Libertadores – eine Retrospektive anlässlich des Bicentenario

Quelle: Revista Gente y la actualidad 6(307) (10. 06. 1971). Buenos Aires: Editorial Atlántida

El santo de la espada (Argentinien, 25. März 1970) Filmografische Daten

El santo de la espada (ARG 1970, 120 Min.) Regie: Leopoldo Torre Nilsson Produktion: Leopoldo Torre Nilsson, Marcelo Simonetti Darsteller_innen: Alfredo Alcón, , Lautaro Murúa, Héctor Alterio Musik: Ariel Ramírez

Entstehungskontext

Das Biopic basiert auf einem biografischen Roman von Ricardo Rojas aus dem Jahr 1940, welchen Torre Nilssons Ehefrau Beatriz Guido und einige andere Autoren für diesen Film adaptierten. Die Produktion fand während der Militärdiktatur unter dem rechts‐konservativen katholischen General Juan Carlos Onganía statt und unterlag somit der Zensuraufsicht dieses konservativen Regimes. Auch das Sanmartinsche Nationalinstitut von Argentinien stellte Vorgaben auf, weshalb zum Beispiel keine Medizin beim kranken San Martín zu sehen sein durfte.

Historischer Hintergrund der Filmhandlung

El santo de la espada erzählt von der militärischen Karriere des argentinischen Befreiungskämpfers General José de San Martín: Es werden die Jahre nach seiner Rückkehr aus Europa geschildert, in denen die entscheidenden Schlachten von San Lorenzo, Maipú und Chacabuco stattfinden, aus denen San Martín als siegreicher Held hervorgeht und somit Nordargentinien, und Südperu von der spanischen Kolonialherrschaft befreit. Gezeigt wird auch ein leidender, zweifelnder San Martín, dessen sentimentale Seite in seiner Ehe mit der jungen Remedios zum Vorschein tritt.

Auszug aus einer zeitgenössischen Filmrezension

„[..] Leopoldo Torre Nilsson entschied sich mit seiner Bearbeitung von El santo de la espada für das mühsamste Thema seiner langen cinematografischen Karriere. Da San Martín in eine leblose Legende eingezwängt war, blieben ihm eigentlich nur zwei Auswege: entweder die chauvinistische Demagogie, oder die Schaffung eines spektakulären Films. Er aber fand einen dritten Weg: die Vermenschlichung des Helden, die Rettung seines Charakters mit erlaubten Mitteln, indem er ihn auf den Boden zurückholte. Es ist wie ein Spaziergang auf dem Dachfirst: Manchmal gefriert der Dialog inmitten der Rhetorik; die erotischen Passagen lassen – nicht nur wegen der unerträglichen Darstellung von Evangelina Salazar – jedes Maß vermissen; gewisse Karikaturen tragen nichts zum Film bei (Cochrane, Bolívar). Nichtsdestotrotz trifft die Herausforderung auf eine bewundernswerte Antwort, die einen der besten Filme Torre Nilssons hervorbrachte: Er geht über die Seiten des Drehbuchs hinaus, vielleicht sogar über die eigentliche Geschichte. Er bedient sich einer aussagekräftigen Sprache, ist gemacht aus visuellen Feinheiten, unfühlbaren Gesten, einem Schamgefühl, das die Geschichte im Zaum halten soll, um sie nicht den Abhang der billigen Ausschmückungen und Lobeshymnen hinabgleiten zu lassen. Diese Version von El santo de la espada enthält nichts außer den zwölf Jahren, die San Martín in Amerika verbrachte, von März 1812, als das Triumvirat ihm den Titel eines Oberstleutnant zuerkannte und ihm den Befehl über ein Grenadier‐Regiment erteilte, bis Februar 1824, als er mit seiner Tochter Mercedes Tomasa nach Europa ging. San Martín war bei seiner Ankunft in Buenos Aires 34 Jahre alt und hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 22 Jahre lang in der spanischen Armee gedient. Der Film erinnert an seine Siege und Niederlagen (San Lorenzo, Chacabuco, Cancha Rayada, Maipú), an sein Kommando über das Ejército del Norte, seine Zeit als Gouverneur von Cuyo, die Überquerung der Anden, die ‐Expedition, das Gespräch von Guayaquil und die traurige Rückkehr nach Mendoza. Obwohl das Budget von El santo das vielleicht höchste der hiesigen Filmbranche ist (220 Mio.), hat Torre Nilsson die notwendige Harmonie zwischen den epischen Fragmenten und dem Rest der Szenen bewahrt. […] Durch dieses Gleichgewicht, zusammen mit der sensationellen Arbeit von Alfredo Alcón und der Bildkunst von Aníbal de Salvo, verdient sich El santo seine Lorbeeren, vor allem aber durch diese nostalgische Poesie der Miliz, die der Film wiedererweckt und die ihm einen unvergesslichen Stempel aufdrückt.” (Periscopio 28 (31. 3. 1970): 56. Eigene Übersetzung)

Weiterführende Literatur

Falicov, T. L. (2007) The Cinematic Tango. Contemporary Argentine Film. London: Wallflower Press; Pietschmann, H. (2009) „José de San Martin“, in: Werz, N. (Hrsg.) Populisten, Revolutionäre, Staatsmänner – Politiker in Lateinamerika, S. 50‐78. Frankfurt: Vervuert Verlag; Riekenberg, M. (2009) Kleine Geschichte Argentiniens. München: C.H. Beck.

Referent_innen: César Bazán, Thomas Nassauer, Jana Schröder, Katharina Seeger

Die Filmreihe „Libertadores ‐ eine Retrospektive anlässlich des Bicentenario“ ist eine Kooperation von

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