Transcript: Committee of Inquiry into the National Security Agency [Untersuchungsausschuss ("NSA")], Session 31

WikiLeaks release: 12, May 2015

Keywords: Germany, Bundestag, Untersuchungsausschuss, inquiry, Bundesnachrichtendienst, National Security Agency, BND, NSA, , Hans-Peter Friedrich, , Gerhard Schindler, Michael Klor-Berchtold, Norbert Stier, Guido Müller, Edward Snowden, , CDU, CSU, Bad Aibling, Wiesbaden, Erbenheim, surveillance, constitutional rights, international law, Central Intelligence Agency, CIA Restraint: For official use only Title: Stenographic transcript, 1. Untersuchungsausschus (1st Committee of Inquiry), Session 31 Date: January 16, 2014 Group: Bundestag 1st Committee of Inquiry into foreign surveillance [Untersuchungsausschus ("NSA")] Author: German parliament stenographic service Link: https://wikileaks.org/bnd-nsa/sitzungen/ Pages: 62 Description This is the official transcript of testimony during the inquiry of the German Parliament (the Bundestag) into the extent of foreign surveillance in Germany and German intelligence collaboration with foreign intelligence agencies, particularly the collaboration between the BND and the U.S National Security Agency. Despite this inquiry session formally being open to the public the transcript has been withheld.

Dies ist die offizielle Transkription der stenografischen Mitschrift einer öffentlichen Anhörung des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags. Der Ausschuss untersucht deutsche Auslandsüberwachung und die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendiensts mit ausländischen Geheimdiensten, insbesondere mit der U.S National Security Agency. Obwohl die öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses für die Öffentlichkeit zugänglich sind, werden die schriftlichen Protokolle unter Verschluss gehalten. Vorläufiges Stenografisches Protokoll 18/31

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 31. Sitzung - vorläufige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 16. Januar 2015, 9.00 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. Patrick Sensburg, MdB

Tagesordnung

Tagesordnungspunkt Seite 4

Zeugenvernehmung

- Peter Schaar, ehem. Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Beweisbeschluss Z-28)

______* Hinweis: Die Stenografischen Protokolle über die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen werden grundsätzlich weder vom Ausschuss noch von den jeweiligen Zeugen oder Sachverständigen redigiert bzw. korrigiert. Zeugen und Sachverständigen wird das Stenografische Protokoll über ihre Vernehmung regelmäßig mit der Bemerkung zugesandt, dass sie Gelegenheit haben, binnen zwei Wochen dem Aus- schusssekretariat Korrekturwünsche und Ergänzungen mitzuteilen. Etwaige Korrekturen und Ergänzungen werden sodann durch das Sekretariat zum Zwecke der Beifügung zum entsprechenden Protokoll verteilt.

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Mayer (Altötting), Stephan Sensburg, Prof. Dr. Patrick Warken, Nina Wendt, Marian SPD Flisek, Christian Mittag, Susanne

DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André

BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter CDU/CSU Bredow, Lippold von Fischer, Sebastian Kühnau, Dan SPD Ahlefeldt, Johannes von Dähne, Dr. Harald Diers, Torben Hanke, Christian Diego Kaleta, Philip Leuxner, Alexander Olechnowicz, Christin Stemberg, Christian DIE LINKE. Cyrson, Monique von Halbroth, Anneke Martin, Stephan Maurer, Albrecht BÜNDNIS 90/DIE Kant, Martina GRÜNEN Keller, Dr. Iris Leopold, Nils

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Teilnehmer Bundesregierung Bundeskanzleramt Heinemann, Martin Kämmerer, Marie Pferr, Dr. Ulrich Wolff, Philipp Zygojannis, Dr. Philipp Bundesministerium des Innern Akmann, Torsten Fremke, Eva Hauer, Florian Jacobi, Stephan Köning-Laforet, Elisabeth Weiss, Jochen Bundesministerium für Verteidigung Theis, Björn Voigt, Björn Auswärtiges Amt Berkemeier, Gunnar Bundesministerium für Wirtschaft und Linden, Stephan Energie Die Bundesbeauftragte für den Daten- Kremer, Dr. Bernd schutz und die Informationsfreiheit

Teilnehmer Bundesrat LV Hessen Steinbach, Arvid

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Vernehmung des Zeugen (Beginn: 9.03 Uhr) Peter Schaar

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr Jetzt begrüßen darf ich daher unseren Zeugen, verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die Herrn Peter Schaar. 31. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode. Es sind zwar noch nicht alle Ich stelle fest, dass der Zeuge ordnungsgemäß Ausschussmitglieder anwesend, aber ich ver- geladen ist. Herr Peter Schaar, Sie haben die La- mute, dass das in den nächsten Sekunden und dung am 5. Januar 2015 erhalten. Herzlichen Minuten der Fall sein wird. Dank, dass Sie meiner Ladung gefolgt sind und dem Ausschuss für diese Vernehmung zur Ver- Nach Artikel 44 Absatz 1 des Grundgesetzes er- fügung stehen. hebt der Untersuchungsausschuss seine Beweise in öffentlicher Verhandlung. Ich stelle fest: Die Weiter stelle ich fest, dass Ihnen der Bundes- Öffentlichkeit ist hergestellt. Ich freue mich, dass minister des Innern mit Schreiben vom 13. Ja- viele bekannte Vertreter der Medien wieder da nuar 2015 eine Aussagegenehmigung nach § 23 sind, aber heute auch ein etwas größerer Zulauf Absatz 5 des Bundesdatenschutzgesetzes erteilt ist. Das mag an der Prominenz unseres Zeugen hat. Diese liegt den Ausschussmitgliedern vor. liegen, vielleicht aber auch an den inhaltlichen Dingen, die wir heute besprechen. Ich begrüße Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- Sie auf jeden Fall alle ganz herzlich. destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme dieser Sitzung fertigt. Diese dient ausschließlich dem Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- Zweck, die stenografische Aufzeichnung der Sit- tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir einige zung zu erleichtern. Die Aufnahme wird nach Er- Vorbemerkungen, die diejenigen schon kennen, stellen des Protokolls gelöscht. die regelmäßig in diesem Untersuchungsaus- schuss sind - nichtsdestotrotz muss ich sie ma- Das Protokoll dieser Anhörung wird Ihnen nach chen -: Ton- und Bildaufnahmen sind während Fertigstellung zugestellt. Sie haben, falls dies ge- der öffentlichen Beweisaufnahme grundsätzlich wünscht ist, die Möglichkeit, innerhalb von zwei nicht zulässig. Ein Verstoß gegen dieses Gebot Wochen Korrekturen und Ergänzungen vorzu- kann nach dem Hausrecht des Bundestages nicht nehmen. nur zu einem dauernden Ausschluss von den Sit- zungen dieses Ausschusses sowie des ganzen Haben Sie hierzu Fragen? Hauses führen, sondern gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zeuge Peter Schaar: Nein, Herr Vorsitzender.

Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke auf: schön. - Herr Peter Schaar, vor Ihrer Anhörung habe ich Sie zunächst zu belehren: Zeugenvernehmung: Sie sind als Zeuge geladen worden. Als Zeuge - Peter Schaar, ehem. Bundesbeauftragter sind Sie verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ihre für den Datenschutz und die Informa- tionsfreiheit Aussagen müssen richtig und vollständig sein. (Beweisbeschluss Z-28) Sie dürfen nichts weglassen, was zur Sache ge- hört, und nichts hinzufügen, was der Wahrheit Der Beweisbeschluss Z-28 stammt vom 8. Mai widerspricht. Ich habe Sie außerdem auf die 2014. Es wird Beweis erhoben zum Untersu- möglichen strafrechtlichen Folgen eines Versto- chungsauftrag Bundestagsdrucksache 18/843 ßes gegen die Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer durch Vernehmung von Herrn Peter Schaar als vor dem Untersuchungsausschuss uneidlich Zeugen. falsch aussagt, kann gemäß § 162 in Verbindung

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mit § 153 des Strafgesetzbuches mit Freiheits- Zeuge Peter Schaar: Mein Name ist Peter Schaar. strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder Ich bin 60 Jahre alt. Ich wohne in Hamburg, Geldstrafe bestraft werden. Maike-Harder-Weg 41. Mein Beruf ist Diplom- Volkswirt. Ich bin der ehemalige Bundesbeauf- Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschuss- tragte für den Datenschutz und die Informations- gesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fra- freiheit. gen verweigern, deren Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Strafprozessordung der Gefahr aussetzen würde, lichen Dank, Herr Schaar. - Zunächst möchte ich einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- Ihnen, wie es gerade schon gesagt worden ist, die neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- Gelegenheit geben, entsprechend § 24 Absatz 4 trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder des Untersuchungsausschussgesetzes sich im Zu- Ordnungswidrigkeit auch Disziplinarverfahren. sammenhang zum Gegenstand Ihrer Vernehmung zu äußern, also ohne Unterbrechung und Fragen Sollten Teile Ihre Aussage aus Gründen des durch die Ausschussmitglieder. Herr Peter Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäfts- Schaar, Sie haben das Wort, wenn Sie wünschen. geheimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie Zeuge Peter Schaar: Vielen Dank, Herr Vorsitzen- um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann ge- der. - Zunächst einmal auch von mir herzlichen gebenenfalls einen Beschluss nach § 14 oder § 15 Dank für die Möglichkeit, vor Ihnen auszusagen. des Untersuchungsausschussgesetzes fassen kann, also dementsprechend dann in nichtöffent- Ich habe während eines großen Teils der hier in liche oder eingestufte Sitzung übergehen kann. Rede stehenden Vorgänge das Amt des Bundes- beauftragten für den Datenschutz wahrgenom- Haben Sie hierzu Fragen? men, bis zum 17. Dezember 2013. Insofern kann ich natürlich auch nur bis zu diesem Zeitpunkt Zeuge Peter Schaar: Nein, Herr Vorsitzender. Angaben machen, die meine dienstliche Zustän- digkeit betreffen. Danach bin ich wie jedermann Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke auf die Presseveröffentlichung und das übrige, schön. - Nach diesen notwendigen Vorbemerkun- nur öffentlich zugängliche Material angewiesen gen darf ich Ihnen den geplanten Ablauf darstel- gewesen. Auch dazu kann ich natürlich Bewer- len. Eingangs habe ich Sie kurz zur Person zu be- tungen abgeben. Aber ich gehe mal davon aus, fragen. Zu Beginn der Vernehmung zur Sache dass es im Wesentlichen hier um die Tätigkeit haben Sie gemäß § 24 Absatz 4 des Untersu- geht, die ich ausgeübt habe, und mein Wissen, chungsausschussgesetzes Gelegenheit, zum das ich im Rahmen meines Amtes als Bundesbe- Beweisthema im Zusammenhang vorzutragen. auftragter erworben habe. Danach werde zunächst ich Ihnen Fragen stellen. Anschließend erhalten die Mitglieder des Aus- Die ersten Veröffentlichungen über die Geheim- schusses das Wort, um Nachfragen zu stellen. dienstaktivitäten der NSA im Sommer 2013 bezo- Dies geschieht nach dem Stärkeverhältnis der gen sich auf die USA. Da war die Rede davon, Fraktionen, also eine Fraktion nach der anderen. dass seinerzeit sehr umfangreich Telefondaten Haben Sie hierzu Fragen? von den dortigen Telefongesellschaften heraus- gegeben werden mussten. Diese Meldung, die Zeuge Peter Schaar: Nein, Herr Vorsitzender. Anfang Juni 2013 durch die Presse ging, bestätig- te bestimmte Gerüchte, die ich auch schon Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke kannte, und auch Meldungen, die schon in den schön. - Ich darf Sie bitten, zu Beginn Ihrer Aus- Vorjahren stattgefunden hatten, über entspre- führungen sich dem Ausschuss mit Namen, chende Vorgänge. Es gab ja auch verschiedene Alter, Beruf und einer ladungsfähigen Anschrift Whistleblower aus dem geheimdienstlichen Be- vorzustellen.

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reich, die entsprechende Behauptungen aufge- an diesen Informationen etwas dran ist bzw. wie stellt hatten. Bis dahin war es also eigentlich da auch gegebenenfalls gegengewirkt werden noch nichts Neues. Es gehörte sozusagen zum könnte. normalen Geschäft und hat meinerseits auch nicht irgendwelche Aktivitäten ausgelöst. Diese ersten Schreiben waren auf Basis der Aus- sagen auch des Bundesamts für die Sicherheit in Das änderte sich am 6. Juni 2013, als dann da- der Informationstechnik entstanden, dass jeden- rüber berichtet wurde, dass amerikanische Inter- falls keine Zweifel, keine vordergründigen Zwei- netunternehmen in Kooperationsbeziehungen zu fel an der Echtheit der offenbarten Papiere be- der NSA getreten seien, dass es da sogar vertrag- stünden. Also, das war eine einhellige Meinung liche Abmachungen gab. Das war das Programm aller Fachleute bei mir im Haus, bei anderen Prism, über das ja auch hier schon sicherlich ge- Bundesbehörden, also speziell eben beim Bun- sprochen worden ist, das Ihnen aber allen be- desamt für die Sicherheit in der Informations- kannt sein dürfte. Dieses warf zumindest die technik, und bei Externen, die sich in diesen Be- Frage auf, inwieweit hier auch die Daten deut- reichen auskennen. scher Internetnutzerinnen und -nutzer, also Kun- den dieser Dienste, von den entsprechenden Ak- Nachdem diese Veröffentlichungen über eine tivitäten betroffen sein können. Das wiederum ist mögliche Beteiligung deutscher Stellen auch vor- etwas, was das informationelle Selbstbestim- handen waren, habe ich dann auch noch weitere mungsrecht hier in Deutschland betrifft und auch Schreiben herausgeschickt mit ganz konkreten insofern meine Zuständigkeit berührt, jedenfalls Fragen, gerade im Hinblick auf diese Beteiligung, grundsätzlich im Rahmen auch meiner Aufsichts- und zwar an die Nachrichtendienste des Bundes zuständigkeit über Telekommunikationsunter- und an die Stellen, die die Fach- und Dienstauf- nehmen, weil natürlich bei solchen Übermittlun- sicht über diese Dienste ausüben. Diese Fragen gen und Übertragungen immer auch Telekommu- sind dann im Laufe der Zeit - sie wurden dann nikation im Spiel ist. auch noch mal angereichert durch weitere Fra- gen, die dann im Laufe der weiteren Veröffent- In den folgenden Tagen hat sich dann ergeben, lichungen entstanden sind - von einzelnen Stel- dass immer mehr Behauptungen über die Presse len beantwortet worden, von anderen nicht. Ein lanciert worden sind und entsprechende Hin- Problembereich stellte aus meiner Sicht hier das weise sogar entstanden, dass in Deutschland Da- Bundesministerium des Innern dar, weil dort gar ten gesammelt würden, dass dabei auch die NSA keine Antworten kamen. Ich habe das dann for- Zugang zu Netzknoten oder eben zu Daten habe mell Ende August 2013 beanstandet. oder bekommen habe, die von deutschen Ge- heimdiensten, speziell vom Bundesnachrichten- Parallel zu diesen Aktivitäten der Informations- dienst, stammten, Stichwort Bad Aibling. Das ist gesuche bei den Bundesministerien und nachge- dann ja durch die Medien gegangen. Es gab eine ordneten Behörden habe ich dann allerdings ver- entsprechende Präsentation, wo da so ein dicker anlasst, dass wir auch in meinem Zuständigkeits- Punkt zu sehen war, der offensichtlich Bad Aib- bereich an die entsprechenden Unternehmen he- ling symbolisierte. Das hat natürlich dann die rantreten und dass auch Prüfungen eingeleitet datenschutzrechtliche Alarmstufe hochgesetzt. werden gegebenenfalls bei einzelnen Bundes- behörden. Speziell in der ersten Phase ging es da Ich habe mich also unverzüglich, also in den ers- auch um die Telekommunikationsunternehmen, ten Tagen schon, mit meinen Mitarbeiterinnen die in den Veröffentlichungen immer wieder ge- und Mitarbeitern beraten. Ich habe Kontakt auf- nannt wurden, die Internetknoten betreiben, aber genommen mit dem Bundesamt für die Sicher- auch um solche Unternehmen, die Verbindungs- heit in der Informationstechnik, und ich habe an daten verarbeiten. Namentlich herangetreten bin alle beteiligten oder von dieser Angelegenheit be- ich an die Deutsche Telekom, an eine Reihe von rührten Ministerin Schreiben gesandt, in denen weiteren großen Unternehmen wie Level 3 und ich um Aufklärung gebeten habe, inwieweit hier auch an Vodafone.

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Bei einzelnen Unternehmen wurden entspre- Angelegenheit war es ja sozusagen ganz kurz bei chende Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt. Diese mir vor Amtsende, sodass diese sehr vorläufigen Vor-Ort-Prüfungen werden üblicherweise nicht Ergebnisse auch für mich dann nicht mehr um- vom Bundesbeauftragten selbst durchgeführt. setzbar gewesen wären. Also ich war dort nicht persönlich vor Ort, son- dern es waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ich habe auf die verschiedenen Anfragen bei den vor Ort. Eine solche Prüfung läuft typischerweise Unternehmen Stellungnahmen bekommen, die so ab, dass dort zum Prüfungsgegenstand erst mal mehr oder minder alle besagten: Wir halten uns eine Ankündigung erfolgt. Dann gehen die Prüfer an deutsches Recht, wir geben keinem ausländi- los. Es finden Eingangsgespräche statt, wo der schen Nachrichtendienst irgendwelche Informa- Prüfungsgegenstand noch einmal präzisiert wird. tionen, und wir haben auch keine Hinweise da- Dann wird jeweils, wenn das machbar ist, auch rauf, dass über irgendwelche Seitenkanäle die vor Ort geprüft, ob es irgendwelche Unterlagen entsprechenden Informationen abfließen. - Was oder Gegenstände gibt, die dort zu begutachten nicht ausschließt, dass es solche Seitenkanäle sind. trotzdem geben könnte.

In diesem Fall ist das allerdings sehr schwierig Der ganze Komplex der G-10-Überwachung ist gewesen, was jetzt den letzten Schritt anbelangt. für mich ein nicht prüfbarer Bereich, jedenfalls Sie können nicht einen Internetknoten prüfen - soweit dabei personenbezogene Daten aus der mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, Telekommunikation erhoben werden. Hier ent- jedenfalls nicht - und dabei feststellen, ob da hält § 24 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgeset- noch irgendwo ein Kabel liegt, das da nicht lie- zes eine Ausnahmeregelung, die meine Prüfkom- gen sollte. Insofern ist das nicht erfolgt. Es mag petenz insoweit ausschließt, als die G-10-Kom- dort einzelne Besichtigungen von Räumlichkei- mission hier eine exklusive Zuständigkeit hat. ten gegeben haben. Aber das war es dann auch. Ansonsten hat man im Wesentlichen auch ver- Das hat allerdings immer wieder auch diese tieft, teilweise über Stunden oder über viele Schnittstellenproblematik aufgeworfen, dass hier Stunden, mit den jeweiligen Mitarbeitern der unterschiedliche Stellen für Teilbereiche eines Unternehmen gesprochen, dort Fragen gestellt, komplexen Gesamtprozesses jeweils eine exklu- sie weiter geführt usw. sive Prüfzuständigkeit haben. Ich habe immer wieder darauf gedrungen, hier auch zu prakti- Ich habe diese Aktivitäten dann auch das ganze kablen Lösungen zu kommen. Ich habe im Rah- Jahr über fortgeführt. Es kam zu weiteren Prüfun- men der jetzigen Rechtsordnung zum Beispiel gen. Nachdem das Handy der Bundeskanzlerin mich wiederholt an die parlamentarischen Kon- abgehört worden sein sollte - nach den Medien- trollgremien, sowohl G 10 als auch an das Parla- berichten -, habe ich zum Beispiel eine Prüfung mentarische Kontrollgremium für die Geheim- bei einer Mobilfunkstation hier im Umfeld des dienste, gewandt und habe meine Hilfe auch an- Berliner Zentrums durchgeführt. Das war auch geboten und auch einen Informationsaustausch vor Ort. Es gab Prüfungen beim Bundesamt für angeregt. Verfassungsschutz und beim Bundesnachrichten- dienst, bei der Dienststelle in Bad Aibling, aller- Ich habe freundliche Antwortschreiben der je- dings erst in einer relativ späten Phase, im No- weiligen Vorsitzenden erhalten, die im Ergebnis vember, und dann in Bad Aibling im Dezember sagten: Falls wir daran ein Interesse haben, wer- 2013, sodass diese Vorgänge bei meinem Amts- den wir darauf zurückkommen. - Das ist aller- ende noch nicht abgeschlossen waren. Es lag dings in meiner Amtszeit nicht geschehen. noch nicht mal irgendwie ein Prüfungsbericht vor, sodass ich da keine schriftlichen Unterlagen Ich habe darüber hinaus natürlich auch die poli- zur Kenntnis genommen habe und auch keine tische Debatte begleitet, wie das meinem Amts- vertieften Gespräche mit Mitarbeitern mehr ge- verständnis entsprach, und ich habe dem Deut- führt hatte. Speziell eben über diese Bad-Aibling- schen Bundestag im Rahmen meiner Befugnisse

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Bericht erstattet Anfang November 2013. Der Be- Die Kontrollen, also das, was wir eigentlich als richt ist als Bundestagsdrucksache - ich glaube, Kontrollen bezeichnen, sind Vor-Ort-Kontrollen 58 dieser Legislaturperiode - auch veröffentlicht üblicherweise. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle gehen worden, in dem ich noch einmal die Rechtslage nach einer entsprechenden Ankündigung, die dargestellt habe und auch bestimmte Handlungs- meistens zuvor erfolgt - es gibt einige wenige bedarfe aufgezeigt habe. Fälle, wo wir auch unangekündigte Prüfungen vorgenommen haben -, die Prüfer dann vor Ort So. Da will ich jetzt erst mal enden und stehe und besprechen den weiteren Ablauf der Prü- Ihren Fragen interessiert gegenüber. fung. Üblicherweise stehen dann kompetente Ge- sprächspartner seitens der geprüften Stelle zur Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Verfügung. Häufig werden den Prüfern - das sind lichen Dank, Herr Schaar. Ich denke, das gibt im Regelfall mehr als eine Person, zwei, drei, viele Ansatzpunkte, in die Diskussion zu kom- vier, mit unterschiedlichen fachlichen Qualifika- men, Fragen zu stellen. Ich möchte damit begin- tionen - dann entsprechende Räumlichkeiten zur nen. Verfügung gestellt und entsprechende Unterlagen auch zur Einsicht gegeben. Vielleicht ein bisschen in die Richtung zum Auf- gabenverständnis der Behörde Bundesdaten- Wenn es sich darum handelt, dass bestimmte Da- schutzbeauftragter. Nach § 24 - Sie haben ihn teien geprüft werden - denken Sie zum Beispiel eben erwähnt - Absatz 1 ist es Aufgabe des Bun- an die Antiterrordatei, die, ich glaube, 2011 oder desbeauftragten für den Datenschutz und die In- 2012 geprüft worden ist; das Ergebnis ist auch im formationsfreiheit, die Einhaltung der Vorschrif- 24. Tätigkeitsbericht nachzulesen -, dann gehen ten des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer die Prüfer üblicherweise so vor, dass sie Einsicht Vorschriften über den Datenschutz zu kontrollie- in die Datei verlangen, was üblicherweise nicht ren. Können Sie uns in einem kurzen Überblick, durch einen direkten Zugriff durch die Mitarbei- ohne jetzt quasi ein Amtshandbuch zu entwerfen, ter erfolgt, sondern da ist dann jemand von der mal beschreiben, wie diese Aufgabe wahrgenom- geprüften Stelle, also in dem Fall einer Behörde, men wird? Wie kommt der Datenschutzbeauf- dabei, der dann entsprechende Eingaben in An- tragte dieser Aufgabe nach? Gibt es Stichproben? wesenheit der Mitarbeiter macht. Sie haben das eben auch angesprochen. Gibt es da ein Programm, das Sie abarbeiten? Sie haben Es handelt sich in aller Regel um Stichproben- eben auch Internetknotenpunkte angesprochen kontrollen. Also, wenn man das so schematisch und haben gesagt: Man kann natürlich jetzt nicht nimmt: Man nimmt also die ersten 100 Daten- an einem Internetknotenpunkt beispielsweise in sätze, oder man macht eine Einschränkung von Frankfurt schauen, ob da ein weiteres Kabel liegt, D bis E oder so etwas. - Dann werden diese Da- was abgezweigt wird. - Das ist ja möglicherweise tensätze überprüft. Es wird festgestellt: Was ist auch ein privater Betreiber. Haben Sie da Zu- gespeichert? gang? Also, wie wird diese Aufgabe der Kontrolle wahrgenommen? Dass Sie uns da vielleicht etwas In einem ersten Schritt wird festgestellt, ob der mehr beschreiben können. Inhalt dieser Speicherungen rechtlich überhaupt vertretbar ist. Dazu gehören zum Beispiel soge- Zeuge Peter Schaar: Die Kontrollaufgabe wird nannte Freitextfelder, wo häufig Dinge eingetra- auf, sage ich mal, unterschiedlichen Ebenen gen sind, die nach den gesetzlichen Vorgaben wahrgenommen. Die einfachste ist praktisch die nicht in eine Datei hineingehören. Als weiterer bloße Nachfrage. Das heißt, dass man zu be- Schritt wird dann ein Aktenrückhalt herangezo- stimmten Vorgängen von den zu prüfenden Stel- gen. Ganz üblicherweise hat eine Speicherung len Aufklärung über bestimmte Sachverhalte ver- einen Aktenrückhalt. Wobei eine Akte auch eine langt. Dies erfolgt zum großen Teil schriftlich, elektronische Akte sein kann. Das heißt, es wird bisweilen aber auch in Gesprächsform. dann anhand der Dateieinträge noch einmal ge- prüft, inwieweit die Aufnahme in eine bestimmte

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Datei - Stichwort „Antiterrordatei“ - rechtlich an die Bundesnetzagentur gegebenenfalls abzu- zulässig ist. geben, die dann selbst eigenverantwortlich prüft, ob sie sich das zu eigen macht, was häufiger der Im Ergebnis kommen dann, je nachdem, wie die Fall war, oder aber zu einem anderen Ergebnis Prüfung dann abläuft, positive oder negative Stel- kommt. Das kann dann auch zu Bußgeldverfah- lungnahmen. Vorher werden noch einmal die Er- ren oder Untersagungen seitens der Bundesnetz- gebnisse zusammengefasst, und es wird eine hy- agentur führen. pothetische Bewertung auf der Basis der vorläu- figen Feststellungen der Prüfer an die geprüfte Es wird stets jedes Jahr - so war das jedenfalls zu Stelle gegeben. Die geprüfte Stelle hat also dann meiner Zeit - ein vorläufiger Prüfplan aufgestellt eine Möglichkeit, zu diesen Sachverhalten Stel- mit - ich glaube, es sind gut 100 - entsprechenden lung zu nehmen, um dann - - Es kann ja sein, umfangreichen Prüfungen. Allerdings wird dann dass die Prüfer irgendwas falsch verstanden ha- im Laufe des Jahres nachjustiert. Nach den Veröf- ben. Das ist nicht auszuschließen. Üblicherweise fentlichungen, die Mitte 2013 erfolgten, war es werden solche sachlichen Fehler dann auch kor- natürlich notwendig, hier eine Korrektur durch- rigiert, und gegebenenfalls, soweit erforderlich, zuführen. wird dann auch die Bewertung noch einmal an- gepasst. Ich habe in meinem Haus da auch Schwerpunkte gesetzt. Das heißt, da wurden dann einfach auch Je nachdem, wie gesagt, wie das Ergebnis ist, ist sehr stark bestimmte Kapazitäten gebündelt. Es diese Bewertung positiv oder negativ. Wenn es wurden bestimmte Prüfungen zurückgestellt. Es sich um leicht behebbare Mängel handelt, die wurden Mitarbeiter aus Fachreferaten dort heran- nicht schwerwiegender Natur sind, dann wird gezogen, die üblicherweise nicht unbedingt in von einer Beanstandung abgesehen. In schwer- diesen jeweiligen Bereichen tätig waren, um zu wiegenden Fällen oder wenn sich die geprüfte einer Aufklärung zu kommen. Behörde weigert, diesen Mängeln Abhilfe zu schaffen, wird eine formelle Beanstandung ausge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- sprochen gegenüber dem Leiter der entsprechen- lichen Dank. - Diese Kontrollbefugnisse, die Sie den Einrichtung. Bei Bundesministerien ist das gerade beschrieben haben, mal geschaut auf Fern- der jeweilige Bundesminister. Bei den nachge- meldeverkehre. Da hatten Sie ausgeführt, dass ordneten Behörden sind das dann entsprechend Sie dann zuständig sind, wenn nicht, wie § 24 auch Behördenleiter, die dazu dann auch formell Absatz 2 ja regelt, es in die Zuständigkeit der Stellung nehmen, das entweder aufnehmen oder G-10-Kommission fällt. Jetzt würde ich gern mal zurückweisen. wissen, welche Daten, zum Beispiel aus der Fern- meldeaufklärung des BND, sind dann von Ihrer Damit ist dann im Prinzip der Prüfungsvorgang Prüfkommission erfasst und - vielleicht fast noch abgeschlossen. Weitere Sanktionsmöglichkeiten interessanter - welche Daten jetzt nicht? Also, hat der Bundesbeauftragte nicht. jetzt nicht die Antwort: G 10 nicht. - Klar. Jetzt ganz konkret: Welche Daten haben Sie in den Fo- Gegenüber nichtöffentlichen Stellen gibt es ja nur kus genommen und welche vielleicht nicht über eine Zuständigkeit bezüglich der Telekommuni- G 10 hinaus? Wäre natürlich jetzt ganz spannend. kations- und Postunternehmen. Diese Prüfzustän- digkeit ist quasi ein Erbe aus der Postmonopol- Zeuge Peter Schaar: Im Zusammenhang mit den zeit. Die Prüfungen in diesem Bereich sind etwas Veröffentlichungen im Sommer 2013 habe ich ge- schwierig, weil dort anders als bei anderen nicht- nerell die Frage gestellt, inwieweit außerhalb der öffentlichen Stellen der Länder dem Bundesbe- durch die G-10-Kommission kontrollierten Berei- auftragten keine Sanktionsmöglichkeiten zu- che Erkenntnisse über Telekommunikationsver- stehen. Also, die Landesbeauftragten haben Sank- kehre an andere Nachrichtendienste weitergege- tionsmöglichkeiten. Der Bundesbeauftragte hat ben worden sind. Das fällt in die Prüfkompetenz keine. Dementsprechend sind Beanstandungen des Bundesbeauftragten.

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Ich habe natürlich die Sachverständigengutach- institutionelle Anknüpfungspunkt BND ist gege- ten vor diesem Ausschuss und auch das, was ben, der räumliche Anknüpfungspunkt zu öffentlich zugänglich war zu den Zeugenverneh- Deutschland ist gegeben, und der personelle An- mungen hier, durchgelesen. Da gibt es einen ent- knüpfungspunkt, was diejenigen, die damit um- scheidenden interessanten Problemkomplex. Das gehen - - ist auch gegeben. Insofern gibt es gar ist die sogenannte Auslandsaufklärung durch den keinen Zweifel, dass ein Deutschlandbezug be- Bundesnachrichtendienst. steht. Wenn dieser Deutschlandbezug besteht, wäre insofern die Zuständigkeit des Bundes- Wir haben es ja hier mit einem Bereich zu tun, beauftragten gegeben. der nicht ganz deutlich abgrenzbar ist. Wenn man dem Wortlaut des G 10 folgt - ich glaube, Dasselbe gilt auch für Auslandsüberwachungs- das ist § 5 G 10; ich könnte nachschlagen, aber maßnahmen, zumindest insoweit, als die Daten das ist jetzt, glaube ich, nicht so wichtig -, wird im Inland, also in Deutschland, verarbeitet wer- dort ausdrücklich von internationalen Telekom- den. Auch hier sehe ich die Zuständigkeit des munikationsverkehren gesprochen. Dieser Begriff Bundesbeauftragten für gegeben. „internationale Telekommunikationsverkehre“ ist nicht wirklich differenziert. Aus meiner Sicht Gleichwohl gab es hier keine entsprechenden müsste man ihn dem Wortlaut nach interpretie- Auskünfte seitens der beteiligten Dienste bzw. ren als „alle Arten von Telekommunikationsver- Ministerien an mich. Es wurde generell unter Be- kehren, die in Deutschland irgendwo anfallen“, zugnahme auf G 10 hier keine Mitteilung ge- das heißt sowohl diejenigen, die eine Ausgangs- macht. Also, das war ein grundlegendes Problem, oder Endpunkt in Deutschland haben, als auch ein Aspekt auch, der aus meiner Sicht dringend diejenigen, die bloß von Ausland zu Ausland klärungsbedürftig ist. durchgeleitet werden. Das ist sozusagen eine In- terpretation dem Wortlaut nach. Wenn ich Ihre Frage im Hinblick auf die Daten- arten noch einmal differenzieren sollte, dann gibt Allerdings vertritt die Bundesregierung schon es aus meiner Sicht hier keine Hinweise darauf, seit Jahren die Auffassung, dass die internatio- dass man sagen kann: Das sind nur die Inhalte. - nale Telekommunikationsüberwachung, die Selbstverständlich sind auch die sogenannten quasi nur den Datentransit betrifft, nicht unter Verkehrs- oder Metadaten umfasst. Das Bundes- die strategische Fernmeldekontrolle fällt. Ich verfassungsgericht hat ja immer wieder festge- habe das gestern noch mal nachgeschlagen. In stellt, dass die Metadaten, diese Verkehrsdaten, einer Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem als nähere Umstände des Fernmeldeverkehrs Jahr 2012, die von der Linkspartei gestellt wor- eben selbstverständlich unter des Schutz des Ar- den war, definierte die Bundesregierung die stra- tikels 10 Grundgesetz fallen. Insofern sind sie, so- tegischen Kontrollmaßnahmen doch so, dass wohl was jetzt, sage ich mal, den Schutz durch praktisch nur die, sage ich mal, aus und nach den Grundgesetzartikel 10 als auch die Anord- Deutschland gehenden Telekommunikationen er- nung von entsprechenden Maßnahmen anbe- fasst würden. langt, mit berührt. Daran ändert nichts, dass nicht jedes Metadatum zu jedem Zeitpunkt für Je nachdem, wie man diese Regelungen auslegt, jedermann einer bestimmten bekannten Person fallen diese Transitkommunikationen in den Zu- zuzuordnen ist. Das ist die Frage des Personen- ständigkeitsbereich der G-10-Kommission, oder bezugs. Schon die Möglichkeit der Herstellung sie fallen es nicht. Wenn sie nicht in den Zustän- dieses Personenbezugs, die generell jedenfalls digkeitsbereich fallen, wie die Bundesregierung vorhanden ist - das gilt auch für Auslandsver- annimmt, fallen Sie in meinen Zuständigkeits- kehre -, führt dazu, dass man den Datenbestand, bereich, und zwar auch deshalb, weil sie natür- der dort verarbeitet wird, als personenbezogen lich deutschem Recht unterliegen. Also da gibt es anzusehen hat. überhaupt gar keinen Zweifel. Der fachliche und

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Allerdings, in diesem konkreten Fall war es mir dieser Daten ich selbstverständlich der Auffas- nicht möglich, irgendwelche konkreten Prüfun- sung war, dass meine Zuständigkeit eröffnet war, gen jetzt vor Ort durchzuführen, da mir entspre- ja. chende Informationen auch verweigert worden sind unter Hinweis auf G 10. Das ist einfach das Bei den Transitverkehren: Die Frage hat sich so Problem, dass dann, wenn man sagt: „Da beruft nicht gestellt. Sie stellt sich natürlich jetzt ver- sich die Bundesregierung auf G 10, auf die G-10- schärft - nach dem, was wir jetzt wissen. Kommission“, ich nicht nachprüfen kann, ob die G-10-Kommission nun das angeordnet hat oder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sonst wäre es nicht. Also, ich glaube der Bundesregierung, dass ja auch sehr misslich. Sonst hätte man auf der das dann G 10 war. Ich kann nicht sagen, ob zum einen Seite kein G 10. Und wenn Sie sagen: „Ich Beispiel für die Transitkommunikation G-10-An- sehe es aber als G 10, bin auch nicht zuständig“, ordnungen getroffen worden sind oder nicht. Ich dann wäre keiner zuständig gewesen. Das wäre weiß es schlicht nicht. Aber ich habe das jeden- eine besondere Lücke gewesen. falls dann zur Kenntnis genommen. Zeuge Peter Schaar: Aber es kann natürlich trotz- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- dem effektiv so sein, dass es eine Lücke gibt. Ich lichen Dank. - Darum gibt es ja auch diesen Un- persönlich habe jedenfalls meine Fragen so for- tersuchungsausschuss, weil wir auch nicht alles muliert, dass sie von den zuständigen Stellen glauben, sondern auch nachprüfen wollen. auch, glaube ich, so hätten beantwortet werden können - oder vielleicht sind sie ja sogar so be- Vielleicht nur noch mal zu Ihrer Einordnung: antwortet worden -, dass es keine Kontrolllücke Sind Sie der Meinung, dass die Auslandausland- gibt. Ich sage das mal so hypothetisch. verkehre und die Auslandsüberwachung also nicht im G-10-Bereich lokalisiert sein sollen, son- Sollte die Bundesregierung der Auffassung sein, dern dann bei Ihnen? Weil das ist ja das Regel- dass das unter das G-10-Gesetz fällt, dieser Da- ausschlussprinzip. Also, haben Sie auch die Mei- tentransit, und sollte die Bundesregierung für nung vertreten: „Ich bin zuständig. Umkehr- den Datentransit entsprechende G-10-Anordnun- schluss daraus: Es ist nicht G 10“? gen eingeholt haben von der G-10-Kommission, gibt es keine Kontrolllücke. Sollte die Bundes- Zeuge Peter Schaar: Ich habe das in diesem Falle regierung hingegen keine G-10-Anordnung einge- nicht ausdrücklich so der Bundesregierung mit- holt haben und mir trotzdem die Auskunft ver- geteilt. Ich bin letztlich der Argumentation der weigert haben - ich habe diese Information nicht Bundesregierung gefolgt, sodass dann die Zustän- bekommen -, dann besteht eine Kontrolllücke, digkeit eigentlich gegeben sein müsste. die allerdings aus meiner Sicht von der Bundes- regierung zu verantworten ist. Das ist aber, wie Mir war im Übrigen auch nicht bekannt - um das gesagt, eine hypothetische Feststellung. auch schon mal hier zu sagen -, dass hier auch Transitverkehre gegebenenfalls oder Informatio- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da würde ich nen aus Transitverkehren möglicherweise an aus- gerne noch mal nicht so hypothetisch drauf zu ländische Stellen weitergeleitet worden sein sprechen kommen. Wenn ich es richtig verstan- könnten. Ich hatte diese entsprechenden Informa- den habe, hat Ihnen doch die Bundesregierung tionen, die auf die Snowden-Papiere zurückgin- mitgeteilt: kein G 10. - Richtig? Wenn sie es gen, eher bezogen auf die Auslandsaufklärung in Ihnen mitgeteilt hätte, dann hätten Sie ja geprüft, Krisengebieten. So hat die Bundesregierung sich obwohl Sie nicht zuständig waren. Also, die Bun- im Übrigen ja auch eingelassen in der Antwort desregierung muss Ihnen doch - so haben Sie es auf verschiedene kleine Anfragen von, glaube doch, wenn Sie eben richtig verstanden habe, ge- ich, drei Fraktionen, den damaligen drei Oppo- sagt - gesagt haben: Es liegt hier kein G-10-rele- sitionsfraktionen, sodass also insofern bezüglich vanter Sachverhalt vor.

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Zeuge Peter Schaar: Also, die Bundesregierung öffentlichungen genau in solchen Fällen ge- hat mir über bestimmte Vorgänge einfach keine macht? Gab es da auch so umfangreiche Fragen- Auskunft gegeben unter Berufung darauf, dass kataloge? Oder ist das erst im Grunde von Ihrer G 10 berührt ist. Behörde angestrengt worden, als die Veröffent- lichungen durch Edward Snowden in der Presse Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Aber war? Dann muss man ja sagen: Gott sei Dank; gab es auch Sachverhalte, wo die Bundesregie- sonst wäre da nie nach gefragt worden. Oder gab rung gesagt hat: „Hier ist kein G 10“? es diese Fragenkataloge schon von Ihrer Behörde in den Jahren vorher? Weil Ausland-Ausland- Zeuge Peter Schaar: Ja, es gab auch Sachverhalte Überwachung hat es ja vorher schon gegeben. im Bereich der Auslandsaufklärung und auch des Datenaustausches, wo ich informiert worden bin, Zeuge Peter Schaar: Also, es gab eine erste Befas- ja. Das sind allerdings Sachen, die ich in öffent- sung mit dem Thema sicher im Rahmen der De- licher Sitzung nicht erörtern darf. batte über Echelon. Das war allerdings vor mei- nem Amtsantritt 2003. Das waren nur so die Aus- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Bei läufer, die da nur noch so bei mir reinragten. Es der Ausland-Ausland-Kommunikation, wo nicht gab keine gezielte Prüfung dieses Sachverhalts. G 10 bejaht worden ist von der Bundesregierung, was für Informationsersuchen haben Sie da ge- Ich denke auch, dass bei uns das Problem- stellt in Ihrer Verantwortung? Sie werden ja ge- bewusstsein im Hinblick auf diese Ausland-Aus- sagt haben: Wenn es kein G 10 ist, dann muss ich land-Kommunikation im Hause nicht vorhanden da schauen. - Zu Recht, nach meiner Einschät- war in dem Zeitraum, weil dieser Datentransit zung. Was haben Sie da von der Bundesregierung nicht, sage ich mal, außerhalb von G 10 erst mal verlangt, um nachprüfen zu können, ob Daten- gesehen wurde. Insofern sind wir immer davon schutz eingehalten wird? ausgegangen, meine Mitarbeiter und ich, dass hier jedenfalls insoweit jetzt nicht eine Kontroll- Zeuge Peter Schaar: Also, es gab einen differen- lücke schon bestand. zierten Fragenkatalog, der hier gestellt wurde, der auch noch einmal ergänzt wurde. Die erste Ver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Haben Sie ge- sion ist, glaube ich, vom 5. Juli 2013 gewesen. Ich dacht - - glaube, ein, zwei Wochen später gab es dann noch mal eine weitere Nachfrage aufgrund weite- Zeuge Peter Schaar: Allerdings in konkreten Fäl- rer Medienveröffentlichungen. len wurde natürlich - - Es wurde geprüft. Es wur- den regelmäßig - ich denke, jedes Jahr - Nach- Also, es wurde sozusagen alles abgeprüft, abge- richtendienste geprüft. Die Mitarbeiter waren fragt: Wer hat dort Kenntnis von welchen Daten häufig vor Ort - in Pullach, in Köln, an anderen gehabt? Wer hat diese Daten gegebenenfalls mit Stellen - und haben dort konkrete Prüfungen vor- Programmen ausgewertet? Mit welchen Program- genommen. men? Speziell XKeyscore war dort auch eine Frage. Inwieweit sind diese Daten an auslän- Im Hinblick auf die Vorgänge, um die es jetzt hier dische Behörden weitergegeben worden? - Das geht, gab es vorher keinen Anlass, diese Prüfun- ist, wie gesagt, ein umfangreicher Fragenkatalog gen vorzunehmen. Ich bitte da auch um Ver- gewesen, den Sie im Zweifel, ich denke, ich hoffe ständnis dafür, dass eine nicht allzu üppig ausge- jedenfalls, auch in Ihren Akten haben. stattete Behörde nicht flächendeckend etwas überprüfen kann. Das heißt, diejenigen, die sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kann ich gut mit Telekommunikation beschäftigen, mit den nachvollziehen. Hätte ich genauso gemacht. Nun Telekommunikationsunternehmen, haben dort bin ich nicht der Datenschutzbeauftragte. - Was also viele Tausend Unternehmen zu überprüfen. haben Sie denn vor den ganzen Snowden-Ver- Diejenigen, die für die Sicherheitsbehörden zu-

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ständig sind, sind für einen doch sehr umfang- tische Möglichkeit, wie es das Bundesdaten- reichen Sicherheitsapparat vom Bundeskriminal- schutzgesetz vorsieht. In Ihrer Zeit, hat es da amt bis zum MAD zuständig. Darüber hinaus gibt Fälle gegeben, wo die G-10-Kommission während es sehr viele auch nationale und internationale Ihrer Amtszeit eben solche Ersuchen an Sie Rechtsetzungsvorhaben, an denen wir immer herangetragen hat? auch mitgearbeitet haben, wo auch die Beratung des Bundestages und natürlich der Bundesregie- Zeuge Peter Schaar: Nein, Herr Vorsitzender. rung sehr intensiv betrieben wurde. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Hat es Also, insofern haben wir diese Schnittstelle nicht nicht gegeben. - Dann brauche ich inhaltlich gar besonders vorher adressiert, auch wenn klar war, nicht mehr nachfragen: Welche waren das? Wie dass diese verschiedenen Kontrollzuständigkei- viele waren das? Weil bei einem Nein erübrigt ten ein Problem sein können. sich das.

Ich bin allerdings an beide parlamentarischen Zeuge Peter Schaar: Darf ich noch eine kurze Be- Kontrollgremien auch vorher schon herange- merkung dazu machen? Also, aus meiner Sicht treten und habe meine Diskussionsbereitschaft gibt es da unterschiedliche Methoden, Prüf- immer wieder betont und auch gegebenenfalls methoden, die da einfach auch angesetzt werden daran erinnert, dass der Bundesbeauftragte gege- und die sich, glaube ich, sehr gut ergänzen könn- benenfalls auch im Auftrag der G-10-Kommission ten. In meinem ehemaligen Haus war es eben Expertise abliefern konnte. Das ist, wie gesagt, doch so, dass dort Prüfteams, die zum sehr gro- auch damals freundlich zur Kenntnis genommen ßen Teil ihrer Arbeitskapazität eben prüften, vor worden. Ort gingen und Akten und Dateien prüften und insofern natürlich häufig auf Dinge stießen, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen begründet waren, auch auf Datenspeicherungen Dank. - Nicht dass man mich falsch versteht: Ich stießen, die begründet waren mit G-10-Erkennt- habe auch kein Ansinnen, hier irgendwelche Ver- nissen. säumnisse oder so was aufzuzeigen. Uns geht es eher darum: Wie kann man es in Zukunft besser Diese Erkenntnisse konnten meine Mitarbeiter machen? Verstehen, wo möglicherweise, wie Sie allerdings nicht bewerten, weil sie sie nicht zur es zu Recht sagen, Prüflücken bestehen. Wir hat- Kenntnis bekamen. Und das ist eine systema- ten ja erst vor kurzer Zeit im Rahmen der Haus- tische Kontrolllücke, weil natürlich die G-10- haltsdebatte auch die Diskussion, wie der Daten- Kommission nicht - ich nehme ein Beispiel - schutzbeauftragte, also die Behörde, dementspre- nicht das Schengen-Informationssystem prüft, chend gut ausgestattet werden kann. Das sind ja weil das ein polizeiliches System ist. Insofern für uns relevante Ansichten, wo man sagt: Da sind da bisweilen eben Probleme aufgetreten. muss man nachsteuern, auch politisch nach- Und deshalb habe ich das, wie gesagt, gegenüber steuern. Also, bitte, dass Sie mich nicht falsch den Vorsitzenden der entsprechenden Gremien, verstehen, dass ich nicht hier irgendwelche Ver- auch den Obleuten, immer wieder mal angespro- säumnisse aufdecken will, sondern ganz im Ge- chen, auch schriftlich gegebenenfalls. Es gab mal genteil dahin gehend, wo möglicherweise eine ansatzweise einen fachlichen Austausch auf der Diskrepanz ist. Fachebene. Aber das ist dann meines Wissens doch recht schnell wieder eingeschlafen. An diesem Punkt - Sie sprachen es gerade an - G-10-Fälle: Nach § 24 Absatz 2 Satz 2 - Sie hatten Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen es eben angesprochen, aber jetzt meine Ergän- Dank. - Nur vielleicht mal zur Information. Ich zung - kann die G-10-Kommission den Bundes- durfte mich damit beschäftigen jetzt im letzten datenschutzbeauftragten ja auch ersuchen, in Haushalt. Aber: Wie viele Mitarbeiter hat Ihre Be- G-10-Fällen zu prüfen. Das ist ja eine theore- hörde, die dann auch operativ tätig sind und vor Ort sein können?

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Zeuge Peter Schaar: Also, wenn wir jetzt den Si- hat es - - Also, in der Zeit hat es das nicht gege- cherheitsbereich nehmen, sind es - - Ich glaube, ben, und es ist auch jetzt hier nicht so geprüft es waren fünf in der Zeit, - worden. Obwohl natürlich es klar ist, dass man die großen Datenbestände und auch komplexen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Damit wir Datenbestände, um die es hier geht - das gilt auch mal sehen, von welcher Zahl wir hier reden. für Protokolldateien -, eigentlich effektiv nur prü- fen kann auf Anomalien, zum Beispiel, eine Ano- Zeuge Peter Schaar: - die praktisch für diesen ge- malie, dass von einer bestimmten Dienststelle samten, doch relativ großen Sicherheitsapparat extrem viel mehr abgefragt wird als von allen an- zuständig waren. Dazu gehörte zum Beispiel deren, dass man solche Anomalien im Grunde auch letztlich Europol. Europol, die ganzen Poli- bei einer manuellen Sichtung allenfalls zufällig zeibehörden, Bundesbundespolizei, Bundeskri- findet. Während man, wenn man danach syste- minalamt. Dazu gehörten eben dann auch die matisch sucht, dann findet man das dann doch entsprechenden Nachrichtendienste. Also, das ist schneller. Insofern ist das Thema Big Data auch schon eine kleine Truppe. Wie gesagt, da gehört etwas, was man positiv für den Datenschutz ein- auch Rechtsetzung dazu, Verhandlungen, setzen könnte. Aber das ist mehr Zukunftsmusik. Gremienarbeit und so etwas, die von diesen Per- sonen wahrzunehmen waren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich frage noch mal, weil wir gerade so in dieser internen Dazu kamen allerdings immer auch fallweise, Organisation sind: Bei dem überschaubaren Per- wenn es sich um Prüfungen handelte, die techni- sonalansatz, die ja sowohl, ich sage mal, Kompe- schen Sachverstand erforderten, besonderen tenz im Dateienbetrachten, -bewerten etc. haben technischen Sachverstand, der von den beteilig- müssen, aber auch eine gewisse juristische ten Mitarbeitern des Referats V, das zuständig Grundkompetenz haben müssen, können Sie war, nicht erbracht werden konnte - - die dann da dann auch technische Dinge bewerten? Können auch mitgingen oder ansonsten assistierten. Das Sie sich einen Router angucken und fragen: Ist waren dann Vertreter des Technikreferats oder der, wie er eingebaut ist in einem System, des Telekommunikationsreferats. sicher? - Sind das Dinge, die Sie überhaupt noch schultern können? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur eine kurze Nachfrage: Bedienen Sie sich in diesem Zeuge Peter Schaar: Grundsätzlich besteht diese Zusammenhang, gerade im technischen Bereich, Möglichkeit. Allerdings sind das dann andere externer Expertise? Personen mit anderen Qualifikationen. Wir hat- ten promovierte Fernmeldeingenieure und Infor- Zeuge Peter Schaar: Bis auf das Bundesamt für matiker mit entsprechendem Hochschul- die Sicherheit in der Informationstechnik nicht. abschluss und auch sonstiger Qualifikation, die Also, jedenfalls haben wir das nicht gemacht. dazu auch in der Lage sind, informationstechni- Wir haben allerdings vor drei Jahren, glaube ich, sche Systeme zu bewerten. Mittel eingeworben, um bestimmte Prüftools auch zu entwickeln. Diese Arbeiten waren aber Das Problem, mit dem wir es hier allerdings zu noch nicht so weit fortgeschritten, dass diese tun haben, ist, dass der Komplexitätsgrad von Prüftools auch für die jetzt in Rede stehenden diesen technischen Systemen ungeheuer groß ist. Prüfungen hätten eingesetzt werden können. Und hier geht es ja zum Beispiel um das Thema Backdoors, wo alle Informatiker, mit denen ich Es gab durchaus immer mal wieder auch die da gesprochen habe, im Haus, außerhalb des Frage, inwieweit das auch von den Behörden ge- Hauses, sagten: Wir gehen davon aus, dass da un- duldet würde, dass da ein Prüfer mit einer CD dokumentierte Features in bestimmten techni- oder einem USB-Stick ankommt und jetzt da ein schen Geräten drin sind. - Andere sagen dazu Prüfprogramm über den Computer einer Sicher- „Backdoors“. Das Problem ist, dass es fast un- heitsbehörde fahren lässt. Also, das ist - - Bisher möglich ist, sie wirklich ausfindig zu machen. Es

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ist relativ einfach, ein System zu überprüfen, ob BND gegeben, also dass Sie als Behörde geprüft es das tut, was es tun soll. Es ist aber sehr viel hätten, nicht der BND intern? Da komme ich viel- schwieriger, zu überprüfen, dass es nur das tut, leicht gleich noch mal drauf zu sprechen. was es tun soll, das heißt, dass da kein verdeckter Informationsabfluss stattfindet. Da gibt es zwar Zeuge Peter Schaar: Es hat technische Prüfun- auch Prüfmethoden. Da will ich jetzt nicht ins gen, es hat Dateiprüfungen gegeben, ja, aller- Detail gehen, kann das aber gerne. Aber das ist dings, soweit ich weiß, nicht in Bezug auf jetzt sehr schwierig. Solange es keine wirklich veri- Routingkomponenten oder so etwas und natür- fizierten Prozesse gibt, die die Qualität der Soft- lich nicht in Bezug auf G-10-Maßnahmen, weil und Hardware gewährleisten, sozusagen von An- das dann schon wieder sozusagen hart am Rande fang bis Ende - ich bin da eher skeptisch, dass oder möglicherweise außerhalb der Kompetenz wir in diese Situation kommen -, muss man sich lag. leider darauf verlassen, dass man sozusagen ab- schnittsweise bestimmte Dinge prüft, dass es Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wäre da die Sendboxes gibt, wo versucht wird, dann irgend- Schnittstelle zur strukturierten Prüfung dann der welche Anfragen in irgendwelche Richtungen oder die behördlichen Datenschutzbeauftragten? aufzudecken, die dort nicht hingehören, und so Ist das dann Ihre Schnittstelle? Weil Sie ja nicht etwas. in jeder Behörde kontinuierlich vor Ort sein kön- nen, aber dann über die behördlichen Daten- Das heißt, das Problem ist immer - und das wird schutzbeauftragten möglicherweise dann die In- ja überall behandelt, zum Beispiel im amerikani- formation, die kontinuierlich gewonnen wird, schen Kongress; das ist alles nachlesbar und generiert bekommen. Empfinden Sie das so? nachhörbar -, dass dort davon auszugehen ist, Oder ist das etwas ganz anderes? Sagen Sie: „Das dass dort davon ausgegangen wird, dass zum Bei- ist jemand, der extern steht, das ist nicht der spiel praktisch sämtliche chinesischen Router Bundesdatenschutzbeauftragte; da gucken wir mit Backdoors ausgestattet seien. Das sagte der hin, als wenn es irgendjemand in der Behörde NSA-Direktor dort. Und deshalb dürfen die in wäre“? US-Behörden nicht eingesetzt werden. Ich will jetzt nicht den US-Behörden unterstellen oder Zeuge Peter Schaar: Also, weder noch. Sozusa- den US-Herstellern unterstellen, dass sie alle bei gen: Es geht darüber hinaus. Die behördlichen uns nur mit Backdoors ausgestattete Systeme ha- Datenschutzbeauftragten sind keine Beauftragten ben. Aber jedenfalls weiß die NSA, dass es mög- des Bundesbeauftragten. Sie sind keine Vorprüf- lich ist, Backdoors in entsprechende Systeme stellen, wie es sie zum Beispiel bei Rechnungs- einzubauen, und dass es auch Praxis ist, so etwas höfen gibt. Sie haben eine eigenständige Funk- zu tun, und dass man dagegen vorgehen muss. tion in der jeweiligen Behörde oder, wenn es um Unternehmen geht, in dem jeweiligen Unterneh- Deshalb halte es auch für notwendig, dass man men. Sie haben auch eine gewisse Unabhängig- vertrauenswürdige Produktionsketten und Her- keit in diesen Stellen. Und Sie sollen darauf hin- steller für solche Systeme gewinnt. Das war für wirken, dass die datenschutzrechtlichen Vorga- mich auch immer ein ganz wichtiger Punkt in der ben erfüllt werden. In allen Bundesbehörden gibt Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für die Si- es entsprechende Datenschutzbeauftragte, auch cherheit in der Informationstechnik. Da war ich bei den Nachrichtendiensten. Ich habe den Ein- mir mit Herrn Dr. Hange immer völlig einig, dass druck, dass, speziell auch beim BND, das von der wir hier auch entsprechende Vertrauensanker betreffenden Person sehr ernsthaft wahrgenom- brauchen und dass die Bundesregierung da auch men wird. dringend tätig werden muss. Und ich sehe auch, dass es da gewisse Fortschritte gibt. Aber, um es noch mal deutlich zu machen: Die Datenschutzbeauftragten sind Mitarbeiter der je- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Hat es zu weiligen Behörden. Sie sind nicht die Agenten Ihrer Zeit solche technischen Prüfungen beim der externen Datenschutzaufsicht. Aber sie sind

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natürlich Ansprechpartner. Das heißt, regelhaft kann, auch vertrauensvoller Umgang, wobei völ- sind die auch, also fast immer, bei entsprechen- lig klar ist, dass die Datenschutzbeauftragte den Prüfungen, die vor Ort vorgenommen wer- selbstverständlich im Rahmen ihrer Verpflich- den, dabei. Die Datenschutzbeauftragten haben tungen auch die Vertraulichkeit der ihr intern zu- intern kein Vetorecht gegenüber den Behörden. gänglichen Informationen immer gewahrt hat. Es Ich finde das auch richtig, dass es hier eine unge- liegt mir kein Hinweis vor, dass da irgendetwas teilte Behördenleiterverantwortung gibt. Aller- schiefgelaufen sein könnte. dings müssen dann die Behördenleiter verant- worten, wenn sie vom Rat und den Forderungen Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nun gab es ja der jeweiligen behördlichen Datenschutzbeauf- auch eine Zeit, wo Dateianordnungen so nicht ge- tragten abweichen. nehmigt waren, dass nachgeholt werden musste, was die behördliche Datenschutzbeauftragte be- Die Datenschutzbeauftragten befinden sich natür- merkt hat. Ist das ein Vorgang gewesen, wo Sie lich auch im Dialog zum Bundesbeauftragten gesagt haben: „Oh, da ist was; da gucke ich viel- oder, wenn es um nichtöffentliche Stellen geht, leicht mal als Bundesdatenschutzbeauftragter zu den jeweiligen Landesdatenschutzbehörden, näher hin“? Ist das überhaupt zu Ihnen gekom- um dort auch diese Schnittstelle bedienen zu men, dieser Sachverhalt, oder wie war das? können. Aber, wie gesagt: Sie sind diejenigen, die im Unternehmen oder in der Behörde hinwirken Zeuge Peter Schaar: Ja, es hat solche Fälle gege- sollen auf Datenschutz. ben. Und wir sind immer wieder dann auch - - Oder: Wir sind dann an die zuständigen Stellen, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wie erinnern das heißt die Dienste und die entsprechenden Sie denn die Zusammenarbeit mit der Daten- Ministerien, die die Fachaufsicht führen, heran- schutzbeauftragten des BND? Wie ist das von- getreten und haben darauf gedrungen. Sie erin- stattengegangen? Da werden Sie ja nicht persön- nern sich vielleicht an den Fall - der war ja im lich mit der kommuniziert haben. Aber haben Sie letzten Jahr, im vorletzten Jahr auch aktuell - im Nachgang mal geschaut? Hat es da Kontakte eines gemeinsamen Projektes, das verschiedene gegeben? War die Zusammenarbeit gut? Hat man deutsche Nachrichtendienste mit amerikanischen sich da ausgetauscht? Oder war das punktuell für Nachrichtendiensten in einer angemieteten Woh- Sie als Behörde nicht wahrnehmbar? - Erinnern nung durchgeführt haben - nach Medienberich- Sie da etwas? ten; insofern ist das jetzt kein Internum, das ich hier erzähle. Da wäre es natürlich naheliegend Zeuge Peter Schaar: Also, es hat zwischen mei- gewesen, dass entsprechende Daten, Dateianord- nen Mitarbeitern und der behördlichen Daten- nungen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben schutzbeauftragten des BND Kontakte gegeben, meiner Behörde zur Kenntnis gebracht worden ja. wären. Ich kann mich da jetzt nicht erinnern, dass das eingegangen ist; bzw. im Gegenteil, so- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: War es ein weit ich weiß, war das nicht der Fall. Insofern ist reger Austausch? Oder - - das immer ein strukturelles Problem, dass es von Dateien, von denen ich nichts weiß, sehr schwer Zeuge Peter Schaar: Also, ich kann jetzt nichts ist natürlich jetzt solche Anforderungen dann zu über die Quantitäten sagen. Aber es gab im Rah- machen. Das ist eine Bringschuld der jeweiligen men der fachlichen Zuständigkeiten - und das ist Behörden, die nach dem, was ich jetzt hier gele- ja nun gerade in diesem Zeitraum relativ intensiv sen habe, auch aus dem Ausschuss, was öffent- gewesen - immer wieder Kontakte, gerade wenn lich zugänglich ist, vielleicht nicht immer wahr- dann auch vor Ort geprüft wurde oder wenn ent- genommen wurde. Insofern ist es sehr dringend, sprechende Fragen zu beantworten waren. dass, soweit es so etwas bisher noch nicht gibt, jetzt auch nachgearbeitet wird. Und das war, um noch mal auf die Frage einzu- gehen, ein offener und, soweit ich mich erinnern

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Die Dateianordnungen haben ja im Grunde ge- wieder auch aufgetaucht: Wer ist für die Kon- nommen die Aufgabe, in einem ansonsten ziem- trolle von bestimmten Dateien zuständig? lich wenig transparenten Bereich, weil ja ver- deckte Maßnahmen zum großen Teil durchge- Seinerzeit, also in diesem allerersten Terror- führt werden, doch so etwas wie eine Recht- bekämpfungsgesetz, wurde ja eine Zuständigkeit mäßigkeitskontrolle zu gewährleisten. Das setzt der G-10-Kommission für bestimmte Anfragen, natürlich dann entsprechende Umsetzung der zum Beispiel des Verfassungsschutzes - ich Vorgaben auch voraus und eine Zurkenntnisbrin- glaube, der BND hat die vergleichbaren Befug- gung an den Bundesbeauftragten. Wenn das nicht nisse -, eingeführt. Und dann wurde aber gesagt: geschieht, dann sind ja auch Prüfmaßnahmen Die unterliegen der Kontrolle durch die G-10- dort vor Ort oder bezüglich dieser Dateien gar Kommission, sodass dann diese Information - da nicht möglich. Da kann man dann nur im Streu- ging es zum Beispiel um Daten, die aus Reise- schuss fragen: Habt ihr irgendwelche Dateien? - büros kamen, oder Verkehrsdaten der Telekom- Und wenn dann gesagt: „Da müsst ihr schon kon- munikation -, dann der Kontrollkompetenz durch kreter fragen“, dann wird es für uns sehr schwie- den Bundesbeauftragten entzogen waren. rig. Es gab dann natürlich keinen Anlass für mich, zu Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Um vielleicht sagen: Jetzt will ich sie doch prüfen. - Ich weiß diesen Themenkomplex abzuschließen, um noch nicht, ich habe keine nähere Kenntnis, wie die mal auf die von Ihnen ausgeführten gravierenden G-10-Kommission im Umgang mit genau solchen Kontrolllücken - so haben Sie es auch in Ihrem Befugnissen dann überprüft hat. Ich hoffe, dass 24. Tätigkeitsbericht ja beschrieben; da haben Sie das alles auch gut gegangen ist. Aber es ist natür- von gravierenden Kontrolllücken gesprochen und lich schwierig, weil da auf der Basis dieser - - auch, wie Sie eben ausgeführt haben, an ver- also, erst mal sozusagen die Begründung, dass schiedenen Stellen das angesprochen - zurückzu- die Daten erhoben werden - - aus einem Bereich kommen: Diese Diskrepanz zwischen Aufgaben kommen, der in meinem früheren Zuständig- des Parlamentarischen Kontrollgremiums, der keitsbereich war. Und auf der anderen Seite wur- G-10-Kommission und dem Bundesbeauftragten den die Daten auch wieder verwendet, dort, wo für Datenschutz: Wie würden Sie gewichten? Wie die G-10-Kommission keine Zuständigkeit mehr oft hat es denn aufgrund von diesen unterschied- hatte für Maßnahmen, auch verknüpft mit Daten, lichen Zuständigkeiten bei Ihnen den Eindruck die nicht dort der G-10-Kontrolle unterlagen. gegeben, dass Sie Sachen nicht prüfen können, die Sie eigentlich gerne prüfen möchten? Jetzt in- Und dasselbe gilt natürlich immer - - oder: gilt nerhalb Ihrer zehnjährigen Tätigkeit, nicht jetzt über den gesamten Zeitraum für die eigentlichen allein in der letzten Phase, wo medial das Thema G-10-Daten. Also, insofern war das immer wieder besonders hochgeschossen ist, sondern ganz in ein Thema. Ich habe das ja, wie Sie richtig sagen, der normalen Zeit, will ich mal sagen. Wie oft schon im 24. Tätigkeitsbericht thematisiert, aus- hatten Sie da den Eindruck, dass aufgrund von drücklich. Und das ist ja schon deutlich vor dieser Konstellation unterschiedlicher Kompe- Snowden gewesen. Also, Anfang 2013 ist der ver- tenzen, unterschiedlicher Zuständigkeiten, zum öffentlicht worden. Berichtszeitraum war bis Beispiel eben rekurriert auf § 24/G-10-Schwierig- Ende 2012. Also, insofern ist das da auch aufge- keit, Ihnen da gesagt wurde: „Sorry, das geht taucht, da auch sehr konkret im Bereich des nicht“? Schengen-Informationssystems.

Zeuge Peter Schaar: Also, ich kann Ihnen da Wie gesagt, es kam immer mal wieder vor. Aber keine Zahl nennen. Aber es ist immer wieder für bisweilen hat man dann natürlich auch gar nicht mich ein Thema gewesen. Angefangen mit dem mehr nachgefragt, weil es ja dann keinen großen Antiterrorgesetzgebungspaket unmittelbar nach Sinn machte. 2001, wo es dann auch um das Terrorbekämp- fungsergänzungsgesetz ging, war die Frage immer

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Ich Zeuge Peter Schaar: Echelon war ja vorher denke, da werden die Fraktionen auch noch Fra- schon. gen zu haben. Vielleicht abschließend zwei kon- krete Fragen noch: Wie oft war Ihre Behörde in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Da ist Ihrer Amtszeit beim Bundesnachrichtendienst? Bad Aibling nicht auf den Schirm geraten? Was würden Sie sagen? Sie können das jährlich ausdrücken oder insgesamt. Wie oft gab es Besu- Zeuge Peter Schaar: Doch. Wenn Sie - - Ich habe che beim BND? in alten Tätigkeitsberichten, ich glaube sogar meines Vorgängers, den Standort Bad Aibling er- Zeuge Peter Schaar: Also, man muss da unter- wähnt gelesen. Das lässt sich ja ohne Weiteres scheiden zwischen Besuchen und Kontrollen. nachvollziehen. Aber wie gesagt: Das war ein Vorgang, der da auch schon weitgehend abge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Besonders schlossen war, weil ja Echelon im Wesentlichen die Kontrollen interessieren mich. mit der Satellitenüberwachung in Verbindung ge- bracht wurde und die leitungsbezogene Überwa- Zeuge Peter Schaar: Also, ich war auch mal in chung ja eine andere Qualität war und da eigent- Pullach und habe mich dann mit der Führungs- lich nicht unbedingt nahelag, dass so etwas mit spitze dort getroffen. Und ich war auch in Berlin Bad Aibling irgendwie zusammenhängen könnte. bei Herrn Schindler und habe mich getroffen. Und da haben wir uns natürlich - - Das war nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber ekla- nur Small Talk, sondern das waren auch inhalt- tante Rechtsverstöße sind nicht nachgewiesen lich vertiefte Debatten, die dort geführt worden worden? Weil ich sehe in den Rechenschafts- sind. Aber das würde ich jetzt nicht als Kontrolle berichten - Tätigkeitsberichten, Entschuldigung - bezeichnen. Also, es ist mit Sicherheit jährlich jetzt in diesen Zeiten nicht, dass man da sagt: Da bei den Nachrichtendiensten geprüft worden, hat es eklatante Rechtsverstöße gegeben - häufig mehrfach jährlich. Ob es formelle Kontrol- len beim BND jedes Jahr gegeben hat, das will ich Zeuge Peter Schaar: Das würde ich so nicht sa- jetzt nicht - - Ich will hier keine Falschaussage gen. riskieren. Aber mehr oder minder - - ich würde sagen: jährlich. Das kommt wahrscheinlich so Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: -, oder sie hin. sind zumindest nicht auffällig geworden.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können Sie Zeuge Peter Schaar: Das würde - - Also, ich kann die Standorte erinnern? Interessiert mich natür- Ihnen noch einmal vielleicht darlegen, wie der lich besonders Bad Aibling. Tätigkeitsbericht zustande kommt und was in dem Tätigkeitsbericht aus diesem Bereich drin- Zeuge Peter Schaar: Bad Aibling ist nur einmal steht: Üblicherweise ist es so, dass der Tätigkeits- geprüft worden, und zwar - während meiner bericht alleine in der Verantwortung des Bundes- Amtszeit; ob es davor Prüfungen gab, weiß ich datenschutzbeauftragten liegt. Das gilt allerdings nicht - im Dezember 2013. nicht in Bezug auf Geheimschutzangelegenhei- ten. Soweit die Dienste betroffen sind, haben die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Also im entsprechenden fachaufsichtführenden Ministe- Grunde nach den Veröffentlichungen. rien die geplante Veröffentlichung über die ent- sprechenden Dienste auch zur Kenntnis genom- Zeuge Peter Schaar: Das ist richtig, ja. Die große men und haben entsprechend auch die Informa- Bedeutung dieses Standorts ist ja auch erst uns tionen freigegeben. dann später - - Es gibt in der Tat einige Vorgänge, die Sie im Tä- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Durch tigkeitsbericht nicht finden, die aber tatsächlich Echelon auch noch nicht. stattgefunden haben, auch Prüfvorgänge, auch

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entsprechende Mängel, die dabei festgestellt wur- Situation? Oder war das schon: Man findet was, den, mit der Benennung der entsprechenden Da- man kritisiert zu Recht, der BND meldet dann teien. Das kann ich hier allerdings auch nicht in aber auch, er hat das ernst genommen und hat es öffentlicher Sitzung sagen. Aber es hat solche ge- geändert? Wie kann man das beschrieben? geben. Zeuge Peter Schaar: Herr Vorsitzender, dieser Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Letzte Frage; Vorgang, den Sie da zitieren, der liegt ja nun dann möchte ich an die Fraktionen geben. In schon über zehn Jahre zurück. Und der BND hat einem Bericht, der etwas länger zurückliegt, also damals tatsächlich die Absicht geäußert, die ent- nichts mehr mit den Veröffentlichungen von sprechenden Bereinigungen vorzunehmen. Sie Edward Snowden zu tun haben kann - das ist der werden aber in späteren Tätigkeitsberichten die 20. Tätigkeitsbericht, der den Berichtszeitraum Aussage finden, dass das mit der Bereinigung 2003/2004 erfasst -, da bekomme ich den Ein- eben doch nicht so immer alles geklappt hat. In- druck, dass der BND Ihre Hinweise, die Sie ge- sofern war es vielleicht - - Es war ein gutes Zei- ben, kontinuierlich geben, nutzt und Sie das chen, dass die Bereitschaft erklärt wurde. Aber auch positiv in diesem Tätigkeitsbericht bemer- manchmal gibt es praktische oder sonstige ken. Dort sind Formulierungen auf Seite 71 zu Gründe, weshalb bestimmte Zusagen nicht im- finden, die folgendermaßen klingen: mer eingehalten werden. Das haben wir natürlich nachgehalten. Das heißt also, wenn da zugesagt … habe ich wurde, bestimmte Dinge zu löschen, dann wurde natürlich nachgeguckt, ob das nun geschehen ist. - also der Bundesdatenschutzbeauftragte - Gerade in diesem Falle - ich sage das jetzt mal nicht zu konkret - muss ich sagen, ist das eine den BND zur Vorlage eines trag- Geschichte, die bis heute nicht zu Ende ist. fähigen Konzepts zur Bereinigung der Datenbestände aufgefordert. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Das Dieser Aufforderung ist der BND wird sicherlich spannend sein. Und ich könnte nachgekommen. mir vorstellen, dass die Fraktionen da nachfra- Oder etwas weiter: gen. Und denen möchte ich jetzt auch die Mög- lichkeit geben, Fragen zu stellen. Nach der so- Der BND hat diese Mängel unver- genannten Berliner Stunde gibt es für die Fragen züglich beseitigt. der Fraktionen ein festes Zeitbudget jeweils: für die CDU/CSU-Fraktion 27 Minuten, für die SPD Oder: 17 Minuten, für die Fraktion Die Linke 8 Minu- ten. Das Gleiche gilt für die Fraktion Bündnis Der BND hat dies zugesagt. 90/Die Grünen: 8 Minuten. Die Fraktionen fragen nacheinander. Beginnen tut die Fraktion Die Kann man sagen, dass Sie Kritik immer wieder Linke, dann gefolgt in der ersten Fragerunde von gefunden haben, aber der BND dann Ihre Kritik der Fraktion der SPD, dann von Bündnis 90/Die auch aufgenommen hat, Dinge beseitigt hat, und Grünen und dann die CDU/CSU. Ab der zweiten Sie das auch im Sinne eines Controlling über- Fragerunde haben wir die Reihenfolge: Fraktion prüft haben, dass man ihnen dann auch nach- Die Linke, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen kommt? Gab es da so - und SPD.

Zeuge Peter Schaar: Ja. Ich darf daher in der ersten Fragerunde der Fraktion Die Linke das Wort geben. Und ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - eine Art nehme an, zuerst Frau Kollegin Renner. Frau Austausch? Oder war das, sagen wir mal: Sie fin- Kollegin Renner, Sie haben die Möglichkeit, den nichts, weil Sie nicht reingucken dürfen, Fragen zu stellen. dann gibt man auf? War das eine ermutigende

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Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- schender Meinung ist das BND-Gesetz keine sol- zender. - Herr Schaar, ich hätte zur Datenver- che gesetzliche Ermächtigung. Da braucht - - Das arbeitung beim BND zwei Fragekomplexe. Der G-10-Gesetz könnte es sein. Aber wenn es nicht erste bezieht sich auf Ihr Eingangsstatement. Sie angewandt wurde, dann ist natürlich - - gibt es da sagten, sollte die Bundesregierung keine G-10- ein Problem. Das heißt, eine rein vertragliche Anordnung vorgelegt haben für die Erfassung - es Grundlage kann es da nicht geben. ging um Transitverkehre - und Ihnen die Kon- trolle verweigert haben, dann würde eine Kon- Die Frage ist, inwieweit die Deutsche Telekom trolllücke bestehen. Sie wissen, wir beschäftigen möglicherweise auch rechtswidrig gehandelt hat: uns seit Wochen mit der Operation „Eikonal“. Also, es geht ja einerseits um die staatliche Seite, Oder der Name „Granat“ spielt da eine Rolle. Bei und auf der anderen Seite geht es um das Unter- der Telekom hieß es wohl „Transit“. Und wir nehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat bei wissen mittlerweile, dass die Datenerhebung bei anderer Gelegenheit kürzlich festgestellt, dass es der Telekom durch den BND auf Grundlage eines so ein Modell gibt, das sogenannte Doppeltüren- Vertrages zwischen der Telekom und dem BND modell, wonach sozusagen für beide Seiten der stattgefunden hat. Wie bewerten Sie die Daten- Übermittlung jeweils eine Ermächtigungsgrunde erfassung und Datenverarbeitung bei der Tele- erforderlich ist. Das heißt, die Telekom kann, kom von leitungsgebundener und paketvermittel- darf die entsprechenden Daten herausgeben, so- ter Kommunikation auf Grundlage eines Vertra- weit sie dazu eine gesetzliche Ermächtigungs- ges, also jenseits einer G-10-Anordung, aus Sicht grundlage hat. Die bloße Aufforderung irgend- natürlich damals Ihrer dienstlichen Tätigkeit? einer öffentlichen Stelle kann das nicht sein. Ein Vertrag, der möglicherweise privatrechtlicher Na- Zeuge Peter Schaar: Lassen Sie mich vorweg- tur ist, kann sicher keine Durchbrechung des schicken, dass ich von dem Projekt „Eikonal“ Fernmeldegeheimnisses, das ja auch einfach- auch erst aus den Medien erfahren habe. Ich bin gesetzlich normiert ist, rechtfertigen. Insofern darüber nicht informiert worden. Insofern weiß könnten sich auch die Telekom hier oder die ent- ich auch nicht, wie tatsächlich die genauen Um- sprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, stände sind. Ich habe diese Behauptungen auch die da verantwortlich sind, auch strafrechtlich zur Kenntnis genommen, dass es da einen Ver- verantwortlich gemacht haben. Allerdings alles trag gegeben haben soll, aus den öffentlich zu- unter der - - Ich sage nicht: Das war so. Das ist gänglichen Unterlagen, jetzt, der letzten Wochen. hypothetisch, auf der Basis Ihrer Frage. Der Pro- Das hat mich natürlich schon sehr gewundert. In- vider hat auch eine entsprechende Sorgfalts- sofern ist die Frage, inwieweit das tatsäch- pflicht. lich - - ob das, sage ich mal, tatsächlich so ge- schehen ist oder nicht. Nun weiß ich nicht, inwieweit möglicherweise vonseiten der staatlichen Stellen, also des BND, Die rechtliche Grundlage für den Schutz der ent- gesagt wurde, sie seien dazu gesetzlich verpflich- sprechenden Daten ist Artikel 10 Grundgesetz. tet nach G 10 oder so etwas. Also, wenn das ge- Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner G-10- sagt wurde, dann könnte es da einen Verbots- Entscheidung, Leitsatz 2 und dann weiter auch irrtum gegeben haben seitens der Telekommit- im Urteil, von 1999 festgestellt, dass, wenn die arbeiter. Aber das ist wirklich - - das geht dann entsprechenden Anknüpfungspunkte gegeben über meinen juristischen Bereich hinaus. Da bitte sind, deutsches Recht anwendbar ist und inso- ich dann auch um Verständnis für. fern auch der Artikel 10 anwendbar ist. Da gibt es keinen Zweifel. Insofern wäre eine entspre- (DIE LINKE): Unter der hypothe- chende Überwachung ein Grundrechtseingriff. tischen Annahme, dass meine Eingangsbemer- Ein Grundrechtseingriff bedarf einer gesetzlichen kungen stimmen, würde ich gerne zu dieser Ope- Ermächtigung. Eine solche gesetzliche Ermächti- ration weiter fragen, und zwar zum Begriff der gung ist für mich nicht ersichtlich. Nach herr- Datenverarbeitung. Da ringen wir hier relativ häufig mit den Zeugen des BND um die Frage,

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was sozusagen schon in den Bereich der Daten- Also, die Vorstellung, a) es handle sich nicht um verarbeitung fällt. Und ganz konkret bleibe ich personenbezogene Daten und b) das habe nichts jetzt mal bei diesem Vorgang „Eikonal“. Wenn mit Datenverarbeitung und Datenschutz zu tun, wir davon ausgehen, dass bei der Telekom STM- das würde ich so nicht teilen. 1-Strecken gedoppelt wurden und ausgeleitet wurden und dann durch diverse Filter gelaufen Martina Renner (DIE LINKE): Und da noch eine sind, also verarbeitet wurden: Würden Sie sagen, etwas allgemeinere Frage angeschlossen: Ihre dass die Zuständigkeit nach dem Bundesdaten- Kontrollmöglichkeiten, Befugnisse mit Blick auf schutzgesetz ab dem Moment der Doppelung der den BND, inwieweit können Sie die ausüben vor Daten schon vorhanden ist oder erst, nachdem dem Hintergrund, dass wir jetzt auch festgestellt zum Beispiel Filter eingesetzt wurden, die mit haben, dass zum Beispiel Dateien relativ häufig dem Ziel dort eingesetzt wurden, aber möglicher- den Namen wechseln, dass ja auch Außenstellen weise nicht vollständig dies erfüllt haben, G-10- des BND legendiert sind, also gar nicht als relevante Daten auszusortieren? Das mag Dienststellen des BND für Sie möglicherweise zu jetzt - - Weil wir - - erkennen gewesen sind? Einige sind ja jetzt erst im Nachgang sozusagen deutlich gekennzeichnet Zeuge Peter Schaar: Ich denke darüber nach. Ich worden. verstehe die Frage. Diese Frage ist in der Tat nicht wirklich einfach zu beantworten. Es gibt Noch ein Beispiel: Der BND unterhält auch Tarn- die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts firmen, die möglicherweise auch personenbezo- zur Kameraüberwachung von Autobahnen. Und gene Daten verarbeiten und Ähnliches. Gibt es dort hat das Bundesverfassungsgericht eine bloß also organisatorisch durch die Abschirmung der flüchtige Erfassung als in der Eingriffstiefe so ge- Vorgänge operativ im BND, insbesondere was Da- ring gesehen, dass da ansonsten die datenschutz- tenverarbeitung auch angeht, möglicherweise rechtlichen Kriterien nicht voll greifen. auch Hürden für die Zugangsmöglichkeiten durch Ihr Haus? Das ist sehr allgemein gefragt, Man könnte der Auffassung sein, dass das hier aber wir merken es selbst. auch der Fall ist. Andererseits handelt es sich um Maßnahmen, die als Gesamtpaket zu sehen sind. Zeuge Peter Schaar: Ja, also, ich habe die Frage Und in diesem Gesamtkontext würde ich dazu verstanden. Also, ich denke, dass gerade der tendieren - - Das müsste man dann aber wirklich nachrichtendienstliche Bereich extrem schwierig noch mal rechtlich genau untersuchen, und dazu zu kontrollieren ist aus den von Ihnen genannten bin ich jetzt leider nicht in der Lage. Dann würde Gründen, speziell wenn es sich um Außenstellen man zu der Auffassung kommen, dass dieser Um- handelt. Die können natürlich nur kontrolliert gang mit den Daten sozusagen, gerade im Hin- werden, wenn es irgendwelche Hinweise auf die blick darauf, dass sie dann einer weiteren Be- Existenz gibt. Das gilt aber im Prinzip auch für handlung unterzogen werden sollten, im Hin- komplexe Dateisysteme. Das ist ja kein Personal blick auf diese Finalität sozusagen, schon als Da- Computer, den man mit irgendeinem Tool ein- tenverarbeitung anzusehen ist. Jedenfalls ist es fach mal so durchsuchen kann, zumal wir das so, dass die Ausleitung der Daten mit dem Ziel eben ja, wie ich gesagt habe, so bisher auch nicht der Überwachung selbst natürlich das Fernmel- getan haben aus Gründen der mangelnden Ver- degeheimnis berührt und auch tangiert und in fügbarkeit entsprechender Tools. Aber das ist im- das eingreift. Da gibt es für mich gar keinen mer ein zentrales Problem. Zweifel. Inwieweit jetzt die materiellen Vorga- ben, die sich aus dem Datenschutzrecht oder dem Also, ein Aspekt des Datenschutzes ist auch im- Fernmelderecht ergeben, dann auch jeweils sozu- mer eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich sagen in voller Gänze da dann greifen, das ist hatte nicht den Eindruck, dass die Leitung der je- eine andere Frage, die man noch mal getrennt be- weiligen Dienste uns hier bewusst irgendetwas achten sollte. vorenthalten hätte. Da gab es auch eine gewisse

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gemeinsame Basis. Nun kann ich nicht sagen, in- Beispiel ausländische Nachrichtendienste auch wieweit jetzt da wirklich immer mit offenen Kar- unter den Quellenschutzaspekt fallen. Aber die ten gespielt wurde, also insofern wirklich alle In- menschlichen Quellen fallen darunter, sodass formationen gegeben wurden. Also, es gab also es da auch eine mündliche Verabredung aber - - Es sind schon sehr sensible Informationen zwischen meinem Amtsvorgänger und dem Bun- auch uns zur Kenntnis gekommen, auch über die desinnenministerium gab, hier diesen Quellen- Arbeitsweise von Nachrichtendiensten, die ich schutz nicht zum Gegenstand datenschutzrecht- hier auch nicht weiter vertieft erörtern kann, so- licher - - oder: Daten, die dem Quellenschutz un- dass ich nicht jetzt den Eindruck hatte, wir wä- terliegen, nicht zum Gegenstand datenschutz- ren da in irgendeiner Weise systematisch hinter rechtlicher Prüfungen zu machen. Mir ist aller- das Licht geführt worden oder an unserer Prü- dings in meiner gesamten Amtszeit niemals, sage fung gehindert worden. Aber im Ergebnis muss ich mal, eine bestimmte Information unter Hin- man natürlich schon feststellen, dass es Vorgänge weis auf Quellen- oder Methodenschutz oder so gab, von denen meine Behörde und ich persön- vorenthalten worden. lich auch nichts wussten. Christian Flisek (SPD): Okay. - Ich würde noch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen mal gerne fragen wollen zu Beginn, wie die atmo- Dank. - Wir müssen jetzt zu den Fragen der sphärische Zusammenarbeit in Ihrer Zeit als Bun- nächsten Fraktion kommen. Als nächste Fraktion desdatenschutzbeauftragter mit der G-10-Kom- hat die Gelegenheit, Fragen zu stellen, die Frak- mission war. Ich habe so ein bisschen - korrigie- tion der SPD. Ich gehe davon aus, Herr Kollege ren Sie mich, wenn ich das vielleicht falsch cha- Flisek. rakterisiere - den Eindruck, dass es da so was gibt wie eine sportliche Rivalität, also dass so eine Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- G-10-Kommisison, wenn sie denn einmal exis- der. - Herr Schaar, vielleicht jetzt auch zu Ihren tiert, natürlich auch bedacht ist, ihre Existenz zu letzten Einlassungen, noch auf die Fragen der rechtfertigen, und schaut, dass sie exklusiv Kon- Kollegin Renner. Da hatten Sie jetzt noch mal die trollbereiche hat, die andere dann nicht haben. Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten cha- Charakterisiere ich das so richtig? Oder ist das rakterisiert und haben gesagt, Sie hatten nicht ein umfassendes, partnerschaftliches, sich ergän- den Eindruck, dass Ihnen da Dinge vorenthalten zendes Arbeitsverhältnis? worden sind, wenngleich Sie eingeschränkt ha- ben: Man weiß nie, ob immer mit offenen Karten Zeuge Peter Schaar: Also, mir steht es überhaupt gespielt wird. - Sie hatten aber auch gesagt, es nicht zu, die Arbeit eines parlamentarischen sind sensible Daten oder Informationen Ihnen zu- Kontrollgremiums in irgendeiner Weise zu quali- gegangen, zum Beispiel über die Arbeitsweise. fizieren. Das bedeutet auch zum Beispiel das, was eigent- lich zum Beispiel uns öfters vorenthalten wird Christian Flisek (SPD): Nein, ich habe über die unter dem Stichwort Methodenschutz. Ist das G-10-Kommission geredet. richtig? Zeuge Peter Schaar: Ja. Das ist auch ein parla- Zeuge Peter Schaar: Also, es - - Soweit es in die mentarisches Kontrollgremium. Ich sage das nur. Prüfkompetenz des Bundesbeauftragten fiel, gibt es keinen Methodenschutz. Also, das - - Es gibt in Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Okay. Nur damit einem gewissen Umfang - darüber ist immer wie- wir jetzt nicht über das PKGr reden, sondern über der auch mit den Diensten diskutiert worden - die G-10-Kommission. einen Quellenschutz. Der ist sozusagen immer von uns auch so mit im Blick gehabt worden. Zeuge Peter Schaar: Nein, nein, nein. Eines par- Wobei eben gerade die Frage, was sozusagen lamentarischen Gremiums zu bewerten. Das noch unter Quellenschutz fällt, nicht wirklich werde ich nicht tun. Es tut mir wirklich leid. Es konsensual geregelt wurde, also speziell, ob zum gab da - - Das ist eine Motivforschung auch. Es

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hat meinerseits Angebote gegeben. Diese Ange- Menschen, die sich hier aufhalten, an diese Five bote sind freundlich zur Kenntnis genommen Eyes gegeben worden sind. Das es sicher im Ein- worden. Über die Motive kann ich dazu nichts zelfall entsprechende Datenübermittlungen gege- sagen. ben haben mag, will ich nicht infrage stellen, ob im Rahmen von gesetzlichen Möglichkeiten oder Richtig ist - das ist jetzt aber ein anderer Aspekt -: nicht. Also, es gibt ja entsprechende Übermitt- Ich habe mit Abgeordneten auch anderer parla- lungsbefugnisse auch, die in den entsprechenden mentarischer Gremien, auch ehemalige Abgeord- Gesetzen vorgesehen sind. Manches von dem ist neter des Europaparlaments, die in diesem Be- ja auch öffentlich diskutiert worden in den letz- reich tätig waren, gesprochen. Und da war ten zehn Jahren. Aber einen Hinweis darauf, dass schon - - wurde mir dort sehr offen gesagt, das sei der BND deutsche Daten, dass Daten, die deut- genau ein Problem, was Sie hier ausgeführt ha- sche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger betref- ben. Ich mache mir das nicht zu eigen. Aber ich fen, oder über hier in Deutschland lebende Men- stelle das, sage ich mal, auch nicht infrage. schen erhoben worden sind, dass die an andere Nachrichtendienste weitergegeben worden sind, Insofern fände ich es gut, dass man solche mög- massenweise, dafür gibt es keinen Hinweis. Je- lichen Konkurrenzsituationen doch beseitigt, in- denfalls ist er mir nicht zur Kenntnis gekommen. dem man vielleicht auch im Gesetz präzisiert, wie die Zusammenarbeit sein sollte; nicht nur Christian Flisek (SPD): Ich würde die Gelegen- die Zusammenarbeit als Möglichkeit auszugestal- heit auch mal gerne nutzen, Sie als Experten in ten, sondern so etwas zu konstituieren wie eine dem Bereich zu fragen: Wie würden Sie denn den Kooperationsverpflichtung. Das wäre ein Weg, aus meiner Sicht recht schillernden Begriff der wie man dieses Problem auch ein wenig ent- Massendatenerfassung, der ja, ich sage mal, schärfen könnte, dass da unterschiedliche Zu- einerseits politisch aufgeladen ist, aber eben auch ständigkeiten sind, abseits der auch diskutierten schillert, wie würden Sie den denn - - Oder: Ich Möglichkeit, die Zuständigkeiten vollständig neu würde Sie einfach mal bitten, zu versuchen, die- zu ordnen. Stichwort: Geheimdienstbeauftragter. sem Begriff Konturen zu verleihen.

Christian Flisek (SPD): Also, mit der Antwort bin Zeuge Peter Schaar: Ja, es gibt wahrscheinlich ich voll zufrieden, weil ich denke, wir wissen keine ISO-Norm, die das definiert. Also, wie der den Satz „freundlich zur Kenntnis genommen“ Name schon sagt, es ist eine Datensammlung, die schon entsprechend einzuordnen, insbesondere nicht im Einzelfall erfolgt, sondern die aufgrund weil Sie ihn jetzt auch noch mal wiederholt ha- von technischen Prozessen automatisch dazu ben. führt, dass entsprechende Daten gespeichert wer- den. Das ist aus meiner Sicht Massendatenerfas- Ich würde ganz einfach auch noch mal mit der sung. Tür ins Haus fallen wollen. In Ihrer Zeit von 2003 bis 2013 - - Ich meine, der wesentliche Un- Ein Kennzeichen der Massendatenerfassung ist tersuchungsgegenstand dieses Ausschusses ist die Unterschiedslosigkeit und die große Menge. die Frage, ob gegebenenfalls durch deutsche Stel- Insofern ist man dann dabei, wenn zum Beispiel len oder unter Beteiligung deutscher Stellen mas- Telekommunikationsverkehre, Inhalte oder auch senhaft Daten deutscher Bürger an ausländische, die Metadaten automatisch auf irgendwelche insbesondere Five-Eyes-Staaten und deren Speichermedien gelangen, welche auch immer, Dienste und Stellen weitergegeben worden sind. dass eine Massendatenerfassung stattfindet. Haben Sie dafür irgendwelche Erkenntnisse er- langt? Zur Erfassung gehört der gesamte Prozess der Er- fassung, das heißt einschließlich der Datenerhe- Zeuge Peter Schaar: Also, ich habe keine Er- bung. Und insofern ist das, was zum Beispiel im kenntnisse darüber, dass massenhaft die Daten Bereich der strategischen Fernmeldekontrolle deutscher Bürgerinnen und Bürger oder von

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stattfindet, schon eine Form von Massendaten- Wenn man also, ich sage jetzt mal, den hypothe- verarbeitung oder Massendatenerfassung. Das, tischen Fall hat, man gibt Metadaten, die man was bei der Vorratsdatenspeicherung bei uns selber nicht zuordnen kann, an jemanden weiter, stattgefunden hat oder in den USA oder Frank- der sie zuordnen kann, dann wäre es natürlich reich nach wie vor stattfindet, ist auch eine Form absurd, wenn man diese Daten aus dem Schutz von Massendatenerfassung. herausnehmen würde.

Christian Flisek (SPD): Danke für diese Klarstel- Wir wissen, dass die NSA in der Lage ist, durch lung. - In der Tat, es gibt keine ISO-Norm. Es gibt, sehr umfassende Verzeichnisdienste Metadaten glaube ich, auch keine Legaldefinition für diesen zuzuordnen. Das ist ja eines der Programme Begriff. Aber ich habe Sie jetzt so verstanden, auch, das von der NSA betrieben wird - ich kann dass da durchaus mehr der Prozess im Vorder- mir vorstellen, dass es andere auch gibt -, im grund steht, wie diese Erfassung ausschaut, die Grunde so eine Art Directory zu haben, wo dann Unterschiedslosigkeit, und es natürlich um eine die Zuordnung erleichtert wird und gegebenen- bestimmte Menge gehen muss, aber es jetzt nicht falls automatisiert stattfindet, ein System, über um irgendwelche absoluten Quantitäten geht. das vermutlich deutsche Dienste nicht an- Also es geht nicht um die Frage: Ab soundso viel nähernd irgendwie verfügen. So kann es schon Millionen oder, was weiß ich, Tausend oder wie sein, dass Daten, wenn sie denn weitergegeben auch immer Daten spreche ich von einer Massen- werden, zum Beispiel Metadaten, die aus dem datenerfassung, sondern ich kann eigentlich in Ausland stammen, vom BND nicht personen- jeder Quantität von Massendatenerfassungen bezogen zugeordnet werden könnten, von dem sprechen, wenn denn entsprechend der Prozess Empfänger aber doch. Also insofern würde ich unterschiedslos und automatisiert abläuft. sagen, Metadaten gehören im Regelfall dazu.

Zeuge Peter Schaar: Das würde ich so sagen, Wir haben in der Datenschutzdebatte immer wie- Herr Abgeordneter. Ja. der das Thema IP-Adressen gehabt. Da ist es ja noch mal ein bisschen komplizierter. Das sind ja Christian Flisek (SPD): Okay. Vielen Dank. - Bei auch Daten, die in den Metadaten häufig mit der Frage, die ich vorhin gestellt habe, ob Ihnen drinstecken. Aber auch dort muss man sagen, irgendwas aufgefallen ist, ob solche Daten durch dass letztlich die Zuordnung möglich ist, in vie- deutsche Stellen weitergegeben worden sind, len Fällen jedenfalls, nicht immer. Und deshalb hake ich jetzt noch mal nach: Gilt das denn auch ist die Regelvermutung: Ja, es sind auch perso- unterschiedslos für Metadaten? - Sie haben ja nenbezogene Daten. vorhin bei der Frage, inwieweit überhaupt bei Metadaten dann sozusagen das Datenschutz- Christian Flisek (SPD): Ich würde da gerne noch gesetz aufgrund des Personenbezuges anwendbar mal ansetzen und Sie auch noch mal um eine ist, gesagt: Es ist entscheidend, dass dieser Perso- Einschätzung bitten. Es gibt ja dieses berühmte nenbezug unter - so habe ich es verstanden - ver- Zitat eines führenden amerikanischen Geheim- nünftigen ökonomischen Aufwendungen her- dienstlers: „We kill people based on metadata“. stellbar ist. Dann reicht es sozusagen aus, dass Also - ich übersetze jetzt mal freier -: Wir können ich auch bei Metadaten den Personenbezug habe Menschen töten auf der Basis von Metadaten. - und damit der Anwendungsbereich eröffnet ist. - Wie ordnen Sie das ein? Gilt das auch für Metadaten? Zeuge Peter Schaar: Nun, das bezieht sich ja auf Zeuge Peter Schaar: Ja. Metadaten sind im Regel- den Einsatz von Drohnen in bestimmten Welt- fall personenbezogene Daten, weil sie so wie das regionen. Es kommt letztlich darauf an, wie ge- Internet und auch die Mobilfunknetze funktio- nau diese Metadaten sind und wie genau sie es nieren, letztlich immer sich auf Sender und Emp- ermöglichen, eine Person zu lokalisieren. Also, fänger beziehen. Und dabei handelt es sich häu- ich denke, das kann man auch nicht direkt so in- fig um natürliche Personen. terpretieren: „Da sind irgendwelche Metadaten

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vorhanden, und da wird die Drohne losge- als Zielkoordinaten zu verwenden. Aber dass die schickt“, sondern anhand der Metadaten sind dazu beitragen, das will ich nicht ausschließen. bestimmte Personen identifizierbar, bestimmte Kommunikationsprozesse identifizierbar. Christian Flisek (SPD): Also man müsste quasi jemanden auf dem Bildschirm haben, von Haus Die Metadaten, die bei der Telekommunikation aus, und dann würden sozusagen entsprechend anfallen, gerade in ländlichen Regionen - um die qualifizierte Metadaten in der Lage sein, hier eine geht es ja da häufig -, sind nicht so genau, dass genaue Lokalisierung zu machen. Es wäre aber man jetzt danach eine Drohne programmieren nicht möglich, allein aufgrund von Metadaten kann. Aber wenn man weiß, wen man da entspre- zum Beispiel eine Person erst auszuwählen. chend beobachtet und in welcher Region er sich aufhält, bei welchem Telekommunikationsunter- Zeuge Peter Schaar: Auszuwählen schon. Auszu- nehmen der Kunde ist, dann kann man durch, wählen natürlich aufgrund der - - Die Frage ist sage ich mal, weitere Recherche herausfinden, aber, ob man sie lokalisieren kann. Diese Drohne wie, wo der sich aufhält. muss dann ja irgendwo niedergehen. Also, das klingt jetzt zwar harmlos, aber wir wissen alle, Wenn Sie bei uns die Mobilfunknetze sehen - die über welche ernsthaften Vorgänge wir hier spre- sind da ja sehr unterschiedlich aufgebaut, auch chen. was die Zellengröße anbelangt -, dann geht es da- rum, dass man Informationen aus diesem Bereich Christian Flisek (SPD): Darum fragen wir es ja gegebenenfalls miteinander verknüpft, nicht nur auch, weil es auch Teil des Untersuchungsaus- die Funkzelle, in der sich jemand aufhält, son- schusses ist. dern zum Beispiel die Signalstärke, die jeweils zu den verschiedenen Empfangsstationen vor- Zeuge Peter Schaar: Ich denke nicht, dass allein handen ist. Dann kann man natürlich schon sehr aufgrund von Telekommunikationsmetadaten, so viel genauer herausfinden, wo, in welchem Be- roh, wie sie geliefert werden, so etwas passiert. reich der Funkzelle sich jemand aufhält, alleine Aber dass sie dazu beitragen können, solche Ziel- schon durch Signallaufzeiten oder eben Signal- koordinaten dann auch zu programmieren durch stärken. Auch das kann ja erfasst werden. Das die genannten weiteren Schritte, das will ich heißt, wenn dann derjenige auf dem Schirm eines nicht ausschließen. Dienstes ist, dann können diese Informationen natürlich weiter präzisiert werden. Und wenn Christian Flisek (SPD): Gut. - Noch mal zurück: dann weitere Ortungsinformationen dazukom- Ihre Amtszeit 2003 bis 2013, sage ich mal, ist na- men - denken Sie an GPS-Signale, die möglicher- türlich eine Zeit gewesen, wo die globale Kom- weise bei einem Smartphone oder einem sonsti- munikationsinfrastruktur unglaubliche Schritte gen technischen Gerät anfallen -, die dann auch gemacht hat, wo Firmen - - Google ist 98 gegrün- möglicherweise dem Netzbetreiber zur Kenntnis det worden; 2003 Facebook noch überhaupt nicht gelangen oder die übermittelt werden im Rahmen existent, hat sich dann entwickelt mit allen ande- eines Dienstes - denken Sie an Navigations- ren; Twitter oder Skype waren überhaupt gar dienste -, dann würden solche Daten dazu natür- nicht bekannt. Ich frage mal: Diese Firmen, die lich geeignet sein, wie im Übrigen natürlich auch eine enorme Entwicklung genommen haben, die die Metadaten eines Navigationsgerätes. Die sind datenbasierte Geschäftsmodelle haben, die über- natürlich so genau dann, dass - - Das sind GPS- wiegend ihren Hauptsitz in den Vereinigten Staa- Koordinaten. Insofern würde man es sagen kön- ten haben und damit natürlich auch US-amerika- nen. nischem Recht und Sicherheitsrecht insbeson- dere unterliegen, aber eigentlich ein global ein- Aber hier geht es ja wohl erst mal um die Tele- heitliches Geschäftsmodell haben, sagen uns im- kommunikationsmetadaten, die standardmäßig mer, sie halten natürlich die Rechtsvorschriften bei der Mobilkommunikation anfallen. Da wäre an den jeweiligen Markorten - ich nenne das jetzt das sicherlich nicht ohne Weiteres möglich, das mal so - ein. Wie bewerten Sie das? Bestehen hier

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nicht massive Jurisdiktionskonflikte innerhalb immer sehr schwierig. Deshalb brauchen wir ja dieser Unternehmen? Und ist das lange Zeit ver- diese europäische Datenschutzreform. schwiegen worden und jetzt durch die NSA-Af- färe überhaupt erst ein Thema geworden? - Ich Zu dem Thema des Untersuchungsausschusses, frage das auch unter dem Hinweis, dass wir na- denke ich, gibt es hier sehr viele Bezüge zwi- türlich vorhaben, Vertreter dieser Unternehmen schen diesen Unternehmen und ihren Praktiken hier in den Untersuchungsausschuss zu laden. und ihren Geschäftsmodellen und den Praktiken der Nachrichtendienste in den USA. Ein großer Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das war die Teil des Traffics, des Internettraffics, der in die letzte Frage in dieser Fragerunde. USA generiert wird, stammt aus diesen Unter- nehmen. Das muss man ja sagen. Diese ganz zen- Zeuge Peter Schaar: Also ich würde zunächst trale Stellung, die die USA nach wie vor als In- noch mal Ihre These hinterfragen, die ja sehr op- ternetknotenpunkt einnehmen, ist deshalb auch timistisch ist, dass sie die Rechtsordnung der je- zum großen Teil heute noch so stark, weil diese weiligen Marktorte jeweils einhalten. Also, da Unternehmen zum großen Teil ihre Datenver- bin ich, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher, dass arbeitungseinrichtungen in den USA haben und das immer der Fall ist. Das ist aber ein anderes insofern die Gmail, die Facebook-Einträge usw. Thema. einfach in die USA gehen und dann, nach dem dortigen unzureichenden - aus unserer Sicht je- Christian Flisek (SPD): Ich habe ja auch nur ge- denfalls unzureichenden - Recht verarbeitet wer- sagt, sie behaupten es. den und eben doch nicht so geschützt sind, wie sie das bei uns wären. Also, das ist ein ganz gro- Zeuge Peter Schaar: Nein, selbst das behaupten ßes Problem. sie nicht. Facebook behauptet zum Beispiel, sich an irisches Datenschutzrecht zu halten und nicht Wir wissen aus den Unterlagen, die bekannt ge- an deutsches. Und Google hat bis vor einiger Zeit worden sind und die auch insofern nicht demen- immer gesagt: Für uns ist das kalifornische Da- tiert worden sind, dass amerikanische Dienste in tenschutzrecht einschlägig. Also insofern - - Da die Datenbanken eingedrungen sind von solchen hat es jetzt einen gewissen Wechsel gegeben, Unternehmen, und zwar durch die Hintertür, nachdem der Europäische Gerichtshof ein Urteil nicht nur durch die Vordertür von FISA, also in Sachen „Google Spanien“ gefällt hat im letzten durch den Foreign Intelligence Surveillance Act, April, wo dann Google gesagt hat: Okay, daran durch bestimmte Anordnungen, sondern von halten wir uns jetzt. - Weil da auch die Frage der hinten sozusagen. Da gab es ja entsprechende Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts Praktiken, die zu einem regelrechten Aufschrei festgelegt wurde. Aber Google ist gerade so ein dieser Unternehmen geführt hatten. Sie hatten Fall, wo doch eher infrage gestellt wurde vom eben sich immer freizügig gezeigt den amerikani- Unternehmen, dass das europäische Datenschutz- schen Behörden gegenüber und fühlten sich jetzt recht und das Datenschutzrecht der jeweiligen hintergangen, dass durch die Hintertür auch Mitgliedsstaaten einschlägig ist. noch mal Daten abgesaugt wurden. Das ist ein zentrales Thema gewesen. Das Problem ist dabei auch immer wieder gewe- sen, ob die entsprechenden Anknüpfungspunkte Und denken Sie daran, dass harmlose Dienste, des Datenschutzrechts gegeben waren. Das war die von uns oder von vielen von uns oder von zum Beispiel der Fall bei Google Street View, wo unseren Kindern gebraucht werden, eben auch dann eben die Fahrzeuge bei uns rumfuhren. Das massenweise Daten generieren für Werbezwecke, heißt, das war bei uns. Aber das war dann nicht natürlich nicht, um die Menschen einer geheim- der Marktort, sondern da haben die technische dienstlichen Überwachung zu unterwerfen. Aber Mittel eingesetzt. Solange sie die Daten aus- natürlich sind Geheimdienste, wenn sie denn Zu- schließlich in Kalifornien verarbeiteten, war das griff auf die Datenströme haben, in der Lage, die

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Daten dann entsprechend auch abzugreifen. Das Es gibt zwar seit einigen Jahren eine Befugnis, ist ein zentrales Problem. auch Daten, die bei der strategischen Überwa- chung anfallen, mit ausländischen Diensten zu Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen teilen. Aber das ist sehr speziell; das muss im Dank. - Man könnte ja fast den Eindruck gewin- Einzelfall aus meiner Sicht begründet werden. nen, wenn Sie das so sagen, dass die Googles und Eine, sage ich mal, unterschiedslose Weitergabe - Facebooks fast die gleiche Ideologie vertreten wie das ist wieder eine hypothetische Äußerung mei- die amerikanischen Dienste beim massenhaften nerseits - an ausländische Dienste wäre von die- Sammeln von Daten. Das müssen wir vielleicht ser Vorschrift aus meiner Sicht nicht abgedeckt. in den verschiedenen Sitzungen, - Dr. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Schaar: Das müssen Sie die fragen. NEN): Ja. - Aber um das noch mal klarzumachen: Ab wann wäre denn dieser Vorgang datenschutz- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - die wir rechtlich relevant? Sind sozusagen unter Daten- noch haben, sicherlich noch ansprechen. Wir schutzgesichtspunkten erst die Daten relevant, werden ja dementsprechende Sitzungen auch ha- die am Ende eines solchen Abgriff- und Separie- ben. rungsprozesses-, Filterungsprozesses hinten raus- kommen? Oder geht es im Grunde schon um die Ich darf jetzt das Wort der Fraktion Bündnis 90/ Problematik der Erfassung der Daten jetzt für Sie Die Grünen geben, und ich nehme an, Kollegen als Kontrollbehörde? von Notz zuerst. Zeuge Peter Schaar: Also, wie ich das vorhin Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch schon angedeutet habe, würde ich das eher NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr als einen Gesamtprozess sehen, der mit dem Aus- Schaar, vielen Dank für Ihren Bericht. Ich will leiten beginnt, weitergeht mit dem Erfassen, der vom etwas Allgemeineren ins Konkrete gehen das Filtern und das Weiterleiten an irgendwelche mit meinen Fragen und wollte Sie eingangs fra- Dritten auch mit umfasst. Insofern würde ich gen, ob es vor diesen Snowden-Veröffentlichun- doch den Gesamtprozess als datenschutzrelevant gen 2013 für Ihr Haus vorstellbar war, dass der und relevant für das Fernmeldegeheimnis ein- BND in Deutschland an die Glasfaser geht, um schätzen. dort Daten auszuleiten, um die mit einem ande- ren Geheimdienst zu teilen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und auch die Notwendigkeit der Kontrolle Zeuge Peter Schaar: Das ist die Frage sozusagen eines solchen Prozesses dann einfordern? nach dem Vorstellungsvermögen. Inwieweit das geschehen ist sozusagen, das ist ja Gegenstand Zeuge Peter Schaar: Wir haben - das ist ja Grund- auch der jetzigen Diskussionen. satz des Rechtsstaatsprinzips - die Vorgabe des Grundgesetzes, dass es keine kontrollfreien Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Räume geben darf. Diese Kontrolle wird üblicher- NEN): Ja. weise durch Gerichte ausgeübt. Darüber hinaus gibt es die Datenschutzbehörden, die eine unab- Zeuge Peter Schaar: Und ich habe mir das eigent- hängige Kontrollfunktion haben, oder im Bereich, lich nicht vorstellen können, dass es solche ent- soweit Artikel 10 betroffen ist, die entsprechen- sprechenden Praktiken gibt, ohne dass ich jetzt den parlamentarischen Gremien. Und dement- behaupten würde, dass es sie gegeben hat. Die sprechend darf es keine kontrollfreien Räume ge- entsprechenden rechtlichen Grundlagen dafür ben. Das heißt, dieser Gesamtprozess muss selbst- sehe ich nämlich nicht. Und ich gehe erst mal a verständlich von einer Kontrollinstanz auch priori davon aus, dass sich die deutschen Dienste überprüfbar sein. rechtstreu verhalten.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass man irgendwie einen bestimmten Vorgang NEN): Ja. - Jetzt hat die Kollegin Renner eben ge- umdefiniert, indem man dann also nicht mehr fragt im Hinblick auf die Ausleitung dieser Daten von Pkw spricht, sondern von fahrbarer Technik auf Grundlage eines Vertrags, eines privatrecht- oder so, dazu führt, dass man dann aus dem Be- lichen Vertrags. Man könnte noch ergänzen: im reich des entsprechenden einschlägigen Rechts Zusammenhang mit einem Schreiben aus dem heraustreten kann. Definitorische Übungen sind Bundeskanzleramt. Aber jetzt gehen wir mal da- da alleine sicher nicht ausreichend. Ich weiß von aus, dass man eigentlich die sogenannten nicht, inwieweit das tatsächlich ernsthaft vertre- Routineverkehre erfassen wollte, also nicht die ten wird, dass Daten, die routinemäßig anfallen, G-10-relevanten Verkehre auf dieser Glasfaser. nicht unter den Grundrechtsschutz fallen sollen.

Was halten Sie von dem Konstrukt, wenn man Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sich eine G-10-Genehmigung versuchen würde NEN): Ich versichere Ihnen, es wird vertreten. zu organisieren, vorgibt, G-10-Daten abgreifen zu wollen, es aber tatsächlich auf die Routinever- Zeuge Peter Schaar: Würde mir nicht einleuch- kehre abgesehen hat, die man dann mit einem ten. anderen Dienst gerne teilen würde? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Schaar: Der Begriff des Routinever- NEN): Herr Schaar, nach meiner Kenntnis ist das kehrs ist meines Wissens nicht legaldefiniert. Das so, dass über G-10-Maßnahmen erfasste Daten, G-10-Gesetz spricht von internationalen Daten- wenn sie in Dateien einfließen, markiert werden verkehren, wenn ich das richtig in Erinnerung müssen als G-10-Daten. Das ist korrekt? habe. Zeuge Peter Schaar: Das ist korrekt. Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was würden Sie dazu sagen, oder was Zeuge Peter Schaar: Und insofern würde ich bei würde passieren, wenn über G-10-Maßnahmen meiner Interpretation und auch der Interpretation oder G-10-relevante Daten, die nicht in einem or- des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungs- dentlichen G-10-Verfahren erfasst wurden, in be- gericht immer sagen, dass das alles Daten sind, stehende Dateien in Deutschland, wie zum Bei- die durch unsere Verfassung geschützt sind. Und spiel in die Antiterrordatei, geflossen sind, ohne insofern ist die Weitergabe von Daten, ob sie nun ordentlich markiert zu sein? Was würde das be- als Routinedaten bezeichnet werden oder irgend- deuten für diese bestehenden Dateien? wie anders, immer ein grundrechtsrelevanter Vorgang, der entsprechend einer rechtlichen Zeuge Peter Schaar: Das würde bedeuten, dass Grundlage bedarf, die den Artikel 10 entspre- diese Vorgaben - - Wenn sie hätten markiert wer- chend beschränkt und die natürlich einer Kon- den müssen und nicht markiert worden sind, trolle, einer unabhängigen Kontrolle auch zu- weil dort keine G-10-Anordnung eingeholt gänglich ist. wurde, dann wäre das sicherlich eine Form von rechtswidriger Verarbeitung, die allerdings nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zwangsläufig die Löschung dieser Daten zur NEN): Ja. Aber Sie kennen die Rechtsauffassung Folge hätte. innerhalb des BND, das Konstrukt der Routine- verkehre? Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes- verfassungsgerichts führen solche Fehler nicht Zeuge Peter Schaar: Ich habe davon gehört, jetzt automatisch zu einer entsprechenden Löschungs- nicht direkt von Vertretern des BND, sondern im verpflichtung. Insofern müsste dann allerdings Rahmen der Berichterstattung. Ich selbst kann diese Markierung nachgeholt werden. mir nicht vorstellen, dass alleine die Tatsache,

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Möglicherweise würde allerdings, wenn eine Da- müssen und einem Verwertungsverbot unterlie- tei sich in wesentlichen Feldern auf, sage ich gen. Ja. mal, illegale Datensammlungen stützen würde, natürlich die Rechtmäßigkeit der gesamten Datei Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt sind wir infrage gestellt. schon deutlich über die Zeit.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und wenn sich das nicht heilen lässt? NEN): Vielen Dank. - Meine Frage hebe ich mir für die nächste Runde auf. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre jetzt die letzte Frage in der Zeit. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lichen Dank, Herr Kollege von Notz. - So können Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wir jetzt zur Fraktion der CDU/CSU kommen. Ich NEN): Nur noch eine hätte ich. gehe davon aus, Frau Kollegin Lindholz beginnt.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eine, wenn Andrea Lindholz (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr sie kurz ist, ist auch noch möglich. Schaar, erst mal auch von unserer Seite aus herz- lichen Dank, dass Sie uns heute zur Verfügung Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stehen. NEN): Danke. Ich würde gerne zunächst direkt mal einsteigen Zeuge Peter Schaar: Na ja, wenn es sich nicht in den Bereich Kontrolllücke, den Sie angespro- heilen lässt - das ist eine interessante Frage. Also, chen haben. Und zwar haben Sie ja in Ihrem Be- wenn sich, sage ich mal - - Es kommt immer da- richt, den Sie anlässlich der hier anberaumten rauf an, wie gravierend die Mängel sind. Wenn Debatte im November 2013 abgeben haben, näm- hier systematisch - aber ich habe keinen Hinweis lich zu den Abhöraktivitäten der US-amerikani- darauf, dass das jetzt so geschieht - abseits der ge- schen Nachrichtendienste in Deutschland, Fol- setzlichen Befugnisse Telekommunikationsdaten gendes geschrieben. Ich darf das ganz kurz mal abgesaugt worden wären und es dafür auch keine zitieren: Heilungsmöglichkeit gibt, dann würde das mei- nes Erachtens eine Löschungsverpflichtung aus- Die Kontrolle der G 10-Kommis- lösen. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des sion ist auf die Anordnung von Bundesverwaltungsgerichts in der Sache Kohl ge- G 10-Maßnahmen und auf die Er- gen die Stasi-Unterlagenbehörde. Damals hat das hebung, Verarbeitung und Nut- zung der durch G 10-Maßnahmen Bundesverwaltungsgericht sich mit der Frage erlangten personenbezogenen Da- auseinanderzusetzen gehabt, inwieweit Daten, ten beschränkt, während sich die aus Menschenrechtsverstößen stammen, auch meine Kontrollbefugnis nur auf weiterverarbeitet und weiter zugänglich gemacht den Umgang mit personenbezoge- werden dürften. Und da hat das Bundesverwal- nen Daten außerhalb der nachrich- tungsgericht die Informationen aus der heim- tendienstlichen Telekommunika- lichen unzulässigen Telekommunikationsüber- tionsüberwachung erstreckt. Maß- wachung als Daten aus einer Menschenrechtsver- nahmen, die auf Erkenntnisse aus letzung stammend an - - der nachrichtendienstlichen Tele- kommunikationsüberwachung zu- rückgehen, die aber ihrerseits zur Ohne dass ich hier irgendwas gleichsetzen will, Erhebung und Verarbeitung weite- sage ich nur: Das unzulässige Abhören von Tele- rer personenbezogener Daten füh- fonen und Interverbindungen, so es denn stattfin- ren, sind weder von der G 10- det - und es geht nicht nur um die versäumte Kommission noch durch mich Kennzeichnung -, kann dazu führen, dass die ent- effektiv überprüfbar. sprechenden Daten dann auch gelöscht werden

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Und in Ihrem Tätigkeitsbericht 2011 und 2012 rechtmäßig gehalten. Aber das war schon sozusa- heißt es noch weiter: gen deutlich, dass die Schnittstelle da ein Pro- blem darstellt. Sobald mir ein Nachrichtendienst bei einer Kontrolle erklärt, das Darüber hinaus sind in zwei Fällen, wenn ich Vorliegen legitimierender Voraus- mich richtig erinnere, Prüfungen beim Bundes- setzungen sei durch Informatio- amt für Verfassungsschutz und beim BND Bad nen belegt, die im Rahmen einer Aibling auch durchgeführt worden. Das war aber G 10-Maßnahme gewonnen wor- den seien, werden mir diese Infor- so spät in meiner Amtszeit, dass ich - - Die Prü- mationen vorenthalten. In der Pra- fungen waren noch im Gange, sodass ich da jetzt xis führt das dazu, Ihre Frage leider nicht positiv oder negativ beant- worten kann, ob das jetzt auch ein ganz konkretes - haben Sie geschrieben - Problem gewesen ist.

dass ich die Gesetzmäßigkeit von Andrea Lindholz (CDU/CSU): Das könnte dann Maßnahmen nach dem Bundes- vielleicht die Nachfolgerin beantworten. verfassungsschutzgesetz, die mei- ner ausschließlichen Kontrolle un- Zeuge Peter Schaar: Ich gehe davon aus, dass sie, terliegen, überhaupt nicht mehr die den ganzen Prüfvorgang oder beide Prüfvor- prüfen kann. gänge auch überblickt, dazu bestimmt auch einen anderen Informationssand hat. Ja. Zeuge Peter Schaar: Ja. Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ihre Nachfolgerin, Andrea Lindholz (CDU/CSU): So in etwa haben Frau Voßhoff, hat diese Meinungsverschieden- Sie es auch vorher ausgeführt. Meine erste Frage heit, die Sie uns dargelegt haben und von der ich dazu ist: Ist diese Kontrolllücke, die Sie hier an- auch ausdrücklich sagen will: Ich kann das, was gesprochen haben und die auch nachvollziehbar Sie inhaltlich zu den Absprachen oder zu den ist - nach den Snowden-Veröffentlichungen ha- nicht möglichen Absprachen oder auch Kontrol- ben Sie ja bei BND und BfV Kontrollen durchge- len dargestellt haben - - man kann das nachvoll- führt - da für Sie ein Problem gewesen? Hat die ziehen. sich ausgewirkt? Oder war das in dem Zusam- menhang zunächst mal kein Problem? Jetzt ist im Mai diesen Jahres dem BfDI zugesagt worden, dass immer dann, wenn im Prinzip Kon- Zeuge Peter Schaar: Also, es war sozusagen auf trollen durchgeführt werden und sich die Maß- der Ebene ein Problem, schon die Auskünfte über nahmen auf die G 10 stützen, wo man bis dato die entsprechenden Informationsflüsse und Infor- gesagt hat: „Die Auskunft erteile ich deshalb mationsbestände der entsprechenden Dienste zu nicht“, wenn jetzt nachgefragt wird vom BfDI - - erhalten. Ich hatte das vorhin angesprochen. Das dass man dann doch bereit ist, hier die entspre- Bundesinnenministerium hat ja unter Berufung chenden Informationen zugrunde zu legen. Da auf die Zuständigkeit der G-10-Kommission mir gibt es ein Schreiben, in dem das so vereinbart da die Antwort auf verschiedene Fragen, die aus ist. meiner Sicht jedenfalls außerhalb dieses Zustän- digkeitsbereichs der G-10-Kommission lagen, ver- Ist das jetzt Ihrer Auffassung nach ausreichend, weigert. Insofern würde ich sagen: Das ist zum um diese Kontrolllücken zu schließen, wenn Sie Beispiel Ausdruck dieser Kontrollproblematik - jetzt dann auf konkrete Anfrage hin - also nicht wobei man jetzt natürlich darüber streiten kann, Sie im Speziellen jetzt, sondern dann letztend- ob das jetzt zu Recht oder zu Unrecht verweigert lich die BfDI - diese Unterlagen dann auch vorge- worden ist. Ich habe das seinerzeit für nicht legt bekommt oder diese Auskünfte erhält?

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Zeuge Peter Schaar: Mir ist das Schreiben nicht „Ich akzeptiere aber, dass ich das vorzulegen bekannt. Aber ich denke, das ist natürlich erst habe“, reicht das jetzt für mich aus. mal ein erster Schritt, um diese Kontrolllücke zu schließen, ganz praktisch. Aber wenn ich Sie Aber meine Frage an Sie war: Frau Voßhoff hat richtig verstanden habe, handelt es sich um eine das akzeptiert; sie hat gesagt: Ja, das ist so für uns Zusicherung der Bundesregierung oder der zu- in Ordnung, wenn diese Daten, wenn jetzt diese ständigen Ministerien. Unterlagen dann auch tatsächlich vorgelegt wer- den. - Jetzt lassen wir mal die rechtliche Sache Andrea Lindholz (CDU/CSU): Des BMI in dem außen vor: Ist dem dann - dessen, was Sie brau- Fall. chen - Genüge getan, jetzt mal unabhängig von der Frage, ob es tatsächlich noch erforderlich Zeuge Peter Schaar: Eine Zusicherung des BMI wäre, das auch in eine gesetzliche konkrete Klar- in dem Fall. - Eine Zusicherung ist eine einseitige stellung umzusetzen? Erklärung. Das ist aus meiner Sicht, gerade wenn es um die Kontrolle geht, nur eine, sage ich mal, Zeuge Peter Schaar: Sie werden verstehen, dass vorläufige Lösung. Wichtig ist, dass so etwas ge- ich die Meinungsäußerungen meiner Amtsnach- setzlich geregelt ist; denn bei Kontrollen geht es folgerin hier nicht kommentiere, die mir in dem häufig hart auf hart. Da geht es wirklich um die Falle auch gar nicht direkt jetzt zu Ohren gekom- Frage: Was darf gesehen werden, was nicht? men sind. Aber ich sage gleichwohl: Man muss auch die rechtlichen Vorgaben wahren; denn es Das Problem ist auch, dass natürlich, wenn das geht ja um höchst sensible personenbezogene Da- Gesetz hier möglicherweise sogar eine andere ten, die gegebenenfalls aus Fernmeldeüberwa- Auslegung nahelegt - - Ich finde im Übrigen diese chungsmaßnahmen stammen, also höchst sensi- Auslegung, die bisher auch vorher stattgefunden bel sind, möglicherweise sogar den Kernbereich hat, durchaus leider plausibel; sie gefällt mir der Privatsphäre betreffen. Und wenn die jetzt nicht, sie ist aber Ergebnis der Rechtslage. Wenn weitergegeben werden, ohne dass das eindeutig gesagt wird, Daten, die alleine der G-10-Kommis- gesetzlich normiert ist, dann ist das eine, sage ich sion unterliegen, dürfen vom BfDI nicht einge- mal, sensible Angelegenheit. sehen werden, dann frage ich mich, inwieweit sich möglicherweise das Bundesinnenministe- Ich möchte darauf noch mal hinweisen: Das mag rium oder aber auch die Mitarbeiter des BfDI auf pragmatisch - darauf spielen Sie ja an - eine Lö- einem schmalen Grat bewegen, wenn sie außer- sung sein. Das will ich - - Aber das sollte man halb der gesetzlich vorgesehenen Kompetenzen dann möglichst schnell auch rechtlich glattzie- Daten zugänglich machen. Insofern ist - - Mir ist hen, damit da nicht irgendwelche Probleme auf- der Vorgang so nicht bekannt, aber ich hoffe, dass treten. das von den Beteiligten auch immer so gesehen wird. Andrea Lindholz (CDU/CSU): Vielen Dank. - Dann komme ich zum nächsten Fragenkomplex. Um zum Ende zu kommen: Aus meiner Sicht Sie haben ganz zu Beginn Ihrer Ausführungen ge- führt an einer gesetzlichen Regelung, die diese sagt: Ja, es ging da um die Überwachung speziell Kontrolllücken vermeidet, nichts vorbei. auch in den USA, um die massenhafte Überwa- chung. - Da haben Sie gesagt: Ja, es hat ja schon Andrea Lindholz (CDU/CSU): Gut, die rechtliche immer mal Gerüchte gegeben, und es hat auch Diskussion, die könnte man jetzt natürlich füh- immer mal schon Meldungen gegeben. Wir ha- ren. Ich sehe das jetzt an der Stelle etwas anders. ben - wenn ich Sie richtig verstanden habe - das Das Gesetz ist sicherlich auslegungsfähig an die- aber für uns jetzt nie so für relevant gehalten, ser Stelle. Es ist nicht ganz klar bestimmt, auch weil wir immer davon ausgegangen sind, dass da nach meiner Auffassung. Wenn ich das also ent- deutsche Bürger ja eigentlich nicht betroffen sein sprechend klarstelle als Behörde, dass ich sage: könnten oder sind. - Habe ich das so richtig ver-

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standen, dass das bis zu den Snowden-Veröffent- es geschildert haben. Deswegen ist auch für mich lichungen alles eigentlich überhaupt gar kein bei den Nachfragen immer eigentlich wichtig: Thema war, obwohl man - zumindest jetzt mal Wie hat man es in den letzten Jahren einfach ge- aus den USA, so habe ich Sie verstanden - doch sehen - ich meine, auch die technische Entwick- immer auch mal Gerüchte über entsprechende lung hat ja eine rasante Entwicklung genom- Abhörmaßnahmen oder das Sammeln von mas- men -, und von was sind Sie in Ihrer Tätigkeit senhaften Daten zur Kenntnis genommen hat? ausgegangen?

Zeuge Peter Schaar: Diese Massendatenerfassung Da hätte ich jetzt gleich noch eine anschließende in den USA war natürlich immer schon ein Frage. Sie haben vorhin auf die Frage, wie viel Thema, was uns interessiert hat, aber was sich Sie denn kontrolliert haben und was alles kon- außerhalb meiner gesetzlichen Zuständigkeiten trolliert wurde, auch mal so gesagt: Ja, mit den bewegte. Allerdings habe ich in einem ganz kon- Mitarbeitern, die wir hatten, muss man eben kreten Punkt vor den Snowden-Veröffentlichun- auch Verständnis haben, dass man nur begrenzte gen - ich glaube, ein oder zwei Jahre davor - ini- Möglichkeiten hat. - Wie ist es denn jetzt aktuell? tiiert, dass wir von der sogenannten Artikel-29- Ich meine, ganz aktuell sind Sie zwar nicht im Gruppe der Datenschutzbehörden der Europäi- Amt, aber Sie können es ja vielleicht noch ein schen Mitgliedstaaten an die US-Seite und an die bisschen nachvollziehen und zumindest mal bis Kommission herantreten, um den möglichen Zu- 2013 noch sagen. Für die Anforderungen, die Sie griff von Sicherheitsbehörden auf Cloud-Dienste ja jetzt heute auch - und nicht nur heute - selber und auf andere Dienste, die durch europäische beschreiben und sagen, die müssen wir eigent- Bürger genutzt werden, zu unterbinden. Das ist lich erfüllen, wenn wir unseren Kontrollaufgaben sozusagen ein Punkt, wo ich tätig geworden bin. ordnungsgemäß nachkommen können, unabhän- gig jetzt mal von juristischen Differenzen an der Schon bei der Evaluierung des sogenannten Safe- einen oder anderen Stelle, ist das jetzt aus Ihrer Harbor-Abkommens im Jahr 2004 - damals war Sicht ausreichend? Ich meine, es kann immer ich Vorsitzender der Artikel-29-Gruppe - habe mehr sein. ich es initiiert, dass wir das Thema „Zugriffe nach dem Patriot Act“ - FISA ist ja sozusagen Zeuge Peter Schaar: Es ist eine Vorlage, die Sie auch als Bestandteil des Patriot Acts verändert jetzt da geben. Aber ich kann das auch substan- worden, dieser Sektion 215 des Patriot Act - mit ziieren. zum Gegenstand der Evaluation durch die Kom- mission machen. Die Kommission hat das ge- Ich habe immer auch natürlich darauf hingewie- macht und ist seinerzeit zum Ergebnis gekom- sen, dass wir nicht allzu üppig ausgestattet sind, men, das sei irrelevant für Safe Harbor; ich muss habe auch entsprechende Personalverstärkungen Safe Harbor hier jetzt, glaube ich, nicht erklären angefordert, nur mit begrenztem Erfolg. Es gab da in dem Kreis. Dementsprechend hat man das mal in einem Haushalt einige zusätzliche Stellen. dann einfach auf sich beruhen lassen. Heute sieht Es hat da auch eine Verbesserung gegeben; aber die Kommission das übrigens völlig anders. die hat aus meiner Sicht nicht ausgereicht. Es gab ja das Antiterrordateien-Urteil, das ATDG-Urteil Das heißt, es war für mich schon immer mal wie- des Bundesverfassungsgerichts, wo das Bundes- der ein Thema. Dass allerdings möglicherweise verfassungsgericht den Datenschutzbehörden so deutsche Dienste hier auch direkt beteiligt sein stark wie noch nie vorher sehr konkrete Vorgaben könnten, war mir eigentlich - das muss ich zu gemacht hat, wie zu prüfen ist und wie regelmä- meiner Scham dann auch sagen - so nicht in den ßig zu prüfen ist. Und um diese Vorgaben zu er- Sinn gekommen. füllen, ist es völlig unmöglich, das mit dem Per- sonalstand zu machen. Also, insofern bedarf es Andrea Lindholz (CDU/CSU): Nein, ich sehe da einer Verstärkung. das - - Das ist eine Entwicklung, die sich auch so ergeben hat, und es ist auch plausibel so, wie Sie

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Andererseits muss ich auch sagen: Die Stärke der auch im Hinblick auf den Einsatz technischer Datenschutzbehörden kann nicht darin liegen, Mittel für die Prüfung von Datenverarbeitung. dass sie flächendeckend hinter jedem Datum her Das ist sozusagen der eine Aspekt. rennen. Das kann nicht sein. Das heißt, da geht auch Qualität ein Stück noch vor Quantität. Aber Der zweite Aspekt ist dann eben der rechtliche, natürlich brauchen wir auch die Quantität. Inso- auch bei der Globalisierung. Sie wissen, dass es fern halte ich die Forderungen, die von Frau Voß- eine Vielzahl von Datenströmen gibt, die in an- hoff hier in diese Richtung öffentlich auch vertre- dere Staaten gehen, auch transatlantische Daten- ten worden sind, für absolut begründet, und man ströme. Ich erinnere an TFTP, Transatlantic muss da auch nachführen. Das gilt für den Be- Financial [sic!] Tracking Program - Stichwort: reich des technischen Know-hows, das gilt aber SWIFT-Daten -, oder PNR, Passenger Name Re- natürlich auch für die verwaltungsmäßige Ab- cords, also die entsprechenden Passagierdaten. sicherung und die juristische Expertise. Ich erinnere an bilaterale Abkommen, dieses so- genannte Prüm-like Agreement zwischen Andrea Lindholz (CDU/CSU): Die Frage ist ja Deutschland und den USA, wo es auch um DNA- auch oft nicht, wie viel mengenmäßig, quantitativ Daten geht und um Fingerabdrücke, also da auch mit zur Verfügung steht, sondern auch: Wie viel ein Austausch stattfindet. Da muss man einfach Qualität habe ich? Also die inhaltlichen Anforde- mal sagen: Das sind völlig neue Qualitäten, wo rungen, die einmal an die Mitarbeiter zu stellen man einfach auch, glaube ich, sehr viel mehr hin- sind: Habe ich da ausreichendes Personal für die schauen müsste, als man das kann mit den be- verschiedenen Bereiche? grenzten Mitteln.

Das Zweite ist meine Aufgabentätigkeit. Würden Ja, insofern ist das auch eine neue Qualität. Ja. Sie jetzt, wenn Sie die Aufgabentätigkeit einfach mal betrachten, sowohl aus der Vergangenheit - Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ich komme jetzt ich nehme jetzt mal einfach die Vergangenheit noch mal zurück auf die Kontrolltätigkeit, die Sie vor Snowden und nach Snowden, so als Zäsur dann auch ausgeübt haben in der Zeit nach Juni aus dem, was Sie gesagt haben - - hat sich da aus 2013. Sie haben dann diverse Briefe auch ge- Ihrer Sicht an die Anforderungen Ihrer Tätigkeit schrieben an BfV, BMI und auch BND. Wir hatten etwas geändert? Sind da andere Anforderungsbe- Sie auch gefragt, ob es noch davor, vor Juni schreibungen notwendig? - Sie haben auch ge- 2000 - - also welche Leitungsvorlagen es gibt, rade gesagt, was die Frage angeht: Flächen- und dann war die Antwort im Anschreiben, deckend kann das von uns nicht geleistet wer- glaube ich, es gibt nur Leitungsvorlagen seit Juni den, soll auch nicht, ist auch gar nicht im Inte- 2013. Ich meine, das war so eine handschriftliche resse und im Ziel. - Gibt es da etwas, wo Sie sa- Anmerkung. Ist das wirklich so, dass vorher im gen würden: „Ja, da müssen wir vielleicht auch“ - Prinzip die Möglichkeit dieser Vorgänge nicht ab- ich sage das jetzt mal an der Stelle auch - „neu gefragt worden ist oder dass man da auch nicht denken oder anders denken“? mal sich in einem Kreis darüber unterhalten hat oder mal überhaupt auch mit dem BND gespro- Zeuge Peter Schaar: Es gibt zwei Aspekte dabei. chen hat und gesagt hat: „Okay, wenn ich jetzt Einmal ist das der technologische. Der zweite ist mal in die USA blicke - ich komme noch mal zu- der globale, der internationale Aspekt; beides ist rück auf Gerüchte und Meldungen -, könnte das dabei noch mal in den Mittelpunkt gerückt. bei uns auch ein Thema sein, dass man da vorher sich, wenn man es vielleicht auch nicht schrift- Technologisch heißt, dass der Datenschutz tech- lich gemacht hat, nicht schon mal darüber ausge- nologisch aufrüsten muss. Man kann mit natio- tauscht hat und gefragt hat: Wie schaut es eigent- nalem Recht nur begrenzt Daten effektiv schüt- lich bei uns aus?“? zen, die global verarbeitet werden. Mit Technik kann man da sehr viel mehr machen. Da sehe ich eine zentrale Rolle der Datenschutzbehörden

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Zeuge Peter Schaar: Selbstverständlich haben man dann immer schlauer -, man hätte das viel- wir immer wieder gefragt: Wie verarbeiten Nach- leicht auch von vornherein noch stärker machen richtendienste Daten, und das ist auch geprüft können, aber ich weiß, dass die Sicherheitsbehör- worden, und zwar auch vor Snowden. Nur, wie den - und das sind ja eben nicht nur die Nach- gesagt, diese spezielle Konstellation, die erst richtendienste -, auch und gerade die Polizei- durch Snowden bekannt geworden ist und jetzt behörden, sich darüber nicht beklagt haben, zu auch diskutiert wird, in Bundestagsdrucksachen wenig geprüft worden zu sein. auch veröffentlicht worden ist, auch durch Ant- worten auf Kleine Anfragen, das sind in der Tat Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ja, sicher ist es im- neue Aspekte gewesen. Wir sind immer wieder mer einfacher, in der Rückschau zu sagen: hätte, da rangegangen und haben natürlich gefragt: Wo könnte. Es ist aber auch nicht hilfreich, zu sagen: kommen Daten her? Wo fließen sie hin? Wie wer- Wenn man damals anders gedacht hätte, hätte den sie gesichert? - Das war immer für uns ein man es anders gemacht. Das nützt tatsächlich Thema gewesen, und das ist auch Gegenstand nichts. Man muss ja nach vorne schauen. von Prüfungen gewesen. Eine Frage habe ich aber noch zum Jahr 2003. Da Die von mir genannten Verfahren sind im Übri- erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Artikel gen auch Gegenstand von Prüfungen, die gemein- mit der Überschrift „BND übernimmt die Abhör- sam mit anderen Datenschutzbehörden anderer Station der USA“. Der Bürgermeister von Bad europäischer Staaten und teilweise mit der Euro- Aibling hat damals berichtet, dass BND-Mitarbei- päischen Kommission zusammen durchgeführt ter in die Mangfall-Kaserne gezogen seien. Wört- worden sind, wo meine Mitarbeiter immer mit lich muss es wohl in dem Artikel auch heißen: dabei waren. Ich habe immer sehr großen Wert darauf gelegt, dass wir bei diesen auch deutsch- Die durch die Abhörstation landübergreifenden, also europäischen und inter- nationalen Aspekten in der Prüfungsaktivität mit - in Bad Aibling - dabei sind. Da sind dann auch Mitarbeiter in die USA geflogen und haben vor Ort versucht, die gewonnenen Informationen will Sachverhaltsaufklärung zu machen. der BND offenbar in der nahe ge- legenen Mangfall-Kaserne auswer- ten. Es gab auch einen Fall, wo wir dann aufgrund der Geheimhaltungsbedürfnisse der Vereinigten Haben Sie diese Berichterstattung damals zur Staaten leider es nicht hinbekommen haben, dass Kenntnis genommen, oder ist sie Ihnen zur der Deutsche Bundestag die entsprechenden Er- Kenntnis gegeben worden? gebnisse und den Umfang des Datentransfers er- fahren konnte. Ich meine hier SWIFT, TFTP, wo Zeuge Peter Schaar: Wann soll das genau gewe- dann Herr Bosbach seinerzeit sich ja sogar an die sen sein? europäischen Gremien gewandt hat und sich da dann eine Abfuhr geholt hat. Das fand ich also Andrea Lindholz (CDU/CSU): 2003, im Dezem- sehr bedauerlich. Da haben wir immer auch un- ber. Ich meine, das war ja doch sicherlich ein sere Aufgabe gesehen, dort weiter nachzubohren. Ereignis, dass der BND die Abhörstation der USA übernommen hat. Aber, wie gesagt: Natürlich hat Snowden ein Stück die Schwerpunktsetzung geändert. Ich Zeuge Peter Schaar: Ich bin 2003 am 17. Dezem- habe in meinem Haus dann eben aus anderen ber in mein Amt eingeführt worden. Ob das, sage wichtigen Bereichen Kapazitäten abgezogen. Da ich mal, danach war, weiß ich nicht. Ich kann war dann eben im Bereich von Sozialversiche- mich an diese spezielle Meldung nicht erinnern. rungen ein Stück weniger Prüfungsintensität da, und dann wurde eben stärker dieses Thema auf- gearbeitet. Ich denke mal - im Nachhinein ist

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Dass Bad Aibling noch irgendwo in der Infra- Aibling angekündigt wurde; und im Dezember struktur von Überwachung durch den BND oder wurde sie dann durchgeführt, ja. die amerikanische Seite eine Rolle spielte, das war mir schon bekannt. Ich weiß nicht, ob aus Andrea Lindholz (CDU/CSU): Wie war jetzt Ihr diesem Artikel oder durch andere Veröffent- Eindruck von der Prüfung - Sie waren ja, glaube lichungen. Aber das war jetzt für mich nicht ein ich, am Anfang zumindest noch dabei -, über den Punkt, wo ich sagte: „Da muss man jetzt ran“, zu- Inhalt der Prüfung? War das im Nachgang auch mal eben, wie gesagt, Bad Aibling für mich und irgendwie erforderlich, dass man gesagt hat: „Ja, für meinen Amtsvorgänger in erster Linie mit der was Ihre Prüfungskompetenzen angeht, war das Satellitenüberwachung verbunden wurde, und klar geregelt für Sie“, oder waren Sie da der Auf- die Satellitenüberwachung war ja schon damals fassung, darüber müsse man im Nachgang noch auch ziemlich rückläufig, einfach durch die Um- mal auch mit BND und Bundeskanzleramt spre- strukturierung der Kommunikationsnetze. chen? Welchen Eindruck haben Sie nach dieser Prüfung - Sie jetzt - gehabt, auch wenn möglich- Andrea Lindholz (CDU/CSU): Jetzt haben Sie fast erweise noch nicht alles abgeschlossen war oder zehn Jahre später, nämlich im Sommer 2013, auf- auch noch nicht alles abgeschlossen ist? grund der Ereignisse gefordert, so rasch wie mög- lich müsste jetzt die Außenstelle des BND in Bad Zeuge Peter Schaar: Ich hatte in meiner Ein- Aibling aufgesucht werden und es müsse die Ein- gangsbemerkung schon darauf hingewiesen, dass haltung datenschutzrechtlicher Vorschriften bei die Prüfungen üblicherweise ohne persönliche der Erhebung und Verarbeitung personenbezoge- Beteiligung des Beauftragten stattfinden. Das war ner Daten geprüft werden. Es gab ja dann auch auch in diesem Falle so. Es waren Mitarbeiterin- diesen Kontrollbesuch kurz vor Ihrem Ausschei- nen und Mitarbeiter, die dort die Prüfung durch- den aus Ihrem Amt. War das jetzt der erste Be- führten. Mir lag bis zu meinem Amtsende keiner- such, der sich speziell damit beschäftigte? Weil, lei Bericht über das Ergebnis dieser Prüfung vor. wenn ich Sie vorhin richtig verstanden habe, hat Ich weiß nicht mal, ob da überhaupt schon auf man ja auch verschiedene Stellen, auch den der Entwurfsebene so etwas da war. Diese Prü- BND, immer mal wieder kontrolliert, aber mit an- fung war, glaube ich, am 3., 4. Dezember gewe- deren Schwerpunkten. Ist das richtig? Das habe sen, und ich bin am 17. aus dem Amt geschieden. ich vorhin so verstanden. Bis dahin habe ich diese Ergebnisse nicht ge- sehen und habe sie dementsprechend auch nicht Zeuge Peter Schaar: Das haben Sie richtig ver- bewerten können und kann insofern leider Ihre standen. Das war - also jedenfalls soweit ich Frage auch nicht beantworten. mich erinnere - der erste Prüfungsbesuch beim BND, um genau diese Vorgänge zu klären. Da Andrea Lindholz (CDU/CSU): Das ist ja jetzt muss man allerdings auch immer sagen: Solche doch ein relativ einmaliger Vorgang gewesen. Prüfungen haben immer eine Vorlaufzeit. Das Wir haben jetzt gerade auch gehört, es war das heißt, es muss sozusagen erst mal auch eine Art erste Mal, dass man eine Prüfung dieser Art vor- Basiswissen generiert werden. Dazu dienten ja genommen hat. auch unter anderem die entsprechenden Anfra- gen bei den Behörden, zum Beispiel diese Fra- Zeuge Peter Schaar: Ja. gen, die eben vom BMI nicht beantwortet wur- den. Und diese Antworten auf diese Schreiben Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ich nehme jetzt vom Bundeskanzleramt und von anderen Behör- mal mich. Wenn ich davon ausgehe, da wären den gingen ja auch erst allmählich ein. Also, vor jetzt nur meine Mitarbeiter da gewesen und ich dem September waren diese Antworten auch selbst nicht und es hätte auch noch keinen noch gar nicht da - vom BMI kam einiges dann schriftlichen Bericht gegeben, war das dann nicht danach, irgendwann im Oktober -, sodass dann doch trotzdem interessant, mal reinzuhören und entsprechend im November die Prüfung in Bad zu hören: „Sag mal, ihr wart ja da jetzt vor Ort“?

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Zeuge Peter Schaar: Selbstverständlich. Selbst- Zeuge Peter Schaar: Ich kann mich jetzt zumin- verständlich habe ich natürlich gefragt: Gab es dest nicht an eine konkrete Beanstandung im for- etwas, was Sie mir jetzt berichten müssen, was so mellen Sinne erinnern. Das Problem ist eben - ich gravierend ist, dass dringend gehandelt werden hatte das vorhin auch mal auf Nachfrage gesagt -, muss? - Und da kann ich nur sagen: Nein, die dass häufig - Herr Sensburg hat ja da auch zitiert Antwort war Nein. - Das war, glaube ich, telefo- aus dem Tätigkeitsbericht, aus einem meiner frü- nisch oder beiläufig bei einem Treffen. Ich hesten - bestimmte Dinge zugesagt wurden, und glaube, auf einer Weihnachtsfeier habe ich da dann gestaltete sich die Umsetzung der Zusage mal mit Mitarbeitern am Rande gesprochen: Gab manchmal etwas schwierig, und dass aufgrund - - es da irgendetwas, was Sie mir jetzt unbedingt Manchmal - - Man kann das natürlich anders noch sagen müssen, wo wir unbedingt jetzt han- sehen. Wir haben die Beanstandung nicht als deln müssen? Und da war Fehlanzeige gewesen. Massenware eingesetzt.

Andererseits war es, wie gesagt, ein laufendes Das Problem ist ja, dass eine Beanstandung ja Verfahren, und Sie sind bestimmt viel besser als auch keine rechtliche Konsequenz, keine andere ich darüber informiert, was da rausgekommen ist. rechtliche Qualität hat als eben eine formalisierte Kritik, zu der die jeweilige Hausleitung Stellung Andrea Lindholz (CDU/CSU): Ja, aber es ist ja nehmen muss. Das ist eine Beanstandung; das ist schon so ein Punkt, wo ich auch denke, dass man keine Untersagung, das ist kein Bußgeldbescheid, mal nachhört und sagt: Ist da jetzt - - das ist kein Strafbefehl. Dementsprechend ist es so, dass wir gesagt haben: Wenn wir dieses In- Zeuge Peter Schaar: Natürlich. strument einsetzen, dann beschränken wir das auf Fälle, wo a) entsprechend schwerwiegende Andrea Lindholz (CDU/CSU): Auf gut Deutsch: Verstöße sind und b) entsprechend für Abhilfe Brennt da jetzt irgendwas, was ich unbedingt nicht gesorgt wurde. Das hat es offensichtlich in wissen müsste? dieser Zeit so nicht gegeben, auch wenn es Fälle gegeben hat, wo wir nachhaltig Kritik geübt ha- Zeuge Peter Schaar: Genau so habe ich auch ben auch in Bezug auf die Praktiken. Also, das durchaus informell - nicht formell, nicht auf dem hat es schon gegeben, aber das ist dann, soweit Dienstweg: „Erstatten Sie Bericht!“ - natürlich ich mich jetzt erinnere, nicht unbedingt in eine mich erkundigt. Das ist im Übrigen ganz üblich formelle Beanstandung gemündet. immer gewesen, dass man da auch einen schnel- len Kontakt hatte, wenn es tatsächlich dringen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen den Handlungsbedarf gab, um das auch abzu- Dank. - Wir kommen jetzt in die zweite Frage- fragen. runde und beginnen wieder mit der Fraktion Die Linke. Ich denke, Frau Kollegin Renner. Andrea Lindholz (CDU/CSU): Jetzt noch eine letzte abschließende Frage auch zu diesem Kom- Martina Renner (DIE LINKE): Sieht so aus. - Ich plex. Wir hatten hier die Datenschutzbeauftragte würde gerne noch mal zu der technischen Seite bei uns, Frau Regierungsdirektorin Dr. F., und der Datenschutzkontrolle kommen, weil die auch die hatte uns gesagt, dass das BfDI jetzt seit nun- für uns gerade - wir beschäftigen uns viel mit mehr über acht Jahren keine förmlichen Bean- Hard- und eingesetzter Software - natürlich eine standungen für ein datenschutzrechtliches Fehl- zentrale Rolle spielt. Wir hatten, wie gesagt, die verhalten des BND feststellen konnte. Mich behördliche Datenschutzbeauftragte aus dem würde noch interessieren abschließend, ob Sie BND hier, Frau Dr. F., und da ging es auch um diese Aussage auch aus Ihrer Sicht so bestätigen die Frage: „Hat sie a) genügend Personal, die die können. entsprechende Kompetenz mitbringen, auch sich die Dinge technisch materiell anzusehen?“, und zum anderen: Bekommt sie zu der eingesetzten

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Software auch die Quellcodes? - Verkürzt: Nein welche Bibliotheken zum Beispiel zugegriffen war die Antwort, also auf beide Fragen im Kern. wird bei einem Überwachungsprogramm, ob da zum Beispiel, wenn es sich um so ein Programm Halten Sie es denn für zweckmäßig oder auch handelt, was man gemeinhin als Bundestrojaner notwendig, für die Überprüfung von Software die oder als Programm zum Aufklären informations- Quellcodes einsehen zu können? Und müsste das technischer Systeme einsetzt, wenn man da aus Ihrer Meinung heraus zu den Aufgaben auch schaut: „Wird da auf eine Systembibliothek zuge- von behördlichen Datenschutzbeauftragten gehö- griffen, die die Kamera, die interne Kamera, akti- ren, oder ist das zweitrangig unerlässlich? viert?“, würde das dann ja Fragen auslösen.

Zeuge Peter Schaar: Der Quellcode ist ja der pro- Das sind solche Aspekte. Quellcode wäre gut. grammierte Code durch denjenigen, der ein be- Allerdings ist es denkbar, glaube ich, oder wich- stimmtes Softwareprodukt zur Verfügung stellt. tiger oder genauso wichtig, das entsprechend un- Der Quellcode ist Voraussetzung dafür, dass man abhängige Experten gegebenenfalls die Software- vertieft dieses nachvollziehen kann. Insofern ist produkte vorher zertifizieren. Das wäre natürlich es zumindest wünschenswert, dass der Quell- auch bei der Hardware wichtig, Stichwort Back- code der verantwortlichen Stelle vorliegt. Das doors auch in Routern oder so etwas. Aber auch Problem ist ja nicht nur, dass den behördlichen bei der Software spielt das natürlich eine große oder den Datenschutzbeauftragten oder dem Bun- Rolle. desbeauftragten für den Datenschutz der Quell- code nicht vorliegt, sondern dass den verantwort- Also: Sinnvoll ja, aber in vielen Fällen ist es der- lichen Stellen vielfach der Quellcode nicht vor- zeit nicht Stand des Verfahrens. liegt. Das heißt - - Sie erinnern sich an die Staatstrojaner-Debatte oder Bundestrojaner-De- Martina Renner (DIE LINKE): Wenn es also hier batte vor einigen Jahren? Ich habe dazu ja auch ganz konkret natürlich auch um das Auffinden dem Bundestag gegenüber einen Bericht abgege- von möglichen Schwachstellen ging, wo Ablei- ben, den Sie ja noch mühelos - das ist seinerzeit tungen von Daten programmiert waren - es ging an den Bundestagsinnenausschuss, glaube ich, ja hier auch oft um US-amerikanische Software, nur gegangen -, also soweit Sie dem Innenaus- die eingesetzt wurde -, wenn dort lediglich Funk- schuss angehören - - Aber das ist für Sie sicher- tionstests durchgeführt wurden oder zum Bei- lich sowieso verfügbar. Da war das ja auch ein spiel Handbücher eingesehen wurden, reicht das, ganz großes Thema. um mögliche Funktionen zu erkennen, die im Hintergrund programmiert waren? Quellcode ist wichtig, um genau mehr Hinweise zu bekommen, ob es verdeckte Kanäle gibt. Es ist Zeuge Peter Schaar: Ich habe das vorhin schon sehr viel schwieriger, nur den sogenannten gesagt. Es ist einfach oder relativ einfach, festzu- Binärcode zu prüfen. Erstens ist es sehr viel auf- stellen, ob ein Produkt den Anforderungen posi- wendiger. Zweitens ist es noch kryptischer als tiv entspricht, also die Funktionen liefert, die der Quellcode. Dementsprechend ist es zwar man von ihm erwartet. Es ist verdammt schwie- möglich, so etwas zu machen, aber es ist extrem - rig, zu prüfen, ob diese Software nicht auch noch so eine Art Reverse Engineering - aufwendig und was anderes macht. Das ist - - Ich denke, das auch technisch extremst anspruchsvoll, sodass wird man nicht generell gewährleisten können, das mit dem Quellcode etwas besser wäre. aber es wäre wünschenswert, dass zumindest die Möglichkeit der Quellcodeprüfung besteht, um Andererseits muss man sagen: Ein modernes solchen Schwachstellen dann entsprechend auf Softwareprodukt, ein Betriebssystem oder auch die Spur zu kommen und sie dann entsprechend was anderes, auch andere Produkte, das sind teil- auch zu schließen. weise Millionen Zeilen Quellcode. Allerdings, wenn man die dann automatisiert auswertet nach bestimmten kritischen Routinen, danach, auf

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Dass Software und Hardware Schwachstellen ha- Der Begriff der anlasslosen Vorratsdatenspeiche- ben, ist bekannt. Dass diese Schwachstellen bis- rung ist ja - - Das ist ja ähnlich wie der Begriff der weilen auch sogar bewusst offengelassen werden, Massendatenspeicherung, wo praktisch ohne je- das ist auch ein offenes Geheimnis. Aber man den konkreten Anlass bestimmte Daten generiert kann der einzelnen Schwachstelle leider häufig werden. Wenn zum Beispiel ein Nachrichten- nicht ansehen, ob sie bewusst offengelassen dienst im Rahmen seiner G-10-Befugnisse Daten wurde oder ob es ein Versehen war. Denken Sie hat und die jetzt mit einem solchen Programm an Heartbleed, ein Systemfehler, der die Ver- bearbeitet, ist dagegen, wenn ansonsten die da- schlüsselungsmechanismen im Internet ja massiv tenschutzrechtlichen Regelungen eingehalten beeinträchtigt hatte, der letztes Jahr auch bekannt werden, nichts zu sagen. Das wäre im Rahmen geworden ist, wo genau diese Frage nicht, sage der Aufgabenerfüllung. Das hat auch mit Vorrats- ich mal aus meiner Sicht, endgültig beantwortet datenspeicherung erst mal überhaupt nichts zu werden konnte. tun. Wenn aber, sage ich mal, alle Daten, derer man irgendwo habhaft werden konnte, in ein sol- Martina Renner (DIE LINKE): Ich würde aus un- ches System einfließen würden und dann auf serer Zeugenvernehmung mit Frau Dr. F. noch Dauer gespeichert blieben und dann immer wie- ein weiteres Problem schildern, wozu es unter- der zur Generierung neuer Informationen genutzt schiedliche Rechtsauffassungen gab, und zwar zu würden, dann könnte das - - dann kommt es die- einem Dateiverarbeitungssystem VERAS. Das ist sem Aspekt der Vorratsdatenspeicherung wieder eine Datei im BND, die Metadaten aus leitungs- nahe. Insofern kann ich dazu jetzt wenig, glaube vermittelter Kommunikation verarbeitet und da- ich, beitragen. bei auch in der zweiten und dritten Ebene Kon- takte generieren kann und darstellen kann. Nicht Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Details müss- nur, dass dort die Dateienanordnung fehlt - das ten wir dann in der nächsten Fragerunde klären, hatten wir ja vorhin schon mal kurz angespro- weil jetzt wäre wieder die Fraktion der CDU/CSU chen -, es ging dann in der Diskussion mit Frau mit Fragen dran. Ich denke, Herr Kollege Oster- Dr. F. um die Frage, ob es sich möglicherweise mann als Erster. um eine anlasslose oder um eine mit konkretem Anlass gegebene Vorratsdatenspeicherung han- Dr. (CDU/CSU): Schönen Dank. - deln könne, weil ja unbetroffene Zweite und Herr Schaar, ich möchte zu sprechen kommen Dritte in diesem Dateiensystem sozusagen in die auf die Vor-Ort-Besuche bei den Nachrichten- Verarbeitung einbezogen werden. diensten.

Zeuge Peter Schaar: Mir ist jetzt diese Funktions- Zeuge Peter Schaar: Die Vor-Ort-Besuche? weise dieses Programms nicht - Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Die Vor-Ort- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Besuche, genau. - Nach unseren Akten haben Sie sich mit Schreiben vom 8. August 2013 an die Zeuge Peter Schaar: - erinnerlich oder bekannt. Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen gewandt. Insofern habe ich damit jetzt ein kleines Problem. Sie bitten in diesem Schreiben darum, bei etwai- Sagen wir es mal so - das ist jetzt aber wieder so gen Überlegungen zur Optimierung der Kontrolle eine hypothetische Vorstellung -: Wenn durch der Nachrichtendienste auch die gesetzlichen ein Programm Daten zusammengeführt werden, Aufgaben des BfDI einzubeziehen, und führen die dann wiederum Personenbezug haben und dann wörtlich aus, dass Sie als BfDI mit einem nicht unbedingt, sage ich mal, im Rahmen der Stab hochqualifizierter Mitarbeiterinnen und fachlichen Aufgabenstellung erforderlich sind, Mitarbeiter die Erhebung und Verwendung per- dann muss man natürlich fragen: Ist das rechtlich sonenbezogener Daten durch die Nachrichten- zulässig, ja oder nein? - Das ist damit aber noch dienste des Bundes, also BfV, BND und MAD, nicht automatisch eine Vorratsdatenspeicherung. kontrollieren, auch sehr intensiv vor Ort - Zitat- ende.

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Hatten Sie bei Ihrem Schreiben vom August kon- mit einbezogen wird. Es gibt unterschiedliche Lö- krete Kontrollen vor Augen? Bad Aibling, da- sungen, wie man diesen Kontrolllücken zu Leibe rüber haben wir eben schon gesprochen. Hatten rücken kann. Es gibt welche, die völlig ohne Da- Sie weitere Vor-Ort-Kontrollen im Hinterkopf, tenschutzbeauftragte ablaufen; denken Sie an den die Sie durchgeführt haben bei den drei genann- Geheimdienstbeauftragten. Es gibt die Möglich- ten Nachrichtendiensten? keit, die parlamentarischen Kontrollgremien zu stärken; das ist in den letzten Jahren ein Stück Zeuge Peter Schaar: Na ja, wir haben immer wie- weit geschehen. Aber der Zweck des Briefes be- der solche Kontrollen auch durchgeführt und stand darin, zu sagen: Vergesst die Datenschutz- dementsprechend - - Sie müssen sich das wirk- behörden nicht, die es ja auch noch gibt in die- lich so vorstellen: Da gehen die Mitarbeiter, was sem Bereich, die in diesem System auch einen weiß ich, nach Pullach hin und sind da drei, vier wertvollen Beitrag dazu leisten können. Das war Tage vor Ort und schauen sich die Dateien an, der Zweck dieses Briefes. schlagen in Akten nach, führen Gespräche mit den Verantwortlichen und lassen sich entspre- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): In welchen Zeit- chende Informationen unter Wahrung der Ver- abständen kam es denn dann zu Besuchen beim schlusssachenanordnung dann entsprechend ge- BND und vor allem bei den Außenstellen? gebenenfalls noch nachliefern. Das wird dann im Haus unter VS-Bedingungen ausgewertet und Zeuge Peter Schaar: Es gab diese zwei Prüfun- führt zu qualifizierten, sehr umfangreichen Prüf- gen, über die ich schon berichtet hatte. berichten mit einer Vielzahl von Feststellungen und Anregungen und Forderungen und gegebe- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Und wie war es nenfalls auch zu Kritik an bestimmten Praktiken. beim MAD und beim BfV? All das ist sozusagen die gängige Praxis. Dass man das vielleicht noch häufiger machen könnte, Zeuge Peter Schaar: Beim BfV gab es einen ent- ist sicherlich richtig. Da ist dann die Kapazitäts- sprechenden Besuch im November, wenn ich das grenze immer das Problem. Aber es hat immer richtig sehe. Beim MAD gab es keinen; aber da wieder solche Kontrollen gegeben und über einen gab es auch keinen Anlass. Man muss - ich sage Teil dieser Kontrollen habe ich in meinen Tätig- das mal etwas allgemeiner; ich kann nicht die keitsberichten auch berichtet. Details dazu erläutern - - Die Dienste und die ent- sprechenden zuständigen Ministerien haben ja Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Das haben Sie auf meine Anfragen geantwortet - beim BMI hat uns eben ja auch schon geschildert, - es etwas länger gedauert -, und das hat dann eben natürlich auch dazu geführt, dass man gesagt hat Zeuge Peter Schaar: Ja. oder dass wir gesagt haben: Wir gucken uns da noch mal das BfV und den BND an und den Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): - dass Sie diese MAD nicht. - Das kann ich jetzt nicht weiter kon- Kontrollen gerne häufiger durchgeführt hätten, - kretisieren.

Zeuge Peter Schaar: Ja. Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Anschließend an eine Frage der Kollegin Renner: Gab es Dienst- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): - aber aus Grün- stellen des BND, die Ihnen in Ihrer Eigenschaft den der begrenzten Kapazität - - als Behördenleiter bzw. der Behörde selbst nicht bekannt waren, mit der Folge, dass Sie dort keine Zeuge Peter Schaar: Also, der Fortschritt - - was Prüfungen durchführen konnten? ich damit meine, ist: Wir haben eben auch tech- nischen Sachverstand. Diejenigen, die das ma- Zeuge Peter Schaar: Na ja, das ist ja immer das chen, sind eben versierte Prüfer. Jemand, zu des- Problem: dass man so was nur sagen kann, wenn sen Beruf das quasi gehört, der schaut da natür- das dann irgendwann doch bekannt wird. lich drauf, und wir haben angeregt, dass das auch

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Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Ja. auf dem ordentlichen Wege dem Bundesbeauf- tragten zur Kenntnis gelangt sind, nämlich über Zeuge Peter Schaar: Ja, es gab diesen einen Fall, die Dateianordnung - weil es die nicht gab. über den der Spiegel auch berichtet hatte im Jahr 2013. Inwieweit es darüber hinaus solche Stellen Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Ja. Meine Frage gab, das kann ich jetzt nicht sagen. Ich vermute richtete sich auf Dienststellen, die dann auch von mal, dass es doch eine Reihe von legendierten Ihnen hätten geprüft werden müssen eigenstän- Stellen gibt, wo solche Dienste auch tätig sind. dig und - - Ich habe den öffentlich zugänglichen Unterlagen, den Vernehmungen hier auch - oder den Proto- Zeuge Peter Schaar: Also, das kann ich jetzt - - kollen, die da gefertigt wurden - in offizieller Art Nein. entnommen, dass es eine Vielzahl von fehlenden Dateianordnungen gab, sehr viel mehr noch als in Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Offenbar keine diesem einen Fall. Das bedeutet natürlich, dass Erkenntnisse. die entsprechenden Informationen bei meiner Dienststelle nicht vorlagen und entsprechend Zeuge Peter Schaar: Kann ich jetzt nicht so sa- auch nicht Gegenstand von Prüfungen werden gen. Das ist jetzt - - Aber wie gesagt: Über etwas, konnten. was man nicht weiß, ist es immer schwierig zu sagen, dass man es nicht weiß - weil man es nicht Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Aber jetzt bezo- weiß. gen auf die Dienststellen ist Ihnen nur ein Fall bekannt, dass Ihnen eine Dienststelle nicht - - Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Gut. - Noch mal konkret gefragt zu Ihren Besuchen beim BfV und Zeuge Peter Schaar: Das ist dieser eine - - War beim BND: Gab es im Anschluss an diese Besu- das eine Dienststelle? Es war eine angemietete che in den Prüfberichten - - Also BfV, das müss- Liegenschaft oder eine Wohnung oder so etwas. ten Sie ja dann noch miterlebt haben. Das war jetzt 11 - im November 2013. Das war dann kurz Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Eine Wohnung. vor Ihrem Ausscheiden.

Zeuge Peter Schaar: Ja, also ich weiß das jetzt - - Zeuge Peter Schaar: Ja. Da gab es auch keinen Prüfbericht, also auch nichts, und ich habe da Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Das, was Sie auch nur - - eben schon erzählt hatten? Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Aber auch keine Zeuge Peter Schaar: Ich kann dazu - - Wir haben formelle Beanstandung? aber auch - - Das muss ich auch noch mal sagen: Es ist nie mein Anspruch gewesen - oder auch Zeuge Peter Schaar: Nein, auch dort gab es die- meiner Stelle -, sozusagen zu wissen, wo überall sen informellen Hinweis. Da habe ich auch aus- unter Deckadressen irgendwelche deutschen drücklich gesprochen mit den zuständigen Refe- Nachrichtendienste tätig sind. Aus verschiedens- ratsmitarbeitern - die mir versicherten, es sei sehr ten Gründen wäre das unangemessen. positiv verlaufen, es sei alles dort auch an Infor- mationen bereitgestellt worden und es gebe kei- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Ja, das verstehe nen Grund zu einer Beanstandung oder einer ich. weitgehenden Kritik oder so etwas. Dass es da möglicherweise im Detail Mängel gegeben haben Zeuge Peter Schaar: Dementsprechend habe ich mag, will ich nicht ausschließen; aber es gab in den Anspruch auch nicht gehabt. Was mich, ehr- diesem Falle keine Beanstandung, und das gilt lich gesagt, aber mehr beunruhigt, ist dieser Hin- für diesen Besuch und wohl auch für den nächs- weis darauf, dass es auch eine Vielzahl von Da- ten. Das sind aber beides Bereiche, wo ich keine teien gegeben haben soll, die offensichtlich nicht Unterlagen gesehen habe, sondern nur in der

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mündlichen Erörterung von den zuständigen mal, Gedankenaustausch da auch intensiviert, Mitarbeitern diese, sage ich mal, Entwarnungs- möglicherweise auch institutionalisiert. meldung bekommen habe, die mich natürlich schon ein Stück beruhigt hat. Mit dem BSI beispielsweise gab es ein- bis zwei- mal im Jahr einen Jour fixe auf Leitungsebene. Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Gab es eine Art Wir haben entsprechende Informationsstrukturen ständigen Austausch, auf Leitungsebene mit den gesamten Telekommunikationsunterneh- und/oder auf Mitarbeiterebene, zwischen dem men; da finden auch regelmäßig Jours fixes statt, BfDI und den genannten Nachrichtendiensten? meines Wissens auch alle paar Monate, alles auf Fachebene; regelmäßig bin ich da nicht persön- Zeuge Peter Schaar: Das ist die Frage: wie Sie lich dabei gewesen. „ständigen Austausch“ definieren. Sicher nicht in dem Sinne, dass es immer dauernd Kontakte Das war immer sehr hilfreich; aber es stößt natür- gab. Es gab immer wieder - - Also, bei bestimm- lich auch auf Kapazitätsgrenzen, wenn man dann ten Einrichtungen gibt es/gab es so was wie Jours mit jeder Einrichtung so eine exklusive Bezie- fixes. Das gab es meines Wissens jetzt - aber da hung zu installieren versucht. Aber ich persön- bitte ich, das Wort jetzt nicht auf die Goldwaage lich habe auch immer versucht, mit den jeweili- zu legen -, glaube ich, mit den genannten Diens- gen Chefs in Kontakt zu kommen, damit man ten so nicht. Es gab aber natürlich immer wieder sich einfach kennt und dann darüber auch ein ge- auch recht intensive Kontakte zwischen den für wisses Vertrauensverhältnis entwickelt, dass man den Datenschutz zuständigen Personen dort, also jedenfalls weiß, was man von dem anderen zu insbesondere den behördlichen Datenschutz- halten hat. Also das gab es und ich hoffe, dass es beauftragten, und den Mitarbeiterinnen und Mit- das auch weiterhin gibt. arbeitern des zuständigen Fachreferats, ja. Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Vielen Dank für Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Eine Art Aus- Ihre Antworten, Herr Schaar. tausch wäre ja zum Beispiel eine Schulung. Zeuge Peter Schaar: Danke. Zeuge Peter Schaar: Ja, gab es. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Da hat uns die lichen Dank. - Weitere Fragen gibt es hier nicht. Datenschutzbeauftragte des BND, als sie hier war, Wir kommen dann zur nächsten Fraktion, der mitgeteilt, dass es eine solche gemeinsam durch- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege geführte datenschutzrechtliche Schulung gegeben Ströbele, nehme ich an. hat und sie sehr dankbar dafür gewesen sei. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeuge Peter Schaar: Ja, ich erinnere mich; das ist NEN): Ja. - Herr Schaar, ich schließe zunächst aber schon ein paar Jahre her, glaube ich. mal an Ihre Vorbemerkung oder Ihre Vorausfüh- rung an. Da haben Sie gesagt zu den Snowden- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Ja. Würden Sie Dokumenten, Sie hätten sich damit befasst - liegt es denn für sinnvoll halten, das regelmäßig ja auch nahe -, hätten auch geprüft, soweit man durchzuführen, um auch die Sensibilität zu stei- das kann, ob die authentisch sind, hätten sich gern? auch kundig gemacht und seien zu dem Ergebnis gekommen, das sei wohl so der Fall - soweit man Zeuge Peter Schaar: Absolut. Ich finde so was das so machen kann. sehr gut, wenn es gelingt, den Wissensstand über den Datenschutz in den Behörden gerade in Daran anschließend meine Frage: Hat sich mal einem solch sensiblen Bereich zu erhöhen, und der Generalbundesanwalt an Ihre Behörde ge- ich finde es auch gut, dass man den, sage ich wandt und gefragt, was Sie davon halten, also so eine Bewertung abgefragt? Weil der hat ja noch

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bis in jüngster Zeit verkündet, dass Papiere, zum nicht, ob auf Fachebene da solche Informationen Beispiel dieses Dokument, aus dem sich ergeben ausgetauscht worden sind; aber dass es da so eine soll, dass das Handy der Kanzlerin abgehört wor- massive Meinungsdivergenz gegeben hat, habe den ist - - das sei ja nichts, so was könne jeder ich jetzt auch erst durch die Medienberichterstat- hinschreiben; das hätte keinerlei Wert für ihn. tung erfahren. Deshalb nur die Frage: Hat er sich mal an Sie ge- wandt oder nicht? In der Sache teile ich das, was offensichtlich von Frau Dr. F. hier vorgetragen wurde. Ich hatte das Zeuge Peter Schaar: Ich kann mich jedenfalls vorhin ja auch gesagt: Die Anknüpfungspunkte nicht daran erinnern. Für mich war aber natür- sehe ich als gegeben an, dass auch deutsches lich ganz wichtig, ob das überhaupt glaubwürdig Recht anwendbar ist. ist, was dort von Snowden oder über Snowden dann veröffentlicht wurde. Aus meiner Sicht war Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es - - Jedenfalls, soweit ich das dann auch weiter NEN): Wäre das so was gewesen, wo Sie der Auf- verfolgt habe, gab es da keine Zweifel, und auch fassung sind: „Das ist eigentlich berichtenswert“, im Hinblick zum Beispiel auf die Vorwürfe, dass oder - - Sie sagen ja: Probleme sollen oder müs- da die Verschlüsselungsmechanismen kompro- sen an Sie herangetragen werden, weil Sie das mittiert worden seien, habe ich vom BSI, von der gar nicht von sich aus - - Leitungsebene, die Aussage gekriegt: „Ja, das war alles auch gerechtfertigt“, oder: „Das ist sehr Zeuge Peter Schaar: Wir haben das ja abgefragt. plausibel“, und dementsprechend würde man Ich sage mal, jetzt nicht die interne Meinungs- dann auch kurzfristig eine entsprechende Warn- divergenz, aber die Tatsache selber, dass dort ent- meldung herausgeben - die ist dann meines Wis- sprechende Informationen dann weitergegeben sens aber nie gekommen. worden sind, das hätte man doch, denke ich - - und wie das auch rechtlich zu bewerten ist, das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hätte man dann diskutieren müssen. Es gab dann NEN): Jetzt ganz anderes Thema, wieder zurück allerdings auch bestimmte, glaube ich, Äußerun- zu den Datenschutzbeauftragten des Bundesnach- gen der Bundesregierung in Bundestagsdruck- richtendienstes. Ist Ihnen mal bekannt geworden, sachen, Antworten auf Kleine Anfragen, wo diese dass es hinsichtlich der strategischen Überwa- Rechtsauffassung, die der BND dann auch ver- chung in Bad Aibling - oder die in Bad Aibling tritt, offensichtlich auch zum Ausdruck kam. angekommen ist, insbesondere betreffend Afgha- nistan - da unterschiedliche Rechtsauffassungen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gab über die Anwendung deutschen Rechts - ob NEN): Es geht nicht nur um die Weitergabe, son- das unter deutsches Recht fällt oder nicht - zwi- dern überhaupt. Der BND nimmt Daten auf, ver- schen der Datenschutzbeauftragten und dem Prä- arbeitet die, sieht die durch auf G-10-Verkehre sidenten, also ihrem obersten Chef? Sie hat uns und Ähnliches; allein dieser Vorgang ist dem selber hier erzählt, dass es da gegensätzliche Auf- deutschen Recht unterworfen. fassungen gab, aber dass dann die Auffassung ihres Präsidenten letztlich natürlich den Aus- Zeuge Peter Schaar: Das würde ich so sehen, ja. schlag gegeben hat und ihre Auffassung, dass die deutschen Gesetze Anwendung finden müssen, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weil ja diese Daten in Deutschland ankommen, NEN): Okay. - Dann habe ich gerade im An- bei der deutschen Behörde dann auch verarbeitet schluss daran eine Frage, auch wieder zu werden - - Wissen Sie über einen solchen Dissens „Eikonal“. „Eikonal“ ist ja nun ein gravierender irgendwas? Sind Sie damit befasst worden? Ha- Vorgang gewesen. Wir haben uns in den letzten ben Sie dazu eine Auffassung? Tagen, gestern auch, intensiv damit befasst und mit divergierenden Auffassungen des Netzbetrei- Zeuge Peter Schaar: Der Dissens selbst ist mir bers und des BND zu tun gehabt: Die haben uns nicht erinnerlich; sagen wir das mal so. Ich weiß

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berichtet, da habe es ganz gravierende Auffassun- „Eikonal“ war - das werden Sie auch den Medien gen gegeben. Der Netzbetreiber, den wir lange gar entnommen haben - durchaus umstritten. Die nicht nennen durften - aber ich glaube, das kann Telekom - Nicht die Telekom, sondern der Bun- man inzwischen tun: Das war die Telekom -, war desnachrichtendienst - jedenfalls Teile des Bun- der Auffassung: „Da muss es eine gesetzliche desnachrichtendienstes - hat auch die Probleme Grundlage geben“, und der BND hat gesagt: gesehen und soll - sage ich mal hier, weil das in „Nein, weil das sind ja Verkehre, die - - Ausland- geheimer Sitzung diskutiert worden ist, aber Ausland“, da brauche es das nach deutschem schon in der Zeitung stand - dann einen Recht nicht. Auch da gab es also ganz offenen Schwachstellenbericht angefordert haben dazu, Dissens Telekom-BND, der dann damit „berei- der zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist, nigt“ worden ist - in Anführungsstrichen -, dass auch wieder von Datenschutz- - geprägt. Hätten irgendwann das Kanzleramt gesagt hat: Ist schon Sie damit befasst werden müssen? in Ordnung. Zeuge Peter Schaar: Ja, sicher. Hätte in einem solchen Fall nach Ihrer Auffas- sung die Telekom mal sagen müssen: „Wir haben Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hier ein Problem. Lieber Datenschutzbeauftragter, NEN): Verstehen Sie, ich sehe da ganz gravie- kannst du uns da helfen oder kannst du uns da rende Vorgänge, mit denen sich jetzt ein Untersu- was sagen?“? Weil Sie waren ja eigentlich für chungsausschuss beschäftigt, - beide Seiten zuständig. Zeuge Peter Schaar: Nein, Sie haben - - Zeuge Peter Schaar: Sagen wir es mal so: Die Telekom hätte das gedurft; aber sie war dazu Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sicher nicht verpflichtet. NEN): - und der Bundesbeauftragte für Daten- schutz weiß da gar nichts von. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nicht verpflichtet? Zeuge Peter Schaar: Ja. Also, ich gehe mal davon aus - ohne jetzt Detailkenntnis zu haben -, dass Zeuge Peter Schaar: Nein, eine Verpflichtung bei diesem System eben auch Dateien angelegt kann ich jetzt nicht sehen. Es gibt eine Verpflich- worden sind. Wenn man den Dateibegriff nimmt: tung im Bundesdatenschutzgesetz, eine Melde- Das ist ja bekannt, dass da geordnete Datensamm- pflicht von Datenabflüssen und Datenschutzver- lungen entstehen. Das ist bei Telekommunika- stößen in bestimmtem Umfang; aber hier ging es tionsüberwachung der Fall. Wenn das nicht unter ja darum, dass die Telekom selber etwas macht G 10 fällt nach Auffassung des Bundeskanzler- und verantwortet und in einer Diskussion mit amts und des BND, dann fällt es unter das BDSG. einer öffentlichen Stelle ist, inwieweit das recht- Auf jeden Fall hätte es auch eine Dateianordnung mäßig ist oder nicht. Ich will nicht bewerten, ob geben müssen. Diese Dateianordnung hätte mir das, was Sie jetzt der Telekom zuschreiben, aus- zur Kenntnis gegeben werden müssen. Das ist - - reichend ist, ob das die Telekom davor bewahrt, Wenn das nicht geschehen ist, dann ist das sage ich mal, sich möglicherweise zu verantwor- sicherlich nicht in Ordnung gewesen. ten im Hinblick auf einen möglichen Bruch des Fernmeldegeheimnisses - das ist eine andere Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frage -; aber es hätte keine Verpflichtung gege- NEN): Ja, und hier - - ben. Aber das ist an mich so nicht herangetragen worden. Ich kann mich jedenfalls daran über- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt müssten haupt nicht erinnern, dass diese Debatte uns ir- wir wieder wechseln. Jetzt ist die Zeit schon gendwo - - dass die bei uns gelandet wäre. deutlich überschritten.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dieses ganze Unternehmen oder Projekt

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Christian Flisek (SPD): Ja. Würden Sie denn NEN): Ich komme auf den Schwachstellen- dann sozusagen in dieser Einordnung sagen, man bericht. Können Sie da noch mal zu sagen: Müss- müsste das Erfordernis einer solchen Dateianord- ten Sie von so was nicht - - nung anders rechtlich, gesetzgeberisch gewich- ten? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege Ströbele, wir müssten jetzt zur Fraktion - - Zeuge Peter Schaar: Ich denke, das sollte man, gerade weil der Rechtsschutzgarantie so ein enor- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mer Wert zukommt. Die Ausnahmeregelungen, NEN): Wenn die selber so was feststellen. die wir in diesem Bereich haben, müssen einfach kompensiert werden durch auch entsprechende Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Es hilft schärfere Rechtsfolgen. Eine könnte dann eben nichts: Wir müssen jetzt zur Fraktion der SPD sein, dass gesetzlich festgelegt wird, dass solche kommen. Die Frage kann ja gleich in der nächs- Verletzungen von wichtigen Formvorgaben zur ten Runde gestellt werden. Ich gebe Herrn Kolle- Rechtswidrigkeit führen. Das kann der Gesetz- gen Flisek das Wort. geber sehr wohl machen.

Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- Christian Flisek (SPD): Okay. Wir nehmen das der. - Herr Schaar, ich schließe jetzt an - auch mit, weil wir haben ja, wie gesagt, in dem Unter- wenn ich vielleicht dann die Frage vom Kollegen suchungsauftrag auch diesen Enquete-Teil, wo Ströbele nicht damit erfasse -: Aber das Fehlen wir solche Vorschläge dann aufnehmen und auch einer solchen Dateianordnung, von der Rechts- ausarbeiten. folge her gedacht, führt das dazu, dass dann die Maßnahme materiell rechtswidrig wird, - Herr Schaar, Sie haben letztes Jahr ein Buch ver- öffentlicht mit dem Titel Überwachung total. Da Zeuge Peter Schaar: Nein, nein. hatten Sie - ich darf das jetzt mal zitieren bzw. ich nenne das jetzt gar nicht Vorhalt, sondern ich Christian Flisek (SPD): - oder ist das eine formale zitiere Sie einfach - auf Seite 234 die Möglichkeit Ordnungsvorschrift? eines Ringtauschs zwischen deutschen und US- Diensten beschrieben. Ich darf Sie jetzt mal aus Zeuge Peter Schaar: Das ist eine formale Ord- diesem Buch zitieren. Da heißt es: nungsvorschrift, die - im Regelfall jedenfalls - nicht die Rechtswidrigkeit der Datensammlung Interessanterweise nahmen man- selber zur Folge hat. Allerdings ist das Problem, che deutsche Innenpolitiker der- dass die Rechtmäßigkeit ja gar nicht überprüft artige Praktiken werden kann von unabhängiger Seite, wenn das nicht erfolgt. Insofern haben wir es zwar mit - gemeint ist die Installation von Trojanern durch einem gravierenden Problem zu tun, aber nicht die NSA auf deutschen Computern - mit der automatischen Rechtswidrigkeit der je- weiligen Datei. billigend in Kauf, als es darum ging, für die eigenen Geheim- dienste und Polizeibehörden ver- Christian Flisek (SPD): Das heißt, Sie sagen also: gleichbare Möglichkeiten zu ver- „Es ist zwar eine formale Ordnungsvorschrift, langen, wie sie die US-Behörden aber es ist eine Vorschrift, die essenziell ist, um nutzen. überhaupt einen Sachverhalt dann sozusagen einer Kontrolle zu überführen“? Und jetzt das Entscheidende:

Zeuge Peter Schaar: In der Rechtsschutzkette, ja. So wurde etwa wiederholt be- hauptet, die Aufklärung verschie-

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dener terroristischer Anschlags- in Entführungsfällen doch handlungsfähig blei- planungen sei den Deutschen nur ben wolle; aber da geht es ja um wirklich gezielte durch Verwendung von Informa- und sehr einzelfallbezogene Daten. tionen möglich gewesen, die sie von amerikanischer Seite erhalten Wenn man jetzt liest, dass da sehr viel umfang- hätten, welche diese unter Einsatz bei uns unzulässiger Mittel ge- reichere Daten geflossen sind, dann war mir das wonnen hatten. seinerzeit nicht bekannt. Diese Ringtauschthese erschien mir zwar in gewisser Hinsicht plausibel Also: Aus meiner Sicht die klassische Ring- seit Echelon oder den Debatten aus Echelon - wo tauschkonstellation. Ich habe eine Kooperation ja auch das Europaparlament einen Bericht hat von Geheimdiensten, und ein Teil sozusagen - - fertigen lassen unter dem seinerzeitigen Europa- Wir haben ja hier mit den BND-Zeugen die strate- abgeordneten Schmid, der dann zum Ergebnis gischen Parameter ausführlich diskutiert: Tech- kam, dass da solche Ringtauschaktivitäten da nik gegen Information und Technik. Gestern ist seien -; aber das war nie richtig justiziabel zu ma- auch das Thema Geld angesprochen worden: chen, es war immer sozusagen eine plausible An- dass es Geldflüsse gibt. Der Punkt ist halt der, nahme. Ich beziehe mich da jetzt ganz konkret dass man sich überlegen muss, inwieweit hier aber auf Argumente, wo gesagt wurde: Wenn die tatsächlich so ein Ringtausch stattgefunden hat. Amerikaner keinen Trojaner eingesetzt hätten, hätten wir die Sauerlandgruppe nie gekriegt. - Meine Frage an Sie ist natürlich die: Haben Sie Solche Aussagen, die ich von politischer Seite in dafür irgendwelche Anhaltspunkte aufgrund Erinnerung habe - nicht von Behördenvertre- Ihrer Tätigkeit von 2003 bis 2013 gehabt oder ist tern -, darauf nehme ich da Bezug. das - ich sage jetzt mal, weil dieser Begriff natür- lich auch rumgeistert - eine Wiedergabe der Mut- Christian Flisek (SPD): Das heißt, Sie würden sa- maßungen und der Möglichkeiten? Weil das wäre gen, das, was Sie dort in diesem Zitat wieder- jetzt für mich natürlich interessant, ob es für geben, das stützt sich auf Indizien, - diese Ringtauschthese irgendeine substanzielle Untermauerung gibt. Zeuge Peter Schaar: Ja.

Zeuge Peter Schaar: Sie haben völlig richtig zi- Christian Flisek (SPD): - aber nicht auf irgend- tiert, was ich beschrieben habe. Ich habe mich eine substanziell beweisbare - - auf beweisbare bei dem Buch ausdrücklich nicht auf meine in- Fakten? ternen Erkenntnisse jetzt stützen können oder ge- stützt auch, sondern nur auf das, was auch Zeuge Peter Schaar: Das Problem ist natürlich, öffentlich diskutiert und zugänglich ist. Ich kann dass diese Snowden-Papiere natürlich schon Fak- Ihnen allerdings sagen, dass ich, sage ich mal, in- ten darstellen. Die Frage ist, ob sie ausreichen, tern keinen Beweis habe oder gefunden habe - um das, sage ich mal, justiziabel bis hin zu einer der ist mir jedenfalls nicht erinnerlich, dass er strafrechtlichen Verurteilung zu belegen; das ist mir zur Kenntnis gekommen ist -, dass hier in genau das zentrale Problem. Das haben wir aber massenhafter Manier entsprechende Daten ausge- in sehr vielen Bereichen. Das hätte man in einem tauscht worden sind. Strafverfahren klären können. Das ist - aus wel- chen Gründen auch immer - jetzt nicht gesche- Es gab immer wieder die Frage: Warum ist ins hen. Ich habe nicht die Generalbundesanwalt- G-10-Gesetz vor einigen Jahren eine Vorschrift schaft jetzt hier an dieser Stelle zu kritisieren, reingekommen, dass auch direkte G-10-Daten auch wenn ich dazu persönlich - - das sehr skep- ausgetauscht werden dürfen, nicht nur die Er- tisch sehe. Aber ich denke, dass man hier immer kenntnisse, die daraus gewonnen worden sind? - auf so einer Ebene ist, wo der letzte Beweis sehr Damals wurde das ja damit begründet, dass man schwierig zu führen ist. Indizienbeweise können im Übrigen auch zu strafprozessualen Verurtei- lungen führen - das gibt es ja durchaus -, nur, die

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Indizien müssen dann auch wasserdicht sein und jetzt substanziell auf diesen, den hier untersuch- sie müssen auch sozusagen von Anfang bis Ende ten Komplex bezogenen - sein. In dem Sinne habe ich keine Beweise - sind mir auch bis heute nicht bekannt -, wo ich das so Christian Flisek (SPD): Das wäre meine zweite jetzt belegen könnte, aber doch relativ starke In- Frage gewesen. dizien in Papieren. Allerdings sind die auch in- terpretationsbedürftig und können auch falsch Zeuge Peter Schaar: - Whistleblower, die mal interpretiert werden, siehe eben diese Bad-Aib- hier gelandet sind. Um dem vorzugreifen: Ich ling-Geschichte, die ja in den Medien erst mal habe auch mit Herrn Snowden keine Kontakte falsch interpretiert wurde als massenhafte Wei- gehabt, weder direkt noch indirekt. tergabe in Deutschland gewonnener Daten über Deutsche. Das ist ja nun offensichtlich nicht der Christian Flisek (SPD): Apropos Kontakte: Was Fall. mich interessieren würde: Sie sind auch interna- tional natürlich in der Datenschutzszene ver- Christian Flisek (SPD): Verstehe ich Sie aber netzt. Haben Sie regelmäßige Kontakte mit ameri- richtig - korrigieren Sie mich da wieder -, Sie kanischen Datenschützern, und wenn ja, wie be- schließen allerdings aus, wenn es so etwas gäbe - werten Sie denn da - - Ich sage mal, vielleicht ist aufgrund von Indizien, die wir jetzt hier an der das ein kultureller oder historisch gewachsener Hand haben -, dann würde es sich hier nicht um Konflikt in der Auffassung: Was ist Privatheit in massenhaften Austausch von Daten handeln, den USA im Vergleich zu Europa? sondern es wäre dann eher etwas, ich sage mal, sehr Beschränktes, Einzelfallspezifisches, wenn Zeuge Peter Schaar: Ich will nicht jetzt diese ge- es um, ja, schwere Straftaten, Geiselnahmen, Ver- nerelle philosophische Debatte führen, aber ganz hinderung terroristischer Anschläge geht? konkret - das können wir auch; ich will dem auch nicht ausweichen -: Ja, dieser Kontakt zu Zeuge Peter Schaar: Nein, das würde ich so den amerikanischen Datenschützern ist da. Ich nicht - - So weit würde ich nicht gehen. Ich bin in einem sehr engen Kontakt gewesen mit würde schon - - Gerade nach den Berichterstat- dem Privacy and Civil Liberties Oversight Board, tungen über „Eikonal“ würde ich natürlich fra- das unter Obama eingerichtet worden ist, das ja gen, ob da nicht doch systematischer auch ausge- auch umfangreiche Berichte zu den Aktivitäten tauscht worden ist; diese Frage drängt sich ja ge- der amerikanischen Geheimdienste angefertigt radezu auf. Aber auch das ist etwas, wo ich in hat, die extrem aussagekräftig sind, sehr transpa- meiner Amtszeit jetzt eben diesen Hinweis nicht rent - mehr, als man das in Europa oder in hatte. Deutschland auch so gewohnt ist -, wo auch sehr scharf mit den Diensten und auch mit den Kom- Christian Flisek (SPD): Ich würde Sie - Sie müs- petenzen dort ins Gericht gegangen wird. Dieses sen sagen, wenn die Grenzen einer öffentlichen Privacy and Civil Liberties Oversight Board, das Vernehmung dann sozusagen überschritten wer- speziell die Antiterrormaßnahmen zu überwa- den - gerne fragen: In Ihrer Zeit, haben sich - wir chen hat, hat auch Zugang zu all diesen NSA- diskutieren ja über Whistleblower in diesem Be- und CIA- und FBI-Daten gehabt, hat das auch reich - Menschen aus verschiedenen Positionen - alles untersucht. Der Kontakt war derart, dass ich ob das jetzt bei Geheimdiensten, anderen Behör- bei der ersten Sitzung als Gast geladen war und den oder wo auch immer war - an Sie gewandt ihnen erzählte, wie wir arbeiten als Bundesdaten- und versucht, Ihnen Informationen zukommen schutzbeauftragte. Auch in der Folgezeit habe ich zu lassen? Gibt es solche Fälle oder ist da der mit den entsprechenden Mitgliedern Kontakt ge- Bundesdatenschutzbeauftragte keine Anlauf- habt. Bis heute hält das sogar noch an auf persön- stelle? licher Ebene. Ich habe das Gefühl, dass sich da einiges getan hat. Ich finde auch, dass manches - Zeuge Peter Schaar: Doch, es hat ab und zu sol- ich will jetzt die USA nicht in Schutz nehmen - che Hinweise mal gegeben, ja. Aber es gab keine

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an Kontrollmechanismen dort besser funktioniert auch drin, sodass im AEUV-Vertrag auch entspre- als bei uns. chende Regelungen sind. Großbritannien hat die Europäische Menschenrechtscharta ratifiziert, Christian Flisek (SPD): Der Ausschuss ist ja si- unterliegt also der Jurisdiktion des Europäischen cherlich auch sehr USA-fixiert, was sich auch Gerichtshofs für Menschenrechte. Da wird man ja aus der - das hatten wir am Anfang natürlich demnächst auch wahrscheinlich ein Urteil zu der auch diskutiert - relativ falschen Namensgebung Frage bekommen. als NSA-Untersuchungsausschuss - - spiegelt sich das wider. Wir sind ein Ausschuss, der die Five- Also, es ist halt sehr kritisch, weil innerhalb der Eyes-Staaten im Visier hat. Europäischen Union die Freizügigkeit des Daten- verkehrs herrscht, aber die britischen Dienste für Wie bewerten Sie denn das, was in den Medien sich in Anspruch nehmen, diese Daten freizügig über den britischen Geheimdienst berichtet wor- auszuwerten und gegebenenfalls weiterzugeben. den ist, insbesondere unter dem Aspekt, dass es Das ist zum Beispiel ein zentraler Punkt. sich hierbei um einen EU-Mitgliedsstaat handelt, der natürlich auch eine andere Einbindung in Da wären wir beim Thema Ringtausch. Es ist un- einen Rechtsbereich hat, als es beispielsweise bei bestritten, dass deutsche Stellen bestimmte Infor- den USA der Fall ist? mationen, die sie aus dem Ausland erlangen, dann eben auch an andere Dienste weitergeben. Zeuge Peter Schaar: Ich habe das natürlich zur Aber darunter sind auch Daten, die andere euro- Kenntnis genommen. Es sind nicht nur Medien- päische Bürgerinnen und Bürger betreffen, nur berichte, sondern es sind sogar die Protokolle des eben keine Deutschen oder bei uns hier Ansässi- Geheimdienst-Untersuchungsausschusses, die öf- gen. Wenn jetzt die Franzosen, die Engländer fentlich zugänglich sind aus dem britischen Par- und die Niederländer genauso verfahren, dann lament, aus dem Unterhaus - das ist alles nach- hat das ja auch ein bisschen was von Ringtausch, lesbar -, wo Vertreter des britischen Geheim- weil dann natürlich bei den Datensätzen, die die dienstes - ich zitiere das im Übrigen in meinem Engländer weitergeben, deutsche Daten dabei Buch auch - sehr deutlich gesagt haben: Wir müs- sind, während bei den deutschen Datensätzen, sen das Heufeld abernten, so breit wie möglich. die weitergegeben werden, die britischen Daten Das, was wir kriegen können, das nehmen wir mit dabei sind, die ausgefiltert werden vom uns auch. - Auch diese Zusammenarbeit mit den GCHQ, ehe sie weitergegeben werden. US-Diensten wird da überhaupt nicht in Frage gestellt. Das ist deshalb ein besonders großes Das ist ein zentrales Problem. Deshalb habe ich Problem - Sie haben das angesprochen -, weil auch immer dafür plädiert - schon sehr frühzei- Großbritannien als Mitgliedsstaat der Europäi- tig; es gibt dazu auch einen Spiegel-Online-Arti- schen Union in einem besonderen Kontakt zu kel -, da auch auf europäischen Ebene mindes- uns steht und zum Beispiel auch Telekommuni- tens eine Art gemeinsamen Standard zu finden, kationsunternehmen - ich denke hier an Voda- auch wenn das außerhalb der europäischen Ver- fone - ja britische Unternehmen sind und das in träge liegt. Europa kann sich ja trotzdem hier zu- Rede stehende Handy von Frau Merkel nach den sammenraufen. Leider hat Großbritannien das Medienberichten ja wohl auch ein solches bei harsch abgelehnt, sodass das im Augenblick diesem Betreiber war, sodass man dann sagen nicht kommt. Ich habe da auch keine Lösung muss: Wo gehen diese Daten dann jeweils immer parat. hin? Das sind immer Fragen, die sich einem auf- tun, nachdem man dann solche Berichte liest. Christian Flisek (SPD): Ihre Tätigkeit hat sich im Großbritannien hat zwar ausdrücklich für sich Wesentlichen bezogen auf Daten, die einen Per- die Geltung der Europäischen Grundrechtecharta sonenbezug haben. Jetzt würde ich noch mal ausgeschlossen. Allerdings sind in den europäi- ganz gerne auch über einen Datenbereich reden, schen Verträgen die entsprechenden Grundrechte nämlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die einen Personenbezug haben können, aber nicht

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müssen, wo ich jetzt sage: Da habe Sie ja grund- sich dann selber auf den Datenschutz berufen sätzlich auch keine Zuständigkeit. Sehen Sie bei können. der Frage - das berührt natürlich den Bereich auch einer Wirtschaftsspionage, einer möglichen Aber sie müssen geschützt werden, und ich habe Wirtschaftsspionage in dem ganzen Kontext, den ganz viele Anfrage gekriegt aus der Wirtschaft, wir zu untersuchen haben -, sehen Sie dort Not- die höchst besorgt war, dass hier ihre Betriebs- wendigkeiten, um - ich sage mal - diese Daten und Geschäftsgeheimnisse in die falschen Hände auch einer Kontrolle zuzuführen, weil der Ein- geraten. Es gibt da - - Wir haben auch sozusa- druck ja der ist, dass Unternehmen, die in der Re- gen - - Ich habe das auch im Haus bei mir damals gel durch so etwas, durch eine Maßnahme, die - - prüfen lassen, und es war schon das Ergebnis, Entweder sie realisieren es gar nicht, und wenn dass alleine das britische Nachrichtendienst- sie es realisieren, dann haben sie jedes Interesse, gesetz das Economic Well-being of the United nur nicht, das an die Öffentlichkeit zu bringen, Kingdom, also das ökonomische Wohlergehen, aus Imagegründen. Gleichwohl ist das Ganze na- als einen Zweck der geheimdienstlichen Tätig- türlich ein gravierendes Thema für einen Wirt- keit sieht. Im Prinzip wird das in den USA auch schaftsstandort Deutschland, wo viel Geld inves- nicht anders gehandhabt. Das ist nicht das tiert wird, um auch Entwicklungen dann mal ir- direkte Ausspionieren von Betriebs- und Ge- gendwann mal in Schutzrechte zu überführen schäftsgeheimnissen, um der Konkurrenz zu und Ähnliches. Sehen Sie da einen gesetzgeberi- helfen, aber dass zumindest diese Betriebs- und schen Handlungsbedarf, wenn es um den Schutz Geschäftsgeheimnisse auf diese Art und Weise in von solchen Geschäfts- und Betriebsgeheimnis- strategischen Feldern wiederum durchaus abge- sen geht? fragt werden, um dann die Interessen der jeweili- gen Staaten zu fördern, das ist ein Riesenpro- Zeuge Peter Schaar: Eher weniger einen gesetz- blem. Denken Sie an das, was über die Belgacom geberischen Handlungsbedarf als einen prakti- oder über Petrobras in Brasilien darüber berichtet schen Handlungsbedarf. Betriebs- und Geschäfts- wird, also wo da auch gezielt angefragt oder abge- geheimnisse sind ja bei uns geschützt. Soweit die hört wurde und in die Systeme eingedrungen Telekommunikation betroffen ist, beziehen sich worden ist. die Befugnisse der G-10-Kommission zum Bei- spiel auch auf Betriebs- und Geschäftsgeheim- Das sind also alles Punkte, wo man sagen muss: nisse, alle Daten, die dabei auch durch Artikel 10 Das hat was mit dem Wirtschaftsstandort Europa Grundgesetz geschützt sind. Generell genießen und dem Wirtschaftsstandort Deutschland zu auch Betriebe den Schutz von Betriebs- und Ge- tun, und da müssen entsprechende Verfahren schäftsgeheimnissen, auch wenn das jetzt nicht auch greifen. Da gibt es ja auch durchaus Über- Zuständigkeit des Bundesbeauftragten ist, weil legungen, die in diese Richtung gehen. Aber das das kein Datenschutzthema im engeren Sinne ist, sind eher faktische Dinge, weniger so rechtliche wie wir das verstehen. Aufrüstungen. Da sind wir, glaube ich, schon re- lativ gut aufgestellt, dass solche Vertraulichkeit In Österreich oder in der Schweiz ist das anders. gewährleistet wird. Zum Beispiel gehört die Ver- Da sind die gleichgestellt. Man kann darüber letzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nachdenken, ob man solch eine Gleichstellung zu den ganz wenigen Straftaten, die direkt als von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Auslandsstraftaten auch verfolgt werden. Anders von Daten juristischer Personen mit den Daten als bei Datenschutzverstößen ist es völlig egal, natürlicher Personen will, wie eben in Österreich wo diese deutschen Betriebs- und Geschäfts- oder in der Schweiz. Ich persönlich bin kein geheimnisse offenbart werden - das ist strafbar Freund dieser Vorstellung, weil diese Unterneh- nach deutschem Strafrecht. Da würde ich mir men natürlich auch selber wiederum Daten, per- eher wünschen, dass andere Straftatbestände sonenbezogene Daten, verarbeiten, und das wird auch entsprechend als internationale Straftaten dann noch schwieriger kontrollierbar, wenn sie oder Auslandsstraftaten mit definiert werden.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- sich Klagemöglichkeiten hier ergeben. Es gab hier lichen Dank. - Wir kommen damit zur nächsten verschiedene Wege, die infrage kamen, die aber Fragerunde. Es beginnt wieder die Fraktion Die alle höchst unsicher und vor allen Dingen höchst Linke. Frau Kollegin Renner. langwierig waren. Wenn man da den Klageweg beschreitet, hat das natürlich auch zur Konse- Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- quenz, dass so lange überhaupt nichts an Prüfun- zender. - Herr Schaar, ich würde gerne noch mal gen mehr möglich ist. Das muss man einfach se- auf den Juli 2013 zu sprechen kommen. Sie ha- hen, dass das de facto die Prüfmöglichkeiten be- ben die Ministerien und die Behörden ange- einträchtigt, sodass ich die Entscheidung getrof- schrieben und um Stellungnahme gebeten. Nach fen habe dann, diesen Klageweg, der durchaus unseren Unterlagen haben das BMI und das BfV möglich erschien, den verwaltungsrechtlichen eben nicht zügig geantwortet. Ja, man könnte das Klageweg, nicht zu beschreiten, sondern darauf auch als mangelnde Mitwirkung bezeichnen. Sie zu dringen, dass das dann gegebene Gesprächs- haben das beanstandet, und das BMI hat dann angebot des BMI - - Herr Fritsche hat entspre- die Beanstandung zurückgewiesen. chend das dann gegeben. Da gab es dann auch noch ein Missverständnis, dass dieses Gesprächs- Zeuge Peter Schaar: Ja. angebot wohl schon drin war in irgendeinem Schreiben, das er absenden wollte. Aber es war Martina Renner (DIE LINKE): Dann wird in unse- leider nur ein Entwurf, und es ist nie an mich ren Akten ein bisschen darüber diskutiert, was herausgegangen. Dann hat er, nachdem ich be- denn das jetzt für eine Folge hat, ob denn da anstandet hatte, mich sehr, sehr, sehr harsch an- auch noch eine Klage kommt und Ähnliches. Für gegangen in einem Antwortschreiben. Ich hätte uns ist nicht so ganz klar: Was ist aus dieser Be- doch ein Gesprächsangebot. Wieso kritisiere ich anstandung geworden? Hat sich das dann alles das BMI so hart? Dann musste er sich von seinen geklärt? Das BfV war dann doch irgendwann zu- Mitarbeitern sagen lassen, dieses Gesprächsange- gänglich, das BMI - - Wie war der weitere Gang? bot ist nie rausgegangen. Das war dann natürlich ein bisschen peinlich. Zeuge Peter Schaar: Ich kann das noch mal schil- dern. Wir haben ja diese Anfragen gestellt. Sie Aber das ist jetzt auch nicht der entscheidende wurden erst mal völlig unbeantwortet gelassen. Punkt. Es hat diese Gespräche dann gegeben. Es Dann kam irgendwann die Nachfrage, ob wir hat die Prüfungen gegeben. Sie haben stattgefun- denn im Auftrag der G-10-Kommission tätig den. Insofern ist das dann doch so ein bisschen seien. Da habe ich gesagt, da müssten sie sich bei wieder in die Bahnen gekommen. der G-10-Kommission erkundigen. Das war aber in dem Falle nicht gegeben. Dann kam dieser Martina Renner (DIE LINKE): Dann gibt es diese Hinweis, dass praktisch entsprechende Informa- zweite Komponente. Sie haben einen Teil der tionen nicht herausgegeben werden dürften aus Telekommunikationsanbieter angeschrieben mit G-10-Gründen, weil sie alle G 10 betreffen. Auch Fragen. nach meiner Beanstandung hat ja die Bundes- regierung - namentlich das Bundesinnenministe- Zeuge Peter Schaar: Ja. rium - gesagt, das ginge mich alles nichts an. Es gibt da ein Protokoll der Bundespressekonferenz Martina Renner (DIE LINKE): Da gibt es auch die mit dem damaligen Pressesprecher Streiter, der Antwortschreiben. Die liegen uns auch vor. das im Namen der Bundesregierung auch er- klärte. Das sei rechtmäßig gewesen, diese Zurück- Nun, zu dem Zeitpunkt war zum Beispiel nicht weisung. das bekannt, über was wir heute reden, dass zum Beispiel - zumindest nach unserer Kenntnis - Das Problem ist normalerweise, dass damit das zwei Telekommunikationsanbieter auch zu Da- Pulver verschossen ist für uns. Ich habe natürlich tenerfassungen verpflichtet wurden durch den die Frage geprüft oder prüfen lassen, inwieweit BND, an deren Ende die Daten an die NSA bzw.

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CIA ausgeleitet werden sollten. Wie bewerten Sie Martina Renner (DIE LINKE): Okay, dann wollen denn heute diese Auskünfte der Telekommunika- wir da, wenn Sie - - tionsanbieter, wenn Sie die noch mal Revue pas- sieren lassen, vor dem Hintergrund dessen, was Zeuge Peter Schaar: Da kann ich jetzt nichts zu man jetzt weiß? Sie kennen die letzten Snowden- sagen. Nein, ich glaube, wir waren gar nicht bei Dokumente, Vodafone usw. der Telekom gewesen.

Zeuge Peter Schaar: Ich kann dazu insofern nicht Martina Renner (DIE LINKE): Und es gab noch wirklich sehr detailliert etwas sagen, weil ich eine zweite Komponente. Es gab diesen Brief, diese Schreiben nicht mehr en détail mir ange- und dann gab es einen Jour fixe mit den Tele- schaut hatte. Das ist schon so lange her, wie diese kom-Anbietern, wo man noch mal bestimmte Schreiben damals selber gewesen sind, also an- Fragen vertieft hat. derthalb Jahre. Ich habe sie allerdings - und das habe ich mir noch mal bestätigen lassen von dem Zeuge Peter Schaar: Ja. Fachreferat der BfDI - so in Erinnerung gehabt, dass alle diese Unternehmen geantwortet haben: Martina Renner (DIE LINKE): Waren Sie dort Wir halten uns an deutsches Recht. Wir führen Teilnehmer dieser Runde? natürlich G-10-Maßnahmen durch. Darüber hin- aus passiert aber nichts. An US-Dienste oder an Zeuge Peter Schaar: Persönlich nicht, nein. andere ausländische Dienste geben wir nichts. Soweit unsere Töchter- oder Muttergesellschaf- Martina Renner (DIE LINKE): Aber wissen Sie ten, die sich im Ausland befinden, betroffen sind, noch was zu den Ergebnissen, die möglicher- bäten sie darum um Verständnis, dass sie darüber weise über die Briefe hinausgehen, aus dieser keine Auskunft geben dürften, was auch nach Jour-fixe-Runde? Da ging es um Routing-Verfah- den dortigen Rechtssystemen - USA, Groß- ren und so etwas. britannien - so zutrifft. Zeuge Peter Schaar: Ja, das war jetzt aber etwas Insofern ist es leider so gewesen, dass wir da ir- anderes. Da ging es ja um die Frage, wie man gendwo dann vor der Tür standen. Es haben auch gegebenenfalls das Routing anders gestalten dann gleichwohl Prüfungen stattgefunden. Die kann. Das ist sozusagen ja dann ein ganz anderer Mitarbeiter sind vor Ort gegangen bei verschiede- Punkt. Das hat mich natürlich sehr interessiert. nen Telekommunikationsanbietern, haben aber Da ging es ja um die Frage, ob man dazu beitra- letztlich dort auch nichts richtig Handfestes fest- gen kann, dass bestimmte Datenpakete gar nicht stellen können, bis auf die doch wiederum Aus- Deutschland oder Europa verlassen. Genau da- sagen, da sei dann doch - - man würde auf keinen rum ging es. Da wurden eben auch unterschied- Fall irgendwelche Datenabflüsse größeren Um- liche Positionen sichtbar. Aber grundsätzlich fangs festgestellt haben. Das war so ein wichtiger wurde gesagt, man kann das machen - technisch Punkt, der von einem der großen Betreiber auch ist das möglich -, aber es kostet mehr. Das ist jetzt gekommen ist. mal auf den Punkt gebracht.

Martina Renner (DIE LINKE): Das ist natürlich Und dann wurde natürlich lange darüber auch ein Detail - ich weiß nicht, ob Sie sich daran erin- darüber diskutiert, inwieweit das von den Ge- nern -, aber wissen Sie, ob man bei diesen Kon- schäftsmodellen her überhaupt vernünftig ist. Ich trollbesuchen bei der Telekom auch die Räume bin auch der Auffassung, dass diese Routing- des BND gezeigt hat? aspekte nur von sehr begrenzter Bedeutung sind. Da muss man sehr viel mehr technischen Schutz Zeuge Peter Schaar: Ich bin nicht mal sicher, ob machen. Da ist man dann aber relativ schnell bei wir die Telekom seinerzeit überprüft haben. Da der Lokalisierung von Datenbeständen. Da würde bin ich jetzt nicht - - ich dann sagen, da spielt es wieder eine Rolle. Diese Cloud-Services sind natürlich etwas, was

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sehr risikobehaftet ist, und wenn der Cloud-Ser- Es geht um das Thema G-10-Filterung. Wie weit ver in den USA steht und die deutschen Daten ist Ihnen das bekannt, sprich: die Frage, dass Da- dort draufliegen und praktisch nicht wirklich ge- ten, die hereinkommen, dann gefiltert werden, schützt sind, dann ist das im Hinblick auf perso- sodass sie G-10-bereinigt sind? nenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäfts- geheimnisse sehr kritisch. Also, insofern geht die Zeuge Peter Schaar: Wie Sie ja wissen, bin ich Diskussion ja bis heute weiter. Ich bin kein gro- für die Behandlung der G-10-Maßnahmen nicht ßer Fan der Balkanisierung des Internets, wie zuständig. Aber natürlich lese ich das, was die man so schön sagt, aber dieses Gesamtsystem des Bundesregierung sagt und was Vertreter der Be- Routings und auch der Datenübermittlung muss hörden auch öffentlich bekannt geben, und in natürlich überprüft werden auch im Hinblick auf dem Zusammenhang ist ja immer von einem ge- Verschlüsselung und bestimmte Möglichkeiten, stuften Filterverfahren die Rede. Eines ist klar: auch so einen Datenabfluss zu verhindern. Bei dem paketvermittelten Verkehr, den wir heute haben, ist es niemals zu 100 Prozent mög- Martina Renner (DIE LINKE): Sie sagten, es gab lich, die G-10-Verkehre von sonstigen Verkehren zum Teil das Problem, dass es deutsche Töchter zu trennen, zumal offensichtlich überhaupt die von internationalen Konzernen waren und dann Frage, was ein G-10-Verkehr ist, ja noch sehr un- natürlich bestimmte Verschwiegenheitsklauseln terschiedlich behandelt wird, Stichwort Transit. greifen usw. usf. Würden Sie sagen, das muss man thematisieren als Problem? Insofern: Die Filterung der deutschen Grund- rechtsträger wird dort offensichtlich versucht. Zeuge Peter Schaar: Ja, und zwar deshalb, weil Mit welchem Erfolg, kann ich nicht sagen. Da natürlich der Datenschutz insgesamt als System haben Sie einen anderen Zugang als ich. Dass es zu sehen ist, wo, wenn irgendwo ein Abfluss der versucht wird, das ist klar. Ich weiß auch, dass Daten stattfindet - und sei das im Ausland -, da- das in anderen Ländern nicht anders ist, dass mit das Gesamtsystem undicht wird. Also muss man die eigenen Daten vor Datenweitergabe ver- praktisch das auch rechtlich nachgeführt werden. sucht herauszufiltern oder die Daten zumindest Da gibt es mittlerweile im Übrigen auch einen zu trennen und sie dann einer unterschiedlichen Vorschlag des Europäischen Parlaments im Rah- Behandlung zu unterziehen. Aber da gibt es na- men der Reform oder der Schaffung einer Daten- türlich niemals eine 100-Prozent-Lösung, und da schutzgrundverordnung, der genau das zum gibt es immer einen bestimmten Bereich, wo man Thema hat. Die Bundesregierung hat meines Wis- nicht weiterkommt. Denken Sie insbesondere an sens einen vergleichbaren Vorschlag im Rat ein- deutsche Grundrechtsträger, die bei amerikani- gebracht, sodass ich davon ausgehe, dass es gute schen Dienstleistern irgendwelche Accounts ha- Chancen gibt, da eine Regelung zu bekommen, ben. Schon zu erkennen, dass das deutsche die ganz klar sagt: Solche Datenabflüsse darf es Grundrechtsträger sind, die da per Skype telefo- nicht geben. Sonst dürfen die Daten eben nicht in nieren, das ist schon ziemlich hartes Brot, glaube die entsprechenden Länder transferiert werden. ich. Wie soll das funktionieren? Ich bin da nicht Das finde ich einen interessanten Ansatz. Was ganz sicher, ob das klappen kann. Eigentlich bin daraus wird, das muss man allerdings abwarten. ich sicher, dass es nicht zu 100 Prozent klappen kann. Man wird sicherlich anhand der Domain- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen kennung, anhand bestimmter Netzsegmente, be- Dank. Wir wären mit der Zeit der Fraktion Die stimmter IP-Adressen mehr oder minder zu einer Linke jetzt auch um und kämen zur Fraktion der Ausfilterung kommen. Dass das aber nicht, sage CDU/CSU. Da hätte nur ich eine Frage, vielleicht ich mal, zu 100 Prozent funktionieren kann, das auch zwei. wird Ihnen jeder Fachmann, glaube ich, auch be- stätigen.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Bezüglich der drin. Das ist natürlich ein zentraler Punkt. Des- Kontrolle müssten wir dann bei der G-10-Kom- halb denke ich auch, dass man in einem größeren mission selber nachfragen. Rahmen - europaweit, vielleicht eben auch welt- weit - zu mehr kohärenten Schutzsystemen fin- Zeuge Peter Schaar: Das würde ich auch so sa- den muss - denken Sie an Artikel 12 der Allge- gen. Das ist niemals meine Kontrollkompetenz meinen Erklärung der Menschenrechte, an Arti- gewesen. Das ist, sage ich mal, ein persönliches kel 8 der Grundrechtecharta und auch Artikel 8 Interesse, was da stattfindet. Aber ich kann da der Europäischen Charta für Menschenrechte nichts en détail sagen. oder Zivilrechtspakt -, also dass man auf dieser Ebene weitergeht. Aber von zentraler strategi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen scher Bedeutung sind für mich einerseits die Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Bündnis Europäische Union und zweitens die Beziehung 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz mit weite- zu den Vereinigten Staaten. Da muss man weiter ren Fragen. daran arbeiten, zu einer Lösung zu kommen, wo wir einen gleichmäßigen Grundrechtsschutz aller Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haben, die da in diesem Rechtsraum oder in die- NEN): Ich würde gerne noch mal daran anknüp- sen Rechtsräumen sich bewegen. fen im Hinblick auf diese Problematik, dass eigentlich diese Kommunikationsstruktur Inter- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- net auf die alte Denke sozusagen nationaler und NEN): Zumindest zwischen den Rechtsstaaten internationaler Verkehre nicht mehr richtig passt. dieser Welt. Ist es nicht so, dass es dann faktisch zu einer Um- gehung der G-10-Bestimmungen kommt, wenn Zeuge Peter Schaar: Ja. Wir werden nicht Nord- eben deutsche Kommunikation bei ausländi- korea, China oder den Iran dazu bringen können. schen Unternehmen dort abgegriffen werden Aber auch bei den Vereinigten Staaten und Groß- kann - britannien ist es leider nicht ganz einfach.

Zeuge Peter Schaar: Ja. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, das ist wohl wahr. - Genau, und spielt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- das nicht auch eine Rolle im Hinblick auf - Sie NEN): - und im Zweifel auch ausgetauscht wer- haben das vorhin so angedeutet, aber ich würde den kann? es gerne noch mal explizit hören - bestimmte Re- gelungen, die das deutsche Datenschutzrecht Zeuge Peter Schaar: Ja. ganz besonders vorhält, wie zum Beispiel den Schutz der Daten von Minderjährigen? Ist das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht eigentlich ein strukturelles Defizit? Ich sage NEN): Führt das nicht zu einem faktischen Leer- auch mal, warum ich das so konkret frage. Sie ha- laufen dieser Bestimmungen? ben ja am 15.11.2013 die Bundesregierung unter- richtet und diese bessere Geheimdienstkontrolle Zeuge Peter Schaar: Das ist richtig, dass in dem in dieser Problematik angemahnt wegen dieser Moment, wo ausländische Stellen aufgrund der Dinge. Ist denn nach Ihrer Kenntnisnahme seit jeweiligen nationalen Rechtsordnung diese Daten dieser Zeit - das ist über ein Jahr her - etwas pas- quasi zur Kenntnis nehmen, vielleicht auch mit siert, dass diese Probleme, die Sie in diesem der Begründung, die in Deutschland ja auch Schreiben vom 15.11.2013 gegenüber der Bun- nicht unbekannt zu sein scheint, das seien ja nur desregierung angesprochen haben - - die geholfen Transitverkehre, die nicht entsprechend ge- haben, diese Probleme abzustellen? schützt sind durch nationales Recht, und wenn diese Daten dann weitergeleitet werden, dann Zeuge Peter Schaar: Da fällt mir die Antwort ein sind wir in diesem Ringtauschthema wieder mit bisschen schwer, weil ich natürlich nicht alle

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Schritte kenne, die die Bundesregierung unter- Eindruck, dass im Hinblick auf diese Geheim- nommen hat. Manches ist öffentlich geworden, dienstkontrolle, im Hinblick auf den BND und anderes nicht. In Sachen Minderjährigenschutz vielleicht auch das BfV angesichts dieser techni- sicherlich nicht. Es gab einen Schritt, der öffent- schen Entwicklung der letzten Jahre so etwas wie lich kaum wahrgenommen wurde, aber öffentlich ein toter Winkel, ein blinder Fleck besteht? bekannt ist und im Internet auch entsprechend die Information verfügbar ist. Das sind die neuen Zeuge Peter Schaar: Ich sehe, dass die Geheim- Vergaberegeln der Bundesregierung, die entspre- dienstkontrolle wie im Übrigen auch die Daten- chende Non-Disclosure Clauses enthalten, also schutzkontrolle durch die immer komplexeren Regeln, wonach verboten ist, dass Unternehmen, technischen Zusammenhänge immer schwieriger die mit Bundesdienststellen Kontrakte machen, werden. Wir bräuchten so etwas auch wie eine Daten an ausländische Dienste oder ausländische koordinierte Nachrichtendienstkontrolle, die Sicherheitsbehörden weitergeben. nicht nur auf nationaler Ebene stattfindet. Das ist aber extrem kompliziert. Das wäre natürlich jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eher so die Wunschvorstellung. Ein allererster NEN): Also beim Selbstschutz nicht schlecht, - Schritt könnte zumindest sein, dass man sich hier stärker austauscht vonseiten der entspre- Zeuge Peter Schaar: Da ist es gut. chenden Gremien. Es gibt ja wohl auch ansatz- weise solch einen Austausch schon, aber nur Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sehr ansatzweise. Das wäre zumindest ein Weg, NEN): - aber beim Schutz der Bürgerrechte bisher wie man da vorankommen könnte. nicht so. Und ich hatte ja dieses Thema gemeinsamer Zeuge Peter Schaar: Ich finde, das muss allge- Standard in Europa erwähnt. Das wäre zumindest meines Recht werden. Ich hatte ja schon die Da- gut. Die Bundesregierung hat das ja mal No-Spy- tenschutzverordnung angesprochen. Das wäre Abkommen genannt. Wenn man das mal ein biss- das im Grunde, sozusagen die Weiterentwick- chen weiter fasst, dann ist man da sicherlich auf lung. Ich rate Unternehmen, dass sie auch bei einer richtigen Schiene. Nur braucht man dann ihren Beschaffungen - - Deutschen Unternehmen natürlich auch noch Partner, die das auch mitma- rate ich, dass sie auch bei ihren Beschaffungsent- chen, und ich sehe genau hier ein Problem, nicht scheidungen vergleichbare Klauseln einbauen. nur mit den USA, sondern auch mit europäi- Das kann man ja, das ist ja einfaches Vertrags- schen Staaten. recht. Die können das in den Vertrag reinschrei- ben, und wenn die Marktverhältnisse so sind, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann kann man da gegebenenfalls was bewegen. NEN): Ja, zumal man auf den Gedanken kommen Auf der anderen Seite finde ich es auch richtig, kann, ob die Bundesregierung selbst ein solches dass man bestimmte Sicherheitstechnologien in No-Spy-Abkommen mit anderen Ländern auch Deutschland und in Europa fördert. Das ist rich- unterschreiben könnte bei dem, was heute statt- tig; das ist gut. Es gibt durchaus ein paar neue findet. Da kann man lange Diskussionen drüber Ansatzpunkte, die ich positiv sehe. Ansonsten führen. hoffe ich natürlich darauf, dass die Mechanismen der Nachrichtendienstkontrolle und auch der Da- Ich habe noch eine Frage. Herr Schaar, haben Sie tenweitergabe aus diesen Bereichen auch opti- sich für diesen Termin hier heute, um mit uns miert werden, also dass das besser wird. Da sehe über diese Dinge zu sprechen, mit dem BMI vor- ich aber im Augenblick noch nicht die Gesetzes- her abgesprochen? initiativen. Zeuge Peter Schaar: Nein. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und würden Sie mir zustimmen bei dem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Warum eigentlich nicht?

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Zeuge Peter Schaar: Warum sollte ich? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gab eine Berichterstattung darüber. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann wäre die Zusatzfrage jetzt aber auch um, - Zeuge Peter Schaar: Ich bin ja hier als ehemaliger unabhängiger Datenschutzbeauftragter geladen, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und ich habe keine Verpflichtung. Das BMI hat NEN): Bitte? auch keine solchen Versuche gemacht. Ich habe die Aussagegenehmigung bekommen vom BMI, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - weil die die Ihnen vorliegt. Das Problem der Aussage- Zeit um ist. genehmigung ist natürlich auch, dass es einen Eingriff in die Unabhängigkeit des Datenschutz- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- beauftragten darstellt. Dementsprechend soll ja NEN): Sie haben eben so souverän genickt, als auch das Bundesdatenschutzgesetz geändert wer- ich gefragt habe, ob ich noch fragen darf. den oder ist gerade jetzt in der Änderung begrif- fen. Aber das habe ich jetzt nicht hier zum gro- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mache ich ja ßen Thema - - würde ich jetzt nicht zum großen relativ oft. Thema machen. Es hat ja keinen Versuch gege- ben, mich zu beeinflussen. Aber ich habe mich Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- allerdings eben sachkundig gemacht in der NEN): Ja, eben. Dienststelle des Bundesdatenschutzbeauftragten. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das heißt ja Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht, dass ich dreimal souverän nicke. NEN): Ja. Ich frage auch nicht nach, um das jetzt hier zu politisieren. Aber wir denken ja tatsäch- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich darüber nach, wie man zukünftig den Daten- NEN): Na gut. schutz und die Geheimdienstkontrolle stärken kann. Da ist das ja eine der wesentlichen Geset- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das ist ein zesinitiativen, die in letzter Zeit da auf den Weg neuer Themenkomplex. Da bietet es sich ja viel- gebracht worden sind. Und uns erscheint es so, leicht in der nächsten Fragerunde an, zu „Glo“ - als wäre die Verpflichtung eines unabhängigen wie auch immer - noch mal nachzufragen. Herz- Datenschutzbeauftragten, sich vorher mit einer lichen Dank. Behörde abstimmen zu müssen, die nun einen gewissen Interessenkonflikt in diesem Bereich Dann kommen wir jetzt zur Fraktion der SPD mit hat, doch eher kontraproduktiv. Deswegen habe weiteren Fragen. Herr Kollege Flisek. ich das noch mal angesprochen. Christian Flisek (SPD): Wir haben in dieser Vielleicht habe ich noch eine Minute. Dann Runde keine weiteren Fragen. würde ich Sie fragen, ob Sie schon mal was von dem Projekt „Glo“ gehört haben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dank. - Dann kommen wir zur nächsten Frage- Zeuge Peter Schaar: Wie? Ich habe - - runde und beginnen wieder mit der Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Renner. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): „Glo“. Nicht Klo, sondern „Glo“, G-L-O. Martina Renner (DIE LINKE): Herr Schaar, ich habe noch zwei Fragen. Im Juni 2013 schreibt Zeuge Peter Schaar: Nein, tut mir leid. Höre ich Ihnen der IT-Beauftragte der Bundesregierung, zum ersten Mal. Herr Landvogt, eine E-Mail. Da geht es um - -

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Zeuge Peter Schaar: Dieser IT-Beauftragte der schon Bescheid. Traue keinem eigentlich, und Bundesregierung, der ist der Referatsleiter für denen schon gar nicht! - So habe ich das verstan- Informationstechnik in meinem Haus gewesen. den. Ich fand das schon ziemlich weitgehend, wobei - natürlich! -: Immer wieder solche Hin- Martina Renner (DIE LINKE): Ah, okay. Sehen weise gab es, also von diesen Whistleblowern. Es Sie! Gut. - Er schreibt: Thema NSA, GCHQ, gibt diese sehr guten, sehr lesenswerten Bücher Prism, das ist doch alles nicht neu. Wir wissen von James Bamford über die NSA, wo auch viele doch seit 96 - Aufbau Regierungsnetz -, dass bei dieser Fakten, die dort jetzt ganz, ganz neu ver- eingesetzter Hardware aus den USA möglicher- kauft wurden, alle auch nachlesbar waren. Ich weise Backdoors eingebaut waren bei den Rou- hatte mal das interessante Erlebnis, Spitzenver- tern usw. Also verwundern tut uns das alles treter unserer Nachrichtendienste zu fragen, ob nicht. Dasselbe gilt für Betriebssysteme, Ver- sie denn wirklich überrascht seien über be- schlüsselungstechnologie. Das ist doch - wissen stimmte Programme, weil man das doch im Buch wir - von NSA möglicherweise kompromittiert. - nachlesen könnte. Da war eher großes Erstaunen, Er schreibt das relativ souverän, als wäre das je- dass das alles schon so veröffentlicht war. Also dem klar. Und er schreibt auch: Man hat ja dann es war wahrscheinlich vieles schon bekannt, oder auch bestimmte Konsequenzen gezogen in Aus- es war vieles bekannt, aber nicht allen und nicht schreibungsverfahren, wo man dann versucht allen, die das hätten wissen müssen. Aber ich hat, auf bestimmte Technik zu verzichten usw. - fand diese E-Mail schon sehr akzentuiert. Das Wie klar war das eigentlich, dass die NSA zum war auch Gegenstand von persönlichen Gesprä- Beispiel Hardware kompromittiert, Software ma- chen, die ich dann mit Herrn Hange, dem Leiter nipuliert? des BSI, geführt habe, wo wir uns absolut auch einig waren, dass das Thema Priorität hat. Zeuge Peter Schaar: Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Mail. Ich habe sie jetzt nicht noch Martina Renner (DIE LINKE): Wir hatten ja zu- mal neu gesehen; aber genau an diese Mail erin- letzt auch eine Spiegel-Veröffentlichung. In der nere ich mich noch sehr gut, weil ich mich da- ging es, glaube ich, darum, dass man schon früh- rüber gewundert habe. zeitig auch bei Diensten in der Bundesrepublik erkannt hat, dass bei Videokameratechnologie Martina Renner (DIE LINKE): Ja, ich auch. möglicherweise auch Manipulationen vorgenom- men wurden. Zeuge Peter Schaar: Ich habe gedacht, das ist ja ein Ding: Sie wissen davon, dass da überall in Zeuge Peter Schaar: Kenne ich jetzt nicht, aber - - den Routern irgendwelche Backdoors drin sind, und wir machen da gar nichts. Martina Renner (DIE LINKE): Aber hatten Sie mal Gespräche jetzt mit BND und BfV, wo man Martina Renner (DIE LINKE): Er schreibt ja auch Sie darauf aufmerksam gemacht hat: „Wir haben die Marken usw. dann rein. Erkenntnisse, dass möglicherweise hier versucht wird, deutschen Behörden Technik unterzu- Zeuge Peter Schaar: Ja, ja. Das fand ich schon - - jubeln“ - nenne ich es jetzt mal -, „die noch mehr Also, ich fand das ziemlich mutig. Mir persön- kann, als sie soll“? lich war das in dieser Drastik so nicht unterge- kommen. Es gab immer wieder diese Behauptun- Zeuge Peter Schaar: Ich habe natürlich mit Ver- gen. Es gab aber immer wieder auch leider nicht tretern, also Spitzenvertretern, der Dienste ge- die entsprechenden Nachweise. Viele nahmen es sprochen, die mir dann durchaus sagten: Wir ha- an, aber dann muss man Butter bei die Fische tun ben unseren Blick geändert. - Da war ja dann sozusagen: Was ist es dann? auch gesagt, wir würden - - Von einem sogenann- ten 360-Grad-Blick war da mal die Rede. Das war Ich habe das so verstanden, dass dort gesagt wird: wohl dann schon klar. Aber so konkret, wo jetzt Unter uns IT-Töchtern sozusagen, wir wissen

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was ist, das war nicht mir bekannt, allerdings un- das stimmt; ich habe da ja mitgemacht - für die ter der Hand. Das war jetzt nicht Gesprächsgegen- Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz stand, jedenfalls nicht mit Nachrichtendiensten; und Ähnliches, und da sind auch Kompetenzen mit dem BSI war ich allerdings in einem inten- geschaffen worden, also sowohl Informations- siven Austausch genau über solche Fragen. pflichten als auch sogar Mitwirkungspflichten für die G-10-Kommission, auch für das PKGr, also Wir haben uns dann auch natürlich darüber Ge- insbesondere beim Abfragen von Informationen danken gemacht, wie man solche Situationen von Bankinstituten zum Beispiel. verändern kann. Eine Änderung ist ja durch die neuen Ausschreibungsbedingungen gekommen; Zeuge Peter Schaar: Ja. aber das reicht natürlich überhaupt nicht aus, sondern es muss entsprechend auch sichere Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Technik entwickelt werden. Da muss aber dann NEN): Sie haben dann gesagt: Deshalb hatten wir auch Geld in die Hand genommen werden. Das da nichts mehr mit zu tun, weil jetzt die G-10- ist das Problem. Kommission da ja berufen war. - Heißt das, dass, wenn wir jetzt als Gesetzgeber in so ein Gesetz Martina Renner (DIE LINKE): Ein zweiter Vor- reinschreiben, da muss es eine Genehmigung ge- gang, auch ein ganz konkreter: Am 09.09.2013 ben jetzt für einzelne Maßnahmen der G-10-Kom- schrieb der Spiegel über ein „Projekt 6“, das den mission, Sie dann sagen, insgesamt beschäftigen Bundesnach- - Sie sich mit den Problematiken, die trotzdem na- türlich weit über das hinaus, dass jetzt für eine Zeuge Peter Schaar: Das habe ich vorhin indirekt Einzelanordnung eine Genehmigung vorliegen erwähnt als das Projekt, wo keine Dateimeldung muss oder eine Zustimmung des - - dass Sie sa- mir erinnerlich ist. gen, dann schließt das die Befassung des Daten- schutzbeauftragten aus, ist sogar eine ausschließ- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Wissen Sie, was liche Zuständigkeit dann? Habe ich das so richtig daraus geworden ist? Sie hatten damals Prüfun- verstanden, und haben Sie das dann so prakti- gen angekündigt in diesem Artikel. ziert? Das war ja eine ganze Reihe von Gesetzen. Das war ja nur ein Beispiel. Zeuge Peter Schaar: Ja, wir haben das geprüft. Das ist jetzt kein Geheimnis. Das war dann gege- Zeuge Peter Schaar: Leider ist das so. Das ergibt benenfalls - - Das war dann schon wieder be- sich aus § 24 Absatz 2 Bundesdatenschutzgesetz: endet, und entsprechende Dateien waren dann Personenbezogene Daten, die der Kontrolle durch gelöscht. die Kommission nach § 15 des Artikel 10-Geset- zes unterliegen, unterliegen nicht der Kontrolle Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Danke. durch den Bundesbeauftragten.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lichen Dank. - Wenn ich das richtig verstanden NEN): Ja, aber - habe, hat die Fraktion der CDU/CSU derzeit keine Fragen. Dann kommen wir wieder zur Zeuge Peter Schaar: Ja, und das - - Jetzt gestatten Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Sie mir noch mal - - Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - die unterliegen der Kontrolle der G-10- NEN): Danke. - Ich habe drei Fragen noch. Das Kommission, wenn die - Erste bezieht sich auf eine Äußerung, die Sie vor- hin auch gemacht haben in Bezug auf die Anti- Zeuge Peter Schaar: Halt! Darf ich? terrorgesetze 2003 und so. Da haben Sie gesagt, da sind ja auch Regelungen getroffen worden -

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Geschäftsordnung der Bundesregierung noch NEN): - für den einen Fall, dass dann - - richtig in Erinnerung habe, müssten solche gra- vierenden Entscheidungen mit solchen recht- Zeuge Peter Schaar: Ja, ich muss jetzt - - Jetzt lichen Konsequenzen auch dem Bundesdaten- muss ich allerdings konkret werden. Ich habe Sie schutzbeauftragten mitgeteilt werden. Das ist auch darauf hingewiesen seinerzeit, als diese Ge- jetzt - - Die Geschäftsordnung der Bundesregie- setze entsprechend geschaffen wurden, und es ist rung ist jetzt - - das ist keine Rechtsvorschrift, leider nicht berücksichtigt worden, dieser Ein- aber es ist jedenfalls etwas, was zumindest von wand. daher sicherlich hätte mitgeteilt werden müssen. Es gibt keine gesetzliche Informations- - pro- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aktive Informationsverpflichtung. Es gibt eine Be- NEN): Also, Sie vertreten die Auffassung, Sie ratungspflicht des Bundesbeauftragten gegenüber sind dann gar nicht mehr zuständig für das ganze der Bundesregierung und dem Bundestag, aber es Gesetz? gibt insofern keine gesetzliche Verpflichtung, den Bundesbeauftragten über alles in Kenntnis zu set- Zeuge Peter Schaar: Das steht im Gesetz. Das zen. Das ergibt sich aus meiner Sicht nur aus der, mag man bedauern; aber ich habe immer darauf sage ich mal, in der Normenhierarchie weit unten hingewiesen, dass diese gutgemeinte Zuständig- stehenden Geschäftsordnung der Bundes- keitszuordnung zur G-10-Kommission zum Aus- regierung. schluss der datenschutzrechtlichen Prüfkompe- tenz wird. Ja, so ist es. Aber darauf ich auch wie- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- derholt hingewiesen. Also nur insofern - - Nur NEN): Und jetzt meine - vorläufig jedenfalls - ab- das ist - - Leider ist es so, ja. Es war - - Zwischen- schließende Frage. Sie haben vorhin Überlegun- zeitlich ist das geändert worden. Dann ist es wie- gen angestellt, was man tun müsse in der Zu- der zurückgeändert worden. Jetzt ist wieder lei- kunft, um dieser Internationalisierung, Europäi- der dieser etwas unangenehme Zustand da. sierung oder weit darüber hinausgehenden Arbeit der Dienste, auch des Datenverkehrs, des Ab- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schöpfens des Datenverkehrs usw. - - Jetzt habe NEN): Und der zweite Punkt: Wir haben ja jetzt ich eine Frage. Wir haben ja immer wieder auch schon über „Eikonal“ gesprochen, und es gibt ja Kontakt, genau wie Sie ja auch - wir, das heißt noch so eine andere vertragliche Vereinbarung, das Parlamentarische Kontrollgremium -, mit jetzt nicht zwischen Telekom und BND, sondern ausländischen Kontrolleuren auch, also aus den zwischen BND und - das stand ja auch alles in Niederlanden, Polen, weiß ich was. Halten Sie es der Zeitung - dem US-Dienst NSA. Wenn so was für möglich, dass man auf europäischer Ebene, gemacht wird, eine vertragliche Vereinbarung, se- also erst mal vielleicht sogar auch auf europäi- hen Sie das als einen Fall der Bringschuld an, scher Ebene mal ein No-Spy-Abkommen ab- dass Sie davon informiert werden, insbesondere schließt - wenn man nicht sagt, das folgt ohnehin wenn in solchen Verträgen, jetzt auch internatio- aus den europäischen Verträgen; die Auffassung nalen Verträgen, zwischen Diensten was über die kann man ja vertreten - und dass jetzt die ver- Anwendung deutscher Gesetze oder jeweilige schiedenen Kontrollgremien nicht nur sich mal Anwendung der Landesgesetze steht? informieren - „Wir haben da so ein Problem; viel- leicht habt ihr das auch, oder ihr seid da auch Zeuge Peter Schaar: Ich kann auf den konkreten beteiligt“ -, sondern dass man eine Institution Fall aus naheliegenden Gründen hier nichts sa- schafft - gerade Sie kennen sich ja im europäi- gen, aber ich sage es mal abstrakt: Wenn ein deut- schen Raum auch aus; ich rede mal jetzt nicht scher Nachrichtendienst ein Abkommen mit aus- von den USA -, dass man so was schafft, ein ge- ländischen Diensten trifft, auf dessen Grundlage meinsames Gremium oder eine gemeinsame An- personenbezogene Daten übermittelt werden, laufstelle, einen Beauftragten oder so was? dann ist das natürlich eine erhebliche daten- schutzrelevante Entscheidung. Und wenn ich die

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Zeuge Peter Schaar: Ich denke, dass es hier Mög- Mitgliedsstaaten Unterstützung für solche Ideen. lichkeiten gibt; aber diese Möglichkeiten werden Das ist dann aber - - Davon habe ich aber dann sich im Zweifel nicht aus den europäischen Ver- sehr schnell nichts mehr gehört, sodass ich da trägen herleiten lassen. Das heißt, es gibt keine eher ein bisschen skeptisch im Augenblick bin. primäre Zuständigkeit der Europäischen Union für die Geheimdienstkontrolle und auch für die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Aktivitäten von Geheimdiensten. Das ist explizit Dank. - Wir wären jetzt mit der Zeit um und kom- ausgenommen. Das ist die sogenannte nationale men zur Fraktion der SPD. - Dort gibt es keine Sicherheit. Das ist nicht nur im sekundären EU- weiteren Fragen. Recht, sondern im primären EU-Recht ausdrück- lich ausgenommen, und darauf berufen sich die Dann kommen wir in einer neuen Fragerunde zur Mitgliedstaaten auch. Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Renner.

Allerdings kann man im Rahmen eines völker- Martina Renner (DIE LINKE): Ich will noch mal rechtlichen Vertrages selbstverständlich so etwas zur Tätigkeit ausländischer Nachrichtendienste vereinbaren. Das heißt also, das würde - sage ich auf dem Gebiet der Bundesrepublik fragen. Sie mal - aus dem Gedanken Europas heraus auch haben in Ihrem Bericht an den Bundestag im No- natürlich sehr viel Sinn machen, dass man hier vember 2013 geschrieben, dass auch Liegenschaf- gemeinsame Mindeststandards für geheimdienst- ten, die durch ausländische Truppenverbände ge- liche Tätigkeiten, und sei es auch nur bezüglich nutzt werden, Teil des deutschen Staatsgebietes der europäischen Bürgerschaft, trifft. Das, denke blieben und natürlich deutsches Recht gelte und ich, wäre durchaus möglich, aber eben durchaus man ja auch nicht ausschließen könne, dass diese außerhalb der EU, wenn man von der institutio- Liegenschaften genutzt werden, um Telekommu- nellen Ebene ausgeht. nikationsverkehre ins Visier zu nehmen. Jetzt ist die Frage - - Wir haben auch selbst mit einer Klei- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nen Anfrage versucht, uns dieser ganzen Proble- NEN): Zumal die ja möglicherweise auch nicht matik zu nähern. Es ist wohl doch tatsächlich so, alle mitmachen würden. dass es vielfältige, auch untergesetzliche Rege- lungen zu diesen Liegenschaften gibt, die Kon- Zeuge Peter Schaar: Ja, genau. Deshalb können trollrechte, Zutrittsrechte deutscher Behörden, Sie da auch nur eine Koalition der Willigen bil- auch Strafverfolgungsbehörden, hemmen. Sehen den. Es gibt keine Mehrheitsentscheidungen, also Sie da irgendeinen rechtlichen Novellierungs- der Lissabon-Prozess funktioniert nicht. Die, die bedarf? Wie schätzen Sie selbst zum Beispiel die mitmachen wollen, machen mit. So. Da kann Möglichkeiten des BfDI ein? Aber haben Sie auch man ja aber auch - sage ich mal - zu dritt mal an- mal zur Problematik etwas gehört, dass auch fangen. Wenn da jetzt drei Staaten zusammen- Strafverfolgungsbehörden durchaus dort vor ver- gehen und sagen: „Wir machen das mal unter- schlossenen Türen stehen könnten? einander“, wäre das ja zumindest mal ein Start- punkt. Da spricht ja überhaupt nichts gegen. Es Zeuge Peter Schaar: In Bezug auf die Tätigkeit müssen ja nicht alle 26 oder 27 sein, die da jetzt des BfDI habe ich das natürlich geprüft und prü- auf einen Schlag so was machen. Das ist doch fen lassen, und das Ergebnis war negativ. Auslän- ohne Weiteres möglich. Also es wäre möglich, dische öffentliche Stellen sind keine öffentlichen vorausgesetzt, man will es. Stellen des Bundes, und insofern unterliegen sie nicht der Kontrolle durch den BfDI. Selbst wenn Und dasselbe gilt auch natürlich für die Institu- wir, wenn meine Mitarbeiter Zugang gehabt hät- tionalisierung von Geheimdienstaufsicht. Da ten zu den Liegenschaften, hätten sie nicht prü- könnte man so etwas über solch einen internatio- fen können, weil es einfach an der Prüfkompe- nalen Rechtsakt auch durchaus regeln. Denkbar tenz mangelt. Ich denke mal, auch die Landes- ist es. Wie wahrscheinlich es ist, ist eine andere behörden, Landesdatenschutzbehörden, haben Frage. Es gab ja durchaus zunächst in einigen

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aufgrund ihres Kompetenzrahmens keine Zu- nicht nur ein wichtiger, sondern auch erfreu- gangsmöglichkeit zu diesen Liegenschaften; denn licher Morgen. die ausländischen Stellen sind ja auch keine pri- vaten Stellen, sind ja keine Unternehmen. Inso- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- fern ist das sicherlich immer ein großes Problem. lichen Dank. - Wir kommen jetzt zur Fraktion der Union. - Dort gibt es keine weiteren Fragen. Dann Andererseits gilt das, was Sie zitiert haben: Deut- komme ich direkt zur Fraktion Bündnis 90/Die sches Recht gilt auch dort. Nur die Rechtsdurch- Grünen mit Kollege von Notz oder Kollege Strö- setzung ist ein Problem. Es gibt, soweit ich weiß, bele - einer von beiden. ein Agreement, dass bei Kriminellen, bei Ermitt- lungen, die im Rahmen der Staatsanwaltschaft Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- laufen, wenn es um ganz normale Kriminalität NEN): Ich wollte noch mal auf diesen techni- geht, auch eine enge Kooperation stattfindet, schen Wandel zu sprechen kommen, auch weil auch eine Betretung der Liegenschaften gegebe- es ja diese Problematiken, die wir uns jetzt ge- nenfalls möglich ist. Ansonsten gilt da dann rade im Zusammenhang mit dem Projekt allerdings das Recht oder dieses Bestimmungs- „Eikonal“ hier erschließen als Ausschuss peu à recht der jeweiligen Entsendestaaten. peu, in der Struktur bei ganz vielen Projekten ak- tuell noch geben wird, die laufen. Deswegen mal Ändern kann man daran letztlich nur etwas, in- eine Frage auf eine der Schwierigkeiten, die uns dem man die Rechtsgrundlagen ändert, also das da jetzt bekannt geworden sind bezüglich der Fil- NATO-Truppenstatut oder das Zusatzprotokoll ter und der Frage der Möglichkeit der techni- zum NATO-Truppenstatut. Das sehe ich nicht. schen Ausfilterung von jetzt nach deutschem Um dann noch mal einen Punkt anzufügen: Mit Recht eben G-10-Betroffenen. Müsste bei diesen der Aufkündigung der Verwaltungsvereinbarung technischen Vorrichtungen, wenn die zum Ein- auf der Basis des Zusatzprotokolls zum NATO- satz kommen, nicht neben den anderen Prüfun- Truppenstatut ist auch - sage ich mal - jede di- gen, die erfolgen sollten durch das BSI und die rekte Verpflichtung zur Amtshilfe für deutsche Bundesnetzagentur, auch die Bundesdaten- Stellen bei der Telekommunikationsüberwa- schutzbeauftragte in diese Prüfung eingebunden chung erloschen. Es gibt also keine entspre- sein, und wenn ja, was für Kriterien müsste man chende Beauftragungsmöglichkeit für die ehema- an solche Technik - ich sage mal: jetzt speziell ligen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, so- diese Filtertechnik - stellen? dass ich sagen würde, es gibt keine Rechtsgrund- lage und - um noch einen Punkt anzufügen - Zeuge Peter Schaar: Die Frage der Einbindung auch keine Rechtsgrundlage für entsprechende der Bundesbeauftragten kann man nicht unab- Abhörmaßnahmen, die durch Vertreter dieser hängig von den Kontrollstrukturen lösen, denke Mächte zu verantworten sind. Also da gibt es ich. In einem solchen umfassenden Kontrollsys- keine Rechtsgrundlage. Allerdings ist es rein fak- tem, das die parlamentarischen Kontrollgremien, tisch häufig eben dann wahrscheinlich auch für also G-10-Kommission und PKGr, und die Daten- Strafverfolgungsbehörden schwierig, so etwas zu schutzbehörden umfasst, könnte die Bundes- verfolgen. Das wissen wir ja auch jetzt gerade im beauftragte in ein solches System eingebunden Zusammenhang mit der Handyüberwachung, die werden, zumal dort dann eben technische Exper- hier ja immer wieder mal zur Rede gekommen tise gegebenenfalls vorhanden ist oder zu schaf- ist. fen wäre, die hier auch mitwirken kann. Das wäre sicherlich sinnvoll. Martina Renner (DIE LINKE): Vielen Dank. Meine Fragen im öffentlichen Teil wären damit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- erschöpft. Ich bedanke mich. Wenn man das mit NEN): Wenn man im Hinblick sozusagen auch vielen anderen Zeugeneinvernahmen hier ver- auf diese starken technischen Fragen eben da gleicht, war das für den Untersuchungsausschuss praktisch ein Gremium schafft, dass das dann ar- beitsteilig - -

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Zeuge Peter Schaar: Ja, es geht natürlich um Wir haben, das heißt Deutschland hat ja interna- mehrere Punkte: Einmal geht es um die Organisa- tional in Europa einen relativ guten Ruf hinsicht- tion. Auf der anderen Seite geht es natürlich - lich des Datenschutzes. Das beruht unter ande- und das ist, denke ich, das fast größere Problem - rem auch auf einer Stellungnahme oder einer Un- darum: Wie macht man das technisch auch, ohne tersuchung des Europäischen Parlaments aus dass damit jetzt wiederum zusätzliche Eingriffe dem Jahr 2003, glaube ich, damals zu - - Wie hieß in das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz die? stattfinden? Also, wir alle - nein, wir alle viel- leicht nicht -, viele kennen ja den Begriff Deep Zeuge Peter Schaar: Echelon, oder was? Packet Inspection. Deep Packet Inspection heißt - zur Erinnerung -, dass in die Datenpakete hinein- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geschaut wird, nicht nur anhand der Metadaten NEN): Ja, zu Echelon. Die haben das ja untersucht eine Filterung erfolgt. Deep Packet Inspection ist und haben das deutsche Datenschutzrecht als natürlich insofern ein tieferer Eingriff, als ja die vorbildlich bezeichnet dann, was ja immer gut Inhalte dann entsprechend angefasst werden. Die ist. Die Frage ist: Können Sie denn bestätigen, Frage ist: Wie kann man abseits von Deep Packet dass das so ist - ich habe das auch von dem da- Inspection solche Filter wirklich scharfschalten, maligen Staatssekretär, Herrn Dr. Geiger, immer dass wirklich nichts oder sehr wenig nur durch- wieder gehört -, und halten Sie es deshalb für rutscht? Das ist aber eben ein ganz großes Pro- gut, wenn gerade Deutschland in diesem Bereich blem, dem man sich dann bei der Neukonzeption initiativ wird? widmen könnte. Zeuge Peter Schaar: Deutschland ist das Land Wichtig ist auch, denke ich, dass solche Dinge mit der längsten und intensivsten Datenschutz- einer unabhängigen technischen Prüfung zugäng- tradition weltweit. Das würde ich so auch nach lich sind. Das heißt, dass es dafür dann gegebe- wie vor unterschreiben. Es gibt aber durchaus nenfalls Standards gibt, die dann auch überprüf- Rechtsvorschriften, auch nach deutschem Recht, bar sind und so etwas, und dass dabei dann die die eher schwach sind. Es hat ja auch seit 2003 Vorgaben auch - - dass es da Vorgaben gibt, die doch erhebliche Einschränkungen des Daten- auch entsprechend nachprüfbar sind. Das kann schutzes gegeben, also seit 2001 vor allem, also man auch in Rechtsvorschriften - in dem Falle nach den Terroranschlägen. Das ist ja auch eine wäre das wahrscheinlich eher eine Verordnung weltweite Entwicklung gewesen. Heute findet oder so etwas - dann auch noch mal weiter kon- diese Debatte zum Glück ein Stück nüchterner kretisieren. statt, trotz der kritischen - - oder der Vorkomm- nisse der letzten Tage. Insofern denke ich, dass Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- man da durchaus anknüpfen kann. NEN): Ganz herzlichen Dank, Herr Schaar, vor allen Dingen auch für die Anregungen. Wir wer- Ich würde allerdings auch durchaus anregen, die den ja am Ende unseres Auftrages hier auch über- Debatte in den USA sehr genau zu verfolgen. legen müssen, wie man nun Fortschritte und Ver- Also, das, was da von der Obama-Administration besserungen schafft, und da haben wir heute, wie vorgeschlagen wurde und aufgrund einer Verfah- ich finde, viele interessante Anstöße bekommen. rensschwachstelle nicht beschlossen wurde, die- Herzlichen Dank. ser sogenannte Liberty Act, enthält bestimmte Aspekte, die auf Schwachstellen eingehen, auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege der parlamentarischen oder in dem Falle der ge- Ströbele. richtlichen Kontrolle; das ist dieser sogenannte FISA Court. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich habe auch nur noch eine Zusatzbemer- Ein wichtiger Punkt, der auch bei uns einfach ein kung und bitte um Bestätigung oder auch nicht. Stückchen fehlt, ist die direkte Einbeziehung

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eines Anwalts des Datenschutzes oder der Bür- Martina Renner (DIE LINKE): Weniger, die eine gerrechte in die Entscheidungsfindung über sol- oder andere Frage zu stellen, als vielmehr: Der che Abhörmaßnahmen. Da könnte zum Beispiel Zeuge Herr Schaar hat in seinem Eingangsstate- die Bundesbeauftragte eine Rolle auch in Zusam- ment an zwei Stellen darauf hingewiesen, dass er menarbeit mit der G-10-Kommission bekommen. uns in nichtöffentlicher Sitzung dazu Auskunft Also, das Problem ist ja einfach, dass - ich bin geben kann, und die Gelegenheit würde ich ihm nicht - - Sie kennen das viel besser als ich. Aber gerne noch geben. Vielleicht ermöglichen wir es, das Problem ist strukturell einfach, dass dann, dass wir hier bleiben und Vertraulichkeit herstel- wenn in einem parlamentarischen Gremium nur len. Dann würde es mir vor allem darum gehen, die Regierungsvertreter und die Parlamentarier dass der Zeuge vollständig vortragen kann. sind, kein Anwalt der anderen Seite dabei ist. Das geht natürlich auch eigentlich nicht, weil Zeuge Peter Schaar: Ich glaube nicht, dass das man nicht erst mal den potenziellen al-Qaida- geht, weil das teilweise streng geheime Vorgänge Terroristen fragen kann, ob er denn jetzt damit sind. Deshalb kann ich dazu nichts in die- einverstanden ist, dass er demnächst abgehört ser - - Ich sage das mal nur so. wird. Also muss man irgendeine Lösung finden, aber trotzdem in die Entscheidungsfindung so Martina Renner (DIE LINKE): Dann ist es mit etwas einzubringen. Ich will Ihnen da nicht ir- einem kleinen Umzug verbunden. gendwie zu nahe treten, dass Sie sich nicht selber auch als Anwälte da fühlen. Zeuge Peter Schaar: Dann müssen wir das leider machen, ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Dann geht es also nicht um eine nichtöffentliche Sit- Zeuge Peter Schaar: Aber ich sage, das ist wie bei zung, sondern es geht dann um eine eingestufte Gericht. Auch da gibt es unabhängige Richter Sitzung, die dementsprechend eingestuft ist, als und Richterinnen, und trotzdem ist es notwen- Streng Geheim sogar, wenn ich es richtig verstan- dig, solche Anwälte der anderen Seite auch noch den habe. mit beizuziehen. Ich finde das eine sehr gute Idee, die da in Amerika entwickelt worden ist. Zeuge Peter Schaar: So ist es. Ich könnte mir vorstellen, dass wir das - in natür- lich völlig abgewandelter Form - auch in unser Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Müssen System ein Stückchen stärker mit integrieren wir dann schauen. Wenn also keine Fragen mehr könnten. in öffentlicher Sitzung beantwortet werden kön- nen, müssen wir einen Beschluss fassen, wie wir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weiter verfahren. NEN): Einen ausdrücklichen Dank auch von mir. Ich würde trotzdem vorschlagen, zuerst in nicht- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen öffentliche Sitzung zu gehen, direkt in den Raum, Dank. - Jetzt frage ich mal in die Runde, ob es um dann gegebenenfalls einen Beschluss bezüg- noch Fragen gibt, die in öffentlicher Sitzung be- lich der Einstufung zu fassen. Sonst müssten wir antwortet werden können. - Ich sehe, das ist jetzt hier in dem Plenum diskutieren, welcher nicht der Fall. Einstufungsgrad. Das halte ich jetzt an dieser Stelle nicht für besonders glücklich. Es gibt aber, glaube ich, wenn ich es richtig ge- sehen habe, Bedarf in nichtöffentlicher Sitzung Ich würde also folgenden Beschluss vorschlagen: noch die eine oder andere Frage zu stellen. - Frau Kollegin Renner. Für die weitere Vernehmung des Zeugen Peter Schaar am heutigen Tag wird die Öffentlichkeit

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gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 4 des Untersu- chungsausschussgesetzes ausgeschlossen, weil besondere Gründe des Wohls des Bundes ent- gegenstehen.

Wer dem so zustimmen kann, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthal- tungen? - Sehe ich nicht. Dann ist das so be- schlossen.

Wir werden im entsprechenden Sitzungs- raum - das ist der des Auswärtigen Ausschus- ses - um 13.30 Uhr fortfahren.

Die Sitzung ist damit unterbrochen.

(Schluss des Sitzungsteils Zeugenvernehmung, Öffentlich: 13.05 Uhr - Folgt Sitzungsteil Zeugen- vernehmung, Geheim)

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