Wissen 68

Schlosspark Nymphenburg – Waldpflege als Denkmalpflege und Biotopschutz

Berichte der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Impressum

ISSN 0945-8131

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Herausgeber Bayerische Landesanstalt und Bezugsadresse für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 85354 Freising Telefon: +49 (0) 81 61/71-4881 Fax: +49 (0) 81 61/71-4971 [email protected] www.lwf.bayern.de Verantwortlich Olaf Schmidt, Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Redaktion und Schriftleitung Tobias Bosch, Anja Hentzschel-Zimmermann Gestaltung Christine Hopf Titelfoto Reinhard Mößmer Druck Bosch-Druck GmbH, Landshut Auflage 800 Stück Copyright © Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Juni 2012

2 LWF Wissen 68 Vorwort

Der Schlosspark Nymphenburg gehört zum herausragenden kulturellen Erbe Bayerns. Auch wenn es sich dem einzelnen Besucher nicht aufdrängt, so befin- det sich diese Gartenanlage heute im Spannungsfeld von Denkmalpflege, Erho- lungsnutzung und Ökologie.

Die mannigfaltigen Erscheinungsbilder dieses Parks und sein ökologischer Wert werden dabei nicht unerheblich von alten Eichen bestimmt, die hier in großer Anzahl – oft auch an prominenten Standorten – präsent sind. 2002 erhielt die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen vom Bayeri- schen Staatsministerium der Finanzen den Auftrag, den Gesundheitszustand der Nymphenburger Eichen zu untersuchen. Sie bat daraufhin die Bayerische Lan- desanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising um fachlichen Rat. Die Lan- desanstalt kam dieser Bitte mit einer kompetenten Unterstützung in Amtshilfe nach – seit 2003 mit der jährlichen Eichenuntersuchung und seit 2005 mit der Beteiligung an der Erfassung und Entwicklung der waldartigen Gehölzbestände im Rahmen des Modellprojektes „Waldpflege als Denkmalpflege und Biotop - pflege“.

Die hiermit vorgelegte Publikation „Schlosspark Nymphenburg – Waldpflege als Denkmalpflege und Biotopschutz“ aus der Reihe LWF-Wissen präsentiert die eindrucksvollen Ergebnisse der intensiven Zusammenarbeit zwischen der Baye- rischen Schlösserverwaltung und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im nunmehr zehnten Jahr ihres erfolgreichen Zusammenwirkens. Für das oft über das normale Maß hinausgehende Engagement aller beteiligten Mitarbeiter beider Behörden sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.

Bernd Schreiber Präsident der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

LWF Wissen 68 3 Grußwort

Der Schlosspark Nymphenburg hat als bedeutendes Gartendenkmal über die Grenzen Münchens und Bayerns hinaus hohen kulturellen Wert. Gleichzeitig ist er ein intensiv besuchtes Naherholungsgebiet für die Münchner Bürger und ein wertvoller Landschaftsteil im europäischen Biotopverbundsystem Natura 2000. Bei der historischen Gestaltung der Gartenräume im Schlosspark Nymphenburg kommt der Eiche eine herausragende Bedeutung zu. Als Hauptbaumart der na- türlichen Waldgesellschaft des Labkraut-Eichen-Hainbuchenwaldes ist sie auch unter Gesichtspunkten des Naturschutzes ein unverzichtbares Element der Park- gehölze. Gerade im letzten Jahrzehnt wurden aber an den Eichen im Schlosspark Vitalitätseinbußen erkennbar. Über die Erfassung dieses Gesundheitszustandes der Eichen im Schlosspark Nymphenburg kam es zu einer erfolgreichen Zusam- menarbeit der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF).

In dem vorliegenden Band von LWF Wissen ist es gelungen, diese übergreifen- de Zusammenarbeit in ein Restaurierungskonzept für die Gehölzflächen einzu- binden. Damit werden die Interessen der Gartendenkmalpflege, des Naturschut- zes und der Naherholung in einer integrierten Maßnahmenplanung verbunden.

Der Erfolg dieses Modellprojekts war nur durch die engagierte und kollegiale Zusammenarbeit der Mitarbeiter der Bayerischen Schlösserverwaltung und der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zu erreichen, für die ich mich besonders bedanke. Die Forstleute der LWF brachten dabei vor allem ihre Kompetenz im Hinblick auf Wuchsdynamik der Baumarten, fachübergreifend abgewogene Gehölz-Pflegekonzepte und wissenschaftliche Analysen ein. Meine ausdrückliche Anerkennung gilt all den Wissenschaftlern, deren Erkennt nisse über Naturausstattung und Entwicklung der Parkwälder zu einer zielgerichteten Garten- denkmalpflege, die verschiedenste Interessen berücksichtigen muss, beitrugen.

Ich wünsche den Mitarbeitern der Schloss- und Gartenverwaltung des Nymphen- burger Parks viel Erfolg, die anspruchsvollen Maßnahmen unter vielfältigen und nicht immer einfachen Rahmenbedingungen über die nächsten Jahrzehnte acht- sam und nachhaltig in der Praxis umzusetzen.

Olaf Schmidt Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

LWF Wissen 68 5 Inhaltsverzeichnis

Impressum 2 Vorwort 3 Grußwort 5 Inhaltsverzeichnis 7

Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg Bedeutung – Verwendung – Erhaltung 9 Rainer Herzog

Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg – Pflegekonzept für die Praxis 23 Reinhard Mößmer

Aus dem Leben zweier Schlosspark-Eichen 35 Ernst Bickel und Reinhard Mößmer

Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg 38 Arthur Bauer

Der Schlosspark Nymphenburg als Teil eines Natura 2000-Gebietes 46 Rudolf Seitz, Albert Lang, Astrid Hanak, Rüdiger Urban

Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg 55 Dennis Herbig und Roland Gerstmeier

Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks 63 Thomas Grüner

Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphen burg 71 im Zusammenspiel von Forschung und Praxis Reinhard Mößmer und Rainer Herzog

Anschriftenverzeichnis der Autoren 76

LWF Wissen 68 7 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg Bedeutung – Verwendung – Erhaltung Rainer Herzog

Schlüsselwörter: Gartendenkmalpflege, Gartenkunst, Ge- kurz vorher auch diese Stelle [...] mit Wald bewachsen hölzverwendung, Gestaltungskonzeption, Landschaftsgar- war, weßwegen auch unter dem Besitzthume der ten, räumlich-visuelle Struktur, Schlosspark Nymphenburg Schwaige Kemnat besonders mehrere Tagwerke Ei- chenwald, als von vorzüglichem Werthe angeführt wa- Zusammenfassung: Friedrich Ludwig von Sckell (1750– ren“ (Sckell 1837, S. 13 f.). Bei der „Schwaige Kemnat“ 1823), der führende Gartenkünstler seiner Zeit, verwan- handelte es sich um den Gutsbetrieb von Henriette delte den formalen Schlosspark Nymphenburg zu Beginn Adelaide, der an das Schloss Nymphenburg im Süden des 19. Jahrhunderts in einen Landschaftsgarten von klas- unmittelbar angrenzte (Abbildung 1). sischer Reife. Unter Einbeziehung bereits vorhandener Ge- hölzbestände schuf er eindrucksvolle Gartenräume und Parkbilder. Dabei kam den Eichen eine herausragende Be- deutung zu, denn Sckell brachte ihnen generell eine hohe Wertschätzung entgegen. Eichen gehören in Nymphen- burg zudem zur potentiellen natürlichen Vegetation und spielten schon im barocken Garten des 18. Jahrhunderts eine besondere Rolle. Einerseits bezog Sckell bewusst zahl- reiche Alteichen in seine gestalterische Konzeption ein, an- dererseits pflanzte er auch zielgerichtet junge Eichen, um dadurch charakteristische Parkbilder zu entwickeln. Die räumlich-visuelle Struktur des Schlossparks Nymphenburg wird noch heute von vielen alten Eichen im Zusammenwir- ken mit anderen Baumarten bestimmt. Bei der garten- Abbildung 1: „Die Churfürstl: Schwaig und Lust hauß denkmalpflegerischen Arbeit kommt deshalb der Bewah- Nymphenburg“ (Zeich nung von Michael Wening, um 1700) (Quelle: Bayerische Sch lösserverwaltung, BSV) rung der originären Sckell’schen Gestaltungskonzeption und der untrennbar damit verbundenen Bepflanzung eine außerordentliche Relevanz zu. Kurfürst Max Emanuel (reg. 1679–1726) ließ den vorge- fundenen Wald schrittweise in den ab 1701 geschaffe- nen Schlosspark Nymphenburg einbeziehen und durch Der Schlosspark Nymphenburg Achsen- und Alleestrahlen in barocker Manier gliedern. im 17. und 18. Jahrhundert „Die vom Schlosse westlich gelegenen und zur Schwai- ge gehörigen Waldtheile wurden dazu bestimmt, und Heimische Eichen besaßen für den Schlosspark Nym- soweit diese nicht hinreichten, die erforderlichen phenburg seit jeher eine herausragende Bedeutung, Grundstücke von ihren Besitzern erkauft“ (Sckell 1837, wobei in zeitgenössischen Beschreibungen nicht zwi- S. 19). Beispielsweise mussten mehrere Untertanen ins- schen Stieleiche (Quercus robur) und Traubeneiche gesamt sechs Tagwerk „Eich Holz“ für die Anlage der (Quercus petraea) unterschieden wurde. Mailbahn nördlich der Pagodenburg an den Kurfürsten abtreten (Hierl-Deronco 2001, S. 220). Um die „Alleé und Der ab 1671 für Kurfürstin Henriette Adelaide (1636– Pallamey“, d. h. die von einer Allee begleitete Spielbahn 1676) angelegte kleine manieristische Garten auf der für das Mailspiel anlegen zu können, begann man im Westseite des Schlosses wurde von einem bereits vor- März 1702 dort „gestandene Aichen umbzuwerffen“ handenen Waldstück gerahmt. Carl August Sckell (1793– und im April 1702 wurden erneut „Aichen abgeschnait- 1840) schrieb 1837 zurückblickend: „Majestätische tet und weithers Aichen umbgeworffen“ (ebenda) (Ab- Eichbäume sah man damals noch ganz in der Nähe des bildung 2). Andererseits bezog man vorhandene Ei- Schlosses stehen, gleichsam als ein Zeichen, daß noch chen aber auch gezielt in den formalen Garten ein: So

LWF Wissen 68 9 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

Abbildung 2: Die Pagodenburg mit dem sog. Eichholz und der darin angelegten Mailbahn im Hintergrund (Gemälde von Franz Joachim Beich, 1722/23) (Quelle: BSV)

befand sich südlich der Pagodenburg das „Amphithea- trum von Wasen [Rasen, R. H.] mit vielen Figuren auf ihren Postementern, Linden, grossen Eichen und an- dern belaubten Bäumen, welches einen überaus schö- nen Prospect machet, und die Augen zu einer angeneh- men Weyde einladet“ (Walder 1723, § XV). Auch die Magdalenenklause, „die schon von Ferne, durch mys- tisches Dunkel alter Eichen, dem Lustwandler entge- gen winkt, [...] steht in der Mitte eines von alten ehr- Abbildung 3: Die Magdalenenklause (Gemälde von Franz würdigen Eichen gebildeten Haines“ (Sckell 1837, S. 97) Joachim Beich (zugeschrieben) um 1730) (Quelle: BSV) (Abbildung 3). Allerdings wurden im Mai 1762 allem Anschein nach im „Gartten bey der Claußn 6 Aüchen“ entfernt (Bauer 1990). ten neben den „Wiesentälern“ mit natürlich erscheinen- der Bodenmodellierung und Randbepflanzung sowie den Gewässern mit naturgetreu geformten Ufern und Die landschaftliche Umgestaltung Inseln vor allem die Gehölze mit ihren natürlichen durch Friedrich Ludwig von Sckell Wuchsformen in unterschiedlicher Anordnung als Ein- im 19. Jahrhundert zelbäume, Baumgruppen und Haine sowie als Wald- partien mit differenziert geformten Bestandsrändern Zwischen 1801 und 1823 verwandelte Friedrich Ludwig und zahlreichen Lichtungen. Mit diesen Gestaltungsele- von Sckell (1750–1823, 1808 geadelt), der führende Gar- menten entwickelte Sckell eine Vielzahl bewusst insze- tenkünstler seiner Zeit, im Auftrag von König Max I. Jo- nierter und beim Begehen der Wege erlebbare Räume seph (reg. 1799–1825, bis 1805 als Kurfürst) den forma- und Bilder, die vornehmlich aus Gehölzen gebildet und len Schlosspark aus dem 18. Jahrhundert in einen von Gehölzen geprägt wurden. Die unter gestalteri- Landschaftspark von klassischer Reife. Sckell ersetzte schen Gesichtspunkten ausgewählte Bepflanzung trug dabei die regelmäßigen Achsenstrahlen, Alleen, Kanä- somit entscheidend zur gartenkünstlerischen Einmalig- le, Wasserbecken, Beet- und Heckenanlagen durch keit und Un verwechselbarkeit des rund 180 Hektar gro- natürlich anmutende Gestaltungselemente. Hierzu zähl- ßen Schlossparks Nymphenburg bei.

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Abbildung 4: Schlosspark Nymphenburg, Flurkarten der bayerischen Steuerkatastervermessung N.W. I. 3. und N.W. II. 3 (montierte Ausschnitte), 1809 (Quelle: BSV)

Bei der Bepflanzung seiner Gärten stützte sich Sckell lauter Eichen, oder aus einer andern Baumart bestehen, auf genau beobachtete Naturerscheinungen: „Allein die daß auch öfters noch andere Holzarten ansehnliche Flä- Natur pflanzt nicht, sie streuet vorzüglich nur Samen chenräume in ihrem Innern einnehmen, die zugleich aus, oder bewirket, daß Wurzeln ausschlagen; so über- die angenehmsten Kontraste und selbst die interessan- deckt sie Meilen lange Gegenden, bald mit Eichen, Bu- testen malerischen Wirkungen hervorbringen“ (Sckell chen, Ahorn, Birken, oder Tannenwäldern, und läßt die 1818, S. 106 – Hervorhebungen durch den Verfasser). eine oder andere Art Bäume nur dann erst aufhören sich weiter zu verbreiten, wenn dieser die erforderlichen Als Sckell zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Lagen oder die Erde zu mangeln anfängt, die sich für ei- Umgestaltung in Nymphenburg begann, dürften die ne andere Baumart wieder günstiger beweiset. […] Die- Areale zwischen den Alleestrahlen des barocken sem ungeachtet zeigt es sich in jenen Urwäldern der Na- Schlossparks wohl überwiegend mit autochthonen Ge- tur, die ich hier meine und an welchen die Menschen hölzbeständen bedeckt gewesen sein. Als autochthon ihre Kunst noch nicht angewendet haben, wenn sie aus kann der so genannte Lohwald angesehen werden, wie

LWF Wissen 68 11 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

er noch heute in den nördlich des Schlossparks Nym- Die Bedeutung der Eiche bei Friedrich phenburg bestehenden Waldflächen – Kapuzinerhölzl, Ludwig von Sckell Fasanerie Hartmannshofen, Angerlohe und Allacher Forst – anzutreffen ist (Troll 1926). Aus den dort herr- 1818 veröffentlichte Friedrich Ludwig von Sckell das schenden Standortsbedingungen resultiert ein Galio- Lehrbuch „Beiträge zur bildenden Gartenkunst für an- Carpinetum (Labkraut-Eichen-Hainbuchen-Wald) als gehende Gartenkünstler und Gartenliebhaber“, dem potentielle natürliche Vegetation mit Quercus robur seine Erfahrungen aus einer mehr als 40-jährigen be- (Stieleiche) und Quercus petraea (Traubeneiche) als ruflichen Tätigkeit zu Grunde lagen. Darin gibt Sckell Charakterarten sowie im wesentlichen Tilia cordata seine Wertschätzung gegenüber der Eiche deutlich zu (Winterlinde), Carpinus betulus (Hainbuche), Fraxinus erkennen. Dies deutet sich bereits in seinen Hinweisen excelsior (Gemeine Esche), Acer campestre (Felda- sowohl auf den aus der antiken Mythologie erwachsen- horn), Ulmus glabra (Bergulme), Prunus avium (Vogel- den Symbolgehalt der Eichen als auch auf ihre Bedeu- kirsche) und Acer platanoides (Spitzahorn) als mit- tung im vorchristlichen Deutschland an: „Die Eiche, wüchsige Baumarten (nach Seibert 1968). (Quercus robur) mit der Rothbuche (Fagus sylvatica) waren dem Jupiter heilig, sie waren auch noch der Ce- Älteren Gehölzbeständen maß Sckell bei der Anlage ei- res, der Vesta, der Rhea, dem Bachus [sic!] und dem nes Landschaftsgartens generell große gestalterische Sylvan zugeeignet. Der Eichenkranz war das Symbol und auch gartentechnische Bedeutung bei: „Tritt […] des Sieges, und der Eichenbaum selbst, das Symbol der Fall ein, daß in einem gedrängten Wald, den die Na- der Kraft. Die Bürgerkrone der Römer war von Eichen- tur seit Jahrhunderten mit ehrwürdigen hohen Bäumen laub gewunden. Die Dichter und Künstler wurden mit entstehen ließ, eine natürliche Garten=Anlage […] ein- Kränzen von Eichenlaub geehrt; Philemon wurde in ei- greifen soll, dann darf die Axt freilich nicht zu schonend ne Eiche verwandelt [dessen Frau Baucis in eine Lin- gebraucht werden, wenn anders der Künstler nicht in’s de, R. H.]. Die Eichenhaine waren die ersten Tempel Aengstliche und Kleinliche verfallen will. Da aber ver- der Teutschen, die ihnen zur Religions=Feyer dienten“ mag diese Axt, wenn sie mit Geschmack, mit Kenntniß (Sckell 1818, S. 26 f.). Zudem äußerte Sckell: „Dem Her- und einem warmen Gefühl für die Schönheiten der Na- kules, dem Vulkan sollten Tempel an Stellen erbaut tur geführt wird, oft in einem Monat mehr Wirkung, werden, wo sich die Natur in kräftigen, kühnen Formen mehr bildliche Natur=Scenen zu entfalten, als in 50 und und Massen entwickelt; […] wo sie bejahrte Eichen als mehr Jahren künstliche Pflanzungen hervorzubringen Sinnbild der Kraft und Stärke an steilen Abhängen und im Stande sind“ (Sckell 1818, S. 231). Abgründen erscheinen läßt“ (Sckell 1818, S. 26).

Gerade in Nymphenburg konnte Sckell ein bedeuten- Die Sonderstellung der Eiche kommt bei Sckell auch des vegetabiles Potential nutzen, um daraus seine Gar- an anderer Stelle zum Ausdruck: „Das Bestreben der tenräume zu formen. Das dabei praktizierte Vorgehen nachahmenden Kunst in der Landschaft[s]malerei ist verglich er mit der Arbeit eines Bildhauers: „So wie der vorzüglich dahin gerichtet, das eigenthümliche charak- Bildhauer seiner Figur durch gestellte Punkte, welche teristische Schöne und Vollendete in der Natur darzu- verhüten, daß er nicht zu tief oder zu flach in den Mar- stellen. Sie wird daher den Eichbaum, der sich ihr in mor eingreifet, langsam entgegen arbeitet, eben so muß seiner ganzen Größe, mit seinem kräftigen Stamm, sei- der Gartenkünstler seine neuen Formen und Bilder nen frey beweglichen Aesten= und Blätterbau majestä- nach und nach mit Vorsicht entwickeln“ (Sckell 1818, tisch darstellet, einem andern, der sich hinter andere S. 232 f.) Die Flurkarte der bayerischen Steuerkataster- Bäume versteckt und nur seinen Wipfel zeiget, weit vermessung vom Juli 1809 dokumentiert die ersten Er- vorziehen“ (Sckell 1818, S. 136). In der zweiten, 1825 von gebnisse der Sckell’schen Arbeiten im Südteil des Parks Carl August Sckell, dem Amtsnachfolger, Neffen und und lässt das erwähnte „bildhauerische“ Vorgehen bei Schwiegersohn von Friedrich Ludwig von Sckell, he- der Herausbildung des so genannten Pasinger Durch- rausgegebenen Auflage der „Beiträge zur bildenden blicks aus dem vorgefundenen Bestand nachvollzieh- Gartenkunst“ wird diese Aussage durch eine auf- bar werden (Abbildung 4). schlussreiche Fußnote ergänzt: „Bei Wilhelm Gilpin über Wald=Scenen, wo er die Bäume in Hinsicht auf ih- re Höhen, Stammdicke, Alter, mit sonst historischen Notizen beschreibt, heißt es […] : drei Jahrhunderte wächst der Monarch der Wälder [,] der Eichbaum, drei andere grünt er in voller Pracht, und drei geht er ein.

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gen […] werden“ (Sckell 1818, S. 180). An anderer Stelle betonte er, dass als Standort für einen Tempel der Tap- ferkeit oder der Tugend „ein ernster teutscher Hain, wenn diesen die Natur durch Zufall in den Bezirk eines Gartens gelegt, und mit majestätischen hundertjährigen Eichen bepflanzt hätte, […] den Vorzug verdienen“ soll- te (Sckell 1818, S. 142).

Zugleich machte Sckell deutlich, dass der Gartenkünst- ler nicht erwarten darf, „daß sich gerade alle seine [ge- pflanzten, R. H.] Gruppen und einzelnen Bäume unter malerischen Gestalten ausbilden werden. Er vergleiche die Bäume in einem Eich= oder Buchwalde, und er wird finden, daß sie sich nicht alle mit einem maleri- schen Wuchs auszeichnen und daß also nicht ein jeder als Gegenstand der bildenden Kunst in der Malerei nachgeahmt zu werden verdient“ (Sckell 1818, S. 303).

Es ist durchaus denkbar, dass Sckell bei diesen allge- meinen Empfehlungen den in Nymphenburg vorgefun- denen Wald vor Augen hatte, der auf Grund seiner na- türlichen Bedingungen und historischen Entwicklung, aber auch wegen der praktizierten Pflege damals eine Vielzahl alter Eichen aufgewiesen haben mag. Abbildung 5: „Baumstudie aus dem Nymphenburger Park“ (Zeichnung von Johann Georg von Dillis, um 1820) Sckell führte in dem seinen „Beiträgen zur bildenden (Quelle: Münchner Stadtmuseum) Gartenkunst“ beigefügten Verzeichnis der „einheimi- schen und ausländischen Bäume und Sträucher, die man bei Garten=Anlagen größtentheils anwenden Dieses außerordentliche Alter bei den Eichbäumen von kann“ in der „I. Klasse. Bäume, die 70 bis 100 Schuh 900 Jahren, wird um so glaubwürdiger, wenn man die [rund 20 bis 30 m, R. H.] hoch werden können“ ent- vielen Angaben Gilpin’s liest, daß sich in England Ei- sprechend der damaligen Nomenklatur drei verschie- chen befinden, die über zwölf Fuß im Durchmesser er- dene Eichen auf: reichet haben“ (Sckell 1825, S. 124). Sckell bezieht sich „Quercus Robur. Gemeine Eiche. hier auf die von William Gilpin (1724–1804) 1791 in Lon- Querc. Rob. pedunculata. Stieleiche [Quercus robur don publizierten „Remarks on Forest Scenery and ot- subsp. robur]. her Woodland Views“. In diesem Zusammenhang er- Querc. Rob. pubescens. Weichhaarige Eiche.“ scheint es bemerkenswert, dass Johann Georg von (Sckell 1818, S. 263). Dilles (1759–1841) eine alte Eiche im Schlosspark Nymphenburg „porträtierte“, die wohl auf Grund ihres In den Klassen der Gehölze mit niedrigeren Wuchshö- außer gewöhnlichen Charakters besondere Faszination hen nannte Sckell insgesamt 27 weitere Eichen, wobei auf diesen bedeutenden Maler ausübte (Abbildung 5). er anmerkte: „Schwerlich möchte eine Gegend in Europa seyn, wo […] die folgenden Eichen die Höhe Insbesondere aber verwies Sckell auf „Wälder, die ge- ihres Vaterlandes erreichen werden“ (Sckell 1818, S. 265). wöhnlich aus alten Eichen bestunden“; sie „dienten in Hierunter zählte er Roteiche (Quercus rubra), Zerr- der grauen Vorzeit der Religion zu ihren Tempeln. Da eiche (Qercus cerris) und Sumpfeiche (Quercus palus - besangen die Barden die Thaten teutscher Helden und tris) bis hin zu der Winterschutz erfordernden und nach behängten nach geendetem Kampf die ehrwürdigen seiner Auffassung nur strauchartig wachsenden „Quer- hundertjährigen Eichen mit ihren Waffen“ (Sckell 1818, cus Ilex. Steineiche“ (Sckell 1818, S. 265 ff.). Die damals S. 140 f.). Demzufolge empfahl er: „Monumente der Hel- bereits von mehreren deutschen Baumschulen zum den, die dem Vaterlande Ruhm und Siege erworben ha- Verkauf angebotene Pyramideneiche (Quercus robur ben, müßen von Eichen, das Sinnbild der Kraft, umrun- ‚Fastigiata’) erwähnte Sckell nicht, da er ihr offenbar

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weder einen gestalterischen Wert noch Bedeutung für Sckell fügte den „Beiträgen zur bildenden Gartenkunst“ botanische Sammlungen beimaß. In dem 1821 – also 64 „Beispiele von Zusammenstellungen verschiedener zwei Jahre vor Sckells Tod – von dem Botaniker Aloys Bäume und Gesträuche“ bei und bot damit einen Ein- Sterler (1787–1831) verfassten „Hortus Nymphenburgen- blick in die differenzierte Gestaltung seiner Gehölz- sis, seu enumeratio plantarum in horto Regio Nymphen- pflanzungen. Dabei berücksichtigte er nach eigener An- burgensi cultarum“ waren immerhin 43 verschiedene gabe nur „ohngefähr 180 der allerbekanntesten und Spezies der Gattung Quercus, nicht aber die Pyramiden - größtentheils einheimischen Baum= und Straucharten“ eiche verzeichnet. Die ebenfalls von Sterler 1826 heraus- (Sckell 1818, S. 301). Merkwürdigerweise beinhalten die- gegebene zweite Auflage des „Hortus Nymphenburgen- se Beispiele – trotz der allgemeinen Wertschätzung, die sis“ enthielt 45 verschiedene Quercus-Spezies, darunter Sckell „majestätischen hundertjährigen Eichen“ entge- nun auch Quercus pyramidalis, deren zeitgenössisches genbrachte – nur zwei konkrete Gehölzkombinationen Synonym Quercus fastigiata wohl versehentlich gleich- mit Quercus robur. Andere großkronige Laubgehölze, rangig in dieser alphabetisch geordneten Pflanzenliste die Sckell in den beiden ersten Klassen seiner bereits aufgeführt wurde (Herzog 1994, S. 68). erwähnten Gehölzliste nannte, d. h. mit maximalen Wuchshöhen von „70 bis 100 Schuh“ bzw. „50 bis 70 Schuh“, berücksichtigte er in den Pflanzbeispielen zum Die Sckell’schen Pflanzbeispiele Teil deutlich häufiger, z. B. Fraxinus excelsior neunmal; Acer platanoides, Populus alba und Ulmus glabra je Im Landschaftsgarten dienen die Bäume als Raumbild- achtmal; Betula Alnus = Alnus glutinosa siebenmal; Ju- ner und zugleich als Raumschmuck. Das individuelle glans nigra und Tilia europaea = Tilia x vulgaris je fünf- Erscheinungsbild einer Anlage wird maßgeblich von mal; Acer pseudoplatanus viermal; Aesculus hippocas- der unter gartenkünstlerischen Gesichtspunkten vorge- tanum und Platanus occidentalis je dreimal sowie die nommenen Auswahl und Anordnung der verschiede- hier überwiegend als sicherlich untergeordnetes Be- nen Gehölzarten bestimmt, von ihrer Verteilung und ih- gleitgehölz anzusehende Carpinus betulus elfmal. Aller- rem Zusammenwirken im Raum. Die Gartenkünstler dings führte er Fagus sylvatica sogar nur einmal auf. des 19. Jahrhunderts setzten die gestalterischen Eigen- schaften der Gehölze – Habitus, Laubform und -farbe, Dafür unterbreitete Sckell jedoch gleich mit seinem ers- Blüten, Früchte, Rinde – für die differenzierte und span- ten Pflanzbeispiel eine Kombination, die als ausgespro- nungsreiche Gestaltung der Parkräume bewusst ein. chen „klassisch“ und darüber hinaus auch als naturnah angesehen werden kann, nämlich Eiche, Buche und Friedrich Ludwig von Sckell stellte grundsätzlich fest: Hainbuche, der er nur den hier besonders exotisch wir- „Die breiten stumpfen Formen der Kronen der majes- kenden und nach Krüssmann erst 1796 in gärtnerische tätischen Eiche, die der Hain= und der Roth=Buche, der Kultur genommenen Zürgelbaum als äußerst wirkungs- zahmen und der Roßkastanie, die der Rüstern, der Lin- vollen Kontrast hinzufügte: „Beispiel 1. / Quercus Robur, den, der gemeinen schwarzen und der Silberpappel, d. Hintergrund. / Fagus sylvatica, d. vor diese. / Carpi- mit der Esche, dem Platanus, dem gemeinen Ahorn, nus Betulus, h. / Celtis australis, h.“ (Sckell 1818, S. 303). der gemeinen und der schwarzen Wallnuß [sic!], den hochwachsenden Weidenarten etc. sind malerisch, Im zweiten Pflanzbeispiel verknüpfte Sckell die Ge- deutlich und ausdrucksvoll gestaltet. Ihre ehrwürdigen wöhnliche, Rote und Gelbe Rosskastanie sowie die Ess- Kronen theilen sich in malerische Parthien, die bald in kastanie als fremdländische und zudem in ihrer Belau- vollem Lichtglanze hervorgehen, oder mit Schatten be- bung relativ gleichförmige Baumarten miteinander und deckt in’s feyerliche Dunkel zurücktreten, und jene so stellte ihnen als deutlichen Kontrast die beiden als ty- angenehmen bildlichen und geistigen Wirkungen pisch „deutsch“ geltenden Baumarten Eiche und Lin- durch Helldunkel hervorbringen, die für die bildende de zur Seite: „Beispiel 14. / Aesculus Hippocastanum, Kunst eben so belehrend, als für ihre Nachahmung d. / Quercus Robur, d. / Fagus Castanea [Castanea sati- empfehlend und wirkend sind“ (Sckell 1818, S. 113). va], d. / Tilia europaea[T. x vulgaris], h. / Aesculus car- nea [A. x carnea], d. / Aesculus lutea [A. flava], d.“ (Sckell 1818, S. 307). In beiden Sckell’schen Pflanzbei- spielen bedeuten „d“ dunkle bzw. dunkel wirkende und „h“ helle bzw. hell wirkende Belaubung.

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Ansonsten äußerte sich Sckell nur allgemein zur Kom- Exkurs: Eichen und Koniferen bination der Eichen mit anderen Baumarten: „Wenn je- ne Baumarten, die sich mit einem ausgedehnten, kräf- Die heute in Nymphenburg vorhandenen Koniferen tigen Aesten= und Kronen=Bau darstellen, und die in ergeben gerade im Zusammenspiel mit markanten ihren Formen einige Aehnlichkeit haben, in Verbin- Eichen eindrucksvolle gestalterische Situationen von dung gebracht werden, wie die Eichen, die Rustern herausragender Qualität. Sie dürften jedoch kaum der [sic!], die Hain= und Rothbuchen etc. […]; wenn auf Sckell’schen Erstbepflanzung zuzurechnen sein (Abbil- der andern Seite, zugleich auch auf die Aehnlichkeit dung 6). Sckell schrieb zwar, die Nadelgehölze müssen und Form der Blätter geachtet wird; […] wenn die zah- „in den Gärten ihre Anwendung finden, weil sie immer me mit der Rosskastanie, mit der Eiche, dem Gemeinen grüne Bäume sind und in den Wintertagen, wo die Ahorn […] beisammen stehen; […] so würde man sich Laubhölzer ihr grünes Gewand abgelegt haben, das ih- bald vom Vorzuge dieser Methode, Bäume und Sträu- rige an die Stelle tritt und diesen hohen Genuß der cher zu gruppiren, überzeugen, und diese Verbindun- schönsten Färbung in der Natur fortsetzet“ (Sckell 1818, gen jenen […] der Birken mit den Eichen, der Roßkas- S. 114). Zugleich betonte er aber: „Die Nadelhölzer ha- tanien mit den Zitterespen, der Eibenbäume (Taxus ben auch noch außer ihrer einförmigen Gestalt ein me- baccata) mit den Lichterbäumen (Bignonia catalpa), lancholisches Ansehen und sollten daher in den Gär- die Ahorn mit den Weiden, oder die Akazien mit den ten nicht zu häufig, und vorzüglich nur da angewendet Rothtannen (Pinus abies) weit vorziehen“ (Sckell 1818, werden, wo heitere mit schwermüthigen ernsthaften S. 117 – Hervorhebungen durch den Verfasser). Scenen abwechseln“ (ebenda). Insgesamt urteilte er: „Es ist daher weit besser, und selbst in Rücksicht auf Har- monie, Haltung und Form, daß die Nadelhölzer vor- zugsweise ihre eigenen Stellen einnehmen und nie mit den Laubhölzern gemischt erscheinen“ (Sckell 1818, S. 115). Diese Auffassung Sckells wird sowohl durch sei-

Abbildung 6: Eichen, Kiefern und Eiben an der Amalienburg im Herbstaspekt, November 2011 (Foto: Rainer Herzog)

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ne Pflanzbeispiele 25 und 26, die abgesehen von Hip- Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die ur- pophae rhamnoides (Sanddorn) ausschließlich Konife- sprüngliche, aus der gartenkünstlerischen Absicht ren enthalten, als auch durch das Aufmaß des Schloss- Sckells resultierende Gehölzartenzusammensetzung parks Nymphenburg von Carl Effner senior (1791–1870) des Schlossparks Nymphenburg im Laufe der Entwick- und Johann Baptist von Sell (1795–1865) aus dem Jah- lung teilweise gravierend verändert hat. Es sei in die- re 1832 weitgehend bestätigt. Dagegen kombinierten sem Zusammenhang lediglich darauf hingewiesen, andere namhafte Gartenkünstler des 19. Jahrhunderts, dass im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine „Un- wie Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) zahl Fichten“ gepflanzt wurde, von denen allein im Jah- und Carl Eduard Petzold (1815–1891), durchaus Eiche re 1946 ein Sturm 11.000 Stück vernichtete und dass da- und Fichte. So verweist Pückler darauf, dass sich „in zu „noch das Ulmensterben und die Kriegsschäden“ fruchtbarem Boden, selbst im wilden Zustande, immer kamen (Bauer 1961, S. 253). Andererseits fügen sich spä- noch die Fichte gern mit der Eiche […] paaren“ würde tere Eichenpflanzungen – insbesondere aus der zwei- (Pückler 1834, S. 94). Petzold empfahl, man setze „in bun- ten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- ter Mischung die kleineren Exemplare, welche später derts – meist sinnvoll und harmonisch in das von Sckell den Körper der Pflanzung bilden sollen: Eichen, Roth- konzipierte originäre Erscheinungsbild des Land- und Hainbuchen, Ahorn, Linden, Weiden, Pappeln, Bir- schaftsparks ein. ken, hier und da durchsetzt mit Lärchen, Kiefern, Fich- ten und Sträuchern“ (Petzold 1862, S. 141). Der bayeri- Die 2011 von Dickoré und Maier durchgeführte Erfassung sche Hofgärtendirektor Carl von Effner (1831–1884, der „Flora des Nymphenburger Parks“ belegt, dass ne- 1877 geadelt) verwendete Koniferen sehr zurückhal- ben Quercus robur und Quercus petraea auch Quercus tend und pflanzte sie als kleine, meist aus einer Art be- cerris und Quercus rubra vorhanden sind, die letzten stehenden Gruppen vor die Bestandsränder. Im Park beiden Arten allerdings nur an gestalterisch unterge- Feldafing gibt es allerdings eine Zwillingspflanzung, bei ordneten Standorten. der Effner eine Eiche und eine Fichte gemeinsam in ein Pflanzloch setzen ließ. Die in Nymphenburg zuweilen Inwieweit die auf uns überkommene vegetabile Ausstat- anzutreffende Nachbarschaft von Eichen und Koniferen tung im Vergleich mit der Sckell’schen Erstbepflanzung geht vermutlich mehrheitlich auf die hier um 1900 täti- authentisch ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt wer- gen Gartenbeamten zurück. den, zumal erschwerend hinzu kommt, dass Sckell nicht nach vorher angefertigten und deshalb auch nicht überlieferten Pflanzplänen arbeitete, sondern beim Eichen im überkommenen Nymphenburger Pflanzen im Gelände allein „seinem bildlichen Ideen- Bestand gange“ folgte (Sckell 1818, S. 260).

Sckell maß – wie gezeigt wurde – den heimischen Ei- Im Fall der heute in Nymphenburg existierenden Alt- chen große gestalterische Bedeutung bei. Einerseits in- bäume kann nur bei den Gattungen Quercus und Tilia tegrierte er vorhandene Altbäume gezielt in sein gar- davon ausgegangen werden, dass sie wahrscheinlich tenkünstlerisches Konzept, andererseits pflanzte er auf die originäre Gestaltung von Friedrich Ludwig von junge, gut entwickelte Eichen an gestalterisch wichti- Sckell zurückgehen, da andere Gehölzarten durch das gen Stellen des ausgedehnten Nymphenburger Parks. Erreichen ihrer natürlichen Altersgrenze oder auf Inzwischen sind auch diese Sckell’schen Neupflanzun- Grund ungeeigneter Standortbedingungen, wie un- gen zu eindrucksvollen Bäumen mit einem Alter von günstige Klima-, Boden- und Wasserverhältnisse, aber etwa 200 Jahren herangewachsen. Sie setzen als Ein- auch durch Witterungsunbilden und Kriegsschäden im zelbäume, Baumgruppen oder Haine wesentliche Ak- Laufe der Zeit verlorengegangen sind. Die trotzdem vor- zente im Umfeld der Parkarchitekturen, an den Be- handene Vielfalt der gestalterischen Lösungen unter standsrändern der Wiesentäler sowie an den Ufern der Verwendung der heimischen Eichen in Nymphenburg Fließ- und Stillgewässer, aber auch an zahlreichen soll im Folgenden anhand mehrerer relevanter Beispie- Wegeabschnitten und -kreuzungen innerhalb der Wald- le verdeutlicht werden. partien.

16 LWF Wissen 68 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

lediglich durch einzelne Jungbäume ergänzte oder ob er den Hain insgesamt als Neupflanzung aus vermut- lich jüngeren, aber schon kräftigeren Bäumen aufbau- te, konnte bislang nicht geklärt werden. Der Hain be- steht heute aus 16 eindrucksvollen Alteichen, die als gestalterisches Element das Erscheinungsbild dieser Parkpartie entscheidend prägen. Die im westlichen Hainbereich vorhandenen vier Linden gehören wohl zur originären Sckell’schen Konzeption. Dagegen sind die im mittleren Abschnitt vorhandenen älteren Bäume – eine Linde, eine Esche und ein Spitzahorn – sicher- lich als spätere Zutaten anzusehen. Der Hain steht in optischer Beziehung mit einer unterholzfreien Baum- gruppe, die sich am gegenüberliegenden Rand des Blu- tenburger Durchblicks unweit vom Ufer des Pagoden- burger Sees befindet und die gegenwärtig aus vier Eichen, drei Linden und einem Spitzahorn besteht, wo- bei nur wenige dieser Altbäume der Sckell’schen Erst- bepflanzung zugerechnet werden können. Hier befand sich übrigens auch die im Mai 2000 von einem Blitz ge- troffene und inzwischen durch einen jungen Baum er- setzte Eiche, deren Entwicklung anhand der Jahrring- analyse gesichert bis in das Jahr 1842 zurückverfolgt werden kann (Bickel und Mößmer in diesem Heft).

Im nordöstlichen Vorfeld der Amalienburg existiert ei- ne nahezu unterholzfreie Gruppe aus vier Eichen und drei Kiefern, die mit drei Eichen am Rand des Kronprin- zengartens sowie einer markanten Eiche auf der gegen- überliegenden Seite des zum Schloss führenden Weges korrespondieren. Der letztgenannte Baum steht vor ei- ner Kulisse aus älteren Kiefern, Helmlocktannen und Eiben. Im südöstlichen Vorfeld des Parkgebäudes be- finden sich zwei Eichen in unregelmäßiger Mischung mit drei Fichten, zwei Kiefern und einer Rotbuche, un- terpflanzt mit zahlreichen stattlichen Eiben. Das Motiv wird von einer solitären Eiche abgerundet, die in den Abbildung 7: Der östliche Teil des Blutenburger Durchblicks Gartenraum an der Amalienburg optisch hineinwirkt. mit dem Eichenhain, Aufmaß des Nymphenburger Parks Sie bildet den nordwestlichen Eckpunkt des Gehölzbe- von Carl Effner senior und Johann Baptist von Sell (Aus- standes, der einen schmalen, zum Hauptraum querver- schnitt), 1832 (Norden befindet sich rechts) (Quelle: BSV) laufenden Durchblick begrenzt (Abbildung 8). Insge- samt stellt diese Pflanzung eine effektvolle Gruppierung von Eichen mit verschiedenen Koniferen dar, wobei es Der Eichenhain am nordöstlichen Rand des Blutenbur- sich hier bei allen Kiefern um Pinus sylvestris handelt. ger Durchblicks stellt die größte Häufung heimischer Eichen von ausgesprochen dominanter Wirkung im Eichen und Fichten prägen in besonderem Maße auch Schlosspark Nymphenburg dar. Die Bäume wurden äu- die gegenwärtige vegetabile Ausstattung im Umfeld der ßerst spannungsreich in einem unregelmäßigen Raster Brücke über den Wasserlauf westlich von der Pagoden- als langgestreckte und unterholzfreie Gruppe auf einer burg: Der von Süden in einem weiten Bogen auf die Wiesenfläche angeordnet (Abbildung 7). Inwiefern Brücke zuführende Weg wird direkt am Brückenbau- Sckell hier vorgefundene Altbäume nutzen konnte und werk von zwei Eichen gerahmt, die ein „Tor“ bilden und

LWF Wissen 68 17 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

Eiche Rotbuche

Kiefer Linde

Fichte Esche

Eibe Hainbuche

Hemlocktanne Trauerweide

Abbildung 8: Die relevante vegetabile Ausstattung an der Abbildung 9: Die relevante vegetabile Ausstat- Amalienburg im Januar 2012 (Aufmaß: J. Auer, K. Grübl; tung an der Brücke westlich von der Pagoden- Zeichnung: N. Nordmann, L. Großkopf) burg, Januar 2012 (Aufmaß: J. Auer, K. Grübl; Zeichnung: N. Nordmann, L. Großkopf)

Abbildung 10: Die relevante vegetabile Ausstattung am , Januar 2012 (Aufmaß: J. Auer, K. Grübl; Zeichnung: N. Nordmann, L. Großkopf)

18 LWF Wissen 68 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

durch das eine dritte, leicht aus der Wegeachse gerück- gefügt, möglicherweise im Zusammenhang mit dem te Eiche den visuellen Bezugspunkt am Rand der im 1862–1865 errichteten Monopteros anstelle der von Norden angrenzenden Waldfläche bildet. Eine große Friedrich Ludwig von Sckell nur in Holz ausgeführten Fichte kommt auf der Ostseite des Weges etwa auf hal- Vorgängerbauten von 1805 bzw. 1818 (siehe Titelfoto). ber Distanz zwischen Brücke und nördlicher Eiche Das 1832 angefertigte Aufmaß von Carl Effner senior bildprägend hinzu. Durch das „Eichen-Tor“ wirkt in der und Johann Baptist von Sell verdeutlicht jedenfalls, Gegenrichtung eine Gruppe aus fünf, auf einem kleinen dass Sckell statt der Doppelpflanzung aus Eiche und Hügel stehenden Fichten als wirkungsvoller Blickfang. Hainbuche ursprünglich, d. h. wohl bereits 1805, drei Zudem flankiert eine Fichte auch die westliche Eiche Pyramidenpappeln gepflanzt hatte, die 1865 durchaus des „Tores“. Der Rand des nach Westen anschließen- knapp 70 Jahre alt gewesen sein könnten und damit fast den waldartigen Gehölzbestandes wird von drei Eichen ihre durchschnittliche natürliche Lebenserwartung von akzentuiert, die weder in einer Linie noch in gleichem 80 Jahren erreicht haben dürften. Sckell vertrat übri- Abstand gepflanzt sind. Diese gestalterische Situation gens in seinen „Beiträgen zur bildenden Gartenkunst“ wird im Osten durch eine weitere Eiche in Kombina - unter Hinweis auf Humphry Reptons „Observations on tion mit drei Fichten abgerundet (Abbildung 9). the Theory and Practice of Landscape Gardening“ von 1803 die Meinung: „Eine einzige 100 Fuß hohe Eiche, Die Gehölzkulisse im Umfeld des auf einer Halbinsel an den Ufern eines Sees, würde diesen [optisch, R. H.] stehenden Monopteros am Nordufer des Großen oder sehr verkleinern“ (Sckell 1818, S. 67). Badenburger Sees enthält gegenwärtig vier Eichen, von denen zwei in Kombination mit drei Linden, einer Vom Löwental zweigt eine kurze Blickbahn mit einem Esche und einer Kiefer (Pinus sylvestris) den direkten teilweise kaum 20 Meter breiten Wiesengrund ab, die Hintergrund des Rundtempels in der Fernsicht vom in südwestliche Richtung über die Grenze des Parks südlichen Seeufer aus bilden. Der schmale uferbeglei- hinweg in die Landschaft weiterführt. Um diese Fern- tende Gehölzstreifen beiderseits des Monopteros findet sicht zu ermöglichen wurde die Parkmauer durch ein seinen westlichen Abschluss in einer stattlichen Eiche; so genanntes „A-ha“ unterbrochen, d. h. durch eine tie- der östliche Abschluss wird von einer äußerst markan- fe Grube mit einer senkrechten Stützmauer, die Men- ten und etwas abgerückt stehenden Eiche gebildet, die schen und Tiere am unerwünschten Eindringen in den bis 2002 mit einer Hainbuche kombiniert war (Abbil- Schlosspark hindert. Unmittelbar vor dem „A-ha“ wer- dung 10). Diese das Erscheinungsbild einst vom Pasin- den die Ränder der raumbildenden Gehölzkulissen auf ger Durchblick her beherrschende Doppelpflanzung beiden Seiten der Blickbahn noch heute von zwei Ei- wurde wohl erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein- chen akzentuiert, wobei eine – analog zu Sckells ers-

Abbildung 11: Die relevante vegetabile Ausstattung am A-ha der seitlichen Blickbahn des Löwentals, Januar 2012 (Aufmaß: J. Auer, K. Grübl; Zeichnung: N. Nordmann, L. Großkopf)

LWF Wissen 68 19 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

Abbildung 12: Alteichen am alten Hartmannshofer Tor im Winteraspekt, Januar 2012 (Foto: Rainer Herzog)

tem Pflanzbeispiel – in direkter Verbindung mit einer Eine der imposantesten Nymphenburger Eichen befin- Rotbuche und zwei Hainbuchen steht. Die sich gegen- det sich am ehemaligen Hartmannshofer Tor. Sie ist mit über in einer leichten Einbuchtung befindende Eiche einer zweiten, kaum zwei Meter entfernten Eiche von wird von drei Linden gerahmt. Das assoziiert eine Pa- geringerer Stärke kombiniert (Abbildung12). Diese rallelität zu Sckells Pflanzbeispiel 14, auch wenn die ver- Doppelpflanzung wirkt an dem markanten Eckpunkt schiedenen Kastanien inzwischen verloren gegangen der nördlichen Einfriedung deutlich über die Parkgren- sind oder an dieser Stelle möglicherweise gar nicht ge- ze hinaus. Diese beiden Eichen zählen mit Sicherheit pflanzt wurden. Im dem zum Löwental orientierten Ab- zu jenen Altbäumen, die Sckell bereits vorfand und die schnitt der Blickbahn betonen vier Eichen wichtige Vor- er bewusst als Bindeglied zu dem im Norden angren- sprünge des Bestandsrandes und entfalten innerhalb zenden Eichenwald des Kapuzinerhölzls nutzte. Mit der des Gartenraumes in Verbindung mit dem Wegenetz Verbreiterung der Verdistraße und der Einrichtung der besondere gestalterische Wirkungen. Einerseits dient Endhaltestelle der Trambahn in der Menzinger Straße eine inzwischen jedoch nur noch fragmentarisch vor- wurde der Parkeingang im 20. Jahrhundert nach Osten handene Eiche am sogenannten Reitweg, dem Haupt- verlegt, so dass das ehemalige Hartmannsdorfer Tor weg des Schlossparks Nymphenburg, als Blickfang mit gegenwärtig nicht mehr benutzt werden kann. Der zwei verschiedenen Kiefern (Pinus nigra und Pinus stro- waldartige Gehölzbestand zwischen dem alten und bus) im Hintergrund. Sie findet ihr Pendant in einer dem neuen Tor weist die auffallende Konzentration von schräg gegenüber angeordneten Eiche, die mit einer 24 Eichen auf, die jedoch offensichtlich alle erst zu Be- weiteren Kiefer (Pinus sylvestris) jenseits des Reitwe- ginn des 20. Jahrhunderts in sehr geringen Abständen ges korrespondiert. Andererseits entfalten zwei Eichen als engbegrenzte Gruppe auf einer Fläche von kaum an einem zum Reitweg führenden Nebenweg eine tor- 500 m² gepflanzt wurden und die bis heute keine be son - artige Wirkung (Abbildung 11). dere gestalterische Wirkung weder innerhalb des Parks noch über dessen Grenze hinweg entfalten konnten.

20 LWF Wissen 68 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

Gartendenkmalpflegerische Maßnahmen nis-, Bildungs- und Erholungswertes für die Besucher. Zugleich gehen sie auf Grund der Schaffung von Ge- Die heimischen Eichen stellen wesentliche vegetabile hölzbeständen, die sich durch größere Artenvielfalt Bestandteile des Schlossparks Nymphenburg dar und und durch größeren strukturellen Abwechslungsreich- besitzen herausragende gestalterische und ökologische tum auszeichnen, mit einer deutlichen Verbesserung Bedeutung. Als charakteristische Einzelexemplare von der ökologischen Verhältnisse im Fauna-Flora-Habitat- besonderer raum- und bildprägender Wirkung sind sie Gebiet „Schlosspark Nymphenburg“ einher. solange wie möglich zu erhalten und nach ihrem Ver- lust hinsichtlich Art, Anzahl und Standort authentisch zu ersetzen. Aber auch als relevante Elemente der wald- Literatur: artigen Gehölzbestände sind die Eichen zielgerichtet zu fördern und vor allem auch ihr Fortbestand durch Na- Bauer, A. (1990): Schloss Nymphenburg im 18. und frühen 19. turverjüngung und/oder Neupflanzungen langfristig zu Jahrhundert. Quellenforschung 1990-2000. Unveröffentlichtes Typoskript, darin: Bauamt der Bayerischen Schlösserverwal- sichern. tung, Akt 1757, Baufuhrlisten 1762

Die denkmalpflegerischen Maßnahmen, d. h. insbeson- Bauer, Ch. (1961): Arbeitsauftrag für die Pflege von Jungbestän- dere die Restaurierung der baulichen und vegetabilen den im Nymphenburger Schlosspark. In: Das Gartenamt, 10. Jg., Heft 10, S. 253 Ausstattung, stützen sich auf die überkommenen Ge- ländebefunde (Bauwerke, Wegenetz, Bodenmodellie- Dickoré, B. W.; Maier, T. (2011): Erfassung der Flora des Nym- rungen, Gewässer, Altbäume) und auf das Aufmaß des phenburger Parks. Bayerische Botanische Gesellschaft e. V., Ar- Nymphenburger Parks von 1832. Diese mit hoher Prä- beitskreis „Flora von München“, unveröffentlichtes Typoskript zision angefertigte Unterlage gibt den Zustand des Erhardt, W.; Götz, E.; Bödeker, N.; Seybold, S. (2008): Der große Parks neun Jahre nach dem Tod von Friedrich Ludwig Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2: Arten und von Sckell im Maßstab von etwa 1: 2.500 wieder. Sie Sorten, Stuttgart stellt ein authentisches Dokument der von Sckell ge- Herzog, R. (1993): Il "Parkpflegewerk": l'esempio di Nymphen- planten und im Gelände modifiziert umgesetzten Ge- burg a Monaco. Parkpflegewerk Nymphenburg. In: Domenico staltungskonzeption dar. Davon ausgehend wurde Luciani (Hrsg.), Il governo del paesaggio e del giardino – Gar- 1989/90 eine „Gartendenkmalpflegerische Zielstellung“ ten Landschaft Wahlverwandtschaften, Materiali dal corso 1991 für den Schlosspark Nymphenburg erarbeitet. Sie ver- della Fondazione Benetton Studi Ricerche. Treviso/Milano, S. 111–127 gleicht die ursprüngliche Gestaltungsabsicht mit dem aktuellen Zustand und leitet daraus entsprechende Pfle- Herzog, R. (1994): Pyramidenpappel oder Pyramideneiche? An- gemaßnahmen ab. merkungen zur Verwendung von Gehölzen mit säulenförmigem Habitus bei Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823). In: Erika Die Bayerische Schlösserverwaltung und die Landes- Schmidt, Wilfried Hansmann, Jörg Gamer (Hrsg.): Garten Kunst Geschichte. Festschrift für Dieter Hennebo zum 70. Ge- anstalt für Wald und Forstwirtschaft führen dazu ergän- burtstag, Grüne Reihe: Quellen und Forschungen zur Garten- zend seit 2006 das gemeinsame Modellprojekt „Wald- kunst, Bd. 16. Worms, S. 67–74 pflege als Gartendenkmalpflege und Biotoppflege“ durch. Es umfasst sowohl gartendenkmalpflegerische Herzog, R. (1998): Fliessende und stehende Gewässer als Gegen- stand der Denkmalpflege. Das Beispiel Nymphenburg in Mün- als auch waldbauliche Maßnahmen zur Zukunftssiche- chen. In: Ingo Kowarik, Erika Schmidt, Brigitt Sigel (Hrsg.): Na- rung der pflanzlichen Ausstattung des Schlossparks turschutz und Denkmalpflege. Wege zu einem Dialog im Nymphenburg (Mößmer und Herzog in diesem Heft). Garten, Zürich, S. 319–332

Herzog, R. (2002): Die räumlich-visuelle Struktur des Schloss- Alle Maßnahmen dienen letztlich der Wiederherstel- parks Nymphenburg. Planung – Verwirklichung – Erhaltung. In: lung bzw. Erhaltung der räumlich-visuellen Struktur Die Gartenkunst 14, Heft 2, S. 289–305 und der Bewahrung einer authentischen Bepflanzung von gartenkünstlerisch herausragender Bedeutung. Herzog, R. (2003): Friedrich Ludwig von Sckell und Nymphen- burg. Zur Geschichte, Gestaltung und Pflege des Schlossparks Durch die Entwicklung von wirkungsvollen Erschei- Nymphenburg. München nungsbildern in prinzipieller Annäherung an die origi- näre Gestaltungskonzeption von Friedrich Ludwig von Herzog, R. (2005): Die Rosskastanie in historischen Gärten – Bei- Sckell führen sie im Gartendenkmal „Schlosspark Nym- spiele aus Ost- und Süddeutschland. In: LWF-Wissen, 48, Beiträ- ge zur Rosskastanie, Freising phenburg“ zu einer wesentlichen Steigerung des Erleb-

LWF Wissen 68 21 Die Eichen im Schlosspark Nymphenburg, Bedeutung – Verwendung – Erhaltung

Hierl-Deronco, N. (2001): Es ist eine Lust zu bauen. Von Bauher- Key words: Care of historical gardens, ornamental gar- ren, Bauleuten und vom Bauen im Barock in Kurbayern – Fran- dens, integration of woods, concept, land- ken – Rheinland. Krailling scaped gardens, visuo-spatial structure, Nymphenburg Pa- Krüssmann, G. (1976): Handbuch der Laubgehölze in drei Bän- lace Park den. 2. Auflage, Berlin und Hamburg Summary: Friedrich Ludwig von Sckell (1750–1823) was Petzold, E. (1862): Die Landschafts-Gärtnerei. Ein Handbuch für the leading landscape gardener of his era. At the begin- Gärtner, Architekten, Gutsbesitzer und Freunde der Gartenkunst. Leipzig ning of the 19th century, he transformed the formal Nym- phenburg Palace Park into a landscaped garden of classi- Pückler, H., Fürst von (1834): Andeutungen über Landschaftsgärt- cal maturity. Integrating various already existing wooded nerei, verbunden mit der Beschreibung ihrer praktischen Anwen- areas, he created impressive garden areas and parklands. dung in Muskau. Stuttgart. The oaks were of particular importance in the project, as Sckell, C. A. (1837): Das königliche Lustschloß Nymphenburg und Sckell greatly appreciated oaks generally. Oaks also form seine Gartenanlagen. München part of the potential natural vegetation at Nymphenburg castle, and they had already played a special role in the Ba- Sckell, F. L. (1818): Beiträge zur bildenden Gartenkunst für ange- roque garden of the 18th century. On the one hand Sckell hende Gartenkünstler und Gartenliebhaber. 1. Auflage, München consciously integrated many old oaks in his design concept. Sckell, F. L. (1825): Beiträge zur bildenden Gartenkunst für ange- On the other hand, he actively planted young oaks in or- hende Gartenkünstler und Gartenliebhaber. 2. Auflage, München der to develop characteristic parklands. The visuo-spatial structure of the Park is defined even Seibert, P. (1968): Übersichtskarte der natürlichen Vegetations- gebiete von Bayern. Schriftenreihe für Vegetationskunde, Heft today by many old oaks in combination with other tree 3, Bad Godesberg species. The maintenance of Sckell's original design con- cept and the planting activity intrinsically associated with Troll, W. (1926): Die natürlichen Wälder im Gebiete des Isarvor- it is thus accorded great significance in conservation work landgletschers. Geographische Gesellschaft in München (Hrsg.), Landeskundliche Forschungen, Heft 27, München on the historical gardens.

Walder, D. (1723): Ausführliche Relation von denen herrlichen Festivitäten und offentlichen Freuden=Bezeugungen welche so wohl bey Hofe / in der Stadt München / als auch auf denen Chur=Fürstl. Jagt= und Lust=Schlössern wegen der hohen Ver- mählung des Chur=Printzens zu Bayrn […] gehalten worden.

Dank: Folgenden Mitarbeitern der Gärtenabteilung der Bayeri- schen Schlösserverwaltung habe ich Dank zu sagen: Johann Auer und Kurt Grübl für das spezielle Aufmaß des Eichenbe- standes, Norbert Nordmann für die Anfertigung der Lagezeich- nungen, Linda Großkopf für die digitale Bearbeitung dieser Zeichnungen und Michael Degle für den digitalen Vergleich der historischen Vermessungsunterlagen sowie die Unterstützung bei der Literatur- und Bildrecherche.

22 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg – Pflegekonzept für die Praxis Reinhard Mößmer

Schlüsselwörter: Schlosspark Nymphenburg, Gartendenk- Gesichtspunkte integrierend berücksichtigt. Zentrales Element malpflege, Restaurierung, Gehölzpflege, Bäume, Wald- des Konzepts ist die Konzentration punktueller Pflegemaß- bau, Ökologie, Ökonomie, Erholung nahmen auf ausgewählte Hauptstrukturbäume. Dieser neu entwickelte Begriff bezieht sich auf Bäume, die das innere Ge- Zusammenfassung: Der Schlosspark Nymphenburg in Mün- rüst der angestrebten Naturszenen bilden und die zu erzie- chen ist ein über die Grenzen Bayerns hinaus bekanntes Gar- lende künstlerische Wirkung bzw. die in Gang gesetzte Ent- tendenkmal. Weitläufige Laubwaldflächen bestimmen in wicklung bestimmend gestalten. Das Konzept unterstützt die spannungsreichem Wechsel mit Wiesenflächen, Baumgrup- Ziele des Naturschutzes, der Erholungsnutzung und der öko- pen, Einzelbäumen und Gewässern den Charakter dieses nomischen Anforderungen der Parkverwaltung an die Um- Landschaftgartens. Die mit Bäumen gestalteten effektvollen setzung in der Praxis. Im Rahmen des Modellprojekts zeigten Parkbilder verloren auf Grund der natürlichen Wachstums- waldkundliche Wiederholungsaufnahmen auf Beobachtungs- dynamik und dem Ausbleiben wirksamer Pflegemaßnahmen flächen, dass selbst alte Bäume wie z.B. 230-jährige Eichen über Jahrzehnte unmerklich ihre gartenkünstlerisch wertvol- oder über 170-jährige Kiefern noch eine erstaunliche Vitalität len Strukturen. Zu ihrer nachhaltig wirksamen Restaurierung aufwiesen. Sie konnten die Entlastung ihrer Kronen durch Fäl- wurde von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forst- lung konkurrierender Bäume nutzen, um mit ihren Ästen wie- wirtschaft in Kooperation mit der Bayerischen Schlösserver- der in den frei gewordenen Luftraum hineinzuwachsen und waltung ein Gehölzpflegekonzept erarbeitet, das denkmal- z. T. auch an Stammdurchmesser zuzulegen. pflegerische, waldbauliche, ökologische und ökonomische

Abbildung 1: Mächtige Baumkronen säumen den Durch- blick im Schlosspark Nymphenburg (Foto: R. Mößmer)

LWF Wissen 68 23 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Gartendenkmalpflege – Pflegekonzept für die Restaurierung der Gehölzbestände

Der Schlosspark Nymphenburg in München ist ein weit über die Bayerischen Grenzen hinaus bekanntes Gar- tendenkmal. Er bildet zusammen mit Schloss Nym- phenburg ein kulturhistorisch einmaliges Ensemble. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Park nach Plä- nen von Friedrich Ludwig v. Sckell, dem damaligen Kö- niglich Bayerischen -Intendanten, aus einem Barockgarten in einen Landschaftsgarten umgestaltet (Sckell 1825). Heute ist der Park ein beliebter Erholungs- ort in der Stadt München mit weitläufigen Laubwald- Abbildung 2: Herbstfärbung am Gehölzrand flächen in anregendem Wechsel mit Wiesenflächen, (Foto: R. Mößmer) Baumgruppen und Gewässern. Auf Grund der überre- gionalen ökologischen Bedeutung der naturnahen Vegetation wurde das Parkareal zu Beginn dieses Jahr- Ziele der Denkmalpflege in Baumgehölzen hunderts in das europaweite Flora-Fauna-Habitat- Schutzgebietsnetz (Natura 2000-Programm der EU) auf- Im Landschaftsgarten gestaltet der Gartenkünstler äs- genommen. thetisch schöne Szenen der Natur. Eindrücke der „Wild- nis“ mit dem Charakter der Idylle und des Lieblichen Seit einigen Jahren werden die im Laufe der Zeit verän- sollen in harmonischem Einklang entstehen. Baumkro- derten Parkstrukturen auf der Basis von historischen nen sollen sich dabei natürlich, in mannigfaltiger Ab- Dokumenten wieder auf die Vorgaben der historischen wechslung und in malerischen Formen und Gruppie- Planungen v. Sckell’s zurückgeführt (Herzog 2003). In rungen entwickeln. Der Mensch will das „Bild einer der Vergangenheit sind die unter seiner Anleitung ge- vollkommenen Natur“ schaffen; nichts überlässt er da- schaffenen gartenkünstlerisch wirksamen Gehölzstruk- bei dem Zufall: „Alles scheint Natur, so glücklich ist die turen auf großen Flächen durch das natürliche Wachs- Kunst versteckt“ (Christian Cay Lorenz Hirschfeld 1785). tum der Bäume verloren gegangen. Pflegende Eingriffe mit der „Axt“ wurden entweder zu zögerlich durchge- Die geschaffene ideelle Stilisierung ist nun wie in der führt oder unterblieben gänzlich. bildenden Kunst in dem erreichten Idealzustand nach Möglichkeit zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Kunst- In der Gartenpflege trat die Frage auf, wie diese Ziele eindruck mit einem Höchstmaß von Dauer der Wir- der Restaurierung der Baumgehölze in der Praxis um- kung ausgestattet ist. Stabilität der Erscheinungsformen zusetzen sind. An der Bayerischen Landesanstalt für ist vom Standpunkt des Gartenkünstlers daher wesens- Wald und Forstwirtschaft wurde daher in enger Abstim- wichtig. mung mit der Gärtenabteilung der Bayerischen Ver- waltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen in Nun ist die Natur aber nicht statisch, sondern durch das einem Modellprojekt ein Konzept der Gehölzpflege Wachstum immer in Veränderung begriffen. Die Dyna- erarbeitet (Mößmer 2004) und an Beispielsflächen de- mik in den Gehölzstrukturen im dauernden Vergehen monstriert. Es basiert unter anderem auf den waldbau- und Entstehen einerseits und die Forderung nach Be- lichen Kenntnissen über Wuchsdynamik und Konkur- ständigkeit der Formen andererseits, das sind die Ge- renz der Baumarten. Das Konzept und das für die gensätzlichkeiten, um deren Ausgleich der Gartendenk- praktische Umsetzung der Ziele neu entwickelte metho- malpfleger ringen muss. dische Element der Hauptstrukturbäume werden im Folgenden erläutert. Über erste Erfahrungen zur Wirk- samkeit der Eingriffe insbesondere bei alten Bäumen wird anhand waldkundlicher Messergebnisse auf den Beobachtungsflächen ergänzend berichtet.

24 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Entsprechend der Forderung nach größtmöglicher Sta- bilität ist die Optimalphase, das Klimaxstadium im Ab- lauf einer natürlichen Gehölzentwicklung, naturgemäß für den Denkmalpfleger die beste Lösung (Jobst 1960). Hier kann sich Wachstum, Absterben und Verjüngung auf kleinstem Raum vollziehen, ohne dass das Gesamt- gehölz über einen längeren Zeitraum hinweg wesent - liche Veränderungen erleidet. In dieser Phase haben Baumgehölze einen stabilen, mehrschichtigen Aufbau und eine reiche Mischung. Allerdings erfordert auch die Optimalphase das Fällen von Bäumen, sonst gehen unmerklich die strukturelle Stabilität und die Vielfalt der Gestaltungselemente der Gartenkunst im Verlauf Abbildung 3: Wichtiger junger Hauptstrukturbaum der Jahre in der natürlichen Dynamik verloren. an einer Wegegabelung (Foto: R. Mößmer)

Hauptstrukturbäume als zentrales Umsetzungselement der Gehölzpflege

Die gartendenkmalpflegerischen Wirkungen der Bäu- me können sich dauerhaft nur entfalten, wenn ihnen so- viel Licht und Raum verschafft wird, dass ihre Lebens- fähigkeit voll erhalten bleibt und sie sich zielgemäß entwickeln können. Unter dieser Voraussetzung vermö- gen die Bäume den beabsichtigten künstlerischen Ein- druck als Einzelindividuum oder in der Gemeinschaft nachhaltig hervorzurufen. Abbildung 4: Rot getupfte Bäume werden zur Förderung Allgemeines Ziel ist es, in allen Schichten einen ausrei- eines Hauptstrukturbaumes (blaues Band) im Hain entnom- chenden Vorrat gesunder und entwicklungsfähiger Ge- men. (Foto: R. Mößmer) hölzglieder zu halten. Kräftige und volle Kronen sind auszuformen, um deren natürliche Gestalt und Schön- heit zur Geltung zu bringen. Darüber hinaus ist es das Nur im Umfeld seiner Krone werden i. d. R. um Licht Bestreben der Pflege, immer rechtzeitig Ersatz stellen und Kronenraum konkurrierende benachbarte Kronen zu können. Durch natürliche und künstliche Maßnah- entnommen. Durch den konzentrierten Pflegeeingriff men ist einerseits für Verjüngung zu sorgen und an - können die Pflegeziele effizient und kostensparend in dererseits dafür, dass sich der Nachwuchs laufend und der Praxis umgesetzt werden. Die nicht behandelten unbemerkt an die Stelle ausscheidender Baumkronen Gehölzpartien haben auch ihre wichtige Funktion in setzen kann. Auf diesem Wege ist die geforderte nach- der gestalterischen Wirkung, nur sind hierzu keine Ein- haltige Stabilität gesichert. griffe erforderlich.

Der Begriff der Hauptstrukturbäume wurde als zentra- Bei konzeptionellen Überlegungen zur Pflege der les Element des Gehölzpflegekonzepts neu geprägt und Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg sind ne- entwickelt. Diese Bäume bilden das innere Gerüst der ben Gesichtspunkten der Gartendenkmalpflege auch angestrebten Naturszenen am Waldrand, im Gehölz, an Anforderungen des Naturschutzes, der Parkverwaltung wichtigen Wegepunkten (Abbildung 3) und in Blickach- und der Parkbesucher in der Umsetzung der Maßnah- sen. Sie gestalten bestimmend die angestrebte Wirkung men in Verbindung mit der biologischen Wuchsdyna- bzw. die in Gang gesetzte Entwicklung. Mit diesem zen- mik zu berücksichtigen. tralen Element konzeptionell untrennbar verbunden ist das Prinzip des punktuellen Pflegeeingriffs, der den Hauptstrukturbaum zum Mittelpunkt hat (Abbildung 4).

LWF Wissen 68 25 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Naturschutz sicherung. Das Belassen des Totholzes im Inneren der Das Konzept des punktuellen Eingriffs im Umfeld von Gehölze begrenzt die Holzrückung auf den Sichtbe- ausgewählten Hauptstrukturbäumen bei gleichzeitiger reich entlang der Wege und senkt damit Bodenbefah- Eingriffsruhe auf der übrigen Fläche berücksichtigt die rung und Pflegekosten. Anforderungen der Ökologie bzw. des Naturschutzes und ihre an Parkstrukturen angepasste Umsetzung. Es nimmt das ökologisch orientierte Prinzip für Pflege- Parkbesucher maßnahmen auf, so wenig wie möglich in natürliche Der Wunsch der Bevölkerung nach Stabilität und Be- Prozesse einzugreifen und diese gleichzeitig achtsam ständigkeit im Park im Gegensatz zu den laufenden Um- zum Erreichen der denkmalpflegerischen Ziele zu nut- brüchen und Herausforderungen nach Anpassung im zen. Der kleinflächig gezielte Eingriff kann gut die noch eigenen Lebensablauf führte schon seit Bestehen des vorhandenen ökologisch wertvollen Feinstrukturen er- Landschaftsgartens immer wieder zu massiven Wider- halten und entwickeln. Gerade bei einer in Parks häu- ständen gegen jedwede Fällung von Bäumen. Beson- fig begrenzten Ausdehnung der Gehölzflächen nutzt ders auffällig wird eine Veränderung für den Besucher, dieses Vorgehen das vorhandene Potential an Baum- wenn seine speziellen Bäume, die er schon immer für individuen und Kleinstrukturen, um u. a. die natürliche eine Pause oder als Ziel seines Spazierganges angesteu- Waldgesellschaft in ihrer Artenfülle und insbesondere ert hat, plötzlich verschwunden sind. Auch flächige ihrer Mischungstypologie zu erhalten und zu entwi- massive Eingriffe empfindet er als eine gravierende Stö- ckeln. rung seiner Befindlichkeit. Im Schlosspark ist es der Lebensraumtyp des Lab- Durch die reduzierte Zahl und die kleinen Eingriffs- kraut-Eichen-Hainbuchen-Waldes (Galio-Carpinetum), flächen über das Prinzip des punktuellen Eingriffs um der laut FFH-Managementplan (Seitz et al. in diesem Heft) die Hauptstrukturbäume fallen Pflegeeingriffe in den in seiner naturnahen Struktur erhalten werden soll. Im Gehölzen, in Gehölzgruppen und entlang der Waldrän- Vordergrund steht zum einen die Sicherung des Eichen- der den Besuchern kaum auf. Dies wird durch das ra- anteils und zum anderen die Anreicherung mit Totholz. sche Beseitigen der gefällten Bäume im Sichtbereich Durch die punktuell gezielte Kronenfreistellung der der Wege unterstützt. Eine wesentliche Auswirkung hat Höhlenbäume wird dieser Biotop mit mehr Licht und auch die Kronenförderung von Hauptstrukturbäumen Wärme gefördert (Grüner in diesem Heft); zudem wirkt entlang der Wege, deren Verschwinden die Besucher die Kronenvitalisierung lebensverlängernd, sodass sich besonders häufig schmerzt. Durch die Vitalisierung die für den Eremiten (Osmoderma eremita) wichtigen der Kronen bleiben die Bäume länger gesund, leben Mulmhöhlen in Eichen und Linden über ausreichend länger und müssen auch seltener aus Gründen der Ver- lange Zeiträume entwickeln können (Herbig und Gerst- kehrssicherung entfernt werden. Diesen Bäumen wid- meier in diesem Heft); der Erhalt dieser seltenen FFH-An- met die Parkpflege besondere Aufmerksamkeit. hang II-Art ist ein weiteres zentrales Maßnahmenziel des Managementplans.

Gartenverwaltung Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und auf Grund der begrenzten Personalkapazität der Gartenverwal- tung sollen mit möglichst seltenen Eingriffen die struk- turellen Ziele der Gartendenkmalpflege und ein Höchst- maß an biologischer Stabilität der Naturszenen erreicht werden. Durch die punktuellen Eingriffe, die sich auf die besonders wirksamen Strukturelemente für die Dar- stellung des Naturbildes bzw. dessen Entwicklung kon- zentrieren, wird dieser Forderung Rechnung getragen. Die Freistellung und damit Vitalisierung der Kronen Abbildung 5: Astwerk im Sichtbereich der Wege wird von Hauptstrukturbäumen im Bereich der Spazier - nach der Fällung gehäckselt. Im Gehölz wird Totholz wege reduziert zudem die Bildung von Totästen und da- liegend oder stehend angereichert. (Foto: R. Mößmer) mit den Aufwand für die Baumpflege zur Verkehrs -

26 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Analyse und Planung men, Laubausbruch, Blüte und Laubfärbung beeinflus- sen im Endergebnis das erzielte Bild und damit den Er- Beginnt man für ein Gehölz die Planung der garten- folg. denkmalpflegerischen Maßnahmen, gilt es zunächst den Gestaltungswillen des Gartenkünstlers im Kern in der jeweiligen Szene und im Bezug zur Umgebung zu Typische Pflegemaßnahmen erfassen (Herzog 2002). Durch Studium der alten Pläne in Nymphenburg und wiederholtes Hinfühlen vor Ort sind der Charakter aber auch die typische Eigenart eines Gehölzes und Die Natur veränderte im Laufe der Jahre die vom Gar- noch vorhandener Strukturelemente zu erfassen. Auch tenkünstler geschaffenen Gestaltungselemente im Nym- die besondere Charakteristik im Kontext zu den übri- phenburger Schlosspark. Unmerklich ging die ästhe - gen Teilen des Parks, zu Nachbargehölzen, Freiflächen, tische Wirkung häufig verloren. Baumgehölze und Gewässern und Spazierwegen ist von besonderem Be- deren Waldränder, Haine, Baumgruppen und Einzel- lang. Die Wirkung von Einzelbäumen, Baumgruppen, bäume sollen daher entsprechend den historischen Gehölzrändern, Hainen und geschlossenen Gehölzen Vorlagen entwickelt werden. Hier muss der Denkmal- im Raum, in Blickachsen, im Wegeverlauf oder im ge- pfleger achtsam eingreifen und sollte dabei noch vor- rahmten Blick ins Innere des Gehölzes ist von verschie - handene historisch bedeutsame Strukturen sichern denen Standpunkten aus zu überprüfen, sowohl in be- und integrieren. Die folgenden Beispiele zeigen Schwer- laubtem als auch in unbelaubtem Zustand. Es muss ein punkte der Veränderungen bzw. Gefährdungen, die zur „inneres Bild“ von den zu schaffenden Bildern der Gar- Sicherung und Entwicklung des Gartendenkmals be- tenkunst entstehen, das durch die entsprechende Pfle- sonderer Pflegemaßnahmen bedürfen. ge verwirklicht und als stabiles Endergebnis angestrebt wird.

Die weitere Planung des Eingriffs lehnt sich eng an die naturgegebene Dynamik und die vorhandenen Struk- turen an. Immer dort wo die natürliche Entwicklung von den Vorstellungen des Gartenkünstlers abweicht, wird die Gartenpflege korrigierend eingreifen, einer- seits um die künstlerischen Ziele zu erreichen, ande- rerseits um das biologisch Mögliche und Zuträgliche zu berücksichtigen. Die Eingriffe sollen möglichst un- merklich für den Besucher in der Intensität abgestimmt und über die Parkfläche und die Jahre verteilt werden. Dies erfordert eine weit vorausschauende Planung über Abbildung 6: Auf der Rückseite von sich neigenden Haupt - einen längeren Zeitraum von bis zu 30 Jahren, abhän- strukturbäumen am Gehölzrand müssen Konkurrenzbäume gig von der jeweiligen Zielsetzung und vorgefundenen entnommen werden. (Foto: R. Mößmer) Situation der Gehölze.

In der Umsetzung der Planung sind künstlerischer Ge- Charakterbaumart Eiche staltungswille und naturgesetzliche Vorgänge nicht Besondere Sorge bereiten die zahlreichen älteren und zwangsläufig Gegensätze. Um die erst nach Jahren zum Teil mächtigen Eichen, die seit alters her den Cha- sichtbare Wirkung der Eingriffe abschätzen und nach- rakter des Parks wesentlich mit bestimmen (Herzog in haltig stabile Strukturen schaffen zu können, sind fun- diesem Heft); sie stellen auch für das FFH-Gebiet ein be- dierte Kenntnisse über die natürliche Waldgesellschaft sonderes Erhaltungsziel dar (Seitz et al. in diesem Heft). und ihre arttypische Wuchsdynamik erforderlich. Heute sind die häufig kleinen nach oben geschobenen Baumartentypische Eigenschaften wie z.B. Schattener- Kronen im Vergleich zu gesunden vitalen Exemplaren trägnis, Lichtbedürftigkeit und Frostempfindlichkeit be- nach der Kroneneinschätzung der letzten Jahre viel zu einflussen das standortstypische Konkurrenzverhalten gering belaubt (Bauer in diesem Heft). Die Kronen sind in der Reaktion auf Licht und Schatten. Die Charakte- häufig durchsichtig und weisen zahlreiche abgestor- ristika der Baumart wie z. B. Kronenhabitus, Blattfor- bene oder nur noch eine reduzierte Anzahl gesunder Äste auf.

LWF Wissen 68 27 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Abbildung 7: Die seltene Naturverjüngung der Eiche benötigt viel Licht zum Wachsen. (Foto: R. Mößmer)

Eine der Ursachen für den schlechten Kronenzustand Weitere Gestaltungselemente der Gartenkunst sind vermutlich schädliche Immissionen aus der Luft. Die Wachstumsdynamik der Bäume führt bei fehlender Entscheidend für den Erhaltungszustand der Eichen Pflege zum Verlust weiterer gartenkünstlerischer Gestal- ist aber, dass ältere Eichenkronen in den Gehölzen und tungselemente. Die Dynamik des Baumwachstums und an den Waldrändern vergleichsweise stark auf die der Kronenkonkurrenz hat zur Folge, dass sich in frü- Konkurrenz in ihre Krone einwachsender Äste benach- her lichten und gestuften Gehölzbeständen das Kronen- barter Bäume reagieren. Äste sterben an den Berüh- dach verdichtet, es im Kronenraum darunter dunkel rungsflächen ab, Kronenfülle und Kronenvitalität gehen wird und damit die Äste von unten her absterben. In zurück. der Folge bilden die hohen Bäume eine einheitliche Erste Maßnahme im Zuge der Parkpflege ist es da- Kronenschicht mit weit nach oben geschobenem Ast- her, die Kronen durch Herausschlagen bedrängender ansatz. Die unterständig nachwachsenden Bäume ver- Nachbarkronen zu entlasten. Der Lichtgewinn fördert lieren immer mehr Äste und Blätter und fallen schließ- die Ausdehnung des Kronenraums und führt damit ein- lich aus. Hier sind Fällungsarbeiten zur Auflichtung des hergehend zu einer Stärkung der Vitalität. Wie Unter - Kronendaches erforderlich, insbesondere um suchungen in den zwei Beobachtungsbeständen im • Baumschichten, die über längere Zeit in „unterge- Schlosspark zeigen, kann die Eiche auch noch im Al- ordneter Rolle“ z. B. als ästhetisches Element der ter von über 200 Jahren auf diese Freistellung der Kro- Schichtung und Stufung oder als Sichtbarriere zwi- nen reagieren. Mit konsequenter Kronenpflege kann da- schen zwei Wegen notwendig sind, zu stabilisieren her ihre Vitalität und Widerstandskraft gestärkt und bzw. wieder zu entwickeln, damit die Lücke zwischen Altbäumen und fehlenden • Baumpflanzen, die zukünftig in die Oberschicht jungen Eichen zeitbegrenzt überbrückt werden, bis jun- nachrücken oder wichtige Einzelbäume bei Ausfall ge Eichen nachgezogen sind. ersetzen sollen, zu fördern, Um die nachfolgende junge Generation dieser • lichtbedürftige bzw. weniger konkurrenzfähige Baum- Hauptbaumart allerdings nachhaltig zu sichern, sind arten zu fördern, um die Artenvielfalt in den für den Pflanzungen erforderlich. Nur begrenzt erlauben es die Naturschutz wertvollen Mischungstypen zu erhalten, Ziele der Gartendenkmalpflege, ausreichend große • naturtypisch voll ausgebildete Kronen aller Baum - Lichtinseln für eine erfolgreiche natürliche Ansamung arten als wesentliches Element der bildenden Gar- der lichtbedürftigen Eichenverjüngung zu schaffen. tenkunst über alle Altersphasen hinweg an besonde- ren Blickpunkten zu erhalten und zu sichern.

28 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Eine Besonderheit stellen im Schlosspark von Nym- Für das Testgehölz 1 Löwental werden beispielhaft ei- phenburg die Haine dar. Ludwig v. Sckell hat sie im nige Messergebnisse dargestellt. Es liegt östlich des Spiel mit Licht und Schatten als offene mit Einzelbäu- gleichnamigen Wiesentälchens nahe der Badenburg. men und Baumgruppen bestandene Wiesenflächen Das Gehölz weist eine Vielfalt von 14 Baumarten auf; innerhalb größerer Baumgehölze geplant. Sie sind weit- als Hauptstrukturbäume (HSB) wurden 15 % der vor- gehend zugewachsen; hier gilt es die noch vorhande- handenen Bäume über 10 cm Durchmesser (BHD) aus- nen historischen Strukturen aufzuspüren und durch gewählt und 20 % der Stammzahl zur Kronenentlastung entsprechende Freistellung von bedrängenden Bäu- der Hauptstrukturbäume im Februar 2006 entnommen. men zu erhalten bzw. zu entwickeln. Diese Werte für ausgewählte Hauptstrukturbäume und Entnahmebäume sind wesentlich von der aktuellen Struktur des Gehölzes, den noch vorhandenen denk- Wirksamkeit der Kronenförderung malpflegerischen Gestaltungselementen und den ört - lichen Zielen der Gartendenkmalpflege individuell ab- In zwei Beobachtungsflächen im Nymphenburger hängig. Schlosspark wurde die Ausgangssituation vor Beginn der Pflegeeingriffe dokumentiert, um deren Wirksam- Besonderes Interesse bestand an der Frage, inwieweit keit auf der Basis von Messwerten beobachten zu kön- starke ältere Bäume mit deformierter Krone auf eine nen (Tabelle 1). Im Vergleich mit der Wiederholungs- Freistellung bzw. Kronenentlastung reagieren können. aufnahme lassen sich unter anderem Aussagen über Dazu wurde für die Hauptstrukturbäume die Kronen- die Wirksamkeit der Kronenfreistellung unter den ört- projektionsfläche1 im April 2006 kurz nach der Ent- lichen Standortsbedingungen gewinnen (Bickel et al. in nahme der Konkurrenzkronen und nochmals nach fünf diesem Heft); Hinweise auf die richtige Intensität der Ein- Vegetationsperioden im Dezember 2010 gemessen. griffe lassen sich ableiten. Die Beispielsflächen dienen Die Ergebnisse brachten in der Gesamttendenz ein so auch der Demonstration des Gehölzpflegekonzepts für nicht unbedingt erwartetes Ergebnis: auch alte Bäume Besucher und Fachleute. Informationstafeln für die Be- wie z. B. über 230-jährige Eichen oder eine über 170- sucher erläutern das Pflegekonzept. jährige Kiefer zeigten noch erstaunliche Vitalität. Sie konnten die Freistellung nutzen, um in den frei gewor- Testgehölz 1 Löwental denen Luftraum mit ihren Ästen hineinzuwachsen und Daten von Einzelbäumen >10 cm BHD, 2005 ihren Kronenraum wieder zu vergrößern. Parallel nahm Stammfußpunkte (BHD >10 cm) H.2005 bei einem Teil der Bäume der Stammdurchmesser über Baumart H.2005 diese fünf Jahre nochmals zu. Stammdurchmesser (BHD) H.2005/H.2010 An zwei Baumgruppen soll die Reaktion alter Baumkro- Abgrenzung Hain F.2006 nen beispielhaft aufgezeigt werden. Die Beobachtung Hauptstrukturbäume (HSB) F.2006 in den nächsten Jahren wird belegen, ob sie diesen Ge- Entnahme der Bäume F.2006 winn an Licht und Raum auch weiterhin in eine Zunah- Kronenprojektion HSB F.2006/H.2010 me der Blattmasse umsetzen können. Bei der Eiche wä- Bohrkernmessung HSB H.2011 re eine dadurch eventuell gegebene Erhöhung des Lebensalters besonders wünschenswert, um die Zeit Tabelle 1: Erhebungsparameter und Messzeitpunkte im Testgehölz Löwental; (F= im Frühjahr vor, H= im Herbst bis die bisher fehlende junge Generation nachgewach- nach der Vegetations-Periode, BHD=Stammdurchmesser sen ist möglichst lange zu überbrücken. in 1,3 m Höhe über dem Boden)

1 Kronenprojektionsfläche = die Fläche des lotrecht auf den Boden projizierten Kronenrands der Astspitzen

LWF Wissen 68 29 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Kronenprojektionsflächen der Baumgruppe 1 Hauptstrukturbäume Spitzahorn Kiefer Eiche andere Baumarten Ei 1312

SpAh 1547 Ki 1546 Kronenprojektion Frühjahr 2006 Herbst 2010

Baumfußpunkte sonstiger Bäume gefällte Bäume verbleibende Bäume

Baumgruppe 1 Baumart 2006 2010 % - Punkte Eiche (1312), 228 Jahre Kreisfläche (1,3) 0, 37 m 2 0,38 m 2 + 1,75% Kronenprojektionsfläche 58,88 m 2 93,9 m 2 + 59,58% Kiefer (1546), 179 Jahre Kreisfläche (1,3) 0,26 m 2 0,27 m 2 + 3,51% Kronenprojektionsfläche 29,50 m 2 59,72m 2 + 105,58% Spitzahorn (1547), 84 Jahre Kreisfläche (1,3) 0,19 m 2 0,20 m 2 + 7,02% Kronenprojektionsfläche 53,97 m 2 64,66 m 2 +19,81 % Tabelle 2 mit Grafik: Entwicklung der Hauptstrukturbäume der Baumgruppe1 über fünf Jahre nach Kronenfreistellung; Stammdurchmesser (Kreisfläche) und Kronenfläche

Baumgruppe 1 Diese Beispielsgruppe (Tabelle 2 mit Grafik) besteht aus rund 60 %-Punkte auf 94 m2 an. Auch der Durchmesser- einer alten Kiefer, einer alten Eiche und einem mittelal- zuwachs zeigte eine Reaktion; die Wachstumskurve ten Spitzahorn. Besonders stark wirkte sich die Freistel- stieg bis zum Messungsende 2010 kontinuierlichen an. lung auf die Krone der alten Kiefer (Baum-Nr. 1546) aus Der vergleichsweise junge Spitzahorn (Nr. 1547) reagier- (Abbildung 9). Der Baum schob seine Äste in die frei- te mit seiner bereits gut ausgebauten Krone am gerings- werdenden Räume vor und vergrößerte so die Projek- ten; die Projektionsfläche nahm nur um rund 20 %-Punk- tionsfläche der Krone um über 100 %-Punkte. Auch der te zu. Dieser Baum investierte jedoch im Vergleich am Durchmesserzuwachs stieg nach der Freistellung der meisten in den Durchmesserzuwachs; die Kreisfläche Krone an, allerdings nur für zwei Jahre, um danach wie- vergrößerte sich in den sechs Vegetationsperioden nach der auf Werte vor dem Eingriff zurückzufallen. Ins - dem Eingriff von 2006 bis 2011 um 7,02 %-Punkte. gesamt vergrößerte sich die Kreisfläche über sechs Vegetationsperioden um 3,51 % (Kreisfläche = ideelle waagrechte Schnittfläche des Stammes in 1,3 m Höhe). Auch die Krone der 230-jährigen Eiche (Nr. 1312) reagierte deutlich auf die Entnahme von konkurrieren- den Bäumen; die Projektionsfläche der Krone stieg um

30 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Zuwachsverlauf der Baumgruppe 1

7 Ei 1312 Ki 1546 6 SpAh 1547

5 Ringbreite [mm] Ringbreite

4

3

2

1

0 1755 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2011 Jahr

Abbildung 8: Entwicklung der Jahrringbreiten in der Baumgruppe 1

Abbildung 9: Die 176-jährige Kiefer (Nr. 1546) konnte ihre Krone nach der Entnahme eines Bergahorns und einer Lin- de im gesamten Kronenraum ausbauen. (Foto: R. Mößmer)

LWF Wissen 68 31 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Kronenprojektionsflächen der Baumgruppe 2 Hauptstrukturbäume Esche Eiche 1107 Ei 1110 Eiche 1110 Ei 1107 andere Baumarten

Kronenprojektion Es 1105 Frühjahr 2006 Herbst 2010

Baumfußunkte sonstiger Bäume gefällte Bäune verbleibende Bäume

Baumgruppe 2 Baumart 2006 2010 % - Punkte Eiche (1107), 235 Jahre Kreisfläche (1,3) 0,19 m 2 0,20 m 2 + 3,66% Kronenprojektionsfläche 12,56 m 2 29,64 m 2 + 135,99% Eiche (1110), 212 Jahre Kreisfläche (1,3) 0,20 m 2 0,21 m 2 + 3,16% Kronenprojektionsfläche 16,8 m 2 46,86m 2 + 177,21% Esche (1105), 107 Jahre Kreisfläche (1,3) 0,13 m 2 0,15 m 2 + 15,44% Kronenprojektionsfläche 28,71 m 2 54,89 m 2 +90,18 % Tabelle 3 mit Grafik: Entwicklung der Hauptstrukturbäume der Baumgruppe 2 über fünf Jahre nach Kronenfrei stellung; Stammdurchmesser (Kreisfläche) und Kronenfläche

Baumgruppe 2 Diese Beispielsgruppe (Tabelle 3 mit Grafik) setzt sich Die zweite Alteiche (Nr.1110) mit messbaren 212 Jahr- aus zwei Alteichen mit sehr schmalen Kronen und ei- ringen konnte die Projektionsfläche der Krone um ner gleichsfalls kleinkronigen mittelalten Esche zusam- 177 % erweitern und somit Potential für eine weitere Zu- men. Die ältere Eiche (Nr. 1107),deren Jahrringbreiten nahme der Blattmasse schaffen. Auch sie investierte über 228 Jahre bis 1783 zurückverfolgt werden können, noch, wenn auch geringfügig in das Dickenwachstum reagierte am stärksten auf die Freistellung nach der des Stammes. Fällung zweier bedrängender Buchenkronen; sie schob Die vergleichsweise jüngere Esche weitete ihre Kro- u. a. einen Hauptast in den freiwerdenden Luftraum vor ne sogar um 90 % aus. Sie konnte gleichzeitig deutlich (Abbildung 11); die Kronenprojektionsfläche nahm um in den Stammzuwachs investieren; die Kreisfläche des 136 % zu. Die weitere Beobachtung wird zeigen, ob die Stammes nahm um 15,44 %-Punkte zu. Eiche die Zwischenräume zu den anderen Hauptästen mit Kronenmasse füllen kann. In den Stammzuwachs investierte sie noch mit +3,66 % ihrer Kreisfläche.

32 LWF Wissen 68 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Zuwachsverlauf der Baumgruppe 2 7 Ei 1107 Ei 1110 6 Es 1105

5 Ringbreite [mm] Ringbreite

4

3

2

1

0 1755 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2011 Jahr

Abbildung 10: Entwicklung der Jahrringbreiten in der Baumgruppe 2

Abbildung 11: Die linke 235-jährige Eiche (Nr. 1107) schob neue Äste in den freigewordenen Kronenraum, nachdem vor sechs Jahren zwei eingeklemmte Buchenkronen ent- nommen wurden. (Foto: R. Mößmer)

LWF Wissen 68 33 Restaurierung der Baumgehölze im Schlosspark Nymphenburg

Literatur Dank: Ich bedanke mich bei der Gärtenabteilung der Bayeri- schen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen Herzog R. (2002): Die räumlich visuelle Struktur des Schloss- und insbesondere ihrem Leiter Herrn Rainer Herzog und sei- parks Nymphenburg. Planung – Verwirklichung – Erhaltung. In: nen Mitarbeitern Herrn Michael Degle und Herrn Dietger Hag- Die Gartenkunst 14 (2002) Heft 2 S. 289 – 305 ner für die vertrauensvolle und gelungene Zusammenarbeit, die interessanten Diskussionen und die einprägsame Einfüh- Herzog R. (2003): Friedrich Ludwig von Sckell und Nymphen- rung in die Ziele der Gartendenkmalpflege. Weiter bedanke ich burg. Zur Geschichte Gestaltung und Pflege des Schlossparks mich bei dem Leiter der Schloss- und Gartenverwaltung des Nymphenburg. Bayer. Schlösserverwaltung. München Nymphenburger Parks Herrn Josef Schwab und dem Garten- meister Herrn Uwe Steger für ihre Begleitung und Unterstüt- Hirschfeld CH. C. L. (1785): Theorie der Gartenkunst. Leipzig. zung der praktischen Arbeiten. Ich danke auch den Mitarbei- Zitiert nach Herzog R. 2003. tern in der Abteilung Waldbau und Bergwald der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft für ihre engagierte Jobst E. (1960): Der Landschaftsgarten und seine Pflege. Forst- Mitarbeit; der Leiter der Aufnahmetrupps Herr Alfred Wörle wissenschaftliches Centralblatt 79, S. 170–189. und seine Mitarbeiterin Frau Ilonka Prediger haben durch sorg- fältige waldkundliche und wachstumskundliche Messungen Mößmer R. (2004): Schlosspark Nymphenburg – Pflege und Ent- und eine zuverlässige Aufbereitung der Daten wesentlich zum wicklung der waldartigen Gehölzbestände. Unveröffentlicht. Erfolg des Modellprojekts beige tragen.

Sckell F. L. (1825): Beiträge zur bildenden Gartenkunst für an- gehende Gartenkünstler und Gartenliebhaber. 2. Auflage. Mün- chen Keywords: Restoration, historical gardens, trees, silvicul- ture, management, ecology, economy, recreation in parks Stölb W. (2005): Waldästhetik. Remagen-Oberwinter.

Volland J. A. (2003): Nachhaltige Parkpflege – Pflegekonzept zur Summary: The Palace Gardens of Nymphenburg in Entwicklung des Waldes im Schlosspark Nymphenburg. are an important garden monument in . At the Schlosspark-Freunde-Nymphenburg. Broschüre, unveröffent- beginning of the 19th century the style of the gar- licht. den was changed to an landscape park. Due to the lack of treatment of trees important historical structures of the garden art were lost. The Bavarian Forest Institute, in col- laboration with the Bavarian Palace Department, has de- veloped a concept for restoration of the forested areas based on historical maps. For research and informative pur- poses, two monitoring plots were installed. Interesting and unexpected results were found after silvicultural treat- ments. In response to thinnings even the crowns of very old trees (250 year old oak and 170 year old pine) were ab- le to extend their crown diameters into the newly opened space.

Foto 10: Abendliche Erholung im Schlosspark (Foto: R. Mößmer)

34 LWF Wissen 68 Aus dem Leben zweier Schlosspark-Eichen Ernst Bickel, Reinhard Mößmer

Schlüsselwörter: Eiche, Wachstum, Stammscheibenana - Stammscheibe mit einem Durchmesser von 56 cm lyse, Park, Nymphenburg stammt (Abbildung 1). So mancher Sturm ist über sie hinweggezogen, so mancher Buchfink hat aus ihrer Zusammenfassung: Eichen stellen ein wesentliches Struk- Krone sein Lied geschmettert, für unzählige Insekten turelement im historischen Schlosspark von Nymphenburg, und Kleinlebewesen waren Borke, Triebe und Blätter einem bedeutenden Gartendenkmal in Deutschland, dar. Heimstatt und Nahrung. Viele Menschen sind auf ei- Als Basis für denkmalpflegerische Eingriffe in die Gehölz- nem nahen Parkweg an ihr vorbei gegangen; vielleicht bestände zum Erhalt der historischen Gestaltungsstruktu- hat die Eiche auch einige Bewunderung und Ehrfurcht ren sind Kenntnisse des Wachstumsverlaufs unverzichtbar. erlebt, verdient hat sie es allemal. Am Beispiel der Zuwachskurven zweier Alteichen wird ein Diese mächtige alte Eiche samte sich um ca. 1745 in kurzer Einblick in die Charakteristik des Dickenwachstums parkartigen Waldgehölzen zwischen zwei von Allee- dieser Baumart gegeben und aufgezeigt, welche Informa- bäumen begrenzten Sichtachsen im Nordwesten nahe tionen zur Baumgeschichte aus Baumscheiben gewonnen werden können. Bemerkenswert ist im Vergleich der bei- den Baumscheiben die unterschiedliche Wuchsdynamik zwischen dem Baum, der im Gehölzbestand in Konkurrenz von anderen Bäumen aufgewachsen ist und jenem frei auf einer Wiese aufgewachsenen Baum.

Jahrringuntersuchungen an zwei unter- schiedlich aufgewachsenen Alteichen

Die Eichen im Schlosspark von Nymphenburg stellen historisch ein wesentliches Gestaltungselement des Abbildung 1: Stammscheibe einer 250-jährigen Eiche Gartendenkmals dar. Für die zukünftige denkmalpfle- aus dem Nymphenburger Schlosspark, aufgewachsen gerische Behandlung der Baumgehölze sind daher In- in einem Baumgehölz. (Foto: E. Bickel) formationen über das Wachstum dieser Baumart aus Stammscheiben oder Bohrkernen von besonderem Wert. So wurden zum Beispiel auf Beobachtungs- der Schlossmauer an. Dies lässt sich aus Karten nach flächen im Schlosspark Bohrkerne gewonnen, um die einem historischen Kartenaufmaß der Schloss- und Reaktion in der Krone freigestellter Bäume zu messen Gartenanlage Nymphenburg von 1755 entnehmen. Aus (Mößmer in diesem Heft). dem Verlauf des Dickenwachstums können wir eine aufschlussreiche Geschichte über das Leben der Eiche Im folgenden Artikel wird am Beispiel von zwei unter- in mehreren unterschiedlichen Wachstumsphasen he- schiedlich aufgewachsenen Alteichen aufgezeigt, was rauslesen (Abbildung 2 und 3). wir aus den Jahrringen von Baumscheiben ablesen Phase 1: Die schmalen Jahrringe im Zentrum der können; der eine Baum wuchs in einem Gehölz in Kon- Baumscheibe geben von einem gemäßigten Wachstum kurrenz mit anderen auf, der zweite Baum stand sein der Eiche 1 in jungen Jahren Zeugnis. In dieser ersten ganzes Leben mit freier Krone auf einer Wiese. Lebensphase bis etwa 1810 musste sie sich wohl in Kon- kurrenz mit den benachbarten Bäumchen das Licht zum Eiche 1 – aufgewachsen in einem Baumgehölz Wachsen erkämpfen. Ein Blick auf die parallele histori- Über 250 Winter und Sommer hat die Eiche im Nym- sche Entwicklung: in diese Zeit fällt die erstmalige Öff- phenburger Park durchlebt, von der die abgebildete nung des Schlossparks für die Bevölkerung im Jahr 1792.

LWF Wissen 68 35 Aus dem Leben zweier Schlossparkeichen

Zuwachsverlauf zweier Alteichen 6 Eiche 1 (Baumgehölz)

5 Eiche 2 (Freistand) Ringbreite [mm] Ringbreite 4

3

2

1

0 1753 1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 Jahr

Abbildung 2: Der Zuwachsverlauf zweier Alteichen aus dem Schlosspark Nymphenburg in München, gemessen aus Baumscheiben anhand der Jahrringbreiten

Phase 2: Ab dem Jahr 1810 änderte sich die Wuchs- Phase 4: Ab circa 1957 konnte die Eiche trotz ihres ho- geschwindigkeit des Baumes, er hatte einen Stamm- hen Alters von über 190 Jahren nochmals mit Ringbrei- durchmesser von 13 cm erreicht. Die Eiche schob ihre ten bis 3,2 mm enorm im Wachstum zulegen. Vermutlich Krone über jene der Nachbarbäume in die Höhe, ge- wurden bedrängende Bäume im Wege der Gehölzpfle- wann mehr Licht und Kronenraum; nun konnte sie brei- ge entnommen, sodass ihre Krone wieder erheblich tere Jahrringe bilden und im Durchmesser erheblich mehr Licht und Raum für ihren Ausbau bekam. schneller zunehmen. In dieser Zeit wandelte Friedrich Phase 5: Aber schon ab 1975 ging die Breite der Jahr- Ludwig von Sckell im Auftrag von König Max I Joseph ringe bis 1991 wieder zurück. Die erhöhte Wachstums- von Bayern den formalen Garten in einen Landschafts- phase war vorbei. Das Jahr 1975 brachte einen Ein- garten um und integrierte unsere Eiche in den Park. bruch von 3,2 auf 1,4 mm; vor allem konkurrierende Phase 3: Schon 1822 konnte aber die Eiche ihren benachbarte Kronen beeinflussten das Wachstum der Vorsprung anscheinend nicht mehr halten. Die zuneh- Eiche. mend enger werdenden Jahrringe weisen darauf hin, Nach 250 Jahren hatte der Stamm der Eiche in Hö- dass der Baum vermutlich von anderen schneller wach- he der entnommenen Scheibe einen Durchmesser von senden Baumkronen erheblich bedrängt wurde; fehlen- 56 cm ohne Rinde gemessen erreicht. Dies bedeutet des Licht und vermutlich auch ein geringerer Ausbau eine durchschnittliche Zunahme des Durchmessers des Kronenvolumens wirkten sich dramatisch auf das von 2,2 mm pro Jahr. Dieser Wert ist nicht besonders Dickenwachstum aus, so dass ab 1833 nur noch jeweils hoch und weist darauf hin, dass die Krone während des eine Reihe Frühholzgefäße im Jahr gebildet wurde. Die- Baumlebens in Konkurrenz von bedrängenden Nach- se Reaktion entspricht einer Überlebensstrategie der Ei- barbäumen um Licht und Raum kämpfen musste. che: zumindest die für die Wasserversorgung wichtigen Wasserleitbahnen werden zu Beginn der Vegetations- Eiche 2 – freistehend aufgewachsen auf einer Wiese periode gebildet. Der Ausbruch des Vulkans Tamboro Einen ganz anderen Wachstumsverlauf zeigt die mit der Folge einer weltweiten Abkühlung hat mögli- Auswertung der Baumscheibe der zweiten Eiche cherweise zum Rückgang beigetragen. Ab 1877 wurden (LWF2003) (Ab bildung 2). Dieser Baum stand sein gan- die Jahrringe wieder etwas breiter und pendelten bis zes Leben mit freier Krone auf einer Wiese am östlichen 1955 zwischen 0,5 und 1,5 mm hin und her. Rand des Pagodenburger Sees, bis ein Blitzschlag im Mai 2000 zum Absterben führte. Anhand des von dem

36 LWF Wissen 68 Aus dem Leben zweier Schlossparkeichen

Hofgärtner Carl Effner Sen. nach Abschluss der Arbei- 2003 ten zur Umwandlung des Schlossparks in einen Lan- letzter Jahrring deschaftsgarten angefertigten historischen Kartenauf- 1991 maßes lässt sich dies zweifelsfrei nachweisen. Das Wachstum dieser frei aufgewachsenen Eiche, das sich anhand einer Baumscheibe bis ins Jahr 1842 1975 zurückverfolgen lässt, verlief auf einem wesentlich höheren Niveau als das Wachstumsverhalten der im Baumgehölz aufgewachsenen Eiche 1: es wies im Ver- lauf der Jahre massiv schwankende Messwerte auf. Im Durchschnitt der Jahre betrug bei der frei aufge- wachsenen Eiche die durchschnittliche jährliche Zu- 1957 nahme des Durchmessers 5,16 mm, im Vergleich dazu bei Eiche 1 nur 2,2 mm. Nach 100 Jahren Wachstum hat- te dementsprechend Eiche 2 auf der Wiese bereits eine Dicke von 53 cm erreicht, während Eiche 1 nur einen Durchmesser von 23 cm aufwies. Bemerkenswert ist, dass ab ca. 1972 beide Eichen einen Abschwung der Jahrringbreiten zeigten, der sich etwa 1980 stabilisierte. Stark wechselnde Jahrringbreiten sind ein typisches Merkmal von Wachstumskurven, wenn Bäume mit ih- rer Krone frei stehen und ihr Wachstum unbeeinflusst von Nachbarbäumen primär von Temperatur, Nieder- schlag und z.B. Schadinsekten beeinflusst wird. Große 1877 Unterschiede zwischen zwei Vegetationsperioden be- deuten nicht zwingend, dass die Bäume gesünder oder kränker geworden wären. Nur eine fundierte Analyse 1833 1822 durch Fachleute der Wachstumskunde lässt hier die 1815 richtigen Schussfolgerungen zu. Ausbruch des Ph. 2 1810 Vulkans Tamboro

1792 Literatur Öffnung des Schlossparks für die Allgemeinheit LWF – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (2003): Eichen auf dem Prüfstand: Erhebung des Gesundheits- zustandes der Eichen im Schlosspark Nymphenburg. Materia- lien der LWF, Nr. 9

1750 Phase 11750 Phase 3 Phase 4 Phase 5 Geburt von Friedrich Ludwig Keywords: Oak, increment, stem disk, Historical Garden, von Skell Nymphenburg, Munich

Summary: Oak trees are a central historical element of Wachstumsphasen structure in the Nymphenburg Palace Gardens of Munich, deutlicher Rückgang der Jahrringbreiten an important garden monument in Germany. For future Hohe Jahrringbreiten, Wachstumsschub tending in the historical stands of trees increment assess- Wachstumsrückgang ment diagrams of this tree species give us basic informati- Wachstumsschub on. With increment analysis based on stem disks for two gemäßigtes Baumwachstum old oak trees the development of increment is exemplari- ly characterized. The difference in increment between an Abbildung 3: Foto ausschnitt oak tree which was growing in the middle of a stand in der Baum scheibe der Eiche 1 comparison with another standing all over his life on a (Foto: E. Bickel) meadow with a free crown is remarkable.

LWF Wissen 68 37 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg Arthur Bauer

Schlüsselwörter: Eiche, Kronenzustand, Gesundheitszu- Die Erfassung des Gesundheitszustandes an den Ei- stand, Waldzustandserhebung, Nymphenburg chen im Schlosspark begann im April 2003 (LWF 2003). Noch vor Laubaustrieb wurde die Kronenstruktur aus- Zusammenfassung: In den Jahren 2003 bis 2011 fanden gewählter Stichprobenbäume aufgenommen. Die erste an rund 120 Alteichen im Schlosspark Nymphenburg Erhe- Erhebung des Sommerzustandes erfolgte im August bungen zur Erfassung ihres Gesundheitszustandes statt. 2003. Weitere Aufnahmen des Sommerzustandes wur- Die Aufnahmen erfolgten i. d. R. im belaubten Zustand. In den in den Jahren 2004, 2006, 2007, 2008, 2009 und 2011 einigen Jahren wurden darüber hinaus Kronenstruktur- durchgeführt. Die Kronenstruktur wurde nach 2003 ansprachen im laublosen Zustand durchgeführt. Der durch- noch in den Jahren 2008 und 2011 angesprochen. schnittliche Blattverlust der Eichen im Schlosspark liegt deutlich höher als bei den Eichen an den Waldklimastatio- Zusätzlich zur genannten Stichprobe wurden ab dem nen Freising und Riedenburg. Auch verglichen mit den Er- Jahr 2004 zwei weitere Bäume im Schlosspark gebnissen der Kronenzustandserhebung 2011 zeigt sich, (Baumnr. 308 und 631) und neun Bäume in Hartmanns- dass die Eichen im Schlosspark deutliche Schäden aufwei- hofen (Fasanerie) in die Aufnahme einbezogen. sen. Die Erhebungen sollten daher unbedingt fortgeführt werden, um eine weiter fortschreitende Verschlechterung rechtzeitig erkennen zu können. Lage der Eichen

Bei der ersten Aufnahme im Jahr 2003 wurden die für die Untersuchung ausgewählten Bäume dauerhaft mar- Im Jahr 2003 regte die Bayerische Verwaltung der staat- kiert. Die Markierung erfolgte bodennah mit einem wei- lichen Schlösser, Gärten und Seen eine Untersuchung ßen Farbtupfer. In der Nähe von Wegen wurde die Mar- des Gesundheitszustandes an den Eichen im Schloss- kierung an der dem Weg abgewandten Seite park Nymphenburg an. Neben dem Gesundheitszu- angebracht. Die Lage der Bäume wurde zusätzlich in stand sollten v.a. schädliche Einflüsse auf die Eichen einer Karte eingezeichnet. Eine Beschriftung der Bäu- erkannt und Maßnahmen zum Schutz des historischen me mit Nummern erfolgte jedoch nicht. Bei der Erhe- Eichenbestandes entwickelt werden. bung im Jahr 2011 wurde die Markierung der Bäume erneuert. Die Untersuchung wurde von der Bayerischen Landes- anstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) übernom- Eine erste Wintererhebung zur Erfassung der Kronen- men. Die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlös- struktur fand im April 2003 noch vor Laubaustrieb statt ser, Gärten und Seen kartierte im Vorfeld alle Eichen (LWF 2003). Bei der ersten Erhebung des Sommerzu- im Schlosspark, die augenscheinlich älter als 50 Jahre standes im August des Jahres 2003 wurden die Bäume sind. Die Ergebnisse dieser Vorerhebung wurden der mit den Nummern 437, 1017 und 1097 nicht wieder ge- LWF zur Verfügung gestellt (LWF Materialien Nr. 9). funden. Im Jahr 2004 war auch Baum 977 nicht auffind- bar. Die Stichprobe verkleinerte sich daher entspre- Für die Untersuchung wurde aus den 1.263 kartierten chend. Bäumen eine repräsentative Stichprobe von zehn Pro- zent der Bäume gezogen. An den so ausgewählten 126 Bei Folgeerhebungen kam es manchmal zu Verwechs- Eichen wurde in den Jahren 2003 bis 2011 der Kronen- lungen. Aus diesem Grund wurden bei den Aufnahmen zustand nach einem international anerkannten Verfah- in den Jahren 2009 und 2011 die Positionen der Stich- ren (www.icp-forests.org) erfasst. probenbäume mit Hilfe eines GPS-Empfängers gemes- sen. Dadurch können Verwechslungen bei Folgeerhe- bungen ausgeschlossen werden. Die Lage der Bäume ist in Abbildung 1 dargestellt.

38 LWF Wissen 68 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

308

631

Stichprobenbäume Zusatzbäume 308, 631 Bäume Fasanerie

Abbildung 1: Lage der Stichprobenbäume in Schlosspark Nymphenburg und Fasanerie (Foto: Bayerische Vermes- sungsverwaltung)

LWF Wissen 68 39 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Alt und Dick – die Eichen in Nymphenburg dies der Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte August. Die Aufnahmen erfolgen grundsätzlich durch zwei erfahre- Die ältesten untersuchten Eichen gehören mit großer ne Taxatoren. Dabei sind zwingend Ferngläser zu ver- Wahrscheinlichkeit zum Originalbaumbestand des wenden. Bei Regen oder Nebel werden keine Aufnah- Schlossparks. Ihr Alter liegt derzeit bei rund 210 Jah- men durchgeführt. ren, wie eine Jahrringanalyse an einer im Jahr 2000 durch Blitzschlag vernichteten mächtigen Eiche ergab Bei Blattverlusten wird in 5 % - Stufen angesprochen. (LWF 2003). Daneben gehören jedoch auch jüngere Darüber erfolgt noch eine Zuordnung zu sogenannten Bäume mit rund 60 bis 100 Jahren zur Stichprobe. Schadstufen (SSt). Die Schadstufe 0 wird vergeben, wenn der Blattverlust zwischen 0 und 10 % beträgt. Bei Bei der Erstaufnahme wurde an allen Stichprobenbäu- Blattverlust zwischen 15 und 25 % wird Schadstufe 1 ver- men der Brusthöhendurchmesser1 (BHD) erfasst. Der geben. Bäume zwischen 30 und 60 % Blattverlust zäh- mittlere BHD betrug damals 53,3 cm. Der schwächste len zur Schadstufe 2. Schadstufe 3 umfasst den Bereich Baum wies einen BHD von 23 cm auf, der BHD des zwischen 65 und 99% Blattverlust. Tote Bäume fallen in stärksten Baumes betrug 99 cm. die Schadstufe 4. Abbildungen 2–5 zeigen einige Bei- spiele aus dem Schlossp ark Nymphenburg. Im Jahr 2006 wurde der BHD der Bäume erneut gemes- sen. Die Messung erfolgte mit einem Umfangmaßband Neben der Kronenverlichtung werden auch Vergilbung auf Millimeter genau. Im Jahr 2006 betrug der mittlere und Fruktifikation sowie abiotische (z. B. Hagel, Früh- BHD bereits 55,3 cm. Der BHD des schwächsten Bau- und Spätfrost, Sturm) oder biotische (z. B. Insektenfraß, mes in der Stichprobe betrug 25,4cm, der stärkste Baum Mehltau) Einflussfaktoren erfasst. Diese werden bei der wies einen BHD von 101,8 cm auf. Die BHDs der zusätz- Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt. Tabelle 1 lich aufgenommen Bäume betrugen 111,3 cm (Baumnr. zeigt die Ergebnisse dieser Er hebungen für die einzel- 308) bzw. 146,5 cm (Baumnr. 631). Für die neun Probe- nen Aufnahmejahre. Zum Vergleich sind in Tabelle 2 bäume in der Fasanerie wurde ein mittlerer BHD von die Ergebnisse der Aufnahmen für die Waldklimastatio- 69,3 cm ermittelt (Min: 48,9 cm; Max: 94,2 cm). nen (WKS) Freising und Riedenburg dargestellt.

Seit Beginn der Beobachtungen im Jahr 2003 ist der Kronenzustand mittlere Blattverlust bei den Eichen im Schlosspark an- gestiegen. Das Maximum wurde 2009 beobachtet. In Die erste Kronenzustandserhebung erfolgte im August diesem Jahr lag der mittlere Blattverlust bei 46 %. Das 2003. Die Aufnahme erfolgte dabei nach einem über die bedeutet, dass die Bäume im Schlosspark 2009 nur et- Grenzen Europas hinaus gängigem Verfahren, das seit was mehr als die Hälfte der Normalbelaubung zur Ver- Anfang der 1980er Jahre bei der Waldzustandserhe- fügung hatten. Bei der Erhebung im Jahr 2011 zeigte bung angewandt wird. sich der Kronenzustand wieder deutlich verbessert, es fehlte nur gut ein Drittel der Blattmasse. Die Kronenverlichtung wird seit Beginn der systemati- schen Waldzustandserhebungen als wesentlicher Indi- Verglichen mit den Bäumen an den Waldklimastatio- kator zur Beurteilung der Vitalität von Waldbäumen an- nen Freising und Riedenburg weisen die Eichen in gesehen. Dabei wird unterstellt, dass jeder Baum Nymphenburg einen deutlich höheren Blattverlust auf. danach strebt, eine möglichst dichte Belaubung auszu- Auch die Eichen an den genannten Waldklimastationen bilden. „Abweichungen von dieser ‚Normalbelaubung‘ sind über 100 Jahre und damit durchaus mit den Exem- zeigen Belastungen an und können bei deutlicher Aus- plaren in Nymphenburg vergleichbar. Dieses Bild wird prägung als ‚Schaden‘ interpretiert werden“ (AG Kronen- durch die Verteilung der Schadstufen bestätigt. Mehr zustand 2007). Das Verfahren ist im Internet unter als zwei Drittel der Bäume weisen in Nymphenburg www.icp-forests.org detailliert beschrieben. deutliche Schäden auf (SSt 2–4; Blattverluste von mehr als 25 %). An den Waldklimastationen liegt der Anteil Die Kronenzustandserhebung erfolgt während der Zeit deutlich niedriger. Bäume der Schadstufen 3 und 4 der optimalen Laubentwicklung. In Mitteleuropa ist kommen an den Waldklimastationen nur vereinzelt vor, in Nymphenburg beträgt der Anteil dieser Bäume re- gelmäßig mehr als 5 %. 1 BHD: Durchmesser in 1,3 m über dem Boden

40 LWF Wissen 68 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Abbildung 2: Baum mit 20 % Blattverlust (Foto: A. Bauer) Abbildung 4: Baum mit 75 % Blattverlust (Foto: A. Bauer)

Abbildung 3: Baum mit 55% Blattverlust (Foto: A. Bauer) Abbildung 5: Baum mit 90 % Blattverlust (Foto: A. Bauer)

LWF Wissen 68 41 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Schadstufe 0 1 2 3 4 2 bis 4 Jahr Mittleres ohne schwach mittelstark stark abgestorben Summe Blattverlust - Schad- geschädigt geschädigt geschädigt deutliche prozent merkmale (Warnstufe) Schäden 2011 36,8 0,9 30,2 61,2 7,7 0,0 68,9 2009 46,0 0,0 7,7 73,5 18,8 0,0 92,3 2008 36,9 0,0 30,8 61,7 7,5 0,0 69,2 2007 41,1 0,0 22,1 65,6 11,5 0,8 77,9 2006 39,1 0,0 21,3 70,5 8,2 0,0 78,7 2004 34,8 1,6 34,4 57,4 6,6 0,0 64,0 2003 34,4 3,3 31,7 59,3 5,7 0,0 65,0 Tabelle 1: Schadstufen (SSt) und mittlere Blattverluste für die Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Schadstufe 0 1 2 3 4 2 bis 4 Jahr Mittleres ohne Schad- schwach mittelstark stark abgestorben Summe Blattverlust - merkmale geschädigt geschädigt geschädigt deutliche prozent (Warnstufe) Schäden 2011 28,1 1,0 53,0 46,0 0,0 0,0 46,0 2009 28,9 0,0 39,6 60,4 0,0 0,0 60,4 2008 19,6 12,6 77,7 8,7 0,0 1,0 8,7 2007 26,2 6,0 56,9 36,2 0,0 0,9 36,2 2006 21,6 10,5 70,4 19,1 0,0 0,0 19,1 2004 21,2 35,5 50,0 12,7 1,8 0,0 14,5 2003 20,7 8,0 73,4 18,6 0,0 0,0 18,6 Tabelle 2: Schadstufen (SSt) und mittlere Blattverluste für die Eichen an den Waldklimastationen Freising und Riedenburg

Der Blattverlust der Eichen im Schlosspark liegt etwas Bei den Aufnahmen zur Kronenzustandserfassung wur- über dem Niveau, das über hundertjährige Eichen in den neben den reinen Kronenmerkmalen auch andere Bayern aufweisen (35,5 %). Allerdings sind hier auch Parameter, z.B. Schäden am Stamm oder Spechthöh- die Eichen in Unter- bzw. Mittelfranken mit z.T. erhebli- len erfasst. Bedingt durch die geringe Bewirtschaf- chen Fraßschäden durch Insekten enthalten. Werden tungsintensität und die sehr pflegliche Art der Bewirt- nur Eichen außerhalb der genannten Fraßgebiete be- schaftung wurden an den betrachteten Bäumen kaum trachtet, liegt der mittlere Blattverlust bei 32,2 %. Der Rücke- oder Fällungsschäden festgestellt. An einigen Blattverlust der Eichen im Schlosspark liegt damit rund Bäumen wurden Teile der Krone abgeschnitten. Nach 4,5 Prozentpunkte über diesem Wert. Aussage der Parkverwaltung war dies aus Verkehrssi- cherungsgründen zwingend erforderlich. Stärkere Bäume über 70 cm BHD weisen tendenziell ei- nen etwas höheren Blattverlust auf als dünnere (und An insgesamt neun Bäumen im Schlosspark (7,6 %) damit wohl auch jüngere) Bäume. Ein Unterschied zwi- wurden Spechthöhlen gefunden. Aus ökologischer schen frei stehenden Bäumen (Solitären) und Bäumen Sicht ist dies sehr erfreulich, da die Höhlen Lebens- im Bestand ist nicht erkennbar. raum für viele Tierarten bieten. Allerdings wird dadurch auch deutlich, dass viele Bäume zumindest teilweise Faulstellen aufweisen.

42 LWF Wissen 68 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Zusammenhang zwischen Kronenstruktur und Blattverlust

Bei der Kronenstrukturansprache wird die Verzwei- gungsstruktur von Baumkronen begutachtet. Die An- sprache erfolgt unter Zuhilfenahme eines von der Abbildungen 6–9: Beispielbilder 2 AG DBF/L II-Kronenzustand entwickelten Kronenstruk- aus dem Kronenstrukturschlüssel turschlüssels für Alteichen. für Alteichen. (Fotos: F. Körver)

Kronenstrukturstufe 1 (Referenzstadium): Kronenstrukturstufe 5 (Fenster-Stadium)

Dichte buschige Feinastwalze mit sehr hohem Feinastanteil Mittlere bis geringe Feinastanteile im Boniturbereich

Runde geschlossene, annähernd halbkreisförmige Kronenperipherie Kronenperipherie ist aufgelöst; Mitteläste reichen bis dicht unter die Peripherie Keine Strukturfehler im Mittel- bzw. Grobastbereich Starker Knickwuchs

Deutliche Fensterbildung unterhalb der Peripherie

Deutliche Strukturfehler im horizontalen Mittel- bzw. Grobastbereich

Kronenstrukturstufe 3 (Knickwuchs-Stadium) Kronenstrukturstufe 7 (Mittel-/Grobast-Stadium mit Sekundärästen): Hoher Feinastanteil nur noch in Teilbereichen der Krone Kaum primäres Feinreisig vorhanden Zackige Aufrauhung der Kronenperipherie; einzelne Astspieße können herausragen Sekundäres Feinreisig umgibt mantelartig mittlere und grobe Äste

Beginnende Segmentierung Kronenperipherie ist aufgelöst und wird bereits durch Mitteläste begrenzt Beginnender Knickwuchs im Feinastbereich Kronenerschließung ausschließlich vertikal durch Mittel- und Grobäste

2 Arbeitsgemeinschaft Dauerbeobachtungsflächen/Level II – Kronenzustand des Bundes und der Länder

LWF Wissen 68 43 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Mitarbeiter der LWF bei der Kronenansprache im Schlosspark Nymphenburg (Foto: R. Herzog)

Methodik der Kronenansprache Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts tra- Baum. Je stärker ein Baum geschädigt ist, umso weniger ten in Europa bis dahin unbekannte Schäden an Wald- Blattmasse weist er auf. Der Nadel-/Blattverlust (NBV) bäumen auf. Im Laufe der folgenden Jahre waren die wird unter Beachtung der sozialen Stellung eines Baumes Schäden an immer mehr Baumarten zu beobachten. Na- in 5 % - Stufen angesprochen. Bezugsgröße ist ein optimal delbäume waren genauso geschädigt wie Laubbäume. belaubter Baum. Daneben werden auch noch andere Die Schäden traten sowohl auf sauren als auch gut ba- Parameter wie z. B. Einflüsse von Nachbarbäumen oder senversorgten Standorten auf. In Mischbeständen waren Schäden berücksichtigt. Schäden werden sehr differen- sie genauso zu beobachten wie in Reinbeständen. ziert angesprochen und dokumentiert. Dabei werden Zur objektiven Erfassung des Schadensumfanges wur- abiotische Schäden (z. B. Schneebruch, Sturm, Spätfrost, de im Jahr 1983 in Bayern und Baden-Württemberg die Rückeschäden) genauso erfasst wie biotische Schäden erste Waldschadensinventur durchgeführt. Die Erhebung (z. B. Befall durch Pilze, Insektenfraß). Das Verfahren ist basiert auf einem regulären Gitternetz. Die ausgewähl- unter www.icp-forests.org detailliert beschrieben. ten Probebäume wurden permanent markiert und regel- Die Erhebung wird von Spezialisten der Forstverwal- mäßig aufgenommen. Seit dem Jahr 1984 führen alle tung durchgeführt. Die Bayerische Landesanstalt für Länder der früheren Bundesrepublik Deutschland im Wald und Forstwirtschaft (LWF) organisiert und koordi- Zeitraum Mitte Juli bis Mitte August Aufnahmen durch. niert die Aufnahmen und wertet die Daten anschließend Nur im Jahr 1990 konnte als Folge der verheerenden aus. Vor der jährlichen Erhebung werden die Aufnahme- Stürme Vivian und Wiebke keine Aufnahme erfolgen. teams von der LWF in einer einwöchigen Schulung auf Derzeit wenden mehr als 36 Länder innerhalb und außer- die Aufnahmen vorbereitet. Dadurch wird sichergestellt, halb Europas das Verfahren an. dass alle Erhebungsteams auf gleichem Niveau anspre- Der Belaubungszustand wird als wichtigster Parame- chen. Bei den Geländeaufnahmen nutzen die Fachleute ter für die Vitalitätszeiger von Bäumen angesehen. Je Bilderserien zu den wichtigsten Baumarten, die in dem dichter die Krone eines Baumes ist, umso vitaler ist ein Buch „Waldbäume“ zusammengestellt sind.

44 LWF Wissen 68 Gesundheitszustand der Eichen im Schlosspark Nymphenburg

Jahr Kronenstrukturstufen 1 2 3 4 5 6 7 8 Gesamt 2003 0,8 13,9 38,6 24,6 12,3 4,9 4,1 0,8 100,0 2008 0,0 0,0 0,8 9,8 41,0 33,6 11,5 3,3 100,0 2011 0,0 0,0 0,0 5,9 43,2 41,5 8,5 0,9 100,0 Tabelle 3: Prozentanteile der Kronenstrukturstufen im Schlosspark Nymphenburg

Kronenstruktur der Alteichen Arbeitskreis Krone der Bund-Länder Arbeitsgruppe Level II (2001): in Nymphenburg Dauerbeobachtungsflächen Waldschäden im Level II-Programm – Methoden und Ergebnisse der Kronenansprache seit 1983. Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Bei der Einwertung der Stichprobenbäume im Winter- Landwirtschaft (Hrsg.). S. 62–73 zustand wurden im Schlosspark Nymphenburg alle im Kronenstrukturschlüssel definierten Klassen gefunden. Körver, F.; Paar, U.; Kirchhoff, A.; Gawehn, P.; Eichhorn, J. (1999): Tabelle 3 gibt einen Überblick über die prozentuale Ver- Winteransprache zur Erfassung der Kronenstruktur bei Altei- chen. AFZ/Der Wald 54, S. 357–360 teilung. LWF – Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Aus Tabelle 3 wird deutlich, dass sich die Kronenstruk- (2003): Eichen auf dem Prüfstand: Erhebung des Gesundheits- tur der Bäume im Schlosspark Nymphenburg seit zustandes der Eichen im Schlosspark Nymphenburg. Materia- lien der LWF, Nr. 9 Beginn der Beobachtungen im Jahr 2003 deutlich ver- ändert hat. Bei der Erhebung im Jahr 2003 wiesen ca. Mayer, F.-J.; Hufnagl, S. (2003): Eichen auf dem Prüfstand. Erhe- 15 % der Bäume keine oder nur geringe Strukturdefi - bung des Gesundheitszustandes der Eichen im Schlosspark zite auf. Der Anteil von Bäumen mit mittleren Struktur- Nymphenburg. LWF aktuell Nr. 42, S. 43–44 defiziten (Stufe 3 und 4) umfasste damals rund 63 %. StMLF – Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Deutliche Strukturdefizite (Stufen 5 und 6) waren an Forsten: Waldzustandsberichte der Jahre 2003–2007 17 % der Bäume zu finden. Starke Strukturschäden wur- den an 5 % der Bäume beobachtet. StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirt- schaft und Forsten: Waldzustandsbericht des Jahres 2008

Bei der letzten Erhebung wurden keine Bäume ohne StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirt- Strukturschäden gefunden. Der Anteil von Bäumen mit schaft und Forsten: Ergebnisse der Kronenzustandserhebung mittleren Strukturdefiziten betrug im Frühjahr 2011 2009 und 2010 knapp 6 %. Deutliche bis starke Strukturschäden wur- StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirt- den an knapp 85 % der Bäume beobachtet. Der Anteil schaft und Forsten (2011): Waldbericht 2011 an Bäumen mit starken Strukturschäden lag bei rund 9 %. Bei keiner Erhebung konnten signifikante Unter- schiede zwischen dünneren (bis 55cm BHD) und di- Key words: Oak, crown condition, state of health, forest ckeren Bäumen ab 55 cm BHD festgestellt werden. condition survey, Nymphenburg castle

Summary: Between 2003 and 2011, the state of health of Literatur around 120 old oaks in the Nymphenburg Palace Park was assessed and recorded. The trees were normally examined AG DBF/LII - Kronenzustand – Arbeitsgemeinschaft Dauerbeob- in leaf. In some years, their crown structures were also exa- achtungsflächen/Level II - Kronenzustand (2001): Kronenstruktur- schlüssel für Alteichen mined in leafless condition. The average leaf loss of the oaks in the Palace Park is significantly higher than that of AG Kronenzustand (2007): Waldbäume. Bilderserien zur Ein- the oaks at the forest climate stations in Freising and Rie- schätzung von Kronenverlichtungen bei Waldbäumen. 2. Aufla- denburg. There is also significant damage to the oaks in ge, Verlag M. Faste the Palace Park in comparison with the results of the crown condition survey conducted in 2011. It is thus imperative that the assessments continue in order to ensure that pro- gressive deterioration is recognised in good time.

LWF Wissen 68 45 Der Schlosspark Nymphenburg als Teil eines Natura 2000-Gebietes Rudolf Seitz, Albert Lang, Astrid Hanak, Rüdiger Urban

Schlüsselwörter: Natura 2000, Nymphenburger Park, Ein innerstädtisches Schutzgebiet Managementplanung, Lebensraumtypen, Eremit der ganz besonderen Art

Zusammenfassung: Der Nymphenburger Park ist Teil des Das europäische Biotopverbundsystem Natura 2000 europäischen Biotopverbundsystems Natura 2000. In die- zielt darauf ab, innerhalb der Mitgliedstaaten der EU je- sem Naturschutzprojekt werden klar definierte Biotop- weils für die Naturräume charakteristische Lebens- typen - so genannte Lebensraumtypen - und Arten der Fau- raumtypen und Arten durch eine gezielte Beplanung na-Flora-Habitat-Richtlinie mit dem Ziel geschützt, sie vor ihrer Vorkommen in Natura 2000-Gebieten langfristig dem Rückgang und Erlöschen zu schützen. Dies wird über zu erhalten. Das Instrumentarium hierfür besteht aus die Definition eines günstigen Erhaltungszustandes, fun- zwei Richtlinien: der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie dierte Maßnahmenvorschläge und deren zeitnahe Umset- (FFH-RL) sowie der Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL). zung versucht. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Er- gebnisse der dazu notwendigen und unter Einbeziehung Der Nymphenburger Schlosspark erstreckt sich über der Eigentümer, Verbände und Behörden durchgeführten 141 ha und ist Teil des insgesamt 183 ha großen FFH- Managementplanung sowie die daraus abgeleiteten Maß- Gebietes 7834-301 „Nymphenburger Park mit Allee und nahmen. Nahezu der gesamte Bereich des Offenlandes Kapuzinerhölzl“ (Abbildung 1). Seine Besonderheit ba- im Nymphenburger Park ist von mageren Flachland-Mäh - siert aus Sicht der Naherholung auf seiner Weitläufig- wiesen und Kalkmagerrasen bewachsen. Im angrenzen- keit bei gleichzeitiger zentraler, innerstädtischer Lage den Kapuzinerhölzl kommen Borstgrasrasen mit zahl rei - im Münchner Westen. Der Wert des Nymphenburger chen sehr seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzen- Schlossparks liegt darüber hinaus in der kulturellen Be- arten hinzu. Diese Offenland-Lebensraumtypen werden in deutung, dem erhaltenen Gartendenkmal, dem land- erster Linie durch eine konsequente Mahd erhalten und schaftlichen Reiz und im naturnahen Bestandsaufbau gefördert. Im Rahmen der Managementplanung wurde der großflächigen laubholzreichen Gehölzbestände. die Notwendigkeit der Mähgutabfuhr und der zeitlichen Diese Waldgesellschaften beherbergen noch eine Viel- Mahd-Staffelung herausgearbeitet. Die auf großer Fläche zahl von Arten, die in den kleineren Lohwaldresten des angetroffenen naturnahen Eichen-Hainbuchenwälder wei- Münchener Nordwestens teilweise nicht mehr zu fin- sen ein Defizit im Bereich ihres Totholzanteils auf und wer- den sind. den langfristig durch den geringen Anteil der Eiche in der nachwachsenden Baumschicht bedroht. Hierzu werden Der Wert des alten Baumbestandes für Höhlenbrüter, entsprechende Gegenmaßnahmen geplant. Die Popula - Fledermäuse sowie alt- und totholzbewohnende Insek- tion des u. a. auf Eichen angewiesenen Eremiten (Osmo- ten (z. B. Eremit*) kann dabei nicht hoch genug einge- derma eremita), eine Käferart, ist im Nymphenburger Park schätzt werden. Innerhalb des FFH-Gebietes bieten die vom Erlöschen bedroht. Zu seiner Erhaltung sind Maßnah- übrigen Teile des Schutzgebietes, das Kapuzinerhölzl men der Habitatsicherung notwendig, die hier dargestellt und das Hartmannshofer Holz im Norden des Parks mit werden. ihrer dichten, eher forstlich geprägten Bestockung ei- ne kontrastreiche Abwechslung. Die beiden Auffahrts- alleen, die ebenfalls Bestandteil des FFH-Gebietes sind, bestehen im Wesentlichen aus Baumreihen, die unter dem Aspekt der Verkehrssicherungspflicht stark in ih- rem Habitus beeinträchtigt sind.

* Prioritäre Art bzw. prioritärer Lebensraum

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1

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3

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1 Hartmannshofer Holz 3 nördliche Auffahrtsallee 5 Schlosspark Nymphenburg 2 Kapuzinerhölzl 4 südliche Auffahrtsallee

Abbildung 1: FFH-Gebiet „Nymphenburger Park mit Allee und Kapuzinerhölzl“ (7834-301) (Geobasisdaten: Bayerisches Landesamt für Vermessung und Geoinformation, Stand 2009)

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Ablauf und Inhalt der FFH-Management- gestellt, dass mit den vorgeschlagenen Maßnahmen planung für den Nymphenburger Park und ihrer Umsetzung dem Erhaltungsgebot bzw. dem Verschlechterungsverbot entsprochen wird (§ 32 Abs. Die FFH-Managementplanung für den Nymphenburger 2 bis 4 BNatSchG, Art. 20 Abs. 2 BayNatSchG). Schlosspark wurde 2011 abgeschlossen und beinhal- tete die folgenden Arbeitspakete: • Erfassung und Bewertung der Offenland-Lebensraum- Ergebnisse der Erfassung und Bewertung: typen (Zuständigkeit: Regierung von Oberbayern) Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH- • Erfassung und Bewertung der Wald-Lebensraum- Richtlinie (LRT) typen (Zuständigkeit: Bayerische Forstverwaltung) • Erfassung und Bewertung der Anhang II-Art Eremit* Das gesamte FFH-Gebiet hat mit 90% einen im bayern- (Osmoderma eremita; Zuständigkeit: Bayerische weiten Vergleich sehr hohen Anteil an LRT-Fläche. Da- Forstverwaltung); hierzu wurde von Bußler (2010) ein von stellt der folgende Waldlebensraumtyp mit 90% den Fachbeitrag erstellt. überwiegenden Teil: • Maßnahmenplanung, Erstellung des Management- • 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpi- plans und Abstimmung am Runden Tisch (Zustän- netum) digkeit und Durchführung: Bayerische Forstverwal- tung und Regierung von Oberbayern) Neben dem edellaubholzreichen Waldbild bereichern vor allem die unterschiedlich großen, buchtenreichen Die Grundlage für die Erarbeitung des Management- Lichtungen den ökologischen Wert und das Land- plans ist die europäische FFH-Richtlinie, deren Erfor- schaftsbild des Schlossparks und des Kapuzinerhölzls. dernisse im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und Bei den Offenland-Lebensraumtypen handelt es sich Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) inte- vor allem um die beiden Grünland-LRT: griert sind. Nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL sind für jedes ein- • 6210 Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Ver - zelne Gebiet die Erhaltungsmaßnahmen zu bestimmen buschungsstadien (Festuco-Brometalia), Kurzname: die notwendig sind, um einen günstigen Erhaltungszu- Kalkmagerrasen stand der Lebensraumtypen und Arten zu gewährleis- • 6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pra- ten oder wiederherzustellen, die maßgeblich für die tensis, Sanguisorba officinalis), Kurzname: Magere Aufnahme des Gebietes in das Netz NATURA 2000 wa- Flachland-Mähwiesen ren. Diese Maßnahmen werden in Bayern im Rahmen Auf diese beiden LRT beschränkt sich im Weiteren die eines so genannten Managementplans, der dem Bewirt- detaillierte Darstellung. schaftungsplan gemäß Art. 6 Abs. 1 FFH-RL entspricht, nach Nr. 6 der gemeinsamen Bekanntmachung zum Der Vollständigkeit halber sollen aber die zwei weite- Schutz des Europäischen Netzes NATURA 2000 vom ren im FFH-Gebiet vorkommenden Offenland-LRT ge- 04.08.2000 (AllMbl 16/2000 S. 544, 548) ermittelt und nannt werden. Eine untergeordnete Rolle im Nymphen- festgelegt. Bei der Umsetzung von Maßnahmen sieht burger Park spielt: die FFH-Richtlinie in Art. 2, Abs. 3 ausdrücklich vor, • 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation dass „die auf Grund dieser Richtlinie getroffenen Maß- des Magnopotamions oder Hydocharitions, Kurzna- nahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesell- me: Nährstoffreiche Stillgewässer schaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Nur im Kapuzinerhölzl finden sich kleine, aber sehr be- Besonderheiten Rechnung“ tragen sollen. deutsame Vorkommen von: • 6230* Artenreiche montane Borstgrasrasen (und Daher wurden auch für den Nymphenburger Park die submontan auf dem europäischen Festland) auf Sili- betroffenen Grundeigentümer, die Stadt München, die katböden, Kurzname: Artenreiche Borstgrasrasen. Träger öffentlicher Belange und Verbände in Arbeits- treffen und so genannten Runden Tischen an der Erstel- Die hier genannten Wiesentypen gehören im Groß- lung des Managementplans beteiligt, um ihnen die Ge- raum München zu den größten und aus naturschutz- legenheit einzuräumen, ihr Wissen und ihre Erfahrung fachlicher Sicht wertvollsten Vorkommen von Offen- sowie Einwände, Anregungen und Vorschläge einzu- land-Lebensraumtypen überhaupt. bringen. Damit soll eine erfolgreiche und dauerhafte Umsetzung durch die Mitwirkungsbereitschaft der Be- teiligten erreicht werden. Grundsätzlich ist aber sicher- * Prioritäre Art bzw. prioritärer Lebensraum

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Die Verteilung der Lebensraumtypen zeigt Abbildung 2. Im Einzelnen können die Lebensraumtypen wie folgt charakterisiert werden:

9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpine- tum) (Abbildung 3) • Standort: frühjahrsfrische, aber in der Wachstumszeit immer wieder austrocknende Standorte im warmen Hügelland. In Südbayern vereinzelt auf den Schotter- platten, primär und sekundär als Ersatzgesellschaf- ten von Buchenwäldern (Standortsfaktoren Spätfrost- gefahr und Frühjahrstrocknis). • Boden: typisch ist der Pelosol, aber auch Pararend- Abbildung 3: LRT 9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald zinen aus carbonathaltigen Lockergesteinen. Humus- (Galio-Carpinetum) Foto: R. Seitz form: Mull bis mull-artiger Moder. • Bodenvegetation: charakteristisch sind Arten der Waldmeister- und der Goldnessel-Gruppe wie Wald- zung, Schweinemast, Eichenrindengewinnung zur meister (Galium odoratum), Wald-Segge (Carex syl- Gerberei sowie Viehweide; im vorliegenden Gebiet vatica) u. a. sowie typische Eichen-Hainbuchenwald- starke höfische Prägung Arten wie Hain-Sternmiere (Stellaria holostea) und • Natürlichkeit der Vorkommen: der Lebensraumtyp Immergrün (Vinca minor). Im Gebiet wurden auch ist als naturnah einzustufen. auf bedeutender Fläche Sommertrockenheitsspezia- Die Bewertung des Erhaltungszustandes der Lebens- listen wie z. B. die Fieder-Zwenke (Brachypodium pin- raumtypen basiert auf der Einstufung der Parameter natum) und die Berg-Segge (Carex montana) beob- „Vollständigkeit der lebensraumtypischen Habitat- achtet. strukturen“, „Vollständigkeit des lebensraumtypi- • Baumarten: Der Lebensraumtyp zählt zu den arten- schen Arteninventars“ sowie „Beeinträchtigungen“, reichsten in Bayern. Stiel- und Traubeneiche, Hainbu- jeweils in die Beurteilungsstufen A (hervorragend), che, Winterlinde, Feldahorn, Vogelkirsche und Esche B (gut) und C (mittel bis schlecht). Eine Zusammen- prägen sein Aussehen und bilden oftmals vielschich- führung dieser drei Teilkriterien nach vorgegebenem tige Waldbilder. Muster ergibt dann den Erhaltungszustand in den • Arealtypische Prägung / Zonalität: subkontinental gleichen Stufen A, B oder C. Im Fall der Eichen-Hain- • Nutzungsbedingte Veränderungen: ehemals Streunut- buchenwälder des FFH-Gebietes Nymphenburger

Verteilung der Lebensraumtypen

Sonstiger Lebensraum 3150 Eutropher See (Offenland und Wald) 6210 Kalk-Trockenrasen Offenland 6230* Borstgrasrasen

6510 extensive Mähwiese

9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald

Wald

* Prioritäre Art bzw. Lebensraum Abbildung 2: Verteilung der Lebensraumtypen sowie des sonstigen Lebensraums

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Park wurden die Habitatstrukturen und das Artenin- Fingerkraut (Potentilla alba), Sonnenröschen (Helian- ventar als gut bewertet. Als Beeinträchtigung wurde themum nummularium ssp. nummularium), Grauer Lö- lediglich die aktive Entnahme von Totholz konsta- wenzahn (Leontodon incanus), Weidenblättriges Och- tiert, dies führt insgesamt zur Beurteilung des Erhal- senauge (Buphthalmum salicifolium), Halbkugelige tungszustandes als B =gut. Teufelskralle (Phyteuma orbiculare), Wiesen-Flocken- blume (Scabiosa columbaria), Kleiner Wiesenknopf 6120 Kalkmagerrasen (Sanguisorba minor), Kriechender Hauhechel (Ononis Die Kalkmagerrasen des Nymphenburger Parks sind repens), Fadenstängel-Frauenmantel (Alchemilla filicau- vorwiegend auf sonnseitigen Hanglagen und Böschun- lis var. filicaulis), Gekielter Lauch (Allium carinatum) gen ausgebildet und unterliegen gemäß Bayerischen und Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris). Zur wei- Naturschutzgesetz dem Schutz nach Art. 23(1). Sie teren Ausstattung gehören Wundklee (Anthyllis vulne- befinden sich alle im Umfeld der Extensivwiesen inner- raria ssp. carpatica), Purgier-Lein (Linum catharticum), halb der Offenlandzentren an standörtlich begünstig- Grannen-Klappertopf (Rhinanthus glacialis), Knollen- ten Lagen. Am Oberhang grenzen meist die umliegen- Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus) und Kleine Biber- den edellaubholzreichen Lohwälder an, während die nelle (Pimpinella saxifraga). Moschus-Erdbeere (Fraga- Kalkmagerrasen (Mesobrometen) im Unterhang in Ex- ria moschata), Mittlerer Klee (Trifolium medium), tensivwiesen der Glatthaferwiesen (Arrhenatherion) Liguster (Ligustrum vulgare) und Berberitze (Berberis fließend übergehen. vulgaris) beschreiben Säume im Kontaktbereich zwi- Die Kalkmagerrasen besitzen im Nymphenburger schen Wald und Wiese. Park gegenüber den Glatthaferwiesen einen hohen An- teil an Pflanzenarten der trocken-nährstoffarmen Wie- 6510 Magere Flachland-Mähwiesen sen. Dazu zählen Pyramiden-Schillergras, Frühlings- Der LRT 6510 ist vorwiegend dem trockenen Flügel der Segge, Hufeisenklee, Sonnenröschen, Halbkugelige Glatthaferwiesen zuzuordnen. Neben den typischen Teufelskralle, Gekielter Lauch, Gewöhnliches Mädesüß Salbei-Glatthaferwiesen prägen vor allem trockene bis und Weißes Fingerkraut. Die Rasen haben einen her- wechseltrockene Trespen-Salbei-Bestände die Rasen vorragenden Erhaltungszustand (A), die Vollständigkeit der Nymphenburger Parklandschaft. Einige kleinere Ex- des lebensraumtypischen Arteninventars ist als gut be- tensivwiesen dieses LRT im Pagodenburger Tal gehö- wertet. ren auf Grund der Beschattung durch umgebende Im Detail wurde Folgendes beobachtet: die Gras- Laubwälder zu einer frischen Ausbildung. Die typische schicht ist meist zweigeteilt. Eine bodennahe, kurzrasi- Salbei-Glatthaferwiese mit dominierendem Glatthafer ge und phasenweise dichte Seggendecke wird durch ist mit Flaumhafer und Rot-Schwingel angereichert. Die die Seggen (Carex montana, Carex flacca, Carex cary- Krautschicht wird durch Wiesensalbei, Scharfen und ophyllea) und den Schafschwingel (Festuca ovina) auf- Knolligen Hahnenfuß, Margerite, Zottigen Klappertopf, gebaut. In der darüber stehenden, lichten Obergras- Gewöhnliches Ferkelkraut und Wiesen-Glockenblume schicht bestimmt die Aufrechte Trespe (Bromus charakterisiert. Während der Glatthafer meist eine nur erectus) das Vegetationsgefüge konkurrenzlos. Beige- untergeordnete Rolle spielt, übernimmt die Aufrechte mischt sind Mittleres Zittergras (Briza media), die Fie- Trespe die Funktion als Leitgras. Zittergras, Flaumha- derzwenken Brachypodium rupestre und B. pinnatum fer, Fiederzwenke und Rot-Schwingel sind beigemischt. sowie Rotschwingel (Festuca rubra), Schillergras (Koe- Der Wiesensalbei erreicht zwar in dieser trockenen leria pyramidata) und vereinzelt die wertgebende, Ausbildung stellenweise hohe Deckungswerte, jedoch wechseltrockene bis wechselfeuchte Standorte anzei- ist aus den Beobachtungen der letzten Jahre insgesamt gende Filzige Segge (Carex tomentosa). In der für die eine schleichende Reduzierung des Krautanteils und Münchner Schotterebene relativ artenreichen Kraut- damit eine Verschlechterung der Habitatstruktur fest- schicht fallen Wiesensalbei (Salvia pratensis), Knäuel- zustellen. Glockenblume (Campanula glomerata), Mittlerer We- Im Einzelnen wurde Folgendes beobachtet: die Ex- gerich (Plantago media) und Wiesen-Flockenblume tensivwiesen des Nymphenburger Schlossparks kom- (Centaurea scabiosa ssp. scabiosa) mengenmäßig auf. men in verschiedenen Ausbildungen vor. Neben den Stet aber wenig deckend ist die hohe Anzahl an wert- typischen Salbei-Glatthaferwiesen – die flächenmäßig gebenden und regional bedeutsamen Sippen. Zu nen- nur eine untergeordnete Rolle spielen - dominieren Be- nen sind: Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), Weißes stände, die auffällig von der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) in der Grasschicht beherrscht werden. Beglei-

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tet werden diese als Salbei-Trespenwiesen bezeichne- ten, äußerst mageren Rasengesellschaften von Zitter- gras (Briza media) und Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum). Rotschwingel (Festuca rubra), Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) und Glatthafer (Arrhenathe- rum elatius) spielen eine untergeordnete Rolle. Je nach Säuregrad können die Wiesen mit Dreizahn (Dantho- nia decumbens) und Rotem Straußgras (Agrostis capil- laris) angereichert sein. In der Krautschicht bauen Wiesensalbei (Salvia pra- tensis), Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis), Hornklee (Lotus corniculatus), Rauhhaar-Löwenzahn (Leontodon hispidus), Wiesenklee (Trifolium pratense), Abbildung 4: Lebensraumtyp 6510 Magere Flachland-Mäh- Margerite (Leucanthemum vulgare) und partiell Zot- wiesen. Typische Salbei-Glatthaferwiese im Frühsommer- aspekt mit Wiesensalbei, Scharfem Hahnenfuß und Marge- tiger Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) die rite im Mai 2007 (Foto: AVEGA) Grund ausstattung auf. Auffällig ist die Anreicherung von Magerkeitszeigern wie z. B. Mittlerer Wegerich (Plantago media), Rauhes Veilchen (Viola hirta), Wie- sen-Flockenblume (Scabiosa columbaria), Knolliger Die typische Salbei-Glatthaferwiese befindet sich west- Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus), Halbkugelige Teu- lich des Pagodenburger Tals in einer rundlichen Wald- felskralle (Phyteuma orbiculare), Frühlingssegge (Ca- lichtung. Einzelne Eichen strukturieren den vorbildlich rex caryophyllea) und Echte Schlüsselblume (Primula gemähten Bestand. Hier dominieren Glatt- und Flaum- veris). Kleinflächig sind diese Wiesenbereiche als Halb- hafer die Grasschicht. Scharfer Hahnenfuß (Ranun - trockenrasen einzustufen (10 %), jedoch mosaikartig culus acris), Rotklee (Trifolium pratense), Margerite eingestreut und damit nicht auskartierbar. Die mageren (Leucanthemum vulgare) und Wiesensalbei (Salvia zu den Halbtrockenrasen überleitenden Glatthaferwie- pratensis) charakterisieren neben Wiesen-Bocksbart sen finden sich in den zentralen Offenlandwiesen öst- (Tragopogon pratensis ssp. orientalis) die Krautschicht. lich und westlich der größeren Seen, beidseitig entlang Auffällig hoch ist mit acht Arten die Gattung Alchemilla des Kanals und südlich davon in z. T. ausgedehnten Be- in diesem Wiesentyp vertreten. ständen. Sie bestimmen flächenmäßig den Offenland- Der Erhaltungszustand des LRT 6510 ist im Nym- anteil. Im Pagodenburger Tal wurde ein wechselfri- phenburger Park hervorragend (A), unterlag jedoch scher Salbei-Glatthaferwiesentyp erfasst. Es handelt zum Kartierungszeitpunkt durch Mulchung einer schlei- sich um eine artenreiche, magere Extensivwiese. Auch chenden Verschlechterung der Habitatstruktur. Bei wei- bei ihr spielt Glatthafer eine untergeordnete Rolle. Leit- terer kontinuierlicher Pflege (ein- bzw. zweischürige gräser sind Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) und Mahd) und einer Mähgutabfuhr kann für die Wiesen ei- Aufrechte Trespe (Bromus erectus). Sie hebt sich von ne optimale Entwicklungstendenz prognostiziert wer- allen anderen Wiesen im Schlosspark durch das Vor- den. kommen von Arten wechselfrischer und bodensaurer Standorte ab. Frischezeiger im Bestand sind z. B. Gro- ßes Zweiblatt (Listera ovata), Hirsesegge (Carex pani- Ergebnisse der Erfassung und Bewertung: cea), Sumpf-Baldrian (Valeriana dioica), Sumpf-Kreuz- Arten des Anhangs 2 der FFH-Richtlinie blümchen (Polygala amarella), Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor) und Heilziest (Betonica officinalis). Der Standarddatenbogen weist den Eremiten (Osmo- Elemente aus den Borstgrasrasen sind Blasse Segge derma eremita) als Art des Anhangs II im Wald auf (Carex pallescens), Dreizahn (Danthonia decumbens), (Abbildung 5). Es wurden im Rahmen der Außenauf- Gewöhnliches Kreuzblümchen (Polygala vulgaris) und nahmen drei Nachweise erbracht (Bußler 2010). Wald-Ehrenpreis (Veronica officinalis). Den partiell be- schatteten Standort belegen die Waldrelikte Stinkender Das Verbreitungszentrum der prioritären Art ist das Hainsalat (Aposeris foetida), Breitblättrige Stendelwurz vom kontinentalen Klima dominierte Zentraleuropa. Sie (Epipactis helleborine) und Wald-Segge (Carex sylva- erreicht aber auch angrenzende mediterrane, atlanti- tica). sche sowie boreale Regionen. Deutschland liegt im Zentrum der Verbreitung der Art und besitzt daher eine

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hohe Verantwortung für die angestrebte Vernetzung ten 2007 und 2008 durch die Technische Universität der Randpopulationen. In Westdeutschland kommt der München (Lehrstuhl für Angewandte Zoologie) und Eremit* überwiegend nur noch in kleinen, inselartig durch das Natura 2000 Team Oberbayern. Im Bereich verstreuten Restpopulationen vor; flächige Verbrei- des Kapuzinerhölzls erfolgten in den letzten Jahren tungsmuster finden sich, mit Ausnahme des Hoch- mehrere Untersuchungen durch verschiedene Institu- spessarts, ausschließlich im Osten Deutschlands. Der tionen, ohne dass ein Eremitenvorkommen lokalisiert Eremit* ist ein Strukturspezialist und besiedelt vor al- werden konnte. Das FFH-Gebiet beherbergt ein isolier- lem großvolumige Höhlen in lebenden Laubbäumen. tes Eremitenvorkommen und muss durch Erhaltungs- Er ist Schirmart für eine Vielzahl weiterer hochgradig maßnahmen gestützt werden. gefährdeter Vogel-, Fledermaus- und Insektenarten. In Bayern besiedelt der Eremit* hauptsächlich Eichen, Die Bewertung des Erhaltungszustandes des Eremiten Linden, Rotbuche und Weide. Er ist in Bayern bis circa fußt auf den Parametern Population, Habitatqualität 600 m ü.NN nachgewiesen. Bevorzugte Habitate sind und Beeinträchtigungen. Während die Beeinträchtigun- neben Waldbeständen mit Biotoptradition und hohen gen auf Grund der Entnahme oder baumpflegerischer Umtriebszeiten alte Hutewaldreste, Kopfbaumbestän- Eingriffe an potentiellen Brutbäumen als nicht gravie- de, Alleen und Parkanlagen sowie alte Solitärbäume. rend eingestuft und mit gut bewertet wurden, wurden Die Imagines leben zusammen mit den Larven vergan- die übrigen beiden Parameter als schlecht eingestuft. gener Generationen im Brutbaum und vermehren sich Gesamturteil schlecht des Erhaltungszustandes führt dort. Sie zeigen nur geringe Ausbreitungstendenz. Be- daher zu der Einschätzung, dass es sich um eine rezes- obachtungen lassen vermuten, dass „Eremitenbäume“ sive Population, bzw. isolierte Teilpopulation des Ere- so lange von der Art besiedelt werden, bis negative Fak- miten handelt. Sie ist als Überhangpopulation zu be- toren ein Leben im Baum nicht mehr möglich machen. trachten, die mittelfristig vom Aussterben bedroht ist, Brutbäume werden also jahrzehntelang, vielleicht ein wenn nicht Erhaltungsmaßnahmen ergriffen werden Jahrhundert oder länger, von vielen Käfergenerationen (Bußler 2010). genutzt (Schaffrath 2003). Die Larven ernähren sich von morschen, verpilzten Holzpartien, daneben von orga- nischen Resten in der Baumhöhle. Nach Ranius (2000) Maßnahmenplanung für den Nymphen - sind mindestens 1000 Individuen aller Altersstufen für burger Schlosspark im Rahmen des FFH- eine überlebensfähige Population notwendig. Die Managementplans durchschnittliche Individuenzahl aller Entwicklungssta- dien je Brutbaum liegt nach Schaffrath 2003 bei ca. 100. Die Hauptaufgabe des Managementplans ist es, die not- Die Art und ihre Lebensstätten sind nach BNatSchG be- wendigen Erhaltungs- und ggf. Wiederherstellungsmaß- sonders streng geschützt. nahmen zu beschreiben, die für die Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Gebiet vorhan- Der Eremit* wurde im Bereich der Nymphenburger denen Anhang I-Lebensraumtypen und Anhang II-Ar- Allee dreimal in Winterlinde nachgewiesen (ASK/LfU). ten der FFH-RL erforderlich sind. Gleichzeitig soll der Weitere Nachweise bis 2006 sind nicht dokumentiert. Managementplan Möglichkeiten aufzeigen, wie die Aktuelle Nachweise des Eremiten im FFH-Gebiet erfolg- Maßnahmen gemeinsam mit den Kommunen, Eigentü- mern, Flächenbewirtschaftern, Fachbehörden, Verbän- den, Vereinen und sonstigen Beteiligten im gegenseiti- gen Verständnis umgesetzt werden können. Der Managementplan hat nicht zum Ziel, alle naturschutz- bedeutsamen Aspekte im FFH-Gebiet darzustellen, son- dern beschränkt sich auf die FFH-relevanten Inhalte. Über den Managementplan hinausgehende Ziele wer- den gegebenenfalls im Rahmen der behördlichen oder Verbands-Naturschutzarbeit umgesetzt. Natürlich gel- ten im FFH-Gebiet alle weiteren gesetzlichen Bestim- mungen, wie z. B. das Wasserrecht, das Baurecht und das Bayerische Naturschutzgesetz, und hier insbeson- dere die Bestimmungen zum §30 BNatSchG und Art. Abbildung 5: Eremit (Osmoderma eremita) (Foto: H. Bußler) 23(1) BayNatSchG.

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Alle geplanten Maßnahmen basieren auf den verbind- de Landschaftsbild der edellaubholzreichen Waldbilder lichen Erhaltungszielen für das FFH-Gebiet; sie sollen im Wechsel mit wiesenreichen Korridoren der Offen- die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines günstigen landschaften bleibt somit grundsätzlich erhalten, die Erhaltungszustandes der im Standarddatenbogen ge- Pflege bedarf aber der Anpassung. nannten Anhang I-Lebensraumtypen bzw. der Habitate der Anhang II-Arten der FFH-Richtlinie gewährleisten. Die konkreten Erhaltungsmaßnahmen sind für die Of- fenlandbereiche und die Waldflächen getrennt zu be- Die folgenden gebietsbezogenen Konkretisierungen trachten. Im Bereich des Offenlandes sollte auf den ma- vom 06.12.2006 sind zwischen Naturschutz-, Forst- und geren Flachland-Mähwiesen (LRT 6510) auf Grund der Wasserwirtschaftsbehörden abgestimmt: schleichenden Verschlechterung der Habitatstruktur • Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Labkraut-Ei- und des Arteninventars zumindest in großen Teilen die chen-Hainbuchen–Wälder (Galio-Carpinetum) in ih- Mulchung zu Gunsten einer Mähgutentfernung aufge- rer naturnahen Struktur, ihrem Laubholzanteil sowie geben werden. Um den Erhaltungszustand der mage- einem ausreichenden Anteil an starkem, auch stehen- ren Flachland-Mähwiesen mit ihrem Nährstoffhaushalt, dem Totholz und Höhlenbäumen. ihrer Struktur und ihren charakteristischen und wertge- • Erhalt der Populationen des Eremiten* (prioritär). Er- benden Arten im Nymphenburger Park zu gewährleis- halt bzw. Wiederherstellung eines dauerhaft hohen ten, ist daher die Einführung einer zeitlich möglichst Angebotes starker Altbäume (v. a. Eichen und Lin- gestaffelten ein- bis zweischürigen Mahd mit Mähgut- den) mit Baumhöhlen, insbesondere großen Mulm- abfuhr von Bedeutung. Der Abtransport ist dem Mul- höhlen einschließlich anbrüchiger Bäume als uner- chen vorzuziehen, um den Stickstoffeintrag durch das setzlichem Lebensraum der Eremiten-Larven. liegengebliebene Mähgut zu unterbinden und nicht zu- • Erhaltung bzw. Wiederherstellung der mageren letzt die reiche Kleintierfauna zu erhalten. Arens (1976) Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sangui- geht von einer beträchtlichen, düngenden Wirkung des sorba officinalis) mit ihrem charakteristischen Nähr- Mähguts aus (Stickstoff-Nachlieferung). Weller (1971) stoffhaushalt, ihrer Struktur und ihren Arten, auch als weist sogar auf die Gefahr erhöhter Stickstoffauswa- Blütenangebot für holzbewohnende Käferarten. schung unter gemulchten Parzellen hin.

Zur Ableitung des notwendigen bzw. wünschenswer- Die vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen geeig- ten Handlungsbedarfs im Rahmen der Management - net, den hervorragenden Zustand der mageren Flach- planung sind zunächst die bisher durchgeführten Maß- land-Mähwiesen zu erhalten und bereichern darüber nahmen im Bereich des Nymphenburger Parks zu hinaus die Standortsqualität durch das hohe Blütenan- beleuchten. Diese bestehen im Einzelnen aus: gebot für Insekten, insbesondere für relevante holzbe- • regelmäßige Pflege der Waldflächen im Schlosspark wohnende Käferarten, die für das FFH-Gebiet von gro- durch die Parkverwaltung mit dem Ziel, den Charak- ßer Bedeutung sind. ter des Parks zu erhalten bzw. an seine ursprüngli- che Form anzugleichen Für den Erhalt der Kalkmagerrasen (LRT 6210) sollte • Mahd der Grünflächen (ein- bis zweischürig, Mul- (weiterhin) eine Mahd (zweischürig, mit Mähgutabfuhr) chung) im Schlosspark durch die Parkverwaltung durchgeführt werden. Analog zu den Flachland-Mähwie- • Maßnahmen der Verkehrssicherungspflicht sen ist eine zeitliche Staffelung der Mahd wichtig. • Kartierung des Gesundheitszustandes der Alteichen im Schlosspark sowie im Kapuzinerhölzl 2003 durch Die Waldflächen des Lebensraumtyps 9170 (Labkraut- die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirt- Eichen-Hainbuchenwald, Galio-Carpinetum) weisen ein schaft deutliches Defizit im Bereich des Totholzanteils sowie des in der Vorausverjüngung befindlichen Anteils an Die Wiesen des Schlossparks werden durch die Baye- Eichen auf. Diese wird konkret von dem hohen Anteil rische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten an Esche in der nachwachsenden Baumschicht be- und Seen als ein- bzw. zweischürige Mähwiesen exten- droht. Daraus werden die folgenden notwendigen Er- siv genutzt. Das Mähgut wurde bislang nur teilweise ent- haltungsmaßnahmen abgeleitet: fernt. Das für den Nymphenburger Schlosspark prägen- • Erhöhung des Totholzanteils durch gezieltes Belas- sen absterbender oder toter Bestandsmitglieder, so- weit es die Anforderungen des Denkmalschutzes * Prioritäre Art bzw. prioritärer Lebensraum und der Erholungsnutzung zulassen

LWF Wissen 68 53 Der Schlosspark Nymphenburg als Teil eines Natura 2000-Gebietes

• Gezielte Erhöhung des Eichenanteils in der natürli- Literatur: chen Vorausverjüngung. Hierzu sollte ggf. auf die künstliche Einbringung unter lichtem Schirm im Rah- AELF Ebersberg (2012): Managementplan für das FFH-Gebiet Nymphenburger Park mit Allee und Kapuzinerhölzl (Stand De- men der Pflanzung bei Bedarf mit Verbissschutz zu- zember 2011), in Vorbereitung rückgegriffen werden. Arens, R. (1976): Die Vegetationsentwicklung auf Brachflächen Wie oben dargestellt, ist der Erhaltungszustand der und Möglichkeiten ihrer Steuerung durch technische Maßnah- men. Bayer. landwirtsch. Jb.53 (6): 732–738. FFH-Anhang II-Art Eremit* als schlecht zu bewerten, ebenso die Qualität seines Habitats im Nymphenbur- Bußler, H. (2010): Fachbeitrag Eremit (Osmoderma eremita) im ger Schlosspark. Für die Wiederherstellung eines güns- FFH-Gebiet 7834-301 „Nymphenburger Park mit Allee und Ka- tigen Erhaltungszustandes der Eremitenpopulation im puzinerhölzl“. Freising; LWF, unveröffentlichter Bericht (6 S.)

FFH-Gebiet sind umgehend die folgenden, notwendi- Ranius, T. (2000): Minimum viable metapopulation size of a gen Erhaltungsmaßnahmen einzuleiten: beetle, Osmoderma eremita, living in tree hollows. Animal Con- • Konsequente Sicherung der markierten Habitatbäume servation, the Zoological Society of London, Zoological Socie- • Erhaltung oder Vorbereitung potentiell geeigneter ty 3: 37–43. Bestände (oder Einzelbäume) als Habitate Schaffrath, U. (2003): Zur Lebensweise, Verbreitung und Gefähr- • Gewährleistung der Nachhaltigkeit von Eichen und dung von Osmoderma eremita (Teile 1 + 2). Philippia 10(3): 157– Winterlinden im Gebiet 248 und 10(4): 249–336. • Förderung der Vitalität der Habitatbäume durch Weller, F. (1971): Nitrate in Böden unter Intensivkulturen. Hohen- angemessene Freistellung von Bedrängern. Gegebe- heimer Arb., 58: 50–55. nenfalls Wiederherstellung einer sicheren Baum statik durch Kroneneinkürzung bis zum Kopfbaumschnitt unter Beachtung der Habitatansprüche des Eremiten Keywords: Natura 2000, Nymphenburger Park, manage- und der Baumbiologie hinsichtlich Schnittmonat, ment planning, habitat types Schnittansatz in der Krone und Schnittführung Summary: The Nymphenburg Park is part of the European biotope-system Natura 2000. Against this background, Zusammenfassung und Ausblick typical habitat types and species in accordance to the Fauna-Flora-Habitat-guidelines are protected in order to Der Nymphenburger Schlosspark stellt in seiner gegen- preserve or re-establish their advantageous status of wärtigen Form eine vielgestaltige und ökologisch wert- preservation. The present article focuses on the results of volle Ansammlung von Lebensräumen dar, die einer the necessary management planning as well as the derived Vielzahl von Ansprüchen gerecht werden. Neben den measures. In the open areas of the park, mainly meager naturschutzfachlichen und denkmalpflegerischen Auf- varieties of lowland-meadow, and lime-grassland are inves- gaben spielt die Erholungsnutzung eine große Rolle. tigated. They will be protected by consequent mowing and Die am FFH-Managementplan orientierten Pflege- und the removal of the cut grass. The vast forest areas, mainly Erhaltungsaktivitäten der Bayerischen Schlösserverwal- comprised of nature-close oak-hornbeam-forests, show tung erweisen sich dabei als Garant für die gelungene deficits in the context of their quantity of dead timber. Fur- Sicherung dieser Funktionsfülle. thermore they are menaced by the increasing amount of ash trees in their rejuvenation phase. Corresponding count- Die geplante, schrittweise Auflichtung eines Teils der er-action is presented in this article. The population of the momentan dichten Waldflächen zur Erzielung einer his- confirmed eremite beetle is menaced by distinction. In or- torisch überlieferten, lichteren Waldstruktur steht die- der to ensure its preservation, measurements to improve ser Feststellung prinzipiell nicht entgegen. In diesem and conserve its habitat are presented. Zusammenhang erscheint es als wichtig, die notwendi- ge Anreicherung der Waldbestände mit Totholz sowie die Sicherung des notwendigen Eichenanteils von vor- ne herein zu berücksichtigen. Dies kann nur gelingen, wenn die geplanten Schritte langfristig, waldschonend und die natürliche Wuchsdynamik der Waldflächen be- achtend unternommen werden. * Prioritäre Art bzw. prioritärer Lebensraum

54 LWF Wissen 68 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg Dennis Herbig und Roland Gerstmeier

Schlüsselwörter: Stadtbiotope, Stadtparks, Insektenfau- Die wildlebende Fauna im urbanen und suburbanen na, Artenvielfalt, Käfer, Wanzen, Netzflügler Raum ist bisher vergleichsweise selten untersucht wor- den. Gegenstand ökologischer Studien sind meist Wäl- Zusammenfassung: In den Jahren 2007 und 2008 wurden der, Offenlandbiotope und Flussauen als Lebensräume im Rahmen des „Münchner Stadtparkprojekts“ (Lehrstuhl mit großer Naturnähe. Doch gerade im Stadtgebiet fin- für Tierökologie, TU München) umfassende entomolo- den wir häufig ein Mosaik von Klein- und Kleinstlebens- gische Untersuchungen in der Krone von Stieleichen im räumen, welche durchaus wertvolle Artengemeinschaf- Nymphenburger Schlosspark und sechs weiteren städti- ten beherbergen, die es zu schützen gilt (StMUGV 2004). schen und stadtnahen Grünflächen durchgeführt. Die Er- Natur kann im Siedlungsraum allgegenwärtig sein, wird geb- nisse dieser Studie verdeutlichen den naturschutzfach - aber von den meisten Menschen nicht bewusst wahr- lichen Wert großflächiger Stadtparks mit naturnahen genommen. Grünflächen, Gärten und Parks in der Stadt Gehölzbeständen. Diese weisen in Bezug auf Insekten bieten hervorragende Möglichkeiten die Natur zu erle- nicht nur eine bemerkenswert hohe Biodiversität auf, son- ben. Ein Park ist eine grüne Oase mitten in der Groß- dern zeigen zum Teil auch Refugialcharakter für eine Viel- stadt mit besonderen Nutzungskonflikten zwischen den zahl gefährdeter Insektenarten. Dies gilt insbesondere auf Ansprüchen der städtischen Bevölkerung und Natur- Flächen mit langzeitiger und ungebrochener Standorttra- schutzzielen. Allerdings kam man vielerorts zu der Ein- dition, wie es im Nymphenburger Schlosspark der Fall ist. sicht, dass Siedlungsgrün nicht ausschließlich unter ei- Optimierung und konsequente Anwendung bewährter nem ökonomischen Druck stehen muss und zumindest Pflegekonzepte können für die Kontinuität der Habitat - ein Teil der Siedlungsfläche problemlos naturnah ge- tradition auf solchen Grünflächen sehr förderlich sein. Sie staltet werden kann. tragen damit zum Erhalt der Biodiversität und speziell auch besonders anspruchsvoller und gefährdeter Arten im Stadtbereich bei. München – Ein Raum hoher Artenvielfalt

Zum Artenbestand Münchens erfolgten in den vergan- genen Jahren umfangreiche Datenerhebungen insbe- Stadtbiotope sondere im Rahmen der Erstellung des Arten- und Bio- topschutzprogramms (ABSP) für den Münchner Auch wenn die Ausdehnung des Siedlungsraumes Stadtbereich (StMUGV 2004). Die daraus gewonnenen nach wie vor eine Bedrohung für die Biodiversität dar- Erkenntnisse konnten durch das „Münchner Stadtpark- stellt, vor allem wenn naturnahe Lebensräume zerstört projekt“ (Lehrstuhl für Tierökologie, TU München) er- werden, sind Siedlungen weit mehr als Friedhöfe der weitert werden. Während dieser Studie wurden in den Natur (Klaus 2003). Mehrere seit den 1980er Jahren Jahren 2007 und 2008 insgesamt sieben städtische und durchgeführte Untersuchungen haben gezeigt, dass in stadtnahe Grünflächen bzw. Parks hinsichtlich ihrer In- Städten eine charakteristische Lebensgemeinschaft von sektenfauna untersucht: Pflanzen und Tieren lebt. Oftmals wird dabei die Rolle • Gelände der Bundesgartenschau 2005, der Tiere in urbanen Ökosystemen gegenüber der von Riemer Landschaftspark Pflanzen unterschätzt. Letztere haben zwar deutlich • Gelände der Internationalen Gartenschau 1983, mehr Biomasse, jedoch ist die Artenzahl im Vergleich Westpark zu Tieren wesentlich geringer. Daraus ergibt sich eine • Nord, Hirschau /Aumeister beachtliche Vielfalt an Beziehungen zwischen Tier und • Nymphenburger Schlosspark Mensch in der Stadt (Klausnitzer 1993). • Fasanerie, Naturwaldreservat Korbinianiwald • Eichelgarten, Forstenrieder Park • Olympia-Regattastrecke von 1972, München - Oberschleißheim

LWF Wissen 68 55 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Zur Erfassung der Insektenfauna kamen Kreuzfenster- München liegt in einem Bereich mit bemerkenswerter fallen (installiert mit einer modifizierten Armbrust) in Biodiversität, die durch das Aufeinandertreffen von Le- jeweils zwölf Stieleichenkronen (Quercus robur) zum bensräumen sehr verschiedenen Charakters und Arten Einsatz (Abbildung 1). Die Stieleiche ist in vielen unterschiedlicher Herkunft zustande kommt. In Mün- Münchner Stadtparks anzutreffen und steht seit vielen chen kommen teilweise über 50 % aller in Bayern ver- Jahren im Fokus des Naturschutzes (Bolz 1999, Treiber tretenen Arten vor und pflanzen sich im Stadtgebiet 2003), u. a. wegen der reichhaltigen Insektenfauna und auch fort (Bräu 2006). einer großen Zahl von Rote Liste-Arten, denen sie als Habitat bzw. Nahrungsgrundlage dient. Keine andere heimische Baumart besitzt mit 70 % ein größeres Spek- Insektenvielfalt des Nymphenburger trum heimischer xylobionter Käferarten (Ammer 1991, Schlossparks Southwood 1961). Die Ergebnisse des „Münchner Stadtparkprojekts“ er- weitern die bereits vorliegenden Erkenntnisse zum Ar- tenbestand von Käfern, Landwanzen und Netzflüglern im Münchner Stadtgebiet. Welchen Beitrag groß - flächige Stadtparks bezüglich Erhalt und Förderung von Biodiversität leisten können, soll anhand der Kä- fer-, Wan zen- und Netzflüglerfänge im Nymphenburger Schlosspark aufgezeigt werden.

Hier ergaben sich einige interessante Ergebnisse, wo- bei sich die Insektenvielfalt des Schlossparks nicht nur durch die Anzahl nachgewiesener Arten, sondern auch durch eine entsprechend hohe Aktivitätsdichte (Zahl der Individuen, die in einer bestimmten Zeit aktiv oder passiv in die Kreuzfensterfalle gelangen) zumindest bei den Wanzen und Käfern verdeutlichen lässt. Sie stellen im Schlosspark die dritt- und vierthöchste Aktivitäts- dichte aller gefangenen Insekten (Abbildung 2).

4.000

3.500

3.000

2.500

Aktivitätsdichte 2.000

1.500

Abbildung 1: Kreuzfensterfalle in einer Baumkrone und 1000 umgebaute Armbrust zur Installation von Seilzugsystemen 500 in Baumkronen (Fotos: R. Gerstmeier) 0 Käfer Diverse Zikaden Wanzen Staubläuse Netzflügler Zweiflügler Nach aktuellem Bearbeitungsstand liegen Artbestim- Hautflügler Pflanzenläuse mungen für die Insektengruppen Käfer, Wanzen und Schmetterlinge Netzflügler vor. In Eichenkronen des Münchner Raums Abbildung 2: Aktivitätsdichten erfasster Insektengruppen konnten 644 Käferarten (105 Rote Liste-Arten), 135 Wan- im Nymphenburger Schlosspark. Ausgeschlossen wurde zenarten (18 Rote Liste-Arten) und 40 Netzflüglerarten die Gruppe der Thysanopteren, von denen im Mai 2008 in allen Versuchsfallen im Münchner Raum massenhaft (fünf Rote Liste-Arten) nachgewiesen werden. In Bezug Exemplare gefangen wurden. auf Käfer, Wanzen und Netzflügler ist die generelle Da- tenlage bzw. der Erfassungsgrad des Arteninventars im Münchner Raum jedoch immer noch als mager einzu- schätzen (StMUGV 2004).

56 LWF Wissen 68 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Olympia-Regattastrecke NWR Fasanerie

Artenzahl RL-Arten Artenzahl RL-Arten 287 24 286 59 57 5 50 5 19 1 19 4

Englischer Garten Nymphenburger Schlosspark Artenzahl RL-Arten Artenzahl RL-Arten 217 32 208 30 51 4 51 7 19 2 26 4

Riemer Landschaftspark NSG Eichelgarten Artenzahl RL-Arten Artenzahl RL-Arten 234 14 234 35 Westpark 77 5 39 6 Artenzahl RL-Arten 12 1 20 3 142 13 59 4 16 2

Abbildung 3: Verteilung der Versuchsflächen des „Münch- ner Stadtparkprojekts“ im Münchner Raum unter Angabe der auf der jeweiligen Fläche nachgewiesenen Gesamt - artenzahl und der Anzahl nachgewiesener Rote Liste-Arten Nymphenburger Schlosspark – ein Refugium für die Insektengruppen Käfer, Wanzen und Netzflügler. für bedrohte Arten

In den Jahren 2007 und 2008 konnten im Nymphenbur- burger Schlossparks zählen – meist einen besonderen ger Schlosspark insgesamt 208 Käferarten (30 Rote Lis- Artenreichtum aufweisen. Dies insbesondere, wenn be- te-Arten), 51 Landwanzenarten (sieben Rote Liste-Ar- stimmte Totholzstrukturen durchgängig vorhanden wa- ten) und 26 Netzflüglerarten (vier Rote Liste-Arten) ren (Bußler & Loy 2004, Müller et al. 2005). Ein Stadtpark nachgewiesen werden (Abbildung 3). hat zudem den Vorteil, dass er anders als ein Wirt- schaftswald unter einem nur geringen bzw. gar keinem Als eine der ältesten Parkanlagen Münchens blickt der ökonomischen Druck steht. Dies ermöglicht potentiell Schlosspark auf eine lange Standorttradition zurück. ein Überleben vieler an Alt- und Totholz gebundener Hier sind immer noch großflächig Reste der ehemali- und zum Teil stark gefährdeter Insektenarten. Dem gen Münchner Lohwälder besonders gut erhalten Schutz und Erhalt solcher Arten im Siedlungsraum steht (Gerstmeier et al. 2008), welche noch im Jahr 1768, als hauptsächlich die Verkehrssicherungspflicht der Ge- der Schlosspark bereits existierte, einen zusammenhän- meinden bzw. Parkverwaltungen im Wege. Viele alte genden Lohwaldgürtel im Nordwesten von München Bäume fallen diesen teilweise hohen Anforderungen bildeten. Teile der Eichenbestände des Schlossparks im Stadtgebiet zum Opfer. sind zudem auch als ehemals mit den Wäldern des Münchner Südens verbundene, alte Waldstandorte an- Der Nymphenburger Schlosspark gilt als landesweit zusehen. wichtiger Lebensraum mit einem lokal bedeutsamen Artenvorkommen. Die Ergebnisse des „Münchner Es ist bekannt, dass alte Waldstandorte mit über lange Stadtparkprojekts“ bestätigen ferner den Wert dieses Zeiträume ungebrochener Biotoptradition – dazu kann Standortes als eine Art „Innenstadtrefugium“ für gefähr- man die großflächigen Gehölzbestände des Nymphen- dete bzw. auch stark gefährdete Insektenarten.

LWF Wissen 68 57 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Art RL-BY (2003) RL-D (1998) Allecula morio 3 3 Amarochara bonnairei 3 2 Ampedus nigroflavus 3 3 Brachygonus dubius 2 1 1 Brachygonus megerlei 2 2 Choleva spadicea 1 3 3 Colydium elongatum 1 2 3 Corticaria abietorum 3 3 Dromaeolus barnabita 2 2 Euglenes oculatus 3 2 Gastrallus laevigatus 2 2 Globicornis nigripes 1 3 3 Halyzia sedecimguttata 3 3 Haploglossa marginalis 3 Ischnomera caerulea D 3 Megatoma undata 3 3 Metoecus paradoxus 1 3 3 Mordella aculeata 3 3 Nacerdes carniolica 3 3 Orthoperus nigrescens 2 Osmoderma eremita 2 2 2 Pachnephorus pilosus 1 1 2 Phaeochrotes cinctus 3 3 Phloiotrya rufipes 1 3 3 Protaetia lugubris 2 2 Quedius aridulus 3 3 Rhacopus sahlbergi 1 1 Ropalopus femoratus 3 3 Taphrorychus villifrons 2 Tillus elongatus 3 Galeatus maculatus 1 1 Orius horvathi R Pinalitus viscicola 1 R Psallus cruenatus 2/3 Reuteria marqueti R Phaeostigma major 3 3 Subilla confinis 2 G Sympherobius pygmaeus 3

Tabelle 1: Liste der im Nymphenburger Schlosspark nach - 1 exklusiv im Nymphenburger Schlosspark nachgewiesene Art gewiesenen Rote Liste-Arten (Rote Liste für Bayern 2003 2 Urwaldreliktart und Deutschland 1998) für Käfer, Wanzen und Netzflügler (1= vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; R = ex- trem seltene Arten und Arten mit geographischen Restriktionen; G = Ge- fährdung anzunehmen, aber Status unbekannt; D = Daten defizitär)

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Der Schlosspark scheut dabei in Bezug auf die in ihm Blattkäferart Pachnephorus pilosus – wurden zudem ex- lebende Artenvielfalt an Käfern, Wanzen und Netzflüg- klusiv im Nymphenburger Schlosspark gefangen (Ta- lern auch nicht den Vergleich mit dem als Hotspot für belle 1). xylobionte Käfer und „Urwaldreliktarten“ deutschland- weit bekannten Naturschutzgebiet Eichelgarten im Fors- Aus der Liste gefährdeter Käferarten im Schlosspark ste- tenrieder Park und sogar dem als relativ naturnah gel- chen besonders die Funde zweier „Urwaldreliktarten“ tenden Naturwaldreservat Fasanerie im Korbinianiholz heraus. Das Vorkommen des Eremiten oder Juchtenkä- kann er standhalten. Das Naturwaldreservat kann hier fers (Osmoderma eremita) (Abbildung 4) ist für den nur bei den Rote Liste-Käferarten punkten. Dies bestä- Nymphenburger Schlosspark bereits seit längerem tigt ferner die Naturnähe seiner Gehölzbestände. (1976) bekannt (Kühbandner, pers. Mitt.), wurde jedoch in letzter Zeit angezweifelt. Zudem wurde der Eremit In Bayern befassen sich nur sehr wenige Entomologen 1991 in Linden der südlichen Auffahrtsallee (nach mit der Gruppe der Netzflügler. Daher ist auch der Wis- Baumsanierungsarbeiten) nachgewiesen (Kühbandner, sensstand um diese Insektengruppe im Münchner pers. Mitt.). Mit Brachygonus dubius aus der Familie der Raum als relativ gering einzustufen. Einen ersten Ein- Schnellkäfer gelang der Nachweis einer zweiten Ur- blick in das Arteninventar an Netzflüglern in Münchner waldreliktart in Nymphenburg. Das bisher unbestätig- Stadtparks bietet Gruppe (2007 a). Während seiner Un- te Vorkommen dieser seltenen Käferart im Schlosspark tersuchungen an Ulmen im Englischen Garten fand er konnte somit bestätigt werden. insgesamt 21 Netzflüglerarten (zwei Rote Liste-Arten). Im Rahmen des „Münchner Stadtparkprojekts“ konnte im Nymphenburger Schlosspark mit 26 Netzflügler - arten die höchste Artenzahl auf den im Münchner Raum untersuchten Flächen nachgewiesen werden. Auch im Naturwaldreservat Fasanerie und im Natur- schutzgebiet Eichelgarten wurden weniger Arten gefan- gen (Abbildung 3). Unter diesen 26 Arten befanden sich vier Rote Liste-Arten, z. B. die stark gefährdete Ka- melhalsfliege Subilla confinis (Tabelle 1). Diese Zahlen gewinnen jedoch erst an Bedeutung, wenn man sie mit den Fangzahlen aus Studien in Laubwäldern außerhalb des Stadtbereichs vergleicht (Gruppe & Schubert 2001: 25 Arten; Gruppe 2007b: 24 Arten; Gruppe & Müller 2007: Abbildung 4: Osmoderma eremita - Der Eremit aus der 32 Arten). Hier wird wiederum der vergleichsweise na- Familie der Blatthornkäfer – Urwaldreliktart und prioritäre turnahe Zustand des Nymphenburger Schlossparks Käferart der Anhänge II+IV der FFH-Richtlinie (Foto: M. Müller) deutlich, er weist im Vergleich zu naturnahen Laubwäl- dern ähnlich hohe Artenzahlen auf.

Die Gruppe der Käfer, insbesondere der xylobionten Beide Arten repräsentieren die besonders bedrohte An- Käfer, enthält eine Vielzahl von Indikator- bzw. Zeiger- spruchsgilde der Mulmhöhlenbewohner, deren Brut- arten u. a. für den Naturnähegrad und die Strukturqua- bäume eine lange Entwicklung durchlaufen müssen, lität eines Standortes. Dabei wurden für den Schloss- um geeignete Habitatstrukturen zu entwickeln. Zur Lar- park samt Lindenallee am Nymphenburger Kanal valentwicklung sind sie auf großvolumige Mulmhöhlen bisher drei stark gefährdete und eine gefährdete Käfer- alter Laubbäume angewiesen (bevorzugt in alten Ei- art nachgewiesen (StMUGV 2004). Die systematischeren chen) (Ranius et al. 2005), wobei insbesondere der Ere- Erhebungen zum „Münchner Stadtparkprojekt“ dage- mit wärmebegünstigte und sonnenexponierte Bereiche gen erbrachten für dieses Gebiet drei vom Aussterben bevorzugt. Solche Strukturgegebenheiten können sich bedrohte (RL 1), 23 gefährdete und stark gefährdete ausschließlich an Standorten entwickeln, an denen ei- (RL 2 und 3) sowie drei nur auf der Roten Liste ne über lange Zeiträume ungebrochene Biotoptraditi- Deutschland (1998) geführten gefährdete und stark on bzw. Altbaumtradition gegeben ist (Müller et al. 2005, gefährdete Käferarten. Sechs dieser Rote Liste-Arten – Bußler 2009). Diese Voraussetzungen finden sich jedoch unter ihnen die in Bayern vom Aussterben bedrohte bedauerlicher Weise nur noch an wenigen Stellen im

LWF Wissen 68 59 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Münchner Stadtgebiet (z. B. Nymphenburger Schloss- dachter Maßnahmen, wie z. B. eine Induktion zur Mulm- park, Allacher Lohe und nördlicher Teil des Englischen höhlenbildung in Alleebäumen und jüngeren Gehölzen Gartens). Den meisten Münchner Parks fehlt es an ge- (Schmidl 2003) und/oder die Installation künstlicher eigneten Altersstrukturen bzw. auch an der nötigen na- Brutkästen für Mulmhöhlenbewohner (Jansson 2009). türlichen Baumartenzusammensetzung. Der Große Rosenkäfer (Protaetia aeruginosa) konnte Der Anspruch an eine langzeitige Habitattradition gab 2007 und 2008 nur im Naturwaldreservat Fasanerie und u. a. Anlass dazu, den Eremiten als prioritäre Käferart nicht im Nymphenburger Schlosspark nachgewiesen der Anhänge II + IV der FFH-Richtlinie auszuweisen und werden, obwohl er sehr ähnliche Habitatansprüche im Zuge dessen auch den Nymphenburger Schlosspark stellt und häufig mit Brachigonus dubius und Osmoder- in das NATURA 2000-Netz aufzunehmen. ma eremita vergesellschaftet lebt. Seine Larven dringen jedoch teilweise bis in die Totholzäste des Wipfelbe- Der Erhalt der Überlebensfähigkeit der Nymphenbur- reichs alter Bäume vor. Larven des stark gefährdeten ger Eremitenpopulation ist jedoch auf Grund der räum- Schnellkäfers Procraerus tibialis wurden in jüngerer lichen Trennung des Nymphenburger Schlossparks von Zeit im direkt nördlich an den Nymphenburger Schloss- anderen passenden Gehölzbiotopen als sehr fraglich park angrenzenden Kapuzinerhölzl an Eichen gefun- einzustufen, auch wenn lokale Populationen einige den. Diese Käferart lebt in anbrüchigen Stämmen, Äs- Jahrzehnte überleben können (Hanski et al. 1996). Da sie ten und im Faulholz von Baumhöhlen welches bereits häufig nur sehr geringe Ausbreitungstendenzen zeigen, von anderen Insekten zerfressen wurde. All diese Struk- sind insbesondere Lokalpopulationen von Mulmhöh- turen finden sich im Schlosspark. Daher ist es wahr- len- bzw. Altholzbewohnern (wie z. B. der Eremit) von scheinlich, dass diese Art auch dort vorkommt. Isolations- bzw. bottleneck-Effekten betroffen. Um neue Brutbäume zu besiedeln, können sie meist nur Stre- Weitere fehlende prominente Käferarten im Nymphen- cken von wenigen 100 Metern zurücklegen (Hedin et al. burger Schlosspark sind Hirschkäfer (Lucanus cervus) 2008). Fehlen entsprechende Ausweichhabitate in der und Großer Eichenbock (Cerambyx cerdo). Für den näheren Umgebung, ist das Aussterben der lokalen Po- Hirschkäfer liegen nur historische Nachweise vor, so pulation über kurz oder lang unausweichlich (Ranius dass er heute als verschollen gelten kann. Der Große 2000). Im Vergleich zu Wirtschafts- und Naturwäldern Eichenbock wurde nach unserem Wissen nie im Nym- sind gerade in den Stadtparks, mit ihren zumeist gerin- phenburger Schlosspark nachgewiesen. gen Flächen, viele gefährdete Arten von dieser Verin- selungsproblematik betroffen. Um dieser entgegenzu- Neben diesen bemerkenswerten Netzflügler- und Käfer- wirken, verfolgt das Arten- und Biotopschutzprogramm funden, weist Nymphenburg auch eine reichhaltige für die Stadt München u. a. das Ziel die Vernetzung der Wanzenfauna auf. Dennoch wird der Schlosspark ge- Münchner Stadtbiotope zu fördern bzw. wiederherzu- genwärtig – wohl auf Grund des eher schlechten Erfas- stellen und sogar Biotope neu zu schaffen. Hier soll auf sungsgrads in diesem Park – nicht zu den bedeutsamen lange Sicht ein Biotopverbund entstehen, der über ei- Lebensräumen für Landwanzen im Münchner Raum ne Vielzahl geeigneter Trittsteinhabitate (u. a. Pflanzung gezählt (StMUGV 2004). Die Wanzenfunde im Rahmen von Alleen an Straßen und Wegen sowie Strukturanrei- des „Münchner Stadtparkprojekts“ legen jedoch nahe, cherung auf bestehenden Grünflächen) größere Grün- diese Einschätzung nochmals zu überdenken. Von den flächen im Stadtgebiet miteinander verbindet (StMUGV bisher für den Münchner Raum bestätigten 153 Land- 2004). Für eine Vielzahl isolierter Lokalpopulationen wanzenarten (StMUGV 2004) konnten in den Eichenkro- werden so eventuell Ausweichhabitate zugänglich, es nen des Nymphenburger Schlossparks etwa ein Drittel kann ein Individuenaustausch stattfinden und damit ih- (davon fünf Rote Liste-Arten) nachgewiesen werden re langfristige Überlebensfähigkeit gewährleistet wer- (Abbildung 3). Zwei dieser Rote Liste-Arten, unter ih- den. Inwieweit diese Maßnahmen auch für die Siche- nen die aus der Familie der Weichwanzen stammende rung der Überlebenschancen extrem anspruchsvoller und in Bayern sehr seltene Art Pinalitus viscicola, wur- und standorttreuer Arten – wie es z. B. viele gefährde- den exklusiv im Nymphenburger Schlosspark nachge- te Totholzkäfer sind – greifen können, bleibt jedoch wiesen. fraglich. Auf lange Sicht ist es wahrscheinlich aber auch bei ihnen möglich, durch Habitatvernetzung eine (Wie- Hinzu kommen zwei weitere bemerkenswerte Wanzen- der-) Vereinigung von bestehenden Teilpopulationen funde. Zum einen ist dies Orius horvathi, eine in Bay- zu bewirken. Es bedarf jedoch des Einsatzes gut durch- ern ebenfalls sehr seltene und zur Familie der Blumen-

60 LWF Wissen 68 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Abbildung 5: Galeatus maculatus aus der Familie der Gitterwanzen – bisher nicht für den Münchner Raum nachgewiesene – 0 mm Rote Liste-Art (Foto: G. Strauß)

– 1 mm

– 2 mm

wanzen gehörende Rote Liste-Art (Tabelle 1). Sie konn- z. B. der Kopfbaumschnitt (Schmidl 2000; Späth & Pell- te in den Jahren 2007 und 2008 in verschiedenen Berei- kofer 2007) und das rechtzeitige Heranziehen von Nach- chen des Schlossparks nachgewiesen werden. Zuletzt wuchs-Altbäumen zur langfristigen Sicherung geeigne- wurde ihr Vorkommen im Münchner Raum vor ca. ter Brutbäume für die zumeist seltene Totholz käfer- 60 Jahren bestätigt (Bühlmann 1948 und v. Rosen in Hüt- fauna (StMUGV 2004) sind der Fachwelt bereits seit ei- her 1951). Die zweite bemerkenswerte Landwanzenart nigen Jahren bekannt. Zudem sollte der zunehmenden ist Galeatus maculatus (Abbildung 5). Sie gehört zur Verschattung von Gehölzen entgegengewirkt werden, Familie der Gitterwanzen und ist eng an ihre Wirtspflan- wie z. B. durch Freistellung von Altbäumen (in erster ze, das kleine Habichtskraut (Hieracium pilosella) ge- Linie Alteichen), was einen langfristigen Erhalt gerade bunden. Für den Münchner Raum fehlte bisher der der zumeist stark gefährdeten, wärmeliebenden Holz- Nachweis für diese bayernweit als extrem selten einzu- käferfauna gewährleisten könnte. Diese Maßnahmen stufende Art (RL 1). und eine Förderung der Vernetzung im Biotopverbund des Münchner Stadtgebiets könnten u. a. zur Verbesse- rung der nicht gerade günstigen Situation des Eremiten Resümee (Osmoderma eremita) in Bayern beitragen und dabei gleichzeitig die wahrscheinlich einzige Population im Städte bzw. Großstädte beherbergen eine floristische Münchner Stadtraum erhalten (Gerstmeier et al. 2008). und faunistische Vielfalt. Diese wird jedoch im Allge- Neben der Förderung von Altbäumen im Nymphenbur- meinen auf Grund des zumeist geringen Erfassungs- ger Park sollte zudem ein Augenmerk auf die Habitat- zustandes vieler Tier- und Pflanzengruppen stark unter- ansprüche einzelner und extrem seltener Arten, wie schätzt. Insbesondere gilt dies für die größeren Stadt- z. B. der Wanzenart Galeatus maculatus geworfen wer- parks, wie es z. B. der Nymphenburger Schlosspark ist. den. Hier sind für den langfristigen Erhalt der Popula - Die vorgestellten Ergebnisse des „Münchner Stadtpark- tion ein gezieltes Monitoring und die Förderung von projekts“ zeigen jedoch deutlich den Wert solcher sonnigen Magerrasenflächen (in Nymphenburg durch- Parks – insbesondere des Nymphenburger Schloss - aus an vielen Stellen vorhanden) inklusive des kleinen parks – als Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten- Habichtskrauts als Wirtspflanze unabdingbar. arten und zudem als Refugialfläche vieler bedrohter Käfer-, Wanzen- und Netzflüglerarten. Literatur Der Schutz und Erhalt solcher Arten stellt im Siedlungs- raum meist ein Problem dar, weil sie häufig alte, verfal- Ammer, U. (1991): Konsequenzen aus den Ergebnissen der Totholzforschung für die forstliche Praxis. Forstw. Cbl. 110, lende „Baumruinen“ als Lebensgrundlage benötigen. S. 149–157 Viele alte Bäume fallen im Stadtgebiet der Verkehrs - sicherungspflicht zum Opfer. Der Schutz der Parknut- Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Ver- zer steht berechtigterweise im Vordergrund für Parkver- braucherschutz (StMUGV 2004): Arten- und Biotopschutz- programm Bayern – Stadt München. Bayerisches Staatsminis - waltungen, aber es gibt Auswege aus dem Dilemma. terium für Landesentwicklung und Umweltfragen (Hrsg.), Eine Vielzahl von förderlichen Pflegemaßnahmen, wie München.

LWF Wissen 68 61 Die Welt der Insekten an Alteichen im Schlosspark Nymphenburg

Bolz, R. (1999): Mittel- und Hutewälder als ein Leitbild für eine Ranius, T. (2000): Minimum viable metapopulation size of a beet- „natürliche“ Waldform in Mitteleuropa. Natur- und Kulturland- le, Osmoderma eremita, living in tree hollows. J. Anim. Ecol. 3, schaft 3, S. 198–207 S. 37–43

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62 LWF Wissen 68 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks Thomas Grüner

Menschenmassen bevölkern vor allem an schönen Wo- Familie Tauben (Columbidae) chenendtagen den Schlosspark und suchen Erholung bei einem Nachmittagsspaziergang. Die vielen Touris- Hohltaube (Columba oenas) ten die alljährlich das Schloss besuchen haben eher ein Ehemaliger Brutvogel (bis 1956) kulturhistorisches als ein naturkundliches Interesse. Diese Art ist aus dem Park leider verschwunden. Wüst Nur schwer kann man sich dann vorstellen, dass der kannte die Hohltaube noch als regelmäßigen Brutvo- Park eine Bedeutung für die Vogelwelt haben könnte. gel mit bis zu sechs Paaren. Seine letzte Beobachtung Doch wer sich mit der Avifauna des Parks beschäftigt datiert vom 14.04.1956, seitdem wurde sie nicht einmal merkt bald, wie wichtig diese kleine grüne Oase inmit- mehr als Gast registriert. Da die Hohltaube aber ein ten von München für Brut- und Zugvögel ist. Knapp Zugvogel ist und auch regelmäßig in der Münchner Um- zweihundert Vogelarten konnten inzwischen innerhalb gebung brütet, ist es nicht ausgeschlossen, dass künf- der Parkmauern nachgewiesen werden, für ein ca. 187 tig Sichtungen während beider Zugperioden gelingen. ha großes Gebiet in einer Großstadt eine bemerkens- Vielleicht siedelt sie sich sogar wieder als Brutvogel an. werte Anzahl. Dies liegt vor allem daran, dass sich schon in früher Zeit eine Reihe bedeutender Ornitho- logen mit der Avifauna des Parks beschäftigten. Bereits Familie Eulen (Strigidae) 1889 verfasste Hellerer einen sechseinhalb Seiten lan- gen Aufsatz über „Die Vogelwelt im Hofgarten zu Nym- Waldkauz (Strix aluco) phenburg“. Der bekannte Ornithologe Prof. Walter Regelmäßiger Brutvogel Wüst war es, der 1973 die Beobachtungen im Schloss- Der Waldkauz ist die Eule des Parks. Schon Hellerer park in einem 108 Seiten umfassendem Heft über „Die konnte erfolgreiche Bruten in den Jahren 1885–1887 Vogelwelt des Nymphenburger Parks München“ zusam- feststellen. Wüst schrieb 1973, dass der Waldkauz trotz menfasste. 1992 ergänzte er dieses Heft durch einen zeitweiser Verfolgung mit vier bis fünf Exemplaren Beitrag „Neue Vögel des Nymphenburger Parks“ im Or- Standvogel des Parks geblieben ist und hier auch nis- nithologischen Anzeiger. So sind wir heutzutage in der tet. Auch heute noch gelten diese Feststellungen. Die glücklichen Lage, dass aussagekräftiges Material über Käuze können auf eine ganze Schar von Verehrern bli- die Artzusammensetzung und Bestandsentwicklung cken, die sich unter ihren Tageseinständen tummeln der Vogelwelt seit über 120 Jahren aus dem Nymphen- und versuchen den besten Blick zu erhaschen. Ge- burger Schlosspark vorliegt. wöhnlich sieht man sie zwischen Herbst und Frühjahr in den Tageseinständen sitzen. Außerhalb dieser Zeit Neben den allgegenwärtigen Wasservögeln hat der Park eine besondere Bedeutung für Waldvögel. Bereits im Jahr 1804 begann Ludwig von Sckell mit der Umge- staltung des verschnörkelten Kunstgartens in einen na- turnahen Landschaftsgarten. Seit dieser Zeit wurden kaum Veränderungen vorgenommen und es entwickel- te sich ein schöner Baumbestand. Daher konnte sich in den Waldgebieten des Schlossparks eine reichhalti- ge Waldvogelwelt ansiedeln. Im Folgenden werden die Halbhöhlen- und Höhlenbrüter näher betrachtet:

Abbildung 1: 2011 konnte man den Waldkauz an fünf ver- schiedenen Tageseinständen beobachten. (Foto: T. Grüner)

LWF Wissen 68 63 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks

findet man die nachtaktiven Vogel nur ausnahmsweise. Kleinspecht (Dendrocopos minor) Oft erkennt man die Stellen an dem von den Parkbesu- Unregelmäßiger und sehr seltener Brutvogel chern zertrampelten Gras oder Schnee. Am Ende des Sowohl Hellerer (1890) als auch Wüst (1973) vermuten Winters kann man dann in der Abenddämmerung die den Kleinspecht als Brutvogel des Schlossparks, ohne schaurig schönen Balzstrophen hören und bereits Mitte jedoch einen konkreten Nachweis aufführen zu kön- Februar liegen die ersten Eier in der Bruthöhle. Nach nen. Als Gast war der nur sperlingsgroße Specht prak- gut vier Wochen Brutzeit schlüpfen die ersten Jungen tisch regelmäßig anwesend und vor allem im Herbst und ab etwa Mitte April kann man dann mit Glück die und Winter zu beobachten. Da sich der Kleinspecht Ästlinge sehen, wie sie in der Umgebung der Nisthöh- meist im oberen Drittel der Bäume aufhält, ist er wäh- le herumsitzen und -flattern. Kleinvögel und auch der rend des Sommers im dicht belaubten Kronenbereich Eichelhäher hassen auf den Waldkauz, sobald er sich kaum zu entdecken. Nur während des Frühjahrs verrät außerhalb seiner Schlupflöcher, die sich meist in Lin- er sich leicht auf Grund seines charakteristischen Ru- den befinden, aufhält. Dies hat auch seinen Grund, da fes. In den letzten drei Jahrzehnten hingegen wurden er, obwohl seine Hauptbeute aus Mäusen besteht, auch die Beobachtungen wesentlich spärlicher und Nach- Kleinvögel erbeutet. 2011 konnte man auf einem Spa- weise erfolgten nur noch selten. Allerdings gelang mir ziergang im Park mit Glück fünf verschieden besetzte im Jahr 2010 der erste sicherere Brutnachweis, als ein Tageseinstände finden. Pärchen in der Nähe der Pagodenburg in einem Kirsch- baum erfolgreich Junge aufziehen konnte. Diese Beob- achtung gibt Anlass zur Hoffnung, dass künftig viel- Familie Spechte (Picidae) leicht wieder öfters mit der Anwesenheit des Kleinspechts im Park zu rechnen ist. Wendehals (Jynx torquilla) Seltener Gast Mittelspecht (Dendrocopos medius) Hellerer (1890) kannte den Wendehals noch als regelmä- Seltener Gast und ehemaliger Ausnahmebrutvogel 1973 ßigen Besucher: „Auch der Wendehals bleibt nicht da; Der Mittelspecht ist ein seltener und unregelmäßiger er kommt im Frühjahr zu seiner Zeit, lässt ein paar Gast, meist zwischen Ende November und Anfang Mai. Tage seinen Ruf ertönen und verschwindet, obwohl er Teilweise halten sich einzelne Exemplare sogar mona- in unseren Gegenden hier und da schon vorkommt; telang im Park auf (1971/72, Wüst). Beobachtungen lie- im Park hat in den letzten 10 Jahren meines Wissens gen aus den Jahren 1946, 1960, 1971/72, 1973, 1975, keiner gebrütet". Wüst beschreibt die rindenbraune 1976, 1977, 1978, 1982/83, 1984, 1986, 1987 und 2003 vor. Specht art als höchst unstet im Münchner Raum, nimmt Wüst (1973) vermutete 1972 evtl. eine Brut im Südteil aber an, dass er schon im Park gebrütet hat. Als Beob- des Parks. Dieser Nachweis gelang ihm dann 1973, als achtungen konnte er nur ein rufendes Exemplar vom er am 27.06. beobachten konnte, wie ein Altvogel einen 24.05.1903 (Ries) aufführen und zwei eigene Beobach- Jungvogel fütterte. Erwähnenswert ist auch noch die tungen vom 24.04.1928 aus dem angrenzenden Botani- Anwesenheit eines Mittelspechts vom 13.12.1982 bis schen Garten und vom 09.05.1954 aus dem Park. Auch zum 20.01.1983, der in dieser Zeit regelmäßig ein Fut- heutzutage ist der Wendehals nur Ausnahmegast wäh- terhaus in der Nähe des Großen Sees besuchte. Wie die rend beider Zugperioden, es liegen aus neuerer Zeit nur Beobachtungen zeigen, ist der Mittelspecht seit 1988 vier Beobachtungen aus den Monaten April, Mai und nur mehr ein Ausnahmegast im Park und wurde seit- September der Jahre 1983, 1989, 1991 und 2004 vor. dem nur noch einmal beobachtet.

Buntspecht (Dendrocopos major) Regelmäßiger und häufiger Brutvogel Der Buntspecht ist der Specht des Parks und zu jeder Jahreszeit häufig anzutreffen. Das Trommeln, das vor allem während der ersten Jahreshälfte zu hören ist, ist einer der auffälligsten Vogellaute und bei einem mor- gendlichen Spaziergang nicht wegzudenken. Im Mai/ Juni verraten die immerwährenden Bettelrufe der Jung- spechte den Niststandort, der sich dann schnell lokali-

64 LWF Wissen 68 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks

Schwarzspecht (Dryocopus martius) Seltener Gast Schon Hellerer (1890) beschrieb unseren größten einhei- mischen Specht als unregelmäßigen und kurzfristigen Besucher im Herbst und Winter. Daran hat sich bis heu- te nichts geändert. Es existieren nur wenige Beobach- tungen in den Monaten September bis April aus den Jahren 1968, 1976, 1993, 1997, 1999, 2001, 2004, 2007 und 2011, 2012.

Grünspecht (Picus viridis) Regelmäßiger Brutvogel Im Gegensatz zum Grauspecht ist es dem Grünspecht gelungen, seinen Bestand in den letzten Jahrzehnten konstant zu halten. Schon Ende des 19. Jahrhunderts war der Erdspecht als Brutvogel im Park bekannt. Auch heutzutage nisten ca. zwei bis drei Paare im Park und das laute charakteristische Lachen kann man wäh- rend eines Parkbesuchs im Frühjahr immer verneh- men. Ende Juni kann man die schlichter gefärbten Jungvögel beobachten, die noch von den Altvögeln gefüttert werden. Die Nahrung besteht praktisch aus- schließlich und zu jeder Jahreszeit aus Wiesenamei- sen. Daher kann man den Grünspecht häufig beobach- Abbildung 2: Der Buntspecht ist im Park ein häufiger ten, wie er auf einer Wiese sitzend Ameisennester Brutvogel, 1995 wurden 48 Exemplare gezählt. ausnimmt und mit seiner langen Zungen die Ameisen- (Foto: T. Grüner) puppen einschlürft. Der in der Größe zwischen Bunt- und Schwarzspecht liegende Specht ist das ganze Jahr über im Park anzutreffen. sieren lässt. Aber in der Bruthöhle ist der Nachwuchs gut geschützt. Der Buntspecht war aber nicht immer so häufig. Zu Hellerers Zeiten (1890) hielten sich lediglich zwei Paare im Park auf. Erst Wüst stellte bei seiner Brut- vogelaufnahme 1972 um die 15 Paare fest. Während die- ser Zeitspanne hat es der Buntspecht also geschafft, sich den Lebensbedingungen im Park anzupassen und sich erfolgreich zu vermehren. Eine Rolle spielten hier- bei sicherlich die zahlreichen Winterfütterungen, die während der kalten Jahreszeit für einen unerschöpfli- chen Nahrungsnachschub sorgen. Der Brutbestand heutzutage dürfte in einer ähnlichen Größenordnung liegen, was darauf hindeutet, dass alle geeigneten Re- viere besetzt sind und die maximale Brutdichte im Abbildung 3: Regelmäßig im Frühjahr kann man das typi- Schlosspark erreicht ist. Als winterliches Maximum sche „Lachen“ des Grünspechtes hören. (Foto: T. Grüner) wurde bei der Silvesterzählung 1995 ein Bestand von 48 Exemplaren ermittelt.

LWF Wissen 68 65 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks

Grauspecht (Picus canus) schaften zu werden. Der Grauspecht hingegen zeigt Ehemaliger Brutvogel und Ausnahmegast kaum eine Tendenz zur Verstädterung. Dies kann sich Hellerer (1890) und Wüst (1973) kannten den Grauspecht aber in den nächsten Jahren auch ändern und so gilt noch als regelmäßigen Brutvogel. Allerdings war er im- es die Augen offen zu halten. Vielleicht kann sich der mer etwas seltener als der Grünspecht. Nur in den Jah- Grauspecht ja wieder im Park ansiedeln. ren 1970–1972 war der Grauspecht gegenüber seinem nahen Verwandten etwas in der Überzahl (Wüst 1973). Inzwischen ist der Grauspecht allerdings als Brutvogel Familie Schnäpperverwandte (Muscicapidae) vollkommen verschwunden und auch als Gast ist er nur noch eine Ausnahmeerscheinung. Mir liegen nur Be- Grauschnäpper (Muscicapa striata) obachtungen aus den Jahren 1983, 1986, 1987 und 2003 Regelmäßiger und seltener Brutvogel (Februar, März, Juni und Oktober) vor. Vom 23.12.1982 Der Grauschnäpper war noch nie im Park häufig. Hel- bis zum 25.01.1983 hielt sich ein Weibchen regelmäßig lerer (1890) berichtete von „einigen Paaren“, während an einem Futterhäuschen am Großen See auf. Obwohl Wüst die Art als regelmäßigen, aber seltenen Brutvogel der Grauspecht auch überwiegend Ameisen frisst, an „ein bis drei Stellen“ im Park einschätzte. Er befürch- nimmt er im Gegensatz zum Grünspecht gerne Winter- tete sogar, dass das Aussterben der Art in Nymphen- fütterungen an. Trotzdem hat er es nicht geschafft, sich burg unmittelbar bevorstand. Aber im Gegensatz zu weiterhin als Brutvogel im Schlosspark zu etablieren. den anderen beiden Fliegenschnäpperarten konnte Über die Gründe kann nur spekuliert werden, eine Ver- sich der Grauschnäpper bis heute als seltener, aber drängung durch den etwas stärkeren Grünspecht ist wohl regelmäßiger Brutvogel halten. Der Langstrecken- aber auszuschließen, da beide Arten über 100 Jahre ne- zieher, der den Winter südlich der Sahara verbringt, ist beneinander vorkamen. Wahrscheinlich ist es dem im Schlosspark von Anfang Mai bis Anfang September Grünspecht einfach besser gelungen, sich den Bedin- anwesend. Als frühestes Ankunftsdatum wurde bisher gungen einer immer größer werdenden Großstadt an- der 06.05. (1984, Verf.) notiert, als spätestes Wegzugs- zupassen und zu einem Charaktervogel von Parkland- datum der 06.09. (1989, Verf.).

Abbildung 4: Ein seltener, aber regelmäßiger Brutvogel im Park ist der Grauschnäpper. (Foto: T. Grüner)

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Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) Familie Meisen (Paridae) Ehemaliger Brutvogel und regelmäßiger Gast Hellerer und Wüst kannten den Trauerschnäpper nur Sumpfmeise (Parus palustris) als Durchzügler im Frühjahr zwischen Mitte April und Regelmäßiger Brutvogel Mitte Mai und im Herbst zwischen Mitte August und Mit- Die Sumpfmeise ist schon seit jeher seltener Brutvogel te September. 1977 gelang Wüst jedoch der erste Brut- des Schlossparks mit einem bis zu ausnahmsweise nachweis und auch in den Folgejahren konnte man re- drei Brutpaaren. Wenngleich nicht alljährlich eine Brut gelmäßig ein bis zwei besetzte Reviere im Park finden. nach gewiesen werden kann, ist jedoch davon auszuge- Nichts deutete darauf hin, dass der Trauerschnäpper hen, dass diese Art regelmäßig im Schlosspark brütet. aus Nymphenburg verschwinden könnte. Jedes Jahr Als Jahresvogel wird die Art während aller Monate wartete ich im Mai auf den wehmütigen Gesang und nachgewiesen. Meist sieht man sie paarweise, auch am wurde meist auch nicht enttäuscht. Doch war es im winterlichen Futterhäuschen. Jahr 2003, als ich das letzte Mal eine Brut nachweisen konnte. Seitdem sind Trauerschnäpper wieder nur ver- einzelt während beider Zugperioden zu beobachten. Am Frühjahrszug ist darauf zu achten, ob schwarz ge- färbte Männchen der nordischen Nominatform durch- ziehen, die Männchen der mitteleuropäische Unterart F. h. muscipeta sind meist deutlich blasser gefärbt. Als frühestes Datum notierte ich den 09.04. (2012), als ein Weibchen den Park besuchte, als spätestes Datum den 18.09. (2008). Ende April 1985 sorgte ein Winterein- bruch für einen Zugstau, der zur Folge hatte, dass sich geschätzt 20 Exemplare im Park aufhielten. Künftig wird darauf zu achten sein, ob sich diese Art wieder als Brut- vogel im Park ansiedeln kann, denn geeigneter Lebens- Abbildung 5: Die Sumpfmeise sieht man regelmäßig im raum ist nach wie vor ausreichend vorhanden. Winter am Futterhäuschen. (Foto: T. Grüner)

Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis) Ehemaliger Brutvogel und Ausnahmegast Drastische Bestandseinbußen musste der Halsband- schnäpper im Laufe der Jahre hinnehmen. Hellerer (1890) berichtete noch von über 30 Brutpaaren aus Nymphenburg und der unmittelbaren Umgebung. Wüst notierte 1930 „sehr viele“ Männchen und konnte auch die Anwesenheit von Weibchen feststellen. 1954 beob- achtete er noch fünf singende Männchen im Botani- schen Garten und im Schlosspark, doch bereits 1972 war der Brutbestand auf ein Paar geschrumpft. Der letz- te gesicherte Brutnachweis dieser Vogelart im Schloss- park erfolgte aus dem Jahr 1981 (Wüst). Aus neuerer Zeit Abbildung 6: Die Kohlmeise kommt im Nymphenburger liegen nur noch wenige Beobachtungen vor. So sang Schlosspark sehr häufig vor. (Foto: T. Grüner) am 21.05.1995 ein Männchen zwischen Schlossparterre und Amalienburg. Hoffnung machte die Beobachtung eines singenden Männchens, dass sich zwischen 01.05. Kohlmeise (Parus major) und 23.05.2003 an gleicher Stelle aufhielt. Doch konn- Regelmäßiger und häufiger Brutvogel te es leider kein Weibchen finden, so dass es nicht zur Die Kohlmeise ist die mit Abstand häufigste Meise in erhofften Brut kam. Vielleicht kann sich diese inzwi- Nymphenburg und wohl auch der zahlreichste Klein- schen gefährdete Art in den nächsten Jahren wieder im vogel. Wüst stellte bei der 1972er Brutbestandsaufnah- Schlosspark ansiedeln. me 74 Paare fest und daran dürfte sich bis in heutiger Zeit nichts geändert haben. Das gute Futterangebot während der kalten Jahreszeit sorgt dafür, dass die

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Kohlmeise zahlreich die Winterfütterungen aufsucht. Familie Kleiber (Sittidae) Die Anwesenheit von weit mehr als 100 Exemplaren im Park während der Wintermonate ist keine Seltenheit. Kleiber (Sitta europaea) Die Kohlmeise hat es wie kaum eine andere Vogelart Regelmäßiger und häufiger Brutvogel verstanden von der Anwesenheit des Menschen zu pro- Als einziger heimischer Vertreter dieser Vogelfamilie ist fitieren, indem sie Fütterungen und Nistkästen annimmt der Kleiber häufiger Jahresvogel in Nymphenburg. Der und auch die Scheu vor dem Menschen praktisch ver- Bestand hat sich wohl seit den Zeiten Hellerers nicht loren hat. Daher ist auch zukünftig nicht mit einem verändert. Der Brutbestand dürfte zwischen 20 und 30 Rückgang der Population im Schlosspark zu rechnen. Brutpaaren liegen und im Winter werden 40 bis 60 Exemplare festgestellt. Dies deutet darauf hin, dass die Blaumeise (Parus caeruleus) „Spechtmeise“ den Park kaum verlässt und auch im Regelmäßiger und häufiger Brutvogel Winter paarweise in ihrem Revier verbleibt. Die Brut- Auch die Blaumeise ist häufiger Jahresvogel im höhlen des Kleibers sind meist gut zu erkennen, da der Schlosspark und Wüst gab den Brutbestand 1972 mit Eingang mit feuchter Erde oder Lehm verklebt (Name !) 21 Paaren an. Er schätzte den Bestand gegenüber der und somit auf seine Körpergröße verengt wird. Am Fut- Kohlmeise zu jeder Jahreszeit um ein Drittel bis ein terplatz nimmt der Vogel des Jahres 2006 eine Vor- Fünftel weniger ein. Zumindest bezüglich der Winter- machtstellung ein und zumindest die Meisen räumen population können die regelmäßig stattfindenden Sil- vesterzählungen diesen Status nicht mehr bestätigen. Zahlenmäßig hat sich der Bestand der Blaumeise dem der Kohlmeise zumindest im Winter fast angepasst und in einigen Jahren sogar übertroffen, wenngleich nur sel- ten über 100 Exemplare gezählt wurden. Zusammen mit der Kohlmeise dürfte die Blaumeise der häufigste Be- sucher der Winterfütterungen sein. Auch diese Art nimmt gerne Nistkästen an und profitiert somit von der Anwesenheit der Menschen.

Abbildung 8: Mit 20 bis 30 Brutpaaren ist der Kleiber im Park vertreten. (Foto: T. Grüner)

Abbildung 7: Auch die Blaumeise ist häufiger Jahresvogel mit vielen Sich- tungen am Futterhäus- chen. (Foto: T. Grüner)

68 LWF Wissen 68 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks

die Fütterung kurzfristig, wenn ein Kleiber im Anflug Wüst sieben und 14 Exemplare, was sich auch heute ist. Als einziger Singvogel kann der Kleiber kopfüber noch in etwa mit den seit 1995 durchgeführten Silvest- an Stämmen klettern. erzählungen deckt. Dabei wurden Zahlen zwischen sechs und 19 Exemplaren ermittelt. Schon während der ersten warmen Wintertage im Januar kann man den ty- Familie Baumläufer (Certhiidae) pischen Triller dieses Baumläufers vernehmen und wer genau hinsieht kann dann auch den rindenfarbenen Vo- Waldbaumläufer (Certhia familiaris) gel den Baumstamm entlangrutschen sehen. Unregelmäßiger Gast Wald- und Gartenbaumläufer sind Zwillingsarten, die sich optisch kaum voneinander unterscheiden lassen. Familie Stare (Sturnidae) So kommt es, dass Hellerer von der Existenz zweier Ar- ten noch nichts wusste und erst Wüst (1973) Erhellen- Star (Sturnus vulgaris) des über den Status des Waldbaumläufers in Nymphen- Regelmäßiger und häufiger Brutvogel burg zu schreiben vermochte. Ihm lagen dreizehn Beobachtungen aus den Monaten Januar, März bis Juni, Oktober und November aus acht Jahren zwischen 1953 und 1971 vor. In drei Jahren bestand sogar Brutverdacht. Auch heute ist auf Grund des ähnlichen und im Park häufigen Gartenbaumläufers ein sicherer Nachweis nur sehr schwer zu führen. Daher gelingen gesicherte Be- obachtungen nur, wenn der Baumläufer seinen Gesang ertönen lässt. Nach wie vor ist diese Art als unregelmä- ßiger und seltener Parkbesucher einzustufen, zu den be- reits oben erwähnten Monaten ist inzwischen ein De- zembernachweis hinzugekommen. Ein Brutverdacht ist aber seit den Zeiten von Wüst nicht mehr bekannt ge- worden.

Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla) Regelmäßiger und häufiger Brutvogel Das Auftreten des Gartenbaumläufers hat sich den Auf- zeichnungen zur Folge in all den Jahren wohl kaum verändert. Als Hellerer vom Baumläufer schrieb war si- cherlich der Gartenbaumläufer gemeint und die Brut- vogelbestandsaufnahme von 1972 ergab 15 Brutpaare (Wüst). Während zweier Winterzählungen ermittelte

Abbildung 10: Nach der ersten Brut kann man Staren- schwärme von bis zu 200 Exemplaren beobachten. (Foto: T. Grüner)

Der Star ist Brut- und Zugvogel des Nymphenburger Schlossparks, der bereits im Laufe des Februars eintrifft (08.02.2001) und uns spätestens im November wieder verlässt (10.11.1992). Obwohl einige Exemplare versu- chen, den Winter bei uns zu verbringen, liegen aus dem Park keine Dezember- und Januar-Beobachtungen vor. Abbildung 9: Vermutlich schon seit 1890 ist die Population Der Brutbestand ist relativ stabil und liegt im Laufe der der Gartenläufer ziemlich konstant. (Foto: T. Grüner) Jahrzehnte bei ca. 15–25 Paaren. Bereits im Mai fliegt

LWF Wissen 68 69 Die Waldvögel des Nymphenburger Schlossparks

die erste Brut aus und dann kann man Schwärme von Literatur bis zu 200 Exemplaren sehen, die aus Alt- und den ein- farbig braun gefärbten Jungvögeln bestehen, wie sie die Hellerer, J. (1890): Die Vogelwelt im Schlosspark (Hofgarten) zu Nymphenburg. Or. Mischr. 15: 43–49 kurzgeschorenen Rasenflächen zur Nahrungssuche aufsuchen. Vorsicht ist bei der Bestimmung fliegender Wüst, W. (1973): Die Vogelwelt des Nymphenburger Parks Mün- Exemplare vor allem während der Wintermonate gebo- chen. Verlag Detlev Kurth, Barmstedt, 108 S. ten, da diese den zu dieser Jahreszeit gelegentlich an- Wüst, W. (1992): Neue Vögel des Nymphenburger Parks. Orni- wesenden Seidenschwänzen täuschend ähnlich sind. thologischer Anzeiger 31, S. 57–61

Zahlreiche weitere Vogelarten sind auf die Waldgebie- te des Schlossparks angewiesen, würden aber den Rah- men dieses Artikels sprengen. Sie werden daher im Fol- genden mit den aktuellen Statusangaben versehen und in Tabelle 1 aufgelistet.

Familie Art Status Habichtartige (Accipitridae) Sperber (Accipiter nisus) regelmäßiger Brutvogel

Habicht (Accipiter gentilis) regelmäßiger Gast, als Brutvogel nicht gesichert

Mäusebussard (Buteo buteo) unregelmäßiger Brutvogel und regelmäßiger Gast

Baumfalke (Falco subbuteo) unregelmäßiger Brutvogel

Schnepfenartige (Scolopacidae) Waldschnepfe (Scolopax rusticola) seltener Gast

Tauben (Columbidae) Ringeltaube (Columba palumbus) regelmäßiger Brutvogel

Eulen (Strigidae) Waldohreule (Asio otus) Ausnahmebrutvogel 2002

Goldhähnchen (Regulidae) Wintergoldhähnchen (Regulus regulus) regelmäßiger Brutvogel

Zaunkönige (Troglodytidae) Zaunkönig (Troglodytes troglodytes) regelmäßiger Brutvogel

Braunellen (Prunellidae) Heckenbraunelle (Prunella modularis) unregelmäßiger Brutvogel

Drosseln (Turdidae) Wacholderdrossel (Turdus pilaris) regelmäßiger Brutvogel

Singdrossel (Turdus philomelos) regelmäßiger Brutvogel

Misteldrossel (Turdus viscivorus) regelmäßiger Gast

Laubsänger (Phylloscopidae) Waldlaubsänger (Phylloscopus sibilatrix) unregelmäßiger Brutvogel

Grasmücken (Sylviidae) Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) regelmäßiger und häufiger Brutvogel

Gartengrasmücke (Sylvia borin) ehemaliger Brutvogel und Ausnahmegast

Schnäpperverwandte (Muscicapidae) Rotkehlchen (Erithacus rubecula) regelmäßiger Brutvogel

Meisen (Paridae) Tannenmeise (Parus ater) regelmäßiger Brutvogel

Haubenmeise (Parus cristatus) unregelmäßiger Gast

Pirole (Oriolidae) Pirol (Oriolus oriolus) unregelmäßiger Gast, als Brutvogel nicht gesichert

Krähen-Verwandte (Corvidae) Eichelhäher (Garrulus glandarius) regelmäßiger Brutvogel

Finkenvögel (Fringillidae) Buchfink (Fringilla coelebs) regelmäßiger und häufiger Brutvogel

Fichtenkreuzschnabel (Loxia curvirostra) regelmäßiger Gast

Erlenzeisig (Carduelis spinus) regelmäßiger Gast

Gimpel (Pyrrhula pyrrhula) regelmäßiger Gast, ehemaliger Brutvogel

Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) regelmäßiger aber seltener Brutvogel

Tabelle 1: Weitere Vogelarten, die auf die Waldgebiete des Nymphenburger Schlossparks angewiesen sind

70 LWF Wissen 68 Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphen- burg im Zusammenspiel von Forschung und Praxis Reinhard Mößmer und Rainer Herzog

Der Schlosspark Nymphenburg hat als bedeutendes Im vorliegenden Berichtsband werden die denkmalpfle- Gartenkunstwerk und Gartendenkmal weit über Bay- gerischen und ökologischen Rahmenbedingungen, erns Grenzen hinaus große historische und kulturelle wissenschaftliche Forschungsergebnisse und das da- Bedeutung (Abbildung 1). Gleichzeitig ist er ein inten- rauf aufbauende praxisorientierte Pflegekonzept von siv besuchtes Naherholungsgebiet und ein internatio- Experten verschiedener Fachrichtungen dargestellt. In nal wertvoller Landschaftsteil im europäischen Biotop- der Zusammenschau der Beiträge kristallisieren sich Verbundsystem. folgende Schwerpunkte heraus:

Ein gartendenkmalpflegerisches Konzept zur Restau- rierung und zum dauerhaften Erhalt der historischen Gartendenkmalpflege räumlich-visuellen Strukturen der Gehölzbestände muss daher auch die Ziele des Naturschutzes und die Als Leitlinie der Gartendenkmalpflege erschließt Her- Anlie gen der Bevölkerung berücksichtigen. Wissen- zog die originäre Gestaltungskonzeption des Garten- schaftliche Forschungen und Dauerbeobachtungen an künstlers Friedrich Ludwig von Sckell, der als königlich Bäumen unterstützen dabei die Formulierung der erfor- bayerischer Hofgartenintendant zu Beginn des 19. Jahr- derlichen Maßnahmen. hunderts im Schlosspark Nymphenburg eindrucksvol- le Gartenräume und Parkbilder schuf. Bei der garten-

Abbildung 1: Der Schlosspark Nymphenburg, ein Land- schaftspark mit einem hohen Anteil naturnaher Gehölz - flächen (Foto: A.Gerngross, FOTAG.de)

LWF Wissen 68 71 Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphenburg im Zusammenspiel von Forschung und Praxis

denkmalpflegerischen Arbeit kommt der Bewahrung ihrer Kronen im Zuge denkmalpflegerischer Pflegemaß- der historischen Erscheinungsbilder und der untrenn- nahmen mit deren Ausbau und mit einem Dicken- bar damit verbundenen Bepflanzung eine außerordent- wachstum reagieren können, einem Beweis ihrer Vita- liche Relevanz zu. Anhand von speziellen Karten zeigt lität bis ins hohe Alter (Mößmer). der Autor, dass dabei der Standort des Einzelbaumes im Gartenraum, zum Beispiel im Zusammenspiel mit dem Monopteros und dem Badenburger See (siehe Ti- Naturschutz telfoto), vom Gartenkünstler bewusst gewählt wurde. Seitz et. al stellen den Schlosspark Nymphenburg in seiner Eigenschaft als Teil eines Natura 2000-Gebiets Charakterbaumart Eiche im europäischen Verbundsystem vor. In der Manage- mentplanung werden Maßnahmen vor allem für die Bei der Gestaltung der historischen Gartenräume im Wald bereiche mit dem speziellen Ziel formuliert, den Schlosspark Nymphenburg kommt der Eiche eine he- Lebensraumtyp der vorhandenen naturnahen Eichen- rausragende Bedeutung zu. Sie spielte schon im ba- Hainbuchenwälder und den gefährdeten Eremiten als rocken Garten des 18. Jahrhunderts eine besondere Art der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie vor dem Rück- Rolle. Auch Friedrich Ludwig von Sckell brachte ihr gang bzw. dem Erlöschen zu schützen. Insbesondere generell eine hohe Wertschätzung entgegen und zog ist es Ziel, den Anteil an Eichen, Totholz und Höhlen- sie bewusst in seine gestalterische Konzeption ein. bäumen zu sichern und zu erhöhen. Die besondere Be- deutung des Gebiets für den Naturschutz dokumentie- Als Hauptbaumart der natürlichen Waldgesellschaft des ren auch die beiden folgenden Untersuchungen zum Labkraut-Eichen-Hainbuchenwaldes ist sie auch unter Artenreichtum von Insekten und Vögeln. den Gesichtspunkten des Naturschutzes ein unverzicht- bares Element der Parkgehölze (Seitz). Zudem ist der seltene Eremit (Osmoderma eremita) auf Mulmhöhlen Artenreichtum an Insekten und Vögeln insbesondere in Alteichen zum Überleben der Popula- tion angewiesen. Da die Eiche derzeit überwiegend ho- Der Schlosspark Nymphenburg ist ein Refugium für be- he Alter aufweist und in der Verjüngung kaum zu fin- drohte Arten mit einer bemerkenswert hohen Biodiver- den ist, muss ihr Anteil durch geeignete Maßnahmen sität und mit zum Teil Refugialcharakter vieler bedroh- wieder angehoben werden. ter Käfer-, Wanzen- und Netzflüglerarten. Herbig und Gerstmeier machen auf der Basis entomologischer Stu- Zudem dokumentieren die deutlichen Blattverluste der dien an diesem Beispiel deutlich, dass großflächige Eichenkronen einen unbefriedigenden Gesundheitszu- innerstädtische Parkanlagen mit naturnahen Gehölz - stand. Anhand der Ergebnisse der jährlichen Kronen- beständen und langzeitiger ungebrochener Standort - beurteilung von 2003 bis 2011 und einzelner Struktur- tradition naturschutzfachlich besonders wertvoll sind. ansprachen der Kronen zeigt Bauer, dass die historisch Bewährte Pflegekonzepte fördern die Kontinuität der wertvollen Eichen zu mehr als zwei Drittel deutliche Habitattradition und erhalten speziell besonders an- und bis 2009 ansteigende Schäden aufweisen. Auch spruchsvolle und gefährdete Arten im Stadtbereich. hier sind Überlegungen erforderlich, wie die Vitalität Zum Schutz und Erhalt der beschriebenen Arten sind der Eichen verbessert werden kann. häufig alte, verfallende „Baumruinen“ die Lebens- grundlage. Die Autoren weisen auf das rechtzeitige Bickel und Mößmer stellen am Beispiel zweier Alteichen Nachziehen von Nachwuchsaltbäumen zur langfristi- dar, dass über die Analyse der Jahrringe wertvolle In- gen Sicherung geeigneter Brutbäume für die zumeist formationen über die Baumgeschichte gewonnen wer- seltene Totholzkäferfauna hin. Zudem sollte der zuneh- den können. Das Wachstum der beiden dargestellten menden Verschattung von Baumbiotopen durch Frei- Eichen unterscheidet sich wesentlich, wobei der eine stellen von Altbäumen entgegengewirkt werden; dies Baum rund 250 Jahre im Gehölzbestand und der ande- gewährleistet einen langfristigen Erhalt gerade der zu- re rund 150 Jahre auf einer offenen Wiese unweit vom meist stark gefährdeten wärmeliebenden Holzkäfer - Pagodenburger See aufgewachsen ist. Bemerkenswert fauna. ist, dass nach Ergebnissen aus Jahrringanalysen Altei- chen noch im Alter von 250 Jahren auf eine Freistellung

72 LWF Wissen 68 Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphenburg im Zusammenspiel von Forschung und Praxis

Dass der Schlosspark Nymphenburg für Brut- und Zug- auf die Entwicklungsziele gestaltet. Die verschiedenen vögel und insbesondere auch für Waldvögel eine wich- Pflegemaßnahmen sind für die Beobachtungs fläche tige grüne Oase inmitten von München darstellt, weist „Ochsenfeld“ auf der Basis der aktuell vorhandenen Ge- Grüner in seinem Betrag nach. In informativen kurzen hölzstrukturen im entsprechenden Arbeitsblatt 1 darge- Steckbriefen beschreibt er eine Vielzahl von Halbhöh- stellt (Abbildung 2). len- und Höhlenbrütern, die hier zu beobachten sind. Erhalt und Entwicklung von Höhlenbäumen und Bäu- Beispiele der Waldpflege als Denkmalpflege und Bio- men mit Totholz sind für sie das entscheidende Habi- topschutz: tat. Insgesamt konnten knapp zweihundert Vogelarten • Bäume im Umfeld von Hauptstrukturbäumen innerhalb der Einfriedungsmauern des Schlossparks entnehmen nachgewiesen werden, eine für ein etwa 180 ha großes • charaktervollen Baumbestand aufbauen Gebiet in einer Großstadt bemerkenswerte Anzahl. • für die historische Struktur wichtige Altbäume und skurrile Bäume erhalten • Eiche als Charakterbaumart sichern Integrales Pflegekonzept für die Praxis • Kronen an visuellen Bezugspunkten ausbauen • offene Struktur des ehemaligen Hains Die gartendenkmalpflegerische Restaurierung der Ge- wiederherstellen hölzflächen im Schlosspark Nymphenburg hat zum • Baumartenzusammensetzung entsprechend Ziel, die mit Bäumen und Sträuchern gestalteten effekt- den Arten des FFH-Lebensraumtyps steuern vollen Parkbilder nach den historischen Vorgaben zu • Höhlenbäume als wichtigen Biotop vital erhalten sichern und, wo sie verlorengegangen sind, wieder zu • spezifisch angepassten Arten an Biotopbäumen entwickeln. Die dargestellten Rahmenbedingungen Licht und Wärme geben und wissenschaftlichen Erkenntnisse gaben wesentli- • Altbäume an Wegen zur Reduzierung von che Hinweise für die Entwicklung des praxisorientier- Verkehrssicherungsmaßnahmen vitalisieren ten Pflegekonzepts. Von Mößmer wurden in einem • Kronendach auflichten Modellprojekt in Kooperation mit der Bayerischen • Baum- und Strauchartenzusammensetzung Schlösserverwaltung denkmalpflegerische, waldkund- in der nachwachsenden Generation steuern liche, ökologische und betriebliche Gesichtspunkte in- • Strauchschicht und Baumverjüngung (insb. tegrierend zusammengeführt. Zentrales Element des Eiche) ausreichend Licht zur Entwicklung geben Konzepts sind die Hauptstrukturbäume, auf deren Um- • Hauptstrukturbäume im Unter- und Zwischen- feld sich die punktuellen Pflegeeingriffe konzentrieren. stand als Nachfolgegeneration fördern Dieser neu geprägte Begriff beschreibt Bäume, die • ursprüngliche Struktur des Gehölzrandes das innere Gerüst der angestrebten „Naturszenen“ und wiederherstellen Raumbilder darstellen und die damit die zu erzielende • Gehölzstruktur im Inneren des Bestandes künstlerische Wirkung bzw. die in Gang gesetzte Ent- gestuft erhalten wicklung bestimmend gestalten. Mit diesem konzeptio- • Bestandsrand stufenweise auf den ursprüng - nellen Vorgehen werden auch die Ziele des Natur- lichen historischen Verlauf zurücknehmen schutzes, der Erholungsnutzung und der betrieblichen • Strauchschicht zurücknehmen Anforderungen der Parkverwaltung besonders unter- • urprünglichen Gehölzrand wiederherstellen stützt. Dass die Pflegemaßnahmen auch wirksam die • Unterschicht entlang des Weges zurücknehmen Baumstrukturen beeinflussen, konnte auf zwei wald- • Arten der potentiellen natürlichen Vegetation kundlichen Beobachtungsflächen über Wiederholungs- pflanzen untersuchungen sechs Jahre nach dem Ersteingriff be- • Strauchschicht ergänzen eindruckend aufgezeigt werden.

Denkmalpflegerische Maßnahmentypen 1 Das Arbeitsblatt zeigt exemplarisch Pflegemaßnahmen auf der Grundlage vorhandener Gehölzstrukturen auf. In der Pra- Die waldbaulichen Maßnahmen der denkmalpflegeri- xis sind Eingriffe in dieser Dichte nicht direkt zu verwirklichen; sie müssen stufenweise entsprechend der Dynamik in den Ge- schen Eingriffe in Baumgehölze sind vielfältig; sie wer- hölzstrukturen über rund 30 Jahre geplant bzw. angepasst und den individuell angepasst an die örtliche Ausgangsla- achtsam im Sinne einer kontinuierlichen Habitatstabilität und ge und die zu erwartende Wuchsdynamik unter Bezug möglichst unmerklich für den Besucher umgesetzt werden.

LWF Wissen 68 73 Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphenburg im Zusammenspiel von Forschung und Praxis

Abbildung 2: Arbeitsblatt der garten- denkmalpflegerischen Zielstellung für die Beobachtungsfläche Ochsenfeld (Herzog und Mößmer; Grafik: B. Zenk)

74 LWF Wissen 68 Pflege der Gehölzflächen im Schlosspark Nymphenburg im Zusammenspiel von Forschung und Praxis

• fehlende Eichenverjüngung ergänzen • Gehölzbestand neu begründen • stehendes und liegendes Totholz im Inneren der Gehölze entwickeln

Die bisherigen Erfahrungen aus dem Modellprojekt „Waldpflege als Denkmalpflege und Biotoppflege“ ver- deutlichen, dass die zielgerichtete Fortführung der Maßnahmen unter gartenhistorischen und ökologi- schen Aspekten äußerst sinnvoll und relevant ist. Letzt- lich erfordern nahezu alle flächigen Gehölzbestände des Schlossparks Nymphenburg eine analoge Behand- lung, was aber sowohl hinsichtlich der wissenschaftli- Abbildung 4: Artikel „Lücken für das Licht“ von Sonja Nies- chen Vorbereitung und Begleitung als auch der prakti- mann (Ausriss aus der Süddeutschen Zeitung vom 26. Feb- schen Umsetzung – vom ersten grundlegenden Eingriff ruar 2011) bis zur turnusmäßigen Fortführung der Pflegemaßnah- men – eine angemessene Stärkung der personellen, technischen und finanziellen Ausstattung erfordern dürfte.

Öffentlichkeitsarbeit

Die Pflegemaßnahmen in dem von Besuchern außer- ordentlich stark frequentierten Park müssen durch ei- ne intensive Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden. Die Bevölkerung beobachtet aufmerksam und kritisch alle Fällungsarbeiten im Schlosspark. Im Vorfeld der Um- setzung wurde das Modellprojekt „Waldpflege als Denk- Abbildung 5: Informationstafel an der wissenschaftlichen malpflege und Biotoppflege“ mit dem Bezirksausschuss Beobachtungsfläche „Ochsenfeld“ (Foto: M. Degle) Neuhausen-Nymphenburg als lokalem politischem Gre- mium sowie der Unteren Naturschutzbehörde der Lan- deshauptstadt München und dem Bayerischen Landes- Maßnahme erfolgte die Information der Medien über amt für Denk malpflege als zuständige Fachbehörden eine Pressemitteilung und durch ergänzende Inter- erörtert (Abbildung 3). Unmittelbar vor Beginn der views. Die Berichterstattung in den örtlichen Zeitungen und Mitteilungsblättern hat zur Akzeptanz in der Bevöl- kerung sicher wesentlich beigetragen (Abbildung 4). An den zwei Beobachtungsflächen „Ochsenfeld“ und „Löwental“ wurden zudem Informationstafeln aufge- stellt (Abbildung 5), auf denen anhand von Texten, Gra- fiken, Fotos und historischen Kartenausschnitten die Ziele der denkmalpflegerischen und waldbaulichen Pflegemaßnahmen erläutert werden. Darüber hinaus stellt die Bayerische Schlösser verwaltung in der Infor- mationsausstellung „Friedrich Ludwig von Sckell und Nymphenburg“ während der Sommermonate im Gera- nienhaus unentgeltlich die verschiedenen Aspekte der gartendenkmalpflegerischen Arbeit im Schlosspark Abbildung 3: Rainer Herzog und Dr. Reinhard Mößmer näher dar und bietet allen Interessierten mit der gleich- stellen das Modellprojekt bei einem Ortstermin dem namigen Publikation eine ausführliche Informations- Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg und der möglichkeit an. Unteren Naturschutzbehörde vor (Foto: M. Degle)

LWF Wissen 68 75 Anschriften der Autoren

Dr. Arthur Bauer Rainer Herzog Amt für Ernährung, Landwirtschaft Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, und Forsten Cham Gärten und Seen Schleinkoferstraße 10 und 12 Schloss Nymphenburg, Eingang 42 93413 Cham 80638 München [email protected] [email protected]

Ernst Bickel Albert Lang Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Widenmayerstr. 46a Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 80538 München 85354 Freising [email protected] [email protected] Dr. Reinhard Mößmer Prof. Dr. Roland Gerstmeier Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Lehrstuhl für Tierökologie der Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Technischen Universität München 85354 Freising Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 2 [email protected] 85354 Freising [email protected] [email protected] Rudolf Seitz Thomas Grüner Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Riesenfeldstraße 51 Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 80809 München 85354 Freising [email protected] [email protected]

Astrid Hanak Rüdiger Urban Büro Avega Büro Avega Puchheimer Weg 11 Puchheimer Weg 11 82223 Eichenau 82223 Eichenau [email protected] [email protected]

Dennis Herbig Lehrstuhl für Tierökologie der Technischen Universität München Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 2 85354 Freising [email protected]

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