Heimat- und Kulturverein Agulia e.V. Ausgabe 2 | 2020

50 Jahre neue Igeler Kirche • Bilderrevue: Die • Römische Münzen (2. Teil) Die alte Pfarrkirche • Lavendel in den Igeler Weinbergen • Igel rockt editorial Nach der sehr positiven Resonanz im letzten Jahr hatten wir uns entschlossen, zukünftig einmal pro Jahr eine Ausgabe der säulenpost herauszugeben. Später als ursprünglich geplant, ist die neue Ausgabe mit neuen interessanten Beiträgen rund um unser Dorf fertig geworden.

Unser Verein steht vor einem Jubiläums- jahr. 2021 wird der Heimat- und Kulturverein Agulia e.V. immerhin schon 60 Jahre alt. Ein solcher Anlass wird häufig dazu genutzt, zurückzublicken. Mit der säulenpost blicken wir immer ein wenig zurück, in dieser Ausgabe u. a. auf die Geschichte von zwei Kirchen. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns bei unserer Jubiläumsausgabe im nächsten Jahr mit Beiträgen unterstützen würden.

Unser Dank gilt dieses Jahr den Autoren, welche mit ihrem Beitrag die Herausgabe erst möglich machen und Matthias Freiberg, der wieder die Gestaltung übernommen hat. Ein weiterer Dank geht an die Sponsoren dieser Ausgabe! Viel Freude beim Lesen!

Vorstand Heimat- und Kulturverein Agulia e.V. © Copyright: volksfreund.de / 2018 TV Digital Service säulenpost 2|2020 www.bibkat.de/igel Gemeindebücherei Igel im Internet

Seit Ende Mai verfügt die Gemeindebücherei Igel über einen Welche Medien wurden am häufigsten ausgeliehen? Kein eigenen Web-OPAC im Internet. Dieser ermöglicht die Re- Problem, ein Rechercheergebnis kann man sich auch nach cherche nach den Medien und ihre Verfügbarkeit wird den Ausleihzahlen sortieren lassen. Wer einen Leserausweis durch das Ampel-System mit roten, gelben oder grünen besitzt kann sich mit der Ausweisnummer und dem Pass- Strichen angezeigt. Zusammengestellte Medienlisten zu wort (voreingestellt Geburtsdatum) einloggen. Vormerken, bestimmten Themen erlauben eine gezielte Recherche Verlängern, der Benutzer hat jederzeit die Kontrolle über ohne Volltextsuche. die ausgeliehenen Medien.

Ein weiteres wichtiges Element ist die Form der Präsen- Sie wollen sich neu als Benutzer anmelden? Dies geht nun tation. Die Cover der Medien werden angezeigt, zu vielen auch online! Einfach das Online-Formular ausfüllen und Medien stehen Inhaltsangaben zur Verfügung und durch in der Bücherei zu den regulären Öffnungszeiten den Aus- thematische Slideshows können z.B. alle neu erworbenen weis abholen. Unser Web-OPAC ist ein weiterer Baustein Romane oder alle neuen Lesesommerbücher benutzer­ für eine benutzerfreundliche­ Bücherei im 21. Jahrhundert. gerecht präsentiert werden. Weitere werden folgen. Franz Boddenberg 50 Jahre neue Igeler Kirche* säulenpost 2|2020

ie Bergkirche St. Dionysius wurde nach dem ruinösen Zerfall in den DJahren 1759/60 wieder aufgebaut. 1787 zählte Igel 281 Einwohner. 1906 gab es bereits 500 Einwohner und 1947 schon 742. Somit war abzusehen, bei ständig wachsender Bevölkerungszahl, daß diese Kirche zu klein war.

Bereits 1909 hielt man nach einem geeig- neten Bauplatz Ausschau. Der Ackerer Johann (Haus Spunesch) verkaufte das neben seinem Wohnhaus gelegene Grundstück (10,30 ar) an die Kirchengemeinde. Der Kaufpreis betrug 1 200 RM. Im Vertrag wurde festgehal- ten, falls es nicht zum Bau einer Kirche kommt, fällt das Grundstück an den Ver- käufer zurück.

1914 wurde in einer weiteren Notariats- erklärung der endgültige Kaufpreis mit Nach mehreren Entwürfen, Änderungen, Theodor Schönhofen aus kircheneigenen 3 004,40 RM vereinbart. Nach zwei Welt- Anhörung der bischöflichen Behörde Grundstücken: 20 000 DM. kriegen und wirren, unruhigen Zeiten, sowie Architektenwechsel wegen Un- beschloß der Kirchenvorstand 1952 den stimmigkeiten usw., wurde der Bauplan Zusammen: 130 000 DM Neubau einer Kirche. Es war eine mutige am 15.05.1953 von der Bezirksregierung Entscheidung, denn Geldmittel standen in genehmigt. Die zu erwartenden Der restliche Betrag wurde erneut durch keine zur Verfügung. Baukosten betrugen ca. 176 000 DM. Sonderspenden und Sammlungen auf- gebracht. Dies war Aufgabe des gegrün- Die angepeilten Eigenleistungen und deten Kirchenbauvereins. Viele Bürger günstige Materialbeschaffung (Bruch- verpflichteten sich, monatlich einen be- steine), ermöglichten die Reduzierung stimmten Betrag zu zahlen. der Kosten um ca. 25%, plus Projektie- rung und Bauleitung. Dies ergab letzt- Wie war das mit der günstigen Material- endlich den Betrag von etwa 140 000 DM. beschaffung den Eigenleistungen?

Der Finanzierungsplan setzte sich Familie Scheer, Waldstraße 17 hatte im wie folgt zusammen: Garten die roten Sandsteine angeboten. Nachdem die Stelle ausgebeutet war, Schuldscheindarlehen der Volkshilfe: wurde der benötigte Rest der Bruch­ 50 000 DM, 6% Zinsen jährlich, steine im gemeindeeigenen Steinbruch ½ % Verwaltungskosten jährlich, im Distrikt Kastanienberg (mundartlich 2% Tilgung. genannt „Kästenbösch“) gebrochen. Zuschuß vom Bistum: 30 000 DM Im Einsatz waren die ansässigen Durch Genehmigung der bischöflichen Steinbrecher: Behörde, von der Pfarrgemeinde – Johann Scalla an 121 Tagen aufgebracht: 20 000 DM. – Nikolaus Reuter an ? Tagen Erlös von verkauftem Acker, (leider keine Angabe) Ertrag aus Obstanlagen (500 Bäume), – Wilhelm Kirsch an 57 Tagen Spenden und Sammlungen. Für die Nebenarbeiten wie abräumen, Von der Ortsgemeinde Igel: 10 000 DM stapeln, be- und entladen, stellten sich Kiesausbeute der ortsansässigen Firma etliche Dorfbewohner zur Verfügung. 50 Jahre neue Igeler Kirche

Wir, als Jugendliche, wurden vom dama- Am 10. Oktober 1954, dem Patronats- ligen Pastor Johannes Mai angeworben. fest des Hl. Dionysius, wurde die erste hl. Messe in der neuen Pfarrkirche gefeiert. Er kam mit seiner 98er NSU-FOX, mit einer Die Festpredigt hielt der ehemalige Pastor Tarnhose bekleidet zu uns auf den all- von Igel, Herr Regens Johann Markus Kees. abendlichen Treffpunkt auf der Dorfstraße und sprach uns mit dem Satz an: „Morgen Zuvor, am 26.09.1954, hatte Herr Weihbi- abend sehen wir uns im Steinbruch!“ Dies schof Dr. Stein, die Benediktion (Einwei- haben wir dann auch ohne Murren getan. hung) mit Spendung des Sakramentes der Firmung vorgenommen. Die neue Der Zollbeamte Jakob Jost, scherzhaft ge- Pfarrkirche hat neben dem hl. Dionysius nannt „U.v.D.“, sorgte täglich dafür, daß als Schutzpatron auch den hl. Josef. immer genug Hilfskräfte da waren. Auf einen Gehstock gestützt, notierte er die Der hl. Josef stand bei der Grundsteinle- Anwesenden in einem kleinen Notizbuch. gung Pate. Die bischöfliche Behörde er- laubte ausnahmsweise 2 Patronate. Als Als Eigenleistung wäre u.a. auch das An- erster blieb jedoch der hl. Dionysius, ver- bringen der Holzdecke in der Kirche zu mutlich schon wegen des traditionellen erwähnen. Diese Arbeiten erledigten die Igeler Marktes und gleichzeitiger Kirmes. beiden ortsansässigen Schreiner Paul Junk und Richard Trumpfheller. Nur das Die feierliche Konsekration fand am 1. Mai Material wurde bezahlt. 1962 statt. Diese wurde ebenfalls von Herrn Weihbischof Dr. Stein durchgeführt. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 26.07.1953. Die Urkunde verlas Herr Wie bei einem Eigenheimbau, wurden Pastor Johannes Mai. etliche Arbeiten, innen wie außen, erst säulenpost 2|2020

im Laufe der Jahre erledigt. Ebenso be- traf das auch die Inneneinrichtungen.

Zum Beispiel wurden für die seitliche Be- stuhlung zunächst einmal die Stühle aus der 1945 zerstörten Kapelle (sie stand in der Triererstraße/Ecke Kapellenstraße) verwendet.

Die Seitenaltäre wurden erst 1958 an- gefertigt und aufgestellt. Im selben Jahr wurden auch 3 neue Glocken angeschafft und eingeweiht.

Die 4. Glocke, die größte Glocke, stammt aus der alten Kirche.

Durch den Erlös von einer Versteigerung eines ererbten Hauses konnte im Jahre 1967 eine Orgel angeschafft werden.

Hier wäre zu bemerken, dass ursprüng- lich aus Kostengründen keine Empore vorgesehen war. Der Kirchenchor sollte seinen Platz neben dem Hochaltar, der so genannten Marienkapelle haben. Vie- les könnte noch erwähnt und berichtet werden, doch eines sollte nicht verges- sen sein:

Ein herzliches Dankeschön und „Vergelt’s Gott“ den damaligen Verantwortlichen für ihre wagemutige Entscheidung und der Bevölkerung für ihre große Opfer- bereitschaft, in einer doch noch recht kargen Zeit.

Natürlich bleibt eine zum großen Dank verpflichtete Pfarrgemeinde, gegenüber all den Seel­­sorgern, die in den letzten 50 Jahren hier nicht nur das Wort Gottes verkündet haben, sondern auch für den Bau und dessen Erhalt verantwortlich zeichneten.

Igel, im Juli 2004

Franz Boddenberg

* Der Beitrag wurde erstmalig in einer Festschrift anlässlich des 50jährigen Bestehens der Pfarrkirche im Jahr 2004 abgedruckt. Pontonbrücke über die Mosel Auf den Bildern ist die Fertigstellung einer Pontonbrücke über die Mosel in Richtung Igel zu sehen, gebaut wohl von Soldaten im Ersten Weltkrieg. Rechts am Rand ist noch das alte Waschhaus zu sehen, wo sich heute das Kneipp- Tretbecken befindet. Damals konnte man noch bei Niedrigwasser zu Fuß durch die Mosel waten…

Igel in Bildern – Die Mosel Wir präsentieren Ihnen heute einige Fotos zur Geschichte unseres Ortes und haben als Grundthema „Die Mosel“ gewählt. Alle Fotos beschäftigen sich in irgendeiner Form mit dem Fluss oder berühren sein Umfeld.

Fähre … und es gab zwischen bzw. Reinig und Igel einen Fährbetrieb, er wurde Anfang der 60er Jahre im Zuge der Moselkanalisierung eingestellt. Hier ist die Fähre feierlich geschmückt, vielleicht, weil es ein besonderer Anlass war, wie die Körperhaltung einzelner Personen vermuten lässt. „Hindenburg-Brücke“ Das nächste Bild stammt aus den 30er Jahren und ist sehr spannend. Es zeigt einen Blick über unseren Ort aus einer interessanten Perspektive. Im Hintergrund ist die sogenannte Hindenburgbrücke zu sehen, eine Eisenbahnbrücke (1912 errichtet), welche im 2. Weltkrieg zerstört wurde. Übrig geblieben ist nur die diesseitige Vorlandbrücke, welche sich inzwischen in Privatbesitz befindet.

Blick auf Igel von der anderen Moselseite Datiert auf Jahr 1939 ist ein Postkartenmotiv, welches Igel von der anderen Moselseite zeigt. Vorne zu sehen ist auch das Waschhaus, rechts der Bahnhof. Die Bebauung orientierte sich noch stark an der Bahn und der damaligen Provinzialstraße (Triererstraße).

Bleichen an der Mosel Ebenfalls aus den 1930er Jahren dürfte dieses Foto stammen, welches Frauen in der Sonne beim Bleichen von Wäsche zeigt. Die Wäsche wurde am Moselufer ausgelegt. Einweihung als Großschifffahrtsstraße nach Kanalisierung auf dem Dach des Waschhauses. Früher konnte man schnell nach Im Jahr 1964 fand die sehr feierliche Einweihung der Mosel als Wasserliesch gelangen und es gab viele persönliche Verbindungen Großschifffahrtsstraße nach der Kanalisierung statt. Neben zwischen den Orten. Nach dem Wegfall der Fähre und dem Ausbau vielen Ehrengästen auf den Schiffen spielte auch der Musikverein der Mosel zur Großschifffahrtsstraße war der Weg sehr weit.

Luftbild Im Jahr 1986 wurde dieses Luftbild aufgenommen und zeigt die Dorfentwicklung u.a. mit der Entwicklung der Ortslage Schauinsland. Unser Dorf wächst weiter… säulenpost 2|2020

Hochwasser und Niedrigwasser Auch das ist die Mosel. Hochwasser gab es mehrere, hier illustriert mit Bildern aus den Jahren 1983 und 1993. Ganz niedrig war der Wasserstand, als im Juni 2007 das Wasser abgelassen wurde.

2007 Igel in Bildern – Die Mosel

Eisgänge auf der Mosel ... waren früher möglich, z.B. im Winter 1963, wie das erste Foto zeigt. In späteren Jahren ist sie auch noch zugefroren (Bilder von 1997 und 2007), aber eine Überquerung war nicht mehr möglich. Einer der Hauptgründe ist die Erwärmung der Mosel durch das Kernkraftwerk Cattenom.

1997

2007

Das Moseltal Zum Schluss noch ein Blick über das Moseltal aus dem Jahr 2008, mit Rapsfeldern als markantem Blickfang. Wilfried Knickrehm Die römischen

Münzen von Igel (2. Teil) Foto: © shutterstock.com / ciwoa

6. Reguläre und barbarisierte Münzen ten ab dieser Zeit mit Kürzeln ihre Her- inoffiziellen Prägestätten in Villen und kunft (TR=Trier, LVG=Lyon, LON=London, Straßendörfern hergestellt, von denen Es muss zwischen regulären und barba- ARL=Arles usw.), so dass ihre Provenienz im Trier Land schon einige gefunden wur- risierten Münzen unterschieden werden, nachzuvollziehen ist. den. Hinweise auf eine derartige lokale natürlich auch in Igel. Prägestätte in der Villa von Igel/Löwener Barbarisierte Münzen: Mühle gibt es bisher nicht. Die dort ge- Reguläre Münzen: In Krisen (z.B. Bürgerkriegen) riss die fundenen Barbarisierungen müssen an Die regulären Münzen wurden in offi­ Geldversorgung auch in unserem Raum anderen nahegelegenen Plätzen herge- ziellen Münzprägestätten des römischen jahrelang ab, und in dieser Zeit sahen stellt worden sein. Staates hergestellt. Dies waren im 1. und die Menschen keine andere Möglichkeit 2. Jahrhundert – bezogen auf die Fund- an Geld heranzukommen, als es selbst 7. Herkunft der Münzen/ münzen unseres Raums – vor allem Rom zu prägen. Man kann dieses Geld nicht Münz­prägestätten und Lyon. Ab ca. 260 n. Chr. (Zeit des als Falschgeld bezeichnen, sondern wir Gallischen Sonderreichs) nahmen dann nennen diese Münzen heute Barbarisie- Wegen der teilweise recht schlechten Er- auch Köln und Trier die Prägetätigkeit rungen. Sie wurden (wie die offiziellen haltung der Münzen konnten oft Details, auf, allerdings nur für 15 Jahre. Diese Münzen) mit Prägestempeln geprägt, als zu denen auch die Prägestättenzeichen Münzen tragen kein Prägestättenzei- Vorbilder dienten die vorher umgelaufe- gehören, nicht mehr erkannt werden. Bei chen und sind deshalb schwer einem nen regulären Münzen. Von diesen Bar- 207 Münzen ist dies aber gelungen, das Ort zuzuordnen. 293 n. Chr. wurde die barisierungen wurden in Igel immerhin sind immerhin zwei Drittel der Fund- Trierer Prägestätte neu gegründet und 48 Stück gefunden. Sie bilden sogar in münzen. Daraus ergibt sich, dass die erhob sich schnell zu einer der größten den Zeiten des Niedergangs Spitzenwer- überwiegende Mehrzahl der regulären offiziellen Münzstätten des römischen te, die auch im Diagramm sichtbar sind Münzen in Trier geprägt wurde, dann Reiches – zusammen mit ca. 15 ande- (siehe 4.). Besonders deutlich wird das folgen Rom und Arles. Die am weitesten ren Prägestätten zwischen London und in der Zeit 275–285 n. Chr. und 340–367 n. entfernte Prägestätte ist Thessaloniki in Konstantinopel. Die Münzstätten signier- Chr. Diese Notmünzen wurden in kleinen Griechenland. Die römischen Münzen von Igel (2. Teil)

Prägestätte Kenner Münzen in Igel

Trier (Treveris) TR 57

Lyon (Lugdunum) LVG 18

Arles (Arelate) ARL 35

Rom (Roma) R 35

London LON 1 (Londinium)

Nimes (Nemausus) NEM 1

Siscia (Sisak) SIS 4 Kartenausschnitt mit Eintrag der frühen Münzen

Aquileia (Aquileia) AQ 5 folglich auch kaum mehr gem. RIC be- Anmerkung: Thessaloniki (Thes- stimmt werden konnten. Die Zuordnung Es dauerte länger als ein Jahr, ehe wir TES 1 salonica) zu einem Kaiser/Kaiserin gelang in der die ersten beiden Münzen des 1./2. Jhd. Regel nur deshalb, weil die Porträts er- (Claudius I. und Hadrian) fanden. Bis Köln (CCAA) (CA) 1 kannt wurden. Natürlich hat die schlech- dahin hatten wir aber schon mehrere Ticinum (Pavia) T 1 te Erhaltung auch damit zu tun, dass frühe Fibeln gefunden und uns darüber diese Münzen am längsten im Boden la- gewundert, weil sie zeitlich nicht zu den Gallien (lokale Prä- – 48 gestätten) gen. Zudem hat sich in neuerer Zeit die überwiegend spätrömischen Münzen Einbringung von Dünger sehr negativ auf passten. Nachdem später aber immer das Metall ausgewirkt. Bemerkenswert mehr Asse, Dupondien und Sesterze Übersicht: ist, dass die meisten dieser Münzen im auftauchten, war nun sehr wohl ein Zu- Die Auflistung macht deutlich, dass eine flachen Geländebereich ca. 50–100 m hin- sammenhang zwischen den Fibeln und relativ nahe liegende Prägestätte wie ter der Eisenbahnlinie Trier–Luxemburg diesen Münzen herzustellen. Auch die- London keine Rolle spielt im Fundauf- gefunden wurden, oder sogar davor, also se Kombination weist darauf hin, dass kommen aus Igel, und sogar eine große zwischen der B49 und der Eisenbahnlinie. die Münzen des 1./2. Jhd. Grabbeigaben Prägestätte wie Lyon hinter die aus dem Sie werden deshalb von uns mit Gräbern waren, denn die Fibeln werden es ganz ferneren Arles im heutigen Südfrank- entlang der römischen Durchgangsstra- sicher gewesen sein. reich zurückfällt. Die recht große Anzahl ße in Verbindung gebracht (siehe folgen- der Münzen aus Rom ergibt sich auch den Kartenausschnitt) – vielleicht wur- 9. Die Münzen von den Trümmerstellen deshalb, weil die frühen Münzen aus dem den sie aber auch ganz einfach an der 1. und 2. Jhd. überwiegend nur in Rom Straße verloren. Wir haben zwei markante Trümmer­stellen geprägt wurden, und es die meisten Prä- gefunden, die sich durch Ziegelreste aber gestätten des 4. Jhd. zu dieser Zeit noch Es gibt allerdings auch ca. 10 Münzen, die insbesondere durch ein Häufung von gar nicht gab. Etwa 20% der Münzen sind im ansteigenden Gelände lagen (Hänge Münzen zu erkennen gaben. Es waren dies Barbarisierungen der Zeit 275–285 und G, H, J, N, S, T, X). Besonders die Münzen zu 2/3 Münzen des 4. Jhd. – siehe Tabellen 340–367 n. Chr., die in kleinen lokalen Prä- Nr. 86 (Claudius I.), Nr. 87 (unbest. Kaiser) und Foto. gestätten hergestellt wurden, welche und Nr. 98. (Nero) sind hier zu nennen, sicher nicht weit von Igel entfernt lagen. die auf den Hängen S, T und X noch ober- Gerade in den letzten Jahren konnten halb des Grabtempels „Grutenhäuschen“ solche in Meckel, Kahren, Holsthum, Ta- lagen. Wenn auch dies Grabbeigaben wern, Udelfangen und Rosport u. a. iden- waren, dann könnte daraus abgeleitet tifiziert werden (siehe TMF Band 15, Seite werden, dass das gesamte Hanggelände 104–116.) in der frühen Zeit als Gräberfeld gedient hat. Dies widerspräche anderen Hin- 8. Die frühen Münzen von Igel weisen, nach denen die Hänge schon (20 vor Chr. – 180 n. Chr.) in römischer Zeit vielleicht aber erst im 3./4. Jhd. (?) – zum Weinbau genutzt Obwohl es sich hierbei um große Kup- wurden – siehe mögliche Kelter­becken. fer– oder Bronzemünzen handelt, waren Gefundene Netzbeschwerer lassen ver- sie oft so schlecht erhalten, dass Details muten, dass hier auch Netze repariert kaum noch zu erkennen waren, und sie oder getrocknet wurden. säulenpost 2|2020

Außerdem wurde uns von zwei Winzern übereinstimmend berichtet, dass hier beim Setzen von Weinbergpfählen ein- zelne Pfähle im Boden „verschwunden“ seien. Dieses ist wohl nur mit noch be- stehenden Hohlräumen zu erklären. Es könnte eine Hypocaustanlage oder ein Fumarium (Brennkammer unter den Be- cken) sein. Da wir auf diesem Hang auch Stücke von rotweißen Ziegelestrichböden­ gefunden haben könnte man zu folgen- dem Schluss kommen: es handelt sich bei der Trümmerstelle um eine zerstörte Kelteranlage. Die Becken waren beheiz- bar (Fumarium), sie waren mit wasser- dichtem Estrich ausgekleidet. Von den Winzern als Laien dürfte der Estrich mit den roten Ziegelbruchstücken also irr- tümlich als „Mosaik“ gedeutet worden sein. Die Stärke der Estrich–Fragmente beträgt ca. 10 cm. Die Annahme, dass es sich hier um eine Kelteranlage handelt, könnte dadurch gestützt werden, dass sich nur ca. 30 m entfernt eine Quelle befindet (Liescherborn?), die heute in einen Betonkasten gefasst ist.

Anmerkung: Bei der folgenden Liste fällt auf, dass sich unter diesen 32 Münzen mindestens neun Münzen des Etwas östlich von der Trümmerstelle will Kaisers Augustus befinden, weitere verbergen sich vermutlich unter den unbestimmbaren Münzen. Herr Steinmetz/Igel drei Bestattungen Dies ist ein eindeutiger Beleg für den frühen Beginn der Siedlungsgeschichte um die Löwener Mühle herum. (x = 2. Suchbereich, y = 3. Suchbereich) ausgepflügt haben, mit den Schädeln von einem Erwachsenen und zwei Kindern. Zwei weitere, kleine Trümmerstellen sanft ansteigender Hang, der an einem Auf der Trümmerstelle 1 hat er römische konnten auf Acker 2 (zwischen B 49 und parallel zur Bahn verlaufenden Trampel- Mauern abgebaut und bei sich zu Hause Eisenbahn) beobachtet werden, aber pfad beginnt. Nach etwa 30 m springt wieder aufgebaut. diese waren nicht sehr deutlich. Mögli- der Hang um 1–2 Meter an. In diesem cherweise haben hier auch die massiven Bereich lagen fast alle Münzen und hier Die römischen Münzen Bodeneingriffe durch den Bau der Eisen- massieren sich auch die Ziegel. von Trümmerstelle 1 bahn Mitte des 19. Jhd. deutlichere Spu- Auf dem eigentlichen Hang fanden wir ren verwischt. Das Zentrum des Hangs liegt maximal 21 Münzen, auf den danebenliegenden 10 m über dem Gleisniveau der Bahn. Die (und wohl noch dazugehörigen Flächen Trümmerstelle 1 – Beschreibung: Breite beträgt 40–60 m. Insgesamt wirkt F, Q, K, Y) weitere 32, so dass insgesamt Dies war die erste Trümmerstelle, die der Hang wie ein Geländebuckel, denn 53 Münzen von dort vorliegen. 90% ge- wir fanden. Zunächst wurde sie von uns nach Westen (Richtung Löwener Mühle) hören wieder den beiden Hauptphasen deshalb mit der gesuchten Lage der Vil- und nach Osten fällt das Gelände wie- (270–285 und 330–390 n. Chr.) an. la gleichgesetzt. Das war wahrschein- der ab. Ganz besonders deutlich wird lich falsch. Sie liegt etwa 50 m oberhalb das durch die Weide Richtung Löwener Zeit-/Mengentabelle: der Bahn an einem Hang und ca. 200 m Mühle, die sich flach und gerade „wie ein schräg unterhalb des Grutenhäuschens Handtuch“ über ca. 200 m nach Westen 1./2. Jhd. 3 in südwestl. Richtung. Auf einer Diago- erstreckt. Es ist vielleicht der zu eigent- 270/285 9 nalen zwischen dem Grutenhäuschen lichen Villa (die noch weiter im Westen und der Löwener Mühle läge die Trüm- liegt) gehörende Wirtschaftshof. Gemäß 330/350 19 merstelle fast in der Mitte (Hinweis: es Winzer Steinmetz habe man hier in den 364/378 19 gibt von dieser Stelle zwei Skizzen, die 30er Jahren einen „Mosaikboden“ gefun- sie genau beschreiben). Es ist ein relativ den, der aber zerstört worden sei. um 390 3 Die römischen Münzen von Igel (2. Teil)

Die drei sehr späten ½ Centenionales Die ehemalige Mühle, aus der sich spä- aus der Zeit nach 390 n. Chr. belegen, ter der heutige Winzerhof entwickelt dass dieses Gebäude/Kelter (?) bis in hat, musste natürlich an dieser Stelle diese Zeit existiert hat. Die drei frühen und auf dieser Bachseite liegen – nicht Münzen (1 x Claudius I. 41/44 n. Chr. und aber die römische Villa! Dies bedeutet 2 x Hadrian (Domitian?), 90/138 n. Chr.) aber auch, dass die Lage des heutigen weisen vielleicht auf eine frühere Bau- Winzerhofes nicht identisch ist mit der phase hin. Lage der römischen Villa, und dass seine Gebäude die Villa nicht überdecken. Die Weitere Funde von hier: eine Gürtel- westl. Begrenzung der Trümmerstelle ist schnalle, das Fragment eine Siebes, zwei offenbar dort, wo der heutige Acker be- Bronze–Gefäßfragmente, eine eventu- ginnt – ca. 150 m vom Bachlauf entfernt. Fibel mit Büste ell römische Bleifigur (Speerwerfer mit Von der Lage der Trümmerstelle gibt es Schild), das Fragment einer Bronzetafel mehrere Skizzen. Den Schluss bilden wieder sieben kleine usw. Auch zwei frühe Fibeln des 1./2. Jhd. ½ Centenionales – auch hier ein deutli- fanden wir dort, eine davon recht weit Die römischen Münzen ches Zeichen dafür, dass das Leben bis unten am Hang, so dass diese mögli- von Trümmerstelle 2 in das Ende des 4. Jhd. an diesem Platz cherweise ein Grabinventar war und Auf dem Hang, unter dem wir das Zen- weiterging. Dafür spricht auch eine klei- nicht zum Gebäude gehört. trum der Villa vermuten, fanden wir ne Notmünze aus Blei, wie wir sie auch 101 Münzen. Auf den darunter liegen- aus Trier kennen, und die vielleicht sogar Trümmerstelle 2 – Beschreibung den und westlich daneben liegenden in den Beginn des 5. Jhd. datiert werden Diese Trümmerstelle liegt schräg ober- Reben­reihen weiter 20 Münzen. Sollten muss. halb des Winzerhofes „Löwener Mühle“, diese Flächen noch in den Zerstörungs­ jedoch auf der anderen Seite des Stuba- horizont der Villa fallen, dann sind es Unter den fünf frühen Münzen befinden ches. Heute ist dort eine mit Obstbäu- insgesamt 121. sich drei des Augustus. Zwei dieser Mün- men bestandene Wiese. Dieses ist mit zen lagen wieder weit unten am Hang Sicherheit der Standort der römischen Zeit-/Mengentabelle: Richtung Bahnlinie – sie könnten also Villa (der auch der Grabtempel Gruten- wieder frühe Grabinventare gewesen häuschen zuzurechnen ist), und von der 1./2. Jhd. 5 sein. Eine dritte Münze des Augustus D. Krencker 1922 schrieb: „Oberhalb der lag relativ weit westl. der eigentlichen 260/285 26 Löwener Mühle sind vielfach Reste von Trümmerstelle. römischen Mauern gefunden worden, 316/355 48 die das Vorhandensein einer größeren 364/388 35 Weitere Funde von hier: drei Fragmente römischen Villa dort vermuten lassen“. von Bronze–/Silbertellern, eine Riemen- Mauern haben wir dort nicht mehr ge- nach 390 7 zunge in Amphorenform, mehrere Leder- sehen, wohl aber sehr viele Ziegelreste beschläge und drei Fibeln: eine Hülsen- unter dem Gras. Abgesehen davon, dass hier eine mehr scharnierfibel 1. Jhd., eine Scheibenfibel als doppelt so große Münzmenge vor- aus dünnem Bronzeblech mit eingepunz- Die Trümmerstelle beginnt im Süden liegt als von Trümmerstelle 1, zeigt sich ter Büste eine jungen Mannes/einer jun- vielleicht schon auf Höhe des Winzer- in der zeitlichen Verteilung doch ein gen Frau, 4. Jhd. (?), eine Zwiebelknopffi- hofes Löwener Mühle – (wobei aber ähnliches Bild. In der ersten der beiden bel (Querarm) um 400 n. Chr. Gerade die auch die dortige Durchgangsstraße Hauptphasen beginnen die Münzen al- letzte Fibeln deutet ebenfalls auf das berücksichtigt werden muss) und zieht lerdings schon früher als 330 n. Chr. (vier Ende des 4. Jahrhunderts und passt gut sich dann einen Hang hoch mit 10–15 Münzen aus der Zeit ab 316). Und diese zu den späten Münzen – die Zwiebel­ m Höhenunterschied, bis zum unters- Phase überwiegt auch gegenüber der knopffibel hat vielleicht sogar einen ten querverlaufenden Weinbergweg. folgenden (364/388). Das folgende Foto mili­tärischen Bezug. Die östliche Begrenzung bildet ein tief zeigt eine Maiorina des Constans aus eingeschnittenes Bachtal – allerdings Trier (348/350 n. Chr.). Anmerkung: ist der heutige Stubach nur noch ein Dieser Aufsatz ist eine Fortsetzung der Rinnsal. Die Löwener Mühle liegt ge- Arbeiten des Verfassers über die Funde nau auf der anderen Seite des Baches, von Igel im Jahrbuch Kreis Trier- wie in einem Loch. Diesen Eindruck 2010 mit dem Titel: „Die römische Villa an hat man jedenfalls, wenn man von der der Löwener Mühle und das „Grutenhäus- römischen Trümmerstelle auf den Hof chen“ – Neue Erkenntnisse durch neue hinuntersieht. Funde.“ (Seite 164 – 175). säulenpost 2|2020

Grutenhäuschen 10. Zusammenfassung

Die römischen Münzen von Igel liefern erstmals konkrete Boden Informationen zu entlocken. Dass es dabei sogar Hinweise darauf, wann die Besiedlung des Geländes zwi- einen Beweis auf eine noch frühere keltische Besiedlung schen den heutigen Orten Igel und Wasserbilligerbrück gegeben hat, ist um so erfreulicher. begann, wie lange diese Besiedlung andauerte und welche Einbrüche es gegeben hat. Eine solche Datierungsmöglich- Die zahlreichen Münzen des Kaisers Augustus entlang der keit gab es davor nicht. Sie schließt auch die Datierung von ehemaligen antiken Durchgangsstraße weisen auf Gräber mehreren in Trümmern liegenden antiken Gebäuden und hin, und damit natürlich auch den Besiedlungsbeginn. Die des Grabtempels „Grutenhäuschen“ mit ein, der natürlich eigentlichen Münzkonzentrationen liegen allerdings am mit diesen Gebäuden in Beziehung stand. Die Fund­münzen Ende des 3. Jahrhunderts und in der 2. Hälfte des 4. Jahr- sind dafür die beste denkbare Möglichkeit, wegen ihrer hunderts, und sie zeigen Besiedlungsschwerpunkte in der großen Zahl und wegen ihrer manchmal jahrgenauen Zeit an, wahrscheinlich aber auch die zwei Zerstörungen Präge­daten. der Anlagen.

Zusammen mit den anderen Funden ergibt sich damit ein Dennoch ist das Leben dort weitergegangen, wenn auch Bild für diese Gegend, das sicher mit der Situation in Igel wohl in vermindertem Rahmen. Das beweisen die späten selbst (Igeler Säule) vergleichbar ist, wo wegen der dichten kleinen Münzen des Theodosius I. und Arcadius ganz am modernen Bebauung eine solche Untersuchung nicht mög- Ende des 4. Jahrhunderts. Die größeren römischen Gebäu- lich ist. Die westlich von Igel gelegenen unbebauten Flä- de der dort lebenden Menschen sind heute zwar unsicht- chen, Weinberge und Äcker (mit dem antiken Grabtempel bar, aber sie sind nicht völlig verschwunden. Sie liegen un- und der im Zentrum gelegenen Villa) waren dagegen vor- ter der Erde und sind möglicherweise noch besser erhalten züglich für eine Oberflächensuche geeignet. als man das vermuten konnte. Sie konnten vor allem durch die römischen Münzen lokalisiert werden, die direkt an der Diese Situation sowie die Stillegung von Weinbergen im Oberfläche lagen. Es ist zu wünschen, dass diese Gebäude Jahr 2005/2006 haben der Verfasser und H. Jakobs in einer eines Tages ausgegraben und erhalten werden – als Ergän- ca. 1000-stündigen Suche und Aufarbeitung dazu genutzt, zung zu den Grabtempeln und Grabdenkmälern Igeler Säule um den Römern dort „auf die Spur zu kommen“ und dem und Grutenhäuschen. Die römischen Münzen von Igel (2. Teil)

11. Schlussbemerkung

Das hier geschilderte Projekt war eine „2-Mann-Aktion“ von an der römischen Geschichte begeisterten Trierer Bürgern. Der Verfasser hat darüber auch zwei Vor- träge in Igel (Gemeindehaus) und Trier (Warsberger Hof) gehalten. Schon sehr früh (2008) wurde das Thema von ihm an die Gemeinde bzw. den Heimat- und Kulturverein von Igel herangetragen, al- lerdings ohne nennenswerte Resonanz seitens der Gemeinde. Dem Vorsitzen- den des Heimat- und Kulturvereins Herr Daniel Karl ist es zu verdanken, dass die Funde und Aufzeichnungen nun in Igel verbleiben und auch wissenschaftlich aufgearbeitet werden.

12. Nachtrag: Ein Exkurs in das Jahr 1792

Thema dieser Arbeit waren zwar die römi- schen Münzen von Igel, aber ein 2-Pfen- Die Löwener Mühle mit einem Antoninian (das ist eine Münzssorte des 3. Jahrh.) des Tetricus II. Die Münze wurde im Bereich der dort angenommenen Villa gefunden. nig-Stück aus Sachsen, Weimar und Eise- nach (SWUE) verdient es, wenigstens in einem Nachtrag erwähnt zu werden. Der Ablauf: brach die Ruhr aus. Am 1. Oktober wur- Verfasser hat es am 27.10.2006 ca. 300 m Anfang August 1792 lagerten die preu- de der Rückzug befohlen, und der Her- westlich des Grutenhäuschens in einem ßisch-österreichischen Truppen zwischen zog von Braunschweig wies Goethe an Weinberg gefunden. Es wurde 1792 in der Karthause und . Am 7. August niederzuschreiben: „Wir wurden nicht Weimar geprägt, und im August oder Ok- wurde eine Pontonbrücke zwischen dem vom Feinde, sondern von den Elementen tober 1792 sogleich wieder verloren, und Zewener Turm und Igel über die Mosel überwunden.“ zwar sehr nahe dem Grutenhäuschen. geschlagen, über welche die Armee dann Die Geschichte dieses 2-Pfennig-Stücks übersetzte. Der anschließende Vormarsch Der Feldzug endete als furchtbarer Fehl- lässt sich wie folgt rekonstruieren: muss direkt an der Löwener Mühle bzw. schlag, Tausende von Soldaten verloren dem Grutenhäuschen vorbei Richtung ihr Leben, vor allem durch die Ruhr. Das Ab August 1792 führte eine preußisch- Luxemburg erfolgt sein. Dabei ging wahr- zurückflutende Heer kam vermutlich österreichische Koalitions–Armee von scheinlich das 2-Pfennig-Stück verloren. wieder nahe dem Grutenhäuschen vor- 62.000 Mann einen Feldzeug gegen das bei, auch dabei könnte das 2-Pfennig- jakobinische Frankreich durch, an dem Goethe reiste dem Herzog von Weimar Stück verloren gegangen sein. auch Johann Wolfgang von Goethe (als (der ein eigenes Regiment befehligte) eine Art Kriegsberichterstatter für seinen mit einiger Verspätung hinterher, wobei Die in unserem Raum sicher sehr un- Landes­vater, den Herzog von Weimar) er in Igel am 23. August einen Zwischen- gewöhnliche Fundmünze aus Sachsen, teilnahm. Er beschrieb diesen Feldzug stop einlegte, um die Igeler Säule zu be- Weimar und Eisenach (Revers: SWUE) später in einer autobiografischen Pro- sichtigen und zu beschreiben. Die Trup- kann nur etwas mit diesem misslunge- sa-Schrift unter dem Titel: „Die Kampag- pen waren bereits in großer Hitze über nen Feldzug zu tun haben. Das Prägejahr ne in Frankreich.“ Wasserbillig und Grevenmacher Rich- ist identisch mit dem Jahr des Feldzugs, tung Verdun marschiert, das sie dann der Prägeherr, es war der Herzog von einnahmen. Weimar, zog mit seinem Regiment ganz nahe am Grutenhäuschen vorbei. Ob das Ab dem 19. September belagerten sie Geldstück nun von einem Soldaten des die Stadt Valmy, und es begann die be- sächsischen Regiments oder sogar von rühmte (und erfolglose) „Kanonade von Johann Wolfgang von Goethe persönlich Valmy“. Dann setzte heftiger Regen ein, verloren wurde, das wird sich leider nie es herrschte Hunger, unter den Soldaten mehr klären lassen. 2 Pfennig von 1792, Vorder- und Rückseite Unser Dorfbrunnen

Ein Meisterwerk und gut gelungen und vielerorts schon oft besungen – Die alten Römer, auch die Hunnen, bauten früh schon solche Brunnen.

Ein alter Bauer meint gescheit, man greift zurück zur alten Zeit. Die moderne Welt hat viel zerstört. Drum sei dieser Brunnen stets geehrt.

Brunnenwasser – köstlich rein und frische Luft und Sonnenschein. Dieser Spruch gilt heut und morgen. Unser Dorf ist schöner geworden.

Ohne Wasser gibt’s kein Leben, ohne Wasser auch kein Segen. Gutes Wasser, ein köstlicher Trank. Gutes Wasser: Gott sei Dank! Foto: © BoxyPics

Aus der Chronik

Galgenberg heißt diese Lage. Man hoffte, daß es gelinge, So heißt sie noch, bis zum heutigen Tage. ein Reh zu fangen mit der Schlinge. Gedichte von Was mich hier aber sehr verwundert, Oder mit Zittern und Bangen, Peter Premm (†) ist - was hier geschah - im 16. Jahrhundert. eventuell einen Hasen zu fangen. Es herrschte Hunger, Pest, Elend und Not, Er war ja hungrig und hungrig sein Weib, aus Liersberg dazu den Menschen mit Aufhängen gedroht. und vier kleine Kinder hatten auch nichts im Leib. Hier in Liersberg im Freien, bei Tageslicht, Der arme Mann wurde ertappt auf frischer Tat. tagte für fünf Ortschaften das hohe Gericht. Vor dem hohen Gericht wurde er angeklagt.

Die Liersberger stellten dann jedesmal, Nun stand er da, der arme Knecht, Laurentius die Bänke und das Tribunal. vor diesem Gericht bekam er kein Recht. Mit den Igeler ging es weiter. Nach vorne gebeugt und kahl geschoren, Eine schöne Legende aus seinem Leben, Sie sorgten für die Galgenleiter. vor 40 Jahren schon arm geboren. möchte ich gerne wiedergeben. Es kam ein Mann von Spanien nach Rom Die Langsurer aber stellten dann den Ort Alle stimmten an den Todesgesang: und besuchte dort den Petersdom. und den Platz auf ihrem Bann. Das Urteil lautet: Tod durch den Strang. Die Mesenicher zimmerten voller Stolz, Vom Kappenberg aus begann die Exekution, Weil sein Lebenswandel ohne Tadel, einen Vierkantbalken aus starkem Holz. gefolgt von einer ganzen Schwadron. kam er gleich zum Kirchenadel. Und Grewenich lieferte als letztes Stück, Am Galgenberg dann angekommen: Der Papst Sixtus II (258) tat ihn belohnen, die Weide; genannt: der Galgenstrick. Der Angeklagte schon ganz benommen. und zählte ihn zu seinen sieben Diakonen. So war damals schon, zu alter Zeit, Das Hohe Gericht mit seinen Gestrengen, alles schön gerecht verteilt. ließen dann den armen Sünder hängen. Doch der böse Kaiser Valerian, wohnte im Palast gleich nebenan. Der Lebensstandard auf Minimum. Man zog dann fest an dem Galgenstrick, Er fing an die Christen zu verfolgen, Todesängste gingen um. und brach somit dem armen Mann das Genick. und das hatte schwere Folgen. Die Menschen waren ganz primitiv Er baumelte nun noch zum Entsetzen, und der Haussegen hing fast immer schief. halbnackt bekleidet, nur in Fetzen. Für den Laurentius im Evangelium, begann ein schlimmes Martyrium. Man hatte keinen Glauben, keine Religion, Er baumelt danach noch tagelang, man ging nicht beichten, nicht zur Kommunion. umgekommen durch den Strang. Kaiser Valerian, verbittert und erbost, Das Kirchenhaus war nahe dem Zerfall, Das scheußliche Bild erweckte Schrecken. ließ Laurentius binden auf ein Rost. es ähnelte mehr dem Schweinestall. Genau das wollte man damit bezwecken.

Kein Erbarmen war zu erkennen, Drum ließ der Priester diese Schergen, Den Toten lud man auf einen Wagen, und ließ Laurentius einfach verbrennen. alle ohne Letzte Ölung sterben. und fuhr ihn dann zum Seelengraben (in der Siel). Es geht uns heute noch zu Herzen, Damals ging es nur ums Überleben. Hier bekam er seinen letzten Segen. wie erträgt man solche Schmerzen. Was sich bot, das kam gelegen. Es war für ihn ein kurzes Leben. Jens Fachbach Im Schatten der Säule? Die alte Igeler Pfarrkirche als Kunst- und Kulturdenkmal

Ohne Zweifel kommen die meisten Besucher wegen des berühmten römischen Grabmals nach Igel. Die alte Pfarrkirche St. Dionysius sehen sie meist nur flüchtig im Hintergrund und halten sie bloß zufällig auf ihrem Erinnerungsfoto fest. Aber auch diese kleine Kirche ist ein bemerkenswertes Kunst- und Kulturdenkmal und hat Beachtung verdient. säulenpost 2|2020

icht zuletzt auch deshalb, weil ben werden wollte, dem heutigen St. De- beim Straßenbau­ in den 1970er nis. Die Hinrichtung fand angeblich auf NJahren viele andere Baudenkmä- einem Hügel statt – dem heutigen Mont- ler im Ort abgerissen wurden und an- martre. So war es gar nicht unpassend, dere bis zur Unkenntlichkeit verändert die dem Heiligen geweihte Igeler Kirche sind. Für Gottes­dienste wird die alte auf einem kleinen Hügel über dem Ort zu Kirche heute freilich nur noch selten be- erbauen. nutzt, seit man 1953/54 die „neue“ Pfarr- kirche nach Plänen des Trierer Architek- Wertvoller Kirchenschatz ten Peter Marx errichtete. 1339 wird in einer Urkunde erstmals ein Sagenhafte Anfänge Pfarrer in Igel erwähnt, zu diesem Zeit- punkt muss es also eine Pfarrei gegeben Anders als bei Domkirchen oder bedeu- haben. Im Besitz der Kirche ist noch heu- tenden Klöstern gibt es zur alten Igeler te ein besonders kostbares Stück, das Kirche vergleichsweise nur sehr wenige ungefähr aus dieser Zeit stammt, von schriftliche Unterlagen – manche Nach- dem man allerdings nicht weiß, ob es richt wird zwar in heimatkundlichen Ver- auch damals schon in Igel verwahrt wur- öffentlichungen immer wiederholt, aber de: Ein silbernes Kopfreliquiar in dem die Suche nach Belegen dafür läuft oft sich ein Stück vom Schädelknochen des ins Leere: So soll angeblich im Jahr 700 Heiligen Dionysius befindet. Oberteil einer Sakramentsnische, 1470 (Foto: H.W. Weisskircher) das ehemalige Landgut der Secundinier (also ausgerechnet der Familie für die Alles Ansichtssache? die Igeler Säule errichtet wurde!) von fränkischen König Childerich III. an den Ein weiteres Problem bei ländlichen Bischof von Trier Liutwinus geschenkt Pfarrkirchen ist, dass es meist keine äl- worden sein – und an der Stelle dieses teren Abbildungen davon gibt – während Landguts habe man dann die Igeler Kir- bedeutende Städte schon im Zeitalter che erbaut. Tatsächlich wird der Ort Igel der Kupferstiche durch Ansichten ver- aber erstmals im Jahr 929 erwähnt, für ewigt wurden, entstanden die ersten Ab- die Zeit davor gibt es keine schriftlichen bildungen von kleinen Dörfern meist erst Belege für eine Kirche. im Zeitalter der Fotografie und der Post- karte. Deshalb kann es als Besonderheit Aus dem Jahr 1265 stammt jedenfalls die gelten, dass von der Igeler Pfarrkirche erste Erwähnung eines „Rektors“ an einer mehrere alte Ansichten existieren. Kirche in Igel, so dass es spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Gotteshaus im Ort Die älteste ist 1571 entstanden und gegeben haben muss. Ungefähr aus die- stammt von Johann Bertels (1544-1607) ser Zeit dürfte auch der älteste Teil der der als Abt von Neumünster (Lux.) und heutigen Kirche stammen, der Turm. später Echternach nach Orten sortierte

Dass man die Kirche auf einer Anhöhe über dem Ort errichtete, ist nicht so un- gewöhnlich. Viele frühe Kirchen an der Kopfreliquiar aus Silber, um 1300-1350, Mitra und Teller 16. Jh. Mosel wurden oberhalb der Dörfer er- (Foto: H.W. Weisskircher) baut, sicher auch um die Ausbreitung des Christentums zu verdeutlichen. In Vielleicht stand dieses wertvolle Stück Igel mag aber auch der Patron eine Rol- einmal in einer sogenannten Sakraments­ le gespielt haben: Der Heilige Dionysius nische, ein in die Wand eingelassenes Ge- war der Überlieferung nach ein Mis- häuse aus Stein, von dem heute leider nur sionar der nach Gallien geschickt und noch das Oberteil mit einer Darstellung erster Bischof von Paris wurde. Wegen des auferstandenen Christus und der seines Glaubens enthauptet lief er, mit Jahreszahl 1470 erhalten ist. Trotz seiner seinem abgeschlagenen Kopf in der starken Beschädigung erkennt man noch Hand, bis zu dem Platz, an dem er begra- die hohe Qualität der Bildhauerarbeit. Johann Bertels: Ansicht von Igel, Zeichnung 1571 Alte Igeler Pfarrkirche

Güterverzeichnisse seiner Abteien an- Chor der Kirche erneuert. Vielleicht wur- legte und dazu auch von fast jedem Ort de auch damals der Turm verändert. Man eine kleine Ansicht zeichnete. hat ihn nämlich einmal um ein Stockwerk erhöht und dabei die alten Säulen der Die Zeichnung von Igel zeigt den Blick Schallarkaden, hinter denen die Glocken etwa vom heutigen Friedhof aus über den hängen, ein Stockwerk höher wieder ein- Ort Richtung Mosel, die hinter den Häu- gebaut. Vielleicht wurde im Zusammen- Alte Igeler Pfarrkirche St. Dionysius sern als grünlicher Streifen erkennbar ist. hang mit diesem Umbau auch die 1747 Im Vordergrund links sieht man den obe- gegossene neue Glocke angeschafft. In einem Bericht über den Ort und seine ren Teil der Säule, rechts die Pfarrkirche. Kirche aus dem 19. Jahrhundert heißt es Der nächste Pfarrer, Nikolaus Lamberty „die Ausstattung der Kirche ist nicht im Man muss allerdings vorsichtig sein, was weigerte sich aber, auch das Kirchenschiff bäuerischen, sondern in städtischen Ge- die Genauigkeit der Bertels-Zeichnungen auf seine Kosten neu erbauen zu lassen. schmacke, und die Einwohner des Ortes angeht: Sie sind vermutlich mehr oder Erst nach einem Prozess der luxembur- sind fleißig zur Arbeit und legen viel Sinn weniger aus dem Gedächtnis angefertigt gischen Regierung gegen ihn, konnte die für Ordnung an den Tag, sowohl in der Kir- und daher nicht immer bis ins Detail zu- Baumaßnahme 1758 in Angriff genommen che wie auch sonst in ihrem bürgerlichen treffend. Die Igeler Pfarrkirche zeigt sich werden – man versteigerte den Auftrag Leben“. Diesem positiven Urteil fügte der mit einem rotbraunen Kirchenschiff und und der günstigste Bieter erhielt den Auf- Trierer Generalvikar Philipp de Lorenzi Turm, an den Turm ist allerdings noch ein trag. Ein im Gewölbe eingelassener Stein 1887 anerkennend hinzu: „Wir möchten weißer Anbau angefügt, den es so nicht trägt das Datum 5. September 1759, so an ihnen noch besonders hervorheben, gegeben haben kann, denn dort fällt das dass die Kirche zu diesem Zeitpunkt weit- daß sie ihre Pfarrkirche auf der erhabe- Gelände steil in Richtung Hohler Weg ab. gehend fertig gewesen sein dürfte. nen Stelle über dem Dorf haben stehen lassen, statt sie ins Thal hinabzutragen In den Jahren nach Bertels hielten eine Etwa aus der Zeit der beiden Baumaß- um sie bequemer besuchen zu können.“ ganze Reihe von Künstlern die Igeler Kir- nahmen stammen auch die heute noch che auf Abbildungen fest – aber ähnlich vorhandenen, barocken Altäre: Der Hoch- Auch wenn die Igeler Bürger mittlerweile wie die Touristen heute mehr zufällig, weil altar aus den 1740er Jahren, die beiden ihre Pfarrkirche ins Tal hinabgetragen ha- sie eigentlich die berühmte Säule abbilden Seitenaltäre aus der Zeit um 1765/70. Die ben, so achten sie doch nach wie vor ihre wollten. Allerdings wurden viele dieser Seitenaltäre besaßen ursprünglich wahr- frühere – seit 2018 kümmert sich ein För- Druckgrafiken nach schon vorhandenen scheinlich Gemälde, die heutigen Skulp- derverein um ihre Erhaltung, damit dieses angefertigt, und der Künstler schmückte turen wurden 1891 aufgestellt. Im Hoch- Denkmal der Kunst- und Kirchengeschich- die Ansicht der Kirche oft noch ein wenig altar befindet sich eine 1931 entstandene te auch in Zukunft bewahrt werden kann. aus oder gab sie falsch wieder. Daher muss Christkönigskulptur, ursprünglich könn-

man auch bei diesen Abbildungen vorsich- te hier zumindest zeitweilig eine Figur Literatur: tig sein und darf sie nicht ohne weiteres der Luxemburger Madonna gestanden Alex Langini: Die Marienkapelle, in: säulenpost 1, 2019, für bare Münze nehmen. In den 30er Jah- haben, die sich in der 1945 zerstörten S. 22-23. ren fertigte der Architekt Franz Krause Marienkapelle befand und noch in den Aloys Leonardy: Unter dem Schatten der Adlerflügel. 2000 Jahre Igeler Heimatgeschichte. 50 v. Chr. bis 1949. eine Zeichnung an, die nach diesen Abbil- 1920er Jahren im Marienmonat Mai auf Hrsg. vom Heimat- und Verkehrsverein Igel, o. O. 1972. dungen das Aussehen der Kirche Ende des den Hochaltar gestellt wurde. Aloys Leonardy: Aus der Geschichte der Wappen der Familie de Kahn und (de) Burleus in Igel, in: Mitteilungen 17. Jahrhunderts wiedergeben soll. der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde 28, 1887 wurden die noch vorhandenen Kreuz- 1977, S. 71-73. wegstationen angeschafft, aus dieser Zeit Philipp de Lorenzi: Geschichte sämtlicher Pfarreien der Eine Streitsache Diöcese Trier. 1. Band: Regierungsbezirk Trier, Trier 1887. stammen vermutlich auch die bunten Jacques Mersch: La colonne d’Igel. Das Denkmal von Igel. Dieser Kirchenbau muss in jener Zeit in Feinsteinzeugfliesen des Kirchenfußbo- Essai historique et iconographique (=Les publications einem schlechten Zustand gewesen sein – dens. Ebenfalls im Geschmack der Zeit war mosellanes 24), Luxemburg 1985. Matthias Schuler (Hrsg.): Geschichte der Pfarreien der wie bei vielen Landpfarrkirchen waren wohl auch eine Ausmalung mit Quadern Dekanate Trier, Konz und Engers für den Unterhalt der einzelnen Gebäu- und Ornamenten gehalten, die heute an (= Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier 2), Trier 1932. deteile verschiedene Institutionen oder einigen Stellen unter dem abgeblätterten Paul Spang: Bertels abbas delineavit (1544-1607). Les des- sins de l’abbé Jean Bertels comment le premier historien Personen zuständig, die oftmals ihrer Anstrich der Wänden zu sehen ist. du pays de Luxembourg a vu et dessiné notre région Unterhaltspflicht nur zögernd nachka- européenne et les hommes qui y vivant, Luxemburg 1984. Ewald Wegner: Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, men. Daher bestehen viele alte Kirchen Danach wurden keine wesentlichen Ver- Band 12: Kreis Trier-Saarburg, 2. Teil: Verbandsgemein- aus unterschiedlich alten Bauteilen, je änderungen mehr an der alten Pfarrkir- den Ruwer, , Trier-Land, Worms 1994. nachdem wann sich der Zuständige zu che vorgenommen, wohl weil sie zu klein Ernst Wackenroder: Die Kunstdenkmäler des Land- kreises Trier (= Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz einer Erneuerung durchringen konnte. geworden war und man an einen Neubau 15,2), Düsseldorf 1936. Vor 1749 wurde jedenfalls auf Kosten im Ort dachte, der aber erst nach dem Karl-Heinz Weichert: Igel. Hrsg. vom Heimatverein Igel, der Erben des verstorbenen Pfarrers der Zweiten Weltkrieg möglich wurde. o. O. 1987. säulenpost 2|2020

IMPRESSUM Ausgabe: säulenpost 2|2020 (September 2020) Herausgeber: Heimat- und Kulturverein Agulia e.V. Redaktion: Daniel Karl, Anne Hilker Gestaltung: Matthias Freiberg Druck: LASERLINE GmbH Auflage: 1500 Exemplare Bildrechte: Die Bildrechte liegen, soweit nicht anders angegeben, bei den Autoren der jeweiligen Artikel. Diese Ausgabe der säulenpost wird kostenlos an alle Haushalte der Ortsgemeinde Igel verteilt.

Der Heimat- und Kulturverein Agulia e.V. bedankt sich bei allen Sponsoren dieser Ausgabe! Fotos: Marie-Luise Geißler

Begeisterte Besucher des Zubringerwegs zum Moselsteig Aber, ist es möglich, dass hier an der Mosel, der Lavendel finden den Weg durch die Igeler Weinlage „In den Dullgärten“ genauso gut wächst wie im Süden Europas, von wo wir ihn in und stellen fest, hier wächst nicht nur guter Wein sondern riesigen Plantagen vorfinden? Ja, es funktioniert. Ildikó und auch die Luft riecht gut! Augen zu – und einmal ganz tief Thomas Reiter, ein Ehepaar aus Igel und voller Leidenschaft den betörenden Duft durch die Nase einsaugen. Und schon für Lavendel, zeigen dass es geht. Sie leisten in ihrem entstehen Bilder im Kopf: es riecht nach Sommer, Sonne, Garten dadurch auch einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung Urlaub. Augen wieder auf – zur Blütezeit ab Juni strahlt hier ein der Artenvielfalt und Biodiversität in unserem lokalen kleines Lavendelfeld in opulenten Blau- und Violett-Tönen und Lebensraum, da Lavendel, so wie Kräuter oder Heilpflanzen verströmt einen herb-süßlichen Duft, der den Sommerwind im Allgemeinen, sehr gute Nahrungsquellen für Wildbienen, würzt, wenn er über unsere schöne Landschaft weht. Schmetterlinge und andere Insekten darstellen.

Wie entstand die Idee in einem brach- mag Lavendel sehr, für mich ist es ein Thomas: Die Kultivierung dieser Wein­ liegenden Weinberg ein Lavendelfeld Stück Heimat und ich träumte schon bergs­­parzelle, im steilen Hang, war richtig anzulegen? Das ist doch sicherlich ein immer davon mit Lavendel, Kräutern körperliche Arbeit – Handarbeit! Das Ge- sehr arbeitsintensives Projekt, mit dem und wohlriechenden Aromen umgeben lände ist so unwegsam und der Boden steinigen Boden, der hier vorliegt? zu sein. In meiner Freizeit bin ich gerne sehr steinig, dass fast nur die Hand­ in der Natur unterwegs und liebe es mit arbeit übrig bleibt, um eine solche Auf- Ildikó: Jeder, der nur etwas Kleines tut, meinen Händen in der Erde zu arbeiten. gabe zu bewerkstelligen. kann unserer Natur helfen. Erhaltung Mein ca. 600 m2 großer Kräuter­garten Im Gegensatz dazu war das Ziehen der eines Lebensraums durch Nutzung ist sowie mein eigens angelegtes kleines Setzlinge relativ einfach. Jedoch brauch- unser Beitrag zum Natur- und Umwelt- Lavendelfeld mit Blick auf die Mosel ten die Setzlinge auch mehrere Jahre, bis schutz. Ich komme aus Ungarn und dort, sind mein ganzer Stolz. Ein Lavendel- sie stark genug waren und in die Anlage, in meiner Heimat, gibt es auch ganz viele feld anzulegen war der Grundstein für die aus fünf Reihen besteht, gesetzt wer- Lavendelfelder und diese haben eine meinen Traum und die Basis für meine den konnten. sehr lange Tradition, auch wegen der heutige Tätigkeit als ausgebildete Aroma­ Die Mühen waren es wert! Im Sommer vielseitigen Wirkung als Heilpflanze. Ich therapeutin. leuchtet es jetzt, weithin sichtbar, „blau“ säulenpost 2|2020

wenn der Lavendel blüht. In diesem Jahr (2020) hat die Blüte besonders früh be- gonnen, schon in der ersten Junihälfte. Es ist vermutlich ein Zeichen des sich ändernden Klimas, das die Vegetations- zeiten aufgrund gestiegener Temperatu- ren immer früher beginnen lässt. Noch kommt der Lavendel als mediterrane Pflan­ze gut mit dem hier vorherrschenden Terroire klar. Wir beobachten auch, dass Wildbienen bei Sonnenschein sehr rege in dem Blüten­­ meer tätig sind und für ein sehr lautes Summen in der Luft sorgen. Zahlreiche Schmetterlinge und Libellen sowie un- zählige Bienen, Hummeln und andere Insekten werden durch das große Blüten- angebot angelockt. Ein phantastischer Anblick!

Wie viele Pflanzen braucht es für eine Reihe Lavendel?

Thomas: Hmm, als wir im Jahr 2015 be- gannen die Parzelle zu kultivieren, haben Ildikó Reiter, Aromatherapeutin. Lebt seit 2011 in Igel und ist mit Thomas Reiter wir die Anzahl der Pflanzen nicht genau verheiratet, einem echten Igeler Jung'. Frühere Generationen der Familie Reiter gezählt. Schätzungsweise haben wir ca. bauten Wein an. Und so kommt es, dass die im Familienbesitz befindliche brach- 250 Setzlinge eingepflanzt, aufgeteilt in liegende Weinbergsparzelle nun einer neuen Nutzung zugeführt wurde.

Deutscher Name: Lavendel mehrere Reihen. Insgesamt sehen wir dort dels tatsächlich entdeckt wurde, ist nicht Botanischer Name: Lavandula angustifolia drei verschiedene Sorten von Lavendel­ überliefert – wohl aber, dass Hildegard Familie: Lippenblütler (Lamiaceae) arten. So können wir insgesamt den Zeit- von Bingen im frühen Mittelalter wohl die Blütezeit: Juli bis August raum der Blüte strecken und mit dem Nase vorn hatte bei der Beschreibung der Herkunft: Mittelmeergebiet Schnitt der Pflanzen zum richtigen Zeit- segensreichen Wirkung von Lavendel. Echter Lavendel: Seine Krauttriebe punkt eine zweite Blüte provozieren. Wir sind dicht mit schmal-lanzettlichen setzen auf einen biologisch-organischen Ist Lavendel denn nun wirklich eine Blättern besetzt. Die Blätter sind auf Anbau. Heilpflanze? der Unterseite weiß-filzig behaart, auf der Oberseite eher grau-grün. Der Standort ist ideal: Ausrichtung gegen Die violetten Blüten sitzen am Ende der Süden, ein kalkhaltiger Boden – ideal für Ildikó: Ja, vor allem der Echte Lavendel. 10 bis 15 cm langen, behaarten Stängel Pflanzen, die mit dem mediterranen Klima, Der Echte Lavendel, auch wilder Laven- in ährenähnlichen Scheinquirlen. das hier im Moseltal vorherrschend ist, del genannt, wächst zwar ursprünglich gut klar kommen. südlich der Alpen, kommt aber auch mit unserem Klima zurecht. Es braucht Lavendel – der Name kommt angeblich ca. ein Kilogramm Blüten, um aus dem aus dem Lateinischen und leitet sich Destillat 10 Gramm ätherisches Öl zu von ‚lavare‘ ab: waschen. Von den Römern gewinnen, die ein Vielfaches mehr an ist überliefert, dass sie bereits von dem wertvollen Eigenschaften enthalten als ätherischen Öl der Lavendelpflanze herkömmlicher­ Lavendel. wussten, sich im Lavendelwasser bade­ ten und mit Lavendelöl einrieben. Die Vielen Dank, Ildikó und Thomas, für das Überbleibsel römischer Badeanstalten spannende Interview und die vielen Infor­ sehen wir ja heute noch in Trier in Form mationen über Lavendel. der Kaiserthermen bzw. der Barbara­ Franz Eugen Köhler, Köhler‘s Medizinal-Pflanzen thermen. Wann die Heilkraft des Laven­ Das Interview führte Anne Hilker Anne Hilker

Rot oder violett – und super fein so prächtig ist Buntsandstein! Krebse, Austern, Schalentier Muschelkalk – den haben wir!

Foto: Marie-Luise Geißler

ort, wo wir heute bequem auf In der Rückzugsphase des Meeres im Die Zuflusswege waren sehr flach. Zu- dem mittleren Wirtschaftsweg Mittleren Muschelkalk existierte im zen- nächst kam es zu regelmäßiger Verdün- Ddurch die steile, aber fruchtbare tralen Meeresbecken ein stark übersal- nung des Salzwassers durch Flüsse, die Weinbergslage „In den Dulgärten“ wan- zenes Flachmeer. Es fand Zugang in das gleichzeitig ihre Sedimentfracht im Be- dern können, am Grutenhäuschen vor- abgelegene Teilbecken des Trierer Becken. cken ablagerten. Zur Ablagerungszeit des bei, unterhalb der massiven Felsen der Richards‘ Höhe, durch den Wald in Rich- tung Haus „Schau ins Land“, dort sah es vor mehr als 250 Millionen Jahren anders aus. Die Gesteine des Buntsandsteins, wesentlich geprägt durch rote Sedimen- te, wurden durch Flüsse oder den Wind transportiert und bei Wüstenklima in dicken Schichten abgelagert, die 2 bis 500 Meter erreichen konnten.

Vor ca. 243 bis 240 Millionen Jahren la- gerte sich der Muschelkalk, der sich aus marinen Sedimenten in einem flachen Meer bildete, über der Sedimentschicht des Buntsandsteins ab.

Zu Beginn der Muschelkalk-Zeit drang das Tethys-Meer (Salzwasser) bis in das Trierer Becken vor an die kontinentalen Bereiche und bildete dort eine seichte Meeresstraße. Dieses Meer bildete sich auf Grund der Absenkung des Landes zwischen der europäischen und afrika- nischen Platte vor 243–225 Millionen Jahren. Foto: Marie-Luise Geißler Foto: Anke Wenner-Huber

Muschelkalks war dieses Gebiet Teil des ufer aus gut sehen können: rote Sand- Das Gelände nordwestlich der Verwer- Pariser Beckens und von einem flachen steinfelsen am Ortsausgang Richtung fung liegt geologisch tiefer als die rote Meer bedeckt, in dem sich überwiegend Luxemburg, sowie die Kalkfelsen in den Sandstein-Schicht (Buntsandstein) süd- Karbonatschlämme und schillartige Sedi- Weinbergen. östlich der Verwerfung, sodass dort die mente absetzten, die später zu Kalkstein Schichten sowohl des Oberen als auch verfestigt wurden. Im Zeitalter des ausge- Das diese verschiedenen Typen von Ge- des Mittleren Muschelkalks erhalten ge- henden Mittleren Muschelkalk stieg der steinen in Felsformationen nebeneinan- blieben sind, während sie auf der südöst- globale Meeresspiegel an, wodurch es zu der vorkommen und sichtbar sind, ist eine lichen Scholle abgetragen wurden. allmählicher Überflutung der flachen Be- markante geologische Besonderheit in cken durch frisches Meerwasser der Te- unserem Ort Igel. Dieses Phänomen ist da- Die Fruchtbarkeit des mineralischen thys kam. Damit war auch ein deutlicher rauf zurückzuführen, dass wir hier einen Kalkbodens an dieser Stelle spiegelt Rückgang der Sedimentation verbunden. fast senkrechten Versatz von unterschied- sich auch heute noch wider in der tradi- lich alten Gesteinsschichten (Sediment- tionellen Bodenbewirtschaftung durch Der Obere Muschelkalk ist wiederum schichten) haben, d.h. junger Muschelkalk den Weinanbau. Hier gedeihen beson- eher durch Kalke, Mergel und Dolomite und der viel älterer Buntsandstein liegen ders die sehr alte Rebsorte Elbling und charakterisiert. In Igel ist er teilweise nebeneinander auf einer Ebene: das ist sowie verschiedene der alten Burgun- auch unter- und überlagert von Keuper die Igeler Verwerfung, umgangssprach- dersorten. Das Terroire dieser Weinlage, sowie von Anhydrit, das oberflächennah lich auch Igeler Sprung genannt. die „In den Dullgärten“ genannt wird, ist zu Gips umgewandelt wird. geprägt von dem oben beschriebenen Bei Sedimentgesteinen lagern normaler­ tiefgründigen Muschelkalk, der sich in Wir machen jetzt einen großen Zeitsprung weise die jüngere Schichten auf den exzellent hergestellten Weinen mit ei- bis in die Gegenwart, unter der Berücksich- älteren Schichtenstapeln. Da der Obe- nem charaktervollen Geschmack wieder­ tigung, dass die Erde nicht stillsteht und re Muschelkalk, der deutlich jüngere findet. auch weiterhin permanent tektonisch in der beiden Schichtenstapel ist und die Bewegung bleibt – mal mehr mal weniger – Schichten dort generell weitgehend Der Einfluss und das Zusammenspiel und die wunderschöne Landschaft in der waagerecht liegen, dürften diese Sand- der Naturgegebenheiten erlauben uns Gemeinde Igel geschaffen hat, wie wir sie und Kalksteinfelsen eigentlich nicht hier in Igel eine einzigartige geologi- heute sehen und erleben können. so nahe beieinander vorkommen. Auf- sche Besonderheit in einer zauberhaften grund des fast senkrechten Versatzes Landschaft zu sehen, was unser schönes Das Augenmerk legen wir jetzt auf die der Gesteinsschichten zueinander ist Dorf Igel zu einem unverwechselbaren massiven Igeler Felsen, die wir vom Mosel­ die Igeler Verwerfung entstanden. Ort macht.