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Kurt-WOLFF-Verlag

BIBLIOGRAPHIEN

07-2-311 Der Kurt-Wolff-Verlag 1913 - 1930 : Expressionismus als ver- legerische Aufgabe ; mit einer Bibliographie des Kurt-Wolff- Verlages und der ihm angeschlossenen Unternehmen 1910 - 1930 / Wolfram Göbel. - Unveränderter Nachdr. der Ausg. von 1977 ... als Sonderdruck aus dem "Archiv für Geschichte des Buchwesens", Bd. 15, Lfg. 3 und 4 und Bd. 16, Lfg. 6, Frankfurt am Main 1976 und 1977. - München : Allitera-Verlag, 2007. - Sp. 521 - 962 und 1299 - 1456. - Ursprünglich zugl.: München, Univ., Fachbereich Sprach- und Literaturwiss., Diss., 1977. - ISBN 978-3-86520-263-5 : EUR 42.00 [9259]

AUSSTELLUNGSKATALOGE

07-2-312 Kurt Wolff : ein Literat und Gentleman. [Die mit diesem Buch verbundene Ausstellung ist vom 10. Mai bis zum 9. September 2007 im August-Macke-Haus ... , zu sehen. Vom 21. Sep- tember bis zum 22. Dezember in der Deutschen Nationalbiblio- thek ... Frankfurt a. M. Vom 15. Januar 2008 bis zum 5. März 2008 im Literaturhaus in Wien ...] / Barbara Weidle (Hg.). - Bonn : Weidle, 2007. - 298 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 978-3- 938803-01-1 : EUR 25.00 [9288]

BRIEFWECHSEL

07-2-313 Zwischen Jüngstem Tag und Weltgericht : Karl Kraus und Kurt Wolff : Briefwechsel 1912 - 1921 / hrsg. von Friedrich Pfäf- flin. - 1. Aufl. - Göttingen : Wallstein-Verlag, 2007. - 334 S. ; Ill. ; 20 cm. - (Bibliothek Janowitz ; 14). - ISBN 978-3-8353-0225-9 : EUR 24.00 [9310]

Wer sich für die deutsche Literatur des Expressionismus interessiert, sei es aus literaturwissenschaftlicher Perspektive oder einfach wegen der bevor- zugten Lektüre zum privaten Vergnügen, weiß um die Bedeutung des Ver- lages von Kurt Wolff (1887 - 1963), der als stiller Teilhaber von Ernst Ro- wohlt begann und später mehrere Firmen gründete. Kaum ein anderer Ver- leger aus dem ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts ist so präsent wie er, der einmal gesagt hat: „Man verlegt entweder Bücher, von denen man meint, die Leute sollen sie lesen, oder Bücher, von denen man meint, die Leute wollen sie lesen. Verleger der zweiten Kategorie, das heißt Verle- ger, die dem Publikumsgeschmack dienerisch nachlaufen, zählen für uns nicht - nicht wahr?“1 Das dürfte Wolffs meistzitierter aber auch am wenig- sten gehörter Ausspruch sein. Die maßgebliche Darstellung seines Verlages entstand als Münchener Dissertation mit dem Nestor der deutschen Buch- handelsgeschichte, Herbert G. Göpfert (1907 - 2007), als Doktorvater. 1975 wurde die Arbeit Wolfram Göbels von der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität angenommen, der Text ist in zwei Teilen im Archiv für Geschichte des Buchwesens2 veröffentlicht worden und er- schien 1977 selbständig als Sonderdruck unter Beibehaltung der Spalten- zählung der Zeitschrift. Dieser Druck wird nun, nach 30 Jahren, ohne Kom- mentar, Einleitung, Rückblick, Nachträge o.ä. wiederveröffentlicht. Geändert wurden nur die Umschlaggestaltung und erfreulicherweise der Preis (früher DM 144.00!). Das kann zum einen bedeuten, daß es an dieser Monographie nichts zu verbessern oder zu ergänzen gibt, zum anderen könnte es auf mangelnde Sorgfalt bei der Herausgabe hinweisen. Die Rezensenten der Erstausgabe haben sich ohne Ausnahme lobend bis schwärmerisch geäu- ßert. Zwar haben sie die bibliothekarischen Fachzeitschriften in Deutschland nicht zur Kenntnis genommen, aber der französische Kollege Albert Labarre pries „la richesse de cette monographie, mine de détails et de précisions sur l’histoire littéraire de l’epoque“, wobei er Wolffs Tätigkeit für die Verbreitung französischer Literatur in Deutschland hervorhob.3 Auch die in einigen Punkten sehr kritische Rezension von Günther Fetzer konnte nicht umhin, den Materialreichtum als Verdienst anzuerkennen, wenn er auch „die orien- tierende, oft auch notwendigerweise komprimierende Präsentation der Da- tenbasis“ anmahnte: „Die ausgebreiteten Daten, Fakten und Hintergrundin- formationen zur Organisationsgeschichte des Verlags, zu den Autor- Verleger-Beziehungen, zu Lektoren, zur ‚literarischen Geschichte’ des Ver- lags und zu vielen anderen Aspekten ergeben insgesamt ein dazu noch sprachlich außerordentlich geschickt präsentiertes Verlagsporträt, das die geleistete forscherliche Detailarbeit kaum ahnen läßt.“4 Und Thomas B. Schumann erschien die erste Kurt-Wolff-Monographie damals „äußerst will- kommen“: „Sie zeichnet aufgrund umfangreichen, teils bisher unveröffent- lichten Quellenmaterials ebenso zuverlässig-genau wie instruktiv-belehrend die Geschichte des Kurt Wolff Verlags und seiner Dependancen nach.“ Da- nach werden einige der vielen Aspekte der Verlagsgeschichte aufgeführt,

1 Autoren - Bücher - Abenteuer : Beobachtungen und Erinnerungen eines Verle- gers / Kurt Wolff. - 1. Aufl. - : Wagenbach, 2004. - 140 S. : Ill. - (Wagen- bachs Taschenbuch ; 488). - ISBN 3-8031-2488-3. - Bibliogr. K. Wolff S. 134 - 136. - Hier S. 15. Die Originalausgabe der Erinnerungen von Kurt Wolff wurde 1965 als erstes Quartheft im neugegründeten Verlag Klaus Wagenbach veröffentlicht. Diese Neuausgabe erschien, textlich unverändert, zum vierzigsten Jubiläum des Ver- lags. 2 In der gebundenen Ausgabe: 15 (1975), Sp. 521 - 962 und 16 (1976), Sp.1299 - 1456. 3 In: Bulletin des bibliothèques de France. - 23 (1978), S. *120 - *121. 4 In: Zeitschrift für deutsche Philologie. - 98 (1979), S. 305 - 307. bevor er fortfährt: „Besonders wertvoll und nützlich ist die äußerst minuziöse Bibliographie aller Veröffentlichungen des Kurt Wolff Verlags und der ihm angeschlossenen Unternehmen. Insgesamt also ein rundum gelungenes, mustergültig unterrichtendes Werk, dessen Informationsfülle einen fast er- schlägt!“5 Ähnliche Leseerfahrungen teilte auch Hans Joachim Trautner mit: „Der dargestellte zeitgeschichtliche Rundgang bringt erschöpfend dem For- scher eine solche Fülle literarischen, biographischen, künstlerischen, gei- stesgeschichtlichen und bibliophilen Materials mit genauen Quellenangaben in 5 Exkursen, von der Vorgeschichte des Kurt Wolff Verlages bis zum Ende seiner und einer Ära, daß man im ersten Hinsehen glauben könnte: zu viel, nicht lesbar, nur für studierende Wissenschaftler, - nein, diese wissenschaft- liche Arbeit ermüdet nicht und erhöht im Fortschreiten die Wissensspan- nung ...“6 An dieser Stelle nachzutragen wäre noch die gewiß nicht alltägli- che Erfahrung, daß es eine Dissertation bis in die Feuilletons überregionaler Tageszeitungen gebracht hat. Kurzrezensionen erschienen, wenn auch et- was verspätet, in der Stuttgarter Zeitung (1980-01-05, S. 46, wiederum von Thomas B. Schumann), auch Der Tagesspiegel in Berlin (1979-10-14, S. 55) und Die Zeit (1979-03-30, S. 50) zeigten diese Neuerscheinung an. Alldem ist aus heutiger Sicht wenig hinzuzufügen. Die Buchausgabe, die damals in einer Auflage von 250 Exemplaren erschien, ist zu einem gesuch- ten Standardwerk geworden. Der expressionistische Umkreis regt weiter zu Studien an, und die Bibliophilen sammeln nach wie vor die daraus hervor- gegangenen Drucke. Die darauf spezialisierten Antiquariate versehen ihre Angebote mit der „Göbel-Nr.“ aus der Verlagsbibliographie und haben sich damit zur Genüge als Kenner ausgewiesen. Allein der Umstand, daß man in ihren Katalogen - nicht oft, aber doch hin und wieder - die Formulierung „nicht bei Göbel“ oder durch eigene Anschauung eine Lücke finden kann, legt den Gedanken an einen inzwischen notwendig gewordenen Nachtrag nahe. So fehlt als frühes Verlagsprodukt Kurt Wolffs der Privatdruck aus der Offizin W. Drugulin Briefe und Verse aus Goethe’s Zeit7 ebenso wie die 2. Aufl. von Ernst Stadlers Der Aufbruch.8 Nicht verzeichnet sind das 6. - 10 Tsd. und das (als „Neue illustr. Ausg.“ aber wohl unverändert vertriebene) 11. - 13. Tsd. der Turngedichte9 von Joachim Ringelnatz. Und die anonym

5 Über Kurt Wolff und Paul Stegemann / Thomas B. Schumann. // In: Tribüne : Zeitschrift zum Verständnis des Judentums. - 17 (1978) = H. 67, S. 172 - 176. 6 In: Wandelhalle der Bücherfreunde. - 20 (1978), S. 70 - 71. 7 Briefe und Verse aus Goethe’s Zeit / [Hrsg.: Kurt Wolff]. - Als Hs., [limitierte Aufl.]. - : [Selbstverl] ; Leipzig : Drugulin, 1910. - 79 S. - Vorlageform des Erscheinungsvermerks: Leipzig 1910. - Vorlageform des Kolophons: Gedruckt im Auftrage von Kurt Wolff in einer Auflage von 150 Exemplaren in der Offizin W. Drugulin zu Leipzig. 8 Der Aufbruch : Gedichte / Ernst Stadler. - 2. Aufl. - München : Wolff, 1920. - 81 S. 9 Turngedichte / Joachim Ringelnatz [d.i. Hans Boetticher]. Mit Zeichnungen von Karl Arnold. - 6.-10. Tsd. - München : Wolff, [1925]. - 82 S. Turngedichte / Joachim Ringelnatz. - Neue illustr. Ausg., 11. - 13. Tsd. - Mün- chen : Wolff, 1928. - 82 S. veröffentlichte Tragödie Der Übergang10 von dem bei Wolff in hohem An- sehen stehenden Herbert Eulenberg ist gar nicht wahrgenommen worden. Auch bei den Übernahmen aus dem kurzlebigen Karlsruher Dreililien-Verlag von Bernhard Ihringer (1889 - 1918) ist nicht alles berücksichtigt worden, was heute an Informationen zugänglich ist. Er wird zwar an drei Stellen ge- nannt, aber schon an zweien davon fasch geschrieben: Drei-Lilien-Verlag (Nr. 3), Drei Lilien-Verlag (Nr. 100), richtig bei Nr. 837.11 Gar nicht erwähnt wird er bei Nr. 78, wobei es sich aber ganz offensichtlich um eine Übernah- me aus dem Karlsruher Verlag handelt: Jean Pauls Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Fläz mit den acht Kupfern von Karl Thylmann.12 Diese Titelauflage erlebte bei Wolff noch einen zweiten und dritten Abdruck, was aber nur in Bezug auf die Kupfer angezeigt wurde. Beide fehlen bei Göbel.13 Eine weitere Lücke in der Bibliographie ist eine Neuauflage des vom Dreililien-Verlag übernommenen Titels von Georges Rodenbach Das tote Brügge im Verlag Kurt Wolff um 1918. Alle diese Funde verdanken sich nur dem Zufall. Mit Hilfe der heute zugäng- lichen Online-Kataloge wäre es ein leichtes gewesen, weitere fehlende Titel oder Auflagen aufzuspüren. Allerdings muß man einräumen, daß nach den bisherigen Erfahrungen mit derartigen Massen von Daten und ihren nicht unerheblichen Fehlern auf Autopsie nicht hätte verzichtet werden können. 14Aber wie sagte Göbel schon vor dreißig Jahren: „Eine systematische Au-

10 Der Übergang : eine Tragödie / [Herbert Eulenberg]. - München : Wolff, 1920. - 131 S. 11 Hier geht es um die Erstausgabe von Else Lasker-Schülers Gedichtband Meine Wunder, der 1911 in Karlsruhe erschien und als Titelauflage 1914 in Wolffs Ver- lag der Weißen Bücher weiterverbreitet wurde. Die Dichterin hatte sich 1913 be- sorgt an den Verleger gewandt: „Ich hoff sie nehmen meine Wunder? Krieg ich vom Dreililienverlag Geld?“ In: Briefwechsel eines Verlegers : 1911 - 1963 / Kurt Wolff. Hrsg. von Bernhard Zeller und Ellen Otten. - Frankfurt am Main : Scheffler, 1966. - LVII, 620 S. : Ill. - Hier S. 69. 12 Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz : mit fortgehenden Noten / von Jean Paul. [Mit acht Kupfern von Karl Thylmann]. - Karlsruhe : Dreililien- Verlag, 1912. - XII, 119 S. : Ill. Des Feldpredigers Schmelzle Reise nach Flätz : mit fortgehenden Noten / von Jean Paul. [Mit acht Kupfern von Karl Thylmann]. - Leipzig : Rowohlt; Leipzig : Poeschel und Trepte, 1912. - XII, 119 S. : Ill. 13 Die zweite Auflage 1917 war ein Neudruck nach demselben Satz der Leipziger Druckerei, weist jedoch eine Besonderheit auf. Bei der Ausgabe 1912 umfaßt der Bogen zwölf Blätter, die Bogenzählung beginnt nach dem ersten Bogen (= Vor- wort). Bei der Ausgabe 1917 besteht der Bogen aus acht Blättern, die Zählung beginnt mit der Titelseite. Die arabische Seitenzählung beginnt hier ebenfalls mit der Titelseite und verdrängt damit die römische Seitenzählung des Vorworts aus der Ausgabe 1912. Kurioserweise sind die Kupfer (außer dem ersten als Frontis- piz) dennoch nach der Seitenzählung der ersten Ausgabe eingeklebt, erscheinen also im Text jeweils zwölf Seiten zu früh. Bei der dritten Auflage (1920) kehrte man wieder zu der ursprünglichen Seitenzählung zurück. 14 Die von Sammlern gesuchten Bände der Verlagsreihe Der jüngste Tag mit ih- ren z.T. mehreren Auflagen und vielfältigen (Ausstattungs-)Varianten werden in topsie jedes Einzeltitels verbot sich in Anbetracht der Titelfülle von vornher- ein“ (Sp. 1301). Schade, eigentlich.

Ein Sammelband,15 der mit einer Ausstellung zu Leben und Werk Kurt Wolffs „verbunden“ ist, kann kein Ausstellungskatalog sein. Was ist er dann? Als ein „Begleitbuch“, das „neue Materialien und Überlegungen zum Thema“ vorstellt, wird er im Vorwort angekündigt (S. 7). Das beginnt - nur vordergründig listig - mit der rhetorischen Frage: „Ist noch etwas zu Kurt Wolff zu sagen, was nicht längst schon gesagt und geschrieben wurde?“ Dann werden Editionen, Ausstellungen und Institutionen aufgeführt, die den Namen des großen Verlegers transportieren, um dann mit der - nicht wirk- lich geistreichen - Bemerkung anzuschließen: „Dennoch - Sie ahnen es - ist noch vieles zu sagen und zu forschen zu Kurt Wolff und seinen Verlagen.“ Mag sein, mag nicht sein. Wer die Quellenlage nicht kennt, kann das schwer beurteilen. Der Band mit seinen vielen in sehr guter Qualität wieder- gegebenen Schwarzweißabbildungen enthält 15 sehr unterschiedliche Bei- träge von 17 Autoren. Zwei davon sind „Gespräche“, wobei die Interview- partner konsequenterweise in das Verzeichnis der Autoren (S. 280 - 282) aufgenommen wurden. Das erste wurde mit Klaus Wagenbach geführt, der seine mittlerweile auch schon legendäre Buchreihe Quartheft nicht nur an Wolffs Reihe Der jüngste Tag orientierte und äußerlich anlehnte, sondern auch mit Erstveröffentlichungen seines bewunderten Vorbildes seinen eige- nen Verlag begann. Das andere ist die Wiedergabe einer Unterredung der Herausgeberin mit dem Komponisten Christian Wolff, dem Sohn aus der zweiten Ehe mit Helen Wolff. Ein sehr persönliches Bild der letzteren zeich- net auf wenigen Seiten die Enkelin Christiane Stadelmayer Clemm. Der erste Beitrag dieses Bandes (S. 11 - 42) ist mit 32 Seiten zugleich der umfangreichste. Und wieder haben wir es mit Wolfram Göbel zu tun, der hier „eine kurze Zusammenfassung“ (S.11) seiner Dissertation beigesteuert hat, also so etwas wie die Verlagsgeschichte für den eiligen Leser. Es ge- lingt ihm, mit knappen Kapiteln und griffigen Überschriften einen gut lesba- ren Überblickstext vorzulegen, der allerdings bar jeglicher neuer Erkenntnis- se bleibt. Weitere Texte bringen Marginalien aus bereits bekannten ge- druckten Quellen, über deren Wert man streiten könnte, jedoch hat es den Anschein, als daß es sich nicht lohnt. Einer der etwas längeren Artikel darf mehr Aufmerksamkeit für sich beanspruchen. Unter dem Titel Emigration und Neubeginn (S. 135 - 159) präsentieren Sylvia Asmus und Britta Eckert „die Akte ‚Kurt Wolff’ im Archiv des Emergency Rescue Committee“. Hier wird, unterlegt von erstmals veröffentlichten Dokumenten, endlich einmal

folgender auf Autopsie beruhender Bibliographie minutiös beschrieben: Der jüng- ste Tag : eine neue Bibliographie / Josef Smolen. In Zsarb. mit Jürgen Stammer- johann. - Berlin : Blanke, 2003. - 156 S. : Ill. ; 24 cm. - ISBN 3-934577-13-X : EUR 75.00 [7401]. - Rez.: IFB 04-1-062. 15 Der Weidle-Verlag betont in seiner Frühjahrs-Vorschau 2007, S. [4]: „Unsere Bücher erscheinen in unreformierter Rechtschreibung, und daran wird sich nie etwas ändern.“ der Rolle des Journalisten und Lateinlehrers ,16 des amerikani- schen Fluchthelfers für über zweitausend von den Nazischergen bedrohte Künstler und Intellektuelle gedacht. Am 15. Oktober 2007 wäre er hundert Jahre alt geworden, vor vierzig Jahren ist er vereinsamt an der amerikani- schen Ostküste gestorben. Seine „Liste der Anwärter für ein Special Emer- gency Visum“ (S. 138) kann durchaus mit der ungleich populäreren Liste des Fabrikanten Schindler gleichgesetzt werden, ist aber weder durch einen Roman noch durch einen Film ins öffentliche Bewußtsein gerückt worden. Jedenfalls ermöglichte er auch die Ausreise von Kurt und Helen Wolff nach New York, wo sie am 30. März 1941 eintrafen. Ein Gewinn für diese insgesamt etwas buntscheckig wirkende Zusammen- stellung von Aufsätzen ist die nur im Inhaltsverzeichnis zu findende Doku- mentation (S. 198 - 236) mit drei Texten von Kurt Wolff, darunter eine Erst- veröffentlichung, sowie die Korrespondenz mit größtenteils unveröffentlich- ten Briefen von Frans Masereel, Käthe Kollwitz, Hermann Hesse, , Hannah Arendt u. a. Lobenswert ist die Erarbeitung eines Personen- registers (S. 283 - 289), das einem Gang durch die europäische Geistesge- schichte des 20. Jahrhunderts gleichkommt. Es ist auch hilfreich bei der Er- schließung des Beitrags über die bisher wenig untersuchte Beziehung Kurt Wolffs zur bildenden Kunst von Barbara Weidle (S. 91 - 118). Ein weiterer der kürzeren Beiträge, der aber nur einem Autor des Verlags gewidmet ist, soll nicht unerwähnt bleiben. Friedrich Pfäfflin widmet sich unter dem Titel Zwischen Jüngstem Tag und Weltgericht (S. 83 - 90) der Beziehung des Verlegers zu seinem Autor Karl Kraus. Er stellt das Besondere des Um- gangs dieser sehr ungleichen Persönlichkeiten des Literaturbetriebs mitein- ander heraus, das unabhängig von wirtschaftlichen Erfolgen und Fehlschlä- gen eine ganz eigene Qualität gezeitigt hat. Am Ende des Textes wird der „vollständige Briefwechsel Kurt Wolff / Karl Kraus, herausgegeben von Friedrich Pfäfflin“ für Mai 2007 angekündigt:

Nimmt man den Band zur Hand, fällt zunächst einmal auf, daß es sich bei der Einleitung um den nur unwesentlich veränderten Text des Beitrags im

16 Vgl. jetzt die beiden folgenden umfangreichen Publikationen: Ohne zu zögern : Varian Fry: Berlin - Marseille - New York ; [ein Projekt des Aktiven Museums Fa- schismus und Widerstand in Berlin e.V. in Kooperation mit der Akademie der Kün- ste Berlin ; Ausstellung: Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Berlin, 18. Novem- ber - 30. Dezember 2007] / Aktives Museum. [Red.: Angelika Meyer und Marion Neumann]. - Berlin : Aktives Museum, 2007. - 493 S. : Ill. ; 24 cm. - Biographien S. 401 - 467. - ISBN 978-3-00-022946-6 : EUR 20.00 zzgl. Porto [9450]. - Vgl. die nachstehende Rezension in IFB 07-2-384. - Flüchtlingspolitik und Flüchtlings- hilfe 1940 - 1942 : Varian Fry und die Komitees zur Rettung politisch Verfolgter in New York und Marseille / Anne Klein. - Berlin : Metropol-Verlag, 2007. - 542 S. : Ill. ; 24 cm. - (Reihe Dokumente, Texte, Materialien / Zentrum für Antisemitismusfor- schung der Technischen Universität Berlin ; 61). - Zugl.: Berlin, Freie Univ., ve- ränd. Diss., 2004 u.d.T.: Klein, Anne: Flüchtlingshilfe 1940 - 1942. - ISBN 978-3- 938690-17-8 : EUR 24.00 [9516]. - Vgl. die nachstehende Rezension in IFB 07-2- 385. - Die Namen von Kurt und Helen Wolff kommen im Register beider Werke nicht vor. Begleitband zur Ausstellung handelt, und man ist verstimmt. Die doppelte Vermarktung wirft jedenfalls kein gutes Licht auf ihn. Von einem Briefwech- sel kann nur mit starken Einschränkungen die Rede sein, weil es kaum Brie- fe von Kraus selbst gibt. Eine Erklärung für diesen Mangel sucht man in die- ser Veröffentlichung vergeblich. Vielfach werden in Eile abgeschickte Tele- gramme wiedergegeben, in denen es hauptsächlich um den Druck und die zahlreichen notwendig gewordenen Korrekturen geht. Im Dezember 1912 wandte sich Wolff, der den Verlag von Ernst Rowohlt schon übernommen aber noch nicht unter seinem Namen im Handelsregi- ster hatte eintragen lassen, an Karl Kraus mit der kühnen Hoffnung: „... mein starkes Gefühl für Ihre Produktion lässt es mich wünschen, dass Sie meiner Bitte, sich prinzipiell zu der Frage eines Verlagskontrakts zwischen Ihnen und meiner Firma zu äussern, nicht abgeneigt sein mögen“ (S. 21). Die von 1 bis 290 durchnumerierten Briefe und Dokumente, zu denen auch Äuße- rungen von Autoren und Mitarbeitern beider Seiten einbezogen wurden, spiegeln das Auf und Ab der persönlichen und geschäftlichen Beziehungen. Dabei hatte nicht der Verleger, sondern einer seiner Mitarbeiter die Idee, den schwierigen Kraus in einem eigens dafür gegründeten Ein-Mann-Verlag namens „Verlag der Schriften von Karl Kraus (Kurt Wolff)“ unterzubringen. Bei aller gegenseitigen Achtung mußte es jedoch angesichts Kraus’ Forde- rung nach größtmöglicher Genauigkeit im Hinblick auf die Drucke seiner Texte und der Intrigen der Verlagsmitarbeiter zum Ende kommen. Als Wolff 1921 den letzten Versuch zu einer Unterredung unternahm, drückte er noch einmal seine Erwartung einer gemeinsamen Zukunft aus. Er räumte ein, seines Autors „Nerven arg zugesetzt zu haben“, fuhr aber fort: „... ich selbst verspreche mir nur Gutes von einer persönlichen Begegnung“ (S. 192). Kraus hielt jedoch die Beziehung für erledigt und schrieb seiner Lebensge- fährtin: „... er wurde nicht empfangen und hat keine Antwort bekommen, da es keine persönliche Angelegenheit mehr ist“ (S. 194). Beigedruckt ist die- ser Sammlung der nuancenreiche Essay Karl Kraus aus der Feder seines zeitweisen Verlegers und lebenslangen Bewunderers Wolff (S. 195 - 224). Die Einschaltung dieses Textes hat inhaltlich zweifellos seine Berechtigung. Er war und ist jedoch auch im schon erwähnten Taschenbuch Autoren - Bücher - Abenteuer greifbar. Die Edition eines unvollständig überlieferten, aber bisher nicht oder wenig benutzten Briefwechsels bringt in der Regel einen Zugewinn an Erkenntnis- sen. Es kann jedoch geschehen, daß damit die Illusion geweckt wird, hier habe man nun alles schwarz auf weiß, was es an Quellenmaterial zum be- treffenden Komplex gibt. Daß dies nicht so ist, macht Pfäfflin mit seinem be- scheiden Anmerkungen genannten Anhang deutlich (S. 231 - 319). In die- sen Stellenkommentaren erfährt man oftmals mehr über das Leben und Streben von Wolff und Kraus, als in den Briefen mitgeteilt wird. Dennoch wird wenig Neues über den Verleger bekannt, und die Kraus-Gemeinde wird mit der Rezeption dieser oftmals in vertriebs- und drucktechnischen Details steckengebliebenen Korrespondenz unter sich bleiben. Rainer Fürst

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