhalten, sie wird nicht weiter men, dass die Kasse des Bundes geplündert wird. infrage gestellt. Die Zahlerländer Bayern, Baden- Gerade hat der Finanzsenator noch einmal ausge- Württemberg, Hessen und auch Hamburg behalten führt, dass auf Bundesseite im Prinzip schon Zuge- mehr von ihrem Steueraufkommen als bisher. ständnisse in dieser Höhe gemacht worden sind. Durch die Zusammenführung des Umsatzsteuer- Und selbst, wenn man die Frage stellt, ob es um ausgleichs mit den übrigen Regelungen des Fi- eine Milliarde Euro mehr geht, glaube ich nicht, nanzausgleichs wird deutlich, dass Nordrhein- dass wir bei einem Bundeshaushalt von über Westfalen auch Zahlerland ist und damit die Mehr- 300 Milliarden Euro bei 1 Milliarde Euro davon re- heit der Bundesbevölkerung in finanzstarken Län- den können, die Kassen des Bundes zu plündern. dern für eine Minderheit der finanzschwächeren Das zeigt aber, welche Wahrnehmung Sie in der Länder zahlt – eine Mehrheit zahlt für eine finanz- Finanzpolitik haben, und es zeigt etwas über Ihr schwächere Minderheit, wie man es in einem Soli- Verständnis, das Sie an Hamburg anlegen und das darsystem gern sieht. total falsch ist. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Durch die neue Umsatzsteuerverteilung bleiben Zu Carsten Schneider, dem CDU-, nein, dem SPD- mehr Steuereinnahmen in den Ländern, in denen Fraktionsvizevorsitzendem. sie erwirtschaftet werden, sodass Leistungsanreize (Heiterkeit bei der CDU) für wirtschafts- und finanzstarke Länder wie Ham- burg bestehen, die für die künftige Entwicklung – Lachen Sie nicht zu früh. Der stellvertretende wichtig sind. Die Haushaltsnotlageländer Bremen CDU-Fraktionsvorsitzende Peter – wie heißt er? – und Saarland erhalten Zinshilfen, die Ostländer Ralph Brinkhauer einen Ausgleich für ihre 2020 wegfallenden Son- (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wie heißt er? derzuweisungen aus dem Solidarpakt, und andere Man weiß es nicht mal!) finanzschwache Länder wie Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen erhalten Son- – heißt er nicht so? – derzuweisungen. Alle Länder werden damit finanzi- (Zurufe: Brinkhaus!) ell so ausgestattet, dass sie ihre Aufgaben auch im Zeitalter der Schuldenbremse wahrnehmen kön- hat sich auch nicht gerade verlässlich verhalten in nen, und der bundesstaatliche Finanzausgleich Sachen Länderfinanzbeziehungen. wird insgesamt einfacher, effizienter und transpa- Vollkommen falsch ist aber, Frau Heyenn, dass be- renter. hauptet wird, Herr Schneider habe gesagt, auf kei- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) nen Fall. Das hat er keineswegs gesagt. Das ist falsch. Hamburg hat bei den Verhandlungen eine zentrale Rolle gespielt und kann sich auf dieser Grundlage (Thilo Kleibauer CDU: Nein, er hat gesagt: als wirtschafts- und finanzstarke freie Hansestadt Mit mir nicht!) weiter gut entwickeln. – Vielen Dank. Mit mir nicht, hat er bestenfalls gesagt. Aber das (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) wird zu diskutieren sein. (Dennis Thering CDU: Wären Sie mal sitzen Präsidentin Carola Veit: Das Wort bekommt Herr geblieben! – Heiterkeit bei der CDU) Quast von der SPD-Fraktion. Herr Kleibauer, ich glaube nicht, dass Sie gut mit Ihrer Aussage dastehen, sich auf Hamburg zu kon- Jan Quast SPD:* Frau Präsidentin, meine Damen zentrieren. Genau das, was der Erste Bürgermeis- und Herren! Ich freue mich, dass sich nach den üb- ter getan hat, ist für Hamburg wesentlich und heißt, lichen, zum Teil provinziellen Nörgeleien, die wir Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1337

(Jan Quast) sich auf Hamburg zu konzentrieren, nämlich im (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Bund Hamburgs Interessen zu vertreten. Das ist wichtig. Deswegen haben wir die Pflicht (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) – in allen Ländern, aber gerade auch in Ham- burg –, darauf zu schauen, was bei der Novellie- Ich bin sehr froh, dass das nicht nur der Erste Bür- rung des Artikel 107 passiert, in dem der Finanz- germeister macht, sondern die Senatoren alle auf ausgleich bisher geregelt wird, wenn wir ihn so än- Bundesebene ihren Aufgaben gerecht werden und dern, wie es jetzt geplant ist, und wie wir sicher- Hamburgs Interessen vertreten, denn das haben stellen, dass dieser solidarischer Finanzausgleich wir schmerzlich vermisst in der Zeit, als Ole von auch in Zukunft gesichert ist. Auch daran haben Beust die Regierung geführt hat. wir als Hamburgerinnen und Hamburger ein Inte- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) resse. – Danke. Insofern wäre es schön, wenn Sie Ihren Blickwin- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) kel wieder etwas erweitern. (Richard Seelmaecker CDU: Lassen Sie uns Präsidentin Carola Veit: Gibt es weitere Wortmel- mal HSH machen jetzt!) dungen? – Das ist nicht der Fall. Dann würde Ihnen auch klar, dass das Ergebnis, Dann kommen wir zu dem zweiten und dem fünf- das erzielt wurde, ein gutes Ergebnis für den Föde- ten Thema der Aktuellen Stunde, für die uns noch ralismus ist, dass es ein gutes ist für die Ostländer, 40 Minuten verbleiben, dem Thema Olympia bezie- für die Haushaltsnotlageländer und am Ende auch hungsweise nicht mehr Olympia. Angemeldet von für Hamburg. Das sollten Sie nicht unterbewerten, der CDU-Fraktion sondern sich gemeinsam mit uns freuen und da- Mit Basta-Politik gegen die Wand – Senat rauf hinarbeiten, dass dieses Ergebnis am Ende scheitert mit Olympia und versagt bei auch genau so Bestand hat, wie es jetzt zwischen Flüchtlingsunterbringung den Ländern verhandelt ist. und von der FDP-Fraktion (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Finanzkonzept gefakt, Rot-Grün zerris- sen: Scholz muss die Ursachen des Präsidentin Carola Veit : Herr Müller von der Olympiadebakels erklären GRÜNEN Fraktion bitte. Sie haben das Wort. (André Trepoll CDU: Was ist das denn?) Das Wort hat Herr Trepoll von der CDU-Fraktion. Farid Müller GRÜNE:* Frau Präsidentin! Ich finde, es sollte noch einmal kurz zusammengefasst wer- André Trepoll CDU: Frau Präsidentin, meine Da- den, was Hamburg nun eigentlich davon hat. men und Herren! Vielen Dank, Sie haben das gut zusammengefasst. Sprechen wir jetzt einmal über (André Trepoll CDU: Hatten wir doch schon!) ein Thema, das die Stadt interessiert. Wenn auch ein bisschen genörgelt wurde, ist es (Beifall bei der CDU und der FDP) doch so, dass die meisten Rednerinnen und Red- ner gesagt haben, das sei gut für Hamburg. Es ist Es ist schon sehr befremdlich, dass Sie anderthalb gut für Hamburg, dass die Einwohnerwertung bei- Wochen nach dem Entscheid davon nichts mehr behalten wird. Es ist gut für Hamburg, dass wir wissen wollen. Das war ganz eindeutig, Herr 172 Millionen Euro mehr haben werden. Es ist gut Quast. Dass Sie nicht die Kraft haben, das in der für Hamburg, dass die Hafenlasten weiter ausge- Aktuellen Stunde anzumelden, ist kein gutes Zeug- glichen werden. Es ist gut für Hamburg, dass die nis. kommunale Finanzkraft besser als bisher in die (Farid Müller GRÜNE: Wir haben einen eige- Berechnung einbezogen wird. Das nützt Hamburg. nen Antrag!) Und es ist gut für Hamburg, dass das Gemeinde- verkehrsfinanzierungsgesetz weitergeführt wird, Wir haben wochenlang darüber diskutiert, auch in weil wir dadurch nämlich unseren öffentlichen Nah- der Aktuellen Stunde, und ich finde, es unsere verkehr – S4 und die U-Bahn, all die Pläne, die Sie Pflicht, dass wir uns dann auch in dem Fall, wenn mittragen – mitfinanzieren können. Ohne das wür- es ein Ergebnis gibt, das uns nicht gefällt, selbst- de es schwierig werden. kritisch darüber austauschen. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP) Natürlich ist es gut, wenn ein kleines Land wie Hamburg, das trotzdem Zahlerland ist, sagt, uns ist Eine breite Mehrheit von Politik, Medien und Wirt- die Solidarität unter den Ländern wichtig, wir schaft und eine omnipräsente Marketingkampagne schauen nicht nur in unser Staatssäckel. haben am Ende nicht gereicht. Das mussten wir al- le zusammen feststellen. 1338 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(André Trepoll)

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN) ger auch hier erneut vor vollendete Tatsachen zu stellen ist Politik von vor-vorgestern. Dabei wollten Die politische Großwetterlage war sicherlich nicht Sie doch, großspurig in Ihrem Koalitionsvertrag an- hilfreich. Aber das allein, Herr Scholz, reicht als Er- gekündigt, eine neue Beteiligungskultur schaffen. klärungsversuch eben nicht aus. Für mich gibt es Wie diese aussieht, wissen wir jetzt: Beteiligung zwei entscheidende Gründe: Ihr Finanzpoker mit wird einfach abgeschafft, die gibt es gar nicht dem Bund, Herr Bürgermeister, war unprofessio- mehr. Den Gipfel erleben wir mit diesen integrati- nell. Sie haben es nicht geschafft, den Bund früh- onsfeindlichen Massenunterkünften in allen Bezir- zeitig in die Planungen miteinzubeziehen und im ken. Vorwege der Abstimmung für die notwendige Klar- heit zu sorgen. (Dirk Kienscherf SPD: Es sind jeden Monat 10 000 Flüchtlinge gekommen!) (Dirk Kienscherf SPD: Fragen Sie mal den Finanzminister!) Dass Ihre Basta-Politik auch hier nicht funktioniert, erleben wir doch tagtäglich in den Stadtteilen. Und Dies ist umso unverständlicher, weil Sie uns immer deshalb sagen wir: Herr Scholz, stoppen Sie diese wieder als der große Macher in der Bundespolitik Politik gegen die Bürger. präsentiert werden, das haben wir gerade wieder erlebt. Niemand konnte in diesen Zeiten der Schul- (Anhaltender Beifall bei der CDU und verein- denbremse ernsthaft erwarten, dass der Bund in- zelt bei der FDP) nerhalb weniger Tage mal eben 6 Milliarden Euro Der Dialog mit den Menschen vor Ort ist die ge- lockermacht, vor allen Dingen, wenn Sie den Bund meinsame Suche nach vernünftigen Lösungen. gar nicht an der Planung beteiligt haben. Dies als Teppichhandel abzutun ist eine Unver- (Dr. Monika Schaal SPD: Wo waren Sie schämtheit gegenüber den Bürgern unserer Stadt da?) und hilft auch den geflohenen Menschen nicht, das muss man ausdrücklich sagen. So geht man nicht mit einem Partner um, der den Löwenanteil der Kosten stemmen sollte. Mit die- Meine Damen und Herren! Mit der bedauernswer- sem ungeschickten Verhalten, Herr Bürgermeister, ten Absage an Olympia ist dem rot-grünen Senat haben Sie Hamburg geschadet. Das ist die Wahr- seine einzig echte Zukunftsvision für unsere Stadt heit. abhandengekommen. Jetzt stehen Sie plötzlich wieder mit leeren Händen da. Sind Fahrradstra- (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der ßen, etwas mehr Wohnungsbau und diese Mas- FDP) senunterkünfte Ihre neuen Zukunftsvisionen für Herr Scholz, Sie haben erklärt, die Menschen Hamburg? Die Frage müssen Sie sich schon gefal- müssten Ihnen schon vertrauen. Damit komme ich len lassen. Sie haben keinen Plan B, und das kriti- zu meinem zweiten Grund: Es gab dieses Vertrau- sieren wir. en offensichtlich nicht. Damit lagen Sie falsch. Ver- (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der trauen muss man sich immer wieder neu erarbei- FDP) ten. Wir fragen uns mit großer Sorge, wie es mit dem (Heike Sudmann DIE LINKE: Warum haben Hamburger Hafen weitergehen soll. Kommt die Sie ihm denn vertraut?) Elbvertiefung, und was tun Sie, um die Hafenkrise Ihr Hochmut ist dabei kein guter Ratgeber. in den Griff zu bekommen? Wie soll es mit dem Wissenschaftsstandort Hamburg weitergehen? Wir (Beifall bei der CDU) haben bisher noch keine nennenswerten Beiträge Selbstgerechtigkeit ist lediglich die Wahrnehmung der Senatorin. Wie wollen Sie das Verkehrschaos der eigenen Realität. Insofern ist diese Niederlage in Hamburg in den Griff bekommen? selbstverständlich auch Ihre Niederlage, Herr Bür- (Martina Friederichs SPD Wir sanieren, was germeister. Sie haben die Ausrichtung der Olympi- Sie liegen gelassen haben!) schen Spiele als größte stadtentwicklungspoliti- sche Vision in Ihrer Amtszeit ausgerufen. Wie kann Für die Zukunft unserer Stadt brauchen wir ehrgei- man dann nach so einem Ergebnis öffentlich erklä- zige Projekte und kein rot-grünes Klein-Klein. ren, man habe überhaupt keine Fehler gemacht? (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Sie haben sich ordentlich verkalkuliert und die FDP) Quittung dafür bekommen, Herr Bürgermeister. Leider hat auch Hamburg diese Quittung bekom- Wenn Sie schon keine entscheidenden Antworten men. auf die wichtigen Zukunftsfragen unserer Stadt ha- ben, dann wird klar, Herr Scholz, was Sie in Ihrer (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Regierungserklärung mit dem Begriff Hoffnungs- FDP) stadt meinten. Bei dieser Senatspolitik ist Hoffnung Gleiches gilt beim Thema Bewältigung der Flücht- das Einzige, was uns noch bleibt. – Herzlichen lingskrise, das ebenfalls angemeldet ist. Die Bür- Dank. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1339

(André Trepoll)

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und Dr. Andreas Dressel SPD (fortfahrend):* Ich lasse vereinzelt bei der FDP) keine Zwischenfrage zu. Er kann sich gleich mel- den. Zur FDP komme ich in meinem Beitrag be- Präsidentin Carola Veit: Das Wort hat Herr stimmt auch noch. Dr. Dressel von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Dr. Jörn Kruse AfD) Dr. Andreas Dressel SPD:* Frau Präsidentin, mei- Der Bundesfinanzminister ist dann knapp vier ne sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kol- Stunden nach Schließung der Wahllokale bei Gün- lege Trepoll, glauben Sie eigentlich, dass Sie mit ther Jauch und tritt nach. Wie er sich dort verhalten solchen Reden irgendeinen Beitrag zum Segen hat, ist schlicht unsportlich. der Politikverdrossenheit leisten? Nein, das ist ge- nau die falsche Antwort nach einem solchen Refe- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) rendum. Man muss es einfach zusammenfassen, wie es ist: (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Maßgebliche CDU-Vertreter der Bundesregierung haben Hamburg hängenlassen. Da sollten Sie viel- Wir haben gemeinsam gekämpft – die einen mehr, leicht auch einmal ein bisschen nacharbeiten, Kol- die anderen weniger –, und wir haben am vorver- lege Trepoll. gangenen Sonntag gemeinsam verloren. (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei (Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall Dr. Jörn Kruse AfD) bei der LINKEN) Von Basta-Politik kann bei Olympia nun überhaupt Das Wir ist aber in diesem Fall – in diesem einen keine Rede sein, denn es gab, glaube ich, weltweit Punkt gebe ich Ihnen recht – in der Tat ein größe- keine andere Olympiabewerbung, die so beteili- res Wir als nur das Wir von einem Teil dieses gungsorientiert angelegt war und bei der es am Hauses, denn auch Medien, Wirtschaft, Sport und Schluss ein Referendum gab. viele andere haben mitgekämpft, und sicherlich werden wir gemeinsam aufarbeiten müssen, (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei warum das an dieser Stelle nicht gelungen ist. Dr. Jörn Kruse AfD – Erster Vizepräsident Aber wenn Sie jetzt damit kommen, dass ein Sün- Dietrich Wersich übernimmt den Vorsitz.) denbock gesucht wird, der mit Michael Neumann, Wer basta gesagt hat und das auch durfte, weil wir Katharina Fegebank, Jens Kerstan, Christoph Hol- es ihm ermöglicht haben, war das Volk. Das ist stein, Christoph Krupp, Nikolas Hill und vielen an- zwar nicht das, was wir uns gewünscht haben, deren so dafür gekämpft hat, ist das nach all dem, aber das haben wir zu akzeptieren. So ist Demo- was war, wirklich plumpe Polemik. Das weisen wir kratie, und daran halten wir uns. zurück. (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Dr. Jörn Kruse AfD) In der Situation sollte jeder auch einmal ein kleines Völlig außer Rand und Band ist bei diesem Thema bisschen vor der eigenen Haustür kehren. Davon, Kollegin Suding. Da bin ich gespannt auf den dass es sich zum Beispiel um eine nationale Be- Wortbeitrag gleich zum Thema Vertrauensfrage, werbung gehandelt hat, hat man nicht so richtig Regierungserklärung. Bestimmt kommt auch eine viel mitbekommen. Rücktrittsforderung. (Milan Pein SPD: Hat man nicht gemerkt!) (Katja Suding FDP: Sag das mal an die Immerhin war der Bundesinnenminister einmal da Adresse da drüben!) und hat dieses Schild hochgehalten – okay. So viel Engagement, liebe Katja, hätte ich mir vor (Heike Sudmann DIE LINKE: Und nichts ge- dem Referendum auch von dir gewünscht. sagt!) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- Aber wo war eigentlich die Bundeskanzlerin? Dass chael Kruse FDP: Haben Sie mal gezählt, sie am Tag danach über eine Pressesprecherin wie viele GRÜNE auf dem Podium gesessen ausrichten lässt, dass es irgendwie schade sei, fin- und dagegen gewettert haben?) de ich ein bisschen wenig – Unterstützung sieht Aber keine Sorge, jetzt komme ich zu dir, liebe anders aus. Heike. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – (Zurufe – Glocke) Glocke) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Präsidentin Carola Veit (unterbrechend): Herr chend): Herr Dr. Dressel, ich darf Sie einen Mo- Dr. Dressel, gestatten Sie eine Zwischenfrage? 1340 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Erster Vizepräsident Dietrich Wersich) ment lang unterbrechen, ich halte sogar die Zeit Referenden sind das Gegenteil von Basta-Politik. an. Lieber Herr Trepoll, ich dachte, das hätten auch Sie verstanden, als wir das gemeinsam in die Ver- Das Wort hat Herr Dr. Dressel, und alle anderen fassung geschrieben haben. mögen bitte etwas mehr zuhören. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Dr. Andreas Dressel SPD (fortfahrend):* Sehr gut, Es gibt unterschiedliche Analysen darüber, warum vielen Dank. das Hamburger Olympia-Konzept gescheitert ist. Ich möchte meine Worte jetzt auch noch einmal an Die Unterstützung durch die von der CDU geführ- die LINKE richten. Berauschen Sie sich noch ein ten Bundesministerien Inneres und Finanzen hat bisschen an Ihrem Erfolg, denn dass Sie ein jedenfalls aus unserer Sicht nicht entscheidend bisschen im Rausch agieren, hat man an Ihren Er- zum Optimismus der Hamburgerinnen und Ham- klärungen gesehen. Sie sagen, die Konsequenz burger beigetragen. Ich möchte Sie, lieber Herr müsse ein Politikwechsel sein. Bedenken Sie ein Trepoll, fragen – denn ich habe ein bisschen die kleines bisschen, dass nicht Sie 51,6 Prozent be- Antwort auf diese Frage vermisst –, wie häufig Sie kommen haben, sondern es gab ein Nein bei die- eigentlich bei Ihren Parteifreunden in Berlin vorge- ser einen Sachfrage. Das sollten Sie an dieser sprochen haben, um dort für Unterstützung zu wer- Stelle erstens vielleicht einmal auseinanderhalten. ben. (Heike Sudmann DIE LINKE: Wir haben es (Dennis Thering CDU: Immer sind die ande- unterstützt!) ren schuld!) Zweitens hat es original 314 468 Ja-Stimmen ge- Ich glaube, die Antwort scheinen wir alle zu ken- geben. Auch das müssen wir sagen. Das heißt, wir nen, nämlich nie. müssen gemeinsam in dieser Stadt nach vorn (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) blicken und Nein- und Ja-Sager auf dem Weg in die Zukunft mitnehmen. Man kann jetzt viel über das Ergebnis spekulieren, aber eigentlich ist nur eines wichtig: Es gilt. Des- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – wegen stellt sich doch die Frage, was das für un- Glocke) sere Stadt und für diese Koalition bedeutet. Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Wir haben vor, in Alto- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- na einen Autobahndeckel zu bauen, um die einma- chend): Die Redezeit ist abgelaufen. lige Chance zu nutzen, die Stadt dort zu reparie- ren. Wir werden eine U-Bahn von Hamburgs Osten Dr. Andreas Dressel SPD (fortfahrend):* Gestat- bis in Hamburgs Westen bauen. Wir werden den ten Sie mir vielleicht noch einen letzten Satz zu Wohnungsbau ankurbeln, die Fahrradstadt voran- den Zwischenfrage-Versuchen. Rot-Grün hat einen bringen, den XFEL in Hamburg eröffnen, die Max- Koalitionsvertrag mit 115 Seiten, davon 2 Seiten Planck-Gesellschaft und das Fraunhofer Institut in zum Thema Olympia. die Stadt holen und die Elbphilharmonie fertig bau- en. (André Trepoll CDU: Eine halbe Seite Flüchtlinge!) (André Trepoll CDU: Haben Sie alles ange- schoben, nicht?) Wir haben noch viel vor für die Stadt und machen uns jetzt an die Arbeit. – Vielen Dank. Wir werden auf der Feldstraße und der Versailler Straße Parkflächen in Hamburg errichten, wir wer- (Lang anhaltender Beifall bei der SPD und den Hamburgs Verwaltung klimaneutral machen den GRÜNEN) und wir werden 4 000 Flüchtlinge vernünftig in Hamburg unterbringen. Hamburg ist eine große Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Stadt, wir haben viele Aufgaben, und Rot-Grün Nächster erhält das Wort Herr Dr. Tjarks von der wird das machen. GRÜNEN Fraktion. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Glocke) Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): (Michael Kruse FDP: Warum spricht nicht Frau Engels? Die war von Anfang an dage- Herr Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage der gen!) Abgeordneten Sudmann? Lieber Herr Trepoll, ich glaube, die Anmeldung zur Dr. Anjes Tjarks GRÜNE (fortfahrend):* Ich bin Aktuellen Stunde beginnt bereits mit einem mir ganz sicher, dass Heike Sudmann gleich das Missverständnis im Text. Referenden sind eine zu- Wort ergreifen wird. tiefst demokratische und initiative Veranstaltung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1341

(Dr. Anjes Tjarks)

(Heike Sudmann [LINKE]: Kann ich ja nicht (André Trepoll CDU: Sie würden eine ande- mehr, ich bin nicht mehr dran!) re Politik machen im Bund?) Ich würde gern weiter zum zweiten Thema kom- Mehr als die Hälfte der Hamburger ZEAs hat deut- men, denn wir haben zwei große Themen für diese lich unter 500 Personen, und ich muss Ihnen sa- kurzen fünf Minuten. Wir haben viermal so viele gen, dass Sie bis dato zu dieser Frage keinen ein- Flüchtlinge wie im Jahr 2014. Allein in den vergan- zigen echten Vorschlag – ich spreche nicht von ei- genen drei Monaten haben 10 000 Menschen in nem realpolitischen Vorschlag – gemacht haben. Hamburg dauerhaft Schutz gefunden. Wir rechnen Wir packen die Sache an. Die Leute wollen, dass damit, 80 000 Menschen bis Ende des Jahres wir Wohnungen bauen. Das werden wir tun. Wir 2016 in Hamburg unterzubringen. Angesichts die- haben eine Integrationsinitiative vorgelegt, über die ser Zahlen haben es alle Kommunen schwer, be- wir nachher diskutieren werden. Rot-Grün packt sonders die Großstädte und die Stadtstaaten, eine auch dieses Thema bei allen Herausforderungen angemessene Versorgung sicherzustellen. Natür- an. – Vielen Dank. lich ist es auch so, dass in Hamburg nicht alles (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) klappt, aber ziemlich viel. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass wir sehr weit von Zuständen wie in Berlin entfernt sind. Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Nächste erhält das Wort Frau Boeddinghaus von (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) der Fraktion DIE LINKE. Der "Spiegel" nennt Berlin in diesem Zusammen- hang die Hauptstadt des Versagens. In der Haupt- Sabine Boeddinghaus DIE LINKE:* Herr Präsi- verantwortung stehen dort zwei CDU-Senatoren, dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Vor- Herr Czaia und Herr Henkel. Über 40 Rechtsan- redner von CDU, SPD und GRÜNEN, ich finde, wälte haben am Montag aufgrund der chaotischen Aufarbeitung sieht anders aus. Ich höre eigentlich unhaltbaren Zustände am LAGeSo Strafanzeige ausschließlich Rechtfertigungen und billige Schuld- gegen diese beiden Herren wegen Körperverlet- zuweisungen. zung und Nötigung im Amt gestellt. (Beifall bei der LINKEN) (Cansu Özdemir DIE LINKE: Thema!) Gehen wir noch einmal auf Start. Der 29. Novem- Berlin hat einen angespannten, wenn auch nicht ber war für Hamburg ein richtig guter Tag. so angespannten Wohnungsmarkt wie Hamburg, (Beifall bei der LINKEN) hat 16 Turnhallen requiriert und 44 weitere in der Pipeline. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mir Frau 51,6 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger Prien in den Ohren liegen würde, wenn wir das stimmten für ein Olympia-Nein und erteilten damit auch in Hamburg gemacht hätten. Genau das ha- dem Senat, SPD, GRÜNEN, FDP und CDU eine ben wir jedoch nicht gemacht, und insofern sollten krachende Niederlage. Sie mit Ihrer Versagensrhetorik einmal ein (Beifall bei Mehmet Yildiz DIE LINKE) bisschen abrüsten. Sie haben darüber hinaus einer geballten Allianz (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) von Wirtschaft, Kammern, Sportfunktionären, Be- Herr Trepoll, in der Regierungserklärung zum The- werbungsgesellschaft und selbsternannter Eliten ma Flüchtlinge haben Sie zu den neuen Quartie- und last, but not least einer fast geschlossenen ren, die wir nachher auch noch diskutieren, gesagt, Pro-Olympia-Medienkampagne, die ihresgleichen man wolle sie kritisch, aber konstruktiv begleiten, sucht, die Rote Karte gezeigt. Am Wahlabend und Sie haben dies als eine der wenigen guten mussten wir uns in der Tat kurz und heftig die Au- Ideen dieses Senats gelobt. Doch keine zwei Wo- gen reiben, weil Feuer und Flamme so jäh erlo- chen später sagt Ihre andere Fraktionsvorsitzende, schen waren und dennoch fast die gesamte Be- die Quartiere zementierten die integrationsfeindli- richterstattung an diesem Abend ausschließlich an che Stadtentwicklung. Jetzt ist mir völlig unklar, eine Minderheit der Hamburgerinnen und Hambur- Herr Trepoll, welche Position Sie einnehmen. Ich ger adressiert war nach dem Motto: Hoffentlich weiß auch nicht, an wen ich mich in dieser Sache dreht sich noch das Blatt für ein Jahr. Das war sehr wenden soll. bemerkenswert. (André Trepoll CDU: Machen Sie doch so- Bemerkenswert war auch, dass offensichtlich nie- wieso nicht!) mand aus dem Senat und den ihn tragenden Frak- tionen ein mögliches Nein überhaupt ins Kalkül ge- Aber ich möchte Ihnen einfach einmal sagen, wie zogen hat. Die Sprachlosigkeit war zu später Stun- die Situation ist: Wir reagieren hier auf eine Politik, de entsprechend laut. Der Kater der Olympia-Be- für die Sie im Bund federführend sind und vor der fürworter erstreckte sich von "Die Nein-Sager beer- Sie hier in der Verantwortung weglaufen. digen die Zukunft Hamburgs" über "Sie sind schlicht zu doof" bis hin zu Überlegungen, Refe- 1342 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Sabine Boeddinghaus) renden abzuschaffen, weil sie die Menschen an- haben gegen jeglichen Einspruch und gegen alle geblich überfordern. Wir aber sagen, die Men- berechtigten Bedenken polemisiert und die Kritike- schen haben sich nicht hinter die Fichte führen las- rinnen und Kritiker als uninformiert abqualifiziert. sen, sondern die Argumente abgewogen und sich (Gabi Dobusch SPD: Sie haben ja gar nicht gegen ein unkalkulierbares Risiko auf Kosten der polemisiert!) Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgespro- chen. Sie haben in Nibelungentreue zum DSB und im Übrigen auch zum Konzept gehalten und selbst (Beifall bei der LINKEN) stets das Finanzierungskonzept als solide und gut Wir als LINKE haben diese Debatte gemeinsam durchgerechnet präsentiert. Sich jetzt abzusetzen mit vielen ehrenamtlich engagierten Gegnerinnen ist wirklich ziemlich billig und sehr durchsichtig. und Gegnern in dieser Stadt geführt. Während wir (Beifall bei der LINKEN) in der Bürgerschaft oft sinnentleerten Angriffen durchaus auch unter der Gürtellinie ausgesetzt wa- Als LINKE empfinden wir eine sehr große Verant- ren, erlebten wir außerhalb des Parlaments viel wortung und Herausforderung, dass wir mit 10 Ab- Zuspruch für unser konsequentes Aufklären über geordneten im Parlament jetzt 51,6 Prozent der Risiken und Nebenwirkungen dieser Bewerbung. Hamburgerinnen und Hamburger vertreten. (Beifall bei der LINKEN – Ksenija Bekeris (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der SPD: Aufklären? Na!) SPD) Ich kann an alle Verliererinnen und Verlierer nur Dieses Ergebnis und die Tatsache, dass Sie kol- dringend appellieren, die Wähler-Beschimpfungen lektiv versagt haben, müssen Sie zur Kenntnis sofort einzustellen und sich selbstkritisch zu hinter- nehmen. fragen – das kommt wohl hoffentlich noch –, wie es (Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der Ihnen allen passieren konnte, so arrogant und so SPD) ignorant an den Bedürfnissen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger vorbei zu träumen Herr Bürgermeister, für Sie ist das Nein zu Olym- pia natürlich eine besondere Schlappe und eine (Beifall bei der LINKEN) sehr bittere Quittung. und zu meinen, der Bürgermeister-Bonus plus ei- (Heike Sudmann DIE LINKE: Peinlich!) ner millionenschweren Verdummungskampagne in der Stadt würden für ein Jahr reichen. Sie haben nämlich zu keinem Zeitpunkt Überzeu- gungsarbeit geleistet. Vielmehr haben Sie gedroht, (Beifall bei der LINKEN – Glocke) erpresst und die Menschen in die guten Ja-Sage- rinnen und Ja-Sager, die Mut zur Zukunft haben, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- und in die bösen Nein-Sagerinnen und Nein-Sa- chend): Frau Boeddinghaus, darf ich Sie bitten, ger, die die Zukunft Hamburgs verspielen, gespal- beim parlamentarischen Sprachgebrauch zu blei- ten. Sie wurden nicht müde zu versichern, dass ben. Hamburg nur mit dem Schub der Olympischen Spiele nach vorn kommt. Sie sagten im "Hambur- Sabine Boeddinghaus DIE LINKE:* Okay, wir ger Abendblatt"-Interview wörtlich, dass auch der können das dann ja noch einmal diskutieren. soziale Zusammenhalt infrage gestellt werde, wenn Olympia nicht komme. Wenn Sie so das Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Aber Wohl und Wehe der Stadt mit Olympia verknüpfen, nicht mit mir. haben Sie jetzt im Grunde eine große Erklärungs- not, und es ist Ihnen eigentlich die Geschäfts- (Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- grundlage für Ihre Regierung entzogen. NEN, der FDP und der AfD) (Beifall bei der LINKEN) Sabine Boeddinghaus DIE LINKE (fortfahrend):* Mit Ihrer Arroganz der Macht haben Sie die Ham- Herr Trepoll, ich kann auch nur an Sie appellieren. burgerinnen und Hamburger wirklich autoritär be- Frau Suding hat ihren Redebeitrag noch nicht ge- schallt halten. Wir kennen ihn aber schon aus der Zei- (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Auch das noch!) tung. Ich würde Ihnen raten, sich nicht zu sehr aus dem Fenster zu lehnen. Sie beide haben mit ganz und jetzt festgestellt, dass Sie zu Ihrem wahren großer Geste alle unsere stichhaltigen Argumente Kern zurückkommen. Wir erwarten von Ihnen, gegen Olympia mit Füßen getreten, dass Sie die 200 Millionen Euro jetzt für ausrei- chend bezahlbaren Wohnraum, für den Zusam- (Dennis Thering CDU: Zu Recht!) menhalt in der Stadt, für die, die jetzt in Hamburg sind … (Glocke) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1343

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Erklären Sie uns, wie Sie nach dieser schallenden chend): Die Lampe leuchtet schon sehr lange. Ohrfeige wieder das politische Vertrauen der Ham- burger gewinnen wollen, und erklären Sie, warum Sabine Boeddinghaus DIE LINKE (fortfahrend):* Sie offenbar schon bei der Präsentation Ihrer Vielen Dank. Olympia-Finanzplanung im Oktober wussten, dass der Bund niemals gute 6 Milliarden Euro lockerma- (Lang anhaltender Beifall bei der LINKEN) chen würde, und warum Sie uns das verschwiegen haben. Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Nächste erhält das Wort Katja Suding von der CDU) FDP-Fraktion. Erklären Sie im Detail, wann und wie Finanzminis- Katja Suding FDP: Herr Präsident, sehr geehrte ter Schäuble Ihnen bereits vor der Vorstellung der Damen und Herren! Hamburg hat am vorletzten Zahlen eine Absage erteilt hat. Darauf haben wir Sonntag eine riesengroße Chance vergeben. und die Hamburger einen Anspruch, spätestens nachdem Herr Schäuble die feststehende Absage (Doris Müller SPD: Dann hättet ihr mal was noch am Referendumsabend bei Günther Jauch tun sollen!) begründet hat. Herr Bürgermeister, wenn Sie die Olympia hätte einen unglaublichen Schub für un- Hamburger Bürger über die Chancen der Bundes- sere Stadtentwicklung, für den Sport und nicht zu- beteiligung getäuscht haben, dann fordern wir Sie letzt auch für unseren Ruf in der Welt gegeben. Ei- auf, sich hier und heute zu entschuldigen und klar ne knappe Mehrheit wollte sie allerdings nicht nut- zu sagen, wie Sie verlorenes Vertrauen wieder auf- zen. Wir als FDP-Fraktion bedauern das Ergebnis bauen wollen. sehr. Wir haben mit vielen in der Stadt für eine Be- (Martina Friederichs SPD: Mal auf dem Tep- werbung gekämpft und sind am Ende unterlegen. pich bleiben!) Das Ergebnis akzeptieren wir selbstverständlich. Olympia wird es in Hamburg und auch in Deutsch- Sie können dann auch gleich die Zukunft Ihrer rot- land für lange Zeit nicht geben. Aber einfach zur grünen Koalition neu begründen. Tagesordnung überzugehen, so wie es jetzt SPD (Milan Pein SPD: Neuwahlen!) und GRÜNE versuchen, das geht nicht. Sie, Herr Bürgermeister, haben Olympia als wichtigstes Pro- Schließlich hat ein erheblicher Teil der GRÜNEN, jekt der Legislaturperiode bezeichnet, und jetzt hal- etwa die Abgeordnete Engels oder auch die GRÜ- ten Sie es nicht einmal für notwendig, das Schei- NE JUGEND, offen gegen Olympia agitiert. Herr tern kurz danach im Parlament zu debattieren, Dressel, es ist wirklich eine Unverfrorenheit, dass stattdessen lassen Sie den unausgegorenen Län- Sie die mangelnde Unterstützung der FDP bemän- derfinanzausgleich anmelden. geln, die sich wirklich eingesetzt hat, während Ihr eigener Koalitionspartner Ihnen während der ge- (Beifall bei der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- samten Kampagne immer wieder in den Rücken NE: Was wir debattieren, entscheiden wir gefallen ist. schon selbst!) (Beifall bei der FDP und der CDU – Heike Das ist ein sehr schwaches und hilfloses Bild, das Sudmann DIE LINKE: Sie waren Feuer und der Bürgermeister hier abgibt. Flamme – schon vergessen?) (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Das ist eine Unverfrorenheit, und wir werden auch CDU) darüber nachdenken, wie wir in Zukunft bei sol- Herr Bürgermeister, ich kann verstehen, dass Sie chen Projekten zusammenarbeiten werden. Ihre klassische Taktik des stillen Abheftens unge- (Beifall bei der FDP) löster Probleme auch hier verfolgen. Denn auch Sie wissen, dass diese Olympia-Entscheidung nicht Von Herrn Scholz wollen wir natürlich wissen, wie nur eine Absage an die Spiele ist; sie ist auch eine er mit den intern opponierenden GRÜNEN weiter Absage an Ihre politische Führung, Herr Scholz. regieren soll. Soll es ein flaues "Weiter so" geben? Wir sagen: Sorgen Sie für einen Neuanfang, be- (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der ginnen Sie am besten mit einer Regierungserklä- CDU) rung, und danach sollten Sie per Vertrauensfrage So etwas wollen Sie natürlich nicht diskutieren. eine neue Legitimation suchen, Herr Bürgermeis- Aber das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wir ter. erwarten von Ihnen, Herr Bürgermeister, dass Sie Wir würden auch gern wissen, wie es mit den Re- uns erklären, wie es zu dieser Olympia-Blamage ferenden von oben weitergehen soll. Diese haben kommen konnte. Sie als dauerhafte Möglichkeit in die Verfassung (Gabi Dobusch SPD: Bei solchen Partnern!) geschrieben – übrigens gegen die Stimmen der FDP. Jetzt wollen wir wissen: Soll diese Variante 1344 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Katja Suding) der Volksbefragung nun ungenutzt links liegen großes Projekt plant, dieses Projekt dann scheitert bleiben? und Sie sich verstohlen abwenden und sagen: Der andere war es, ich habe daran nicht mitgewirkt. Ich (Heike Sudmann DIE LINKE: Haben Sie kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie auch 'ne Meinung?) Sie in Sachen Olympia jede Rede des Bürgermeis- Wir erneuern unsere Forderung, die Volksgesetz- ters, jede Rede von Herrn Dressel und Herrn gebung künftig auf Initiativen aus dem Volk zu be- Tjarks mit beklatscht haben, wie Sie alle gemein- schränken. Außerdem brauchen wir höhere Quo- sam dieses große Schaufenster Olympia aufge- ren, etwa für die Verbindlichkeit von Bürgerent- baut haben, das jetzt plötzlich zerplatzt ist. Und scheiden. Nur so können wir das Vertrauen in die dann stehlen Sie sich davon. Stil, Herr Trepoll, ist Volksgesetzgebung und in die parlamentarische etwas anderes. Demokratie stärken. Das ist, was wir Freien Demo- Ich bin der CDU gleichwohl sehr dankbar dafür, kraten für Hamburg wollen. dass sie das Thema "Mit Basta-Politik gegen die (Beifall bei der FDP – Sören Schumacher Wand – Senat scheitert mit Olympia und versagt SPD: Worüber reden Sie eigentlich?) bei der Flüchtlingsunterbringung" auf die Tages- ordnung gesetzt hat. Wie Sie wohl verstehen und Von Ihrer Regierungserklärung, Herr Bürgermeis- nachvollziehen werden, ist mein Thema eher die ter, erwarten wir uns auch eine Antwort darauf, Flüchtlingsunterbringung, gestattet uns dieses welche stadtentwicklungspolitischen, infrastruktu- Thema doch einmal die grundsätzliche Betrach- rellen, rufsteigernden und sportpolitischen Projekte tung der Frage, wann und warum Politik trotz bei- von der Olympia-Planung übrig bleiben. Was ist spielloser Kampagnen von Senat und Medien kläg- mit dem Sprung über die Elbe? Was ist mit dem lich scheitert. Politik ist zum Scheitern verurteilt, U-Bahn-Ausbau Richtung Süden? Was ist mit der wenn der Bürger das Gefühl bekommt, dass er Sportstättenerneuerung? Was ist mit den Wohnun- nicht mehr der oberste Souverän dieses Staates, gen, die als Nachnutzungen im Olympia-Quartier sondern lediglich Objekt staatlichen Handelns ist. möglich sein sollten? Und wie stärken wir den Ruf Politik ist dann zum Scheitern verurteilt, wenn man Hamburgs in der Welt ohne Olympia? Etwas mehr als Politiker den Wahlbürgern die Eckpunkte und als die Fahrradwege, die sich die GRÜNEN vor- Ziele seines Handelns nicht mehr glaubwürdig und stellen, müsste von Olympia doch schon übrig blei- glaubhaft vermitteln kann und wenn die Bedenken ben. der Bürger – das war insbesondere im Bereich der (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Hast du eben zu- Flüchtlingsunterbringung der Fall – diskussions- gehört, oder was?) und gedankenlos mit der Arroganz der Macht hin- weggesäbelt werden. Glaubwürdige Politik sieht Im Grunde genommen geht es hier und heute um anders aus. Sie nimmt den Bürger mit, sie berück- den berühmten Satz unseres verstorbenen Ehren- sichtigt seine Sorgen und Nöte, beantwortet seine bürgers Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, sollte offenen Fragen möglichst in einer fairen und er- zum Arzt gehen. Schmidt selbst hat diesen Satz gebnisoffenen Diskussion. später relativiert. Er hat das als pampige Bemer- kung gegenüber Journalisten gesagt. Natürlich hat Aber eine faire und ergebnisoffene Diskussion hat er damals ganz genau gewusst, dass Politik Visio- es insbesondere im Bereich der Flüchtlingspolitik nen und große Ziele braucht. Was, Herr Bürger- zu keinem Zeitpunkt gegeben. Zum Beispiel hat meister, ist im Sinne Helmut Schmidts denn Ihre sich der Bezirksamtsleiter Bergedorf kürzlich zu ei- Vision von der Zukunft Hamburgs nach Olympia? ner Großunterkunft für Flüchtlinge mit 3 000 Plät- zen im sogenannten Gleisdreieck geäußert. Er (Dirk Kienscherf SPD: Lesen Sie unseren wird zitiert mit einer weiteren Äußerung, nämlich Koalitionsvertrag! Da steht das alles drin!) der, Aussagen zu einer möglicherweise in unmittel- Treten Sie hier und heute an das Pult und erklären barer Nähe dieses Gleisdreiecks geplanten Anlage Sie sich. mit weiteren 900 Plätzen könne er nicht machen, denn dann hätte man sehr bald wieder eine Dis- (Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: kussion, die die Politik gerade nicht haben möchte. Peinlich!) Das ist exemplarisch für Hamburger Politik. Damit zeigt man die ganze Hilflosigkeit der führenden Po- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als litiker. Das ist ein Dokument der Arroganz der Nächster erhält das Wort Herr Nockemann von der Macht. AfD-Fraktion. (Beifall bei der AfD) Dirk Nockemann AfD:* Herr Präsident, meine Nein, Diskussionen über Ihre Politik ist das Aller- sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter letzte, was die rot-grünen Chefs in dieser Stadt zu- Herr Kollege Trepoll, irgendwie haben Sie mich mit lassen wollen. Ihrer Rede an die Rolle eines Primaners erinnert, (Beifall bei Dr. Jörn Kruse AfD) der gemeinsam mit seinen Primaner-Kollegen ein Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1345

(Dirk Nockemann)

So werden die Hamburger Bürger im Bereich der mung finden würde. Vielleicht ist das auch Teil der Flüchtlingsunterbringung vom Senat häufig über Erklärung für den Ausgang des Referendums. Nacht vor vollendete Tatsachen gestellt. So schie- Mich macht es jedenfalls nachdenklich, und, das ßen überall in dieser Stadt Großunterkünfte ohne gebe ich offen zu, es macht mich auch traurig. angemessene Bürgerbeteiligung wie Pilze aus Aber die Akzeptanz steht außer Frage und ist dem Boden. So werden demokratische Beteili- selbstverständlich. Selten war ein Werbeslogan so gungsrechte mir nichts, dir nichts über Nacht aus- wahr wie der Slogan der Kampagne der Befürwor- gehebelt. So spielen plötzlich Bebauungspläne nur ter, "Hamburg 2024 – Das gibt's nur einmal!" Das noch eine untergeordnete Rolle, und so wird jahr- war selten so richtig, und das ist jetzt vorbei. zehntealtes und bewährtes Baurecht in Nacht- und Zur positiven Entwicklung gehört sicherlich die Nebelaktionen verändert. So erfahren empörte Schaffung des Instruments des Referendums. Hamburger nur noch in nebulösen und wenig Wenn man sich einmal auf den Weg gemacht hat, transparenten Verfahren von neuen Großsiedlun- unsere repräsentative Demokratie mit plebiszitären gen, die quasi morgen vor ihrer Haustür hochgezo- Elementen zu vermengen, dann ist das Instrument gen werden und dann übermorgen zu neuen des Referendums ein aus meiner Sicht logischer Stadtteilen heranwachsen sollen. Selbst das Schritt. Dass die Wahlbeteiligung von 50 Prozent Grundrecht auf Eigentum schränkt die Hamburger allseits positiv bewertet wurde, ist unter dem Politik in unverhältnismäßiger Art und Weise ein. Aspekt von Bürgerbeteiligung, verglichen mit den Herr Trepoll, ich war Ihnen wie gesagt dankbar da- bisherigen Volksabstimmungen in Hamburg, si- für, dass Sie das Thema Basta-Politik auf die Ta- cherlich richtig, aber gleichzeitig werden wir alle gesordnung gesetzt haben. Gleichwohl überrascht nachdenklich, wenn eine Bürgerschaft mit deutlich und irritiert mich, dass ausgerechnet die CDU das unter 60 Prozent Wahlbeteiligung gewählt wird. Thema Basta-Politik auf die Tagesordnung setzt, Und diese Frage, warum ein Bürgerbegehren, ein denn das hat einen Hauch von Kühnheit, um nicht Referendum, positiv ist, wenn sich gerade einmal zu sagen, von Verwegenheit. Wer fährt denn seit 50 Prozent der wahlberechtigten Menschen beteili- Monaten Deutschland mit ungestümer Basta-Poli- gen, eine Bürgerschaftswahl aber kritisiert wird, tik voll gegen die Wand? Das ist doch Kanzlerin wenn sich nur 57 Prozent daran beteiligen, müs- Merkel, die unbelehrbar ständig wiederholt, basta, sen wir noch gemeinsam diskutieren. Mich macht es gibt keine Obergrenzen, basta, die Grenzen es jedenfalls nachdenklich, dass sich bei einer re- sind nicht zu schützen, basta, die europäischen lativ einfachen und sehr wichtigen Frage für die Partnerstaaten haben gefälligst Flüchtlinge in ei- Zukunft unserer Stadt nur 50 Prozent beteiligt ha- nem von Deutschland bestimmten Maß aufzuneh- ben. Trotzdem freuen wir uns gemeinsam, dass men, basta, wir machen die Energiewende, basta, immerhin 50 Prozent der Wahlberechtigten teilge- wir retten den Euro, egal, was es kostet. Mit ihrer nommen haben. Basta-Politik macht Merkel Deutschland zum Last- Das hohe Maß an Beteiligung bei der Erarbeitung esel und spaltet Europa wie kein anderer Kanzler des Konzepts ist aus meiner Sicht auch in der zuvor. hamburgischen Geschichte einzigartig. Es hat (Beifall bei der AfD) Maßstäbe gesetzt, noch nie ist ein Großprojekt in einer solchen Art und Weise geerdet gewesen, hat Diese Basta-Politik treibt meiner Partei die Wähler so viele Menschen eingeladen, sich zu beteiligen, zu. – Vielen Dank. und noch nie haben so viele Menschen diese (Beifall bei der AfD) Chance wahrgenommen, sich einzubringen, sich zu beteiligen, ihre Vorschläge zu machen und ent- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Das Wort sprechend einfließen zu lassen. Das bewerte ich erhält jetzt Senator Neumann. sehr positiv, und ich bewerte es auch sehr positiv, dass sich in der Auseinandersetzung über das Re- ferendum so viele Menschen beteiligt haben. Und Senator Michael Neumann: Meine sehr geehrten das gilt ausdrücklich für die Befürworterinnen und Damen, meine Herren, Herr Präsident! Als der poli- Befürworter wie auch für die Gegnerinnen und tisch verantwortliche Senator für die Bewerbung für Gegner. Ich glaube, es gehört dazu, für den Sport- die Olympischen und Paralympischen Spiele ist es senator wie für den Innensenator, denjenigen zu wohl nachvollziehbar, dass ich ein hohes Bedürfnis gratulieren, die am Ende erfolgreich gewesen sind, habe, heute sprechen und etwas zur Debatte sa- auch, wenn ich diese Entscheidung schwer akzep- gen zu dürfen. tieren kann. Wer das Volk fragt, muss die Antwort nicht nur er- (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei tragen können, sondern er muss sie auch ertragen Karin Prien CDU) wollen. Ich will offen sagen, dass mir persönlich die Vorstellungskraft fehlte, dass dieses Konzept, dass Die Bewerbung für Paralympische und Olympische wir für Olympische und Paralympische Sommer- Sommerspiele hätte ein Katalysator, ein Beschleu- spiele in Hamburg erarbeitet haben, keine Zustim- niger für die Entwicklung unserer Stadt sein kön- 1346 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Senator Michael Neumann) nen. Damit meine ich zum einen natürlich – das vor unglaublich großen Herausforderungen. Wir haben wir oft lang und breit diskutiert – die infra- müssen, nicht zuletzt aufgrund der Zuwanderung, strukturelle Aufstellung unserer Stadt in den ver- massiv in den Wohnraum investieren, wir müssen schiedensten Aspekten. Aber zum anderen, und Wohnungen bauen. Wir müssen in die Schul- und das darf man nicht unterschätzen, auch die menta- Bildungsinfrastruktur investieren, und wir müssen le und gesellschaftliche Bedeutung eines solchen vor allen Dingen auch in die Arbeitsplätze investie- Ereignisses. In einer Welt, die zunehmend geprägt ren, auf allen Qualifikationsniveaus, denn die Be- ist von Wanderungsbewegungen, von Zuwande- deutung von Arbeit auch als Mittel der Integration rung, auch in Hamburg, müssen wir uns darüber kann und darf nicht unterschätzt werden. Das Ge- Gedanken machen, wie wir es schaffen, eine ge- fühl, durch eigene Arbeit sein Leben zu finanzie- meinsame Stadt zu bilden, eine Stadt, die nicht nur ren, ist etwas, das unersetzlich ist. Und auch das wächst, sondern die gemeinsam wächst und die müssen wir den Zuwanderinnen und Zuwanderern zusammenwächst. in unserer Stadt bieten. Hier haben wir große Auf- gaben vor uns. Welche Institutionen können das Zusammenwach- sen leisten, das Vermitteln von gemeinsamen Wer- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) ten? Intellektuelle werden sicherlich sagen, die All das ist kein Grund zum Ausruhen, im Gegenteil. Habermas'sche Verfassungspatriotismus-Erklä- Es ist auch kein Grund zum Trübsalblasen, im Ge- rungslösung sei reizvoll, aber wenn man ehrlich ist, genteil, wir müssen uns jetzt nur noch mehr an- ist das ein wenig blutleer. Und deswegen ist der strengen. Aber ich glaube, eine Stadt wie Hamburg Sport natürlich auch als ein gemeinsames Erlebnis kann es, sie hat es in der Vergangenheit bewie- etwas, das helfen kann, eine Stadt zusammen- sen, und wir werden es auch in Zukunft beweisen, wachsen zu lassen. Das Faszinierende des Sports dass wir der Aufgabe gewachsen sind. ist nämlich, anders als in anderen Bereichen – woran wir arbeiten müssen –, dass es nicht ent- Eine Bewerbung wäre ein ideales Trainingslager scheidend ist, woher man kommt, sondern dass für uns gewesen, um Hamburg noch fitter für die entscheidend ist, wohin man will, was man bereit Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu ma- ist zu tun und ob man sich einbringt und engagiert. chen. Nun ist das Trainingslager von der Bevölke- Ich finde, das kann auch ein Leitmotiv für die wei- rung abgesagt worden, aber der Wettbewerb um tere Entwicklung unserer Stadt sein, losgelöst von die Zukunft unserer Stadt findet trotzdem statt. der Chance auf Olympische und Paralympische Und deshalb müssen wir vielleicht ohne Trainings- Spiele. Aber ich finde, ein Motto, das lautet, egal, lager auf den etwas schnöden Trimm-dich-Pfad. wo du herkommst, entscheidend ist, was du errei- Das ist gewiss anstrengender, aber aus meiner chen willst, ist ein Motto, das unserer Stadt gut an- Sicht nicht schlechter. stehen würde. (Thomas Kreuzmann CDU: Und langwieri- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) ger!) Dies wäre aus meiner Sicht einfacher gewesen mit Dieser Aufgabe, die jetzt vor uns steht, eben ohne einem Ziel wie das der Olympischen und Paralym- Paralympics und ohne Olympische Spiele Ham- pischen Spiele, aber nun ist es eben anders ent- burg nach vorn zu bringen, müssen wir uns stellen, schieden und wir müssen damit umgehen. Manch und das werden wir auch. Wir sind in der Lage, die einer mag es als einen Rückschlag empfinden, ich Zukunft ohne die Olympischen Spiele zu meistern. sehe es eher als eine Herausforderung, das, was Ich will es deutlich sagen: Hamburg gab es über ich versucht habe zu beschreiben, voranzutreiben, 800 Jahre vor einer Olympiabewerbung, und es eben ohne den Katalysator einer solchen Großver- wird auch lange, lange Jahrhunderte ohne eine anstaltung. Olympiabewerbung diese großartige Stadt ge- ben. – Herzlichen Dank. Die Langzeitentwicklungslinien in unserer Stadt ha- ben Bestand. Die glückliche Lage am Wasser, un- (Lang anhaltender Beifall bei der SPD, den ser Hafen, die Dekadenstrategie für den Sport, die GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow und weiterentwickelt wird, das Konzept des Sprungs Jens Meyer, beide FDP) über die Elbe, das Wachstumskonzept entlang des Stroms, die Investitionen in den ÖPNV und vor al- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Trotz des lem in die Infrastruktur neuer U-Bahn-Linien, die Beifalls: Der Senat hat etwa 50 Prozent mehr Re- Entwicklung hin zur Fahrradstadt oder auch Mas- dezeit in Anspruch genommen, als den Abgeord- terplan Handwerk und Mittelstand – all das sind neten zur Verfügung steht. Nach unserer Ge- Dinge, die sich auch ohne eine Olympiabewerbung schäftsordnung haben jetzt alle Fraktionen die weiterentwickeln werden. Möglichkeit, noch einmal für fünf Minuten das Wort (Dennis Thering CDU: Tolle Aussichten!) zu bekommen. Als Erster gemeldet hat sich André Trepoll von der CDU-Fraktion. Es ist aber auch notwendig, diesen Weg weiter einzuschlagen, denn wir stehen in unserer Stadt Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1347

André Trepoll CDU: Herr Präsident, meine Da- (Beifall bei der CDU) men und Herren! Herr Neumann, es war nicht die Diese Hybris, die Sie entwickelt haben durch die Frage, ob Hamburg weiter existiert, das war uns beiden starken Wahlerfolge, hat meiner Meinung von vornherein klar. Die Frage ist, welche Konse- nach dazu geführt, dass Sie in diese Fehlentschei- quenzen man daraus zieht und wie man das poli- dung gegangen sind und sich sagten, Sie könnten tisch einordnet und bewertet. mit diesem Konzept die Menschen auch weiterhin (Beifall bei der CDU) überzeugen, und es würde ausreichen, wenn Sie sagen, die Leute sollten Ihnen ruhig glauben, Sie Da waren Ihre Worte eindeutig, Sie sind in freundli- würden das schon machen. Das hat nicht ausge- cher Verbundenheit mit dem Ersten Bürgermeister reicht, das ist die Wahrheit. überhaupt nicht darauf eingegangen, was dazu ge- führt hat. Deshalb will ich das noch einmal tun. (Beifall bei der CDU) Mich hat auch sehr gestört, was Herr Dr. Dressel Das hat man Ihnen auch angesehen, als am Sonn- gesagt hat, nämlich dass unsere Bundeskanzlerin tag um 21.30 Uhr die ersten Sozialdemokraten im die Verantwortung getragen hat für diese Dinge. Rathaus eingetrudelt sind, vorher haben Sie sich (Dr. Andreas Dressel SPD: Nein, das habe nicht blicken lassen. ich so auch nicht gesagt!) (Dr. Andreas Dressel SPD: Wir waren schon Ich denke, es wird deutlich, dass das nicht der Fall um kurz nach sechs hin!) ist. Hier in Hamburg sind hingegen die Fäden zu- Das war doch sehr eindeutig. sammengelaufen, die Planungen wurden hier ge- macht, auch die Kostenerhebungen, und sie wur- Ich will noch etwas sagen zu dem Verhalten der den nicht mit dem Bund koordiniert. Deshalb müs- Kollegen von den GRÜNEN. Das war nun der sen wir das schon ansprechen. Preis, warum Sie in diese Koalition eingestiegen sind. Ich finde, das hätten Sie besser wissen müs- Und, Herr Dressel, Sie wissen aus vielen Gesprä- sen. Wenn wir die Karten der Ergebnisse überei- chen, die wir auch vertraulich geführt haben, dass nanderlegen und sehen, wo die GRÜNEN-Hoch- wir unsere große Sorge deshalb zum Ausdruck ge- burgen in Hamburg sind und wo die besonders bracht haben, dass wir aber im Interesse der Sa- schlechten Zustimmungsraten für Olympia liegen, che, nämlich dieser Riesenchance auf Olympia, es dann ist das doch einigermaßen deckungsgleich. für nicht dienlich hielten, diese Dinge vor dem Das heißt, das, was Sie eigentlich versprochen ha- Volksentscheid öffentlich auszutragen. Ich glaube, ben, auch den Sozialdemokraten in der Stadt, dass das richtig war, und umso wichtiger ist es, nämlich dass Sie die Menschen von Olympia über- jetzt Klartext zu sprechen und das offen auszutau- zeugen würden, ist bei Ihren Wählern nicht ange- schen. kommen, Herr Tjarks. Das muss man einmal so (Beifall bei der CDU) deutlich sagen. Herr Bürgermeister, mich hat insbesondere Ihre (Beifall bei der CDU) Argumentation immer sehr gestört, und ich habe Deshalb haben Sie da das Gespür verloren. Ich dazu den Kopf geschüttelt, wenn Sie ständig sag- glaube, das ist eindeutig zu benennen. Wie Sie da ten, Sie hätten die Kita-Gebühren in Hamburg ge- wieder herauskommen wollen, haben wir schon senkt und nun könnten Sie sich um Olympia küm- angefangen zu diskutieren. Von Herrn Neumann mern. Das war, etwas verkürzt, ihre Argumentati- habe ich dazu nichts Konkretes gehört. Das sind on, die Fragen, die wir uns jetzt stellen müssen, und (Sylvia Wowretzko SPD: Sehr verkürzt!) ich denke, wir müssen sie uns schnell stellen. dass Sie gesagt haben, da nehmen Sie die Men- Was bleibt alles in allem davon übrig, wenn man schen mit. Ich denke, da haben Sie gemerkt – oder sich das anschaut? Ich habe es vorhin schon ge- Sie haben es nicht gemerkt –, dass Sie sich von sagt, wir waren diese unrühmliche Rolle auch des der Lebenswirklichkeit der Menschen in Hamburg Bürgermeisters in Hamburg nicht gewohnt. In neun ziemlich verabschiedet haben. Jahrelang haben Monaten vom Kanzlerkandidaten in spe zum über- Sie den Menschen vorgemacht, ordentliches Re- forderten Verwaltungschef ist das Fazit dieser gieren reiche, solche Experimente wie die Elbphil- zehn Monate, die Sie im Amt sind. Das bleibt da- harmonie würden wir nicht mehr brauchen. Dass von übrig. Aber es ist umso bitterer, dass die Ent- es Ihnen dann natürlich schwerfällt, die Menschen scheidung der Hamburger gegen Olympia gefallen für so ein Megaprojekt wie Olympia zu überzeu- ist. Das ist das Bitterste an dieser Entscheidung gen, darf doch niemanden wundern, am Sonntag. – Herzlichen Dank. (Wolfgang Rose SPD: Wo wart ihr denn?) (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP) wenn man vorher immer nur davon spricht, man würde ordentlich verwalten, aber nichts gestalten. Das ist doch der Kern der Sache. 1348 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt er- Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. hält das Wort Frau Blömeke von der GRÜNEN (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Fraktion. Verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, ich kann das (Michael Kruse FDP: Wir wollen Frau Engels auch verstehen, vielleicht spricht aus Ihnen die hören!) Enttäuschung. Und wenn man etwas aus Enttäu- schung sagt, dann kommen da manchmal ein we- Christiane Blömeke GRÜNE:* Herr Präsident, nig verschrobene Dinge heraus. Das ist völlig rich- meine Damen und Herren! Ich war gespannt, Frau tig. Enttäuscht sind wir alle, aber vielleicht sollten Suding, ob Sie die Unwahrheiten und Unver- Sie da auch bei der Tatsache bleiben, die sich na- schämtheiten aus Ihrer Pressemitteilung hier per- türlich so darstellt. Das können wir doch nicht von sönlich und live wiederholen. der Hand weisen. Sie hätten doch genauso gut auf (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- Ihren Kollegen de Maizière im Bund einwirken kön- rufe von der CDU: Oh, oh! – Glocke) nen und sagen, (André Trepoll CDU: Und die 6 Millionen Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Euro?) chend): Frau Blömeke, bitte bleiben auch Sie beim dass die Finanzierung jetzt einmal vorankommen parlamentarischen Sprachgebrauch. müsse. Aber da war bei Ihnen Stillschweigen, es gab anscheinend keine Gespräche auf Bundes- Christiane Blömeke GRÜNE (fortfahrend):* Ja. – ebene, und das gehört auch zu diesem Teil der Sie hat es getan, und das finde ich peinlich. Wahrheit. (Jörg Hamann CDU: Das bestätigt das (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) doch!) Noch vor zehn Tagen waren Sie alle hier Feuer Ich will Ihnen auch begründen, warum. Frau Su- und Flamme. Wir saßen im Ausschuss, und ich ha- ding behauptet nämlich in ihrer Pressemitteilung, be so gut wie keine kritische Nachfrage zum Finan- dass die GRÜNEN abgetaucht wären, zierungskonzept gehört. Ich habe Lob gehört, ich (Katja Suding FDP: Sind Sie ja auch!) habe auch Lob von der FDP gehört. Es war von Herrn Oetzel zu hören gewesen, das sei solide und dass wesentliche Teile der Parlamentarier kräftig gut durchgerechnet. gegen Olympia Stimmung gemacht hätten, aber das ist schlichtweg nicht wahr. Vielleicht, Frau Su- (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, so ist das, ding, haben Sie vergessen, dass es die Zweite Herr Oetzel!) Bürgermeisterin Katharina Fegebank war, die an Dasselbe kam auch von der CDU-Fraktion. Ange- dem Abend aufgrund ihres Auftretens erreicht hat, sichts Ihres Verhaltens kann ich nur zu dem dass Hamburg überhaupt den Zuschlag erhalten Schluss kommen, dass Sie ein schlechter Verlierer hat. Vielleicht sollten Sie darüber einmal nachden- sind. Sie können nicht akzeptieren, dass das Volk ken. anders entschieden hat. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Vielleicht haben Sie heute auch Zeitung gelesen Sie haben vor zehn Tagen hier noch völlig anders und mitbekommen, dass es ein grüner Parlamen- geredet, und jetzt suchen Sie in der Not einen tarier war, ein grüner Abgeordneter, nämlich Olaf Sündenbock, einen Schuldigen. Duge, der eine Auszeichnung erhalten hat für die häufigste Teilnahme an "It's Your Choice". Das (Birgit Stöver CDU: Sie suchen den Sünden- sollte man auch einmal sagen. bock, nicht die CDU!) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Sie gehen daher zum Bürgermeister Dazu können Sie sagen, was das denn schon sei. (Dennis Thering CDU: Von dem hat man Aber ich habe die magentafarbenen Plakate ver- doch nix mehr gehört am Schluss!) misst in dieser Stadt, die besagt hätten, Sie seien oder zu den GRÜNEN, um zu sagen, sie seien für Olympia. Ich habe keine gesehen. schuld. Ich finde, das ist nicht die richtige Art, vor- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) zugehen. Wir müssen akzeptieren, dass die Bürge- rinnen und Bürger so entschieden haben. An die- Im Wahlkampf konnten Sie an jeder Ecke und ser Stelle möchte ich aber auch sagen, dass es mit überall stehen, alles war zugepflastert mit FDP- immerhin 48 Prozent Zustimmung eine breite Basis Plakaten, aber für Olympia war anscheinend kein in Hamburg gab, die es sich vorstellen konnte. So Geld übrig. riesengroß war der Unterschied nicht, aber am En- (Birgit Stöver CDU: Das stimmt nicht, wir ha- de war es ein Nein für Olympia. ben auch plakatiert!) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1349

(Christiane Blömeke)

Ich möchte an dieser Stelle allen einen ganz herzli- Ich werde mit einem Rückblick anfangen. Im Früh- chen Dank aussprechen, allen voran auch Senator jahr, nachdem die Entscheidung gefallen war, dass Neumann, all den Kolleginnen und Kollegen im sich Hamburg bewerben soll statt Berlin, gab es ei- Parlament, im Senat, in der Bürgerschaftskanzlei ne große Zustimmung in der Bevölkerung, 65 Pro- und auch draußen in der Stadt, die sich für den zent und mehr, Sie haben sogar fast 70 Prozent olympischen Gedanken eingesetzt haben. Ich fin- daraus gemacht. Ich glaube, dass damals noch de es sehr, sehr wertvoll, was in dieser Zeit pas- viele Bürgerinnen und Bürger der Meinung waren, siert ist. Es ist ein Zusammenschluss mit einer Vi- es gehe um Sport. Deswegen kann ich auch ver- sion gewesen, wie die Stadt aussehen kann, und stehen, dass viele gesagt haben, das sei klasse. das, finde ich, ist an dieser Stelle auf jeden Fall er- Dann haben Sie es aber geschafft, vor allen Din- wähnenswert. gen mit dieser wahnsinnigen Kampagne "Feuer und Flamme" und mit der großen Unterstützung (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) fast aller Hamburger Medien, die durchaus nicht Wenn Sie am Ende behaupten, nun würde hier al- immer sehr differenziert berichtet haben, sehr les brachliegen und Herr Neumann hätte keine deutlich zu machen, dass es überhaupt nicht um Antworten gegeben, Sport ging, sondern um alles Mögliche. Es ging darum, wie die Stadt durch das IOC entwickelt (André Trepoll CDU: Haben Sie gut zusam- werden könne und wie das IOC sein Geld machen mengefasst!) könne, aber es ging nicht darum, wie es der Stadt wie es mit dieser Stadt weitergehen kann, dann geht. Und Sie haben es auch gemeinsam ge- waren wir in verschiedenen Veranstaltungen. Ich schafft, nicht nur in der Bürgerschaft, auch drau- habe deutlich gehört, was weiter passiert, denn na- ßen, alle kritischen Fragen zu ignorieren und die türlich bedeutet ein Nein beim Referendum, dass Kritik völlig wegzubügeln. Sie sind teilweise arro- das Leben weitergeht, auch das politische Leben. gant aufgetreten und sehr autoritär, als Sie sagten, wenn Sie das behaupteten, stimme das schon, die (Jörg Hamann CDU: Hamburg geht nicht un- Leute sollten Vertrauen zu Ihnen haben und es ter, hat er gesagt!) werde schon richtig werden. Wir haben heute noch einen Antrag zur Debatte Aber Sie müssen feststellen, dass die Bürger und angemeldet, in dem wir ausführen werden, was Bürgerinnen im Laufe der Monate gemerkt haben, weitergeht in dieser Stadt. Natürlich wird die Stadt dass sie dem nicht trauen können. Ich habe es Ih- weiterentwickelt, der Sport wird weiterentwickelt nen schon öfter gesagt, Sie haben sich selbst ein und die Inklusion. Armutszeugnis ausgestellt, indem Sie gesagt ha- (Glocke) ben, nur mit Olympia könnten wir Hamburg weiter- entwickeln. Sie haben auf jeder Podiumsdiskussi- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- on gesagt und auch hier, wenn Olympia nicht chend): Ihre Redezeit ist abgelaufen, Frau Blöme- käme, dann hätten wir sehr schlechte Chancen. ke. Und das schon länger. (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sie haben schon wieder nicht richtig zugehört!) Christiane Blömeke GRÜNE (fortfahrend):* Es Wir würden uns dann nicht als Großstadt und Me- liegt an Ihnen, ob das mit Ihnen oder ohne Sie tropole erhalten können. Jetzt sind Sie auf einmal passiert. sehr unruhig, aber damals waren Sie voller Begeis- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) terung, voller Feuer und Flamme und sagten, alles werde toll. Sie wollten keine Kritik hören. Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Ich finde es sehr erstaunlich, dass Sie den Gegne- Nächste erhält das Wort Frau Sudmann von der rinnen und Gegnern vorgeworfen haben, sie hätten Fraktion DIE LINKE. keine Visionen, sie seien ängstlich. Dabei haben genau sie gesagt, es gäbe viel bessere und ande- Heike Sudmann DIE LINKE:* Eines können wir re Möglichkeiten, die Stadt zu entwickeln. heute eindeutig feststellen: Aus dieser ganz (Dr. Monika Schaal SPD: Ich warte schon großen Koalition ist ein ganz großer Kindergarten auf Ihre Anträge, Frau Sudmann!) geworden. Das ist Mut zu einer Stadtentwicklung, den Sie (Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Dres- jetzt langsam wieder entdecken. Aber das war Ih- sel SPD: Und ihr seid die Erzieher, oder nen damals egal. was?) Und besonders speziell, Herr Trepoll und Frau Su- Das, was Sie heute abziehen, nach dem Motto, du ding, finde ich den Gedächtnisschwund. Ich frage hast angefangen, er oder sie ist schuld, sucht wirk- mich wirklich, was Sie am letzten Sonntag genom- lich seinesgleichen. men haben, denn Sie sahen da alle sehr bedröp- 1350 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Heike Sudmann) pelt aus. Ab circa 18.15 Uhr wurden die Gesichter mentarisch ausdrücken – nicht zu fein dafür zu be- immer länger. haupten, die Gegnerinnen und Gegner seien viel- leicht dumm. Und der Präsident des Hamburger (André Trepoll CDU: Erst, als Sie den Raum Sportbunds, der lange Zeit Bezirksamtsleiter der betreten haben!) SPD war, sagt, man müsse doch einmal überle- Ich denke, Sie haben vergessen, dass mitgegan- gen, ob die Bürgerinnen und Bürger für ein Refe- gen auch mitgefangen heißt. Herr Trepoll, Sie rendum überhaupt reif genug seien. Das ist eine sprachen davon, die Bürger und Bürgerinnen hät- Politik, die wirklich armselig ist. Niemand in dieser ten das Vertrauen in den Bürgermeister verloren. Stadt hat es verdient, so behandelt zu werden, egal, wie er oder sie abgestimmt hat. (André Trepoll CDU: Wir haben's auch verlo- ren!) (Beifall bei der LINKEN) Sie haben doch dem Bürgermeister bis zum An- Zum Schluss bitte ich Sie darum, dass Sie jetzt schlag vertraut, Sie haben immer gesagt, alles sei einmal zu den Nein-Sagerinnen und Nein-Sagern, gut durchgerechnet. Und Sie haben eben sehr zu den Leuten mit den anderen Visionen, sagen, deutlich gemacht, dass Ihr Ansinnen eigentlich nur ja, sie hätten gewonnen, und ja, Sie würden sich war, sich in dem vermeintlichen Glanz von Herrn auch um ihre Vorschläge kümmern, denn das ist Scholz zu sonnen. Sie haben gehofft, Sie würden nämlich gut für die Stadt. ganz weit nach oben kommen. Das ist voll in die (Beifall bei der LINKEN) Hose gegangen, und das zu Recht. (Beifall bei der LINKEN) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Aber es betrifft auch die GRÜNEN und die SPD. Nächster erhält das Wort Daniel Oetzel von der Auf einmal höre ich heute von Herrn Tjarks eine FDP-Fraktion. sehr lange Liste von Projekten und wie man die (Heike Sudmann DIE LINKE: Herr Oetzel Stadt entwickeln könne. Diese Liste gab es vorher hat immer gesagt: Das beste Finanzkon- auch, aber Sie haben sie monatelang verschwie- zept!) gen. Sie haben immer gesagt, das gehe nur mit Olympia. Daniel Oetzel FDP:* Sehr geehrter Herr Präsident, (Zurufe von der SPD) meine Damen und Herren, Frau Sudmann! Frau Blömeke, diese Auszeichnung von Herrn Du- (Glocke) ge, die Sie gerade erwähnten, ist klasse. Herr Yil- diz und ich haben auch eine Schachtel Pralinen Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- bekommen, weil wir so oft bei "It's Your Choice" chend): Sie hatten eben das Wort, jetzt ist Herr waren. Wenn Ihnen das schon als Auszeichnung Oetzel dran. reicht, dann sind Sie wirklich arm dran. Sie haben nicht ein Wort dazu gesagt, warum viel- Daniel Oetzel (fortfahrend):* Die Hamburger ha- leicht die meisten Bürgerinnen und Bürger dieses ben vor eineinhalb Wochen gegen Olympia ge- Konzept abgelehnt haben. Sie haben nämlich ge- stimmt. Wir Freien Demokraten haben für ein an- merkt, dass man dem IOC nicht trauen kann. Und deres Ergebnis gekämpft, akzeptieren aber natür- ich lese mit Begeisterung, dass die SPD und die lich das Votum der Bevölkerung, auch, wenn ich GRÜNEN in ihrem Antrag sagen, dass sie darum sagen muss, dass mir wirklich das Herz blutet, bäten, dass das IOC seine Reform weiter betreibe wenn Frau Boeddinghaus sich genüsslich hinstellt und sie glaubwürdig mache. Wir haben die ganze und behauptet, der 29. November sei ein guter Zeit gesagt, dass das nicht glaubwürdig ist. Jetzt Tag für Hamburg gewesen. auf einmal sagen Sie, das IOC solle es doch bitte (Beifall bei der LINKEN) machen. Ich bin noch heute zutiefst davon überzeugt, dass (Dr. Andreas Dressel SPD: Das haben wir Olympia für Hamburg eine Riesenchance gewesen die ganze Zeit gesagt!) wäre. Sie haben auch nicht gemerkt, dass die Bürgerin- (Beifall bei der FDP, der SPD und vereinzelt nen und Bürger festgestellt haben, dass es über- bei der CDU und den GRÜNEN) haupt nicht um Sport geht. Es geht hier um alles Mögliche, und das ist Ihnen um die Ohren geflo- Es ist wirklich spannend zu hören, dass es für DIE gen. Sie haben bisher dazu nicht ein Wort gesagt. LINKE ein guter Tag für Hamburg gewesen sei, Sie haben überhaupt nicht gezeigt, dass Sie zur wenn die Sportentwicklung massiv ausgebremst Selbstkritik fähig sind, Sie sagen nur, Sie hätten wurde. Dass es ein guter Tag für Hamburg gewe- verloren. Sie haben aber nicht beleuchtet, warum sen sei, wenn Wohnungsbau und Barrierefreiheit es so viele Gegenstimmen gab. Sie waren sich – auf Jahre nach hinten vertagt wurden. das wurde schon gesagt, aber ich muss es parla- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1351

(Daniel Oetzel)

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE) gels, mit der ich über Facebook befreundet bin, hat dort geschrieben, Dass es ein guter Tag für Hamburg gewesen sein solle, wenn die Stadtentwicklung einen Dämpfer (Zurufe aus den Fraktionen) bekommt, den wir noch auf Jahre spüren werden. allein schon die vielen Deutschlandfahnen seien Frau Boeddinghaus, wenn das für Sie ein guter ein Grund dafür, gegen Olympia zu sein. Meine Tag für Hamburg ist, dann bin ich wirklich heilfroh, Damen und Herren, wenn das der Grat der argu- dass Sie in dieser Stadt keine Verantwortung tra- mentativen Durchdringung der Olympia-Frage bei gen und auch absehbar niemals tragen werden. einigen GRÜNEN gewesen ist, dann können Sie, (Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den Herr Dressel, uns nicht glaubhaft erzählen, dass GRÜNEN und der AfD) Sie sich von Ihrem Koalitionspartner nicht etwas mehr Geschlossenheit gewünscht hätten. Unabhängig davon erwarte ich von den Olympia- Gegnern, einen Gegenentwurf zu Olympia zu hö- (Beifall bei der FDP und der CDU) ren, eine Alternative zu den so hart von Ihnen be- Frau Blömeke, es ist schön, dass Herr Duge sich kämpften Plänen, wie man denn nun Hamburg in ein Fleißsternchen verdient hat. Ich habe auch mit einem vergleichbaren Maße voranbringen könnte. Herrn Duge sehr gern auf den Podien gesessen. Einfach immer nur dagegen zu sein reicht nicht Es ist allerdings leider immer so gewesen, wenn aus. ich mich auf so ein Podium gesetzt habe, dann ha- Und, Herr Dolzer, wenn Sie mir jetzt wieder, wie in be ich stets erst einmal sehr nervös zur Seite ge- der letzten Sitzung, mit Steuererhöhungen kom- schaut, wer denn meine Mitstreiter sind. Ich wuss- men als Allheilmittel, dann würde mich das zwar te, die CDU wird dafür argumentieren, die SPD nicht überraschen, aber es spricht auch nicht un- weiß auch, was sie will, aber bei den GRÜNEN bedingt für die programmatische Vielfalt Ihrer Anti- und der AfD kam es immer darauf an, wer gerade Partei. auf dem Podium Platz genommen hat. Man muss- te sich dann immer erst einmal sortieren, mit wem (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der man in der nächsten halben Stunde rechnen kann. CDU – Glocke) Das war schon sehr spannend. Mit Herrn Duge ha- be ich sehr gern da oben gesessen, mit anderen Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Leuten weniger gern. Das sind allerdings nicht nur chend): Herr Oetzel, gestatten Sie eine Zwischen- Bürgerschaftsabgeordnete, sondern es ging durch frage der Abgeordneten Sudmann? die ganze Stadt bis in die Bezirke. Da haben sich eine ganze Menge GRÜNE nicht mit Ruhm be- Daniel Oetzel FDP:* Nein, danke. kleckert. Es hat auch ein seltsames Signal an die Schüler ausgesendet, das muss ich ehrlich sagen, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Dann wenn die Vertreter der SPD dort leidenschaftlich fahren Sie fort. für Olympia gekämpft und gesagt haben, ihre rot- grüne Koalition werde Olympia nach Hamburg ho- len, gleichzeitig jedoch die GRÜNEN das hinterher Daniel Oetzel FDP (fortfahrend):* Und eines noch, direkt wieder einkassiert haben. Ich muss ehrlich Frau Boeddinghaus: Mit welcher Selbstverständ- sagen, dass das ein sehr seltsames Bild abgege- lichkeit Sie heute fordern, was mit diesem ganzen ben hat. angeblich so toll eingesparten Olympia-Geld jetzt alles gemacht werden solle, nachdem Sie noch bis (Beifall bei der FDP und der CDU) vor zwei Wochen in einem Kreuzzug durch die Herr Dressel, Sie sagen jetzt, Sie hätten sich von Stadt gezogen sind und gesagt haben, dieses gan- der FDP mehr Leidenschaft gewünscht. ze Geld sei gar nicht da, zeigt wirklich, wie schnell bei Ihnen die Maske fällt (Dr. Andreas Dressel SPD: Sie nehme ich ausdrücklich aus!) (Heike Sudmann DIE LINKE: Herr Oetzel, bleiben Sie bei der Wahrheit!) – Vielen herzlichen Dank. und wie ehrlich Ihre Argumentation gegen die Ich hoffe aber, Sie machen dann auch einmal eine Olympischen Spiele eigentlich zu nehmen ist, näm- kleine Tour durch die Reihen Ihres Koalitionspart- lich überhaupt nicht, Frau Boeddinghaus. ners, denn da haben viele Leute noch eine ganze Menge von Ihnen zu hören, Herr Dressel. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der FDP und der CDU) Man muss leider dazu sagen – das gehört zur Wahrheit dazu –, dass die Olympia-Gegner nicht nur bei der LINKEN gesessen haben, sondern be- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt hat dauerlicherweise auch unter den Koalitionären. Ich sich zu Wort gemeldet Herr Ehlebracht von der gebe ein Beispiel. Die GRÜNEN-Abgeordnete En- AfD-Fraktion. 1352 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Detlef Ehlebracht AfD:* Sehr geehrter Herr Präsi- Was ist denn, wenn die Kosten bei Olympia aus dent, sehr geehrte Damen und Herren! Die Men- dem Ruder laufen? Wie wirkt denn dann die Schul- schen in dieser Stadt haben entschieden, dass denbremse 2020? Es soll vorgekommen sein, dass Olympia nicht kommt. Das gilt es zu akzeptieren. öffentliche Vorhaben finanziell aus dem Ruder ge- Damit haben die Bürger die Bedenken des Rech- laufen sind. Diese Antwort auf dem Podium hätte nungshofs geteilt, und sie sind der Empfehlung der mich auch interessiert. Es hat aber keine griffige AfD-Fraktion mehrheitlich gefolgt. Antwort gegeben. Ich habe nun einige Podiumsdis- kussionen mitgemacht, aber eine Antwort auf diese (Heiterkeit bei der SPD, der CDU, den GRÜ- Frage gab es einfach nicht. NEN, der FDP und der LINKEN) Ein weiterer Grund ist, dass die Koalition bezie- – Lachen Sie ruhig. hungsweise der Senat lobenswerterweise ein Re- Noch einmal für Herrn Oetzel zum Mitschreiben: ferendum initiiert hat, aber leider nicht verstanden Die AfD hat ein Ja zu Olympia bei den derzeit vor- hat, wie ein Referendum funktioniert. Ein Referen- liegenden, wenig belastbaren Zahlen nicht emp- dum braucht Zeit. Da muss eine Entscheidungs- fehlen können. grundlage basierend auf detaillierten und belastba- ren Zahlen vorgelegt werden. Diese ist immer wie- (Glocke) der auf allen Kanälen unters Volk zu bringen. Das ist nicht geschehen. Gab es denn diese Zahlen? Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Es gab einen Finanzreport, das ist ein Bericht mit chend): Das Wort hat Herr Ehlebracht von der AfD- einem Schätzanteil und weit entfernt von einer Fraktion, werte Kollegen. Kosten-Nutzen-Analyse. Es gab keine detaillierten belastbaren Zahlen. Die AfD-Fraktion hatte bean- Detlef Ehlebracht AfD (fortfahrend):* Das stelle tragt, die paar vorliegenden Zahlen von unabhän- ich nur ganz nüchtern fest, ohne Anflug von Tri- gigen Stellen prüfen zu lassen. Das wäre eine ver- umph, ohne Anflug von Schadenfreude. Wichtig ist trauensbildende Maßnahme gewesen. Aber der zu wissen, was denn jetzt die Gründe für die Ab- Antrag wurde abgelehnt. Die AfD hatte beantragt, lehnung waren. Es lag sicherlich nicht an diesen das Referendum zu verschieben, damit genau die- Nein-Sagern, an diesen Mutlosen und rückwärts se Zeit gewonnen wird, um die Zahlen zu erstellen. Gewandten, an denen, die Angst vor allem Neuen Dieser Antrag wurde ebenfalls abgelehnt. Wie haben, an den Doofen, die nicht erkannt haben, steht es mit der Zeit, diesem unsäglichen 29. No- welche Chancen Olympia bietet. Derjenige, der vember? Es war politischer Wille. Es gab kein Ge- das Votum darauf reduziert, zeigt nur dreierlei: Ers- setz, keine Frist, keinen Vertrag, der Sie dazu ge- tens sehr schlechten Stil, zweitens, dass er ein nötigt hat. Hätten Sie sich mehr Zeit genommen, schlechter Verlierer ist, und drittens, dass er an- hätten Sie die Zahlen ausgearbeitet und unter die scheinend Probleme mit Mehrheitsentscheidungen Leute gebracht, hätte das Votum anders ausgehen hat. können. (Beifall bei der AfD) Aus meiner Sicht ist jedoch der schmerzlichste Grund der, dass die Menschen es Ihnen einfach Es sind auch nicht die ungünstigen Rahmenbedin- nicht zugetraut haben. Die Mehrheit der Bürger hat gungen wie FIFA und der Terroranschlag in Paris gedacht, ja, ja, jetzt erzählen sie wieder, alles wer- gewesen. Das sind übliche Methoden, um sich he- de gut und schön, und am Ende wird es doppelt rauszureden und sich nicht an die eigene Nase fas- oder dreimal so teuer. Schönen Gruß von der Hüt- sen zu müssen. Ein Grund war vielmehr, dass Sie te an der Elbe. Das wird uns allen noch sehr lange auf Podiumsfragen oder auf Fragen ganz allge- anhängen. Es ist der grundsätzliche Vertrauens- mein keine qualifizierten Antworten gegeben ha- verlust der Menschen in die Politik, der hier zum ben. Und es gab jede Menge guter Fragen, zum Ausdruck kam – ein Vertrauensverlust, der durch Beispiel die Frage, was Hamburg denn nicht erhal- die Art und Weise, wie die Politik seit Jahren und te, wenn Olympia nicht kommt. Da wurde zum Bei- Jahrzehnten betrieben wird, gefördert wurde. Wie spiel der Punkt Grasbrook … Sie hören, spreche ich Sie, die Koalition oder den (Milan Pein SPD: Einen neuen Stadtteil auf Senat, nicht persönlich an, weil ich es als die ge- dem Grasbrook gibt es doch gar nicht!) samtheitliche Aufgabe dieser Bürgerschaft sehe, genau dieses Vertrauen wieder zu gewinnen – al- – Aber das haben Sie in der Diskussion nicht deut- lerdings eine Aufgabe, an der Sie die Opposition lich gemacht. Sie haben schöne Prospekte gestal- durch ständige Geschäftsordnungsausgrenzungs- tet, nur Vorteile erzählt und negative Seiten völlig politik nicht teilnehmen lassen. ausgeblendet. Sie haben die städtebauliche Wich- tigkeit vom Grasbrook im Zusammenhang mit dem (Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist Demo- Sprung über die Elbe, die Anbindung des Südens kratie!) an den nördlichen Teil Hamburgs, nicht herausge- arbeitet. Sie können sauer sein, so viel Sie wollen, das Votum bestätigt mich. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1353

(Detlef Ehlebracht)

Sie sind zu weit weg von den Menschen, deren uns zu fragen, wie man die Stadt gemeinsam vo- Wünschen, Bedenken und Sorgen und haben ranbringen kann. Als Bürgerschaft muss es doch einen künstlichen, kontraproduktiven … unsere Aufgabe sein – gemäß Johannes Rau, der einmal gesagt hat, versöhnen statt spalten –, in so (Glocke) einer Diskussion nicht die Spaltung herbeizureden, sondern dafür zu sorgen, dass Gräben zugeschüt- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- tet werden und man gemeinsam in die Zukunft der chend): Ihre Redezeit ist schon länger abgelaufen, Stadt blicken kann. Herr Ehlebracht. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- (Milan Pein SPD: Danke, endlich! Das darf ruf von Heike Sudmann DIE LINKE) doch nicht wahr sein!) Natürlich muss eine Aufarbeitung stattfinden. Das machen wir und Sie alle hoffentlich auch; da muss Detlef Ehlebracht AfD (fortfahrend):* Gut, im We- ein jeder auch vor der eigenen Haustür kehren. Es sentlichen ist alles gesagt. Sehr geehrter Herr Bür- ging mir nicht darum, Frau Merkel oder Herrn germeister, Herr Neumann, Sie haben diese Sache Schäuble die Alleinschuld für irgendetwas zu ge- gründlich vermasselt. – Vielen Dank. ben. (Beifall bei der AfD) (André Trepoll CDU: Das haben Sie doch gemacht! Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Nächster erhält das Wort Dr. Andreas Dressel von – Nein, das habe ich nicht gemacht. der SPD-Fraktion. Vielleicht können wir in der Aufarbeitung einmal versuchen, ein bisschen redlich miteinander umzu- Dr. Andreas Dressel SPD:* Herr Präsident, meine gehen. Ich habe gesagt, da es nicht nur eine Ham- Damen und Herren! Was man, glaube ich, für die burger, sondern eine nationale Bewerbung gewe- Koalition sagen kann, ist, dass von uns niemand sen ist, wäre natürlich mehr Unterstützung vom Wählerschelte betrieben hat und betreiben wird, Bund sinnvoll und nötig gewesen, wie man an dem weil wir uns an Referenden, an Volksentscheide Ergebnis gesehen hat. halten. Das ist eine Grundkoordinate dieser Koaliti- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) on. Ich wollte auch nicht die FDP allgemein abwat- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Dr. schen, sondern möchte es an der Stelle noch ein- Anjes Tjarks GRÜNE: Und das war nicht im- mal sagen: Ich habe die Zeit mit Herrn Oetzel auf mer so in dieser Stadt!) den Podien wirklich genossen, denn es war eine Ich halte es auch für ein bisschen gewagt, Heike wunderbare Zusammenarbeit. Wir haben viele Sudmann, dass du jetzt die 51,6 Prozent für DIE Leute überzeugt, leider nicht genug. LINKE irgendwie allein in Anspruch nimmst. (Heike Sudmann DIE LINKE: Eben!) (Heike Sudmann DIE LINKE: Das habe ich Aber in dem Punkt war es eine gute Zusammenar- doch gar nicht gemacht!) beit, für die ich noch einmal meinen Dank ausspre- – Das ist aber schon so rübergekommen. Da befin- chen möchte. dest du dich mit der anderen Seite des Hauses in (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) einer seltsamen Eintracht. Das müsst ihr wirklich noch einmal aufarbeiten. In der Gesamtschau muss man sehen, dass wir versucht haben, die Hamburger Bewerbung auf ei- Die 51,6 Prozent sind mit Sicherheit nicht der Wäh- nem Angebot aufzubauen: Weil die Elbphilharmo- leranteil der Linkspartei. nie schiefgelaufen ist, weil es Kritik an internationa- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) len Sportorganisationen, an diesen ganzen Feh- lern und Skandalen und so weiter gegeben hat, Wenn immer so verkürzt dargestellt wird, Hamburg haben wir angeboten, es besser zu machen – was sei jetzt gegen Olympia, dann sollten wir in der Tat ich für ein demokratisches Gemeinwesen immer sehen, dass das eine knappe Entscheidung gewe- für die bessere Variante halte. Wir haben auch da- sen ist. rüber diskutiert, ob man sich meckernd ins Abseits Nach dem Netze-Volksentscheid mit einem ähnlich stellt oder ein Angebot macht. Ich halte es immer knappen Ergebnis für besser, ein Angebot zu machen – das sollte im- mer unser gemeinsamer Anspruch sein. (André Trepoll CDU: Da war es knapper!) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) ist es uns zum Beispiel gemeinsam gelungen, als Stadtgesellschaft einen Weg zu finden, um nach Aber – und das ist in der Tat der Punkt – dazu einer solchen Entscheidung trotz knapper Ergeb- braucht man ein Stück Mut und Vertrauen, um in nisse nicht die Spaltung herbeizureden, sondern der Situation zu sagen, trotz der Fehler und Skan- 1354 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Andreas Dressel) dale, die es gegeben hat, trauen wir uns zu, es – Drs 21/631 –] besser zu machen. Dazu muss man sagen, dass das keine Entschuldigung ist, sondern einfach eine [Unterrichtung durch die Präsidentin der Bür- Erklärung aufgrund der zeitlichen Umstände. Auf gerschaft: jeder Podiumsdiskussion ging es auch um die The- Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbe- men Flüchtlinge, Terrorsicherheitsmaßnahmen und hörde so weiter. – Drs 21/1466 –] (Heike Sudmann DIE LINKE: FIFA und IOC, das ist viel wichtiger!) [Unterrichtung durch die Präsidentin der Bür- gerschaft: – FIFA, IOC, völlig richtig. Wahl von Mitgliedern des Richterwahlaus- Aber streichen wir jetzt einmal kurz IOC und erset- schusses und ihren Vertreterinnen und Vertre- zen es durch DFB. Das IOC war nämlich auch ein tern Thema und wurde mit FIFA wunderbar in einen – Drs 21/2326 –] Topf geschmissen. Die Fraktionen haben vereinbart, dass die Wahlen (Heike Sudmann DIE LINKE: Leichtathletik!) in einem Wahlgang durchgeführt werden können. – Aber nein, ich will das doch gerade nur einmal Die drei Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthal- erklären. ten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem Die Umstände, Vertrauen dafür zu wecken, dass Stimmzettel bei jedem der Namen ein Kreuz ma- es Hamburg besser machen möchte, waren nicht chen – aber bitte nur eines. Mehrere Kreuze bezie- günstig – das muss man einfach sagen. Das ist hungsweise kein Kreuz bei einem der Namen ma- schade, weil es – darauf hat Michael Neumann chen die Wahl dieses Kandidaten ungültig. Auch schon hingewiesen –, so eine Chance nur einmal weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden gibt. Wir müssen bitter feststellen, dass wir die zur Ungültigkeit des gesamten Stimmzettels füh- Chance zu zeigen, es besser zu können, jetzt nicht ren. Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidun- mehr haben. gen vor. Wir werden mit dem Einsammeln etwas (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) warten, aber es wäre nett, wenn Sie kundtun, dass Sie fertig sind. Ich glaube, wir können allen Befürwortern sagen, dass Fragen offen geblieben sind. Wir haben uns (Die Wahlhandlungen werden vorgenom- gemeinsam auf den ganzen Veranstaltungen im- men.) mer sehr angestrengt, alle Fragen ordentlich zu Ich darf die Schriftführer bitten, jetzt mit dem Ein- beantworten. Da ist, glaube ich, nichts offen ge- sammeln der Wahlzettel zu beginnen. blieben. Es war am Schluss eine Frage von Mut und Zutrauen. Wir haben das Ergebnis zur Kennt- Nun hoffe ich, dass alle Stimmzettel eingesammelt nis zu nehmen, wir akzeptieren es, wir sind gute sind. Dann schließe ich die Wahlhandlungen. Sie Demokraten, und jetzt machen wir weiter Politik für kennen das Verfahren: Die Wahlergebnisse wer- die Stadt. – Vielen Dank. den nun ermittelt und vereinbarungsgemäß zu Pro- tokoll gegeben.** (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vi- zepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.) Wir kommen zu Punkt 66, Drucksache 21/2367, dem Antrag der CDU-Fraktion: Pendeln attraktiver Vizepräsidentin Barbara Duden: Nachdem jetzt machen und Innenstadt entlasten – P+R-Gebühren jede Fraktion noch einen Redebeitrag hatte, ist die wieder abschaffen. Aktuelle Stunde für heute beendet. Wir werden sie morgen mit dem Thema 3 fortsetzen. [Antrag der CDU-Fraktion: Pendeln attraktiver machen und Innenstadt ent- lasten – P+R-Gebühren wieder abschaffen Wir kommen zu den Punkten 2, 3 und 5 der heuti- – Drs 21/2367 –] gen Tagesordnung, den Wahlen zu verschiedenen Gremien. Die Fraktion DIE LINKE möchte diese Drucksache an den Verkehrsausschuss überweisen. Wird dazu [Unterrichtung durch die Präsidentin der Bür- das Wort gewünscht? – Herr Thering von der gerschaft: CDU-Fraktion. Wahl eines ordentlichen Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkom- Dennis Thering CDU:* Frau Präsidentin, meine mission sehr geehrten Damen und Herren! Der rot-grüne Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1355

(Dennis Thering)

Senat macht mittlerweile sehr vieles falsch – das den Tag dasselbe: Sie regieren an den Interessen haben wir gerade wieder in der Aktuellen Stunde der Hamburgerinnen und Hamburger vorbei. gehört –, und zu den vielen Dingen, die er tagtäg- (Beifall bei der CDU) lich falsch macht, gehört mit Sicherheit auch die katastrophale Verkehrspolitik in unserer Stadt. Richtig hinsehen, das ist auch ein passendes Stichwort. In einer Anfrage von uns aus dem Mai (Beifall bei der CDU) dieses Jahres hat Ihre Behörde zu dem Erfolg der Neben den Maßnahmen zum Radverkehr besteht P+R-Gebühren geantwortet – ich zitiere: eines der größten Ärgernisse Ihrer Politik mit Si- "Die verkehrspolitischen Ziele wurden er- cherheit in der Gebührenerhebung bei den P+R- reicht. ÖPNV-Nutzer finden auf den entgelt- Anlagen. Aber es ist nicht einfach nur ein Ärgernis pflichtigen P+R-Anlagen zu jeder Tageszeit – dann könnte man bei den vielen anderen Verfeh- einen freien Stellplatz." lungen einfach großzügig darüber hinwegsehen –, nein, es ist auch eine massive Fehlanreizsetzung, Wie unglaublich witzig ist das denn? Natürlich fin- die nicht zu einer modernen Verkehrspolitik und ei- det sich immer ein freier Stellplatz, wenn die P+R- nem ausgewogenen Verkehrsmix aller Verkehrs- Anlagen schlichtweg überhaupt nicht mehr genutzt teilnehmer in einer Metropole wie Hamburg passt. werden und kein Autofahrer mehr diese P+R-Anla- gen aufsucht. (Beifall bei der CDU) Weiter heißt es in der Antwort – das muss man Der ADAC – das muss man sich einmal vorstel- sich einmal auf der Zunge zergehen lassen -: len – ist Anteilseigner der P+R-Betriebsgesell- schaft und sagt immer wieder, dass die P+R-Ge- "Nach den Wahrnehmungen des auf den bührenerhebung ein verkehrspolitischer Flop ist. Anlagen tätigen Personals […] werden of- Eine größere Watsche von einem Anteilseigner fenbar häufiger als früher Fahrgemeinschaf- kann man sich eigentlich überhaupt nicht einfan- ten gebildet, um die P+R-Anlage zu errei- gen. Da muss man ganz deutlich sagen: Der chen." ADAC hat vollumfänglich recht. Die P+R-Gebüh- Wahrnehmung ist offensichtlich so eine Sache. ren waren, sind und werden immer ein Flop bleiben. Wie wollen Sie denn wahrnehmen, dass jetzt of- Die Pendler fahren mit dem Auto – das ist nämlich fenbar häufiger als früher Fahrgemeinschaften ge- dann die Konsequenz – entweder gleich weiter in bildet werden? Das ist doch keine solide Politik. die Stadt oder suchen in der näheren Umgebung Das ist ein Witz, meine Damen und Herren von der der Bahnhöfe nach einem kostenlosen Parkplatz. SPD und den GRÜNEN. Ersteres verstärkt die ohnehin unerträgliche Stau- (Beifall bei der CDU – Karin Prien CDU: Ja- situation in unserer Stadt und ist obendrein aus woll, so ist es!) ökologischer Sicht völlig unnötig. Hier hätte ich mir von den GRÜNEN eigentlich erwartet, dass sie Ihre Wahrnehmung ist offenbar überhaupt nicht zu- dies erkennen und sich mit dem gleichen Elan, wie treffend. Ihre Wahrnehmung ist schlicht gestört, es einige ihrer Abgeordneten vor dem Olympia-Re- und das zeigt sich nicht nur an diesem Verkehrs- ferendum getan haben, gegen diese Maßnahme thema. aussprechen. Aber eigentlich erwarten wir von Ih- (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wenn irgendje- nen überhaupt nichts mehr. Außer Fahrräder auf mand zuhören würde, dann würde er sagen, alle Straßen zu setzen, fällt Ihnen nichts mehr ein. was redet der da überhaupt!) Ein trauriges Bild, das die GRÜNEN hier als An- hängsel der SPD abgeben. – Herr Tjarks, Sie können gleich noch einmal ans Rednerpult. (Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP) Natürlich stoßen Sie mit Ihrer Verkehrspolitik im- mer wieder auf Widerstand in der Bevölkerung. Alternativ dazu passt, dass die Pendler auf direk- Aber Sie müssen sich endlich einmal mit der Reali- tem Weg in die Stadt fahren und sich dort direkt tät auseinandersetzen, was für Sie natürlich bei den Bahnhöfen kostenfreie Parkplätze suchen. schwer zu ertragen ist. Die dadurch entstehenden Parkplatzsuchverkehre und der Parkdruck sind ebenfalls das reale Ergeb- Auch die nackten Zahlen zeigen dies. Vielleicht nis Ihrer Politik. Es ist dazu noch gefährlich, weil es noch einmal für Sie, Herr Tjarks, dann wird es für immer wieder dazu kommt, dass zahlreiche Stra- Sie vielleicht noch einmal etwas einleuchtender: ßen so zugeparkt sind, dass Rettungsfahrzeuge Nehmen wir zum Beispiel die Auslastung der schlichtweg nicht mehr an ihr Ziel kommen. Damit P+R-Anlagen in Neuwiedenthal. Dort haben wir gefährden Sie zusätzlich noch Menschenleben. nur noch eine Auslastung von 27 Prozent. In Neu- Das erleben Sie jeden Tag, wenn Sie nur einmal graben sind wir nur noch bei 36 Prozent und im richtig hinsehen würden, und das ist nämlich ge- schönen Volksdorf nur noch bei 42 Prozent – Herr nau das Problem bei diesem SPD-und-GRÜNEN- Dressel wird es wissen. Senat. Sie schauen eben nicht hin und machen je- 1356 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dennis Thering)

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich trage auch wird, dass der ÖPNV in Hamburg wieder attraktiver dazu bei!) wird. Wie es gute Tradition bei der CDU ist, haben wir auch gleich einen vernünftigen Gegenfinanzie- Diese 42 Prozent hätten wir niemals erreicht, wenn rungsvorschlag vorgelegt. Die teure Radverkehrs- die Markthändler an den Markttagen nicht die koordinatorin mit ihrem ganzen Stab, die schon in P+R-Gebühren übernehmen würden. Ansonsten den ersten Monaten gezeigt hat, dass sie relativ hätten Sie mit Ihrer Politik dort auch schon den wenig auf die Reihe bekommt, wird abgeschafft. schönen Volksdorfer Wochenmarkt zugrunde re- Wenn wir dann noch die zig Millionen Euro aus giert. dem Busbeschleunigungsprogramm nehmen, die (Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel Sie in den nächsten Jahren noch versenken wol- SPD: Das haben wir aber nicht getan!) len, haben wir eine schöne Summe, mit der wir die nächsten Jahrzehnte die P+R-Gebühren kostenfrei Jetzt kommen wir noch einmal zu den Kosten und machen können. Geben Sie sich deshalb einen Nutzen, das ist ja immer so eine Sache. Auch die Ruck, machen Sie den ÖPNV wieder attraktiver, absoluten Zahlen zeigen einmal mehr: Seit Einfüh- und schaffen Sie diese unsäglichen Gebühren wie- rung der Gebührenpflicht und bis Ende Oktober der ab. – Herzlichen Dank. 2015 beliefen sich die Einnahmen auf 1,96 Millio- nen Euro. So weit, so gut. Dem gegenüber stehen (Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland aber Ausgaben von 8,4 Millionen Euro, und darin Schinnenburg FDP) sind noch nicht einmal die acht Vollzeitkräfte ein- gerechnet, die die Hochbahn an die P+R-Betriebs- Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- gesellschaft abstellt. kommt Frau Koeppen von der SPD-Fraktion. (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Ja, das sind ja (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Zeig's ihnen!) auch bauliche Unterhaltungskosten! Wir er- halten ja auch die Anlagen, Entschuldigung!) Martina Koeppen SPD:* Frau Präsidentin, meine Sie sehen also, die P+R-Betriebsgesellschaft sehr verehrten Damen und Herren! Herr Thering, hängt weiterhin am Tropf der Stadt und an der persönliche Angriffe ersetzen keine Argumente. Hochbahn. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland Nun möchte ich das alles einmal geraderücken, Schinnenburg FDP) was Sie jetzt von sich gegeben haben. Da sollten Es geht noch weiter, liebe Kolleginnen und Kolle- Sie einmal genau zuhören. Im Herbst 2013 hat gen von SPD und GRÜNEN. Sie haben seit Ein- nämlich der damalige SPD-Senat ein sehr umfas- führung der Gebührenerhebung keine einzige zu- sendes P+R-Konzept vorgelegt, sätzliche Anlage eröffnet, obwohl das einer der (Dennis Thering CDU: Das gescheitert ist!) Hauptpunkte war, warum Sie diese P+R-Gebühren eingeführt haben – das muss man deutlich sagen. in dem umfassend und detailliert aufgezeigt wurde, Im Gegenzug haben Sie sogar 1 250 Parkplätze welche sinnvolle Entwicklung von P+R es in den abgeschafft. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Ihre nächsten Jahren geben könnte. Unter breiter Be- Gebührenpflicht ist grandios gescheitert. teiligung – unter anderem auch von ADAC, Han- delskammer, S-Bahn, HVV, Hochbahn – wurden (Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland diese Handlungsempfehlungen erörtert und abge- Schinnenburg FDP) stimmt. Neben einer soliden Grundlagenermittlung So, wie ich Frau Köppen kenne, wird sie bestimmt wurde detailliert aufgeführt, in welchen Hamburger gleich erzählen, wie toll es doch war, diese P+R- Stadträumen Handlungsbedarfe sowohl kurz-, mit- Gebühren einzuführen. Man hat wirklich das Ge- tel- als auch langfristig bestehen. fühl, dass Sie wie ein kleines Kind, das einfach (Glocke) nicht einsehen will, dass es Fehler macht, immer wieder herumnölen und weiterhin auf diesem längst tot gerittenen Gaul weiterreiten. Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbrechend): Frau Koeppen, gestatten Sie eine Zwischenfrage (Anna Gallina GRÜNE: Sie sind doch am des Abgeordneten Thering? Rumnölen!) Es ist peinlich und kostet die Hamburger vor allem Martina Koeppen SPD (fortfahrend):* Nein, Herr Zeit, Nerven und verdammt viel Geld. Thering kann sich gleich noch einmal melden. (Beifall bei der CDU und bei Dr. Wieland (Dennis Thering CDU: Das hätte Größe ge- Schinnenburg FDP) habt, Frau Koeppen!) Wie so häufig appelliere ich an Sie: Kehren Sie Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Konzepts ist, endlich wieder zurück zur Vernunft. Wir haben die P+R-Häuser mit einem einheitlichen Sicher- einen guten Antrag vorliegen, der dazu beitragen heitsstandard auszurüsten. Dank Videoüberwa- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1357

(Martina Koeppen) chung und Notrufanlagen werden die ehemaligen hen –, machen Sie eine Gesamtsumme und sa- Angsträume beseitigt. Auch die Schaffung von gen, es gäbe keinen Kosten-Nutzen-Faktor bei der Frauenparkplätzen erhöht das Sicherheitsempfin- Gebührenpflicht. den der Frauen. Dieser Aspekt, Herr Thering, wird (Dennis Thering CDU: Wo sind denn die in der Debatte immer wieder vergessen und ver- Nutzer geblieben, Frau Koeppen?) schwiegen. – Herr Thering, das ist unseriös, so rechnen wir (Jörg Hamann CDU: Dazu brauchen Sie nicht. doch kein Geld, sondern nur Schilder!) (Vereinzelter Beifall bei der SPD und den In dem P+R-Konzept wird auch dargestellt, dass GRÜNEN – Dennis Thering CDU: Sie kön- die kleinen … nen gar nicht rechnen!) (Dennis Thering CDU: 8 Millionen Euro!) Immerhin haben Sie eines richtig erkannt, Herr – Dazu komme ich noch. Warten Sie einmal ab, Thering. Hamburgs Verkehrsinfrastruktur stößt im- hören Sie sich das erst einmal der Reihe nach an. mer mehr an ihre Kapazitätsgrenzen. Genau aus Ich will das, was Sie da vorgetragen haben, abar- diesem Grund plant der Senat die Erweiterung des beiten. U-Bahn-Netzes, die S4, die S21, und setzt in der Zwischenzeit die Busoptimierung um. Genau aus (Heike Sudmann DIE LINKE: Bloß das diesen Mitteln wollen Sie nun die Gebührenfreiheit nicht!) finanzieren. In dem P+R-Konzept wird auch dargestellt, dass Zum Schluss möchte ich Ihnen einmal etwas zu Ih- die kleinen ebenerdigen P+R-Parkplatzanlagen, rem Gegenfinanzierungsvorschlag zitieren: die bis dato von den Bezirksämtern verwaltet wur- den, in die P+R-Gesellschaft übergehen und ge- "Radfahren wird in Hamburg immer belieb- schlossen werden. Da ist es doch nur logisch und ter. […] Zurückzuführen ist dieser Trend vor sinnvoll, diese Flächen jetzt für Flüchtlingsunter- allem auf das seit Jahren zunehmende Ge- künfte zu nutzen. sundheitsbewusstsein der Bevölkerung." (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Dennis Thering CDU: Auf den Stau ist das zurückzuführen!) Auch die von Ihnen aufgestellte Behauptung, die bisherigen P+R-Nutzer fahren gleich in die Innen- Darüber hinaus ist Radfahren gegenüber stadt, ist absurd. Oder können Sie sich ernsthaft anderen Verkehrsmitteln preisgünstig und vorstellen, Herr Thering, dass jemand einen Ta- effizient […]. Auch aus verkehrlicher Sicht ist gestarif am Dammtorwall für 25 Euro im Parkhaus die Entwicklung positiv zu bewerten. Je bezahlt, nur um 2 Euro P+R-Gebühren zu sparen? mehr Menschen das Rad benutzen, desto besser funktioniert der gesamte Verkehrsab- (Vereinzelter Beifall bei der SPD und den lauf – ein Beitrag für eine bessere Lebens- GRÜNEN – Dennis Thering CDU: Ja, wo qualität in der gesamten Stadt." sind sie denn geblieben? Wo sind denn die Nutzer geblieben, Frau Koeppen?) (Dennis Thering CDU: Was hat die Radver- kehrskoordinatorin damit zu tun?) – Herr Thering, da wir jetzt gerade bei den Zahlen sind: In der von Ihnen zitierten Schriftlichen Klei- – Herr Thering, dieser Satz stammt nicht von der nen Anfrage fragen Sie nach den Kosten von In- neuen Radverkehrskoordinatorin, deren Stelle Sie standsetzung beziehungsweise Sanierung und/ streichen wollen. Diese Formulierung stammt aus oder baulichen Maßnahmen. Dabei werfen Sie Äp- einem CDU-Antrag aus der 18. Legislaturperiode. fel und Birnen in einen Topf und differenzieren (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den nicht zwischen den aus der Entgeltpflicht erwach- GRÜNEN) senen Kosten und den Kosten, die auch ohne Ent- geltpflicht für die notwendige Bauinstandhaltung Meine sehr verehrten Damen und Herren von der der Objekte entstanden wären. Haben Sie das ver- CDU, sagen Sie doch einfach, dass Sie in der Ver- standen? kehrspolitik keine Ideen und keinen Plan haben, anstatt populistische Anträge einzubringen. Diesen (Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Antrag werden wir ablehnen. – Danke. GRÜNEN – Dennis Thering CDU: Sie gehen ja toll auf die Argumente ein!) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Ich kann das gern noch einmal für Sie wiederholen und Ihnen das nachher schriftlich geben. Genau Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- aus dieser Summe, von der Sie gesagt haben, es kommt Herr Bill von der GRÜNEN Fraktion. seien 8,4 Millionen Euro – also auch die Betonsa- nierung, die nichts mit der Entgeltpflicht zu tun hat; das ist vielleicht ein bisschen einfacher zu verste- 1358 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Martin Bill GRÜNE: Frau Präsidentin, meine sehr (Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei geehrten Damen und Herren! Das Thema ist im der SPD – Ksenija Bekeris SPD: Ich auch Grunde ein altes Thema. nicht!) (Thilo Kleibauer CDU: Dann sagen Sie mal Dann muss man doch auch sehen – das hat Frau was Neues!) Koeppen eben sehr dezidiert dargelegt –, dass ein komplettes Konzept dahintersteht. Man kann in der Parlamentsdatenbank viele De- batten nachverfolgen, die sich in der vergangenen (Dennis Thering CDU: Aber das erkennt kei- Legislaturperiode genau um diese Frage drehten. ner!) (Dennis Thering CDU: In der letzten Legisla- Dieses Konzept zielt darauf ab, beispielsweise ge- tur waren Sie doch dafür!) nau die Fehlanreize zu vermeiden, die Sie anspre- chen. Zum Beispiel wurde klar gesagt, dass die in- Wir werden den Antrag heute ablehnen. Schon in nerstädtischen Standorte in Hamburg aufgelöst der vergangenen Legislaturperiode haben wir ge- werden müssten, weil dadurch Fehlanreize ent- sagt, dass nichts gegen eine grundsätzliche Ent- stünden, indem man sehr weit in die Stadt hinein- geltpflicht für Parkplätze spricht. Wenn man dann fährt und den Verkehr in die Stadt verlagert. Es im zweiten Punkt auf die Gegenfinanzierung blickt, wäre eine sehr sinnvolle Maßnahme, beispielswei- dann ist völlig klar, dass wir diesen Antrag ableh- se die Standorte Barmbek, Dehnhaide, Friedrichs- nen werden. Das haben Sie auch schon so ange- berg und Berliner Tor Stück für Stück aufzugeben. legt. Ihre Gegenfinanzierung ist zum x-ten Mal die Radverkehrskoordinatorin. Ich finde, diese ideolo- (Zuruf: Funktioniert aber nicht!) gische Ecke könnten Sie jetzt endlich einmal ver- Weitere Fehlanreize sollen vermieden werden, in- lassen und zum Radverkehr in Hamburg nicht nur dem man durch die Gebührenfreiheit in Hamburg in Sonntagspapieren stehen, sondern auch, wenn nicht dazu angehalten wird, gebührenpflichtige es dann wirklich einmal konkret wird. Parkplätze im Umland zu umfahren, so ist es bei- (Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei spielsweise in Lüneburg. Da musste man schon der SPD) immer für die Leistung dort bezahlen. Das heißt, viele sind von Lüneburg nach Hamburg gefahren, In diesem ganzen Kontext der Park-and-Ride-Ge- um dann dort zu parken. Wer allerdings schon ein- bühren finde ich manchmal den Sprachgebrauch mal im Lüneburger Bahnhof war, weiß, dass man wirklich absurd. Heute haben Sie es zum Glück wunderbar mit dem Metronom von Lüneburg nach nicht gesagt. Sie werden aber immer wieder in der Hamburg fahren kann. Es ist verkehrspolitisch Presse damit zitiert, dass es eine Abzocke sei, Ge- sinnvoll, sein Fahrzeug schon in Lüneburg abzu- bühren für einen Stellplatz zu erheben. stellen und in den Metronom zu steigen. Das ist ein (Dennis Thering CDU: Ist es doch auch!) objektiver Grund, warum die Abstimmung der ver- schiedenen Park-and-ride-Konzepte sinnvoll ist. Wenn man sich das Wort Abzocke einmal ansieht, dann enthält es den Tatbestand des Betrugs oder Es ist doch auch gut – Herr Thering, jetzt hören Sie der Unlauterbarkeit. Und wenn man sich anschaut, doch weiter zu –, wenn jetzt immer mehr Fahrge- was eine Gebührenpflicht für einen Stellplatz ist, meinschaften entstehen. dann ist das schlicht eine Leistung, die empfangen (Dennis Thering CDU: Das ist doch nicht der wird, und eine Gegenleistung, die gegeben werden Fall!) muss. Diese Gegenleistung war zurzeit schlicht aus Steuermitteln finanziert. Da finde ich es als Und wenn immer mehr Fahrgemeinschaften ent- Parlamentarier – und auch als Parlamentarierin, stehen, ist doch klar, dass immer weniger Autos in Frau Sudmann – nicht falsch, vielleicht einfach ein- den entsprechenden Anlagen parken. Das ist doch mal zu fragen, ob diese Gegenleistung aus Steuer- nicht verkehrt, sondern genau richtig, weil dann mitteln noch richtig eingesetzt ist. auch die Autos immer besser genutzt werden. (Dennis Thering CDU: Das HVV-Ticket ist (Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei die Gegenleistung! Das ist aus der KFZ- der SPD) Steuer!) Am Ende ist natürlich klar, dass man eine solche Das hat im Übrigen der Rechnungshof schon im Entwicklung beobachten muss. Gerade im ver- Jahr 2007 von uns verlangt. kehrspolitischen Bereich braucht es Zeit, bis sich alle an die Umstellung gewöhnt haben. Das ist in (Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE) dem Konzept bereits berücksichtigt. Natürlich wer- Ich schaue dann immer einmal ganz gern ins den wir auch genau beobachten, wie sich die Grundgesetz, blättere es von vorn bis hinten Wohngebiete rund um die entsprechenden Anla- durch, und bis heute habe ich noch kein Grund- gen entwickeln. Falls Wohngebiete weiterhin dau- recht auf einen kostenfreien Parkplatz gefunden. erhaft zugeparkt sind, werden wir mit den dortigen Anwohnerinnen und Anwohnern darüber ins Ge- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1359

(Martin Bill) spräch kommen, ob beispielsweise Bewohnerpark- Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Frau Präsiden- gebiete benötigt werden. Das machen wir aber, in- tin, meine Damen und Herren! Es gibt Menschen, dem wir das evaluieren und nachverfolgen und die sagen, die Einführung einer Entgeltpflicht für nicht, indem wir jetzt einseitig und überhastet Maß- Park and ride sei ein Schildbürgerstreich. nahmen durchführen. – Vielen Dank. (Beifall bei Dennis Thering CDU) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) – Das war jetzt zu früh. Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- Das ist falsch. So einen Unsinn würden die Leute kommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LIN- in Schilda nicht gemacht haben. So einen Unsinn KE. macht nur Rot-Grün. (Beifall bei der FDP) Heike Sudmann DIE LINKE:* Liebe Kolleginnen Ich möchte Ihnen einmal einen kleinen Blick in eine und liebe Kollegen! Solange wir in den Randberei- Welt gewähren, die Sie nicht kennen, nämlich die chen der Stadt kein gutes ÖPNV-Angebot haben, Welt der Privatwirtschaft. ist es wirklich kontraproduktiv, wenn P+R-Gebüh- ren erhoben werden. Da bin ich ausnahmsweise (Dr. Monika Schaal SPD: Nee, nee! – Milan sogar einmal bei der CDU, und ich könnte auch Ja Pein SPD: Ich hab denselben Beruf wie Sie, sagen zu Ziffer 1. Das Beispiel, das Herr Bill gera- auch Privatwirtschaft!) de angeführt hat, nämlich Lüneburg, ist ein Wissen Sie was? In der Privatwirtschaft ist es so: schlechtes Beispiel. Denn es gibt zwar einen wun- Möchte zum Beispiel ein Supermarkt Kunden ge- derbaren Zug, aber in diesem müssen Sie zur winnen, bietet er ihnen kostenlose Parkplätze an, Hauptverkehrszeit gequetscht stehen – das ist damit die Leute zu ihm kommen und sein Angebot nicht attraktiv. Da müssten wesentlich mehr Ver- nutzen. Wenn der HVV und hinter ihm stehend der bindungen geschaffen werden. Senat gut beraten wäre, würde er es ganz genau- Unmöglich ist aber – und damit hat Herr Thering es so machen, denn es ist das Naheliegendste von wirklich in kürzester Zeit geschafft, sich in dieser der Welt, dass man Autofahrer zu sich holen will, Bürgerschaft den Ruf eines rückwärtsgewandten damit sie ein Angebot in Anspruch nehmen. Neh- Verkehrspolitikers zu erarbeiten –, dass Herr The- men Sie meinen Tipp aus der Privatwirtschaft an, ring nur eine einzige Perspektive kennt, nämlich dann läuft es besser. die hinter der Windschutzscheibe im Auto. (Beifall bei Dennis Thering CDU) (Dennis Thering CDU: Wir wollen die Autos Der zweite Punkt, die Sache mit dem Anreiz, wur- in die P+R-Anlagen bekommen!) de schon ein bisschen diskutiert. Wir wollen doch Sie sollten den Mut haben, Herr Thering, einmal alle, dass mehr Autofahrer ihr Auto zumindest teil- auszusteigen und zu versuchen, Fahrrad zu fahren weise stehen lassen und stattdessen den ÖPNV oder den Bus oder die Bahn zu nehmen, dann nutzen. Zur Strafe kommt Rot-Grün und nimmt da- würden Sie auch eine andere Perspektive haben. für Geld. Sie bestrafen genau das von uns allen gewünschte Verfahren, nämlich das Stehenlassen (Beifall bei Stephan Jersch und Mehmet Yil- von Autos. Das ist kontraproduktiv und erhöht ne- diz, beide DIE LINKE) benbei auch noch die Klimabelastung. Aber das ist Dass Sie jetzt zum wiederholten Mal versuchen, Ihnen vielleicht egal. die aus meiner Sicht absolut notwendigen und (Beifall bei der FDP und der CDU) noch viel zu unehrgeizigen Pläne des rot-grünen Senats zu torpedieren, und sagen, die Radver- Dann wurde behauptet, durch die Einführung der kehrskoordinatorin müsse abgeschafft werden, ist P+R-Entgelte werde bei den P+R-Anlagen alles wirklich billig. Denn es wird sich nie etwas bewe- viel besser, sie würden besser gepflegt und somit gen, wenn es nicht wesentlich mehr Personal dafür aufgewertet. Die Zahlen haben wir erfahren. Es gibt. Dafür haben wir sogar gemeinsam mit Ihrem gibt 18 gebührenpflichtige Anlagen. Raten Sie ein- Vorgänger, Herrn Hesse, gekämpft, während Sie mal, bei wie vielen von ihnen überhaupt irgendwel- leider rückwärtsgewandt sind. Deswegen können che nennenswerten Maßnahmen durchgeführt wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. wurden. Genau bei zweien. Bei 2 von 18 gebüh- renpflichtigen P+R-Anlagen wurde in eineinhalb (Beifall bei Stephan Jersch und Mehmet Yil- Jahren irgendetwas Nennenswertes getan. Der diz, beide DIE LINKE) vorgebliche Grund für die Einführung des Entgelts für Park and ride ist von Ihnen vollständig verfehlt Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- worden. kommt Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Frakti- on. Was aber erhöht worden ist, ist der Personalbe- stand bei der P+R-Betriebsgesellschaft. Von 2011 bis 2014 sind die Personalkosten um nicht weniger 1360 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Wieland Schinnenburg) als 32 Prozent gestiegen. Da haben Sie für ein Wenn wir das Pendeln nicht fördern, müssen wir Mehr gesorgt, aber das wollen wir eigentlich gar eine Steigerung des Kfz-Verkehrs mit all seinen nicht. Nun kommen Sozis ihrer besten Disziplin Folgen in Kauf nehmen. Das will, glaube ich, kei- nach, dem Verschwenden von Geld. ner, und wer das nicht will, muss an geeigneter Stelle auch bereit sein, vertretbare Investitionen in (Milan Pein SPD: Herr Dr. Schinnenburg, die Zukunft und in die Funktionsfähigkeit eines Menschenskinder, was ist denn das für ein Systems vorzunehmen, ohne gleich deren Refi- Schmu!) nanzierung anzupeilen. Demzufolge ist die P+R- Ergänzend zu Herrn Thering nenne ich Ihnen noch Gebühr als kontraproduktiv zu streichen. Auch ein paar Zahlen. 1,2 Millionen Euro wurden bis En- wenn mittlerweile einzelne P+R-Plätze wieder eine de April 2015 durch das P+R-Entgelt eingenom- leichte Zunahme verzeichnen, stellen in Summe men. Die Erhebung dieser Gebühren – hören Sie deutlich weniger Pendler dort ihr Fahrzeug ab, gut zu – kostete schon 525 000 Euro, also fast die sondern parken das Umland zu. Hälfte der Einnahmen durch P+R-Entgelte. Das (Sören Schumacher SPD: Die stehen in Nie- schafft man sonst nur bei Bagatellsteuern. Sie dersachsen!) schaffen das problemlos bei Park and ride. Jetzt könnte man sagen, na immerhin, dann bleiben Das Angebot an P+R-Plätzen ist letztendlich aus- noch ungefähr 600 000 Euro übrig. Aber dann zubauen, vorzugsweise in Randlagen oder in den kommt der Finanzsenator von der SPD und was Metropolregionen. Da muss die Stadt Hamburg macht er? Er verringert den Verlustausgleich der sich auch einmal überlegen, welche Unterstützung P+R-Betriebsgesellschaft um fast 500 000 Euro. sie auf Augenhöhe leisten kann – das ist im Sinne Ergebnis: Es bleiben gerade einmal 75 000 Euro dieser Stadt. Dazu sind entsprechende Vereinba- von allen Einnahmen durch P+R-Entgelte übrig. rungen mit den Nachbargemeinden zu treffen. Ich 75 000 Euro ist das Ergebnis, das am Ende bei erinnere an den vergangenen Mittwoch, an dem Park and ride bleibt. Die Fachleute wissen, was Metropolregion ein großes Thema war. Das ist ein man damit machen kann. Genau, man kann pro Ansatzpunkt, mit diesen Nachbargemeinden part- Jahr für 75 000 Euro fünf P+R-Plätze schaffen. nerschaftlich auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten Das ist nun wirklich ein Armutszeugnis. und dort etwas Neues aufzubauen oder stärker auszubauen. In diesem Zuge können eventuell (Beifall bei der FDP und der CDU) auch bestimmte Serviceleistungen angedacht wer- Wir stellen fest: Einziger Gewinner der ganzen den, Shuttlebusse, die ohne Zwischenhalt be- Veranstaltung ist die Stadtkasse. P+R-Gebühren stimmte Ziele ansteuern – dies nur einmal als Idee. sind wirtschaftlich unsinnig und politisch falsch. – Das muss natürlich noch validiert werden, aber es Vielen Dank. wäre vielleicht ein Ansatz. Letztendlich aber lassen Sie sich Folgendes ins Stammbuch schreiben: Ver- (Beifall bei der FDP und der CDU) kehrsentziehung gestaltet man am nachhaltigsten durch attraktive Angebote und nicht nur durch das Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- Installieren von Zwangsmaßnahmen. – Danke. kommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion. (Beifall bei der AfD) Detlef Ehlebracht AfD:* In Anbetracht der knap- pen Redezeit unserer Fraktion – jetzt kommt gleich Vizepräsidentin Barbara Duden: Ich sehe keine ein Ah – werde ich mich kurzfassen. weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zur Abstimmung kommen. (Zurufe: Ah!) Wer einer Überweisung der Drucksache 21/2367 – Genau. an den Verkehrsausschuss zustimmt, den bitte ich (Vereinzelter Beifall bei der SPD) um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Ent- haltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt. – Einige sind wie dressiert, klasse. Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Dem Motto der "Wachsenden Stadt" stehen wir sehr, sehr kritisch gegenüber. Denn "Wachsende Wer sich dem Antrag der CDU-Fraktion aus der Stadt" heißt Qualitätsverlust an verschiedenster Drucksache 21/2367 anschließen möchte, den bit- Stelle. Wir sind ein großer Befürworter der Metro- te ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – polregion, und von daher müssen das Pendeln so- Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abge- wie der Mix aus unterschiedlichsten Fortbewe- lehnt. gungsmitteln innerhalb der Stadt an Bedeutung zu- nehmen und durch den Ausbau der geeigneten In- frastruktur und der Rahmenbedingungen entspre- Dann kommen wir zu den Tagesordnungspunkten chend gefördert werden, damit letztendlich mehr 20c und 55a, Drucksache 21/2177, Senatsantrag: Menschen sich in der Metropolregion niederlassen Verständigung der Freien und Hansestadt Ham- können, um dann in Hamburg arbeiten zu können. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1361

(Vizepräsidentin Barbara Duden) burg und des Landes Schleswig-Holstein mit der Die Finanzsenatoren Peiner und Freytag haben mit Europäischen Kommission im Beihilfeverfahren zur Eurozeichen in den Augen von einer internationa- HSH Nordbank AG, und Drucksache 21/2505, dem len Großbank geträumt und damit einen Albtraum Bericht des Haushaltsausschusses hierzu. für Hamburg erzeugt. (Jörg Hamann CDU: Simonis ist Sozialde- [Senatsantrag: mokratin!) Verständigung der Freien und Hansestadt Ham- burg und des Landes Schleswig-Holstein mit – Die war auch dabei, das habe ich an dieser Stel- der Europäischen Kommission im Beihilfever- le schon einmal gesagt, aber für Hamburg war fahren zur HSH Nordbank AG Frau Simonis nicht zuständig. – Drs 21/2177 –] Einfache und billige Lösungen für dieses Desaster gibt es nicht – auch das haben wir schon erwähnt. [Bericht des Haushaltsausschusses über die Aber heute müssen wir die für den Steuerzahler Drucksache 21/2177: günstigste Lösung wählen, um zu einem einiger- Verständigung der Freien und Hansestadt Ham- maßen erträglichen Ende zu kommen. burg und des Landes Schleswig-Holstein mit (Beifall bei der SPD und bei Farid Müller und der Europäischen Kommission im Beihilfever- Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE) fahren zur HSH Nordbank AG – Drs 21/2505 –] Deshalb müssen wir der Vereinbarung mit der EU- Kommission zustimmen und den Weg für einen [Antrag der CDU-Fraktion: möglichen Verkauf der HSH Nordbank frei ma- Neustrukturierung der HSH Nordbank – Ja zu chen. Ich habe an dieser Stelle schon einmal da- sinnvollen Maßnahmen zum Risikoabbau, Nein rüber gesprochen, dass aufgrund der in 2015 noch zum 16-Milliarden-Blankoscheck für den Senat vorhandenen Gewährträgerhaftung von 12 Milliar- – Drs 21/2524 –] den Euro, die bis Ende Dezember dann noch 2,5 Milliarden Euro betragen wird, dass also auf- grund der fast um 10 Milliarden Euro sinkenden [Antrag der FDP-Fraktion: Gewährträgerhaftung dieser Weg, den wir mit der Zukunftskonzept für HSH Nordbank entwickeln EU-Kommission ausgehandelt haben, den Län- – Drs 21/2527 –] dern mindestens 4 Milliarden Euro im Vergleich zur sofortigen Abwicklung spart – das ist viel Geld. [Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ- NEN: (Beifall bei der SPD und bei Farid Müller und Drs. 21/2177/Anlage 3 Dr. Anjes Tjarks, beide GRÜNE) – Drs 21/2553 –] Insofern waren sich im Haushaltsausschuss am Ende auch alle einig, dass wir das Jahr 2016 un- Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 21/2524 und bedingt erreichen müssen. Dies ist nur mithilfe der 21/2527 Anträge der Fraktionen der CDU und der Verständigung mit der EU-Kommission möglich, FDP sowie als Drucksache 21/2553 ein gemeinsa- nur damit, sonst nicht. Dies gibt uns dazu die Mög- mer Antrag der Fraktionen der SPD und GRÜNEN lichkeit, die Bank unter neuem Namen bis 2018 zu vor. verkaufen und dafür hoffentlich einigermaßen viel Wer wünscht das Wort? – Herr Schreiber von der Geld zu bekommen. Nach allen Einschätzungen SPD-Fraktion. von Fachleuten wäre eine Abwicklung 2018 ge- nauso teuer wie eine Abwicklung 2016. Wir haben also eine Chance auf Erlös. Sogar Herr Dr. Mar- Markus Schreiber SPD: Frau Präsidentin, meine nette schätzt diesen auf 2 Milliarden Euro – viel- Damen und Herren! Heute beschließt Hamburg leicht sind es mehr, vielleicht sind es weniger, ich das größte Rettungspaket aller Zeiten. So habe ich weiß es nicht, keiner weiß es. Aber falls es keinen es schon heute Morgen gelesen, und dafür möchte Erlös gäbe, wird es auch nicht teurer als Anfang ich jetzt auch streiten und werben. Am Anfang darf 2016. Da fällt es, finde ich, leicht, Vereinbarungen man allerdings daran erinnern, dass ein CDU-ge- mit der EU-Kommission zuzustimmen, denn es ist führter Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf keinen Fall die teurere Variante. die HSH Nordbank eingebrockt hat. (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den (Jörg Hamann CDU: Uah!) GRÜNEN) – Ist so. Sie werden sich vielleicht noch daran erin- Zumal die EU-Kommission und die EZB die HSH nern. Nordbank in den nächsten zwei Jahren sehr eng (Beifall bei der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks führen und kontrollieren werden, sodass das Risiko GRÜNE) eines Geschäftsgebarens wie in der Vergangen- heit gering ist, worauf wir auch großen Wert legen müssen. 1362 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Markus Schreiber)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den ten Sie zufrieden sein, Herr Kruse, sind Sie aber GRÜNEN) nicht. Das ist in der Tat einigermaßen wichtig. (Michael Kruse FDP: Lassen Sie uns erst mal reden!) Nun zur Opposition: Die CDU-Fraktion möchte die Suppe, die frühere CDU-geführte Senate – da Eigentlich haben Sie auch recht damit, dass jetzt müssen Sie durch, Herr Hamann – mit sachkundiger Unterstützung eine Privatisie- rungsstrategie entwickelt werden muss – so habe (Jörg Hamann CDU: Wer zahlt uns die 2 Mil- ich es zumindest in Ihrer Pressemitteilung gelesen. liarden? Sie haben doch gesagt, wir kriegen 2 Milliarden! (Michael Kruse FDP: Sie hätten eine ent- wickeln sollen!) uns eingebrockt haben, nicht mit auslöffeln. So ein Drücken vor der Verantwortung ist ein Unding. Diese Strategie wird uns noch häufig beschäftigen, und wir werden sie eng begleiten. Eigentlich scha- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) de, dass Sie da nicht mitgehen können. Die beiden Kreditermächtigungen über 6,2 Milliar- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) den Euro und 10 Milliarden Euro sollen nach Ih- nen, Herr Kleibauer, abgesenkt werden, und zwar Es bleibt also bei den Regierungsfraktionen in vollkommen willkürlich einmal um 50 Prozent und Hamburg und Schleswig-Holstein, in Verantwor- einmal um 25 Prozent, wofür jede Begründung tung für ihre Länder den günstigsten Weg für die fehlt. Diese Prozentsätze sind einfach geraten. Steuerzahler einzuschlagen und dem Milliarden- Debakel ein Ende zu bereiten. Wir stimmen des- (Zuruf von Jörg Hamann CDU) halb den Eckpunkten zur Verständigung der Län- Die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Mo- der mit der EU-Kommission und dem Staatsvertrag nika Heinold, hat recht, wenn sie dazu sagt – ru- in seiner noch einmal korrigierten Fassung zu, hig, Brauner –, ich zitiere sie: auch wenn wir das Geld des Steuerzahlers viel lie- ber für sinnvollere Dinge eingesetzt hätten, und "Eine aus der Luft gegriffene Begrenzung nur, weil wir sonst noch weniger Geld für sinnvolle- der Kreditermächtigung widerspricht der re Dinge gehabt hätten, weil die HSH Nordbank Grundsatzverständigung mit der EU-Kom- noch mehr Geld verschlungen hätte. mission zur Rettung der HSH Nordbank. Fol- ge wäre die sofortige Abwicklung." Zum Schluss danke ich ausdrücklich unserem Bür- germeister, der jetzt nicht da ist, und unserem Fi- Auch an das müssen Sie denken, Herr Kleibauer. nanzsenator, der auf der Senatsbank sitzt, für ihre Hier gilt weiterhin, dass 12 Milliarden Euro Ge- engagierten und vermutlich nicht vergnügungs- währträgerhaftung bei einer sofortigen Abwicklung, steuerpflichtigen Verhandlungen mit der EU-Kom- 7 Milliarden Euro Garantie und der Wert der Bank mission und dafür, das geerbte Gespenst HSH bei über 20 Milliarden Euro für Hamburg und Nordbank zumindest eingesperrt und an die Kette Schleswig-Holstein liegen. Dann nehmen wir doch gelegt zu haben. – Vielen Dank. lieber eine Kreditermächtigung über 16,2 Milliarden (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den Euro in Kauf, die hoffentlich nicht in voller Höhe in GRÜNEN) Anspruch genommen wird – das sind weniger als 20 Milliarden Euro. Ich finde es wirklich schäbig, dass die CDU-Fraktion sich so fadenscheinig aus Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- der Verantwortung stiehlt. kommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion. (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den Thilo Kleibauer CDU:* Frau Präsidentin, meine GRÜNEN) Damen und Herren! Egal, wie wir sie heute treffen, DIE LINKE bleibt wider besseren Wissens bei ihrer ist das in der Tat eine Entscheidung von großer fi- Linie: Eine Abwicklung nach dem Sanierungs- und nanzieller Tragweite für die Stadt. Ich bin sehr da- Abwicklungsgesetz, SAG, sei zu fordern – viel- für, dass wir diese Entscheidung auf Basis der leicht nicht mehr sofort, sondern Anfang 2016. Da- Fakten treffen, die vorliegen und die bewertet wer- mit würden ihrer Meinung nach die Steuerzahler den können, und nicht auf Basis von Hoffnung, geschont und die Eigentümer der Bank zur Re- was vielleicht noch an Gutem in zwei oder drei chenschaft gezogen. Das ist bei privaten Eigentü- Jahren kommen mag, und auch nicht auf Basis mern auch eine tolle Sache, hört sich gut an, aber von Enttäuschung über die ärgerliche Entwicklung leider sind die Steuerzahler die Eigentümer, und in den vergangenen Jahren oder der Frage, wer deshalb ist es eben nicht die günstigste Lösung, so daran schuld ist. Wir sollten uns wirklich an den vorzugehen. Fakten orientieren. Die FDP fordert konsequent die Privatisierung der (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Stimmen Sie Bank und bekommt sie jetzt auch. Eigentlich müss- denn zu?) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1363

(Thilo Kleibauer)

Wir haben im Jahr 2013 mit einer sehr großen schuss gesagt, dass wir zu diesem Zeitpunkt über- Mehrheit die Wiederaufstockung der Garantie auf haupt keine Kreditermächtigung ausstellen müs- 10 Milliarden Euro für die HSH Nordbank beschlos- sen. Herr Schreiber, das sollten Sie berücksichti- sen. Der Senat hat damals gesagt, damit werde ei- gen. Ich hätte von Ihnen schon erwartet, dass Sie, ne tragfähige Lösung für die Bank erreicht. Viele in wenn Sie diese Debatte führen, auch die Aus- diesem Haus sind dem gefolgt. Wir müssen sehen, schussberatung an dieser Stelle ernsthaft bewertet dass es nicht so gekommen ist. Wir stellen fest, hätten. dass es nicht reicht. Die Lage hat sich – auch das (Beifall bei der CDU) sind die Worte des Senats – seit 2013 in einem dramatischen Umfang verschlechtert. Im Prinzip ist Was Sie beschließen wollen, ist in höchstem Maß das Worst-Case-Szenario der Drucksache aus Intransparenz. Damit schaffen wir aus Sicht des 2013 eingetreten. In der Lösung, die uns jetzt prä- Parlaments eine Blackbox und das lässt auch wie- sentiert wird, kommt auch deutlich zum Ausdruck, der Zweifel daran aufkommen, was der Senat ei- dass die EU seit Längerem Zweifel an der Zu- gentlich meint. Denkt er vielleicht doch den schlim- kunftsfähigkeit der HSH Nordbank hat. meren Fall durch, der uns gar nicht vorgerechnet worden ist? Es ist im Ausschuss durch kein Szena- Unter diesen Bedingungen müssen wir heute eine rio gedeckt worden, dass das, was hier an Kredit- Entscheidung treffen. Es ist natürlich problema- ermächtigung im Raum steht und den maximalen tisch, dass wir auf Basis von Eckpunkten oder wie Vermögensschaden für die Stadt, an dem Sie sich es im Englischen heißt auf Basis eines Hand- angeblich orientieren, erhöht, auch nur annährend shake-Agreement und nicht auf Basis sehr vieler notwendig ist. Das greifen wir auf, und hier sollten belastbarer Fakten eine Entscheidung treffen müs- wir als Parlament selbstbewusst sein und sagen, sen. Es ist sehr problematisch – und ich glaube, dass wir dieser unbegrenzten Aufstockung der das gilt für alle Parlamentarier –, dass viele Sa- Kreditermächtigung nicht zustimmen. chen überhaupt nicht bezifferbar sind. Es ist nicht klar, welches Portfolio zu welchen Werten auf die Wir müssen eine Entscheidung treffen, und in die- Länder übergeht. Es ist völlig unklar, welche zu- sem Zusammenhang legen wir unseren Ände- sätzlichen Belastungen und Risiken durch die rungsantrag in Hamburg und in Schleswig-Holstein neue Holding für die HSH Nordbank entstehen, vor. Ich habe übrigens zur Kenntnis genommen, und es ist auch noch völlig offen, inwiefern und dass die Regierungsfraktionen in Schleswig-Hol- welche Verkaufsauflagen von der EU es für die stein sich etwas abweichend von Frau Heinold ge- Bank geben wird. Das alles macht die Sache nicht äußert haben, und ich habe es immer so erlebt, einfacher. egal, wer hier 2008/2009 oder auch 2013 die politi- sche Verantwortung hatte, dass vorgelegte Ände- Der Senat schlägt uns jetzt vor, zusätzlich zur Ga- rungsanträge mit einer gewissen Sorgfalt von den rantie, die auf 10 Milliarden Euro aufgestockt wird, Regierungsfraktionen beurteilt und nicht einfach eine neue Abwicklungsanstalt zu gründen und die- pauschal abgelehnt worden sind, Herr Schreiber. se mit 6,2 Milliarden Euro Kreditermächtigung zu Den Vorwurf gebe ich dann einmal schlank zurück. befüllen. Das ist ein sehr weitreichendes Mandat. Das ist ein Mandat, das auch von der Krediter- (Beifall bei der CDU) mächtigung überhaupt nicht benötigt wird. Und es In diesem Änderungsantrag fordern wir im Wesent- ist ein Mandat, das weit über die EU-Eckpunkte- lichen zwei Punkte: Zum einen greifen wir das The- vereinbarung hinausgeht. Das ist schlichtweg ein ma Holding auf, auf das Sie überhaupt nicht einge- Blankoscheck für die Landesregierungen, 6,2 Milli- gangen sind. Wir müssen sehr genau darauf ach- arden Euro frisches Geld zusätzlich zu den 10 Mil- ten, dass das nicht eine Holding ist, in der die Bun- liarden Euro, mit denen wir in der Haftung sind, desländer allein zusätzliche Risiken übernehmen, aufzubringen. Diesen Blankoscheck werden wir wo das operative Geschäft entlastet wird – das sta- nicht ausstellen, Herr Schreiber. bilisiert die Situation ohne Frage –, aber zulasten (Beifall bei der CDU) der Bundesländer, die zusätzliche Verpflichtungen übernehmen, sprich in der Holding werden in den Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir, wenn nächsten zwei Jahren Verluste auflaufen, die aus- wir das heute nicht machen, die sofortige Abwick- geglichen werden müssen. lung der Bank provozieren. Sie haben Frau Hei- nold zitiert – das habe ich mit Interesse gelesen. Zum anderen greifen wir das Thema Begrenzung Aber zum einen hat uns Ihr Ausschussvorsitzen- der Kreditermächtigung auf. Da glauben wir schon, der, Herr Seeler, im Ausschuss sehr genau vorge- dass es sinnvoll ist, als Parlament ein sehr deutli- rechnet, dass ein Portfolio im Nominalwert von ches Votum dafür zu setzen, eben keinen Blanko- 6,2 Milliarden Euro nur einen Bruchteil dessen wert scheck auszustellen, sondern genau das zu be- ist, man also nicht eine Kreditermächtigung von schließen, was nötig ist. Das ist keine Frage der 6,2 Milliarden Euro dafür braucht, sondern einen EU-Eckpunkte, sondern eine Frage der Ausgestal- deutlich niedrigeren Ansatz. Zum Zweiten haben tung durch den Senat und die Landesregierung die eigenen Berater der Bundesländer im Aus- von Schleswig-Holstein. Mit der Formulierung des 1364 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Thilo Kleibauer)

Staatsvertrags für die neue Abwicklungsanstalt, mit all den damit verbundenen Konsequenzen. der unlimitiert die Übernahme von Risiken durch Trotz intensiver Suche von FDP-Fraktion und die Länder zulässt, ausgestattet mit einer sehr Links-Fraktion haben wir keine dritte Alternative. komfortablen und mehr als ausreichenden Kredit- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) ermächtigung, schaffen wir wirklich einen Blanko- scheck für die Landesregierungen, und das sollte Uns alle eint der Ärger über das Geschäftsgebaren sich jedes Parlament sehr genau überlegen. der Bank in der Vergangenheit. Das ist eine Mah- nung, dass wir das Geschäftsgebaren auch in die- (Beifall bei der CDU) ser Zeit beobachten müssen. Aber angesichts der Sie haben sehr viel von Verantwortung gespro- drohenden und sich realisierenden Milliardenverlus- chen und diesen Begriff aus meiner Sicht sogar et- te sind wir gut beraten, sachlich abzuwägen, was was überstrapaziert. Aber ich glaube, auch jeder die Vermögensposition der Stadt besser schützt Parlamentarier hat eine Verantwortung, wie er mit und welche der beiden Alternativen die bessere ist. dieser Situation umgeht und ob er wirklich will, (Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den dass wir in den nächsten Jahren gar nicht mehr Vorsitz.) gefragt werden, oder ob wir sagen, wir sind als Parlament weiter mit im Boot. Wir als CDU sagen Die Frage der sofortigen Abwicklung, die die FDP- nicht, dass wir es billiger hinbekommen. Aber Fraktion und auch die Links-Fraktion für richtig hal- wenn der Senat sagt, es müsse an irgendeiner ten, haben wir im Ausschuss ausführlich erörtert. Stelle nachgesteuert werden, dann hat er in zwei (Katja Suding FDP: Haben Sie zugehört? – Jahren nicht noch eine offene Kreditermächtigung, Michael Kruse FDP: Wo steht das?) die er einfach nutzt, sondern dann muss er wieder an das Parlament herantreten. Das, finde ich, ist – Herr Kruse, wenn man nichts macht, dann kann an dieser Stelle der fairere Umgang zwischen Par- man die Bank auch nicht verkaufen, weil es keinen lament und Regierung. Käufer gibt. Wenn man nichts tut, werden diejeni- gen, die Geld und Anteile in diese Bank eingelegt (Beifall bei der CDU und bei Daniel Oetzel haben, um sie mit hartem Kernkapital zu unterstüt- FDP und Dr. Ludwig Flocken AfD) zen, dieses abziehen, und dann wird die Bank ein Das sollte für dieses Parlament übrigens auch großes Problem haben und in ein Abwicklungssze- – ich komme noch einmal darauf zurück, weshalb nario geraten. Das geht ganz schnell, und das wis- ich den Begriff Verantwortung in dieser Argumen- sen Sie auch. Man muss etwas tun, denn sonst tation für falsch halte – eine Lehre aus der Schief- kommt man überhaupt nicht dahin, wohin Sie ei- lage der HSH Nordbank im Jahre 2008/2009 sein. gentlich wollen, nämlich zu einer Privatisierung der Wir haben sehr lange im parlamentarischen Unter- Bank. suchungsausschuss – ein paar Kollegen sind viel- (Michael Kruse FDP: Tun Sie das Richtige? leicht noch dabei – überlegt, was die Gründe sind. Sie unterstellen uns was, und das ist falsch!) Im Prinzip hat auch die Bürgerschaft bis 2008/2009 überhaupt nicht hingesehen. Diesen Herr Kruse, das hat schon Herr Kubicki von Ihrer Fehler sollten wir nicht noch einmal machen. Des- Fraktion in Schleswig-Holstein nicht verstanden, halb bin ich auch dafür, dass wir heute mit unse- und deswegen sehe ich es Ihnen jetzt nach, dass rem Zusatzantrag einen engen Rahmen beschlie- auch Sie es nicht verstehen. Wahr ist, dass wir die- ßen – zum einen eine Reduzierung der Krediter- se zwei Optionen haben. Zwischen diesen müssen mächtigung, zum anderen die Beachtung sechs Sie sich jetzt auch einmal entscheiden. Wir werden weiterer Forderungen – und nicht einfach sagen, gleich sehen, in welche Richtung Sie tendieren. wie wir es vielleicht damals gemacht haben: Es (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) gibt einen Blankoscheck, mit dem der Senat alles Mögliche machen darf, und wir sind nicht mehr da- Es ist richtig, dass das Sanierungs- und Abwick- bei. – Herzlichen Dank. lungsgesetz die privaten Anteilseigner bei Bankpleiten in die Haftung nimmt, damit nicht die (Beifall bei der CDU) Steuerzahler dafür aufkommen müssen. Allerdings handelt es sich hier um eine Bank, bei der 90 Pro- Vizepräsidentin Barbara Duden: Das Wort be- zent der Anteile sich in öffentlichem Besitz befin- kommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion. den und die noch – und das ist der entscheidende Punkt – eine Gewährträgerhaftung in zweistelliger Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Frau Präsidentin, mei- Milliardenhöhe hat, für die die Länder Hamburg ne Damen und Herren! Die Bürgerschaft hat heute und Schleswig-Holstein haften. eine weitreichende Entscheidung zu treffen. Es Diese Besonderheit, liebe Links-Fraktion, kann geht darum, die HSH Nordbank entweder sofort man nicht einfach ignorieren, denn wenn wir die- abzuwickeln, und zwar mit allen damit verbunde- ses Gesetz anwenden, tritt in dieser Konstruktion nen Konsequenzen, oder die Verständigung mit der Mechanismus ein, dass die Länder in erster Li- der EU-Kommission anzunehmen, und zwar auch nie mit dem Eigenkapital, in zweiter Linie mit dem Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1365

(Dr. Anjes Tjarks) gewährträgerbehafteten Kapital und in dritter Linie begrenzen, dann machen Sie doch nichts anderes als Anteilseigner haften. Lieber Herr Hackbusch, als das, was der Senat im Wesentlichen auch ge- diesen Mechanismus ignorieren Sie in all Ihren Ar- tan hat, nur dass er die einzig plausibilisierte Zahl gumentationen. Ich habe Ihren dreiseitigen Artikel gewählt hat. Sie wählen einen völlig willkürlich ge- in "SozialismusAktuell" noch einmal genau nach- griffenen Haftungsrahmen. Sie wissen doch über- gelesen, Sie haben dort nicht ein Wort darüber ver- haupt nicht, ob die "hsh portfoliomanagement AöR" loren. Sie ignorieren da einfach die Realität. am Ende bei 3,2, 4,1, 6,2 oder 2,7 Milliarden Euro steht. Das wissen Sie nicht, da machen Sie es sich (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) sehr einfach. Ihr Antrag liest sich so, als wollten Dann wird als nächstes Argument vorgebracht, wir Sie sich aus der Verantwortung drücken und mit würden nicht für alle Anteile des harten Kernkapi- dem einzigen Argument, das Ihnen dazu einfällt, in tals haften, weil nicht alle Anteile gewährträgerbe- die Büsche schlagen. haftet sind. Aber wenn man diese Mechanik einmal (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) verstanden hat und unterstellt, dass sie richtig ist, dann bedeutet Ihre Argumentation im Umkehr- Wenn wir die Bank fortführen, besteht die Chance, schluss, Herr Hackbusch, dass wir allen Ernstes dass sich das Vermögen erholen kann. Wir haben entscheiden sollen, Mehrkosten in Milliardenhöhe die Chance auf eine Veräußerung. Das würden wir einzugehen, nur damit private Anteilseigner auch sofort aufgeben, wenn wir in ein Abwicklungssze- geschädigt werden. Das ist sogar aus Sicht der nario geraten. Klar ist, dass das Abenteuer HSH Länder komplett absurd. Nordbank die Länder Hamburg und Schleswig-Hol- stein teuer zu stehen kommen wird – das ist nach (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) wie vor unser größtes Haushaltsrisiko. Heute tref- Auch wenn Sie vielleicht emotional auf den Richti- fen wir aber aus meiner Sicht eine klare Abwä- gen zielen, übersehen Sie aus unserer Sicht, dass gungsentscheidung, die darin besteht, mehrere Sie einen Bumerang in der Hand halten. Die Me- Milliarden Euro weniger auszugeben. Wenn man chanik der Haftungsverhältnisse ist entscheidend, eine verantwortungsvolle Politik für Hamburg ver- und Ihr Wurf wird am Ende die Stadt treffen. Das folgt, dann bedeutet das, die Vermögensposition sollten Sie in Ihrer Argumentation bedenken. Und der Stadt bestmöglich zu wahren. Das ist in der ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, dass wir Sache klar und bedeutet Einigung mit der EU- das im Ausschuss nicht ausführlich beraten haben. Kommission, Entlastung der Bank und dann ein Wir haben dies sehr ausführlich beraten und auch Verkaufsszenario. Das ist der einzige Weg, der hier ein paar Mal besprochen. Ich möchte nicht, uns in Wirklichkeit bleibt. Alle, die ein anderes Sze- dass Ihr gleich wieder ausgesprochener Vorwurf, nario daherreden, müssen sich fragen, woher sie wir berieten das nicht vernünftig, so stehen bleibt. die 4 Milliarden Euro extra nehmen wollen. – Dan- ke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Es kann sein, dass die Bank aufgrund des vorge- gebenen Szenarios der EU-Kommission am Ende dennoch abgewickelt werden könnte, und zwar un- Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommt abhängig davon, wie wir uns heute entscheiden. nun Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE. Aber der entscheidende Unterschied zwischen bei- den Szenarien liegt auf der Zeitachse und den da- Norbert Hackbusch DIE LINKE: Vielen Dank, mit verbundenen Chancen, und dieser Unterschied Frau Präsidentin. – Es geht sicherlich um eine der auf der Zeitachse macht aufgrund der Gewährträ- schwierigsten Situationen und eines der größten gerhaftung mehrere Milliarden Euro aus. Haushaltsrisiken, die in dieser Stadt je diskutiert worden sind. Wichtig ist mir, darauf hinzuweisen, (Beifall bei Anna Gallina GRÜNE) dass nicht Herr Tschentscher, der jetzt die Rech- Deswegen ist aus meiner Sicht die Entscheidung, nung überbringt, dafür verantwortlich ist, sondern die wir heute in der Sache zu treffen haben, ziem- dass die Entwicklung in den Jahren 2005 bis 2008 lich einfach. – Herr Schreiber hat es dargestellt – die wesentli- che Ursache dafür ist, dass die Stadt wahrschein- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) lich mehrere Milliarden Euro aufbringen muss. Herr Kleibauer, wenn Sie von einem Blankoscheck Ein Zweites ist mir wichtig: Das ist kein typisches sprechen, dann muss man ehrlicherweise sagen, Beispiel für öffentliches Eigentum. Sieht man sich dass das so nicht stimmt, weil nämlich – das ist die die Begründungen von damals an, dann war das traurige Wahrheit – dieser Scheck aufgrund des Entscheidende die Idee der Privatisierung, die Vor- Gebarens von Herrn Peiner und Herrn von Beust bereitung der Privatisierung und die laufende Pri- sehr wohl ausgefüllt werden wird. Das wird sehr vatisierung, die damals stattgefunden hat. Wir ha- wohl kein Blankoscheck sein, sondern Hamburg ben es also nicht mit einem typischen Beispiel da- wird am Ende dafür zahlen müssen. Wenn Sie sa- für zu tun, dass die öffentliche Hand nicht mit Ei- gen, Sie wollten den Haftungsrahmen für Hamburg gentum umgehen kann, sondern es handelt sich 1366 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Norbert Hackbusch) um eines der Privatisierungswahnsinn-Projekte in den vergangenen zwei Jahren gemacht haben, ist diesem Land, das wir gegenwärtig bezahlen müs- das kein Verlust. Ich kann nur sagen, es ist eher sen. Das muss man dabei immer mitdenken, weil ein Gewinn, wenn nicht mehr die Stadt und dieser viele jetzt alles durcheinanderbringen. Wenn man Vorstand die Steuerung haben. sich die Geschichte anschaut, ist das nach meiner (Beifall bei der LINKEN) Meinung entscheidend. Zum zweiten Argument, dass dann das Eigenkapi- (Vereinzelter Beifall bei der SPD) tal aufgebraucht werde, kann ich nur Folgendes Man muss sich klarmachen, dass es insgesamt um sagen: Das Eigenkapital ist mehr oder weniger auf- einen höheren Milliardenbetrag geht. Ich möchte gebraucht. Das kann man doch nicht mehr als Ar- noch einmal die Dimension deutlich machen. gument anführen. Wenn der Finanzsenator dafür circa 5 Milliarden Dementsprechend ist das dritte, eben auch in den Euro zurückgelegt hat, dann sind damit alle Spar- Redebeiträgen angeführte Argument, es werde anstrengungen der letzten 20 Jahre verfrühstückt. insgesamt teurer für die Stadt, wenn die Bank Wenn es so ist, wie Herr Marnette sagt – der nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz ab- durchaus kein Unwissender ist, er war Wirtschafts- gewickelt werde, hinfällig. Das ist durchaus disku- minister in Schleswig-Holstein und hatte dement- tiert worden, aber in den Unterlagen, die wir nur sprechend Einblicke –, dass es sogar das Doppel- vertraulich einsehen konnten, sind keine Herleitun- te kosten wird, dann sind damit auch die Sparan- gen, sondern nur Zahlen präsentiert worden. Diese strengungen der nächsten 20 Jahre verfrühstückt. kann ich akzeptieren oder nicht. Ich bin an be- Das nur noch einmal zu der Dimension und dazu, stimmten Punkten skeptisch gegenüber diesen was bestimmte Privatisierungswahnsinn-Sachen Zahlen, das will ich deutlich sagen. Erstens, weil für diese Stadt bedeuten, auch im Verhältnis dazu, uns von Bain & Company nicht dargestellt werden wie man sonst vernünftig mit Finanzen umgeht. Ich konnte, warum sehr hohe Milliardenbeträge von finde, das ist wichtig für diese Diskussion. den Investoren an der Börse bewegt wurden, aber Ich möchte mich aber nicht auf alle Einzelheiten in dieser Rechnung nicht auftauchten. Diese Inves- konzentrieren, die wir im Ausschuss diskutiert ha- toren und nicht nur die Besitzer hätten Eigenkapi- ben, sondern auf die zentrale Frage, warum wir ge- tal zur Stützung der Bank dazugeben müssen. genwärtig in einer bestimmten Situation sind und Zweitens wurde kein Szenario aufgestellt, wie man vor welcher Alternative wir gegenwärtig stehen. unabhängig von der Gewährleistung im Jahre Man kann das recht simpel aufzeigen. Der Senat 2015 – die sehr kompliziert und nur schwer ver- hat im Oktober eine bestimmte Entscheidung ge- ständlich ist, weil wir nur die Zahlen kennen – in troffen, und natürlich stehen wir vor dem Hinter- der Lage ist, diese Abwicklungsphase nach einer grund dieser Senatsentscheidung, ob sie nun rich- vorherigen Sanierungsphase im Januar 2016 tig oder falsch ist, vor dieser Friss-oder-stirb-Situa- durchzuführen. An etlichen Punkten halten wir den tion. Ich finde, dass er damals eine falsche Ent- von Ihnen aufgezeigten Weg also für nicht über- scheidung getroffen hat und sich etwas anderes zeugend. hätte überlegen können; dazu werde ich gleich Das Entscheidende ist aber , dass Sie darauf bau- noch einmal argumentieren. In gewisser Weise ist en, dass die Situation in zwei Jahren besser ist. das ein Kritikpunkt. Sie können nicht sagen, die Blicken Sie einmal zurück auf die Situation im Jahr damalige Situation sei alternativlos gewesen und 2013. Da haben Sie auch schon gesagt, es sei deshalb seien Sie in diese Gewährträgerhaftungs- notwendig, mehr Zeit zu bekommen. Die Situation falle getreten. Das war nicht alternativlos, sondern hat sich seitdem zunehmend verschlechtert. Die man hätte sich auch etwas anderes überlegen Stadt ist für einen weiteren Milliardenbetrag verant- können. Es war keine Situation nach dem Motto, wortlich. Sie spekulieren darauf, dass es in zwei man müsse das jetzt machen, sonst falle alles Jahren besser wird. Ich halte diese Spekulation weg. Das halte ich nicht für die entsprechende Al- – Herr Tjarks hat sie eben noch einmal stark zum ternative. Ausdruck gebracht – für unzulässig und falsch und (Beifall bei der LINKEN) deshalb für den falschen Weg. Der Senat muss sich genau überlegen, warum er (Beifall bei der LINKEN) ein Instrument, das wir in dieser Republik ange- Wir sollten das Sanierungs- und Abwicklungsge- schafft haben, um Finanz- und Bankenprobleme setz anwenden. Das halte ich für richtig, und die- lösen zu können, indem eben nicht nur die öffentli- sen Weg schlagen wir vor. che Hand und nicht nur die Eigentümer, sondern auch die Investoren mit herangezogen werden (Beifall bei der LINKEN) können, nicht anwenden will. Das erste Argument, das Sie in dieser Drucksache dazu nennen, ist, der Vizepräsidentin Antje Möller: Von der FDP-Frak- Senat gebe die Steuerung der HSH Nordbank auf tion bekommt nun Herr Kruse das Wort. und das sei ein großer Verlust. Nach den Erfahrun- gen, die wir mit der Steuerung dieser Bank auch in Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1367

Michael Kruse FDP: Sehr geehrte Frau Präsiden- Sie der Zeit hinterher. Sie hatten falsche Erwartun- tin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ham- gen bezüglich der Absenkung der Ländergaranti- burg hat derzeit einen Jahreshaushalt von rund en; auch das haben wir schon diskutiert. Ich könn- 11 Milliarden Euro, und die Hamburgische Bürger- te weitermachen. Permanent geht es um falsche schaft beschäftigt sich mit großer Sorgfalt damit, Erwartungen des Senats, um falsche Erwartungen wie wir das Geld der Hamburger Bürger sinnvoll der Landesregierung. Dass Sie, Herr Senator ausgeben. Heute stimmt diese Bürgerschaft aller- Tschentscher, gereizt reagieren, wenn wir Ihre An- dings fast wie nebenbei – das zeigt die Beteiligung nahmen über diese Zahlen, die wir nicht plausibili- der Koalitionsfraktionen – über das größte Ret- siert bekommen, in Zweifel ziehen, wundert mich tungspaket in der Geschichte der Stadt Hamburg nicht. Sie wissen, auf welchen tönernen Füßen die- ab, nämlich die Neuordnung der HSH Nordbank. se Konstruktion steht, und Sie wissen, dass Ihre Deshalb wägen wir sehr genau ab. Nützt oder öffentliche Sachverhaltsdarstellung nur zu häufig schadet dieser Beschluss der Stadt Hamburg und von der Realität eingeholt wird. Deshalb wissen ihren Einwohnern? Hat der Senat ein Konzept für Sie auch, dass wir Sie an Ihren Ergebnissen mes- die Zukunft der Bank? Und hat der Senat alles in sen werden. seiner Macht Stehende getan, um die Vermögens- Meine Damen und Herren von Rot-Grün – so Sie position der Länder zu schützen? denn anwesend sind –, finden Sie es eigentlich Unser Zusatzantrag sagt es klar: Wir werden dem normal, über Eckpunkte abzustimmen? Dass man Senat keinen Blankoscheck für ein unfertiges Kon- das irgendwo in einem Kreisverband Wandsbek- zept erteilen. Denn was uns der Senat vorlegt, sind Ost macht, okay, aber hier geht es um eine ganz Eckpunkte, aber eben kein Konzept. Die konkrete zentrale Fragestellung. Finden Sie das normal? Es Ausgestaltung dieser Eckpunkte bleibt nebulös. geht um Eckpunkte, deren detaillierte Ausgestal- Auf Fragen im Ausschuss werden unkonkrete Ant- tung für die Beurteilung der Qualität von größter worten gegeben. Zahlen werden nicht genannt, Bedeutung wäre. Sind alle beihilferechtlichen Fra- oder wenn doch, dann verspätet nachgeliefert, gestellungen geklärt, ja oder nein? Die Antwort lau- aber niemals plausibilisiert – Herr Hackbusch ist tet: nein. Sind alle steuerrechtlichen Fragestellun- darauf eingegangen. Mir ist verdammt mulmig da- gen geklärt, ja oder nein? Die Antwort lautet: nein. bei, dass wir im Hauruckverfahren etwas beschlie- Sind die Portfolien, die aus der Bank herausge- ßen sollen, zu dem wir zwei Monate alte Unterla- kauft werden sollen, überhaupt schon identifiziert, gen vorgelegt bekommen, die keine hinreichende ja oder nein? Die Antwort lautet: nein. Weiß der Erklärung bieten für das, was Sie tun. Senat, wer die Milliardenportfolien managen soll, die er in wenigen Wochen herauskauft, ja oder (Beifall bei der FDP) nein? Raten Sie mal, die Antwort lautet: nein. Ist Mit welcher Sorglosigkeit das im Hause gehand- denn wenigstens die Eigentümerstruktur der "hsh habt wird, ist schon bemerkenswert. Von den Re- portfoliomanagement AöR" geklärt? Wissen wir, gierungsfraktionen hat fast niemand überhaupt nur wie viele der Giftpapiere in wenigen Wochen un- in diese vorgelegten vertraulichen Unterlagen hi- mittelbar auf den Haushalt wirken, ja oder nein? neingeschaut. Herr Tjarks, in der Ausschusssitzung Die Antwort lautet: nein. Weiß der Senat also über- Anfang November sind Sie nicht einmal anwesend haupt, auf welche Reise wir uns begeben, ja oder gewesen als Fraktion. Mit anderen Worten: Eine nein? Die Antwort lautet: nein. Und weil Sie nicht Mehrheit in diesem Haus stimmt Milliardenkrediter- wissen, was Sie hier gerade tun, können Sie auch mächtigungen zu, ohne nur im Ansatz zu wissen, die Fragen der Opposition nicht beantworten. was das eigentlich bedeutet. Nie war Oppositions- (Hansjörg Schmidt SPD: Aber das steht arbeit wichtiger als in Zeiten dieser rot-grünen Re- doch alles in der Drucksache!) gierungsmannschaft. Das ist unverantwortlich, das ist unsicher, und das (Beifall bei der FDP) ist das Ergebnis Ihrer eigenen Nachlässigkeit. Deshalb haben wir die namentliche Abstimmung (Beifall bei der FDP) beantragt, damit sich hinterher keiner aus der Affä- re stehlen und erzählen kann, er habe von nichts Jetzt rächt sich, dass Sie, Herr Bürgermeister, und gewusst. Immer und immer wieder haben wir in Sie, Herr Tschentscher, niemals wirklich an einem den vergangenen Jahren erlebt, dass der Senat Ausstiegskonzept gearbeitet haben, wozu wir Sie falsche Erwartungen bezüglich der zukünftigen aufgefordert haben. Herr Schreiber, Sie können es Entwicklung der Bank hatte: falsche Erwartungen nicht als Erfolg verkaufen, dass die EU-Kommissi- bezüglich der Entwicklung des Sunrise-Portfolios, on Ihnen das jetzt reindrückt. Sie gehen in der falsche Erwartungen bezüglich der Entwicklung ganzen Drucksache gerade einmal mit zwei Absät- des Dollar-Geschäfts. Ich erinnere mich ganz ge- zen darauf ein und kommen jetzt damit um die nau an die Ausschusssitzung im Juni, in der es Ecke, wir könnten doch mitgehen, es stehe hieß, das mit dem Dollar sei alles kein Problem. schließlich eine Privatisierung darin. Ja, es steht Wenige Wochen später haben wir dann erfahren, Privatisierung darin, aber es steht eben nicht darin, dass es ein ganz großes Problem ist. Immer sind wie Sie es machen wollen. Und weil Sie kein Kon- 1368 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Michael Kruse) zept haben, sind zwei Jahre ein verdammt kurzer nein, das könne er nicht ausschließen. Und auch Zeitraum, das Ganze noch hinzubekommen. wenn hier nicht alle Details besprochen werden können, kann ich Ihnen auf die Frage, ob die Ver- Ich kann noch verstehen, dass Sie bei dieser Fra- mögensposition der Länder bestmöglich gewahrt gestellung unvorbereitet sind, dass Sie das Ganze bleibe, nur mit Thomas de Maizière antworten: Ein nicht haben kommen sehen und jetzt als Verhand- Teil dieser Antwort würde Sie verunsichern. lungsergebnis akzeptieren müssen. Ich kann noch verstehen, dass Sie da kalt erwischt worden sind. (Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig Was ich nicht verstehen kann, ist, dass Sie offen- Flocken und Dr. Alexander Wolf, beide AfD) sichtlich auch kalt davon erwischt worden sind, Das ist mit uns Freien Demokraten nicht zu ma- dass Sie jetzt Papiere herauskaufen. Sie verhan- chen. Wir zeigen Ihnen in unserem Zusatzantrag deln zwei Jahre lang darauf hin, und dann wissen einen Weg auf, wie es gehen kann. Stimmen Sie Sie gar nicht, welche Papiere es überhaupt sein ihm zu, lehnen Sie die Drucksache heute ab. Las- sollen. Sie können sich gern noch einmal zu Wort sen Sie den Senat wieder vorsprechen, wenn er melden, wenn Sie wissen, welche es sind; ich ha- ein Konzept auf die Beine gestellt hat, das diesen be es nicht herausbekommen. Sie wissen nicht, Namen auch verdient, notfalls in einer Sondersit- welche Papiere es sind. Sie wissen nicht, welchen zung. – Vielen Dank. Marktwert diese haben. (Beifall bei der FDP) (Milan Pein SPD: Die werden doch gerade erst zusammengestellt!) Vizepräsidentin Antje Möller: Nun bekommt Frau Sie wissen nicht, wer das Portfolio managt. Sie Oelschläger von der AfD-Fraktion das Wort. wissen überhaupt nichts. Und dann sollen wir hier über Eckpunkte abstimmen mit Kreditermächtigun- Andrea Oelschläger AfD:* Sehr geehrte Frau Prä- gen von über 16 Milliarden Euro? So geht es nicht. sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wieder (Beifall bei der FDP – Zuruf von Milan Pein einmal ist die HSH Nordbank Thema in diesem SPD) Haus. Allerdings sind heute weder Schuldzuwei- sungen noch Bankenrettungstheorien gefragt. Die uns von Ihnen vorgelegte Drucksache ist nicht Heute wird eine Lösung gesucht, durch die die Ri- beschlussfähig, weil die wesentlichen Inhalte, auf siken für Hamburg durch die HSH Nordbank mini- die es ankommt, gar nicht feststehen. miert und nicht abwendbare Verluste kleingehalten Werfen wir einmal einen Blick in die Zukunft. Zwei werden. Wenn nebenbei auch noch eine Bank ge- Jahre haben Sie Zeit für diese Privatisierung, zwei rettet wird, Arbeitsplätze und gegebenenfalls auch Jahre für die Privatisierung von immerhin drei Vier- ein Wirtschaftsfaktor für Norddeutschland erhalten teln der gesamten Bank. Ganze zwei nichtssagen- bleiben, dann ist das ein positiver Nebeneffekt. Am de Absätze widmen Sie dem und sagen, Sie wür- Anfang steht jedoch die wichtige Erkenntnis, die den das dann einmal machen und einen Wirt- ganz klar auch die EU-Kommission teilt: Hamburg schaftsprüfer beauftragen. Klasse. Ich kann nur braucht keine Landesbank. sagen, das Ganze in zwei Jahren hinzubekommen Heute ist es Zeit, das finanzielle Risiko für den ist verdammt sportlich, und ich habe keinen einzi- Hamburger Steuerzahler so weit wie möglich zu gen Satz dazu gehört, nicht in der Ausschusssit- minimieren. Persönlich würde ich mir heute eine zung, nicht in irgendwelchen Reden, nicht in Pres- Glaskugel wünschen, in der die Zukunft vorherseh- seerklärungen, wie das Ganze funktionieren soll, bar ist, denn wir gehen von Annahmen und Pro- außer direkt am Tag der Einigung. Da stand dann gnosen aus, die möglicherweise mit der Realität nämlich in der Pressemitteilung, dass der Käufer nicht viel zu tun haben werden. Das vorgelegte auch eine andere Landesbank sein könne. Das ist Konzept des Senats, welches auf der Einigung mit ganz offensichtlich eine Anspielung auf die NORD/ der Europäischen Kommission beruht, scheint LB. Ich würde gern einmal wissen, mit wem von sinnvoll zu sein. Am Ende wird ein hoher Preis für der NORD/LB Sie eigentlich darüber gesprochen Hamburgs Haushalt stehen und der Verkauf der haben. Hätten Sie das getan, wüssten Sie sehr HSH Nordbank – oder aber deren Abwicklung, falls wohl, dass sie ein eigenes Schifffahrtsportfolio und sich kein Käufer findet. Sicherheit bietet das Kon- selbst genug Probleme damit haben. Sie werden zept nicht. Trotz alledem sagen wir: Ein Ende mit das nicht tun. Dann erzählen Sie einmal, mit wem Schrecken ist immer noch besser als ein Sie gesprochen haben und worauf diese Hoffnung Schrecken ohne Ende. begründet ist. Liebe FDP, alles, was Sie in Ihrem Zusatzantrag Jetzt noch einmal zur Gretchenfrage, der Frage wünschen, wünsche ich mir ebenfalls. Gern würde nach der Vermögensposition der Länder. Ich habe ich schon jetzt einem Gesamtkonzept zustimmen Senator Tschentscher im Ausschuss gefragt, ob er und nach Möglichkeit schon wissen, wie es am En- ausschließen könne, dass die 16,2 Milliarden Euro de ausgeht. Natürlich haben wir auch mit weiteren am Ende von den Ländern bezahlt werden müs- Kreditermächtigungen in Höhe von 16,2 Milliarden sen. Die Antwort lautete beunruhigenderweise Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1369

(Andrea Oelschläger)

Euro Probleme, sogar gewaltige. Diesmal handelt dieser Institutionen sind in die Verhandlungen und es sich nämlich nicht nur um Bürgschaften, son- in das Beratungsergebnis eingeflossen. dern um echtes Geld, das auch Zinsen kostet. In Herr Kruse, wenn Sie hier flotte Reden halten, was seiner Konsequenz ist Ihr Antrag jedoch ein wenig Sie alles verlangen, bevor Sie sich überhaupt ent- lebensfern. Hätte einer der Finanzsenatoren in den scheiden können, kann ich Ihnen nur sagen: Will- vergangenen Jahren die Glaskugel gehabt, die ich kommen in der Realität. Wenn Sie regieren, dann mir gewünscht habe, wären wir gar nicht in diese müssen Sie plausibel Schritt für Schritt vorgehen. Lage gekommen und müssten hier nicht schon Es ist völlig normal, dass in einem Beihilfeverfah- wieder über die HSH Nordbank sprechen. ren – Sie können sich gern über ähnliche Fälle er- Herr Senator, an Sie richten wir heute die Auffor- kundigen – zunächst einmal Verständigungen über derung: Nehmen Sie unverzüglich konkrete Pla- Eckpunkte herbeigeführt, nungen zur Privatisierung der HSH Nordbank vor. (Michael Kruse FDP: Ist doch zwei Monate Die Zeit des Lavierens, die Zeit des Hoffens auf her!) den weißen Ritter ist vorbei. Trennen Sie sich ge- danklich von einer Landesbank, die diese Stadt die erforderlichen Gremienentscheidungen getrof- nicht braucht. fen und die Eckpunkte sehr sorgfältig so umsetzt werden, wie man sie vereinbart hat. Die Lösung des Senats ist getragen von Hoffnung. Dennoch scheint es auch im schlechtesten Fall die (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) am wenigsten kostenintensive für Hamburg zu Im Ergebnis der Verhandlungen kann die sein. Leider müssen wir dem Steuerzahler unserer HSH Nordbank – wie wir übrigens im Vorfeld ange- Stadt sagen, dass in der Vergangenheit richtig kündigt haben – von zu hohen Garantiegebühren Geld verbrannt wurde. Heute gilt es, einen Aus- und Risiken aus Altgeschäften entlastet werden. gleich zu finden. Es darf schlechtem Geld kein gu- Dies ermöglicht eine Fortführung und weitere Re- tes hinterhergeworfen werden, aber es dürfen strukturierung, die sehr im Vermögensinteresse auch nicht sehenden Auges weiterhin Verluste rea- der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein liegt. lisiert werden. Dies steht aber durch Warten Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen ermög- durchaus zu befürchten. Einen billigen Weg gibt es lichen eine endgültige Genehmigung der Wiederer- nicht. Wir können nach Abwägung der Möglichkei- höhung der Garantie und eine Stabilisierung der ten nur hoffen, dass sich der Weg des Senats als Bank gegenüber Entwicklungen, die sich schritt- richtig erweist. Aus diesem Grunde werden wir uns weise in den letzten zwei Jahren ergeben haben, nicht gegen den Weg des Senats stellen und uns nämlich die Schwäche des Euros gegenüber dem bei der Abstimmung enthalten. – Danke. Dollar, die anhaltende Krise der Schifffahrt und hö- (Beifall bei der AfD) here Anforderungen der Bankenaufsicht, denen sich alle Kreditinstitute stellen müssen. Vizepräsidentin Antje Möller: Meine Damen und Herr Kruse, Sie haben schon ziemlich konsequent Herren, das Wort bekommt nun Herr Senator weggehört, als wir Ihnen in den vergangenen Mo- Dr. Tschentscher. naten unter anderem auch in Drucksachen be- schrieben haben, dass das die bankgefährdenden Senator Dr. Peter Tschentscher:* Frau Präsiden- Faktoren sind. Der Vorstand der Bank hat Ihnen tin, meine Damen und Herren! Der Senat und die Sitzung für Sitzung sehr konsequent berichtet, wie Landesregierung von Schleswig-Holstein haben sich diese Dinge entwickelt haben und warum sie, sich gemeinsam bei der Europäischen Kommission insbesondere der Dollarkurs, für die Bank ein Pro- für eine endgültige Lösung im Beihilfeverfahren der blem sind. Da ist nichts überraschend gekommen, HSH Nordbank eingesetzt und Ihnen das Ergebnis und es wundert mich, dass Sie so tun, als sei das in einer Drucksache dargelegt und auch in den alles ein Irrtum des Senats oder der Landesregie- Ausschussberatungen sorgfältig erläutert. Wir ha- rung Schleswig-Holsteins gewesen. ben Ihnen alle Unterlagen, die man benötigt, um (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) die Entscheidungsfindung nachzuvollziehen, ent- weder in öffentlicher Sitzung dargelegt oder in ver- Das Neugeschäft der HSH Nordbank – und das, traulichen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Man finde ich, muss immer wieder gesagt werden – ist kann alles nachvollziehen, Herr Hackbusch, und diesen Anforderungen und diesen Entwicklungen die Plausibilität, die wir und unsere Berater Ihnen gewachsen. Trotz der schwierigen Marktlage konn- erläutert haben, sehr wohl verstehen, wenn man te die Bank in den vergangenen Jahren ihre Risi- es möchte. ken, für die wir haften, mit der Garantie, die Sie 2009 ausgesprochen haben, Viele Akteure, neben der Europäischen Kommissi- on und den beiden Landesregierungen auch das (Thilo Kleibauer CDU: Sie auch!) Bundesfinanzministerium, die Europäische Zentral- – Wir auch. bank und die deutsche Bankenaufsicht, waren an den Verhandlungen beteiligt. Alle Gesichtspunkte 1370 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Senator Dr. Peter Tschentscher) von 185 Milliarden Euro auf 50 Milliarden Euro ab- für uns eine zusätzliche Option und Chance ist, bauen. Deswegen war es so falsch, Herr Hack- professionell organisieren, darüber aber – das sa- busch, 2009 die Abwicklung der Bank zu fordern. ge ich ausdrücklich, Herr Kruse – keine Spekulatio- Aus heutiger Sicht ist es erwiesenermaßen falsch, nen in die Welt setzen, auch wenn Sie dies for- in solchen Situationen vor unangenehmen Lösun- dern, um mit solchen Spekulationen über den Ver- gen davonzulaufen, und deswegen war es richtig, kaufsprozess politische Spiele zulasten der Steuer- die Restrukturierung so zu betreiben. Das ist nicht zahler zu betreiben. Das kommt nicht infrage. einfach, aber es hat sich im Hinblick auf diese (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) enormen Risikopositionen, die wir 2009 noch hat- ten, gelohnt. Verblieben sind aber nach wie vor be- Die für eine Inanspruchnahme der Garantie von sonders problematische Altgeschäfte, insbesonde- der CDU beantragte Verringerung der Krediter- re mehrere Milliarden Euro alte Schiffskredite, die mächtigung wirkt auf mich wie eine Fortsetzung als Lasten der Vergangenheit in der Bilanz der der Behauptung, die Länder müssten nicht in vol- Bank liegen. Solche Kredite verschlechtern die auf- lem Umfang für die Garantie eintreten, die sie 2009 sichtsrechtlichen Kennzahlen, das Rating, die Sta- übernommen haben. Von diesem Irrtum kann ich bilität und auch die Ertragskraft einer Bank. Als Ei- nur abraten. Wir werden in jedem Fall für alles ein- gentümer, Gewährträger und Garantiegeber haben stehen müssen, was am Ende von dem großen wir als Länder aber ein eigenes Vermögensinteres- Vermögensschaden übrig bleibt, der durch eine se, dass für diese Altgeschäfte eine Lösung gefun- verfehlte Landesbankenpolitik bis 2008 angerichtet den wird – Altgeschäfte, die in früheren Jahren, wurde. nicht vom heutigen Vorstand und der heutigen Mit der Umsetzung der Verständigung, die wir in neuen HSH Nordbank, auf unverantwortliche Art Brüssel erreicht haben, werden die Risiken für den und Weise angegangen wurden. Wie viele Verluste Steuerzahler weiter verringert und nicht erhöht und davon am Ende von den Länderhaushalten zu tra- die Vermögensinteressen der Länder Hamburg gen sind, werden wir erst in einigen Jahren wissen. und Schleswig-Holstein bestmöglich gewahrt. – Es gibt eben diese Glaskugel nicht, in die irgendje- Vielen Dank für Ihre Unterstützung. mand hineinblicken kann. Deswegen schließe ich für die Zukunft auch ausdrücklich nichts aus. Diese (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Fragen, ob ich ausschließen könne, dass dies oder jenes passiert, sind ziemlich anstrengend. Wir kön- Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommt nen es nicht ausschließen. Es gehört zur Wahrheit nun Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion. dazu, dass wir, wenn wir vernünftige Annahmen, auch Worst-Case-Annahmen treffen, feststellen Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Frau Präsidentin, mei- – das ist eine sehr harte rationale Überlegung –, ne Damen und Herren! Herr Hackbusch, ich möch- dass selbst im schlimmsten Fall, der bei der Fort- te auf Sie zurückkommen, denn wir haben sehr ge- führung passieren kann, die Länder immer noch nau dem zugehört, was Sie eben gesagt haben. viele Milliarden Euro Vorteile dadurch haben, dass Nachdem Sie sehr allgemein darüber geredet ha- wir die Bank jetzt nicht unkontrolliert oder nach ben, man müsste irgendwelche anderen Dinge tun, SAG (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz) ab- haben Sie ein paar Dinge erwähnt, weshalb Sie wickeln, sondern sie weiterführen und ihr die Mög- meinen, die Abwicklung nach SAG sei vorteilhaft. lichkeit geben, sich besser aufzustellen und das Aber Sie haben auch schon für die Abwicklung Kerngeschäft fortzuentwickeln. Damit eröffnen wir 2009 gestritten, als wir noch eine Gewährträger- uns eine Chance, die Bank in zwei Jahren zu ver- haftung von 64 Milliarden Euro hatten, es kein kaufen. SAG gab und eine Abwicklung ein bestandsgefähr- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) dender Vermögensschaden für die Stadt Hamburg gewesen wäre. Sie sagten, aus Ihrer Sicht bestün- Damit haben wir eine zusätzliche Option, denn ein de der erste Vorteil darin, dass nicht mehr die positiver Verkaufserlös in zwei Jahren verbessert Freie und Hansestadt Hamburg oder der jetzige unsere Vermögensposition, die ohnehin gefährdet HSH Nordbank-Vorstand, sondern unabhängige genug ist. Bei der Auslagerung von Risiken, die Kontrolleure eingesetzt werden, die überhaupt kein schon in der Bank liegen und für die wir auch im- Interesse an der Wahrung der Vermögensposition mer wirtschaftlich haften, wenn sie in der Bank der Freien und Hansestadt Hamburg hätten. Wie bleiben, geht es also nicht um neue Milliarden oder das vorteilhaft sein kann, Herr Hackbusch, ist mir neue Risiken, sondern um den Abbau der alten Ri- wirklich schleierhaft. siken, ohne dass diese das positive Neugeschäft und den werthaltigen Teil der Bank in Mitleiden- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) schaft ziehen. Mit der Fortführung der HSH Nord- Dann sagten Sie in einem Nebensatz, das Eigen- bank haben wir die Möglichkeit, diese Bank so zu kapital sei aufgebraucht. Diese Aussage ist organisieren und weiterführen zu können, dass es schlicht falsch. Die HSH Nordbank hat gerade zu einem positiven Verkaufserlös kommen kann. einen ziemlich harten Bankenstresstest vor einem Deshalb werden wir den Verkaufsprozess, weil er Jahr bestanden, weil das Eigenkapital eben nicht Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1371

(Dr. Anjes Tjarks) aufgebraucht ist, sondern weil sie eine Eigenkapi- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) talquote hat, die genau das erfüllt. Und genau des- Dasselbe gilt, nur ein wenig anders, auch für Herrn wegen ist es auch weiterhin ein Vermögensscha- Kruse. Herr Kruse, Sie haben viele Fragen gestellt, den der Länder, wenn es exakt an der Stelle zu ei- und in der Tat gibt es einige Fragen, die Sie zu ner Abwicklung kommt. Recht gestellt haben. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Michael Kruse FDP: Danke!) Sie sagten auch, es gebe wieder die ominösen Sicherlich, wenn wir noch ein halbes Jahr gewartet Sprünge in den Wertpapieren von Investoren. Ge- hätten, dann wäre nicht nur die Bank pleite gegan- nau darauf sind wir auch eingegangen, und genau gen und wir hätten ein großes Problem, sondern darauf ist Bain & Company ebenfalls eingegangen, dann hätten Sie gefragt, warum die Drucksache so als sie gesagt haben, natürlich seien nicht alle die- spät komme. Nun sagen Sie, die Drucksache kom- ser Titel gewährträgerbehaftet, sondern es gebe me zu schnell. Man kann es Ihnen an der Stelle natürlich auch nichtgewährträgerbehaftete Titel nicht recht machen. Aber neben der Tatsache, und selbstverständlich profitierten diese Titel da- dass Sie viele Fragen gestellt haben, haben Sie von, wenn das Institut als Ganzes gerettet wird. sich überhaupt nicht zu der Sache verhalten. Sie Nur noch einmal die Fragestellung: Warum sollten haben überhaupt keine Aussage dazu getroffen, wir als Stadt mehrere Milliarden Euro mehr ausge- dass es eine Mechanik gibt, die, wenn wir in eine ben, nur damit private Investoren nicht noch zu- unkontrollierte Abwicklung gehen, die die logische sätzlich geschädigt werden? Das macht doch in Konsequenz Ihres Antrags wäre, für die Freie und der Sache überhaupt keinen Sinn. Hansestadt Hamburg mindestens 4 Milliarden Euro Sie haben als letzten Punkt angeführt, dass man teurer wäre, als jetzt eine Entscheidung zu treffen. das alles erst im Jahr 2016 stattfinden lassen solle. (Michael Kruse FDP: Noch neun Tage!) Mit Verlaub, wie das gehen und wie der Weg dahin aussehen soll, haben Sie leider nicht gesagt, und Und ich finde, zu diesem rationalen Grund müssen genau darauf bezog sich unser Reden am Anfang. Sie sich auch verhalten, Herr Kruse. Ich denke, Es gibt nämlich diesen dritten Weg nicht. Und man könnte von einem verantwortungsvollen Ab- wenn Sie sagen, es gebe ihn, dann müssen Sie geordneten erwarten, dass er dann auch mit Ja ihn schon sehr konkret beschreiben, und zwar mit stimmt. einer Sicherheit von mindestens 97,79 Prozent, (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) damit Sie den Weg auch gehen können. Die Rest- sicherheit würde nämlich einen erheblichen Ver- Das ist ein wenig das Grundmissverständnis, das mögensschaden für die Stadt Hamburg bedeuten. Herr Kubicki und auch Sie vor sich her tragen. Sie Das hilft uns in der Sache nicht weiter. Auch die- fordern immer, die Bank zu privatisieren. Aber wie sen Weg haben Sie nicht aufgezeigt, und ich kann wollen Sie denn eine Bank privatisieren, die nie- daher wieder nur zur Mechanik feststellen, dass mand kaufen möchte? Die Voraussetzung, um die- wir in die Gewährträgerhaftung gehen, dass uns se Bank zu privatisieren, ist doch die Entschei- die Bank gehört, dass uns das Eigenkapital verlo- dung, die wir heute treffen. Deswegen müssen Sie ren geht und wir auch noch der Anteilseigner sind. erst diese Entscheidung treffen, und dann können Zu dieser Mechanik haben Sie sich erneut nicht Sie sich auf den Weg machen. Das müssen Sie verhalten, und deswegen kann ich diese Position doch einsehen, denn andersherum wird es nicht irgendwann nicht mehr ernst nehmen. funktionieren, andersherum wäre diese Bank abge- wickelt worden. Genau deswegen machen wir das (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) hier, und wenn Sie verantwortungsvoll handeln, Ich möchte auch noch auf die Aussage eingehen, obwohl uns zugegebenermaßen vieles an diesem alles werde immer schlechter. Sicherlich ist die Geschäftsgebaren der Bank gestern genervt hat Entwicklung der Bank nicht einfach, aber man und man ihr auch manchmal heute auf die Finger muss sich doch auch einmal vor Augen führen, schauen muss, so muss man heute diese Ent- dass wir in 2009, als wir das erste Mal darüber ge- scheidung sinnvoll treffen. Dies muss möglich sein, sprochen haben, wie man so eine Bank rettet, eine ohne dass man von Ihnen unterstellt bekommt, Gewährträgerhaftung von 64 Milliarden Euro hat- man würde sich Hoffnung machen auf diverse Zu- ten, die mittlerweile auf 12 Milliarden Euro gesun- satzszenarien in der Zukunft. Der Finanzsenator ken ist und am 31. Dezember dieses Jahres auf hat sehr treffend gesagt, dass wir nicht in die Glas- 2,5 Milliarden Euro sinken wird. Wir sind also nicht kugel schauen, aber jetzt eine rationale Abwä- mehr in der Situation, dass wir einen bestandsge- gungsentscheidung treffen können. Und diese ist fährdenden Vermögensschaden für die Stadt Ham- ziemlich eindeutig. burg haben. Wer in dieser Zeit behauptet, die Risi- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) ken seien nicht abgebaut und alles sei schlechter geworden, hat einfach nicht verstanden, wie sich diese Bank in der letzten Zeit entwickelt hat. Vizepräsidentin Antje Möller: Nun bekommt Herr Kleibauer von der CDU-Fraktion das Wort. 1372 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Vizepräsidentin Antje Möller)

(Zurufe von der SPD und der LINKEN: Oh, – Das schreibt im Übrigen nicht Herr Hackbusch, oh!) sondern Herr Bischoff, der bei diesem Thema durchaus immer den einen oder anderen interes- Thilo Kleibauer CDU:* Es ist ein bisschen nach santen Einwand vorgebracht hat. dem Zufallsprinzip, wie wir in der zweiten Runde Wenn wir auf den Antrag der CDU zurückkommen, aufgerufen werden. dann sehen wir zum einen im Ersuchen die Punk- (Glocke) te a) bis g). Ich glaube nicht, dass man aus diesem Ersuchen an den Senat irgendeinen Punkt finden kann, der der Einigung widerspricht. Es ist vernünf- Vizepräsidentin Antje Möller (unterbrechend): Es tig und häufig so gehandhabt worden, in diesem ist schlicht nach der Redereihenfolge. Zusammenhang Aufforderungen an den Senat zu adressieren. Thilo Kleibauer CDU (fortfahrend):* Ich möchte mich jetzt nicht darüber auslassen, denn ich finde Das Zweite betrifft die von uns vorgeschlagene Än- die Drucksache so inhaltsschwer, dass wir sie wei- derung in den Staatsverträgen: zum einen die vom ter diskutieren sollten. Senator angesprochene Garantie in Höhe von 10 Milliarden Euro im HSH Finanzfonds. Sie ist im Ich möchte auf den Vorwurf der SPD eingehen, die Außenverhältnis unverändert gültig. Sie hat im Üb- sich die Aussage von Frau Heinold gestern zu ei- rigen bislang mit der Kreditermächtigung von gen gemacht hat. Es steht schlichtweg die Formu- 5 Prozent dieser Summe funktioniert. Aber auch da lierung im Raum, der Antrag, den die CDU vorge- ist uns kein Szenario vorgerechnet worden, das legt habe, widerspreche der Einigung mit der EU- zumindest für den Zeitraum bis 2018 gilt, wenn Kommission, und wenn man den heute so be- sich dann wieder die Frage der endgültigen Ab- schließen würde, wäre die Folge die sofortige Ab- wicklung der Bank stellt und dort überhaupt auch wicklung der Bank. Diesen Vorwurf weise ich ent- nur annähernd eine Garantieinanspruchnahme der schieden zurück. Ich finde es sehr wohltuend, dass Länder in dieser Höhe realistisch erscheinen lässt. sich unser Hamburger Finanzsenator dieser Argu- mentation gar nicht angeschlossen hat, Herr Das Dritte ist dann die Änderung im Bereich der Schreiber. Das ist Ihnen vielleicht auch aufgefallen. "hsh portfoliomanagement AöR“ portfoliomanage- ment", auf die ich eingegangen bin. Da nehmen wir (Beifall bei der CDU) den Punkt mit den Marktwerten. Die Argumentation war immer, dass die Abwick- Herr Tschentscher, Sie sagten, es gebe die Garan- lungsanstalt in diesem Jahr aufgrund der rechtli- tie, es gebe die Haftung von 10 Milliarden Euro, chen Rahmenbedingungen gegründet werden der Haftungsrahmen für die Länder verändere sich muss. Das finde ich völlig plausibel. Und ansons- nicht. Und genau das ist falsch. Mit den 6,2 Milliar- ten – auch das habe ich eben noch einmal in den den Euro geben wir heute die Ermächtigung, dass Wortprotokollen nachgelesen – hat auch der Fi- Sie zusätzliches Geld in dieser Summe einsetzen nanzsenator selbst an vielen Stellen darauf hinge- können. Das führt natürlich auch dazu, dass wir mit wiesen, dass die Marktwerte der Portfolien, die wir diesem zusätzlichen Geld ins Risiko gehen und übernehmen, deutlich unter dem Nominalwert lie- haften. Es ist sinnvoll, zusätzliches Geld in einem gen. Im Übrigen ist die Formulierung mit der EU- gewissen Umfang zu investieren, um das Gesamt- Kommission nicht fix, 6,2 Milliarden Euro, sondern engagement zu stabilisieren. Aber es ist unsinnig, es heißt bis zu 6,2 Milliarden Euro, Herr Schreiber. 6,2 Milliarden Euro in den Raum zu stellen. Wir alle Auch insofern sehe ich da keinen Dissens mit der wollen, dass die Gewährträgerhaftung sich weiter Vereinbarung der EU-Kommission. Entweder ist es reduziert, und zwar um 10 Milliarden Euro zum En- von Ihnen eine Irreführung in der Argumentation, de dieses Jahres. Um diese Risikoverminderung oder aber wir sind im Ausschuss schlichtweg von 10 Milliarden Euro zu realisieren, erhöhen wir falsch informiert worden. Beides halte ich für sehr die Garantie um 3 Milliarden Euro, geben eine Kre- unangemessen bei einer Drucksache dieser Trag- ditermächtigung von 6,2 Milliarden Euro, dann sind weite. wir schon bei 9,2 Milliarden Euro neuem Risiko, (Beifall bei der CDU) und gründen eine Holding, in der sich Verluste an- sammeln werden. Somit ersetze ich doch 10 Milli- Gehen wir noch einmal auf unseren Antrag ein; arden Euro altes Risiko durch 10 Milliarden Euro Herr Tjarks liest ihn gerade noch einmal nach. neues Risiko, und das ist fahrlässig und sollten wir (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Nee, das ist "So- nicht machen. zialismusAktuell"! – Gegenruf von André (Beifall bei der CDU) Trepoll CDU: Das erklärt einiges!) Unser Antrag ist sehr verantwortungsvoll, und ich – Das ist "SozialismusAktuell", okay, das würde ich finde es auch aus Sicht des Parlaments verantwor- eher zweitrangig lesen. tungsvoll, in dieser Situation Anträge zu einer sol- (Beifall bei der CDU) chen Drucksache zu stellen. Ich finde es verant- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1373

(Thilo Kleibauer) wortungslos von der Regierungskoalition, nur Mir bereitet es Sorgen, dass Sie in den vergange- einen Antrag zu diesem Thema einzureichen und nen zwei Jahren dafür keine Verantwortung über- im Endeffekt einen redaktionellen Fehler des Se- nommen haben. Vor zwei Jahren, als wir genau nats in der Drucksache zu korrigieren. Da wäre es das diskutiert haben, war Ihre Aussage, dass die angemessen, wie auch schon bei anderen Be- Garantie nicht gebraucht werde. In den vergange- schlussfassungen in diesem Haus, wenn auch die nen zwei Jahren hat sich die Situation der Bank Regierungskoalition an dieser Stelle etwas auf den aber so verschlechtert, dass die Garantie wahr- Tisch gelegt hätte, um den Handlungsspielraum scheinlich vollständig aufgebraucht werden muss. des Senats zu kontrollieren. – Vielen Dank. Diese zwei Jahre, die wir sehr genau bilanzieren können, müssen wir doch auch kritisch bilanzieren. (Beifall bei der CDU) Von heute aus gesehen wäre es vernünftiger ge- wesen, einen anderen Weg zu gehen, weil die Be- Vizepräsidentin Antje Möller: Nun bekommt das lastung in den letzten zwei Jahren zugenommen Wort Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE. hat. Ich möchte gern, dass Sie so etwas auch selbstkritisch diskutieren. Norbert Hackbusch DIE LINKE: Vielen Dank, (Beifall bei der LINKEN – Milan Pein SPD: Frau Präsidentin! Zu dem ersten Punkt, der mir Das ist jetzt das Wichtige, oder was?) wichtig ist und den auch Herr Tschentscher und Herr Tjarks angesprochen haben: Was ist eigent- Ein dritter Punkt ist das Neugeschäft. Ich weiß lich populär? Oder sind die Positionen populär, die nicht, was Sie unter einem Neugeschäft verstehen. wir dazu einnehmen? Unsere ist eigentlich eine Neugeschäft ist Umsatz. Neugeschäft ist keine viel anstrengendere Position als Ihre. Wir sagen Frage von Rendite – das zeigt sich erst einige Zeit nämlich, dass diese Bank keine Zukunft hat und später. Dementsprechend kann man Neugeschäft man diesen schweren Schritt machen muss. Das nicht so bezeichnen, als würde das schon die glor- schlagen wir vor. Das ist doch keine Situation von reiche Zukunft zeigen. Das wird sich erst einige wegen, wir machten uns das leicht und schafften Zeit später zeigen. Die Schiff-Assets am Anfang irgendwie eine einfache Situation. Vielmehr ist die waren ein tolles Neugeschäft; da hat die Bank sich Position meiner Fraktion, so etwas in einer solchen wie ein Schneekönig gefreut. Die Bilanz davon Situation sehr genau abzuwägen und dabei auch zeigt sich jedoch erst später. Hier zu sagen, das Positionen herauszufinden. In diesem Fall sind wir sei der Beweis dafür, dass Sie auf einem tollen zu dieser Position gekommen. Sie wissen auch, Weg sind, ist eine falsche Betrachtung. dass wir in einem anderen Fall, nämlich Hapag- (Beifall bei der LINKEN) Lloyd, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Tjarks, der Auffassung gewesen sind, dass es richtig war, die- Ich komme zum letzten Punkt. Herr Tjarks, ich for- se Reederei für Hamburg zu retten und dement- muliere es ganz einfach: Wir sind nicht in der Re- sprechend Geld dafür auszugeben. Wir sind keine gierung. Wir sind nicht diejenigen, die diese Ver- Populisten, sondern wägen Fall für Fall ab und einbarung mit der EU im Oktober schließen konn- überlegen, was das Richtige ist. ten. Also geht es momentan tatsächlich nach dem Motto, friss oder stirb. Wir haben kritische Punkte (Beifall bei der LINKEN) benannt, die von Bain & Company nicht berück- Der zweite wichtige Punkt ist die Entwicklung der sichtigt wurden. Dazu gehört unter anderem die letzten Jahre. Herr Tschentscher, wie Sie wissen, Betrachtung, wie viele von der Gewährträgerhaf- kann gegenwärtig eine seriöse Abrechnung von tung betroffen sind, die für uns nicht ausreichend 2009 noch nicht gemacht werden. Wenn jetzt ge- war. Dazu gehört auch die nicht angestellte Über- sagt wird, unsere damalige Position sei falsch ge- legung, inwieweit der Schritt zu 2016 möglich ge- wesen, ist das einfach nicht richtig. Es war eine wesen wäre. Mehr als solche kritischen Anmerkun- Gewährträgerhaftung, aber es waren auch so und gen können wir nicht machen, weil wir dort nicht so viele mehr Assets dort enthalten. Dann sollten als Verhandler agiert haben. wir selbst noch einmal durchrechnen, wie viel die Ich will Ihnen klar sagen, dass ich angesichts Ihrer Bank in der Zeit abgebaut hat, nämlich ungefähr Hoffnung, eine Chance von 2016 auf 2018 zu ha- um 100 Milliarden Euro. Insofern ist das eine ben, wie Herr Tschentscher und Sie es uns dar- Rechnung, die bisher noch nicht abschließend ge- stellen, große Angst habe. Sie hatten vor zwei Jah- macht werden kann. Das wissen Sie ganz genau. ren schon ein einmal eine Chance, als Sie sagten, Sie können gegenwärtig doch nicht sagen, Sie das werde in zwei Jahren viel besser dastehen und wüssten diesbezüglich eindeutig, was da heraus- die Bilanz werde anders sein. So sehen Sie das komme, und das, was wir machen, sei falsch. Man auch jetzt wieder. Sie spekulieren mit Geldern die- kann im Moment noch keine Endabrechnung ma- ser Stadt. Ich halte diese Spekulation nicht für rich- chen, insofern sind das unterschiedliche Positio- tig. Es geht um die Frage, ob das klappt oder nicht. nen. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Anjes Tjarks (Beifall bei Martin Dolzer DIE LINKE) GRÜNE: Nein, Sie spekulieren!) 1374 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Norbert Hackbusch)

Sie dürfen nicht spekulieren, das verbietet Ihnen (Farid Müller GRÜNE: Dann ist es zu spät! auch die Landeshaushaltsordnung. Insofern ist das Dann haben Sie nichts zu entscheiden!) ein falscher Weg. als nicht fundierten Eckpunktevereinbarungen zu- (Beifall bei der LINKEN – Milan Pein SPD: zustimmen, in denen unsere Fragen nicht beant- Das wird ja immer schlimmer bei Ihnen!) wortet werden, in denen keine Zahlen plausibilisiert wurden und die wir am Ende einfach abnicken sol- Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommt len. Wenn Sie abnicken wollen, schön und gut, wir nun Herr Kruse von der FDP-Fraktion. machen das Ganze nicht mit. In der Ausschusssitzung Anfang November habe Michael Kruse FDP: Meine Damen und Herren! ich darum gebeten, dass wir zu den herausgekauf- Ich würde gern auf einige Aspekte eingehen. ten Portfolien genauere Einsicht bekommen, dass Wann dürfen wir eigentlich diskutieren? Wann darf wir Einsicht in die Details und Einsicht in die Be- die Opposition kritische Fragen stellen? wertung bekommen. All das ist nicht geschehen. Und dann bekommen wir die Unterlagen zweiein- ( SPD und Farid Müller halb Tage vor der Ausschusssitzung. Gut, ich habe GRÜNE: Immer!) jetzt erfahren, dass der Herr Senator sie wohl – Danke, immer. schon früher bei der Bürgerschaftskanzlei abgege- ben hat, aber das ist auch nicht unser Problem. In dem halben Jahr, in dem ich Abgeordneter bin, Am Ende hatten wir zweieinhalb Tage Zeit bis zur als diese Verhandlungen zwischen Senat, Landes- Ausschusssitzung, um das Ganze zu beurteilen. regierung und der EU-Kommission in Europa statt- Wenn Sie meinen, dass das für eine gute Beurtei- gefunden haben, ist uns immer gesagt worden: lung ausreicht, dann meine ich das nicht. Liebe Opposition, stellt doch keine Spekulationen auf, das ist doch alles Quatsch, ihr wisst ja gar (Beifall bei Jörg Hamann CDU) nicht, was verhandelt wird. Dann haben wir gefragt Wenn Sie hier so kluge Worte verbreiten, dann hö- und keine Antworten bekommen. Dann hieß es im- ren Sie sich doch einmal auf den hinteren Bänken mer, wir seien nur am Spekulieren, wir sollten das Ihrer Fraktionen um, fragen Sie doch da, wie mul- doch tun, wenn die Drucksache erschienen ist. mig denen ist. Wenn Sie dann feststellen, dass Sie Dann war die Drucksache irgendwann erschienen, völlig andere Antworten erhalten als das, was Sie und in der allerersten Ausschusssitzung, in der wir uns erzählen, dann merken Sie vielleicht auch, diese Drucksache behandelt haben, haben wir im dass wir Sie in der Realität begrüßen sollten und Eingangsstatement zu hören bekommen, warum nicht Sie uns. wir ihr als verantwortungsvolle Abgeordnete unbe- dingt zustimmen müssten. Ist das die Debattenkul- (Beifall bei der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- tur, die wir hier pflegen sollten? Ich setze ein NE: Mit meiner Fraktion rede ich schon sel- dickes Fragezeichen dahinter. ber, Herr Kruse!) (Beifall bei der FDP – Milan Pein SPD: Re- Sie haben jahrelang falsche Erwartungen vorge- den Sie nicht zur Debattenkultur, sondern legt, und deswegen stehen wir den Zahlen, die Sie zur Sache!) nicht plausibilisieren, kritisch gegenüber. – Gemeint ist, wann wir diskutieren dürfen, Herr Was gar nicht debattiert wurde und worauf Ihr Se- Pein. nator mit keinem einzigen Satz eingegangen ist und Sie, Herr Pein, zu Recht einfordern, ist die Zweitens: Was dürfen wir diskutieren? Herr Hack- Frage, wofür wir diese Bank eigentlich brauchen. busch hat es ganz richtig als "friss oder stirb" be- zeichnet. Sie sagen, jetzt gebe es nur diese Lö- (Dr. Monika Schaal SPD: Das ist eine De- sung, deswegen könne man dem nur zustimmen, batte von vorgestern!) etwas anderes gebe es nicht. Aber ich frage, ob Was soll diese Bank tun? Wofür braucht der das eigentlich ein gutes Ergebnis ist. Das müssen Standort die Bank? Herr Tjarks, Sie haben dazu wir doch diskutieren. Dazu habe ich eben nichts auch noch nicht geredet. Herr Schreiber, ich könn- gehört. Und zu all den Fragen, die ich eben aufge- te Sie alle aufzählen. Sie haben dazu nicht gespro- worfen und gesagt habe, dass sie nicht geklärt chen. Die Bank betreibt im Moment Neugeschäft sind – und das wissen Sie auch –, haben Sie und prozyklischer Natur. Es ist Neugeschäft, das im Ihr Senator nichts gesagt. Deswegen kommen wir Wesentlichen im Immobilienbereich und dort in den auch zu dem Ergebnis, dass es nicht entschei- fünf großen deutschen Städten liegt. Da sind auch dungsreif ist. Und dann erwidern Sie, das sei doch alle anderen Landesbanken und alle anderen Pri- keine inhaltliche Position. Dazu sage ich Ihnen, vatbanken unterwegs. Wenn das der Zweck dieser dass ich lieber auf einer richtig guten argumentati- Landesbank ist, müssen Sie einmal erklären, ven Grundlage eine fundierte Entscheidung treffen warum das denn noch so wichtig ist. möchte, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1375

(Michael Kruse)

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Sollen wir die den Hamburger und den Schleswig-Holsteiner jetzt abwickeln, oder nicht?) Haushalt verbessert, weil in den letzten Jahren die Gewährträgerhaftung von über 60 Milliarden Euro, Sie haben kein Konzept für die Privatisierung, Sie für die wir voll eingetreten sind, auf jetzt bald nur haben kein Konzept für den Inhalt, Sie führen die noch 2 Milliarden Euro abgesunken ist. Es hat sich Bank überhaupt nicht und geben uns keine Ein- etwas massiv getan. Vielleicht ist in der Bank nicht sicht in Ihre Entscheidungsgrundlage. Und deswe- alles so gelaufen, wie wir es uns erwartet und er- gen gehen wir nicht mit. – Vielen Dank. hofft hätten – übrigens auch mit Unterstützung von (Beifall bei der FDP) kompetenten Beratern –, das will ich gar nicht ab- streiten. Die Wirtschaftslage, der Dollar und die Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommt Schifffahrt haben sich anders entwickelt, als die nun Herr Quast von der SPD-Fraktion. Experten erwartet haben, (Dennis Thering CDU: Alle sind schuld, nur Jan Quast SPD:* Frau Präsidentin, meine Damen Sie nicht?) und Herren! Herr Kruse, jeder hier würde gern aber für den Hamburger Haushalt ist die Situation schöne Dinge wie Geld ausgeben oder soziale besser geworden, und das gilt es festzuhalten. Wohltaten verteilen entscheiden. Hier spekuliert niemand. (Zuruf von Michael Kruse FDP) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Das würden wir alle gern tun. Aber zur Regie- Es hilft auch nicht weiter, Herr Hackbusch, wenn rungsverantwortung, die Sie jetzt nicht haben, ge- Sie dem Senat ständig vorhalten, er liefere Ihnen hört dazu, dass wir auch in solchen Situationen nicht die richtigen Argumente. Der Senat hat ver- schwierige Entscheidungen treffen – so wie Sie, sucht, alle Ihre Fragen zu beantworten. Er und die die FDP, in der Verantwortung damals entschieden Berater haben Argumente geliefert, und Sie haben hat, die HSH Nordbank zu gründen, so müssen wir immer wieder einfach nur behauptet, das glaubten heute mit den Konsequenzen aus dem, was Sie Sie nicht. Was soll man denn dann tun? Man kann damals gemacht haben, und den Folgen dessen, erzählen, was man will, Sie glauben es einfach was Ihre mangelnde Aufsicht verursacht hat, fertig- nicht. So kann man es sich auch leichtmachen, werden. Herr Hackbusch. So geht es aber nicht, wenn man (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Verantwortung tragen will. Hierbei geht es nicht um "friss oder stirb". Der Se- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) nat hat sich bemüht, alle seine Informationen vor- Ich würde gern noch einiges zu dem CDU-Antrag zulegen. Bedauerlicherweise konnte er nicht alles sagen. Sie haben es eng abgestimmt mit den Kie- öffentlich vorlegen – aber das ist in solchen Fällen ler Parteifreunden und glauben, sich jetzt aus der so und ist auch nicht anders als früher – und auch Verantwortung stehlen zu können mit einem Au- nicht in den Zeitabläufen, die uns aufgrund der genwisch-Antrag, in dem Sie schreiben, dass Sie Entscheidungsfindung mit der EU-Kommission bis die Höhe der zu ermächtigenden Kreditaufnahmen zu dem Entscheidungsbedarf in diesem Hause reduzieren wollen. Was ist das denn mehr als möglich waren. Keiner behauptet, dies sei einfach. Symbolpolitik, Herr Kleibauer? Was soll denn das? Aber ich denke, dass es die Mühe lohnt, sich mit Was ist denn die konkrete Folge dessen, wenn Sie Informationen auseinanderzusetzen, die diese Ent- jetzt statt 100 Prozent nur 75 oder 50 Prozent der scheidung mit sich bringt. Wir haben das jedenfalls beantragten Kredite ermächtigen? Was ist die Fol- getan, und wir machen es nicht leichten Herzens, ge? Keine, denn Hamburg steht gleichwohl in der wir machen es nicht leichtfertig, sondern wir ma- Verantwortung. Wir stehen für die 10 Milliarden chen es in Abwägung all der Argumente, die Herr Euro Garantiehaftung und im Zweifel auch für die Schreiber und der Senator aufgeführt haben und 6,2 Milliarden Euro Kredite in der Haftung. Daran die auch von Herrn Tjarks genannt wurden. Wir ändert sich also gar nichts. Sie versuchen, sich mit machen es uns nicht leicht, aber wir treffen die einer Politik der Augenwischerei aus der Verant- Entscheidung. wortung zu stehlen. Gleichwohl, hier werden keine (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Blankoschecks ausgestellt. Anders als der vorletz- te Senat hat der SPD-Senat in der letzten Legisla- Deswegen empfinde ich es geradezu als unver- turperiode und auch jetzt immer darauf geachtet, schämt, Herr Hackbusch, wenn Sie das Wort Spe- dass er dieses Parlament mitnimmt, dass er das kulation in den Mund nehmen. Wir spekulieren Parlament informiert, auch dann, wenn er keine nicht mit den Steuergeldern, im Gegenteil, wir ach- Entscheidung benötigt. Aber er hat das Parlament ten darauf, dass wir möglichst gut aus diesen Mitte mitgenommen, informiert, war transparent, und das des letzten Jahrzehnts getroffenen Entscheidun- wird sich auch fortsetzen. Mit uns gibt es jedenfalls gen herauskommen. Deswegen ist es auch falsch, kein intransparentes Handeln, sondern wir werden dass Sie ständig wiederholen, die Situation habe gerade bei diesem großen Risiko für den Hambur- sich nicht verbessert. Doch, sie hat sich gerade für 1376 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Jan Quast) ger Haushalt, das viele Menschen und uns alle in Norbert Hackbusch DIE LINKE: Ich äußere mich dieser Stadt bewegt, darauf achten, dass die Infor- noch einmal kurz zu diesem Zitat, weil das ein mationspolitik wie bisher offen bleibt. Das werden wichtiges Argument von Ihnen gewesen ist. Poli- wir uns auch nicht durch Ihre, wie ich finde, arg tisch ist es geboten. verdrehten Darstellungen in dieser Debatte ausre- (Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- den lassen. sitz.) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Es ist deutlich zu sagen, dass wir im Oktober 2015 die Möglichkeit noch nicht gehabt haben, die ver- Vizepräsidentin Antje Möller: Das Wort bekommt schiedenen Szenarien anzuschauen, kritische nun Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion. Nachfragen zu stellen und sie zu diskutieren. Von daher ist das Argument einfach falsch. Das war die Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Frau Präsidentin, mei- Situation von Oktober 2015. Alle Debatten und alle ne Damen und Herren! Ich würde gern diese De- konkreten Diskussionen haben in den vergange- batte mit einem Zitat aus der Zeitschrift "Sozialis- nen drei Wochen stattgefunden. Dementsprechend musAktuell" beschließen. hat das mit Oktober nichts zu tun, und im Oktober habe ich diese Sachen ausgeführt. Das ist ein (Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut! Wel- wunderschöner Clou, aber er ging leider daneben. cher Jahrgang?) (Beifall bei der LINKEN) Herr Hackbusch schreibt im Oktober 2015 – ich zi- tiere: Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her- "Fazit: Bei einer sofortigen Abwicklung der ren! Wenn weitere Wortmeldungen nicht vorliegen, Bank würden auch die privaten Anleihegläu- kommen wir zu den Abstimmungen. Der Abgeord- biger herangezogen und es eröffnete sich nete Dr. Jens Wolf hat mitgeteilt, dass er daran die Möglichkeit, die Verantwortlichen der nicht teilnehmen werde. Bank zu belangen. Ob eine solche saubere, für die SteuerzahlerInnen transparente Be- Wir beginnen mit dem FDP-Antrag aus Drucksa- endigung des Dramas der HSH Nordbank che 21/2527. günstiger, gleich teuer oder teurer wäre als Wer möchte diesem gern seine Zustimmung ge- die jetzt vereinbarte Form der Abwicklung, ben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann muss offen bleiben. Politisch geboten ist sie ist das mit großer Mehrheit abgelehnt. allemal." Wir kommen zum CDU-Antrag, Drucksache 21/ Herr Hackbusch, ich möchte Ihnen einfach nur sa- 2524. Den möchten die Fraktionen der FDP und gen, dass das eine verantwortungslose und popu- der AfD ziffernweise abstimmen lassen. listische Position ist, weil Sie Ihre Position nämlich gar nicht von der Realität abhängig machen, son- Wer möchte sich also zunächst Ziffer 1 des An- dern sie schlichtweg ignorieren. trags anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthal- tungen? – Dann hat Ziffer 1 keine Mehrheit gefun- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) den. Das wollte ich zum Schluss noch einmal sagen. Wir kommen zu Ziffer 2. Sie sind auch bislang nicht auf die Mechanik die- ses Systems eingegangen. Im Übrigen gilt das Wer stimmt dieser zu? – Auch hier die Gegenpro- auch für Sie, Herr Kruse. Man muss sich schon mit be. – Enthaltungen? – Dann ist auch Ziffer 2 abge- den Dingen und mit der zu erwartenden Realität lehnt. beschäftigen. Manchmal ist es besser, wenn man Wer möchte Ziffer 3 annehmen? – Gegenprobe. – es offen ausspricht, dass man das nicht macht. Enthaltungen? – Dann ist auch Ziffer 3 abgelehnt. Aber wir sollten das jetzt tun. – Danke. Wir kommen zum Antrag der Fraktionen der SPD (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) und GRÜNEN aus Drucksache 21/2553. Wer möchte diesem folgen? – Die Gegenprobe. – Vizepräsidentin Antje Möller: Herr Hackbusch, Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mehrheit- auch beim zweiten Mal geht es nach der Reihen- lich so beschlossen. folge der Meldungen. Herr Schreiber von der SPD- Fraktion bekommt das Wort. Sie ziehen zurück? – Und wir kommen zum Bericht des Haushaltsaus- Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE, Sie schusses, Drucksache 21/2505. haben das Wort. Wer möchte sich zunächst Ziffer 1 der Aus- (André Trepoll CDU: Jetzt kommt "Sozialis- schussempfehlungen anschließen? – Gegenpro- mus ganz aktuell"!) be. – Enthaltungen? – Dann ist Ziffer 1 mit Mehr- heit so beschlossen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1377

(Präsidentin Carola Veit)

Zu Ziffer 2 der Ausschussempfehlungen hat die Damit ist das Gesetz auch in zweiter Lesung und FDP-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt. somit endgültig beschlossen worden. Sie kennen das Verfahren. Frau Yilmaz und Herr Kreuzmann werden Sie jetzt gleich in alphabeti- scher Reihenfolge aufrufen. Wenn Sie Ziffer 2 der Wir kommen zu den Punkten 76 und 72 unserer Ausschussempfehlungen folgen möchten und das Tagesordnung, den Drucksachen 21/2387 und Gesetz zur Errichtung der "hsh portfoliomanage- 21/2383 Neufassung. Dabei handelt es sich um ment AöR" und zur Anpassung eines Staatsvertra- einen Antrag der Fraktion DIE LINKE: Wie geht es ges aus der Drucksache 21/2177 in der vom Senat weiter nach dem Olympiareferendum? und einen am 8. Dezember berichtigten Fassung und mit der Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN: soeben beschlossenen Änderung annehmen Nach dem Referendum – Positive Ansätze der Be- möchten, antworten Sie bitte deutlich mit Ja, wenn werbung zugunsten der Stadt und des Sports wei- Sie ihn ablehnen wollen, mit Nein, wenn Sie sich terentwickeln. enthalten möchten, antworten Sie bitte mit Enthal- tung. Und wenn Ihr Name gerade nicht aufgerufen [Antrag der Fraktion DIE LINKE: worden ist, dann seien Sie bitte ganz leise. Wie geht es weiter nach dem Olympiareferen- Ich darf jetzt Herrn Kreuzmann bitten, mit dem Na- dum? mensaufruf zu beginnen. – Drs 21/2387 –] (Der Namensaufruf wird vorgenommen) *** [Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ- Ist ein Mitglied der Bürgerschaft nicht aufgerufen NEN: worden? – Es sind alle aufgerufen worden. Dann Nach dem Referendum – Positive Ansätze der erkläre ich die Abstimmung für beendet. Bewerbung zugunsten der Stadt und des Das Abstimmungsergebnis ermitteln wir jetzt und Sports weiterentwickeln teilen es Ihnen in wenigen Minuten mit. Bis dahin – Drs 21/2383 Neufassung –] ist die Sitzung unterbrochen. Das Wort begehrt Herr Yildiz von der Fraktion DIE Unterbrechung: 19.10 Uhr LINKE. Bitte, Sie haben es. Wiederbeginn: 19.15 Uhr Mehmet Yildiz DIE LINKE:* Frau Präsidentin, mei- ne Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her- von Bertolt Brecht anfangen. ren! Nehmen Sie bitte Ihre Plätze wieder ein. Wir fahren mit der Sitzung fort. (Zuruf von Thomas Kreuzmann CDU) Das Ergebnis der Auszählung liegt vor. Bei der Ab- "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht stimmung über das Gesetz zur Errichtung der "hsh kämpft, hat schon verloren." portfoliomanagement AöR" und zur Anpassung ei- Die Gegnerinnen und Gegner haben unter unglei- nes Staatsvertrages aus Drucksache 21/2177 gab chen Voraussetzungen gekämpft und den Kampf es 70 Ja-Stimmen, 38 Nein-Stimmen und 6 Enthal- gewonnen – gegen IOC, Senat, Handelskammer tungen. Damit ist das Gesetz in erster Lesung an- und Lobbyisten. Das ist eine Klatsche für diejeni- genommen worden. gen, die die ganze Zeit mit einer millionenschwe- Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat ren Werbekampagne versucht haben, in Hamburg einer sofortigen zweiten Lesung zu? ohne Argumente für Olympia zu werben. Die Folge ist, dass die Hamburgerinnen und Hamburger sich (Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- für ihre Stadt, für den Breitensport, für eine soziale nen.) Stadtentwicklung und eine demokratische Bürger- Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem beteiligung Hause? – Er ist nur wirksam, wenn er von einem (Zuruf von der CDU: Wo nehmen Sie das al- Fünftel der Mitglieder erhoben wird. Das ist nicht les her?) der Fall. entschieden haben und dafür, dass die Menschen, Dann kommen wir zur zweiten Lesung. die in dieser Stadt leben, friedlich miteinander le- Wer möchte das soeben in erster Lesung be- ben können. Sie haben sich dagegen entschieden, schlossene Gesetz auch in zweiter Lesung be- dass das IOC und die Sponsoren vor und während schließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – der Spiele über unsere Rechte entscheiden, zum Beispiel das IOC über unser Grundrecht auf Ver- 1378 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Mehmet Yildiz) sammlungsfreiheit, und dass das IOC und die Bürgermeister sich heute nach der Niederlage Sponsoren von Steuern befreit werden. Sie haben nicht dazu äußert, sondern Herr Neumann als In- sich für ihre Stadt entschieden und gegen diese nensenator. Kriterien. (Zuruf: Nein, Sportsenator!) (Beifall bei der LINKEN) – Entschuldigung, Sport- und Innensenator. Statt das alles anzuerkennen und gleichzeitig da- Das darf nicht sein. Herr Scholz muss in der Lage rüber zu sprechen, welche Fehler die Befürworter sein, dass er sich hier vor das Parlament stellt und gemacht haben und warum sie diesen Kampf ver- sich dazu äußert. loren haben, fängt man an, die Wählerinnen und Wähler zu beschimpfen. Herr Mantell hat es auf (Beifall bei der LINKEN) den Punkt gebracht: Die Menschen seien nicht in Zu dem SPD-Antrag. Wir werden zustimmen, aber der Lage, in dieser Art zu entscheiden. Ich betone, er ist letztendlich ein Lippenbekenntnis. Man bittet er hat ein SPD-Parteibuch. Die Menschen sind das IOC darum, dass es seinen Reformprozess sehr wohl in der Lage zu entscheiden. Obwohl die fortsetzt. Wer den Vertrag gelesen und sich mit Presse, die leider fast nicht mehr anwesend ist, die den Vertragskriterien befasst hat, hat eines gese- ganze Zeit Werbung für Olympia gemacht hat, sind hen: Dieses IOC ist dazu nicht in der Lage. Es in der Stadt die Argumente durchgedrungen, wel- muss schon eine Klatsche bekommen von den che Folgen Olympische Spiele tatsächlich für Ham- Menschen – wie in Toronto, wie in Boston, wie in burg und für uns alle haben könnten. Das führte Hamburg. Ich hoffe, dass Rom und Paris auch so dazu, dass auf allen Schulveranstaltungen, bei de- handeln und es am Ende dazu kommt, dass das nen ich war, die jungen Menschen motiviert disku- IOC tatsächlich den Geist der Olympischen Spiele tiert haben und auch kritisch mit uns umgegangen – Völkerverständigung und Begegnung der Weltju- sind. Sie haben deutlich gesagt, dass sie nicht po- gend – ernst nimmt und davon abrückt, seine Inte- litikverdrossen seien, sondern parteienverdrossen. ressen und die Interessen der Sponsoren in den Sie hätten keine Lust mehr darauf, dass Parteien Vordergrund zu stellen und die Städte mit Knebel- nur einseitig diskutierten verträgen in die Knie zu zwingen. Ich finde, es ist (Sören Schumacher SPD: Herr Yildiz, das ein gutes Ergebnis, dass Hamburg Nein gesagt haben wir doch heute alles schon einmal ge- hat. hört!) (Beifall bei der LINKEN) – Sie haben erst einmal still zu sein – und auf dem Meine Kolleginnen und Kollegen haben deutlich Podium ständig den Gegner angriffen, ohne Inhal- gemacht, dass der Senat, der er sein Gesamtpro- te, dafür frei nach dem Motto, er male alles gramm auf die Olympischen Spiele reduziert hat, schwarz-weiß, lüge oder täusche die Öffentlichkeit. sich fragen muss, wie er jetzt weitermacht. Wir haben in erster Linie das, was in den Verträ- (Sören Schumacher SPD: Oh, das wird doch gen stand, was in den Drucksachen stand, was der nicht besser, wenn Sie alles wiederholen!) Rechnungshof, die Umweltverbände, der Zukunfts- rat und so weiter gesagt haben, hervorgehoben. Wir fordern, dass diese 200 Millionen Euro, die an- geblich für die Spiele bereitgestellt werden sollten, (Zuruf von Sören Schumacher SPD) jetzt für den sozialen Bereich, für den Sportbe- Wir sind kritisch mit dem Thema umgegangen und reich, für Sozialwohnungsbau und für Inklusion zur haben deutlich gemacht, dass Hamburg durch Verfügung gestellt werden, zusätzlich zu dem, was Olympia nur verlieren kann. Die Hamburgerinnen in diesen Bereichen investiert wird. – Vielen Dank. und Hamburger haben sich dafür entschieden, (Beifall bei der LINKEN) dass Hamburg nicht die Stadt der Konzerne und der Investoren sein soll, sondern eine Stadt für alle Menschen, die hier leben. Präsidentin Carola Veit: Das Wort bekommt Frau Timmermann von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der LINKEN) Mich wundert, dass in der Aktuellen Stunde nicht Juliane Timmermann SPD:* Frau Präsidentin, Herr Scholz als Bürgermeister sprach, sondern er meine Damen, meine Herren! Herr Yildiz, ich hätte Herrn Neumann vorgeschickt hat. Das ist eine mich gefreut, wenn wir jetzt dazu übergegangen Klatsche, auch gegenüber den Hamburgerinnen wären, den Wahlkampf hinter uns zu lassen und und Hamburgern. Der Bürgermeister hat sein Ge- nach vorn zu blicken. Ich glaube, es ist richtig, sich samtkonzept in Bezug auf Stadtteilentwicklung, die Zeit zu nehmen, hinzuhören, was zum einen Wohnungspolitik und ÖPNV darauf reduziert, dass die Befürworter – denn davon gab es auch über etwas geschehe, wenn Olympia kommt. Dann wür- 300 000 – und zum anderen die Kritiker eigentlich den alle Sportstätten saniert – das stimmte sowie- gewollt haben, und daraus seine Schlüsse zu zie- so nicht –, dann würde die Inklusion stattfinden hen. Das sollte man nicht in einem Schnellschuss und so weiter. Es kann doch nicht sein, dass der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1379

(Juliane Timmermann) machen, sondern sich tatsächlich ein wenig Zeit (Thomas Kreuzmann CDU: Die Kieler!) dafür nehmen. – Nein, nicht die Kieler. (Christiane Schneider DIE LINKE: Wir sind Es sind vor allem die Sportler, die sich in einem gespannt!) vor-olympischen Jahr sehr stark eingebracht ha- – Frau Schneider, dass Sie gleich die richtigen ben, ob es Edina Müller ist, Moritz Fürste, Eric Jo- Antworten haben, mag sein. Wir haben schon öf- hannesen, Kirsten Bruhn oder Steffen Deibler, um ters mitbekommen, dass es sinnvoll ist, sich die nur einige zu nennen, Zeit zu nehmen. (Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- Sie haben anscheinend etwas nicht verstanden, einzelt bei der CDU) Herr Yildiz. Ich möchte mit Ihrem letzten Punkt an- die sich mit sehr viel Herzblut dafür eingesetzt ha- fangen. Er betrifft diese 200 Millionen Euro. Es ist ben und – ich glaube, man kann es verstehen – tatsächlich spannend, weil es bis jetzt immer noch sehr enttäuscht sind. nicht durchgedrungen ist. Diese 200 Millionen Euro stehen jetzt nicht im Haushalt, sie werden auch im Es geht um den Ausblick, wie es weitergeht. Im nächsten Jahr noch nicht im Haushalt stehen, son- Gegensatz zu unserem Bündnis, das für Paralym- dern wir haben gesagt, dass wir ab 2018 pische und Olympische Spiele gestritten hat, ha- ben wir wohl doch im Sport eine etwas solidari- (Mehmet Yildiz DIE LINKE: 2017!) schere Mannschaft, und zwar in der Zukunftskom- und dann die folgenden sechs Jahre – dann kom- mission. Hier haben sowohl der Olympische Sport- men wir nämlich bei sechsmal 200 Millionen Euro bund als auch der Hamburger Sportbund, die Han- auf diese 1,2 Milliarden Euro – dieses Geld in den delskammer und das Sportamt schon in den letz- Haushalt einpflegen würden. Und zwar genau aus ten Jahren mit der Grundlage der Dekadenstrate- dem Grund, weil wir nämlich bei diesen über gie den Sport in Hamburg entwickelt. Das wird 11 Milliarden Euro Investitionen davon ausgehen, auch weiterhin unsere Grundlage sein für die Zu- dass mehr Steuereinnahmen da sind, dementspre- kunft der Hamburger Sportpolitik. chend mehr Geld und so weiter. (Beifall bei Dr. Andreas Dressel und Sören (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das Schumacher, beide SPD) überzeugt mich nicht!) In dieses Bündnis haben wir großes Vertrauen und – Das überzeugt Sie nicht, Frau Boeddinghaus, ich werden uns dort auch als verlässlicher Partner für möchte Sie auch gar nicht mehr überzeugen, das den Sport weiterhin mit einbringen. habe ich schon länger aufgegeben. Sie hatten ein oder zwei aus unserem Antrag zi- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) tiert. Ich glaube immer noch fest daran, dass die Konzepte, die wir vorgestellt haben, sehr viele gute Das macht vielleicht nur deutlich, dass diese Leitlinien haben. Ich möchte ein Beispiel nennen. 200 Millionen Euro überhaupt nicht bereitstehen. Wenn man sich die 20 Leitprojekte aus dem Nach- Dieses Geld hätte für Olympia-Zwecke bereitge- haltigkeitskonzept anschaut, dann sieht man, dass standen, weil wir gesagt haben: Das ist das, was dort sehr viele Punkte für den Bereich Umwelt, Hamburg sich leisten kann, ohne dass irgendwel- Wissenschaft, Forschung, Integration und Inklusion che sozialen Projekte – das war Ihnen ja ganz sind, die es lohnt, weiter zu verfolgen. Dieses wird wichtig, Frau Sudmann – die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Ich glaube, (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Ihnen wir tun gut daran, dort alle mitzuwirken. nicht?) Ein anderes Beispiel, das ich auch schon in einer darunter leiden oder geschlossen werden müssen. meiner Reden erwähnte. Wir hatten als erstes Bundesland eine vollinklusive Sporthalle. Der Be- Ich fand es auch recht unglücklich, dass sich der reich der Inklusion ist für mich ein sehr wichtiger, eine oder andere, vielleicht auch im Zuge des ver- und ich glaube, dass diese vollinklusive Sporthalle lorenen Wahlkampfes, dazu hat hinreißen lassen, als ein Symbol, als ein Vorbild für den Bereich In- bestimmte Dinge zu sagen. Aber ich habe nicht klusion stehen kann. Auch hiermit werden wir uns von einem SPD-Abgeordneten, nicht von einem in den nächsten Jahren weiter beschäftigen und GRÜNEN-Abgeordneten Wählerbeschimpfung ge- darauf achten müssen, dass diese Inklusion voran- hört – das möchte ich noch einmal klarstellen. kommt. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Wir sind auch von dem Ausgang nicht erfreut ge- Herr Yildiz, Herr Oetzel hat es hineingerufen; ich wesen, auch ich persönlich bin enttäuscht gewe- habe ebenfalls der einen oder anderen Veranstal- sen. Aber eines ist mir bei all dem, was wir heute tung beiwohnen dürfen. Ganz verstehe ich von da- in der Aktuellen Stunde diskutiert haben und auch her nicht, woher Sie die Parteienschelte und Poli- jetzt diskutieren, zu kurz gekommen. tikerschelte der Jugend nehmen. Das, was ich 1380 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Juliane Timmermann) auch erlebt habe, sind junge Leute, die engagiert ralympischen Spielen gehabt hätten. – Vielen waren, die an vielen Fragen, nicht nur an denen Dank. des Sports, sondern auch der Flüchtlingspolitik (Beifall bei der SPD und bei Christiane Blö- oder der sozialen Ausrichtung der Stadt interes- meke GRÜNE) siert waren und sich dort eingebracht haben. Ich glaube, das ist nicht nur ein Privileg der Jugend, sondern es ist auch gut und richtig, dass es so Präsidentin Carola Veit: Das Wort erhält Herr stattgefunden hat. Kreuzmann von der CDU-Fraktion. Bei keiner dieser Veranstaltungen habe ich wahr- Thomas Kreuzmann CDU: Frau Präsidentin, mei- genommen, dass die Jugendlichen politik- und par- ne Damen und Herren! Ich möchte mich Frau Tim- teienverdrossen waren, sondern sie haben sich mermanns Dank an viele beteiligte ehrenamtlich willensstark artikuliert und kamen mit uns ins Ge- engagierte Menschen anschließen, die sich in den spräch. Das ist gut und richtig und auch ein großer vergangenen Monaten auf verschiedenen Veran- Gewinn auf der "It's Your Choice"-Tour gewesen, staltungen stark gemacht haben. Ganz herzlich die wir als Bürgerschaft initiiert haben. Diesen Weg möchte ich mich bei den Gebrüdern Braun für ihr sollte man weitergehen, um junge mündige Bürger leidenschaftliches Engagement bedanken. Sie ha- an Wahlen heranzuführen. Insoweit war diese "It's ben am Wochenende – auch stellvertretend für ih- Your Choice"-Tour ein großer Gewinn. re Mitarbeiter im Miniatur-Wunderland – für ihren (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) engagierten ehrenamtlichen Einsatz einen Ehren- preis vom Deutschen Olympischen Sportbund er- Weil es mich selbst sehr enttäuscht hat, möchte halten. Dafür nachträglich noch einmal von meiner ich gern noch einmal Folgendes sagen, auch wenn Seite ein herzliches Dankeschön. Herr Trepoll und Frau Suding jetzt nicht da sind; aber es sind andere da, die es weitergeben: Ich (Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- hätte mir ein anderes Verhalten gewünscht, und NEN, der LINKEN und der FDP) vielleicht wäre der Sport dafür ein gutes Vorbild ge- Entschuldigen, wenn ich das so sagen darf, möch- wesen. Wer in seiner Jugend Mannschaftssport te ich mich bei den enttäuschten Kielern, die wie gemacht hat, hätte so, wie Sie agiert haben, nicht wir eine olympische Gesamtveranstaltung stellver- agiert. tretend für Deutschland in die Welt bringen wollten. (Zuruf Heike Sudmann DIE LINKE) Dies ist nun leider nicht so, und ich hoffe, dass die Kieler zumindest unsere Entschuldigung auf diese Er hätte gelernt, mit Sieg und Niederlage umzuge- Art und Weise annehmen. hen, anzuerkennen, dass die Kritiker gewonnen haben, und anzuerkennen, dass man sich zu sei- (Heike Sudmann DIE LINKE: Haben Sie sich ner Mannschaft solidarisch verhält. Das, liebe Frau für das Wahlergebnis auch entschuldigt?) Suding und Herr Trepoll, habe ich vorhin sehr ver- Es war uns nicht weiter vergönnt. misst. Wie Farid Müller ganz richtig gesagt hat, stand bei diesem ganzen Projekt die Stadt im Mit- (Heike Sudmann DIE LINKE: Was ist das für telpunkt und nicht die Parteien. Es wäre schön ge- ein Umgang mit der Wahrheit?) wesen, in diesem für uns enttäuschenden Moment Stattdessen haben wir heute zwei Anträge vorlie- zusammenzustehen, aber auch, die Sache da zu gen, einen von der LINKEN, den ich im Grunde ge- lassen, wo sie ist. Über 300 000 Menschen stan- nommen nicht weiter kommentieren möchte, denn den hinter diesem Konzept und jetzt nachzukarren wenn man die Realität sieht, hat DIE LINKE in wei- ist nicht förderlich. Insofern bin ich dann wieder bei ser Voraussicht lange vor Beginn des Referen- Ihnen und sage, dass die Bürgerinnen und Bürger dums am 29. November diesen Antrag ins Parla- dieses Verhalten nicht wollen. Lieber streitet man ment eingebracht und das Petitum bis heute nicht sich in der Sache, von mir aus gern auch kontro- geändert. Vielleicht gibt es eine Fähigkeit bei der vers und hart, aber ein gewisses solidarisches Ver- LINKEN, die ich bis heute nicht erkannt habe, aber halten anstelle des politischen Geplänkels hätte debattieren möchte ich diesen Antrag nicht weiter. uns wohlgetan. Er ist es nicht würdig, weil die Argumente, die DIE Ansonsten würde ich mir wünschen, dass wir in LINKE in der Vergangenheit immer wieder gegen der Sportpolitik den Sport weiter im Fokus behalten Olympia herangezogen hat, letztendlich nicht un- und insbesondere dem Sport zeigen, dass der Ver- bedingt so, wie DIE LINKE es gern darstellen lust der olympischen und paralympischen Idee für möchte, zum Scheitern des Olympia-Referendums Hamburg kein Verlust an Sportpolitik ist, dass wir beigetragen haben. weiterhin an der Dekadenstrategie festhalten und (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Woher uns sehr anstrengen werden, denn dies bedarf ei- wissen Sie das denn?) ner größeren Anstrengung als mit dem Katalysator Olympia, den wir mit den Olympischen und Pa- Natürlich zieht man sich immer Ergebnisse heran, aber DIE LINKE täte gut daran, bei ihrem parla- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1381

(Thomas Kreuzmann) mentarischen Quorum, das nun nicht unbedingt im gangenen Wochen debattiert haben, eingeleitet 50-Prozent-Bereich liegt, hat. Wenn wir das jetzt beschließen, würde ich es für anmaßend halten, weil das IOC schon geraume (Zurufe von der LINKEN) Zeit auf dem Weg ist und wir es gar nicht nötig ha- zu überlegen, in welchen Bereichen sie sich über- ben, es zu weiterer Transparenz aufzufordern. haupt bei diesem Quorum wiederfinden kann. Den anderen Punkten können wir folgen. Anzu- (Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE) merken ist allerdings, dass wir, nachdem der Kata- lysator Olympische Spiele der Sportlandschaft und – Frau Sudmann, Sie kommen auch gleich noch auch den leidenschaftlich engagierten Menschen dran, und vielleicht können Sie sich auch irgend- in der Vergangenheit so viel Luft geraubt hat, diese wann einmal angewöhnen, nicht immer nur ans Mi- Luft erst einmal wieder hineinpumpen müssen. Da krofon zu gehen, sondern bis zum Ende zuzuhö- der Katalysator weggefallen ist, müssen wir neue ren. Dann können Sie auch Ihre Meinung von sich Wege aufzeigen. In diesem Punkt fand ich Ihr Peti- geben. tum ein bisschen dürftig. Eine Möglichkeit, wie die Überdies muss ich ehrlich gestehen, dass mir die- Dekadenstrategie jetzt weiter belebt werden kann, ser Stimmungswandel in der Bevölkerung – immer- haben Sie, Frau Timmermann, in Ihrem Redebei- hin lag der Zuspruch im Frühjahr bei deutlich über trag leider nicht aufgezeigt. Wir müssen uns immer 60 Prozent – nicht mit den Angst machenden Ar- vor Augen halten, dass die Dekadenstrategie gumenten vonseiten der LINKEN erklärbar ist. Wir nichts Statisches, sondern eine Sache der Ent- alle wissen ganz genau, dass in den Wochen und wicklung ist. Diese Entwicklung müssen wir letzt- Monaten zuvor so viel passiert ist, das einen Groß- endlich weiter vorantreiben. Ich hoffe, dass wir im teil der Menschen verunsichert hat. Das ist nicht Sportausschuss in Zukunft im Sinne der Entwick- nur Paris. Wir alle wollten das Fußball-Freund- lung des Sports in dieser Stadt ohne Olympia mög- schaftsländerspiel sehen. Es wurde abgesagt. Wir lichst schnell die nötige Kraft finden, diese Entwick- haben das Flüchtlingsproblem, und wir hatten die lung wiederzubeleben. – Vielen Dank. Sorge, dass die Finanzierbarkeit von Olympia vom (Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Senat nicht professionell genug an das Parlament AfD) und an die Bevölkerung herangetragen wurde. Mit nicht professionell genug meine ich schlicht und er- greifend, dass der Senat im vorauseilenden Ga- Präsidentin Carola Veit: Frau Blömeke von der lopp an die Öffentlichkeit getreten ist und versucht GRÜNEN Fraktion bekommt das Wort. hat, den Bund zu treiben. Einen solchen Stil sollte man besser nicht pflegen. Aber in der Summe die- Christiane Blömeke GRÜNE:* Frau Präsidentin, ser Ereignisse und Ängste sind die Menschen vor- meine Damen und Herren! Die Luft ist bei diesem sichtig geworden. Ich habe in den Wochen vor Thema wirklich ein bisschen raus. Wir haben in der dem Referendum sehr viele Gespräche geführt, Aktuellen Stunde intensiv darüber diskutiert, und und wir haben gemeinsam mit den SPD-Abgeord- eigentlich sind alle Argumente schon gefallen, aber neten aus meinem Wahlkreis – Herrn Schwieger, wir können gern noch einmal einige wiederholen. Frau Jäck, Herrn Pochnicht – Info-Stände ge- DIE LINKE stellt die Frage, die wir in unserem An- macht. Grundsätzlich wurden genau diese Sorgen trag ebenfalls verarbeitet haben, wie es nach dem als mögliche Bedenken immer wieder an uns he- Referendum weitergeht. Das kann man eigentlich rangetragen und nicht die Argumente, die uns fast in einem Satz zusammenfassen: Natürlich wollen mantraartig vonseiten der LINKEN unterbreitet wir positive Ansätze der Bewerbung für die Stadt wurden. Die waren es nicht, und darüber müssen und für den Sport weiterentwickeln – das nehmen wir uns schlicht und ergreifend im Klaren sein. wir nach dem Referendum erst einmal als Fazit Den nächsten Antrag, Drucksache 21/2383, möch- mit. Ich finde auch, dass DIE LINKE in weiten Tei- te unsere Fraktion ziffernweise abstimmen, wobei len die Kirche im Dorf lassen sollte. wir uns in Ziffer 1 ablehnend und in den weiteren (Zuruf von Cansu Özdemir DIE LINKE) zustimmend verhalten werden. Ziffer 1 werden wir ablehnen, weil wir keine Notwendigkeit dafür se- Das Referendum ist verloren, ja. hen, dass die Hamburger Bürgerschaft jetzt be- (Zuruf von der LINKEN: Gewonnen!) schließt, dass das IOC transparenter und glaub- würdiger werden soll. Denn wenn wir das beschlie- Weder in Hamburg noch in Deutschland wird es in ßen, unterschlagen wir eine Entwicklung mit Tho- absehbarer Zeit Olympische Spiele geben, aber mas Bach als deutschem Präsidenten des Olympi- – und damit möchte ich noch einmal betonen, was schen Organisationskomitees, der federführend mit ich vorhin schon in der Aktuellen Stunde sagte, der Agenda 2020 bereits eine Veränderung im IOC nämlich das, was auch Frau Timmermann sagte –: im Hinblick auf Transparenz, Glaubwürdigkeit, Wir dürfen, bitte, nicht vergessen, dass es auch Weg-von-gigantischen-Veranstaltungen, Nachhal- einen breiten Konsens, wenn auch nicht die Mehr- tigkeit und viele andere Punkte, die wir in den ver- heit bei der Abstimmung, in dieser Stadt gab, für 1382 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Christiane Blömeke) die Olympischen Spiele zu stimmen, nämlich über derspiegeln, was wir in der weiteren Arbeit ma- 48 Prozent. Deswegen sollte DIE LINKE die Kirche chen. Dasselbe gilt für die Förderung des Radver- im Dorf lassen, wenn sie von einem herausragen- kehrs über das Radverkehrskonzept, und selbst- den Ergebnis spricht und davon, dass die absolute verständlich werden auch Sporthallen und ÖPNV Mehrheit nun entschieden habe und, und, und. Wir weiterhin barrierefrei ausgebaut. müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass viele An dieser Stelle möchte ich aber auch sagen, dass Bürgerinnen und Bürger sich Olympia gewünscht ich besonders traurig über den Ausgang des Refe- hätten. rendums bin, denn die Paralympics hätten für (Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der Hamburg nicht nur die Sporthallen barrierefrei ge- CDU und der FDP) macht, sondern auch Barrieren in den Köpfen der Menschen abgebaut. An dieser Stelle bin ich wirk- Ein bisschen waren wir das schon gewohnt von lich ganz besonders traurig, dass wir das Referen- den Diskussionen, die wir in der Tat auch mit der dum nicht gewonnen haben. Links-Fraktion geführt haben. Diese Verzerrung der Tatsachen, nicht nur in der Pressemitteilung (Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der von Frau Boeddinghaus oder in der eben erfolgten CDU) Darstellung von Mehmet Yildiz, erschreckt mich Natürlich wird im Rahmen der Dekadenstrategie immer wieder. Weder die GRÜNEN noch die SPD sowohl der Breitensport weiter gefördert als auch noch der Senat – und ich glaube, ich habe es nicht der Spitzensport – selbst wenn die Links-Fraktion einmal von der CDU und der FDP gehört –, haben den Spitzensport nicht möchte, so ist er doch ein behauptet, nur Olympia könne Stadtentwicklung, Teil des Sports, beides gehört unweigerlich zusam- Inklusion, Barrierefreiheit, Wohnungsbau und, und, men. und vorantreiben. Das ist allein die Darstellung der Links-Fraktion, und das erstaunt und erschreckt Interessant war heute ein Artikel in der "Hambur- mich. Ich wiederhole es jetzt zum letzten Mal: Wir ger Morgenpost", in dem die Punkte zusammenge- haben immer gesagt, dass Olympia ein Katalysator fasst sind, die aus Sicht der Zeitung nach Olympia ist. Das heißt nicht, dass es ohne Olympia keine wichtig sind fast könnte man meinen, sie habe aus wirtschaftliche Weiterentwicklung oder keine Bar- dem rot-grünen Koalitionsvertrag veröffentlicht: Sie rierefreiheit und erst recht keinen Wohnungsbau, forderte den Autobahndeckel Altona, den Bau der den wir zurzeit voranbringen, oder keine Konzepte neuen U-Bahn, den Wohnungsbau und die Ent- für die Energiewende oder den Klimaschutz und, wicklung Hamburgs als Fahrradstadt. Das alles ge- und, und gibt. Aber das Votum der Bürgerinnen hört zu unserem Regierungsprogramm und macht und Bürger, das nicht für Stillstand sorgt, wird da- mehr als deutlich, dass wir unsere Gestaltungs- für sorgen, dass die Realisierung dieser Vorhaben möglichkeiten zum Wohle der Stadt bereits nutzen. in einem längeren Zeitabschnitt stattfinden wird. Nachhilfeunterricht durch die LINKEN, die sich Das wurde hier immer wieder gesagt. Mehmet Yil- zum Retter der Stadt aufplustern, brauchen wir nun diz, ich finde es wie gesagt immer wieder er- wirklich nicht. schreckend, dass die Links-Fraktion wieder einmal (Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- behauptet, nach dem Wegfall von Olympia werde einzelt bei der CDU) dieser Senat überhaupt nichts mehr anpacken. Das ist Unfug. Abschließend noch ein Satz zur CDU zum Thema IOC, was wir ein wenig anders sehen als Sie, Herr (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Kreuzmann: Natürlich hat sich das IOC auf den Worauf ich auch nicht mehr eingehen möchte Weg gemacht, das habe ich auch immer wieder – denn ich habe gelernt, dass die Links-Fraktion gesagt. Wir haben sehr viel mehr als früher er- diesbezüglich in der Tat nicht belehrbar ist – sind reicht – Transparenz ist nur ein Beispiel –, aber wir die 200 Millionen Euro, von denen Sie glauben, sie müssen auch feststellen, dass wir längst noch schwirrten frei im Haushalt herum und stünden zur nicht so weit sind, wie wir möchten. Es gibt viele Verfügung. Das hat Frau Timmermann sehr gut Punkte beim IOC, die aus unserer Sicht immer dargestellt. Aber ich habe bemerkt, dass es nicht noch verbesserungswürdig sind. Auch aus den auf fruchtbaren Boden gefallen ist, darum unter- Diskussionen konnten wir viel mitnehmen. Es gab nehme ich auch gar keinen Ansatz, um Überzeu- einfach noch große Vorbehalte gegen das IOC wie gungsarbeit zu leisten. auch gegen FIFA oder andere große Organisatio- nen. Darum war es uns wichtig, diesen Punkt in Ich möchte Ihnen noch einmal sagen, dass wir die unserem Antrag mit aufzunehmen. positiven Ansätze, die wir ohne Zweifel bei der Be- werbung hatten, zugunsten des Sports und der Nehmen Sie, vor allem die Links-Fraktion, also mit: Stadt nutzen wollen. Genau das fordert unser An- Positive Ansätze der Bewerbung werden für die trag. Das gilt vor allen Dingen auch für das Nach- Stadt und den Sport weiterentwickelt. Ich habe haltigkeits- oder Mobilitätskonzept. Energiewende vollstes Vertrauen, dass wir weiterhin eine gute und auch Klimaschutz sind zentrale Vorhaben die- Sportpolitik und eine gute Stadtpolitik machen. ses Senats, und das wird sich natürlich in dem wi- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1383

(Christiane Blömeke)

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) demokratisch sei. Das hat Herr Yildiz gerade ge- sagt. Ich kann Ihnen sagen, genau diese Entwick- Präsidentin Carola Veit: Jetzt bekommt das Wort lung hätten wir in Hamburg gemeinsam gestalten Herr Oetzel von der FDP-Fraktion. können. Dabei hätten Sie als Hamburger ein Wört- chen mitreden können. Das ist uns jetzt aus der Hand genommen worden. Deshalb ist das Peti- Daniel Oetzel FDP:* Sehr geehrte Frau Präsiden- tum 1 des vorliegenden rot-grünen Antrags wichtig, tin, meine Damen und Herren! Nachdem wir heute das jetzt andere umsetzen müssen. Wenn die in der Aktuellen Stunde über die Ursachen und die Olympischen Spiele am Ende in Budapest landen, Verantwortlichkeit für das Scheitern dieses zentra- sind auch Sie, Herr Yildiz, dafür mit verantwortlich. len Senatsprojekts gesprochen haben, möchte ich jetzt, auch auf Basis der vorliegenden Anträge, (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- den Blick nach vorn richten. Denn eines hat die NEN) Befürworter und die Gegner von Olympia in der Aber sei es, wie es ist. Wir wollen nach vorn Bürgerschaft von Anfang an eindeutig unterschie- blicken, und man muss sich jetzt in der Tat fragen, den: Während die Befürworter ein Projekt entwor- was von dieser Olympia-Bewerbung für Hamburg fen haben, das für unsere Stadt zukunftsweisend bleibt, wie es mit dem Sport, der Umsetzung der gewesen wäre – im positiven Sinne eine Vision, Dekadenstrategie, der Stadtentwicklung, dem wie Hamburg sich in den kommenden Jahrzehnten Sprung über die Elbe, dem Wohnungsbau und all entwickeln solle –, haben die Gegner Verteilungs- den anderen Themen weitergeht. Vor diesem Hin- kämpfe ausgetragen und ein düsteres Bild von tergrund ist es natürlich sinnvoll zu prüfen, welche dem, was vor uns liegt, gezeichnet. Planungen weiterverfolgt werden können. Deshalb (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Geht stimmen wir dem vorliegenden Antrag von Rot- das wieder los! Schreiben Sie mal 'ne neue Grün zu und regen an, dass der Sportausschuss Rede!) sich in einer seiner kommenden Sitzungen mit dem Thema befasst, sodass wir dann schon einmal – Ach, Sie hören ja auch nicht auf. Allein dass Sie einen ersten Zwischenbericht des Senats mit den heute schon wieder gesagt haben, dass Sie diese einzelnen umsetzbaren Möglichkeiten entgegen- 200 Millionen Euro jetzt in alles Mögliche investie- nehmen können. ren wollen – ich habe das eben in der Aktuellen Stunde auch schon gesagt und wiederhole es Ich habe am Anfang in der Aktuellen Stunde die gern, bis Sie es mir glauben. Aber wie gesagt, bis Linken darum gebeten, dass auch sie als Olympia- vor zwei Wochen haben Sie selbst noch gesagt, Gegner jetzt einmal Konzepte vorlegen, was sie dass das Geld nicht da ist. Auf jedem Schulpodium denn stattdessen machen wollen. haben Sie selbst gesagt, die Stadt habe das Geld (Martin Dolzer DIE LINKE: Haben wir schon nicht, und keine zwei Wochen später fordern Sie, lange!) dass dieses Geld jetzt für andere Sachen ausge- geben wird. Das ist derart unlauter, das werde ich Den heute von Ihrer Fraktion vorgelegten Antrag Ihnen gern immer und immer wieder sagen. als Gegenentwurf zu Olympia halte ich für nicht ge- eignet – er ist an Ideenlosigkeit kaum zu überbie- (Beifall bei der FDP, der SPD und vereinzelt ten. Deshalb lehnen wir ihn ab. – Vielen Dank. bei der AfD) (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- Herr Yildiz, was Sie für eine Wahrnehmung hatten, NEN) was Sie bei der Tour alles gesehen haben wollen – Frau Timmermann hat es gerade schon ge- sagt –: Sie stellen es im Nachhinein so dar, als Präsidentin Carola Veit: Das Wort erhält Herr hätten Sie einen Triumphzug durch die Schulen Professor Kruse von der AfD-Fraktion. gemacht Dr. Jörn Kruse AfD:* Frau Präsidentin, meine sehr (Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE verehrten Damen und Herren! Eine knappe Mehr- und die Schüler hätten Sie auf Rosen gebettet und heit der Hamburger Wahlberechtigten, soweit sie alle wären ganz begeistert gewesen, dass DIE zur Wahl gegangen sind, hat Nein gesagt und da- LINKE ihnen jetzt endlich die Augen öffnet und die mit die Hamburger Olympia-Ambitionen gekillt. Ich bösen Altparteien einmal so richtig eins reinkrie- persönlich empfinde das als eine Katastrophe für gen. Diese Wahrnehmung geht an der Realität völ- Hamburg. Ich halte es für eine falsche Entschei- lig vorbei. Wahrscheinlich haben Sie nach Ihrem dung, und es ist keine Wählerbeschimpfung, wenn zweifelhaften Olympiasieg ein wenig zu viel gefei- ich das sage, denn ein demokratisches Ergebnis ert. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie sagt nichts über die Richtigkeit aus. Ich glaube, im Nachhinein diese Wahrnehmung entwickeln. Olympia wäre für Hamburg eine Riesenchance ge- Dann sagen Sie, jetzt könne Olympia wieder das wesen, und dabei denke ich nicht nur an die vielen werden, was es einmal war, ein großes Sport- Vorteile, die wir in ökonomischer und sonstiger event, von dem alle profitierten und das nachhaltig Hinsicht von Olympia gehabt hätten, sondern ich 1384 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Jörn Kruse) glaube auch, dass das Nein Hamburg einen dra- Süppchen kocht. Das kann man bei einer anderen matischen Imageschaden zugefügt hat. Es passt Gelegenheit tun. Dies war ein Riesenprojekt. Wir überhaupt nicht zu Hamburg und seiner Vergan- waren auf der gleichen Seite, wir haben gemein- genheit, unserem Unternehmertum und seinen ver- sam verloren, und dann sollten wir auch gemein- gangenen Erfolgen, dass bei einer Frage von so sam sagen: Okay, wir haben gekämpft und verlo- großer Bedeutung Nein gesagt wird. Das ist klein- ren, aber so ist es nun einmal. Ich glaube, das ist mütig, und es ist mir ein bisschen peinlich für mei- eine Frage des Stils, auch des Umgangs miteinan- ne Mitbürger, dass sie so entschieden haben. der. Dass die Linken jetzt bei dieser Gelegenheit den Tagesordnungspunkt noch einmal haben woll- (Jan Quast SPD: Und Ihre Fraktion auch!) ten – und vielleicht werden sie ihn noch zehnmal – Herr Quast, hören Sie mir zu, ich sage noch et- anmelden –, das verstehe ich sogar, das ist was zu meiner Fraktion. menschlich nachvollziehbar. Sie wollen Ihren Tri- umph auskosten, das gönne ich Ihnen sogar. (Zuruf: Das ist Augenpulver!) (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das ist Wir sind immer in einem heftigen Diskussionspro- doch Quatsch! Sie verstehen gar nichts!) zess gewesen. Am Ende waren einige dafür und einige dagegen. Das haben wir in das Heft ge- Aber was Sie in der Diskussion über Olympia ge- schrieben: Ja, aber. Wir haben die positiven Argu- liefert haben, habe ich häufig als so peinlich emp- mente genannt, aber der Rechnungshof hat ge- funden, dass ich allein schon deshalb Ihrem heuti- sagt, die Zahlen seien noch nicht belastbar. Des- gen Antrag nicht zustimmen kann. – Vielen Dank halb können wir am Ende kein eindeutiges Ja von- für Ihre Aufmerksamkeit. seiten der Fraktion empfehlen. Ich als Person habe (Vereinzelter Beifall bei der AfD) bei jeder Gelegenheit und auf ganz vielen Veran- staltungen deutlich gemacht, dass ich für Olympia bin. Ja, ich war bei vielen Veranstaltungen dabei, Präsidentin Carola Veit: Herr Yildiz von der Frak- sowohl bei "It's Your Choice" als auch sonst, und tion DIE LINKE bekommt erneut das Wort. ich erinnere mich, dass ich mit vielen zusammen, zum Beispiel mit Frau Blömeke, Herrn Duge, Herrn Mehmet Yildiz DIE LINKE:* Frau Präsidentin, mei- Duwe und Herrn Oetzel, gegen die zum Teil ziem- ne Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar lich weit hergeholten Argumente der LINKEN argu- Punkte eingehen, die wir auf den Veranstaltungen mentiert habe. Dabei habe ich mich sehr wohl ge- kritisiert haben. Zum Thema Finanzen: Die Folgen fühlt, denn meine Verpflichtung für Hamburg war von Olympia, Kosten, Sicherheit, die Frage der Un- zu kämpfen, und das halte ich auch nach dieser terbringung der Flüchtlinge, Breitensport, Bildung Entscheidung immer noch für richtig. und Wohnungsbau – das waren hauptsächlich Themen, die wir bei den Podiumsdiskussionen dis- Noch etwas sage ich: Ich glaube, der Grund für kutiert haben und die auch die Menschen mit diese Entscheidung hat etwas mit der emotionalen Olympia in Verbindung gebracht haben und uns psychologischen Großwetterlage zu tun. Die Men- übrigens gegenüber kritisch waren. Nicht alle ha- ge der Probleme durch Flüchtlinge, Terrorismus et ben uns unterstützt. Herr Oetzel, wir haben ge- cetera war so, dass sich allgemein ein gewisses meinsam mehrere Podiumsdiskussionen bestritten. Klima von Ängstlichkeit und Kleinmütigkeit breitge- Ich war in 17 Schulen. In vier Schulen hatten die macht hat. Das ist schade, aber nicht zu ändern. Befürworter am Ende die Mehrheit, und in Auch hier sage ich noch einmal, dass ich glaube, 13 Schulen war die Mehrheit dagegen. Dieses Si- dass das Hamburger Bewerbungsteam einen gu- gnal, diese Kritiken muss man sich ansehen. Was ten Job gemacht hat. Ich glaube, dass der Senator ich bei Ihnen, auch bei den Befürwortern, vermisst und der Staatssekretär und alle, die daran mitge- habe, ist, dass man nicht kritisch mit dem Thema wirkt haben, einen guten Job gemacht haben. Und umgegangen ist. Einer der Hauptgründe war, dass da Herr Krupp hier sitzt, sage ich auch einmal zu die gesamten Medien einseitig Befürworter gewor- ihm persönlich, weil ich ihn häufig in dem Zusam- ben haben, mit dem Thema nicht kritisch umge- menhang getroffen habe: Sie haben einen guten gangen sind. Das hatte zur Folge, dass die Men- Job für Hamburg gemacht, und dass Sie am Ende schen gesagt haben: Nein danke, das wollen wir nicht obsiegt haben, ist halt so. nicht. Dann sage ich noch einmal etwas zu einigen von (Milan Pein SPD: Haben Sie jetzt nur ge- denen, mit denen zusammen ich einig war, dass wonnen, weil die anderen so schlecht wa- wir Olympia haben sollten. Es waren nicht nur die ren?) GRÜNEN und die SPD dafür, sondern auch die FDP und die CDU. Hier würde ich einmal sagen: Wir haben Konzepte, wir haben Visionen, Herr Wir haben zusammen gekämpft und zusammen Oetzel. Diejenigen, die das entwickelt haben, ha- verloren, und es passt nicht zu einem guten Stil, ben dafür Millionen Euro investiert. Wir sind ein Frau Suding oder Herr Trepoll, der jetzt nicht da Feierabendparlament. Wir machen Vorschläge. ist, wenn man hinterher sein parteipolitisches Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1385

(Mehmet Yildiz)

Nehmen Sie sie einmal ernst, und stimmen Sie uns Der Senatsantrag wurde am 16. November 2015 zu. – Vielen Dank. im Vorwege an den Haushaltsausschuss überwie- sen, sodass es hierzu keiner Abstimmung bedarf. (Beifall bei der LINKEN) [Antrag der FDP-Fraktion: Präsidentin Carola Veit: Gibt es weitere Wortmel- Die sechste Wasserpreiserhöhung in Folge ver- dungen? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. hindern! Wasserpreise in 2016 konstant halten Dann kommen wir zu den Abstimmungen. Wir be- – Drs 21/2522 –] ginnen mit dem Antrag der LINKEN, Drucksache Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/2522 ein An- 21/2387. trag der FDP-Fraktion vor: Die sechste Wasser- Wer möchte diesem gern seine Zustimmung ge- preiserhöhung in Folge verhindern! Wasserpreise ben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann in 2016 konstant halten. ist dieser Antrag bei einer Enthaltung mit großer Diesen Antrag möchten die Fraktionen von SPD, Mehrheit abgelehnt. GRÜNEN und FDP gern an den Haushaltsaus- Wir kommen zum gemeinsamen Antrag von SPD schuss überweisen. Auch hier ist die Debattenan- und GRÜNEN, Drucksache 21/2383 in der Neufas- meldung zurückgezogen worden. Wir kommen da- sung. Da möchte die CDU-Fraktion Ziffer 1 gern her gleich zur Abstimmung über den FDP-Antrag. separat abstimmen lassen. Wer möchte diesen gern an den Haushaltsaus- Wer möchte also zunächst Ziffer 1 dieses Antrags schuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltun- annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – gen? – Dann haben wir diesen Antrag einstimmig Ziffer 1 ist bei einer Enthaltung mehrheitlich so be- überwiesen. schlossen worden. Wer möchte dann noch Ziffern 2 bis 4 seine Zu- stimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltun- Aufruf der Punkte 20, 55b, 20a und 77, Drucksa- gen? – Das haben wir dann einstimmig bei einer che 21/2308, Dringlicher Senatsantrag: Erhöhung Enthaltung so beschlossen. der Ermächtigung von Sicherheitsleistungen zur Absicherung von Wohnungsbauförderdarlehen, Haushaltsplan 2015/2016, Nachbewilligung nach Paragraf 35 LHO, mit Drucksache 21/2506, dem Wir kommen zu Punkt 79 unserer Tagesordnung. Bericht des Haushaltsausschusses über die Das ist die Drucksache 21/2390, ein Antrag der Selbstbefassung mit dieser Drucksache, und der FDP-Fraktion: Medienkompetenzförderung an Drucksache 21/1838, dem Senatsantrag: Flücht- Hamburger Schulen sicherstellen. lingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen und Haushaltsplan 2015/2016 Nachbewilligung nach [Antrag der FDP-Fraktion: Paragraf 35 LHO, und der Drucksache 21/2388, Medienkompetenzförderung an Hamburger dem Antrag der FDP-Fraktion: SOG-Unterbringung Schulen sicherstellen für Folgeunterkünfte beenden. Transparenz und – Drs 21/2390 –] Bürgerbeteiligung wagen!

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Debatte entfällt. Die Fraktionen von SPD, GRÜ- [Dringlicher Senatsantrag: NEN, der LINKEN und der FDP möchten die Erhöhung der Ermächtigung von Sicherheits- Drucksache gern an den Schulausschuss überwei- leistungen zur Absicherung von Wohnungs- sen. bauförderdarlehen, Haushaltsplan 2015/2016, Nachbewilligung nach § 35 Landeshaushalts- Wer möchte das auch? – Gegenprobe. – Wer ent- ordnung hält sich? – Dann haben wir das einstimmig über- – Drs 21/2308 –] wiesen. [Bericht des Haushaltsausschusses über die Selbstbefassungsangelegenheit: Wir kommen zu Punkt 20 b der Tagesordnung, Dringlicher Antrag – Erhöhung der Ermächti- Drucksache 21/2172: Anhebung der Wasserpreise gung von Sicherheitsleistungen zur Absiche- der Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW). rung von Wohnungsbauförderdarlehen, Haus- haltsplan 2015/2016, Nachbewilligung nach § 35 Landeshaushaltsordnung [Senatsantrag: – Drs 21/2506 –] Anhebung der Wasserpreise der Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW) – Drs 21/2172 –] [Senatsantrag: 1386 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Präsidentin Carola Veit)

Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive (Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg Wohnen und Haushaltsplan 2015/2016 Nachbe- übernimmt den Vorsitz.) willigung nach § 35 Landeshaushaltsordnung – Drs 21/1838 –] Die inhaltliche Ausgestaltung wollen wir im Aus- schuss gemeinsam noch weiter bewegen, aber an- Den Senatsantrag, Drucksache 21/1838, hatten gesichts des Unterbringungsbedarfs – ich muss wir am 13. November 2015 im Vorwege an den diese Zahl immer noch einmal nennen: 80 000 bis Stadtentwicklungsausschuss überwiesen, dazu Ende 2016 – können wir jetzt nicht noch lange brauchen wir also heute keine weitere Abstim- warten, Bedarfsanalysen erstellen und das Thema mung. im nächsten Frühjahr vielleicht noch einmal aufru- fen. Im Gegenteil, die Grundsatzentscheidung, zu- [Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ- sätzliche Unterkunftsplätze zu schaffen, muss jetzt NEN: getroffen werden und kann nicht auf die lange Aufstockung der Wohnungsbauförderung: Bank geschoben werden. Wohnunterkünfte zu neuen Quartieren in guter (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Nachbarschaft entwickeln – 25 Punkte für eine gelingende Integration vor Ort Zur Bürgerbeteiligung komme ich gleich noch et- – Drs 21/2550 –] was ausführlicher zu sprechen. (Dennis Gladiator CDU: Das ist schon zu [Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜ- spät! – Gegenruf von Dr. Monika Schaal NEN: SPD: Mein Gott, der plappert heute die gan- Mehr Rechtssicherheit bei der Genehmigung ze Zeit dazwischen!) und Errichtung von Flüchtlingsunterkünften – § 246 BauGB für "Flüchtlingsunterkünfte mit – Wir werden gleich sehen, dass das keinesfalls zu der Perspektive Wohnen" ausschöpfen spät ist. – Drs 21/2551 –] Ich möchte noch einmal den Blick auf die Zahlen richten, die das Ergebnis einer repräsentativen [Antrag der FDP-Fraktion: Umfrage des Norddeutschen Rundfunks zum The- SOG-Unterbringung für Folgeunterkünfte been- ma Flüchtlinge in dieser Woche sind. Diese fallen den. Transparenz und Bürgerbeteiligung wa- für Hamburg bei aller aufgeheizten Diskussion, die gen! es in Teilbereichen gibt – die man auch durchaus – Drs 21/2388 –] verstehen kann, dort, wo man in der Nachbarschaft mit dem Thema direkt konfrontiert ist –, so aus, Zur Drucksache 21/1838 liegen Ihnen als Drucksa- dass man das vielleicht ein bisschen anders sieht chen 21/2550 und 21/2551 zwei Anträge der Frak- als in der Gesamtbevölkerung. Trotzdem sind die tionen der SPD und GRÜNEN vor, die die Fraktio- Zahlen interessant, weil sie nämlich zeigen, dass nen der SPD, CDU und GRÜNEN an den Stadtent- die Befürchtungen, Sorgen und Ängste in Ham- wicklungsausschuss überweisen möchten. Die burg geringer sind als im norddeutschen Durch- FDP-Fraktion möchte beide Drucksachen noch schnitt, mit einer Ausnahme, die wir alle sehr ernst mitberatend an den Sozialausschuss überweisen. nehmen müssen, und zwar beim Thema: "Ich habe Sorgen, dass wegen der Flüchtlinge die Konkur- Zur Drucksache 21/2388 liegt vonseiten der FDP- renz auf dem Wohnungsmarkt größer wird". Da Fraktion ebenfalls ein Antrag auf Überweisung an stimmen 61 Prozent zu, erheblich mehr als in den den Sozialausschuss vor. anderen Bundesländern. Deshalb kann in der Si- Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Dressel von der tuation für uns alle, was die Themen Wohnungs- SPD-Fraktion, bitte. neubau und auch Flüchtlinge angeht, die Devise nur "Bauen, bauen, bauen!" heißen, damit wir die- Dr. Andreas Dressel SPD:* Frau Präsidentin, mei- se Sorge konkret ernst nehmen. ne Damen und Herren! Es ist in der Tat ein größe- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) res Entscheidungspaket, das uns heute zu einem, wie wir vorhin schon gemeinsam festgestellt ha- Das muss man natürlich in die Gesamtstrategie ben, wichtigen und zentralen Thema vorliegt, das einordnen. Wir haben gesagt, der Ausgangspunkt wir im Moment in der Stadt bewegen. Es ist wich- seien die 6 000 Wohneinheiten, was den Neubau- tig, noch einmal klarzustellen, dass es gar nicht bedarf angehe. Wir sind uns auch einig, dass wir darum geht, heute alles schon zu beschließen. Wir uns in dieser Wahlperiode nicht nur wegen der haben im Stadtentwicklungsausschuss ein Verfah- Flüchtlinge, aber auch wegen der Flüchtlinge noch ren zur inhaltlichen Ausgestaltung dieser neuen weiter steigern müssen. Es gibt positive Signale Quartiere besprochen. Dieses Verfahren läuft, und von SAGA GWG, die 1 000 Wohneinheiten, die trotzdem müssen wir heute an einer Stelle schon schon in der letzten Wahlperiode einen Kraftakt er- den Weg freimachen, nämlich für die Frage der forderten, auf 2 000 zu steigern. Es ist auch unse- Höhe des Bürgschaftsrahmens. re klare Erwartung, dass 6 000 nur der Ausgangs- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1387

(Dr. Andreas Dressel) punkt sein können, weil der Bedarf hoch ist – das gern keinen Sand in die Augen streuen. Es ist ist auch das Ergebnis des Mietenspiegels, der uns nicht realistisch, ihn zu ändern, und wir müssen se- alle ein bisschen besorgt macht –, und wir müssen hen, wie wir auch mit dieser Thematik zurande mit der Steigerung der Neubautätigkeit nicht nur für kommen. Flüchtlinge, sondern auch für die vielen anderen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Bürgerinnen und Bürger, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, ein wichtiges Zeichen setzen. Trotzdem sind wir im Gespräch mit den Nachbar- Deswegen ist es wichtig, heute den Bürgschafts- ländern und den Umlandgemeinden, wie man auch rahmen anzuheben, damit der Wohnungsbau für eine dezentrale Unterbringung außerhalb Ham- Flüchtlinge eben nicht auf Kosten des Wohnungs- burgs nach dem Vorbild Nostorf-Horst erreichen baus für die anderen Bedarfsgruppen generiert kann. Aber da verfahren wir nicht nach dem Vor- wird. Wir müssen überall mehr bauen. bild Seehofer und sagen einfach, das machen wir jetzt so, sondern da ist kluge Diplomatie gefragt, (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) um eine dezentrale Unterbringung zu erreichen. Es geht im Prinzip um drei Bereiche. Wir müssen Aber auch da gilt: Angesichts der Gesamtzahl wird bei der Zentralen Erstaufnahme aufstocken, und es nicht dazu kommen, dass uns das Umland die- das wird vor allem dadurch passieren, dass in Mei- ses Thema abnimmt. Man wird uns vielleicht ein endorf spätestens Anfang/Mitte Januar diese Zen- bisschen helfen, das tragbarer zu gestalten, aber trale Erstaufnahme ihren Betrieb aufnimmt und da- wir dürfen nicht glauben, dass das bei der Gesamt- für sorgt, dass wir nicht in Überlast Leute aufneh- zahl etwas ausmacht. Auch in dieser Situation men, obwohl eigentlich eine Verteilentscheidung muss man ehrlich sagen, dass die größte Heraus- auf andere Bundesländer besteht. Das wird uns forderung wir selbst in unseren Landesgrenzen zu sehr helfen. Natürlich werden auch weiterhin über- bewältigen haben, und wir sind fest entschlossen, all normale Folgeunterkünfte gebaut. Jeder kennt das zu schaffen. die Zahlen aus seinem Wahlkreis und aus den Dis- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) kussionen in den Bezirken. Dieses Expressbaupro- gramm, dieses Sonderbauprogramm, ist nur ein Deshalb geht es bei diesem Programm darum Teil der Anstrengungen, und wenn man sich in den – und daher können wir nicht monatelang Pla- nächsten Wochen einmal die Gesamtlandkarte an- nungswerkstätten über das Ob und die Größe schaut, was Ende 2016 dann auch da sein wird, durchführen –, dass wir in der jetzigen Situation ei- wird man sehen, dass sich allein dadurch schon ei- ne Perspektive haben, aus dieser Spirale von Zel- ne Verteilung von Einrichtungen der Erstaufnah- ten, Baumarkt- und Lagerhallen herauszukommen. me, Folgeunterkünften und den Expressbauten er- Es muss doch unser gemeinsamer humanitärer gibt. Allein durch die Anzahl wird sich schon eine Anspruch sein, dafür zu sorgen, dass wir im nächs- erhebliche Stadtteilgerechtigkeit einstellen, weil wir ten und übernächsten Winter nicht wieder hier an vielen Schrauben drehen müssen, um über- sitzen und gemeinsam überlegen, ob es klappt, haupt die 80 000 bewältigen zu können. Das ist die Zelte rechtzeitig leer zu bekommen. auch hier noch einmal die Botschaft: Wir sorgen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) uns um die Stadtteilgerechtigkeit und wollen sie herstellen, soweit es eben möglich ist. So ist dieses Konzept entstanden, dass wir einen Teil der Folgeunterkünfte in Festbauten realisieren (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) wollen, um eben nicht nach x Jahren wieder alles In verschiedenen Diskussionsrunden, auch abzureißen und neu mit Wohnungsbau zu begin- gestern, als wir bei Herrn Schalthoff zusammenge- nen. Natürlich kommt dann die Diskussion auf, ob sessen haben, wurde auch dies thematisiert: Na- man es nicht auch gleich mischen könne. Wenn es türlich ist der Königsteiner Schlüssel für Hamburg nach uns ginge, sofort. eine erhebliche Belastung, weil es eigentlich um (Karin Prien CDU: Dann machen Sie das die Verteilung von Geldströmen, aber nicht um die doch! – Dennis Thering CDU: Das ist doch Verteilung von Flüchtlingsströmen geht. Natürlich alles nur wieder eine Ausrede!) fragen sich insbesondere Bürgerinnen und Bürger aus Rissen und anderen Hamburger Außenbezir- – Liebe Karin Prien, wir sind beide Juristen, und du ken, die einen Blick darauf haben, was in Wedel, weißt, was in Paragraf 246 Baugesetzbuch steht. Ahrensburg oder im Landkreis Harburg passiert: Das ist das gemeinsam beschlossene Baurecht, Komisch, da gibt es schon Diskussionen über 100 das unter größten Schmerzen durch Bundesregie- oder 200, und wir sprechen hier über ganz andere rung, und Bundesrat gegangen ist. Wä- Zahlen im stadtstaatlichen Zusammenhang. Das re es nach uns gegangen, würde darin stehen, es ist schon ein Problem, aber jeder weiß auch, wenn solle ab dem ersten Tag alles gemischt werden, wir im Bundesrat einen Antrag stellen, den König- weil es in der Tat besser wäre, aber wir haben uns steiner Schlüssel zu ändern, dann gibt es vielleicht nun einmal an das Bundesrecht zu halten. So ist drei Ja-Stimmen und 13 Nein-Stimmen. Deshalb die Realität. sollte man an der Stelle den Bürgerinnen und Bür- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) 1388 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Andreas Dressel)

Weil wir diesen Aspekt ja sehen, haben wir in den len, was in dieser Stadt los ist, wenn tatsächlich Zusatzantrag mit aufgenommen, noch einmal Tausende ohne Obdach bleiben. Das werden wir einen Anlauf zu nehmen, alles gleich zu mischen, nicht verantworten, und wir werden alles dafür tun, und wir wollen die Bezirke in den Stand versetzen, dass das unterbleibt. so schnell Planrecht zu schaffen, dass wir auch die (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Möglichkeit haben, in ein bis drei Jahren im Fluk- tuationsfall entsprechend zu mischen. Die Bezirke Trotzdem ermöglichen wir Beteiligung und reden sind jetzt dabei, ihre Planungen vorzunehmen, mit Initiativen in allen Stadtteilen, wo es um große zum Beispiel Flächen zu nehmen, wo man eine Er- Unterkünfte geht. weiterungsperspektive hat und vielleicht gleich (Dennis Gladiator CDU: Reden Sie doch mal 100 Wohneinheiten mehr realisiert und somit von wirklich mit den Leuten! – Dennis Thering Tag 1 an mischen kann. Das muss man von Fall CDU: Das ist doch nicht Beteiligung!) zu Fall sehen. Wir wollen mischen, das ist unser Versprechen. Diese Notwendigkeit gibt es, und – Doch, genau das ist es, und genau das steht deshalb ist es richtig, dass wir versuchen, zwi- auch in unserem Antrag. schen den rechtlichen Gegebenheiten und den Es geht nämlich nicht nur um die Frage von Größe, Notwendigkeiten einen vernünftigen Kompromiss sondern auch um die Frage, wie man die Einrich- hinzubekommen. tung konkret gestaltet, wie man die Beziehung zum (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Wohnumfeld gestaltet oder wie man die soziale In- frastruktur vor Ort gestaltet. Wir wissen doch alle, Dann bin ich beim Thema Beteiligung und noch weil wir vor Ort verankert sind, dass es um ganz einmal bei der Frage des Ob. konkrete Fragen geht wie zum Beispiel: Dauert es (Dennis Thering CDU: Unliebsames The- jetzt länger, bis ich meinen Kita-Platz bekomme? ma!) Kann ich morgens in meinen Bus steigen, oder kann ich erst den nächsten nehmen, weil der Bus – Lieber Kollege Thering, beim Thema Beteiligung schon voll ist? Wie ist die Situation an den muss ich mir von Ihnen wirklich keine Nachhilfe ge- Schulen? Wie ist die Situation bei meinem Haus- ben lassen. arzt? Das sind alles ganz konkrete Fragen, und da (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) sehen wir auch den Spielraum. Das kann man an den 25 Punkten in unserem Zusatzantrag sehr Sie wissen ganz genau, dass ich versuche, mich in deutlich ablesen, und diesen Spielraum werden wir meinem Wahlkreis um jede einzelne Flüchtlingsun- so ausschöpfen, dass wir Nachteile für die Nach- terkunft zu kümmern, und unsere Wahlkreisabge- barstadtteile, für die Nachbarn und für die Anwoh- ordneten aus Bürgerschaft und Bezirksversamm- ner vermeiden werden. Das ist unser Versprechen, lung tun das an allen anderen Stellen auch. das wir den Bürgerinnen und Bürgern mit diesem (Dennis Thering CDU: Indem Sie die Leute Antrag geben. vor vollendete Tatsachen gestellt haben!) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- Deshalb sagen Sie die Unwahrheit, wenn Sie be- rufe von der CDU) haupten, es werde mit den Leuten nicht geredet. Wenn man nämlich in die konkrete Diskussion ein- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- steigt und genau hinsieht, worin die realen Proble- ruf von Dennis Thering CDU) me jenseits des Themas Größe bestehen, erzielt man in ganz vielen Punkten eine Übereinstim- Das Schlimme ist ja, wenn man beteiligt – nehmen mung. wir einfach das Beispiel Ohlstedt, wo Christiane Blömeke und ich auf die Bürgerinnen und Bürger (Dennis Gladiator CDU: Ich weiß nicht, wo zugehen und sagen, wir seien bemüht, in dieser Sie sich immer aufhalten!) Situation einen Kompromiss hinzubekommen –, Ich kann Ihnen sagen, lieber Kollege Thering, dass was ist dann die Reaktion des Kollegen Thering? die Gespräche, die Christiane Blömeke und ich vor Alles eine Farce. Wenn man auf die Bürger zugeht, Ort mit unseren Bezirksfraktionen führen, schon ist es das, was man von der CDU nachher serviert mehr Fortschritte machen, als Ihnen mit Ihrer Op- bekommt. Schönen Dank, sage ich da nur. positionsstrategie wahrscheinlich lieb sein dürfte. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Das ist aber das Gute für die Bürgerinnen und Bür- ger vor Ort: dass wir reale Fortschritte erzielen, Bei der Frage des Ob und Wieviel kann man in die- wenn man miteinander spricht. ser Lage nicht erreichen, dass sich jeder Stadtteil die Zahl der Flüchtlinge aussucht. Das würde am (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- Schluss heißen, dass Tausende ohne Unterkunft rufe von der CDU) bleiben, mit all den schrecklichen und gefährlichen – Sie alle können sich gleich noch melden. Folgen für unser Gemeinwesen, und zwar nicht nur für die Flüchtlinge. Man muss sich einmal vorstel- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1389

(Dr. Andreas Dressel)

Ich glaube, dass es in der Situation richtig ist, die- anderen Rechtsgebieten her vertraut sein, und se Schritte miteinander zu gehen. Dazu wollen wir deshalb ist es ein vertretbarer Weg aus diesem Di- auch Geld in die Hand nehmen – das wollen wir im lemma – das in der Tat immer zu Diskussionen Stadtentwicklungsausschuss mit Ihnen bespre- führt und rechtsstaatlich logischerweise nicht die chen –, und wir würden uns freuen, wenn von Ih- allerbesten Kürnoten erzielt –, das SOG in An- nen außer der Forderung nach weniger auch ein- spruch zu nehmen; es gibt auch gerichtliche Hin- mal etwas käme. weise dazu. Es ist völlig klar, dass wir einen ande- ren Weg anbieten wollen, um die Anwendung des (Zuruf von Jörg Hamann CDU) SOG auch in diesen strittigen Fällen zurückzufüh- Für die Frage nach weniger tragen wir vielleicht auf ren. Das ist ein rechtsstaatlich gut vertretbarer anderer Ebene noch gemeinsam Verantwortung, Weg, und deshalb schlagen wir das an dieser Stel- nämlich für das, was in Berlin nun endlich einmal le so vor. Wir haben Ihnen dazu auch ein Verfah- herauskommen muss, nämlich dass es beim Bun- ren vorgeschlagen, zu dem außer ein paar Rück- desamt für Migration und Flüchtlinge endlich mehr meldungen noch nichts richtig Konkretes von Ih- Mitarbeiter gibt und, und, und. Das sind Ihre Bau- nen gekommen ist. Wir wollen eine Ausschussbe- stellen. ratung, damit alle Fragen, die dazu gestellt werden müssen und können, dann auch gestellt werden, (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – zum Beispiel am 8. Januar. Aber wir möchten gern, Dennis Thering CDU: Das ist immer diesel- weil Sie auch der Auffassung sind, dass man die be Leier!) Nutzung von SOG zurückführen soll. Das hat der Kollege Tjarks vorhin auch gesagt: (Jörg Hamann CDU: Also Beteiligung, aber Hier große Reden halten und in Berlin nicht liefern, nicht zu viel Beteiligung!) (Dennis Gladiator CDU: Sie blockieren doch – Jetzt sind wir gerade schon wieder bei einer an- in Berlin! Es ist doch die SPD, die blockiert!) deren Baustelle. Jetzt geht es darum, dass die In- dieser Widerspruch wird Ihnen am Schluss von anspruchnahme des SOG zurückgeführt wird. den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort auch nicht Da verstehe ich den Antrag der FDP so, dass man abgenommen; seien Sie da ganz sicher. bei der Genehmigung von Flüchtlingsunterkünften (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) gern weniger oder gar kein SOG einsetzen möch- te. Wir bewegen uns durchaus in diese Richtung Kurz noch zu dem zweiten Punkt. Auch das ist ei- und haben dazu einen Vorschlag gemacht. Wir ne Frage, die wir hier intensiv diskutiert haben und würden Ihnen jetzt gern anbieten, das im Aus- in den Stadtteilen diskutieren: die Frage nach der schuss zu beraten, aber außer Zwischenrufen Anwendung des Sicherheits- und Ordnungsge- kommt hier nicht so richtig was an Rückmeldungen setzes für die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünf- an. ten. Dass es eine Diskussion darüber gibt – das soll eigentlich ein Regelinstrument sein –, können (André Trepoll CDU: Gehen Sie doch end- wir nachvollziehen, weil wir es in der Tat richtig fin- lich!) den, dass die Einhaltung von rechtsstaatlichen Wir haben angeboten, für den 8. Januar eine Aus- Standards in der Bewältigung der Flüchtlingskrise schusssitzung im Stadtentwicklungsausschuss an- ein wichtiger Punkt ist. Trotzdem gilt auch da, dass zusetzen und am 20. Januar die Beratung dazu. man es in der operativen Umsetzung konkret hin- Bisher waren Sie nicht in der Lage, dafür eine ver- kriegen muss. Da hilft uns jetzt in der Tat das am bindliche Zusage zu geben, aber ich bitte ein 24. Oktober in Kraft getretene neue Baurecht mit bisschen um Verständnis, dass wir in dieser Situa- dem Paragrafen 246, das uns mehr Möglichkeiten tion schon auf verbindliche Zusagen angewiesen eröffnet, auch Genehmigungen zu erteilen. Wir ha- sind. Das ist, glaube ich, nachvollziehbar. ben dazu jetzt auch ein Angebot vorgelegt, um das zu flankieren, nämlich in der Bauordnung eine (Christiane Schneider DIE LINKE: Das hat Norm zu ergänzen, die ermöglicht, dass schon vor- was mit Verantwortung zu tun!) zeitig mit Bauarbeiten begonnen werden kann, – Es hat etwas mit Verantwortung zu tun, und bei wenn a) die Baugenehmigung zu erwarten ist und diesen ganzen Zwischenrufen merkt man, dass die b) der Antragsteller, also in dem Fall immer die Be- Opposition, vor allem von dieser Seite, gar nicht hörde, sich zum Rückbau, zu Schadensersatz und willens ist, die Verantwortung in dieser Lage zu so weiter verpflichtet, falls nachher doch etwas an- übernehmen. deres von der Genehmigungsbehörde entschieden würde. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Zuruf von Jörg Hamann CDU) Sie können sich gleich noch dazu erklären, ob Sie unser Angebot, hierzu eine Ausschussberatung zu Diese Regelung – Herr Hamann, Sie kennen das, machen und erst am 20. Januar zur finalen Abstim- weil Sie auch anwaltlich tätig sind – dürfte Ihnen mung zu kommen, annehmen. Wenn dazu keine vom Emissionsschutzrecht, dem Wasserrecht und Aussagen kommen, würden wir den Überwei- 1390 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Andreas Dressel) sungsantrag für diesen Punkt heute zurückziehen, (Zuruf von Martina Friederichs und Hansjörg das in erster Lesung heute beschließen, eine Schmidt, beide SPD) Selbstbefassung am 8. Januar beantragen und am – Auch Sie können sich gern zu Wort melden, Herr 20. Januar dann die zweite Lesung durchführen. Schmidt, wenn Sie dann dran sind. Sie haben es jetzt in der Hand. Stimmen Sie unse- rem Vorschlag für eine Ausschussberatung bis (Zurufe) zum 20. Januar zu, dann bekommen wir das hin. – – Meine Damen und Herren! Ich habe Zeit, ich ha- Vielen Dank. be so viel Redezeit heute Abend. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der CDU – Sören Schumacher SPD: Verantwortungslos!) Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg: Vielen Dank, Herr Dr. Dressel. – Das Wort hat Frau Prien Sie haben übrigens recht, Herr Dr. Dressel, dass von der CDU-Fraktion. die Unterbringungssituation für die Flüchtlinge – gestern Abend haben Sie dies zumindest einge- räumt – in vielen Hamburger Zentralen Erstaufnah- Karin Prien CDU:* Herr Präsident, meine sehr ge- men schwierig, in manchen Teilen unerträglich ist. ehrten Damen und Herren! Jetzt wollen wir einmal Sie haben wirklich überhaupt keinen Grund, mit versuchen, das Ganze wieder auf eine etwas sach- dem Finger auf andere zu zeigen. Ich bin vorges- lichere Ebene zu bringen tern am Rugenbarg gewesen. Die Verhältnisse (Beifall bei der CDU) dort wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Das ist natürlich nicht nur Ihrem Versagen zuzuordnen, und Ihnen vorzuführen, worum es heute Abend ei- sondern hat übergeordnete Gründe. Aber es ist gentlich geht, sehr geehrter Herr Dr. Dressel. eben auch Ihre Politik, die sich da manifestiert, und (Dr. Monika Schaal SPD: Das Geplapper Ih- die müssen Sie sich auch zurechnen lassen. rer Fraktion ist unerträglich!) Wir sind uns hoffentlich auch darüber einig, dass – Sie können sich gern zu Wort melden, wenn Sie zu einer vernünftigen Unterbringungspolitik in auch noch etwas zu sagen haben. Hamburg auch gehört, dass Sie endlich anfangen, konsequent die Flüchtlinge abzuschieben, die kein Zunächst würde ich gern ein paar Dinge zusam- Bleiberecht in Hamburg haben. menfassen, über die wir uns einig sind. Ja, es muss überall deutlich mehr gebaut werden, und (Beifall bei der CDU – Juliane Timmermann zwar nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle SPD: Als ob das was bringt!) Menschen in unserer Stadt. Allein das wird uns auf Denn auch das belastet unsere Zahlen in Hamburg Dauer helfen. massiv. Setzen Sie das Asylpaket I vernünftig um (Beifall bei der CDU) und stimmen Sie dem Asylpaket II endlich zu. Dann können Sie gern anfangen, uns Vorwürfe zu Und ja, Sie müssen endlich fertig werden mit Ihrer machen, was wir in Berlin alles falsch machen. Zentralen Erstaufnahme in Meiendorf, damit die Überlast, die Hamburg seit Monaten fährt, abge- Aber es geht heute Abend darum, wie Sie mit die- baut werden kann und Hamburg endlich nur noch sem ganzen Paket umgehen. Ich meine, es ist die Flüchtlinge dauerhaft oder auch nur vorüberge- halb neun, es ist niemand mehr auf der Pressetri- hend aufnimmt, für die Hamburg nach dem König- büne, und das ist auch nicht umsonst so. steiner Schlüssel – der schlimm genug ist, darüber (Farid Müller GRÜNE: Stimmt doch gar sind wir uns einig – zuständig ist. Das müssen Sie nicht!) auf die Reihe kriegen, Herr Dr. Dressel, und zwar Sie hier in Hamburg und niemand in Berlin. – Entschuldigung, ich freue mich, dass Sie noch da sind. Ein Lob auf den NDR. (Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Das kriegen wir auch auf die Reihe!) (Beifall bei allen Fraktionen) Dann, Herr Dr. Dressel, müssen Sie mit dem Bau Sie treffen heute Abend in einem Hauruckverfah- von Folgeunterkünften in die Gänge kommen. ren Entscheidungen, die von so großer Bedeutung Wenn ich mir etwa ansehe, dass Sie es nicht für unsere Stadt sind, und das ist per se ein inak- schaffen, in Blankenese endlich die Baugenehmi- zeptabler Vorgang. Ein rot-grüner Senat, der sich gung für die Flüchtlingsfolgeunterkunft am Björn- noch im April auf die Fahne geschrieben hat, eine sonweg mit Ihrer Bezirksverwaltung auf die Reihe neue Beteiligungskultur in dieser Stadt einführen zu kriegen, dann ist das eine peinliche Nummer. zu wollen, zieht hier ein solches Verfahren durch, Wenn Sie da ein bisschen konsequenter wären an dem weder das Parlament, geschweige denn und ein bisschen strammer arbeiten würden, dann die Bürger vernünftig beteiligt werden. Das ist ein würde das schon eine ganze Menge helfen. Armutszeugnis. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1391

(Karin Prien)

(Beifall bei der CDU und bei Christiane täuschen Sie das Parlament und die Öffentlichkeit, Schneider DIE LINKE – Zurufe) wenn Sie solches heute Abend behaupten. – Das scheint Sie ja wahnsinnig aufzuregen. (Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Wie kommen Sie dazu?) (Kazim Abaci SPD: Ja, das ist so, weil Sie Schwachsinn reden! – Sören Schumacher Eine Dreistigkeit ohnegleichen ist, dass Sie jetzt SPD: Sie lassen die Leute unter freiem Him- auch noch versuchen, mit einem Zusatzantrag, mel schlafen! – Zuruf von Anna Gallina den Sie gestern ins Parlament eingebracht haben, GRÜNE) die Hamburgische Bauordnung zu ändern, und dann auch noch versuchen, uns als Opposition in – In der Ruhe liegt die Kraft, meine Damen und ein Verfahren zu zwingen – ich könnte auch sa- Herren. gen, versuchen, uns zu nötigen. Das ist eine (Glocke) Frechheit, Herr Kienscherf, und solche Händel werden wir nicht mitmachen. Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- (Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: brechend): Meine Damen und Herren, Frau Abge- Das ist das Problem, Sie verweigern sich ordnete Gallina! Es redet nur Frau Prien und sonst nur!) niemand. – Bitte schön. Wir lassen uns von Ihnen in dieser Frage nicht er- pressen, sondern werden ein vernünftiges parla- Karin Prien CDU (fortfahrend):* Ich darf noch ein- mentarisches Verfahren durchführen. Wenn Sie mal aus dem Koalitionsvertrag zitieren: gegenüber den Hamburgerinnen und Hamburgern "[…] eine so gelebte Beteiligungskultur als eine Änderung des Baurechts vertreten wollen, die Mittel zur Verbesserung von Planungen und nichts anderes bewirken wird als ein Sonderbau- Vorhaben und zur Förderung von deren Ak- recht für die Stadt Hamburg, eine höchst fragwürdi- zeptanz." ge Angelegenheit, dann tun Sie das mit Ihrer eige- nen Mehrheit, aber lassen Sie uns aus dem Spiel. Das ist sicherlich nicht das, was Sie mit Ihrer Poli- tik in den letzten Monaten erreicht haben. Ich höre (Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, das machen vielmehr aus den Bezirken Sprüche wie: Das ist wir auch!) jetzt die Stunde der Exekutive, So etwas werden wir nicht mitmachen. (Dennis Thering CDU: Traurig!) (Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: die Not kennt kein Gebot und so weiter. Wir haben Warten wir erst mal, bis es so weit ist!) eine ganz klare Regelung zu Notstandsgesetzen in Lassen Sie mich zu Ihrem blinden Aktionismus in unserem Grundgesetz, und das haben wir auch Sachen Großunterkünfte noch ein paar weitere Be- aus gutem Grund. Solange diese Notstandsge- merkungen machen. Sie kolportieren diese Zahl setze nicht zur Anwendung kommen, und den An- von 80 000 Unterbringungsplätzen seit Tagen in wendungsfall sehe ich nicht, gilt das Gesetz, und der Stadt. Sie haben kein einziges Mal einen Beleg das sieht übrigens auch Paragraf 246 Baugesetz für diese Zahlen geliefert und schon gar nicht da- vor. für, dass hier etwa 80 000 Menschen in festen (Beifall bei der CDU) Wohnungen untergebracht werden müssten. Das ist eine Behauptung, die durch nichts belegt ist, Das ist keine Rechtsgrundlage für Sie, um das und Sie müssten sie belegen, denn für diesen Be- Baurecht außer Kraft zu setzen. leg sind Sie in der Bringschuld, meine Damen und Wenn Sie gerade eben behauptet haben, Herr Herren. Dr. Dressel, Sie müssten die Erweiterung des (Beifall bei der CDU – Glocke) Bürgschaftsrahmens um sage und schreibe 1 Milli- arde Euro heute Abend durchsetzen, weil Sie die- sen Kreditrahmen für die weiteren Verhandlungen Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- in diesem Jahr bräuchten, dann ist das eine glatte brechend): Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Lüge und widerspricht genau dem, was Sie im Zwischenfrage des Abgeordneten Abaci? Haushaltsausschuss behauptet haben. Karin Prien CDU (fortfahrend):* Nein. Herr Abaci, (Jan Quast SPD: Da waren Sie doch schon Sie können sich gern zu Wort melden. weg, Sie sind doch vorher gegangen!) Noch einmal zum Königsteiner Schlüssel: Wenn es Es geht genau um zwei Bauvorhaben, die Sie die- Ihnen wirklich ernst ist mit Verhandlungen mit den ses Jahr weiter behandeln wollen, nämlich um Flächenländern und insbesondere den Flächenlän- Lemsahl und das Gleisdreieck in Bergedorf. Sie dern in unserer Metropolregion, dann bringen Sie brauchen die Milliarde heute nicht, und Sie brau- die Verhandlungen doch endlich nach vorn. Dann chen sie auch dieses Jahr nicht mehr, und deshalb 1392 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Karin Prien) wünsche ich mir, dass der Bürgermeister einmal (Karin Prien CDU: Ja, 20 000!) ein bisschen mehr Seehofer zeigt und dabei haben wir noch einen Monat vor uns. (Dr. Andreas Dressel SPD: Vielen Dank!) Auch gesichert ist, dass wir in den vergangenen drei Monaten 10 000 Menschen aufgenommen ha- und nicht nur so tut, als ob er einen so wahnsinnig ben, und zwar dauerhaft. großen Einfluss in Berlin hätte. Sie müssen den Ball ins Tor bringen, darum geht es doch. (Karin Prien CDU: Nein!) (Beifall bei der CDU) – Doch. 2 900 im September und im Oktober Warum verhandeln Sie denn nicht auf Bundesebe- (Karin Prien CDU: 2 700! Lernen Sie Ihre ne über eine Novellierung des Wohnortzuwei- Zahlen!) sungsgesetzes? Flüchtlinge haben einen Anspruch und 4 046 im November. Das macht 3 000 plus auf eine menschenwürdige Unterbringung. Sie ha- 3 000 plus 4 000. Gut, ziehen Sie noch 100 ab, ben aber, solange sie Transferleistungen bezie- dann sind Sie bei 9 900, also fast 10 000 Men- hen, keinen Anspruch darauf, in einer bestimmten schen, die wir in den vergangenen drei Monaten Stadt oder einer bestimmten Gemeinde unterge- aufgenommen haben. bracht zu werden. Das kann man gesetzlich re- geln, und ich lade Sie dazu ein, daran mitzuwirken Wir erleben seit zwei Jahren, dass immer wenn wir und dazu beizutragen, dass Hamburg in dieser eine Bedarfsprognose bekommen, insbesondere Frage entlastet wird. eine Prognose des CDU-geführten Innenministeri- ums, diese sich am Ende dergestalt als überholt (Beifall bei der CDU) erweist, Es gibt keine andere Metropole in unserem Land, (Karin Prien CDU: Das ist Ihre Prognose, die diesen Hamburger Sonderweg geht. Es gibt Herr Tjarks, nicht die des Bundesinnenminis- keinerlei Veranlassung, für Menschen, deren Blei- ters! – Gegenruf von Ksenija Bekeris SPD: beperspektive ungeklärt ist oder die tatsächlich nur Was ist denn das für ein Unsinn?) einen Aufenthaltsstatus zunächst für ein Jahr oder für drei Jahre erhalten, festen Wohnungsbau zu dass die Bedarfe hinterher höher sind. schaffen. Dafür gibt es keinen Grund, und deshalb Ausgehend von der aktuellen Situation müssen wir sollten wir in Hamburg diesen Weg auch nicht ge- im kommenden Jahr weiterhin etwa 3 000 Men- hen. schen pro Monat aufnehmen. Somit entsteht allein (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN) im Jahr 2016 ein zusätzlicher Bedarf von 36 000 Plätzen. Nach Ihrer Rede bin ich mir ziemlich si- Eine Entscheidung über einen Bürgschaftsrahmen cher, dass wir mit der Geschwindigkeit, die Sie an in Höhe von einer Milliarde ohne eine vernünftige den Tag legen, diese Menschen nicht menschen- Bedarfsanalyse und ohne eine grundsätzliche De- würdig unterbringen können. batte über die Sinnhaftigkeit Ihres Konzepts macht keinen Sinn und wird zur Farce. Sie entwerten da- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) mit erneut die Mitwirkungsrechte des Parlaments. Zu Ihrer Aussage, man brauche für die Folgeunter- Sie treten Ihren eigenen Anspruch auf Bürgerbetei- bringung – die Folgeunterbringung, wohlgemerkt – ligung mit Füßen. Kommen Sie ab von diesem Irr- eine zusätzliche Bedarfsanalyse: Ich weiß nicht, weg. Sie gefährden die Akzeptanz der Unterbrin- was Sie damit bezwecken wollen. Die meisten gung von Flüchtlingen in unserer Stadt, wenn Sie Menschen, die in die Folgeunterbringung kommen, weiter mit dem Kopf durch die Wand wollen. Wir je- sind schon da. Wir haben ganz akuten Bedarf, und denfalls werden diesen Weg nicht mitgehen. – Vie- zwar überall. Wenn wir uns einig sind, dass Zelte, len Dank. Baumärkte und Container nicht der ideale Integrati- (Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: onsort sind, dann müssen wir irgendwo diese fes- Was wollen Sie denn eigentlich?) ten Wohnungen bauen, und ich halte es auch für sinnvoll, dass wir sie bauen. Der Bedarf ist eindeu- Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg: Vielen tig da. Es ist sogar so, dass wir als Bundesland Dank, Frau Prien. Frau Abgeordnete, denken Sie diese Zahlen nicht oder jedenfalls nicht großartig bitte künftig an den parlamentarischen Sprachge- beeinflussen können. Es gibt zwei, drei Stell- brauch. – Das Wort hat Herr Dr. Tjarks von der schräubchen, aber in der Masse sind wir rechtlich GRÜNEN Fraktion. und moralisch verpflichtet, diese Menschen unter- zubringen, und dafür müssen wir entschlossen und schnell handeln. Deswegen fand ich es zum Teil Dr. Anjes Tjarks GRÜNE:* Herr Präsident, meine ein wenig schwer zu ertragen, mit welchen Argu- Damen und Herren! Was die Bedarfe angeht, Frau menten Sie gekommen sind. Sie kritisieren, dass Prien, ist zum jetzigen Zeitpunkt gesichert, dass wir nicht schnell handeln. wir in diesem Jahr viermal so viele Flüchtlinge auf- genommen haben als im vergangenen Jahr, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1393

(Dr. Anjes Tjarks)

(Dennis Gladiator CDU: Sie müssen klug dass auch Sie verantwortlich sind für die Flücht- handeln, nicht nur schnell!) lingspolitik in diesem Land, über die wir reden und mit der wir als Kommune umgehen müssen. Da So wird man am Ende kein Problem lösen, son- stehen Sie in der Verantwortung, verdammt noch dern nur Probleme schaffen. mal. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- Ich möchte noch einmal auf die Umfrage des Nord- rufe von Jörg Hamann, Joachim Lenders deutschen Rundfunks verweisen, die relativ klar und Karin Prien, alle CDU) verdeutlicht hat, dass von allen Norddeutschen die Wenn man viel baut, gibt es in der Nachbarschaft Menschen in Hamburg und in Bremen gegenüber natürlich auch Fragen und Bedenken. den Flüchtlingen am positivsten eingestellt sind. Aber sie haben eine sehr große Sorge: Sie sorgen (Jörg Hamann CDU: Fragen nennen Sie sich über Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt. das?) Um dieser Sorge begegnen zu können, müssen Weil wir das aufnehmen wollen, haben wir uns wir, darin sind wir uns einig, bauen, bauen und – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Hamann – die Mü- bauen. Dieses Programm haben wir vorgelegt. Ich he gemacht, eine sehr umfangreiche Integrationsi- verstehe überhaupt nicht, was das Problem daran nitiative und ein sehr umfangreiches Begleitpetitum ist, dass, wenn wir uns in der Sache einig sind, die- zu dieser Fragestellung zu machen. ses Programm schnell auf den Weg gebracht wird und wir uns nicht noch überall an jeder Ecke auf- (André Trepoll CDU: Das ist auch das Min- halten, denn dann wird man am Ende nicht fertig deste! Das ist lächerlich! Das haben Sie ab- werden. geschrieben bei den Kollegen in Harburg! Lächerlich!) (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) – Das ist nicht lächerlich. Das sind 15 Seiten mit Jetzt gibt es einige, die für diese neuen Quartiere ziemlich differenzierten 25 Punkten zu der Frage, das Wort Getto benutzen. was man da eigentlich tun kann. (Zuruf von Dr. Bernd Baumann AfD) (André Trepoll CDU: Lächerlich!) Abgesehen davon, dass eine solche Stigmatisie- – Ich würde mich freuen, Herr Trepoll, wenn Sie rung meistens von außen entsteht und in der Sa- sich damit überhaupt einmal inhaltlich beschäftigen che brandgefährlich ist, möchte ich Sie einmal fra- und diesen Antrag einmal lesen würden. gen, Herr Thering, ob Sie eigentlich auch Steils- hoop und Mümmelmannsberg als Gettos bezeich- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) nen würden. Nein, das würden Sie nicht. Genau. Wie der Kollege Andreas Dressel gesagt hat, sind Ich auch nicht. In Steilshoop sind 8 700 Wohnun- wir momentan in einer Situation, die die Bundesre- gen mit 20 000 Menschen und in Mümmelmanns- gierung, ob nun willentlich oder unwillentlich, mit berg 5 000 Wohnungen mit 19 000 Menschen. Wir herbeigeführt hat, bewegen uns hier in einer völlig anderen Dimensi- on. Dieses ganze Geseiere hat überhaupt keine (André Trepoll CDU: Erzählen Sie den glei- Rechtfertigung. Sie sollten an dieser Stelle wirklich chen Mist wie die AfD, oder was?) aufpassen, worüber Sie eigentlich reden. und mit der wir umgehen müssen. Wir haben uns (Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und deswegen entschlossen, die sozialräumlichen der SPD) Strukturen zu ertüchtigen. Das führt mich noch einmal zu dem Punkt von vor- (Dennis Thering CDU: Das ist doch Unfug!) hin. Herr Trepoll hat in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung des Bürgermeisters zum Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- Thema Flüchtlinge gesagt, er sehe dieses Projekt brechend): Meine Damen und Herren! kritisch, aber er begleite es gern konstruktiv. Er hat es sozusagen in der Sache gelobt. (André Trepoll CDU: Ja, wo er recht hat, hat er recht!) (Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Was?) Herr Trepoll! – Sie können sich das noch einmal anhören, Minu- (Zuruf von André Trepoll CDU) te 20 Sekunde 30 in der Rede. Hallo, Herr Trepoll! Das Wort hat Herr Dr. Tjarks Frau Prien läuft durch die Stadt und sagt, damit und sonst niemand. Sie können sich gern noch zu werde die integrationsfeindliche Stadtentwicklung Wort melden. – Bitte schön, Herr Dr. Tjarks. zementiert. Sie müssten sich vielleicht erst einmal untereinander einig werden, was Sie eigentlich Dr. Anjes Tjarks GRÜNE (fortfahrend):* Vielen wollen. Und Sie müssen zur Kenntnis nehmen, Dank, Herr Präsident. Ich wollte Herrn Trepoll nur 1394 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Anjes Tjarks) an seine Verantwortung erinnern, die er in dieser Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg: Vielen Stadt manchmal auch wahrnehmen könnte. Dank, Herr Dr. Tjarks. – Das Wort hat Frau Schnei- der von der Fraktion DIE LINKE. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – André Trepoll CDU: Sie können ja vor lauter Verantwortung gar nicht mehr laufen!) Christiane Schneider DIE LINKE:* Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Es geht ganz schön Unser Ziel mit diesem Antrag ist erstens: Wir wol- heiß her in der Debatte, und wir debattieren tat- len lebenswerte Quartiere schaffen. Zweitens: Wir sächlich über Entscheidungen von großer Reich- wollen diese Quartiere mit der Nachbarschaft weite – von großer Reichweite für die Stadtent- vernetzen. Und drittens: Wir wollen dafür sorgen, wicklung und von großer Reichweite für die wichti- dass niemand in der bisherigen Bewohnerschaft ge Frage, ob Hamburg die Herausforderung der In- schlechter gestellt ist als bisher. Herr Lenders, tegration so vieler Neubürgerinnen und Neubürger auch Sie müssen sich einmal der Realität stellen bewältigt. Dafür sind zwei Dinge von zentraler Be- und sagen, wie Sie das eigentlich sonst machen deutung, nämlich gute Lösungsansätze und breite wollen. Akzeptanz. Wie bereits mehrfach gesagt wurde, (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – gibt es für die Akzeptanz der Aufgaben in Ham- André Trepoll CDU: Ja, auf jeden Fall nicht burg gute Bedingungen. Es gibt sie übrigens auch so!) in der Bürgerschaft, aber sie werden gerade ein bisschen verspielt. Wie die Rede von Frau Prien Um das zu erreichen, werden wir die Bezirke stär- bewiesen hat, gibt es in der Bürgerschaft starke ken, und zwar mit Personal und Geld, weil in den Differenzen hinsichtlich der Flüchtlingspolitik. Ich Bezirken die Umsetzungsverantwortung für die teile den Großteil von dem, was Sie heute gesagt neuen Quartiere liegt. Wir wollen den Quartiers- haben, nicht. Auch in der Vergangenheit gab es fonds um 1 Million Euro pro Bezirk aufstocken. immer wieder Streit, aber es gab von großen Tei- (Joachim Lenders CDU: Es weihnachtet, len der Opposition – sehe ich einmal vom ganz oder was?) rechten Rand ab, der davon lebt, im Trüben zu fi- schen – auch immer die Bereitschaft, trotz der kon- Wir wollen das Personal gewährleisten und auf troversen Diskussionen eine möglichst breite Basis diese Weise die Bezirke in die Lage versetzen, für gute Lösungen zu erreichen. Was wir jetzt erle- vernünftige Beteiligungsprozesse vor Ort durchzu- ben, ist ein Autokratismus, führen. Denn natürlich wollen wir über die Frage der Umsetzung und wie sie gelingen kann und im (Jörg Hamann CDU: Ja!) Übrigen gelingen muss reden. der nicht nur wenig demokratisch, sondern auch (Zuruf von Jörg Hamann CDU) kontraproduktiv ist. – Das ist ziemlich wichtig, Herr Hamann. (Beifall bei der LINKEN und der CDU) Deswegen haben wir in unseren Antrag geschrie- Es sollen heute mit einem dringlichen Antrag Si- ben, dass wir an der Stelle einen neutralen Ver- cherheitsleistungen zur Absicherung von Woh- mittler einsetzen wollen. Das ist eine vernünftige nungsbauförderungsdarlehen bereitgestellt wer- Initiative. Wir haben 25 Punkte für ein gelingendes den, um große Bauvorhaben schnell realisieren zu Miteinander vorgelegt, anstatt wie Sie Angstszena- können, ohne dass diese Bauvorhaben und die rien an die Wand zu malen. Ich halte diese Initiati- Richtung, die damit eingeschlagen wird, in der Bür- ve erstens für selbstverständlich gerschaft auch nur ansatzweise diskutiert werden. Sie haben die Drucksache angesprochen, die Sie (Karin Prien CDU: Ja, ich auch!) gestern eingereicht haben. Wir haben der Befas- – Von Ihnen kam sie bisher nicht. sung am 8. Januar zugestimmt, aber Sie wollen das heute. Wir haben diese Drucksache gestern und zweitens für ein klares Angebot an die Stadt, bekommen. Das ist eine komplizierte Sache. Sie um miteinander ins Gespräch zu kommen und kon- wollen heute in erster Lesung darüber befinden. struktiv über diese Fragen zu reden. Wir werden uns an dieser Abstimmung nicht betei- (Jörg Hamann CDU: Das wäre das erste ligen. Mal!) (Beifall bei der LINKEN) Und wenn Herr Trepoll sich an seine eigenen Wor- Dazu sind wir sachlich überhaupt nicht in der Lage. te erinnern würde, würden wir alle uns darüber Es wird ein 15-seitiger rot-grüner Zusatzantrag als freuen. – Vielen Dank. Tweed in die Welt geschickt, aber wir müssen erst (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) nachfragen, bevor wir ihn bekommen, und dann wird dieser Zusatzantrag ein paar Stunden später noch einmal geändert, zum Beispiel, welchem An- trag er als Zusatzantrag zugeordnet ist. Chaos und Hektik. Das sind logische Erscheinungen, wenn es Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1395

(Christiane Schneider) vor allem darum geht, vor einer angemessenen Kritik, dass die Konzentration von 4 000 und mehr Debatte Grundsatzentscheidungen durchzusetzen. Geflüchteten zur Bildung von Gettos führt. Durch Sie machen im Moment das ganze legislative Ver- Ihren konfrontativen Kurs verspielen Sie die breite fahren zur Farce. Zustimmung. Sie laufen Gefahr, Menschen nach rechts zu treiben und Ablehnung zu erzeugen, die (Beifall bei der LINKEN und der CDU) sich im Endeffekt natürlich gegen die Geflüchteten Ich muss es so sagen: Autoritär und arrogant tritt richtet. Und außerdem erzeugen Sie eine große der Senat vor allem gegenüber den Bürgerinnen Klagewelle. und Bürgern auf. Wie gesagt gibt es in dieser Stadt (Kazim Abaci SPD: Was ist die Alternative?) eine große Solidarität mit den Geflüchteten, und es gibt in weiten Teilen der Bevölkerung die aktive Wir teilen die Kritik an der absehbaren Gettobil- Bereitschaft, die Aufgabe der Integration zu meis- dung. Die Gefahr liegt nicht nur in der Größe. Ein tern. Diese Bereitschaft ist unverzichtbar, Blick auf die Karte zeigt, dass die Großunterkünfte am Stadtrand entstehen. Das macht es den Ge- (Beifall bei Jörg Hamann CDU) flüchteten extrem schwer, in dieser Stadt anzu- denn die Integrationsarbeit leistet die Stadtgesell- kommen. Wir wollen eine dezentrale Unterbrin- schaft, vor allem die Stadtteile, die Quartiere, die gung. Nachbarschaften. (Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch dezen- Wir haben bisher der Anwendung des SOG zuge- tral!) stimmt. Angesichts der schnell wachsenden Zahl – Jetzt schreit ihr alle wieder laut. Wir hatten einen von Geflüchteten mussten kurzfristige Entschei- langen Antrag, den ihr abgelehnt und hinterher ei- dungen über Unterbringungsmöglichkeiten getrof- nige Punkte umgesetzt habt. Jetzt hört doch ein- fen werden, um Obdachlosigkeit zu vermeiden – fach einmal zu, vielleicht verständigen wir uns. da haben Sie recht. Jetzt aber geht es um Ent- scheidungen für Jahrzehnte. Es geht um die Frage (Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei – und hier gebrauche ich den Begriff Getto –, ob der CDU und der FDP) wir die Bildung von Gettos in Kauf nehmen oder ob Wir wollen, dass die Geflüchteten inmitten der es realistische Alternativen gibt. Stadtgesellschaft leben können und nicht an ihren (Beifall bei der LINKEN, der CDU und bei Rand gedrängt und abgesondert werden. Das ist Carl-Edgar Jarchow FDP – Zuruf von André kurzfristig schwieriger zu bewerkstelligen, zugege- Trepoll CDU) ben, und teurer als die Errichtung von Großsied- lungen. Aber mittel- und langfristig sind vor allem – Dass Sie mir applaudieren, irritiert mich irgend- die sozialen Kosten sehr viel niedriger. wie. (Beifall bei der LINKEN und bei Karin Prien Es geht um die Frage, ob es die Möglichkeit de- CDU – Dirk Kienscherf SPD: Wo denn?) zentraler Unterbringung gibt und wie eine solche realisiert werden kann. An einer so grundlegenden Grundsätzlich, um das auch einmal zu sagen, er- Entscheidung sind die Bezirke und die betroffenen kennen wir an, dass der Senat nun von Zahlen Stadtteile und natürlich auch die Bürgerschaft zu ausgeht, die nach heutigem Ermessen realistisch beteiligen. Wenn Sie in Ihrem ersten Entwurf des erscheinen. Wenn der Mittlere Osten nicht ganz in Zusatzantrags, den Sie dann Gott sei Dank ver- Flammen aufgeht, sind diese Zahlen wahrschein- bessert haben, davon reden, dass die zuständigen lich realistisch beziehungsweise zu tief gegriffen; Behörden keinen Basar über das Ob und die Grö- das wollen wir alle nicht. Ebenso unterstützen wir, ße von Unterkünften aufmachen könnten, dann dass der Senat den Bau von Wohnungen und nicht spricht das Bände über Ihr Verhältnis zu demokra- die Errichtung von Container- und Modulbaudör- tischen Beteiligungsverfahren. fern plant. Die Idee, Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen zu schaffen, ist unterstüt- (Beifall bei der LINKEN, der CDU und der zenswert. Sehr kritisch sehen wir aber die geplante FDP) dichte Belegung der Unterkünfte, die Konflikte und Dann spricht das Bände über Ihr Verständnis oder Gettobildung begünstigt. Unverständnis der Frage, wie und von wem eigent- (Wolfgang Rose SPD: Haben Sie eine Alter- lich die Arbeit der Integration geleistet wird. Die native?) Einwände aus den Nachbarschaften der geplanten Großunterkünfte sind, zugegeben, vielschichtig. – Wir konnten leider keine Alternative zu Ihrem Zu- Natürlich gibt es wie überall in der Stadt auch Res- satzantrag erarbeiten, weil er erst gestern gekom- sentiments gegen Geflüchtete; Hamburg ist keine men ist. Insel der Glückseligen. Es gibt die Angst, dass Was nun den Zusatzantrag von Rot-Grün angeht, Flüchtlingsunterkünfte den Wert der Immobilien so liest sich das alles super. 25 Punkte, was will senken, und es gibt viele andere Ängste. Es gibt man mehr? Aber meine Damen und Herren von aber eben auch die von Verantwortung getragene Rot-Grün, Sie haben dort kein einziges Problem, 1396 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Christiane Schneider) das Ihr Konzept hervorruft, realistisch betrachtet chen Ihnen, dass wir Ihnen die Debatte über die und beantwortet. anderen Anträge im Ausschuss nicht leicht ma- chen werden. (Jörg Hamann CDU: Genau! Das ist der Punkt! und Beifall) (Beifall bei der LINKEN und der CDU) Es ist wie bei einem Gemälde, das aus der Ferne großartig wirkt, bei dem aber bei näherem Betrach- Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg: Vielen ten alle konkreten Einzelheiten durch dicke Pinsel- Dank, Frau Schneider. – Das Wort hat Frau striche übertüncht sind. Es kommt aber auf das Dutschke von der FDP-Fraktion. Konkrete an. Jennyfer Dutschke FDP:* Sehr geehrter Präsi- (Jörg Hamann CDU: Ein Scheinriese also!) dent, sehr geehrte Damen und Herren! Statistisch zum Beispiel sind derzeit 27 Prozent (Sören Schumacher SPD: Oh, jetzt wird wie- der Geflüchteten im Kindesalter. In den von Ihnen der gehetzt!) geplanten Quartieren werden also viele Hundert Kinder leben. Wie sollen die noch nicht schulpflich- Ich fange einmal mit dem Haushaltsteil an. Der Se- tigen Kinder denn konkret in Kitas integriert wer- nat will 970 Millionen Euro Bürgschaften für sozia- den, die bei den meisten Großstandorten am len Wohnungsbau. Diese seien notwendig, weil Stadtrand eben nicht dicht gesät sind? Wie wollen mangels bestehenden Planrechts und nur auf Sie konkret verhindern, dass sich naturwüchsig Grundlage des geänderten Paragrafen 246 Bauge- – nicht bewusst und nicht gewollt, aber naturwüch- setzbuch überhaupt in dieser Form Flüchtlingsun- sig – eine Art Apartheidsystem, eine Trennung ent- terkünfte gebaut werden dürfen. Dabei halten Sie wickelt, die das spielerische Zusammenwachsen es offenbar nicht einmal für notwendig, uns als verhindert? Bürgerschaft detaillierte Planungen vorzulegen. Aus der Senatsdrucksache geht nicht einmal her- Ähnlich stellt sich die Situation bei den Schulen vor, wie viele Wohneinheiten an welchem Standort dar. Sie haben doch noch nicht einmal die Konse- denn nun tatsächlich entstehen sollen, wenige quenzen aus dem Scheitern der Inklusion im Re- Ausnahmen ausgenommen. gelsystem gezogen und steuern mit der großen Konzentration von Geflüchteten am Stadtrand auf (Dirk Kienscherf SPD: Sie müssen auch die das nächste Fiasko für die Schulen zu. Ich habe andere Drucksache mal lesen!) mir die Schulstandorte angesehen. Das wird nicht Aber statt sich auf einen Bürgschaftsrahmen für reichen, um 800 Kinder aufzunehmen. bestehende Projekte zu beschränken, bis Sie mehr (Beifall bei der LINKEN, der CDU und ver- Details zu den künftigen Planungen vorlegen kön- einzelt bei der FDP) nen, wollen Sie gleich die volle Milliarde Euro. Wei- tere Auskünfte im Haushaltsausschuss haben Sie Was sollen denn die – ich zitiere – mit fadenscheinigem Verweis auf vermeintliche Be- "[…] geeignete[n] Maßnahmen und Anpas- triebs- und Geschäftsgeheimnisse bedauerlicher- sung der Rahmenbedingungen vor Ort […]" weise verweigert. sein, von denen Sie reden? Phrasen sind das, kei- (Jan Quast SPD: Das ist doch absurd!) ne Lösungsansätze. Meine Damen und Herren auf der Senatsbank! Ihr (Beifall bei der LINKEN, der CDU und der Unwille zur Auskunft und das parlamentarische FDP) Verfahren bieten für uns Freie Demokraten keine Geschäftsgrundlage für das Erteilen einer Milliar- Das einzig Handfeste an Ihrem Zusatzantrag sind dengarantie. die 1 Million Euro, die jeder Bezirk für die – ich zi- tiere – (Beifall bei der FDP und der CDU) "[…] Bewältigung der sozialräumlichen Fol- Einen solchen Blankoscheck werden wir Ihnen gen […]" deshalb auch nicht ausstellen. Selbst wenn man über die Form hinwegsehen würde, ist der Inhalt erhalten soll. Gestatten Sie die Frage: Wie weit dieses Vorhabens dennoch massiv zu kritisieren. wollen Sie denn mit dieser 1 Million Euro pro Be- So lange die Grundstücke und Immobilien ohne zirk kommen? Planrecht errichtet werden, ist das Risiko des Wir enthalten uns bei der Abstimmung über die Wertverlusts enorm. Diese Grundstücke und Im- Drucksache 21/2308. Natürlich muss Geld bereit- mobilien sind mangels entsprechender Flächen- gestellt und auch gesichert werden, aber wir sind widmung nicht ausreichend beleihbar. Der Grund- nicht damit einverstanden, dass es schon jetzt si- bucheintrag ist damit de facto nicht werthaltig. Nur chergestellt wird für ein Konzept, das wir in der deshalb sind Bürgschaften in so hohem Ausmaß Bürgerschaft überhaupt nicht erörtert haben. Des- zur Kompensation erforderlich. Diese Bürgschaften wegen werden wir uns enthalten, und wir verspre- bergen aber auch ein signifikantes Verlustrisiko für Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1397

(Jennyfer Dutschke) diese Stadt, das Sie offenbar nicht annähernd kon- wehrrecht zurückgreift, kann in einer Demokratie kretisieren können. Der Senatsvertreter sprach im nicht hingenommen werden. Haushaltsausschuss von einer zumindest nicht (Beifall bei der FDP) überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Inan- spruchnahme. Meinen Sie mit einer nicht überwie- Wir Freie Demokraten fordern deshalb in unserem genden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme Antrag, die Anwendung des SOG für die Planung von Bürgschaften ein Ausfallrisiko von 10 Prozent, und den Bau von Einrichtungen der Folgeunter- oder meinen Sie damit ein Ausfallrisiko von 49 Pro- bringung für Flüchtlinge und Obdachlose zu unter- zent? Das sollten Sie uns doch einmal klar und lassen. Wir fordern den Senat auf, nicht länger gel- deutlich darlegen. Allein diese Aussage ist schon tendes Plan- und Baurecht zu umgehen, um ver- ein Grund mehr, diese massive Ausweitung städti- meintlichen Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu scher Bürgschaften abzulehnen. Entweder sind gehen. Sie nicht willens, die notwendigen Auskünfte zu er- (Beifall bei der FDP und der CDU) teilen, oder Sie sind schlichtweg nicht fähig. Das vermag ich nicht zu beurteilen, aber beides bereitet Wir fordern den Senat auf, die Bezirksversammlun- uns Grund zur Sorge. gen endlich wieder in einen ergebnisoffenen Pro- zess einzubinden. Wir fordern den Senat auf, An- (Beifall bei der FDP und der CDU) wohner endlich richtig zu beteiligen, anstatt über Ich möchte auch auf die soziale und die stadtent- ihre Köpfe hinweg zu entscheiden. Wir fordern wicklungspolitische Dimension dieses Sammelsuri- mehr Transparenz, mehr Kommunikation und mehr ums an Drucksachen zu sprechen kommen. Dabei Ehrlichkeit im Umgang mit der Schaffung von Un- ist es schon bezeichnend, dass SPD und GRÜNE terkünften. die Erforderlichkeit sehen, Zusatzanträge im Um- (Wolfgang Rose SPD: Alles Sprüche!) fang von insgesamt 20 Seiten zu einem Senatsan- trag einzureichen, der nicht einmal halb so um- Verbauen Sie sich und unserer Stadt nicht die fangreich ist. Chance, Quartiere zu entwickeln, die von der Be- völkerung als Teil der Stadt wahrgenommen und (Dirk Kienscherf SPD: Die Seitenzahl? Das akzeptiert werden. ist doch ein Witz jetzt! – Glocke) (Phyliss Demirel GRÜNE: Dann machen Sie Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- einen Vorschlag, Frau Dutschke!) brechend): Meine Damen und Herren! Nur Frau Stoßen Sie die Hamburger nicht länger vor den Dutschke redet. Wenn Sie sich unterhalten wollen, Kopf, indem Sie den Bürgerwillen ignorieren. machen Sie das bitte draußen. – Bitte, Frau Abge- ordnete. (Dr. Andreas Dressel SPD: Wo ist der Vor- schlag?) Jennyfer Dutschke FDP (fortfahrend):* Allein die- Zerstören Sie nicht die Zukunft der unzähligen ses Verhältnis zeigt, wie problematisch das bisheri- Flüchtlinge, die in der Hoffnung nach Deutschland ge Vorgehen des Senats bei der Folgeunterbrin- gekommen sind, Sicherheit zu finden und sich in gung von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist. Die eine intakte Gesellschaft zu integrieren, eine Ge- zahlreichen Klagen gegen das Vorgehen des Se- sellschaft, die sie mit offenen Armen empfängt, ih- nats, die ganzen Bürgerinitiativen aus der Mitte der nen Angebote macht und sie unterstützt. Stimmen Gesellschaft sollten für den Senat doch die Signal- Sie daher für unseren Antrag. wirkung haben, dass ein "Weiter so" nicht funktio- Dass Rot-Grün nun in einem der umfänglichen Zu- nieren kann. satzanträge versucht, die Anwendung des SOG (Beifall bei der FDP und bei Joachim Len- auf den zwingend notwendigen Umfang zu be- ders CDU und Dr. Alexander Wolf AfD) schränken, scheint doch ein wenig kleingeistig an- gesichts der Tatsache, dass der Senat nun schon Bislang hat der Senat nur auf Konfrontation ge- seit Monaten so argumentiert. Verbindlichkeit ist setzt und damit für so viel Unmut gesorgt, dass so- aber etwas anderes, und Vertrauen in Politik und gar die Regierungsfraktionen nun, weil es offenbar Demokratie wird durch Verbindlichkeit geschaffen. kurz vor Weihnachten so gut passt, mit einer 25- Außerdem enthält der rot-grüne Zusatzantrag noch Punkte-Wunschliste nachsteuern wollen. eine bittere Pille. Von den aktuell existierenden 170 Standorten zur (Farid Müller GRÜNE: Na?) Unterbringung von Flüchtlingen wurden 48 Stand- orte unter Zuhilfenahme des SOG eingerichtet. Die in diesem Antrag vorhandene Zielstellung, den Dieses Vorgehen mag bei der Errichtung von Erst- Baubeginn vor eine Entscheidung über den Bau- aufnahmeeinrichtungen noch nachvollziehbar sein, antrag zu ziehen, mag in Einzelfällen vermeintlich aber dass der rot-grüne Senat selbst bei der Ein- akzeptabel sein. Dass damit nun aber Wider- richtung von Folgeunterbringungen auf dieses Not- spruchsrechte der Anwohner wegfallen, ist hinge- gen dramatisch. Etwaige Klagen werden meist erst 1398 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Jennyfer Dutschke) nach der Fertigstellung des Hauses gerichtlich ent- (Beifall bei der FDP und bei Dr. Ludwig schieden sein. Folglich planen Sie nun, die Bau- Flocken AfD) herren zu verpflichten, alle bis zur Entscheidung Der Bau dieser Massenwohnanlagen bewegt sich über den Bauantrag durch die Errichtung der bauli- rechtlich auf dünnem Eis und kann nicht die Lö- chen Anlagen verursachten Schäden zu ersetzen, sung der selbstverschuldeten Flüchtlingsunterbrin- und verlangen entsprechende Sicherheiten. Sehr gungskrise dieses rot-grünen Senats sein. geehrte Kollegen von SPD und GRÜNEN, kein pri- vater Investor wird diese Regelung unterschreiben (Dirk Kienscherf SPD: Kriegen Sie eigentlich können. mit, was in anderen Städten und Gemeinden los ist?) (Beifall bei Daniel Oetzel FDP) So ist mindestens ein hohes Versagensrisiko bei Das damit einhergehende Risiko ist zu groß, denn der Integration der Flüchtlinge, im schlimmsten Fall das Klagepotenzial ist enorm hoch. Im Endeffekt sogar eine Gettoisierung ganzer Stadtteile vorpro- führt diese Regelung zu ausschließlich kommuna- grammiert. So eine kopflose Politik wird niemals len Bauherren für den Bau der Flüchtlingsunter- die Zustimmung unserer Fraktion finden. künfte, weil diese nach Ihrem Antrag keine Garan- tien abgeben müssen. Im Zweifelsfall wird wieder (Beifall bei der FDP – Ksenija Bekeris SPD: einmal der Steuerzahler zur Kasse gebeten. So Und jetzt kommt Ihr Vorschlag, Frau Dutsch- geht es nicht. ke!) (Beifall bei der FDP) Zum Verfahren: Herr Dr. Dressel, verstehe ich Sie richtig, dass Sie unsere Drucksachen alle zusam- Sie verdrängen private Bauherren, die sich eigent- men an den Stadtentwicklungsausschuss überwei- lich im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte engagie- sen wollen, der am 8. Januar tagt? Dann folgt am ren wollen. Sie erhöhen das Risiko für den Steuer- 19. Januar dazu die Sachverständigenanhörung im zahler, und Sie fordern schon heute Bürgschaften Stadtentwicklungsausschuss. Am 20. Januar soll von fast 1 Milliarde Euro. das Ganze dann wieder in der Bürgerschaft be- Wie man Ihrem 25-Punkte-Katalog entnehmen schlossen werden, und erst am 11. Februar wollen kann, haben Sie zumindest schon ansatzweise er- Sie per Rücküberweisung und Selbstbefassung ei- kannt, dass der bislang eingeschlagene Weg nicht ne Senatsanhörung zu der Sachverständigenanhö- von Erfolg geprägt ist. Sie haben offenbar festge- rung machen. stellt, dass man mit einer Basta-Rhetorik nicht auf (Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist die ande- offene Ohren trifft, sondern stattdessen starken re Drucksache! Das sind zwei verschiedene Gegenwind erfährt. Aber wie sollen Ihre Forderun- Dinge, die wir machen!) gen tatsächlich realisiert werden? Wie soll zum Beispiel eine möglichst gemischte Belegung er- Ihre Änderungsanträge beziehen sich alle auf die reicht werden, wenn Sie die neuen Wohnungen so Drucksache 21/1838 und eben gerade nicht auf stark überbelegen, dass die Quartiere mit regulä- unseren Antrag. Es wäre schön, wenn Sie gleich ren Wohngegenden nur sehr wenig zu tun haben? ein wenig Transparenz schaffen könnten, damit wir Und wie soll bei der von Ihnen angestrebten star- wissen, worüber wir entscheiden. ken Überbelegung einer Wohnung jemals ein nor- (Dr. Andreas Dressel SPD: Machen wir!) maler Mietvertrag zustande kommen? Der Zusatz- antrag enthält einen bunten Strauß von Wünschen, Wie es eben rübergekommen ist, wollen Sie ein deren Realisierbarkeit aber wirklich fraglich ist. Sie Einvernehmen für diese Überweisungen. Wir las- wollen attraktive Freiflächen, Spielplätze, Sportan- sen uns nicht gern unter Druck setzen, aber weil lagen, Freizeiträume, Gärten, und dann finden sich es um die Sache geht, halten wir es für wichtig, in Ihrem Zusatzantrag noch zahlreiche Verspre- über diese Anträge zu diskutieren. Wenn Sie heute chen zur Stadtteilarbeit, zu Kulturprojekten, zur die Überweisung verweigern, dann können auch Ausweitung von Kita- und Schulkapazitäten, zur wir an der Abstimmung zu diesem Antrag nicht teil- Grünflächenunterhaltung und so weiter. nehmen, weil er erst gestern eingegangen ist und eine vernünftige Befassung mit ihm erforderlich (Dr. Andreas Dressel SPD: Und was ist ist. – Vielen Dank. daran schlecht?) (Beifall bei der FDP und der CDU) – Das klingt alles schön und wünschenswert, Herr Dr. Dressel, aber nichts davon ist bisher seriös fun- diert unterlegt gegenfinanziert oder gar mit einem Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg: Vielen realistischen Zeithorizont versehen. Sie versuchen, Dank, Frau Dutschke. – Das Wort hat Herr Ehle- dem Bürger mit blumigen Worten eine heile Welt bracht von der AfD-Fraktion. zu verkaufen, während Sie unrealistische Verspre- (Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über- chungen machen und letztlich soziale Brennpunkte nimmt den Vorsitz.) in unserer Stadt bauen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1399

Detlef Ehlebracht AfD:* Sehr geehrter Herr Präsi- nungsbauplanung einsteigen. Denn obwohl schon dent, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Sta- jetzt klar ist, dass diese 40 000 Wohnungen zu we- pelfeldt, Sie haben im letzten Stadtentwicklungs- nige sind – das kann man nicht einmal mehr eine ausschuss gesagt, Sie rechneten für dieses und grobe Daumenpeilung nennen, noch einmal: Den- nächstes Jahr mit 80 000 Flüchtlingen – 40 000 in ken Sie an die Familienzusammenführungen –, diesem Jahr und 40 000 im nächsten Jahr. Ich wird so getan, als habe man alles im Griff. Aber komme auf dieses Thema zu sprechen, weil diese gut. Zahlen die Planungsgrundlage für die notwendigen Wie schon erwähnt ist die Zeitnot groß, der Woh- Wohnungsbauten sind. Mir ist nicht ganz klar, wo- nungsbau ist dringend. Dass wir lieber heute als rauf diese Zahlen basieren. Die Zahl der in Ham- morgen winterfeste Unterkünfte und Wohnungen burg angekommenen Flüchtlinge kann es auf je- brauchen, ist unbestritten. Der Bedarf an Wohnun- den Fall nicht sein, denn diese lag schon im No- gen, der sich aufgrund der ungefähren Zahlen von vember bei 55 000. Dann ist es vielleicht die Zahl Flüchtlingen und Asylanten vage abzeichnet, ge- der Gesamtanzahl der Flüchtlinge in Deutschland, bietet schnelles Handeln – auch das ist unumstrit- aufgeteilt nach dem Königsteiner Schlüssel, wobei ten und allen Beteiligten vollständig klar. jeder weiß, dass das System, in dem diese Flücht- linge aufgenommen worden sind, sehr starke Auf diese Situation mit 5 600 Wohnungen in einem Missstände aufweist. Es gibt Doppelmeldungen, ersten Schritt zu reagieren, geht in die richtige Meldungen von Flüchtlingen, die schon gar nicht Richtung. Auch die vielen jetzt gegründeten Initiati- mehr im Land sind, es gibt Circa-Schätzungen des ven sprechen sich nur gegen die Art und Weise, BAMF, ungefähr 300 000 Menschen, die noch gar wie Sie diese Wohnungen belegen wollen, aus nicht aufgenommen worden sind, und dann gibt es – das möchte ich an dieser Stelle auch noch ein- auch noch diejenigen, die sich gar nicht registrie- mal erwähnen –, und nicht gegen den Wohnungs- ren lassen wollen. Aber vielleicht meinen Sie mit bau. Dennoch ist es ein Unding, dass Sie sich jetzt diesen 40 000 pro Jahr die Flüchtlinge inklusive ih- mit diesen Anträgen einfach einen Blankoscheck rer Angehörigen, die im Zuge der Familienzusam- ausstellen lassen wollen, sowohl was die Erhö- menführung auch noch bei uns unterzubringen wä- hung der Bürgschaften für die IFB als auch für die ren. Ich weiß es nicht. Diese Familienzusammen- aufgeführten Areale angeht, die jetzt mit Flücht- führung ist ein wichtiger Aspekt, der selbstver- lingswohnungen im sozialen Standard bebaut wer- ständlich nicht vernachlässigt werden darf. den sollen, wie auch immer das dann im Detail aussehen soll. Von den in der Drucksache 21/1838 (Farid Müller GRÜNE: Aha!) aufgeführten Grundstücken, welche seitens der Die häufigste Migrationsursache ist übrigens in Bezirke für die Bebauung mit Asylantenheimen zur Schweden mit 33 Prozent genau diese Familienzu- Verfügung gestellt werden sollen, weisen gerade sammenführung, also ein erheblicher Aspekt. einmal zwei Baugebiete eine Baureife aus. Bei al- len anderen Grundstücken lesen wir nur Absichts- (Phyliss Demirel GRÜNE: Das ist keine Ur- erklärungen. Wir wissen nicht, mit wem entwickelt sache, sondern eine Folge!) wird, wer die Bauträger sind, wie nachhaltig die Ich sage nicht, dass Sie zu beneiden sind und es Wohnungen letztlich gebaut werden, wie die Be- einfach sei, eine solche solide Planungsgrundlage bauung im Detail aussieht. Wir wissen nichts. Fünf für den zweifellos absolut notwendigen Wohnungs- der vorgeschlagenen Areale liegen in Landschafts- bau zu schaffen. Aber Ehrlichkeit und Mut, der schutzgebieten, wo eine verträgliche Einbindung in Realität ins Auge zu blicken, kann ich erwarten, die Landschaftsachsen angemahnt wird. Sie ge- doch beides vermisse ich. Dass sich die Politik in ben als Leitbild Ihrer Politik aus, die Landschafts- dieser Frage endlich ehrlich macht und aufhört, achsen schließen zu wollen, wollen aber jetzt erst sich in die eigene Tasche zu lügen, und aufhört, einmal für viele Jahrzehnte oder für immer ganze den Leuten etwas vorzumachen, ist ihre Pflicht. Teile davon unter Beton beerdigen. Bestandteile jahrzehntelanger wertvoller Stadtplanung werden (Dr. Monika Schaal SPD: Sie gehören auch jetzt einfach über Bord geworfen, und das mit dem dazu, das sollten Sie nicht vergessen!) Segen der GRÜNEN. Es geschehen noch Zeichen Wenn die Politik das nicht in Gänze beherzigt, wird und Wunder. das katastrophale Auswirkungen haben. Pläne, auf Letztlich bleibt vieles unklar, wirkt überhastet, aber deren Basis vermeintlich konkreter Bedarf ermittelt dennoch alle Lichter auf Grün zu schalten, ist noch wird, aber deren Zahlen, auf denen sie basieren, eine Steigerung der Bewerbung für Olympia. Da la- Fantasiezahlen sind, sind zum Scheitern verurteilt. gen wenigstens vereinzelt Konzepte mit detaillier- Was wird aus dem sozialen Frieden? Welche ge- ten Zahlen vor. Damit kann man etwas anfangen. sellschaftlichen Folgen wird ein Scheitern dieser Aber hier liegt nur ein mit heißer Nadel gestrickter Pläne haben? Sie sollten sich also einmal langsam Zusatzantrag vor, der wieder einmal viel zu kurz- die Mühe machen zu erläutern, wie Sie genau auf fristig vorgelegt wurde und mit dem man sich kaum diese zweimal 40 000 Flüchtlinge pro Jahr kom- richtig auseinandersetzen konnte. Aber dennoch men, bevor wir in vermeintlich detaillierte Woh- wollen Sie 920 Millionen Euro, also fast 1 Milliarde 1400 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Detlef Ehlebracht)

Euro, Bürgschaft haben. Dem können wir nicht zu- nicht die Zeit genommen. Sie haben den 29. No- stimmen. Um Ihnen zu zeigen, was gehen würde: vember für das Referendum festgesetzt – zu früh, Eine Anhebung des Bürgschaftsrahmens um ein Kardinalfehler. 167 Millionen Euro für die Baugebiete, die eine Es gibt keinen anderen Weg für diese Integration Baureife haben, wäre kein Problem. Das ist etwas als den, wie ich ihn eben beschrieben habe. An- Konkretes, das ist schon etwas, von dem man sa- ders schaffen Sie es nicht. Alle diese Kunstgebil- gen kann, es habe Hand und Fuß, sei aber in der de, die Sie in Ihrem Zusatzantrag proklamieren, vorliegenden Form des Antrags leider nicht mög- sind ein buntes Feuerwerk. Aber es wird nicht zün- lich. den. Es bleiben 4 000 Flüchtlinge auf einem Hau- Ein enorm wichtiger Aspekt, der schon mehrfach fen. Eine Durchmischung wird dort nicht stattfin- angesprochen worden ist, betrifft die Belegung der den. Und wenn Ihre Parteigenossen in der GroKo geplanten Wohnungen. Es wird bei der jetzigen im Bund Gesetze verabschieden, die Ihnen hier Planung zusammenhängende Areale mit circa die Hände binden, dann klären Sie das doch bitte 800 Wohnungen geben. Diese sollen dicht belegt zusammen mit Ihren Länderkollegen, die alle ge- werden, also vier bis fünf Personen pro Wohnung, nau die gleichen Probleme haben, und reden Sie und zwar ausschließlich mit Flüchtlingen. Herr mit Ihren Genossinnen und Parteikollegen. Ma- Tjarks, es tut mir leid, ich muss dieses Wort noch chen Sie aus schlechten Gesetzen gute Gesetze, einmal benutzen, das wäre eine Gettoisierung von die es Ihnen ermöglichen, genau eine solche Bele- Flüchtlingen. Das ist die vorsätzliche Schaffung gung durchzuführen, nämlich eine wirkliche Durch- von Parallelgesellschaften innerhalb der Stadt – mischung. das kann ich nicht anders ausdrücken. In Summe heißt das für uns, ein bisschen mehr In- Wenn der erste Teil der Planung, nämlich das Er- formationen und Gespräche zu diesen Anträgen in richten dieser notwendigen Wohnungen, tatsäch- den Ausschüssen dürften es schon sein. Die Zeit, lich geschafft werden sollte – die Schaffung von die wir dafür brauchen, sollten wir uns nehmen. ausreichend gutem, nachhaltigem Wohnraum un- Fehler, die wir jetzt machen, können wir hinterher terstützen wir auch –, würde das Projekt Aufnahme nicht wieder ausbügeln. Wir reden hier nämlich von Flüchtlingen an der zweiten viel größeren Hür- über Beton, den wir setzen wollen, und da, wo er de scheitern, nämlich an der Integration dieser steht, steht er, und in der Art und Weise, wie er Flüchtlinge. steht, wird er auch bleiben. Das ist dann nicht mehr zu korrigieren. Diese Anträge nach dem Mot- (Dr. Andreas Dressel SPD: Das heißt, Sie to vorzulegen, Vogel, friss oder stirb, ist wieder ei- sind für dünnere Belegung? Da würden sich ne unsägliche Art, die ich nicht verstehe. Da wird dann AfD und LINKE treffen. Das ist ja inter- Schulterschluss eingefordert – und ich glaube, die essant!) Bereitschaft dazu ist bei vielen hier gegeben –, – Dazu komme ich gleich noch. Ich weiß, worauf aber man bekommt gar keine Chance dazu. Man Sie hinauswollen. Was Ihnen die Hände bindet, kann nur wieder sagen, ja, alles gut, und hält die hatten Sie bereits angesprochen. Klappe. Das ist leider nicht möglich. Wir können dem Antrag in dieser Form nicht zustimmen. Wir (Dr. Andreas Dressel SPD: Und das ist jetzt haben Diskussionsbedarf, wofür wir uns Zeit neh- der Vorschlag?) men müssen. Darum bitten wir hier. – Schönen Diese Wohngebiete dürften mit maximal 20 Pro- Dank für Ihre Aufmerksamkeit. zent Flüchtlingen belegt werden. Für die restlichen (Beifall bei der AfD) 80 Prozent müssten Sie umzugswillige Mieter fin- den, welche derzeit in mietpreisgebundenen Woh- nungen wohnen. Die dann frei werdenden Woh- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als nungen sind wiederum mit Flüchtlingen zu bele- Nächste erhält jetzt für den Senat das Wort Frau gen. Ich nenne das eine Durchmischung mit einge- Senatorin Dr. Stapelfeldt für maximal 32 Minuten. bauter Integration. Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt: Sehr geehr- (Dr. Andreas Dressel SPD: Schlafen immer ter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen alle draußen oder was?) und Herren! Unsere Stadt und unser Land stehen Das ist mühsam und kostet auch Zeit. Aber wer hat heute angesichts der vielen Schutz suchenden gesagt, dass es einfach ist? Wer hat gesagt, dass Menschen vor einer der größten Herausforderun- Politik einfach ist? Keiner. In Japan sagt man: gen seit Jahrzehnten, eine Herausforderung und Wenn du es eilig hast, mach einen Umweg. Wir eine große humanitäre Aufgabe, die, wie ich finde, sollen jetzt keine Umwege machen, aber wir müs- von der gesamten Stadt und auch hier im Haus an- sen uns schon ausreichend Zeit nehmen, um nicht genommen werden sollte. wieder in dieser Hektik Fehler zu begehen. Ich ha- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) be vorhin etwas zu Olympia gesagt, und natürlich haben Sie da weggehört. Auch da haben Sie sich Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1401

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Seit Januar dieses Jahres sind 1 Million Flüchtlinge (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) im Erstaufnahmesystem EASY registriert worden, Auf Bundesebene waren sich die Fraktionen von wie gestern die bayerische Sozialministerin ver- SPD und CDU bei der Verabschiedung des Asyl- kündet hat. Allein nach Hamburg sind in den letz- pakets einig. Hiermit wurde ein extra Sonderbau- ten drei Monaten durchschnittlich 10 000 Men- recht im Baugesetzbuch eingerichtet, das die Mög- schen pro Monat gekommen. Hamburg ist gesetz- lichkeit bietet, dringend benötigte Unterkünfte für lich dazu verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen, sie Flüchtlinge und Asylbegehrende unter anderem unterzubringen und zu versorgen. Bis zum Ende auch ohne vorherigen Erlass eines entsprechen- dieses Jahres müssen wir etwa 48 580 Plätze für den Bebauungsplans zu schaffen. Dieses neue Erst- und Folgeunterbringung und bis zum Ende Baurecht, also der Paragraf 246 des Baugesetzbu- des nächsten Jahres weitere rund 31 000 Plätze ches und insbesondere dessen Absatz 14, setzen geschaffen haben. Damit stehen wir vor der Aufga- wir in Hamburg um. be, mindestens 79 000 Plätze in unserer Stadt zu schaffen; das heißt, wir müssen im Prinzip die Be- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) völkerung einer mittelgroßen deutschen Stadt zu- Darüber hinaus haben die Regierungsfraktionen sätzlich bei uns in Hamburg unterbringen. Über einen Antrag gestellt, mit dem ein vorzeitiger Bau- diese neue Herausforderung für unsere Stadt wer- beginn für Einrichtungen zur Unterbringung von den wir unsere Regelaufgaben nicht vergessen, Flüchtlingen und Asylbegehrenden ermöglicht wird. denn wir haben es in Hamburg ohnehin im gesam- Voraussetzung hierfür ist, dass nach einer summa- ten Stadtgebiet mit einem seit Jahren angespann- rischen Prüfung mit einer Erteilung der Baugeneh- ten Wohnungsmarkt zu tun. Unsere Mieten ent- migung zu rechnen ist. Diese Regelungen betref- wickeln sich dynamisch, wie der letzte Mietenspie- fen aber ausdrücklich nicht unser Sonderbaupro- gel gezeigt hat, unsere Leerstandsquote liegt bei gramm. Die Änderungen des Paragrafen 72a der nur 0,7 Prozent, und unsere freien Flächen werden Hamburgischen Bauordnung werden dazu beitra- immer knapper, während die Nachfrage nach gen, die Errichtung anderer notwendiger Unter- Wohnraum steigt. Deshalb setzen wir natürlich künfte deutlich zu beschleunigen, und ich denke, weiterhin auf unser Wohnungsbauprogramm und dass wir im Laufe der parlamentarischen Beratun- werden auch künftig mindestens 6 000 Wohnun- gen noch die Möglichkeit haben, dies weiter zu gen pro Jahr fertigstellen. vertiefen. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Auch die anderen hilfebedürftigen Menschen in un- Über die Stadt verteilt werden in jedem Bezirk bis serer Stadt, obdachlose Menschen oder Men- Ende kommenden Jahres jeweils bis zu schen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind, ver- 800 Wohneinheiten entstehen. Diese neuen lieren wir nicht aus dem Blick. Auch für unsere Flüchtlingsunterkünfte werden von privaten In- Nachbarn, die Flächenländer, ist es nicht einfach, vestoren und SAGA GWG im Standard des öffent- die Situation zu bewältigen. Sie haben aber immer- lich geförderten sozialen Wohnungsbaus errichtet. hin die Möglichkeit, ihre höheren Leerstandsquo- Die Wohneinheiten werden zunächst mit bis zu ten zu nutzen oder beispielsweise ihre leer stehen- fünf Flüchtlingen belegt. In der Regel wird fördern den Kasernen zu Unterkünften zu ertüchtigen. und wohnen diese Wohngebäude in den ersten Hamburg hat diese Möglichkeiten nicht. Nicht mehr 15 Jahren als öffentlich-rechtliche Unterkunft be- genutzte Kasernen oder beispielsweise Kranken- treiben. Aber mit der nachträglichen Schaffung von häuser sind bereits in Wohnraum konvertiert und Planrecht soll bereits innerhalb dieser ersten Jahre unsere bisherigen Anstrengungen, ausreichend ein flexibler Übergang von öffentlicher Unterkunft Kapazitäten zur Unterbringung von Flüchtlingen zu zu einer regulären Wohnnutzung stattfinden, damit schaffen, haben eines deutlich gezeigt: Wir müs- diese Quartiere sich stärker sozial mischen kön- sen langfristiger denken. Wir wollen nicht weiterhin nen. so stark auf kurzfristige Unterbringung wie zum Beispiel in Hallen, in leer stehenden Baumärkten Für alle Flächen wird derzeit der Bau vorbereitet, oder in Zelten angewiesen sein – auch diese sto- das heißt, die Pläne werden abgestimmt, zum Teil ßen im Übrigen an ihre Grenzen. Wir müssen drin- werden auch schon erste vorbereitende Arbeiten gend Kapazitäten in großem Umfang schaffen, und auf den Grundstücken durchgeführt, zum Beispiel zwar umgehend, um drohende Massenobdachlo- Vermessungsarbeiten und Bodenuntersuchungen. sigkeit zu verhindern. Die ersten Baubeginne werden voraussichtlich zum Teil schon in diesem Winter, zum Teil im (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) nächsten Frühjahr erfolgen. Die Bauanträge sind Unser Grundgesetz verpflichtet uns in Artikel 2, die bereits heute in der konkreten Vorbereitung, und körperliche Unversehrtheit eines jeden zu schützen die ersten werden noch in diesem Jahr gestellt. Die und damit Obdachlosigkeit zu verhindern. Woh- Genehmigungen werden Anfang des Jahres 2016 nungsneubau ist ein Teil dieser Lösung, die wir erteilt. Durch die vorbereitenden Planungen und brauchen. Maßnahmen kann dann unmittelbar nach Erteilung 1402 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt) der Genehmigungen mit dem Bau begonnen wer- Nur so ist der Neubau von Sozialwohnungen mög- den. Mit diesem Sonderbauprogramm schaffen wir lich. Es muss hier eine überproportionale Erhö- zusätzlich bis zu 5 600 neue Wohnungen für Ham- hung des Bürgschaftsrahmens geben. Erst eine burg, die dringend gebraucht werden. solche erweiterte Möglichkeit, Bürgschaften der Freien und Hansestadt Hamburg der Investitions- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) und Förderbank zu gewähren, ermöglicht die För- Gleichzeitig halten wir mit allem Nachdruck an un- derung der Bauvorhaben im regulären ersten För- serem Wohnungsbauprogramm fest, denn bis heu- derweg, somit den Baustart und damit den drin- te sind die Auswirkungen des Jahrzehnts der Bau- gend notwendigen Wohnungsneubau. untätigkeit unter der CDU gegenwärtig. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (André Trepoll CDU: Wir mussten Ihre Groß- Ihre Zustimmung ist deshalb schon heute nötig, al- siedlungen erst mal aufpäppeln! – Zuruf: so noch bevor Sie dieses Thema weitergehend Gucken Sie sich mal an, wie Neuwiedenthal und ausführlich im Stadtentwicklungsausschuss aussieht!) behandeln werden. Wir werden deshalb weiterhin dafür sorgen, dass (Heike Sudmann DIE LINKE: Bevor Sie es deutlich mehr als 6 000 neue Wohnungen jährlich kennen!) fertiggestellt werden, um unseren Wohnungsmarkt langfristig zu entlasten, und ich bin mir sicher, dass Aufgrund der Eilbedürftigkeit finden derzeit viele wir das schaffen. Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse paral- lel statt. Natürlich werden Anregungen oder Ideen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) im gesamten Verfahren von uns aufgenommen Es ist für uns selbstverständlich, dass die Entwick- und diskutiert. lung der Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive (Zuruf: Das habe ich gemerkt!) Wohnen unter der Prämisse steht, dass die neuen Quartiere bestmöglich und mit übergreifendem in- Doch die Situation ist derzeit, wie sie ist. Wir müs- tegrierten Handeln gestaltet und umgesetzt wer- sen handeln. den. Deshalb werden bei der Erarbeitung des städ- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) tebaulichen Konzepts für das jeweilige Quartier beispielsweise Kitas, Kinderspielplätze, Flächen für Um drohende Obdachlosigkeit von vielen Men- Bewegungsräume und Parkanlagen von Anfang an schen in unserer Stadt zu verhindern, müssen wir mitgedacht, die Schulen in der Umgebung erwei- umgehend mit dem Bau der Flüchtlingsunterkünfte tert, Räume für Begegnungs- und Beratungsstellen beginnen. – Vielen Dank. eingeplant und auch die örtliche Nahversorgung, (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) eine gute infrastrukturelle Anbindung et cetera be- rücksichtigt. Wir werden alles dafür tun, um den neuen Bewohnerinnen und Bewohnern einen gu- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als ten Start in unsere Gesellschaft zu ermöglichen. Nächste erhält das Wort Birgit Stöver von der CDU-Fraktion. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Deshalb begrüße ich ausdrücklich den Antrag von Birgit Stöver CDU:* Sehr geehrter Herr Präsident, SPD und GRÜNEN, der uns in diesem Prozess meine Damen und Herren! Der Senat und die Re- wirklich sehr unterstützen wird. gierungsfraktionen versuchen den Hamburgern weiszumachen, dass die einzige Möglichkeit für die Heute liegt Ihnen ein dringlicher Senatsantrag zur langfristige Unterbringung von Flüchtlingen der Erhöhung der Ermächtigung von Sicherheitsleis- Bau von Großsiedlungen ist. Diesen Ansatz hält tungen zur Absicherung von Wohnungsbaudarle- die CDU-Fraktion für rundweg falsch. Er ist unsozi- hen zur Abstimmung vor, der schon am Freitag im al und schafft nur weitere Integrationsprobleme. Haushaltsausschuss beraten worden ist. Mit die- sem Antrag wird der Bürgschaftsrahmen der IFB (Beifall bei der CDU) noch in diesem Jahr um 200 Millionen Euro und im Daran ändert auch der Zusatzantrag mit seinen nächsten Jahr um 770 Millionen Euro erhöht. Die- 25 Punkten nichts. Das alles sind schöne Worte, se Erhöhung des Bürgschaftsrahmens ist notwen- und obendrein ist er auch noch abgeschrieben. dig, denn die Grundstücke, auf denen die zusätzli- Das sind die Wünsche, die Beschlüsse der Harbur- chen geförderten Wohneinheiten errichtet werden, ger Bezirksfraktion, und das ändert überhaupt besitzen regelmäßig noch kein entsprechendes nichts an der Realität. Planrecht für Wohnen. Eine bankübliche Beleihung dieser Grundstücke für eine Baufinanzierung ist (Beifall bei der CDU) daher nicht gewährleistet. Somit benötigt die In- Wissen Sie, was die Wahrheit ist? Die Wahrheit ist, vestitions- und Förderbank als Förderbank für den dass der Senat und die Regierungsfraktionen mit darlehensbasierten Teil der Wohnraumförderung nicht belastbaren Zahlen eine Notsituation hochsti- Sicherheiten in Höhe der ausgereichten Darlehen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1403

(Birgit Stöver) lisieren wollen. Sie stilisieren eine Notsituation Die Vergangenheit hat bewiesen, dass Integration hoch, die Ihnen wahrscheinlich gar nicht so unwill- so nicht gelingen kann. kommen ist, die Sie vielleicht sogar selbst konstru- (Beifall bei der CDU) iert haben, Großbausiedlungen sind einfach nur der schnelle (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – und bequeme Ansatz. Dr. Andreas Dressel SPD: Eine Unver- schämtheit!) (Dr. Andreas Dressel SPD: Bequem ist das sicherlich nicht! – Zurufe von der SPD) und zwar, um lästige gesellschaftliche oder rechtli- che Regeln umgehen zu können. Aber die Bevölkerung und auch die Wirtschaft wer- den hier übers Ohr gehauen – das habe ich eben (Beifall bei der CDU) breit ausgeführt. Andere Städte gehen mit solchen In Notsituationen werden Bürgerbeteiligung und Notsituationen, wie Sie sie nennen, anders um. das ordentliche und übliche Baurecht ausgehebelt, München, Berlin, Stuttgart, Dresden, Dortmund und es wird Polizeirecht angewendet. und Köln sind auch in die Planungen eingestiegen. (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das hat die CDU (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – mit beschlossen!) Glocke) – Herr Tjarks, Sie können sich später noch einmal Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- melden. Jetzt würde ich gern noch einmal Ihre Auf- chend): merksamkeit haben. Das Wort hat tatsächlich Frau Stöver, Das ist der eigentliche Skandal. Viele Sachen sind (Frank Schmitt SPD: Dann soll sie sich auch schon genannt worden, und ich würde gern das an die Wahrheit halten!) Augenmerk auf die neu zu bebauenden Flächen wenden wollen. Diese neu zu bebauenden Flä- und, Herr Schmitt, ich bitte darum, auch wenn Sie chen sind bisher größtenteils kein Bauland. Wie über 70 Abgeordnete stellen, den Respekt gegen- die Senatorin angesprochen hat, ist es größen- über den Rednern aller Fraktionen zu gewährleis- technisch absolut kein Pappenstiel. Frau Senatorin ten. spricht von einer mittelgroßen Stadt. Es sind (Beifall bei der CDU, der FDP und der LIN- 80 Hektar, das ist die vierfache Fläche der Binnen- KEN) alster, die Sie bebauen wollen. Und die Vergabe – das ist der eigentliche Skandal – soll frei Hand und ohne Ausschreibung erfolgen. 80 Hektar städ- Birgit Stöver CDU (fortfahrend):* Danke schön. – tische Fläche sollen durch die Behörde an einzelne Die eben von mir genannten Städte sind bereits in Begünstigte vergeben werden, ohne dass sich na- die Planungen eingestiegen, aber wesentlich un- tionale, internationale und Hamburger Investoren aufgeregter, als Hamburg es im Moment tut. Das an den üblichen Ausschreibungen beteiligen kön- klare Votum ist: keine Wohnbausiedlungen aus- nen. Das riecht mir sehr stark nach rotem Filz wie schließlich für Flüchtlinge. Die Alternative, den vor 2001. Wohnungsbau massiv und nachhaltig anzukurbeln, bedeutet deutlich mehr Anstrengungen und Bemü- (Beifall bei der CDU und bei Dr. Alexander hungen, Wolf AfD – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh, oh!) (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wie viele Wider- sprüche in einem Satz waren das denn Darüber, dass 8 von 10 Flächen Grünflächen sind, jetzt?) ist schon gesprochen worden. Dass sich dort aus- gerechnet die GRÜNEN winden und sagen, Men- bedeutet kleinteiligere und intensivere Planungen, schen – und damit sind wohl eher Flüchtlinge ge- bedeutet Baurecht zu verschlanken und zu be- meint – seien wertvoller als Frösche, ist schon ein schleunigen, und bedeutet, Flächenpotenziale der deutlicher Paradigmenwechsel, den man sich erst Stadt zu nutzen und Grünzüge zu schonen. Aber einmal auf der Zunge zergehen lassen muss. angesichts der massiven Nachteile solcher Groß- bausiedlungen lohnen sich diese Anstrengungen. Nichtsdestotrotz gilt es in der jetzigen Situation, kluge Entscheidungen zu treffen. Das Wort klug ist Um Zeit für die Stadtplanung zu gewinnen, ist schon gefallen, und nicht klug ist die Errichtung schon das Wohnortzuweisungsgesetz angespro- von Großbausiedlungen. Nicht klug ist es, mit die- chen worden. Das würde tatsächlich Zeit schaffen, sen Großbausiedlungen die Fehler der Siebziger- um die Stadtplanung voranzutreiben. Das Wohn- jahre zu wiederholen. ortzuweisungsgesetz sieht vor, dass Zuwanderer bei Ankunft in Deutschland nach einem festgeleg- (Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch ganz ten Verteilerschlüssel auf die Bundesländer verteilt was anderes von der Dimension her!) werden. Ziel ist es dann, dass die Zuwanderer nicht mehr vorrangig in die ohnehin schon belaste- 1404 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Birgit Stöver) ten Gebiete ziehen. Auch der VNW, der Verband Vor allem ist es genau das Gegenteil dessen, was Norddeutscher Wohnungsunternehmen, bestätigt Sie uns vor Monaten vorgeworfen haben, nämlich, in seinem Statement, dass ohne Wohnortzuwei- wir seien überrollt worden, hätten nicht genügend sungsgesetz nicht nur die Gefahr neuer sozialer geplant, wo denn die Kapazitäten seien. Das alles Brennpunkte besteht, sondern er verweist auch auf haben Sie uns vorgeworfen. Jetzt versuchen wir eine steigende Unsicherheit in den Kommunen. angesichts der hohen Zahlen ein realistisches Sze- Immer mehr Bürgermeister scheuen sich davor, nario aus diesem Herbst auf die nächsten Monate notwendige Investitionsentscheidungen zu treffen, fortzuschreiben, um vorausschauend zu agieren weil sie nicht sicher sind, ob die Flüchtlinge wirklich (Karin Prien CDU: Sie verfallen in Panik! in ihren Kommunen bleiben. Das ist das andere Extrem!) Herr Dressel hat gesagt, er brauche keine Nachhil- und der Entwicklung nicht hinterherzulaufen, und fe in Bürgerbeteiligung. Ich glaube, das ist doch dann ist das auch nicht in Ordnung. Was wollen notwendig, denn was wir zur Bewältigung dieser Sie eigentlich? gemeinschaftlichen Aufgabe brauchen, ist Solidari- tät in der Stadt. Wir brauchen den Schulterschluss (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) mit den Bürgern, mit der Wirtschaft und mit den po- Das ist überhaupt das Problem: Was wollen Sie ei- litischen Fraktionen. Bisher hat der Senat im Allein- gentlich? Sie haben heute nur gesagt, was Sie gang gehandelt und die Regierungsfraktionen ha- nicht wollen. Aber nicht mit einem Wort haben Sie ben die notwendige Solidarität verhindert. Im Al- gesagt, wie genau das mit den kleinen Einheiten leingang werden Sie scheitern. funktionieren soll. (Beifall bei der CDU) (Zurufe von Karin Prien und André Trepoll, Der Bürgermeister sollte die Flüchtlingspolitik end- beide CDU) lich zur Chefsache machen und ermöglichen, dass Das muss man doch einmal durchdeklinieren. wir ein Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Spielen wir das doch einfach einmal durch. Kräfte vorbereiten können. (André Trepoll CDU: Konkrete Vorschläge in In Hamburg ist Staat nur mit den Hamburgern zu Altona und Bergedorf!) machen, nicht ohne sie und schon gar nicht gegen sie. Ziehen Sie aus Olympia die Lehre und han- Wenn wir dieses Programm zur Regel bei Bebau- deln Sie vor allen Dingen mit klaren Planungen, ungsplanverfahren machen wollen, dann werden klaren Visionen und Begeisterung für die Sache. – wir in drei, vier, fünf Jahren die Kapazitäten haben. Danke schön. Aber dann sind die Leute alle da, und wo bringen wir sie dann unter? Dafür haben Sie nämlich keine (Beifall bei der CDU) Lösung. Deshalb geht das nicht auf. Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Nächster erhält das Wort Herr Dr. Dressel von der Natürlich wünschen auch wir uns, dass wir die SPD-Fraktion. Wohnunterkünfte kleiner machen. Alle Listen hier- (Jörg Hamann CDU: Dürfen die anderen zu können Sie im Internet einsehen. An ihnen kann nicht aus Ihrer Fraktion?) man sehr wohl ablesen, dass es auch ganz ge- mischte Größen gibt, also große, kleine, mittel- große Unterkünfte, die alle über die Stadt verteilt Dr. Andreas Dressel SPD:* – Die Debatte geht ja sind. Aber aufgrund der Lage geht es an einigen noch länger, wer weiß, was noch alles kommt. Stellen eben nicht kleiner. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich fin- (Zurufe von der CDU) de es schon ein starkes Stück, dass Frau Stöver eben gesagt hat, wir würden die Lage hochstilisie- Man sollte auch einmal berücksichtigen, was Leute ren und uns das ausdenken – das ist in Wahrheit sagen, die sich vielleicht noch besser auskennen der Vorwurf –, um irgendwelche Grünflächen als die verschiedenen Flüchtlingspolitiker aus den plattzumachen. Fraktionen, zum Beispiel der geschätzte Harald Krüger, mit dem wir gestern bei "Schalthoff Live" (Milan Pein SPD: Weil wir filzen! Wer ver- zusammengesessen haben und der vor nicht allzu dient denn daran?) langer Zeit auch einmal auf den Bänken dieses Und der rote Filz war noch die Oberhärte. So et- Hauses gesessen hat. Er hat zum Beispiel gesagt, was angesichts der täglich neuen Flüchtlingszah- große Unterkünfte seien, wenn man es richtig len zu sagen – gestern erfuhren wir die Zahlen für macht, händelbar und machbar, November: 4 000 Flüchtlinge bleiben in Hamburg – (André Trepoll CDU: Er hat aber auch ge- ist einfach eine bodenlose Unverschämtheit. sagt, er hat das noch nie gemacht! So große (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Unterkünfte gibt es nirgendwo!) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1405

(Dr. Andreas Dressel) und es gebe sehr wohl auch andere. Er hat chen wir nämlich nicht 5 600 Wohneinheiten, son- gestern Beispiele wie Mannheim und andere Städ- dern noch viel mehr. Sie müssen einmal überle- te genannt, wo es große Unterkünfte gibt. Es ist ei- gen, wie Ihre Argumente noch zusammenpassen ne Frage des Wie und nicht eine Frage des Ob. sollen. Das passt hinten und vorne nicht, was Sie Lassen Sie sich das einmal von Herrn Krüger er- hier erzählen. klären. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Trotzdem können wir gern über die Belegungs- Karin Prien CDU: Es kommt auf das Wie steuerung im Ausschuss reden. Auch sie ist Teil an!) des Wie, und insofern ist das auch ein Punkt des Weil es auf das Wie ankommt, haben wir unseren Zusatzantrags, 25-Punkte-Zusatzantrag gemacht, und zwar nicht (Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Zentraler Punkt!) für die Galerie. Wir haben ihn Punkt für Punkt mit den Behörden besprochen und werden ihn real über den wir dann gern mit Ihnen sprechen wollen umsetzen. Sie können sich doch darüber freuen, und auch sprechen werden. dass wir uns als Erstes die Bezirksversammlungs- Ganz kurz noch zum Thema Bauordnung. Auch beschlüsse, die es dazu in Wandsbek, Harburg, wenn Sie immer sagen, wir seien es nicht, sind wir Bergedorf und in vielen anderen Bezirken gegeben natürlich trotzdem die ganzen Wochen über im Ge- hat, angesehen haben, bevor wir diesen Antrag spräch mit den Initiativen vor Ort, auch mit den kri- entworfen haben, tischen, um zu erfahren, welche Sorgen jenseits (André Trepoll CDU: Weil Sie keine eigenen der Größe sie haben, auf die wir eingehen können. Ideen haben!) So ist auch dieser Punkt mit der Bauordnung einer, wo wir sagen, dass man überall nach Polizeirecht weil wir nämlich die Wünsche aus den Bezirken vorgeht – das ist ja nicht überall, aber jedenfalls in ernst nehmen und in dieses Programm einpflegen weiten Teilen –, etwas, was auf Dauer für einen wollen. Rechtsstaat nicht gut ist. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Zurufe von Jörg Hamann und André Tre- Außerdem stimmen wir den Antrag heute gar nicht poll, beide CDU) ab, weil nämlich die Frage des Wie nicht nur in Be- Total lustig ist doch, dass es auch wieder nicht teiligungsverfahren in Workshops vor Ort bespro- recht ist, wenn wir an der Stelle nachjustieren wol- chen wird, sondern auch im Stadtentwicklungsaus- len. Was wollen Sie? Sie erklären nicht, was Sie schuss. Wir würden uns freuen, wenn Sie im Aus- wirklich wollen, sondern werfen nur Nebelkerzen. schuss einen 26-Punkte-Zusatzantrag machen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Karin Prien CDU: Wenn wir die Sachver- ständigen gehört haben!) Diese Änderung ist genau darauf ausgerichtet, dass wir das SOG weitestgehend vermeiden kön- und aus Ihrer Sicht die Voraussetzungen für ein nen und stattdessen einen rechtsstaatlichen Weg Gelingen nennen. Das wollen wir in einer Anhö- gehen, den es in anderen Rechtsbereichen gibt. rung klären. Da sind wir für gute Ideen offen. Aber Frau Dutschke, seien Sie ganz beruhigt, der bei dieser Realitätsverweigerung, die Sie in der Rechtsschutz der Anwohner wird davon überhaupt Frage des Ob an den Tag legen, nicht tangiert. Das haben wir am Anzuchtgarten (Zurufe von Dennis Gladiator und Jörg Ha- gesehen, wo es keine Baugenehmigung gab und mann, beide CDU) trotzdem jemand zu Gericht gegangen ist und im einstweiligen Rechtsschutz erwirkt hat, müssen wir leider in Verantwortung für die Stadt und für die Flüchtlinge in dieser Stadt dafür sor- (Jörg Hamann CDU: Sie werden verklagt gen, jetzt auch den grundsätzlichen Weg für die und verlieren!) Bereitstellung der Mittel zu ebnen. dass der Bau erst einmal gestoppt wurde. Insofern (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) können Sie ganz unbesorgt sein, der Rechtsschutz wird auch weiterhin davon nicht tangiert. Deshalb Interessant fand ich, dass das Thema dichte Bele- halten wir dies für eine ausgewogene Möglichkeit, gung von Kollegin Schneider und Herrn Ehlebracht damit rechtlich umzugehen. angesprochen worden ist. Wir haben Ihnen angeboten, dass wir das heute (Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Was soll mit den anderen Drucksachen an den Ausschuss denn das jetzt?) überweisen. Wir hätten aber gern die Zusage, dass Ich weiß jetzt nicht, ob Sie beide sich für eine weni- wir dann auch am 20. Januar jedenfalls mit dieser ger dichte Belegung aussprechen. Aber auch das Drucksache wieder in der Bürgerschaft sind – es kann man ja einmal überlegen. Was heißt denn geht nur um diese, über die andere haben wir eine das? Wenn wir das dichter belegen, dann brau- Anhörung vereinbart. Über die Frage des Wie der 1406 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dr. Andreas Dressel) größeren Unterkünfte können wir auch länger mit- sehen, wie sie in der Stadt sind, und können nicht einander beraten, aber nicht über diese Frage. Da so tun, als sei das irgendwie in Klein-Klein zu ma- sollten Sie sich Ihre Argumentation vielleicht auch chen. Diese Sache ist ein Thema der Dringlichkeit noch einmal überlegen, weil Sie das SOG so kriti- und des Umfangs, und wir haben nicht zwei oder sieren. Wenn wir jetzt einen Weg vorschlagen, der drei oder vier Jahre Zeit, um das umzusetzen, son- das verhindert, dern das muss in den nächsten Monaten gesche- hen, sonst haben wir eine Katastrophe in den (Karin Prien CDU: Gestern Abend kommen Flüchtlingsunterkünften. Sie damit! – Zuruf von Jörg Hamann CDU – Gegenruf von Arno Münster SPD: Könnt ihr (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) eigentlich nur sabbeln?) Ich finde es unmöglich, wie Sie immer wieder mit müssten Sie sich, wenn Sie konsequent argumen- Begrifflichkeiten wie Großsiedlungen und bewusst tieren, eigentlich einen Ruck geben und das er- auch Siebzigerjahre umgehen. Auch hier gehen möglichen. Das aber habe ich jetzt nicht gehört. Sie an den Realitäten vorbei. Deshalb noch einmal unser Angebot: Lassen Sie (Jörg Hamann CDU: Was wollen Sie denn uns am 8. Januar eine Sitzung machen und am hören? Wohnparks?) 20. Januar mit dieser Drucksache wieder in der Bürgerschaft sein. Bei dieser Argumentation der Ich glaube nicht, dass Sie das aus Unwissenheit Opposition möchte ich das hier noch einmal gesagt tun – das könnte ich Ihnen vielleicht noch verzei- haben, dann steht es nämlich im Protokoll und Sie hen –, sondern Sie setzen diese Begrifflichkeiten können sich im Januar nicht wieder alles anders sehr bewusst ein. ausdenken. In dieser Lage können wir auf takti- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) sche Spielchen der Opposition keine Rücksicht nehmen. Deshalb ist das unser Angebot. – Danke. Damit legen Sie eine Lunte an etwas, für das Sie danach, wie der Zauberlehrling, kein Wasser mehr (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – zum Löschen haben. Karin Prien und André Trepoll, beide CDU: Ihre Taktik!) (André Trepoll CDU: Hören Sie auf mit dem Quatsch!) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Diese Lunte geht nach hinten los und spaltet. Das Nächster erhält das Wort Herr Olaf Duge von der ist eigentlich nicht Ihre Aufgabe, die Sie gerade als GRÜNEN Fraktion, die noch 4 Minuten und 16 Se- christliche und demokratische Partei haben. kunden Redezeit hat. Es ist aber signalisiert wor- den, dass die SPD den redezeitarmen Fraktionen (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – von ihrer Zeit etwas abgeben will. Glocke) (André Trepoll CDU: Wir nehmen zehn Mi- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- nuten! chend): Herr Duge, gestatten Sie eine Zwischen- frage oder eine Zwischenbemerkung des Abgeord- Olaf Duge GRÜNE:* Herr Präsident, meine Da- neten Dennis Gladiator? men und Herren! Ich bin ziemlich erschüttert über die Darstellungen vonseiten der Opposition und Olaf Duge GRÜNE:* Nein, danke. auch darüber, auf welche Art und Weise die Op- position die Realität wahrnimmt, wie sie die Auf- gaben wahrnimmt, die diese Stadt im Zusammen- Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Dann hang mit den Flüchtlingen hat, und wie die Oppo- fahren Sie fort. sition sich dazu stellt. Das ist eine Verweige- rungshaltung, Olaf Duge GRÜNE (fortfahrend):* Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die bereits angesprochenen (Karin Prien CDU: Das ist Unsinn!) Großsiedlungen aus den Siebzigerjahren zu spre- und ich möchte das an einigen Punkten klarma- chen kommen: Steilshoop mit 22 000 Einwohnern, chen. So geht es nicht. Osdorfer Born mit 11 000 Einwohnern, Mümmel- mannsberg mit 19 000 Einwohnern, Neuallermöhe (Jörg Hamann CDU: Vor einem Jahr hätten mit 24 000 Einwohnern. Das, worüber wir spre- Sie was ganz anderes erzählt!) chen, sind nicht alles 4 000er-Siedlungen, sie sind Eigentlich widerspricht die CDU, Frau Stöver, ge- zum Teil auch kleiner, ein Bruchteil dessen. Man nau den Gesetzen, die Sie im Bundestag be- kann bestenfalls von Quartieren sprechen. Bleiben schlossen haben. Sie doch einmal sachlich in der Auseinanderset- zung, machen Sie nicht etwas auf eine derart über- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) triebene Art und Weise scharf, sondern werden Sie Frau Stöver, Sie sprechen von Wahrheiten. Dann ein bisschen konstruktiver – ich würde mich da- müssen Sie auch die Wahrheiten, die Realitäten rüber freuen. Herr Dr. Dressel hat doch das Ange- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1407

(Olaf Duge) bot gemacht, auch über diese Punkte zu sprechen – Im Ausschuss ist dazu aber auch nicht viel ge- und einen Punkt 26 oder vielleicht auch 27 anzu- sagt worden. führen. Aber Sie verweigern sich, und das ist ei- Herr Dr. Dressel, interessant fand ich auch, dass gentlich das Traurige in dieser Situation, in der wir Sie den Punkt dezentrale Unterbringung im Um- die Menschen integrieren müssen. land angesprochen haben. Auch da müsste man (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) einmal den Status quo erklären, denn Ihr werter ehemaliger Kollege Senator Scheele hat regelmä- Zur Frage der Integration möchte ich noch einmal ßig berichtet, wie er an den anderen roten Minister- auf einen Punkt eingehen, der uns auch sehr wich- präsidenten – Ihren Parteifreunden – scheitere, tig ist. Wenn Sie sich das 25-Punkte-Papier anse- wenn es darum ging, Kooperationen abzuver- hen, finden Sie unter Punkt 8 einen Abschnitt zum langen. Vielleicht können Sie dazu etwas Neues Thema Beteiligungskultur. Wir haben Konzepte berichten. Es wäre schön, wenn auch wir davon entwickelt, über das Quartiersmanagement, über wüssten. zivilgesellschaftliche Akteure, über Sportvereine Bewohnerinnen und Bewohner, Nachbarschaft und (Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn es so weit Investoren an einer Integration mitarbeiten zu las- ist, machen wir das!) sen. Das sind ganz konkrete Ansätze. Es gibt be- Herr Tjarks nennt nun ausgerechnet als Beispiel reits zahlreiche Gruppen, mit denen wir vor Ort ge- und Vorbild für die Unterkünfte und Massensied- sprochen haben und die gute Ideen haben und lungen, die Sie schaffen wollen, Steilshoop, sich engagieren. Stoßen Sie diese Gruppen doch nicht vor den Kopf und machen Sie Ihnen keine (Dr. Andreas Dressel SPD: Doch nicht als Angst, sondern machen Sie ihnen Mut, ihre Aufga- Vorbild!) be anzupacken. Das wäre der richtige Weg. ein Quartier, in das in den vergangenen Jahrzehn- (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) ten so viele Mittel hineingeflossen sind, um dort ir- gendwie eine nachhaltige Quartiersentwicklung zu Ich hoffe, Sie lassen sich das noch einmal durch schaffen. den Kopf gehen. Wir brauchen keine Opposition, die Mauern aufbaut. (Glocke) (Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Sie brauchen gar keine Opposition, Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- glaube ich!) chend): Das Wort hat Frau Dutschke. Wenn alle durcheinanderrufen, kann ich nicht einmal einen Wir brauchen eine Opposition, die Barrieren ab- Ordnungsruf verteilen, weil ich gar nicht verstehe, baut und die Flüchtlinge willkommen aufnimmt. was Sie sagen. (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) (André Trepoll CDU: Im Zweifel Kienscherf!) Frau Dutschke, fahren Sie fort. Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt er- hält das Wort Frau Dutschke von der FDP-Frakti- on. Jennyfer Dutschke FDP (fortfahrend):* Zum The- ma Bürgerbeteiligung: Herr Dressel, Sie selbst ha- ben gesagt, Bürgerbeteiligung ,ja, aber. Über das Jennyfer Dutschke FDP:* Sehr geehrter Herr Prä- Ob wollen Sie nicht diskutieren. Über das Wie wol- sident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde len Sie diskutieren, aber gleichzeitig sagen Sie, es erstaunlich, dass wir so lange diskutieren und dass Sie über die Zahlen und die Zahl der Perso- weder die Frau Senatorin noch die Regierungsfrak- nen, die untergebracht werden sollen, nicht disku- tionen auch nur ansatzweise auf das Argument tieren wollen. Insofern stellt sich die Frage, wor- Ausfallrisiko durch diese Bürgschaften – wir reden über Sie tatsächlich diskutieren wollen, denn die noch immer über fast 1 Milliarde Euro – eingegan- Situation ist, wie sie ist. gen sind. Das finde ich wirklich traurig. (Jörg Hamann CDU: In Wahrheit wollen Sie (Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel nicht diskutieren!) SPD: Es wird doch im Ausschuss jedes ein- zelne Projekt besprochen!) Sie sprechen davon, dass der Begriff Gettoisierung maßlos übertrieben sei. Ganz ehrlich, Sie wollen – Sie wollen aber, dass wir heute über den Bürg- ganz viele Personen an einem Standort unterbrin- schaftsrahmen beschließen. Insofern wird ja wohl gen. Sie alle wissen, welche Risiken es birgt, viele die Bitte erlaubt sein, heute einmal etwas darüber Leute auf kleinem Raum unterzubringen. Sollten zu hören, wie es mit dem Ausfallrisiko aussieht. Sie das doch nicht wissen, dann sehen Sie sich (Anna Gallina GRÜNE: Das wird doch im die Großunterkünfte an, die Sie bisher geschaffen Ausschuss besprochen!) haben. (Beifall bei der FDP und der CDU) 1408 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Jennyfer Dutschke)

Zu den Ausschussüberweisungen: Wir sagen Ih- – die sprechen unterschiedliche Sprachen –, aber nen hiermit zu, dass wir die Drucksache 21/2551 im Alltag auf eine Kommunikation angewiesen mit überweisen mit der Maßgabe, dass unser An- sind, damit sie lernen, Deutsch zu sprechen. Wenn trag auch am 8. Januar im Stadtentwicklungsaus- so viele Leute in so einem Quartier wohnen, dann schuss beraten wird. Wir sind dann auch bereit, ihn schafft das Probleme, und solche Probleme kann am 20. Januar wieder mit auf die Tagesordnung zu man meiner Meinung nach, ohne dass es die Leu- nehmen. Das gilt für die Drucksache 21/2551, für te stigmatisiert, durchaus als Gettobildung betrach- den Rest nicht. – Vielen Dank. ten. Man muss es meiner Meinung nach so be- trachten, weil man dem entgegenwirken muss. (Beifall bei der FDP und der CDU) (Beifall bei der LINKEN und der CDU – Gabi Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Als Dobusch SPD: Wollen Sie lieber Zelte?) Nächste erhält jetzt das Wort für 7 Minuten und Da Sie nach unseren Alternativen gefragt haben: 25 Sekunden Frau Schneider von der Fraktion DIE Wir haben zum Beispiel gefordert, dass der Ver- LINKE. trag mit der SAGA GWG aufgestockt wird. Die SAGA GWG vermietet jedes Jahr 8 000 bis Christiane Schneider DIE LINKE:* Ich wollte ei- 9 000 Wohnungen neu – ich habe die genauen gentlich gar nicht mehr weiter in die Debatte ein- Zahlen jetzt nicht im Kopf, weil ich nicht im Stadt- steigen, aber Sie, Herr Duge, haben mich dann entwicklungsausschuss bin –, und wir haben ge- doch dazu angeregt. Sie haben in der Debatte zu sagt, das solle aufgestockt werden. Das haben Sie unserer Forderung, dass in den Quartieren 50 Pro- weggestimmt. zent Sozialwohnungen gebaut werden müssen, (Dr. Andreas Dressel SPD: Damit hast du gesagt, dies führe zur Gettobildung. Das ist doch 1 000 Leute untergebracht, mit deinem scheinheilig. Vorschlag!) (Beifall bei Stephan Jersch DIE LINKE und – Das ist ja auch nur ein Vorschlag. Und Entschul- Jörg Hamann CDU) digung, wenn man das zum Beispiel auf Sie denken sich jetzt etwas aus, um irgendjeman- 1 000 Wohnungen aufstocken würde, dann wären den in irgendeine Ecke zu rücken. Sie selbst ha- es nicht 1 000 Leute, sondern dann sind das viel- ben das gebraut, und zwar in einer völlig anderen leicht 1 000 mal drei Leute – das sind also schon Situation. einige. (Beifall bei der LINKEN und der CDU) Dann haben wir gesagt, in dem Wohnungsbaupro- gramm solle der Anteil von Sozialwohnungen auf- Jetzt sage ich einmal, was Sie vorhaben. Es ist be- gestockt werden. Das führe zur Gettobildung, ha- kanntermaßen ein großes Problem, wenn Quartie- ben wir gehört. Wir haben gesagt, dass der Anteil re gebildet werden, in denen sich sehr viele Leute des geförderten Wohnungsbaus auf städtischen mit vergleichbaren Problemlagen befinden. Das ist Grundstücken 100 Prozent betragen solle. Nicht ei- schwierig. Es ist noch gar nicht so lange her, da ner dieser Schritte löst alle Probleme, aber die habe ich Herrn Hakverdi sagen hören, wie schwie- Summe der von uns vorgeschlagenen Schritte rig und stigmatisierend es zum Beispiel in Wil- würde einen großen Teil der Probleme lösen und helmsburg sei, wenn die Leute sagen, woher sie uns ersparen, so viele größere Quartiere nur für kommen. Flüchtlinge am Stadtrand einzurichten. (André Trepoll CDU: Vor allen Dingen für (Beifall bei der LINKEN) Herrn Hakverdi!) Es ist infam, Herr Dressel, wenn Sie sagen, es ge- Natürlich ist es in Jenfeld oder sonst wo ein Pro- be Gemeinsamkeiten zwischen uns und der AfD. blem, wenn sehr viele Leute mit ähnlichen Pro- Auch Ihnen ist völlig klar, dass Sie sich das einfach blemlagen zusammenwohnen. Das führt leicht da- so ausgedacht haben, um Kritik zu diskreditieren. zu, dass so ein Stadtteil abgehängt wird. Das wis- Unser Ansatz ist: Wir brauchen eine solidarische sen wir alle, wer will das denn bestreiten? Jetzt ist Stadtgesellschaft, zu der die Beteiligung aller ge- das Problem aber verschärft. Da sind nicht nur hört. Integration ist auch keine Aufgabe, die nur ei- Leute in ähnlichen Problemlagen – zum Beispiel ne Seite leistet, sondern eine Aufgabe, die alle wird ein größerer Teil nicht so leicht Arbeit fin- Seiten leisten. Das ist unser Gesichtspunkt, und den –, das noch größere Problem ist, dass zum das unterscheidet uns so etwas von fundamental Beispiel allein das Deutschlernen unwahrscheinlich von der AfD, dass es wirklich unredlich ist, wenn erschwert wird, wenn Leute in Quartieren leben, in Sie das in einen Topf werfen. denen keiner Deutsch spricht (Beifall bei der LINKEN) (Jörg Hamann CDU: Das weiß jeder! – André Trepoll CDU: Unter sich!) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1409

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Jetzt hat Flüchtlingsströme. Wir kennen die Verhältnisse im sich noch Herr Kienscherf von der SPD-Fraktion Mittleren Osten. gemeldet. (Zuruf von Martin Dolzer DIE LINKE) Dirk Kienscherf SPD: Herr Präsident, meine Da- – Was hast du eigentlich für ein Problem dahinten? men und Herren! Liebe Frau Schneider, Benimm dich erst einmal, dann kannst du nach vorn kommen. (Zuruf von der CDU: Heute hatte sie recht!) Wenn wir wissen, was dieses Land für ein Riesen- ich glaube feststellen zu können, dass ich als Sozi- problem mit einer Million Flüchtlingen hat und dass aldemokrat, der früher einmal ein bisschen weiter wir uns um diese Menschen kümmern müssen, links außen war, mir nie hätte vorstellen können, dann finde ich es überhaupt nicht akzeptabel, dass dass man das Thema Gettobildung und Konzen- es in den vergangenen Wochen beim Thema tration von Flüchtlingen noch einmal so in diesem Flüchtlinge Ihrerseits immer nur um Probleme Haus ansprechen kann, wie Sie es getan haben. geht. Die Chancen und dass wir es gemeinsam (Beifall bei der SPD – Zurufe von der LIN- hinkriegen können, benennen Sie nie, und das ist KEN und der CDU – Martin Dolzer DIE LIN- schlimm. KE: Das ist eine Frechheit, was Sie ma- (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- chen!) ruf von Joachim Lenders CDU) Es ist unglaublich, Frau Schneider, und das muss Dann kommen diese Thematiken wie Großsiedlun- ich auch einmal ganz ehrlich gegenüber der CDU gen. Da werden die Leute in Steilshoop stigmati- sagen: Wer davon redet, dass hier in Quartieren … siert, in Mümmelmannsberg stigmatisiert, in Wil- (Glocke) helmsburg stigmatisiert. (Beifall bei Anna Gallina GRÜNE) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- Das ist einfach inakzeptabel. chend): Ich kann die Aufregung inhaltlich nachvoll- ziehen. Trotzdem hat Herr Kienscherf das Wort, (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- und ich bitte Sie, ihm zuzuhören. rufe von der CDU) (Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein Was sind denn das für Großsiedlungen? Schauen FDP: Das ist sehr schwer!) wir uns einmal das Beispiel Wandsbek an. Bei der Großsiedlung Mümmelmannsberg, Herr Duge hat Dirk Kienscherf SPD (fortfahrend): Vielen Dank. darauf hingewiesen, reden wir von 20 000 Einwoh- nern. Und wenn man sich jetzt einmal ansieht, was Es ist auch sehr schwer, das muss ich in Richtung im Bereich Wandsbek geschaffen werden soll, CDU sagen, dass auch Sie da mitspielen. Da wird dann sind da zwischen 300 und 500 Wohneinhei- davon gesprochen, dass letztendlich eine Art ten. Zwangseinweisung, eine Konzentration, eine zwangsweise Konzentration von Flüchtlingen auf (Dennis Thering CDU: 600 in Hummelsbüt- engstem Raum vorgenommen wird. tel! Werden Sie mal wach!) (Jörg Hamann CDU: Ach, Herr Kienscherf, Das ist keine Großsiedlung, sondern das bietet was soll denn das? – Zurufe von der CDU) endlich einmal die Möglichkeit, dass wir wegkom- men von den Lagerhallen, dass wir wegkommen Das ist eine unglaubliche Wortwahl im Zusammen- von den Baumärkten und dass wir wegkommen hang mit Flüchtlingen. Das sind Menschen, die hier von den Zelten. Das ist eine Zukunftschance. Sicherheit suchen, die hier eine Chance und Per- spektive haben wollen, und wir wollen sie ihnen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) bieten. Eines will ich Ihnen auch noch einmal mitgeben, (Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den und zwar auch Ihrem Mitarbeiter, den Sie heute GRÜNEN – Anna-Elisabeth von Treuenfels- dort haben und der damals mein Kompagnon in Frowein FDP: Das geht wirklich nicht! – Hamm war: Als vor vier Jahren in Hamm Glocke) 100 Flüchtlinge untergebracht werden sollten, hat Herr de Vries eine Veranstaltung gemacht und ge- sagt, Hamm gehe unter, 100 Flüchtlinge könne Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- dieser Stadtteil nicht verkraften. chend): Herr Kienscherf, gestatten Sie eine Zwi- schenfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator? (Zurufe von der CDU und von Anna-Elisa- beth von Treuenfels-Frowein FDP) Dirk Kienscherf SPD (fortfahrend): Nein. – Das Und genauso ist es bei Ihnen immer noch. Ihnen verwundert mich auch bei der LINKEN sehr. Wir geht es nicht um die Lösung, sondern um die Es- wissen, was in Europa los ist. Wir kennen diese kalation, und das ist falsch. 1410 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Dirk Kienscherf)

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) wir richtig und verantwortungsvoll, und dafür möch- ten wir uns noch einmal bedanken. Dass Sie dem Wir haben ein klares Angebot gemacht, indem wir nicht folgen, ist schon bezeichnend und eigentlich gesagt haben, dass wir die Bürgschaften heute be- entlarvend für Sie. schließen wollen. Über das Inhaltliche und die Art und Weise, wie diese Stadtteile entstehen, wollen (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- wir im Ausschuss diskutieren. Darüber haben wir ruf von Dennis Gladiator CDU) letztes Mal gesprochen. Wir haben auch den Vor- Deswegen will ich kurz vor dem Ältestenrat noch schlag der FDP aufgegriffen, dass wir nicht nur ei- einmal ansprechen, dass die Situation in vielen ne Expertenanhörung vornehmen, sondern dass Einrichtungen fast untragbar ist. aus jedem Bezirk ein oder zwei Vertrauensleute – das war letztendlich Ihr Vorschlag, Frau Suding – (Dennis Thering CDU: Und Sie machen dazukommen sollen. Das alles haben wir einver- nichts!) nehmlich gemacht, und das zeigt doch, dass wir Wir müssen alles tun, um Entlastung zu schaffen, uns inhaltlich mit Ihnen darüber auseinandersetzen auch langfristig. wollen (Zurufe von Karin Prien CDU und Christiane (Dennis Thering CDU: Das wäre das erste Schneider DIE LINKE) Mal! – Zurufe von der CDU) Wir müssen alles tun, um Wohnunterkünfte zu und es uns nicht darum geht, irgendetwas durch- schaffen mit der Perspektive wohnen, mit der Per- zustimmen. Aber was wir wollen, wie bei der Bau- spektive mischen. Das wollen wir tun. Die Bürge- ordnung, wo wir mehr Rechtssicherheit wün- rinnen und Bürger erwarten von uns auch, dass wir schen … nicht endlos über Bedarfspläne und Prognosen (Zurufe von der CDU – Glocke) diskutieren, – Nun bleiben Sie doch einmal ruhig. Ich weiß gar (Dennis Gladiator CDU: Dass Sie sie mit- nicht, warum der da eigentlich immer schreien darf. nehmen und beteiligen, das erwarten die Bürger!) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- sondern dass wir die Realitäten einfach anerken- chend): Meine Damen und Herren! Ich bitte auch nen und endlich handeln. Wir wollen das. – Vielen den Abgeordnetenkollegen Niedmers, sich zu mä- Dank. ßigen. Mir ist signalisiert worden, dass eine Ältes- tenratssitzung gewünscht wird. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Vereinzelter Beifall) Erster Vizepräsident Dietrich Wersich: Ich frage Diesen Punkt können wir allerdings erst nach der jetzt noch einmal, ob wir hier oben es richtig ver- Rede aufrufen. standen haben, dass der Antrag auf Einberufung des Ältestenrats gestellt wurde. – Ich unterbreche Dirk Kienscherf SPD (fortfahrend): Dann will ich die Sitzung, und wir treffen uns zum Ältestenrat in noch etwas zur Kollegin Dutschke sagen. Vieles Raum B. kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen, aber eines Unterbrechung: 22.01 Uhr muss ich dann doch sagen, und dafür bedanken wir uns auch und das war auch unser Angebot: Wiederbeginn: 22.33 Uhr Natürlich haben wir gesagt, dass wir Ihren Antrag überweisen und unseren Antrag zur HBauO über- Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her- weisen. Heike, wir haben auch darüber geredet, ob ren! Wir setzen die Sitzung fort, nehmen Sie bitte wir noch ein, zwei Experten von der HafenCity Uni- Platz. Das Wort bekommt erneut Herr Kienscherf versität dazunehmen, um das Anfang Januar ganz von der SPD-Fraktion. ausführlich im Ausschuss besprechen zu können. Aber weil wir wissen, dass wir einen Zeitdruck ha- Dirk Kienscherf SPD: Frau Präsidentin, meine ben, Damen und Herren! Es war eben eine hitzige De- (Zuruf von Dennis Thering CDU) batte, und dabei war ich – jeder kennt mich – rela- tiv emotional. Wenn der Eindruck entstanden ist, erwarten wir ganz klar, dass Sie sagen: Stimmt dass ich das Thema Konzentration und Lager ir- das heute nicht ab, wir befassen uns damit im Aus- gendwie zusammengebracht habe, und dies als schuss, wir befassen uns im Ausschuss auch mit Vorwurf gegenüber dem einen oder anderen ge- der Expertenanhörung und mit anderen Dingen, wertet worden ist, muss ich sagen, dass es so aber die HBauO-Änderung kommt im Januar wie- nicht gemeint war. Es tut mir leid. Ich debattiere der ins Plenum. Das war ein ordentlicher Vor- gern hart, das wissen Sie, aber wer mich kennt, schlag. Die FDP – und das freut mich ganz ehrlich weiß, dass ich solche Vorhaltungen Ihnen gegen- an diesem Abend – würde dem folgen. Das finden über nicht machen würde. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1411

(Dirk Kienscherf)

(Beifall bei der SPD, der CDU und den 2014 "ÖPNV-Strategie Hamburg 2030: Bahn frei GRÜNEN) für den langfristigen Schienenverkehrsausbau", langfristige Weiterentwicklung des U-Bahn-Netzes, Präsidentin Carola Veit: Meine Damen und Her- Sachstand und Finanzierung von Planungen für ren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor, die Verlängerungen der U4 zum Kleinen Gras- die Debatte ist beendet. Wir kommen zu den Ab- brook und zur Horner Geest sowie für die neue stimmungen und beginnen mit dem dringlichen Se- U-Bahn-Linie U5. natsantrag, Drucksache 21/2308. Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – [Bericht des Haushaltsausschusses über die Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann Drucksache 21/1736: mehrheitlich so beschlossen. Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 26. März 2014 "ÖPNV- Es bedarf einer zweiten Lesung. Ist der Senat mit Strategie Hamburg 2030: Bahn frei für den einer sofortigen zweiten Lesung einverstanden? langfristigen Schienenverkehrsausbau" (Druck- (Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- sache 20/11267) nen.) Langfristige Weiterentwicklung des U-Bahn- Netzes, Sachstand und Finanzierung von Pla- Das ist er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – nungen für die Verlängerungen der U4 zum Das ist das erforderliche Fünftel der anwesenden Kleinen Grasbrook und zur Horner Geest sowie Mitglieder, dann werden wir die zweite Lesung für für die neue U-Bahn-Linie U5 (Senatsantrag) die nächste Sitzung vorsehen. – Drs 21/2393 –] Zum Bericht des Haushaltsausschusses aus Die Fraktionen sind sich einig, dass die Debatte Drucksache 21/2506 stelle ich fest, dass wir Kennt- entfällt, und wir kommen direkt zur Abstimmung. nis genommen haben. Wer möchte zunächst Ziffer 1 der Empfehlung des Wir kommen zu den beiden weiteren Drucksachen, Haushaltsausschusses aus Drucksache 21/2393 zunächst zu Drucksache 21/2550, dem Zusatzan- annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – trag der SPD und der GRÜNEN. Das ist bei etlichen Enthaltungen einstimmig so be- Wer möchte diesen nun an den Stadtentwicklungs- schlossen. ausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Ent- Wer möchte Ziffer 2 folgen? – Auch hier die Ge- haltungen? – Dann ist das einstimmig überwiesen genprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann mit worden. Mehrheit so beschlossen. Wer möchte mitberatend an den Sozialausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt. Punkt 55c, Drucksache 21/2411, Bericht des Haus- Wir kommen zum zweiten Zusatzantrag, Drucksa- haltsausschusses: Anpassung der Methodik zur che 21/2551. Berechnung des langjährigen Trends der Steuerer- träge und Fortschreibung für das Jahr 2016 sowie Auch hier die Frage, wer an den Stadtentwick- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanz- lungsausschuss überweisen möchte. – Die Gegen- rahmengesetzes. probe. – Enthaltungen? – Dann ist auch das ein- stimmig überwiesen. [Bericht des Haushaltsausschusses über die Wer möchte die Drucksache mitberatend an den Drucksache 21/2176: Sozialausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Anpassung der Methodik zur Berechnung des Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist langjährigen Trends der Steuererträge und abgelehnt. Fortschreibung für das Jahr 2016 sowie Ent- Damit kommen wir abschließend zum FDP-Antrag, wurf eines Gesetzes zur Änderung des Finanz- Drucksache 21/2388. rahmengesetzes (Senatsantrag) – Drs 21/2411 –] Wer möchte ihn an den Stadtentwicklungsaus- schuss überweisen? – Wer möchte das nicht? – Auch hier entfällt die Debatte, und wir kommen zur Enthaltungen? – Dann ist der Antrag im Stadtent- Abstimmung. wicklungsausschuss, und wir haben diesen Tages- ordnungspunkt abgearbeitet. Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen und das Gesetz zur Änderung des Finanzrahmenge- setzes aus Drucksache 21/2176 beschließen? – Gegenprobe. – Wer möchte sich enthalten? – Punkt 49, Drucksache 21/2393, Bericht des Haus- Dann ist das mit Mehrheit beschlossen. haltsausschusses: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 26. März 1412 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

(Präsidentin Carola Veit)

Es bedarf einer zweiten Lesung. Ist der Senat mit Von der Drucksache haben wir im Übrigen Kennt- einer sofortigen zweiten Lesung einverstanden? nis genommen. (Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- Wir haben das Ende unserer Sitzung erreicht. Ich nen.) wünsche Ihnen einen schönen Feierabend und bis morgen. Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Auch das ist das erforderliche Fünftel Ende: 22.39 Uhr der anwesenden Mitglieder. Dann werden wir die zweite Lesung dieses Gesetzes für die Januarsit- zung vorsehen, es sei denn, es erreicht noch die morgige Tagesordnung in seiner zweiten Lesung.

Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vom Redner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.

In dieser Sitzung war nicht anwesend: die Abgeordnete Annegret Krischok Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1413

Anlage 1 Zu Tagesordnungspunkt 2

Unterrichtung durch die Präsidentin: Wahl eines ordentlichen Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkommission – Drucksache 21/631 –

Nicht gewählt wurden Zahl der Ja- Nein- Enthaltungen Ungültige abgegebenen Stimmen Stimmen Stimmen Stimmen Vorschlag der AfD-Fraktion: a) Mitglied Dr. Alexander Wolf 118 22 93 3 0 b) Stellvertretendes Mitglied Dr. Bernd Baumann 118 23 87 6 2 1414 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Anlage 1 Zu Tagesordnungspunkt 3

Unterrichtung durch die Präsidentin: Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde – Drucksache 21/1466 –

Nicht gewählt wurde Zahl der ab- Ja- Nein- Enthaltungen Ungültige gegebenen Stimmen Stimmen Stimmen Stimmen Vorschlag der AfD-Fraktion: Justus Burgdorf 117 27 68 21 1 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1415

Anlage 1 Zu Tagesordnungspunkt 5

Unterrichtung durch die Präsidentin: Wahl von Mitgliedern des Richterwahlausschusses und ihren Vertreterinnen und Vertretern – Drucksache 21/2326 –

Gewählt wurden Zahl der Ja- Nein- Enthaltungen Ungültige abgegebenen Stimmen Stimmen Stimmen Stimmen Vorschlag der SPD-Fraktion: a) Mitglieder Dr. Nils Weiland 117 102 5 9 1 Dr. Bettina Schomburg 117 104 2 9 2 Urs Tabbert 117 103 4 8 2 b) Stellvertretende Mitglieder Dr. Arnim Karthaus 117 100 4 8 5 Martina Friederichs 117 99 5 8 5 Hendrikje Blandow-Schlegel 117 95 11 6 5 Vorschlag der CDU-Fraktion: a) Mitglied Richard Seelmaecker 117 104 3 9 1 b) Stellvertretendes Mitglied Viviane Spethmann 117 102 4 6 5 c) Weiteres stellvertreten- des Mitglied Grit Tüngler 117 99 4 6 8 Vorschlag der GRÜNEN Fraktion: a) Mitglied Ernst Medecke 117 94 10 11 2 b) Stellvertretendes Mitglied Dr. Sabine Kramer 117 92 10 10 5 c) Weiteres stellvertreten- des Mitglied Christiane C. Yueksel 117 93 9 7 8 Vorschlag der Fraktion DIE LINKE: a) Mitglied Frank Frind 117 75 22 17 3 b) Stellvertretendes Mitglied Arne Timmermann 117 82 19 11 5 1416 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Gewählt wurden Zahl der Ja- Nein- Enthaltungen Ungültige abgegebenen Stimmen Stimmen Stimmen Stimmen Vorschlag der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer: a) Mitglieder Otmar Kury 117 108 2 6 1 Jürgen Steiner 117 104 3 8 2 b) Stellvertretende Mitglieder Annette Voges 117 106 3 3 5 Sabine van Lier 117 106 3 3 5 c) Weitere stellvertretende Mitglieder Dr. Karin Sandberg 117 103 1 4 9 Andreas Schulte 117 102 1 5 9 Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes: a) Mitglied Henning Hansen 117 96 9 10 2 b) Stellvertretendes Mitglied Yvonne Wittmaack 117 94 11 6 6 Vorschlag der Vereinigung der Unternehmensverbände: a) Mitglied Norbert Guhl 117 104 6 6 1 b) Stellvertretendes Mitglied Dr. Uwe Teuchert 117 102 5 5 5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1417

Anlage 2 (siehe Seite 1377)

Namentliche Abstimmung über den Senatsantrag Verständigung der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein mit der Europäischen Kommission im Beihilfeverfahren zur HSH Nordbank AG Drucksache 21/2177 Ziffer 4.2

Name Abstimmungsergebnis Kazim Abaci Ja Peri Arndt Ja Dr. Bernd Baumann Enthaltung Ksenija Bekeris Ja Dr. Stefanie von Berg Ja Martin Bill Ja Hendrikje Blandow-Schlegel Ja Christiane Blömeke Ja Sabine Boeddinghaus Nein Ole Thorben Buschhüter Ja Deniz Celik Nein Matthias Czech Ja Phyliss Demirel Ja Gabi Dobusch Ja Martin Dolzer Nein Dr. Andreas Dressel Ja Barbara Duden Ja Olaf Duge Ja Jennyfer Dutschke Nein Dr. Kurt Duwe Nein Detlef Ehlebracht Enthaltung Henriette von Enckevort Ja Mareike Engels Ja David Erkalp Nein Dr. Ludwig Flocken Enthaltung Martina Friederichs Ja Anna Gallina Ja Stephan Gamm Nein Uwe Giffei Ja Dennis Gladiator Nein René Gögge Ja Murat Gözay Ja Franziska Grunwaldt Nein Birte Gutzki-Heitmann Ja Norbert Hackbusch Nein 1418 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015

Name Abstimmungsergebnis Jörg Hamann Nein Philipp Heißner Nein Astrid Hennies Ja Dora Heyenn Nein Danial Ilkhanipour Ja Regina-Elisabeth Jäck Ja Carl-Edgar Jarchow Nein Stephan Jersch Nein Hildegard Jürgens Ja Annkathrin Kammeyer Ja Gert Kekstadt Ja Dr. Annegret Kerp-Esche Ja Dirk Kienscherf Ja Thilo Kleibauer Nein Martina Koeppen Ja Dr. Joachim Körner Enthaltung Thomas Kreuzmann Nein Dr. Jörn Kruse Enthaltung Michael Kruse Nein Gerhard Lein Ja Joachim Lenders Nein Uwe Lohmann Ja Gulfam Malik Ja Dorothee Martin Ja Jens Meyer Nein Antje Möller Ja Farid Müller Ja Doris Müller Ja Arno Münster Ja Ralf Niedmers Nein Daniel Oetzel Nein Dr. Christel Oldenburg Ja Carsten Ovens Nein Cansu Özdemir Nein Milan Pein Ja Dr. Mathias Petersen Ja Lars Pochnicht Ja Karin Prien Nein Jan Quast Ja Wolfgang Rose Ja Jenspeter Rosenfeldt Ja Dr. Monika Schaal Ja Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 21. Wahlperiode - 21. Sitzung am 9. Dezember 2015 1419

Name Abstimmungsergebnis Marc Schemmel Ja Dr. Wieland Schinnenburg Nein Hansjörg Schmidt Ja Frank Schmitt Ja Christiane Schneider Nein Markus Schreiber Ja Brigitta Schulz Ja Sören Schumacher Ja Jens-Peter Schwieger Ja Karl Schwinke Ja Dr. Joachim Seeler Ja Richard Seelmaecker Nein Ulrike Sparr Ja Olaf Steinbiß Ja Dr. Tim Stoberock Ja Birgit Stöver Nein Katja Suding Nein Heike Sudmann Nein Dennis Thering Nein Dr. Carola Timm Ja Juliane Timmermann Ja Dr. Anjes Tjarks Ja Dr. Sven Tode Ja André Trepoll Nein Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein Nein Carola Veit Ja Dr. Isabella Vértes-Schütter Ja Hauke Wagner Ja Karl-Heinz Warnholz Nein Michael Weinreich Ja Dietrich Wersich Nein Michael Westenberger Nein Dr. Alexander Wolf Enthaltung Sylvia Wowretzko Ja Ekkehard Wysocki Ja Mehmet Yildiz Nein Güngör Yilmaz Ja