SCI Verkehr GmbH Köln, 05.11.2020

Innovatives Triebfahrzeug - Abschlussbericht

„Identifizierung von Forschungsansätzen und technischen Grundlagen zur Entwicklung eines leiseren, umweltfreundlicheren und betriebswirtschaftlich darstellbaren innovativen Triebfahrzeugs für bislang nicht elektrifizierte Netze“

Studie im Auftrag des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

Nicolas Wille (Projektleiter) Prof. Dr. Raphael Pfaff Dr. Roland Nolte Mark Vetter Martin Hohn Tim Tappert

Tel: +49 (221) 931 78-12 Fax: +49 (221) 931 78-78 Mail: [email protected] DISCLAIMER

SCI Verkehr wurde als Berater für das Projekt “Identifizierung von Forschungsansätzen und technischen Grundlagen zur Entwicklung eines leiseren, umweltfreundlicheren und betriebswirtschaftlich darstellbaren innovativen Triebfahrzeugs“ durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMVI (Auftraggeber) beauftragt. Die Regelungen des Auftrags finden sich in dem Vertrag “AZ Vergabe – Z30/SEV/288.3/1923/E12“ unterzeichnet am 03.12.2019.

Die Aussagen und Empfehlungen des Berichts beziehen sich ausschließlich auf den Stand der Untersuchungen am Datum seiner Veröffentlichung. SCI Verkehr hat den Bericht nach bestem Wissen und mit größtmöglicher Sorgfalt erarbeitet. SCI Verkehr übernimmt – soweit gesetzlich zulässig – keine Haftung und Gewähr für die in diesem Bericht getroffenen Prognosen, Einschätzungen und Empfehlungen. Die von SCI Verkehr getroffenen Aussagen stellen keine Garantien im Rechtssinne dar.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 2 / 147 INHALT

Executive Summary ...... 11 Aufgabenstellung und Vorgehen ...... 11 Ergebnisse und Ausblick ...... 12

1 AP1: Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz vorgesehenen Triebfahrzeugen ...... 16 1.1 Verkehrsmarkt und Infrastruktur ...... 16 1.2 Lokomotiven ...... 22 1.3 Triebzüge ...... 34 1.4 Projektrelevanz für den Untersuchungsgegenstand ...... 44

2 AP2: Beschreibung des Entwicklungsstandes einzelner Antriebstechnologien sowie der benötigten Infrastrukturanforderung und Systemvoraussetzung der jeweiligen Antriebstechnologie ...... 46 2.1 Einleitung ...... 46 2.2 Methode ...... 46 2.3 Generische Streckenprofile ...... 48 2.4 Identifikation von Aspekten zur strategischen Bewertung der Technologien ...... 49 2.5 Etablierte Antriebstechnologien ...... 51 2.6 Entwicklungsstand von Triebfahrzeugen ...... 54

3 AP3: Aufstellung und Beschreibung von Technologien zur Minderung von CO2- Emissionen und Luftschadstoffen und zur Minderung von Geräuschemissionen von Triebfahrzeugen im Schienenverkehr ...... 59 3.1 Einleitung ...... 59 3.2 Alternative Energiebereitstellungs- bzw. Hybridtechnologien ...... 59 3.3 Eignung innovativer Antriebstechnologien für generische Betriebsszenarien ...... 66 3.4 Technische Ausstattungsmerkmale mit Potenzial von Energieeinsparungen und Lärmminderungen ...... 67 3.5 Nachrüstungen von Schienenfahrzeugen des Bestands ...... 74

4 AP4: Systemvergleich ...... 75 4.1 Teil 1 – Flottenszenarien 2020-2030 ...... 75 4.2 Teil 2 - Inputdaten für den Systemvergleich ...... 78 4.3 Teil 3 – Impact und Systemvergleich - Energie, Emissionen, Energiekosten, Investitionen .... 86

5 AP5: Identifizierung des Forschungsbedarfs eines innovativen Triebfahrzeugs ...... 109 5.1 Zusammenführung der bisherigen Thesen und Erkenntnisse ...... 109 5.2 Zwischenfazit aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht ...... 110 5.3 Eignung der Technologien je Betriebsszenario ...... 112 5.4 Analysierte Hemmnisse bei der Marktdurchdringung ...... 114

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 3 / 147 5.5 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen ...... 117 5.6 Darstellung der Handlungsempfehlungen im Zeitverlauf ...... 122 5.7 Ausblick weiterer Projektforschungsbedarf ...... 124

A Anhang Steckbriefe ...... 126

B Anhang Streckenprofile ...... 141

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 4 / 147 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Ablaufschema des Projektes ...... 11 Abbildung 2: Segmentierung Schienenpersonenverkehr ...... 12 Abbildung 3: Segmentierung Schienenpersonenverkehr ...... 13 Abbildung 4: Identifizierte Hemmnisse ...... 14 Abbildung 5: Technologische Hemmnisse nach Güter- und Personenverkehr ...... 15 Abbildung 6: Entwicklung Schienengüterverkehr in Deutschland und Europa ...... 17 Abbildung 7: Modal Split SGV ...... 17 Abbildung 8: Entwicklung Schienenpersonenverkehr in Deutschland und Europa ...... 18 Abbildung 9: Modal Split SPV ...... 19 Abbildung 10: Elektrifizierungslücken im deutschen Schienennetz ...... 19 Abbildung 11: Anteil Elektrifizierung je Bundesland ...... 20 Abbildung 12: Antriebsart der Lokomotiven in Deutschland mit Unterscheidung nach Anwendungsgebieten ...... 22 Abbildung 13: Bestand Lokomotiven in Deutschland 31.12.2019 ...... 23 Abbildung 14: Triebfahrzeugkonzepte im deutschen Lokomotivmarkt ...... 23 Abbildung 15: Altersstruktur Lokomotiven in Deutschland ...... 24 Abbildung 16: Streckenlokomotiven im Güterverkehr in Deutschland nach Eigentümer ...... 25 Abbildung 17: Streckenlokomotiven im Personenverkehr in Deutschland nach Eigentümer ...... 26 Abbildung 18: Rangierlokomotiven in Deutschland nach Eigentümer ...... 26 Abbildung 19: Innovative Lokomotivkonzepte I ...... 28 Abbildung 20: Innovative Lokomotivkonzepte II ...... 29 Abbildung 21: Überblick Transitionsphase zu emissionsfreiem Betrieb ...... 30 Abbildung 22: Projektrelevanz im Schienengüterverkehr nach Verkehrsart ...... 31 Abbildung 23: Auslieferung Lokomotiven bis 2030 ...... 32 Abbildung 24: Bestand Triebzüge in Deutschland 31.12.2019 ...... 34 Abbildung 25: Konzepte im deutschen Triebzugmarkt...... 35 Abbildung 26: Altersstruktur Triebzüge in Deutschland ...... 36 Abbildung 27: Fahrzeugeigentümer von Triebzügen in Deutschland ...... 37 Abbildung 28: Überblick Transitionsphase zu emissionsfreiem Betrieb ...... 40 Abbildung 29: Projektrelevanz Schienenpersonenverkehr nach Verkehrsart ...... 41 Abbildung 30: Auslieferung Triebzüge bis 2030 ...... 42 Abbildung 31: Anteil Dieselnetze mit erwarteten Fahrzeugvolumina ...... 45 Abbildung 32: Altersstruktur Lokomotivflotte und zum Inverkehrbringen geltende Emissionsnormen (Jahresklassen entsprechen nicht vollständig den Gültigkeitszeiten, Stage I aufgrund der kurzen Gültigkeit nicht dargestellt) ...... 54

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 5 / 147 Abbildung 33: Altersstruktur Triebzugflotte und zum Inverkehrbringen geltende Emissionsnormen (Jahresklassen entsprechen nicht vollständig den Gültigkeitszeiten, Stage I aufgrund der kurzen Gültigkeit nicht dargestellt) ...... 55

Abbildung 34: Entwicklung der NOX- und PM-Emissionen in g/kWh im Rahmen der EU-Vorgaben (für Triebzüge) ...... 55 Abbildung 35: Entwicklung CO- und HC-Emissionen in g/kWh im Rahmen der EU-Vorgaben (für Triebzüge) ...... 56 Abbildung 36: Vergleich der Geräuschemissionen in verschiedenen Betriebsarten ...... 57 Abbildung 37: Parallel-Hybrid-Struktur ...... 61 Abbildung 38: Serien-Hybrid-Struktur ...... 61 Abbildung 39: Wasserstoff-Hybrid-Struktur ...... 62 Abbildung 40: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Personenverkehrsprofile...... 66 Abbildung 41: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Güterverkehrsprofile ...... 66 Abbildung 42: Gegenüberstellung Betrieb auf -Profil mit und ohne Nutzbremse ...... 67 Abbildung 43: Prinzipdarstellung des Stabilisierungsgelenks ...... 69 Abbildung 44: Vergleich des Energieverbrauchs bei Betrieb mit/ohne DAK auf dem GZ-Profil (bei EG100) ...... 70 Abbildung 45: Vergleich der Fahrtzeiten bei Betrieb mit/ohne DAK auf dem GZ-Profil (bei EG100) ... 70 Abbildung 46: Vergleich der Energie der Zugfahrt und der Nebenverbraucher auf einem Regionalbahn-Profil ...... 71 Abbildung 47: Vergleich schneller und langsamer Fahrweise unter Berücksichtigung des Energieverbrauchs der Klimatisierung auf RE und RB-Profil ...... 72 Abbildung 48: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Referenzszenario Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei geringer Förderung alternativer Antriebe ...... 76 Abbildung 49: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Referenzszenario Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei geringer Förderung alternativer Antriebe...... 76 Abbildung 50: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario TrendPlus im Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei stärkerem Fokus auf alternative Antriebe und moderater Förderung...... 77 Abbildung 51: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario TrendPlus für den Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei stärkerem Fokus auf alternative Antriebe und moderater Förderung ...... 77 Abbildung 52: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario SchienePlus für den Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei starkem Fokus auf alternative Antriebe und intensiver Förderung plus Nachfragezuwachs ...... 78 Abbildung 53: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario SchienePlus für den Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei starkem Fokus auf alternative Antriebe und intensiver Förderung plus Nachfragezuwachs ...... 78 Abbildung 54: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Güterverkehrsprofile ...... 79 Abbildung 55: Verfügbarkeitsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienengüterverkehr .. 79 Abbildung 56: Anwendungsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienengüterverkehr. .... 80 Abbildung 57: Kompatibilitätsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr ...... 80

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 6 / 147 Abbildung 58: Marktverfügbarkeit für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr ...... 80 Abbildung 59: Anwendungsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr ...... 81 Abbildung 60: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Schweres Rangieren ...... 81 Abbildung 61: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Streckenfahren ...... 81 Abbildung 62: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Nahverkehrsbedienung ...... 81 Abbildung 63: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Regionalbahn ...... 82 Abbildung 64: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Regionalexpress ...... 83 Abbildung 65: Konservatives Energiepreisszenario - IZT 2020 auf der Basis langjähriger Markttrends 2000-2020...... 84 Abbildung 66: Emissionsentwicklung für das deutsche Stromnetz 2020-2030 - Trend + politische Instrumente auf der Basis von UBA 2020 ...... 85 Abbildung 67: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr...... 87 Abbildung 68: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr...... 87 Abbildung 69: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 88 Abbildung 70: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 88 Abbildung 71: Kumulierte Reduktion von Feinstaubemissionen in Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 89 Abbildung 72: Kumulierte Reduktion von Stickoxidemissionen in Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 90 Abbildung 73: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 91 Abbildung 74: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 91 Abbildung 75: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 92 Abbildung 76: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr ...... 93 Abbildung 77 Refinanzierung innovativer Fahrzeuge bis 2030 im Schienengüterverkehr für das Szenario TrendPlus – Finanzierungsgrade, Überschüsse und Fehlbeträge ...... 93 Abbildung 78: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten für innovative Schienenfahrzeuge im SGV nach Antriebsarten ...... 94 Abbildung 79: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr...... 96

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 7 / 147 Abbildung 80: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 97 Abbildung 81: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in Millionen Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 98 Abbildung 82: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in Millionen Tonnen in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 98 Abbildung 83: Kumulierte Reduktion von Feinstaubemissionen in t in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 99 Abbildung 84: Kumulierte Reduktion von Stickoxidemissionen in t in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 100 Abbildung 85: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 101 Abbildung 86: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 101 Abbildung 87: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 102 Abbildung 88: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr ...... 102 Abbildung 89: Refinanzierung innovativer Fahrzeuge bis 2030 im Schienenpersonenverkehr für das Szenario TrendPlus – Finanzierungsgrade, Überschüsse und Fehlbeträge ...... 103 Abbildung 90: Konservatives Szenario für die Entwicklung des Energiepreise bis 2030 inklusive Baseline-Entwicklung Dieselpreis – IZT 2020 auf der Basis langjähriger Markttrends 2000-2020. .... 105 Abbildung 91: Alternatives Szenario für die Entwicklung des Dieselpreises mit langfristigem Markttrend und Einrechnung der Wirkung des ab 2021 geltenden deutschen CO2-Preises ...... 106 Abbildung 92: Weiteres alternatives Szenario für die Entwicklung des Dieselpreises mit langfristigem Markttrend, Einrechnung der Wirkung des ab 2021 geltenden deutschen CO2- Preises ...... 106 Abbildung 93: Syntheseschema der Projektergebnisse ...... 109 Abbildung 94: Technologische und wirtschaftliche Bewertung ...... 111 Abbildung 95: Eignungsmatrix im SGV je Betriebsszenario ...... 112 Abbildung 96: Eignungsmatrix im SPV je Betriebsszenario ...... 113 Abbildung 97: Forschungs- und Entwicklungsbedarf bis 2030 ...... 114 Abbildung 98: Handlungsfelder und -ebenen der Hemmnisse innovativer Technologien...... 117 Abbildung 99: Relevante Verkehrssegmente und identifizierte Hemmniscluster ...... 117 Abbildung 100: Vergleich der kategorialen Eigenschaften für unterschiedliche Antriebskonzepte ... 126 Abbildung 101: Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm eines Rangierbetriebstages (SR 0) ...... 141 Abbildung 102: Fahrspiel des generischen GN-Profils ...... 142 Abbildung 103: Generisches Geschwindigkeitsprofil einer Zugfahrt mit Zustellung (GZ) ...... 143 Abbildung 104: Generisches Streckenprofil im Regionalverkehr ...... 144 Abbildung 105: Fahrprofil auf RE-Strecken ...... 146 Abbildung 106: Generisches Fahrspiel einer Intercity-Verbindung ...... 147

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 8 / 147 TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BD-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren ...... 82 Tabelle 2: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BE-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren ...... 82 Tabelle 3: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für Wasserstoff-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren ...... 82 Tabelle 4: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BEMUs im Betriebsszenario Regionalbahn ...... 83 Tabelle 5: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für HMUs im Betriebsszenario Regionalbahn ...... 83 Tabelle 6: Kostenansätze für Ladestationen und Wasserstofftankstellen ...... 86 Tabelle 7: Mengengerüst für innovative Fahrzeuge im Schienengüterverkehr für das Szenario TrendPlus, kumulierte Anzahl bis 2025 und bis 2030 ...... 95 Tabelle 8: Übersicht über die zusätzlichen Infrastrukturkosten im Schienengüterverkehr bis 2030 in Mio. € für das Szenario TrendPlus ...... 95 Tabelle 9: Mengengerüst für innovative Fahrzeuge im Schienenpersonenverkehr für das Szenario TrendPlus, kumulierte Anzahl bis 2025 und bis 2030 ...... 104 Tabelle 10: Übersicht über die zusätzlichen Infrastrukturkosten im Schienenpersonenverkehr bis 2030 für das Szenario TrendPlus...... 104 Tabelle 11: Auswirkungen der Variation der Energiepreisentwicklung auf das Verhältnis von eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten im Schienengüterverkehr bis 2030 (kumuliert) für 4 Preisszenarien + Baseline ...... 107 Tabelle 12: Auswirkungen der Variation der Energiepreisentwicklung auf das Verhältnis von eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten im Schienenpersonenverkehr bis 2030 (kumuliert) für 4 Preisszenarien + Baseline ...... 107

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Abkürzung1 Bezeichnung BEMU Battery-electric (Batterie-Elektrotriebzug) BDMU Battery- (Batterie-Diesel Hybrid-Triebzug) BD-Lok Batterie-Diesel-Lokomotive BE-Lok Batterieelektrische Lokomotive DAK Digitale automatische Kupplung DEMU Diesel-electric multiple unit (Diesel- und Elektrotriebzug – Bi-Mode-/Zweikraft-Triebzug) DMU Diesel multiple unit (Dieseltriebwagen/-zug) EBA Eisenbahn-Bundesamt EG Elektrifizierungsgrad EMU Electric multiple unit (Elektrotriebzug) ETCS European Control System GN Nahverkehrsbedienung im Schienengüterverkehr GS Streckenverkehre im Schienengüterverkehr GZ Güterzug H-Lok Wasserstofflokomotive HMU Hydrogen multiple unit (Wasserstofftriebzug) IC Intercity ICE Intercity-Express MH Mildhybrid NRC Non-recurring engineering costs (Einmalige Fixkosten) OL Oberleitung ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr Pkm Personenkilometer RB Regionalbahn RC Recurring engineering costs (wiederkehrende Kosten) RE Regionalexpress SPV Schienenpersonenverkehr SPNV Schienenpersonennahverkehr SR Schwerer Rangierverkehr TEN-T Trans-Europäisches Netzwerk (im Schienengüterverkehr) Tkm Tonnenkilometer TRL Technology Readiness Level TSI Technical Specifications for Interoperability VDB Verband der Bahnindustrie VH Vollhybrid XMU Alternativ angetriebene Züge (Wasserstoff oder Batterie)

1 Ausgenommen allgemein gültige Abkürzungen (z.B. EUR) und Abkürzungen von Firmennamen

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Executive Summary

Aufgabenstellung und Vorgehen

Um die Dekarbonisierung im Verkehr voranzutreiben und das Ziel eines CO2-neutralen Verkehrs im Jahr 2050 zu erreichen, hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die vorliegende Studie in Auftrag gegeben. Das Ziel war eine Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz auf nicht-elektrifizierten Strecken vorgesehenen Triebfahrzeuge sowie die Erhebung und Bewertung der Lärmemission, des Schadstoffausstoßes und der CO2-Einsparung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Die Darstellung des Marktüberblicks über die Triebfahrzeuge erfolgt nach Antriebsart, Altersstruktur, Verkehren und Streckencharakteristiken (Infrastruktur mit/ohne Oberleitung) sowie jeweils für den Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr.

Neben dieser Bestandsaufnahme ist der Stand der Wissenschaft und Technik von Triebfahrzeugen im Hinblick auf Möglichkeiten der Dekarbonisierung, Reduzierung von Luftschadstoffen und Minderung der Geräuschemissionen für bislang nicht elektrifizierte Netze analysiert und einschließlich der Betriebswirtschaftlichkeit und des Marktpotenzials bewertet worden. Dabei wurde nach Einsatzarten im Schienenpersonennahverkehr, im Schienenpersonenfernverkehr, im Schienengüterverkehr auf der Strecke und auf der letzten Meile sowie im Rangierbetrieb differenziert.

Die Studie zeigt auf, für welche Streckenart bzw. Einsatzmöglichkeit volkswirtschaftlich relevanter Forschungsbedarf im Hinblick auf eine signifikante Reduzierung von CO2, Luftschadstoffen und Lärmemissionen gesehen wird. Dabei wird ebenfalls die betriebswirtschaftliche Darstellbarkeit berücksichtigt. Für diesen Fall werden konkrete Anforderungen an das zu realisierende Projekt definiert und Lücken im derzeit verfügbaren Produktportfolio aufgezeigt. Ferner werden die Zeitrahmen zur Umsetzung von Projekten abgeschätzt. In der Gesamtschau werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien ersichtlich. Die konkreten Ansatzpunkte, um Hemmnisse abzubauen, sind dargestellt.

Die nachfolgende Übersicht der Arbeitspakete enthält die grundlegenden Aufgabenstellungen im Projektverlauf:

01 02 03 04 05

Bestandsaufnahme Antriebstechnologien Emissionsminderung Systemvergleich Forschungsbedarf

• Bestandsaufnahme der in • Entwicklungsstand einzelner • Aufstellung und • Systemvergleich auf • Marktanalyse und Deutschland aktuell Antriebstechnologien Beschreibung von Grundlage der Ergebnisse Identifizierung des eingesetzten und durch unterteilt nach Personen- und Technologien zur Minderung aus AP 2/3 unter Forschungsbedarfs für die Neuanschaffung für den Güterverkehr. von CO2-Emissionen und Berücksichtigung Entwicklung eines Einsatz vorgesehenen • Vergleich der Technologien Luftschadstoffen. systemtypischer Vor- und innovativen Triebfahrzeugs. Triebfahrzeugen. und Beschreibung der • Technologien zur Minderung Nachteile inkl. Energiebilanz • Feststellung des Bedarfs an benötigten Infrastrukturan- von Geräuschemissionen der jeweiligen neuen innovativen forderungen und System- an Triebfahrzeugen im Antriebstechnologie. Triebfahrzeugen, dargestellt voraussetzung der jeweiligen europäischen • CO2-Bilanz und Betrachtung auf einer Zeitschiene bis Antriebstechnologie. Schienenverkehr. des Minderungspotentials 2030. der Emissionen (inkl. Lärm).

Auf den gebracht Datenbank / Recherche Technische Untersuchungen Synthese Abbildung 1: Ablaufschema des Projektes

Federführend bei der Bearbeitung des Projektes zeichneten sich die SCI Verkehr GmbH (Gesamtprojekt sowie AP1 und AP5), die FH Aachen (AP2 und AP3) sowie das IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (AP4).

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Ergebnisse und Ausblick

Die Eisenbahn ist auf mittleren und weiten Distanzen mit Abstand das umweltfreundlichste Verkehrsmittel mit dem geringsten CO2-Ausstoß pro Tonnen- bzw. Personenkilometer. Dieser Systemvorteil resultiert nicht zuletzt aus dem geringen Rollreibungswiderstand sowie des hohen Elektrifizierungsgrades der Eisenbahnnetze. Wenngleich in Deutschland ein Großteil des Netzes bereits elektrifiziert ist und weitere Elektrifizierungsvorhaben den Anteil der elektrischen Traktion weiter erhöhen (siehe AP1), bleiben gerade im Regionalverkehr, im Rangierbetrieb und beim Güterverkehr in der Fläche viele Verkehre, die ohne vorhandene Oberleitung zu erbringen sind. Daher ist dieses Segment für das BMVI im Hinblick auf die weitere Reduzierung der CO2-Emissionen von Relevanz und führten zu dieser Studie, um die Einsatzmöglichkeiten alternativer Antriebe näher zu betrachten.

Folgende Ergebnisse ergaben sich aus der Bearbeitung der Arbeitspakete 1 bis 4 und wurden – differenziert für den Personen- und Güterverkehr – zusammenfassend im AP 5 dargestellt:

Personenverkehr

Bei der Bestandsaufnahme erfolgte eine Unterteilung des Marktes in folgende Segmente:

- Commuter (S-Bahn) Regionalverkehr/ Regionalexpress Intercity Hochgeschwindig- Städtische oder stadtnahe Regionalbahn Hochwertige Regionalverkehre Fernverkehr exkl. ICE, i.d.R. IC keitsverkehr Pendlerverkehre mit hohem mit eher längeren Reiseweiten, art Anbindung ländlicher und Hochgeschwindigkeitszüge im

Verkehrsaufkommen suburbaner Gebiete z.T. in Ergänzung zum IC Fernverkehr, i.d.R. ICE Verkehrs

Komplett elektrifiziert Hohes Potenzial durch Einsatz Großteils elektrifiziert, z.T. heute Größtenteils elektrifiziert Komplett elektrifiziert

- emissionsärmerer Fahrzeuge (noch) in Dieseltraktion

~ 1.700 Züge ~ 3.800 Züge 200-250 Züge ~ 260 Züge (2/3 Lok-bespannt) ~ 220 Züge Projekt relevanz 0% Diesel ~70% Diesel ~20% Diesel <5% Diesel 0% Diesel

Mengeneffekt sehr gering sehr hoch Abbildung 2: Segmentierung Schienenpersonenverkehr

Im Personenverkehr sind die beiden nachfolgenden Segmente aufgrund eines signifikanten Anteils an Dieseltriebzügen (und teilweise dieselbetriebenen Lokomotiven) für das Projekt relevant:

– Regionalbahn/-verkehr: Ca. 2.500 momentan im Bestand eingesetzte Triebzüge in Dieseltraktion. Für dieses Segment wurde sowohl ein bedeutender Mengeneffekt ausgemacht, als auch eine Relevanz im Hinblick auf Forschungsaktivitäten erwartet. – Regionalexpress: Ca. 50 momentan im Bestand eingesetzte Triebzüge in Dieseltraktion. Trotz der geringen Fahrzeugflotte bietet das Segment eine wesentliche Forschungsrelevanz.

Folgende Kernergebnisse wurden im Rahmen der Studie ermittelt:

– Der aktuelle und zukünftige Bedarf des Sektors zur Beschaffung innovativer Triebfahrzeuge liegt bis zum Jahr 2030 bei etwa 1.350 Triebzügen für den Einsatz auf nicht-elektrifizierten Strecken. Hinzu kommen weitere 1.150 Triebzüge bis zum Jahr 2050.

– Im als realistisch eingeschätzten Szenario der zukünftigen Marktentwicklungen (insb. im Verkehrs- und Energiemarkt) lassen sich innovative Triebfahrzeuge mit alternativen Antrieben im Personenverkehr wirtschaftlich einsetzen. Trotz erforderlicher Investitionen in die Infrastruktur (z.B. Ladepunkte, Wasserstofftankstellen) ist der Betrieb insb. bei Regionalbahnen wirtschaftlicher als mit konventionellen Fahrzeugen, sofern die Entwicklung des CO2-Preises den Plänen der deutschen Bundesregierung folgt.

– Sowohl batterieelektrische Produkte als auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sind bereits im Einsatz bzw. Erprobung – lediglich für Verkehrssegmente mit hohen Leistungsanforderungen (RE- und IC-Verkehre) sind aktuelle Antriebskonzepte noch weiterzuentwickeln. Hierfür wird

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eine Entwicklungszeit von ca. 5 Jahren als realistisch eingeschätzt – federführend sind hierbei Fahrzeughersteller sowie Hersteller des Traktionsstrangs (die oftmals identisch sind).

– Zu den weiteren Forschungsbedarfen hinsichtlich einer Optimierung alternativer Antriebe im Personenverkehr zählen bis 2030 zudem:

– Der Pilotbetrieb energieeffizienter Klimasysteme mit intelligenter Steuerung, die den Energieverbrauch an den jeweiligen Fahrzeugzustand anpassen. Somit kann der Bordenergieverbrauch reduziert werden (CO2-Sensor, Einstellwerte, Zonierung...) und ggf. mit der Evaluation von HEPA-Filtern (und weiteren COVID-19 Maßnahmen) kombiniert werden. – Der Pilotbetrieb von Fahrassistenzsystemen, die den Triebfahrzeugführer bei einer verbrauchsoptimierten Fahrweise zur Reduzierung des Traktionsenergiebedarfes unterstützen.

Adressaten für die beiden o.g. Punkte sind Subsystemhersteller - aufgrund der bereits im Markt vorhandenen Produkte dürfte die benötigte F&E-Zeit bei etwa 2-3 Jahren liegen.

Güterverkehr

Bei der Bestandsaufnahme erfolgte eine Unterteilung des Marktes in folgende Segmente:

- Leichte Schweres Nahverkehrsbedienung Streckenfahrten Korridor- Rangierverkehre Rangieren Feeder-Verkehre zu größeren Verkehre auf Hauptstrecken als Streckenfahrten

Zugbildung, Zuführungen Industrie, Zugbildungsanlagen Knotenpunkten, Sammlung von Zubringer zu Korridoren, aber Verkehre auf großen art (Waschanlage, Werkstatt), Wagengruppen in der Fläche auch vielfach Relationen Güterverkehrskorridoren (inkl. Rangieren) außerhalb existierender Korridore Verkehrs Gleisanschlussbedienung

Segment verliert an Bedeutung - Großer Bestand - Kein Lok-Substitut Energie- und Flottenoptimierung - Dual-Mode Konzepte in der Größtenteils elektrifiziert

- Substitution durch 2-Wege-Assets vorhanden – Emissionsminderung Potenzial: moderne Bedienkonzepte Zulassung – Dieselmotor erforderlich

~ 600 Lokomotiven ~ 2.000 Lokomotiven 250-300 Lokomotiven 1.300-1.400 Lokomotiven ~ 1.100 Lokomotiven Projekt

Relevanz ~100% Diesel ~100% Diesel ~100% Diesel ~35% Diesel <1% Diesel

Mengeneffekt sehr gering sehr hoch Abbildung 3: Segmentierung Schienenpersonenverkehr

Für das Projekt sind aufgrund der Fahrzeuganzahl sowie des hohen Anteils an Dieseltraktion bei gleichzeitig fehlenden Substitutionsprodukten vor allem folgende Segmente relevant:

– Schweres Rangieren: Ca. 2.000 momentan im Bestand eingesetzte Diesellokomotiven – Nahverkehrsbedienung: Ca. 250-300 momentan im Bestand eingesetzte Diesellokomotiven – Streckenfahrten (außerhalb von Korridoren): Ca. 450 momentan im Bestand eingesetzte Diesellokomotiven

Folgende Kernergebnisse wurden im Rahmen der Studie ermittelt:

– Der Bedarf des Sektors zur Beschaffung innovativer Lokomotiven liegt bis zum Jahr 2050 bei etwa 2.000 Fahrzeugen für schwere Rangieraufgaben, 250 Lokomotiven für die Nahverkehrsbedienung auf nicht-elektrifizierten Strecken sowie 400-500 Lokomotiven für Streckenfahrten außerhalb der Korridore.

– Derzeit verfügbare Produkte im Bereich alternativer Antriebe bei Lokomotiven sind ausschließlich Hybrid- bzw. Dual-Mode-Fahrzeuge sowie batterieelektrische Rangierlokomotiven. Bis 2030 könnten batterieelektrische Antriebe auch für die Nahverkehrsbedienung vorliegen, sofern die F&E-Bemühungen in diesem Segment unterstützt werden. In beiden Segmenten (Rangierbetrieb und Nahverkehrsbedienung) ist bis 2030 von einem Bedarf des Sektors von jeweils 80-100 Fahrzeugen auszugehen.

– Zum Abbau wirtschaftlicher Hemmnisse ist für den Einsatz batterieelektrischer Lokomotiven im Rangiersegment und der Nahverkehrsbedienung ggf. ein Umrüstungskonzept zu entwickeln, da Neufahrzeuge (ohne Förderung / Incentivierung) wirtschaftlich nicht darstellbar sind. Hier könnte

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ein Pilotprojekt zur Umrüstung von Bestandslokomotiven im Rangierbetrieb auf batterie- elektrischen Antrieb zur Erprobung und Verifizierung möglicher Betriebskostenvorteile und Überwindung operativer Hemmnisse aufgesetzt werden. Im Zeitraum von 3 Jahren dürfte die Betriebserprobung valide Ergebnisse für weitere F&E-Maßnahmen bringen.

– Im Streckenverkehr hingegen wäre der Einsatz alternativer Antriebe (vor dem Hintergrund zunehmender CO2-Bepreisung) wirtschaftlich gut darstellbar. Umso dringender sind hier (die bislang fehlenden technologischen) Lösungen zu finden. Aufgrund der Tatsache, dass für die Leistungsanforderungen im Streckenverkehr bislang keine alternativen Antriebe geeignet sind, besteht hier erheblicher Forschungsbedarf. Bis 2030 (evtl. sogar bis 2035) werden keine batterieelektrischen Produkte oder wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge marktreif sein.

– Forschungsansätze für Energiespeicher bzw. Brennstoffzellen für hohe Leistungsan- forderungen (Streckenverkehre) sind zu entwickeln bzw. aus anderen Anwendungsbereichen zu adaptieren. Da grundlegende technologische Herausforderungen zu meistern sind und erst anschließend eine Adaption für den Schienenverkehr erfolgen kann, ist von einer Entwicklungszeit von mindestens 10 Jahren auszugehen.

Nach einer umfangreichen Analyse vorhandener und in der Entwicklung befindlicher Antriebstechnologien wurden diese im Hinblick auf ihre Eignung in den verschiedenen Verkehrssegmenten näher untersucht. Die Auftragnehmer haben hierfür verschiedene Betriebsszenarien simuliert und dabei den Elektrifizierungsgrad der Strecken variiert. Aus der Simulation der betrieblichen Gegebenheiten folgt je untersuchtem Betriebsszenario im Hinblick auf die benötigte Speichergröße eine Eignungseinschätzung für die jeweilige alternative Antriebsart.

Zusammenfassend lässt sich herausstellen, dass im Personenverkehr Wasserstofflösungen (HMU) bei nicht-elektrifizierten Profilen sowie im leistungsintensiveren RE-Verkehr die Vorzugslösung darstellen. Demgegenüber ist die batteriebetriebene Variante (BEMU) vor allem bei Strecken mit höherem Elektrifizierungsgrad im Regionalbahn- sowie im fast vollständig elektrifizierten RE-Verkehr besonders geeignet. Diesel-Vollhybride (BDMU) und Diesel-Oberleitungs-Fahrzeuge (DEMU) sind nach Abwägung und Bewertung aller Aspekte in keinem der Betriebsszenarien als Vorzugslösung gegenüber HMU und BEMU anzusehen.

Im Güterverkehr stellt die Wasserstofflösung (H-Lok) lediglich im nicht-elektrifizierten Streckenverkehr die Vorzugslösung dar. Für die übrigen Betriebsszenarien sieht das Projektteam wesentliche Vorteile der BE-Lok (Batterieantrieb mit Oberleitung) gegenüber einer Wasserstoffvariante. Analog zum Personenverkehr stellen Diesel-Vollhybride zwar eine potenziell geeignete Lösung dar, jedoch keine Vorzugslösung gegenüber vollständig alternativ angetriebenen Lokomotiven.

Da noch nicht alle oben genannten Antriebstechnologien am Markt verfügbar sind, sondern sich vielfach in der Entwicklung befinden, haben die Auftragnehmer im Projektverlauf fünf wesentliche Cluster analysiert, welche als Hemmnisse der Marktreife und -einführung dieser Technologien entgegenstehen.

1 5 technologisch Prozessoral (Zulassung, etc.)

2 • Innovationsrate ist zu gering, da der Industrie die Stückzahlen betrieblich / wirtschaftlich / Anwendung fehlen und Zulassungsprozesse oft zu aufwendig sind 3 • In SPNV-Ausschreibungen fehlt häufig ein Anreizsystem für betrieblich / LCC / Nachrüstung höhere Investitionskosten bei alternativen Antrieben • Im SGV steht hohe Wirtschaftlichkeit im Fokus – 4 Energie- und Komponentenmanagement abgeschriebene Altfahrzeuge sind (ohne Anreizsystem) vielfach attraktiver als moderne Neufahrzeuge

Abbildung 4: Identifizierte Hemmnisse

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 14 / 147 Executive Summary

Um Hemmnisse in diesen Clustern zu überwinden, wurden sowohl konkrete Handlungsempfehlungen als auch langfristig-strategische Handlungsempfehlungen für das BMVI abgeleitet. Da diese zeitlich unterschiedlich relevant sind, wurden sie in nachfolgenden „Roadmaps“ dargestellt und in konkrete Maßnahmen bis zum Jahr 2030 sowie mittel- bis langfristige zu realisierende Maßnahmen unterteilt (siehe folgende Seite) – dabei liegen derzeit technologische Hemmnisse vor allem bei Fahrzeugen mit hohem Leistungsbedarf vor:

Batterie in ausreichender Batterie mit ausreichender Brennstoffzellensystem Leistung noch nicht für (Lade-)Leistung, Kapazität mit ausreichender Rangierlokomotiven und Energiedichte noch Leistung, Kapazität und adaptiert nicht vorhanden Leistungsdichte noch nicht vorhanden

BE Rangierlok BE Streckenlok H-Streckenlok Güterverkehr

heute 2030

„Skalierung“ HMU BEMU IC

Brennstoffzelle in Batterie in ausreichender ausreichender Kapazität noch nicht für F&E-Bedarfe Leistungsdichte noch Triebzüge im IC-Verkehr nicht für Triebzüge adaptiert kurzfristig langfristig adaptiert

Personenverkehr Abbildung 5: Technologische Hemmnisse nach Güter- und Personenverkehr

Im Schienenpersonenverkehr ergeben sich Potenziale durch Optimierung des (Bord-)Energiebedarfs sowie durch eine Hochskalierung vorhandener Lösungen (z.B. HMU für RE-Verkehre). Um die Klimaziele der Bundesregierung 2050 zu erreichen, muss ein Großteil der RB-/RE-Flotten nach 2030 erneuert und modernisiert werden (z.B. BEMU/HMU). F&E-Projekte im können kurzfristig wesentlich zu einer Flottenerneuerung beitragen, sind jedoch auch mittelfristig von Relevanz.

Im Schienengüterverkehr liegen wesentliche Forschungsbedarfe für alternative Antriebe im Bereich des schweren Rangierens und der Streckenfahrten. Hierbei ist eine Erneuerung/Modernisierung der Lokomotivflotte hauptsächlich nach 2030 erforderlich, um die Klimaziele der Bundesregierung 2050 zu erreichen. Für Lokomotiven sind vielfach keine leistungsstarken, alternativen Antriebe vorhanden – F&E-Projekte sollten jetzt beginnen, um nach 2030 marktwirksam zu sein.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 15 / 147 AP1: Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz vorgesehenen Triebfahrzeugen

1 AP1: Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz vorgesehenen Triebfahrzeugen

1.1 Verkehrsmarkt und Infrastruktur

Die Bahnbranche in Deutschland profitiert derzeit von aktuellen Trends wie der anhaltenden Urbanisierung sowie der Diskussion um den Klimaschutz. Zusammengefasst können die folgenden Treiber hinsichtlich (Neu-)Fahrzeugbeschaffungen ausgemacht werden:

Treiber für den Beschreibung Einfluss Bahnmarkt

Eine erwartete weitere Zunahme der Urbanisierung in den Metropolregionen generiert gerade im Nah- Urbanisierung und Regionalverkehr mehr Transportvolumen und zwingt die Entscheidungsträger, weitere Verkehre anzubieten.

Der zunehmende öffentliche Druck hin zu einer umweltfreundlicheren Mobilität kommt dem Klimaziele / Schienenverkehr zugute. Neben einer Unterstützung durch finanzielle Mittel aus der öffentlichen Hand Umweltdebatten führt auch der gesellschaftliche Wandel zu Nutzerveränderungen.

Wirtschaftliche Die Wirtschaftskraft in Deutschland ist hoch und geniert im Bahnbereich zahlreiche (angekündigte) Rahmen- Investitionen. Für die Schiene investiert der Bund bis 2030 rund 86 Mrd. Euro. bedingungen

Eine weiter zunehmende Liberalisierung des (europäischen) Schienenverkehrs führt zu mehr Markt- Wettbewerb und einem stärkeren Fokus auf wirtschaftliche Aspekte – darunter auch die Optimierung Liberalisierung der Flotten, z.T. durch signifikante „Verjüngung“ infolge umfangreicher Fahrzeugbeschaffungen.

Flottenbestands- entwicklung/ Gerade für Dieseltriebwagen weist die alternde Flotte erhebliches Potenzial für Neubeschaffungen auf. Altersstruktur

Im Schienengüterverkehr (SGV) korreliert die Leistung häufig mit der Wirtschaft. Folgende Entwicklungen sind im deutschen und europäischen SGV zu beobachten:

– Deutschland ist der größte Schienengüterverkehrsmarkt. Mehr als ein Viertel der europäischen SGV-Leistung (in tkm) wird in diesem Land erwirtschaftet. Gerade zwischen 2014 und 2016 hat sich die Leistung überdurchschnittlich entwickelt. – Die aktuelle COVID-19 Situation wirkt sich zumindest kurzfristig nachteilig auf Transportvolumina aus. Eine Langfristprognose ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen und hängt wesentlich von der weiteren Entwicklung der (Welt-)Wirtschaft ab. – Der europäische SGV wächst seit 2012 deutlich und hat inzwischen wieder das Vorkrisenniveau erreicht. – Neben der positiven wirtschaftlichen Entwicklung haben Umstrukturierungsprozesse der Betreiber und Infrastrukturinvestitionen zu dieser Entwicklung beigetragen.

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Entwicklung SGV 2006-2030 [tkm; Index 2006 = 100]

160 Prognose

Index 2006 [Mio. tkm] 140 Europa: 469.000 Deutschland: 107.000 Deutschland

120

100

Europa*

80 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030

SGV = Schienengüterverkehr; * Europa = EU 28 (inkl. Großbritannien) + Schweiz + Norwegen Quellen: Eurostat, Destatis; Prognose: SCI DATABASE © SCI Verkehr GmbH Abbildung 6: Entwicklung Schienengüterverkehr in Deutschland und Europa2

Des Weiteren ist der Modal Split seit Jahren konstant und zeigt keine wesentliche Veränderung zugunsten der Schiene:

Modal Split Güterverkehr [nach tkm in Deutschland, 2017/18]

Rohrleitungen/ Binnenschifffahrt Luftverkehr 8% 3%

Schiene 18%

Straße 71%

Quelle: Destatis © SCI Verkehr GmbH Abbildung 7: Modal Split SGV

Im Schienenpersonenverkehr (SPV) ist eine dynamische Entwicklung zu beobachten – Deutschland zeichnet insbesondere ein hohes Wachstum aus:

2 Transportmarktzahlen auf Basis des Jahres 2019 (ohne Auswirkungen der COVID-19-Krise in 2020)

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– Eine generell hohe Nachfrage an Verkehren in Agglomerationen und der Ausbau regionaler Verbindungen lässt die Fahrgastzahlen dynamisch steigen. – Das Marktumfeld ist von der aktuellen COVID-19-Pandemie sehr unterschiedlich betroffen und der Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) wird mit Entwicklungen wie der einbrechenden Zahl an Fahrgästen konfrontiert. In der mittel- bis langfristigen Prognose ist die Verkehrsmarktentwicklung schwer abzusehen. Gegenwärtig ist ein starker Einbruch des Verkehrsmarktes in 2020 zu beobachten – ob seine Erholung in den kommenden Jahren vollständig einsetzt oder ein geändertes Nutzerverhalten zu Mehr- oder Minderverkehren führt, ist derzeit offen. – Eine starke Förderung des SPNV in Deutschland hat wesentlichen Anteil an der Gesamtentwicklung. – Mit fast 20% macht die deutsche SPV-Leistung den größten Teil in Europa aus (in Pkm). – Europaweit ist mit zunehmender Liberalisierung der Betreiberlandschaft eine weitere Pkm- Zunahme zu erwarten, v.a. im zweitgrößten Markt Frankreich.

Entwicklung SPV 2006-2030 [Pkm; Index 2006 = 100]

160 Prognose

Index 2006 [Mio. Pkm] 140 Europa: 413.000 Deutschland: 79.000 Deutschland

120

Europa* 100

80 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030

SPV = Schienenpersonenverkehr; * Europa = EU 28 (inkl. Großbritannien) + Schweiz + Norwegen Quellen: Eurostat, Umweltbundesamt; Prognose: SCI DATABASE © SCI Verkehr GmbH Abbildung 8: Entwicklung Schienenpersonenverkehr in Deutschland und Europa3

Der Modal Split im SPV ist seit Jahren konstant und zeigt keine wesentlichen Veränderungen zugunsten der Schiene:

3 Verkehrsmarktzahlen auf Basis des Jahres 2019 (ohne Auswirkungen der COVID-19-Krise in 2020)

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Modal Split Personenverkehr [nach Pkm in Deutschland, 2018]

Luftverkehr Eisenbahn 6% 8% Öffentlicher Straßenpersonen- verkehr 7%

Motorisierter Individualverkehr 79%

Quelle: Umweltbundesamt © SCI Verkehr GmbH Abbildung 9: Modal Split SPV

Im deutschen Eisenbahn-Streckennetz bestehen zahlreiche abschnittsweise und flächendeckende Elektrifizierungslücken. Zahlreiche wichtige Dieselstrecken befinden sich im westlichen Teil der Republik. Allerdings sind auch südliche und östliche Korridore verhältnismäßig stark unterelektrifiziert. Im Norden, generell auch weniger dicht mit Bahnstrecken versehen, sind weniger Elektrifizierungslücken vorhanden.

Deutsches Streckennetz – Mit Diesel Wichtige Dieselstrecken in Deutschland befahrene Linien Kiel

Lübeck

Hamburg Oldenburg Berlin

Osnabrück 5 Münster Magdeburg Dortmund Leipzig Köln 3 Warburg Bonn Wetzlar Weimar

Aschaffenburg BingenFrankfurt Hof 1 Kaiserslautern

Stuttgart 4

2 Rosenheim Lindau Anmerkung: Rot markierte Linienführungen des SPNV sind nicht vollständig mit Fahrleitung elektrifiziert und werden heute in der Regel mit dieselbetriebenen Fahrzeugen bedient. Quelle: Technische Universität Berlin / Allianz pro Schiene © SCI Verkehr Abbildung 10: Elektrifizierungslücken im deutschen Schienennetz

Mit knapp über der Hälfte des deutschen Streckennetzes (nach km) sind gut 20.000 km elektrifiziert. Den höchsten Elektrifizierungsgrad weisen Stadtstaaten (Berlin, Hamburg, Bremen) oder kleine Bundesländer auf (Saarland). Unter den großen Bundesländern weisen Hessen und Baden-

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Württemberg den höchsten E-Grad auf. Mit über 70% Dieselstrecken ist das Netz in Thüringen und Schleswig-Holstein am wenigsten elektrifiziert. Elektrifizierte und nicht-elektrifizierte Streckenlängen nach Bundesland* [km]

Elektrifiziert Nicht elektrifiziert Gesamtlänge: ~38.500 [km]

Bayern 51% 49% 6.427 Nordrhein-Westfalen 59% 41% 5.523 46% 54% Baden-Württemberg 63% 37% 4.314 Niedersachsen 49% 51% 4.191 Brandenburg 61% 39% 2.766 Hessen 67% 33% 2.547 Sachsen 41% 59% 2.538 Sachsen Anhalt 48% 52% 2.314 Rheinland-Pfalz 42% 58% 1.982 Mecklenburg-Vorp. 57% 43% 1.656 Thüringen 30% 70% 1.521 Schleswig-Holstein 29% 71% 1.275 Berlin 84% 16% 626 Saarland 81% 19% 349 Hamburg 90% 10% 298

Bremen 96% 4% 139 Quelle: BAG-SPNV *Daten aus 2017 © SCI Verkehr Abbildung 11: Anteil Elektrifizierung je Bundesland

Im Zusammenhang mit einer Elektrifizierung nachfolgend exemplarisch einige wichtige Bauvorhaben (NummWichtigeerierung exemplarische siehe Karte oben): Bauvorhaben im Zusammenhang mit Elektrifizierung

1 Regensburg-Hof 173,6 km; in den vordringlichen Bedarf aufgenommen (BVWP 2030)

2 Hochrheinbahn 74,9 km (zwischen Basel Bad Bf. und Erzingen); vsl. bis 2025 abgeschlossen

3 Erftbahn 12,7 km (künftig Einbindung in S-Bahn-Köln S12); vsl. bis 2025 abgeschlossen

4 München–Mühldorf 53,7 km (zwischen Markt Schwaben und Mühldorf); vordringlicher Bedarf

5 Berlin–Lehrte ca. 136 km, Komplettelektrifizierung der Stammbahn; vordringlicher Bedarf bis 2035

© SCI Verkehr

In Deutschland werden 34% der Verkehrsleistung im SPNV dieselbetrieben erbracht (nach Zugkilometer). Regional gibt es große Unterschiede; der höchste Anteil der Dieseltraktion liegt in Schleswig-Holstein (65%). In den Stadtstaaten ist das Netz fast vollständig elektrifiziert.

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Anteil Dieseltraktion SPNV je Bundesland [Zkm] Zkm Anteil D Bundesland/Region [Mio.] [%] Bayern 125 40% Nordrhein-Westfalen 109 30% Baden-Württemberg 80 29% Berlin-Brandenburg 72 15% Hessen 55 29% Niedersachsen 54 38% Rheinland-Pfalz 39 46% Sachsen 39 43%

Diesel Sachsen-Anhalt 26 39% Elektrisch Schleswig-Holstein 26 65% Thüringen 22 46% Mecklenburg-Vorpommern 17 46% Hamburg 15 5% Saarland 8 25% Bremen 3 12% Gesamt 690 34%

© SCI Verkehr

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1.2 Lokomotiven

1.2.1 Bestand

In Deutschland sind derzeit ca. 6.320 Lokomotiven im Einsatz. Davon entfallen etwa 54% auf rein dieselbetriebene Lokomotiven (D-Loks), der überwiegende Rest auf elektrische Lokomotiven (E-Loks). Nur ein kleiner Teil von weniger als 100 Lokomotiven ist mit innovativer Traktionstechnologie versehen.

Nahezu 55% der in Betrieb befindlichen Flotte besteht aus Streckenlokomotiven. Innerhalb dieser Klasse ist mehr als 70% der Flotte im Schienengüterverkehr aktiv. Darüber hinaus findet sich in Deutschland eine große Flotte von Rangierlokomotiven (45%). Lokomotiven mit alternativem Triebfahrzeugkonzept finden sich in dieser Klasse, jedoch lediglich in geringer Stückzahl (~70).

Antriebsart der Lokomotiven in Deutschland mit Unterscheidung nach Anwendungsgebieten

Streckenloks Rangierloks (Mainline) (Shunting) Güterverkehr

2.030 Deutschland gesamt Personenverkehr 460 800 6.320 30 170

2.760

E-Loks D-Loks Alternative Loks 70

© SCI Verkehr Abbildung 12: Antriebsart der Lokomotiven in Deutschland mit Unterscheidung nach Anwendungsgebieten

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt dominieren im deutschen Lokomotivmarkt demnach klassische Antriebskonzepte:

– Elektrische Lokomotiven sind selbstfahrende Triebfahrzeuge, die zum Ziehen von Zügen eingesetzt werden, indem sie beispielsweise Güter- oder Personenwagons bewegen. Lokomotiven selbst verfügen nicht über Nutzlast zum Transportieren von Gütern oder Passagieren. Ihr Antrieb ist rein elektrische Traktion. Ein Pantograph überträgt den Strom aus der Oberleitung zur Lokomotive. Seit 2013 werden Neubaulokomotiven gelegentlich mit einem zusätzlichen Dieselaggregat mit niedriger Leistung ausgestattet, um die vielfach nicht-elektrifizierte „letzte Meile“ zurücklegen zu können. Da mit diesen „last-mile“ Aggregaten des niedrigen Leistungsbereichs nur kurzzeitige Autarkie von der Oberleitung ermöglicht wird sieht SCI Verkehr diese Lokomotiven ebenfalls als klassische E-Lokomotive. Die Flotte in Deutschland weist ein Durchschnittsalter von 20,5 Jahren auf und liegt damit deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. – Diesellokomotiven sind selbstfahrende Triebfahrzeuge, die zum Ziehen von Zügen eingesetzt werden, indem sie beispielsweise Güter- oder Personenwagons bewegen. Lokomotiven selbst verfügen nicht über Nutzlast zum Transportieren von Gütern oder Passagieren. Der Betriebseinsatz ist meist auf nicht elektrifizierte Strecken fokussiert, man findet Diesellokomotiven aber auch auf

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elektrifizierten Streckenabschnitten. Im Segment der Diesellokomotiven finden sich sowohl schwere Streckenlokomotiven als auch Rangierlokomotiven. Die Flotte weist ein Durchschnittsalter von nahezu 40 Jahren auf und liegt damit im europäischen Durchschnitt.

Bestand Lokomotiven in Deutschland

E-Lokomotiven (E-Lok) 2.900 E-Lokomotiven mit Dieselaggregat** (E-Lok)

D-Lokomotiven (D-Lok) 3.400

Zweikraftlokomotive (Dual Mode Lok)***

E-Lok + Batterieantrieb

D-Lok + Batterieantrieb <100

Batterielokomotiven

Wasserstofflokomotiven

Innovative Triebfahrzeugkonzepte Fahrzeuge, die längere Strecken autark (ohne Panto) fahren können, exkl. reiner Dieselfahrzeuge; ** Last-Mile: Dieselleistung/Elektrische Leistung <25%; *** Dual-Mode: Dieselleistung/Elektrische Leistung 25%; Daten-Quelle: SCI DATABASE / Stichtag 31.12.2019 © SCI Verkehr Abbildung 13: Bestand Lokomotiven in Deutschland 31.12.2019

Im deutschen Lokomotivmarkt dominieren neben den klassischen elektrischen Lokomotiven (44%) Diesellokomotiven mit hydraulischer Kraftübertragung (45%). Es gibt bislang nur wenige erprobte innovative Triebfahrzeugkonzepte im kommerziellen Einsatz. Das prominenteste Beispiel ist die 3- achsige H3 Rangierlokomotive, die seit 2014 ausgeliefert wird und neben einem Dieselmotor auch eine Traktionsbatterie aufweist. Im Segment der Streckenlokomotiven nahmen zu Beginn des Jahres 2020 die ersten 6-achsigen Lokomotiven des Typs EuroDual als Zweikraftlokomotiven ihren Betrieb auf. Darüber hinaus befinden sich Produkte schon in der Zulassungs- oder noch in der Konzeptphase.

Haupt- Antriebsart Erklärung Anzahl Anteil Bemerkung segment Loks [%] Elektrisch Elektrolokomotive unter Fahrdraht 2.810 44% Die klassische Elektrolokomotive mit Pantograph − Technisch nahezu perfektioniert hinsichtlich ihres Wirkungsgrades Elektrisch Elektrisch + Elektrolokomotive unter Fahrdraht mit − Bietet emissionslosen Oberleitungsbetrieb 50 1% Last Mile Diesel zusätzlichem Last Mile Dieselaggregat − Moderne Loks sind teilweise mit einem Dieselhilfsantrieb zur Überbrückung der nicht elektrifizierten letzten Meile ausgestattet. Diesel-hydraulisch D-Lok mit hydraulischer Kraftübertragung 2.850 45% Die klassische Diesellokomotive Diesel Diesel-elektrisch D-Lok mit elektr. Kraftübertragung 480 8% − Neubauloks müssen steigende Emissionsnormen erfüllen Diesel-mechanisch D-Lok mit mechanischer Kraftübertragung 50 1% − Hersteller stellen ihre Produktion zunehmend ein Dual Mode Lokomotiven nutzen die Oberleitung und ermöglichen Elektrisch/ Zweikraftlokomotive (Dual Mode) 30 0% zusätzlich den Betrieb auf nicht elektrifizierten Strecken Diesel − Erste Produkte sind seit 2019 für den deutschen Markt verfügbar Elektrolokomotive unter Fahrdraht + Kein Produkt in Deutschland – (Leichte) Rangierlokomotiven Elektrisch (Batterie) - - Traktionsbatterie (Fahrdrahthybrid) außerhalb Deutschlands im Einsatz. Alternativ Die Lokomotive verfügt neben einem Elektromotor über einen Diesel (Batterie) Diesellokomotive + Traktionsbatterie 50 1% Stromgenerator und eine Batterie als Energiespeicher − Produkte ausschließlich im Rangiersegment Kein Produkt in Deutschland – Leichte Rangierlok in Frankreich Batterie Batterielokomotive - - bestellt; Pilotprojekte für Streckenverkehr außerhalb Europas. Brennstoffzelle Brennstoffzellenlokomotive - - Kein Produkt verfügbar/zu erwarten - Pilotprojekte außerhalb Europas. 6.320 100%

Quelle: SCI DATABASE; Stand 2019 Innovative Triebfahrzeugkonzepte © SCI Verkehr Abbildung 14: Triebfahrzeugkonzepte im deutschen Lokomotivmarkt

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Die beiden derzeit gängigen innovativen Triebfahrzeugkonzepte sind Diesel (Batterie) Lokomotiven sowie Zweikraftlokomotiven. Sie zeichnen sich folgendermaßen aus:

– Eine Diesel (Batterie) Lokomotive (BD-Lok) verfügt neben einem Elektromotor über einen Stromgenerator und eine Batterie als Energiespeicher. Der Dieselmotor dient auch als Stromgenerator zum Nachladen der Batterie. Mit dieser kann die Lokomotive eine bestimmte Strecke emissionsfrei zurücklegen. Das Konzept findet wie bei der bereits vorgestellten H3 Lokomotive heute ausschließlich Anwendung im Rangierdienst (häufiges anfahren und anhalten). Im hohen Leistungsbereich unterstützt der Dieselmotor die Batterie. Das Konzept beinhaltet Unsicherheiten bezüglich einer eingeschränkten Reichweite und einer limitierten Lebensdauer der Batterien. – Eine Zweikraftlokomotive (dual-mode) vereint eine vollwertige elektrische sowie eine vollwertige Diesellokomotive in einer Lokomotive. Auf Strecken ohne Oberleitung erzeugt der Dieselmotor Strom für den Antrieb der Lokomotive. Auf elektrifizierten Strecken nutzt die Lokomotive den Strom aus der Oberleitung. Auf diese Weise vermeidet die dual-mode Lokomotive Fahrten mit Diesel unter Oberleitung. Von der elektrischen Lokomotive mit last-mile Dieselaggregat unterscheidet sich die dual-mode Lokomotive dahingehend, dass sie auch abseits der Oberleitung eine hohe Leistung im Dieselmodus zur Verfügung hat und lange Strecken autark zurücklegen kann. In Deutschland werden ab 2020 zwei Typen moderner dual-mode Lokomotiven für den Streckenverkehr eingesetzt: Eine sechsachsige Lokomotive, die sich bereits seit Anfang des Jahres 2020 im Betrieb befindet sowie eine vierachsige Lokomotive, die ihren Betrieb in Deutschland voraussichtlich Ende des Jahres 2020 aufnehmen wird.

Die nachfolgende Grafik illustriert die Altersstruktur der deutschen Lokomotivflotte:

Altersstruktur Lokomotiven in Deutschland [Anzahl Loks; Stand: 31.12.2019]

1,400 D-Lok E-Lok Alternativ-Lok 1,200

1,000

800

600

400

200

0

Durchschnittsalter E-Lok 20,5 Flottengröße E-Lok 2.900 Ø Flotte (Jahre) D-Lok 39,7 gesamt (Units) D-Lok 3.400

© SCI Verkehr Abbildung 15: Altersstruktur Lokomotiven in Deutschland

Mit etwa 40 Jahren weisen die Diesellokomotiven einen erheblich höheren Altersdurchschnitt auf als die Elektrolokomotiven und zeigen damit ein erhöhtes Ersatzbeschaffungspotential. Besonders im Rangierverkehr sind Diesellokomotiven im Einsatz, die ihre ökonomische Lebensdauer deutlich überschritten haben. Die Auslieferungen von Diesel-Streckenlokomotiven sind in den letzten Jahren stark rückläufig. SCI Verkehr beobachtet ein seit Jahren ansteigendes Preisniveau resultierend aus gestiegenen Emissionsnormen. Mit der kürzlichen Einstellung der Produktion reiner Diesel-

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Streckenlokomotiven gibt es derzeit keine neue Diesel-Streckenlokomotive für den deutschen Markt. Im Segment der elektrischen Lokomotiven ist – mit Ausnahme der Jahre der Finanzkrise – seit dem Beginn des Jahrhunderts ein hohes Niveau der Auslieferungen zu beobachten. In den vergangenen fünf Jahren (2015-2019) waren vor allem Leasingunternehmen mitverantwortlich für hohe Auslieferungszahlen. Im gleichen Zeitraum ist zudem ein deutlicher Trend zu Multisystemlokomotiven erkennbar, die im grenzüberschreitenden Verkehr auf Güterverkehrskorridoren eingesetzt werden.

Die Übersicht nach Lokomotiveigentümern in Deutschland bereitet SCI Verkehr nach Streckenlokomotiven (je nach Einsatzfeld, Güterverkehr vs. Personenverkehr) und Rangierlokomotiven auf.

Im Güterverkehr ist die DB Cargo mit etwa 990 Lokomotiven mit Abstand der größte Eigentümer. Neben einigen Diesellokomotiven besteht ihre Flotte zum absolut größten Teil aus Elektrolokomotiven. Ihr folgen im Ranking der Eigentümer die beiden Leasingunternehmen Railpool und Mitsui Rail Capital Europe (MRCE), die jeweils ausschließlich Elektrolokomotiven an ihre Kunden vermieten. Insgesamt ist die Eigentümerstruktur im deutschen Markt sehr kleinteilig, und geprägt von privaten Güterverkehrsbetreibern, die ihre Flotten in den vergangenen Jahren (besonders auch via Leasinglösungen) stark ausgeweitet haben. Alternativ angetriebene Lokomotiven werden nahezu keine eingesetzt.

Größte Lokomotiveigentümer von Streckenlokomotiven im Güterverkehr in Deutschland [Gesamt: 2.490 Lokomotiven; Stand: 31.12.2019]

DB Cargo 92% 8% 990

Railpool 100% 270

MRCE 100% 150

RBH 99% 1% 90 Logistics E-Lok Alpha 82% 18% 90 D-Lok Alternativ MEG 63% 37% 70 Gesamt Akiem 100% 60

Beacon 29% 71% Rail 50

Weitere 61% 38% 1% 720

© SCI Verkehr Abbildung 16: Streckenlokomotiven im Güterverkehr in Deutschland nach Eigentümer

Im Personenverkehr ist ebenfalls die der dominierende Eigentümer von Lokomotiven mit ihren beiden Tochtergesellschaften DB Regio AG und DB Fernverkehr AG. Sie vereinen nahezu 90% der Lokomotivflotte im Personenverkehr in ihrem Besitz. Im Vergleich zum Güterverkehr ist die Eigentümerstruktur wesentlich weniger kleinteilig, aber auch im Bereich des Personenverkehrs sind mehrere Leasingunternehmen präsent. Alternativ angetriebene Lokomotiven werden nicht eingesetzt.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 25 / 147 AP1: Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz vorgesehenen Triebfahrzeugen

Größte Lokomotiveigentümer von Streckenlokomotiven im Personenverkehr in Deutschland [Gesamt: 970 Lokomotiven; Stand: 31.12.2019]

DB Regio 85% 15% 580

DB 85% 15% Fernverkehr 270

LNVG 76% 24% 30

DIF Capital 100% 15 Partners E-Lok

Alpha Trains 10 D-Lok Alternativ Railpool 10 Gesamt MRCE <10

Beacon Rail <10

Weitere 74% 26% 40

© SCI Verkehr Abbildung 17: Streckenlokomotiven im Personenverkehr in Deutschland nach Eigentümer

Im Segment der Rangierlokomotiven ist ebenfalls die DB Cargo der größte Eigentümer mit über 600 Lokomotiven im Einsatz. Analog zum Schienengüterverkehr mit Streckenlokomotiven ist auch im Segment der Rangierlokomotiven eine sehr kleinteilige Eigentümerstruktur vorhanden. Im Rangiersegment finden sich alternativ angetriebene Lokomotiven. Diese sind vornehmlich vom Typ H3 und beispielsweise bei der MEG im Einsatz.

Größte Lokomotiveigentümer von Rangierlokomotiven im Güterverkehr in Deutschland [Gesamt: 2.860 Lokomotiven; Stand: 31.12.2019]

DB Cargo 100% 620

Thyssenkrupp 100% 110

Northrail 100% 70

VPS 100% 60 E-Lok

RWE Power 50 D-Lok Alternativ RBH Logistics 40 Gesamt MEG 30

Alpha Trains 100% 30

Weitere 97% 3% 1.840

© SCI Verkehr

Abbildung 18: Rangierlokomotiven in Deutschland nach Eigentümer

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1.2.2 Ausblick

Mit den drastisch gesunkenen Auslieferungszahlen für Diesellkomotiven und zahlreichen Bestellungen für innovative Triebfahrzeugkonzepte wird derzeit eine Übergangsphase eingeläutet, bei der Betreiber für den fahrdrahtlosen Verkehr zunehmend auf innovative Antriebskonzepte setzen und so lokal emissionsfreien Betrieb gewährleisten können. So sind im Streckenverkehr die ersten dual-mode Lokomotiven ausgeliefert worden und beginnen, die klassische Diesellokomotive abzulösen. Im Neugeschäft wurde die letzte reine Streckendiesellokomitive in Deutschland 2018 ausgeliefert, ältere Streckendiesellokomotiven werden sukzessive ausgemustert bzw. durch dual-mode Lokomotiven ersetzt.

Nachdem (basierend auf den Erfahrungen der letzten drei Jahre) offensichtlich keine Dieselstreckenlokomotive im deutschen Markt abgesetzt werden kann, werden innovative Lokomotiven im deutschen Markt derzeit hauptsächlich im dual-mode- oder Hybridsegment abgesetzt:

– Verschiedene Eigentümer – derzeit vor allem die DB AG und Leasingunternehmen – setzen zunehmend auf dual-mode-Lokomotiven. So hat die HVLE seit längerem EuroDual-Lokomotiven im Einsatz und DB Cargo hat im September 2020 100 Vectron Dual-Mode Lokomotiven bestellt. – Im Rangiersegment setzen Betreiber vor allem auf die Diesel (Batterie) Lösung. Hier ist seit einigen Jahren die H3 marktführendes Produkt.

SCI Verkehr erwartet, dass im Streckenverkehr die dual-mode Lokomotive bis 2030 das einzig verfügbare Produkt im Bereich der innovativen Antriebe bleiben wird, da die Leistungsanforderungen im Streckenverkehr die Kapazität derzeit verfügbarer Energiespeicher übersteigt (siehe nachfolgende Kapitel). Im Rangierverkehr werden neben den Hybridlösungen auch reine Batterielokomotiven erprobt – umfangreiche Bestellungen sind in Deutschland aufgrund fehlender Marktreife und Zulassung von Produkten in den kommenden 5 Jahren nicht zu erwarten.

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten bestellten oder bereits ausgelieferten Lokomotiven mit innovativem Antrieb aufgeführt (Stand März 2020):

Eigentümer Betreiber Typ Anzahl Anmerkung

DB Cargo 50 DB Cargo beschafft für den Güterverkehr 50 Diesel (Batterie)-Lokomotiven von Toshiba und wird weitere 50 DB Cargo HDB 800 von Railpool anmieten. Im Jahr 2021 sollen die Montage- Railpool 50 vorbereitungen im Rostocker Werk der DB beginnen.

Deutsche Die HVLE war der erste Kunde, der sechsachsige EuroDual HVLE EuroDual 10 Anlagen Leasing Lokomotiven des Herstellers Stadler bestellt hat. Der 2018 gegründete in der Schweiz ansässige Vermieter European ELP hat 18 EuroDual Lokomotiven des Herstellers Stadler Verschiedene EuroDual 18 Loc Pool (ELP) für den Betrieb in Deutschland bestellt. Die Auslieferung der Lokomotiven hat bereits 2019 begonnen. S-Bahn 2018 haben CRRC und die DB einen Rahmenvertrag über DB AG Hamburg/ D-CRRC 1004 4 20 neue Diesel (Batterie)-Rangierloks unterschrieben und Berlin einen Auftrag über die ersten vier Maschinen vereinbart. Vectron Dual Ende 2019 hat die Railsystems RP die ersten beiden Railsystems RP Railsystems RP 2 Mode Lokomotiven des Typs Vectron Dual Mode bestellt.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 27 / 147 AP1: Bestandsaufnahme der in Deutschland aktuell eingesetzten und durch Neuanschaffung für den Einsatz vorgesehenen Triebfahrzeugen

Wie beschrieben, nehmen die ersten dual-mode Lokomotiven derzeit ihren Betrieb im deutschen Markt auf. Insbesondere der EuroDual gelang der Markteinstieg in nennenswerter Stückzahl. Folgende Beispiele aus der Schienenfahrzeugindustrie für dual mode Antriebskonzepte gibt es für Lokomotiven in Deutschland und Europa:

Stadler EuroDual Siemens Vectron Dual Mode 6-achsige Streckenlokomotive 4-achsige Streckenlokomotive

• Bis zu 7.000 kW elektrisch, bis zu 3.000 kW im • Dieselleistung: 2.400 kW; 2.000 kW am Rad Dieselmodus (Stage IIIB; Dieseltank: 4.000l) • 160 km/h, 90t • Zulassung für Deutschland wurde im Februar • Derzeit in Test- und Zulassungsfahrten; erste 2020 erteilt, die ersten Lokomotiven treten nun Bestellung Ende 2019; Betrieb ab Ende 2020 in den Dienst erwartet

Vossloh DM 20 Stadler NG shunting 4-achsige Lokomotive für die 4-achsige Lokomotive für die Nahverkehrsbedienung Nahverkehrsbedienung

• Überarbeitetes Konzept; bereits 2010 • 2.000 kW (elektrisch) + 1 oder 2 vorgestellt Dieselmotoren (1,000 kW) • 2.100 kW (elektrisch) + 900 kW (Diesel, Stage • Angaben des Herstellers zufolge frühestens V); 120 km/h, 90t, MTU/CAT – Motor 2022/23 erhältlich • Angaben des Herstellers zufolge frühestens • Als Dieselvariante in großer Stückzahl nach 2022/23 erhältlich Finnland verkauft

Alstom H4 für die SBB 4-achsige Lokomotive für die Nahverkehrsbedienung

• Aem 940 Serie; 84t; 2,000 kW unter Oberleitung (AC); 900 kW am Rad im Dieselbetrieb; ausgestattet mit zwei Cat C18 Dieselmotoren mit 522 kW • Die ersten Loks befinden sich in der Schweiz im Betrieb

Konzept © SCI Verkehr Fotos: Stadler, Siemens, Vossloh, Railcolor Abbildung 19: Innovative Lokomotivkonzepte I

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Neben den dual-mode Produkten lässt sich aber auch eine Reihe von Lokomotiven erwähnen, die neben einem Dieselmotor auf eine zusätzliche Traktionsbatterie setzen. Folgende Beispiele aus der Schienefahrzeugindustrie gibt es für dieses Konzept in Deutschland und Europa:

Alstom H3 CRRC hybrid loco 3-achsige Rangierlokomotive 4-achsige Rangierlokomotive

• 350 kW Batterie (Nickel-Cadmium) sowie 350 • Rangierlokomotive für S-Bahn Berlin/Hamburg kW Deutz-Dieselmotor (Stage IIIB) • Dieselgenerator (EU IIIB) und Traktionsbatterie • 100 km/h, 67t (750 kW) • Erste H3 Lokomotive wurde 2014 ausgeliefert • 80 km/h • Rahmenvertrag über 20 Lokomotiven, 4 fest bestellt

Vossloh DE 18 SmartHybrid Toshiba HDB 800 4-achsige Lokomotive für die 4-achsige Rangierlokomotive Nahverkehrsbedienung

• 1,800 kW-Diesellokomotive zusätzlich • DB Cargo und Railpool haben jeweils 50 ausgestattet mit einer Traktionsbatterie (120 Diesel (Batterie) Lokomotiven bestellt kWh) • 800 kW Dieselleistung, 180 kW Batterie • Umsetzung des Konzepts derzeit nicht • 80t, 100 km/h abzusehen • Produktion ab 2021 in Rostock

Project HELMS BR 29X 4-achsige Rangierlokomotive

• Modernisierung von DB V90 Diesellokomotiven • Leistung: 750 kW; 80 km/h • Batterie: SCiB 92 kWh • Zwei Prototypen wurden mit einer Batterie nachgerüstet und befinden sich im Testbetrieb; weitere 280 Lokomotiven sollen ab 2022 folgen Konzept © SCI Verkehr Abbildung 20: Innovative Lokomotivkonzepte II

Wie auf dem nachfolgenden Zeitstrahl dargestellt, ist zuerst für die klassischen Diesellokomotive ein Ende der Neuauslieferungen in Sicht. Während bereits im Jahr 2019 keine neue Diesel- Streckenlokomotive mehr im deutschen Markt ausgeliefert wurde, kamen Rangierlokomotiven noch zur Auslieferung. Die beiden im Lokomotivbereich derzeit gängigen innovativen Triebfahrzeugkonzepte, die Zweikraftlokomotive im Streckenverkehr sowie die Diesellokomotive mit Traktionsbatterie im Rangierbetrieb, werden in einer Transitionsphase hin zum emmissionsfreien Betrieb die zentralen Konzepte bleiben und zumindest lokal emissionsfreie Traktion ermöglichen. Langfristig emissionsfreie Traktion werden lediglich jene Antriebskonzepte ermöglichen, die gänzlich ohne den Dieselmotor auskommen. Neben der reinen Elektrolokomotive, die eine Oberleitung benötigt, ist auch eine Elektrolokomotive mit einer zusätzlichen Traktionsbatterie (Fahrdrahthybrid) denkbar. Für letztere gibt es derzeit kein Produkt für den deutschen Markt. Ebenfalls kein marktreifes Produkt gibt es für reine Batterielokomotiven oder für Brennstoffzellenlokomotiven.

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Elektrische Lokomotive

(ggf. mit last mile Dieselmotor)

Loco

-

E Elektrisch Elektrolokomotive unter Fahrdraht + Traktionsbatterie (Fahrdrahthybrid)

Zweikraftlokomotive (Dual Mode) Alternativ

Diesellokomotive + Traktionsbatterie

Diesellokomotive

Diesel Gegenwart Dieselmotor Batterie Pantograph Abbildung 21: Überblick Transitionsphase zu emissionsfreiem Betrieb4

Wegen der großen Stückzahlen mittel- bis langfristig zu ersetzender Diesellokomotiven sind im Schienengüterverkehr das schwere Rangieren und die Nahverkehrsbedienung für das vorliegende Projekt besonders relevant. Hier liegen prioritäre Untersuchungsfelder.

Im Güterverkehr kann zur Unterteilung der Lokomotivflotte zwischen fünf Hauptsegmenten unterschieden werden: Rangierverkehre werden über leichtes (Zuführungen etc.) oder schweres Rangieren (z.B. Industrie) ausgeführt; die Nahverkehrsbedienung enthält Feeder-Verkehre zu größeren Knotenpunkten. Streckenfahrten werden sowohl auf den großen (europäischen) Güterkorrdoren als auch über Zubringer und außerhalb der Korridore erbracht. Die folgende Abbildung liefert eine Kenngrößen zum Rollmaterialeinsatz auf den fünf Hauptsegmenten des Schienengüterverkehrs.

4 Dargestellt sind lediglich diejenigen Lokomotiv-Konzepte, die entweder bereits erprobt oder in der Realisierung bzw. in naher Zukunft technologisch denkbar sind.

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- Leichte Schweres Nahverkehrsbedienung Streckenfahrten Korridor- Rangierverkehre Rangieren Feeder-Verkehre zu größeren Verkehre auf Hauptstrecken als Streckenfahrten

Zugbildung, Zuführungen Industrie, Zugbildungsanlagen Knotenpunkten, Sammlung von Zubringer zu Korridoren, aber Verkehre auf großen art (Waschanlage, Werkstatt), Wagengruppen in der Fläche auch vielfach Relationen Güterverkehrskorridoren (inkl. Shunting) außerhalb existierender Korridore

Verkehrs Gleisanschlussbedienung

- Fahr zeuge Alternativ E-Loks

div. D-Loks D-Lok (<100) (<50) div. D-Loks D-Lok E-Lok D-Lok E-Lok -

Leichte Shunter div. alternativ angetriebene Loks Entwick

lungspfad (Batterieantrieb) 2-Wege-Fahrzeuge (Neubau & Nachrüstung) alternativ angetriebene Loks Alternativ E-Lok E-Lok Segment verliert an Bedeutung - Großer Bestand - Kein Lok-Substitut Energie- und Flottenoptimierung - Dual-Mode Konzepte in der Größtenteils elektrifiziert

- Substitution durch 2-Wege-Assets vorhanden – Emissionsminderung Potenzial: moderne Bedienkonzepte Zulassung – Dieselmotor erforderlich

~ 600 Lokomotiven ~ 2.000 Lokomotiven 250-300 Lokomotiven 1.300-1.400 Lokomotiven ~ 1.100 Lokomotiven

Projekt Relevanz Mengeneffekt Forschungsrelevanz sehr gering sehr hoch Keine Relevanz - - - sehr hoch Abbildung 22: Projektrelevanz im Schienengüterverkehr nach Verkehrsart

Sowohl im schweren Rangieren als auch bei den Streckenfahrten werden bereits heute Lokomotiven in E-Traktion eingesetzt. Leichte Rangierverkehre sowie die Nahverkehrsbedienung wird ausschließlich mit Dieseltraktion ausgeführt. Bezüglich eines Potenzials auf dem Entwicklungspfad hin zu innovativen Antrieben sind insbesondere die Segmente des schweren Rangierens, der Streckenfahrten und der Nahverkehrsbedienung besonders zu berücksichtigen. Die Fahrzeugflottengröße (Mengeneffekt) der beiden erstgenannten sowie eine mögliche Relevanz im Hinblick auf Forschungsthemen lassen diese Segmente im Folgenden in den Fokus rücken. In AP5 werden diese Betrachtungen aufgegriffen und hinsichtlich ihrer im weiteren Projektverlauf untersuchten technisch-wirtschaftlichen Kriterien analysiert.

Während leichte Rangierverkehre zunehmend durch Zweiwegefahrzeuge ersetzt werden und Batterielösungen ausreichend Leistung zur Verfügung stellen, sind wichtige Güterverkehrskorridore größtenteils bereits elektrifiziert und können von klassischen Elektrolokomotiven bedient werden. Im Bereich der Korridor-Zubringerverkehre auf Hauptstrecken bzw. auf Relationen außerhalb existierender Korridore ist der Dieselmotor aufgrund der hohen Leistungsanforderungen derzeit noch erforderlich – in diesen Bereich fallen die bereits vorgestellten und existierenden dual-mode Produkte, die auf bewährten Lokomotivtypen aufbauen. Die Nahverkehrsbedienung wird derzeit von Diesellokomotiven durchgeführt. Hier finden sich auch dieselbetriebene Universallokomotiven, die sowohl Rangierverkehre leisten können als auch leichte Streckenverkehre durchführen, oder solche Lokomotiven, die für Infrastrukturarbeiten besonders geeignet sind. In diesem Bereich bedarf es moderner Bedienkonzepte und eines innovativen Energiemanagements. Im Bereich des schweren Rangierens gibt es in Deutschland eine große Flotte von etwa 2.000 Lokomotiven, die ein sehr hohes Durchschnittsalter aufweisen und damit ein großes Ersatzbeschaffungspotential konstituieren. Die Lokomotiven in diesem Segment erfüllen zur überwiegenden Mehrheit nur stark veraltete oder gar keine Emissionsstandards. SCI Verkehr erwartet in diesem Segment sowohl einen sehr hohen Mengeneffekt als auch eine hohe Relevanz für Forschungthemen.

SCI Verkehr erwartet im Lokomotivsegment in Deutschland konstant hohe Auslieferungszahlen in den kommenden Jahren.

Im Bereich der Elektrolokomotiven erwartet SCI Verkehr einen leichten Rückgang der Auslieferungen, bedingt durch ein sehr hohes Auslieferungsniveau in den vergangenen Jahren. Bei der DB Cargo scheint derzeit ein Überangebot an Lokomotiven für den nationalen Markt vorzuherrschen. So wurden 2019 teilweise neue Lokomotiven zum Verkauf angeboten. Gleichzeitig scheint auch der Bedarf an Multisystemlokomotiven angesichts umfänglicher Rahmenverträge vorerst gedeckt. Leasingunternehmen, die wesentlich zum hohen Auslieferungsniveau der letzten Jahre beigetragen haben, reduzierten bereits im Jahr 2019 deutlich ihre Aktivität im Neufahrzeugkauf.

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SCI Verkehr erwartet, dass in Deutschland ab dem Jahr 2025 keine reine Diesellokomotive mehr ausgeliefert wird. Vereinzelt sind noch Bestellungen für Rangierlokomotiven zu erwarten. Das Neugeschäft wird dann aber vollständig zum Erliegen kommen.

Auslieferungen Lokomotiven bis 2030 [Anzahl Loks]

160 Prognose1 inkl. fest bestellter Loks

140

120

100 E-Loks D-Loks Alternativ-Loks

80

60

47% 55% 53% 0% 40 32% Anteil fest 0% 23% 0% bestellter alternativer Loks 0% 0% 20 73% [insg. 27%]

0 2015​ 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Quelle: SCI DATABASE 1 Basierend auf Analysen von Ausschreibungen, Flottenstrukturen und Betreiberstrategien unter Berücksichtigung bereits fest bestellter Loks und bestehender Rahmenverträge, Technologiereife sowie Verkehrsmarktentwicklungen Abbildung 23: Auslieferung Lokomotiven bis 2030

Diese entstehende Lücke werden deutlich steigende Beschaffungsvolumina von Lokomotiven mit innovativen Antrieben füllen. Insbesondere mit dem Inverkehrbringen der EuroDual, für die es u.a. einen größeren Rahmenvertrag des Schweizer Leasingunternehmens European Loc Pool (ELP) gibt, steigen auch im Streckenverkehr beginnend im Jahr 2020 die Auslieferungszahlen deutlich an. Generell achten Betreiber auch im preissensiblen Güterverkehrssegment zunehmend auf ihren ökologischen Fußabdruck. Insbesondere die Deutsche Bahn ist aktiv: Neben dem Umbauprojekt HELMS, der Nachrüstung alter V90 Diesellokomotiven mit Batterie, ist die DB auch im Neufahrzeuggeschäft tätig. Gemeinsam mit dem Leasingunternehmen Railpool wurden 100 Toshiba Diesellokomotiven mit zusätzlicher Traktionsbatterie für die DB Cargo bestellt. Zudem gibt es eine laufende Ausschreibung über bis zu 400 dual-mode Lokomotiven der DB Cargo.

Neben den vielen Vorteilen der innovativen Antriebe (z.B. Emissionsminderung, Senkung der Betriebskosten, verbesserte Arbeitsbedingungen in Hallen oder Tunneln durch Batterie) bestehen diverse technologische und ökonomische Herausforderungen, die ein noch stärkeres Wachstum dieses Segments derzeit behindern. So sind alternativ angetriebene Fahrzeuge signifikant teurer in der Anschaffung als klassische Diesellokomotiven. Zudem verfügen Betreiber wie Hersteller und Werkstätten noch nicht über umfassende Instandhaltungserfahrung der alternativen Antriebe. Zudem wird man voraussichtlich bis mindestens zum Jahr 2030 für schwere Güterverkehre weiterhin einen zusätzlichen starken Dieselantrieb (z.B. als Teil einer dual-mode Lösung) benötigen, um oberleitungsautark fahren zu können, da die Batterietechnologie für diese Verkehre ökonomisch wie technologisch (z.B. durch begrenzten verfügbaren Raum auf der Lokomotive) nicht realisierbar scheint.

SCI Verkehr erwartet, dass die COVID-19 Krise insbesondere kurz und mittelfristig negative Auswirkungen auf die Beschaffungsvolumina im Lokomotivsegment haben wird. Neben Lieferverzögerungen durch kurzfristige Produktionsausfälle bedingt durch temporäre Werksschließungen könnten preissensible Betreiber auf anvisierte Beschaffungsvorhaben verzichten und beispielsweise eine kostengünstigere Modernisierung ihrer Flotte in Betracht ziehen. Langfristig

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lassen sich wirtschaftliche Auswirkungen der Pandemie auf das Beschaffungsvolumen derzeit schwer abschätzen. Aufgrund existierender Rahmenverträge, sowie einer sich abzeichnenden Erholung der Weltwirtschaft, geht SCI Verkehr in Deutschland derzeit nicht von einer deutlich abweichenden Prognose des Lokomotivmarkts aus.

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1.3 Triebzüge

1.3.1 Bestand

In Deutschland sind derzeit ca. 6.100 Triebzüge im Einsatz. Davon entfallen etwa 55% auf elektrische Triebzüge (EMU), der überwiegende Rest auf Dieseltriebzüge (DMU). Die innovativen Triebfahrzeuge in Schienenpersonenverkehr bilden nur eine kleine Teilflotte von weniger als 20 Zügen. Diese sind mit einem alternativen Antrieb, wie beispielsweise einer Brennstoffzelle oder Batterie5, versehen.

Die beiden mit Abstand häufigsten Triebzugkonzepte im Regional- und Nahverkehr sind Elektro- und Dieseltriebzüge:

– EMU sind selbstfahrende (motorisierte) Einheiten zur Personenbeförderung, die i.d.R. aus mehreren gekoppelten Einzeleinheiten bestehen. Der Antrieb funktioniert mittels elektrischer Traktion (Pantograph/Oberleitung). Die Flotte in Deutschland weist ein Durchschnittsalter von nur 13 Jahren auf und ist verglichen mit dem europäischen Durchschnitt sehr jung. – DMU sind selbstfahrende (motorisierte) Einheiten zur Personenbeförderung, die in der Regel aus einer oder mehreren fest gekoppelten Einzeleinheiten bestehen. Der Betriebseinsatz ist meist auf den Nah- und (Inter-)Regionalverkehr auf nicht elektrifizierten Strecken beschränkt. Die Flotte weist ein Durchschnittsalter von etwa 18 Jahren auf.

Bestand Triebzüge in Deutschland

Elektrotriebzüge/-wagen (EMU) 3.400 Triebzüge/-wagen mit Pantograph

Dieseltriebzüge/-wagen (DMU) 2.700 Triebzüge/-wagen ohne Pantograph, mit Dieselantrieb

Bi-mode Triebzüge

DMU + Batterieantrieb (BDMU)

EMU + Batterieantrieb (BEMU) <20

Batterietriebzüge (BMU)

Wasserstofftriebzüge (HMU)

Innovative Triebfahrzeugkonzepte Quelle: SCI DATABASE © SCI Verkehr Abbildung 24: Bestand Triebzüge in Deutschland 31.12.2019

Im deutschen SPNV gibt es bislang nur wenige erprobte innovative Fahrzeugkonzepte im regulären Fahrgastbetrieb. Die meisten Hersteller entwickeln jedoch Prototypen – sowohl für Batterie- als auch für Brennstoffzellenzüge. Die einzigen heute im Fahrgastbetrieb eingesetzten innovativen Triebzüge

5 Anmerkung: Zusätzlich zu den EMU und DMU gibt es im deutschen Schienenpersonenverkehr etwa 300 Hochgeschwindigkeitszüge (i.d.R. ICE) sowie 3.300 Metro-Bahnen und 5.600 Straßenbahnen. Da diese zu einem überwiegenden Teil elektrisch beitrieben werden, spielen sie in der weiteren Betrachtung keine Rolle.

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sind die Wasserstofftriebzüge vom Typ iLint, die im Weser-Elbe-Netz eingesetzt werden. Die ersten Züge wurden 2018 ausgeliefert und bis 2022 sollen insgesamt 14 Züge im Einsatz sein.

Im Gegensatz beispielsweise zur französischen Flottenzusammensetzung umfasst die deutsche Regional- und Nahverkehrsflotte keine bimodalen Triebzüge, d.h. Züge mit zwei unabhängig voneinander funktionierende Antriebsarten (Diesel und elektrisch über Oberleitung). Diese werden in anderen Ländern häufig eingesetzt, um Lücken im elektrifizierten Netz auszugleichen. Entsprechend höher ist in Deutschland der Anteil der Dieselfahrzeuge, die unter Fahrdraht eingesetzt werden.

Hauptsegment Antriebsart Erklärung Bezeichnung/ Anzahl Anteil an Bemerkung Abkürzung Züge Gesamt Elektrotriebzug unter Elektrisch Elektrisch EMU 3.362 55% Klassischer EMU mit Pantograph Fahrdraht Dieseltriebzug mit mech. Dieselmechanisch DMU 1.359 22% Klassischer DMU: ursprünglich Kraftübertragung überwiegend dieselhydraulisch - Dieseltriebzug mit hydr. heute sind beide Kraftübertragungen Diesel Dieselhydraulisch DMU 1.180 20% Kraftübertragung gängig Dieseltriebzug mit elektr. Dieselelektrisch DEMU 176 3% Auch Brennkrafthybrid genannt Kraftübertragung Bi-Mode Zweikraft-Fahrzeuge; v.a. in Elektrisch / Diesel Bi-mode Triebzug - - EMU/DMU Frankreich relevant Batteriezug mit Pantograph. Prototyp Fahrdraht + Batterie Bombardier und Stadler; Bestellung Elektrisch (Batterie) BEMU 2 0% (=Fahrdrahthybrid) 11x Alstom für VMS (Sachsen) und 55 Alternativ x Stadler (Schleswig Holstein) Dieseltriebzug + Lediglich Forschungsmodelle Diesel (Batterie) BDMU - - Batterie vorhanden (DB EcoTrain) Brennstoffzelle + 14 (nicht Weltweit erster Wasserstoff- Brennstoffzelle Batterie HMU vollständig 0% Personentriebzug - seit 2018 im (=Wasserstoffhybrid) ausgeliefert) Fahrgastbetrieb (Typ iLint von Alstom) 6.093 100% Quelle: SCI DATABASE; Stand 2019 Innovative Triebfahrzeugkonzepte © SCI Verkehr Abbildung 25: Konzepte im deutschen Triebzugmarkt

Die beiden derzeit gängigen innovativen Triebfahrzeugkonzepte sind Fahrdrahthybride (BEMU) sowie Wasserstoffhybride (HMU). Sie zeichnen sich folgendermaßen aus (für technische Details siehe Analyse AP 2/3):

– Ein BEMU (battery electric multiple unit; batterie-elektrischer Triebzug) bezieht seine Energie aus der Oberleitung oder einer verbauten Batterie. Mit letzterer kann der Zug eine bestimmte Strecke emissionsfrei und unabhängig von der Oberleitung zurücklegen. Die Aufladung der Batterien findet in der Regel sowohl während des Fahrbetriebs als auch im Stillstand über die Oberleitung statt. Das Konzept ist infolge einer eingeschränkten Reichweite und einer limitierten Lebensdauer der Batterien noch mit einigen betrieblichen und wirtschaftlichen Unsicherheiten verbunden. – Ein HMU (hydrogen multiple unit; Wasserstofftriebzug) funktioniert über ein Antriebssystem mithilfe des Einsatzes von Brennstoffzellen, die durch die Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff elektrische Energie erzeugen. Dadurch ist der HMU nicht nur emissionsfrei, sondern auch komplett autark von der Oberleitung. Folgende Punkte schränken das Konzept ein: Batterien zur Zwischenspeicherung benötigt; Wartungsintensive Module mit sicherheitsrelevanten Aspekten; aufwändige Ladeinfrastruktur (Wasserstofftankstelle in Industrienähe von Vorteil); analog zum BEMU ist die Reichweite im Vergleich zum konventionellen DMU eingeschränkt.

Das niedrige Durchschnittsalter der EMU-Flotte in Deutschland ist vor allem durch zahlreiche Auslieferungen in den letzten Jahren bedingt. Ein Großteil der Fahrzeuge der heutigen DMU-Flotte wurde Anfang der 2000er Jahre beschafft und steht damit in den kommenden zehn Jahren zum Austausch an. Die nachfolgende Grafik illustriert die Altersstruktur der deutschen Triebzugflotte (einschließlich Hochgeschwindigkeitszüge):

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Altersstruktur Triebzüge/-wagen in Deutschland [Anzahl Züge; Stand 31.12.2019]

1,200 EMU DMU HST alternativ 1,000

800

600

400

200

0

Durchschnittsalter EMU 13 Flottengröße EMU 3.400 Ø Flotte (Jahre) DMU 18 gesamt (Züge) DMU 2.700

HST = Hochgeschwindigkeitszug (i.d.R. ICE) © SCI Verkehr Abbildung 26: Altersstruktur Triebzüge in Deutschland

Der derzeitige EMU-Bestand umfasst ca. 3.400 Züge. Seit der Jahrtausendwende hat das Beschaffungsvolumen deutlich zugenommen und ist seither konstant hoch. Das junge Durchschnittsalter von knapp 14 Jahren korreliert mit den ansteigenden Beschaffungen privater EVU. Die DMU-Flotte besteht aus etwa 2.700 Zügen. Ein erheblicher Teil der heute in Betrieb befindlichen Fahrzeuge wurde Anfang der 2000er Jahre ausgeliefert - seitdem ist ein konstant niedrigeres Niveau zu beobachten. Mit ca. 5% machen Hochgeschwindigkeitszüge nur einen geringen Flottenanteil aus und sind in Deutschland mittlerweile vollständig mit E-Traktion ausgeführt.

Die ersten alternativen (innovativen) Triebzüge wurden in den vergangenen fünf Jahren ausgeliefert (siehe Beschreibung oben).

Die DB Regio ist mit Abstand größter Halter von Triebzügen in Deutschland (etwa zwei Drittel inklusive S-Bahn-Züge). Der Anteil privater Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und beträgt in etwa ein Drittel (inkl. Leasingfahrzeugen).

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Größte Fahrzeugeigentümer SPV in Deutschland [Gesamt: 6.100 Züge, Anteil EMU in Prozent; Stand 31.12.2019]

DB Regio 55% 2.990

S-Bahn Berlin/ 100% Hamburg 870

Alpha Trains 49% 470

VRR 95% 200 EMU SFBW* 51% 190 DMU LNVG* 10% 130 innovativ Netinera 0% 80

Benex 41% 59% 60

Weitere 22% 980

* Fahrzeugpools der Bundesländer Niedersachsen (LNVG) und Baden-Württemberg (SFBW) © SCI Verkehr Abbildung 27: Fahrzeugeigentümer von Triebzügen in Deutschland

Bereits an dritter Stelle befindet sich das Leasingunternehmen Alpha Trains, dessen ausgeglichene Flotte der EMU/DMU-Triebzüge für zahlreiche Verkehrsbetreiber im Einsatz ist (Nordwestbahn, Keolis, Abellio, Transdev, etc.). Fahrzeugpools wie jener der LNVG (Niedersachsen) und SFBW (Baden- Württemberg) werden zunehmend wichtiger bezüglich anstehender Neubeschaffungen von Triebzügen. Die derzeit einzig innovative Fahrzeugflotte ist Teil der LNVG (iLint Wasserstroffzüge). Der Anteil der Dieselfahrzeuge ist vor allem bei den kleineren Besitzern größer und summiert sich unter „Weitere“ auf ca. 800 Fahrzeuge.

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1.3.2 Ausblick

Mit der anstehenden Inbetriebnahme erster größerer Flotten alternativ angetriebener Züge (XMU) nimmt die Dekarbonisierung im Schienenverkehr in Deutschland Fahrt auf. Ausgehend von zahlreichen Bestellungen wird in den kommenden Jahren eine Übergangsphase eingeläutet, die den fahrdrahtlosen Schienenverkehr grundlegend transformiert. Die mithilfe von Wasserstoff- oder Batterietechnologie angetriebenen Züge werden bis Mitte des Jahrzehnts den klassischen Dieseltriebzug im Neufahrzeuggeschäft einholen.

Innovative Triebzüge im deutschen SPNV: – Zahlreiche Bundesländer und deren Aufgabenträger haben in den vergangenen Jahren angekündigt, innovative Triebfahrzeuge auf Dieselstrecken einsetzen zu wollen. – Während einige Akteure sich früh auf bestimmte Konzepte festgelegt haben, werden andere Vergaben technologieoffen gestaltet. – Erste Vergaben in Nordrhein-Westfalen sind aufgrund zu hoher Kosten für die Neufahrzeuge gescheitert. – Fast alle Ankündigungen für den Einsatz innovativer Triebfahrzeuge sehen die Beschaffung durch den Aufgabenträger oder das Land vor.

In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten bestellten oder bereits ausgelieferten XMU aufgeführt:

Aufgabenträger/ Anzahl Fahrzeugmodell Netz Beschreibung Fahrzeugpool Züge LNVG Weser- 14 Erstes Netz mit innovativen Triebzügen. Seit 2018 Elbe-Netz verkehren erste HMU Wasserstoffzüge im Fahrgastbetrieb. Alstom iLint Nah.SH XMU-Netz 55 Die Nah.SH hat 55 zweiteilige FLIRT Akku (BEMU) bei Stadler FLIRT Akku Stadler für den Einsatz auf mehreren Strecken bestellt. (Prototyp) RMV Taunus- 27 Die fahma (RMV) hat für den Einsatz auf Strecken im Netz Taunus-Netz 27 HMU des Typs iLint bei Alstom bestellt. Mit Hersteller Alstom wurde ein Verfügbarkeitsmodell vereinbart, bei dem der Hersteller auch die Instandhaltung und Energieversorgung über 25 Jahre sicherstellt (inkl. Bau einer Betankungsanlage). Die Betriebsaufnahme ist den aktuellen Planungen nach im Dezember 2022 vorgesehen. Alstom iLint VMS Chemnitz - 11 Der VMS hat Ende 2019 11 BEMU des Typs Coradia Leipzig Continental bei Alstom bestellt. Die in Salzgitter gebauten Züge sollen 2023 auf der Strecke Leipzig– Alstom Coradia Chemnitz in Betrieb gehen und bis 2032 vom Hersteller Continental auch instand gehalten werden. (Designstudie) SFBW Netz 8 20 Im August 2019 hat das Land Baden-Württemberg 20 Ortenau BEMU vom Typ Mireo bei Siemens bestellt. Sie werden im SPNV im Netz 8 Ortenau eingesetzt. Die Auslieferung soll bis 06/2023 erfolgen. Derzeitiger Betreiber ist die Siemens Mireo Plus B SWEG. (Designstudie)

Die nachfolgende Tabelle illustriert Projekte innovativer Triebzüge, die in den jeweiligen Netzen zum Einsatz kommen sollen (Auswahl Stand 03/2020; Fahrzeugmodelle noch unbekannt):

Aufgabenträger Netz Beschreibung Der VBB hat die Durchführung einer Markterkundung zum Einsatz von VBB Netz Ostbrandenburg alternativen Antrieben im Netz Ostbrandenburg angekündigt. Der VBB prüft mit der ODEG, ob künftig BEMU im Los 4 des Netzes Elbe- VBB Netz Elbe-Spree Spree eingesetzt werden können, nachdem die ODEG im Vergabeverfahren mit DMU geboten hatte.

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Aufgabenträger Netz Beschreibung Der VBB hat eine Direktvergabe für einen kombinierten Verkehrs-, VBB Heidekrautbahn Forschungs- und Entwicklungsvertrag mit Brennstoffzellen-Zügen angekündigt. Die Fahrzeuge sollen auf der Heidekrautbahn erprobt werden. Der VVO möchte den Einsatz von Wasserstoffzügen untersuchen, nachdem VVO VVO-Dieselnetz ein Gutachten ein negatives Ergebnis für den Einsatz von BEMU im VVO- Dieselnetz ergeben hat. Das Land Thüringen hat angekündigt, dass ab 2021 auf der Strecke NVS Schwarzatalbahn Rottenbach – Katzhütte Brennstoffzellenzüge zum Einsatz kommen sollen. Das Land Bayern hat angekündigt, verschiedene innovative Triebfahrzeuge BEG Diverse auf Dieselstrecken in Pilotprojekten einsetzen zu wollen. Es sollen 6 batteriebetriebene Fahrzeuge eingesetzt werden (ggf. Saar RB 72 Saar Übergang Nachrüstung, welche mit Talent 2 EMU traktionsfähig sein müssen). Der VBB hat eine Direktvergabe für einen kombinierten Verkehrs-, VBB Heidekrautbahn Forschungs- und Entwicklungsvertrag mit Brennstoffzellen-Zügen angekündigt. Die Fahrzeuge sollen auf der Heidekrautbahn erprobt werden.

Alle relevanten Hersteller haben konkrete Projekte mit geplantem Fahrzeugeinsatz in den kommendne Jahren. Folgende Beispiele aus der Schienefahrzeugindustrie gibt es für alternative und innovative Triebzüge in Deutschland und Europa:

Prototyp Fahrgastbetrieb 3 Stadler Flirt Bi-Mode Elektrisch-Batterie Elektrisch-Diesel

• Aufladung der “Primove” Batterien unter • EMU mit zusätzlichen dieselbetriebenen Fahrdraht 15kV 16,7Hz Leistungsmodulen (zwei V8-Motoren) • Max. Geschwindigkeit: 160 km/h unter • Max. Geschwindigkeit: 160 km/h unter Fahrdraht (140 km/h ohne Oberleitung) Fahrdraht (140 km/h im Dieselmodus) • Nach Zulassung soll der Zug für DB Regio Alb- • U.a. geliefert an Aostatal/Italien (BTR.813) und Bodensee verkehren Greater Anglia/UK (British Rail Class 755) Konzeptstudie / Umrüstung Bestellung EcoTrain Stadler Flirt Tri-Mode Diesel-Batterie Elektrisch-Diesel-Batterie

• Modernisierung der Desiro DMU (VT 642) • Züge, die sowohl mit Diesel, Pantograph als durch Nachrüstung von Elektromodulen auch batteriebetrieben fahren können • Energiespeicher durch Batterie und • 24 Züge bestellt von Wales and Border (UK) Zwischenladung beim Bremsen/Stillstand für das Franchise Keolis Amey – • Der Energiespeicher soll bis zu 40 km/h teilelektrifizierte Linie Cardiff-Glamorgan elektrisches Fahren ermöglichen • Erste Ausliferungen ab 2021

Fahrgastbetrieb Bestellung Alstom Coradia iLint Stadler Hydrogen Train Brennstoffzelle (Wasserstoff) Brennstoffzelle (Wasserstoff)

• Wasserstoffzug, betrieben mit aus einer • Zillertalbahn/Österreich bestellte bei Stadler im Brennstoffzelle erzeugtem Strom Mai 2018 fünf wasserstoffbetriebene Züge • Im Fahrgastbetrieb seit 09/2018 (evb-Netz • Ester Testbetrieb für 2020 geplant Weser-Elbe zwischen Cuxhaven und • Konzept: Bei der Reaktion von Wasserstoff mit Buxtehude) Sauerstoff werden Elektronen freigesetzt, die direkt als Energiequelle in Form von elektrischem Strom zur Verfügung stehen.

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Wie auf dem nachfolgenden Zeitstrahl dargestellt, ist zuerst für den klassischen DMU, danach auch für den Dieselhybrid sowie den bimodalen Triebzug (Diesel/Elektrisch) ein Ende in Bezug auf Neubeschaffungen in Sicht. Im Hinblick auf die avisierte Dekarbonisierung des Schienenverkehrs werden bimodale und Hybrid-Lösungen langfristig kein Bestandteil energieeffizienter Triebzugflotten sein. Lediglich rein elektrisch betriebene Züge (EMU) sowie Batterie- (BEMU) und Wasserstoff- /Brennstoffzellen-Triebzüge (HMU) garantieren einen emissionsfreien Einsatz und werden daher in Zukunft die Triebzugflotte dominieren.

EMU EMU Batterie- BEMU elektrisch

Bi- Mode

Diesel- Hybrid

H2 Wasserstoff- HMU Brennstoffzelle

DMU DMU

Gegenwart

Dieselmotor Batterie Oberleitung Wasserstoff-/Brennstoffzelle H2 © SCI Verkehr Abbildung 28: Überblick Transitionsphase zu emissionsfreiem Betrieb

In Bezug auf die Relevanz neuer Forschungsthemen hinsichtlich alternativer Antriebe steht im Schienenpersonenverkehr insbesondere der Regionalverkehr im Fokus, da hier ein Großteil der Dieselzüge eingesetzt wird.

Analog zum Güterverkehr kann im Personenverkehr zwischen fünf Hauptsegmenten unterschieden werden: Der städtische Commuter- bzw. S-Bahn-Verkehr grenzt sich vom Regionalverkehr und Regionalexpressverkehr ab, indem Einsatzgebiete und Ausstattung der Verkehre unterschieden werden. Im Fernverkehr sind sowohl Intercity- als auch Hochgeschwindigkeitsverkehre zu berücksichtigen. Der Fahrzeugeinsatz ist sowohl bei letzteren i.d.R. durch ICE-Garnituren vollelektrisch, als auch bei Commuterverkehren, die von meist von modernen EMU-Zuggattungen bedient werden.

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Commuter (S-Bahn) Regionalverkehr/ Regionalexpress Intercity Hochgeschwindig-

Städtische oder stadtnahe Regionalbahn Hochwertige Regionalverkehre Fernverkehr exkl. ICE, i.d.R. IC keitsverkehr art - Pendlerverkehre mit hohem Anbindung ländlicher und mit eher längeren Reiseweiten, Hochgeschwindigkeitszüge im Verkehrsaufkommen z.T. in Ergänzung zum IC

Verkehrs suburbaner Gebiete Fernverkehr, i.d.R. ICE

div. DMU + VT 612 + div. D-Loks E-Loks div. D-Loks E-Loks BR 605

Fahrzeuge div. EMU (50) div. EMU (<100) (<50) EMU (<300) (ICE TD) ICE-T BR 101 ICE -

Entwick Alternative Doppelstock lungspfad div. EMU BEMU, HMU EMU EMU/E-Loks Loks EMU EMU KISS IC2/Talgo ICE Hohes Potenzial durch Einsatz Hohes Potenzial durch Einsatz Großteils elektrifiziert, z.T. heute Größtenteils elektrifiziert Komplett elektrifiziert

- emissionsärmerer Fahrzeuge emissionsärmerer Fahrzeuge (noch) in Dieseltraktion

~ 1.700 Züge ~ 3.800 Züge 200-250 Züge ~ 260 Züge (2/3 Lok-bespannt) ~ 220 Züge

Projekt relevanz Mengeneffekt Forschungsrelevanz sehr gering sehr hoch Keine Relevanz - - - sehr hoch Abbildung 29: Projektrelevanz Schienenpersonenverkehr nach Verkehrsart

Die hohen Stückzahlen zu ersetzender Dieselzüge insbesondere bei den Regionalbahnen bieten hier das höchste Dekarbonisierungspotenzial für innovative Triebzüge.

Von den 3.800 Zügen im Regionalverkehr (überwiegend Regionalbahnen) ist ein Großteil dieselbetrieben. Somit wird in den kommenden Jahren ein großer Anteil der über 2.700 hauptsächlich dort eingesetzten Dieseltriebzüge in den kommenden Jahren durch emissionsärmere Fahrzeuge ersetzt. Demgegenüber steht eine schon weitgehend elektrifizierte Nahverkehrs-(S-Bahn-)Flotte sowie geringe Mengen im Regionalexpress/IC-Segment sowie dem Fernverkehr (ebenfalls weitestgehend elektrifiziert). In AP5 werden diese Betrachtungen aufgegriffen und hinsichtlich ihrer im weiteren Projektverlauf untersuchten technisch-wirtschaftlichen Kriterien analysiert. Die Projektrelevanz wird abschließend unter Einbezug der weiteren Arbeitspakete bewertet.

SCI Verkehr erwartet im Triebwagensegment in Deutschland konstant hohe Auslieferungszahlen in den kommenden Jahren. Nach einem leichten Rückgang 2016/17 sieht man aktuell wieder eine deutliche Zunahme an Auslieferungen. Einerseits beschaffen private Betreiber (z.T. mit Leasingfahrzeugen) und Fahrzeugpools mit großen Flottenerweiterungen und -erneuerungen; andererseits machen Züge der DB Regio durch angekündigtes hohes Beschaffungsaufkommen bis 2030 (S-Bahnen und Regionalzüge) einen großen Teil des Neufahrzeuggeschäfts aus. Im Segment der DMU existiert weiterhin Neugeschäft, allerdings auf deutlich niedrigerem Level als in den Jahren zuvor. Die Auslieferungen sind zwar bis 2025 stark abnehmend, gehen aber auch danach nicht auf null zurück. Demgegenüber steht ein starker Anstieg der Beschaffungszahlen für Alternativ-Triebzüge. Ausgehend von bekannten Bestellungen und weiteren erwarteten Beschaffungen kann bis 2025 mit ca. 80 Wasserstoff- oder Batterietriebzügen p.a., bis 2030 sogar mit ca. 150 Zügen p.a. gerechnet werden.

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Auslieferungen Triebzüge/-wagen bis 2030 [Anzahl Züge]

500 Bestellt1 Prognose2

400

300

EMU DMU Alternativ-Triebzüge 200

100

0 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 1 i.d.R. durch feste Bestellungen im Rahmen von Neufahrzeugeinsatz in den Verkehrsverträgen im Zeitraum 2020-2023 (ca. 85%) 2 Basierend auf Analysen der (auslaufenden) Verkehrsverträge, Flottenstrukturen, Betreiberstrategien, Technologiereife sowie Verkehrsmarktentwicklungen © SCI Verkehr Abbildung 30: Auslieferung Triebzüge bis 2030

Im deutschen SPNV sind zyklische Beschaffungen von Rollmaterial im Zusammenhang mit den Verkehrsverträgen üblich; die Lieferungen weisen oft Wellen mit von Jahr zu Jahr variierenden Lieferzahlen auf. Ab 2018 war ein starker Anstieg der Auslieferungszahlen zu beobachten. Beispiele hierfür sind die S-Bahnzüge des VRR in NRW, verschiedene Netze in Baden-Württemberg (Betreiberwechsel von DB Regio zu privaten Betreibern - GoAhead, Abellio etc.) sowie neue Züge, die aus den landeseigenen Fahrzeugpools wie der SFBW finanziert werden. Derzeit kommen neue Fahrzeuge für zahlreiche elektrische Netze auf den Markt, was zu Flottenerweiterungen führt, auch für S-Bahn-Netze sowohl für private (Hannover, Bremen) Betreiber als auch für die DB (Berlin ab 2021, Hamburg, Nürnberg).

Der Anteil der Elektrotriebzüge am Marktvolumen der Triebzüge in Deutschland beträgt ca. 80%. Die Beschaffungen werden in Deutschland durch Franchise-Ausschreibungen getrieben, da neue Flotten zu Beginn neuer Konzessionen gekauft werden. Der EMU-Sektor entwickelt sich dynamisch mit einem derzeitigen Spitzenwert von rund 1 Mrd. Euro im Jahr 2019/2020 (Neufahrzeuge). Aufgrund bereits abgeschlossener Franchiseverträge werden die privaten Betreiber ihre Flotten in den kommenden Jahren weiter vergrößern.

Ab Mitte der 2020er Jahre wird der Absatz von Fahrzeugen, die auf Strecken ohne Oberleitung verkehren können, aufgrund der Neuausschreibung vieler Konzessionen erheblich wachsen. Beim Betrieb auf nicht-elektrifizierten Strecken verlagert sich der Trend hierbei wie beschrieben zu alternativen Antriebstechnologien. In den kommenden Jahren werden Wasserstoff- und Batterietriebwagen die klassischen DMU im Neufahrzeuggeschäft ablösen.

Neben diesen zu erwartenden Beschaffungen und anderen, kleineren konkreten Ankündigungen von BEMUs oder HMUs sind weitere Projekte bezüglich der Fahrzeugtechnologie noch nicht entschieden. Die jüngste Entwicklung zeigt jedoch eine klare Tendenz zu Wasserstoff oder Batterie als Ersatz für Dieselfahrzeuge für den Einsatz auf nicht-elektrifizierten Strecken. Deutschland gilt als eines der fortschrittlichsten Länder, was die Substitution der DMU-Flotte durch alternativ angetriebene Triebzüge betrifft. Mit Blick auf 2030 wird nur eine geringe Anzahl neuer Dieseltriebzüge beschafft und insbesondere ab 2025 werden kaum noch Bestellungen erwartet.

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Eine Auswirkung der COVID-19-Krise auf die Flottengröße im SPNV und somit den Neufahrzeugmarkt wird frühestens 2022/23 sichtbar werden, da bis dahin die Verkehrsleistungen fest bestellt sind und mit den entsprechenden Fahrzeugen ausgestattet werden müssen. Kurzfristige Produktionsausfälle bedingt durch temporäre Werksschließungen könnten zu kleineren Lieferverzögerungen führen. Nach 2023 kann die Flottenentwicklung noch nicht belastbar abgeschätzt werden, SCI Verkehr geht derzeit in Deutschland von keiner nennenswerten Anpassung der Liefervolumina aus.

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1.4 Projektrelevanz für den Untersuchungsgegenstand

Schienengüterverkehr

In Deutschland sind derzeit ca. 6.320 Lokomotiven im Einsatz. Davon entfallen etwa 54% auf rein dieselbetriebene Lokomotiven (D-Loks), der überwiegende Rest auf elektrische Lokomotiven (E-Loks). Nur ein kleiner Teil von weniger als 100 Lokomotiven ist mit innovativer Traktionstechnologie versehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt dominieren im deutschen Lokomotivmarkt demnach klassische Antriebskonzepte.

Die Auslieferungen von Diesel-Streckenlokomotiven sind in den letzten Jahren stark rückläufig. Demgegenüber stehen hohe Auslieferungszahlen von elektrischen Streckenlokomotiven. Besonders bei den Diesellokomotiven mit einem hohen Durchschnittsalter von beinahe 40 Jahren ist ein hohes Ersatzbeschaffungspotential zu erkennen.

Verschiedene Betreiber setzen aber zunehmend auch auf alternativ angetriebene Lokomotiven. Die beiden im Lokomotivbereich derzeit gängigen innovativen Triebfahrzeugkonzepte, die Zweikraftlokomotive (dual-mode) im Streckenverkehr sowie die Diesellokomotive mit Traktionsbatterie im Rangierbetrieb, werden in einer Transitionsphase hin zu emmissionsfreiem Betrieb vorerst die zentralen Konzepte bleiben und zumindest lokal emissionsfreie Traktion ermöglichen.

Schienenpersonenverkehr

Die Triebzug- und Triebwagenflotte in Deutschland beläuft sich auf insgesamt 6.100 Züge, von denen etwa 45% dieselbetrieben sind und damit ein erhebliches Potenzial für Emissionseinsparungen aufweisen. Neben den klassischen EMU- und DMU-Flotten gibt es erst wenige, sich im Betrieb befindliche SPNV-Züge mit alternativen Antrieben.

Die meisten Hersteller entwickeln jedoch Prototypen – sowohl für Batterie- als auch für Brennstoffzellenzüge. Für letztere sind erste Fahrzeuge im regulären Fahrgastbetrieb. Da in den kommenden Jahren viele Verkehrsverträge auslaufen bzw. neu vergeben werden und die Altersstruktur der dieselbetriebenen Triebzüge entsprechend „günstig“ ist, kann ein Flottenwechsel hin zu innovativen Technologien als wahrscheinlich angesehen werden.

Nach derzeitigen Prognosen werden die alternativ angetrieben Züge im SPNV den klassischen DMU im Neufahrzeuggeschäft in den kommenden Jahren ablösen. In den ersten Jahren werden sowohl Batterie- als auch Brennstoffzellenzüge ausgeliefert; beide Antriebsarten sind mehrfach fest bestellt. Zahlreiche Kriterien wie Technologiereife, Elektrifizierungsgrad, politischer Wille etc. werden darüber entscheiden, welche(r) Antrieb(e) sich mittel- und langfristig durchsetzen werden.

Exkurs: Analyse der Dieselnetze

Die entscheidende Kenngröße der nicht oder nur teilweise elektrifizierten Strecken im deutschen SPNV hängt wesentlich von den Verkehrsverträgen und den auf den jeweiligen Strecken eingesetzten Fahrzeugen ab. Die Markt- und Bestandsanalyse für den Schienenpersonenverkehr fördert einen wesentlichen Bedarf an innovativen Triebfahrzeugen im Regionalbahnsegment. Die Analyse der „Dieselnetze“ zeigt bei anstehenden SPNV-Vergaben bis 2030 einen hohen Fahrzeuganteil auf nicht oder wenig elektrifizierten Strecken:

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Anteil nicht-elektrifizierte Strecke Anzahl Mio. Zugkilometer1 Anzahl Fahrzeuge2

>80% = „reines“ D-Netz 83,1 720 häufig an den Endhaltestellen elektrifiziert

50-80% = „Mischnetz“ 53,9 459 D-Netz mit mittellangen E-Abschnitten

<50% = hauptsächlich elektrifiziertes Netz 7,1 49 D-Netz mit langen E-Abschnitten

Analyse aller Verkehrsvertrage auf nicht komplett elektr. Netzen >1 Mio. Zkm von 12/23 bis 12/30 1 nach Verkehrsvertrag 2 Gesamtanzahl Schienenfahrzeuge, aktuell im Einsatz auf dem Netz (i.d.R. DMU) © SCI Verkehr Abbildung 31: Anteil Dieselnetze mit erwarteten Fahrzeugvolumina

Sowohl für weitgehend nicht-elektrifizierte Netze wie auch für Dieselnetze mit längeren E-Abschnitten liegt momentan ein erheblicher Fahrzeugbestand zugrunde, der gegenwärtig fast ausschließlich mit dieselbetriebenen Triebfahrzeugen bedient wird. Das daraus abgeleitete Potenzial hinsichtlich neuer, alternativer Antriebstechnologien ist beträchtlich. Um den Anteil dieselbetriebener Fahrzeuge, die unter Fahrdraht fahren, zu verringern, müssen alternative Konzepte in die nächste Generation der Fahrzeugflotten integriert werden. Damit können nicht-elektrifizierte Lücken im Netz emissionsfreundlich gestaltet und die Dekarbonisierung unabhängig einer Elektrifizierung vorangetrieben werden. Anhand dieser Ergebnisse werden im Folgenden die Analysen und Bewertungen der Technologien sowie eine umfassende wirtschaftliche Bewertung vorgenommen.

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2 AP2: Beschreibung des Entwicklungsstandes einzelner Antriebstechnologien sowie der benötigten Infrastrukturanforderung und Systemvoraussetzung der jeweiligen Antriebstechnologie

2.1 Einleitung

Die DIN EN 50128 Bahnanwendungen – Kennzeichnungssystematik für Schienenfahrzeuge trennt nach der Einteilung in Funktionsgruppen die Funktionsgruppen F – Energie bereitstellen und G – Beschleunigen, Geschwindigkeit halten, bremsen und anhalten. Der Oberbegriff Antriebstechnologien bezeichnet im Folgenden die Gesamtheit aus Energieträger, -wandlung und -umformung. Neben der reinen Traktionsleistung (Bereitstellung von Drehzahl und Drehmoment am angetriebenen Rad) muss auch die Versorgung der Hilfsbetriebe, darunter fallen insbesondere die Druckluftversorgung sowie die Heizungs- und Klimatisierungsanlage (HKL) des Fahrzeugs, betrachtet werden.

Nachdem in den Anfangszeiten der Schienenbahnen mit verschiedenen Antriebstechnologien und Energieträgern experimentiert wurde, kristallisierten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Antriebstechnologien

– Dampfmaschine (Kohle und Öl), – Verbrennungskraftmaschine (Diesel) und – Elektromotor (Wechselstrom, erzeugt aus diversen Energieträgern) als dominierend heraus.

Ähnlich wie im Straßenverkehr konnten sich fundamental andere Antriebstechnogien lange Zeit nicht durchsetzen und es kommt erst in jüngster Zeit durch technologische Fortschritte vor allem bei Halbleitern und Batteriespeichern zu Veränderungen am Markt. Die verschiedenen Antriebstechnologien werden in diesem Kapitel aufgeführt und beschrieben, insbesondere der Stand der Technik, Energieeffizienz und der Bedarf an Infrastruktur sowie die Betriebswirtschaftlichkeit stehen hierbei im Vordergrund. In Form von Steckbriefen erfolgt eine Zusammenfassung der Antriebstechnologien.

2.2 Methode

2.2.1 Entwicklung

Die Entwicklung der jeweiligen Antriebstechnologie wird kurz dargelegt, um einen Vergleich zwischen etablierten und nicht etablierten Technologien zuzulassen. Hierbei wurde vorwiegend in frei verfügbaren Quellen recherchiert.

2.2.2 Stand der Technik

Der Stand der Technik wird aus frei verfügbaren Quellen, soweit verfügbar, ermittelt. Liegen diese nicht vor, wird aus Beobachtungen des Marktes und des Betriebs der Reifegrad der Technologie abgeschätzt. Die Darstellung nutzt dabei den Technology Readiness Level (TRL) in Anlehnung an DIN EN 16603:

– TRL 1: Beobachtung und Beschreibung des Funktionsprinzips (8–15 Jahre) – TRL 2: Beschreibung der Anwendung einer Technologie – TRL 3: Nachweis der Funktionstüchtigkeit einer Technologie (5–13 Jahre) – TRL 4: Versuchsaufbau im Labor – TRL 5: Versuchsaufbau in Einsatzumgebung – TRL 6: Prototyp in Einsatzumgebung – TRL 7: Prototyp im Einsatz (1–5 Jahre)

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– TRL 8: Qualifiziertes System mit Nachweis der Funktionstüchtigkeit im Einsatzbereich – TRL 9: Qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes

Die TRL 1 – 4 spielen dabei für diese Studie aufgrund des kurzen Zeitraums für die Einführung der neuartigen Technologien keine Rolle, TRL 5 und 6 sind ebenfalls nur von geringem Interesse. Die in Betracht gezogenen Antriebstechnologien liegen daher im TRL-Bereich 7 bis 9.

2.2.3 Energieeffizienz

Die Energieeffizienz der betrachteten Systeme wird nach den dargestellten Wirkungsplänen aus den Wirkungsgraden der eingesetzten Komponenten abgeleitet und in den durchgeführten Simulationen berücksichtigt. Es wird im Rahmen der technischen Untersuchung die Energieeffizienz „tank-to- wheel“ analysiert, also ohne Berücksichtigung von Lieferketten oder Gewinnung. Diese sind Inhalt des AP4.

2.2.4 Annahmen zu Energieträgern

Beim Dieselkraftstoff wird von einer Verfügbarkeit über das Tankstellennetz der DB Energie sowie CO2- Emissionen von 270 g/kWh ausgegangen. Die weiteren Emissionen werden in den Simulationsstudien gemäß der für Triebzüge dominierenden Stage IIIA-Norm berechnet, soweit nicht anders ausgewiesen. Bahnstrom ist verfügbar mit hoher Leistung über Oberleitung oder Ladestationen, soweit nicht anders ausgewiesen wird konservativ mit dem Strommix von 2017 gemäß UBA gerechnet. Hier liegen die CO2- Emissionen bei 486 g/kWh. Bei der Energieversorgung mit Wasserstoff werden für aus regenerativer Energie erzeugten Wasserstoff CO2-Emissionen von 43,2 g/kWh angenommen, wie vom Wuppertal Institut6 errechnet.

6 Adolf, J., Arnold, K., Balzer, C. H., & Louis, J. Wasserstoff: Energie der Zukunft?. Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 67 (2017), 11, S. 74-77

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2.3 Generische Streckenprofile

Zur Beschreibung der generischen Streckenprofile wird der Elektrifizierungsgrad (EG) der Strecken genutzt. Der EG gibt dabei den prozentualen Streckenanteil an, der mit Fahrdraht elektrifiziert ist. Gemäß der Marktanalyse (vgl. Kapitel 1) sind folgende Elektrifizierungsgrade relevant:

– EG 0: Elektrifizierungsgrad = 0%; Strecken ohne Fahrdrahtanteil – EG 10: Elektrifizierungsgrad = 10%; Strecken mit geringem Fahrdrahtanteil – EG 50: Elektrifizierungsgrad = 50%, Strecken mit mittlerem Fahrdrahtanteil – EG 80: Elektrifizierungsgrad = 80%, Strecken mit hohem Fahrdrahtanteil

Weiterhin wurden aufgrund der bereits bestehenden Elektrifizierung im Zusammenhang mit bestimmten Betriebsarten (bspw. Hochgeschwindigkeitsverkehr) folgende generischen Streckenprofile als bedeutsam für den gesetzten Studienzeitraum bis 2030 definiert:

– Güterverkehr: – SR 0: Schwerer Rangierverkehr (Wagenzugmasse > 500 t, EG 0) – GN 0: Nahverkehrsbedienung (Anschlussbedienung, EG 0) – GN 80: Nahverkehrsbedienung (Anschlussbedienung, EG 80) – GS 0: Streckenfahrt (Zugfahrt im Güterverkehr, EG 0) – GS 80: Streckenfahrt (Zugfahrt im Güterverkehr, EG 80)

– Personenverkehr – RB 0: Regionalverkehr ohne Elektrifizierung (EG 0) – RB 10: Regionalverkehr mit Elektrifizierung im Bereich eines Bahnhofs (EG 10) – RB 50: Regionalverkehr mit Teilelektrifizierung auf der Strecke (EG 50) – RB 80: Regionalverkehr mit Elektrifizierungslücken (EG 80) – RE 0: Regionalexpress ohne Elektrifizierung (EG 0) – RE 10: Regionalexpress mit Elektrifizierung im Bereich eines Bahnhofs (EG 10) – RE 50: Regionalexpress mit Teilelektrifizierung auf der Strecke (EG 50) – RE 80: Regionalexpress mit Elektrifizierungslücken (EG 80) – IC 80: Intercityverkehr mit Elektrifizierungslücken (EG 80)

Die Daten der einzelnen generischen Streckenprofile sowie Beispiele aus dem deutschen Bahnnetz sind in Anhang B dargestellt.

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2.4 Identifikation von Aspekten zur strategischen Bewertung der Technologien

2.4.1 Einleitung

Im Rahmen der Aufgabenstellung sollen Aspekte zur strategischen Bewertung der Antriebstechnologien entwickelt und dargelegt werden. Diese lassen sich in Muss-Anforderungen und Soll-Anforderungen unterscheiden. Die Muss-Anforderungen sind die Voraussetzungen für die Akzeptanz durch EVU, ohne die Erfüllung dieser Anforderungen sind die Technologien nur unter größten Schwierigkeiten in den Markt zu bringen. Daneben gibt es Soll-Anforderungen. Hier zeigt sich das Steuerungs- und Optimierungspotenzial. So können beispielsweise unter Inkaufnahme von Mehrkosten lokale Emissionen vermieden werden.

2.4.2 Notwendige Eigenschaften der Technologien (Muss-Anforderungen)

2.4.2.1 Marktverfügbarkeit und TRL

Die Vertragsbedingungen im Schienenverkehr wie auch die Strukturen der EVU führen zu einer Risikoaversion der EVU. Dies ist zum einen durch Pönale in den Verkehrsverträgen für das Nichterbringen oder das eingeschränkte Erbringen der Verkehrsleistung (einschließlich Nebenleistungen wie zum Beispiel Fahrzeugklimatisierung oder Verfügbarkeit der WC-Anlagen) bedingt, die den Betrieb unreifer Technologien unattraktiv machen. Dazu kommt bei den meisten privaten EVU eine weite geographische Verteilung auf unterschiedliche Teilnetze und eingeschränkte technologische Kompetenz in den Organisationen, da technische Fragestellungen vorzugsweise den Fahrzeugherstellern oder Leasinggebern überlassen werden. Beides führt dazu, dass nur am Markt verfügbare und ausreichende reife Technologien (TRL größer oder gleich 8) von den EVU eingesetzt werden.

2.4.2.2 Betriebliche Resilienz

Viele der untersuchten Antriebstechnologien müssen passgenau auf den Anwendungsfall ausgelegt werden, da die Einsetzbarkeit weniger universell als die abzulösenden Dieseltechnologien ist. Dies beinhaltet die Auswahl der Speicher, Dauer und Leistung von Ladevorgängen sowie zurückgelegte Entfernungen. Sollten durch die neuen Fahrzeuge wesentliche betriebliche Einschränkungen, beispielsweise im Fall von Verspätungen (verkürzte Wendezeit mit reduzierter Ladezeit) oder Umleitungen (Fahrzeug erreicht Ladepunkt im Umlauf nicht), betrachtet werden müssen, so führt diese seitens der EVU zu einer geringeren Akzeptanz gegenüber solchen Technologien.

2.4.2.3 Klimatische Resilienz

Ein anderer Aspekt ist die Resilienz des Fahrzeugs und seiner Energieversorgung gegenüber extremen Wetterbedingungen, hier sind vornehmlich große Hitze und Kälte sowie Starkwindereignisse als ausschlaggebend zu betrachten. Der Klimawandel wird in absehbarer Zeit zu einer Häufung solcher Bedingungen führen. In Anbetracht der Investitionszyklen von 30 bis 40 Jahren erwarten die EVU hier die Sicherheit, dass ihre Fahrzeuge unter den klimatischen Bedingungen der Zukunft spezifikationskonform funktionieren. Die möglichen Auswirkungen auf das Energie- und Antriebssystem sind vielfältig, so führt die Erhöhung von Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit zu einem wesentlich höheren Energieverbrauch der Klimaanlage, Starkwinde können insbesondere lokal die Oberleitung schädigen oder hohe Umgebungstemperaturen das Kühlsystem der Energiewandlung stark belasten.

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2.4.3 Aspekte mit Steuerungs- und Optimierungspotenzial

2.4.3.1 Energiewende-Beitrag

Die betrachteten Antriebstechnologien liefern dann einen Beitrag zur Energiewende, wenn sie der allgemeinen Wende zu erneuerbaren Energien folgen und nicht über ihr Fahrzeugleben auf fossile Brennstoffe angewiesen sind oder diese nur unter Inkaufnahme hoher Verluste synthetisch ersetzt werden können. Damit leisten bspw. Fahrdraht-elektrische und Batterie-elektrische Fahrzeuge einen höheren Energiewendebeitrag als Diesel-Vollhybrid-Fahrzeuge, da letztere ohne Modifikationen auf einen (flüssigen) Kraftstoff angewiesen sind.

2.4.3.2 Lokale Emissionen und Lärm

Europaweit besteht das Ziel, Schadstoffemissionen zu verringern. Hier liefern einige der untersuchten Technologien wertvolle Beiträge, ebenso zur Lärmminderung insbesondere im Stillstand. Über die Verminderung von lokalen Emissionen hinaus kann ein emissionsarmer und leiser Schienenverkehr ebenfalls die Akzeptanz steigern: im Untersuchungszeitraum bis 2030, vor allem aber in der Lebensdauer der zu beschaffenden Fahrzeuge bis 2060, wird die Erwartung der Fahrgäste an Fahrzeuge von steigender Elektromobilität geprägt sein. Damit wird die Akzeptanz gegenüber einem Dieseltriebzug am Bahnhof oder einer Rangierlokomotive auf dem Werksgelände deutlich abnehmen und die grundsätzliche Energieeffizienz und die geringen Emissionen des Bahnverkehrs in den Hintergrund rücken.

2.4.3.3 Wirtschaftlichkeit

Der Betrieb von Schienenfahrzeugen muss unabhängig von der eingesetzten Technologie betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Die im Rahmen dieser Studie untersuchten Technologien führen durchgängig zu erhöhten Anschaffungskosten, die nicht unmittelbar oder gar nicht durch Energieeinsparungen amortisiert werden. Wenn dazu das erhöhte ökonomische Risiko betrachtet wird, ist eine Investition in die untersuchten Technologien derzeit nicht sinnvoll oder zumindest risikobehaftet. Hier kann durch Anreizverfahren eine Lenkung ermöglicht werden. Wie in AP 4 dargestellt werden Schienengüter- und Schienenpersonenverkehr über unterschiedliche Mechanismen erreicht.

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2.5 Etablierte Antriebstechnologien

2.5.1 Diesel-Elektrisch

Bei einem dieselelektrischen System wird durch Dieselmotoren erzeugte mechanische Energie mittels eines Generators in elektrische Energie übertragen und diese in Form eines elektrischen Motors als Antriebssystem genutzt. Antriebsleistungen bewegen sich im Bereich (1…4) MW. Vorläufer dieses Antriebssystems ist der dampfelektrische Antrieb aus dem späten 19. Jahrhundert, erste dieselelektrische Antriebssysteme existieren seit 1903. Dieselelektrische Antriebssysteme können auf jedem Streckentyp eingesetzt werden, was ihnen einen großen Vorteil gegenüber rein elektrischen Systemen beschert.

2.5.1.1 Stand der Technik

Heutige dieselelektrische Antriebstechnologien sind aufgrund ihres langen Bestehens bereits sehr ausgereifte Antriebssysteme (TRL 9) mit nur wenig Spielraum zur Verbesserung. Die zukünftige Weiterentwicklung ist heraufordernd aufgrund ihrer hohen Schadstoffbelastung. Insbesondere strengere Beschränkungen/Richtlinien zu CO2- und NOx -Belastungen begrenzen den weiteren Einsatz von Diesel als Energieträger. Als vorteilhaft anzusehen ist aber die Fachkompetenz der Hersteller in Bezug auf Verbrennungssysteme, die problemlos auf neue alternative Kraftstoffe wie bspw. Wasserstoff übertragen werden kann, heutzutage bereits zu beobachten in der Automobilindustrie.7

2.5.1.2 Energieeffizienz

Alleinstehende Verbrennungsmotoren weisen schlechte Wirkungsgrade unter Teillast auf und lassen eine Rekuperationslösung nicht zu. Elektromotoren hingegen besitzen hervorragende Wirkungsgrade, auch aufgrund problemloser Implementierung von Rekuperation (Wirkungsgrade bis 96%). Eine Hybridkopplung mit einem Elektromotor (s. 1.2.1) verbindet Vorteile beider Systemtechnologien, verringert den Kraftstoffverbrauch um ca. 20 – 30% und verbessert damit die schlechte Schadstoffbilanz. Da keine mechanische Verbindung zwischen Dieselmotor und Rädern benötigt wird, können die einzelnen Komponenten oft vorteilhafter platziert werden, etwa im Hinblick auf den Schwerpunkt, die Lärmbelastung oder die praktische Nutzung der Motor-Abwärme, woraus zusätzliche Energieeinsparungen entstehen können. Die Mitführung eines elektrischen Systems ermöglicht auch den problemlosen Anschluss zu Bordsystemen des Fahrzeugs, beispielsweise Hilfsbetriebe wie Luftpresser und Klimaanlagen.8

2.5.1.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Dieselmotoren erzeugen gegenüber Elektromotoren erheblich mehr Lärmemissionen bei Fahrzeugstillstand, während der Fahrt überwiegen Lärmemissionen des Rad-Schiene Kontakts. Beim Anfahren und Bremsen kann die Kraftübertragung einfach elektronisch gesteuert werden, sodass kaum Erschütterungen oder Stöße entstehen, was Lärmemissionen reduziert und insbesondere bei Fahrzeugen, die im Personentransport eingesetzt werden, komfortabel ist.

7 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019 8 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015

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2.5.2 Diesel-Hydraulisch

Bei dieselhydraulischen Systemen wird die von einem Dieselmotor abgegebene mechanische Energie hydraulisch auf eine Maschinerie übertragen. Antriebsleistungen bewegen sich im einstelligen Megawatt Bereich. Dieselhydraulische Systeme existieren seit 1932 und können auf jedem Streckentyp eingesetzt werden.

2.5.2.1 Stand der Technik

Dieselhydraulische Systeme sind ausgereift (TRL 9) und wie andere dieselbasierte Antriebssysteme weniger zukunftsfähig als alternative Technologien aufgrund ihrer hohen Schadstoffbelastung (s. 2.5.1). Ihr größter Vorteil liegt in den Komponenten für die dieselhydraulische Kraftübertragung, diese haben generell ein geringeres Gesamtgewicht als diejenigen für eine dieselelektrische Kraftübertragung und sind auch billiger. Eine Elektrifizierung der mechanischen Komponenten ist nicht notwendig Erfahrungen bei dieselhydraulischen Systemen können aber ebenfalls auf alternative Verbrennungsstoffe wie bspw. Wasserstoff angewendet werden.9

2.5.2.2 Energieeffizienz

Neben dem generell schlechten Wirkungsgrad von Dieselmotoren gegenüber ihren elektrischen Gegenstücken weisen dieselhydraulische Antriebssysteme eine geringe Energiedichte auf. Ausgereifte hydrostatische Komponenten machen Rekuperation möglich. Während des Betriebs existieren hohe Systemdrücke bis 350 bar, was regelmäßige Überprüfungen der Druckleitungen / -behälter notwendig macht. Für maximale Energieeffizienz sollten die Hydraulikspeicher senkrecht angeordnet werden, was die Verfügbarkeit des speziellen Einbauraums erfordert.

2.5.2.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die antriebsseitigen Lärmemissionen sind mit denen des dieselelektrischen Antriebsstrangs vergleichbar.

2.5.3 Diesel-Mechanisch

Bei dieselmechanischen Systemen wird die von einem Dieselmotor abgegebene mechanische Energie über ein Getriebe direkt auf die Räder übertragen. Antriebsleistungen bis 1,5 MW sind möglich, sie bewegen sich jedoch üblicherweise im Bereich von etwa 500 kW.10

2.5.3.1 Stand der Technik

Die mechanische Kraftübertragung in Schienenfahrzeugen ist in den geforderten Leistungsstufen für Triebzüge und Rangierlokomotiven ausgereift und im langjährigen Einsatz, der TRL ist 9.

2.5.3.2 Energieeffizienz

Der effektive Wirkungsgrad der mechanischen Kraftübertragung liegt zwischen 90% und 95% und damit im Bereich der elektrischen und hydraulischen Kraftübertragung.

9 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019 10 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Pziale, VDE, Frankfurt, 2019

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2.5.3.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die Lärmemissionen stimmen weitestgehend mit denen der anderen Übertragungstechnologien überein. Qualitativ störend kommt bei der mechanischen Kraftübertragung die Frequenzänderungen während des Beschleunigungsvorgangs hinzu.

2.5.4 Elektrisch

Bei elektrischen Antriebssystemen besteht der Antrieb aus einem oder mehreren Elektromotoren, die von einer Regeleinheit gesteuert werden. Das Antriebssystem besteht aus Frequenzumrichter, Elektromotor und Getriebe. Dabei ist die zentrale Komponente der Elektromotor, der die elektrische Energie aus dem Bahnstromnetz in mechanische Energie umwandelt. Antriebsleistungen können sich bei Hochgeschwindigkeitstriebzügen bis in den niedrigen zweistelligen Megawatt-Bereich bewegen. Rein elektrische Antriebssysteme benötigen jedoch eine Oberleitung oder integrierte Batterie und sind dadurch nicht auf jeder Strecke einsetzbar.11

2.5.4.1 Stand der Technik

Elektrische Antriebslösungen sind ausgereift (TRL 9) und können praktisch ohne lokale Luftschadstoffemissionen betrieben werden. Durch die Abbildung des Strommix in der Bahnstromversorgung bieten sie eine hohe Zukunftssicherheit und sind in jedem Sektor der Bahnindustrie zu finden. Allerdings entstehen durch die nötigen Infrastrukturmaßnahmen für eine Elektrifizierung der geplanten Streckenabschnitte höhere Kosten als bei dieselbasierten Lösungen. Die Oberleitungen müssen auf die Anforderungen des Streckenabschnitts angepasst werden und sind innerhalb Europas unterschiedlich ausgeführt, was erhebliche Hürden für den intereuropäischen Transport zur Folge hat. Weiterhin können vor allem in Werks- und Hafenbereichen keine Oberleitungen installiert werden, sodass dort andere Energiebereitstellungsformen benötigt werden.

2.5.4.2 Energieeffizienz

Elektrische Antriebe sind insbesondere für ihren sehr hohen Wirkungsgrad bekannt. Wirkungsgrade von 96% oder höher sind üblich. Auch Rekuperation ist bei ausreichend dimensionierter Energieversorgung problemlos implementierbar. Im Gegensatz zum Benzin-, oder Dieselantrieb haben Elektroantriebe ein geringeres Eigengewicht bezogen auf ihre Leistung und erzeugen zudem keine lokalen Emissionen und sind zuverlässiger als lokale Energieerzeugung. Darüber hinaus können sie durch Abschaltung des elektrischen Netzes in Notfällen sofort gestoppt werden.

2.5.4.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die für die Erzeugung der Traktionskraft eingesetzten Elektromotoren sind sehr leise, in den meisten Fällen überwiegen Lärmemissionen des Rad-Schiene Kontaktes. Zu diesen Lärmemissionen kommen jedoch die Lüfter der Umrichter (gerade bei geringen Geschwindigkeiten) sowie Pantographenlärm bei hohen Fahrgeschwindigkeiten hinzu.

11 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019

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2.6 Entwicklungsstand von Triebfahrzeugen

2.6.1 Einleitung

Der Entwicklungsstand der im Rahmen dieser Studie betrachteten Triebfahrzeuge unterscheidet sich erheblich zwischen Lokomotive und Triebzügen. Bei den Lokomotiven lässt sich eine Häufung alter Lokomotiven Baujahre < 1980 beobachten, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens keinerlei Emissionsregulationen unterlegen haben. Das Alter der Triebzüge weist erwartungsgemäß eine größere Nähe zur erwarteten Lebensdauer von 30 Jahren aus, aber auch hier ist eine starke Häufung von Fahrzeugen mit einem Zeitpunkt des Inverkehrbringens vor der verpflichtenden Anwendung der Stage IIIA-Anforderungen zu beobachten.

2.6.2 Luftschadstoffemissionen

Mit Bezug auf die Luftschadstoffemissionen sind hier vornehmlich die Diesellokomotiven und Triebzüge zu betrachten, da mit Ausnahme von Bremsabrieb Luftschadstoffe bei Elektrolokomotiven und - ALTERSSTRUKTUR Triebzügen nur im Rahmen der Stromerzeugung entstehen. LOKOMOTIVEN Bei den Diesellokomotiven ist die zahlenmäßig größte Gruppe von Lokomotiven mit Baujahren vor 1980 mit über 2000 Fahrzeugen ohne Regulierung auf den Markt gebracht worden. Diese Betrachtung berücksichtigt keine eventuellen Remotorisierungen der Fahrzeuge, nach Beobachtung des Autors spielenGRO dieseSS EaberD IimE SMarktEL FderLO vornehmlichTTE IN DprivatEU genutztenTSCHL FahrzeANDuge - H eineOH untergeordneteER ALTBE Rolle.STA ND NEU-AUSLIEFERUNGEN DamitNU kannR N davonOCH ausgegangen IM RANG werden,IERB dassER EsichIC nochH ca. 2000 Fahrzeuge im Betrieb oder in einer Reserve befinden, die keinerlei Abgas-Regulierung entsprechen, siehe untere Abbildung.

Altersstruktur Lokomotiven in Deutschland (Anzahl Fahrzeuge) • Auslieferung von D-Streckenloks stark rückläufig Steigende Emissionsnormen, steigende Preise 1,400 Derzeit gibt es keine neue Streckenlokomotive D-Lok E-Lok Alternativ-Lok 1,200 für den deutschen Markt Erste Elektrisch/Diesel (Dual Mode) Loks seit 1,000 Keine relevanten Regulierungen 2019 verfügbar Pre-UIC (z.B. ORE- Stage Stage oder Empfehlungen bekannt UIC I /II 800 Empfehlungen) IIIA IIIB • Hoher Altbestand von Diesel-Rangierloks Hybridloks (z.B. H3) im Markt vertreten; 600 größere Modernisierungs-/Beschaffungspläne 400 • Hohes Niveau der E-Lok Auslieferungen seit 2000 (Ausnahme: Finanzkrise) 200 Leasingunternehmen in den letzten 5 Jahren 0 verantwortlich für > 30% der Beschaffungen Trend zu Multisystemlokomotiven für den grenzüberschreitenden Verkehr auf RFCs

DB AG beschaffte ca. 50% der Loks Abbildung 32: Altersstruktur Lokomotivflotte und zum Inverkehrbringen geltende Emissionsnormen (Jahresklassen entsprechen nicht vollständig den Gültigkeitszeiten,Durc Stagehsch I naufgrundittsalt ederr kurzenE Gültigkeit-Lok nicht20 dargestellt),5 Flottengröße E-Lok 2.900 Ø Flotte (Jahre) D-Lok 39,7 gesamt (Units) D-Lok 3.400 Im Segment Triebzüge ist die Flotte erheblich jünger, dementsprechend sind weniger Fahrzeuge im Betrieb, für die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens keine Regulierungen oder Empfehlungen gültig waren.© SCI V Dazuerkehr G trägtmbH / derwww .süblicheci.de / 19. 0Einsatz2.2020 der Fahrzeuge im Rahmen von Verkehrsverträgen bei, durch den 36 häufig der Einsatz von Neufahrzeugen gefordert ist.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 54 / 147 ALTERSSTRUKTUR

AP2: Beschreibung des Entwicklungsstandes einzelner Antriebstechnologien sowie der benötigten Infrastrukturanforderung und Systemvoraussetzung der jeweiligen JUNGE EMU-FLOTTE IN DEUTSCHLAND BEDINGT AntriebstechnologieDURCH ZAHL REICHE AUSLIEFERUNGEN IN DEN LETZTEN JAHREN GROSSE DMU-FLOTTE AUS ANFANG DER 2000ER JAHRE

Altersstruktur Triebzüge/-wagen in Deutschland (Anzahl Züge) • Der derzeitige EMU-Bestand umfasst ca. 3.400 Züge 1,200 EMU DMU HST alternativ Seit der Jahrtausendwende hat das 1,000 Beschaffungsvolumen deutlich zugenommen und ist seither konstant 800 hoch. Keine relevanten Regulierungen Pre-UIC (z.B. ORE- Stage Stage oder Empfehlungen bekannt UIC I/ II Das relativ junge Durchschnittsalter von Empfehlungen) IIIA IIIB 600 knapp 14 Jahren korreliert mit den ansteigenden Beschaffungen privater 400 EVU. 200 • Die DMU-Flotte besteht aus etwa 2.700 Zügen 0 Ein erheblicher Teil der heute in Betrieb befindlichen Fahrzeuge wurde Anfang der 2000er Jahre ausgeliefert - seitdem ist ein konstant niedrigeres Niveau zu Abbildung 33: Altersstruktur Triebzugflotte und zum Inverkehrbringen geltende Emissionsnormen (Jahresklassen entsprechen nicht vollständig den Gültigkeitszeiten,Durc hStagesch nI aufgrundittsalte derr kurzenE MGültigkeitU nicht13, dargestellt)8 Flottengröße EMU 3.400 beobachten. Ø Flotte (Jahre) DMU 17,4 gesamt (Units) DMU 2.700 Die Entwicklung der Emissionsgrenzwerte in der Entwicklung der einzelnen Normen ist in Abbildung 34 und Abbildung 35 gezeigt. Es bezeichnet CO die Kohlenmonoxide, HC die

Kohlenwasserstoffverbindungen,© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 19.02.202 0 NOX die Stickoxide und PM den Massengrenzwert für 43 Feinstaubemissionen. Es wurde der nur für Stage IIIA geltende Summengrenzwert für HC + NOX zu den vorher geltenden Anteilen 1/7 und 6/7 aufgeteilt. Es sind in beiden Graphen die Werte für Triebzüge dargestellt.

Abbildung 34: Entwicklung der NOX- und PM-Emissionen in g/kWh im Rahmen der EU-Vorgaben (für Triebzüge)

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Abbildung 35: Entwicklung CO- und HC-Emissionen in g/kWh im Rahmen der EU-Vorgaben (für Triebzüge)

2.6.3 Geräuschemissionen

Die Anforderungen an Triebzüge gemäß TSI Noise werden nach den drei Betriebszuständen Stand, Anfahren und Vorbeifahrt sowie nach Antriebsart (Elektro-/Dieseltraktion) unterschieden. Die dominierenden Quellen für Geräuschemissionen hierbei sind:

– Stand – Nebenverbraucher – Lüfter – Pneumatik – Anfahren – Lüfter – Motor/Umrichter – Vorbeifahrt – Rollgeräusch – Pantograph – Windgeräusch an Außenflächen

Die Vergleiche in Abbildung 36 auf Basis der TSI Noise zeigen, dass durch Hybridisierung und Elektrifizierung des Schienenverkehrs ein Geräuschminderungspotenzial vornehmlich bei Standgeräuschen besteht, hier kann der Schalldruck um etwa 40% gesenkt werden. Diese Minderung hat keinen Einfluss auf den Lärm an Bahnstrecken, kann aber über den Eindruck von Fahrgästen an Bahnhöfen sehr zum qualitativen Bild der Bahn als modernes Verkehrsmittel beitragen.

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Abbildung 36: Vergleich der Geräuschemissionen in verschiedenen Betriebsarten

Abbildung 36 geht nicht auf die zulässigen momentanen Überschreitungen der dargestellten Grenzwerte insbesondere durch die Druckluftanlage ein. Diese werden in Bahnhöfen und wohnbebauungsnahen Abstellanlagen als sehr störend wahrgenommen und stehen dadurch einer weiten Akzeptanz des Verkehrsträgers Bahn entgegen. Hier besteht im Rahmen der Entwicklungen zum innovativen Triebfahrzeug die Chance diese lokalen Geräuschemissionen durch Einbindung in ein ganzheitliches Energiemanagement-System zu reduzieren. Ein solches Energiemanagement-System bewirtschaftet die Speicher prädiktiv und optimiert nach ortabhängigen Zielen. So können vor der Einfahrt in Bahnhöfe und andere sensible Bereiche bspw. der Hauptluftbehälter gefüllt und die Trocknungsanlage regeneriert werden und somit diese Emissionen dort vermieden werden.

Ebenfalls kann durch Anpassung der Steuerung von Druckluftanlagen und Lüftern von schaltenden Einheiten zu drehzahlgeregelten die lokale Lärmemission dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Auch werden auf diese Weise Leistungsspitzen vermindert und damit die Speicher weniger belastet, was sich günstig auf Dimensionierung und Alterung der Speicher auswirkt.

Weiterhin sollte in Betracht gezogen werden, die Messung des Standgeräusches zusätzlich zum normativen Messpunkt in 1,2 m über Schienenoberkante an weiteren Punkten vorzunehmen, um die Lärmemissionen insbesondere vom Fahrzeugdach besser zu erfassen. Diese Dachlärmemissionen werden durch Überbauung oder Reflexion in Bahnhofs- und Abstellbereichen als störend wahrgenommen und sind nicht geregelt.

Die verschiedenen Ansätze zur Hybridisierung und Elektrifizierung bieten über die Verringerung von Standgeräuschen hinaus weitere Potenziale:

– Diesel-Mildhybrid – Standgeräusch – Start-Stop-Automatik – Speisung Nebenverbraucher aus Batterien – Diesel-Vollhybrid – Standgeräusch – Start-Stop-Automatik – Speisung Nebenverbraucher aus Batterien – Anfahrgeräusch – Anfahren ohne Motor im Stationsbereich

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– Wasserstoff-Vollhybrid – Standgeräusch – Bis auf Kühlung geräuschlos – OL-Hybrid (BEMU/BE-Lok) – Standgeräusch – Reduzierung Diesel unter Fahrdraht – Anfahrgeräusch – Reduzierung Diesel unter Fahrdraht – Vorbeifahrt – Sensible Bereiche ohne Pantographen befahren

Die Geräuschemissionen von Dieselfahrzeugen des Bestands können durch Remotorisierung einschließlich Erneuerung der Abgasanlage gesenkt werden, hierbei empfiehlt sich dann der Einsatz mindestens einer Mildhybrid-Technologie.

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3 AP3: Aufstellung und Beschreibung von Technologien zur Minderung von CO2-Emissionen und Luftschadstoffen und zur Minderung von Geräuschemissionen von Triebfahrzeugen im Schienenverkehr

3.1 Einleitung

Zu den großen Vorteilen des Schienenverkehrs gehört seine Energieeffizienz aufgrund des Rad- Schiene-Kontaktes zwischen Stahlrad und Stahlschiene. Damit sind die Emissionen pro Personenkilometer bzw. pro Tonnenkilometer sehr gering. Durch die Versorgung eines Großteils des Bahnverkehrs durch Strom über das Bahnstromnetz partizipiert der Schienenverkehr an der allgemeinen Wende zu erneuerbaren Energien. Gleichzeitig werden jedoch nennenswerte Anteile des Verkehrs sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr in Dieseltraktion erbracht. Dieseltraktion ist die Hauptquelle Luftschadstoffen und weist in allen Betriebszuständen höhere Lärmpegel als Elektrotraktion auf. Darüber hinaus wird durch die Nutzung von Dieselkraftstoff nicht die Wirkung der Energiewende an den Strommärkten erzielt. Die Technologien zur Minderung von CO2, Luftschadstoffen und Geräuschemissionen zielen daher vornehmlich auf Alternativen zu Dieselkraftstoff, Energierückgewinnung durch Nutzbremsen und Potenziale in der Betriebsführung ab.

3.2 Alternative Energiebereitstellungs- bzw. Hybridtechnologien

In diesem Anschnitt werden relevante alternative Technologien zur Energiebereitstellung bzw. zur Hybridisierung beschrieben. Bezeichnungen werden auf Basis der gut angenommenen englischsprachigen Begriffe Multiple Unit (MU) sowie Electric Multiple Unit (EMU) und Diesel Multiple Unit (DMU) gebildet und auf Loks transferiert. Die betrachteten Technologien sind:

– Diesel-Mildhybrid (MH-DMU, MH-D-Loco) – Diesel-Vollhybrid (VH-DMU, VH-D-Loco) – Oberleitungs-Hybrid (DEMU, DE-Loco) – Batterieelektrisches Triebfahrzeug (BEMU, BE-Loco) – Brennstoffzellen-Triebfahrzeug (HMU, H-Loco)

3.2.1 Diesel-Mildhybrid (MH-DMU, MH-D-Loco)

Der Hauptunterschied zwischen einem Mildhybrid und einem Vollhybrid besteht darin, dass Mildhybrid- Fahrzeuge nicht vollelektrisch gefahren werden können. Der Verbrennungsmotor wird lediglich von einem Elektromotor unterstützt. Dies ermöglicht teilweise Rekuperation der Bremsenergie und eine höhere Energieeffizienz des Systems und erhöht damit die Schadstoff- und Kraftstoffeinsparung. Energiespeicher des Elektromotors ist meist eine an Bord mitgeführte Batterie. Mildhybrid Fahrzeuge können auf jeden Streckentyp eingesetzt werden, jedoch besitzen das Fahrzeug bei Systemausfall des Dieselsystems kein Notstromsystem zur Fortbewegung.12

3.2.1.1 Stand der Technik

Diesel-Mildhybrid Antriebslösungen sind erprobt (TRL 8-9) und wie andere dieselbasierte Antriebsysteme weniger zukunftsfähig als alternative Technologien aufgrund der hohen Schadstoffbelastung des Dieselsystems. Mithilfe der elektrischen Unterstützung des Antriebsstranges werden diese Belastung aber teilweise reduziert. Mildhybride benötigen keine zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen auf der Strecke.

12 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015

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3.2.1.2 Energieeffizienz

Im Vergleich zu einem Vollhybridfahrzeug können Mild-Hybride einige der Vorteile der Anwendung von Hybridtechnologien bieten, wobei der Kosten- und Gewichtszuschlag, der durch den Einbau eines Vollhybrid-Antriebsstrangs entsteht, geringer ausfällt. Die Kraftstoffeinsparungen sind in der Regel geringer als bei der Verwendung eines Vollhybrids, da die Konstruktion weder ein hohes Maß an regenerativem Bremsen ermöglicht noch den Einsatz kleinerer, leichterer und effizienterer Verbrennungsmotoren fördert. Für Fahrzeuge mit einem hohen Anteil an Standbetrieb (z.B. Rangierlokomotiven) kann durch die Versorgung von Nebenverbrauchern aus einem Speicher anstelle des Diesels der Leerlaufverbrauch weitgehend entfallen und somit der Gesamtverbrauch reduziert werden.

3.2.1.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die Geräuschemissionen im Stand können durch Versorgung von Nebenverbrauchern und die Abschaltung des Diesels im Stand in sensiblen Bereichen wie Bahnhöfen erheblich reduziert werden.13

3.2.1.4 Infrastrukturelle und systemtechnische Voraussetzungen

Es wird keine besondere Infrastruktur benötigt. Wünschenswert wäre eine Übermittlung der voraussichtlichen Dauer eines Stops (vor allem im Güterverkehr) zur Optimierung der Abschaltung.

3.2.1.5 Investitions- und Betriebskosten der Infrastruktur

Es werden bestehende Diesel-Tankstellen genutzt, daher sind keine Investitionen in Infrastruktur notwendig. Die Betriebskosten der Dieseltankstellen der DB Energie liegen auf Grundlage des Kostenumlage und der abgesetzten Menge bei etwa 15.000 € pro Tankstelle und Jahr.

3.2.2 Diesel-Vollhybrid

Im Gegensatz zu einem Mildhybrid kann ein Vollhybrid auch rein elektrisch gefahren werden. Der Elektromotor befindet sich parallel oder seriell zum Verbrennungsmotor, wie in Abbildung 37 und Abbildung 38 gezeigt und kann nach Bedarf aus-, an- oder zugeschaltet werden. Energiespeicher des Elektromotors ist meist eine an Bord mitgeführte Batterie, die optional auf Strecken mit Oberleitungen auch über einen Pantografen aufgeladen werden kann. Bremsenergierekuperation ist möglich und Energieeffizienz, Schadstoff- und Kraftstoffeinsparung sind verbessert. Der Elektromotor erfüllt auch die Rolle eines Backup-Systems, sollte der Dieselmotor komplett ausfallen, allerdings nur für begrenzte Distanzen (abhängig von der Batteriegröße). Damit können Vollhybrid Fahrzeuge auf jedem Streckentyp eingesetzt werden.14

13 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015 14 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015

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Abbildung 37: Parallel-Hybrid-Struktur

Abbildung 38: Serien-Hybrid-Struktur

3.2.2.1 Stand der Technik

Vollhybrid Antriebslösungen sind erprobt (TRL 8-9) und wie andere dieselbasierte Antriebsysteme weniger zukunftsfähig als alternative Technologien aufgrund der hohen Schadstoffbelastung des Dieselsystems. Der elektrische Motor des Vollhybrids senkt zwar die Schadstoffbelastung, auch um einen größeren Faktor als beim Mildhybrid, jedoch sind vollelektrische Systeme umweltfreundlicher. Vollhybride benötigen keine zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen auf der Strecke.

3.2.2.2 Energieeffizienz

Der Elektromotor ist effizienter bei der Erzeugung von Drehmoment oder Zugkraft, und der Verbrennungsmotor ist besser für die Aufrechterhaltung einer hohen Geschwindigkeit geeignet (besser als ein typischer Elektromotor). Der Wechsel von einem System zum anderen zum richtigen Zeitpunkt bei gleichzeitiger Beschleunigung führt zu einem Gewinn an Energieeffizienz, der sich in einer höheren Kraftstoffeffizienz niederschlägt. Dies kann durch eine gute Regelung beider Motoren gewährleistet werden.

3.2.2.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Gegenüber einem Dieselmotor ohne Hybridisierung können die Lärmemissionen auf drei Arten reduziert werden:

– durch die Unterstützung des Elektromotors beim Anfahren werden die abgerufene Leistung und damit die Geräuschemissionen vermindert,

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– durch die rein elektrische Betriebsweise kann auch Dieseltraktion in sensiblen Bereich ganz verzichtet werden und – die Versorgung von Nebenverbrauchern lässt das Abschalten des Dieselmotors im Stand zu.

3.2.2.4 Infrastrukturelle und systemtechnische Voraussetzungen

Es wird keine besondere Infrastruktur benötigt. Wünschenswert wäre eine Übermittlung der voraussichtlichen Dauer eines Haltes (vor allem im Güterverkehr) zur Optimierung der Abschaltung.

3.2.2.5 Investitions- und Betriebskosten der Infrastruktur

Es werden bestehende Diesel-Tankstellen genutzt, daher sind keine Investitionen in Infrastruktur notwendig. Die Betriebskosten der Dieseltankstellen der DB Energie liegen auf Grundlage des Kostenumlage und der abgesetzten Menge bei etwa 15.000 € pro Tankstelle und Jahr.

3.2.3 Wasserstoff-Triebfahrzeug (HMU, H-Loco)

Ein Fahrzeug mit Wasserstoff-Hybrid Antrieb unterscheidet sich nur in der Energieerzeugung von anderen Hybridtechniken. An die Stelle des Dieselgenerators tritt hier ein Aufbau aus Brennstoffzellen, welcher den in Drucktanks (ca. 750 bar) gespeicherten gasförmigen Wasserstoff in kontrollierter chemischer Reaktion mit Sauerstoff in Wasserdampf umwandelt und erzeugte Energie als elektrischen Strom (mit Abwärme) bereitstellt, der wiederum Elektromotoren antreibt oder in der Batterie gespeichert werden kann. Momentane Antriebsleistungen liegen bei ca. 600 KW. Der Wasserdampf wird dann als harmloses Abgas an die Umgebung abgeben. Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb sind nur durch ihre Tankgröße in ihrer Reichweite begrenzt und damit sehr flexibel. Sie können auf jedem Streckentyp eingesetzt werden. Der Betrieb von Brennstoffzellen sollte möglichst konstant erfolgen, außerdem liegen die Kosten je kW im Bereich von einigen Hundert Euro. Daher erfolgt die Auslegung der Brennstoffzelle auf eine mittlere Leistung, die Energie wird in einem Batteriesystem zwischengespeichert und steht zum Beschleunigen mit Maximalleistung zur Verfügung. Der Speicher und die eingesetzte Leistungselektronik machen auch eine Nutzbremse mit Rückgewinnung der Bremsenergie möglich und sinnvoll.15 16

Abbildung 39: Wasserstoff-Hybrid-Struktur

15 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015 16 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019

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3.2.3.1 Stand der Technik

Wasserstoff-Hybrid Fahrzeuge befinden sich aktuell in der Erprobung (TRL 8) und haben aufgrund der komplett schadstofffreien Emissionen hohes Zukunftspotential. Die Erzeugung der Energie durch Wasserstoff ist zwar schon lange bekannt, aber bisher aufgrund kostengünstiger Alternativen wie Diesel noch nicht ausgereift. Die Elektromotoren als Antriebssystem hingegen sind heute sehr ausgereift, da Hersteller diese schon in anderen Konfigurationen (wie dieselelektrisch oder elektrisch) verwenden. Mit Ausnahme der Wasserstofftankstellen in den Depots benötigen Wasserstoff-Hybrid Fahrzeuge keine zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen auf der Strecke.

3.2.3.2 Energieeffizienz

Im Moment werden Wirkungsgrade von 50% bei der Stromerzeugung durch Wasserstoffbrennstoffzellen erreicht. Die Elektromotoren besitzen weisen einen hohen Wirkungsgrad (ca. 90%) auf und können zur Rekuperation genutzt werden. Allerdings ist die Wasserstoffherstellung in sich sehr energieaufwändig, was bisher die Wirtschaftlichkeit von wasserstoffbasierten Technologien bremst. Positiv im Personenverkehr ist die Verfügbarkeit von Prozesswärme, die zur Beheizung des Fahrgastraums genutzt werden kann. Kann Wasserstoff örtlich als Abfallstoff aus der Chemieindustrie verwendet werden verbessert sich die Energiebilanz entsprechend.

3.2.3.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Da die Brennstoffzelle weitgehend geräuschlos arbeitet, bleiben als antriebsseitige Lärmemissionen lediglich die Lüfter zur Kühlung des Systems sowie die Umrichter. Durch den Entfall des Pantographen kann bei hohen Fahrgeschwindigkeiten sogar ein Vorteil gegenüber der Elektrotraktion mit Stromversorgung aus der Oberleitung entstehen.

3.2.3.4 Infrastrukturelle und systemtechnische Voraussetzungen

Die Wasserstoffversorgung ist nicht standardisiert und es besteht kein Tankstellennetz, daher muss für den Betrieb mindestens eine Wasserstoff-Tankstelle vorgesehen werden.

3.2.3.5 Investitions- und Betriebskosten der Infrastruktur

Es werden im Rahmen dieser Studie 1 Mio. Euro als Investitionskosten17 einer Wasserstoff-Tankstelle sowie 100.000 Euro p.a. für den Betrieb angenommen18.

3.2.4 Oberleitungs-Hybrid (DEMU, DE-Loco)

Bei diesem Antriebstyp ist neben einem gewöhnlichen Elektromotor mit Verbindung zur Oberleitung mittels Pantographen ein Dieselmotor mit an Bord, der als Energieversorgung für Streckenabschnitte ohne Oberleitung dient. Diese Auslegung dieses Dieselaggregats reicht von 2,5% der installierten elektrischen Leistung (Last-Mile Diesel) bis zu 70% der elektrischen Leistung (Dual-Mode Triebzug).

17 Reddi, Krishna, et al. "Impact of hydrogen refueling configurations and market parameters on the refueling cost of hydrogen." International Journal of Hydrogen Energy 42.34 (2017): 21855-21865. 18 Gemäß Reddi, Krishna, et al. "Impact of hydrogen refueling configurations and market parameters on the refueling cost of hydrogen." International Journal of Hydrogen Energy 42.34 (2017): 21855-21865. entfallen bis zu 50% der Infrastrukturkosten auf den kostenintensiv instandzuhaltenden Kompressor, dazu kommt ein hoher einzuhaltender Sicherheitsstandard sowie ein hoher Bedarf an spezifisch geschultem Personal.

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Der Einbau steigert die Flexibilität des Fahrzeugs erheblich, da beispielweise bei Störungen auf der elektrifizierten Strecke auf nicht elektrifizierte Teilstrecken umgeleitet werden kann. Das Volumen des Dieseltanks begrenzt die Reichweite auf nichtelektrifizierten Strecken.19

3.2.4.1 Stand der Technik

Die Technologie ist ausgereift (TRL 9) und wird in Deutschland und Europa eingesetzt. Der Oberleitungshybrid bildet zusammen mit dem Batteriehybrid eine attraktive Lösung für teilelektrifizierte Trassen, die einen Einsatz von reinelektrischen Antriebssystemen verhindern und für rein konventionelle Dieselantriebe zu ineffizient wären. Oberleitungshybride benötigen keine weiteren Infrastrukturmaßnahmen.

3.2.4.2 Energieeffizienz

Die Energieeffizienz dieses Typs steht in direkter Korrelation zur Trasse, d.h. je mehr Streckenlänge mit Oberleitung vorhanden, desto energieeffizienter ist das Fahrzeug. Bei Benutzung des Elektromotors gleicht die Energieeffizienz einem rein elektrischen Fahrzeug, unter Dieselbetrieb entfällt die Rekuperation oder nutzt einen mitgeführten Speicher. Gegenüber dem Einsatz eines ausschließlich dieselbasierten Systems auf der gleichen Strecke werden abhängig vom Grad der Elektrifizierung Emissionen vermieden.20

3.2.4.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die antriebsseitigen Lärmemissionen entsprechen den jeweiligen Energieversorgungssystemen, Fahrdraht-elektrisch oder Diesel. Es können durch von Elektrifizierung von Bahnsteiggleisen oder Fremdeinspeisungen Lärmemissionen im Stillstand vermindert werden.

3.2.4.4 Infrastrukturelle und systemtechnische Voraussetzungen

Der sinnvolle Einsatz der Oberleitungs-Hybride setzt sowohl eine Teilelektrifizierung der befahrenen Strecken als auch eine Möglichkeit zur Betankung voraus. Wünschenswert ist darüber hinaus die Nutzung vom Fremdeinspeisungen oder vergleichbarer Ansätze.

3.2.4.5 Investitions- und Betriebskosten der Infrastruktur

Ein Betrieb ist ohne Infrastrukturmaßnahmen möglich, zur Optimierung ist es darüber hinaus wünschenswert, dass Netz durch eine Teilelektrifizierung einiger Abschnitte zu optimieren.

3.2.5 Batteriespeicher-Triebfahrzeug (BEMU, BE-Loco)

Mittels einer an Bord mitgeführten Batterie kann das Triebfahrzeug Streckenabschnitte ohne Fahrdraht überbrücken. Im Gegensatz zum Oberleitungshybrid existiert nur ein Elektromotor, der entweder über den Fahrdraht oder die Batterie betrieben wird. Zur Benutzung des Antriebs ohne Oberleitung muss das Batteriesystem ausreichend geladen sein. Dies kann bei Fahrt auf Abschnitten mit Fahrdraht geschehen oder während eines Halts am Bahnsteig bzw. im Depot. Das Fahrzeug kann mithilfe der Batterie auf allen Streckentypen eingesetzt werden, die Batteriekapazität diktiert die nichtelektrifizierte Streckenlänge.

19 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015 20 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019

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Vergleichbar mit der Elektromobilität auf der Straße ist nicht allein das Fahrprofil herausfordernd für das Speichersystem, auch die sogenannten Komfort-Funktionen wie Heizung oder Klimatisierung belasten den Speicher.21

3.2.5.1 Stand der Technik

Es werden bereits Straßenbahnen mit dieser Technologie eingesetzt und es sind Vollbahn-Triebzüge im Probebetrieb. Das führt im Gesamtsystem zu TRL 8, die Komponenten für Fahrzeuge geringerer Leistung (ca. 500 kW) befinden sich beispielsweise in batterielektrischen Bussen im längeren Produktiveinsatz.

3.2.5.2 Energieeffizienz

Elektromotoren sind energieeffizienter und wartungsärmer als Verbrennungsmotoren und die Möglichkeit zur Rekuperation besteht. Die Batterie ist weitgehend wartungsfrei, unterliegt jedoch einer Alterung abhängig von ihrer Zyklenzahl.

3.2.5.3 Antriebsseitige Lärmemissionen

Die antriebsseitigen Lärmemissionen sind vergleichbar mit denen eines elektrischen Triebfahrzeugs, zusätzlich ist es auf sensiblen Abschnitten möglich, auf den Pantographen und damit die Lärmemissionen zu verzichten.

3.2.5.4 Infrastrukturelle und systemtechnische Voraussetzungen

Es muss eine Teilelektrifizierung bestehen oder geschaffen werden, dazu sollten in Wendebahnhöfen und Werkstätten Lademöglichkeiten geschaffen werden. Eine Möglichkeit zur Fremdeinspeisung oder Aufladung an Zwischenbahnhöfen im Falle von Betriebsstörungen erhöht die Resilienz des Gesamtsystems.

3.2.5.5 Investitions- und Betriebskosten der Infrastruktur

Die Kosten einer Ladestation mit 700 kW Ladeleistung werden mit etwa 250.000 € abgeschätzt 22, Voraussetzung ist hierbei die Anbindung an das leistungsfähige Bahnstromnetz. Die jährlichen Betriebskosten von 10.000 € basieren auf den Kosten einer Dieseltankstelle, reduziert, da keine straßenseitige Anlieferung erfolgen muss.

21 Klebsch, W., Heininger, P., Marting, J. Studie zu Alternativen zu Dieseltriebzügen im SPNV Einschätzung der systemischen Potenziale, VDE, Frankfurt, 2019 22 Lindgren, Lars. "Full electrification of Lund city bus traffic." A simulation study. Industrial Electrical Engineering and Automation, Lund Institute of Technology, Lund (2015). In diesem Artikel werden die Investitionskosten für 300kW Omnibus- Ladestationen mit etwa 120.000 € basierend auf durchgeführten Projekten angegeben.

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3.3 Eignung innovativer Antriebstechnologien für generische Betriebsszenarien

Die Eignung der im vorhergehenden Abschnitt eingeführten Antriebstechnologien für bestimmte Betriebsszenarien lässt sich grundsätzlich beurteilen nach

– Umfang und technische Machbarkeit der Energiespeicher für die in einem Ladezyklus verbrauchte Energie (Wspeicher)23 – Leistung der Antriebssysteme – Vorhandensein der Lade- bzw. Tankinfrastruktur oder schnelle Erstellung selbiger

Wenn für ein Betriebsszenario zwei technologische Ansätze grundsätzlich geeignet sind, wird der lokal emissionsfreie und Energiewende-bereitere bevorzugt. Die sich auf diese Art ergebenden Kompatibilitätsmatrizen sind in den nachfolgenden Abbildungen dargestellt.

Wspeicher/ Betriebsszenario & BDMU HMU BEMU DEMU kWh Elektrifizierungsgrad Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL Basis BEMU RB 0 2 3 1 0 366 RB 10 2 2 3 0 329 RB 50 2 2 3 1 183 RB 80 2 2 3 1 73 RE 0 2 3 0 0 2270 RE 10 2 3 0 2 2043 RE 50 2 3 1 2 1135 RE 80 2 1 3 2 454 IC 80 2 3 2 2 852 Abbildung 40: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Personenverkehrsprofile 0 Ungeeignet 1 Bedingt geeignet 2 Geeignet 3 Vorzugslösung

Wspeicher/ Betriebsszenario & BD-Lok H-Lok BE-Lok DE-Lok kWh Elektrifizierungsgrad Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL SR 0 2 1 3 0 380 GN 0 2 2 3 0 184 GN 80 2 1 3 1 37 GS 0 2 3 0 0 2286 GS 80 2 2 3 2 457 Abbildung 41: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Güterverkehrsprofile

23 Die analysierten Energien sind ohne Berücksichtigung von Alterung, Reserven oder Low-Cycling berechnet.

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3.4 Technische Ausstattungsmerkmale mit Potenzial von Energieeinsparungen und Lärmminderungen

3.4.1 Nutzbremse

Da aufgrund der hohen bewegten Massen und der hohen Fahrgeschwindigkeiten ein Großteil der Energie der Zugfahrt in Form von kinetischer Energie vorliegt, ist es sinnvoll und unter Betrachtung der Fortschritte im Bereich der Speichertechnologien technologisch möglich, diese Energie für die weitere Fahrt zurückzugewinnen. Das abhängig vom Fahrprofil erhebliche Einsparpotenzial zeigt Abbildung 42.

Abbildung 42: Gegenüberstellung Betrieb auf Regionalbahn-Profil mit und ohne Nutzbremse24

Während das Vorsehen einer Nutzbremse bei praktisch allen Neufahrzeugen mit elektrischer Energiewandlung ohne großen Mehraufwand möglich ist, stehen einer Nachrüstung folgende Herausforderungen entgegen:

• Der Änderungsaufwand einschließlich Engineering und Zulassungsverfahren ist hoch und risikobehaftet. • Abhängig von der vorhandenen Antriebstechnologie ist die Umsetzbarkeit unterschiedlich komplex und effektiv: o EMU / E-Loco: ▪ Durch moderne Umrichtertechnologie einfach und wirtschaftlich ▪ Häufig bereits vorhanden

24 Quelle: FH Aachen/Pfaff

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o DMU / D-Loco: ▪ Diesel-Mechanisch: Bei vorhandenem Einbauraum möglich, Module verfügbar ▪ Diesel-Elektrisch: Sehr gut umsetzbar, lediglich Speicher und Steuerung nötig ▪ Diesel-Hydraulisch: Schwierig, geringe Effizienz

Die hier betrachteten Fahrzeuge und Betriebsszenarien lassen in der Regel eine wirtschaftliche Nachrüstung einer Nutzbremse im Laufe der Lebensdauer nicht zu.

3.4.2 Digitale Automatische Kupplung

Die digitale automatische Kupplung (DAK) kann durch Bereitstellung einer Elektrokontaktkupplung eine Strom- und Datenverbindung zwischen den Einheiten eines Güterzugs herstellen, damit wird die Zugbildung beschleunigt. Darüber hinaus ermöglicht die DAK den Betrieb von längeren und schwereren Zügen als bisher in der Bremsstellung P. Damit können auch diese schweren Güterzüge mit hohen Geschwindigkeiten betrieben werden.

Um den Betrieb in Bremsstellung P zu ermöglichen lässt die DAK höhere Längsdruckkräfte zu. Damit ist ebenfalls eine wirksamere Rekuperation mit elektrischen oder hybriden Triebfahrzeugen möglich. Die zulässige Längsdruckkraft steigt bei Nutzung der DAK von 150 kN auf 300 kN und liegt dann im Bereich der maximalen Zugkräfte moderner Streckenlokomotiven. Die höheren ertragbaren Längsdruckkräfte sind durch die Nutzung eines Stabilisierungsgelenks gemäß UIC-Merkblatt 25 begründet, da mit diesem die Wagen nicht zur Bogenaußenseite gedrückt werden und dadurch durch Radsatzaufklettern entgleisen können.

25 UIC Merkbatt 523, Technische Bedingungen, denen die automatische Kupplung bei den Mitgliedsbahnen der UIC und bei den Mitgliedsbahnen der OSShD entsprechen muß, um das Zusammenwirken der Kupplungen zu gewährleisten, 1. Ausgabe vom 01.07.81, UIC, Paris, 1981

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Abbildung 43: Prinzipdarstellung des Stabilisierungsgelenks 26

Durch diese Anpassung verlängert sich jedoch der Bremsweg bei Betriebsbremsen über den Vorsignal-Hauptsignal-Abstand hinaus, daher wird diese Energieeinsparung nur durch Führerstandssignalisierung (z.B. durch LZB oder ETCS) voll nutzbar. Die Energieeinsparung durch eine erhöhte Rekuperation ist in Abbildung 44 dargestellt.

26 Pfaff, R., Sappler, M. TRANSPACT – die automatische Mittelpufferkupplung für attraktiveren Güterverkehr. Bahntechnik aktuell, Band 48, Berlin, 2014

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Abbildung 44: Vergleich des Energieverbrauchs bei Betrieb mit/ohne DAK auf dem GZ-Profil (bei EG100)27

Abbildung 45: Vergleich der Fahrtzeiten bei Betrieb mit/ohne DAK auf dem GZ-Profil (bei EG100)28

27 Quelle: FH Aachen/Pfaff 28 Quelle: FH Aachen/Pfaff

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3.4.3 Reduzierung und Optimierung der Hotel Loads

Die Nebenverbraucher des Schienenfahrzeugs, vorwiegend die Klimatisierung des Fahrgastraums, haben einen großen Anteil an Gesamtenergieverbrauch. Im ÖPNV kann diese bis zu 50% des Gesamtenergieverbrauchs betragen, abhängig u.a. von Außentemperaturen, Wind und Sonneneinstrahlung. Ein ähnlich signifikanter Anteil kann auch im Vollbahnbereich beobachtet werden. Da in Zukunft von steigenden Temperaturen und hoher relativer Luftfeuchtigkeit ausgegangen werden muss, wird dieser Anteil in Zukunft steigen. Gleichzeitig ist die mitgeführte Energie der hier erörterten innovativen Technologien knapp und die eingesetzten Speicher bzw. Energiewandler sind vergleichsweise teuer.

Abbildung 46: Vergleich der Energie der Zugfahrt und der Nebenverbraucher auf einem Regionalbahn-Profil29

Mögliche Lösungsansätze, die zur Reduzierung des Energieverbrauchs insbesondere für Klimatisierung sorgen können, sind: • Kühlung: o Lüftung statt Klimatisierung o Innovative Kühlprozesse o CO2-Steuerung der Klimaanlagen • Heizung: o Flächen- und Infrarotheizung statt Lufterwärmung o Nutzung von Wärmepumpen • Beide: o Bedarfssteuerung von Klimaanlagen, z.B. durch Bluetooth-Beacons oder Kamerabilder o Reduzierung von Luftaustausch durch Türen, z.B. durch Warmluft- oder Kaltluftvorhänge

Dem Autor sind hierzu nur wenige Produkte oder Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten bekannt, damit besteht auch Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Insbesondere sind viele der genannten Ansätze mit üblichen Risiken der Einführung einer neuen Technologie behaftet und bei üblichen Energiepreisen auch wirtschaftlich nicht darstellbar. Hier kann durch einen geförderten Probebetrieb

29 Quelle: FH Aachen/Pfaff

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bestehender Technologien oder sehr reifer Entwicklungen die Markteintrittshürde gesenkt und somit die Akzeptanz für kommende Triebfahrzeuggenerationen erhöht werden.

3.4.4 Ganzheitliches prädiktives Energiemanagement und Fahrassistenzsysteme

Die hier eingeführten Triebfahrzeuge verfügen über eine Vielzahl von Speichersystemen und Betriebsparametern. Die energieoptimale Betriebsart kann aufgrund der Systemkomplexität nicht dem Fahr- und Begleitpersonal überlassen werden, vielmehr sollte aufgrund von Simulationsstudien und Datenerfassung im Realbetrieb ein Energiemanagementsystem entwickelt und für Baureihe parametriert werden. Dieses Managementsystem sollte zum Beispiel folgende Speichersystem abbilden: – Batteriespeicher – Druckluftbehälter – Fahrgastraum Diese können dann abhängig von Umgebungsparametern Fahrplanlage, Klimabedingungen sowie ggf. Kraftschluss optimiert werden. Wie in Abbildung 47 dargestellt spart eine langsame Fahrweise unter Umständen durch den Mehrverbrauch an Energie durch Klimatisierung nur wenig Energie gegenüber einer schnellen Fahrweise ein. Das gilt jedoch nur in Abhängigkeit von Außentemperatur und Strahlung.

Abbildung 47: Vergleich schneller und langsamer Fahrweise unter Berücksichtigung des Energieverbrauchs der Klimatisierung auf RE und RB- Profil30

Ein Vorteil solcher Fahrassistenzsysteme ist, dass abhängig von der Tiefe des Systemeingriffs eine Nachrüstung einfach, kostengünstig und auch risikoarm ist.

Derzeit am Markt und im Betrieb befindliche Systeme optimieren vornehmlich den Einsatz von Energie zu Traktionszwecken. Die oben dargestellte Abhängigkeit von anderen Speichersystemen, Wetterbedingungen und Fahrzeugzustand findet nicht statt.

30 Quelle: FH Aachen/Pfaff

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Trotz der eingeschränkten zugrundeliegenden Modelle ist eine rasche Amortisation über eingesparte Energie bereits heute möglich. Es werden Fahrerassistenzsysteme gerade im Personenverkehr häufig mit anderen Zielen implementiert, beispielsweise zur Steigerung der Pünktlichkeit oder zur Reduzierung von Verschleiß.31

Eine bedeutende Rolle spielt die Akzeptanz beim Fahrpersonal, hier ist jedoch durch fortschreitende Technologie im Rahmen der persönlichen Mobilität zukünftig eine steigende Bereitschaft zur Annahme zu erwarten. Eine weitere wichtige Rolle spielen Assistenzsysteme ebenfalls bei der Gewinnung von Daten zum tatsächlich durchgeführten Betrieb, die später, in einer Parallele zur Straßenmobilität, bei der Entwicklung von automatisierten und autonomen Fahrzeugen genutzt werden können.

31 U. Hunscha, Fahrerassistenzsysteme im Schienenverkehr, Deine Bahn, 02 (2018)

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3.5 Nachrüstungen von Schienenfahrzeugen des Bestands

Die oben durchgeführte Betrachtung der Antriebstechnologien und Ausstattungsmerkmale für Energie- und Emissionsreduzierung legt nahe, die Nachrüstung von Fahrzeugen des Bestands in Betracht zu ziehen. Während eine solche Aufwertung von Fahrzeugen aus vielen Gründen wünschenswert ist, stehen dem Vorgehen doch teils erhebliche Einschränkungen entgegen.

3.5.1 Wirtschaftliche und organisatorische Einschränkungen

Die für einen Umbau oder eine Nachrüstung in Frage kommenden Triebfahrzeuge werden entweder im Personenverkehr (vornehmlich Triebzüge) oder im Güterverkehr (vornehmlich Rangierlokomotiven) eingesetzt. Triebzüge mit einem Alter von 15 Jahren oder mehr weisen eine geringe Restlaufzeit auf. Die vorliegenden Ausschreibungen fordern zudem häufig Neufahrzeuge. Damit ist der Kosten und Kapazitätsaufwand für diese Fahrzeuge wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen. Ein ähnliches Bild ist bei Rangierlokomotiven zu erwarten. Hier ist das Alter der Fahrzeuge noch höher und die Fahrzeuge sind abgeschrieben. Die verhältnismäßig geringen Energiekosten sind ein Großteil der variablen Kosten, damit fehlt auch bei diesen Fahrzeugen ein Investitionsanreiz. Ein weiterer einschränkender Punkt ist der hohe Einmalaufwand für Engineering, Zulassung und Begutachtung. Neben dem negativen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens ist ebenfalls zu erwarten, dass Umbau-Werke und EVU nicht über die benötigten Kapazitäten verfügen. Weiterhin wird die Zulassung nach dem erfolgten Umbau im Allgemeinen als Risiko gesehen, sodass eine höhere Amortisation erwartet wird oder von einem solchen Projekt Abstand genommen wird. Auch ist die Dauer des Verfahrens häufig gerade für kleine EVU oder Werksbahnen nicht umsetzbar.

3.5.2 Technische Einschränkungen

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen bestehen auch technische. Zu den dominierenden technischen Einschränkungen, die den Einsatz der auf Komponentenebene ausgereiften Systeme erschweren, zählen – fehlende Wärmeisolierung des Fahrgastraums, – ausgeschöpfte Fahrzeugmasse ohne Reserve und – fehlender Bauraum. Die Fahrgastraum-Wärmeisolierung ist bei Dieseltriebzügen kaum oder gar nicht benötigt, da die bisher eingesetzten Dieselmotoren über ausreichend Abwärme verfügen. Dies führt bei Hybridisierung oder Elektrifizierung zu einem unverhältnismäßig hohen Energieaufwand für die Klimatisierung oder zu einem sehr hohen Umbauaufwand. Bei einer weitgehend ausgeschöpften Fahrzeugmasse führt der Einbau von Zusatzsystemen (z.B. Batteriespeichern) zu einem Überschreiten der im Rahmen der Erstzulassung angenommenen Masse. Damit werden im Rahmen der Umbauzulassung dann Festigkeitsberechnungen, Bremsversuche und evtl. sogar Crash-Versuche benötigt, die die Kosten über ein wirtschaftliches Maß steigen lassen. Da Triebzüge selten Raumreserven vorsehen, reduzieren weitere Einbauten ebenfalls den zur Verfügung stehenden Fahrgastraum. Damit ist auch hier eine Nachrüstung mit weiteren Einschränkungen verbunden. Eine Ausnahme zu allen drei Punkten bilden die erwähnten Rangierlokomotiven: durch die Fortschritte in der Motorentechnologie, aber auch in den Bereichen Bremse und Steuerung, reduzieren sich die Massen und Bauräume aller Komponenten teils erheblich, sodass der Einbau von Speichern in der Regel gut möglich ist. Durch die geringen Außenflächen und die geringe Komforterwartung des Rangierpersonals ist die fehlende Isolierung des Führerstands von untergeordneter Bedeutung.

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4 AP4: Systemvergleich

4.1 Teil 1 – Flottenszenarien 2020-2030

Im ersten Teil von AP 4 werden die Grundlagen für den Systemvergleich bereitgestellt. Insbesondere wurden Flottenszenarien entwickelt, welche dann im zweiten Schritt Berechnungen zu Energieverbräuchen, Kohlendioxid- und Schadstoffemissionen, Energiekosten usw. auf nationaler Ebene ermöglichen. Die Szenarien unterscheiden sich vor allem bezüglich des Anteils und der Anzahl neu zu beschaffender Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Als Ergebnis von AP1 liegen der aktuelle Bestand (2019) sowie die Bestandsentwicklung von Schienenfahrzeugen im Schienengüterverkehr und Schienenpersonenverkehr in Deutschland vor. Dabei wurden für die Fortschreibung ab 2020 alle derzeit bekannten Beschaffungsprojekte – sowohl für konventionelle als auch für alternative Schienenfahrzeuge – einbezogen. Feste Bestellungen von Schienenfahrzeugen wurden direkt in die Bestandsentwicklung übernommen, bei Optionen (Kauf von bis zu …. Fahrzeugen) wurden jeweils anteilig angerechnet, wobei der Grad der Ausschöpfung einer Option für innovative Fahrzeuge sehr stark von den künftigen Rahmenbedingungen abhängen wird. Für die Zeit ab 2025, für die noch keine Informationen zu Beschaffungsprojekten vorliegen, werden die zu erwartenden Beschaffungszahlen im Wesentlichen aus den aktuellen Trends, sowie den dann zu erwartenden Ersatzbedarfen unter detaillierter Berücksichtigung der Altersstruktur der Bestände abgeleitet. Aus den Ergebnissen von AP 1 Bestandsentwicklung kann direkt der Input für die Flottenentwicklung bis 2030 für zwei Szenarien abgeleitet werden – das Referenzszenario (Baseline) und das TrendsPlus Szenario.

Szenario R – Referenzszenario - Hierbei handelt es sich um das Referenzszenario (Baseline), welches sich aus einer Trendfortschreibung unter der Annahme einer geringen Förderung alternativer Antriebe ergibt. Insbesondere werden in diesem Szenario die Optionen zur Beschaffung alternativer Schienenfahrzeuge nur in sehr geringem Maße ausgeschöpft und die Beschaffung von alternativen Schienenfahrzeugen bleibt auch ab 2025 auf eher moderatem Niveau. Für den Schienengüterverkehr und den Schienenpersonenverkehr ergeben sich bei der Baseline unterschiedliche Entwicklungen: Im Bereich des Güterverkehrs dominiert bereits heute die Beschaffung alternativer Fahrzeuge, Dieselloks werden nur noch in sehr geringem Umfang beschafft und nach 2026 kann davon ausgegangen werden, dass alle neu beschafften Loks Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien sein werden. Im Schienenpersonenverkehr überwiegt aktuell eindeutig die Beschaffung konventioneller DMUs und im Baselineszenario werden auch nach 2025 folgerichtig überwiegend konventionelle Fahrzeuge beschafft. Die Entwicklung der jährlichen Beschaffungszahlen im Referenzszenario ist in den folgenden beiden Abbildungen dargestellt:

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50 45 Beschaffung Lokomotiven 2020-2030 40 35 30 25 altern. Loco 20 D-Loco 15 10 5 0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 48: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Referenzszenario Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei geringer Förderung alternativer Antriebe

180 Beschaffung Triebzüge 2020-2030 160 140 120 100 altern. MU 80 DMU 60 40 20 0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 49: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Referenzszenario Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei geringer Förderung alternativer Antriebe.

Szenario – TrendPlus – Im Gegensatz zur Baseline wird hier eine Trendfortschreibung der Beschaffungen bei gleichzeitig stärkerem Fokus auf alternative Antriebe vorgenommen. Es wird darüber hinaus eine moderate Förderung alternativer Antriebe angesetzt. Die Optionen in den bereits bekannten Beschaffungsprojekten für alternative Schienenfahrzeuge werden in hohem Maße ausgeschöpft und es ist von einem Überwiegen alternativer Beschaffungen über den gesamten Zeitraum bis 2030 auszugehen. Im Schienengüterverkehr werden im Szenario TrendPlus in den Jahren bis 2024 nur noch wenige konventionelle Dieselloks beschafft und ab 2025 erfolgen ausschließlich Beschaffungen von Lokomotiven mit alternativen Antrieben. Im Schienenpersonenverkehr überwiegt nur noch in den ersten beiden Jahren der Fortschreibung – 2020 und 2021 – die Beschaffung konventioneller DMUs, ab 2022 werden überwiegend Triebzüge mit alternativen Antrieben gekauft. Dieser Trend verstärkt sich von 2026 bis 2030.

Den folgenden beiden Abbildungen kann die Entwicklung der jährlichen Beschaffungszahlen im Szenario TrendPlus entnommen werden:

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70 Beschaffung Lokomotiven 2020-2030 60

50

40 altern. Loco 30 D-Loco 20

10

0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 50: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario TrendPlus im Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei stärkerem Fokus auf alternative Antriebe und moderater Förderung.

200 Beschaffung Triebzüge 2020-2030 180 160 140 120 100 altern. MU 80 DMU 60 40 20 0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 51: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario TrendPlus für den Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei stärkerem Fokus auf alternative Antriebe und moderater Förderung

Um im Rahmen des Systemvergleichs den möglichen Impact einer deutlich stärkeren Marktdurchdringung alternativer Antriebstechnologien im Schienenverkehr abschätzen zu können, wurde das Szenario SchienePlus als drittes Szenario entwickelt. In diesem Szenario wird von einem sehr starken Fokus auf alternative Antriebe und einer intensiven Förderung ausgegangen. Mit Blick auf die Ergebnisse aus AP1, die aktuellen Beschaffungsprojekte sowie die bereits bekannten Optionen wird hier angenommen, dass bei den Lokomotiven schon ab 2022 und bei den Triebzügen ab 2025 keine konventionellen Dieselfahrzeuge, sondern ausschließlich Fahrzeuge mit alternativen Antrieben beschafft werden. Darüber hinaus wird angenommen, dass ein zusätzlicher Nachfragezuwachs – u.a. durch eine aktive Politik der Verkehrsverlagerung auf die Schiene – ab 2025 zu zusätzlichen Beschaffungen im Vergleich zum Baseline und TrendPlus Szenario erfolgen. Der Zuwachs wird jeweils mit 25% bezogen auf die prognostizierten jährlichen Neubeschaffungen im Baseline/TrendPlus Szenario angesetzt. Für das Szenario SchienePlus ist die Entwicklung der jährlichen Beschaffungszahlen für den Zeitraum 2020-2030 in den folgenden beiden Abbildungen dargestellt:

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80 Beschaffung Lokomotiven 2020-2030 70

60

50

40 altern. Loco D-Loco 30

20

10

0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 52: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario SchienePlus für den Schienengüterverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei starkem Fokus auf alternative Antriebe und intensiver Förderung plus Nachfragezuwachs

350 Beschaffung Triebzüge 2020-2030 300

250

200 altern. MU 150 DMU

100

50

0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 53: Beschaffungszahlen 2020 – 2030 im Szenario SchienePlus für den Schienenpersonenverkehr gemäß Prognose / Trendextrapolation aus AP1 bei starkem Fokus auf alternative Antriebe und intensiver Förderung plus Nachfragezuwachs

4.2 Teil 2 - Inputdaten für den Systemvergleich

Die relevanten Inputdaten für den Systemvergleich sowie ein Verweis auf die jeweiligen Arbeitspakete im Projekt sind im Folgenden zusammengestellt: • Flottenentwicklung Schienengüterverkehr und Schienenpersonenverkehr (AP1+Flottenszenarien Referenzszenario, TrendPlus, SchienePlus) • Kompatibilitätsmatrix für Innovative Antriebstechnologien (AP2) • Verfügbarkeit innovativer Schienenfahrzeuge am Markt, Nachfrage (AP1) • Betriebsszenarien für den Schienengüterverkehr: Schweres Rangieren, Streckenfahrten, Nahverkehrsbedienung (AP3) • Betriebsszenarien für den Schienenpersonenverkehr: RegionalBahn, RegionalExpress (AP3)

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• Entwicklung der Energiepreise pro Energieträger und der spezifischen Emissionen 2020 - 2030 • Investitionskosten für innovative Schienenfahrzeuge (Mehrkosten Investition & Tausch Batterie/Brennstoffzelle) (AP4)

4.2.1 Kompatibilitätsmatrix, Anwendungsmatrix und Verfügbarkeit für innovative Antriebstechnologien

Schienengüterverkehr Basierend auf den in AP 2 entwickelten Kompatibilitätsmatrizen für den Schienengüterverkehr können die Anwendungsmatrizen abgeleitet werden. Die Kompatibilitätsmatrizen beschreiben dabei den Grad der Eignung einer innovativen Antriebstechnologie für ein Betriebsszenario inklusive der Vorzugslösung.

Wspeicher/ Betriebsszenario & BD-Lok H-Lok BE-Lok DE-Lok kWh Elektrifizierungsgrad Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL SR 0 2 1 3 0 380 GN 0 2 2 3 0 184 GN 80 2 1 3 1 37 GS 0 2 3 0 0 2286 GS 80 2 2 3 2 457 Abbildung 54: Kompatibilitätsmatrix innovative Technologien für Güterverkehrsprofile 0 Ungeeignet

1 Bedingt geeignet 2 Geeignet 3 Vorzugslösung

Wie der obenstehenden Tabelle zu entnehmen ist, ist die Vorzugslösung beim Schweren Rangieren, bei der Nahverkehrsbedienung sowie den Streckenfahrten mit 80% Elektrifizierungsgrad die BE-Lok und bei Streckenfahrten ohne Oberleitung die H-Lok. Wie weit die einzelnen technologischen Lösungen für die jeweiligen Einsatzkontexte von der kommerziellen Verfügbarkeit entfernt sind, lässt sich der folgenden Tabelle entnehmen:

BD-Lok H-Lok BE-Lok DE-Lok Betriebsszenario &Betriebsszenario & BD-Lok H-Lok BE-Lok DE-Lok Elektrifizierungsgrad Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL Grad der Elektrifizierung Diesel-Vollhybrid Diesel+Oberleitung SR 0 3 1 2 3 Schweres Rangieren SR 0 3 1 2 3 GN 0 2 1 2 3 Nahverkehrsbedienung GN 0 2 1 2 3 GN 80 2 1 2 3 Nahverkehrsbedienung GN 80 2 1 2 3 GS 0 1 0 0 3 Streckenfahrt GS 0 1 0 0 3 GS 80 1 0 1 3 Streckenfahrt GS 80 1 0 1 3 Abbildung 55: Verfügbarkeitsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienengüterverkehr Verfügbarkeit Zeithorizont/Jahre 0 Nicht verfügbar 7+ 1 als Variante denkbar 4 bis 6 2 in Kürze verfügbar 1 bis 3 3 Am Markt verfügbar 0

Ein Vergleich der Kompatibilitäts- und der Verfügbarkeitsmatrix ergibt, dass im Schienengüterverkehr die Vorzugslösungen für die jeweiligen Betriebsszenarien und Elektrifizierungsgrade nicht unmittelbar am Markt verfügbar sind, was einen relevanten Forschungs- bzw. Entwicklungsbedarf signalisiert. Im Falle der BE-Lok wird erwartet, dass entsprechende Produkte entweder in Kürze verfügbar sind oder zumindest als Variante denkbar und damit mittelfristig verfügbar sein werden. Der Einsatz marktreifer Wasserstoffloks für Streckenfahrten ist hingegen im betrachteten Zeitraum nicht abzusehen.

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Die Anwendungsmatrix stellt eine realistische Auswahl innovativer Antriebstechnologien für die unterschiedlichen Betriebsszenarien unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit am Markt bzw. des Reifegrades einer Technologie dar. Für den Schienengüterverkehr kann sie – basierend auf der obenstehenden Kompatibilitäts- und der Verfügbarkeitsmatrix - wie folgt angesetzt werden:

Insgesamt kann die folgende Anwendungsmatrix als Input für den Systemvergleich abgeleitet werden:

BD-Lok H-Lok BE-Lok Betriebsszenario Diesel-Vollhybrid Schweres Rangieren 50% 0% 50% Nahverkehrsbedienung 40% 20% 40% Streckenfahrt 100% 0% 0% Abbildung 56: Anwendungsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienengüterverkehr.

Diese Anwendungsmatrix gilt nur für den betrachteten Zeitraum bis 2030. Für den Zeitraum zwischen 2030 und 2050 wären zusätzlich Wasserstofflokomotiven und BE-Loks für Streckenfahrten zu berücksichtigen und die Anteile der BE-Loks zugunsten der Diesel-Vollhybride zu erhöhen. Mit der in Abbildung 9 dargestellten Verteilung der alternativen Antriebstechnologien im Güterverkehr wird weiter unten der Impact dieser Technologien (Energieverbrauch, Kohlendioxidemissionen, Energiekosten etc.) im Vergleich zum Referenzszenario berechnet.

Schienenpersonenverkehr Die Kompatibilitätsmatrix im Schienenpersonenverkehr aus AP2 ist der folgenden Abbildung zu entnehmen:

Betriebsszenario & BDMU HMU BEMU DEMU Grad der Elektrifizierung Regionalbahn RB 0 2 3 1 0 Regionalbahn RB 10 2 2 3 0 Regionalbahn RB 50 2 2 3 1 Regionalbahn RB 80 2 2 3 1 Regionalexpress RE 0 2 3 0 0 Regionalexpress RE 10 2 3 0 2 Regionalexpress RE 50 2 3 1 2 Regionalexpress RE 80 2 1 3 2

0 ungeeignet 2 geeignet 1 bedingt geeignet 3 Vorzugslösung Abbildung 57: Kompatibilitätsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr

Die Verfügbarkeit von Fahrzeugen mit innovativen Antrieben ist im Schienenpersonenverkehr anders als im Güterverkehr. Fahrzeuge der Vorzugslösungen für die unterschiedlichen Betriebsszenarien sind entweder bereits am Markt verfügbar oder zumindest in Kürze zu erwarten:

Betriebsszenario & HMU BEMU Grad der Elektrifizierung Regionalbahn RB 0 iLint Regionalbahn RB 10-80 Mireo Regionalexpress RE 0-50 Skalierung iLint Regionalexpress RE 80 Coradia Continental

Abbildung 58: Marktverfügbarkeit für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr

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Aus diesen Marktverfügbarkeiten kann die folgende Anwendungsmatrix abgeleitet werden:

Betriebsszenario HMU BEMU

Regionalbahn 60% 40% Regionalexpress 70% 30%

Abbildung 59: Anwendungsmatrix für innovative Antriebstechnologien im Schienenpersonenverkehr

Anders als im Schienengüterverkehr gilt diese Anwendungsmatrix auch über das Jahr 2030 hinaus. Die spätere Verteilung zwischen HMUs und BEMUs wird zukünftig im Wesentlichen vom Grad der Bereitstellung der entsprechenden Infrastrukturen – d.h. Wasserstofftankstellen für HMUs und Ladestationen und ggf. Ladeinseln für BEMUs abhängen.

4.2.2 Betriebsszenarien und Simulationsergebnisse aus AP3

Schienengüterverkehr

Die Simulationsergebnisse aus AP3 für die drei relevanten Betriebsszenarien im Schienengüterverkehr – Schweres Rangieren, Streckenfahrten und Nahverkehrsbedienung - sind in den folgenden Abbildungen zusammengestellt. Sie bilden einen wichtigen Input für die Rechnungen zum Systemvergleich. Eine ausführlichere Darstellung findet sich in der Beschreibung von AP3.

Einsatztage Zugkilometer Zugkilometer Energieverbrauch p.a. p.d. p.a. kWh p.d. kWh p.a. D-Loco 250 25 6.250 1.131,5 282.884 BD-Loco 250 25 6.250 815,7 203.920 BE-Loco 250 25 6.250 372,0 93.000 H-Loco 250 25 6.250 696,6 174.156

Abbildung 60: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Schweres Rangieren

Einsatztage Zugkilometer Zugkilometer Energieverbrauch p.a. p.d. p.a. kWh p.d. kWh p.a. D-Loco 250 360 90.000 17.752 4.437.888 BD-Loco 250 360 90.000 15.045 3.761.194 BE-Loco 250 360 90.000 5.967 1.491.824 H-Loco 250 360 90.000 11.430 2.857.474

Abbildung 61: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Streckenfahren

Einsatztage ZugkilometerZugkilometerEnergieverbrauch p.a. p.d. p.a. kWh p.d. kWh p.a. D-Loco 250 160 40.000 2.533,9 633.482 BD-Loco 250 160 40.000 1.822,7 455.668 BE-Loco 250 160 40.000 683,5 170.875 H-Loco 250 160 40.000 1.367,0 341.751

Abbildung 62: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Nahverkehrsbedienung

Als Inputdaten für den Systemvergleich werden darüber hinaus Angaben zu den zusätzlichen Investitionskosten für innovative Schienenfahrzeuge benötigt. Die Zusatzkosten umfassen sowohl diejenigen für die Erstinvestition als auch die umgelegten Kosten für den Austausch von Brennstoffzellen bzw. Batterien nach Ende von deren Lebensdauer. Die Mehrkosten für die

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Erstanschaffung von Diesel-Vollhybrid-Loks und BE-Loks werden mit 15% 32 angesetzt, die für Wasserstoffloks mit 25%-30%33. Es wird weiter davon ausgegangen, dass die Mehrkosten für Diesel- Vollhybrid-Loks und BE-Loks bis 2028 auf 0 zurückgehen, da beide dann Standardlokomotiven darstellen und da bei Batteriespeichern in diesem Zeitraum eine merkliche Kostenreduktion zu erwarten ist. Bei den Wasserstoffloks ist zu erwarten, dass diese auch 2030 noch einen, wenn auch reduzierten, Aufpreis zum Standardprodukt haben. Die Lebensdauer von Batteriespeichern wird in Einklang mit Erfahrungswerten und Standardansätzen mit 12 Jahren, die von Brennstoffzellen mit 8 Jahren angenommen. Die Mehrkosten für die jeweiligen Energiespeichersysteme werden im Wesentlichen von den Technologien und den zu installierenden Speicherkapazitäten bestimmt und wurden den Modellierungen in AP3 entnommen. Die o.g. konservativen Annahmen für Mehrkosten und Lebensdauern werden hier exemplarisch für das Betriebsszenario Streckenfahrten gezeigt. Die entsprechenden Werte für die Betriebsszenarien Schweres Rangieren und Nahverkehrsbedienung sind den Tabellen im Anhang zu entnehmen.

BD-Loco Preis D-Lok Lebensdauer Mehrkosten BD-Loco 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 1% 0% 0% D-Lok Vollhybrid Mio € Batterie Batterie 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Anschaffungspreis 2 12 0,08 15% 13% 11% 9% 7% 5% 3% 1% 0% 0% 0% Investititionskosten Mio € 2,30 2,26 2,22 2,18 2,14 2,10 2,06 2,02 2,00 2,00 2,00 Mehrkosten Mio € pro Fahrzeug Invest 0,30 0,26 0,22 0,18 0,14 0,10 0,06 0,02 0,00 0,00 0,00 Mehrkosten Mio € pro Fahrzeug Batterietausch 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 0,01 Tabelle 1: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BD-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren

BE-Loco Preis D-Lok Lebensdauer Mehrkosten BE-Loco 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 1% 0% 0% E-Lok mit Batterie Mio € Batterie Batterie 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Anschaffungspreis 4,17 12 0,25 15% 13% 11% 9% 7% 5% 3% 1% 0% 0% 0% Investititionskosten Mio € 4,80 4,71 4,63 4,55 4,46 4,38 4,30 4,21 4,17 4,17 4,17 Mehrkosten Mio € pro Fahrzeug Invest 0,63 0,54 0,46 0,38 0,29 0,21 0,13 0,04 0,00 0,00 0,00 Mehrkosten Mio € pro Fahrzeug Batterietausch 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 0,02 Tabelle 2: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BE-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren

H-Loco Preis D-Lok Lebensdauer Mehrkosten H-Loco 1% 1% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 3% 3% Wasserstoff-Lok Mio € Brennstoffzelle Brennstoffzelle 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Anschaffungspreis 4,17 8 0,75 26% 25% 24% 22% 20% 18% 16% 14% 12% 9% 6% Investititionskosten Mio € 5,25 5,21 5,17 5,09 5,00 4,92 4,84 4,75 4,67 4,55 4,42 Mehrkosten pro Fahrzeug Invest 1,08 1,04 1,00 0,92 0,83 0,75 0,67 0,58 0,50 0,38 0,25 Mehrkosten pro Fahrzeug FC Tausch 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 Tabelle 3: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für Wasserstoff-Loks im Betriebsszenario Schweres Rangieren

Schienenpersonenverkehr

Die Simulationsergebnisse aus AP3 für die zwei relevanten Betriebsszenarien im Schienenpersonenverkehr – Regionalbahn und Regionalexpress – sind in den beiden untenstehenden Abbildungen zusammengestellt:

Einsatztage Zugkilometer Zugkilometer Energieverbrauch p.a. p.d. p.a. kWh p.d. kWh p.a. DMU 300 960 288.000 11.969 3.590.636 BEMU 300 960 288.000 3.885 1.165.549 HMU 300 960 288.000 8.492 2.547.513

Abbildung 63: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Regionalbahn

32 Der Aufpreis von 15% für BD- und BE Loks entspricht der aktuellen Marktsituation – siehe z. Bsp. aktueller Aufpreis von 15% für BE-Lok von Toshiba für schweren Rangierbetrieb sowie von 15% für Vectron Dual Mode von Siemens für Streckenfahrten und Nahverkehrsbetrieb, jeweils in Relation zu vergleichbaren Lösungen mit Dieseltraktion, Marktdaten SCI 2020. 33 Prototypen, aktuell kein marktreifes Produkt vorhanden, Schätzung der Mehrkosten aufgrund der aktuellen Technologiekosten, im Wesentlichen Kosten für Brennstoffzellen (Dimensionierung siehe AP3) und Wasserstofftanks.

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Einsatztage Zugkilometer Zugkilometer Energieverbrauch p.a. p.d. p.a. kWh p.d. kWh p.a. DMU 300 1.500 450.000 48.687 14.605.970 BEMU 300 1.500 450.000 15.336 4.600.909 HMU 300 1.500 450.000 34.762 10.428.507

Abbildung 64: Grundlegende Parameter und Simulationsergebnisse für das Betriebsszenario Regionalexpress

Analoge Überlegungen zu den zusätzlichen Investitionskosten wie im Schienengüterverkehr wurden für den Schienenpersonenverkehr vorgenommen. Hier werden aufgrund verfügbarer Marktdaten die Zusatzkosten für die Erstinvestition bei BEMUs mit 25% 34 und HMUs mit 25-30% 35 angesetzt. Die Annahmen für die Lebensdauern von Batterien und Brennstoffzellen sind mit denen für den Güterverkehr identisch. Konservative Annahmen für Mehrkosten und Lebensdauern werden exemplarisch für das Betriebsszenario Streckenfahrten gezeigt, die entsprechenden Werte für die Betriebsszenarien Regionalbahn dargestellt. Die entsprechenden Tabellen für das Betriebsszenario Regionalexpress sind dem Anhang zu entnehmen.

BEMU Preis DMU Lebensdauer Mehrkosten BEMU 2% 2% 2% 2% 2% 3% 3% 3% 3% 3% EMU mit Batterie Mio € Batterie Batterie 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Anschaffungspreis 3,6 12 0,45 25% 23% 21% 19% 17% 15% 12% 9% 6% 3% 0% Investitionskosten BEMU 4,5 4,428 4,356 4,284 4,212 4,14 4,032 3,924 3,816 3,708 3,6 Mehrkosten pro Fahrzeug Invest 0,9 0,828 0,756 0,684 0,612 0,54 0,432 0,324 0,216 0,108 0 Mehrkosten pro Fahrzeug Batterietausch 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 0,038 Tabelle 4: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für BEMUs im Betriebsszenario Regionalbahn

HMU Preis DMU Mio €Lebensdauer Mehrkosten HMU 1% 1% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 3% 3% Wasserstoff-MU Brennstoffzelle Brennstoffzelle 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Anschaffungspreis 3,6 8 0,5 26% 25% 24% 22% 20% 18% 16% 14% 12% 9% 6% Investitionskosten BEMU 4,536 4,5 4,464 4,392 4,32 4,248 4,176 4,104 4,032 3,924 3,816 Mehrkosten pro Fahrzeug Invest 0,936 0,9 0,864 0,792 0,72 0,648 0,576 0,504 0,432 0,324 0,216 Mehrkosten pro Fahrzeug Tausch Brennstoffzelle 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 0,063 Tabelle 5: Entwicklung der zusätzlichen Investitionskosten für HMUs im Betriebsszenario Regionalbahn

4.2.3 Energiepreisentwicklung

Für eine erste Abschätzung des Impacts von Fahrzeugen mit innovativen Antriebstechnologien wird als Baseline ein konservatives Szenario für die Energiepreisentwicklung angesetzt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die möglichen Einspareffekte bezüglich der Energiekosten als wesentlicher Bestandteil der Betriebskosten nicht von Anfang an zu optimistisch bewertet werden. Ein typisches konservatives Energiepreisszenario ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

34 Der Aufpreis von 25% für BEMU entspricht der aktuellen Marktsituation – siehe z. Bsp. aktueller Aufpreis von 25% für BEMU Coradia von Continental in der Bestellung des ZVMS - Zweckverband Verkehrsbund Mittelsachsen von 2020 in Relation zu vergleichbaren Lösungen mit Dieseltraktion, Marktdaten SCI 2020. 35 Prototypen, aktuell kein marktreifes Produkt vorhanden, Schätzung der Mehrkosten aufgrund der aktuellen Technologiekosten, im Wesentlichen Kosten für Brennstoffzellen (Dimensionierung siehe AP3) und Wasserstofftanks.

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Abbildung 65: Konservatives Energiepreisszenario - IZT 2020 auf der Basis langjähriger Markttrends 2000-2020

In dem Szenario wurde angenommen, dass der Ölpreis und in der Folge der Dieselpreis zwischen 2020 und 2030 nur moderat ansteigen (ca. 2-3% p.a. im Mittel) und dass der Strom nur wenig teurer wird (ca. 1% p.a.). Beide Annahmen bilden die langfristigen Trends für die Preisentwicklung von Bahndiesel und Bahnstrom wieder. Beim Wasserstoff wird angenommen, dass aufgrund des stärkeren Zubaus von Produktionskapazitäten, dem Ausbau vor allem der dezentralen regenerativen Erzeugung, sowie einer moderaten Förderung regenerativen Wasserstoffs der Marktpreis von heute 0,29 Euro pro kWh auf 0,21 Euro pro kWh in 2030 sinkt. Bei den gewählten Annahmen läge der Dieselpreis in 2030 bei 1,70 Euro pro l. Dies ist eine bewusst sehr konservativ gewählte Annahme, Preisszenarien, wie sie für die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele bis 2030 berechnet wurden36, gehen von ca. 2,00 € pro l Diesel in 2030 aus.

4.2.4 Entwicklung der spezifischen Emissionen für die verschiedenen Energieträger bis 2030

Der aktuelle Wert für die Kohlendioxidemissionen für die Produktion von 1 kWh Strom liegen gemäß UBA 2020 ab Kraftwerk bei 0,401 kg und ab Fahrdraht (d.h. inklusive Leitungs- und Umformungsverlusten) bei 0,441 kg. Eine Projektion der langfristigen Trends führt unter Berücksichtigung der geplanten Maßnahmen und der existierenden politischen Instrumente zu spezifischen Emissionen in Höhe von 0,235 kg/kWh (ab Kraftwerk) und 0,259 kg/kWh (ab Fahrdraht). Der Wert von 0,235 kg/kWh entspricht auch den Zielstellungen der Bundesregierung für das Jahr 2030.

36 UBA 2019: Position – November 2019: Kein Grund zur Lücke - So erreicht Deutschland seine Klimaschutzziele im Verkehrssektor für das Jahr 2030; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/19-12- 03_uba_pos_kein_grund_zur_lucke_bf_0.pdf

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Abbildung 66: Emissionsentwicklung für das deutsche Stromnetz 2020-2030 - Trend + politische Instrumente auf der Basis von UBA 202037

Beim Wasserstoff wird von einer regenerativen Erzeugung ausgegangen, weil nur für diesen

Herstellungsweg eine deutlich bessere Umwelt- und vor allem CO2-Bilanz gegeben ist. Bei dem heute noch vorherrschenden grauen Wasserstoff, welcher durch Reformation aus Erdgas erzeugt wird, liegen die spezifischen CO2-Emissionen bei 0,398 kg/kWh und damit noch über denen für Diesel. Bei einer regenerativen Erzeugung – z. B. aus den temporären Überkapazitäten von Windparks – liegen die spezifischen Emissionen bei 0,042 kg/kWh (Greenpeace 2020 und Shell/WI 2017) und erreichen damit nur etwa ein Achtel der des Diesels38. Die lokalen Kohlendioxidemissionen der Dieselfahrzeuge wurden in AP3 direkt im Zuge der Simulationen der Betriebsszenarien auf der Basis des Energieverbrauchs errechnet. Auch hier wird ein „Well-to-wheel“ Ansatz verfolgt, d.h. es werden die auf Emissionen der Vorketten inklusive

Dieseltransport mit eingerechnet. Der spezifische Emissionsfaktor liegt bei 0,334 kg CO2.

4.2.5 Kostenansätze für zusätzlich benötigte Infrastruktur

Innovative Schienenverkehrsfahrzeuge mit Ausnahme der Diesel-Vollhybride benötigen zusätzliche Infrastrukturen für ihren Betrieb. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Ladestationen für Orte ohne unmittelbaren Oberleitungszugang für BE-Loks und BEMUs und Wasserstofftankstellen für H-Loks und HMUs. Aus der Literatur 39 können als Kostenansätze für diese Infrastrukturen folgende Ansätze übernommen werden:

37 UBA 2020: Climate Change 13/2020: Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix in den Jahren 1990 – 2019; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-04-01_climate- change_13-2020_strommix_2020_fin.pdf 38 Greenpeace 2020 – Blauer Wasserstoff – Perspektiven eines neuen Technologiepfades; https://www.greenpeace- energy.de/fileadmin/docs/publikationen/Studien/blauer-wasserstoff-studie-2020.pdf und Shell/WI 2017 – Shell Wasserstoff- Studie – Energie der Zukunft?; https://www.shell.de/medien/shell-publikationen/shell-hydrogen- study/_jcr_content/par/toptasks_e705.stream/1497968981764/1086fe80e1b5960848a92310091498ed5c3d8424/shell- wasserstoff-studie-2017.pdf 39 Kostenansätze für Infrastruktur Investitionen und Betrieb siehe Steckbriefe der Antriebstechnologien AP3/Anhang „Steckbriefe“

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Investment Betriebskosten Kosten Mio € Mio € p.a. pro Ladestation 0,25 0,01 pro Wasserstofftankstelle 1,00 0,10

Tabelle 6: Kostenansätze für Ladestationen und Wasserstofftankstellen

Dabei zeigt die Spalte Investment die Investitionskosten für die Erstanschaffung (Investmentkosten für eine Ladestation = 100.000 Euro und für eine Wasserstofftankstelle 250.000 Euro) und die Spalte Betriebskosten die laufenden Kosten pro Jahr, die durch Umlegen der Anschaffungskosten auf 10 Jahre abgeschätzt wurden.

4.3 Teil 3 – Impact und Systemvergleich - Energie, Emissionen, Energiekosten, Investitionen

Basierend auf dem Mengengerüst der Flottenszenarien Referenzszenario, TrendPlus und SchienePlus (Kaptiel 4.1) kann nun unter Einbeziehung der in 4.2 dargestellten relevanten Inputparameter, einschließlich der Ergebnisse von AP2 und AP3 (Betriebsszenarien, Simulationsergebnisse für alternative Schienenfahrzeuge), der Impact der jeweiligen Flottenentwicklungen quantifiziert und gegenübergestellt werden. Insbesondere werden dabei Endenergieverbräuche, Kohlendioxidemissionen, Schadstoffemissionen, Energiekosten und fahrzeugbezogene Investitionskosten berechnet und verglichen, sowie qualitative Aussagen zu Lärmemissionen getroffen. Der Übersichtlichkeit wegen erfolgen die Ausführungen getrennt nach Schienengüterverkehr und Schienenpersonenverkehr.

4.3.1 Systemvergleich Schienengüterverkehr

Endenergieverbrauch

Aus den Berechnungen für Endenergieverbräuche für die drei Flottenszenarien ergeben sich die folgenden Endenergieeinsparungen von TrendPlus und SchienePlus gegenüber dem Referenzszenario:

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Einsparung Endenergie GWh kumuliert (TrendPlus/Baseline)

400,0

350,0

300,0

250,0

200,0 GWh

150,0

100,0

50,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 67: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr.

Einsparung Endenergie GWh kumuliert (SchienePlus/Baseline)

450,0

400,0

350,0

300,0

250,0 GWh 200,0

150,0

100,0

50,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 68: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr.

Im Vergleich zur Baseline werden im Szenario TrendPlus im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt 360 GWh und im Szenario SchienePlus sogar 441 GWh Endenergie eingespart.

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Kohlendioxidemissionen

Die Szenariorechnungen führen zu den in den beiden nächsten Abbildungen gezeigten kumulierten Reduktionen der Emission von Kohlendioxid durch die verstärkte Einführung innovativer Antriebstechnologien:

Einsparung Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen kumuliert (TrendPlus/Baseline)

140,0

120,0

100,0 2 80,0

60,0 TausendCO t

40,0

20,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 69: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Einsparung Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen kumuliert (SchienePlus/Baseline)

180,0

160,0

140,0

120,0 2 100,0

80,0 TausendCO t 60,0

40,0

20,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 70: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in tausend Tonnen in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Im Vergleich zur Baseline werden im Szenario TrendPlus im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt rund 132.000 t weniger CO2 und im Szenario SchienePlus sogar 161.000 t weniger CO2 emittiert.

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Schadstoffemissionen – PM und NOx

In den Szenarien TrendPlus und Schiene Plus wird der Ausstoß von Rußpartikeln/Feinstaub (PM- 40 Emissionen) sowie Stickoxiden (NOx-Emissionen) gegenüber der Baseline reduziert . In den folgenden beiden Abbildungen sind die Werte für den Vergleich des Szenarios TrendPlus mit der Baseline dargestellt:

Reduktion PM-Emissionen in t (kumuliert, TrendPlus/Baseline)

80,0

70,0

60,0

50,0

40,0 t PM

30,0

20,0

10,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 71: Kumulierte Reduktion von Feinstaubemissionen in Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

40 Datenbasis für PM und NOx Emissionen: Inputdaten für PM und NOx Emissionen für die Baseline sowie die Szenarien TrendPlus und SchienePlus sind die Simulationsergebnisse aus AP3 für die unterschiedlichen Antriebstechnologien in den drei Betriebsszenarien im SGV Schweres Rangieren, Nahverkehrsbedienung und Streckenfahrten.

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Reduktion NOx-Emissionen in t (kumuliert, TrendPlus/Baseline)

2.500,0

2.000,0

1.500,0

x t NO 1.000,0

500,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 72: Kumulierte Reduktion von Stickoxidemissionen in Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Wie man den obenstehenden Abbildungen entnehmen kann, werden in Szenario TrendPlus die Feinstaubemissionen bis 2030 um ca. 76 t und die Stickoxidemissionen um rund 2.500 t reduziert. Die Reduktion der Schadstoffemissionen im SchienePlus Szenario erreichen 97 t für Feinstaub und 3.100 t für Stickoxid.

Energiekosten

Auf Grundlage der weiter oben dargestellten Einsparungen des Endenergieverbrauchs und der in Kapitel 4.2 dargelegten Annahmen zur Energiepreisentwicklung lassen sich die eingesparten Energiekosten für die Szenarien TrendPlus und SchienePlus im Vergleich zur Baseline ermitteln. Die Ergebnisse sind in den folgenden Abbildungen dargestellt. Es ist zu entnehmen, dass die kumulierten eingesparten Energiekosten im Zeitraum 2020 bis 2030 für das Szenario TrendPlus ca. 55,7 Mio. Euro und für das Szenario SchienePlus ca. 68,9 Mio. Euro betragen.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 90 / 147 AP4: Systemvergleich

Einsparung Energiekosten (kumuliert, TrendPlus/Baseline)

70,0

60,0

50,0

40,0 Mio € 30,0

20,0

10,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 73: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Einsparung Energiekosten (kumuliert, SchienePlus/Baseline)

70,0

60,0

50,0

40,0 Mio€ 30,0

20,0

10,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 74: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Investitionskosten für Fahrzeuge

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 91 / 147 AP4: Systemvergleich

Wie in Kapitel 4.2 dargelegt, ist die Einführung von Fahrzeugen mit innovativen Antrieben mit Mehrkosten gegenüber konventionellen Dieselfahrzeugen verbunden. Diese betreffen zum einen die höheren Preise für die Anschaffung und zum anderen die Mehrkosten durch Tausch der Batterien bzw. Brennstoffzellen nach Erreichung der jeweiligen Lebensdauer. Mit den in Kapitel 4.2 gewählten Inputparametern erhält man die folgenden Ergebnisse:

Zusätzliche Investitionskosten kumuliert (TrendPlus/Baseline)

70,0

60,0

50,0

40,0 Mio € 30,0

20,0

10,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

Abbildung 75: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Zusätzliche Investitionskosten kumuliert (SchienePlus/Baseline)

70,0

60,0

50,0

40,0 Mio€ 30,0

20,0

10,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Schweres Rangieren Streckenfahrten Nahverkehrsbedienung gesamt

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Abbildung 76: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienengüterverkehr

Ein Vergleich der eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten für innovative Fahrzeuge in dem für die Entwicklung der kommenden 10 Jahre wahrscheinlichsten Szenario TrendPlus gegenüber der Baseline führt zu folgendem Resultat: Bis Ende 2030 ergäbe sich ein Plus im Bereich von 7 bis 20 Mio. €. Die Bandbreiten entstehen hier durch Variation der Energiepreisentwicklungen, um robuste und belastbare Szenarien zu erhalten. Die Variation erfolgt dabei zwischen der Fortschreibung langjähriger Preistrends (Baseline) und der Einbeziehung des ab

2021 gültigen nationalen CO2 Preises (siehe dazu auch die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3 „Sensitivitätsanalysen“). Bei Annahme dieser Variationsbreite der Energiepreisentwicklungen bis 2030, würden sich die zusätzlichen Investitionskosten in Fahrzeuge mit innovativen Antrieben durch die bis dahin eingesparten Energiekosten vollständig refinanzieren. Der break-even würde in den Jahren 2029/2030 erreicht werden. Bis Ende 2030 ergäbe sich ein Plus im Bereich von 7 – 20 Mio. € Euro. Die Bandbreiten entstehen hier durch Variation der Energiepreisentwicklungen, um robuste und belastbare Szenarien zu erhalten. Diese Aussagen nur gelten im Mittel, Details sind der folgenden Abbildung zu entnehmen:

Refinanzierungsgrad in % Betriebsszenario Überschuss/Fehlbetrag

Schweres Rangieren 60-70

Nahverkehrsbedienung 100-125

Streckenfahrten 180-210

110-140 Güterverkehr gesamt 7 - 20 Mio €

vollständige Refinanzierung + Überschuss fast vollständige Refinanzierung nicht ausreichende Refinanzierung

Abbildung 77 Refinanzierung innovativer Fahrzeuge bis 2030 im Schienengüterverkehr für das Szenario TrendPlus – Finanzierungsgrade, Überschüsse und Fehlbeträge

Eine genauere Betrachtung ergibt, dass beim Schweren Rangieren eine Refinanzierung bis 2030 nicht annährend gegeben ist. Die Refinanzierungsquote beträgt hier nur 60%-70%. Bei Streckenfahrten und Nahverkehrsbedienung ist eine volle bzw. weitgehende Refinanzierung gegeben, wobei die Einsparungen bei den Streckenfahrten sowohl relativ als auch absolut höher liegen als bei der Nahverkehrsbedienung. In 2030 läge die Einsparung bei den Streckenfahrten zwischen 8 und 12 Mio. €, bei der Nahverkehrsbedienung zwischen 0 und fehlen 8 Mio. €. Der Grund für die nicht erreichte Refinanzierung beim Schweren Rangieren liegt in den geringen Laufleistungen und Betriebszeiten– hier werden im Mittel nur 6.250 Zugkilometer pro Jahr gefahren – und den daraus resultierenden relativ niedrigen Energieverbräuchen. Das die Refinanzierung bei den Streckenfahrten relativ und absolut sehr gut ist, liegt an den sehr hohen jährlichen Laufleistungen und Energieverbräuchen. Mangels ausgereifter technischer Alternativen

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 93 / 147 AP4: Systemvergleich

werden bei den Streckenfahrten im Zeitraum bis 2030 nur Diesel-Vollhybride zum Einsatz kommen. Wasserstoffloks für Streckenfahrten werden erst später kommerziell verfügbar sein. Der Vorteil beim Energieverbrauch bei den Diesel-Vollhybriden gegenüber konventionellen Dieselloks ist im Betriebsprofil Streckenfahrten deutlich geringer als bei BE-Loks bzw. H-Loks, sodass die entsprechenden Betriebskosteneinsparungen ebenfalls niedriger ausfallen, als wenn von Anfang an auch diese Technologien zum Einsatz kommen würden. Daher ist insbesondere nach 2030 noch mit deutlich größeren Einsparungen bei den Energieverbräuchen und Energiekosten zu rechnen. In der folgenden Darstellung sind die zusätzlichen Investitionskosten im Szenario TrendPlus kumuliert für die unterschiedlichen Antriebsarten dargestellt:

Zusätzliche Investitionskosten kumuliert (TrendPlus/Baseline)

25,0

20,0

15,0 Mio €

10,0

5,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

BD-Loco BE-Loco H-Loco

Abbildung 78: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten für innovative Schienenfahrzeuge im SGV nach Antriebsarten

Wie man der Abbildung entnehmen kann, entfallen die höchsten zusätzlichen Investitionen bis 2028 auf die BD-Lokomotiven (Diesel-Vollhybride) wegen der hohen Stückzahlen infolge des breiten Einsatzspektrums. In 2029 und 2030 sind dann die kumulierten Kosten für die BE-Lokomotiven höher wegen des zunehmenden Effekts des Batterietauschs. Die zusätzlichen Investitionen in Wasserstoff- Lokomotiven fallen aufgrund der geringen Einsatzmöglichkeiten und Stückzahlen in absoluten Zahlen geringer aus, sind aber relativ gesehen zur Stückzahl am höchsten. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Schienengüterverkehr im Szenario TrendPlus gegenüber der Baseline bei Aufrechnung von zusätzlichen Investitionskosten für innovative Fahrzeuge und eingesparten Energiekosten bis 2030 insgesamt zwischen 7 und 20 Mio. Euro eingespart werden.

Infrastrukturkosten

Auf der Basis der Mengengerüste für die innovativen Schienenfahrzeuge sowie den in 4.2. dargestellten Annahmen für die Investitions- und Betriebskosten für Ladestationen und Wasserstofftankstellen können die Kosten für zusätzliche Infrastrukturausgaben abgeschätzt werden. Die Hochrechnungen werden für das Szenario TrendPlus vorgenommen, da dieses die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit hat. Die Mengengerüste sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

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alle Betriebsszenarien bis 2025 bis 2030 BD-Loco BD-Loco 191 309 BE-Loco BE-Loco 85 152 H-Loco H-Loco 9 29 Schweres Rangieren bis 2025 bis 2030 Anzahl neu kumuliert 132 187 BD-Loco 50% 66 94 BE-Loco 50% 66 93 H-Loco 0% 0 0 Streckenfahrten Anzahl neu kumuliert 106 156 BD-Loco 100% 106 156 BE-Loco 0% 0 0 H-Loco 0% 0 0 Nahverkehrsbedienung Anzahl neu kumuliert 47 147 BD-Loco 40% 19 59 BE-Loco 40% 19 59 H-Loco 20% 9 29 Tabelle 7: Mengengerüst für innovative Fahrzeuge im Schienengüterverkehr für das Szenario TrendPlus, kumulierte Anzahl bis 2025 und bis 2030

Für die Diesel-Vollhybride (BD-Loks) müssen keine zusätzlichen Infrastrukturen bereitgestellt werden. Für den Infrastrukturbedarf von BE-Loks und H-Loks – also insbesondere Ladestationen und Wasserstofftankstellen – werden folgende Annahmen getroffen:

– Schweres Rangieren (93 BE-Loks bis 2030): Typischerweise werden 2/3 der Fahrzeuge zur Zugbildung eingesetzt und können daher über die Oberleitung geladen werden. Etwa 1/3 der Fahrzeuge (31 Stück) werden vermutlich in Hafen- bzw. Werksbahnen eingesetzt. Die Teilflottengrößen dort reichen typischerweise von 1-2 für kleine Anlagen bis 6-8 für große Häfen und Werke. Im Mittel kann eine Teilflottengröße von 3 angenommen werden. Dies entspricht 10 zusätzlich zu errichtenden Ladestationen bis 2030. – Streckenfahrten: Keine zusätzlichen Infrastrukturen mangels marktreifer Produkte – Nahverkehrsbedienung (59 BE-Loks und 29 H-Loks bis 2030): Der größere Teil der BE-Loks kann in der Nahverkehrsbedienung an der Oberleitung geladen werden (60%), nur für netzferne Orte an der Peripherie werden zusätzlich Stationen benötigt. Für die verbleibenden 40% der Fahrzeuge (ca. 24) werden 8 Ladestationen benötigt. Für die 29 H-Loks werden 10 Wasserstofftankstellen angesetzt. Aus dem Mengengerüst, den oben getroffenen Annahmen und unter Berücksichtigung der Kostenansätze für Investment und Betriebskosten für Ladestationen und Wasserstofftankstellen aus Abschnitt 4.2.5 ergeben sich die folgenden zusätzlichen Investitionskosten:

2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Schienengüterverkehr Ladestationen Anzahl p.a. 0 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 Anzahl kum 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Invest 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Invest kum 0 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 Betrieb 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Betrieb kum 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 zusätzliche Infrastrukturkosten kumuliert 0 1 1 2 2 3 3 4 5 5 6 Wasserstofftankstellen Anzahl p.a. 0 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1 Anzahl kum 0 1 1 2 3 4 4 5 6 7 8 Invest 0 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1 Invest kum 0 1 1 2 3 4 4 5 6 7 8 Betrieb 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 Betrieb kum 0 0 0 0 1 1 2 2 3 3 4 zusätzliche Infrastrukturkosten kumuliert 0 1 1 2 4 5 6 7 9 10 12 Tabelle 8: Übersicht über die zusätzlichen Infrastrukturkosten im Schienengüterverkehr bis 2030 in Mio. € für das Szenario TrendPlus

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 95 / 147 AP4: Systemvergleich

In der hier betrachteten Variante werden für Aufbau und Betrieb der benötigten Ladestationen und Wasserstofftankstellen im Schienengüterverkehr bis 2030 insgesamt rund 18 Mio. Euro benötigt. Im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Betrachtung kann man diesen Investitionsbedarf in Relation zur Differenz aus Investitionskosten in Fahrzeuge mit innovativen Antrieben und eingesparten Energiekosten - insgesamt sind dies bis 2030 rund 7-20 Mio. Euro – setzen. Für die Einführung innovativer Antriebstechnologien in den Schienengüterverkehr im beschriebenen Umfang und mit den dargelegten Anteilen der einzelnen Technologien (Diesel-Vollhybrid, BE-Lok und Wasserstoff-Lok) kann diese Relation mit Blick auf die weiter oben dargestellten Energieeinsparungen, die Reduktionen der Kohlendioxid-, Feinstaub- und Stickoxidemissionen sowie die Innovationsimpulse als strategisch, volkswirtschaftlich und klimapolitisch empfehlenswert bezeichnet werden. Es wird aber auch unmittelbar klar, dass im Schienengüterverkehr der Staat die Investitionsmittel für zusätzliche Infrastrukturen bereitstellen muss, da sich in diesem Setting Finanzierungsbeiträge der Betreiber zu den zusätzlichen Infrastrukturkosten betriebswirtschaftlich nicht abbilden lassen.

4.3.2 Systemvergleich Schienenpersonenverkehr

Die Berechnungen der Endenergieverbräuche für die drei Flottenszenarien führen zu den folgenden Endenergieeinsparungen von TrendPlus und SchienePlus gegenüber dem Referenzszenario:

Einsparung Endenergie GWh kumuliert (TrendPlus/Baseline) 10.000,0

8.000,0

6.000,0 Regionalbahn

Regionalexpress GWh gesamt 4.000,0

2.000,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 79: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 96 / 147 AP4: Systemvergleich

Einsparung Endenergie GWh kumuliert (SchienePlus/Baseline) 10.000,0

8.000,0

6.000,0 Regionalbahn

GWh Regionalexpress gesamt 4.000,0

2.000,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 80: Kumulierte Endenergieeinsparung in GWh in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

Im Vergleich zur Baseline werden im Szenario TrendPlus im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt 5.573 GWh, d.h. 5,573 TWh und im Szenario SchienePlus sogar 10.165 GWh, d.h. 10,165 TWh Endenergie eingespart.

Kohlendioxidemissionen

Die Berechnungen auf der Basis der Flottenszenarien und Inputparameter führen zu den in den beiden folgenden Abbildungen gezeigten kumulierten Reduktionen von Kohlendioxidemissionen durch die verstärkte Einführung innovativer Antriebstechnologien:

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8,00 Einsparung CO2-Emissionen Mio t kumuliert (TrendPlus/Baseline) 7,00

6,00

2 5,00 Regionalbahn 4,00 Regionalexpress gesamt

Mio TonnenCo 3,00

2,00

1,00

0,00 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 81: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in Millionen Tonnen in Szenario TrendPlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

8,0 Einsparung CO2-Emissionen Mio t kumuliert (SchienePlus/Baseline) 7,0

6,0 2 5,0 Regionalbahn 4,0 Regionalexpress

MioTonnen Co gesamt 3,0

2,0

1,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 82: Kumulierte Reduktion von Kohlendioxidemissionen in Millionen Tonnen in Szenario SchienePlus im Vergleich zur Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

Im Vergleich zur Baseline werden im Szenario TrendPlus im Zeitraum 2020 bis 2030 insgesamt rund

3,63 Mio. t weniger CO2 und im Szenario SchienePlus sogar 6,5 Mio. t weniger CO2 emittiert. Diese Zahlen zeigen, dass der Impact der Einführung innovativer Fahrzeuge im Schienenpersonenverkehr deutlich über dem im Schienengüterverkehr liegt. Die eingesparten Kohlendioxidemissionen im Schienenpersonenverkehr sind fast 30 Mal so hoch wie im Schienengüterverkehr. Dies liegt zum einen

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 98 / 147 AP4: Systemvergleich

an den deutlich höheren Jahresfahrleistungen, aber auch an der größeren Anzahl von Fahrzeugen mit innovativen Antrieben, die bis 2030 Einzug in die Flotten halten. Außerdem ist auch der Anteil innovativer Fahrzeuge, die erhebliche Energie- und Emissionsvorteile aufweisen (Elektrotraktion mit Batterie und Wasserstoff-Fahrzeuge) deutlich höher als im Güterverkehr, da derartige Fahrzeuge im Personenverkehr entweder schon jetzt oder doch zumindest in Kürze am Markt verfügbar sind, während im Güterverkehr bis zur Marktreife noch erhebliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen unternommen werden müssen.

Schadstoffemissionen – PM und NOx

In den Szenarien TrendPlus und Schiene Plus werden der Ausstoß von Rußpartikeln/Feinstaub (PM-

Emissionen) sowie Stickoxiden (NOx-Emissionen) gegenüber der Baseline deutlich reduziert. In den folgenden beiden Abbildungen sind die Werte für den Vergleich des Szenarios TrendPlus mit der Baseline dargestellt:

Reduktion PM-Emissionen in t (kumuliert, TrendPlus/Baseline)

1.000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Regionalbahn Regionalexpress gesamt

Abbildung 83: Kumulierte Reduktion von Feinstaubemissionen in t in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 99 / 147 AP4: Systemvergleich

Reduktion NOx-Emissionen in t (kumuliert, TrendPlus/Baseline)

18.000

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Regionalbahn Regionalexpress gesamt

Abbildung 84: Kumulierte Reduktion von Stickoxidemissionen in t in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

Wie man den obenstehenden Abbildungen entnehmen kann, werden in Szenario TrendPlus die Feinstaubemissionen bis 2030 um knapp 1.000 t und die Stickoxidemissionen um rund 16.400 t reduziert.

Energiekosten Auf der Grundlage der weiter oben dargestellten Einsparungen des Endenergieverbrauchs und der in Kapitel 4.2 dargelegten Annahmen zur Energiepreisentwicklung lassen sich die eingesparten Energiekosten für die Szenarien TrendPlus und SchienePlus im Vergleich zur Baseline ermitteln. Die Ergebnisse sind in den folgenden Abbildungen dargestellt. Für die Entwicklung der Energiepreise ist hierbei zunächst nur die Baseline, d.h. das konservative Eneriepreisszenario , zu Grunde gelegt. Es ist zu entnehmen, dass die kumulierten eingesparten Energiekosten im Zeitraum 2020 bis 2030 für das Szenario TrendPlus ca. 565 Mio. Euro und für das Szenario SchienePlus ca. 1.150 Mio. Euro betragen.

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 100 / 147 AP4: Systemvergleich

1.200,0 Einsparung Energiekosten kumuliert (TrendPlus/Baseline) 1.100,0

1.000,0

900,0

800,0

700,0 Regionalbahn

600,0 Regionalexpress Mio € 500,0 gesamt

400,0

300,0

200,0

100,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 85: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr unter der Annahme einer konservativen Energiepreisentwicklung (Baseline, gemäß Abschnitt 4.2)

Einsparung Energiekosten kumuliert (SchienePlus/Baseline)

1.200,0

1.000,0

800,0

600,0 Mio € Mio

400,0

200,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Regionalbahn Regionalexpress gesamt

Abbildung 86: Kumulierte eingesparte Energiekosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr unter der Annahme einer konservativen Energiepreisentwicklung (Baseline, gemäß Abschnitt 4.2)

Investitionskosten für Fahrzeuge

Wie in Kapitel 4.2 dargelegt, ist die Einführung von Fahrzeugen mit innovativen Antrieben mit Mehrkosten gegenüber konventionellen Dieselfahrzeugen verbunden. Diese betreffen zum einen die höheren Preise für die Anschaffung und zum anderen die Mehrkosten durch Tausch der Batterien bzw. Brennstoffzellen nach Erreichung der jeweiligen Lebensdauer. Mit den in Kapitel 4.2 gewählten Inputparametern erhält man die folgenden Ergebnisse für den Schienenpersonenverkehr:

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 101 / 147 AP4: Systemvergleich

1.000,0 Zusätzliche Investitionskosten kumuliert (TrendPlus/Baseline) 900,0

800,0

700,0

600,0 Regionalbahn

500,0 Regionalexpress Mio € gesamt 400,0

300,0

200,0

100,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 87: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario TrendPlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

Zusätzliche Investitionskosten kumuliert (SchienePlus/Baseline)

1.000,0

900,0

800,0

700,0

600,0

500,0 Mio€ 400,0

300,0

200,0

100,0

0,0 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Regionalbahn Regionalexpress gesamt

Abbildung 88: Kumulierte zusätzliche Investitionskosten in Mio. € in Szenario SchienePlus im Vergleich zum Baseline Szenario im Schienenpersonenverkehr

Wie den beiden obenstehenden Abbildungen zu entnehmen ist, wären im Szenario TrendPlus zusätzlich ca. 540 Mio. € und im Szenario SchienePlus sogar ca. 950 Mio. € in innovative Fahrzeuge zu investieren. Ein Vergleich der eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten für innovative Fahrzeuge im Schienenpersonenverkehr in dem für die Entwicklung der kommenden 10 Jahre wahrscheinlichsten Szenario TrendPlus gegenüber der Baseline führt zu folgendem Resultat: Bis Ende

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2030 ergäbe sich ein Plus im Bereich von 25 Mio. € für eine konservative Energiepreisentwicklung und bis zu 400 Mio. € für stärker steigende zukünftige Energiepreise. Die Bandbreiten entstehen hier durch Variation der Energiepreisentwicklungen, um robuste und belastbare Szenarien zu erhalten. Die Variation erfolgt dabei zwischen der Fortschreibung langjähriger Preistrends (Baseline, siehe 4.2) auf der einen Seite - und der Einbeziehung des ab 2021 gültigen nationalen CO2 Preises auf der anderen Seite des Spektrums (siehe dazu auch die Ausführungen im Abschnitt 4.3.3 „Sensitivitätsanalysen“). Bei Annahme dieser Variationsbreite der Energiepreisentwicklungen bis 2030, würden sich die zusätzlichen Investitionskosten in Fahrzeuge mit innovativen Antrieben durch die bis dahin eingesparten Energiekosten nicht nur vollständig refinanzieren, sondern es würde am Ende der 10 Jahres Periode ein beträchtlicher Überschuss entstehen. Der break-even würde – wie auch im Schienengüterverkehr - in den Jahren 2029/2030 erreicht.

Diese Aussagen gelten nur im Mittel, Details sind der folgenden Abbildung zu entnehmen:

Betriebsszenario Refinanzierungsgrad in % Überschuss/Fehlbetrag

RegionalBahn 110 - 185

RegionalExpress 60-150

180 Regionalverkehr gesamt 25 - 400 Mio €

vollständige Refinanzierung + Überschuss fast vollständige Refinanzierung nicht ausreichende Refinanzierung Abbildung 89: Refinanzierung innovativer Fahrzeuge bis 2030 im Schienenpersonenverkehr für das Szenario TrendPlus – Finanzierungsgrade, Überschüsse und Fehlbeträge

Die vollständige Refinanzierung bis 2030 der zusätzlichen Investitionskosten in innovative Fahrzeuge wird bei der Regionalbahn problemlos erreicht (Refinanzierungsquoten von 111%-183%), während beim Regionalexpress die Refinanzierungsquote – je nach Ausprägung der Energiepreisentwicklung – zwischen 60% und 154% beträgt. Ende 2030 lägen die Überschüsse bei der Regionalbahn zwischen 50 und 380 Mio. €, beim Regionalexpress fehlten 28 Mio. Euro oder würde ein Überschuss von 40 Mio. € erreicht. Die besonders hohe Abhängigkeit der Gesamtbilanz von der Variation der Energiepreise beim Regionalexpress im Vergleich zur Regionalbahn sind zum einen durch die deutlich höheren zusätzlichen Investitionskosten bedingt (sie liegen beim Regionalexpress ca. um den Faktor 2,8 höher als bei der Regionalbahn), zum anderen durch die stärkere Gewichtung der Wasserstofftechnologie.

Infrastrukturkosten

Auf Basis der Mengengerüste für die innovativen Schienenfahrzeuge sowie den in 4.2. dargestellten Annahmen für die Investitions- und Betriebskosten für Ladestationen und Wasserstofftankstellen können die Kosten für zusätzliche Infrastrukturausgaben abgeschätzt werden. Die Hochrechnungen werden auch hier für das Szenario TrendPlus vorgenommen, da dieses die höchste Eintrittswahrscheinlichkeit hat. Die Mengengerüste für den Schienenpersonenverkehr sind in der folgenden Tabelle dargestellt:

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 103 / 147 AP4: Systemvergleich

alle Betriebsszenarien bis 2025 bis 2030 BEMU BEMU 217 535 HMU HMU 331 819 Anzahl neu kumuliert bis 2025 bis 2030 Regionalbahn 519 1285 BEMU 40% 208 514 HMU 60% 311 771

Anzahl neu kumuliert Regionalexpress 29 69 BEMU 30% 9 21 HMU 70% 20 48 Tabelle 9: Mengengerüst für innovative Fahrzeuge im Schienenpersonenverkehr für das Szenario TrendPlus, kumulierte Anzahl bis 2025 und bis 2030

Für den zusätzlichen Infrastrukturbedarf von BEMUs und HMUs – also insbesondere Ladestationen und Wasserstofftankstellen – werden die folgenden Annahmen getroffen:

Regionalbahn (514 BEMUs und 771 HMUs bis 2030) und Regionalexpress (21 BEMUs und 48 HMUs bis 2030): Die meisten BEMUs können in den Bahnhöfen oder auf der Strecke unter dem Fahrdraht aufgeladen werden. Zur Erhöhung der betrieblichen Resilienz sollten zusätzliche Ladestationen an Wendepunkten und strategisch platzierten Zwischenbahnhöfen eingerichtet werden, wenn es dort keine Oberleitungen gibt. Der Zusatzbedarf lässt sich mit ca. 25 Ladestationen für die Regionalbahn und 2 Ladestationen für den Regionalexpress grob abschätzen. Bei den Wasserstofftankstellen ist die Situation anders. Hier kann nicht auf eine im Wesentlichen existierende Infrastruktur zurückgegriffen werden, sondern es muss eine komplett neue Infrastruktur zur Betankung mit Wasserstoff aufgebaut werden. Zieht man die Größe der zu versorgenden Teilflotte in Betracht (insgesamt 838 Fahrzeuge) und deren Relation zur Gesamtflotte der DMUs in Betracht und berücksichtigt weiterhin die Tatsache, dass das Dieseltankstellennetz der DB Energie zur Versorgung der gesamten Dieselflotte deutschlandweit ca. 180 Tankstellen umfasst, dann kommt man zu einer Abschätzung von ca. 80 Wasserstofftankstellen für die neue Teilflotte. Diese entspricht im Mittel einer Versorgung von 10 Fahrzeugen pro Tankstelle.

Aus dem Mengengerüst, den oben getroffenen Annahmen und unter Berücksichtigung der Inputparameter aus Kapitel 4.2.5 ergeben sich nun die folgenden zusätzlichen Investitionskosten:

2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Schienenpersonenverkehr Ladestationen Anzahl p.a. 1 2 2 2 2 2 3 3 3 3 4 Anzahl kum 1 3 5 7 9 11 14 17 20 23 27 Invest 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Invest kum 0 1 1 2 2 3 4 4 5 6 7 Betrieb 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Betrieb kum 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 zusätzliche IS Kosten kumuliert 0 1 1 2 3 3 4 5 6 7 8 Wasserstofftankstellen Anzahl p.a. 3 5 6 6 6 6 8 10 10 10 10 Anzahl kum 3 8 14 20 26 32 40 50 60 70 80 Invest 3 5 6 6 6 6 8 10 10 10 10 Invest kum 3 8 14 20 26 32 40 50 60 70 80 Betrieb 0 1 1 2 3 3 4 5 6 7 8 Betrieb kum 0 1 3 5 7 10 14 19 25 32 40 zusätzliche IS Kosten kumuliert 3 9 17 25 33 42 54 69 85 102 120 Tabelle 10: Übersicht über die zusätzlichen Infrastrukturkosten im Schienenpersonenverkehr bis 2030 für das Szenario TrendPlus.

Im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Betrachtung kann man diesen Investitionsbedarf in Höhe von 128 Mio. € in Relation zur Differenz aus Investitionskosten in Fahrzeuge mit innovativen Antrieben und eingesparten Energiekosten – insgesamt sind dies bis 2030 zwischen 25 und 420 Mio. € – setzen. Für die Einführung innovativer Antriebstechnologien in den Schienenpersonenverkehr im beschriebenen Umfang und mit den dargelegten Anteilen der einzelnen Technologien (BEMU und HMU) kann diese Relation mit Blick auf die weiter oben dargestellten Energieeinsparungen, die Reduktionen der Kohlendioxid-, Feinstaub- und Stickoxidemissionen sowie die Innovationsimpulse als strategisch,

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volkswirtschaftlich und klimapolitisch besonders empfehlenswert bezeichnet werden. Auch wenn der Staat hier in Vorleistung gehen und die Investitionsmittel für zusätzliche Infrastrukturen bereitstellen sollte, wird deutlich, dass im Schienenpersonenverkehr Finanzierungsbeiträge der Betreiber zu den zusätzlichen Infrastrukturkosten durchaus denkbar und betriebswirtschaftlich abbildbar wären. Aber es müssten maßgeschneiderte Finanzierungsmodelle entwickelt werden, welche die volkswirtschaftlich optimale Lösung in betriebswirtschaftlich tragbare und vor allem umsetzbare Lösungen für die einzelnen Akteure überführt.

4.3.3 Systemvergleich - Sensitivitätsanalysen

In den folgenden Sensitivitätsanalysen werden die Energiepreise als zentrale Inputparameter variiert, um die Robustheit des Systemvergleichs besser einschätzen zu können und insbesondere eine höhere Orientierungssicherheit bezüglich der Refinanzierungszeiträume und Quoten für die zusätzlichen Investitionen in Fahrzeuge und Infrastrukturen zu erzielen.

In Deutschland wird ab 2021 verbindlich ein nationaler CO2 Preis eingeführt. Diesel wird im ersten Jahr 25 Euro pro Tonne Kohlendioxids betragen und stufenweise ansteigen, bis er 2030 60 Euro pro Tonne erreicht. Durch die Einführung dieses Instruments werden Benzin und Diesel teurer, wobei beim Diesel eine Erhöhung von 8 Cent pro Liter in 2020 und 20 Cent pro Liter in 2030 erwartet werden.

Den bisherigen Rechnungen im Rahmen des Systemvergleichs liegt ein konservatives Preisszenario für die Entwicklung des Dieselpreises bis 2030 zu Grunde, welches durch moderate jährliche Teuerungsraten von ca. 3% charakterisiert ist. Es ist in der folgenden Abbildung noch einmal dargestellt

0,30 € Energiepreise 2020-2030 pro kWh mit Baseline Diesel (in €/kWh) 0,25 €

0,20 €

Diesel 0,15 € Bahnstrom Wasserstoff 0,10 €

0,05 €

- € 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 90: Konservatives Szenario für die Entwicklung des Energiepreise bis 2030 inklusive Baseline-Entwicklung Dieselpreis – IZT 2020 auf der Basis langjähriger Markttrends 2000-2020.

Wählt man ein Preisentwicklungsszenario mit höheren Raten – 5% p.a., dann erhält man ein Szenario, welches langfristige Markttrends und den deutschen CO2 Preis mit einrechnet und welches zu einem Dieselpreis von ca. 2,10 Euro pro l in 2030 führt. Dieser Dieselpreis entspricht dem vom Umweltbundesamt in Szenariorechnungen angesetzten Dieselpreis für 2030 unter der Annahme der

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Erreichung der deutschen Klimaziele für 203041. Diese Preisentwicklung ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Entwicklung der Dieselpreise 2020-2030

Markttrend + deutscher CO2 Preis (in €/kWh)

0,30 €

0,25 €

0,20 €

0,15 € Diesel

0,10 €

0,05 €

- € 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 91: Alternatives Szenario für die Entwicklung des Dieselpreises mit langfristigem Markttrend und Einrechnung der Wirkung des ab

2021 geltenden deutschen CO2-Preises

Als drittes Preisszenario wird von einem ambitionierteren CO2 Preis ab 2025 mit einer entsprechend stärkeren Wirkung auf den Dieselpreis ab diesem Zeitpunkt ausgegangen. Diese Annahme ist recht plausibel, da zum einen andere Länder deutlich höhere CO2 Preise mit entsprechend größerer Lenkungswirkung eingeführt haben (Schweden: aktuell 114 Euro/ t CO2) und zum anderen spätestens 2025 in weit wirkungsvollere Instrumente eingeführt werden müssen, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Das Preisszenario geht von einem CO2 Preis von 80 Euro in 2025 und 120 Euro in 2030 aus und führt zu einem Dieselpreis in Höhe von 2,50 Euro/l.

Entwicklung der Dieselpreise 2020-2030

Markttrend + ambitionierter CO2 Preis (in €/kWh)

0,30 €

0,25 €

0,20 €

0,15 € Diesel

0,10 €

0,05 €

- € 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Abbildung 92: Weiteres alternatives Szenario für die Entwicklung des Dieselpreises mit langfristigem Markttrend, Einrechnung der Wirkung des ab 2021 geltenden deutschen CO2-Preises + Auswirkungen eines ambitionierten CO2-Preises ab 2025

Als dritte Variation im Rahmen der Sensitivitätsanalyse wird der unwahrscheinliche Fall untersucht, dass der aufgrund von globalen Preisentwicklungen für Erdöl – beispielsweise durch die Erschließung großer neuer Vorkommen etc. – der Dieselpreis bis 2030 im Wesentlichen konstant bleibt. Die Variante setzt weiterhin voraus, dass der Staat nicht mit zusätzlichen Instrumenten reagiert, um diese

41 UBA 2019: Position – November 2019: Kein Grund zur Lücke - So erreicht Deutschland seine Klimaschutzziele im Verkehrssektor für das Jahr 2030; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/19-12- 03_uba_pos_kein_grund_zur_lucke_bf_0.pdf

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klimapolitisch kontraproduktive Entwicklung zu kompensieren. Auch dies ist höchst unwahrscheinlich. Dennoch soll die Variante untersucht werden, um Aussagen zur Refinanzierung unter ungünstigen Bedingungen treffen zu können.

Die vierte und letzte Variation der Inputparameter betrifft die Entwicklung des Wasserstoffpreises. Auch wenn heute alles darauf hindeutet, dass im Zeitraum bis 2030 große Mengen regenerativ erzeugter Energie für die dezentrale Wasserstoffproduktion verfügbar sein werden und dass aufgrund des wachsenden Marktes und der entsprechenden Skalierungseffekte die Erzeugung grünen Wasserstoffs deutlich preiswerter werden wird, soll im Rahmen der Sensitivitätsanalyse dennoch untersucht werden, welche Auswirkungen ein gleichbleibend hoher Wasserstoffpreis haben würde. Um einen „worst- case“ für die Refinanzierung von zusätzlichen Investitionen in innovative Fahrzeuge zu generieren, werden die hohen Wasserstoffpreise mit einem konstant niedrigen Dieselpreis kombiniert.

Die Ergebnisse der 4 Varianten der Sensitivitätsanalyse sind für den Schienengüterverkehr in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Energiepreisszenario konservativ Markt+ Markt + Dieselpreis Worst case hohe H2-Preise

Kostenart Baseline deutscher CO2 Preis ambitionierter CO2 Preis konstant niedrig Dieselpreis konstant niedrig Eingesparte Energiekosten / Mio € 57 70 80 44 42 zus. Investitionskosten Fahrzeuge / Mio € 50 50 50 50 50 Überschuss/Fehlbetrag in Mio € 7 20 30 -5 -7 Refinanzierungsquote 2030 114% 140% 160% 88% 84% Break-even point (100% Refinanzierung) 2030 2028 2027 2031 2032 Tabelle 11: Auswirkungen der Variation der Energiepreisentwicklung auf das Verhältnis von eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten im Schienengüterverkehr bis 2030 (kumuliert) für 4 Preisszenarien + Baseline

Wie sich der Tabelle entnehmen lässt, haben Änderungen für die Annahmen zur Energiepreisentwicklung einen erheblichen Einfluss auf die über die zusätzlichen Investitionskosten für Fahrzeuge mit innovativen Antrieben hinausgehenden kumulierten Einsparungen bei den Energiekosten. Die Refinanzierungsquoten reichen von 85% im worst-case-Szenario (konstante Dieselpreise und konstant hohe Wasserstoffpreise bis 2030) über 114% (Baseline = konservatives

Energiepreisszenario) bis 165% für ein Preisszenario mit einem ambitionierten deutschen CO2- Preis ab 2025. Die Unterdeckung reicht dementsprechend von ca. 7 Mio. Euro (worst case) bis 5 Mio. Euro (konstanter Dieselpreis), die Überschüsse nach Abzug der zusätzlichen Investitionskosten in innovative

Fahrzeuge von 7 Mio. Euro (Baseline) bis zu 30 Mio. Euro (ambitionierter CO2-Preis). In den beiden negativen Preisszenarien (worst case und konstanter Dieselpreis) werden also immerhin 84%- bzw. 88% Refinanzierungsquote erreicht, in den andren – deutlich realistischeren Szenarien – wird eine vollständige Refinanzierung erreicht und es verbleiben in 2030 sogar erhebliche Überschüsse.

Die nächste Tabelle zeigt die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse für den Schienenpersonenverkehr:

Energiepreisszenario konservativ Markt+ Markt + Dieselpreis Worst case hohe H2-Preise

Kostenart Baseline deutscher CO2 Preis ambitionierter CO2 Preis konstant niedrig Dieselpreis konstant niedrig Eingesparte Energiekosten / Mio € 565 960 1.360 180 -160 zus. Investitionskosten Fahrzeuge / Mio € 540 540 540 540 540 Überschuss/Fehlbetrag in Mio € 25 420 820 -360 -700 Refinanzierungsquote 2030 105% 180% 250% 30% keine Break-even point (100% Refinanzierung) 2030 2028 2026 Tabelle 12: Auswirkungen der Variation der Energiepreisentwicklung auf das Verhältnis von eingesparten Energiekosten und zusätzlichen Investitionskosten im Schienenpersonenverkehr bis 2030 (kumuliert) für 4 Preisszenarien + Baseline

Die Tabelle zeigt, dass auch im Falle des Schienenpersonenverkehr die Änderungen der Annahmen zur Energiepreisentwicklung einen erheblichen Einfluss auf die über die zusätzlichen Investitionskosten für Fahrzeuge mit innovativen Antrieben hinausgehenden kumulierten Einsparungen bei den Energiekosten haben. Die Auswirkungen sind aufgrund der sehr hohen Laufleistungen im SPV noch deutlich ausgeprägter als im SGV. Die Bandbreiten der Refinanzierungsquoten sind größer: Sie reichen von keiner Refinanzierung im worst-case-Szenario (konstante Dieselpreise und konstant hohe Wasserstoffpreise bis 2030) und nur 30% (konstante Dieselpreise) über 105% (Baseline = konservatives Energiepreisszenario) bis zu 250% für ein Preisszenario mit einem ambitionierten

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deutschen CO2- Preis ab 2025. Die Unterdeckung reicht dementsprechend von 700 Mio. Euro (worst case) bis 360 Mio. Euro (konstanter Dieselpreis), die Überschüsse nach Abzug der zusätzlichen Investitionskosten in innovative Fahrzeuge von 25 Mio. Euro (Baseline) bis zu 820 Mio. Euro

(ambitionierter CO2-Preis). Während in den beiden negativen Preisszenarien (worst case und konstanter Dieselpreis) in 2030 keine bzw. anteilig nur geringe Mittel für eine Finanzierung der zusätzlich benötigten Infrastrukturen verfügbar wären, werden in den anderen sehr gute (105%) bis hervorragende (über 250%) Refinanzierungsquoten erreicht und es könnte daher in diesem Kontext über ein Beteiligungsmodell der Betreiber an den zusätzlichen Infrastrukturkosten diskutiert werden.

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5 AP5: Identifizierung des Forschungsbedarfs eines innovativen Triebfahrzeugs

5.1 Zusammenführung der bisherigen Thesen und Erkenntnisse

Die Arbeitspakete 1-4 liefern wichtige Rückschlüsse auf einen Forschungsbedarf bei innovativen Triebwagen in Deutschland. Diese lassen sich im Groben in zwei wesentliche Teile untergliedern:

– Mit der Betrachtung von Bestand und Markt für Triebzüge und Lokomotiven wurde die Relevanz der Segmente und Verkehrsarten aufgezeigt (AP1). Zusammen mit der Wirtschaftlichkeitsbewertung in AP4 kann nachfolgend ein markt- und wirtschaftsseitiges Summary erstellt werden. – Die Benennung der technologischen Herausforderungen aus AP 2/3 werden im Kontext einer Eignungs-Matrix hinsichtlich ihrer Forschungsbedarfe herausgestellt. Das technologische Summary bietet dazu auch die Möglichkeit, in AP5 einen Ausblick auf weitere (Projekt-)Forschungsbereiche zu werfen.

Marktseitiges und wirtschaftliches Marktvolumina Relevanz der Segmente Summary AP1

Kompatibilitäts-Matrix Technologie-Bewertung Technologisches Summary & AP 2/3 Outlook Wirtschaftlichkeits- Anwendungs-Matrix Bewertung AP 4

Ableitung Eignungs-Matrix Forschungsbedarfe AP 5

Abbildung 93: Syntheseschema der Projektergebnisse

Um zielgerichtet Forschungsbedarfe zu ermitteln, wurde neben der Relevanz der Segmente im Hinblick auf ihre Flottengröße auch der Forschungsimpact bewertet, d.h. die Möglichkeiten und Potenziale, alternative Antriebe in einem Segment bedarfsgerecht zu implementieren. Dargestellt wird diese Größe in nachfolgenden Grafiken durch die Anzahl Sterne – die Flottengröße durch den Füllgrad nebenstehender Kreise.

Im Schienengüterverkehr liegen wesentliche Forschungsbedarfe für alternative Antriebe im Bereich des schweren Rangierens sowie bei Streckenfahrten außerhalb der Korridore.

- Schweres Nahverkehrsbedienung Streckenfahrten Rangieren Feeder-Verkehre zu größeren Verkehre auf Hauptstrecken als Industrie, Zugbildungsanlagen Knotenpunkten, Sammlung von Zubringer zu Korridoren, aber auch art Wagengruppen in der Fläche (inkl. vielfach Relationen außerhalb

Rangieren) existierender Korridore Verkehrs

Großer Bestand - Kein Lok-Substitut Energie- und Flottenoptimierung - Dual-Mode Konzepte in der Zulassung

vorhanden – Emissionsminderung Potenzial: moderne Bedienkonzepte – Dieselmotor erforderlich -

~ 2.000 Lokomotiven 250-300 Lokomotiven 1.300-1.400 Lokomotiven

~100% Diesel ~100% Diesel ~35% Diesel

Projekt Relevanz

sehr gering Mengeneffekt sehr hoch Keine Relevanz Forschungsimpact sehr hoch

- - -

© SCI Verkehr

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Alternative Antriebskonzepte sind im Personenverkehr vorrangig bei Regionalbahnen von Bedeutung und lassen sich dort wirtschaftlich umsetzen.

- Commuter (S-Bahn) Regionalverkehr/ Regionalexpress Städtische oder stadtnahe Regionalbahn Hochwertige Regionalverkehre mit

art Pendlerverkehre mit hohem Anbindung ländlicher und eher längeren Reiseweiten, z.T. in

Verkehrsaufkommen suburbaner Gebiete Ergänzung zum IC Verkehrs

Komplett elektrifiziert Hohes Potenzial durch Einsatz Großteils elektrifiziert, z.T. heute (noch)

- emissionsärmerer Fahrzeuge in Dieseltraktion

~ 1.700 Züge ~ 3.800 Züge 200-250 Züge Projekt relevanz 0% Diesel ~70% Diesel ~20% Diesel

sehr gering Mengeneffekt sehr hoch Keine Relevanz Forschungsimpact sehr hoch

- - -

© SCI Verkehr

5.2 Zwischenfazit aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht

Mit der Betrachtung der derzeit möglichen und zukünftig umsetzbaren alternativen Antriebstechnologien rücken folgende Fahrzeugtechnologien im Zeitraum bis 2030 in den Fokus:

– Güterverkehr: – BE-Lok als Rangierlokomotive und für die Nahverkehrsbedienung – H-Lok oder BE-Lok als Streckenlok

– Personenverkehr – HMU und BEMU für den Regionalverkehr – BEMU mit erhöhter Leistung für den Regionalexpress-Verkehr

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technologisch technologisch ( ) ? wirtschaftlich wirtschaftlich

Rangierlok & NV-Bedienung: Streckenloks: H-Antrieb und/oder

BE-Lok in Entwicklung BE-Antrieb noch zu entwickeln Güterverkehr

heute 2025 2030

Regionalbahn: Regionalexpress: HMU+BEMU vorhanden z.B. Upgrade Coradia Continental

technologisch technologisch ( )

Personenverkehr wirtschaftlich wirtschaftlich

© SCI Verkehr Abbildung 94: Technologische und wirtschaftliche Bewertung

Während im Personenverkehr bereits innovative Produkte (HMU und BEMU) für den Regionalverkehr existieren, in ersten Verkehren eingesetzt werden bzw. bestellt sind, ist der Einsatz alternativer Antriebe im Güterverkehr derzeit noch nicht in größerem Umfang abzusehen:

Für Streckengüterverkehre mit geringen Elektrifizierungsgraden fehlt es an Speichertechnologien für die erforderlichen hohen Leistungen. Hier sind vor allem Batteriekonzepte mit hoher Energiedichte sowie größere Brennstoffzellen mit hoher Leistungsdichte nötig, die voraussichtlich beide erst um 2030 verfügbar sind.

Für den Rangierverkehr sowie die Nahbereichsbedienung gibt es zwar Ansätze für den Einsatz einer BE-Lok, allerdings ist hier fraglich, unter welchen Bedingungen ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist.

Im Personenverkehr sind lediglich Fahrzeuge mit alternativen Antrieben für Regionalexpress-Verkehre derzeit noch nicht verfügbar – über eine Hochskalierung derzeit bereits verfügbarer Produkte sollte eine Umsetzbarkeit bis 2025 möglich sein.

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5.3 Eignung der Technologien je Betriebsszenario

5.3.1 Güterverkehr

Im Güterverkehr kann heute noch kein Betriebsszenario umfassend mit innovativen Fahrzeugkonzepten bedient werden. Vorzugslösungen für verschiedene Betriebsszenarien benötigen sowohl Weiterentwicklungsbedarf als auch die Erschließung neuer Forschungsfelder, um den innovativen Lösungen gerecht zu werden (Beschreibung Einsatzszenarien siehe Generische Streckenprofile in AP2).

BD-Lok H-Lok BE-Lok DE-Lok Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL SR 0 Schwerer Rangierverkehr, 2 1 3 0 EG 0 GN 0 Nahverkehrsbedienung, 2 2 3 0 EG 0 GN 80 Nahverkehrsbedienung, 2 1 3 1 EG 80 GS 0 Streckenfahrt, 2 3 0 0 EG 0 GS 80 Streckenfahrt, 2 2 3 2 EG 80

0 Ungeeignet F&E-Bedarfe 1 Bedingt geeignet kurzfristig langfristig 2 Geeignet EG = Elektrifizierungsgrad 3 Vorzugslösung OL = Oberleitung

Abbildung 95: Eignungsmatrix im SGV je Betriebsszenario

Die Batterieelektrische Lokomotive (BE-Lok) ist in den meisten Betriebsszenarien die Vorzugslösung für ein innovatives Fahrzeugmodell. Lediglich im nicht-elektrifizierten Streckengüterverkehr kann die Wasserstoff-Lokomotive (H-Lok) als Lösung funktionieren. Eine Diesel-Lok mit zusätzlichem Batterieantrieb kann zwar streckentechnisch überall eingesetzt werden, ist allerdings wie bereits vorab erwähnt keine Vorzugslösung im Sinne der emissionsfreien Verkehre.

Den größten Weiterentwicklungsbedarf gibt es bei der BE-Lok für den Einsatz im schweren Rangieren und der Gleisanschlussbedienung. Eigene Forschungsfelder stellen sich für die H-Lok bei geringer oder keiner Elektrifizierung sowie bei einer möglichen BE-Streckenlok, wenn hoher Elektrifizierungsgrad vorliegt.

5.3.2 Personenverkehr

Im Gegensatz zum Güterverkehr können im Personenverkehr bereits viele der Betriebsszenarien durch bestehende Technologien und innovative Konzepte bedient werden. Als Vorzugslösungen sind sowohl die Wasserstoff-Triebzüge (HMU) als auch die batterieelektrischen Triebzüge bei höherem Elektrifizierungsgrad zu sehen.

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BDMU HMU BEMU DEMU Diesel-Vollhybrid Wasserstoff Batterie+OL Diesel+OL

RB 0 2 3 1 0 Regionalverkehr, EG 0 RB 10 2 2 3 0 Regionalverkehr, EG 10 RB 50 2 2 3 1 Regionalverkehr, EG 50 RB 80 2 2 3 1 Regionalverkehr, EG 80 RE 0 2 3 0 0 Regionalexpress, EG 0 RE 10 2 3 0 2 Regionalexpress, EG 10 RE 50 2 3 1 2 Regionalexpress, EG 50 RE 80 2 1 3 2 Regionalexpress, EG 80 IC 80 2 1 3 2 Intercity, EG 80

0 Ungeeignet F&E-Bedarfe 1 Bedingt geeignet kurzfristig langfristig 2 Geeignet EG = Elektrifizierungsgrad 3 Vorzugslösung OL = Oberleitung

Abbildung 96: Eignungsmatrix im SPV je Betriebsszenario

Weiterentwicklungsbedarf besteht im Wesentlichen für HMUs im RE-Verkehr bei geringem Elektrifizierungsgrad und für BEMUs im Intercityverkehr (bei hohem Elektrifizierungsgrad). Analog zu Fahrzeugen im Schienengüterverkehr sind Vollhybridlösungen (Diesel/Batterie) denkbar und geeignet, jedoch effizienztechnisch nicht sinnvoll und damit keine Vorzugslösung bei der Frage nach innovativen Antrieben.

Für die aufgeführten Szenarien konnten keine neuen antriebsseitigen Forschungsfelder identifiziert werden. In Bezug auf Komfort und Sicherheit gibt es jedoch Potenzial für flankierende Forschungsmaßnahmen, z.B. bei der Frage nach energieeinsparenden Klimasystemen, die ebenfalls emissionsseitige Auswirkungen haben.

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5.4 Analysierte Hemmnisse bei der Marktdurchdringung

Die folgende Grafik zeigt die oben benannten Vorzugslösungen mit jeweiligen Forschungs- oder Entwicklungsbedarfen auf einem Zeitstrahl bis 2030.

Batterie in ausreichender Batterie mit ausreichender Brennstoffzellensystem Leistung noch nicht für (Lade-)Leistung, Kapazität mit ausreichender Rangierlokomotiven und Energiedichte noch Leistung, Kapazität und adaptiert nicht vorhanden Leistungsdichte noch nicht vorhanden

BE Rangierlok BE Streckenlok H-Streckenlok Güterverkehr

heute 2030

„Skalierung“ HMU BEMU IC

Brennstoffzelle in Batterie in ausreichender ausreichender Kapazität noch nicht für F&E-Bedarfe Leistungsdichte noch Triebzüge im IC-Verkehr nicht für Triebzüge adaptiert kurzfristig langfristig adaptiert

Personenverkehr Abbildung 97: Forschungs- und Entwicklungsbedarf bis 2030

Die Hemmnisse der identifizierten innovativen Fahrzeuglösungen werden im Folgenden unterteilt nach den Haupthemmnissen aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht.

5.4.1 Technologisch

Ausgangssituation: Die Entwicklung von Speichertechnologien schreitet voran, stößt aber bei hohen Leistungsanforderungen im Hinblick auf Masse und Preis geeigneter Produkte für Streckenverkehre an ihre Grenzen. Batteriespeicher sind voraussichtlich erst in 10 Jahren für Leistungsbedarfe des Güter- Streckenverkehrs geeignet.

Explizit liegen im Güterverkehr die folgenden technologischen Hemmnisse vor:

– Batteriespeicher: Es gibt zwar erste Betriebsversuche mit BE-Loks im Rangierbetrieb, allerdings im Streckenverkehr deutlich höhere Leistungsanforderungen – Brennstoffzelle: Derzeit Größe/Masse einer Brennstoffzelle für den Einsatz bei Loks in Streckenverkehren nicht darstellbar – Wasserstoff: Derzeit gibt es keine flächendeckende Verfügbarkeit von Wasserstoff, insbesondere grünen Wasserstoffs

Im Personenverkehr sind keine grundlegenden technologischen Hemmnisse zu identifizieren, allerdings ein wesentlicher Weiterentwicklungs- und Skalierungsbedarf. Für langlaufende RE- bzw. IC- Verkehre fehlt (noch) eine Verfügbarkeit geeigneter Speichermedien sowie umweltschonender Wasserstofflösungen.

Lösungsansatz: Von technologischer Weiterentwicklung der Speichermedien in anderen Anwendungsbereichen profitieren und die Transformation für Lokomotiven im Streckenverkehr vorantreiben.

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5.4.2 Wirtschaftlich / Betriebswirtschaftlich

Ausgangssituation: Anwendungsdefizite alternativer Antriebe im Rangierbetrieb sind teilweise mit betrieblichen Nachteilen und hohen Investitionskosten im Vergleich zu (abgeschriebenen) Bestandsfahrzeugen versehen. Ein geringerer Energieverbrauch bei Neufahrzeugen ist vorteilhaft und wirkt sich mittel- bis langfristig positiv aus, ist aber insbesondere im Rangierverkehr nicht so kostenwirksam, um die hohen Investitionen zu kompensieren.

Explizit liegen im Güterverkehr die folgenden betriebswirtschaftlichen Hemmnisse vor:

– Trotz vorhandener Produkte werden batterieelektrische Rangierloks bislang kaum beschafft, da im kostensensitiven Güterverkehr hohe Investitionskosten eine Beschaffung vielfach verhindern. – Zudem existieren betriebliche Nachteile, z.B. durch Ladezeiten bei Batterien oder im Winterbetrieb. – Bislang ist keine Wasserstofflok verfügbar und die Entwicklung der zukünftigen Preise beim Wasserstoff ist unklar.

Im Personenverkehr liegen keine grundsätzlichen Hemmnisse im betriebswirtschaftlichen Bereich vor. Aufgrund der öffentlichen Finanzierung des SPNV durch Regionalisierungsmittel lassen sich Betriebskonzepte für Personenfahrzeuge mit alternativen Antrieben anpassen, auch wenn sie im Vergleich zum Status Quo weniger wirtschaftlich sein sollten.

Lösungsansatz: Mit neuen Antriebskonzepten lässt sich der Eisenbahnverkehr in Teilen betrieblich verändern und optimieren – es ist daher nach einer besseren Anwendbarkeit alternativer Antriebe im Bahnbetrieb zu suchen, um Kostenvorteile zu generieren. Flankierend dazu sind investive Anreize seitens der öffentlichen Hand zu setzen, um den Großteil abgeschriebener Rangierlokomotiven aus dem Bestand zu bekommen und die Anschaffung umweltfreundlicher Fahrzeuge zu fördern.

5.4.3 Wirtschaftlich / Investitionssicherheit

Ausgangssituation: Für alternative Antriebe fehlen (noch) Konzepte für die Nachrüstung beim „Midlife- Overhaul“ (in Kombination mit einer großen Revision) – ohne ein passendes (und zulassungsfähiges) modulares Konzept fehlt es sowohl an Investitionssicherheit, als auch an (wirtschaftlicher) Wettbewerbsfähigkeit mit konventionellen Antrieben. Gerade Batterien und Brennstoffzellen weisen in Relation zum Fahrzeug eine kürzere Lebensdauer auf, sodass Risiken beim Ersatz der Komponenten v.a. für den Zeitraum 2030-2050 bestehen.

Explizit liegen im Güterverkehr die folgenden wirtschaftlichen Hemmnisse im Hinblick auf Investitionssicherheit vor:

– Lokomotiven werden häufig einem „Midlife Overhaul“ unterzogen, um das Asset und seinen Antrieb „upzugraden“ bzw. einen wirtschaftlicheren und umweltfreundlicheren Betrieb zu realisieren. – Um die Investitionssicherheit bei Lokomotiven mit alternativen Antrieben zu gewährleisten, sind mögliche „Generationswechsel“ bei Batterien und Brennstoffzellen (nach 2030) einzuplanen. – Jüngst auf den Markt gekommene Dual-Mode Fahrzeuge können eine ökologisch wie ökonomisch sinnvolle Investition sein – sie stellen letztendlich aber nur eine Übergangtechnologie (bis zum Jahr 2050) dar, da sie Verbrennungsmotoren beinhalten. Bei diesen Assets stellt sich (für die Investitionssicherheit) die Frage einer möglichen Substitution des Dieselmotors durch Batterietechnologie.

Fahrzeuge im Personenverkehr werden i.d.R. einmal während ihres Lebenszyklus grundlegend modernisiert – häufig erfolgt dabei auch ein „Upgrade“ des Antriebs. Bei derzeitigen Investitionen (und Zulassungen) von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wurden mögliche „Generationswechsel“ bei Batterien und Brennstoffzellen (nach 2030) nicht berücksichtigt.

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Lösungsansatz: Eine Implementierung von Nachrüstungsmöglichkeiten beim Bau und der Zulassung von Triebfahrzeugen wird empfohlen. Die Berücksichtigung einer „Aufwertung“ bzw. der (technischen) Notwendigkeit einer Umrüstung des Antriebs beim „Midlife-Overhaul“ ist dafür nötig.

5.4.4 Energie- und Komponentenmanagement

Neben den technologischen und wirtschaftlichen Hemmnissen stellt auch das integrierte Energie- und Komponentenmanagement in den Fahrzeugen eine Herausforderung dar. Somit ist auch eine Optimierung hinsichtlich Lärmemissionen möglich.

Ein hoher Energieverbrauch bei Nebenaggregaten mit einem hohen Klimatisierungsaufwand durch überzogenes Komfortlevel („Hotel Loads“) stellt ein Potenzial für Energieeinsparungen dar. Gerade im Stillstand (Bahnhöfe und Bereitstellung) besteht laufender Bedarf an Energie und hohe Lärmemissionen durch Nebenaggregate. Der hohe Energiebedarf bei Nebenverbrauchern erfordert eine große Dimensionierung des Antriebssystems.

5.4.5 Prozessoral

Des Weiteren konnte im Projektverlauf ein Hemmnis identifiziert werden, das auf prozessoraler Ebene wirkt: Das Marktumfeld für Schienenfahrzeuge (Stückzahlen, Zulassungsanforderungen, nationale Besonderheiten) ist wenig attraktiv für die Einführung (investitionsintensiver) Innovationen.

Die Innovationsrate ist allgemein zu gering, da der Industrie die Stückzahlen fehlen und Zulassungsprozesse oft zu aufwendig sind. In SPNV-Ausschreibungen fehlt häufig ein Anreizsystem für höhere Investitionskosten bei alternativen Antrieben. Im SGV steht eine hohe Wirtschaftlichkeit im Fokus – abgeschriebene Altfahrzeuge sind (ohne Anreizsystem) vielfach attraktiver als moderne Neufahrzeuge.

Diese Hemmnisse müssten über beschleunigte Innovationsprozesse und Anreize verschiedener Art überwunden werden (z.B. Ausschreibungsförderungen oder Incentivierung für Beschaffungen).

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 116 / 147 AP5: Identifizierung des Forschungsbedarfs eines innovativen Triebfahrzeugs

5.5 Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen

Die nachfolgende Illustration zeigt das gesamte Spektrum der möglichen Handlungsfelder auf verschiedenen Ebenen im Hinblick auf eine stärkere Marktdurchdringung der Innovationen:

Wirtschaftlich / Wirtschaftlich / Energie- und Kompo- 1 Technologisch 2 3 4 5 Prozessoral Betrieblich Investitionssicherheit nentenmanagement Modernisierungsmaßnah- Modularisierung von Infrastruktur-Ausbau Komfort-Level / Innovationsprozesse men für die Bestandsflotte Antriebssystemen vorantreiben Klimatisierungsaufwand / beschleunigen prüfen

Entwicklung langlebiger und Aufsetzen eines Tausch- Betriebliche Aspekte neu Bordenergieverbrauch Zulassungsprozesse leistungsfähiger konzeptes für Batterie- gestalten (z.B. Wendezeiten) hinterfragen vereinfachen Batteriespeichersysteme speicher/Brennstoffzellen

Brennstoffzellenantrieb mit Alternative Antriebe in Harmonisierung der hoher Spitzen- und Ausschreibungsprozessen europäischen Normen / Dauerleistung fordern / fördern Legende Internationale Standards Anwendung „Abwrackprämie“ ? – Energieeffizienter Betrieb Incentivierung für SGV SPV beide mit DAK Beschaffung Priorität muss kann

© SCI Verkehr Abbildung 98: Handlungsfelder und -ebenen der Hemmnisse innovativer Technologien

Übertragen auf die jeweiligen Verkehrssegmente im Personen- und Güterverkehrsbereich lassen sich die folgenden konkreten Handlungsempfehlungen ableiten:

im Personenverkehr: im Güterverkehr: 1 Regionalverkehr/ Schweres Rangieren Technologisch Regionalbahn Großer Bestand - Kein Lok-Substitut Hohes Potenzial durch Einsatz vorhanden – Emissionsminderung emissionsärmerer Fahrzeuge 2 Wirtschaftlich / Betrieblich

~ 2.000 Lokomotiven Hemmniscluster ~ 3.800 Züge ~100% Diesel ~70% Diesel Nahverkehrsbedienung Regionalexpress 3 Energie- und Flottenoptimierung - Wirtschaftlich / Investitionssicherheit Großteils elektrifiziert, z.T. heute Potenzial: moderne Bedienkonzepte

(noch) in Dieseltraktion 5 relevante Verkehrssegmente relevante 5

250-300 Lokomotiven identifizierte 5 4 200-250 Züge ~100% Diesel ~20% Diesel Energie- und Komponentenmanagement Streckenfahrten Dual-Mode Konzepte in der Zulassung – Diesel erforderlich 5 Forschungsimpact - Prozessoral Mengeneffekt - - 1.300-1.400 Lokomotiven ~35% Diesel Abbildung 99: Relevante Verkehrssegmente und identifizierte Hemmniscluster

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 117 / 147 AP5: Identifizierung des Forschungsbedarfs eines innovativen Triebfahrzeugs

GS GN SR Güter- Güter- Schweres Streckenfahrt Nahverkehr Rangieren RE & IC RB

Regionalexpress Regionalbahn Dual

Potenzial: moderne Bedienkonzepte Potenzial:moderne

Großer Bestand Großer

vorhanden

Energie

Hochwertige Regionalverkehre

mit eher längeren Reiseweiten,

Nahverkehrsbedienung

-

Großteils elektrifiziert, z.T.heute elektrifiziert,Großteils

Mode Konzepte in der Zulassung der in KonzepteMode

Hohes Potenzial durch Einsatz Potenzial durch Hohes

1.300

Schweres RangierenSchweres

emissionsärmerer Fahrzeuge emissionsärmerer

Anbindung ländlicher und

z.T. inErgänzung zum IC

250

~ 2.000 2.000 Lokomotiven~

Streckenfahrten

(noch) in Dieseltraktionin (noch)

suburbaner suburbaner Gebiete

Regionalverkehr/

-

Regionalexpress

Diesel erforderlich Diesel

und Flottenoptimierung und

-

-

Regionalbahn

~100% Diesel ~100%

~100% Diesel ~100%

1.400 1.400 Lokomotiven

300 Lokomotiven

~35% Diesel ~35%

200

~ 3.800 3.800 Züge ~

~20% Diesel ~20%

~70% Diesel ~70%

Emissionsminderung

-

-

250 Züge

Kein Lok Kein

-

Substitut

-

1

1

erproben

200 km/h entwickeln und entwickeln km/h 200

BEMU analogBEMU mit

Realbetrieb entwickeln Realbetrieb

Leistungsdichte im Leistungsdichte

ausreichender

elektrifizierten Strecken in Strecken elektrifizierten

km/h) für Einsatz auf wenigauf Einsatz für km/h)

5

entwickeln

hoher Spitzen hoher

Brennstoffzellenantriebe mit Brennstoffzellenantriebe

produzieren

Batteriespeichersysteme Batteriespeichersysteme

Langlebige

vorantreiben

Antriebssystemen Antriebssystemen

Modularisierung von Modularisierung

Technologisch

-

und erproben und

Dauerleistung entwickeln Dauerleistung

hoher Spitzen hoher

Brennstoffzellenantrieb mit Brennstoffzellenantrieb

Betriebskostenvorteile

Erprobung möglicher Erprobung

elektrischen Antrieb zur zur Antrieb elektrischen

Rangierbetrieb aufbatterie Rangierbetrieb

von5

BE

mit DAK ermöglichen DAK mit

Energieeffizienten Betrieb Energieeffizienten

Technologisch

teiligen HMU ( HMU teiligen

-

Rangierlok: Umrüstung Rangierlok:

-

10 Bestandsloks im Bestandsloks 10

-

/Dauerleistung /Dauerleistung

-

Vmax

und

Vmax

140

160

-

-

2

2

Beschaffungen

Incentivierung vonTriebzug Incentivierung

Ausschreibungsprozessen

Alternative Antriebe in AntriebeAlternative

gestalten

Betriebliche Aspekte neu Aspekte Betriebliche

vorantreiben

Infrastruktur

Betrieblich

Wirtschaftlich / / Wirtschaftlich

Beschaffungen

Incentivierung vonLok Incentivierung

Beschaffungen

Incentivierung vonLok Incentivierung

Betrieblich

Wirtschaftlich/

-

Ausbau Ausbau

-

-

-

3

3

speicher/Brennstoffzellen

konzeptes für Batterie für konzeptes

Aufsetzen eines Tausch eines Aufsetzen

Bestandsfahrzeugen

des Antriebs bei Neu bei Antriebs des

„Aufwertung“/ Umrüstung „Aufwertung“/

Berücksichtigung einer Berücksichtigung

Nachrüstungsmöglichkeiten

Implementierung von Implementierung

Investitionssicherheit

Wirtschaftlich / / Wirtschaftlich

prüfen

men

Modernisierungsmaßnah

prüfen

men

Modernisierungsmaßnah

Investitionssicherheit

Wirtschaftlich/

für Bestandsflotte für

für Bestandsflotte

-

-

und

-

-

-

4

4

19 Maßnahmen) 19

Filtern (und weiteren COVID weiteren (und Filtern

Kombination mit der HEPA dermit Kombination

Systemen

Probebetrieb von HVAC von Probebetrieb

Traktionsenergiebedarfes

Reduzierung des Reduzierung

SPNV zur Optimierung/ zur SPNV

ausgewählten Strecken im Strecken ausgewählten

Fahrassistenzsystemen auf Fahrassistenzsystemen

Pilotbetrieb von Pilotbetrieb

der Hotel LoadsHotel der

Anpassung und Reduzierung und Anpassung

entwickeln

Energiemanagement Energiemanagement

Prädiktives

Komponentenmanagement

Energie

hinterfragen

Bordenergieverbrauch Bordenergieverbrauch

Komponentenmanag

Energie

-

-

und und

-

und und

ggf. inggf.

-

.

-

-

5

5

von Zulassungsprozessen vonZulassungsprozessen

Straffung und Vereinfachung Vereinfachung und Straffung

Normungssystem Normungssystem

europäisches

Integration in ein einheitliches einin Integration

Forschungsaktivitäten

Stärkung und Bündelung von Bündelung und Stärkung

Umgebung

innovationsfreundlichen innovationsfreundlichen

Schaffung einer Schaffung

Prozessoral

fordern / fördern / fordern

Ausschreibungsprozessen Ausschreibungsprozessen

Alternative Antriebe in AntriebeAlternative

Normungssystem Normungssystem

einheitliches europäisches europäisches einheitliches

Integration in einin Integration

vonForschungsaktivitäten

Stärkung und Bündelung undStärkung

Umgebung

innovationsfreundlichen innovationsfreundlichen

Schaffung einer Schaffung Prozessoral

© SCI Verkehr GmbH / www.sci.de / 05.11.2020 118 / 147 AP5: Identifizierung des Forschungsbedarfs eines innovativen Triebfahrzeugs

5.5.1 Technologisch

Die benötigten technologischen Entwicklungen folgen in vielen Bereichen dem Straßenverkehr. So liegen beispielsweise Batteriespeicher oder Brennstoffzellensystem kleinerer Triebzugeinheiten oder Rangierlokomotiven in Leistungsbereichen von bspw. Lkw und Bus. Es sollte jedoch aus der Nutzung dieser Synergien keine zu große Abhängigkeit entstehen, da durchaus gewisse Parameter wie die Lebensdauer und die Zyklenzahl von den Anforderungen des Bahnbetriebs abweichen. Der Bahnsektor sollte somit die teils rasante Entwicklung aktiv monitoren und ggf. mit flankierenden Maßnahmen die bestehenden Entwicklungen an den Bahnbetrieb anpassen. Da in alternativen Antrieben im Straßenverkehr ein schneller Fortschritt stattfindet und auch weiterhin zu erwarten ist, sollte die Adoption der Technologien beschleunigt werden, was vorwiegend prozessoraler Natur ist. Weiterer, bereits heute absehbarer Forschung- und Entwicklungsbedarf, wird in den folgenden Abschnitten beschrieben.

Modularisierung von Antriebssystemen vorantreiben Um die Anpassungsgeschwindigkeit des Verkehrsträgers Bahn zu erhöhen und Investitionsunsicherheiten aufzulösen sollten Antriebssysteme modular aufgebaut und ohne technische sowie prozessorale Risiken austauschbar sein. Damit kann ein bestehendes Fahrzeug schneller den Entwicklungen angepasst werden. Der wahrgenommene Abstand von bspw. Fahrgästen zu anderen Verkehrsträgern wird reduziert und damit die Akzeptanz erhöht.

Langlebige Batteriespeichersysteme produzieren Die derzeitige Lebensdauer von Batteriespeichersystemen erfordert mindestens einen Tausch im Fahrzeugleben. Hier ist, zusätzlich zur oben beschriebenen Modularisierung, eine Lebensdauer, die mit den wirtschaftlichen Nutzungsdauern der Fahrzeuge von in der Regel 30 Jahren zusammenpasst, anzustreben. Gleichzeitig sollen diese Speichersysteme jedoch auch die oben dargelegten erweiterten Anforderungen an die Leistungsdichte und Kosten erfüllen.

Brennstoffzellenantriebe mit hoher Spitzen- und Dauerleistung entwickeln Der Betrieb von Streckenlokomotiven im Güterverkehr erfordert Spitzen- und Dauerleistungen in der Größenordnung 2 MW bis 4 MW, wünschenswert sogar 8 MW. Brennstoffzellenantriebe in dieser Leistungsklasse, die gleichzeitig einen kompakten Bauraum aufweisen und für mobile Anwendungen geeignet sind, werden im Straßenverkehr nicht benötigt und müssen daher gezielt für andere Verkehrsträger (z.B. Binnenschiff) entwickelt werden. Die dazugehörigen Speicher mit ausreichenden Kapazitäten und Lebensdauern müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls entwickelt werden.

Energieeffizienten Betrieb mit DAK ermöglichen Neben den enormen möglichen CO2-Einsparungen, die die DAK durch eine zu erwartende Verkehrsverlagerung auf die Schiene ermöglicht können auch die einzelnen Zugfahrten durch verstärkte Nutzung der regenerativen Bremse effizienter werden. Aufgrund der gegenüber der Reibungsbremse leicht verlängerten Bremswege ist dazu eine Führerstandssignalisierung zum Beispiel unter ETCS nötig. Da es sich um eine Zusatzfunktion handelt ist ebenfalls denkbar, diese Signalisierung über das Energiemanagementsystem kostengünstig nachrüstbar zu machen.

5.5.2 Wirtschaftlich / Betrieblich

Infrastruktur-Ausbau vorantreiben

Für den Einsatz alternativer Antriebe im Schienenverkehr ist der Ausbau der zugehörigen Infrastruktur zwingend erforderlich: Sowohl Batteriezüge als auch Wasserstofffahrzeuge benötigen zum Aufladen ihrer Energiespeicher Ladepunkte bzw. Tankinfrastruktur. Nur bei einer strategisch korrekten Positionierung der Ladepunkte im Schienennetz können Fahrzeuge mit alternativen Antrieben optimal eingesetzt werden und somit konventionelle Fahrzeuge ersetzen.

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Betriebliche Aspekte neu gestalten

Sowohl im Personen- wie auch Güterverkehr müssen betriebliche Prozesse (Wendezeiten etc.) vor dem Hintergrund des Einsatzes alternativer Antriebe überdacht und neu gestaltet werden. Teilweise sind Vereinfachungen möglich, z.T. aber auch zusätzliche Zeiten einzuplanen (z.B. Ladezeiten).

Alternative Antriebe in Ausschreibungsprozessen

Da die Gestaltung des SPNV in Deutschland in Händen der Aufgabenträger liegt, können diese durch geeignete Ausgestaltung der Verkehrsausschreibungen den Einsatz alternativer Antriebstechnologien ermöglichen und fördern. So könnten geringere Emissionen in einem Bewertungssystem höhere Relevanz gegenüber Kostenaspekten erhalten.

Incentivierung von Lok-Beschaffungen

Da im Rangierverkehr eine Investition in alternative Antriebe derzeit aufgrund weitgehend abgeschriebener Flotten großteils nicht wirtschaftlich ist, könnte eine staatlich finanzierte „Abwrackprämie“ oder ähnliche Incentivierung den Generationswechsel bei Rangierlokomotiven anstoßen.

5.5.3 Wirtschaftlich / Investitionssicherheit

Eine Implementierung von Nachrüstungsmöglichkeiten sollte bei alternativen Antrieben im Rahmen eines Tausch- bzw. Upgradekonzeptes beim Bau und der Zulassung von Triebfahrzeugen zwingend berücksichtigt werden. Hierfür ist die Berücksichtigung einer „Aufwertung“ bzw. der (technischen) Notwendigkeit einer Umrüstung des Antriebs beim „Midlife-Overhaul“ vorzusehen.

Neben der Betrachtung von Neuinvestitionen sollte auch die Modernisierung von Bestandsflotten geprüft sowie die hier in Frage kommenden Nachrüstmöglichkeiten evaluiert werden.

5.5.4 Energie- und Komponentenmanagement

Auf Energie- und Komponentenebene hängt die weitere Entwicklung der Triebfahrzeuge neben den technologischen Hemmnissen ebenfalls an der Art, Menge und am Zeitpunkt der Energieentnahme. Dadurch werden folgende Forschungs- und Entwicklungsgebiete benötigt:

Anpassung und Reduzierung der Hotel Loads Um das Komfortbedürfnis der Fahrgäste mit den begrenzten Energievorräten der batterieelektrischen Triebzüge erfüllen zu können ist zum einen eine intelligente Steuerung, möglichst in Verbindung mit einem Energiemanagementsystem, sowie alternative Heiz- und Kühlsysteme nötig, zum anderen müssen die tatsächlichen Anforderungen der Fahrgäste erforscht werden. Dieses Thema ist ebenfalls relevant für den Bus- und Schienenpersonennahverkehr.

Prädiktives Energiemanagement entwickeln Die Bewirtschaftung der umfangreichen Speichersysteme zukünftiger Triebzüge, darunter Batteriespeicher, aber auch Druckluftspeicher und thermische Kapazitäten, machen für optimale Lade- und Fahrzyklen einen vorausschauenden Betrieb nötig. Vielfach ist es dazu nötig, eine Vorhersage über den Betrieb auf den folgenden Abschnitt zu treffen sowie Orts- und Fahrplaninformationen zu verarbeiten. Derzeitige Lösungen optimieren überwiegend den einzelnen Zug und berücksichtigen nicht die Bewirtschaftung der Speichersysteme. Über das Energiemanagement hinaus kann auch, wie in den Kapiteln 2 und 3 beschrieben, eine Optimierung der lokalen Emissionen erfolgen, so können bspw. lärmsensible Bereich ohne Verbrennungsmotor durchfahren werden.

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Zu diesem smarten Energiemanagement können bei Stillstand des Fahrzeuges (im Bahnhof, bei der Abstellung, etc.) weitere Maßnahmen wie selektive Abschaltungen, „shore supply“ (infrastruktuseitige Strombereitstellung) und Heiz-/ Kühlregime in Abhängigkeit von Fahrplanlage und Außentemperatur hinzukommen.

5.5.5 Prozessoral

Neben den zuvor genannten technologischen und wirtschaftlichen Aspekten sind zudem prozessorale Hemmnisse zu überwinden, die im Wesentlichen in drei Punkten zusammengefasst werden können:

– Schaffung einer innovationsfreundlichen Umgebung durch Beschleunigung der Einführung von Innovationen (z.B. durch Stärkung und Bündelung von Forschungsaktivitäten, die Bereitstellung von Test- und Erprobungsmöglichkeiten sowie vereinfachte Erprobung „im Feld“). – Straffung und Vereinfachung von Zulassungsprozessen für alternative Antriebe bzw. beschleunigte Übertragung von Anwendungskonzepten aus anderen Sektoren. – Integration in ein einheitliches europäisches Normungssystem zur Sicherstellung der Kompatibilität für alternative Antriebe (z.B. gleiche Ladestecker, standardisierte Tankstellen, etc.).

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5.6 Darstellung der Handlungsempfehlungen im Zeitverlauf

Um die zeitliche Dimension der kurz- (bis 2030) und langfristigeren Handlungsempfehlungen (bis 2050) aufzuzeigen, geben die folgenden „Roadmaps“ Aufschluss darüber, welche Maßnahmen vom Projektteam zu welchem Zeitpunkt empfohlen werden.

Im Schienenpersonenverkehr ergeben sich Potenziale durch Optimierung des (Bord-)Energiebedarfs sowie durch eine Hochskalierung vorhandener Lösungen (z.B. HMU für RE-Verkehre). Um die Klimaziele der Bundesregierung 2050 zu erreichen, muss ein Großteil der RB-/RE-Flotten nach 2030 Erneuert und modernisiert werden (z.B. BEMU/HMU). F&E-Projekte im können kurzfristig wesentlich zu einer Flottenerneuerung beitragen, sind jedoch auch mittelfristig von Relevanz.

Im Schienengüterverkehr liegen wesentliche Forschungsbedarfe für alternative Antriebe im Bereich des schweren Rangeriens und der Streckenfahrten. Hierbei ist eine Erneuerung/Modernisierung der Lokomotivflotte hauptsächlich nach 2030 erforderlich, um die Klimaziele der Bundesregierung 2050 zu erreichen. Für Lokomotiven sind vielfach keine leistungsstarken, alternativen Antriebe vorhanden – F&E-Projekte sollten jetzt beginnen, um nach 2030 marktwirksam zu sein.

Auf der nachfolgenden Seite wird ein zeitliches Gesamtbild der potentiellen F&E-Projekte mit Nachfragemaßnahmen gemäß Marktanalyse, technischer Bewertung und auf Grundlage der Kalkulationen im Szenario TrendPlus dargestellt:

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RE & IC RB GS GN SR Regionalexpress Regionalbahn Güter- Güter- Schweres ca. 50 Fahrzeuge ca. 2.500 Fahrzeuge Streckenfahrt Nahverkehr Rangieren 2020

2020 ca. 450 Fzg. ca. 250 Fzg. ca. 2.000 Fzg. Bestandsflotte Bestandsflotte Ersatzbeschaffung: Incentivierung über Aufgabenträger, Ausbau Infrastruktur Ausbau Aufgabenträger, über Incentivierung Ersatzbeschaffung: Ersatzbeschaffung: Incentivierung über Aufgabenträger, Ausbau Infrastruktur Ausbau Aufgabenträger, über Incentivierung Ersatzbeschaffung: Leistungsfähige Batteriesysteme Leistungsfähige

Modularisierung vonAntriebssystemen Modularisierung HMU Skalierung AssistenzsystemePilotbetrieb Klimasysteme energieeffiziente Pilotbetrieb vonAntriebssystemen Modularisierung

Entwicklung und Erprobung vonH2 Erprobung und Entwicklung

Modularisierung vonAntriebssystemen Modularisierung

Entwicklung und Erprobung vonBE Erprobung und Entwicklung

Modularisierung vonAntriebssystemen Modularisierung

Rangierlokomotive

Betriebserprobung BE Betriebserprobung

Pilotanwendung und Pilotanwendung Modularisierung vonAntriebssystemen Modularisierung Forschungsprojekte Entwicklungs -

bzw. - Inverkehrbringen Zulassung

2025

-

-

Streckenlokomotiven

2025 Streckenlokomotiven und zum Inverkehrbringen zum und Attraktivitätssteigerung zur Maßnahmen Inverkehrbringen Zulassung Inverkehrbringen Zulassung

2030 2030 Marktreife CO2-freie Fahrzeuge Marktreife CO2-freie Fahrzeuge

50% CO2-Reduktion 50% CO2-Reduktion

Inverkehrbringen

Zulassung

Inverkehrbringen

Zulassung Incentivierung von Neubeschaffungen von Incentivierung Inverkehrbringen Zulassung Ersatzbeschaffung

partizipieren und daher potentiell CO potentiell daher und partizipieren Wasserstoff über die Fahrzeuge,Anteil

Inverkehrbringen

Zulassung

Inverkehrbringen

Zulassung

Inverkehrbringen

Zulassung Text - > HMU > Mid

Mid + 1.250 Fahrzeuge1.250 +

- Ersatzbeschaffung - Life Life

Ersatzbeschaffung

Ersatzbeschaffung Mid

2040

Mid

2040 Mid - - Overhaul

Overhaul

-

-

-

Life

Life

Life

-

- -

2

Overhaul

Overhaul Overhaul - freien Verkehr gewährleisten können. gewährleisten Verkehr freien -

bzw. Stromnutzung an der Energiewende Energiewende ander bzw.Stromnutzung

- > BE/ H2 > BE/

-

Hybrid

-

Hybrid Hybrid

> BEMU >

> BE bzw. H2 bzw. BE >

-

-

-

Loks

Loks

Loks

-

-

-

> BE / H2 / BE >

> BE >

> BE/ H2 BE/ >

-

Lokomotiven

- Lok

2050 2050 Vollständige Dekarbonisierung Vollständige Dekarbonisierung

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5.7 Ausblick weiterer Projektforschungsbedarf

Um aus den Erkenntnissen dieser Vorstudie einen möglichst breiten Erfolg bei weiteren Forschungsprojekten zu empfehlen, hat der Auftraggeber das Projektteam gebeten, zu den Untersuchungsfeldern konkrete Projektvorschläge zu machen. In Ableitung der unter 5.4. benannten Hemmnisse und der unter 5.5 benannten Handlungsempfehlungen schlägt das Projektteam folgende Themen mit der Skizzierung eines Projektrahmens vor:

1. Analyse von Anwendungsdefiziten alternativer Antriebe im Rangierbetrieb und Ableitung von Handlungsempfehlungen für das BMVI vor dem Hintergrund bislang fehlender Wirtschaftlichkeit (aufgrund hoher Investitionskosten)

– Problemstellung: Wie unter 5.4.2 gezeigt, ist gerade bei einer möglichen Einführung innovativer Lösungen bei Rangierlokomotiven ein großes wirtschaftliches Hemmnis vorhanden, da Betriebskostenvorteile die hohen Investitionskosten nicht kompensieren. Daher empfiehlt das Projektteam die nachfolgenden Untersuchungsfelder für eine bessere Betrachtung des Themas.

– Mögliche Untersuchungsfelder: – Wirtschaftlichkeitsanalyse für Rangierlokomotiven mit alternativen Antrieben im heutigen Betrieb sowie Aufzeigen neuer Betriebs- und Investitionskonzepte – Ableitung von Handlungsempfehlungen für das BMVI zur gezielten Incentivierung von Investitionen zur Kompensation wirtschaftlicher Nachteile ggü. (abgeschriebenen) Bestandsfahrzeugen

– Das Projektteam rechnet mit folgenden Aufwendungen bei einer möglichen Bearbeitung des Themas: – Zeitrahmen: ca. 4-6 Monate – Finanzieller Rahmen: 60.000 - 80.000 Euro (netto)

2. Strategisches Konzept für eine Sicherstellung der Nachhaltigkeit von Investitionen in Triebfahrzeuge vor dem Hintergrund hoher investiver Risiken bei alternativen Antrieben mit Fokus auf die Nachrüstbarkeit von Fahrzeugen

– Problemstellung: Wie unter 5.4.3 gezeigt, fehlen für alternative Antriebe Konzepte für die Nachrüstung beim „Midlife-Overhaul“ (in Kombination mit einer großen Revision). Ohne ein passendes (und zulassungsfähiges) modulares Konzept fehlt es sowohl an Investitionssicherheit als auch an (wirtschaftlicher) Wettbewerbsfähigkeit mit konventionellen Antrieben. Gerade Batterien und Brennstoffzellen weisen in Relation zum Fahrzeug eine kürzere Lebensdauer auf, sodass Risiken beim Ersatz der Komponenten v.a. für den Zeitraum 2030-2050 bestehen.

– Mögliche Untersuchungsfelder: – LifeCycleCost (LCC)-Kalkulation für alternative Antriebe unter Berücksichtigung einer „Aufwertung“ bzw. der (technischen) Notwendigkeit einer Umrüstung des Antriebs beim „Midlife-Overhaul“ – Aufzeigen möglicher (konzeptioneller) Nachrüstungen – insbesondere vor dem Hintergrund einer Erhaltung der Fahrzeug-Zulassung (zusammen mit EBA, VDB,…)

– Das Projektteam rechnet mit folgenden Aufwendungen bei einer möglichen Bearbeitung des Themas: – Zeitrahmen: ca. 9-12 Monate – Finanzieller Rahmen: 150.000 - 170.000 Euro (netto)

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3. Analyse von Markt und Emissionsminderungspotenzial ganzheitlicher prädiktiver Energiemanagementsysteme

Problemstellung: Wie unter 5.4.4 gezeigt, stellt neben den technologischen und wirtschaftlichen Hemmnissen auch das integrierte Energie- und Komponentenmanagement in den Fahrzeugen eine Herausforderung dar. Der Energieverbrauch bei Nebenaggregaten mit teils überhöhtem Klimatisierungsaufwand durch überzogenes Komfortlevel („Hotel Loads“) stellt ein Potenzial für Energieeinsparungen dar.

– Mögliche Untersuchungsfelder: – Marktübersicht und Stand der Technik, Modellbildung – Potenzial für Emissionsreduzierung anhand ausgewählter realer Betriebsszenarien – Erstellung von Problemstellung und Lastenheft für Entwicklungsprojekte – Analyse von Marktpreis und notwendiger Anreizbildung

– Das Projektteam rechnet mit folgenden Aufwendungen bei einer möglichen Bearbeitung des Themas: – Zeitrahmen: ca. 12-15 Monate – Finanzieller Rahmen: 120.000 - 150.000 Euro (netto)

4. Vision – Innovative Fahrzeugflotten 2.0

– Problemstellung: Für ein zukunftsfähiges „Gesamtsystem Bahn“ ist mit Betrachtung über das Jahr 2030 hinaus eine ganzheitlich andere Sichtweise auf Struktur und Ausrichtung hilfreich, um neue Anforderungen transparent zu machen.

– Mögliche Untersuchungsfelder: – Zukunftsfähigkeit - Neue Anforderungen an innovative Schienenfahrzeuge / Infrastrukturen Megatrends, Disruptionen – Mobilitätswende – Integration spurgeführter Verkehre in ein digitalisiertes, autonomes, hoch vernetztes Verkehrssystem – Aufbau neues (europäisches) Normengerüst – Analyse eines erweiterten Technologieportfolio inkl. Innovative / smarte Infrastrukturlösungen

– Das Projektteam rechnet mit folgenden Aufwendungen bei einer möglichen Bearbeitung des Themas: – Zeitrahmen: ca. 15-18 Monate – Finanzieller Rahmen: 140.000 - 180.000 Euro (netto)

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A Anhang Steckbriefe

A.1 Übersicht

Die unten gezeigte Tabelle stellt die Daten aus den einzelnen Steckbriefen zum Vergleich gegenüber: DMU EMU MH-DMU VH-DMU BEMU DEMU HMU Einsatzgebiet Alle Strecken Elektrifizierte Strecken Alle Strecken Alle Strecken Teilelektrifizierte StreckenAlle Strecken Alle Strecken Dieselmotor, Dieselmotor, Energiespeicher (z.B. Dieselmotor, Dieselmotor, Trafo, Stromrichter, Abgasreinigung, Abgasreinigung, LTO), Stromrichter, Abgasreinigung, Wasserstoffspeicher, Schlüsseltechnologie Abgasreinigung Elektromotor Energiewandlung Energiespeicher Elektromotor Energiespeicher Brennstoffzelle TRL 9 9 8 8 8 9 8 Fzg. im Betrieb ca. 2700 > 3200 - - < 20 > 100 < 10 Energiewende 1 5 1 1 5 3 4 Ressourcenverfügbarkeit 5 4 4 4 3 4 4 Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h <= 200 km/h <= 140 km/h <= 140 km/h <= 160 km/h <= 140 km/h <= 140 km/h Beschleunigung 0.6 – 1.1 m/s2 1.2 m/s2 0.6 – 1.1 m/s2 0.6 – 1.1 m/s2 1.1 m/s2 0.6 – 1.1 m/s2 1.0 – 1.1 m/s2 Speicher <=1600 l - <=1600 l, < 100 kWh <=1600 l, < 200 kWh <= 500 kWh <=1600 l, < 100 kWh 90 kg, 110 kWh Reichweite <=1600 km - <=1600 km <=1600 km 40 - 100 km <=1600 km <=1000 km g–CO2 / KWh 270 486 270 270 486 270 / 486 43,2 Wirkungsgrad Antrieb 33% 95% 33% 33% 95% 33% / 95% 40% Wirkungsgrad Nutzbremse 0% 90% < 80% 80% 80% 80% 80% Lärm 3 4 4 4 4 4 5 Luftschadstoffe 3 5 3 4 5 4 5 Resilienz (Klima) 4 3 4 4 3 4 3 Resilienz (Betrieb) 5 4 5 5 3 5 4 Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 4 5 4 4 3 3 3 Instandhaltungskosten 2 5 2 2 3 1 2 Zuverlässigkeit 4 5 4 4 4 4 4 Sicherheit 4 5 4 4 4 4 4 Infrastrukturbedarf 4 5 4 4 3 4 1 Systemtechnikbedarf 5 1 5 5 3 4 5 Infrastruktur NRC [€] 100.000 1.500.000 100.000 100.000 500.000 100.000 1.000.000 Infrastruktur RC [€] 15.000 5.000 15.000 15.000 10.000 15.000 100.000

Die kategorialen Daten lassen sich ebenfalls grafisch gegenüberstellen, wie in Abbildung 100 gezeigt.

Abbildung 100: Vergleich der kategorialen Eigenschaften für unterschiedliche Antriebskonzepte

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A.2 Dieseltriebzug, Diesellokomotive

Allgemeine Informationen Einsatzgebiet Alle Strecken

Schlüsseltechnologie Dieselmotor, Abgasreinigung TRL 9 Fzg. im Betrieb ca. 2700 Energiewendebeitrag 1 Durch die Nutzung eines Verbrennungsmotors sind Dieselfahrzeuge weiterhin auf fossile Brennstoffe oder wenig effiziente Alternativen angewiesen. Ressourcenverfügbarkeit 5

Für einen reinen Dieselantrieb werden keine im Sinne dieser Studie kritischen Rohstoffe benötigt. Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h Beschleunigung 0.6 – 1.1 m/s2 Speicher <=1600 l Reichweite <=1600 km g–CO2 / KWh 270 Wirkungsgrad Antrieb 33% Wirkungsgrad Nutzbremse 0% Lärm 3 Es bestehen Lärmemissionen durch den Dieselmotor, insbesondere im Stand sind Dieselfahrzeuge lauter als Elektro- oder Hybridfahrzeuge. Die Lärmemissionen moderner Dieselfahrzeuge sind jedoch deutlich geringer als bei Altfahrzeugen. Luftschadstoffe 3 Es bestehen die bekannten Emissionen des Dieselmotors, die notwendige Abgasnachbehandlung macht Dieselantriebe teuer. Resilienz (Klima) 4 Die Energiebereitstellung ermöglicht die Umfahrung von Streckensperrungen, Hitze und Kälte der Umgebung sind gut durch Heizen und Kühlen zu kompensieren. Resilienz (Betrieb) 5

Durch Tagesreichweite und dichtes Tankstellennetz kann gut auf Störungen reagiert werden.

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Wirtschaftliche Daten

Verfügbarkeit 4

Es werden dieselspezifische Instandhaltungsmaßnahmen benötigt, die die Systemverfügbarkeit ggü. Elektrofahrzeugen reduzieren. Instandhaltungskosten 2

Es werden dieselspezifische Instandhaltungsmaßnahmen benötigt, die Instandhaltung von Dieselmotoren ist arbeits- und kostenintensiv. Zuverlässigkeit 4 Durch die lokale Energieerzeugung bestehen weitere Ausfallmoden im Vergleich zu Elektrofahrzeugen. Sicherheit 4

Es besteht eine zusätzliche Brandlast durch Diesel (und ggf. Hydraulik), es treten jedoch nur wenige Brandereignisse auf. Infrastrukturbedarf 4 Für die Dieselversorgung werden Tankstellen benötigt, diese müsssen netz- oder depotnah vorhanden sein. Systemtechnikbedarf 5

Es wird keine Systemtechnik benötigt. Infrastruktur NRC [€] 100.000 Infrastruktur RC [€] 15.000

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A.3 Elektrotriebzug, Elektrolokomotive

Allgemeine Informationen Schlüsseltechnologie Trafo, Stromrichter, Elektromotor TRL 9 Fzg. im Betrieb > 3200 Energiewende 5 Elektrofahrzeuge folgen aufgrund der Versorgung aus dem Bahnstromnetz folgt die Energieversorgung der allgemeinen Energiewende und kann beliebig erzeugte Energie nutzen. Ressourcenverfügbarkeit 4 Es werden für die Umrichter Halbleiter benötigt, diese Halbleitermaterialien sind grundsätzlich auch in anderen Vekehrssektoren nachgefragt. Technische Daten Geschwindigkeit <= 200 km/h Beschleunigung 1.2 m/s2 Speicher - Reichweite - g–CO2 / KWh 486 Wirkungsgrad 95% Wirkungsgrad Nutzbremse 90% Lärm 4 Es überwiegen Lüfter und Pantographenlärm, weiterhin hochfrequente Umrichtergeräusche. Der Lärmpegel im Stand ist deutlich geringer als bei einem Dieselfahrzeug. Luftschadstoffe 5

Mit Ausnahme von Bremsabrieb (in Form von Feinstaub) bestehen bei Elektrofahrzeugen keine Luftschadstoffemissionen. Resilienz (Klima) 3 Es ist zu erwarten, dass Starkwindereignisse auf Grund des Klimawandels zunehmen werden. Diese gefährden die Oberleitung durch umstürzende Bäume und andere Objekte und können damit den Betrieb stören. Resilienz (Betrieb) 4

Umleitungen können nur über elektrifizierte Strecken geführt werden, was die Resilienz der Fahrzeuge bei Betriebsstörungen einschränkt.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 5

Durch wenig planmäßige Instandhaltung sind Elektrofahrzeuge in der Regel hoch verfügbar. Instandhaltungskosten 5

Elektrofahrzeuge benötigen wenig planmäßige Instandhaltung, da Motoren und Umrichter keinem oder wenig Verschleiß unterliegen. Zuverlässigkeit 5 Elektrofahrzeuge verfügen über eine hohe Redundanz durch mehrere Energiewandlungspfade, also getrennte Umrichter-Antriebseinheiten. Ausfälle eines Pfades führen daher nicht zu einem Ausfall des Fahrzeugs. Sicherheit 5 Es wird für einen Elektroantrieb wenig antriebsspezifische Brandlast im Fahrzeug mitgeführt. Elektrische Gefahren sind für Fahrgäste in der Regel nicht kritisch zu sehen. Infrastrukturbedarf 5 Es wird keine punktuelle Infrastruktur, wie beispielsweise Tank- oder Ladestellen benötigt. Systemtechnikbedarf 1 Der Systemtechnikbedarf ist durch die Notwendigkeit der Elektrifizierung der gesamten Strecke sehr hoch und daher ungünstig bewertet. Infrastruktur NRC [€/km] 1.500.000 Infrastruktur RC [€/(km a)] 5.000

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A.4 Mildhybrid-Dieseltriebzug, Mildhybrid-Diesellokomotive

Allgemeine Informationen Einsatzgebiet Alle Strecken Dieselmotor, Abgasreinigung, Schlüsseltechnologie Energiewandlung TRL 8 Fzg. im Betrieb - Energiewende 1 Da Mildhybridfahrzeuge weiterhin Dieselkraftstoff oder wenig effiziente Ersatzkraftstoffe nutzen, tragen sie nicht oder wenig zur Energiewende bei. Ressourcenverfügbarkeit 4 Es werden zusätzlich zum Dieselfahrzeug Halbleiter- und Speichermaterialien benötigt, die auf dem Weltmarkt ebenfalls von anderen Sektoren in Zukunft verstärkt nachgefragt werden. Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h Beschleunigung 0.6 – 1.1 m/s2 Speicher <=1600 l, < 100 kWh Reichweite <=1600 km g–CO2 / KWh 270 Wirkungsgrad Antrieb 33% Wirkungsgrad Nutzbremse < 80% Lärm 4 Ein Mildhybridfahrzeug kann im Stand ohne Dieselmotor betrieben werden und bietet daduch Vorteile ggü. einem reinen Dieselfahrzeug. Luftschadstoffe 3

Die Emissionen an Luftschadstoffen sind vergleichbar mit Dieselfahrzeugen ohne Hybridtechnik. Resilienz (Klima) 4

Durch die hohe Flexibilität und den großen Energiespeicher sind Dieselhybride vergleichbar mit Dieselfahrzeugen. Resilienz (Betrieb) 5 Ein Hybridfahrzeug ist auf keinen besonderen Streckentyp angewiesen, das Tankstellennetz ist dichtmaschig und standardisiert, daher ist die Resilienz ggü. Betriebsstörungen als hoch anzusehen.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 4

Durch die Nutzung eines Dieselmotors zur Energiewandlung sind Hybridfahrzeuge vergleichbar mit Dieselfahrzeugen. Instandhaltungskosten 2 Durch die Nutzung eines Dieselmotors zur Energiewandlung sind Hybridfahrzeuge vergleichbar mit Dieselfahrzeugen, das Lade- und Speichersystem ist vergleichsweise klein und wartungsarm. Zuverlässigkeit 4 Durch die Nutzung eines Dieselmotors zur Energiewandlung sind Hybridfahrzeuge vergleichbar mit Dieselfahrzeugen. Mildhybride können nicht ohne Dieselmotor fahren. Sicherheit 4 Die antriebsspezifische Brandlast ist ggü. einem reinen Dieselfahrzeug nur unwesentlich erhöht. Infrastrukturbedarf 4 Wie beim Dieselfahrzeug werden Tankstellen netz- oder depotnah benötigt. Systemtechnikbedarf 5 Es wird keine besondere Systemtechnik benötigt. Infrastruktur NRC [€] 100.000 Infrastruktur RC [€] 15.000

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A.5 Vollhybrid-Dieseltriebzug, Vollhybrid-Diesellokomotive

Allgemeine Informationen Dieselmotor, Abgasreinigung, Schlüsseltechnologie Energiespeicher TRL 8 Fzg. im Betrieb - Energiewende 1 Da Hybridfahrzeuge weiterhin Dieselkraftstoff oder wenig effiziente Ersatzkraftstoffe nutzen, tragen sie nur durch Rekuperation und damit Verbrauschminderung zur Energiewende bei. Ressourcenverfügbarkeit 4 Es werden zum herkömmlichen Dieselantrieb Speicherzellen und Leistungshalbleiter benötigt, die auf dem Weltmarkt einer starken Nachfrage unterliegen. Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h Beschleunigung 0.6 – 1.1 m/s2 Speicher <=1600 l, < 200 kWh Reichweite <=1600 km g–CO2 / KWh 270 Wirkungsgrad Antrieb 33% Wirkungsgrad Nutzbremse 80% Lärm 4 Es können Teilstrecken ohne Diesel zurückgelegt werden, die Lastabhängigkeit der Lärmemissionen sinkt gegenüber herkömmlichen Dieselfahrzeugen. Ebenfalls ist der Standlärm wesentlich geringer, da Hilfsbetriebe aus dem Batteriespeicher versorgt werden können. Luftschadstoffe 4 Durch die Nutzung des Dieselmotors zur Energiewandlung sind die lokalen Emissionen vergleichbar mit denen herkömmlicher Dieselfahrzeuge. Die Verbrauchsreduktion ggü. Dieselfahrzeugen führt zu einer Aufwertung. Resilienz (Klima) 4 Durch eine hohe Leistung, großen Energiespeicher und lokale Energiewandlung sind Diesel-Vollhybride sehr resilient gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels. Resilienz (Betrieb) 5 Durch die verfügbare und standardisierte Tankinfrastruktur sowie den großen Energiespeicher sind Diesel-Vollhybride resilient ggü. Betriebsstörungen.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 4

Durch die Nutzung eines Dieselmotors zur Energiewandlung sind Hybridfahrzeuge vergleichbar mit Dieselfahrzeugen. Instandhaltungskosten 2 Durch die Nutzung eines Dieselmotors zur Energiewandlung sind Hybridfahrzeuge vergleichbar mit Dieselfahrzeugen. Zuverlässigkeit 4

Da das Hybridsystem nur eine Erweiterung darstellt sind Vollhybride so zuverlässig wie herkömmliche Dieselfahrzeuge. Sicherheit 4 Im Wesentlichen sind die Brandlasten der Fahrzeuge mit denen herkömmlicher Dieselfahrzeuge vergleichbar. Das Hybridsystem spielt eine untergeordnete Rolle. Infrastrukturbedarf 4

Wie beim Dieselfahrzeug werden Tankstellen netz- oder depotnah benötigt. Systemtechnikbedarf 5 Es wird keine besondere Systemtechnik benötigt. Infrastruktur NRC [€] 100.000 Infrastruktur RC [€] 15.000

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A.6 Batterieelektrischer Triebzug, Batterieelektrische Lokomotive

Allgemeine Informationen Einsatzgebiet Teilelektrifizierte Strecken

Energiespeicher (z.B. LTO), Schlüsseltechnologie Stromrichter, Elektromotor TRL 8 Fzg. im Betrieb < 20 Energiewende 5 Die Energiequelle der BE-Fahrzeuge folgt der allgemeinen Energiewende und kann beliebig erzeugte Energie nutzen, sie leisten damit einen hohen Beitrag. Ressourcenverfügbarkeit 3 Es werden Speicher- und Halbleitermaterialien in großem Umfang benötigt, die auf dem Weltmarkt in Zukunft einer starken Nachfrage unterliegen werden. Technische Daten Geschwindigkeit <= 160 km/h Beschleunigung 1.1 m/s2 Speicher <= 500 kWh Reichweite 40 - 100 km g–CO2 / KWh 486 Wirkungsgrad 95% Wirkungsgrad Nutzbremse 80% Lärm 4 Die Lärmessionen von BE-Fahrzeugen sind vergleichbar mit Elektrofahrzeugen, streckenweise kann durch Verzicht auf Netzversorgung der Pantographenlärm vermieden werden. Luftschadstoffe 5 Wie bei Elektrofahrzeugen wird lediglich Bremsabrieb emittiert. Resilienz (Klima) 3 Die Fahrleistungen und Reichtweiten werden starke durch Umgebungstemperaturen beeinflusst. Die Nutzung des starkwindgefährdeten Fahrdrahts vermindert die Resilienz ggü. Auswirkungen des Klimawandels weiter. Resilienz (Betrieb) 3 BE-Fahrzeuge verfügen über eine geringe Batteriereichweite und müssen evtl. Ladezeiten einhalten. Ein Halt auf der Strecke führt Energieverbrauch durch Heizung- und Klimatisierung. Daher ist die Resilienz bei Betriebsstörungen mäßig.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 3

Die Verfügbarkeit ist vergleichbar mit Elektrofahrzeugen, zusätzlich wird eine Instandhaltung des Speichersystems benötigt. Instandhaltungskosten 3 Instandhaltungskosten sind vergleichbar mit Elektrofahrzeugen, zusätzlich wird eine Speicher-Instandhaltung und der kostspielige periodische Austausch benötigt. Zuverlässigkeit 4

Die Hinzunahme des unmittelbar notwendigen Speicher-Subsystem führt zu weiteren Ausfallmoden ggü. reinen Elektrofahrzeugen.. Sicherheit 4 Die umfangreichen Batteriespeichersysteme bilden eine weitere signifikante Brandlast. Infrastrukturbedarf 3 Es werden für den Betrieb Ladestationen in Depotnähe sowie Fremdeinspeisungen an gewissen Bahnhöfen (für ungeplante Zwischenhalte) benötigt. Systemtechnikbedarf 3 Abhängig von der Strecke wird eine Teilelektrifizierung benötigt, da Laden an Wendebahnhöfen anfällig für Betriebsstörungen ist. Infrastruktur NRC [€] 250.000 Infrastruktur RC [€] 10.000

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A.7 Zweikrafttriebzug, Zweikraftlokomotive

Allgemeine Informationen Einsatzgebiet Alle Strecken

Dieselmotor, Abgasreinigung, Schlüsseltechnologie Energiespeicher TRL 9 Fzg. im Betrieb > 100 Energiewende 3 Zweikraftfahrzeuge sind weiterhin für Teilstrecken auf fossile Brennstoffe oder Alternativen angewiesen und tragen damit nicht vollumfänglich zur Energiewende bei. Ressourcenverfügbarkeit 4 Es werden Rohstoffe für Diesel- und Elektroantrieb benötigt. Die für den Elektroantrieb benötigten Rohstoffe unterliegen einer steigenden Nachfrage auf den Weltmärkten. Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h Beschleunigung 0.6 – 1.1 m/s2 Speicher <=1600 l, < 100 kWh Reichweite <=1600 km g–CO2 / KWh 270 / 486 Wirkungsgrad Antrieb 33% / 95% Wirkungsgrad Nutzbremse 80% Lärm 4 Es findet keine Dieselnutzung unter Fahrdraht statt, daher werden Lärmemissionen reduziert. Um Standgeräusche zu vermindern können Bahnhöfe elektrifiziert werden. Luftschadstoffe 4 Die Nutzung des Dieselmotors wird erheblich reduziert und damit der Ausstoß von Luftschadstoffen ggü. einem Dieselfahrzeug verbessert. Resilienz (Klima) 4

Zweikraftfahrzeuge sind sehr flexibel einsetzbar, es besteht keine Abhängigkeit vom Fahrdraht sowie ein geringer Einfluss von Aussentemperaturen. Resilienz (Betrieb) 5 Schnelle, flexible Fahrzeuge mit kurzen Tankzeiten und einem standardisierten, dichten Tankstellenntz können gut auf Betriebsstörungen reagieren.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 3

Da zwei Antriebssysteme instandgehalten werden müssen, ist die Verfügbarkeit ggü. Fahrzeugen mit einem System deutlich reduziert. Instandhaltungskosten 1 Die Instandhaltung vom ebenfalls benötigten Dieselsystem ist aufwändig und kostspielig. Zuverlässigkeit 4

Die Zuverlässigkeit ist, da für die Gesamtmission der Dieselmotor benötigt wird, vergleichbar mit der von Dieselfahrzeugen. Sicherheit 4 Da zu der elektrischen Energiewandlung ein Dieselaggregat mit Nebeneinrichtungen mitgeführt wird, ist die Sicherheit vergleichbar mit der von Dieselfahrzeugen. Infrastrukturbedarf 4

Es werden netz- und depotnahe Tankstellen benötigt sowie ggf. Bahnhofselektrifizierung für Standzeiten. Systemtechnikbedarf 4

Es wird neben gezielter Bahnhofselektrifizierung ausschließlich bestehende Streckenelektrifizierung genutzt. Infrastruktur NRC [€] 100.000 Infrastruktur RC [€] 15.000

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A.8 Wasserstofftriebzug, Wasserstofflokomotive

Allgemeine Informationen Einsatzgebiet Alle Strecken Schlüsseltechnologie Wasserstoffspeicher, Brennstoffzelle TRL 8 Fzg. im Betrieb < 10 Energiewende 5 Die Herstellung von Elektrolyse-Wasserstoff folgt der allgemeinen Energiewende und kann beliebig erzeugte Energie nutzen. Sie unterstützt die Energiewende durch gute Speicherung. Ressourcenverfügbarkeit 4 Es werden eingeschränkt verfügbare und stark nachgefragte Materialien für Halbleiter, Batteriespeicher und Membrane benötigt. Technische Daten Geschwindigkeit <= 140 km/h Beschleunigung 1.0 – 1.1 m/s2 Speicher 90 kg, 110 kWh Reichweite <=1000 km g–CO2 / KWh 43,2 Wirkungsgrad Antrieb 40% Wirkungsgrad Nutzbremse 80% Lärm 5 Wasserstofffahrzeug erzeugen weniger Lärm als reine Elektrofahrzeug durch Entfall des Pantographenlärms und sind damit neben BE- Fahrzeugen die leisesten zu erwartenden Fahrzeuge. Luftschadstoffe 5 Es entstehen keine lokalen Emissionen außer Wasserdampf. Resilienz (Klima) 3 Da kein Fahrdraht genutzt wird und der Energiespeicher verhältnismäßig groß ist, ist die Resilienz gegenüber Auswirkungen des Klimawandels nur durch die temperaturabhängige Leistung der Brennstoffzelle beschränkt. Resilienz (Betrieb) 4 Das wenig dichte und universelles Tankstellennetz führt dazu, dass die Fahrzeuge keine großen Umleitungen fahren können und zu Betriebsende in der Nähe einer Wasserstofftankstelle ankommen müssen.

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Wirtschaftliche Daten Verfügbarkeit 3 Das Energieerzeugungs-Subsystem, bestehend aus Speicher und Brennstoffzelle mit Nebenaggregaten, ist instandhaltungsintensiv. Instandhaltungskosten 2 Brennstoffzellen und Speicher haben eine begrenzte Lebensdauer und sind kostenintensiv. Zuverlässigkeit 4 Es gibt nur wenige bewegliche Teile im System, das Kernmodul Brennstoffzelle weist eine messbare Alterung auf und kann daher proaktiv instandgehalten werden. Sicherheit 4 Der an Bord mitgeführte Wasserstoff stellt eine zusätzlich Brandlast dar, die besonders im Tunnel erhebliches Gefahrenpotenzial darstellt. Infrastrukturbedarf 1 Es werden kostenintensive und aufwendig zu betreibende Tankstellen benötigt. Es existiert kein Standard für Wasserstoffbetankung. Systemtechnikbedarf 5 Keine besondere Systemtechnik benötigt. Infrastruktur NRC [€] 1.000.000 Infrastruktur RC [€] 100.000

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B Anhang Streckenprofile

B.1 Rangierverkehr

Die Einsatzprofile des Rangierverkehrs sind in ihren Fahrspielen sehr vielfältig, da sehr unterschiedliche und schlecht planbare Einsätze gefahren werden. Es wird daher kein festgelegtes Geschwindigkeitsprofil zugrunde gelegt, vielmehr wird ein Anteil der Fahrdauer sowie eine benötigte Energiemenge für die Simulationen angenommen. Die Daten für die Rangiereinsätze sind 42 entnommen, die dort aufgezeichneten Daten stammen aus dem Betrieb einer Werksbahnlokomotive.

Abbildung 101: Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm eines Rangierbetriebstages (SR 0)

B.2 Schwerer Rangierverkehr (SR 0)

Im Gegensatz zum leichten Rangierverkehr, der überwiegend einzelne Wagen und kurze Gruppen bspw. zur Zugbildung bewegt, werden im schweren Rangierverkehr größere Einheiten in teils weitläufigen Werken bewegt. Dies geschieht, da in der Regel keine Oberleitung vorhanden ist und aus Sicherheitsgründen auch nicht installiert werden kann, mit Dieselfahrzeugen. Wie aus Abbildung 101 ersichtlich überwiegen die Stillstandszeiten der Rangierlokomotive, trotzdem kommt es in der Praxis zu einem Verbrauch von 10 – 16 l Dieselkraftstoff pro Betriebsstunde. Das generische Einsatzprofil basiert auf einem Energieverbrauch je Einsatztag von 375 kWh und einem Stillstandsanteil von 75% der Zeit. Zusätzlich sind mindestens zwei Unterbrechungen von mindestens einer Stunde Dauer enthalten. Die maximal abgerufene Leistung beträgt 332 kW.

42 Pfaff, R., Pinders, U., Hybridisierung und Elektrifizierung von Rangierlokomotiven. Neue Konzepte für alternative Fahrzeugantriebe – bedarfsgerecht, wirtschaftlich und ökologisch, Interdisziplinäres Bahntechnik-Symposium Eco Friendly Rail, Berlin, 2019

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B.3 Nahverkehrsbedienung

Die Nahverkehrsbedienung betrifft die Zustellung von Wagengruppen im Einzelwagenverkehr (EWV) von der Zugbildungsanlage (ZBA) zum Gleisanschluss des Versenders. Der EWV nimmt derzeit im Bahnbetrieb ab, hat jedoch das Potenzial, Lkw-Fahrten zu reduzieren, wenn er effizient und zuverlässig durchgeführt wird. Wie oben erörtert sind die eigentlichen Anschlussgleise häufig nicht elektrifiziert, zudem liegen einige Anschlussgleise an nicht elektrifizierten Bahnstrecken. Damit sind die Szenarien mit 0% Elektrifizierung (EG 0), also ohne Oberleitung von ZBA zum Versender, sowie 80% Elektrifizierung (EG 80), also Zustellfahrten bis zum Gleisanschluss unter Fahrdraht, danach ohne Fahrdraht bis zur Ladestelle, gewählt. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke beträgt 60 km/h, im Rangierbereich werden 20km/h angenommen. Die Masse der Rangierabteilung beträgt 500 t. In Anlehnung an 43 wird für dieses Betriebsprofil eine Tagesfahrleistung von ca. 160 km angenommen, nachgebildet durch drei Fahrspiele wie in Abbildung 102 gezeigt.

Abbildung 102: Fahrspiel des generischen GN-Profils

B.4 Nahverkehrsbedienung (GN 0)

Im Profil GN 0 wird das gesamt Fahrspiel wie in Abbildung 102 ohne Fahrdraht durchgeführt.

B.5 Nahverkehrsbedienung (GN 80)

Im Profil GN 80 werden die vier Streckenabschnitte aus dem GN-Profil, die mit Höchstgeschwindigkeit befahren werden, als mit Fahrdraht ausgerüstet angenommen. Die Rangierabschnitte in Abbildung 102 werden fahrdrahtunabhängig befahren.

43 Hoffmann, M., Dittus, H., Pagenkopf, J., Böhm, M. Alternative Antriebskonzepte für Rangier- und Baufahrzeuge. Projektbericht, DLR, 2015

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B.6 Streckenfahrt

Für die Streckenfahrt wird eine Fahrstrecke von 200 km angenommen, da es sich definitionsgemäß weder um eine Zustellfahrt noch um eine Fahrt auf einem der Güterkorridore handelt. Die gesamte Fahrstrecke teilt sich in vier Rangierabschnitte zu je 5 km an beiden Enden sowie vier Abschnitte mit einer Gesamtlänge von 180 km auf, wie in Abbildung 103 dargestellt. Damit stellt das Profil eine übliche Privatbahn-Anwendung dar, in der vor und nach der Streckenfahrt noch bis in den Gleisanschluss (z.B. Hafen) gefahren wird. Es wird eine Wagenzugmasse von 1.500 t angenommen sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h in Hauptlauf sowie 20 km/h in den Zustellbewegungen.

Abbildung 103: Generisches Geschwindigkeitsprofil einer Zugfahrt mit Zustellung (GZ)

B.7 Streckenfahrt (GZ 0)

Für die Streckenfahrt ohne Elektrifizierung wird die gesamte Fahrstrecke ohne Fahrdraht durchgeführt.

B.8 Streckenfahrt (GZ 80)

Für die Streckenfahrt mit Elektrifizierungslücken werden die Zustellbewegungen zum Beginn und Ende der Fahrt fahrdrahtunabhängig durchgeführt, um so die Zustellung in Häfen oder Werke ohne Oberleitung nachzubilden.

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Im Gegensatz zu den Güterverkehrsprofilen müssen im Personenverkehr neben der reinen Traktionsleistung noch die Nebenverbraucher, die sogenannte Hotel Power berücksichtigt werden. Diese dienen in erster Linie der Klimatisierung des Fahrzeuginnenraums sowie der Beleuchtung. Diese 44 Verbraucher werden in den Simulationen in Anlehnung an mit PH=34 kW je Wagen berücksichtigt.

B.9 Regionalverkehr

Der Regionalverkehr erfüllt gemäß Allgemeinem Eisenbahngesetz (AEG) die Verkehrsbedürfnisse innerhalb einer Region. Für das generische Streckenprofil wird daher eine Streckenlänge von 60 km (einfacher Weg) sowie ein Haltestellenabstand von 5 km angenommen. Die Höchstgeschwindigkeit der Regionalbahn-Streckenprofile beträgt 120 km/h. Es werden 8 Umläufe pro Tag bei 300 Betriebstagen angenommen. Das generische Geschwindigkeitsprofil ist in Abbildung 104 dargestellt.

Abbildung 104: Generisches Streckenprofil im Regionalverkehr

B.10 Regionalverkehr ohne Elektrifizierung (RB 0)

Im Profil RB 0 wird keinerlei Elektrifizierung angenommen, ein eventuelles Laden mit hoher Leistung in einem oder beiden der Endbahnhöfe ist hierbei optional betrachtet. Als Beispielstrecke kann die Strecke Ingolstadt-Augsburg (VzG?-Streckennummer 5382) herangezogen werden. Sie ist nicht elektrifiziert und weist auf ca. 60 km Streckenlänge 8 Bahnhöfe und Haltepunkte auf.

44 Garcia-Garre, A., Gabaldon, A. Analysis, Evaluation and Simulation of Railway Diesel-Electric and Hybrid Units as Distributed Energy Resources. Applied Sciences, 2019, 9. Jg., Nr. 17, S. 3605 ff.

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B.11 Regionalverkehr mit Elektrifizierung im Bereich eines Bahnhofs (RB 10)

Im Profil RB 10 wird ein elektrifizierter Abschnitt mit der Länge eines Haltestellenabstands (5 km) an einem der Endbahnhöfe angenommen, dort können fahrzeugseitige Energiespeicher geladen werden. Als Beispielstrecke kann die Strecke Paderborn-Bielefeld (Streckennummer 2960) herangezogen werden. Sie ist nur zwischen Brackwede und Bielefeld auf 4,3 km elektrifiziert und weist auf ca. 40 km Streckenlänge 13 Bahnhöfe und Haltepunkte auf.

B.12 Regionalverkehr mit Teilelektrifizierung auf der Strecke (RB 50)

Viele Regionalexpresslinien beginnen oder enden auf Streckenabschnitten ohne Elektrifizierung, fahren aber die Hälfte der Fahrstrecke mit einem Dieseltriebzug unter Fahrdraht. Teils werden diese Linien dann kürzer geplant als für die Fahrgäste optimal, um den ökologisch und ökonomisch nachteiligen Einsatz der Dieseltriebzüge zu reduzieren. Dies führt für die Fahrgäste dann zu Umstiegen, die den SPNV nachteilig gegenüber den MIV erscheinen lassen. Als eine Beispielstrecke kann die RE14 in NRW Essen-Steele – Borken herangezogen werden. Obwohl als RE bezeichnet, fährt sie eine Strecke von ca. 60 km, davon knapp 50% zwischen Essen-Steele und Gladbeck unter Fahrdraht. Auf der Strecke liegen 16 Haltestellen.

B.13 Regionalverkehr mit Elektrifizierungslücken (RB 80)

Im Regionalverkehr bestehen ebenfalls Linien, die mit kürzeren Elektrifizierungslücken (< 20% der Gesamtfahrstrecke) betrieben werden, auch hier müssen nach heutigem Stand der Technik Dieseltriebzüge eingesetzt werden, die zum großen Teil unter Fahrdraht operieren. Eine Beispielstrecke im RMV ist die RB21 (Limburg-Wiesbaden/Frankfurt). Auf einer Streckenlänge von ca. 55 km besteht zwischen Niedernhausen und Wiesbaden-Kinzenberg eine Lücke in der Elektrifizierung mit einer Länge von 14 km. Auf der Strecke der RB21 liegen 14 Haltestellen.

B.14 Regionalexpress

Regionalexpress-Linien haben die Aufgabe, Regionen zu verbinden. Sie zeichnen sich im Vergleich zu den Regionalverkehrslinien durch größere Fahrstrecken und höhere Fahrgeschwindigkeiten aus, ebenfalls ist der Abstand zwischen zwei Haltestellen wesentlich größer. Für das generische Streckenprofil wurde hier eine einfache Fahrstrecke von 150 km mit einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h sowie einem Haltestellenabstand von 15 km angenommen. Es wird darüber hinaus von 5 Umläufen pro Tag bei 300 Betriebstagen ausgegangen. Das generische Streckenprofil ist in Abbildung 105 dargestellt.

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Abbildung 105: Fahrprofil auf RE-Strecken

B.15 Regionalexpress ohne Elektrifizierung (RE 0)

Aufgrund der hohen Ausdehnung des RE-Netzes sowie der weitgehenden Nutzung von Hauptstrecken zumindest für Teile der Linien ist der Fall des völligen Fehlens der Oberleitung auf der gesamten Fahrstrecke ungewöhnlich. Eine Beispielstrecke, die derzeit elektrifiziert wird, ist die Strecke Ulm – Friedrichshafen (Streckennummer 4500). Die Strecke weist auf einer Länge von 104 km keine Elektrifizierung auf. Der dort betriebene Regionalexpress hält an 13 Haltestellen und verkehrt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h.

B.16 Regionalexpress mit Elektrifizierung im Bereich eines Bahnhofs (RE 10)

Häufig verbinden RE-Linien einen Bahnknoten mit der umliegenden Region. Im Bereich des Bahnknotenpunkts liegt dabei häufig eine elektrifizierte Strecke vor, die in Teilen befahren wird. Eine Beispielstrecke für die Klasse RE 10 ist die RE-Linie Dresden – Görlitz. Sie fährt zwischen Dresden und Dresden-Klotzsche etwa 10 km unter Fahrdraht, danach ca. 90 km bis Görlitz ohne Elektrifizierung. Auf 100 km Gesamtstrecke kommen 10 Haltestellen, davon 4 in Dresden.

B.17 Regionalexpress mit Teilelektrifizierung auf der Strecke (RE 50)

Wenn die Linien überwiegend nach dem Bedarf der Fahrgäste entwickelt werden entstehen in schwach elektrifizierten Regionen Linien wie die RE-Linie Bamberg – Hof, hier fährt ein Dieseltriebzug von Bamberg bis Marktzeuln ca. 40 km unter Fahrdraht, um danach weitere 80 km bis Hof ohne Elektrifizierung zurückzulegen. Auf 120 km liegen bei dieser Verbindung 12 Haltestellen.

B.18 Regionalexpress mit Elektrifizierungslücken (RE 80)

Aufgrund der Trennung von elektrifizierten und nicht elektrifizierten Linien bestehen nach Kenntnis des Autors keine RE-Linien mit kurzen Elektrifizierungslücken. Die Klasse RE 80 ist dennoch relevant, da

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sich auf diese Weise nachfrageorientierte Linien bilden lassen oder Elektrifizierung ohne Anpassung von Kunstbauwerken (Brücken, Tunnel) durchführen lassen.

B.19 Fernverkehr

Der Fernverkehr in Deutschland findet weitgehend elektrisch statt, für wesentliche Ausnahmen ist die Elektrifizierung der jeweiligen Strecken geplant. Die Möglichkeit, Teilstrecken ohne Elektrifizierung im Rahmen des Fernverkehrs zurücklegen zu können führt jedoch zu betrieblichen Vereinfachungen und der Möglichkeit, über bisher nicht befahrene Strecken andere Regionen an den Fernverkehr anzubinden. Das generische Fahrprofil für den Personenfernverkehr basiert auf mit dem derzeitigen Intercity 2 (IC2) befahrenen Strecken, setzt also insbesondere eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und eine Wagenzugmasse von 300 t (teilbesetzt) voraus.

B.20 Intercityverkehr mit Elektrifizierungslücken (IC 80)

Als Beispielstrecke für die Klasse IC 80 kann die Strecke Köln – Gera herangezogen werden. Um Gera zu erreichen, werden in Gotha die Elektrolokomotiven gegen Diesellokomotiven getauscht, der Zug fährt dann jedoch weitere 46 km bis Weimar unter Fahrdraht. Lediglich die abschließenden 65 km zwischen Weimar und Gera weisen keine Elektrifizierung auf. Die Gesamtfahrstrecke beträgt etwa 600 km bei 24 Haltestellen. Das generische Fahrspiel ist in Abbildung 106 dargestellt.

Abbildung 106: Generisches Fahrspiel einer Intercity-Verbindung

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